Rom und der Orient: Reiche, Götter, Könige 9783406806896

«Den Römern setze ich weder räumliche noch zeitliche Grenzen, ein Reich ohne Ende habe ich ihnen gegeben.» Mit diesen Wo

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German Pages 721 Year 2023

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Titel
Impressum
Widmung
Inhalt
Vorwort
Einleitung
I. Vom Alten Orient bis zur Pax Augusta
1. Die Grundlagen. Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen Vorderasiens, Ägyptens und Arabiens
2. Landnahme und Hellenisierung. Alexander, Diadochen, Epigonen –hellenistische Weltkultur
3. Morgendämmerung eines Imperiums. Die Ostmittelmeerwelt als Magnet römischer Interventionen
4. Der Osten schlägt zurück. Mithradates VI. Eupator und Tigranes der Große, Könige von Pontos und Armenien
5. Ordnung und Umbruch. Von Pompeius Magnus zum west-östlichen Bürgerkrieg
II. Diesseits und jenseits des Flusses
1. Zwischen pax und bellum. Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen
Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien
2. Hammaschiah. Vorspiel einer Weltreligion
3. Schmelztiegel, Kornkammer und Tor nach Indien. Alexandreia und Ägypten in der frühenund hohen Kaiserzeit
4. Unruhe und Krieg. Iudaea und Anatolien von Tiberius bis Nero
5. Kidusch Haschem. Der Jüdische Krieg
6. «Wir werden gehorsame Untertanen des Reiches sein». Das flavische Grenzsystem
7. Bellicosissimus princeps. Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg
8. Prosperität und Widerstand. Der Orient unter Hadrian
9. «Ich besitze eine sehr kleine und ehrenwerte Stadt». Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädtevon Marcus bis Severus
10. Der Gott vom Berge. Der Orient in Rom: Elagabal
11. Progonikon ktema. Zusammenbrüche und Rückeroberungen
III. Oriens Romanus
1. Regierung und Verwaltung
2. Militär
3. Bevölkerung
4. Spectacula
5. Ex oriente: Philosophie, Sophistik, Literatur und Wissenschaft
6. Orientalische Bildkunst
7. Menschenliebe und Glaubenskämpfe
IV. Kreuz gegen Feueraltar
1. Homoios oder homoousios. Streit um die Natur Christi
2. Der Orient bis zum Frieden Jovians. Nachkonstantinische Provinzordnungund Sasanidenkriege
3. «Das ist die Kirche meiner Sasimier!». Ein Land und seine Kirchenväter: Kappadokien
4. Sweti Zchoweli – Etschmiadsin – Sohn des Ares und Sklave Christi. Christliche Reiche zwischen den Welten: Lazika, Iberia, Armenia, Aethiopia
5. Fanatiker auf Kaiser- und Bischofsthron. Die theodosianische Dynastie und die Teilung des Reiches
6. «a most impudent school-mistress of Alexandreia». Spätantikes Ägypten
7. «Jesus-Kriege». Kirchenspaltung und Ostmission
8. Land der Säulensteher. Spätantikes Syrien
9. Showdown der Großreiche. Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau
10. Raḥmānān. Christlicher Schlussakkord auf der Arabischen Halbinsel: König ʾAbraha
11. «Deus adiuta Romanis». Letzte Sasanidenkriege und der Verlust des römischen Orients
Schluss
Anhang
Anmerkungen
Vergleichende Zeittafel
Abbildungs- und Kartennachweis
Abkürzungen
Literaturverzeichnis
Verzeichnis der zitierten Quellen
Register
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Über den Autor
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Rom und der Orient: Reiche, Götter, Könige
 9783406806896

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CHRISTIAN M ARE K

Ro m und der

O rien t RE I CH E ▪ G Ö T T ER ▪ K Ö NI GE

C.H.BECK

Mit 113 Abbildungen und 14 Karten

1. Auflage. 2023 © Verlag C.H.Beck oHG, München 2023 Alle urheberrechtlichen Nutzungsrechte bleiben vorbehalten. Der Verlag behält sich auch das Recht vor, Vervielfältigungen dieses Werks zum Zwecke des Text and Data Mining vorzunehmen. Umschlaggestaltung: Kunst oder Reklame, München Umschlagabbildung: Weibliche Maske, Porticus Tiberii – Säulenhalle der Agora, erbaut unter Kaiser Tiberius (14–37 n. Chr.), aufgestellt im Hof des Museums von Aphrodisias, Türkei; © akg-images/Gerard Degeorge Satz: Janß GmbH, Pfungstadt ISBN Buch 978 3 406 80688 9 ISBN epub 978 3 406 80689 6 ISBN ePDF 978 3 406 80690 2

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Für Sebastian

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

I. Vom Alten Orient bis zur Pax Augusta

25



25

1. Die Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen Vorderasiens, Ägyptens und Arabiens



2. Landnahme und Hellenisierung . . . . . . . . . . . . . .

62

Alexander, Diadochen, Epigonen – hellenistische Weltkultur



3. Morgendämmerung eines Imperiums . . . . . . . . . . .

95

Die Ostmittelmeerwelt als Magnet römischer Interventionen



4. Der Osten schlägt zurück . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

Mithradates VI. Eupator und Tigranes der Große, Könige von Pontos und Armenien



5. Ordnung und Umbruch . . . . . . . . . . . . . . . . .

111

Von Pompeius Magnus zum west-östlichen Bürgerkrieg

II. Diesseits und jenseits des Flusses

1. Zwischen pax und bellum . . . . . . . . . . . . . . . . .

129

129

Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



2. Hammaschiah . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

134 157

Vorspiel einer Weltreligion



3. Schmelztiegel, Kornkammer und Tor nach Indien . . . . . . Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

169



4. Unruhe und Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

188

Iudaea und Anatolien von Tiberius bis Nero



5. Kidusch Haschem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

195

Der Jüdische Krieg



6. «Wir werden gehorsame Untertanen des Reiches sein» . . . .

208

Das flavische Grenzsystem



7. Bellicosissimus princeps . . . . . . . . . . . . . . . . .

222

Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg



8. Prosperität und Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . .

244

Der Orient unter Hadrian



9. «Ich besitze eine sehr kleine und ehrenwerte Stadt» . . . . . .

261

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus



10. Der Gott vom Berge . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

293

Der Orient in Rom: Elagabal



11. Progonikon ktema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

296

Zusammenbrüche und Rückeroberungen

III. Oriens Romanus

317



1. Regierung und Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . .

317



2. Militär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

323



3. Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

328



4. Spectacula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

342



5. Ex oriente: Philosophie, Sophistik, Literatur und Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

351



6. Orientalische Bildkunst . . . . . . . . . . . . . . . . .

399



7. Menschenliebe und Glaubenskämpfe . . . . . . . . . . . .

414

IV. Kreuz gegen Feueraltar

1. Homoios oder homoousios . . . . . . . . . . . . . . . .

453

453

Streit um die Natur Christi



2. Der Orient bis zum Frieden Jovians . . . . . . . . . . . . Nachkonstantinische Provinzordnung und Sasanidenkriege

457



3. «Das ist die Kirche meiner Sasimier!» . . . . . . . . . . .

473

Ein Land und seine Kirchenväter: Kappadokien



4. Sweti Zchoweli – Etschmiadsin – Sohn des Ares und Sklave Christi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

484

Christliche Reiche zwischen den Welten: Lazika, Iberia, Armenia, Aethiopia



5. Fanatiker auf Kaiser- und Bischofsthron . . . . . . . . . .

496

Die theodosianische Dynastie und die Teilung des Reiches



6. «a most impudent school-mistress of Alexandreia» . . . . . .

501

Spätantikes Ägypten



7. «Jesus-Kriege» . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

511

Kirchenspaltung und Ostmission



8. Land der Säulensteher . . . . . . . . . . . . . . . . . .

516

Spätantikes Syrien



9. Showdown der Großreiche . . . . . . . . . . . . . . . .

529

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

10. Raḥmānān . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

549

Christlicher Schlussakkord auf der Arabischen Halbinsel: König ʾAbraha



11. «Deus adiuta Romanis» . . . . . . . . . . . . . . . . . .

551

Letzte Sasanidenkriege und der Verlust des römischen Orients

Schluss

559

Anhang Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

575

Vergleichende Zeittafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

611

Abbildungs- und Kartennachweis . . . . . . . . . . . . . . .

629

Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

630

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

632

Verzeichnis der zitierten Quellen . . . . . . . . . . . . . . .

661

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

675

Vorwort

Vorwort

«Mehr ist ein Halbes als das Ganze», sagt der Dichter Hesiod (erg. 40). Dies ist kein Buch über die Hälfte eines Weltreiches, das schon oft beschrieben worden ist: Republik, Kaiserzeit und Spätantike, Prinzipat und Dominat, Kaiser und Senat, Hauptstadt und Hof, Reich und Provinzen, Politik, Verwaltung, Recht, Gesellschaft und Wirtschaft, Religion, Aufstieg und Niedergang. Rom und der Orient geht den Spuren einer eigenartigen Entwicklung nach, die der landläufigen Vorstellung von ‹römisch› nicht entspricht, sondern aus Wurzeln im ‹Alten Orient› stammend mit einer griechischen Universalkultur verschmolz, in den lateinischen Westen ausstrahlte und, längst vor der Reichsteilung in Ostrom und Westrom reif und spät geworden, in das christliche wie das islamische Mittel­alter eindrang. Der ‹Alte Orient›, dessen Schriften zu entziffern, dessen Sprachen zu verstehen die Wissenschaft erst des 19. und 20. Jahrhunderts gelernt hat, bleibt für die breite gebildete Allgemeinheit noch immer ein unbegehbares, dunkles Terrain, das an unseren Universitäten ‹Orchideenfächer› besetzen. Die Bibel war lange Zeit das einzige Fenster, durch das wir hinein- und hinabblicken. Keilschrift oder Hieroglyphen, Akkadisch, Hethitisch oder Luwisch verschlüsseln für die meisten von uns den immensen Quellenreichtum einer Geschichte von Jahrtausenden, die mit jener ‹europäischen› Antike des Imperium Romanum aere perennius verwachsen ist. Von ihrer ‹römischen› Epoche wollen die folgenden Seiten manches erzählen. Die Zeiten, in denen das römische Weltreich eine Domäne der Klassischen ­Altertumswissenschaft war, sind längst vorbei. Die moderne Forschung ist, wie jeder Fachvertreter weiß, multidisziplinär und nahezu unüberschaubar. Griechisch und Latein machen zwar den mit Abstand umfangreichsten Bestand ­unserer Quellen aus, doch ist je nach Fragestellung eine ganze Anzahl weiterer alter Sprachen einzubeziehen. Es bleibt daher für einen einzelnen Historiker ein riskanter Versuch, Ergebnisse aus vielen Forschungsfeldern mit verschiedensprachiger Überlieferung und verschiedenen Methoden in eine Zusammenschau zu tragen, die so noch nicht existiert.

12

Vorwort

Zwei Motive haben mich zu dem Wagnis gereizt. Das erste ist der Wunsch, aus langjähriger akademischer Lehr- und Forschungstätigkeit das herauszuholen und zu verbinden, was eine breite Leserschaft an dem Gegenstand zu interessieren vermag oder, um gelehrt zu reden, protreptisch wirkt. Dabei habe ich mich entschieden, vornehmlich zu erzählen und zu beschreiben, weniger zu analysieren. Die alten Quellen lasse ich möglichst oft selbst sprechen, weil komplexe Zusammenhänge aus den Tiefen einer fremden Vergangenheit durch nichts klarer hervorscheinen als durch die in Text geronnene Rede der ihrerzeit Lebendigen; den mit dem Fach nicht vertrauten Leserinnen und Lesern sind die Texte eines Periplus Maris Erythraei, Mara bar Sarapion, Galenos, Bardaiṣan, Synesios von Kyrene oder Theodoret von Kyrrhos weniger leicht zur Hand als ein Herodot, Platon oder Tacitus. Das zweite Motiv ist eine persönliche Erfahrung des Orients, die ich in den vergangenen 40 Jahren mit dem Besuch historischer Landschaften, Stätten und Museen in der Türkei, Syrien, Israel, Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien, Jemen, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und Iran gemacht habe. Berichte über diese Reisen, die heute teils schwerer, teils unmöglich durchzuführen wären, könnten ein eigenes Buch füllen. Exemplarisch wird eine Autofahrt 1986 in den Jemen geschildert, die den Spuren des Aelius-Gallus-Feldzuges nach Südarabien 25 v. Chr. folgte. Ich habe mich bemüht, wenigstens ein paar Illustrationen, zumeist von mir selbst angefertigte Photographien, beizugeben. Allgemein ist die Anschauung der Länder und Orte scheinbar versunkener Geschichte für mich stets Quell reicherer Erkenntnis gewesen, als sie allein die Bücher ver­ mitteln. Geschichte ist nie tot. Längst überwunden Geglaubtes wird in neuer Form gegenwärtig. Was ich mir in den Anfängen meiner Forschungen in den 1980ern nicht hätte träumen lassen, ist die deprimierende Abwärtsentwicklung in mehreren Ländern, die heute einer jungen Generation den Zugang zu den Kulturschätzen von Landstrichen erschwert oder verwehrt, wo Fanatismus, Feindschaft und Krieg wieder auferstanden sind. Meiner Universität Zürich und dem Historischen Seminar verdanke ich Jahre großzügiger Unterstützung meiner Forschung und Lehre auch über die Emeritierung hinaus. Sehr dankbar bin ich Alexander Michael Speidel, einem herausragenden Experten auf dem Gebiet des römischen Orients, für seine Bereitschaft, den Entwurf durchzulesen und wertvolle Korrekturen und Beiträge beizusteuern. Auch die Zürcher Freunde und collegae Christoph Riedweg und Wolfgang Behr sowie mein aus alten Marburger Tagen treuer Freund und Lehrer rerum

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Vorwort

orientalium Norbert Nebes haben viele Hinweise beigesteuert, desgleichen mein Kieler Kollege Andreas Luther, wofür ich ihnen meinen Dank ausspreche. Bei Frau Maria Schmitt bedanke ich mich für die Mitarbeit am Verzeichnis der ­zitierten Quellen. Nicht zum ersten Mal erfahre ich dankbar die Sorgfalt, Fachkenntnis und Präzision, mit der Stefan von der Lahr, Andrea Morgan, Cornelia Horn und Peter Palm im Verlag C.H.Beck ein dorniges Typoskript in ein Buch verwandeln. Ein solches Lektorat ist schon heute legendär. Zürich, im August 2023

Christian Marek

Einleitung

Einleitung

«und ich schlug meinen Reiseweg ein, zu kommen zum Licht unseres Landes, des Ostens»1

Die Zitadelle von Dura Europos (as-Salihiya, Abb. 1) thront einen Steinwurf weit über dem breit dahinströmenden Euphrat, 30 Kilometer flussaufwärts von der syrisch-irakischen Grenzstation, rund 250 Kilometer Luftline durch die Steppe von der Karawanenstadt Palmyra entfernt, weitere hundert Kilometer von der Ostküste des Mittelmeeres im heutigen Libanon. An diesem Fluss endete vor beinahe zwei Jahrtausenden ein Reichsgebiet. Es war das Reich der Römer. Seine vielsprachigen Bewohner zwischen Schottland und Ägypten, zwischen Georgien und Marokko empfanden dieses Reich rings um das Mittelmeer für Jahrhunderte als «die Welt», orbis terrarum, in dessen Zentrum sich «die Stadt» befand, urbs, von der alles ausging, wie heute noch in einem fernen und schwachen Echo der Segen an die Christenheit rund um den Erdball: urbi et orbi. Dem Blick nach Osten erscheint nichts, das an eine mediterrane Landschaft denken ließe. Die blaue, grüngesäumte Ader ist eingebettet in wüstes Land. Der italienstämmige Legionär der Legio IV Scythica, der den Fuß an diese Stelle gesetzt haben mag, muss von einer Ahnung der Grenzenlosigkeit Asiens ergriffen worden sein. Über den Ruinen und dem Strom liegt in der Nachmittagshitze eine tiefe Stille. An den drei Stadttoren im Ring der noch hoch aufragenden Lehm­ ziegelmauern mündeten zur Römerzeit die Hauptstraßen zwischen Unter- und Obermesopotamien. Die Trümmer der Gebäude im Innern bargen einzigartige Reste einer antiken Mischkultur: die älteste christliche Hauskirche; eine mit kostbaren Fresken ausgemalte Synagoge; Schriftzeugnisse auf Stein, Leder und Papyrus in sieben verschiedenen Sprachen: Griechisch, Lateinisch, Parthisch, Aramäisch, Palmyrenisch, Syrisch und Hebräisch; schriftliche und materielle Zeugnisse für eine vielfältige Religionslandschaft, in der neben dem christlichen und jüdischen Gott ein palmyrenischer Iarhibol, ein kommagenischer Iupiter Optimus Maximus Dolichenus und ein persischer Deus Sol Invictus Mithras Platz nahmen.2 Geschichte wird für die Gegenwart geschrieben. Mehr als siebzehneinhalb

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Einleitung

Abb. 1: Dura Europos, Syrien, Zitadelle

Jahrhunderte später überlagern sich an derselben Stelle die Interessen der heutigen Hegemonialmächte und befeuern die Konflikte ihrer regionalen Stellvertreter, wo unter den Schlägen von Terrormilizen, Soldaten und Söldnern staatliche Ordnungen von kaum einem Jahrhundert Dauer zu zerbrechen drohen: Am Hindukusch kollabierte 2021 ein zwei Jahrzehnte andauerndes Experiment des nation building fremder Besatzer in kopfloser Flucht. In der Zone angespannter Gegnerschaft von sunnitischen und schiitischen Bevölkerungen zwischen Mittelmeer und Golf nimmt der von den USA dominierte Westen den Iran als seinen Hauptfeind ins Visier und rüstet dessen Feind, das wahabitische Königreich Saudi-Arabien, mit modernsten Waffen auf. Saudi-Arabien sieht sich von einem expansiven Iran bedroht, der Glaubensbrüder und Milizen im Jemen, am Mit­ telmeer und in Mesopotamien mobilisiert und fähig ist, die saudischen Ölfelder in Brand stecken zu lassen  – und der sich im Russland-Ukraine-Krieg an der Seite Russlands positioniert hat. Arabiens Nachbar, der Golfstaat Katar, unterhält zu Iran gute Beziehungen. Der Irak, dessen Norden ein faktisch eigenständiges Kurdengebiet einnimmt, war zeitweise im Chaos des neuen Kalifats «Islamischer Staat» zerschlagen. Obgleich mehrheitlich schiitisch, versucht Bagdad sich aus iranischer Bevormundung herauszuwinden. Am Mittelmeer, in jener frucht­ baren Zone, wo einst die blühenden römischen Provinzen lagen, versinkt ein ­politisch desolater Libanon in wirtschaftlicher Depression. Das diktatorische ­Regime der alawitischen Minderheit in Syrien, seit 2011 von innen und außen

Einleitung

angegriffen, wurde in äußerster Bedrängnis von seinem alten Verbündeten Russland gerade noch gestützt. Doch liegt Syrien nach Jahren des Krieges zerrissen und in Trümmern, Zigtausende sind geflohen, die meisten ins Nachbarland Türkei. Zwischen Libanon, syrischem Golan, der Westbank und dem Gazastreifen der Palästinenser, dem haschemitischen Königreich Jordanien und dem ägyp­ tischen Sinai liegt der nach Holocaust und Zweitem Weltkrieg gegründete Staat der Juden, Israel, um dessen Existenz und Verhältnis zur arabischen Bevölkerung die hartnäckigste aller Auseinandersetzungen wieder und wieder aufbricht, als ‹Nahostkonflikt› schlechthin bezeichnet. Nördlich des ‹Fruchtbaren Halbmondes›, zwischen Schwarzem und Mittelmeer, erstreckt sich auf der anato­ lischen Landbrücke die Türkei weit nach Westen bis aufs europäische Ufer – seit ihrem Gründer Mustafa Kemal als laizistische Republik verfasst, ein alter Kandidat für den Beitritt zur Europäischen Union. Doch droht dieser einst erhoffte Stabilitätsanker Europa nach und nach zu entgleiten: Zu osmanischer Größe zurück strebend, interveniert die mehrheitlich sunnitische Türkei am Kaukasus im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg Karabach, führt einen Dauerkrieg gegen die Kurden in den südlichen und südöstlichen Grenzregionen zu Syrien und Irak und streitet in der Ägäis mit dem Nato-Nachbarn Griechenland um Hoheits- und Einflusszonen. Diese latent andauernde Unordnung ist im Wesentlichen die Spätfolge des Auflösungsprozesses von Imperien, in denen eine Vielzahl von Völkern, Sprachen, Religionen und Kulturen zusammenlebte: Napoleonisches Frankreich, British Empire, Osmanisches Reich, Österreich-Ungarn. Wir bezeichnen diesen Europa benachbarten geopolitischen Großraum als ‹Orient›, ‹Near East›, ‹Proche Orient› und nehmen damit eine in der Geschichte tief verwurzelte Perspektive ein, die den Betrachter in einem antipodischen ‹Westen› verortet. ‹Westen› hat verschiedene, paradoxe Konnotationen. Eine Geschichte des Westens von dem deutschen Historiker Heinrich August Winkler thematisiert keine geographisch definierte Weltregion, sondern ein normatives Projekt, das in der Trennung von geistlicher und weltlicher Gewalt im europäischen Hochmittel­ alter wurzelt, in der europäischen Aufklärung und der amerikanischen Verfassung sich herausbildet und über den ganzen Globus fortschreitend sich zu verwirklichen verspricht.3 Im Kalten Krieg stand der Westen – Fernost mit Japan, dem Land der aufgehenden Sonne, den Philippinen, Australien und Neuseeland eingeschlossen  – gegen den Weltkommunismus unter der Hegemonie der ­Sowjetunion. Das Sowjetimperium war der ‹Osten›. Wanderer zwischen diesen Welten fehlten nicht: Iran beharrte auf: «No East, no West». Nach Auflösung der Sowjetunion verschob sich die Konfrontationslinie. Der Historiker Ian Morris

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Einleitung

will in seinem Buch: Why the West Rules – For Now die gesamte Geschichte auf eine Bipolarität zwischen Amerika und China hinauslaufen lassen, mit offenem Ausgang.4 Ein Rezensent fragt in der Times: «Who will win the next phase of our East-West horse race, the United States or China?»5 Oriens heißt Osten. Doch unser heutiger Begriff Orient meint etwas anderes als jenen ‹Osten› des Kalten Krieges. Der Orient liegt, von Europa aus gesehen, gar nicht im Osten. Es kommt vor, dass Marokko, Tunesien, Libyen, Ägypten als orientalische Länder bezeichnet werden. Bei «Orient» denken wir an ebenjene Region, die – nicht etwa Europa, sondern dem Mittelmeer benachbart – Länder Nordafrikas und des südlichen Kontinents Asien bis nach Indien umfaßt. Russland gehört nicht dazu: Europäisches Denken bleibt der antiken Vorstellung bis ins 19. Jahrhundert verhaftet. Voltaire nannte Katharina II. eine Semiramis des Nordens, nicht des Orients, obgleich von Paris aus gesehen Russland zweifellos im Osten liegt. Die Blickrichtung des römisch-byzantinischen Abendlandes geht von Konstantinopel aus, und der gebildete Literat des 18. Jahrhunderts nimmt selbstverständlich diese Perspektive ein. Beim West-Östlichen Diwan «wird kein Zeitgenosse an slavische Länder gedacht haben».6 Noch im 19. Jahrhundert galt Polen als das Frankreich des Nordens.7 Mit Orient oder Morgenland wird etwas in der Menschheitsgeschichte Besonderes assoziiert. Aus dem Halbdunkel ältester Überlieferungen glüht die Faszination des Ursprünglichen: Wo das Licht herkommt, ex oriente, von da kommt die Geschichte, die Religion, die Kultur.8 Der Horizont, wo die Sonne aufgeht, gibt Orientierung. Bibel und Babel, Paradies und Hölle, Abraham, Christus und Mohammed, Seidenstraße und Märchen von Tausendundeiner Nacht sind orientalisch. Diese Welt beginnt am Bosporus, mit sternenklarer Überfahrt vom Goldenen Horn nach Üsküdar. Die Einheit des landläufig Orient genannten, geopolitischen Raums ist seit dem Mittelalter wesentlich von der Ausbreitung verschiedener Glaubensrichtungen des Islam konstituiert. Zwei in nahezu derselben Gegend entstandene, symbiotisch verschwisterte und zugleich antipodisch widerstreitende Religionen ­besiedelten zwei mit «Abendland» und «Morgenland» beschriebene und unterschiedene Kulturwelten. Seit dem Zeitalter der Aufklärung blühte in Europa eine Wissenschaft vom Orient auf, die in der Entzifferung der Hieroglyphen- und Keilschriften sowie in der Linguistik und Philologie Durchbrüche zu bis dahin verschlossenen historischen Quellen erzielte. Wissen ist Macht, und «Orientalism» drückt nach Ansicht des vieldiskutierten amerikanischen Literaturwissenschaftlers ­Edward Said eine koloniale Außenperspektive insbesondere der englischen und französischen Wissenschaft aus, die aus westlicher Überheblich-

Einleitung

keit und Bevormundung erwächst.9 Im modernen clash der beiden Kulturen, der christlichen und der islamischen, sah Samuel Huntington den globalen Gegensatz schlechthin.10 Feindselige Distanz, Unter- und Überlegenheitsdenken reichen tief in die Vergangenheit zurück. Wir finden sie erstmals bei den Griechen. Der von den Griechen geprägte Begriff Barbaren steht für die Fremden, die nicht Griechisch sprechen, und findet unterschiedslos Anwendung auf Asiaten wie Europäer und Afrikaner, bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. auch auf die Makedonen und bis an die Schwelle der Kaiserzeit selbst auf die Römer.11 Die älteste Bezeugung in Homers Ilias (2,867), barbarophon (bar-bar-klingend), ist noch gar nicht herabsetzend. Das Wort gilt hier den Karern (ihre Heimat war der heutige Südwesten der Türkei), die mindestens so zivilisiert waren wie die Griechen selbst. Pejorativ wurde das Wort später auf zwei verschiedenen Bedeutungsebenen gebraucht. Die eine, allgemeinere, reflektiert die Überlegenheit des im klimatisch begünstigten Teil der Oikumene wohnenden Zivilisierten über den an den kalten oder heißen Rändern herumstreifenden Wilden.12 Auf die innerasiatischen Völker nördlich des Schwarzen Meeres, unter denen die Skythen die bekanntesten sind, werden typische Merkmale der Wildheit projiziert: tierisches Verhalten, Rollenumkehr von Mann und Frau, Kannibalismus, die Sitte, die Leichen der Eltern zu verspeisen, Bluttrinken, rituelle Tötung der Dienerschaft eines verstorbenen Herrschers, das Hautabziehen, insbesondere Skalpieren der Feinde, aus deren Kopfhäuten sogar Kleider gefertigt werden, aus den Schädeln Trinkschalen. Doch den Bildern von dieser Art Barbarei korrespondieren – auf dieselben Völker bezogen  – die einer märchenhaften Gegenwelt des noble savage, von Klugheit, Gerechtigkeit, Friedfertigkeit, Überfluss, Reichtum. Einer, der am weitesten nach Norden, bis zu den Hyperboreern, vorgedrungen sein soll, war der Grieche Aristeas von Prokonnesos. Er soll im 6. Jahrhundert v. Chr. gelebt und ein Gedicht in Hexametern mit dem Titel Arimaspeia verfasst haben, eine Erzählung über die Völker des Nordens: Issedonen, Arimaspier, Hyperboreer. Er selbst habe die Fähigkeit besessen, seinen Körper zu verlassen, sei auf wundersame Weise von Phoibos entrückt worden und mit der Kunde aus der fernen Region zurückgekehrt.13 Auf der südlichen Gegenseite sind es die Nomaden Arabiens, skenitai, die in Zelten wohnen. Aber noch weiter weg gibt es die reichen Bewohner des «Glücklichen Arabien». In der Komödie des Aristophanes wird zwei auswanderungswilligen Athenern geraten, zu den Vögeln zu gehen, und der zu Rate gezogene Wiedehopf schlägt als Erstes die «Glückliche Stadt» am Roten Meer vor (Av. 143 f.). Eudaimon Arabia ist der griechische Name der Stadt Aden an der Küste

19

20

Einleitung

des – von den Griechen ebenfalls Rotes Meer genannten – Indischen Ozeans. Die südarabischen Sabäer im heutigen Jemen lebten nach Strabon in verschwende­ rischem Luxus, Türen und Wände ihrer Häuser seien mit Elfenbein, Gold, Silber und Edelsteinen geschmückt. Dieselbe Sitte wie bei den Nordvölkern gebe es hier: «Eine Frau ist für alle da. Wer zuerst eintritt, hat zuerst Sex mit ihr, nachdem er einen Stock vor der Tür platziert hat» (16,4,25). Eine Königstochter, die der zahlreichen Männerbesuche überdrüssig war, ließ die Stöcke der Lieb­haber nachschnitzen und blockierte damit die Tür. Die andere Bedeutungsebene des pejorativen Wortgebrauchs von «barbarisch» beinhaltet Variationen einer ideologisch-politischen Polarisierung, die an der Wurzel ihres Entstehens mit den Antipoden Hellenen und Barbaren Europa und Asien, den Okzident und den Orient, feindselig gegeneinander stellt. Wir finden sie am Anfang des um 430 v. Chr. verfassten Geschichtswerkes des ­Griechen Herodot. Herodots eigentliches Thema ist der große Krieg zwischen Persern und Griechen, der knapp fünfzig Jahre vor seiner Zeit mit dem Zusammenbruch und Rückzug der persischen Invasionsarmee aus Griechenland kulminierte. Dieser völlig unerwartete Sieg einer griechischen Not-Allianz gegen die ganz Asien und Ägypten beherrschende Supermacht der damaligen Welt hatte schon vor seiner Zeit die besten Köpfe dazu angeregt, das Ereignis zu erklären. Für den Tragödiendichter Aischylos, der in der gewaltigen Seeschlacht von Salamis 480 v. Chr. selbst dabei war, frevelte der Perserkönig Xerxes: «Dass den Hellespont, den heilgen, er durch Ketten zu bändgen hofft’ im Strömen, ihn, den Bosporos, des Gottes Strom, dass des Meersunds Lauf er störte und, mit Fesseln erzgeschweißt ihn umwindend, die gewaltge Straße schuf gewaltgem Heer! Er – ein Mensch – die Götter alle glaubt’ er voller Unverstand, selbst Poseidon zu beherrschen» (Pers. 745–750, übers. Werner). Die Überschreitung der Wasserstraße symbolisiert die Hybris, die Xerxes zum Verhängnis wird. Freilich spricht Aischylos noch nicht von Asien und Europa, sondern von Asien und Hellas. Und doch findet sich später die Interpretation des Kampfes als Konfrontation zweier Weltteile.14 Sie habe bereits damit begonnen, dass Dareios, Herrscher über praktisch ganz Asien, begehrte, Europa zu unterwerfen.15 Herodot (1,1–5) spricht von Hellenen und Barbaren und will erforschen, aus welchem Grund sie gegeneinander Krieg führten. Diese Debatte wurde zu seiner Zeit auf beiden Seiten geführt, indem man tief in die Vergangenheit zurückgriff und sich wechselseitig verschiedener Raubzüge beschuldigte – Frauenraub, hüben wie drüben, darunter jener berühmteste der schönen Helena, der dem Grundtext abendländischer Kultur, Homers Ilias, den Erzählstoff gab. Jedenfalls hätten die Perser, schreibt der Historiker (1,4), seither stets, was helle-

Einleitung

nisch ist, als feindlich betrachtet. Sie sähen ganz Asien als ihr Vaterland und alle Barbarenvölker, die es bewohnen, als ihre Verwandten an. Europa aber und das Land der Hellenen gelte ihnen als fremdes Land. Als die griechischen Staaten, große und kleine, in der Folgezeit permanent gegeneinander Krieg führten, beschworen Politiker und Intellektuelle die Eintracht, indem sie die alte Feindschaft verklärten und zu einem neuen gemein­ samen Krieg der Hellenen gegen die Barbaren aufriefen. Das persische Viel­ völkerreich repräsentierte den Antipoden schlechthin. In dem auf Gesetzen und Volksbeschlüssen basierenden Gemeindestaat der Griechen manifestiere sich die naturgemäße Überlegenheit über die asiatische Monarchie, Freiheit über Versklavung. Diese perspektivisch wertende Teilung der Welt wurde von den wissenschaftlich begabtesten Köpfen mit derselben Selbstverständlichkeit vertreten, wie wir heute die Länder des Globus in Demokratien und Autokratien oder Diktaturen einteilen. In der politischen Rhetorik des Intellektuellen Isokrates werden die Perser mitsamt den Völkern Asiens wie folgt beschrieben (panegyrikos 150–153): «Der größte Teil ihrer Bevölkerung ist ein Mob ohne Disziplin und Erfahrung von Gefahren, zum Kriege völlig untauglich, zur Sklaverei aber besser erzogen als bei uns die Haussklaven. Diejenigen aber, die bei ihnen in höchstem Ansehen stehen, haben niemals im Sinne des Ganzen, der Gemeinschaft und des Staates gelebt, sondern durchgängig nach unten tretend und nach oben buckelnd, eine Lebensart, die wie keine andere den Menschen verdirbt. Weil sie reich sind, mästen sie ihre Körper, während sie an ihren Seelen auf Grund der Monarchie unterwürfig und ängstlich sind, sich an Palästen zur Musterung einfinden und fußfällig werden und in jeder Weise um Demut bestrebt sind, vor einem Sterblichen auf die Knie fallend und ihn als göttlich anbetend, die Götter aber mehr als die Menschen verachtend.»

Man muss beachten, dass der Sprecher ein Athener und seine Sicht nicht repräsentativ für alle Griechen war. Die Griechen Asiens, die im 4. Jahrhundert wieder Untertanen der Satrapen des Großkönigs wurden, wussten sicher zu schätzen, dass ihre Tributzahlungen niedriger waren als die ihnen zuvor von den verwandten Athenern auferlegten. Eine griechisch-persische Koexistenz in Asien verlief friedfertig bis zur Ankunft Alexanders. Der ideologisch-politischen Gegenüberstellung von Hellenen und Barbaren in verschiedenen Weltteilen des klassischen Zeitalters folgt in der Vielvölkerwelt der Königreiche des Hellenismus (4.–1. Jahrhundert v. Chr.) und im römischen Reich der Kaiserzeit (1.–4. Jahrhundert n. Chr.) eine vertikale Rangordnung der Reichs- und Provinzbewohner: Die hellenisierten, das heißt der griechischen Sprache mächtigen, griechisch gebildeten und urbaner Lebensweise zugewand-

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ten Polisbürger stehen über den als inferior angesehenen Bevölkerungen nichtgriechischer Sprache und Kultur, die großenteils auf dem Lande wohnten. In der römischen Sozialordnung der östlichen Provinzen schließlich führte ohne griechische Bildung kein Weg nach ganz oben.16 Den alten geopolitischen Gegensatz zwischen Hellas / Europa auf der einen und Asien auf der anderen Seite haben die Ostexpansionen des Alexander­ reiches, der hellenistischen Königreiche und des Imperium Romanum aufge­ hoben. Zwar verlängern die antiken Schriftsteller die alte Teilung der Welt in eine neue, in der die Perser der historischen Achaimeniden als Perser unter den Arsakiden und den Sasaniden die extremen Antipoden der römischen Ordnung darstellen. In der Zone der Nachbarschaft beider Großreiche, an Euphrat und Tigris, finden in einer ansonsten als Pax Romana apostrophierten Epoche die meisten Kriege statt. Zugleich war in ihrem Verlauf die zivile und militärische Infrastruktur der Orientprovinzen so weit nach Osten vorgeschoben worden, dass Rom nicht mehr als mediterranes, sondern darüber hinaus als ein Vorderasien umfassendes und integrierendes Weltreich begriffen werden kann. Das Klischee von den Provinzen als einer Art Sibirien, wo in klimatischen Extremen exotische Sitten herrschen und sich ein Bürger Roms nur in die Verbannung begibt, erstreckt sich von der antiken Literatur bis in Bücher und Filme unserer Zeit: In dem Hollywood-Klassiker Ben Hur (William Wyler 1959) kommt eine Szene vor, wo der von dem Römer Quintus Arrius adoptierte Juda im Kaiserpalast in Rom Pontius Pilatus begegnet. Dieser erkundigt sich nach den Verhältnissen in dem orientalischen Land: «Ist es tatsächlich so schwer, in dem Klima dort zu leben?» und erhält die Antwort: «Nicht für uns Juden!» Zu seinem Freund Quintus Arrius gewandt erklärt Pilatus, er sei verzweifelt; der Kaiser wolle ihn zum Statthalter von Iudaea ernennen, wogegen er lieber nach Alexandreia ginge. Offenbar aber wolle man seine Fähigkeiten der Wüste angedeihen lassen, Propheten und Skorpione scheinen ohne ihn nicht auskommen zu können. Arrius beruhigt ihn: «Denk nicht an den Staub von Iudaea – wenigstens nicht heute Abend!» Im gesamten Reich hießen Menschen verschiedenster Herkunft, Hautfarben, Muttersprachen, Religionen und Wohnorte «Römer», keineswegs nur Einwohner der Stadt Rom oder des Stammlandes Italien. In der diachronen Perspektive sehen wir die Bezeichnung Anfang des 3. Jahrhunderts übergehen von einer mittlerweile weltweit verstreuten privilegierten Schicht der Inhaber römischen Bürgerrechtes auf alle erwachsenen Einwohner des Reiches. Sie verschwindet weder noch verliert sie ihren Sinn, als mehr als ein Jahrhundert später Konstantinopel Reichshauptstadt wurde, auch nicht, als im theodosianischen Zeitalter ein separates Ostreich entstand und das Westreich noch lange Zeit überlebte. Die

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Byzantiner heißen in den antiken Quellen wie selbstverständlich «Römer» (manchmal auch «Griechen»). Der «römische» Orient hört mit dem Beginn «byzantinischer» Geschichte nicht auf. Er geht über in eine neue, nichtrömische Welt nach der muslimischen Eroberung im 7. Jahrhundert n. Chr. Erst an dieser Stelle setzen wir unsere Zäsur. Der römische Orient spielt in vielen Büchern eine Rolle im Kontext der ­römischen Orientpolitik der Republik- und Kaisergeschichte.17 Unser Versuch, die Vorgänge und Verhältnisse im Folgenden aus orientalischer Perspektive darzustellen, das heißt, sie auf die lokalen und regionalen politischen und wirtschaft­ lichen Verhältnisse, die geistigen und religiösen Bewegungen, die Interessen und Konflikte der Akteure in den orientalischen Klientelreichen und Provinzen zu fokussieren, soll einen anderen Blick auf römische Geschichte öffnen und in eine weniger bekannte Welt einführen. Die Darstellung ist grundsätzlich chrono­ logisch, allein im Vorspann über die Kulturen des Alten Orients (Kap. I 1) folgt diese einem regionalen Gliederungsprinzip. Gelegentlich wird auf der diachronen Achse um der thematischen Kohärenz willen zurück- beziehungsweise vorausgeblendet. Kapitelweise fokussiere ich auf Regionen wie Kaukasus, Kappadokien, Ägypten, Syrien, Äthiopien. Eingeblendet sind ‹Miniaturen›: Analysen und Zitate herausragender literarischer Zeugnisse, Biographien und Beschreibungen komplexer archäologischer Relikte. Ich habe mich bemüht, auf der Zeitachse die wesentlichen politischen, kulturellen, religiösen und wirtschaftlichen Aspekte zu integrieren. Der Akzent liegt auf ‹wesentlich›; eine erschöpfende Darstellung ­aller diesbezüglichen Themen war im gegebenen Rahmen nicht möglich.

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I.  Vom Alten Orient bis zur Pax Augusta

1. Die Grundlagen Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen Vorderasiens, Ägyptens und Arabiens I.  Vom AltenReiche, OrientGötter bis zur und Pax Kulturen Augusta Sprachen, Völker,

Für die Darstellung des alten Orients bis hin zu den Römern ist ein kurzer Ausflug in die Geschichte des antiken Weltbildes unumgänglich.1 Europa und Asien sind uns von den Griechen überlieferte Namen. In den älteren, hieroglyphen-, keil- und linearschriftlichen Zeugnissen kommen sie nicht vor. Aus welchen Sprachen die Wörter stammen, ist unsicher. In der ältesten griechischen Literatur, Hesiods Theogonie und Homers Ilias, ist Europa ein Frauenname.2 Auch Asie ist ein Frauenname in der Mythologie: So hieß die Frau des Prometheus (Hdt. 4,45). In der frühgriechischen Dichtung kommen Ortsnamen vor: «asiatische Erde» (Hes. Fr. 165 Z. 11 Merkelbach  – West), die «asiatische Wiese» (Il. 2,461) oder das «schafenährende Asien» (Archil. Fr. 227 West). Doch findet man bei diesen Autoren noch keine Konzeption von verschiedenen Erdteilen. Erst der Schriftsteller Hekataios von Milet, der in der zweiten Hälfte des 6. und im frühen 5. Jahrhundert gelebt und eine Erdbeschreibung mit Karte verfasst hat, unterschied zwei große Kontinente, Europa und Asien.3 Der Begriff Asien hat sich zu dieser Zeit jedoch nur auf den Hellas gegenüberliegenden Teil Vorder­ asiens bezogen, im Wesentlichen also auf das Festland jenseits der Ägäis, und darüber hinaus auf Syrien, Mesopotamien und Persien. Der Zweiteilung folgte die Dreiteilung, seitdem einige Griechen das im Süden gelegene Libyen als eigenen, nicht zu Europa gehörenden Erdteil auffassten. Schon der im frühen 5. Jahrhundert schreibende Lyriker Pindar aus Boiotien scheint diese Auffassung zu teilen, wenn er die Kyrenaika als «des Festlands dritte Wurzel» bezeichnet (P. 9,10). Herodot führt die Theorie dreier Erdteile auf «Ionier» zurück, er selbst steht ihr skeptisch gegenüber. Ob Ägypten Libyen oder Asien zugehört, war Gegenstand der Auseinandersetzung, desgleichen die Frage, ob Asien auf der gesamten Länge zwischen Nord- und Südmeer von Europa und Libyen getrennt ist, näm-

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lich durch das Wasser der Ströme Tanais (Don) und Nil, der Meere Maiotis (Asowsches Meer), Pontos (Schwarzes Meer), Ägäis und Mittelmeer mit den Meerengen Hellespont und Bosporus (Hdt. 2,15–17; 4,42). Eine genauere Erkundung des westasiatischen Südrandes zwischen ca. 519 und 512 v. Chr. geht auf die ­Initiative des Perserkönigs Dareios I. zurück: Der Karer Skylax von Karyanda fuhr von der Indusmündung entlang den arabischen Süd- und afrikanischen Ostküsten bis zum heutigen Suez (Hdt. 4,44). Die Beziehungen Innerafrikas zur antiken Mittelmeerwelt sind bis heute ­wenig erforscht. Kurz nach 600 v. Chr. umsegelten Phoinikier im Auftrag des ägyptischen Pharaos Necho II. zwar den afrikanischen Kontinent (Hdt. 4,42– 43), man muss sich aber vergegenwärtigen, dass mit Ausnahme von Ägypten und nilaufwärts Teilen des Sudans und Äthiopiens sowie den nördlich der Sahara gelegenen Küstenregionen bis zur Straße von Gibraltar der binnenländische Kontinent – trotz gelegentlicher Sub-Sahara-Expeditionen der Römer – die gesamte Antike, das Mittelalter und die Neuzeit hindurch bis ins 19. Jahrhundert für ­Europäer nahezu Terra incognita geblieben ist.4 Eine geistige Großtat, die Kugelgeographie der Erde, wird dem Eleaten Parmenides des späten 6. und frühen 5. Jahrhunderts zugeschrieben, setzte sich aber erst gut ein Jahrhundert später mit Platon und Aristoteles durch.5 Die Kontinente wurden seit Eudoxos von Knidos (4. Jh. v. Chr.) auf eine in Zonen unterteilte Erdkugel projiziert.6 Im Zeitalter des Hellenismus erreichte die Wissenschaft der Geographie bei den Griechen ihr höchstes Niveau. Erhebliche Erweiterung der Kenntnis Asiens war dem Eroberungszug des Makedonen Alexander zu verdanken. Die Flottenfahrt des Admirals Nearchos den Indus flussabwärts in den Ozean und entlang der Südküste Belutschistans bis in den Golf von Persien hatte erstmals Klarheit über die Gestalt Arabiens als Halbinsel gebracht. Für die an der Schule von Alexandreia forschenden Wissenschaftler gewann der indische Subkontinent mit den Flusssystemen Indus und Ganges schärfere Konturen. Doch jenseits der Indike hörte nach allgemeiner Auffassung die bewohnte Welt auf. Von hier bis zu den Säulen des Herakles (an der Straße von Gibraltar) bedeckte die Rückseite der Erdkugel der Ozean.7 Die einzige erhaltene Erdbeschreibung aus der Antike verdanken wir dem zu Beginn der Kaiserzeit schreibenden Kleinasiaten Strabon von Amaseia. Sie repräsentiert den Wissensstand der römischen Weltbeherrscher seiner Epoche. Damals war an der porticus Vipsania in Rom eine Karte der bewohnten Welt ­angebracht.8 Im 11. Buch beginnt Strabon seine Darstellung Asiens, das er – Eratosthenes folgend  – in zwei große Teile untergliedert: einen nördlichen und ­einen südlichen. Die beiden Teile trennt das Tauros genannte Gebirge, das nach

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heutigen Begriffen mehrere aufeinander folgende Gebirgszüge in grob westöst­ licher Streichrichtung umfasst: den lykischen und kilikischen Tauros in Kleinasien, das kurdische Hochland, den iranischen Zagros und den Hindukusch. Die wahren Dimensionen des Kontinents gegenüber Europa, wie sie Paul Valéry mit einem berühmten Satz in seinem Essay von 1924 zum Ausdruck brachte – «Qu’estce donc que cette Europe? C’est une sorte de cap du vieux continent, un appendice occidental de l’Asie.»9 –, blieben Griechen wie Römern in der Antike unbekannt. In der lateinischen Nomenklatur Asia haben wir es mit drei verschiedenen Bedeutungen zu tun: Die Römer haben den Namen zwar ebenfalls auf den ganzen bis dahin bekannten Kontinent bezogen. Doch verwenden sie ihn zugleich für die provincia, die früheste auf asiatischem Boden, die weite Teile Westanatoliens umfasste. Hinzu kommt, erstmals bei Strabon, die Unterscheidung der Halbinsel, die einen Teil der heutigen Türkei ausmacht, vom ganzen übrigen Kontinent. Seit Klaudios Ptolemaios, dem Mathematiker und Geographen des 2. Jahrhunderts n. Chr., wird diese Halbinsel dann Klein-Asien genannt.10 Den griechischen Ausdruck für ‹Osten›: «von den Aufgängen [der Sonne]» (Hdt 4,8: ap’ anatolon [heliou]), der im Matthäusevangelium 2,1 vorkommt: μάγοι ἀπὸ ἀνατολῶν παρεγένοντο εἰς Ἱεροσόλυμα, übersetzte Luther: «da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem». Ebenso verfuhr er mit dem hebräischen ‫ םדק‬in Gen. 25,6: «nach Osten hin ins Morgenland». Lateinisch Oriens als geographischer Begriff ist zu Beginn der Kaiserzeit in Gebrauch, schon in den res gestae des Augustus (27): «Alle Provinzen, die sich von der Adria aus nach Osten erstrecken […] habe ich wiedergewonnen» (Provincias omnis, quae trans Hadrianum mare vergunt ad orientem […] reciperavi).11 Schon früh ging er in den Sprachgebrauch der römischen Herrschaft ein, zum Beispiel bei Sueton (Cal. 1), der von Germanicus’ Auftrag berichtet, «Ruhe und Ordnung im Orient wiederherzustellen».12 Aus einer Neuordnung der Provinzen in der Spätantike unter den Kaisern Diokletian und Konstantin erwächst schließlich der spezifische lateinische Terminus Oriens. Er definiert eine als Diözese bezeichnete administrative Einheit, die Thrakien, ganz Kleinasien, Syrien, Palästina und Ägypten umfasste (siehe unten S. 305–307). Ebendiese spätantike Konglomeration (mit Ausnahme von Thrakien) liegt unserem Konzept Orient zugrunde. Griechenland gehört nicht dazu, ebenso wenig das Afrika nördlich der Sahara, wohl aber Ägypten.13 Die Ostgrenze wird je nach Konfliktlage verschoben und verlief, wie wir sehen werden, im Laufe der römischen Kaiserzeit erheblich weiter östlich als die Grenze der Diözese Oriens.

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Im Gegensatz zur römischen Geschichte Italiens, Nordafrikas, Spaniens und Galliens beinhaltet die Erzählung über Roms Herrschaft im Orient einen ­ungleich größer dimensionierten historischen Unterbau. Schriftliche Überlieferungen verschiedener Arten und Sprachen gehen tief in die vorrömische Vergangenheit zurück und öffnen Perspektiven auf Traditionen, deren Erbe noch Jahrhunderte später in den östlichen Provinzen der Römer weiterlebt. Wir wollen in diesem Vorspann keine Abhandlung über den Alten Orient schreiben, sondern nur das Lot in möglichst jeden der Räume dieses Unterbaus senken, um den ­römischen Orient besser zu verstehen. Dabei kommen vorrangig kulturelle Aspekte zur Sprache.14 Erzählbare Geschichte beginnt auf dem Globus in Mesopotamien  – etwa dem heutigen Irak.15 Die Schriftzeugnisse belegen für das 3. Jahrtausend eine sumerisch-semitische Mischkultur. Sumerer und Semiten sind eingewandert, bewohnten in historischer Zeit das Land gemeinsam, sind indes an ihren Sprachen klar zu unterscheiden.16 Die Sumerer sind ein nichtindogermanisches Volk unbekannter Herkunft.17 Allem Anschein nach hat dieses Volk die Schrift erfunden.18 Vorstufen sind Zählmarken und abstrakte Symbole ohne Lautwerte, ein System der Informationsspeicherung in offenkundig wirtschaftlich-administrativen Kontexten.19 Die lautliche Wiedergabe von Sprache war demgegenüber zunächst sekundär. Die mit keilförmigen Abdrücken im weichen Ton wiedergegebenen Zeichen der entwickelten Keilschrift können drei je verschiedenartige Botschaften signalisieren: Sie können, erstens, ein ganzes Wort ausdrücken, zweitens einen Silbenlaut, drittens Hinweise oder Bestimmungen geben. Die Zeichen dieser dritten Klasse – ­sogenannte Determinative – tragen keinen Lautwert und dienen nur dazu, bestimmte Wörter, denen sie vorangestellt sind, näher zu erklären: zum Beispiel indem einem Ländernamen das Determinativum für «Land» zugesetzt wird. Die Keilschrift ist ein im Zweistromland noch bis in das hellenistische Zeitalter gebrauchtes Schriftsystem.20 In römischer Zeit spielt sie, obgleich vereinzelt bis in das 1. Jahrhundert n. Chr. vorkommend, keine Rolle mehr. Wir werden jedoch sehen, dass keilschriftlich verfasste Inhalte bis in die spätantike Literatur hineinwirken. Seit ältester Zeit herrschten Monarchen. Das von Stadt zu Stadt wandernde Königtum wird in eine mythische Vergangenheit zurückprojiziert und schriftlich fixiert, die sogenannte Sumerische Königsliste. Sie besteht aus zwei großen Abschnitten, einem vor der Sintflut, beginnend mit der Stadt Eridu, und einem nach der Flut, beginnend mit der Stadt Kisch, gefolgt von Uruk usw.21 Architektur weist religiöse, politische und wirtschaftliche Zentren aus. ­Paläste

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sind weit mehr als Wohnbauten eines Herrschers. Sie sind im abstrakten Sinn als wirtschaftliches und administratives System zu verstehen, und zwar weit über die Epoche des alten Orients hinaus. Erträge aus den Ressourcen des beherrschten Landes ebenso wie aus dem von hier aus organisierten Handel werden gehortet, verwaltet und wieder verteilt. Der verbreitete Typ des Tempels ist die Zikkurat (babylonisch: «hoch aufragend»): Auf einer Lehmterrasse steht ein großer Raum mit Altar, an den sich zu beiden Seiten Komplexe kleinerer Räume anlehnen. Die Zikkurat von Ur wurde von einem König namens Ur-Namma erbaut und misst in der Grundfläche 60 × 45 Meter.22 Zwischen 2290 und 2200 v. Chr. setzte sich im südlichen Mesopotamien erstmals eine überregionale Herrschaft durch. Ein König Scharrukin – der Name wird später im Alten Testament als Sargon wiedergegeben – unternahm Kriegszüge zu weiter entfernten Städten, die geplündert und zerstört wurden.23 Seine Nachfolger zogen nicht wieder ab, sondern kontrollierten das Gebiet, bauten Festungen und Tempel, setzten Verwalter ein, sorgten für die Konzentration von Arbeitskräften auf königlichen Domänen wie für den Ausbau von Bewässerungsund Verkehrssystemen und führten eine Besteuerung von bis zu 70 Prozent ein. Die mit Abstand wichtigste Stadt hieß Akkade. Ausgerechnet ihre Lage ist unbekannt. Nach Akkade werden die semitischen Sprachen und Kulturen des gesamten Zweistromlandes, Süden wie Norden, als Akkadisch bezeichnet. Das Akka­ dische gliedert sich in zwei Untergruppen: Assyrisch im Norden, benannt nach der Stadt Assur, und Babylonisch im Süden, benannt nach der Stadt Babylon.24 Vom Akkadischen zu trennen sind weitere semitische Sprachgruppen, die man westlich des Zweistromlandes verbreitet findet. Dazu gehört zum einen das Eblaitische, ein Idiom, das erst mit der Entdeckung eines Keilschriftarchivs aus der Zeit um 2400 v. Chr. im Jahr 1975 bekannt geworden ist, und zwar in der Stadt Ebla in Nordsyrien.25 Zum anderen sind mehrere als Nordwestsemitisch bezeichnete Idiome im syrisch-palästinischen Raum beheimatet: Babylonische Texte des zweiten Jahrtausends nennen «Leute aus dem Westen» (Amurru). Es sind die Ahnen der späteren, biblisch als Kanaanäer bezeichneten Stämme des alten Israel, deren Sprachen untereinander verwandt sind. Ein Sonderfall ist das am weitesten nördlich beheimatete Ugaritisch, benannt nach der Stadt Ugarit.26 Schließlich kommen, seit etwa 1000 v. Chr., die aus der Arabischen Halbinsel nach Norden wandernden Aramäer hinzu, deren Sprache im Laufe der folgenden Jahrhunderte nicht nur das Akkadische, sondern auch die kanaanäischen Sprachen einschließlich des Hebräischen zurückdrängte, sich schon um 700 v. Chr. zumindest bei schreibkundigen Eliten bis nach Aserbaidschan ausbreitete. Die Perser haben es als Reichssprache verwendet, die noch in Teilen

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des römischen Orients gesprochen und geschrieben wurde. Die Muttersprache Christi war Aramäisch.27 In der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends herrschten die mächtigsten Dynasten im Süden des Zweistromlandes. Sie nannten sich «Könige von Sumer und Akkade». Unter ihnen ragt ein König von Babylon hervor, der uns einen in Stein gemeißelten Gesetzestext überliefert hat – beinahe drei Jahrtausende, bevor die römischen Juristen Grundlagen unseres Rechts geschaffen haben: den berühmten Codex von Hammurapi. Man kann ihn im Louvre in Paris besichtigen. Auf der 2,25 Meter hohen Stele befindet sich oben eine Bildszene mit Hammurapi in Gebetshaltung vor dem sitzenden Sonnengott Schamasch von Sippar, dem Gott des Rechts. Der Keilschrifttext bringt insgesamt 280 Entscheidungen verschiedener Rechtsfälle zur Sprache, von Mord und Totschlag bis hin zu Darlehensund Zinsgeschäften, Erbschaft und Mitgift. Was das Strafrecht betrifft, so fällt auf, dass die Sanktionen sich an Härte gegenüber einer älteren Satzung wie der des Dāduša von Ešnunna (um 1735 v. Chr.) gesteigert haben. Hammurapi scheint das weniger harte, herkömmliche Strafrecht mit seltenerer Anwendung der ­Todesstrafe für nicht ausreichend erachtet zu haben. Die Gesellschaft ist geschichtet nach verschiedenen Merkmalen. Sklaven werden mit dem Wort wardum bezeichnet. Über ihnen stehen die Normalbürger. Abgehoben war eine dritte Schicht, deren Angehörige sich als «jemand von Familie» wiedergeben.28 In der Zeit Hammurapis beginnt eine reichere Überlieferung sumerisch-akkadischer Literatur.29 Sie verdankt sich der Abschrifttätigkeit weit verzweigter Schreiberschulen,30 in denen wesentlich ältere, bis weit ins 3. Jahrtausend hinaufreichende Texte kopiert wurden. Urkundlichen Charakter haben etwa Briefe, Texte rechtlichen Inhalts und vor allem Königsinschriften, in denen sich der Herrscher als Stifter eines Bauwerks oder eines Weihgeschenks äußert. Umfangreich ist die religiöse Literatur, insbesondere die mit der Mantik verbundene,31 und eine eigentümliche, ebenfalls große Gattung wird als lexikalische oder Listenliteratur bezeichnet: themenspezifische Wortlisten in Sumerisch oder Wort­ entsprechungen in Sumerisch und Akkadisch.32 Intellektuelle Spielereien durchziehen die Gattung der Rangstreitdichtungen, wo Kontrahenten wie Sommer und Winter, Dattelpalme und Tamariske oder Hacke und Pflug wortreich mit­ einander streiten. Was man griechisch Epik nennen würde, ist reich vertreten: Erzählungen über die Entstehung der Welt, von Göttern, Helden und normalen Menschen.33 In diesem Kontext steht ein berühmtes Gedicht, das man geradezu als ältestes literarisches Meisterwerk in der Menschheitsgeschichte bezeichnen kann: das Gilgameschepos.34 Seine Überlieferung ist kompliziert. Altbabylonische und

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s­ umerische Bruchstücke auf Tontafeln gehen bis in die Zeit um 1700 v. Chr. zurück. Sie verweisen auf noch ältere sumerische Erzählungen, die von einem legendären König von Uruk handeln, dem Erbauer einer über 9 Kilometer langen Stadtmauer in der Zeit zwischen 2750 und 2600. Um 1100 v. Chr. schuf ein einzelner Dichter ein geschlossenes Epos, das als «Zwölftafelepos» bekannt ist. In diesen etwas mehr als 3000 Versen werden in plastischer Menschlichkeit einfache Individuen wie eine Prostituierte oder eine Schenkin ebenso wie die von Lust, Furcht, Zorn, Dankbarkeit und Freundschaft getriebenen Haupthelden Gilgamesch und Enkidu dargestellt, die das Problem der eigenen Sterblichkeit erfahren und er­leiden. Homerkenner und -kennerinnen finden schlagende Parallelen. So hat Gilgamesch manche Ähnlichkeit mit Achilleus, und auch die Nähe von Enkidu zu dem Busenfreund Achills, Patroklos, ist unabweisbar.35 Wir wissen allerdings nicht, auf welchen Wegen und durch welche Medien dieser ‹Klassiker› ­einem Homer ganz oder teilweise bekannt geworden ist. Ohne Homer wiederum ist römische Literatur, ja die Literatur orientalisch-abendländischer Traditionen schlechthin nicht zu denken. Da der Stoff der Ilias ebenso wie der der Bibel auf die Urgeschichte der menschlichen Gattung rekurriert, fanden Schriftsteller auch anderer Völker bei ihm die eigenen Ahnen. Der Römer Vergil dichtete ein Epos, das von der Zerstörung Trojas bis in die Vorgeschichte der Gründung Roms mündete, indem es das Schicksal des Trojaners Aeneas schildert. Der Mutter dieses Helden, der Göttin Venus, hatte Jupiter einst prophezeit: His ego nec metas rerum nec tempora pono  / imperium sine fine dedi – «Ihnen [den Römern] setze ich ­weder räumliche noch zeitliche Grenzen, ein Reich ohne Ende habe ich i­hnen gegeben!» In der Göttin Venus sah der Römer die Urmutter der Stadtgründer, in Troja die Urheimat des eigenen zur Weltherrschaft bestimmten Volkes. In der Mittelbabylonischen Epoche, als die meisten der bekannten Könige dem Fremdvolk der Kassiten angehörten (ihre Herkunft ist nicht klar),36 wird die babylonische Variante des Akkadischen geradezu zu einer Weltsprache des Vorderen Orients, ein «ältestes Beispiel für eine ‹lingua franca›»,37 und zugleich das dominante Medium von Wissenschaft und Literatur. Im Norden des Zweistromlandes, am Tigrisufer, lag die Stadt Assur. Man ­unterscheidet eine Altassyrische von einer Mittel- und einer Neuassyrischen Epoche. Entsprechend der Sumerischen gibt es eine ‹Assyrische Königsliste›, deren frühe Teile ebenfalls fiktiv sind. Die Altassyrische Epoche der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends hat uns eines der bedeutendsten Wirtschaftsarchive der Geschichte überliefert.38 Um 2000 v. Chr. kam es zu Niederlassungen assyrischer Kaufleute in Ostanatolien. Hauptfundplatz der in akkadischer Sprache und in Keilschrift verfassten über 20 000 Dokumente ist der Ort Kültepe bei Kayseri. Auf

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einem Hügel lag die Stadt der Einheimischen namens Kaneš, während das Quartier der assyrischen Kaufleute namens Kārum (assyrisch «Kai», «Hafen», «Handelsplatz») sich in der Ebene ausdehnte.39 Die Texte gewähren Einblicke in das wirtschaftliche Geschehen sowie in die politischen, rechtlichen, sozialen, kulturellen und ethnischen Verhältnisse. Die am Einkauf von Edelmetallen interessierten Assyrer verkehrten nicht allein mit Kültepe-Kaneš, sondern mit weiteren Orten in Anatolien, die allerdings keine so reiche Dokumentation hinterlassen haben. Der Ort bei Kayseri hat seine besondere Bedeutung auch daher, dass hier die frühesten Zeugnisse eines Volkes zu finden sind, das später über große Teile Anatoliens herrschen sollte: Es sind die Hethiter.40 Bevor wir uns der Kultur und dem Reich der Hethiter zuwenden, soll die der mesopotamischen vergleichbar frühe Hochkultur am Nil zur Sprache kommen. Nahezu gleichzeitig, gegen Ende des 4. Jahrtausends, kommt auch dort Schriftlichkeit auf. Diese Schrift bewahrt von allen antiken Schriften am stärksten einen ursprünglichen Bildcharakter. Von den Griechen stammt die Bezeichnung ­«heilige Zeichen»: Hieroglyphen. Die Zeichen repräsentieren ganze Wörter oder einfache bis komplexe konsonantische Lautwerte sowie Determinative. Wie im Zweistromland war auch in Ägypten die Beherrschung der Schrift im Wesent­ lichen auf professionelle Schreiberschulen beschränkt, mussten doch mehrere Hundert, zum Teil graphisch sehr komplizierte Zeichen erlernt werden.41 Wahrscheinlich ist auf der Grundlage dieses Systems eine der revolutionärsten Erfindungen des Altertums gelungen: die Alphabetschrift. Im Funkverkehr der Luftfahrt buchstabiert man weltweit mit Wörtern wie Alpha, Bravo, Charlie, Delta, Echo bis Whiskey, Yankee und Zulu. Der Einzelbuchstabe an der Spitze jedes Namens wird durch diese Konvention von unterschiedlichen Aussprachen unabhängig und sicher kommunizierbar. Vielleicht schon zu Beginn des 2. Jahrtausends hat jemand auf dem Sinai oder im südlichen Palästina ein neues Schriftsystem erfunden.42 Der Erfinder isolierte aus den Namen von Wortzeichen wie zum Beispiel Ochse, Haus etc. (Aleph, Beth) den jeweiligen Anlaut – also bei ‹Haus› = Beth den Labial- (mit den Lippen gebildeten) Laut ‹B› als nicht weiter teilbaren Einzellaut. Es ist der umgekehrte Denkvorgang wie in der Idee der modernen Pilotensprache. Das Zeichen für ein ganzes Wort wird umfunktioniert zum Zeichen für den Einzellaut an der Spitze des Wortes. Die Wissenschaft spricht vom Akrophonischen Prinzip. Die Reduktion des Zeichenin­ ventars für alle gesprochenen Laute auf wenig mehr als 20 Zeichen erhöhte die Erlernbarkeit des Lesens und Schreibens geradezu bahnbrechend. Es war eine Erfindung, die an Bedeutung dem Buchdruck am Ausgang des Mittelalters und

Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

der digitalen Revolution unserer Zeit gleichkommt. Die Verbreitung ging über Palästina in die eine Richtung nach Nordsyrien, wo in Ugarit bereits im 13. Jahrhundert v. Chr. ein Alphabet auf Tontafeln mit Keilschrift geschrieben wurde und wo im frühen 1. Jahrtausend die ältesten phoinikischen und aramäischen Steininschriften mit Buchstaben aufkamen, in die andere Richtung bis nach Südarabien, dem heutigen Jemen.43 Die nach der semitischen Namenfolge Aleph, Beth, Gimel, Dalath etc. als A ­ lphabet bezeichnete Schrift haben etwa im 9. oder frühen 8. Jahrhundert Griechen gelernt, die – vermutlich in Nordsyrien – in Kontakt mit Semiten standen. Von einem griechischen Uralphabet aus dem Orient verbreiteten sich über den Seeverkehr in großer Geschwindigkeit Regionalalphabete weit in den Westen bis zu den Griechen Italiens. Eines von ihnen gelangte über die Etrusker zu den ­Römern und ist der Urahn unserer auf dem Globus verbreiteten, ja dominanten Schrift. Dieser Vorgang hat einer raumgreifenden Ausdehnung griechischer Kultur einen ersten Boden bereitet.44 Und diese Kultur sollte die den gesamten römischen Orient beherrschende werden, bis hin zur islamischen Eroberung im 7. und darüber hinaus bis zum Fall Konstantinopels im 15. Jahrhundert. Ägypten ist ein gewaltiges Thema.45 Die alten Ägypter gehören der semi­ tischen Sprachfamilie an, ihre Sprache ist jedoch mit afrikanischen Elementen durchmischt und wird als «semito-hamitisch» bezeichnet.46 Es ist kaum zufällig, dass die Hochkultur dieses Volkes auf dem afrikanischen Kontinent wie im benachbarten Mesopotamien in einem von großen Strömen durchflossenen Land entstand, in dem die Bewässerung für den Feldbau günstige Voraussetzungen besaß. Das zwischen zwei Wüsten sich nicht sehr weit hinbreitende Niltal nördlich des ersten Katarakts zeichnet sich durch außergewöhnliche Fruchtbarkeit aus, was noch der römischen Provinz Aegyptus ihre erstrangige wirtschaftliche Bedeutung sicherte.47 Eigentliche Geschichte beginnt auch hier mit schriftlich überlieferten, teils mythischen, Königsnamen. Die Untergliederung in Altes, Mittleres, Neues Reich mit Zwischenperioden ist modern. Die Rekonstruktion der Namen und Regierungsdaten der Pharaonen aus unterschiedlichen Quellen ist ein komplexes Forschungsfeld. Im 3. Jahrhundert v. Chr. verfasste ein ägyptischer Priester namens Manetho von Sebennytos eine Geschichte Ägyptens mit zahlreichen Herrschernamen, die er in Dynastien einteilte, 31 an der Zahl bis auf Alexander den Großen.48 Die beiden frühesten Dynastien fallen in die Zeit ca. 3100–2700 v. Chr., erster Pharao war der Legende nach Meni oder, wie Herodot (2,99) ihn nennt, Min. Ihm gelang angeblich die Vereinigung von Ober- und Unterägypten. Er soll nach über 60 Regierungsjahren von einem Nilpferd geschnappt worden und so

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umgekommen sein.49 Sein Name ist mit keinem der sonst bezeugten acht Herrschernamen der ersten Dynastie identisch. Die Gräber dieser Herrscher befinden sich in This bei Abydos. Die Könige der zweiten Dynastie (mit Ausnahme der beiden letzten) sind in Saqqara bei Memphis bestattet. Mit der dritten Dynastie lässt man das Alte Reich beginnen (2700–2150), auch die Pyramidenzeit genannt, in der nacheinander in Saqqara, Dahschur und Gizeh die großen Grabmonumente der frühen Pharaonen errichtet wurden.50 In dem zentralistischen Herrschaftssystem entsteht eine komplexe Verwaltung mit verschiedenen Ressorts und Schreiberschulen. Das Reich wird in 42 abgabepflichtige Gaue unterteilt. Es ist eine wirtschaftliche Blütezeit, in der militärische Kampagnen bis nach Nubien vorstoßen. Doch Herrschaften einzelner Gaufürsten schwächen die Monarchie. Am Ende kommt es zum Zerfall der Zentralmacht, und eine Zwischenperiode, die 7.–11. Dynastie (2150–1980), ist durch zahlreiche unabhängige Kleinstaaten gekennzeichnet. Schließlich konkurrieren zwei Machtzentren, Herakleopolis und Theben, Letzteres obsiegt. Daraufhin gelingt es einem Mentuhotep II. das Reich wieder zu vereinen.51 Mit der Wiederherstellung eines geordneten Staatswesens am Beginn des Mittleren Reiches verbindet man den Namen des Amenemhet I., der die Hauptstadt von Theben nach Itj-Tawy (bei El-Lisht) verlegte. Es entstanden neue Königspyramiden, daneben Gräber für Familienangehörige und hohe Beamte sowie Felsgräber der Gaufürsten. Zur gleichen Zeit blühten Literatur und Kunst, und die ägyptische Kultur strahlte aus auf Libyen im Westen, Nubien im Süden und Syrien-Palästina im Norden.52 Erneut jedoch bereiten asiatische Invasoren dieser Blüte ein Ende, und in der 14.–17. Dynastie, zwischen ca. 1660 und 1540, wird das nördliche Nilland zu großen Teilen von Fremden beherrscht, die bei Manetho Hyksos heißen. Ihre Residenz lag im östlichen Nildelta bei Tell el-Dabʾa. Nur im oberen (südlichen) Land herrschten weiterhin ägyptische Könige. Nach Vertreibung der Hyksos beginnt das Neue Reich mit der 18.–20. Dynastie (1540–1077).53 Das in mehreren Feldzügen wiedergewonnene Gebiet erstreckt sich vom Sudan bis an den Euphrat in Syrien. Ägypten steigt zur eigentlichen Großmacht des Orients auf, dem insbesondere hinsichtlich seiner wirtschaft­ lichen Ressourcen keine andere ebenbürtig ist. Gegner im Norden sind die Hethiter, deren Reichszentrum im zentralen Anatolien lag. Felsgräber der Phara­ onen entstehen in Mittelägypten im «Tal der Könige», darunter das 1922 von Howard Carter entdeckte, noch ungestörte Grab des Tutanchamun. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts besetzt eine Frau den Königsthron von Ober- und Unterägypten: Hatschepsut. Die Residenzen wechseln von Theben nach Amarna und Per-Ramses ins östliche Nildelta.

Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

Die herausragende Figur der Amarnazeit ist Amenophis IV. oder Echnaton (1353–1336). Er hat die neue Residenz in Amarna gegründet und dem von ihm favorisierten Sonnengott geweiht. Verheiratet war er mit jener durch ihr Porträt berühmten Nofretete, deren Name «die Schöne ist gekommen» bedeutet.54 In Amarna wurde ein großes Archiv der Korrespondenz mit auswärtigen Herrschern gefunden, mit Königen der Hethiter, des Zweistromlandes und SyrienPalästinas. Ein Pharao schreibt an den Stadtkönig von Gezer im südlichen Palästina, er sende zu ihm seinen «Aufseher der Ställe und Truppen» mit dem Auftrag, 40 schöne Frauen als Mundschenkinnen zu schicken.55 Die Briefe auf Tontafeln sind in der damaligen Lingua franca, dem Akkadischen, und in Keilschrift verfasst. Nur zwei der Briefe sind in Hethitisch, einer in Hurritisch geschrieben.56 Zu einem weiteren epochalen Herrscher stieg 1292 ein Offizier namens Ramses auf, der erste von elf Königen dieses Namens. Die Ägyptologie spricht von der Ramessidenzeit. Schon zur Zeit Echnatons hatte der erfolgreiche Feldzug des Hethiterkönigs Šuppiluliuma gegen das Mitanni-Reich in Nordsyrien eine neue Lage geschaffen.57 Als Ramses II. Pharao war (1279–1213),58 standen die Hethiter den Ägyptern als den Beherrschern des Südens in Syrien direkt gegenüber. Die geopolitische Bedeutung Syriens als Scharnier zwischen Vorderasien und Mittelmeer begann, die Geschichte antiker Großreiche zu bestimmen: Später sollten in dieser Zone Assyrer, Perser und Makedonen, Seleukiden und Ptolemaier, Römer, Parther, Sasaniden und Sarazenen um Herrschaft ringen. Eine Schlacht bei der Stadt Qadeš in der Gegend des heutigen Homs im 5. Jahr von Ramses II. (Mai 1274), die offenbar mit einem Sieg der Hethiter endete, brachte keine Veränderung. Nordsyrien blieb in der Hand der Hethiter, der Süden ägyptisch. Im November 1259 schloss man einen Friedensvertrag, den ältesten der Weltgeschichte, dessen Wortlaut in Hieroglyphen auf Tempelwänden in Ägypten und in baby­ lonischer Sprache aus dem Archiv der hethitischen Hauptstadt bei Boğazköy (in der Türkei) erhalten ist. Eine Kopie schmückt die Eingangshalle der Vereinten Nationen in New York.59 Unter dem dritten Herrscher des Namens Ramses (1184–1153) wird vom Einfall der Seevölker berichtet, die von den Ägyptern gestoppt und nach Palästina zurückgedrängt werden können.60 Doch von da an geht es auch in Ägypten bergab. Eine weitere Zwischenperiode mit der 21.–25. Dynastie (1076–723) bringt eine erneute Spaltung des Landes, wo im Nildelta Könige und in Theben Priester herrschen. Landfremde aus Libyen etablieren sich in Bubastis, weitere Klein­ könige in Sais und Herakleopolis, aus dem Süden fallen afrikanische Kushiten ein und dringen bis nach Memphis vor.61 Eine ausgesprochene Zäsur ist die Invasion der Assyrer im Jahr 664, die in

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der Plünderung von Theben gipfelt. Nach dem Abzug der Assyrer etabliert sich in Sais ein Lokalherrscher namens Psammetichos und gründet eine neue Dynastie. Er regiert von 664 bis 610. Seine militärische Macht stützt sich auf zahlreiche ausländische Söldner, Griechen und Karer aus dem Südwesten Kleinasiens.62 Das Nilland wird 525 v. Chr. von dem Perser Kambyses erobert und für mehr als ein Jahrhundert von persischen Satrapen regiert.63 Zwischen 404 und 343 vermag es sich von der persischen Oberhoheit zu lösen, die erneuerte persische Satrapie endet im Jahr 332 mit der Invasion des Makedonen Alexander. Die welthistorische Bedeutung der altägyptischen Kultur liegt auf vielen Gebieten, besonders aber in der Religionsgeschichte begründet. Die Religion der Ägypter hat weder einen Stifter noch ein Buch. Sie kennt viele menschen- und tiergestaltige Götter  – für den römischen Satiriker Juvenal (1. Jahrhundert n. Chr.), der Ägypten aus eigener Anschauung kannte, eine fremde, abstoßende Welt (Iuv. 15,1–13, übers. Adamietz): «Wer weiß nicht, Volusius Bithynicus, welche Ungeheuer Ägypten in seinem Wahn verehrt? Das Krokodil betet diese Gegend an, jene erbebt vor dem mit Schlangen gesättigten Ibis. Golden erglänzt das Bildnis des heiligen geschwänzten Affen […]. Dort verehren ganze Städte die Katzen, hier einen Flussfisch, dort den Hund, niemand Diana. Lauch und Zwiebel zu entweihen und mit den Zähnen zu kauen ist Sünde: welch religiöses Volk, dem diese Götter in den Gärten wachsen! Der wolltragenden Tiere enthält sich jeder Tisch, Sünde ist es dort, das Junge einer Ziege zu schlachten: Menschenfleisch zu essen ist erlaubt.»64

Im 14. Jahrhundert tritt mit Amenophis IV. (Echnaton) erstmals der Versuch auf, einen einzigen Gott zum alleinigen zu erheben.65 In der benachbarten Kultur der Israeliten setzt sich später die Vorstellung der Alleinherrschaft eines einzigen Gottes – zunächst freilich nur eines Gottes Israels – endgültig durch und mündet in die monotheistischen Weltreligionen des Christentums und des Islam. Die im Jahreszyklus mit dem Sothisgestirn gleichzeitige, den Boden bewässernde Nilschwelle hat bei den Ägyptern den solaren Kalender von 365 plus ein Viertel Tage etabliert, den später Caesar zur Grundlage seiner am 1. Januar 45 v. Chr. eingeführten Kalenderreform machte (julianischer Kalender). Die Griechen hielten die Ägypter für das älteste Volk. Antike Schriftsteller von Herodot bis zu den Kirchenvätern befassten sich eingehend mit dieser Kultur.66 Im Gegensatz zu den Schriftquellen der mesopotamischen und anato­ lischen Orientalistik verfügt die moderne Ägyptologie neben Steininschriften über ein reiches Repertorium an Texten auf Papyrus, einem Beschreibstoff, der vorwiegend aus einer in Ägypten beheimateten Pflanze gewonnen wurde und

Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

sich fast nur in dessen Klima gehalten hat. Religion, Pyramiden, Tempel, der Reichtum der Bildkunst faszinieren bis heute und locken Millionen von Be­ suchern nach Ägypten und in die großen Sammlungen des Louvre und des ­British Museum. Noch lange nach den Dynastien der Pharaonen besteht unter den nachfolgenden Fremdherrschaften eine ausgeprägte religiöse und kulturelle Eigenart des Landes weiter. Sie wird auch unser Bild der römischen Provinz ­Aegyptus kennzeichnen, und sie bleibt wahrnehmbar bis in die Zeit der ara­ bischen Eroberung und darüber hinaus.67 Hethitische Geschichte68 ist eine Entdeckung der Neuzeit, die sich auf Textfunde von Tontafeln und Steininschriften gründet; eine der bedeutendsten und am ­besten erhaltenen Urkunden wurde in eine Bronzetafel eingraviert gefunden (Abb. 2). Man hat diese Inschriften erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts lesen und verstehen können. Die uns aus der literarischen Überlieferung bekannten antiken Schriftsteller wussten von den Hethitern nichts. Der Volksname wurde nach dem Untergang des Großreiches noch im frühen ersten Jahrtausend auf Bewohner der Taurosregion und Nordsyriens übertragen, und auf diese bezieht sich die Namensform Hethiter im Alten Testament. Ausdehnung und Komplexität aber der althethitischen Kultur fast ganz Anatoliens kommen erst mit den immer zahlreicheren Ausgrabungen ans Licht. Die wichtigsten Tontafelarchive befinden sich in der Hauptstadt Ḫattuša bei dem heutigen Dorf Boğazköy, etwa 160 Kilometer östlich von Ankara. Kleinere Archive hat man bisher auch an anderen Stellen des Reiches gefunden. Quellen zur hethitischen Geschichte sind auch außerhalb Kleinasiens zutage getreten, vor allem in Ägypten, aber auch in Nordsyrien und Mesopotamien. Die Schriftfunde von Ḫattuša beinhalten sieben verschiedene Sprachen: ­außer Hethitisch und den schon erwähnten Sprachen des Zweistromlandes, ­Akkadisch und Sumerisch, vier weitere. Hattisch sprach das Volk der Hatti, der älteren Einwohner des Landes um Ḫattuša. Ihr Name ging auf die Hethiter über, die man fortan als die «Leute von Hatti» bezeichnete. Mit Hethitisch verwandt sind das Palaische, das im Nordwesten beheimatet, und das Luwische, das in Südkleinasien verbreitet war. Man klassifiziert diese Idiome als asianische oder anatolische Familie des Indogermanischen. Außerhalb dieser Familie steht die Sprache der Hurriter. Ihre mutmaßliche Heimat war Ostanatolien, das arme­ nische Bergland. Von dort drangen die Hurriter gegen Süden und Südwesten vor und begründeten im 16. /15. Jahrhundert verschiedene Reiche in Nordmesopotamien und Nordsyrien. Auch die hethitische Geschichte wird nach dem Vorbild der ägyptischen in

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Abb. 2: Bronzetafel mit Staatsvertrag zwischen Tudḫaliya IV. und Kurunta von Tarḫuntassa, Museum für anatolische Kulturen, Ankara. Die Tafel ist zur Zeit in dem Museum im neuen Flughafen von I­ stanbul ausgestellt.

drei Perioden des Alten, des Mittleren und des Neuen Reiches eingeteilt. Die ­ältesten Spuren von Hethitern führen uns, wie oben erwähnt, nach Kārum Kaneš. Es soll von einem gewissen Pitḫana erobert worden sein. Als ursprüng­liche Heimat frühester Stammväter werden eine Stadt Zalpa am Schwarzen Meer und eine Stadt Kussara genannt. Die moderne Forschung geht vor allem auf Grund sprachwissenschaftlicher Erkenntnisse von einer Einwanderung aus Asien aus. Die Anfänge des nordanatolischen Reichszentrums von Ḫattuša reichen ins 18. Jahrhundert zurück: Diese Stadt der Hatti war in der Kārum-Zeit ebenfalls ein assyrischer Handelsplatz, wo neuerdings auch ein Quartier mit großen Vorratsräumen, Pithoi, Kupferbarren, Siegeln und einem altassyrischen Brief gefunden wurde.69 Um 1730 v. Chr. hat ein gewisser Anitta sie erobert und zerstört. Sie

Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

ist aber gleich darauf weiter besiedelt worden. Später machte ein Herrscher mit dem Namen Labarna den Ort zur Hauptstadt und nannte sich selbst Ḫattusili, «der Mann von Ḫattuša». Sein Nachfolger Mursili I. eroberte in Nordsyrien Ḫalab (Aleppo), und es gelang diesem sogar für kurze Zeit, das gut anderthalbtausend Kilometer entfernte Babylon einzunehmen. Der Vorstoß in ein von den eigenen Gebieten weit entferntes, durch Steppe und Wüste getrenntes Zweistromland überdehnte die militärischen Kräfte ebenso wie mehr als anderthalb Jahrtausende später die Expeditionen des römischen Feldherrn Crassus oder der Kaiser Traian und Julian. Der Landgewinn kollabierte nach einem schwierigen Rückzug. Das Mittlere Reich, im Wesentlichen die Zeit des 15. und des beginnenden 14. Jahrhunderts, ist eine dunkle Periode. Während im Südosten die Hegemonie der Mitanni bis nach Kizzuwatna (Kilikien) ausstrahlte, trat im Südwesten Kleinasiens als konkurrierende Großmacht das Reich von Arzawa auf, das diplo­ matische Beziehungen zu Ägypten unterhielt. Noch weiter im Westen waren Aus­einandersetzungen mit feindlichen Lokalmächten zu bestehen. Zu ihnen gehörten die Aḫḫijawa, vielleicht Griechen der mykenischen Epoche. Denn der Name Aḫḫijawa scheint dieselben Leute zu meinen, die bei Homer Achaioi heißen.70 Zwar konnte ein König Tudḫaliya I. im Südosten wie im Westen diploma­ tische Erfolge und militärische Gebietsgewinne erzielen, doch Einfälle eines räuberischen Nordvolkes namens Kaškäer stürzten das Reich erneut ins Chaos. Eine dauerhafte Konsolidierung erfolgte im Neuen Reich, um die Mitte des 14. Jahrhunderts, auch Großreichszeit genannt. Ein Herrscher namens Šuppi­ luliuma gewann die Kontrolle über weite Teile Anatoliens zurück und fand erneut den Weg nach Nordsyrien, wo die Kämpfe den Untergang des hurritischen Mitannireichs einleiteten. Die Hethiter traten damit in den Kreis der Großmächte ein und gerieten, wie oben geschildert, in Konflikt mit Ägypten. Die Hauptstadt Ḫattuša erreichte den Höhepunkt ihrer Ausdehnung und baulichen Ausstattung mit Palast, Tempeln, Depots, Befestigungen mit Toren und Türmen.71 Auf Šuppiluliuma I. folgten noch acht Könige, bis der letzte, Šuppiluliuma II., in einer in ihren einzelnen Abläufen undurchsichtigen ‹Götterdämmerung› ­unterging. Das Ende des hethitischen Großreiches ereignete sich an mehreren Orten um 1200. Ḫattuša wurde zerstört. Als im engeren Sinne verantwortlich scheint jene Völkerbewegung zu sein, die sich vom Balkan her nach Osten bewegte, der sogenannte Seevölkersturm.72 Schriftliche Quellen, die über die Geschehnisse informieren, stammen aus Ägypten und aus Ugarit. Die Zivilisation in Anatolien und Griechenland bricht weitgehend zusammen. Die relative Quellenarmut und das deutliche Absinken des Niveaus der materiellen Kultur nach

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Karte 1: Völker und Sprachen der Bronze- und der frühen Eisenzeit

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Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

der Zerstörung mehrerer Machtzentren in der damaligen Welt hat in der His­ toriographie den Begriff der ‹Dunklen Jahrhunderte› (Dark Ages) geprägt. Die Dauer dieser ‹dunklen› Perioden variiert freilich von Region zu Region. Das kulturelle Erbe der Hethiter ist trotz ihres Verschwindens aus der geschichtlichen Überlieferung in der Antike tradiert worden. Religion und reli­ giöses Denken werden von einer sehr großen Anzahl von religiösen Texten bezeugt.73 Sie selbst sprechen von Tausend Göttern des Landes Hatti. Herausragend sind Sonnen-, Mutter-, Schutz-, Wetter- und Berggottheiten. Ähnlich wie in der griechischen Überlieferung sind die Götter ins Große übertragene Personen, der menschlichen Schwäche durch Unsterblichkeit und besondere Macht entrückt. Fremde Kulte, einmal übernommen, wurden gesondert weitergeführt. Die meisten sind hattischen und hurritischen, das heißt nicht-indogermanischen Ursprungs. Die einzige klar indogermanische Gottheit ist Sius. Der Name entspricht etymologisch griechisch Zeus, lateinisch Iu-piter. In der hethitischen Literatur74 gibt es außer den religiösen auch Texte juristisch-staatsrechtlichen Inhalts, Berichte der Könige über ihre Taten, Mythen und Sagen, Letztere zumeist aus dem Zweistromland, wie das Gilgameschepos, oder von den Hurritern übernommene Erzählungen. Hurritische Themen wie der Wechsel und die Ablösung von Götterdynastien haben später auf unbekannten Wegen in die frühgriechische Dichtung Hesiods und über diese hinaus bis zu dem Schriftsteller Arnobius im spätrömischen Westen Eingang gefunden.75 Hinter manchen Kulten und Bräuchen noch des römischen Anatolien mögen sich hethitische Urspünge verbergen.76 Mit dem Eintritt in das erste Jahrtausend v. Chr. wenden wir uns, bevor wir auf die Reiche der Neoassyrer, Sabäer und Perser zu sprechen kommen, zunächst der kurzen Beschreibung kleinerer und mittlerer Reichsbildungen zu: im Tauros­ gebiet und Syrien den sogenannten neohethitischen Staaten, in Ostanatolien Urartu und in Palästina dem Alten Israel. Besonders mit dem syrisch-palästinischen Raum betrachten wir etwas eingehender die Geschichte eines Landes, aus dem sich der vielleicht härteste Widerstand gegen eine hellenistisch-römische Zivilisation erheben sollte. Eine Anzahl von Kleinkönigreichen, etwa vom 11. bis ins 8. Jahrhundert v. Chr., wird als spät- oder neohethitisch bezeichnet, weil Sprache und Kultur die hethitische Tradition fortsetzten.77 Sie bilden keine politische Einheit. Um nur einige zu nennen: Im Westen, in Südkappadokien und Kilikien kennen wir Tabal, Unqi (bei Antakya) und Quʾe mit der bedeutenden Grabungsstätte Karatepe, wo eine phönizisch-hieroglyphenluwische Bilingue gefunden wurde. Am und im Taurosgebirge lagen Gurgum (Maraş), Milid (Malatya) und Kummuḫ, das spä-

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tere Kommagene. In Syrien waren es Fürstentümer in Hamath (Hama) Aleppo, Samal (heute Zincirli) und vor allem Karkamiš am Euphrat, dessen Dynastie man vom 13. bis ins 8. Jahrhundert hinabverfolgen kann.78 Hier fanden vor dem Ersten Weltkrieg britische Ausgrabungen statt, an denen auch der späterhin berühmte Lawrence von Arabien beteiligt war. Von repräsentativen Gebäuden stammen zahlreiche Orthostaten mit Reliefdarstellungen und hieroglyphenluwischen Inschriften. Darunter ist das Zeugnis eines Prinzregenten namens Yariri, der von sich behauptet, zwölf Sprachen erlernt und vier verschiedene Schriften beherrscht zu haben: mit der «städtischen» meinte er zweifellos die Hieroglyphenschrift seiner luwischen Muttersprache, mit der assyrischen die Keilschrift und mit den phoinikischen und aramäischen Schriften Alphabete. Tatsächlich waren hier Sprachen, Kulturen und Schrifttraditionen zu dieser Zeit auf engstem Raum benachbart. In wachsendem Maße wurden ab 1000 v. Chr. im gesamten nordsyrischen Raum Aramäer sesshaft und bildeten ihrerseits Fürstentümer, die nach und nach die neohethitischen verdrängten.79 Heraus ragen etwa Damaskus und das durch archäologische Funde bekannte Guzana (Tell Halaf) am Euphratnebenfluss Ḫabur. An der Küste dominierten Phoinikier. Die immer mächtiger werdenden neoassyrischen Herrscher machten viele der Kleinfürsten zu ihren Vasallen. Um den Vansee in der Osttürkei siedelten seit dem 18. Jahrhundert hurritische Stämme. Erst im 13. Jahrhundert ist der Name Uruaṭru / i, noch später die Form Urarṭu bezeugt. Das sind Fremdbezeichnungen seitens der Assyrer, die Urartäer selbst nennen sich Biainili.80 Die ältesten Inschriften urartäischer Könige im 9. Jahrhundert v. Chr. sind in assyrischer Sprache in Keilschrift verfasst, bevor man in derselben Schrift die eigene Sprache verwendete, die mit dem älteren Hurritisch verwandt ist. Etwa seit der Mitte dieses Jahrhunderts traten Könige in Erscheinung, deren Expansionsdrang bis hin nach Kilikien und Nordmesopo­ tamien den Assyrern schwer zu schaffen machte. Deshalb nehmen die Kriegsberichte assyrischer Könige immer wieder Bezug auf das benachbarte, feindliche Königreich in dem schwer zugänglichen Bergland, wo fast tausend Jahre später Parther und Römer zusammenstießen. Einen assyrischen Angriff 714 v. Chr. und Einfälle der Kimmerier, eines asiatischen Reitervolks, mit Zerstörungen und Plünderungen um dieselbe Zeit scheint das Königtum noch überlebt zu haben. Besonders die Archäologie belegt eine intakte Infrastruktur zur Zeit Rusas II. (nach 714), und assyrische Quellen nennen Könige im 7. Jahrhundert. Das Zentrum Tušpa am Ostufer des Vansees lag, wie zahlreiche andere Festungen, auf steil aufragenden Felsen. Beeindruckende Ruinen sind noch heute in

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Erebuni bei Jerevan und auf dem Çavuştepe südlich des Vansees zu besichtigen. Metallverarbeitung mit riesigen Kesseln, Wohnarchitektur mit mehrstöckigen Häusern, Kanäle, Bewässerungsanlagen und terrassierte Berghänge zeugen von höchstem technischem Niveau. Literatur ist nicht überliefert. Die Frage des ­Untergangs Urartus ist in der Forschung umstritten. Urartu verschwindet im 7. oder im 6. Jahrhundert spurlos aus der Geschichte, weshalb und auf welche Weise, ist unbekannt. Das Ende brachte vielleicht die Einwanderung der Armenier, eines indogermanischen Volkes. Südlich der neohethitischen Staaten, in dem als Kanaan bezeichneten Raum, siedelten zahlreiche teils ältere, teils zugewanderte Gruppen von Semiten.81 Der seit etwa 2000 v. Chr. nachweisbaren kanaanäischen Sprachfamilie gehören die späteren Hebräer, Phoinikier, Moabiter und Ammoniter an, möglicherweise auch die Ugariter, nicht jedoch die Aramäer. In enger Nachbarschaft lebten noma­ dische, halbnomadische und sesshafte Stämme. Die hier dominanten Hegemo­ nialmächte in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends waren Ägypter, Hethiter und das nordsyrische Mitannireich. Mit der Seevölkermigration setzten sich neue Gruppen fest, unter ihnen die Philister, von denen sich der Name Palästina herleitet. Die Region ist eine der frühesten für das Vorkommen von Buchstabenschrift. Phoinikier unternahmen seit Ende des 2. Jahrtausends von der Küste aus Seefahrten im gesamten Mittelmeerraum und gründeten Niederlassungen an der nordafrikanischen Küste, Sekundärkolonien auf Sizilien und in Südspanien. Die Sprache des aus dem Osten zugewanderten Volkes Israel, das uns hier besonders interessiert, ist Hebräisch, die Sprache des Alten Testaments.82 Die Historizität der in dieser Schriftensammlung überlieferten Namen, Ereignisse und Verhältnisse ist ein schwieriges Problem der Forschung. Die aus viel späterer Zeit in die Frühzeit projizierten Geschichten lassen sich kaum als historisch verifizieren, gestatten aber manche Rückschlüsse auf Entwicklungen und tradieren auch einzelne ältere Zeugnisse. Aus den nomadischen Anfängen des Hirtenvolkes am Rande der Küstenzone kanaanäischer Städte und einiger ins Nilland gewanderter Gruppen stammt die Legende von der wunderbaren Flucht aus dem Pharaonenland unter der Führung Moses (Ex). Ein längerer Prozess war die Landnahme bis dahin nur dünn besiedelter Gebiete, als deren Ergebnis die überwiegende Sesshaftigkeit der Hebräer erscheint. Ackerbau und Viehzucht bildeten die Existenzgrundlagen. Anfangs verehrten die Clans ihre jeweils eigenen Götter. In der weiteren Umgebung gab es eine Vielzahl von Kulten für neohethitische, aramäische und kanaanäische Götter. Man wagte sich an Überfälle auf kanaanäische Städte. Erzählungen wie

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die von der Einnahme Jerichos und dem Mauerfall vom Schall der Posaunen sind spätere Phantasieprodukte (Jos 6,1–20). Während das Küstengebiet westlich des Judagebirges von den Städten der Philister besetzt war,83 lagen östlich des Jordangrabens und des Toten Meeres von Norden nach Süden die Gebiete der Ammoniter, Moabiter und Edomiter. Geschichten im Buch der Richter spiegeln regelmäßige Heimsuchungen durch räuberische Midianiter und die Bedrohung seitens der waffentechnisch überlegenen Philister. Die Anfänge einer monarchischen Staatenbildung sind mit dem Namen David verknüpft. David hatte als Räuberhauptmann eine schlagkräftige Truppe um sich geschart, die mit Beutemachen und Erpressung von Abgaben sowie Heeresfolge in fremden Diensten reüssierte. Man machte ihn zum König von Juda mit Sitz in Hebron, um der ständigen Bedrohung seitens der Philister zu begegnen. Die Ausdehnung der Herrschaft nach Norden begründete das Doppelkönigtum von Juda und Israel. Ein spektakulärer Erfolg war die Eroberung Jerusalems. Nach Einnahme der Ammoniterhauptstadt Rabbat Ammon (das heutige Amman, die Hauptstadt Jordaniens) expandierte das Reich bis in die Gegend von Damaskus. Im Südosten vermochte David auch Edom zu beherrschen. Doch das junge Königtum wurde von Aufständen erschüttert, derer David nur mit Mühe Herr wurde. Sein Sohn Salomon (ca. 970–930?) erwarb sich den Ruf eines friedfertigen, weisen Herrschers. Bibel und Koran berichten von dem Besuch der schönen Königin von Saba, die die Phantasie unzähliger Geschichten­ erzähler und bildender Künstler angeregt hat.84 Jerusalem wurde vergrößert und befestigt, Palast und Tempel entstanden.85 Das zentralistische Königtum hielt auf Dauer den zentripetalen Kräften der Städte, Bauern- und Hirtenstämme nicht stand. Israel spaltete sich ab. Doch versank dieser Staat zwischen dem 10. und dem 8. Jahrhundert in Krieg und Chaos. Herausragend ist die Herrschaft Omris, der in seiner Hauptstadt Samaria residierte. In assyrischen Texten wird Israel als «Haus Omri» bezeichnet. Auf der berühmten, im Louvre ausgestellten Stele mit der moabitischen Inschrift des Königs Mesha von Moab ca. 840 v. Chr. ist von einer erfolgreichen Abwehr der Bedrängnis durch Omri und seine Söhne die Rede.86 Schon unter den Omriden spitzte sich der Konflikt zwischen den Verehrern von Baal und Jahwe zu, den herausragenden Volksgöttern der Kanaanäer und Hebräer. Die Omri-Dynastie fand ihr Ende mit der Machtergreifung Jehus, der als Jahweanhänger Blutbäder unter Priesterschaft und Gläubigen der Baalgötter anrichtete. Um 840 intervenierten die Assyrer. Jehu musste sich dem neuassyrischen Herrscher Salmanassar III. (859–824) als tributpflichtiger Vasall beugen. Im folgenden 8. Jahrhundert versinkt Israel in Stammeskriegen. Große Teile des

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Damaskus

ASSYRISCHES REICH

Phönizier

G AL IL ÄA

K ÖNIGREICH AR AM DAMASKUS

See Gennezareth

Aramäische Stämme

Jordan

Mittelmeer

Samaria

K Ö N IG R E ICH IS R AE L

Jabbok

K ÖNIGREICH AMMON Rabbath-Ammon

Jerusalem

PENTAPOLI S

(Land der Philister)

K Ö N IG R E ICH J UDA

Totes Meer

Dibon

K Ö N IG R E ICH M O AB

WÜSTE NEGEV

Arabische Stämme

K Ö N IG R E ICH E DO M

Nabatäische Stämme

Petra 0 10 20 30 km

Karte 2: Kanaanäische Reiche

Reiches werden von den Assyrern annektiert, 722 schließlich muss auch Samaria kapitulieren. Israels Bewohner werden in großer Zahl deportiert, fremde Gruppen im Lande angesiedelt. Im südlich gelegenen Juda nahm die Geschichte einen anderen Verlauf.87 ­Unter den Nachfolgern Salomons war die Nordgrenze gegen Israel den Übergriffen der Israeliten ausgesetzt, doch verhinderte es die prekäre Gesamtlage, dass Israel sich Juda einverleibte. Einem weiteren Angriffsplan kam dann die assyri-

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sche Eroberung Israels zuvor. Der König von Juda wurde Vasall der Assyrer. In die Hauptstadt Jerusalem strömten zahlreiche israelitische Flüchtlinge. Von der herrschenden Großmacht eingeführte Götter erregten den Widerstand der Jahweanhänger unter ihnen. Es kam zum Aufstand. Die Assyrer schlugen ihn nieder, Lachis und weitere Städte wurden eingenommen, viele Einwohner ge­ tötet und deportiert. Jerusalem überlebte gegen Unterwerfung und erhöhte Tributzahlung. Nach dem Untergang des neoassyrischen Reiches hat man den Tempel in Jerusalem vom fremden Kult radikal gereinigt. König Josia (640–609) machte Jahwe zum alleinigen Staatsgott, der nur hier kultisch verehrt werden durfte. Der Ort blieb künftighin Zentrum jeder religiösen Verehrung der Juden. Als der Kleinstaat unter die Herrschaft Babylons geriet, kam es zu einer erneuten Er­ hebung, die 597 mit der Kapitulation endete. Die Stadt blieb unzerstört, doch ein großer Anteil der Elite, auch Soldaten und Handwerker, wurden nach Babylonien deportiert. Einen abermaligen Aufstand 589–587 schlug Nebukadnezar II. nieder. Die Stadtmauern ließ er schleifen und den Tempel zerstören. Wieder wurden viele deportiert. Diese vermochten als kontingente Gruppen in der ‹Babylonischen Gefangenschaft› ihre kulturelle und religiöse Identität zu bewahren, oder, wie von der Forschung angenommen, sogar neu zu definieren und zu stärken: Erst hier und jetzt soll es zur strengsten Abgrenzung und Ausschließlichkeit der eigenen Gottesvorstellung gekommen sein.88 Der Königsstaat war Vergangenheit, nur noch Jahwe übte die Alleinherrschaft aus. Man versammelte sich in Synagogen, um zu ihm zu beten und seine Gesetze zu lehren. Den Exulanten ging es nicht schlecht. Viele verzichteten später auf die mögliche Rückkehr. Sie wurde von dem Perser Kyros 539 v. Chr. gewährt. Sein im Alten Testament auszugsweise wiedergegebenes Edikt erlaubte auch den Neubau des Tempels (Esr 6,3–5): «Im ersten Jahr des Königs Kyros ordnete der König an, dass der Tempel in Jerusalem gebaut werden solle an der Stätte, an der man Schlachtopfer zu schlachten und Feueropfer darzubringen pflegt, 60 Ellen hoch und 60 Ellen breit (je 30 Meter), drei Schichten behauene Steine und eine Schicht Holz (der Rest der Mauer sollte aus Lehm erbaut werden), und die Kosten sollen vom Königshaus bezahlt werden. Außerdem sollen die goldenen und silbernen Geräte des Tempels, die Nebukadnezar aus dem Tempel in Jerusalem weggenommen und nach Babylon gebracht hat, zurückgegeben werden, so dass alles in dem Tempel in Jerusalem an seinen Platz kommt und man es im Tempel niederlege.»

Im nördlichen Zweistromland beginnt im 14. Jahrhundert v. Chr. die Epoche des Mittel- und Neuassyrischen, gefolgt von einer des sogenannten Neubabylo­

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nischen Reiches.89 Sie ist durch Keilschriftfunde reich dokumentiert. An erster Stelle stehen die zahlreichen Kriegsberichte der assyrischen Könige. Sie bieten ein wertvolles Daten- und Faktengerüst für die Chronologie. Für heutige Leser kennzeichnet viele der Texte eine unerträgliche Grausamkeit. In Darstellungen Assurnasirpals II., aufgezeichnet in Stein und Ton, kommen Schinden, Blenden, Pfählen, Verstümmeln gefangener Feinde zu Wort und ins Bild: «Ich baute einen Pfeiler vor den Toren der Stadt und enthäutete alle Anführer, die sich gegen mich erhoben hatten, und breitete ihre Haut auf dem Pfeiler aus. Manche von ihnen mauerte ich im Pfeiler ein, wieder andere spießte ich auf Pfählen rund um den Pfeiler auf. Ich enthäutete viele in meinem Land und behängte die Mauern mit ihren Häuten […] ich nahm viele Soldaten lebend gefangen. Manchen schnitt ich die Arme oder die Hände ab, anderen schnitt ich die Nase, die Ohren und die Gliedmaßen ab. Ich riss vielen Soldaten die Augen aus. Ich türmte einen Berg mit Lebendigen auf und einen mit Köpfen. Ich hängte ihre Köpfe in die Bäume um die Stadt. Ich verbrannte ihre Jugendlichen, Jungen und Mädchen. Ich tötete 6500 ihrer Krieger mit dem Schwert.»90

Was die Schilderung von Kämpfen betrifft, so ist auffällig, in welcher Nähe ­manche zu Homers Ilias stehen. König Sanherib, der von 704 bis 681 regierte, lässt die Schlacht von Halule am Euphrat gegen eine babylonisch-elamische Koalition vor den Augen des Lesers wüten: «Meine feurigen Rosse, das Gespann meines Wagens, tauchten in ihre Ströme von Blut wie in einen Fluss ein. Die Räder meines Streitwagens, die den Bösewicht wie den Übeltäter überrollt, waren von Blut und Kot getränkt. Wie Grünzeug füllte ich die Steppe mit den Leichen ihrer Helden.»91 Im 20. Gesang der Ilias heißt es (498–502): «So zerstampften die Rosse, gelenkt vom kühnen Achilleus, Leichen und Schilde zugleich, so dass Blut die Achse von unten bespritzte und rings um den Wagen die Ränder bald von den Hufen mit Tropfen besprüht und bald von den Rädern rot sich färbten.» Beutemachen war bei den Assyrern ein Wirtschaftszweig. Die Kriegsbeute wurde an der Residenz gehortet und von dort an Gefolgsleute, Militärs und Vasallen verteilt. Damit einher ging die großangelegte Deportation unterworfener Bevölkerungsgruppen.92 Die Praktiken findet man noch ein Jahrtausend später bei den Sasaniden wieder. Scharen von Gefangenen hat man auf regelrechte ­Todesmärsche über weite Entfernungen durch das Reich geschickt. Die Umsiedelungen erfassten ein Gebiet von der syrischen Küste bis an die Grenzen Irans. Tagesstrecken betrugen etwa 15–20 Kilometer, der ganze Marsch dauerte bis zu 50 Tage. Vor Antritt fanden Selektionen statt, wer wohin bestimmt war. Kräftige junge Männer wurden in die Armee eingegliedert, Spezialisten wie Ärzte und

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Kunsthandwerker im Zentralreich behalten. Homoethnische Gruppen verteilte man auf verschiedene Gebiete zu Arbeitseinsätzen, mit schwerwiegenden Folgen für die Bevölkerungs- und Sprachengeographie des Vorderen Orients: Einen Reflex darauf gibt das Alte Testament mit der Sprachenverwirrung beim Turmbau zu Babel (Gn 11,7–9). Der dunklen Seite assyrischer Gewaltherrschaft gegenüber steht die wohl­ organisierte Struktur eines Großreiches, die in vielerlei Hinsicht das Reich der Perser vorwegnimmt. Die von einer der schlagkräftigsten Armeen der Antike eroberten Gebiete wurden in Provinzen eingeteilt, verwaltet und besteuert, verödete Landstriche besiedelt und fruchtbar gemacht, Städte, Residenzen mit Palästen und Infrastruktur in einem bis dahin beispiellosen Bauboom gegründet und erweitert. Der Antipode im Süden blieb die stolze Stadt Babylon, die wiederholt abtrünnig wurde und sich sogar mit einem äußeren Feind des benachbarten Iran, dem Königreich Elam, verband. Unter Salmanassar III. stößt die assyrische Armee bis nach Kilikien und Nordsyrien ans Mittelmeer vor, in der anderen Richtung bis an den Persischen Golf. Sein Nachfolger Šamši-Adad V. heiratete eine Babylonierin, Sammuramat, die später zur Sagengestalt gewordene Semiramis. Sie soll mitregiert, ja sogar an einem Kriegszug über den Euphrat teilgenommen haben. Auf Feldzügen Tiglatpilesers III. (744–727) machen die Assyrer in Ostanatolien die Reiche Urartu am Vansee und Tabal im südlichen Kappadokien tributpflichtig und zwingen König Menahem von Israel, sich freizukaufen. In einem Brief an Tiglatpileser aus dem Jahr 738 v. Chr. steht die älteste Erwähnung von Griechen: Jamnaja seien mit Schiffen gelandet, um zu rauben, und seien erfolgreich ab­ gewehrt worden. Es ist der Name der Ionier, der sich auch später im Orient allgemein auf die Griechen bezogen findet.93 Der erste Vorstoß nach Ägypten gelang Asarhaddon 671 v. Chr. Die Plün­ derung Thebens führte sieben Jahre später sein Nachfolger Assurbanipal aus. Dieser König nimmt in der assyrischen Geschichte eine Sonderstellung ein.94 Mit seinem Namen ist die berühmte Bibliothek verbunden, die geradezu den Grundbestand altorientalischer Schriftquellen ausmacht. Funde britischer Ausgräber in der Residenzstadt Ninive erbrachten über 26 000 Tontafeln, die fast alle ins British Museum gelangten. Die philologische Auswertung ist bis heute im Gange. Auf Grund von Schreibervermerken sowie Briefzeugnissen ist des Königs aktives Bemühen um den Auf- und Ausbau der Sammlung nachgewiesen. Die Bibliothek enthält einen ungeheuren Reichtum an Textgattungen, darunter die ‹klassische› altbabylonische Literatur mit den Epen Gilgamesch, Enūma Eliš, Atramḫasis und dem Lehrgedicht von der Weltschöpfung durch Marduk – Texte,

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die man als bedeutende Vorläufer der Kosmologien der ionischen Naturphilosophen ansehen muss. Assyriens Untergang ist ein komplexer Vorgang, in dem vor allem zwei äußere Feinde zusammenwirkten:95 das unter dem Herrscher Nabopolassar wiedererstarkte Babylon und ein iranisches Bergvolk, dessen Land Mada genannt wird. Die Griechen kannten sie als Meder und übertrugen diesen Volksnamen auf die Perser. Im Jahr 612 nahm ein Meder namens Kyaxares im Bund mit Nabopolassar von Babylon Ninive ein. Zwar gab es bis 609 noch assyrische Könige, aber die Größe Assurs war dahin. Die Macht des neuen Reiches Babylon währte nur kurz. Nabopolassars Sohn Nebukadnezar II. eroberte Jerusalem und deportierte die Juden in die berühmte babylonische Gefangenschaft. Sein fünfter Nachfolger hieß Bel-šarra-usur – «Bel beschütze den König», aus dem Alten Testament als Belsazar bekannt. Während der Feind, der Perserkönig Kyros, auf die Hauptstadt vorrückte, hielt er angeblich ein Gelage im Palast ab, als plötzlich die flammende Schrift an der Wand aufleuchtete: mene mene teqel u pharsîn – «Es ist gezählt, es ist gezählt, es ist ge­ wogen, und sie (die Länder) sind aufgeteilt.» Heinrich Heine dichtete in seiner Ballade (Vers 41 f.): «Belsazar ward in selbiger Nacht / von seinen Knechten umgebracht.» Auf der Arabischen Halbinsel sind den früheren Forschungsreisenden seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts systematische archäologische Missionen gefolgt, die das Bild der Kulturentwicklung dieses Landes erheblich bereichert und verändert haben. Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Bewohner der ganzen Halbinsel zwischen Rotem Meer, Indischem Ozean und Golf von Persien über die ausgedehnten Wüstengebiete hinweg kommunizierten und an der allgemeinen Kulturentwicklung des geographisch kontingenten Groß­ raumes partizipierten, der sich von Mesopotamien über Syrien, Palästina, Sinai, Ägypten und Sudan bis Äthiopien erstreckt. Insofern gehören auch die südarabischen Hochkulturen in den Stammbaum geschichtlicher Entwicklung innerhalb des Horizontes eines römischen Orients.96 Von den Bezugnahmen in schriftlichen Quellen außerhalb des Landes ab­ gesehen  – der legendären Königin von Saba im Alten Testament, Sabäern in ­assyrischen Keilschrifttexten, dem «Glücklichen Arabien» in der klassischen griechischen Komödie und in den landeskundlichen Berichten der hellenis­ tischen Geographen97 oder des Römers Plinius des Älteren, um nur einige zu nennen – sind aus dem südwestlichen Arabien und dem angrenzenden Äthiopien heute mehrere Tausend Steininschriften vom 8. Jahrhundert v. Chr. bis ins

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6. Jahrhundert n. Chr. bekannt geworden. Hinzu kommen in Holzstäbchen eingeritzte Inschriften. Monumentale Schriftsteine stammen aus den verschiedenen von der Archäologie eingehender erforschten Zentralorten und Heiligtümern der südarabischen Königreiche rings um die Ramlat as-Sabʿatayn am südwest­ lichen Rand der großen Sandwüste Rubʿ al-Ḫālī und weiter westlich im Hochland des Jemen: aus der Sabäerhauptstadt Mārib und der unweit davon gele­ genen Stadt Ṣirwāḥ, den Hauptstädten von Ḥaḍramawt und Qatabān Šabwat und Timna, mehreren Städten im jemenitischen Ǧauf oder der Hauptstadt von Ḥimyar Ẓafār. Nach dem heutigen Stand der Forschung existierte an den Küsten der ­Tihama und im Süden der Halbinsel eine bronzezeitliche, der klassischen sabäischen vorausgehende Ṣabir-Kultur semitischer Sprachträger. Die Sprachwissenschaft untermauert die Hypothese einer noch im 2. Jahrtausend erfolgten Abwanderung von Semiten aus dem palästinischen Raum in den heutigen Jemen. Auch die erst im frühen 1. Jahrtausend einsetzende Epigraphik der altsüdarabischen Alphabetschrift scheint auf den Transfer einer der kanaanäischen Schriften aus dem Norden zurückzugehen, wenn auch der Zeitpunkt der Übernahme umstritten ist. Für das Aufblühen der Hochkulturen kommt den entwickelten Bewässerungssystemen der Oasen an den Gebirgsrändern sowie dem Karawanenhandel mit Gold, Weihrauch und anderen kostbaren Gewürzen große Bedeutung zu.98 Vom 8. bis ins 6. Jahrhundert v. Chr. herrschten die Mukarribe – so der Königstitel  – von Saba. In assyrischen Annalen wird ein Mukarrib erwähnt, der höchstwahrscheinlich identisch ist mit dem Eroberer großer Teile Südwestara­ biens: Karibʾil Watar bin Ḏamarʿalī. Sein Feldzugsbericht auf Steinblöcken aus dem Heiligtum von Ṣirwāḥ ist eine der längsten bisher entdeckten Inschriften des alten Arabien.99 In die Zeit der Mukarribe fällt auch der Ausbau von Bewässerungsanlagen am Rande der Ramlat as-Sabʿatayn, darunter der Damm von Mārib (Abb. 3). In ihren Inschriften stellt sich die Elite der Sabäer äußerst kriegerisch dar, ganz anders als die späteren Minäer oder in der römischen Kaiserzeit die Palmyrener. Das 5. Jahrhundert sieht den Aufstieg der Minäer von Maʿīn, vormals Vasallen der Könige von Saba. Sie kontrollierten von ihren nordwestlich von Mārib gelegenen alten Zentren Yaṯill und Qarnawu aus den Weihrauchhandel über Land nach Ägypten, Gaza und ins Zweistromland, und sie gründeten im Norden der Weihrauchstraße eine Kolonie in Dedan (al-ʿUlā, unweit von Madāʾin Sālih in Saudi-Arabien). Auch das Reich von Qataban drängte zeitweise die Macht der Sabäer zurück. Selten geben die Inschriften Hinweise auf Geschehen außerhalb Arabiens.

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Abb. 3: Damm von Mārib, Jemen, sogenannter Südbau

Eine jüngst veröffentlichte Bronzetafel enthält den Bericht eines in militärischer Mission und als Karawanenführer weitgereisten Sabäers. Als er von Gaza aus nach Zypern übersetzte, herrschte Krieg zwischen Chaldaiern und Ioniern (KŠDM und YWN).100 Im 4. Jahrhundert v. Chr. erwähnt eine Widmungs­inschrift aus Yaṯill, aufgestellt von minäischen Großhändlern, die zwischen Ägypten und Assyrien Handel trieben, einen Krieg zwischen Persien (M’Y) und Ägypten (MSR), womit vermutlich die Rückeroberung des Nillandes durch Artaxerxes III. 343 v. Chr. gemeint ist. Eine Umschichtung der Machtverhältnisse bahnt sich in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. an: Im Jahr 115 v. Chr. beginnt eine himyarische Ära. Der ganze Südwesten der Halbinsel wird beherrscht von «Königen von Saba und Dhu-Raydān». Das zweite Element des Titels verweist auf den Palast ihrer Residenzstadt Ẓafār, etwa 170 Kilometer südwestlich von Mārib. Sie ist erstmals erwähnt bei Plinius dem Älteren zur Zeit Neros. Minäer und Qatabaner spielen keine wesentliche Rolle mehr, wohl aber das nach Osten expandierende Ḥaḍ­ ramawt. Im Norden der Halbinsel dehnte sich das Königreich der Nabatäer bis in die Gegend der einstigen minäischen Kolonie Dedan aus. Die Weihrauchstraße über Land scheint spätestens nach Einrichtung der römischen Provinz Aegyptus mit dem zunehmenden Transport von Luxusgütern zur See an Bedeutung eingebüßt zu haben. Als es im Jahr 25 v. Chr. zu einem ersten Kontakt der Römer mit

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Südarabien kam, auf den wir noch näher eingehen werden (siehe unten S. 133– 149), war Ḥimyar die herrschende Großmacht, Ẓafār konkurrierte mit Mārib. Der zur Ägäis vorragende und den Mittelmeerländern Europas benachbarte Teil des Alten Orients, Westkleinasien, beheimatete seit dem frühen 1. Jahrtausend Völker, die von verschiedenen Seiten her in die zum Teil wohl von Trägern der luwischen Sprache bewohnten Gebiete zugewandert waren. Mit der Palaststadt Gordion westlich von Ankara im Sakaryatal als Zentrum entstand seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. das Reich der Phryger.101 Das vermutlich aus dem Balkanraum eingedrungene Volk bildete daselbst eine bis in die römische Kaiserzeit fassbare, eigene Kultur. Über die politische Geschichte geben die wenigen eigenen, in Alphabetschrift geschriebenen Inschriften in Altphrygisch nichts her. Vor allem die Assyrer erwähnen das ihnen zeitweise feindliche Königreich in ihren keilschriftlichen Quellen. Ein von mehreren Herrschern getragener Königsname war Midas. Ein König muss den Griechen besonders bekannt geworden sein, sie haben – in Wort und Bild – verschiedene Legenden mit ihm verknüpft. Die phrygische Hauptgottheit war weiblich, man nannte sie Bergmutter (matar kubeleja). Ihr Kult, von dem monumentale Felsreliefs, Kultnischen und steinerne Skulpturen zeugen, darunter die berühmte, im Museum für anatolische Kulturen in Ankara aufbewahrte Kybele von Boğazköy, war auf zahlreiche Heiligtümer Anatoliens verteilt. Phrygisches aus Kunst und Religion, vor allem die Muttergöttin und mit ­ihrem Kult verbundene Mythen fanden den Weg bis weit in den Westen und faszinierten lateinische Schriftsteller. Schon am Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr., als Rom mit dem Königreich Pergamon Beziehungen aufnahm, inszenierte man eine Translation des Magna-Mater-Kultes an den Tiber, und es scheint die ­ egende einer Verwandtschaft der Römer mit den Phrygern gepflegt worden zu L sein.102 Auch das weiter westlich mit der Hauptstadt Sardeis lokalisierte Reich der indogermanischen Lyder hatte Kontakte zu den Assyrern.103 Die lydischen Könige vermochten sich die meisten der griechischen Kleinstaaten an der Ägäisküste untertan zu machen. Besonders den letzten Lyderkönig, Kroisos, umranken Erzählungen bei den Griechen, und sein Schicksal auf dem Scheiterhaufen nach der Niederlage gegen den Perser Kyros hat die Vasenmaler inspiriert. Von außergewöhnlicher Bedeutung ist eine der Kulturleistungen der Lyder: Erstmals in Lydien hat man um 600 v. Chr. kleine, handliche Metallklümpchen mit Stempeln versehen. Auffälligerweise sind die ältesten Exemplare ausschließlich aus Elektron – einer natürlichen Legierung aus Gold und Silber.104 Die Erfin-

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dung der Münzprägung verdankt sich anscheinend dem Bedarf nach einer sichtbaren Garantie für einen Metallwert, der sich beim Elektron durch Wiegen und Anschauen nicht zuverlässig ermitteln ließ. Bei geringem Goldanteil legierte man mit Kupfer, um das Aussehen einem Standard anzugleichen. Mit dem Stempelabdruck garantierte die staatliche Autorität, der lydische König, den ungefähren Standardwert. Die Stempelung hat man alsbald auf reines Silber und Gold übertragen. Im Laufe des 6. Jahrhunderts verbreitete sich die Münzprägung in der griechischen Welt und in Teilen Vorderasiens und gab dem Verkehr von ­Waren und Ideen einen dynamischen Impuls. Von der Geburt des Geldes nimmt eine Entwicklung ihren Ausgang, die später mit dem Papier- und dem Kreditgeld auf höhere Stufen gelangte. Die Blüte des römischen Orients als Wirtschaftsraum ist ohne die bis dahin beispiellose Menge zirkulierenden Münzgeldes nicht denkbar.105 Reichsbildungen der Karer und Lykier sind nicht überliefert.106 Was den ­Namen der Karer betrifft, so hat der Sprachwissenschaftler Diether Schürr nachgewiesen, dass er nicht auf den in hethitischen Quellen der Bronzezeit bezeugten Ländernamen Karkiša bzw. Karkiya zurückzuführen sei, sondern auf eine Fremdbezeichnung seitens der Perser: kárka = Gockel. Angespielt werde damit auf die bei den Karern charakteristischen Helmbüsche.107 Die Lykier nannten sich selbst Termilen. Wie der bronzezeitliche LukkaName ins Griechische kam, bleibt dunkel.108 Die Herkunft dieser indoeuropäischen Völker ist umstritten. Ihre Inschriften in Alphabetschrift sind relativ spät, ab dem 6. Jahrhundert v. Chr., und es ist nicht klar, von wem sie diese Schrift ­gelernt haben. Beide Sprachen verschwinden im frühen Hellenismus auf den ­öffentlichen Denkmälern. Karisch ist noch immer kaum, Lykisch nur teilweise zu verstehen. Auch Karer und Lykier standen, wie die Lyder, in engem Kontakt mit den Griechen. Einzelne Dynasten und Regionalherrschaften wie deren Architektur und Bildkunst lernen wir vor allem aus der Zeit der persischen Satrapien in Kleinasien kennen. Unter diesen Völkern waren die seit etwa 1000 v. Chr. eingewanderten Griechen, von denen sich eine nördliche Dialektgruppe als Aioler, eine mittlere als Ionier und eine südliche als Dorier an der asiatischen Ägäisküste und den unmittelbar vorgelagerten Inseln festsetzte, ein Element neben anderen.109 Allerdings kennzeichnen sie zumindest von historischer Zeit an einige Alleinstellungsmerkmale: Anders als bei Phrygern und Lydern bildete sich kein territoriales Königreich, und es hielten sich anders als bei Karern und Lykiern nicht einmal lokale Dynastien von Monarchen. Man kann auch nicht eigentlich von Stadtkönigtümern wie

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bei den Phoinikiern oder Aramäern sprechen, wenn es auch immer wieder zu illegitimen, gewaltsam begründeten Alleinherrschaften kam. Auch gab es keine separaten, von einem Priester-Klerus regierten Einheiten wie die orientalischen Tempel. Vielmehr bestand das polis genannte Gemeinwesen bei ihnen aus bevorrechteten Familienhäuptern und deren zur Bürgergemeinde zählenden Gefolgsleuten. Der in Führungspositionen konzentrierten Macht Einzelner legte das beschlussfassende Kollektiv mit schriftlichen Satzungen alsbald Grenzen auf. Das früheste Beispiel ist eine Inschrift aus Dreros auf Kreta (7. Jahrhundert v. Chr., fast 100 Jahre früher als vergleichbare Zeugnisse), die älteste Originalurkunde eines Gemeindestaates in der Weltgeschichte. Derartige, nicht gottgegebene und von Königen erlassene, sondern von Kollektiven beschlossene Gesetze für das Gemeinwesen sind etwas vollkommen Neues.110 Die Küstenstädte unterhielten weite Verbindungen über das Wasser, zum ­einen zur angestammten Heimat in Griechenland und auf den Inseln, zum anderen aber auch an fremde Küsten, die sie selbst mit Aussiedlern beschickten, wie besonders die Städte Milet und Phokaia. Die archaische Lyrik der Griechen zeichnet ein Bild andauernder innerstädtischer Machtkämpfe zwischen Häuptern führender Clans, die Unterlegene mitsamt ihrem bürgerlichen Gefolge in Verbannung, Flucht oder zum Entschluss trieb, auszuwandern. In Ägypten verdingten sich viele, wie auch die Karer, als Söldner. Piraterie trieben einige bis hin zu den Küsten Syriens. Von Semiten vermutlich in Nordsyrien lernten Griechen die Alphabetschrift. Die Ausbreitung war von Beginn an nicht an das Milieu elitärer Schreiberschulen und deren Nähe zu Palästen und Heiligtümern gebunden. Schon im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. wurden die Kontakte zu den von den Assyrern beherrschten Küsten Ostkilikiens, Syriens und Palästinas so intensiv, dass die moderne Wissenschaft von einer «Orientalisierenden Epoche» der Griechischen Geschichte spricht.111 Ionien unter der Hegemonie von Lydern und Persern wurde das west­ liche Vestibül der orientalischen Welt. Künste, Wissen und begehrte Waren strömten hier zusammen.112 Was die Griechen an dieser Küste für unser Thema zu einer ausführlicher zu besprechenden Besonderheit macht, ist die Tatsache, dass sie eine welthistorisch einzigartige Avantgarde auf geistigem Gebiet hervorbrachten. Europäische Wissenschaft hat bis ins 19. und 20. Jahrhundert bei ihr den Ursprung der Philosophie verortet: vom Mythos zum Logos. Das erweist sich, je nachdem, wie «Philosophie» definiert wird, nach heutigem Kenntnisstand als problematisch. Freilich ist in einer Hinsicht an der griechischen Besonderheit kaum zu rütteln: Aus dem Orient tradiertes Gedankengut in Spruch- und Erzählform verdichtete sich in

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Ionien zu einem geistigen Gewitter, aus dem blitzartig ein völlig neues Weltverständnis aufleuchtet. Es fokussiert auf ‹Natur› (physis). Zuvorderst Milet ist der Geburtsort der europäischen Wissenschaft der Physik. Der prominente Physiker Stephen Hawking erzählt in seinem Weltbestseller über die Grundlagen der modernen Physik mit dem Titel Eine kurze Geschichte der Zeit folgende Begebenheit:113 Ein Wissenschaftler hielt einmal einen öffent­ lichen Vortrag über Astronomie. Er schilderte, wie die Erde um die Sonne und die Sonne um den Mittelpunkt einer riesigen Ansammlung von Sternen kreist, die wir unsere Galaxis nennen. Als der Vortrag beendet war, stand hinten im Saal eine kleine alte Dame auf und erklärte: Was Sie uns da erzählt haben, stimmt alles nicht. In Wirklichkeit ist die Welt eine flache Scheibe, die von einer Riesenschildkröte auf dem Rücken getragen wird. Mit einem überlegenen Lächeln hielt der Wissenschaftler ihr entgegen: «Und worauf steht die Schildkröte?»  – «Sehr schlau, junger Mann, parierte die alte Dame. Ich werd’s Ihnen sagen: Da stehen lauter Schildkröten aufeinander.» Woher wollen wir es besser wissen? Spekulationen über Anfang und Art der ‹Welt› sind so alt wie die schriftliche Überlieferung.114 Das akkadische Epos Enūma Eliš vom Ende des 2. Jahrtausends beginnt mit: «Als oben der Himmel noch nicht war und auch nicht unten die Erde.»115 Erzähltypen, die seit Urzeiten bei Festen und in Heiligtümern rituell z­ itiert wurden: Zuerst war, dann kam, dann kam … oder: Da war noch nicht, sind reich variiert und doch ähnlich strukturiert: Die einen setzen vor den Anfang Dunkelheit, Nacht, einen gähnenden Schlund (griechisch: chaos), vor allem Wasser, das personal als Gott oder Götterpaar (Süß- und Salzwasser) gedacht wird. Andere teilen am Ursprung Zusammenhängendes, Himmel und Erde, Licht und Finsternis. Allen gemeinsam ist die Interzession von als Personen gedachten Schöpfern oder Schöpferinnen, auch in genealogischer Folge: Sie treten denkend und handelnd auf, bis die Welt fertig wird, als Handwerker oder Erzeuger durch einen Sexualakt, oft gefolgt von Kampf und Gewalt.116 Erzählung (mythos) und Erklärung (logos) sind kein Gegensatz: Nachweisbar sind Tendenzen, den mythischen Bauplan der Welt mit beobachtbarer Realität in Einklang zu bringen. Doch das Prinzip bleibt das handelnde Subjekt in der sukzessiven Herstellung und Ordnung einer Stratigraphie von multiplen Göttersitzen und Bauteilen (Himmel, Erde, Flüsse, Kanäle, Morast, Wurm), hierarchisch oder gleichgeordnet, in ewiger Verfügungsgewalt eines einzigen Gottes oder mehrerer Götter. Die im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. in Ionien auftretenden Denker schreiben – nicht in Versmaß, sondern in Prosa – Bücher «über die Natur» (peri physeos), angeblich als Erster Anaximandros von Milet (I 3).117 Die orientalische Literatur kennt keinen solchen Buchtitel. Von den griechischen Texten sind nur Bruch­

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stücke in Paraphrase bei Späteren erhalten.118 Für wen sie eigentlich geschrieben waren, welchen Sitz im Leben sie hatten, wissen wir nicht. Eine ähnliche Zweckgebundenheit wie bei den keilschriftlichen Schöpfungsmythen – beispielsweise Rezitation in einem Ritual gegen Zahnschmerz – ist nicht erkennbar.119 Was haben ihre Autoren Neues gedacht? Die Vorstellung von Urstoffen wie Wasser, Feuer, Erde ist ja längst vorgegeben, und Göttliches (to theion) wohnt auch ihrem All inne. Und doch sind ihre Ideen von radikal anderer Art. Denn die Stoffe sind nicht Eigennamen für handelnde Schöpfer, Beherrscher oder Träger von Weltteilen. Darauf kann der Ephesier Heraklit ganz verzichten: «Dieses ordentliche Gebilde hier [kosmos], dasselbe für alle, schuf weder einer der Götter noch einer der Menschen, sondern es war immer und ist und wird sein; ewig ­lebendiges Feuer, entflammend nach Maßen und erlöschend nach Maßen» (I 40). Göttliches erscheint bloß noch als Metapher für Unvergänglichkeit, bis es später bei den Atomisten ganz verschwindet. Dass die Ganzheit aller Stoffe: Natur (physis) oder «das Seiende» (ta onta), sich selbst organisiert (kosmos), dass diese Ordnung abstrakten Prinzipien: Freundschaft und Zwietracht, Werden und Vergehen, «gehorcht», ist unerhört neu. Den Vorstoß zu solchem Denken hat die griechische Sprache begünstigt. Wenn nach Anaximandros alle Dinge (ta onta) «einander Strafe und Buße [zahlen] für ihre Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit», regiert sie keine äußere Instanz, sondern ihnen innewohnende Notwendigkeit (kata to chreon, I 5): «Das Wesen der Welt erscheint nicht als anthropogene Gerechtigkeit, sondern als meßbare Ordnung von Energie.»120 Damit steht ein Grundpfeiler der Naturwissenschaft bis heute. Nicht nur ­haben einzelne Theoreme eine verblüffende Nähe zur modernen Physik – man ersetze nur Heraklits pyr (Feuer) durch Licht –, sondern vor allem hat die Idee, dass die Natur nach berechenbaren Gesetzen funktioniert, den Durchbruch erzielt. Der Metapher Gesetz bedient sich die Naturwissenschaft bis heute. In unserer Physik werden die Naturgesetze gewöhnlich mathematisch formuliert, und Beobachtungen müssen zeigen, dass sie entweder universell oder innerhalb eines klar definierten Bereiches unbedingt gültig sind. Modelle, die dem standhalten, mag es auch heute verschiedene geben. Weltteile verlosende Götter und Riesenschildkröten findet man darin nirgendwo. Hier hat der Antagonismus zwischen Wissenschaft und Theologie seine Wurzeln, der im spätrömischen Orient mit einem fulminanten Sieg von Letzterer ­endet. Im 5. Jahrhundert v. Chr. treten in Griechenland die ersten dezidierten Atheisten der Weltgeschichte auf. Ein Protagoras verfasste eine Schrift «Über Götter», in der er behauptete, von den Göttern vermöge man weder zu wissen,

Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

dass sie sind, noch, dass sie nicht sind. Ungefähr zeitgleich mit der Revolution im Denken über die äußere Realität spricht sich mit der archaischen Lyrik ebenfalls an der kleinasiatischen Westküste eine vollkommen neue Wahrnehmung des menschlichen Ich, der eigenen Person, aus. Zum ersten Mal in der schriftlichen Überlieferung reden individuelle Personen über ihre inneren Empfindungen: Die berühmte Dichterin Sappho aus Eresos auf der Insel Lesbos erfährt die Regung erotischer Begierde als eine Begegnung mit der Göttin.121 Den Reaktionen ihres Körpers beim Anblick der Geliebten sieht sie sich machtlos ausgeliefert (Fr. 2 Diehl, übers. Treu): «Wenn ich Dich erblicke, geschiehts mit einmal, dass ich verstumme. Denn bewegungslos liegt die Zunge, feines Feuer hat im Nu meine Haut durchrieselt, mit den Augen sehe ich nichts, ein Dröhnen braust in den Ohren, und der Schweiß bricht aus, mich befällt ein Zittern aller Glieder, bleicher als dürre Gräser bin ich, dem Gestorbensein kaum mehr ferne schein ich mir selber.»

Mimnermos aus Kolophon oder Smyrna, der um 640 v. Chr. lebte,122 reflektiert über das den eigenen Körper heimsuchende hässliche Alter (Fr. 2 West): «Wir, wie die Blätter, die die blütenreiche Jahreszeit hervorbringt, der Frühling, wenn sie kurz von den Strahlen der Sonne gestärkt werden, erfreuen uns wie diese nur eine ellenlange Spanne Zeit an der Jugend und erfahren von den Göttern nichts Schlechtes und nichts Gutes; doch stehen zwei schwarze Unglücksbringer bereit: Der eine bringt als Ende das abstoßende Alter, der andere den Tod: Kurz nur ist die Frucht der Jugend reif, solange die Sonne sich über die Erde verbreitet, kommt aber dieses Ende der schönen Zeit, ist tot zu sein besser als das Leben. Denn viele Übel beschweren das Herz: einem geht das Haus zugrunde, es herrscht die Macht der beschwerlichen Armut, einem anderen fehlen seine Kinder, nach denen er sich am meisten sehnt, wenn er unter die Erde in den Hades hinabgeht, einen anderen befällt die mutzerstörende Krankheit. Keiner ist unter den Menschen, dem Zeus nicht viele Übel gibt.»

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(Fr. 5 West): «Gleich läuft mir unendlich viel Schweiß die Haut hinab, ich erzittere, wenn ich die Blüte der Jugend sehe, die so reizend ist, wie sie schön ist. Länger müßte sie dauern, aber nur kurz wie ein Traum währt die kostbare Jugend. Gleich hängt über dem Haupt das abstoßende häßliche Alter, das so feindlich ist, wie es wertlos ist, das einen Mann vergessen werden läßt, sich um Augen und Verstand legt und sie trübt.»

Bevor sich die literarische und künstlerische Hochblüte von der Aiolis und ­Ionien nach Athen verlagerte, wechselte mit dem Untergang des Lyderkönigs Kroisos die Fremdherrschaft über die Griechen Asiens. Die neuen Herren waren die Perser.123 Der moderne Historiker sieht sich beim Perserreich einer von den bisherigen orientalischen Großreichen der Ägypter, Hethiter und Assyrer grundverschiedenen Überlieferungslage gegenüber.124 Von den Persern selbst ist kaum etwas Schriftliches vorhanden, nicht weil sie rückständig waren und nichts ­geschrieben hätten, sondern weil man zu ihrer Zeit den Tontafeln weit über­ wiegend die verderblichen Beschreibstoffe, Leder und Papyrus, vorzog: Erhalten sind wenige Königsinschriften, Tontäfelchen mit Inventaren und Abrechnungen aus Persepolis, ein paar Papyri, Scherben und Steininschriften aus Ägypten, ­Palästina und Kleinasien und Passagen im Alten Testament. Die mit Abstand umfangreichste Quelle ist die griechische Literatur, herausragend die beiden Zeitgenossen des Perserreiches Herodot aus Halikarnassos und Xenophon aus Athen. Die Perser schrieben ihre eigene Sprache in Keilschrift, einer Mischung aus Silben- und Konsonantenschrift mit 36 Laut- sowie acht Wortzeichen. Sie wurde jedoch im ganzen Reich kaum benutzt. Zur Lingua franca der Vielvölkerwelt des Vorderen Orients war die Sprache der Aramäer geworden, und die Perser verwendeten sie überall als eine Art Kanzleisprache. Die Heimat des Stammes, der die persischen Weltherrscher hervorbrachte, liegt im alten Reich Elam, dessen politische Macht seit 639 (Zerstörung Susas) gebrochen war, wie kurz darauf die der Assyrer im benachbarten Zweistromland gebrochen wurde. Das Reich der Meder hielt sich nicht lange. Ein gewisser Kyros von Anšan rebellierte gegen den Meder Astyages, brachte ihn zu Fall und besetzte Ekbatana (554 /3 oder 550 /40 v. Chr.). Wie Dominosteine fallen dann die Länder. Im 9. Jahr des Babyloniers Nabonidos (547 / 6) marschierte der Perser ­Kyros ins ostanatolische Hochland und eroberte Urartu. Babylon ergab sich

Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

539 v. Chr. kampflos. Der Krieg gegen den König Kroisos von Lydien im weit entfernten Westkleinasien, der Fall von dessen Residenz Sardeis, ist nicht sicher zu datieren. Die persischen Eroberer kamen damals mit den die Küste bewohnenden Untertanen des Lyderkönigs, den Griechen, in Berührung.125 Kyros’ raumgreifende Feldzüge hinterließen bei den Griechen einen tiefen Eindruck. Xenophon verfasste über ihn eine Art Fürstenspiegel, die Kyropädie, wo der Perser das Beispiel des idealen Herrschers abgibt. Noch zu Lebzeiten ließ der König in der Nähe seiner Heimat Anšan eine Residenz mit dem Namen Parsa-Argada (Siedlung der Perser) bauen und hier auch für seine Grablege sorgen. Natürlich haben sich die Nachfolger als von Kyros abstammend bezeichnet, sich dabei jedoch auf einen noch älteren Stammvater in dessen Familie bezogen mit dem Namen Hachamanisch, der im Griechischen mit Achaimenes wiedergegeben wird. Daher haben diese Perserkönige den Dynastienamen Achaimeniden erhalten. Als der Kyros-Nachfolger und Eroberer Ägyptens und Zyperns Kambyses 522 auf dem Rückweg in die Persis starb, entbrannte ein Machtkampf um den verwaisten Thron. Gewonnen hat ihn Darayavausch – griechisch Dareios, der sich als Achaimenide bezeichnete, obgleich er aus einer anderen Familie stammte.126 An einer Felswand im nordwestlichen Iran befindet sich in 60 Meter Höhe seine berühmte Königsinschrift. Im Relief ist Dareios stehend dargestellt, wie er seinen linken Fuß auf den am Boden liegenden Gegenspieler stellt, vor ihm stehen neun gefesselte Rebellen. Das Bild umgibt eine lange Inschrift mit einer babylonischen, einer altpersischen und einer elamischen Fassung. Nachdem am Relief hinter den neun Rebellen ein spitzmütziger Skythe ergänzt und die elamische Version damit angeschnitten worden war, hat man diese in einer zweiten Fassung unter der babylonischen erneut eingemeißelt. Dareios spricht in der Inschrift über seinen Sieg, seine Legitimation, seine Weltherrschaft und zählt 23 ihm untertane Länder auf.127 Unter seiner Regierung hat das Reich die größte Ausdehnung erhalten. Hinzugewonnen wurden Gebiete des heutigen Pakistan und der Kyrenaika. Expedi­ tionen gelangten bis auf die der kleinasiatischen Küste vorgelagerten Inseln und in den Raum der unteren Donau. Der Strom wurde mit einer Schiffsbrücke überquert. Personelle und logistische Ressourcen lieferten zu einem Gutteil die in den griechischen Städten Asiens und an den Meerengen regierenden Tyrannen.128 In der Persis ließ Dareios I. unweit der Paläste von Pasargadai auf einer künstlich aufgeschütteten Terrasse die neue, prachtvoll ausgebaute Residenz Persepolis errichten. Geschenke bringende Abgesandte der Völker kamen von weit her, um an einer festlichen Audienz teilzunehmen. Durch ein gewaltiges Tor betraten sie

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die Plattform und stiegen die an den Außenwangen reliefgeschmückten Treppen zum Thronsaal empor. Die bunt bemalten Reliefs zeigen die königliche Garde sowie die einzelnen, verschiedene Geschenke bringenden Gesandtschaften.129 Über Völker und Länder hatte schon Kyros eine Art Unterkönige eingesetzt, deren altpersischer Titel xšaçapāvā «Schützer der Herrschaft» bedeutet. Griechisch nannte man diesen Statthalter satrapes, seine Gebietsherrschaft war eine Satrapie. Dareios baute das System aus, führte eine Neufestsetzung der Abgaben und in Zusammenhang damit der Buchführung über Grundstücke und Ländereien ein, ließ eine mit Raststationen versehene Fernstraße von der Ägäis bis ins Zweistromland anlegen. In einigen Satrapien wurden Münzen geprägt. Die Satrapen waren dem König persönlich verantwortlich. Da sie über riesige Gebiete herrschten, von denen nicht wenige in weiter Entfernung von den Zentren des Reiches lagen, war ihre Macht groß und ihre Stellung relativ unabhängig. Besonders im 4. Jahrhundert v. Chr. kam es zu Rebellionen. Auch mancher entlegenen Bergvölker wurde die persische Zentralmacht nicht dauerhaft Herr. Gleichwohl war das Reich erstaunlich geordnet. Lange bevor Makedonen und Römer den Versuch unternahmen, derart riesige Landstriche unter Aufsicht zu stellen, zu erschließen und ihre Ressourcen zu verwalten, schufen die Iraner eine kohärente Administration und Infrastruktur, errichteten ein System der Loyalitäts- und Besitzverhältnisse. Dabei ließ die persische Obrigkeit den Völkern, Stämmen und Städten viel von ihrer ­Eigenständigkeit in religiöser, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht. Massendeportationen wie bei den Assyrern hat es nicht gegeben. Die Sozialstrukturen in den Regionen blieben intakt und die einheimischen Religionen wurden eher gefördert als bedrängt.130 Der Glanz der Königsresidenzen Persepolis, Susa und Babylon strahlte auf die Satrapensitze und Wohnorte der Vasallen aus, wo wie in der Zentrale Hof gehalten, organisiert und verwaltet wurde. In dem Riesenreich und seinen Provinzen war vorweggenommen, was den Reichen hellenistischer Könige und dem römischen Imperium grundlegend wurde. Ein griechischer Tyrann in Milet zettelte jenen sich über ganz Westkleinasien ausbreitenden Aufstand an, der im Geschichtswerk Herodots die Ouvertüre im westöstlichen Weltkonflikt zwischen Griechen und Barbaren werden sollte. Die Perser haben ihn rasch niedergeworfen.131 Der Nachfolger Xerxes (486–465 v. Chr.) beschloss daraufhin, die auf der anderen Seite der Ägäis wohnenden Griechen zu bestrafen, weil sie, wenn auch mit geringen Kräften, den Aufstand unterstützt hatten. Er griff Griechenland zu Wasser und zu Lande an, erlitt aber gegen die von Sparta und Athen angeführte Koalition eine katastrophale Niederlage. Vom unerwarteten Sieg des vereinten Hellas empfing die damalige Welt ­einen tiefen Eindruck. Nach Aufrichtung der Hegemonie Athens gingen weite

Sprachen, Völker, Reiche, Götter und Kulturen

Abschnitte der Küsten Kleinasiens der persischen Herrschaft für fast ein Jahrhundert verloren. Erst ein Abkommen des Jahres 387 / 86 gab dem Großkönig Artaxerxes II. den Besitz Westkleinasiens zurück.132 Im 4. Jahrhundert v. Chr. wird das Reich von Revolten heimgesucht: Ein Gegenkönig führt eine Armee ins Zweistromland und scheitert, Ägypten wird für Jahrzehnte (bis 343 /42 v. Chr.) unabhängig, Satrapen Anatoliens erheben sich gegen den Großkönig oder spielen ein Doppelspiel. Dem überfallartigen Angriff der Makedonen im Jahre 334 v. Chr. hält das Reich unter Dareios III. nicht stand.133 Die Religionsgeschichte des hellenistisch-römischen Orients hat starke Wurzeln in der iranischen Kultur. Die Perser selbst verehrten mehrere Götter, doch haben die Achaimeniden mindestens seit der Zeit des Dareios Ahura Mazda als ihren Hauptgott angesehen, der ihnen das Königtum und die Weltherrschaft ­garantierte. Dieser Gott, dessen Name man mit «weiser Lebensherr» übersetzt, ist mit seinem Widerpart, dem «bösen Geist» Angra Mainyu von einem Mann namens Zarathustra eingeführt worden.134 Zarathustra schuf die älteste dualis­ tische Theologie der Weltgeschichte, sozusagen die Idee von Gut und Böse. Wann er gelebt und gelehrt hat, entzieht sich der historischen Forschung. Sicher ist nur ein Datum vor der Regierung des Dareios, die 522 begann. Bei den Griechen, in Platons Dialog Alkibiades (122a) und bei Späteren, ist er erwähnt. Seine Religion, der Zoroastrismus, hat bis heute überlebt. Die größte neuzeitliche Gemeinde befindet sich in Bombay.135 Die persische Religion wird in einer Avesta genannten Schriftensammlung älterer und jüngerer Schichten tradiert. Überlieferungs­ geschichte und Komposition sind außerordentlich kompliziert. Das ältere Avestisch steht dem Sanskrit nahe. Die jüngeren Teile sind in Mittelpersisch (Pehlewi) verfasst, der Sprache der Sasanidenzeit von der Mitte des 3. Jahrhunderts n. Chr. bis zur islamischen Eroberung im 7. Jahrhundert.136 Diese Religion der Iraner hat Einfluss auf die Griechen ausgeübt.137 Wege und Wandlungsprozesse des Ideenguts sind schwierig zu verfolgen. Man hat erkannt, dass die Vorstellung von der Seele (psyche), die nach dem Tod des Menschen in den Himmel kommt, und zwar stufenweise zu den Sternen, dann zum Mond, zur Sonne und schließlich zu den anfangslosen Lichtern, wo Ahura Mazda sitzt, dem griechischen Modell der Himmelsräder bei Anaximandros zugrunde liegen muss, ja die Himmelfahrt der Seele erst seit dem 5. Jahrhundert überhaupt in die Jenseitsvorstellung der Griechen eingedrungen ist. Im kaiserzeitlichen Mithraismus kommen diese Vorstellungen zu neuer Wirkmächtigkeit. Auch Zarathustras Dualismus von Gut und Böse hat Fortsetzer in griechischer Philosophie, Christentum, Manichäismus und Gnosis, welche sich in die Geisteswelt des römischen Orients zutiefst einprägten.

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2. Landnahme und Hellenisierung Alexander, Diadochen, Epigonen – hellenistische Weltkultur Alexander, Diadochen, Epigonen

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Der Eroberungszug Alexanders hat das Perserreich der Achaimeniden beendet und bedeutende Umwälzungen in der politischen und kulturellen Landschaft Vorderasiens und Ägyptens angestoßen. Ausgangsort war das erst unter Alexanders Vater, König Philipp II., zu einer den ganzen Ägäisraum beherrschenden Macht aufgestiegene, balkanische Königreich Makedonien.139 Die Makedonen waren zwar griechischsprachig, wurden jedoch von den Griechen der klassischen Zeit als Fremde angesehen. Poleis gab es bei ihnen nicht. Sie besassen ein Heerkönigtum, das ein Aufgebot freier Bauern ins Feld führte. Die Waffen­ fähigen bildeten eine Heeresversammlung, die den König per Akklamation bestätigte, in wichtigen Angelegenheiten befragt wurde und auch Gericht hielt. In den einzelnen Landesteilen herrschten mächtige Grundbesitzer – die Forschung spricht von Baronen – die dem König Gefolgschaft leisteten, sich ihm gleichwohl als ebenbürtig betrachteten und regelmäßig renitent wurden. Erst Philipp II. hatte sich einen ungeteilten Führungsanspruch erzwungen, den er auf die Erfolge seiner Eroberungen gründen konnte. Sieht man einmal von der besonderen Verfassung Spartas ab, ist erstmals unter ihm in der griechischen Welt eine Art Berufsheer geformt worden, das dauernd unter Waffen gehalten und trainiert wurde. Es hat Militärgeschichte geschrieben mit einer igelartig gebildeten ­Linieninfanterie, die mit 6 Meter langen Holzlanzen geschlossen auf den Gegner zulief. Ihrer von zwei Seiten her durch Kavallerie verstärkten Angriffswucht war lange Zeit kein fremdes Heer gewachsen. Der nach Süden expandierenden Macht dieses Königs hatten sich griechische Allianzen nur kurze Zeit widersetzen können. Am Ende, 338 v. Chr., waren die Boioter und Athener auf dem Schlachtfeld von Chaironeia in Griechenland ­unterlegen. Den nach dem Vorbild des Athenischen Seebundes gegründeten Bund der Hellenen beanspruchte der Makedone als hegemon anzuführen. Dabei machte er sich die bei einem Teil der Griechen verbreitete Ideologie eines ­Rachefeldzuges gegen die Perser und einer Befreiung der Hellenen am Ostufer der Ägäis von persischer Herrschaft zu eigen. Ein Mordanschlag kam seiner Ausführung zuvor. Was dann in nur zwölf Jahren geschah, scheint dem rückblickenden Betrachter den Fluss der Geschichte umzuleiten in die Richtung, in der sich drei bis vier Jahrhunderte später die Expansion eines römischen Orients voll­ endete.

Alexander, Diadochen, Epigonen

Philipps Sohn und Nachfolger, der erst zwanzigjährige Alexander, nahm den Plan auf. Im Frühjahr 334 setzte er mit etwa 35 000 Soldaten, Makedonen und Griechen, an den Dardanellen nach Asien über.140 Ein von persischen Satrapen geführtes Heer, in dem auch griechische Söldner kämpften, wurde an dem Flüsschen Granikos im Nordwesten Kleinasiens völlig zusammengehauen. Die Invasoren besetzten kampflos die Satrapenresidenzen Daskyleion am Marmarameer und Sardeis in Lydien. Das Hauptheer rückte an der Westküste von Hafenstadt zu Hafenstadt vor. Der sich anschließende Winterfeldzug in Südwestkleinasien galt dem Ziel, der Flottenüberlegenheit des Gegners Zug um Zug mit der Besetzung der Küstenplätze zu begegnen, bevor das Heer ins Innere Anatoliens nach Gordion vorrückte. Hier wird uns die Geschichte vom Gordischen Knoten erzählt. Um den im Heiligtum ausgestellten schlichten Bauernwagen rankte sich die Legende von den Anfängen des phrygischen Königshauses: Jemandem, der den kunstvoll geflochtenen Knoten zu lösen vermochte, welcher das Joch des Wagens mit der Deichsel verband, war die Herrschaft über Asien verheißen. Nach der bekanntesten Version durchtrennte Alexander den Knoten mit einem Schwerthieb. Der Großkönig Dareios III. hielt sich noch immer in Susa auf und begann, ein Heer bei Babylon zusammenzustellen. Durch das südliche Kappadokien rückten die Makedonen auf das Taurosgebirge zu. Die kilikische Ebene südlich dieser Bergkette nahm für einen Vormarsch von Landstreitkräften nach Syrien, Ägypten und ins Zweistromland von den Hethitern bis zu den Kreuzfahrern eine Schlüsselposition ein. Die Passhöhe an der ‹Kilikischen Pforte› war unbesetzt, und der Abstieg nach Tarsos in die Ebene frei. Als Alexander kurz darauf erkrankte, trat eine Zwangspause ein. Dareios, der Tross, Harem und Schätze in Damaskus einquartiert hatte, war mittlerweile in Nordsyrien eingetroffen. Auf dem schmalen Küstenstreifen am Amanosgebirge kam es 333 v. Chr. zu der jedem Schüler aus dem Geschichts­ unterricht bekannten Schlacht bei Issos. Dareios wurde vernichtend geschlagen, entkam jedoch über den Euphrat. Ein von ihm unterbreitetes Angebot, sein Reich bis zum Flusslauf des Euphrat abzutreten, schlug Alexander aus. Die Eroberung der persischen Küstenprovinzen am Mittelmeer wurde mit dem Marsch nach Süden fortgesetzt. Eine der aufwendigsten und härtesten Be­ lagerungen der antiken Geschichte galt der phoinikischen Küstenstadt Tyros. Die ummauerte Neustadt lag auf einer Insel 800 Meter vom Festland getrennt, und Alexander ließ einen Damm aufschütten, über den die Belagerungsmaschinen herangeschoben wurden. Nach Einnahme der Stadt im August 332 stand der Weiterweg ins Nilland offen, das kampflos besetzt und ein knappes Jahr später

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wieder verlassen wurde, um nunmehr das Heer ins Innere Asiens zu führen. Alexander befahl die Gründung einer Stadt am Nildelta. Er tat es seinem Vater nach, der zum ersten Mal in der Geschichte den eigenen Namen auf eine Stadt, Philippoi in Thrakien, übertragen hatte. Seine Neugründung sollte den Namen: Alexandreia tragen. Es war nichts Geringeres als die Vorbereitung der Geburt einer antiken Weltmetropole, mit der man in der Moderne allenfalls London, Paris oder New York vergleichen kann. Wir werden von ihr noch viel zu erzählen ­haben. Das Motiv des jungen Königs, nach Mesopotamien aufzubrechen und damit alles aufs Spiel zu setzen, was er mit einer Befreiung der Griechen Asiens erreicht hatte, geben die antiken Historiker mit dem Wort pothos – «Sehnsucht» wieder. Die sieggewohnten Makedonen mochten freilich jetzt noch leicht zu überzeugen sein, dass ihr Werk erst mit der Verfolgung des Großkönigs und dem Vorstoß ins Herz des Perserreiches vollendet sei. Im Juli 321 überschritten sie nahe der heutigen türkischen Stadt Birecik den Euphrat und gelangten an den oberen Tigris bei Gaugamela (nahe Mosul im Irak). Dareios hatte nunmehr alles, was seine östlichen Vasallentümer aufbieten konnten, mobilisiert, und führte ein gewaltiges Heer heran, nachdem er Alexan­ ders Armee verortet hatte: 40 000 Reiter, fast eine Million Fußsoldaten, 15 Elefanten und 200 Sichelwagen. Die Schlacht bei Gaugamela am 1. Oktober 331 v. Chr.141 entschied die makedonische Kerntruppe um den König aus einer äußerst kritischen Lage heraus in draufgängerischer Weise. Den entscheidenden Moment hält das berühmte Alexandermosaik aus Pompeji im Bild fest.142 Das zwei Jahrunderte zuvor von dem Iraner Kyros eroberte, größte Reich der Perser, von einem Historiker als «Koloß auf tönernen Füßen»143 bezeichnet, war Geschichte. Die Makedonen besetzten kampflos die Residenzen Babylon, Susa, Pasargadai, Persepolis und Ekbatana. Den flüchtigen und durch die Kaspischen Tore auf Eilmärschen in den Nordostiran verfolgten Dareios hat bald darauf ­einer der Satrapen ermordet. Aber auch das war nicht das Ende. Der Wille, ­weiterzugehen, überragte alles. Vor den Soldaten aus dem Westen lag das unbekannte Asien endloser Räume, gigantischer schneebedeckter Gebirge, wasser­ loser Wüsten, wochenlanger Regenfälle und kriegerischer Fremdvölker. Die östlichen Satrapien leisteten erbitterten Widerstand, und in kräftezehrenden, mehrjährigen Feldzügen unterwarfen die Invasoren das Gebiet des heutigen Afghanistan, überschritten den Hindukusch nahe Kabul und stießen nach Norden bis in die Gegend von Taschkent vor. Bei Mazar-e-Sharif dehnt sich zwischen der Steppe im Norden und Westen und dem Hindukusch im Süden und Osten eine breite Klima- und Vegetationsinsel aus: das antike Baktrien. Alexander ent-

Zypern

Kairo

Karte 3: Alexanderzug

Nil

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Mumbai (Bombay)

Ahmedabad

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Peschawar Islamabad Rawalpindi

Landroute des Alexanderzuges Seeroute des Alexanderzuges

OMAN

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Baghlan

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AFGHAN ISTA N

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Kerman

Maschhad

Aschgabad

Turkmenabat

Kokand

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Samarkand Buchara

USBEKISTAN

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TURKMENISTAN

Persischer Golf

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SAUDI- ARABIEN

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Mittelmeer

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Bukarest

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schloss sich, von hier aus seine Soldaten erneut über die Hindukusch-Hauptkette und weiter über den Khyberpass in die Indus-Landschaft hinabzuführen. Sein Motiv war nunmehr ohne Zweifel das Vordringen zum östlichen Rand der Oikumene. Märsche, Monsunregen, verlustreiche Schlachten gegen die Inder, die ­außer Fußsoldaten, Reiter und Wagen Kriegselefanten ins Feld führten, zermürbten auch die härtesten Makedonen so weit, dass sie am Indusnebenfluss Hyphasis (heute Beas) etwa beim heutigen Kangra in Indien ihren Anführer zur Umkehr zwangen. Unter Strapazen und verlustreichen Kämpfen suchten sich die im Lande selbst zusammengezimmerte Flotte und die sie am Ufer begleitenden Heeres­ abteilungen den Indus abwärts einen Weg an die Küste. Den Widerstand indischer Völker führten die Brachmanen an. Um eine befestigte Stadt der Mālavas (Malloi) wurde erbittert gerungen. Alexander stieg als einer der Ersten auf die Zinne der Stadtmauer, als die Leiter unter den Nachdrängenden zerbrach. An der Innenseite der Mauer von einem Pfeil getroffen und von Gegnern umringt, brach er schwer verwundet zusammen. Im letzten Moment deckten ihn die Schilde einer Handvoll Gefährten, die herabspringend zu Hilfe geeilt waren. Ein griechischer Arzt aus Kos operierte dem König den Pfeil aus der Wunde.144 Auf Fußmarsch und Flottenfahrt flussabwärts, durch Gebiete von Völkern, die in den griechischen Quellen Sambastrer, Sodrer, Massaner, Musikaner, Praisten heißen, kämpfte sich die Armee an die Küste durch. In einem Seitenarm des Indusdeltas bestaunten die Makedonen das Phänomen von Ebbe und Flut: Nachdem die Schiffe zunächst einer gewaltigen Brandung ausgesetzt waren, saßen sie kurz darauf auf dem Trockenen fest. Ziel war ein Rückweg nach Westen. Allein, von den Landschaften des süd­ lichen Pakistan und Iran hatte man keine genaue Vorstellung. Das Heer wurde in Gruppen geteilt: Der General Krateros sollte mit den Kriegselefanten nach Norden in die Satrapie Arachosien auf bekanntes Gebiet vordringen (nach Kan­ dahar). Der Kreter Nearchos erhielt das Kommando über die Flotte, die er nach Westen steuern sollte mit dem Ziel der Euphrat- und Tigrismündung. Dabei sollte er Tuchfühlung mit dem in Küstennähe marschierenden Hauptheer Alexanders halten. Dieser brach mit ca. 70 000 Mann im Oktober 325 v. Chr. auf. Es wurde ein Desaster. Hitze, Wasser- und Nahrungsmangel, Treibsand und Erschöpfung töteten auf der etwa 650 Kilometer langen Strecke über die Hälfte der Heeresabteilung. Der Kontakt zur Flotte ging verloren, bis er zufällig an der Straße von Hormuz wieder zustande kam. Die Reste sammelten sich zuletzt 324 in Babylon. Angeblich hegte der König neue Eroberungspläne, etwa im Hinblick auf Arabien. Er befand sich trotz seiner

Alexander, Diadochen, Epigonen

Jugend psychisch und physisch in schlechter Verfassung und hatte sich längst von den Besten seiner Weggefährten isoliert. Schon während der Feldzüge hatte er den Hass stolzer Makedonen auf sich gezogen, als er sich im Stil des iranischen Großkönigs zeremoniell huldigen lassen wollte, Verdächtigte und Kritiker be­ seitigen ließ, gar einen renitenten Freund im Affekt eigenhändig tötete. Jetzt ­verlangte er von den griechischen Städten göttliche Verehrung. Am körperlichen Zerfall kann ein exzessiver Alkoholgenuss mitgewirkt haben. Nach kurzer Krankheit starb Alexander im Juni 323 in Babylon mit 33 Jahren. Der Widerhall der Taten dieses Eroberers in Legenden und Geschichten zahlreicher Völker in Antike, Mittelalter und Neuzeit hat seinesgleichen nicht. Fakt, Faktoid und Fiktion liegen eng beieinander. Nachahmer unter Staatsmännern und Feldherren finden sich von den Römern bis zu Napoleon. Schon bald nach seinem Tod hat ihm die Philosophenschule der Stoa ein negatives Zeugnis aus­ gestellt und behauptet, seine Erfolge seien auf pures Glück, nicht auf Tüchtigkeit zurückzuführen. In der Geschichtsschreibung der europäischen Neuzeit oszilliert das Urteil über ihn von einem gottgleichen Vollstrecker metaphysischen Geschichtssinns bis hin zu einem Hitler ähnlichen Massenmörder und Vernichter.145 Nach nüchterner Abwägung bleibt der Feldzug ein zuvor und danach beispielloses logistisches Unternehmen: Kühnheit und kalte Berechnung gingen Hand in Hand, wissenschaftliche Ausforschung der Geo- und Ethnographie, der Weglängen und Ressourcen, Transportkapazitäten und Marschleistungen, In­ genieurtechnik und handwerkliche Meisterschaft im Bau von Schiffen und Be­ lagerungsmaschinen haben die Griechen und Makedonen auf ein zuvor unerreichtes Niveau gehoben. Alexander selbst war kein bloß glücklicher Draufgänger. Kaiser Friedrich Barbarossa scheiterte auf dem Vierten Kreuzzug 1190 schon im Taurosgebirge in Kleinasien. Von der eisernen Disziplin der Makedonen, die den Feldzug von Anfang bis Ende mitgemacht haben, kann man sich nur schwer eine Vorstellung machen: Die von Soldaten weitgehend zu Fuß zurückgelegte ­Gesamtstrecke in ca. neun Jahren betrug nach modernen Schätzungen an die 20 000 Kilometer. Im Zeitraum der Feldzüge konnte sich die Struktur eines Alexanderreiches höchstens ansatzweise entwickeln. Monarchie und Hof wollte der neue Herrscher nach persischem Vorbild einrichten, so dass man in der Forschung von ihm als dem «letzten Achaimeniden» gesprochen hat.146 Im Orient blieb die Reichsgliederung nach Satrapien das Gerüst. Der Eroberer hatte die besetzten Gebiete (außer Ägypten) seinerseits Satrapen anvertraut, teils Makedonen, teils Iranern, teils Einheimischen anderer Nation. Die auf verschiedene Prägestätten verteilte Emission königlicher Silbermünzen (Alexander-Tetradrachmen), die

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im ganzen Reich zirkulierten, bedeutete eine zukunftsweisende Neuerung. Gleichwohl wird man ihrem Initiator kaum die Idee eines Weltwirtschaftsraumes unterstellen dürfen. Desgleichen kann man im Hinblick auf die Städtegründungen nicht von einer «Kolonisation des Ostens»,147 schon gar nicht von einer damit verbundenen kulturellen Mission sprechen. Die angeblich über 70 Alexandreias hat die moderne Forschung auf die ernüchternde Zahl von sieben wahrschein­ lichen Kandidaten reduziert, die, mit Ausnahme der Stadt am Nil, nirgendwo punktgenau lokalisiert sind.148 Pragmatische, vor allem militärische Absichten dominierten. Für viel mehr war keine Zeit. Projekte sind hypothetisch. Vollends verklärt hat ihn die Neuzeit damit, ihm den Gedanken einer Verschmelzung aller Völker, einer Verbrüderung aller Menschen anzudichten. Diese Idee der «unity of mankind» ist unverkennbar britischer Natur und wurde von dem Althisto­ riker William Woodthorpe Tarn in die Debatte eingeführt.149 Sie entstand in der Zeit des Übergangs des British Empire in einen Commonwealth of Nations, der in der berühmten Balfour-Formel der Reichskonferenz von 1926 gipfelte. Darin sind die dominions autonome Gemeinschaften innerhalb des Empire, in keiner Weise einander untergeordnet, nur durch gemeinsame Bindung an die Krone vereinigt und als Mitglieder des Commonwealth frei assoziiert.150 Der britische Historiker Arnold Toynbee propagierte eine Ablösung der pax Britannica durch eine pax oecumenica. Was Alexander nach einem elfjährigen grausamen Krieg mit unzähligen Opfern hinterließ, war eine völlig neue Konstellation der Länder Vorderasiens und Ägyptens. Diese hat ganz Vorderasien für einen anhaltenden Prozess geöffnet, den wir ‹Hellenisierung› nennen. Ohne sie wäre ein römischer Orient nicht möglich gewesen. Die Römer selbst haben das nicht erkannt. Sie fokussieren beim Thema Alexander auf den Krieger. Der Historiker Livius sinniert darüber, wie es römischen Angelegenheiten wohl ergangen wäre, wenn sie mit Alexander in ein bellum geraten wären. Roms Sieg scheint ihm gewiss. Alexander selbst sei zwar ein vorzüglicher Führer (egregius dux) gewesen, aber einer endlosen Reihe römischer Vorbilder an Körperkraft und Temperament (robor und animus) militärisch nicht gewachsen, ganz zu schweigen davon, dass ihm Italien anders als Indien, durch das er mit einem trunkenen Schwarm wie nach einem Zechgelage zog, vorgekommen wäre. Sein Heer sei im Orient verweichlicht: exercitum Macedoniae oblitum degenerantemque iam in Persarum mores adduxisset (9, 17–18, 3). Den nach militärischen Ruhmestaten Strebenden von Pompeius bis Kaiser Julian war das Bild des Eroberers Ansporn, mit ihm verglichen zu werden: imitatio Alexandri. Manche konstruierten eine Abstammung von ihm.151 Was Rom ihm und seinen Nachfolgern wirklich verdankte, blieb ihnen verborgen.

Alexander, Diadochen, Epigonen

Auf nahezu dem gesamten eroberten Territorium begann ein Akkulturationsprozess, dem die unter der Bezeichnung Historismus bekannte Geschichtsforschung des 19. Jahrhunderts den Epochenbegriff Hellenismus aufgeprägt hat.152 Der Begriff ist an den Namen Johann Gustav Droysen (1808–1884) gebunden, obgleich dieser ihn nicht erfunden hat.153 Der Pastorensohn aus Treptow in Pommern, der in Berlin unter anderen bei Hegel studiert hatte, entfaltete als Historiker in Berlin und Kiel große Wirkung. Droysen war gerade 25 Jahre alt, als seine Geschichte Alexanders des Großen erschien. Für ihn war Alexander der tiefe epochale Einschnitt in der Geschichte des Griechentums und in der Weltgeschichte des Altertums schlechthin. Der Makedone gehöre, so schreibt er im Vorwort, zu denen, «welche die Geschichte als Vorkämpfer ihrer Siege, zu Werkmeistern ihrer Gedanken auserwählt [hat]». Geschichte ohne «Wohin» und «Wozu» sei «öde Dämmerung der Zeitlichkeit», erst durch das auserwählte große Individuum bekomme das Werden einen Richtungssinn. Worin bestand dieser Sinn? Nach Droysens Idee haben die Eroberungen nicht nur die Kleinstaaterei der Griechen beendet, sondern vor allem eine Vermischung und Verschmelzung der Kulturen, der griechischen wie der orientalischen, und damit die Überwindung des Heidentums durch das Christentum vorbereitet. Für diese Mischkultur verwendete Droysen den Begriff Hellenismus, und zwischen 1836 und 1843 veröffentlichte er sein berühmtes zweibändiges Werk: Geschichte des Hellenismus. Die positive, hegelianische Bewertung der Kulturgeschichte nach Alexanders Tod hat Nachfolger gefunden, blieb aber nicht ohne Widerspruch. Einige wollten sie eher als Zeitalter des Niedergangs, der Dekadenz des Griechentums unter dem Einfluss der orientalischen Kulturen verstanden wissen, andere dagegen ­sahen im Kampf beider Kulturen die griechische als Sieger hervorgehen. Von derartigen Ideen hat man sich heute entfernt. Der Hellenismus ist gegenwärtig noch immer eine große Werkstatt der Forschung.154 Es ist ungleich schwieriger, ein geschlossenes, einheitliches Bild dieser Epoche zu erhalten als bei den voran­ gehenden der griechischen und den nachfolgenden der römischen Geschichte. Das liegt in der Quellenlage,155 vor allem aber in der Heterogenität der Schauplätze des riesigen Raumes begründet, dessen eigentlich dauerhafte politische Ordnung erst, zu einem großen Teil wenigstens, den Römern gelang. Zwei Elemente hellenischen Ursprungs sind während der drei Jahrhunderte an den nichtgriechischen Küsten und in den Binnenlandschaften Vorderasiens dominant geworden: Griechisch als Hoch- und Schriftsprache und die Polis.156 Deren progressiv heranwachsende Dominanz ist von so fundamentaler Bedeutung, dass die politisch zweifellos vordergründige Machtentfaltung von Königen, Höfen und Armeen – im Orient nichts Neues – verblasst.157 Bis in jüngste Zeit

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herrschte die Meinung vor, das Zeitalter der Polis sei zu Ende gegangen. Dieser Meinung konnte man zuneigen, solange das Interesse einseitig auf die große ­Politik der Monarchien in den Erzählungen der antiken Schriftsteller gerichtet war. Kein Kenner des Hellenismus ist heute noch dieser Ansicht. Mit der Erschließung neuer Quellen, vor allem der Steininschriften, zeichnet sich in der Gesamtschau das glatte Gegenteil ab: Der griechische Stadtstaat als Modell für Staatlichkeit schlechthin erlebte einen welthistorischen Erfolg. Sogar die Könige selbst formulierten ihr politisches Ideal der Tugend des Polisbürgers entsprechend.158 Unzählige neue Poleis verbreiteten sich wie Zellen bis in den Raum des heutigen Afghanistan, und ihr Modell begann auch auf Nichtgriechen, zuvorderst auf deren Eliten, auszustrahlen. Der Althistoriker Sir Moses Finley brachte das Ergebnis 1977 auf den Punkt: «Die griechisch-römische Welt war mehr ur­ banisiert als irgendeine andere Gesellschaft vor der Moderne.»159 Mit der hellenistischen Geschichte gelangen wir in eine Epoche des gleichzeitigen Aufstiegs der italischen Großmacht Rom im westlichen Mittelmeer, sozusagen zu den Anfängen des Reiches der Römer.160 In nur 200 Jahren sind im Orient diesseits des Euphrat alle Reiche und Städte nacheinander in die Sphäre einer gebieterischen Vorherrschaft geraten, die der Senat in der Stadt am Tiber über sie ausübte. Roms interne Organisation war die eines Stadtstaates. Was wir Orient nennen, lag diesem Staat anfangs fern. Nicht jedoch Griechenland! Spätestens mit Beherrschung der italischen Halbinsel durften die Politiker am Tiber die ­Affären der Griechen in ihrer südlichen und südöstlichen Nachbarschaft nicht ignorieren. Der Balkan wurde zum weltgeschichtlich frühesten stepping stone Roms in einen römischen Orient. Über Griechenland herrschte, mit wenigen und wechselnden Ausnahmen, weiterhin Makedonien unter den Nachfolgern der Alexandergeneräle. Bewunderer Makedoniens und Kollaborateure fehlten von Anfang an nicht. Widerstand suchte sich Gelegenheiten. Ausgesprochene Makedonenhasser, wie schon zur Zeit Philipps und Alexanders der Athener Demosthenes, der vier flammende Reden namens Philippika veröffentlicht hat, betraten von Zeit zu Zeit die politische Bühne. Die geostrategische Grundkonstellation nährte das natürliche Interesse mancher, gegen den Druck aus dem Norden Beistand seitens einer überseeischen, am westlichen Horizont auftauchenden Macht, die Freiheit versprach, herbeizurufen. Damit kam etwas ins Rollen, das rasch auch den an die Ägäis grenzenden Westen Kleinasiens erfasste. In den Kriegen der Nachfolger Alexanders – wir pflegen sie nach dem griechischen Wort Diadochen zu nennen und diesen Namen auf eine Epoche von vier

Alexander, Diadochen, Epigonen

Jahrzehnten nach Alexander zu übertragen – ist Asien dem Herrschaftsanspruch der Erben des Seleukos, Ägypten dem der Erben des Ptolemaios unterfallen. Beide Dynastiegründer waren Makedonen aus dem engsten Kreis der Generäle des jungverstorbenen Königs. In Babylon dachte man zunächst an eine Thronfolge des Kindes Alexanders, mit dem seine Gattin Roxane schwanger war, falls es ein Knabe werden sollte. Der offizielle Königstitel ging auf den schwachsinnigen 35-jährigen Halbbruder Alexanders namens Philipp III. Arrhidaios über. Als wenige Monate später Roxane einen Sohn zur Welt brachte, stellte man ihn Philipp als Alexander IV. an die Seite, beauftragte indes den General Krateros, «Vorsteher der Königsherrschaft» anstelle der beiden regierungsunfähigen Könige zu sein. Beide Thronfolger überlebten die nun einsetzenden Kämpfe der Generäle nur kurz, Philipp wurde 317, Roxane und das Kind Alexander wurden 310 in Makedonien ermordet. Östlich der alten Heimat Makedonien standen in verschiedenen Reichsteilen als mächtigste Heerführer der über 70-jährige Perdikkas und ein Grieche namens Eumenes, während Ptolemaios, Sohn des Lagos (auch: der Lagide), als Satrap von Ägypten und Seleukos als Satrap von Babylonien eingesetzt waren. Perdikkas fiel beim Versuch einer Invasion Ägyptens, Eumenes ging im Kampf gegen den anfangs in Zentralanatolien stationierten Alexandergeneral Antigonos den «Einäugigen» (Monophthalmos) unter. Dieser Antigonos und sein Sohn Demetrios beherrschten daraufhin ein die Ausdehnung ihrer Satrapie weit übertreffendes asiatisches Großreich.161 Innerhalb weniger Jahre stellte sich heraus, dass es keinem der Diadochen gelingen würde, das Riesenreich Alexanders unter einer Monarchie zusammenzuzwingen. Im Jahr 306 /5 v. Chr. nahmen die damals etablierten makedonischen Heerführer und Satrapen kurz aufeinander folgend den Königstitel an. Das führte aber nicht zu einem dauerhaften Gleichgewicht der neuen Teilreiche. Gegen Antigonos und Demetrios (die Antigoniden), sozusagen das Reich der Mitte, bildete sich eine Koalition von vier Königen: Kassandros in Makedonien, Lysimachos in Thrakien, Seleukos in Babylonien und Ptolemaios in Ägypten. Die vereinigten Armeen des Lysimachos und Seleukos  – Ptolemaios blieb zuhause  – siegten in einer Schlacht 301 v. Chr. bei Ipsos im westlichen Kleinasien über die Antigoniden. Der einäugige Greis Antigonos fiel, sein Sohn entkam und sollte später in der Heimat Makedonien die bis zu ihrer Abschaffung durch die Römer herrschende Dynastie gründen.162 Zwangsläufig kehrten sich die Sieger Seleukos und Lysimachos gegeneinander. Zwei Jahre nachdem in Ägypten Ptolemaios I. der «Retter / Heiland» (Soter) gestorben und die Regentschaft an seinen Sohn Ptolemaios II. Philadelphos übergegangen war, schlugen im Jahr 281 v. Chr. erneut in Westkleinasien zwei

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große Armeen die Entscheidungsschlacht. Lysimachos fiel, Seleukos obsiegte. Als der alte General mit dem Beinamen «der Sieger» (Nikator) wenige Monate danach die Dardanellen überquerte und den Fuß auf europäischen Boden setzte, den er 53 Jahre zuvor verlassen hatte, fiel er in seinem Lager einem Mordanschlag zum Opfer.163 Die über vierzigjährige Diadochenherrschaft hat Vorderasien verwandelt. Die Konkurrenz der Könige untereinander zwang einen jeden von ihnen, sich um die Loyalität und das Wohlergehen der Städte in seinem Herrschaftsgebiet zu bemühen. Man vermied es, die griechische Polis als Untertan zu definieren, erklärte sie stattdessen für «frei» und förderte nach Möglichkeit ihre staatliche ­Autonomie. Jeder der Diadochen gründete Städte. Neue Residenzen entstanden unter Antigonos Monophthalmos mit der Gründung von Antigoneia am Orontes in Nordsyrien und unter Lysimachos mit der Anlage von Lysimacheia auf der thrakischen Chersonnesos an den Dardanellen.164 Das Zentrum der Satrapie Ägypten war Memphis. Hier hatte sich Alexander als neuer Pharao krönen lassen. Nilabwärts war er am äußersten westlichen Ende des Deltas an einen Platz zwischen Mittelmeer und einem vom Nilarm gespeisten See namens Mareia oder Mareotis gelangt. Er soll persönlich den Platz für eine Stadtgründung ausgesucht und sogar die künftige Lage von Agora und Tempeln bestimmt haben. Auf dem Areal, wo Alexandreia entstand, lagen außer ­einem namentlich genannten Dorf Rhakotis noch mehrere weitere Dörfer. ­Kanäle, die ins Meer mündeten, wurden abgedeckt. Bei Ausführung der ersten Baumaßnahmen war Alexander selbst längst auf dem Weitermarsch.165 Ptolemaios, Sohn des Lagos, residierte zunächst in Memphis. Er vermochte sich einen für seine Legitimation gewichtigen Vorteil zu verschaffen: Als der Chiliarch Perdikkas von Babylon kommend den in einem prachtvollen Wagen aufgebarten Leichnam Alexanders mitführte, gelang es einer Reitertruppe des Satrapen, den Toten zu rauben. Perdikkas wurde anschließend in einer Feldschlacht besiegt und getötet. Ptolemaios brachte die Mumie zunächst nach Memphis. Erst sein Sohn und Nachfolger Ptolemaios Philadelphos scheint ihn nach Alexan­ dreia überführt zu haben, wo ihm unter Ptolemaios IV. Philopator (221–205) ein Sema oder Soma genannter Grabbau errichtet wurde. Nach der Beschreibung eines Römers handelte es sich um eine Pyramide, die über einem Gewölbe stand. Den goldenen Sarkophag in dem Gewölbe hat Ptolemaios X. (116–81 v. Chr.) geplündert, fortan war Alexander in einen pyelos hyaline gebettet, womit vermutlich ein Alabastersarkophag gemeint ist. Mehrere römische Kaiser haben die Stätte besucht. Sie ist vielleicht in der Zeit der Feldzüge Aurelians gegen die Pal-

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myrener um 273 n. Chr. vollständig zerstört worden. In der Neuzeit setzte eine fieberhafte Suche nach dem Grab ein. Man vermutete es in einem Gewölbe unter der Moschee des Nebi-Danial. Bis in die 1920er Jahre haben die religiösen Autoritäten jede Untersuchung verboten. Dann fanden Ausgrabungen statt, die ergebnislos blieben. Wo und wann immer das Grab gefunden wird, leer dürfte es auf jeden Fall sein. In einer Schiffsladung unter Schweinefleisch verborgen schmuggelten 828 venezianische Kaufleute eine Mumie, die sie für den Leichnam des Evangelisten Markus hielten, nach Venedig. Könnte der Markusdom in Venedig statt des Heiligen die Gebeine Alexanders bergen?166 Wie für das alte Ägypten, so besitzt für die ptolemäische Epoche die schrift­ liche Überlieferung auf Papyrus eine herausragende Bedeutung. Die Anzahl der Dokumente geht in die Zigtausende. Erste Funde gelangten im 16. Jahrhundert in die Hände europäischer Humanisten. Napoleons Ägyptenexpedition 1798 und die systematischen Ausgrabungen seit dem 19. Jahrhundert füllten große und kleine Sammlungen in Europa. Die Texte gewähren uns Einblicke in von kaum irgendwo sonst überlieferte Details der Monarchie, von Beamtenapparat und Gesetzen, Eliten und Bevölkerung, Verwaltung und Wirtschaft, Pacht und Steuersystem, Religion und Alltagsleben.167 Bereits unter dem Satrapen Ptolemaios wurde Alexandreia Hauptstadt und Residenz. Dieser Mann hat fast alle Grundlagen dafür geschaffen, dass seine Söhne und Enkel die reichste, stärkste und am längsten bestehende hellenistische Königsherrschaft behaupteten.168 Das politische Ideal der Griechen verachtete die Monarchie, die Makedonen dagegen brachten ihr Heereskönigtum aus der Heimat mit und trafen im Nilland auf eine völlig anders geartete, über 2000-jährige Tradition. Ptolemaios verstand es, beide Elemente zu einem neuen, hybriden Gottkönigtum zu verschmelzen. Dem zu Anfang etablierten Staatskult für den toten Alexander169 trat unter Ptolemaios’ Sohn der Kult des verstorbenen und vergöttlichten Königspaares an die Seite, und es folgten schließlich die kultische Verehrung des noch lebenden Herrscherpaares. Diese Institution hat bei den anderen hellenistischen Königen Nachahmer und mit dem Kaiserkult im Weltreich der Römer ihre Nachfolge gefunden. Eng mit dem Herrscherkult verbunden war der Sarapiskult. Sarapis ist ein junger Gott im griechischen Pantheon und ein außerordentliches Phänomen in der antiken Religionsgeschichte. Ein auf die ägyptischen Götter Osiris und Apis weisender Gott Oserapis wurde von griechischsprachigen Bewohnern Ägyptens schon im 4. Jahrhundert v. Chr. verehrt. Den daran anknüpfenden Sarapiskult hat wohl Ptolemaios I. mit einer angeblich aus Sinope nach Alexandreia überführten Statue des Unterweltgottes Hades begründet. Wie sein ägyptischer Avatar Osiris tritt Sarapis häufig mit seiner Gattin

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Isis auf, und das Königspaar ließ sich in Kultgemeinschaft mit diesem Götterpaar verehren.170 Makedonen und Griechen besetzten fast alle Führungspositionen am Hof und im Reich.171 Die gesamte Elite der neuen Stadt am Nildelta wendete ihr Gesicht dem Ostmittelmeer, der griechischen Welt, zu, nicht dem Binnenland Ägypten. Alexandreia lag nach griechischem und lateinischem Wortgebrauch nicht in Ägypten, sondern bei (πρός) Ägypten.172 Die Eroberer herrschten über eine heterogene Bevölkerung, neben deren stärkstem Element, den einheimischen Ägyptern, zahlreiche Landfremde zugegen waren: mit der Eroberung niedergelassene und danach zugewanderte Griechen, Iraner, Juden, Syrer und andere.173 Der höchste königliche Beamte war der dioiketes in Alexandreia. Ägypten war in ca. 40 Bezirke (nomoi) unterteilt, deren jeder in ‹Ortschaften› (topoi), diese wiederum auf unterster Ebene in ‹Dörfer› (komai) unterteilt waren. Dem Dioiketes verantwortlich waren auf den einzelnen Stufen Bezirks- (Nomarchen), Orts- (Toparchen) und Dorfregenten (Komarchen). Die Ptolemaier unterhielten in Ägypten keine kasernierte stehende Armee, sondern gaben den Soldaten Landlose. Für Training, Manöver und Mobilisierung war jedoch parallel eine regionale und überregionale Militärverwaltung nötig, die in Kompetenzüberschneidungen mit der Zivilverwaltung geraten konnte. Das Land Ägyptens gehörte dem König. An diesem grundsätzlichen Eigentumsverhältnis änderte die Überlassung von Land in den Besitz von anderen nichts. Im Hinblick auf Besitzverhältnisse und Bewirtschaftung lassen sich drei Hauptgruppen unterscheiden: Königsland (ge basilike), Land «in Herausgabe» (ge en aphesei) und Stadtland (ge politike). Die weitaus größte Fläche, das Königsland, wurde von königlichen Landbauern bearbeitet, die wohl nicht strikt an die Scholle gebunden, aber doch in der Regel am Ort zu bleiben genötigt waren. Es wurde zumeist auf Nomosebene für längere Zeit verpachtet. Der Pächter trat der Krone gegenüber als Garant für eine festgelegte Ertragshöhe auf. Hinzu kamen verschiedene Steuern, so dass die Abgabe sicher die Hälfte der Ernte überstieg. Ein lokaler Beamtenapparat überwachte die Landbestellung bis ins kleinste Detail; sogar Art und Anwendung der Saat waren vorgeschrieben. Die Getreideernte gelangte unter schärfster Kontrolle zum Dreschplatz. Dort wurde das Korn geteilt in «Ertrag» und «Herausgabe» an die Bauern. Der Ertrag wurde unter Aufsicht in Scheunen transportiert, gelangte von dort in zentrale Nomos-Speicher und schließlich in Lager Alexandreias. In Normalzeiten hat man den größten Teil exportiert. Der zweite und vielfältigste Typus Land umfasste Tempelland im Besitz der Priester, Landlose an Soldaten, die sie bei entsprechender Größe weiterverpach-

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teten, Schenkungen zumeist an Mitglieder der königlichen Familie, höchste Beamte oder Höflinge, und Privatland (ktemata). Auch alle anderen Wirtschaftszweige unterlagen staatlicherseits einer strengen zentralistisch organisierten Planung. Königsmonopole bestanden auf Minen (Gold, Silber, Kupfer und Steinbrüche), Salzgewinnung, Bierbrauerei und Ölpressung aus Gemüse. Inländisches Zahlungsmittel war hauptsächlich Getreide oder ptolemäisches Kupfergeld. Das dritte vorchristliche Jahrhundert sah zugleich die Blüte und weiteste Expansion des Ptolemaierreiches. Ein kaum zu unterschätzender Aspekt dieser Blüte ist der ökonomische Reichtum. Ägypten war einer der größten Getreideproduzenten und -lieferanten. Das Land besaß ein Monopol auf den Papyrusexport. Hinzu kam jedoch etwas Entscheidendes: Die Stadt am Nildelta wurde der Umschlagplatz des Welthandels. Das hatte besondere Gründe. Die vorzügliche Hafenlage nahm nicht nur die geräumigsten Frachtschiffe aus dem gesamten Mittelmeerraum auf. Alexandreia war nilaufwärts zu Wasser und von Koptos aus zu Lande auch mit zwei weiteren Häfen am Roten Meer verbunden, an denen in stetig wachsenden Volumina Luxusgüter und exotische Tiere umgeschlagen wurden. Die Produzenten beziehungsweise Lieferanten dieser Güter – Aromata, Edelsteine, Elfenbein, Gewürze und Seide – saßen in Ostafrika, Südarabien, der Golfregion, Indien und China. Organisierte Jagden exotischer Wildtiere gingen von Emporia an der ostafrikanischen Küste aus. Ein Graffito im Panheiligtum von El Kanaïs meldet dankbar die glückliche Rückkehr eines Handwerkers Dorion nach Ägypten, der an einer Elefantenjagd im Landesinnern teilgenommen hatte.174 Ptolemaios I. kannte Indien aus eigener Anschauung. Sein Nachfolger pflegte Kontakt mit dem Mauryakönig Aśoka im Punjab, in dessen Felsinschriften die Rede von einem Austausch von Gesandten ist. Im 2. Jahrhundert v. Chr. entdeckte ein Seefahrer, dass man, die Monsunwinde ausnutzend, von Südarabien aus einen direkten Kurs über den Indischen Ozean an die Malabarküste und – mit umgekehrter Windrichtung – im September wieder zurückfahren kann. Von da an nahm der Indienhandel beträchtliche Dimensionen an und erreichte in der frühen römischen Kaiserzeit das höchste Niveau (siehe unten S. 177–187).175 Der Hof präsentierte sich der griechischen Öffentlichkeit in glanzvoller Pracht. Den altehrwürdigen panhellenischen Festen wie den Olympien auf der Peloponnes entsprechend, ließ der Herrscher erstmals außerhalb Griechenlands einen Kranzagon namens Ptolemaieia gründen, das heißt einen Wettkampf, ­dessen Sieger mit Kränzen geehrt wurden. Ein Schriftsteller aus der römischen Kaiserzeit überliefert den Bericht des Augenzeugen Kallixeinos von einem spektakulären Festzug im Stadion von Alexandreia unter Ptolemaios Philadelphos.

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Zwischen einer als Venus (Morgenstern) und einer als Abendstern drapierten Person folgten unzählige von Männern gezogene vierrädrige Wagen und tausende von Menschen und Tieren zu Fuß. Die Wagen trugen, einer nach dem anderen, Sensationelles. Da waren mehrere überlebensgroße Dionysosbilder zu bestaunen, eines die Rückkehr des Gottes aus Indien auf einem Elefanten darstellend, ein anderes mit Priapos an seiner Seite, das Bild einer sitzenden Nysa, die sich automatisch erhob, Milch aus einer goldenen Schale ausgoss, und sich wieder setzte, eine Weinpresse, wo 60 Satyrn singend die Trauben austraten, so dass der Saft sich auf den Weg ergoss, einen gigantischen Weinschlauch, zwei Milch und Wein spendende Springbrunnen, Massen von Gefäßen, Altären, Dreifüßen, zwischen den Wagen immer wieder Satyrn und Silene, großgewachsene Männer, Dichter und Dionysospriester, schöne, reich geschmückte und bekränzte, Früchte, Dolche, Schlangen und Palmzweige tragende Frauen, darunter Inderinnen in Gefangenentracht, Elfenbein tragende Aithiopier, Aromata tragende Knaben, endlose Reihen exotischer Tiere: Elefanten, weiße indische Zebus, Maultiere und Lastkamele mit Weihrauch, Myrrhe, Safran, Kassia und Zimt, Leoparden, aithiopische und arabische Rinder und Schafe, tausende von Hunden indischer, epirotischer und anderer Rassen, eine Bärin, eine Giraffe und ein aithiopisches Nashorn. Schließlich riesige Statuen von Ptolemaios und Alexander und eine Parade der Armee mit 57 600 Infanteristen und 23 200 Reitern (Athen. 5,197c9–203b7). Die Zuschauer am Mittelmeer blickten durch ein Fenster in die Phantasiewelt des Orients. Von Alexandreia aus wurden die Kyrenaika, Zypern, Palästina, die kleinasiatische Süd- und Westküste beherrscht.176 Hauptgegner war das Seleukidenreich, an das man in Palästina angrenzte. Ebendort, wo schon im 2. Jahrtausend das pharaonische Ägypten mit dem Hethiterreich zusammenstieß, wurden um diese Grenzregion sechs sogenannte Syrische Kriege geführt, die beiden ersten unter Ptolemaios II. Philadelphos. Dieser König ragt in der Dynastie auch als Städte­gründer und -förderer heraus. In Karien, Lykien und Kilikien, im südlichen Syrien und Palästina schritt unter seiner Herrschaft die Hellenisierung voran. Die alte Ammoniterhauptstadt Rabbat Benē ʿAmmōn (das heutige Amman) wurde als Philadelpheia neu gegründet und blühte zu einer hellenistisch-römischen Großstadt auf. Den zuerst von der Schwester und Gattin des Königs, Arsinoe II., getragenen Beinamen ‹die Geschwisterliebende› (philadelphos) haben sich zahlreiche hellenistische Könige zu eigen gemacht, und von einer Gründung Attalos’ II. in Anatolien, die zu den Empfängern der sieben Sendschreiben in der ­Johannesapokalypse gehört (3,7–13), übertrug der Quäker William Penn im 17. Jahrhundert diesen biblischen Stadtnamen auf seine Gründung in Penn-sylvania.

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Einen massiven Schlag gegen das Seleukidenreich vermochte im Dritten Syrischen oder auch Laodikekrieg177 genannten Konflikt Ptolemaios III. Euergetes auszuführen. Dieser König behauptet in der sogenannten Adulis-Inschrift (OGIS 199), die von dem Mönch, Kaufmann und Indienfahrer Kosmas im 6. Jahrhundert an der Westküste des Roten Meeres abgeschrieben wurde, das ganze Land diesseits von Euphrat, Kilikien, Pamphylien, Ionien und Hellespont an den kleinasiatischen Küsten sowie Thrakien mit Elefantenheeren hinzuerobert zu haben. Tatsächliche Ausdehnung und Dauer dieser Eroberungen sind umstritten. Dann geriet man in die Defensive: Schon unter dem Nachfolger Ptolemaios IV. Philopator wagte der Seleukide Antiochos III. im Vierten Syrischen Krieg (219– 217) eine Invasion Palästinas, die allerdings scheiterte. Doch nach Philo­pators Tod im Jahre 204 schwand die bis dahin starke Hegemonie außerhalb Ägyptens dahin. Zur Führungsmacht des Nesiotenbundes mit Zentrum auf der Kykladeninsel Delos erhob sich der immer mächtiger werdende Inselstaat Rhodos. Fast alle Außenpositionen an der kleinasiatischen Süd- und Westküste gingen an ­Antiochos III. verloren. Ein Geheimvertrag zwischen ihm und dem König von Makedonien, Philipp V., sah die Aufteilung des Ptolemaierreiches vor. Ein Fünfter Syrischer Krieg ließ den Seleukiden nach siegreicher Schlacht an den Jordan­ quellen Palästina besetzen. Sein Nachfolger Antiochos IV. unternahm es schließlich, nach Ägypten selbst vorzustoßen. Der erst 17-jährige Ptolemaios VI. war gezwungen, ihn als seinen Vormund zu akzeptieren. Als dieser sich jedoch im Jahr darauf, 168 v. Chr., anschickte, Alexandreia militärisch zu besetzen, schritt der römische Senat ein und erzwang seinen Abzug.178 Unter den folgenden Ptolemaiern kam es zu raschen Herrschaftswechseln, Thronwirren und Revolten. Das Land und der Königshof waren längst zur Verfügungsmasse der führenden römischen Machtpolitiker geworden. Doch der stolze Hofstaat in Alexandreia hielt es nicht immer mit der italischen Großmacht und widersetzte sich auch. Wegen seiner freundlichen Rombeziehungen hat man Ptolemaios Theos Philopator Philadelphos Neos Dionysos 58 v. Chr. vertrieben; ein römischer Proconsul, Aulus Gabinius, setzte ihn im Frühjahr 55 wieder ein. Das Ende bahnte sich in den römischen Bürgerkriegen in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. an.179 Das ptolemäische Ägypten hinterließ den folgenden Zeitaltern bis zur Gegenwart eine der kostbarsten Erbschaften der Kulturgeschichte, die so gut wie ausschließlich an den Namen der Haupt- und Residenzstadt gebunden ist: Alexandreia.180 Zeugnis davon legt zuvorderst die literarische Überlieferung ab. Archäologische Spuren dieser Megalopolis des Ostens sind rar: Eine Absenkung der Randzone entlang der beiden Häfen hat bewirkt, dass erhebliche Teile

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des antiken Areals unter Wasser liegen. Die heutige Küstenrandzone ist bis über 300 Meter landeinwärts hinaus seit Anfang des 20. Jahrhunderts komplett überbaut worden. Der Baugrund in der ganzen Gegend besteht an verschiedenen Stellen aus Füllmaterial, das von weiter landeinwärts herbeitransportiert wurde. Infolgedessen herrscht ein völliges Durcheinander in der Stratigraphie: Scherben aus ptolemäischer Zeit (also aus den drei Jahrhunderten v. Chr.) fand man in Erdschichten über byzantinischer Keramik usw. Von eigentlichen Großbauten hat sich so gut wie nichts erhalten, und über die ungefähre Lokalisierung hochberühmter Stätten herrscht Ungewissheit. Auf dem felsigen Boden der nahe dem Festland gelegenen Insel stand ein Turm, mehrgeschossig und aus weißem Marmor, der denselben Namen wie die Insel trug: Pharos. Dieser Leuchtturm wurde von einem Griechen namens Sostratos von Knidos gestiftet, der den beiden ersten Ptolemaiern als Höfling und Di­ plomat diente. Man vermutet den Baubeginn bereits unter der Regierung des Dynastiegründers, seine Vollendung nach etwa 12–15 Jahren Bauzeit in der Epoche des Ptolemaios II. Philadelphos. Sein Aussehen in der Antike ist am besten dokumentiert einerseits durch Abbildungen auf Münzen aus der römischen Kaiserzeit und andererseits durch spätere Bauten, die ihm nachgebildet sind. Dazu gehört ein Grabmonument an der Küste westlich von Alexandreia und ein erst vor wenigen Jahren in Patara, an der Südküste der Türkei, ausgegrabener Leuchtturm. Dem im Hellenismus als Weltwunder eingestuften Werk eiferten ehrgeizige Bauherren nach wie Herodes, der die Hafeneinfahrt der Neugründung Caesarea gleich mit zwei Leuchttürmen schmückte. Heute ist vom Pharos nichts erhalten. An seiner Stelle befindet sich die Festung Qait Bey. Der Geograph Strabon hebt in seiner Beschreibung Alexandreias (17,1,6–10) die Vorteile der Lage hervor:181 die von Landzungen und Inseln gebildeten Hafenbuchten, das milde Klima, die vom Mareotissee und dem Kanalsystem begünstigte Trinkwasserversorgung. Die Form des Stadtgebietes gleiche einer chlamys, einem ausgebreiteten Mantel. An den Längsseiten wird der Mantel von Meer und See umspült und hat einen Durchmesser von 30 Stadien (ca. 5–6 km). Die kurzen Seiten sind die isthmoi (Engstellen), jede von beiden 7 oder 8 Stadien breit (1,3– 1,5 km). Andere antike Autoren machen leicht abweichende Angaben zur Ausdehnung. Allein Rom wies mit ca. 8 × 8 Kilometer eine größere Grund­fläche auf. Alexandreia besaß ein Straßennetz, auf dem Reiter und Fuhrwerke verkehren konnten. Rechtwinkelig sich schneidende Hauptstraßen waren mehr als 30 Meter breit. Unter den fünf mit den Buchstaben Α, Β, Γ, Δ und Ε durchnummerierten Quartieren befand sich das Judenviertel B nahe der Innenseite der östlichen Stadtmauer. Vermutlich waren die Quartiere in Blöcke (plintheia) unterteilt. Inte-

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ressant sind Straßennamen, die wir aus Papyrustexten von der ­hellenistischen bis in die byzantinische Zeit kennen. Ursprünglich hat man sie nach kleinen Schreinen oder Heiligtümern der traditionellen Götter gebildet, um dann jedes Mal den Namen der vergöttlichten Königin hinzuzufügen, also: Arsinoe Nike nach Athena, Arsinoe von Eleusis und Arsinoe Karpophoros nach Demeter. Das Königsviertel Alexandreias beschreibt Strabon wie folgt (17,1,8): «Die Stadt enthält wunderschöne öffentliche Bezirke und basileia, die etwa ein Viertel oder gar ein Drittel des Umfangs des ganzen Stadtgebiets einnehmen. Denn ­jeder der Könige, ebenso wie er den öffentlichen Monumenten aus Liebe zur Pracht noch weiteren Schmuck hinzufügte, so bemühte er sich zu den schon vorhandenen noch eine weitere Residenz für sich selbst zu bauen, so dass, wie Homer sagt, ‹eins zum anderen kommt›. Alle sind freilich miteinander und mit dem Hafen verbunden.»

Das Ganze kann man als ein ausgedehntes Palast- oder Residenzviertel verstehen, doch mag das Wort Palast leicht falsche Assoziationen ­wecken: Bei den Behausungen der einzelnen Könige handelte es sich offensichtlich – ganz ähnlich wie in Pergamon, wo die Grundrisse zum Teil noch erhalten sind – um Peristylhäuser, das heißt um einen zentralen Innenhof herum angelegte Raumkomplexe. Im Königsviertel lagen Gärten, ein von Ptolemaios II. Philadelphos eingerichteter Zoo, sehr wahrscheinlich auch das Theater und schließlich der Bestandteil, auf den wir näher eingehen wollen: das Museion.182 Das Wort Museion bezeichnet im Griechischen ein Heiligtum der Musen. Die Verbindung von Wissenschaft (philosophia) mit dem Kult geht bei den Griechen vermutlich bis in die Zeit des Pythagoras in die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr. zurück. Die bekanntesten Beispiele – und Vorbilder für Alexandreia – sind die Philosophenschulen in Athen. Beide, die Akademie Platons und das Lykeion des Aristoteles, sind als Kultvereine für die Verehrung der Musen gegründet und eingerichtet worden, wovon noch die Stiftungen der späteren Schuloberhäupter Zeugnis ablegen. In der Alexanderzeit war die politische Machtfülle Athens in der griechischen Welt längst Vergangenheit, doch ihr Rang als kulturelle Metropole überragte weiterhin den aller anderen Städte. Ptolemaios war wissenschaftlichen Erkenntnissen, die auf dem Alexanderzug gewonnen und verschriftlicht wurden, aufgeschlossen, und er hat selbst in seiner Zeit als Herrscher Ägyptens ein Buch über den Feldzug verfasst, das zu den ­authentischsten Quellen zählt. Man kann sich leicht vorstellen, dass der Ehrgeiz dieses Mannes dahin ging, seiner neuen Residenzstadt ein Image als Zentrum der Bildung zu verschaffen, das dem Athens mindestens gleichkam. Die Athener vertrieben im Jahre 307 v. Chr. einen Tyrannen, Demetrios von Phaleron, der als

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Philosoph an der Schule des Aristoteles gewirkt hatte. Er begab sich nach Alexandreia und avancierte zum Berater des Ptolemaios, der den Schulphilosophen umso begieriger aufnahm, als die Verpflichtung des renommierten Aristotelesneffen und -nachfolgers Theophrast aus Athen kurz zuvor gescheitert war. Zusammen mit Demetrios verwirklichte Ptolemaios seine Pläne für das Wissenschaftszentrum innerhalb der basileia von Alexandreia. Schon unter dem Nachfolger Philadelphos erwarb sich die Institution einen in der griechischen Welt weithin klingenden Ruf, der es für viele der besten Köpfe attraktiv machte, in die Stadt am Nil zu gehen und Mitglied in der Gemeinschaft zu werden. Nach Strabons Worten besaß das Museion eine Wandelhalle (peripatos), eine Exedra und ein großes Gebäude, in welchem die gemeinsamen Mahlzeiten der Wissenschaftler stattfanden. Die Mitglieder bildeten eine Vereinigung (synodos), die über ein kollektives Vermögen verfügte. Ein Museion-Priester, von den Königen ernannt, wurde noch zu Strabons Zeit vom römischen Kaiser in sein Amt eingesetzt. An der Spitze der Institution stand neben dem Priester ein ebenfalls vom König ernanntes Oberhaupt mit dem Titel epistates. Hinzu kam das ­bedeutende Amt eines Bibliotheksvorstehers, das seinem Inhaber zugleich in Personalunion die Aufgabe eines Tutors der Kinder der Königsfamilie übertrug. Ansonsten waren die Mitglieder gleichgestellt. Alle erhielten ein Salär für ihren ­Lebensunterhalt, in welcher Form, ist nicht klar. Das Budget speiste sich zum Teil aus einer königlichen Stiftung, zum anderen Teil aus dem Kapital des gemein­ samen Vermögens der Gelehrten. Wir erfahren nicht, ob diese – wie noch heute manche der Dons in Oxford oder Cambridge183 – im Museion wohnten. Sie trafen sich regelmäßig, führten Gespräche untereinander und hielten vermutlich auch Vorlesungen. Es ist nicht sicher, ob es eine mit unseren Universitäten vergleichbare Lehrverpflichtung gab. In der frühesten Phase dürften nach dem Vorbild der aristotelischen Schule die Naturwissenschaften eine Vorrangstellung besessen haben, dann aber nis­ teten sich auch Forschungsfelder ein, die wir heute als Geisteswissenschaften bezeichnen würden. Im Rahmen des Musenkultes fanden regelrechte Wettkämpfe von Literaten und Dichtern statt. Wie heute die Universität von manchen mit wenig Sympathie als Elfenbeinturm bezeichnet wird, so hat auch das Museion schon den Spott zeitgenössischer Beobachter provoziert. Die früheste­sicher auf die Institution bezogene Äußerung stammt von dem frühhellenistischen Dichter Timon von Phlius: «In dem volkreichen Land Ägypten gibt es viele, die gefüttert werden, eingezäunte Bücherwürmer, die unaufhörlich im Korb der Musen disputieren» (Athen. 1,22d). Man pflegte damals diese Art Wissenschaftler, gleichgültig, ob sie sich mit Mathematik, Geographie, Astronomie, Medizin, Dichtung

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oder Philosophie befassten, allgemein philosophoi zu nennen. Es war vermutlich der Dritte in der Reihe der Bibliotheksvorsteher, Eratosthenes von Kyrene, der für sich erstmals die Bezeichnung philologos reklamierte. Tatsächlich kann man – abgesehen von manchen Wurzeln in der Schule des Aristoteles  – im Museion von Alexandreia den eigentlichen Erfinder der Wissenschaft der Philologie er­ blicken, die in der abendländischen Kultur bis auf den heutigen Tag eine ungeheure Bedeutung besitzt.184 Der als Erzieher von Ptolemaios Philadelphos und Arsinoe nach Alexandreia berufene Zenodot von Ephesos wurde daselbst 285 / 84 v. Chr. zum Vorsteher der Bibliothek ernannt. In ihm fassen wir erstmals den eigentümlich alexandrinischen Gelehrtentyp, der aus antiquarisch-lexikalischen Studien am gesamten Überlieferungsgut der großen Dichtung Textkritik entwickelte. Er erwarb sich unermessliche Verdienste um den Wortlaut des homerischen Epos, indem er die Handschriften sammelte und verglich und jeden Vers, jedes Wort auf seine A ­ uthentizität prüfte.185 Einer der ganz Großen auf diesem Feld wurde Kallimachos aus Kyrene, der bereits als Kind mit seinem Vater nach Alexandreia kam, später als Dichter und Gelehrter am Hofe hochgeehrt, nicht jedoch mit einem Amt im Museion aus­ gestattet wurde.186 Er publizierte eine Art Bibliographie, die wahrscheinlich auf dem internen Bibliothekskatalog beruhte, von ihrer Zielsetzung her indes die gesamte damals bekannte griechische Literatur katalogisieren wollte, die sogenannten pinakes. Ihr genauer Titel lautet übersetzt: Aufstellung der in jeder Literaturgattung aufleuchtenden Autoren und ihrer Schriften in 120 Büchern. Teile davon sind überliefert und führen der modernen Philologie vor Augen, wie viel von dem damals noch Vorhandenen verloren ist. Kallimachos’ Hauptwerk mit dem Titel Aitia ist ein Gedicht von etwa 5000–6000 Versen, in dem stupende Kenntnis literarischer Tradition mit raffinierter Poesie nach Form und Inhalt vereint sind. Aitia  – etwa «Ursprünge»  – ist die thematische Klammer dichterischen Spielens mit der überlieferten Mythologie. Da wird sich zum Beispiel die Frage vorgenommen, warum es im Apollonkult auf der Insel Anaphe den eigenartigen Ritus der Beschimpfungen (Aischrologie) gibt, und dieses Phänomen wird so erklärt: Die Argonauten, auf der Flucht vor ihren Verfolgern aus Kolchis in die Ägäis verschlagen und auf der rettenden Insel Anaphe angekommen, hätten dem dortigen Apollon ein so ärmliches Opfer dargebracht, dass sie von den einheimischen Frauen wüst beschimpft worden seien. Kallimachos gilt als der poeta doctus, der gelehrte Dichter schlechthin (griechisch: poietes ama kai kritikos). Weniger in der Gelehrsamkeit als in schöpferischer Poesie treten andere Alexandriner gleichrangig an seine Seite, etwa der Epiker Apollonios von Rhodos, der den ur-

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alten griechischen Sagenstoff von der Ausfahrt einer Gruppe von Helden auf dem Schiff Argo durch das Schwarze Meer zu der geheimnisvollen Landschaft Kolchis, den Erwerb des goldenen Vlieses und die Flucht des Haupthelden Iason zusammen mit der kolchischen Königstochter Medeia zurück in die Heimat in einem großen Epos schildert, das uns überliefert ist.187 Oder Theokrit, der Dichter aus Syrakus, Hauptvertreter der sogenannten Bukolik, einer Art Hirtendichtung. Seine Götter- und Heroenlob, Wiegen-, Hochzeits-, Liebes- und Erntelieder und anderes umfassenden Miniaturdichtungen sind allgemein als eidyllia bezeichnet worden, wovon unser Wort Idyll abgeleitet ist.188 Für die vermutlich bedeutendste Leistung auf dem Gebiet der Mathematik und Naturwissenschaft steht ein Mann aus derselben Heimat Kyrene wie Kallimachos, dessen Schüler er wurde: Eratosthenes.189 Ptolemaios III. Euergetes berief ihn, als er gerade 30 Jahre alt war, zum Bibliotheksvorsteher, und zwar auf Grund seiner unter Beweis gestellten dichterischen Begabung. Erst viel später erlangte er mit den Schriften Geographia und «Über die Aufmessung der Erde» eine Spitzenstellung in der antiken und darüber hinaus in der abendländischen Geographie bis in die frühe Neuzeit. Ausgehend vom damals schon bekannten Theorem der Homozentrizität der Himmels- und der Erdkugel gelang ihm eine erstaunlich genaue Messung des Erdumfangs. Er bediente sich eines sogenannten gnomon, eines Schattenmeßstabs im Zentrum einer Halbkugel (Erfindung des Anaximandros von Milet im 6. Jahrhundert v. Chr.). Die Länge des Schattens, den der Stab auf dem Kreisbogen der Halbkugel warf, als die Sonne in Alexandreia mittags kulminierte, musste sich zum Gesamtumfang der Kugel ebenso verhalten wie die Entfernung Alexandreias von einem Ort auf demselben Meridian, wo die Sonne am Mittag überhaupt keinen Schatten warf, also Kulminationspunkt und Zenith zusammenfielen. Das fand man vor im südägyptischen Syene, das die königlichen Vermesser (bematistai) als 5000 Stadien (893 Kilometer) von Alexandreia entfernt ermittelten. Eratosthenes berechnete den Erdumfang daraufhin mit 252 000 Stadien = 46 620 Kilometer. Die modernen Werte sind für den Äquator 40 077 und für die Meridianellipse 40 009 Kilometer. Fehlerquelle war nicht die Theorie, sondern Ungenauigkeiten in der Beobachtung: Syene liegt nicht exakt auf demselben Meridian, sondern 3 Grad östlich. Auch ist die Wegstrecke nicht ganz präzise bestimmt worden, und schließlich blieb unberücksichtigt, dass die Erde keine perfekte Kugel, sondern an den Polen abgeplattet ist. Zwei Wissenschaftler des Hellenismus haben den Kyrenier in der kosmolo­ gischen Theorie noch übertroffen, indem sie die neuzeitliche Anschauung von der Heliozentrizität vorwegnahmen: Seleukos von Seleukeia und Aristarch von Samos, von dem uns eine Schrift mit dem Titel «Über Größen und Abstände von

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Sonne und Mond» erhalten ist.190 Wir sind gewohnt, dieses Theorem mit dem Astronomen des 16. Jahrhunderts Nikolaus Kopernikus zu verbinden und von der ‹kopernikanischen Wende› zu sprechen. Kopernikus erwähnt Aristarchs ­heliozentrische Hypothese, doch wurde die Passage in seinem Werk De revolutionibus orbium coelestium von 1543 später unterdrückt. Völlig unbestimmt sind Lage, Art und Aussehen der Bibliothek.191 Ein byzantinischer Autor des 12. Jahrhunderts., Tzetzes, spricht von zwei Bibliotheken, ­einer innerhalb der basileia und einer außerhalb.192 Von Anfang an zielte die Einrichtung und der Ausbau der Bibliothek auf eine vollständige Sammlung der griechischen Literatur. Wir finden besonders im Werk des Arztes Galen (2. Jahrhundert n. Chr.) verschiedene Geschichten über die Anschaffungspraxis: Ptolemaios III. Euergetes soll angeordnet haben, dass alle Bücher, die in Schiffen im Hafen von Alexandreia gefunden werden, zu beschlagnahmen sind. Von ihnen seien Kopien anzufertigen, diese Kopien an die Eigentümer zurückzugeben, ­wohingegen die Originale an die Bibliothek zu überstellen seien. Die Originale trugen künftighin den Vermerk «von den Schiffen».193 Einen derartigen ausgesprochen profitablen Fischzug soll derselbe König gemacht haben, als er gegen die Summe von 15 Talenten die offiziellen Staatsexemplare der drei großen attischen Tragiker – Aischylos, Sophokles, Euripides  – ausborgte, Kopien machen ließ und statt der Originale die ­Kopien zurück nach Athen sandte. Nach Tzetzes besaß die ‹äußere› Bibliothek 42 800 Rollen, der größere Teil innerhalb der basileia 490 000 Rollen.194 Die Blüte der Wissenschaften in Alexandreia hielt bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. ungebrochen an, als mit dem politischen Niedergang der Dynastie auch ein kultureller einherging. Nach und nach traten an die Stelle der aus Herkunftsorten aller Welt zusammengewürfelten Koryphäen aus Alexandreia und Ägypten selbst stammende Schulmitglieder. Und doch blieb das Museion eine Ge­ lehrtenstätte ersten Ranges auch in der Kaiserzeit. Die kulturelle Bilanz des hellenistischen Alexandreia in der Weltgeschichte ist unschätzbar. Das spezifisch wissenschaftliche Ethos hat hier nach Ionien und Athen ein Niveau erreicht wie an nur ganz wenigen Orten der Erde. Die Werke der griechischen Literatur von ihren halbdunklen Anfängen im 7. Jahrhundert v. Chr. über die Kaiserzeit, die Spätantike, das byzantinische Mittelalter bis in die europäische Renaissance und den Humanismus wären ohne sorgfältige Sammlung, Vergleichung, Wiederherstellung authentischer Texte, gelehrte Kritik, Kommentierung, Interpretation und Theoriebildung der Alexandriner zu einem Großteil verloren geblieben oder verstümmelt, ganze Wissenschaftszweige wie Philologie und Literaturtheorie stehen bis in die Moderne auf ihren Schultern.

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Die Nachfolger des «Siegers» Seleukos waren zur Hälfte iranischer Abkunft (der Alexandergeneral hatte die Iranerin Apama zur Frau genommen). Aus den Diadochenkämpfen verblieben ihrer Herrschaft riesige Territorien Vorderasiens.195 Im seleukidischen Hofstaat hatten die makedonischen «Freunde» (philoi), dem König zu strikter Loyalität (eunoia) persönlich verpflichtet, den höchsten Rang inne. Der ganze Hof stand die meiste Zeit im Felde. Die militärischen Aufgaben im Osten und Westen kamen nur selten zur Ruhe. Zwischen 312 und 129 regierten 14 Seleukiden, zehn von ihnen fielen im Kampf. Die Seleukidengeschichte hat eine klare Zweiteilung in die Epochen vor und nach der Herrschaft Antiochos IV.: Erstere mit einer Dauer von 137 Jahren (300–164 v. Chr.) brachte acht Herrscher hervor, Letztere von nur 100 Jahren (163–64 v. Chr.) 18 Herrscher. Wie Ptolemaios und sein Hofstaat in Ägypten, so waren die Makedonen mit Seleukos in Babylon Landfremde. Seleukos vermied einen cultural clash, indem er sich eben nicht in Babylon einnistete. Die Stadt blieb in ihrer traditionellen Organisation unangetastet. Der König gründete Seleukeia am Tigris. Er besaß keinesfalls die Absicht, die Bevölkerung zu ‹hellenisieren›.196 Bald darauf hat er an der Orontesmündung im Norden Syriens die Stadt Seleukeia in Pieria angelegt. Schließlich erhielt um 300 v. Chr. eine weitere Gründung wenige Kilometer landeinwärts, wo Antigoneia lag, als Residenz den Vorrang: Antiocheia am Orontes, das heutige Antakya. Die Wahl des Platzes war schlecht: Im Osten erhebt sich der Silpios 506 Meter hoch, der in seinem nordöstlichen Teil von einer tiefen Schlucht durchschnitten wird. Im Winter rauscht ein Sturzbach namens Onopniktes oder Parmenios zu Tal. Im Westen fließt der Orontes, und im Süden liegt ein Plateau, auf dem später die Vorstadt Daphne entstand. Die seleukidische Stadtmauer verlief nur in der Ebene. Angeblich ließ der König Elefanten aufstellen, wo die Türme platziert werden sollten. Die früheste Siedlung bestand aus zwei voneinander getrennten Quartieren der Griechen und Makedonen und der Orientalen. Ein Tempel des Zeus wurde in dem Dorf Bottia errichtet, wo sich der Kult eines Zeus Bottios befand, in einem Hain auf dem Plateau von Daphne der Apollontempel, das Hauptheiligtum. Schon zu Seleukos I. Zeiten schuf der Lysippos-Schüler Eutychides von Sikyon die berühmte Bronze der Göttin Tyche: Sie sitzt, gekrönt mit der Stadtmauer, auf einem Fels, der den Silpios darstellt, und hält in der rechten Hand ein Weizenbündel. Eine Marmorkopie des Originals befindet sich heute im Vatikan. Unter Seleukos II. begann die Anlage eines neuen Quartiers auf der Orontes-Insel, das Aitoler, Kreter und Euboier besiedelten.197 Aus der Blickrichtung Antiocheias hieß der westliche Reichsteil – im Wesentlichen Anatolien – das Land «jenseits» (he epekeina) des Tauros. Es wurde später,

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unter Antiochos III., als Ganzes einem Vizekönig unterstellt, der in Sardeis residierte. Mit Blick in die Gegenrichtung pflegte man von Nordsyrien aus die bis zu 2000 Kilometer entfernten östlichen Reichsteile als obere Satrapien zu bezeichnen. Wie das ägyptische, so war das vorderasiatische Reich «speergewonnen» (doriktetos) und Königsland (basileia). Es herrschten, von Burgen und Residenzen abgesehen, dörfliche Siedlungsformen vor, bewohnt von tributpflichtigen Bauern (laoi). Von den Persern und von Alexander übernommen war das System der Untergliederung in Satrapien. Den regierenden Satrapen und Strategen unterstanden militärische Unterführer (hyparchoi),198 während die zivile Ad­ ministration auf Satrapienebene «Verwalter» (dioiketai) besorgten. Unter ihnen führten auf Bezirksebene «Haushälter» und «Steuerabrechner» (oikonomoi und eklogistai) die Aufsicht. Beide Titel kommen auch auf Verwalter privater Land­ güter der Könige und Höflinge bezogen vor.199 Neben der von diesen Funktio­ nären ausgeübten direkten königlichen Reichsverwaltung standen die der Krone zu Loyalität verpflichteten Gebietsherrschaften der Dynasten (dynastai) oder regionaler Stammesverbände. Als gesonderte Kategorie Land unterfiel der Monarchie das von Priestern verwaltete einer Gottheit übereignete Tempelland. Eine dritte Kategorie spielte, anders als in Ägypten, eine sehr bedeutende Rolle: Das Polisland (politike chora) der in Küstennähe Kleinasiens einheimischen Griechen (poleis hellenides). Man war ja immerhin einmal aufgebrochen, um es von königlich-persischer Herrschaft zu befreien. Und seit Alexander hatte man ostentativ die staatsrechtliche Trennung dieser Polisterritorien vom Königreich aufrechterhalten. Es handelte sich um Land von erheblicher Ausdehnung. Grundsätzlich gewährten die Nachfolger Alexanders griechischen Poleis zur Autonomie auch die Steuerfreiheit (aphorologesia), auch wenn sich nicht alle Könige immer daran hielten oder dazu neigten, anstelle des Tributs (phoros) Sonderabgaben einzufordern (syntaxeis).200 Die Nachkommen des Seleukos setzten die vor allem aus militärischen Gründen betriebene Ansiedelung von Makedonen und Griechen auf Landlosen (kleroi) und das Zusammensiedeln mit Einheimischen fort. Eine staatsrechtliche Privilegierung wie bei den griechischen Poleis bestand zunächst nicht, sie konnte jedoch auch ihnen gewährt werden. Auf weite binnenländische Teile des Reiches erstreckte sich nach und nach eine Art Kolonisierung, die seit der großen griechischen Kolonisation des 8.–6. Jahrhunderts v. Chr. ohne Beispiel ist. Blicken wir zunächst in den äußersten Osten.201 Alexanders Gründungen im heutigen Afghanistan und Pakistan haben sich nicht lange halten können. Erst unter den Seleukiden setzten sich dort neue Einwanderer von Makedonen und Griechen dauerhaft fest. Die Verbindungen zur

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griechischsprachigen Welt hatten einen über die gelegentlichen diplomatischen Kontakte zu den Höfen indischer oder ostiranischer Könige hinausgehenden ­Bestand, der in der griechischen Literatur Spuren hinterließ. Indien wird erlebt; Augenzeugen beschreiben zuvor nie Gehörtes: Ozeanwasser senkrecht nach oben ausspeiende Riesenfische, aus deren Skeletten Eingeborene das Gerüst ihrer Hütten bauen, gewaltige Tiger, Affen und Papageien sowie das klügste aller Tiere, den Elefanten, den die Inder dennoch in Fallen locken, zähmen und zum könig­ lichen Reittier dressieren. Verwundert sieht man auf «Türme des Schweigens», Witwenverbrennungen, nackte Asketen, die Wucht der jede Rüstung durchschlagenden Pfeile, die von mannshohen Bogen abgeschossen werden, berichtet vom pyramidalen Aufbau der indischen Gesellschaft nach streng getrennten Klassen, von den Bauern und Hirten über die Handwerker und Soldaten, die Aufseher und Ratgeber bis zu den «Sophisten».202 In Baktrien lebten die griechischsprachigen Siedler an einer frontier von Sesshaftigkeit und Nomadentum im Umfeld sich überschneidender iranischer, indischer und chinesischer Kulturen. Die Ausgrabungen von Ai Khanoum im nördlichen Afghanistan bei Mazar-e-Sharif haben Erstaunliches ans Licht gebracht: eine Stadt mit Tempel, Theater, Gymnasium, griechische Steininschriften mit elegischen Distichen und trochäischen Tetrametern. Tintenspuren von einem Papyrus im Lehmboden bewahrten Textfragmente aus Homer, Sophokles, Euripides und der Schule des Aristoteles. Es sind, neben den Griechisch verfassten Fels- und Säulenedikten des Buddhisten Aśoka, die östlichsten griechischen Inschriften überhaupt.203 Ein Mauryakönig Bindusara schreibt an den Seleukidenkönig Antiochos I., bittet ihn um Zusendung von Wein, Feigen und einem Sophisten. Antiochos antwortet (Athen. 14,652 f.): «Die Feigen und den süßen Wein werden wir dir schicken, einen Sophisten zu verkaufen ist unter Griechen gegen das Gesetz.» Die Beziehungen waren gewiss nicht nur freundlich. Jenseits von Krieg und Warentausch blühten jedoch Symbiosen, die eindrückliche Spuren hinterlassen haben: Spuren religiöser Synkretismen zwischen olympischem Zeus und Ahura Mazda, der vierarmigen Mondgöttin Manaobago und Selene, zwischen Artemis und Nana, die Verehrung von Feuer, Wind und Flüssen, Gottmenschentum, ­Zoroastrismus, Hinduismus und Buddhismus.204 Eigentümliche Mischformen in Architektur, Plastik und Reliefkunst in Stein, Holz, Metall und Elfenbein in unzähligen Einzelfunden und Fundkomplexen faszinieren heute international in Museen und Ausstellungen. Vieles ist noch unpubliziert. Die fächerübergreifende Wissenschaft auf diesem Feld der Archäologie steht noch in den Anfängen. Sie ist weit entfernt davon, an ihre Objekte eine klassizistische Sichtweise des

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19. Jahrhunderts anzulegen, wie sie etwa im Urteil eines Ernst Curtius von 1876 über indische Pfeilerstatuen zum Ausdruck kommt: «[…] die weichliche Fülle der Glieder, der wollüstige Charakter der Gestalten: ungriechisch-barbarisch […] echt indisch.»205 Auch weiter westlich im Zweistromland, in Syrien, Palästina und vor allem in Anatolien siedelten sich Griechen und Makedonen an und bildeten alsbald mit den Einheimischen zusammen nach griechischem Polis-Muster organisierte Gemeinschaften.206 Einem Zeugnis des Schriftstellers Appian zufolge (Syr. 57) soll es im Reich neun Seleukeias, 16 Antiocheias, fünf Laodikeias, drei Apameias und ein Stratonikeia gegeben haben. Stadtnamen wie Edessa,207 Beroia, Europos oder Pella208 wurden aus der makedonischen Heimat nach Vorderasien verpflanzt, ein Phänomen, das die Neuzeit mit zahlreichen von europäischen Migranten nach Übersee mitgenommenen Ortsnamen kennt. Die Ausstrahlung der kulturellen koine – Sprache, Götter, Sitten, Institutionen – aus den Zellen der griechischsprachigen Immigranten ist umso bemerkenswerter, als etwa das hellenistische Anatolien Migrationen großen Stils auch anderer Völker kennt: die Ansiedelung keltischer Stämme um Pessinus, Ankyra und Tavion, und die von Antiochos III. durchgeführte Ansiedelung babylonischer Juden in Phrygien und Lydien (Ios. ant. Iud. 12,147–153). Der Kelteneinfall in Kleinasien brachte die ersten schweren Einbrüche in das westliche Reichsgefüge mit sich. Ein ehemaliger Gefolgsmann des Seleukos, der Bithynier Zipoites, hatte sich losgesagt und ein Königtum im Nordwesten Kleinasiens begründet. Sein Sohn und Nachfolger Nikomedes verhalf 278 / 77 v. Chr. den am Westufer des Bosporus stehenden Kelten zur Überfahrt, um sie als Verbündete gegen seinen den Thron für sich beanspruchenden Bruder und die drohende seleukidische Intervention einzusetzen. Die in der griechischen Literatur Galater genannten Keltengruppen zogen plündernd durch das Land bis tief in den Süden nach Lykien. Antiochos I. vermochte sie zwischen 270 und 268 v. Chr. in Mittelanatolien zu schlagen; in der berühmten Elefantenschlacht ergriffen die Kelten beim Anblick der furchterregenden Tiere die Flucht. Vermutlich kam es schon bald darauf zur Ansiedelung der drei großen Stammesgruppen in dem Teil der alten Landschaft Phrygien, die späterhin den Namen Galatien erhielt: Um ein Heiligtum von Pessinus siedelten die Tolistoagier oder Tolistobogier, im Raum Ankara ließen sich die Tektosagen und weiter östlich beim antiken Tavion die Trokmer nieder. Das eingewanderte Bevölkerungselement prägte die Geschichte Anatoliens bis weit in die Spätantike, als man in Ankyra noch immer ein keltisches Idiom sprach. Aus den galatischen Eliten der Städte stiegen einzelne Lokalgrößen in der Kaiserzeit bis in den Senatorenstand auf.209

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Die Gründung des bithynischen Königreiches unter Zipoites und Nikomedes stand in Anatolien nicht allein. Einen iranischen Gefolgsmann der Diadochen Antigonos Monophthalmos und Demetrios namens Mithradates hatte es nach Paphlagonien im nördlichen Kleinasien verschlagen, wo er mit Raubzügen und Wegelagerei zum Beherrscher eines Landesteiles emporstieg. Der Untergang des Lysimachos 281 v. Chr. veranlasste ihn, sich den Königstitel zuzulegen. Als er seine Herrschaft in die fruchtbaren und verkehrsgünstig gelegenen Landschaften der Amnias- und Iristäler ausdehnen konnte, war nördlich der kappadokischen Satrapenherrschaft der Ariarathiden ein neues Reich entstanden. Das bis dahin Kappadokien am Meer (pontos) genannte Gebiet pflegte man alsbald einfach als Pontos zu bezeichnen.210 Im Westen Kleinasiens hatte sich ein ehemaliger Offizier des Lysimachos im Kampf der Diadochen auf seleukidische Seite gestellt. Er bewachte einen Schatz auf der Burg von Pergamon am Kaikosfluss, von wo aus er Verbindungen zu den griechischen Städten aufnahm. Sein Neffe und Nachfolger Eumenes widersetzte sich der seleukidischen Oberhoheit und schlug Antiochos I. sogar in einer Schlacht bei Sardeis (ca. 263 v. Chr.). Etwas mehr als zwei Jahrzehnte später legte sich sein Nachfolger Attalos I. nach einem spektakulären Sieg über die Galater den Königstitel zu. Es ist der Nukleus des Königreiches Pergamon unter der Dynastie der Attaliden, das im folgenden Jahrhundert, erheblich ausgedehnt, sozusagen zum Vestibül der Interventionen Roms in Asien werden und schließlich in der ersten römischen Provinz Asia aufgehen sollte.211 Es kam ein Zerfall in Gang, in dem Reichsteile wie Dominosteine kippten: Die iranischstämmige Satrapenherrschaft östlich des Halysflusses in Kappadokien fiel unter dem Iraner Ariarathes III. um die Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. ab und mündete in ein kappadokisches Königreich.212 Am Fuße des Hindukusch ging nur wenig später (246 v. Chr.) die Landschaft Baktrien verloren: Der griechische General Diodotos sagte sich los, und sein Nachfolger Euthydemos I. nannte sich König. Diese landfremden Gräkobaktrier, unter ihnen auch Frauen, richteten ein eigenes Reich auf und herrschten gewaltsam. Ihre Namen und Daten können wir mit Hilfe ihrer Münzprägungen rekonstruieren. Das auch in chinesischen Quellen erwähnte Reich (Ta-Hsia) hat sich etwa 120 Jahre halten können, bis es durch Migrationen aus dem Norden besetzt und zerschlagen wurde.213 Eine bedeutsame Entwicklung am Rand des Reiches nahm etwa in derselben Zeit ihren Anfang: Ein gewisser Andragoras, Satrap von Parthia im Südosten des Kaspischen Meeres, machte sich selbständig, unterlag jedoch ein knappes Jahrzehnt danach der Invasion des Nomadenstammes der Parner. Ihrem Führer ­Arsakes gelang es, ein Expeditionsheer Seleukos’ II. zurückzuschlagen und sich

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dauerhaft zu etablieren. Bezeichnenderweise datieren die nach ihrem Dynastie­ gründer benannten Arsakiden den Beginn ihres Reiches nicht mit diesem Sieg, sondern früher, mit dem Verlust der Satrapie, nach unserer Zeitrechnung in das Jahr 247 v. Chr. Von dieser Wende ausgehend ereignete sich eine kontinuierliche Expansion der Parther- oder Arsakidenherrschaft, die allerdings auch in der ­seleukidischen Epoche nicht ohne Rückschläge und Einbußen blieb. Um die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. ging den Seleukiden Medien verloren. Etwa zwei Jahrzehnte später konnte es Antiochos VII. Sidetes zwar noch einmal zurückerobern, fiel aber gleich darauf im Kampf gegen die revoltierenden Einheimischen. Um 140 stießen die Parther ins Zweistromland vor und begannen, in Seleukeia am Tigris Münzen zu prägen. Es folgte die Besetzung der Elymais mit Susa, der alten achaimenidischen Residenz. Der Seleukide Demetrios II., von aufständischen Griechen Babyloniens zu Hilfe gerufen, wird zurückgeschlagen.214 Am linken Tigrisufer 35 Kilometer südlich von Bagdad, direkt gegenüber von Seleukeia, wuchs bereits im 2. Jahrhundert v. Chr. die Stadt Ktesiphon, Krönungsort und Winterresidenz der parthischen Großkönige, heran. Ihre Anfänge sind unerforscht. Auch die Bedeutung des Stadtnamens kennt man nicht. Etwa zur Zeit Ciceros entstand die erste Stadtmauer, erbaut von Pakoros I. Ktesiphon sollte als parthisches und sasanidisches Reichszentrum das Ziel einer ganzen Reihe römischer Heeresexpeditionen im Laufe von sieben Jahrhunderten werden.215 In der Person des parthischen Königs war eine ähnliche Machtfülle konzen­ triert wie bei den Achaimeniden, deren Tradition sie mit dem Titel «König der Könige» explizit aufnahmen. Auf den Gott Ahura Mazda haben die Parther ihr Königtum nicht gegründet. Das Prinzip der Primogenitur konnte der Herrscher zugunsten der Nachfolge eines jüngeren Sohnes aufheben. Anscheinend hat ein Rat aus «weisen Männern und Magiern» (Strab. 11,9,3) bei der Auswahl des Thronfolgers aus der Familie des Königs mitgewirkt. Der parthische Feudalismus begünstigte, ähnlich wie bei den Hethitern oder den alten Makedonen, eine latente Instabilität: Verwandte und am Hof mit zahlreichen Titeln ausgezeichnete Adelige, die mit großen Ländereien belehnt ausgedehnte Regionen beherrschten und ein starkes Heer aufboten, stellten eine permanente Gefahr für den Thron­ inhaber dar.216 In der Gebietsgliederung, Verwaltung und Münzprägung217 zeichnet sich eine Anpassung an die hellenistische Monarchie ab. Auf den Münzen wollen sich Könige als «Griechenfreunde» (philhellenes) erkennen lassen. Den Spuren der Religion, Architektur und Kunst im zentralen Zweistromland ist ein kultureller Schmelztiegel semitischer, irano-parthischer und griechischer Elemente abzulesen. Den Namen des Landes und des Königreichs Armenien218 haben die Griechen

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von der persischen Satrapie Armina abgeleitet, doch, wie üblich, mythologisch begründet: Ein gewisser Armenos von Armenion, einer Stadt in Thessalien, die zwischen Pherai und Larissa am See Boibe liegt, habe den Helden Iason nach ­Armenien begleitet (Strab. 11,14,12). Er sei Stammvater des orientalischen Volkes. Man sehe einen Beweis auch darin, dass die Kleidung, zum Beispiel die um die Brust gegürteten langen Mäntel, ebenso wie die Reittechnik der Armenier, thessalisch sei. Auf iranischem und türkischem Staatsgebiet nördlich des Tauros leben Kurden, deren Name mit den bei Xenophon erwähnten Karduchoi und dem griechischen Namen für das Hochland südlich des Vansees Gordyene in Verbindung gebracht wird. Woher genau die Kurden und die Armenier eingewandert sind, ist nicht bekannt. Kurdisch, eine Ausgliederung aus der iranischen Sprachfamilie, und Armenisch sind indogermanische Sprachen. Allerdings gibt es im Armenischen einen beträchtlichen Anteil nicht-indoeuropäischer Elemente, darunter hurritische Lehnwörter.219 Herodot meinte, die Armenier seien apoikoi der Phryger (Hdt. 7,73), seien also von Westen her eingewandert in ein Land, das damals die Alarodioi bewohnten (vgl. Hdt. 3,94; 7,79). Das ostanatolische Hochland war im späten 3. Jahrhundert v. Chr. unter zwei seleukidischen Strategen aufgeteilt, Artaxias und Zariadris. Als König Antiochos III. den Römern in Westkleinasien unterlag (190 /189 v. Chr.), traten die beiden auf die römische Seite über und nahmen den Königstitel an. Es begann die Dynastie der Artaxiaden, deren Herrschaft in der nordwestlichen Nachbarschaft des parthischen Vasallenreiches bald zu einer Art Puffer zwischen den beiden großen antipodischen Hegemonien der Parther und der Römer werden sollte. Unter den Artaxiaden, im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr., dehnten die Könige ihre Herrschaft in benachbarte Regionen hinein aus, Strabon spricht von «abgeschnittenen» Teilen: Kaspiane, Phaunitis, Basoropeda vom Land der Meder (Aserbaidschan), Chorzene und Gogarene vom Land der Iberer, Karenitis und Xerxene vom Land der Bergvölker des Ostpontos Chalyber und Mossynoikoi, Akilisene und Gebiete um den Antitauros vom Land der Kataonier (das Hochland nördlich der Stadt Kahraman Maraş in der Türkei), Taronitis von den Syrern (Strab. 11,14,5). Damals wuchsen die armenischen Landschaften zu einem einheitlichen Sprachraum zusammen, doch haben wir so gut wie keine Überlieferung des Armenischen aus dieser Zeit. Schrift-, Verkehrs- und Verwaltungssprachen an den Residenzen waren Griechisch, Mittelpersisch und Aramäisch. Im Süden des seleukidischen Reichszentrums am Orontes, in Palaestina und im nordwestlichen Arabien, lagen die Vasallenstaaten der Juden und Nabatäer.220 Den jüdischen Hohepriester in Jerusalem hatten schon die Ptolemaier als Herrscher über das eigene Volk anerkannt. Antiochos III. stiftete Beiträge zum Kult

Alexander, Diadochen, Epigonen

und gewährte der Priesterschaft Steuerfreiheit. Die Reinheitsvorschriften wurden von der Monarchie bestätigt. Sein Sohn und Nachfolger Seleukos IV. führte diese Politik fort. Der fromme Verfasser des Zweiten Makkabäerbuches schreibt mit Blick auf diese Zeit (2 Makk 3,1–3 übers. Habicht): «Während die heilige Stadt in tiefem Frieden bewohnt wurde und man die Gesetze sehr genau beachtete wegen der Frömmigkeit und Rechtschaffenheit des Hohepriesters Onias, da kam es vor, dass sogar die Könige selbst die Städte ehrten und den Tempel mit den wundervollsten Zuwendungen auszeichneten. Und so stiftete auch Seleukos, der König von Asien, aus seinen eigenen Einkünften alle für den Opferdienst entstehenden Aufwendungen.» Außerhalb Palästinas, wo Diasporajuden siedelten, bildeten diese oft geschlossene Gemeinschaften, deren Lebensweise, etwa mit den Sabbat- oder Speisevorschriften, wie eine anders eingestellte Uhr der kommunalen Organisation des Gerichtswesens, des Fest- und Opferkalenders, der militärischen Rekrutierungs- und Übungsmaßnahmen zuwiderlief. Das hellenistische Polismodell ließ sich nur schlecht über die traditionellen jüdischen Lebensregeln stülpen, sofern sie streng eingehalten werden sollten. Im jüdischen Jerusalem reifte das Konfliktpotenzial in dem Maße heran, in dem städtisches Leben nach griechischem Muster auch hier Einzug hielt und attraktiv wurde. Selbstverständlich gab es Anpassungstendenzen. Innerhalb der jüdischen Elite strebte man in zwei Richtungen auseinander. Zum Ausbruch kam der Konflikt im berühmten Bruderzwist zwischen dem Hohepriester Onias und Jason in Jerusalem zu Beginn der Regierung des Antiochos IV. Epiphanes (175 v. Chr.). Jason erschlich sich die Hohepriesterwürde, indem er dem Seleukidenkönig ein höheres Steueraufkommen versprach. Der Autor des Zweiten Makkabäerbuches bringt folgende Beschuldigungen gegen ihn vor (2 Makk 4,9 ff.): «Darüber hinaus versprach er, noch weitere 150 Talente zu überweisen, wenn ihm zusätzlich gewährt würde, in eigener Kompetenz ein Gymnasium und eine Ephebie zu gründen und die Liste derer aufzustellen, die in Jerusalem Bürger von Antiocheia sein sollten.» Damit war nichts anderes beabsichtigt als die Gründung einer griechischen Polisgemeinde von «Antiochenern» auf dem Boden Jerusalems. Der Autor überschüttet den «gottlosen» Jason im Folgenden mit Vorwürfen: Er habe die Verfassung aufgehoben, gesetzwidrige Bräuche eingeführt, ein Gymnasium gebaut und Epheben rekrutiert, wo Ölverteilung und Wettkampfübungen nach griechischer Art Zulauf auch von jüdischer Seite erhielten, Hellenismus und Fremdtümelei der Verachtung des einheimischen Tempeldienstes Vorschub leisteten. Anpasser und Traditionalisten stießen in Jerusalem 168 v. Chr. blutig zusammen, während sich Antiochos gerade auf einem Feldzug nach Ägypten befand.

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Der König fasste die Vorgänge als einen jüdischen Aufstand auf, reagierte mit Abschaffung der Privilegien und einem Religionsverbot und zugleich mit Auf­ hebung jüdischer Speise-, Reinheits- und Beschneidungsgebote. Den Tempel ließ er in ein Heiligtum des Zeus Olympios umwandeln, machte diese Maßgabe aber nur vier Jahre später selbst rückgängig. Sein Sohn Antiochos V. stellte die Religionsfreiheit und die Privilegien in vollem Umfang wieder her.221 Dem wachsenden Widerstand und der Machtentfaltung der Traditionalisten tat dies keinen Abbruch. Judas Makkabaios, ein Priester des Hauses Hasmon, führte 166 v. Chr. den nach ihm benannten Makkabäeraufstand an, der den Beginn eines vom ­Seleukidenreich unabhängigen Staates bedeutete. Judas erkannte, dass dieser am besten unter einem römischen Schutzschild bestehen konnte. Seine Brüder Jonathan und Simon setzten den Widerstand fort: Im Jahre 143 v. Chr. wird die se­ leukidische Garnison aus Jerusalem hinausgeworfen. Bis auf eine kurze Unterdrückung durch Antiochos VII. etabliert sich die Hasmonäische Dynastie für die nächsten 80 Jahre, und 104 / 03 v. Chr. nimmt ein gewisser Aristobulos den Königstitel an.222 Zwischen den Zeltbewohnern der Wüste und den Syrern und Judäern lokalisierte der hellenistische Gelehrte Eratosthenes von Kyrene das arabische Volk der Nabatäer,223 das er als sesshaft – bäuerlich (andres georgoi) – bezeichnet. Die antike Geschichtsschreibung hat ihnen wenig Aufmerksamkeit geschenkt, die meisten Informationen liefert uns der jüdische Schriftsteller Josephos. Inschriften in nabatäischer und griechischer Sprache, Papyri, Münzen und archäolo­ gische Forschungen vertiefen unsere Kenntnisse über dieses Volk. Seine Herkunft ist viel diskutiert worden.224 Der früheste ausführliche Bericht eines antiken Schriftstellers (ca. 90–30 v. Chr.) findet sich bei Diodor (19,94–100) im Kontext der Feldzüge des Diadochen Antigonos. Dieser Bericht geht auf einen Augenzeugen, der selbst am Feldzug teilgenommen hatte, zurück, dessen Werk uns aber nicht überliefert ist, Hieronymos von Kardia (Auszüge): «Sie leben unter freiem Himmel und nennen das Gebiet ihre Heimat, welches unbewohnt ist und weder Flüsse noch reiche Quellen besitzt […]. Es ist bei ihnen Brauch, weder Getreide zu säen, noch irgendeine Fruchtbaumsorte anzupflanzen, keinen Wein zu trinken und keine Häuser zu bauen. Wer bei einer solchen Tätigkeit ertappt wird, wird mit dem Tode bestraft. Sie befolgen dieses Gesetz im Glauben, dass die Besitzer solcher Güter wegen des Bedürfnisses nach diesen leicht von Mächtigen gezwungen werden können, Befehle auszuführen. Einige von ihnen züchten Dromedare, andere Schafe, welche sie in der Wüste weiden lassen. Nicht wenige arabische Stämme lassen ihre Tiere in der Wüste weiden, die Nabatäer aber übertreffen die anderen an Reichtum, obwohl sie nicht mehr als 10 000 Stammesangehörige zählen.

Alexander, Diadochen, Epigonen

Nicht wenige von ihnen transportieren nämlich regelmäßig Weihrauch, Myrrhe und die kostbaren Gewürze zum Mittelmeer, die sie von denjenigen erhalten haben, welche sie vom sogenannten Glücklichen Arabien herbeibringen.225 Sie sind besonders freiheitsliebend, und wenn eine starke feindliche Streitmacht heranrückt, fliehen sie in die Wüste und benutzen diese als Festung. Da diese wasserlos ist, ist sie für andere unzugänglich, ihnen allein gewährt sie Sicherheit, da sie unterirdische Behälter angelegt haben, die mit Kalk ausgestrichen sind. Das Erdreich nämlich besteht zum Teil aus Tonerde, zum Teil aus weichem Stein; dahinein bohren sie große Löcher, deren Mündung sie sehr schmal anlegen. In der Tiefe aber verbreitern sie den Schacht immer mehr, bis sie schließlich eine Grösse erreichen, welche auf jeder Seite ein Plethron beträgt. Diese Zisternen füllen sie mit Regenwasser, verschließen ihre Mündungen, gleichen den Boden darumherum aus und setzen Markierungen, welche sie wieder erkennen können, die für andere aber unkenntlich sind. Ihr Kleinvieh tränken sie alle drei Tage, damit sie auf der Flucht durch die Wüste nicht ununterbrochen Wasser nötig haben. Sie aber ernähren sich von Fleisch und Milch und von den geeigneten wildwachsenden Pflanzen. Denn in ihrem Gebiet gedeihen Pfeffer und reichlich sogenannter wilder Honig von den Bäumen, den sie mit Wasser gemischt trinken.»

Der Bericht kommt dann auf «den Felsen» (Petra) zu sprechen (Abb. 4): «Als eine Stammesversammlung kurz bevorstand, zu welcher alle Bewohner aus der Umgebung hinzugehen pflegen, die einen, um Waren zu verkaufen, die anderen, um für sich Nützliches zu kaufen, brachen sie dorthin auf und ließen bei einem gewissen Felsen (epi tinos petras) ihre Habe und die Alten sowie auch Kinder und Frauen zurück. Dieser Ort war außerordentlich schwer zugänglich, obwohl er keine Mauern besaß, und befand sich zwei Marschtage vom bewohnten Land entfernt.»

Etwa gleichzeitig mit den ersten Aufständen der Juden gegen Antiochos IV. nimmt ein gewisser Ḥariṯat (gräzisiert: Aretas) den Königstitel an: «König der Nabataier» tituliert ihn die früheste nabatäische Inschrift aus Elousa.226 Er regierte von ca. 168 bis nach 120 v. Chr. Sein Nachfolger Aretas II. (ca. 120 /110–96 v. Chr.) prägt Münzen, auf denen er sich den Titel «Griechenfreund» (philhellen) gibt. Unter ihm beginnen die Konflikte mit dem benachbarten Hasmonäerstaat. Es folgten noch neun Herrscher bis zur Annexion des Reiches unter Traian im Jahre 106 n. Chr.227 Auf diesem polychromen Flickenteppich von Völkern, Stämmen, Sprachen und Kulturen, Sitten und Religionen, von Monarchien, Stammesverbänden und Gemeindestaaten war vom Tode Alexanders bis ins späte 2. Jahrhundert hinab fast alles in ständiger Bewegung, in Gegen- und Miteinander, Unterordnung und

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Abb. 4: Petra, Jordanien

Widerstand, Auflösung und Neuformation. Und doch durchzieht die Epoche ein kontinuierlicher Trend zur hellenischen Zivilisation. Die makedonischen Eroberer aus dem Westen, ein Alexander «der Große», Seleukos «der Sieger», Ptole­ maios «der Retter» oder Antiochos «der Große» verstanden sich keineswegs als Missionare griechischer Kultur in solo barbarico. Dafür gibt es keine Beweise. Das in fremdes Land verpflanzte griechische Element diente ihnen als Stütze ­militärischer und politischer Herrschaft. Es erleichterte die Kommunikation zwischen Herrschern und Beherrschten und garantierte die Umsetzbarkeit reichsweiter Maßgaben. Es entstanden dynamische Mikrokosmen, Sprachinseln, in denen sich wirtschaftliches, kulturelles und politisches Potenzial konzen­ trierte, das den Herrschern in die Hände arbeitete. Das Zivilisationsmodell: gemeindestaatliche Autonomie, urbane Lebensweise, griechische Sprache, Wissenschaften, Literaturen und Künste, Mythen und Götterkulte nistete sich fast überall ein und übte alsbald von sich aus eine starke Anziehungskraft auf nichtgriechische Bevölkerungen aus, vor allem auf deren Eliten. Schon vor der Ankunft Alexanders hatte das Modell ja im südwestlichen Kleinasien auf die einheimischen Fürsten Kariens und Lykiens, die Hekatomniden, so tief eingewirkt, dass diese Poleis gründeten. Diese Karer werden in der Forschung deshalb als

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Vorläufer des Hellenismus angesehen.228 Wir können die sich im Hellenismus über ganz Vorderasien ausbreitende koine in unzähligen Details vor allem durch die epigraphische Überlieferung studieren.229 Gewiss hat eine Vermischung und Akkulturation stattgefunden, in der die Söhne und Töchter, Enkel und Urenkel der griechischen und makedonischen Migranten mit Einheimischen Familien gründeten und vieles von der lokalen Lebensweise adaptierten. Aber es wäre ­verfehlt, den griechischen Input herunterzuspielen und die Verwandlung des Orients in einen ganz neuen, sich vereinheitlichenden Kulturraum zu ver­ drängen.

3. Morgendämmerung eines Imperiums Die Ostmittelmeerwelt als Magnet römischer Interventionen Die Ostmittelmeerwelt als Magnet römischer Interventionen

Roms Begegnung mit Asien hatte sich anfangs auf jeder Ebene, politisch und kulturell, mittels der Griechen vollzogen, deren Verwandten die Römer in Italien schon seit alter Zeit benachbart waren. Am Horizont der hellenistischen Staaten tauchte die westliche Großmacht erst im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts auf. Es war eine eigentümliche Konstellation der ostmittelmeerischen Machtverhältnisse, die das soeben  – nach Schlachten auf italischen, spanischen, sizilischen und nordafrikanischen Kriegsschauplätzen – über Karthago siegreiche Rom sich nach Osten wenden ließ.230 Zuvor war man östlich von Italien allenfalls mit Illyrern vom jenseitigen Ufer der Adria aneinandergeraten.231 Noch mitten im Abwehrkampf gegen den punischen Feldherrn Hannibal hatte sich der Senat von Aktivitäten des Königs Philipp V. von Makedonien in der Adria, vor allem aber von dessen im Jahre 215 v. Chr. mit Hannibal geschlossenem Bündnis bedroht gesehen.232 Ein erster Krieg, der 205 v. Chr. mit Philipps Räumung der illyrischen Stützpunkte am Ostufer der Adria zu Ende ging, wurde mit Hilfe griechischer Verbündeter geführt, unter denen der Bund der Aitoler hervorragte.233 In die Reihe der antimakedonischen Verbündeten Roms war auch ein «König von Asien» eingetreten: Attalos von Pergamon. In dieser Zeit war erstmals eine Delegation des römischen Senats nach Asien entsandt worden, um den Kult der anatolischen Muttergöttin nach Rom zu ­bringen. Angeblich hätten die Römer bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, sie seien mit dem Volk der Phryger verwandt. Die Legende von der Abstammung der Römer von dem trojanischen Helden Aeneas muss bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. in Mittelitalien verbreitet gewesen sein. Mit dem ersten Übertritt

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Roms nach Asien gewann sie an Ausstrahlung und erhielt schlagartig politisches Gewicht, schon lange bevor der Dichter Vergil sich des Stoffes annahm und mit der Aeneis das literarische Kunstwerk der Latinität schlechthin schuf.234 Das Bündnis im Ersten Makedonischen Krieg und die diplomatischen Beziehungen zwischen Pergamon und Rom waren jedoch nur das Präludium zu dem, was man einen «Wendepunkt in der Geschichte des griechisch-römischen Altertums» genannt hat.235 Man kann an diesem Wendepunkt die Morgenröte des römischen Orients erblicken. Die antigonidische Dynastie in Makedonien hatte ihre Ambitionen nie aufgegeben, auch in Kleinasien wieder Fuß zu fassen und daselbst die ptolemäischen und seleukidischen Positionen zurückzudrängen. Philipp V. selbst war mit seiner Flotte in der Ägäis aktiv und mit Heeresmacht in Ionien und Karien an Land gegangen. Nach Lage der Dinge mussten Rhodos und das inzwischen zur Vormacht in Westanatolien aufgestiegene Königreich Pergamon sich bedroht sehen. Gesandte beider Mächte beschwerten sich 201 v. Chr. vor dem Senat. Sie scheinen ihrem Anliegen dadurch Nachdruck verliehen zu haben, dass sie die Senatoren über den makedonisch-seleukidischen Vertrag zur Teilung Ägyptens informierten (Pol. 3,2,8; 15,20; 16,1,9). Gegen die kriegsmüde römische Volks­ versammlung setzte der Senat daraufhin den Beschluss zu einem zweiten Krieg gegen Philipp durch. Die traditionelle Hegemonie Makedoniens über die griechische Staatenwelt im Süden und zugleich jeder weitere Anspruch, nach Asien zu expandieren, gingen 197 v. Chr. auf einem Schlachtfeld in Mittelgriechenland zu Ende, wo sich erstmals die beweglichen Manipeln römischer Legionen der geschlossenen Phalanx der Makedonen überlegen zeigten (Pol. 18,21–32). Während der Krieg gegen Philipp zu Wasser und zu Lande noch im Gange war, hatte es in Anatolien der Seleukidenkönig Antiochos III. zu einer lange Zeit beispiellosen Wiederaufrichtung seleukidischer Herrschaftsansprüche gebracht.236 Einen erfolgreichen, in Anlehnung an den Alexanderzug als anabasis bezeichneten Feldzug in die östlichen Satrapien 212–205 v. Chr. setzte er um die Jahrhundertwende mit der kombinierten Land- und Seeoffensive gegen ptolemäische Besitzungen an der kleinasiatischen Südküste bis nach Karien, schließlich an der Westküste bis hinauf zu den Dardanellen fort. Rhodos und Pergamon waren erneut alarmiert. Eine Sympathie für die italische Großmacht musste sich, nach der spektakulär inszenierten Befreiung der Städte und Bünde Griechenlands vom makedo­ nischen Joch, auch bei den griechischen Städten Kleinasiens ausbreiten. Lamp­ sakos an den Dardanellen und das ionische Smyrna traten hervor mit der

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Forderung nach Befreiung vom Joch der Seleukiden. Die Gesandten aus Lamp­ sakos beriefen sich auf asiatische Urgeschichte: Als Mitglied des Städtebundes der Troas, dem auch Ilion, das alte Troja, angehörte, seien sie mit den Römern verwandt. Smyrna gründete als erste Stadt Kleinasiens bei sich einen Kult für die Göttin Roma (Tac. ann. 4,56,1). Es ist der Beginn einer allgemeinen, in den Städten Kleinasiens sich verbreitenden Romfreundlichkeit, die sich jedoch bald wandeln sollte. Früher als in Asien hat der Interventionismus Roms in die Politik der hellenistischen Staatenwelt bei den Griechen des Mutterlandes Misstrauen erregt. Der griechische Historiker Polybios, selbst ein Bewunderer und Freund der neuen Großmacht, lässt ausgerechnet einen Politiker der Aitoler, der Verbündeten Roms gegen Philipp, in einer berühmten Rede die Worte sprechen (5,104,10 f.): «Wenn einst einmal die Wolken, die nun von Westen her aufsteigen, sich über Griechenland entladen, dann fürchte ich sehr, wird es zu Ende sein mit den Verträgen, Kriegen und überhaupt mit unseren Spielereien, und wir werden noch zu den Göttern beten, dass sie uns die Freiheit wiedergeben, uns gegenseitig zu bekriegen und Frieden zu schließen, wann wir wollen, und überhaupt alle unsere Streitigkeiten nach eigenem Ermessen zu schlichten.»

Attalos, der Bruder des neuen Königs Eumenes II. von Pergamon, meldete im Jahre 192 v. Chr. in Rom (Liv. 35,23,10): «Antiochos habe mit seinem Heer den Hellespont überschritten und die Aitoler träfen solche Vorbereitungen, dass sie bei seiner Ankunft in Waffen ständen.» Der Senat drängte zum Krieg. In der ersten Schlacht, die römische Legionen mit pergamenischer Verstärkung Ende Dezember 190 v. Chr. bei Magnesia am Sipylos (heute Manisa) auf asiatischem Boden schlugen, stand dem Seleukiden Antiochos III. ein römisches Brüderpaar gegenüber: der das Kommando führende Konsul Lucius Cornelius Scipio und Publius Cornelius Scipio, kein Geringerer als der Sieger über Hannibal bei Zama in Afrika zwölf Jahre zuvor. Auf beiden Seiten wurden Kriegselefanten in die Schlacht geführt, auf römischer Seite afrikanische, auf seleukidischer indische. Im Heer des seleukidischen Königs kämpften Iraner, Meder, Syrer, Araber, Kreter, Anatolier aus fast allen Landesteilen, Leichtbewaffnete und Gepanzerte, Infanteristen und Reiter zu Pferd, auf Kamelen und auf Elefanten. Das asiatische Heer wurde vernichtend geschlagen (Liv. 37,39,7–13). Im Friedensdiktat von Apameia 188 v. Chr. verlor Antiochos III. fast alle anatolischen Reichsteile. Rom teilte sie unter seinen Verbündeten auf. Am meisten profitierte Pergamon. Der flüchtige Todfeind der Römer, Hannibal, hatte nicht nur beim Sohn und Mitregenten des Antiochos im syrischen Daphne, sondern wenig später auch bei

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Artaxias von Armenien und nach der Schlacht bei Magnesia schließlich bei dem Rivalen Pergamons, Prusias von Bithynien, Aufnahme gefunden. Der Punier soll in seinen Exilen die königlichen Residenzstädte Artaxata am Araxesfluss unweit des 5156 Meter hohen Berges Ararat237 und Prusa am Olympos (das heutige Bursa) gegründet und ein den Rhodiern gewidmetes Buch in griechischer Sprache verfasst haben, in dem er die Untaten des Konsuls Gnaeus Manlius Vulso bei dessen 189 v. Chr. erfolgter Expedition ins Landesinnere West- und Südkleinasiens schilderte (Nepos, Hann. 13,2). Als an Prusias die Forderung erging, ihn auszuliefern, gab Hannibal sich den Tod, fidei regum nihil sane confisus – «der Treue der Könige nicht recht vertrauend» (Liv. 39,51). Das 2. Jahrhundert v. Chr. sah nach dem Frieden von Apameia eine durch Rom wesentlich veränderte politische Landkarte des Orients.238 Die Ptolemaier spielten außerhalb Ägyptens keine größere Rolle mehr. Die Seleukiden waren auf ­Kilikien, das Stammland Syrien, Palästina und, bis auf weiteres, Babylonien und Medien zurückgeworfen. Den Versuch Antiochos’ IV., sich Ägypten anzueignen, hat der Machtspruch Roms vereitelt. Vom König um Bedenkzeit gebeten, zog der römische Gesandte in einer berühmt gewordenen Szene mit dem Stab einen Kreis um ihn herum in den Sand und verwehrte ihm, diesen zu verlassen, bevor er seine Entscheidung kundgetan habe (Pol. 29,27,5). Der eigentliche Magnet römischer Interventionen aber war das von seleukidischer Herrschaft verwaiste Kleinasien geworden. Die sich zankenden Regional- und Lokalmächte appellierten immer wieder an den Senat als Schiedsrichter. Dieser spielte als solcher jedoch eine für die Stabilität in Asien eher destruktive Rolle, insofern als ihm weniger an der Rechtmäßigkeit als an einer Schwächung des jeweils Stärkeren gelegen war. Das bekamen als Erste die Verbündeten Rhodos und Pergamon zu spüren. Rhodos vermochte nach dem Frieden von Apameia seinen Festlandbesitz im Südwesten Kleinasiens auf ganz Karien und Lykien auszudehnen. Die Städte Lykiens nahmen in den Rhodiern keine Befreier, sondern neue Unterdrücker wahr und organisierten sich in einem Lykischen Bund zum Widerstand. Rhodischen Klagen zeigte Rom die kalte Schulter. Auch Eumenes von Pergamon verfolgte andere Interessen und distanzierte sich von den Rhodiern, seinen ehemaligen Verbündeten. Der König versprach sich möglichen Zugewinn in Thrakien und setzte alles daran, den Senat zu einem Krieg gegen den Sohn Philipps V., Perseus von Makedonien, aufzuhetzen. Perseus habe, so Eumenes in Rom, Illyrerfürsten vertrieben, zwei Bürger Thebens getötet, den Byzantinern vertragswidrig Hilfe gegen die Thraker geleistet, die Dolopier (im Nordwesten Griechenlands)

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­ ekriegt, Thessalien in Unordnung gebracht. Die Senatoren, längst zum Krieg b entschlossen, stellten nicht die Frage, was dies alles denn einen König in Asien anginge. Der Dritte Makedonische oder Perseuskrieg, der 168 v. Chr. mit der Vernichtung der makedonischen Monarchie endete, ließ die asiatischen Verbündeten Roms in eiskalter Luft zurück: Man brauchte sie nicht mehr. Den Rhodiern wurde ihr Verhalten zum Verhängnis. Der Sympathien mit Perseus beschuldigt, entzog ihnen der Senat die kleinasiatischen Besitzungen und erklärte die Städte Kariens und Lykiens südlich des Maiandrosflusses für frei. Deren überschwengliche Dankbarkeit manifestierte sich vielerorts in Kultgründungen für die Göttin Roma, Patronatsverhältnissen, Verträgen und Loyalitätsbekundungen. Unter den Monarchien Kleinasiens war Pergamon in den beiden Jahrzehnten zwischen dem Frieden von Apameia und dem Ende des Perseuskrieges (168 v. Chr.) zu einer tief nach Mittelanatolien ausgreifenden Großmacht expandiert.239 Die Residenzstadt am Kaikos wurde mit einer neuen Mauer umgeben und am steilen Burgberg auf großen Terrassen prächtig ausgebaut. Denkmäler im zentralen Athenaheiligtum erinnerten an die Siege über Galater und Seleukiden. Die Monarchie verstand sich als Schutzmacht griechischer Zivilisation. Mit der großen Bildkunst und Architektur des klassischen Parthenon auf der Akropolis Athens wetteifernd, ließ sie auf dem Sockelfries eines monumentalen Altars die siegreiche Schlacht der Götter über die schlangenbeinigen Ungeheuer – die Giganten – auf einer 120 Meter langen und 2,30 Meter hohen Bilderfolge in rundplastischem Marmor darstellen. Der Ehrgeiz des Königs ging so weit, aus Pergamon nach Athen und Alexandreia ein drittes Bildungszentrum der hellenistischen Welt zu machen: Im Athenaheiligtum entstand eine große Bibliothek, das Zentrum einer nach dem Vorbild des Museions organisierten Gelehrtenschule. Die Residenzstadt hatte eine Polisverfassung, und städtische Autonomie wurde auch im übrigen Reich gefördert. Die seleukidische Politik der Städte­ gründungen setzten die Attaliden fort. Die heutige Tourismusmetropole und Millionenstadt Antalya trägt noch den Namen der hellenistischen Gründung Attaleia. Überhaupt haben die Könige Pergamons das Reich, was Gliederung, Beamtenapparat, Steuern und Zölle betrifft, in der Tradition der Seleukiden verwaltet. Anstelle von Satrapen regierten dioiketai («Haushälter») die Bezirke, und vermutlich gehen die späteren dioikeseis (lateinisch: conventus), die Gerichts­ bezirke der römischen Provinz, auf diese Einheiten zurück. Die königliche Armee setzte sich aus Bürgern Pergamons, Makedonen und Söldnern aus aller Welt zusammen und war auf Garnisonen im ganzen Land verteilt.

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Die von Pergamon aus regierten Landschaften gehörten zu den fruchtbarsten Kleinasiens und generierten auf dem Höhepunkt der territorialen Ausdehnung einen Reichtum, der dem des Nillandes wenig nachstand. Neben den Feldfrüchten und der Weidewirtschaft spielten Bergbau und Handwerk (Töpferei, Webereien und Waffenfabriken), das unter anderem von königlichen Sklaven betrieben wurde, sowie der Handel eine große Rolle. Freie und tributpflichtige Städte prägten ihre eigenen Münzen. Von weitreichender Bedeutung war die Emission einer von den Attaliden nach dem Standard von Ephesos geschaffenen reichseinheitlichen Münze, die nach ihrem Bildmotiv «cista-Träger» (cistophoros) genannt wird. Sie wurde zu einem so erfolgreichen überregionalen Zahlungsmittel, dass die Römer sie später nur wenig verändert übernahmen. Auch Eumenes II. musste sehr bald erfahren, dass der Senat gewillt war, seine Pläne und Initiativen zu konterkarieren. In einer Phase ständigen Gerangels mit den benachbarten Monarchien um Territorien und Einfluss, mal in dieser, mal in jener Koalition, wurden wechselseitige Beschuldigungen wieder und wieder vor den Senat getragen. Dieser reagierte mit der Entsendung von Kommissionen, die gegenüber Pergamon hinhaltendes Doppelspiel, ja demütigende Zurückweisung betrieben. Außer den im pergamenischen Grenzgebiet aufsässigen Galatern machten den Attaliden die Rivalen Prusias von Bithynien, Pharnakes von Pontos, der Seleukide Demetrios und dessen Bruder Orophernes zu schaffen. Es ging um Gebietsansprüche, wie den mit Prusias umstrittenen nordwestlichen Teil Phrygiens, pontische und seleukidische Interventionen in Kappadokien, oder um einen in der Stadt Priene in Ionien deponierten Schatz. Man nutzte jede Chance, Thronfolgen der benachbarten Königshöfe zu beeinflussen. Pergamon präsentierte gegen Demetrios einen Bürger von Smyrna, der dessen Vorgänger Antiochos IV. Epiphanes ähnlich sah, als falschen Königssohn. Jede Intrige und jedes Vorhaben musste mit einem Seitenblick auf Rom geplant werden. Kaum eine antike Urkunde gewährt einen vergleichbaren Tiefblick in diese Befindlichkeiten wie jenes mehrteilige Dossier von Briefen, die zwischen 163 und 156 von Eumenes und seinem Bruder Attalos an den Priester Attis in Pessinus gerichtet wurden. Wir werden Zeuge, wie hellsichtig der Herrscher des größten Reiches in Kleinasien sein Verhältnis zu den Römern als eine schwierige Gratwanderung einschätzte. Attalos war in Apameia mit Attis zusammengetroffen, um ein gemeinsames Vorgehen gegen einen nicht genannten Feind zu besprechen; nach Pergamon zurückgekehrt schrieb er an den Priester (Welles, RC 61): «Als ich nach Pergamon kam und eine Zusammenkunft einberief nicht nur von Athenaios, Sosandros und Menogenes, sondern auch zahlreicher anderer von meinen Ver-

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wandten, und als ich ihnen vortrug, was wir in Apameia beraten hatten und ihnen unsere Entscheidung mitteilte, da entstand eine lange Diskussion. Zuerst neigten alle dazu, mit uns einer Meinung zu sein. Chloros aber war überaus hartnäckig darin, die römische Perpektive in den Vordergrund zu stellen und riet mit Nachdruck davon ab, irgendetwas ohne sie [die Römer] zu unternehmen. Nur wenige stimmten dem ­anfangs zu, später aber, nach weiteren Beratungen, Tag für Tag, ergriff es uns immer mehr, und wir sahen ein, dass es gefährlich sei, ohne jene irgendwie tätig zu werden. Denn wenn wir erfolgreich wären, würden sie uns Neid, Mißgunst und üblen Verdacht entgegenbringen, wie sie ihn gegen meinen Bruder [i. e. Eumenes] hegten, hätten wir dagegen keinen Erfolg, wäre unser Ruin nur eine Frage der Zeit. Denn sie würden sich uns nicht hilfsbereit zuwenden, sondern freudig zuschauen, da wir ohne sie solches in Bewegung gesetzt haben. Wie wir es aber jetzt vorhaben, wenn auch – was nicht geschehen möge – irgendetwas schiefgeht, so haben wir es doch mit ihrem Wissen getan und könnten von ihnen Hilfe bekommen und unsere Verluste ausgleichen. Ich habe mich daher entschlossen, nach Rom bei jeder Gelegenheit, in der wir in Zweifel sind, Gesandtschaften zu schicken, die berichten sollen.»

Lange bevor sich ein Ariobarzanes von Kappadokien im 1. Jahrhundert v. Chr. den Beinamen «Römerfreund» zulegte, gerierten sich hellenistische Monarchen wie Antiochos IV. und Prusias II. von Bithynien ostentativ als Rom-affin. Antiochos, dessen Beinamen «der Angesehene» (epiphanes) üble Nachrede in «der Verrückte» (epimanes) verwandelte, soll seine königlichen Kleider gegen die weiße Toga getauscht, auf dem Marktplatz Antiocheias herumstolziert und wie ein candidatus für das Amt eines Aedilis oder Tribuns bei den Leuten um Stimmen geworben haben. Gewählt, habe er sich auf einer elfenbeinernen sella curulis – den Amtsstuhl der höheren römischen Magistrate – niedergesetzt und Gericht abgehalten (Pol. 26,1,1–14). Dem Historiker Polybios zufolge ließ er 30-tägige Gla­ diatorenkämpfe und Tierhetzen in der Residenzstadt aufführen, die früheste ­bezeugte Veranstaltung dieser römischen Institution im Orient (30,25 f.). Der Bithynier Prusias, von kleiner Statur und hässlichem Aussehen, suchte die Römer zu beeindrucken, indem er sich in eine Toga hüllte, italische Schuhe und, nach Art eines freigelassenen Sklaven, auf dem geschorenen Kopf den pilleus trug und auf Lateinisch zu ihnen sprach: «Ich bin ein libertus der Römer», was diese mit Gelächter quittierten (App. Mithr. 2). Der letzte König von Pergamon, Attalos III., vermachte den Römern seine Besitzungen testamentarisch, erklärte jedoch die Hauptstadt und die übrigen Städte des Reiches für frei. Er verstarb im Frühjahr 133 v. Chr. Ein vierjähriger Krieg gegen einen Thronprätendenten Aristonikos wurde von den Römern mit Hilfe kleinasiatischer Verbündeter gewonnen. Der Senat ließ das ehemalige Königreich als eine Provinz Asia organisieren,

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(bis 64 v.Chr.)

SELEUKIDENREICH

Karte 4: Hellenistische Königreiche nach 129 v. Chr.

Rotes Meer

(bis 106 n. Chr.)

KÖNIGREICH DER NABATÄER

(bis 63 v. Chr.)

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s mo ra

(bis 72 n. Chr.)

KÖ N I G R E I C H KO M M A G E N E

DYNASTIE DER HASMONÄER

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s auro

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102 I.  Vom Alten Orient bis zur Pax Augusta

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Chabur (Araxes)

Die Ostmittelmeerwelt als Magnet römischer Interventionen

die erste römische Provinz auf dem Boden Asiens.240 Die Einführung einer römischen Ordnung ist noch lange Zeit nach Gründung der Provinz 129 v. Chr. nicht konfliktfrei vor sich gegangen, da sich das vererbte Königsland und städtisches Territorium, Polisautonomie und römische Gesetzgebung nicht immer einvernehmlich voneinander abgrenzen ließen. Besonders unangenehm wurde die Lage für die Städte, als im Zuge der gracchischen Reformen die gesamte Besteuerung Asias an kapitalkräftige Pachtgesellschaften in Rom ‹outgesourct› wurde. In deren ausbeuterischen Praktiken lag der Keim für einen in der Provinz aufkommenden Römerhass. Die Steuerpächter (publicani) und römischen Bankiers bereicherten sich oft wider geltendes Gesetz, konnten sie doch in der Regel auf den Schutz der römischen Aufsichtsbeamten und Offiziere vertrauen. Römisches Militär belastete die Gemeinden zusätzlich mit Requirierungen und Einquartierungen. Großkaufleute und Bankiers aus Italien, negotiatiores, bildeten in den urbanen Zentren Parallelgesellschaften, die in den Augen der griechischen Polisbürger als «Togaträger» (tebennophorountes) leicht zu erkennen waren. In diesem Klima waren Konflikte zwischen den städtischen Provinzbewohnern, die sich selbst weiterhin als Bürger freier Städte sahen und dies nach geltendem römischen Recht auch waren, und den neuen Herren vor Ort, die wenig geneigt waren, auf griechische Befindlichkeiten wie Freiheit (eleutheria) und Gesetz ­(nomos) Rücksicht zu nehmen, an der Tagesordnung. In diesen Konflikten zeichneten sich auf diplomatischer Mission ihrer Stadtgemeinden wiederholt mutige Bürger aus, die mit philosophischer Bildung und geschliffener Rhetorik den ­Senat oder Entscheidungsträger im Lande zu beeindrucken vermochten. Ein gewisser Menippos von Kolophon führte zwischen 129 und 120 v. Chr. insgesamt fünfmal derartige Verhandlungen. Auf dem Spiel standen Freiheit, Autonomie und Grenzen des städtischen Territoriums. Nur ganz am Beginn und später in Zeiten der Mithradatischen Kriege wurde die Provinz von Konsuln regiert. Ansonsten amtierten auf ein Jahr römische Prätoren, die in den Inschriften als anthypatos (lateinisch: pro consule) betitelt sind. Sie beaufsichtigten die Steuererhebung und sprachen Recht als eine Appelationsinstanz über den städtischen Gerichten. Zu diesem Zweck begaben sie sich regelmäßig auf Rundreisen in verschiedene Hauptstädte von Gerichtsbezirken (con­ ventus), wo die Provinzialen ihre Prozesse vor sie trugen. Von besonderer Bedeutung ist die in der Mitte des 1. Jahrhunderts erstmals bezeugte Vereinigung der Provinzialen in einem koinon der Hellenen, das heißt einer Delegiertenversammlung aus den einzelnen Städten, die man auch als Provinziallandtag bezeichnet (englisch: commonalty). Noch im 2. Jahrhundert v. Chr. wurde die Provinz um einen Teil Phrygiens

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I.  Vom Alten Orient bis zur Pax Augusta

erweitert. Hinzu kam eine provincia Lycaonia im Süden Kleinasiens, die vom Gouverneur Asias mitregiert wurde. Um die Jahrhundertwende hat man Prätoren einen militärischen Aufgabenbereich zur Bekämpfung der Piraterie an der Südküste Kleinasiens als provincia Cilicia unterstellt. Er ist nicht deckungsgleich mit der später von Pompeius eingerichteten und erst unter den Flaviern neu formierten Provinz Cilicia.

4. Der Osten schlägt zurück Mithradates VI. Eupator und Tigranes der Große, Könige von Pontos und Armenien Mithradates VI. Eupator und Tigranes der Große

Unter den hellenistischen Monarchien Kleinasiens östlich der römischen Provinzen241 ist die von Pontos eine Ausnahmeerscheinung. Anders als die der Seleukiden und Attaliden wurde sie, ebenso wie die der Ariarathiden im südlich benachbarten Kappadokien, von einer iranischstämmigen Dynastie getragen. Sie unterschied sich von dieser Nachbarin jedoch wesentlich darin, dass sie der Entfaltung autonomer Gemeindestaatlichkeit keinen Raum gab. Nicht einmal von den alten, in den Besitz der Monarchie geratenen Griechenstädten an der Südküste des Schwarzen Meeres haben wir Zeugnis städtischer Institutionen wie Rat, Volksversammlung, Gerichte oder auch nur einer eigenen Münzprägung. Andererseits haben die Könige Hof, Verwaltung und militärische Führung mit Griechen besetzt und das Griechische als Korrespondenz- und Kanzleisprache benutzt. Vor Mithradates VI. Eupator (120–64 v. Chr.) dehnte sich das Reich an der Südküste des Schwarzen Meeres von Amastris (heute Amasra) im Westen bis Kerasus / Pharnakeia (heute Giresun) im Osten aus, von Paphlagonien westlich des Halys gehörte nur der Küstenstreifen dazu, das Landesinnere regierte eine Dynastie von der Burg Gangra aus (heute Çankırı). Östlich des Halys lagen um die Flusstäler Iris und Lykos die pontischen Kernlandschaften, die im Osten von Kleinarmenien am oberen Euphrat, im Süden von Kappadokien und von Territorien der Galater begrenzt wurden. Das frühe Zentrum der Monarchie war Amaseia, das heutige, überaus malerische und an historischen Relikten reiche Amasya. Die Stadt ist die Heimat des Geographen Strabon, der ihr natürlich eine glänzende Beschreibung zuteil werden lässt (12,3,39). Bereits unter dem schon erwähnten Pharnakes I. von Pontos scheint die königliche Hauptresidenz an die Küste nach Sinope verlegt worden zu sein. Weitere königliche Residenzen (basileia) verteilen sich im ganzen Reich. Von zahlreichen

Mithradates VI. Eupator und Tigranes der Große

Burgen aus, in denen auch Edelmetall und Geld gehortet waren (gazophylakia), wurden Domänen des Königs und des Adels mit den auf ihnen liegenden Dörfern beaufsichtigt, wo abhängige Bauern, Hirten, Handwerker und Händler wirtschafteten. Im Reich sollen angeblich über 20 verschiedene Idiome gesprochen worden sein. Einem hauptsächlich aus Thrakern, Galatern und Griechen bestehenden, von griechischen Offizieren geführten Söldnerheer fügte Mithradates Eupator eine ständig unter Waffen gehaltene königliche Armee hinzu. Ausrüstung und Kampfesweise entsprachen der makedonisch-seleukidischen Tradition mit der Phalanx im Zentrum. Riesige Territorien besetzten die von Priestern regierten Tempelstaaten mit einer Bevölkerung von «heiligen Sklaven» (hieroduloi).242 Diese waren Eigentum der jeweiligen Gottheit, durften aber nicht verkauft werden. Sie erwirtschafteten die von den Priestern verwalteten Erträge durch Landbau, Handwerk und Tempelprostitution von Frauen. Die iranische Anāhitā («die Reine»), eine der semitischen Ištar verwandte, von den Iranern als Gestirnsgöttin mit Erscheinen des Planeten Venus verehrte und von den Griechen als Artemis interpretierte Frau, besaß zusammen mit Anadatos und Omanos (vermutlich Vahu-manah «guter Sinn») eine viel besuchte Kultstätte in Zela (heute Zile). Ein Heiligtum für Men und Selene lag bei Kabeira (vielleicht beim heutigen Niksar), ein weiteres für die Muttergöttin Ma-Enyo bei Komana und der Tempel des semitischen Baal-Gazur bei Gaziura (heute Turhal). Das südliche Nachbarreich Kappadokien war in Strategien von riesiger Ausdehnung unterteilt (Strab. 12,1,2–4). Die Könige residierten in Mazaka am Fuße des schneebedeckten Viertausenders Argaios (Erciyas Dağ), nur wenige Kilometer von der alten assyrischen Handelskolonie Kārum Kaneš entfernt. Ein zweites Zentrum war Tyana am Tauros. Beide Städte hat Ariarathes V. Eusebes Philopator (ca. 163–130 v. Chr.) in Eusebeia umbenannt. Ein Gymnasium und die Veranstaltung eines griechischen Wettkampfes in Tyana, besonders die städtische Urkunde von Hanisa und weitere Indizien sprechen für eine von der Monarchie geförderte Hellenisierung.243 Nach König Mithradates VI. Eupator von Pontos (121–64 v. Chr.) sind drei Kriege benannt, die 89–84, 83 und 73–64 v. Chr. stattfanden.244 Das Ende des Dritten ist insofern eine bedeutende Zäsur, als im Ostmittelmeerraum zugleich mit neu geschaffenen Provinzen Pontus et Bithynia, Cilicia und Syria eine römische Ordnung aufgerichtet wurde, die zukunftsweisend war. Zum ersten Mal in der Geschichte stieß römisches Militär erobernd fast in den gesamten Raum des späteren römischen Orients zwischen Kaukasus, Eu­ phrat und arabischer Wüste vor. Angesichts der Entfernungen und der Geo­

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graphie sind dies physische und logistische Leistungen, die an die Expeditionen eines Kyros oder eines Alexander erinnern. Von den einst nach Alexander errichteten Diadochenherrschaften blieb nur die in Ägypten übrig. Die auf Seleukidengebiet entstandenen Königreiche Mittel- und Ostanatoliens, Iudaeas und Arabiens ­sahen sich einer gebieterischen Hegemonie aus dem Westen gegenüber. Die ­römischen Eroberer betrachteten die Monarchien – nach Art einer alten, in Italien traditionellen Institution der wechselseitigen Schutz- und Gehorsamspflicht zwischen patronus und cliens – als clientelae. Zugleich traf die räumliche Ausdehnung der römischen Hegemonieansprüche erstmals auf den Horizont der Grenzen des Partherreiches. Am Westufer des Euphrat beim heutigen Malatya trafen 92 v. Chr. mit dem Statthalter Cilicias, Lucius Cornelius Sulla, und dem Gesandten des Arsakiden Mithradates II., Orobazes, erstmals Würdenträger der beiden Großmächte zusammen. Die denkwürdige, oft kommentierte Szene scheint, wenn der Bericht glaubwürdig ist, das Konfliktpotenzial sozusagen in seinem embryonalen Stadium anzuzeigen: Denn der Römer verzichtete nicht darauf, den kappadokischen Klientelkönig Ariobarzanes und den parthischen Emissär wie Bittsteller bei einer Audienz zu seinen beiden Seiten Platz nehmen zu lassen. Das hat schon auf römischer Seite geteilte Reaktionen hervorgerufen: Die einen freuten sich, dass Sulla auf diese Weise «die Barbaren lächerlich machte», die anderen kritisierten ihn als undiplomatisch und arrogant. Am parthischen Hof war man alles andere als amüsiert; den Unterhändler soll es den Kopf gekostet haben (Plut. Sulla 5,4–6). Unter Mithradates VI. entfaltete das Königreich Pontos eine Macht in Ana­ tolien und im nördlichen Schwarzmeerraum, die Rom ebenso wenig wie den früheren Aufstieg Pergamons zu einer Großmacht dulden wollte.245 Der Pontiker intervenierte agressiv und hartnäckig in die Thronfolgen der benachbarten Königreiche. Der von Sulla in Mazaka inthronisierte Ariobarzanes wurde mehrmals vertrieben und durch einen Sohn des Mithradates ersetzt. Im Konflikt mit Bithynien und Kappadokien musste Mithradates zwar wiederholt zurückstecken, als jedoch römische Gesandte den Bithynerkönig Nikomedes IV. (94–75 oder 74 / 73 v. Chr.) zur Plünderung pontischer Städte anstachelten, schlug er mit einer Energie zurück, wie man es seit einem Jahrhundert von keinem der hellenistischen Könige erwartet hatte. Anfang 89 gewann er die Schlacht gegen ein zu schwaches römisches Aufgebot im nordanatolischen Amniastal. Aus der Verfolgung der Gegner ging er zum Angriff auf die Provinz Asia über. Jetzt offenbarte sich die allgemeine Umkehr der Stimmung gegenüber Rom in der griechischsprachigen Zivilisation: Den zahlreichen Städten daselbst war das Regiment der westlichen Togaträger so verhasst geworden, dass sie fast aus-

Mithradates VI. Eupator und Tigranes der Große

nahmslos Verrat begingen und auf des Königs Seite übertraten. 88 v. Chr. ereignete sich ein Massaker an Römern und Italikern.246 Flottenoperationen des K ­ önigs gegen Rhodos und Patara scheiterten. Trotz dieser Rückschläge setzten seine Feldherren nach Griechenland über, wo die Athener von Rom abfielen. Mithradates stand auf dem Höhepunkt seiner Macht. Über Pontos, Kappadokien und Kleinarmenien, Kolchis und die Krim ließ er seine Söhne regieren. Das übrige Anatolien beherrschten seine Satrapen, er selbst residierte in Pergamon. Erst als 87 v. Chr. Sulla mit fünf Legionen in Griechenland eintraf, wendete sich das Blatt. Mit Einnahme Athens und Siegen in Boiotien drängte der Römer den König in die Defensive. Da Sulla unter dem Regiment Cinnas in Rom geächtet und seines Kommandos enthoben worden war, suchte er den Krieg abzu­ kürzen und traf im Sommer 85 ein Abkommen mit Mithradates, der Entschädigung leisten und sich auf sein angestammtes Reich Pontos zurückziehen musste. Den Städten der wiedergewonnenen Provinz Asia, die vermutlich damals um die Landschaft Karien vergrößert wurde, hat er schwerste Strafzahlungen auferlegt. Als Zweiter Mithradatischer Krieg gilt ein Feldzug des Proconsuls Murena nach Kappadokien und Pontos (83 v. Chr.). Dieser konnte sich auf keinerlei legitimen Kriegsgrund berufen und wurde auf Befehl Sullas abgebrochen. Das Beispiel von Pontos aber machte Schule: Mithradates’ Schwiegersohn, der Armenier Tigranes II., sah Gelegenheit, nach Süden in das Vakuum des desolaten Rest­ reiches der Seleukiden zu expandieren. Tigranes «der Große» (ca. 95–55 v. Chr.) war ein Nachkomme des Artaxias, und er besaß zunächst nur den Norden Armeniens, der an Media Atropatene (Aserbaidschan), Albania und Iberia (ungefähr das heutige Georgien) grenzte. Doch er vernichtete den Regenten des südlichen Landesteils Artanes, einen Nachkommen des Zariadris, und machte sich zum Herren über das Ganze. Dann eroberte er von den Parthern annektierte Landesteile, stieß ins Zweistromland und sogar nach Syrien vor und besetzte Antiocheia am Orontes, von wo der Seleukide Philippos nach Kilikien entwich. Im Raum der heutigen Stadt Silvan gründete der König nach dem im ganzen Osten längst verbreiteten Vorbild der Makedonen eine neue Stadt mit dem Namen Tigranokerta, machte sie zu seiner zweiten Residenz und siedelte dort eine große Zahl von Deportierten an, darunter auch Griechen. Anfang der 70er Jahre war von dem einst gigantischen Seleukidenreich faktisch nichts mehr übrig. Es glich dem anderthalb Jahrtausende später auf kaum mehr als die Hauptstadt geschrumpften oströmischen oder byzantinischen Reich. Mit der Allianz der Könige von Pontos und Armenien war ein Machtblock im Orient aufgerichtet, der die übrigen hellenistischen Monarchien kurzzeitig in den

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Schatten stellte. Es schien unausweichlich, dass es nunmehr zwischen Ost und West zu einem Kampf um die kleinasiatische Halbinsel, ja um die Beherrschung des Ostmittelmeerraumes insgesamt kommen musste. Dieser Kampf begann mit dem Dritten Mithradatischen Krieg 73 v. Chr.247 Der Pontiker hatte aufgerüstet, unterhielt Beziehungen zu den Piraten im Süden Kleinasiens und zum römischen Dissidenten Sertorius in Spanien. Der Anlass für ihn, loszuschlagen, war die Erbschaft des verstorbenen Nikomedes IV. von Bithynien an Rom. Eine römische Provinz Bithynia an Bosporus und Marmarameer musste er als das Ende seiner Großmachtambitionen auf der Halbinsel und im Schwarzmeerraum fürchten. Anders als im ersten Krieg scheiterte seine ­Offensive in Bithynien gleich zu Beginn zu Wasser und zu Lande. Der Proconsul Licinius Lucullus setzte entschlossen nach: Zwischen 74 und 70 v. Chr. operierten er und seine Offiziere erfolgreich an den Küsten des nördlichen Kleinasien, drangen ins Zentrum des Reiches Pontos ein, eroberten zahlreiche Festungen und erbeuteten große Schätze. Etwa gleichzeitig mit Mithradates nahm Lucullus als erster Römer nach Sulla diplomatischen Kontakt zu den Parthern auf und schloss mit ihnen einen Vertrag.248 Zu einem Eingreifen der Parther auf einer der beiden Seiten ist es anscheinend nicht gekommen. Mithradates entkam nach Armenien und wurde dort von seinem Schwiegersohn Tigranes interniert, der wohl auf dem Gipfel seiner Macht ganz eigene Pläne hegte. Der Krieg nahm eine Pause, als der Oberkommandierende den östlichen Schauplatz zwischenzeitlich verließ. Die den Städten der Provinz Asia von Sulla auferlegten Belastungen hatten so verheerende Folgen gezeitigt, dass Lucullus als Nächstes daselbst gegen die ausbeuterischen Machenschaften seiner Landsleute einschritt. Die Verlierer machte er sich zu erbitterten Feinden, die begannen, in Rom gegen ihn zu intrigieren. Der Sieg über Mithradates blieb unvollendet, da Tigranes ein Ersuchen um Auslieferung des Pontikers zurückwies. Der Armenier scheint das militärische Potenzial der Italiker unterschätzt und die eigene Monarchie wie einen wiederkehrenden Sonnenaufgang achaimenidischer Größe bewundert zu haben; mit einer Mischung aus Erstaunen und Zorn nahm er zur Kenntnis, dass es der Römer in seiner brieflichen Anrede bei «König» bewenden ließ, statt ihn als «König der Könige» zu adressieren. Lucullus verließ Ephesos und kehrte an die Spitze seiner Soldaten in Pontos zurück, um den Krieg wiederaufzunehmen. Zum ersten Mal durchquerten römische Legionen die Hochebenen Ostanatoliens auf einem kühnen und ausgedehnten Marsch, setzten über den Euphrat und den Tigris, fügten den ihnen ent­ gegenrückenden armenischen Truppen empfindliche Niederlagen zu und dran-

Mithradates VI. Eupator und Tigranes der Große

gen bis Tigranokerta vor. Die belagerte Stadt war voll von hierher deportierten Griechen, Kappadokiern, Adiabenern, Syrern, Gordyenern. Tigranes setzte auf Verstärkungen, die von Königen jenseits des Vansees, aus den Bergen der Gordyene und sogar von Arabern der Golf­region herangeführt wurden, und entschloss sich gegen den Rat des Mithradates zur Schlacht. Leser der später überlieferten Berichte im Westen amüsierten sich über einen dem König der Könige in den Mund gelegten Spruch beim Herannahen des feindlichen Heeres (Plut. Lucullus 27,4): «Wenn das wohl Gesandte sind, ist ihre Zahl ein wenig hoch, wenn aber Soldaten, herzlich gering!» Die Schlacht gegen die Legionäre ging verloren, und in Tigranokerta sollen Griechen sich gegen «Barbaren» gekehrt und den Siegern Einlass gewährt haben. Da die Könige erneut entkommen waren, machte die römische Armee sich auf den Weg nach Artaxata am Araxes und drang am Oberlauf des Euphratnebenflusses Arsanias in eine Landschaft ein, wo der ostanatolische Wintereinbruch die Truppe dermaßen zermürbte, dass der Feldherr den Weg nach Süden einschlug und ins wärmere Mesopotamien abstieg. Die Stadt Nisibis (heute Nusaybin an der syrisch-türkischen Grenze) wurde besetzt. Im Heer waren Meuterer aktiv geworden. Im fernen Rom bekamen des Lucullus Gegner Oberwasser. Nachdem man Lucullus den Oberbefehl entzogen hatte, konnte Mithradates im Frühjahr 67 das pontische Kernland zurück­ erobern. Im Jahr darauf übernahm auf Grund der Lex Manilia Gnaeus Pompeius das Oberkommando. Dieser Mann hatte in Spanien militärisches und organisato­ risches Talent bewiesen und an der Südküste Kleinasiens kurz zuvor die Bekämpfung der Piraten zum Erfolg geführt. Pontos konnte er sogleich mit einem vernichtenden Sieg im Lykostal zurückerobern. Auf die Verfolgung des wieder einmal auf abenteuerlicher Flucht nach Norden entwichenen Königs, der die abtrünnig gewordene Krim zurückgewann, verzichtete Pompeius und wandte sich zunächst gegen Armenien. Vor Artaxata angekommen, traf er auf einen ­Tigranes, der bereit war, sich zu unterwerfen. Doch der alte König hatte sich gerade zuvor eines Angriffs des eigenen, mit einer Tochter des Arsakiden Phraates verheirateten Sohnes und des von diesem herangeführten Partherheeres erwehren müssen. Von Vater und Sohn umworben, stellte Pompeius sich auf die Seite des Alten, dem er sein Stammreich unter Abzug der hinzueroberten Gebiete Zweistromland, Syrien und Kilikien bestätigte, und brüskierte den Jungen. Diese erstmalige direkte römische Intervention in das von der Mittelmeer­ hegemonie weit entfernte Königreich Armenien sollte Geschichte machen. Ethnisch, sprachlich und kulturell auf das engste mit dem Iran verflochten, war ein selbständiges Königtum in diesem Land dem Expansionsdruck des benachbar-

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ten Großreiches der Arsakiden ausgeliefert. Dem römischen Interesse musste es langfristig entsprechen, auf die Throninhaber Einfluss zu behalten. Pompeius mag dies geahnt haben. Dass er mit diesem Anspruch einen Primat der römischen Orientpolitik bis in die Zeit der byzantinischen Kaiser begründete, sollte erst die Zukunft erweisen. Von Artaxata zog Pompeius das Araxestal flussaufwärts, stieg in die Kyros­ ebene hinab (das heutige Kuratal in Georgien), wo er den Widerstand der Iberer brach und schließlich durch das Phasistal die Küste von Kolchis erreichte.249 Der Feldherr unterließ es, über das Schwarze Meer zur Krim überzusetzen, ordnete aber eine Seeblockade an. Durch Kappadokien und Kommagene nach Syrien und Palästina gelangt, erreichte ihn die Nachricht vom Tod des Mithradates (Plut. Pompeius 41,3). Angesichts der Lage hatten sich in dessen Umgebung Sezession und Verrat gemehrt. Der eigene Sohn Pharnakes zwang den Alten schließlich zum Selbstmord. Die Beisetzung der Leiche erfolgte in Sinope. Sein Grab ist bis heute nicht entdeckt worden.250 An die historische Figur Mithradates251 knüpften die Diskussionen um eine feindliche Gegenüberstellung von Europa und Asien erneut an. Im Historismus des 19. Jahrhunderts dominierte das Feindbild. Mancher Historiker erblickte in dem Pontiker einen neuen Kyros oder Gegen-Alexander, der auf eine Eroberung auch Italiens und der westlichen Mittelmeerwelt abzielte. In Wirklichkeit ging sein Bestreben kaum über die Errichtung einer kleinasiatischen Herrschaft und Vertreibung der Römer aus Anatolien hinaus. Während er für seine Nachbarn, die Dynasten in Kappadokien, Paphlagonien und Bithynien, eine bedrohliche Heimsuchung war, schien zuvorderst die griechische Welt zu beiden Seiten der Ägäis für einen Moment auf ihn den Wunsch nach Befreiung zu projizieren. Alle taten das freilich nicht: Selbst in der Anfangsphase, als der Pontiker siegreich war, entschlossen sich manche Städte, von hellsichtigen Politikern geführt, den Römern zur Seite zu stehen.252 Das in Ephesos in der Provinz Asia von Mithra­ dates entfesselte Pogrom gegen die römischen Bewohner – nach dem Vorbild des Begriffs «Sizilianische Vesper» für das Blutbad 1282 in Sizilien «Ephesische Vesper» genannt  – sah der Historiker Theodor Mommsen als einen Akt blinder ­Rache, der für den «asiatischen Sultanismus» typisch sei. In den Mordtaten entlud sich indes ein latent aufgestauter Zorn gegen die ausbeuterischen Besatzer aus dem Westen. Von einem segensreichen Regiment Roms war Asia noch weit entfernt. Die ferneren Teile Anatoliens – Kappadokien, Pontos und Armenien – dürften die italischen Eindringlinge mit Staunen empfangen haben. Die Mittelmeerländer von Lykien über Kilikien bis Syrien und Palästina waren im Zerfalls-

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Von Pompeius Magnus zum west-östlichen Bürgerkrieg

prozess seleukidischer und ptolemäischer Dominanz mit Piraten, Kleinkönigen und mit sich selbst beschäftigt.

5. Ordnung und Umbruch Von Pompeius Magnus zum west-östlichen Bürgerkrieg Von Pompeius Magnus zum west-östlichen Bürgerkrieg

Die Einrichtung neuer Provinzen und die Ordnung der Klientelreiche des Orients durch Pompeius am Ende der Kriege bedarf einer genaueren Betrachtung. Sie bedeutet nichts Geringeres als das Fundament des Oriens Romanus der kommenden Jahrhunderte. Der kaiserzeitliche Schriftsteller Florus beurteilt die geostrategische Lage so (1,40,31, übers. Errington): «Also, mit der Ausnahme der Parther, die einen Vertrag bevorzugten, und der Inder, die uns damals noch nicht kannten, war ganz Asien zwischen dem Roten Meer, dem Kaspischen Meer und dem Ozean von uns gehalten, durch die Legionen des Pompeius entweder gezähmt oder eingeschüchtert.»253 Wir gehen bei unserer Betrachtung vom Norden Anatoliens bis in den tiefen Süden Palästinas vor.254 Die von Mithradates VI. zu seinem pontischen Reich hinzueroberten Länder wurden verteilt: Die Krim und Gebiete am kimmerischen Bosporus im Norden des Schwarzen Meeres verblieben dem Sohn des Königs, Pharnakes. Kolchis und Kleinarmenien, auch das südliche Paphlagonien übereignete Pompeius romtreuen Klientelfürsten, unter denen der Galater Deiotaros am reichsten ausgestattet wurde. In Kappadokien stieg noch einmal der treue «Römerfreund» Ariobarzanes auf seinen Thron in Mazaka und regierte dort bis 62 v. Chr. Auf dem eigentlichen pontischen Reichsgebiet mit den alten griechischen Pflanzstädten an der Südküste des Schwarzen Merres und den fruchtbaren Becken an den Flüssen Amnias, Halys, Iris und Lykos konstituierte Pompeius elf Stadtstaaten – eine in der kleinasiatischen Geschichte einzigartige und in ihrer Bedeutung weit tragende Maßnahme – und vereinigte diese mit der von Nikomedes IV. ererbten Provinz Bithynia. Zwei Küstenstädte auf bithynischem Gebiet, Tieion und Herakleia, wurden der Teilprovinz Pontus zugeschlagen. Nach Art der hellenistischen Könige gründete mit Pompeius erstmals ein Römer im Landesinnern Städte. Diese sollten mit ihren Namen an ihn, «den Großen» beziehungsweise an seinen Sieg über Mithradates erinnern: Nikopolis im Becken des oberen Lykos, Megalopolis am Oberlauf des Halys, Magnopolis bei der Burg Eupatoria am Zusammenfluss von Iris und Lykos und, nach der Stadt in Kilikien, ein zweites Pompeiopolis im fruchtbaren Amniastal in Zentralpaphlagonien, nördlich des hohen Olgassys (heute Ilgaz Dağ).

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Den Tempelstaat um das älteste der großen Heiligtümer, Komana, ließ Pompeius nicht nur bestehen, sondern beschenkte ihn mit neuen Territorien. Die beiden anderen Tempelstaaten wurden in Poleis umgewandelt: Zela, durch Gebietszuweisungen erheblich vergrößert, und Kabeira, jetzt als Polis «Zeusstadt» (Diospolis) benannt. Über die Details dieser bemerkenswerten Umwandlung sind wir nicht unterrichtet. Es ist zu vermuten, dass die zahlreichen Tempelsklaven und -sklavinnen sich als städtische Bürgerschaft konstituieren durften. Ein pompeianisches Provinzgesetz, von dem uns Ausschnitte aus späteren Rechts­ texten überliefert sind, fördert jedenfalls die Einbürgerung der indigenen Landbevölkerung (Plin. epist. 10,114; Dig. 50,1,1,2). Die neu geordnete Provinz Cilicia dehnte sich bis in die Ebene am Golf von Issos aus, ließ aber Teile des Landesinnern im Besitz regionaler Dynasten. Vermutlich hatte es der Römer allein auf die Sicherung der Küste und der küstennahen Ebenen abgesehen, wo das alte Soloi in Pompeiopolis umbenannt worden war. Lucullus hatte mit Antiochos XIII. die seleukidische Monarchie in Antiocheia am Orontes wiedereingesetzt, doch konnte sich dieser König gegen Opposition in der Stadt nicht halten und musste einem Enkel des Antiochos VIII. Grypos, Philippos II., Platz machen. Pompeius schaffte das Königtum jetzt ab und erklärte Syrien zum Eigentum des römischen Volkes (Plut. Pompeius 39,2). Angeblich wollte er Syrien nicht «dem Räubertum der Araber und Juden überlassen».255 Die Bedeutung dieser Annexion ging jedoch weit über eine Schutzfunktion hinaus. Mit der neuen römischen Aufsicht über dieses Land etablierte sich im Machtzentrum des einst gewaltigen Seleukidenreiches ein römischer Brückenkopf, der nur wenige 100 Kilometer von der jenseits der Steppe gelegenen parthischen Reichszentrale Ktesiphon entfernt lag. Hier und im südlichen Vorfeld mündeten die Karawanenwege vom Golf und aus Arabien an der Ostküste des Mittelmeeres. Nordsyrien sollte später Ort einer der massivsten Truppenkonzentrationen des Imperiums werden. Die Ausdehnung der pompeianischen Provinz Syria ist nicht ganz klar. Im Nordwesten bildete der Gebirgsriegel Amanos die Grenze zu Cilicia, im Norden blieb das kleine Klientelkönigreich Kommagene bestehen. An der Küste Phoi­ nikiens (Berytos, Orthosia, Ptolemais, Sidon, Tyros256), in Südsyrien und dem Transjordanland (Damaskus, Hippos, Gadara, Skythopolis, Pella, Abila, Gerasa, Dion, Philadelpheia) – die später, erstmals im Neuen Testament (Mk 5,20; 7,31; Mt 4,25) Dekapolis genannte Gebietseinheit257 – und an der Küste Palästinas bis hinab nach Gaza (Azotos, Joppa, Jamnia, Marisa, Samaria) erhielt eine größere Anzahl von Städten, die unter jüdisch-hasmonäischer und ituräischer Herrschaft

Von Pompeius Magnus zum west-östlichen Bürgerkrieg

standen, die Freiheit und wurde der Provinz zugeschlagen. Mithin verzeichnete das Königreich der Juden empfindliche territoriale Einbußen.258 Bereits das Heraufdämmern römischer Hegemonie in der hellenistischen Staatenwelt nach dem bellum Antiochicum und der Vernichtung des König­ reiches Makedonien weckte das Interesse der Juden, Kontakt mit dem Senat zu suchen.259 Judas Makkabaios hatte im Jahre 161 v. Chr. Gesandte auf den weiten Weg an den Tiber geschickt, und es gelang diesen mit der Klage, das «Königreich der Griechen» (gemeint sind die Seleukiden) knechte Israel mit Sklaverei, Gehör zu finden. Ein Bündnis wurde durch Senatsbeschluss befürwortet, der in Bronzetafeln eingravierte Text auf dem Kapitol geweiht und eine Abschrift nach Iudaea geschickt. Den originalen Wortlaut geben griechische, im 1. Makkabäerbuch und bei Josephos überlieferte Übersetzungen anscheinend nicht ganz korrekt wieder, doch an der Echtheit des Vertrages ist kaum zu zweifeln. Er ist auf jüdische Initiative hin mehrmals bestätigt beziehungsweise erneuert worden, zuletzt zwischen 114 und 104 v. Chr., ohne dass es zu irgendeiner mit dem Vertrag begründeten Handlung gekommen wäre (StV IV 672). Bei Pompeius’ Ankunft herrschte in Iudaea ein Thronstreit zweier hasmo­ näischer Prinzen: Hyrkanos II. und Aristobulos. Ihr Vater, Alexander Jannaios, hatte in Palästina einige kleinere Fürstentümer und auch griechische Städte in Transjordanien unter seine Herrschaft gebracht, was jedoch Spannungen auslöste: Die Sadduzäer unterstützten die Expansion, die Pharisäer sahen, wie gehabt, in einer Annäherung an hellenisierte, urbane Gemeinwesen traditionelle Gebote und religiöse Gesetze in Gefahr. Zusätzlich zu den Emissären der beiden Kontrahenten begab sich eine Gesandtschaft von 200 Juden zu Pompeius nach Damaskus, die überhaupt gegen die Hasmonäerdynastie und für die Wiederherstellung des alten Hohepriestertums argumentierte. Die im Einzelnen verwirrenden und rasch wechselnden Fronten im diplomatischen Tauziehen werden ausführlich von dem jüdischen Schriftsteller Josephos dargestellt (ant. Iud. 14). Nachdem einem römischen Unterfeldherrn die Übergabe Jerusalems verweigert worden war, entschloss sich im Jahre 63 v. Chr. Pompeius selbst, gegen die Stadt vorzurücken. Ein Teil der Einwohner setzte durch, dass ihm die Tore geöffnet wurden, doch den von Widerständlern besetzten Tempelbezirk erstürmten die Römer erst nach dreimonatiger Belagerung. Josephos schildert die Vorgänge so (ant. Iud. 14,5,3–4): «Zuerst erstieg Cornelius Faustus, Sohn des Sulla, mit seiner Kriegerschar die Mauer, dann an einer anderen Stelle der Hauptmann Furnius mit den Seinigen und zwischen beiden der Hauptmann Fabius mit einer starken Abteilung seiner Soldaten. Das Blut-

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bad wurde ein allgemeines. Die Juden wurden teils von den Römern, teils von ihren eigenen Landsleuten niedergehauen, teils stürzten sie sich in die Schluchten oder verbrannten sich in ihren Häusern, weil sie das, was kommen musste, nicht ertragen wollten. So fielen gegen 12 000 Juden, von den Römern dagegen nur sehr wenige. […] Der Tempel aber, dessen Inneres sonst unzugänglich und keinem Auge sichtbar war, wurde schwer geschändet. Denn Pompeius drang mit einer Anzahl seiner Begleiter in das Innere ein und sah, was kein Sterblicher außer dem Hohepriester erblicken durfte. Obwohl ihm aber der goldene Tisch, der heilige Leuchter, die Opferschalen, eine Menge Räucherwerk und außerdem im Tempelschatz gegen 2000 Talente Geld zu Gesicht kamen, rührte er aus Frömmigkeit nichts davon an, sondern benahm sich, wie man es von seiner Tugend erwarten konnte. Am folgenden Tage befahl er den Tempeldienern, das Heiligtum zu reinigen, und ließ dem Gott die vom Gesetz vorgeschriebenen Opfer darbringen. Dann ernannte er Hyrkanos zum Hohepriester, einmal, weil er ihm sonst wichtige Dienste geleistet, dann aber auch, weil er die im Lande wohnenden Juden abgehalten hatte, dem Aristobulos Hilfe zu gewähren. Die Urheber des Krieges ließ Pompeius mit dem Beil hinrichten […] Jerusalem machte er den Römern tributpflichtig, entzog die Städte, welche der Hauptstadt Judaeas unterworfen waren, dieser Botmäßigkeit, stellte dieselben unter einen römischen Prätor und wies das ganze, sonst so mächtige Volk auf enge Grenzen an.»

Hyrkanos wurde Hohepriester und Ethnarch («Volksherrscher») von Iudaea, ­Samaria, Galilaea und einem schmalen, als Peraia bezeichneten Streifen des transjordanischen Landes, zusammengenommen die «Viergebietsherrschaft» (Tetrarchie) genannt. Einen Königstitel durfte er nicht führen. Zudem wurde von Rom ein «Vorsteher» (epistates) ernannt, der dem Ethnarchen gleichgeordnet war. Obgleich noch immer eine autonome Einheit, war die Tetrarchie faktisch ein Annex der Provinz Syria. Der erste Statthalter Syriens, Aulus Gabinius, hat das Territorium in fünf Steuerbezirke unterteilt, die Tribut an Rom abführen mussten. Die Gebietsverluste an ‹freie› Städte hellenistischer Zivilisation, die Besteuerung und faktische Beaufsichtigung durch den Statthalter der neuen, benachbarten Provinz Syrien dürften jenem dem Widerstand zuneigenden Teil der politisch-religiösen Führungsschicht Iudaeas einen Stachel ins Fleisch getrieben und den seit Antiochos IV. bestehenden Konfliktstoff wieder angefacht haben. Pompeius galt einem Teil der Nachwelt bei den Juden als Frevler. Die Aversion gegen die neue, interventionistische Großmacht kommt in dem 1947 entdeckten Qumran-Papyrus mit einem Kommentar zum Propheten Habakkuk (Pesher Habakkuk) zum Ausdruck, der in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. verfasst wurde. Von weit her kommend, von den Küsten des Meeres, werfen sie [die Kittiʾim = die Römer] jeden nieder, der sich ihnen in den Weg stellt, unterjochen, nehmen Länder in Besitz und plündern Städte, um Gebiete zu er-

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Abb. 5: Pompeius, Ny Carlsberg ­Glyptotek, Kopenhagen

ben, die ihnen nicht gehören. Wie Geier verschlingen sie die Völker, und sie ­werden nie satt. Sie reden zu allen Völkern voller Zorn, spotten über Könige, verhöhnen ein großes Heer und machen sich über Festungen lustig, die sie umstellen und deren Verteidiger sie in Angst und Schrecken versetzen. Diplomatie setzen sie nur mit List und Tücke dafür ein, Böses zu tun. Sie häufen Reichtum an wie Fischer die Ausbeute an Meeresfischen, und wie die alten Chaldäer ihren Fischernetzen göttliche Ehren erwiesen, so opfern sie ihren Standarten und Waffen (1QpHab i 6–15).260 Die gesamte Orientordnung des Pompeius präferierte als Grundbaustein römischer Herrschaft die autonome Stadt nach griechischem Modell. Zweifellos wirkten an diesen Entscheidungen Griechen in seiner engsten Umgebung mit, wie Theophanes aus Mytilene auf Lesbos oder der Freigelassene Demetrios aus Gadara in Syrien. Das Netzwerk der Clientelae des Pompeius war vielerorts wohl bekannt und geachtet. Aufschlussreich ist eine Anekdote bei Plutarch (Pompeius 40): Der junge Römer Cato, als Philosoph bereits zu Ruhm und Ansehen gelangt, traf in Antiocheia am Orontes ein, als Pompeius gerade abwesend war. Als er sich zu Fuß in Begleitung berittener Gefolgsleute dem Stadttor näherte, kam ihm eine Gruppe von jungen Männern in weißen Kleidern entgegen und reihte sich an den Straßenrändern auf, die Epheben auf der einen, die Knaben auf der anderen Seite. Cato war gerührt, hatte er doch mit der Ehre eines solchen Empfangs nicht gerechnet, noch gar einen solchen vorbereiten lassen. Als sie näher kamen, trat

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ihnen der bekränzte und stabtragende Anführer entgegen und fragte, wo sie den Demetrios gelassen hätten und wann er einträfe. Am 28. September 61 v. Chr. feierte der Feldherr, der sich mit Alexander vergleichen und mit entsprechender Frisur abbilden ließ (Abb. 5), seinen Triumph in Rom (Plut. Pompeius 45). Der Stadt wurde ein bis dahin nie gesehenes Schaubild des Orients dargeboten: Unter den Gefangenen wurden mitgeführt der junge Ti­ g­ranes mit Frau und Tochter, Zosime, eine Frau des älteren Tigranes, eine Schwester und fünf Kinder des Mithradates, skythische Frauen, Geiseln der Könige von Iberien, Albanien und Kommagene. Auf Tafeln waren die Namen unterworfener Völker und Länder, die Zahlen eroberter Festungen, eingenommener und gegründeter Städte, erbeuteter Schiffe eingeschrieben. Diodor zitiert eine in Rom aufgestellte, beschriftete Tafel:261 «Pompeius der Grosse, Sohn des Gnaeus, Imperator, hat die Küsten der bewohnten Welt und alle Inseln diesseits des Ozeans vom Piratenkrieg befreit, er, der die einst bedrohte Königsherrschaft des Ariobarzanes gerettet hat, desgleichen auch Galatien und die jenseits gelegenen Länder und Provinzen, Asien, Bithynien, hat Paphlagonien geschützt und Pontos, desgleichen Armenien und Achaia,262 ferner Iberien, Kolchis, Mesopotamien, Sophene, Gordyene, hat den König der Meder, Dareios, unterworfen, den König der Iberer, Artokes, den König der Judäer, Aristobulos, den König der ­nabatäischen Araber, Aretas, und das Kilikien benachbarte Syrien, Judäa, Arabia und die Provinz Kyrenaïke, die Achaier, Iozygen, Soaner, Heniocher und die übrigen Stämme entlang der Meeresküste zwischen Kolchis und der Maiotischen See, und deren Könige, neun an der Zahl, und sämtliche Völker, die zwischen Schwarzem und Rotem Meer siedeln, und er hat die Grenzen der Herrschaft zu den Grenzen der Erde vorgeschoben, die Einkünfte der Römer teils bewahrend, teil vergrössernd, und er hat Statuen und die übrigen Bilder der Götter und den sonstigen Schmuck aus der Beute der Feinde der Göttin geweiht, 12 060 Stück Gold und 307 Talente Silber.»

Der Orient nach Pompeius sah in den Jahren 53 und 36 v. Chr. zwei römische Katastrophen, die ihre Schatten bis weit in die Kaiserzeit werfen sollten. Nach der Ermordung des Partherkönigs Phraates III. 58 /57 v. Chr. war unter dessen Söhnen Orodes und Mithradates ein Machtkampf ausgebrochen. Mithradates suchte die Unterstützung des Proconsuls von Syrien, Aulus Gabinius, dem jedoch der Senat in Rom die Einmischung untersagte. Orodes, dessen Armee von einem fähigen Feldherrn namens Surenas befehligt wurde, obsiegte und ließ den Bruder hinrichten. Im Jahre 55 v. Chr. bekleidete in Rom Marcus Licinius Crassus gemeinsam mit Pompeius «dem Großen» das Konsulat. Crassus war für fünf Jahre die Provinz Syria zugelost worden. In seinem Motiv, einen Feldzug in parthisches ­Gebiet

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vorzubereiten, schwang zweifellos die Absicht mit, den militärischen Ruhmes­ taten eines Pompeius im Orient und eines Julius Caesar, der im Herbst desselben Jahres seine Legionäre nach Britannien übersetzen ließ, nachzueifern. Die Ex­ pedition wurde im Folgejahr ins Werk gesetzt. Crassus überschritt mit sieben Legionen bei Zeugma den Euphrat und wandte sich im Flusstal des Balīḫ nach Süden, wo er in Nikephorion (beim heutigen Raqqa) Halt machte.263 Hier, tief in parthischem Gebiet, siedelten makedonisch- und griechischstämmige Gruppen, die die Invasoren willkommen hießen, weil sie diese als Griechenfreunde ansahen. Andere taten das nicht. An einem Ort namens Zenodotion nahmen die Einwohner römische Soldaten gefangen und töteten sie (Cass. Dio 40,13,1–2). Auf der Linie des Balīḫflusses wurden Garnisonen stationiert, bevor Crassus das Hauptheer in seine Provinz zurückführte. Der Proconsul nutzte die Zeit, um Geldmittel aufzutreiben, zu welchem Zweck er auf die Tempelschätze von Hierapolis Bambyke und von Jerusalem zugriff. Im Frühjahr brach er erneut auf, überschritt den Euphrat an derselben Stelle und führte die etwa 40 000 Mann starke Armee durch die Steppe an den Balīḫ, südlich von Carrhae. Dieser Ort lag an der Stelle des uralten Heiligtums einer Gestirnsgottheit und ist im Alten Testament als jenes Harran genannt, von wo sich der 75-jährige Abraham auf Gottes Geheiß nach Kanaan aufmachte (Gn 12,4). Wenig nördlich lag die von Seleukos Nikator als Edessa gegründete und von Antiochos IV. in Antiocheia am Kallirhoe umbenannte makedonische Kolonie. Sie wurde zu dieser Zeit von einer arabischstämmigen Dynastie beherrscht, deren Mitglieder zumeist den Namen Abgar trugen. Wir werden später, in einem anderen Kontext, auf sie zurückkommen (siehe unten S. 279 f.). Der damals regierende Stammesführer (phylarchos) drängte in verräterischer Absicht die Römer zur Eile. In der tischflachen Ebene im Süden wartete ein großes Herr, das der Parther Surenas anführte. König Orodes befand sich auf einer Strafexpedition gegen Armenien. Den Surenas beschreibt Plutarch (Crassus 21,6) als einen Mann, der «an Reichtum, Abstammung und Ansehen gleich neben dem König stand, während er an Tapferkeit und Energie bei den Parthern seiner Zeit der erste war, an Statur und Schönheit seines Körpers ohne seinesgleichen. Er pflegte in eigener Sache jeweils mit einem Aufgebot von 1000 Kamelen zu reisen, gefolgt von 200 Wagen mit seinen Konkubinen, eskortiert von 1000 gepanzerten (kataphraktoi) und ­einer noch größeren Zahl von leicht bewaffneten Reitern.» Die sich in der Steppe entfaltende Schlacht kann als militärgeschichtlicher Meilenstein gelten: Hatten beinahe anderthalb Jahrhunderte zuvor die Manipeln des Titus Quinctius Flamininus bei Kynoskephalai in Griechenland die dicht­ geschlossene makedonische Phalanx aufgerieben, die lange Zeit als unbesiegbar

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galt, so wurde die römische Infanterie hier Opfer einer parthischen Kampfesweise, die das offene, baumlose Gelände durch Beweglichkeit und den Einsatz der Fernwaffe ideal zu nutzen verstand. Auf die römische testudo, das aus den Schilden der Fußsoldaten gebildete Schutzdach, gingen pausenlos Schwärme von Pfeilen nieder. Den Bogenschützen lieferten unzählige mit Pfeilen vollgepackte Kamele unablässig Nachschub an Munition. Die keltischen Reiter unter Führung des Sohnes von Crassus wurden bei ihrem Gegenangriff eingekesselt und vernichtet. Dasselbe geschah dem Restheer auf dem Rückzug nach Norden und Westen. Nur wenige entkamen über den Euphrat, der Proconsul fand den Tod durch Feindeshand. Die Meldung von dem Sieg überbrachte ein Bote an den Hof des Armenierkönigs in Artaxata, der daselbst gerade den König Orodes II. bewirtete. Man wohnte der Aufführung einer Tragödie des Euripides bei und erfreute sich daran, wie ein Schauspieler den abgeschlagenen Kopf des Crassus auf die Bühne trug. Die Parther haben ihren Sieg bei Carrhae nicht zu einer Expansion über den Euphrat nach Westen ausgenutzt. Zwar fiel ein Sohn des Orodes, Pakoros, in die Provinz Syria ein und gelangte bis vor die Tore Antiocheias, die Parther wurden jedoch östlich der Stadt geschlagen und zogen sich in die Landschaft Kyrrhestike zurück. Der römische Schriftsteller und Politiker Cicero gibt in seinen Briefen, die er als Statthalter der Nachbarprovinz Cilicia auf militärischer Mission im Tauros und Amanosgebirge verfasste, seiner Besorgnis über einen neuerlichen Partherangriff Ausdruck.264 Dazu kam es nicht, und die Provinz unter dem neuen Proconsul Bibulus blieb verschont. Für die Klientelfürsten und Städte des Orients begann eine schwierige Zeit, als mit der Überschreitung des Rubikon in Italien im Januar 49 v. Chr. Julius Caesar den ersten von zwei verheerenden Bürgerkriegen eröffnete. Sie sollten bis zur Friedenszeit des Weltbeherrschers Augustus zwei Jahrzehnte unter dem Dauerdruck der Entscheidung für einen der Kombattanten, Caesar oder Pompeius, Caesarmörder oder Antonius, Antonius oder Octavian, teils in die Kriege hineingezogen, ausgebeutet oder vernichtet, teils von ihnen verschont oder begünstigt werden. Caesar hatte nach seinem Sieg über Pompeius bei Pharsalos in Griechenland in die Verhältnisse Ägyptens und Kleinasiens eingegriffen. Der seltene Glücksfund einer beschrifteten Bronzetafel überliefert den fast vollständigen Text eines Bündnisvertrages zwischen ihm und dem lykischen Städtebund, der eines von vielen Beispielen rechtzeitiger Parteinahme abgibt (StV IV 809). Als Anfang Oktober 48 v. Chr. Caesar in Alexandreia landete, wo ihm Kopf und Siegelring des

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vom Schlachtfeld nach Ägypten entkommenen und von den Ägyptern ermordeten Gegners Pompeius «des Großen» überbracht wurden, befand sich das Land seinerseits im Bürgerkrieg zwischen Geschwistern, dem 13-jährigen Ptole­ maios XIII. und der 21-jährigen Kleopatra. Die junge Thronanwärterin und der über 30 Jahre ältere Römer sollten ein Paar werden und einen Sohn, Kaisarion, zeugen. Caesar verfolgte den im Testament des letzten Herrschers angestrebten Kompromiss, die Einsetzung des Geschwisterpaares zu gleichen Rechten. Doch der Hof und die königlichen Truppen widersetzten sich allen Maßgaben des Römers zur Schlichtung der Streitigkeiten und griffen das in der Stadt verschanzte Korps an; der in so vielen Schlachten siegreiche Feldherr geriet im Hafen von Alexandreia in Bedrängnis und Lebensgefahr. Verstärkung, die den Römern die Oberhand verschaffte, traf mit Caesars Gefolgsleuten Mithradates von Pergamon und dem Juden Antipatros, Vater des späteren Königs Herodes, in letzter Minute ein. Kaum war die Lage am Nil stabil, als Caesar durch Syrien und Kilikien in die Provinz Pontus eilen musste, wo sich Pharnakes, der Sohn des Mithradates VI. Eupator, in den Besitz des alten Reichsgebietes seines Vaters zu bringen trachtete. Bei der Stadt Zela stellte ihn Caesar zur Schlacht und meldete seinen Sieg einem Freund mit den berühmt gewordenen Worten: veni, vidi, vici. Während seiner letzten Monate in Rom hat der Diktator sich mit der Partherproblematik beschäftigt und einen Krieg im Osten geplant. Dazu ist es nicht mehr gekommen. Stattdessen sind die östlichen Provinzen von Bürgerkriegsgenerälen zur Mobilmachung gegen Italien heftiger als zuvor ausgebeutet worden.265 Nach dem Untergang der Caesarmörder bei Philippoi im Jahre 42 v. Chr. trat im Jahr darauf Marcus Antonius seine Herrschaft über die orientalischen Provinzen und Clientelae an.266 Der Osten war ihm im Rahmen der Sonderkompetenzen des sogenannten Triumvirats zugeteilt worden. Die von Pompeius aufgerichtete Ordnung – durch die Bürgerkriege erschüttert – baute er in der Weise eines hellenistischen Vasallenreiches um: In Bithynien, Pontus und Kilikien wurde Provinzgebiet an Klientelfürsten weggegeben. Ein Netz von Regional- und Lokal­ dynasten, die unter seiner oder seiner Legaten Führung Heeresfolge zu leisten und Ressourcen zu beschaffen hatten, breitete sich von Ägypten bis an die Propontis aus. Dem bösen Beispiel der Caesarmörder folgend erpresste er von den Städten Asias einen neuerlichen Zehnjahrestribut, nur den lykischen Städtebund verschonte er wegen dessen Widerstandes gegen den Caesarmörder Brutus. Antonius verfolgte zwei Ziele: Das eine war die Durchführung des von Caesar geplanten Feldzuges gegen die Parther zur Rückeroberung der bei Carrhae

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verlorenen Feldzeichen. Das zweite, nachfolgende, bestand in der Vorbereitung und Rüstung für einen am Horizont heraufdämmernden Machtkampf mit dem jungen Caesar, dem Adoptivsohn des Diktators. Unter den zahlreichen orientalischen Herrscherinnen und Herrschern, die der Triumvir als seine Vasallen einsetzte, bestätigte oder absetzte, ragen drei hervor: Kleopatra VII., die Partnerin Caesars und Mutter seines Sohnes, Polemon von Pontos und Herodes von Iudaea. Antonius zitierte die Königin von Ägypten alsbald nach seinem Eintreffen in Asien nach Tarsos in Kilikien. Die Szene der ersten Begegnung schildert Plutarch (Antonius 26): «Unterwegs erhielt sie von Antonius wie auch von dessen Freunden mehrere Briefe, die sie zur Eile drängten, aber sie ignorierte das und verlachte den Mann so sehr, dass sie auf einer am Heck vergoldeten Barke mit ausgespannten purpurnen Segeln und unter dem Klang von Flöten, Schalmeien und Zithern, nach welchen die silbernen Ruder bewegt wurden, den Fluss Kydnos hinauffuhr. Sie selbst lag unter einem mit Gold verzierten Baldachin ebenso geschmückt, wie man die Aphrodite zu malen pflegt. Knaben, die den Eroten auf Gemälden ähnlich sahen, standen ihr zu beiden Seiten und fächelten ihr Kühlung zu. Ebenso standen die wunderschönsten ihrer Sklavinnen, wie Nereiden und Grazien gekleidet, teils an den Steuerrudern, teils an den Schiffstauen. Von dem vielen angezündeten Räucherwerk verbreiteten sich an beiden Ufern die köstlichsten Wohlgerüche. Die Einwohner begleiteten nicht nur das Schiff zu beiden Seiten des Flusses gleich von der Mündung an, sondern kamen auch aus der Stadt heraus, um diesen Anblick nicht zu verpassen. Antonius saß gerade auf der Agora auf seinem Tribunal, als alles Volk aus der Stadt lief und er sich endlich ganz allein zurückgelassen sah.»

Es war der Beginn der Romanze, der Partnerschaft und Allianz eines Herrscherpaares, das den Orient für nahezu ein Jahrzehnt regieren und mit Alexandreia jenen Ort zum Zentrum seines Reiches erheben sollte, wo sich das Grab des großen Alexander, der Palast seines Generals und Historikers, die größte Bibliothek der Welt und ein unermesslicher Reichtum an Einkünften und Schätzen befanden. Den Pontos, das alte Kerngebiet des Romfeindes Mithradates Eupator, hatte Antonius zunächst einem Enkel des Mithradates namens Dareios übereignet, diesen jedoch 37 /36 v. Chr. ab- und einen Griechen namens Polemon, Sohn des Zenon, aus Laodikeia am Lykos eingesetzt. Der Mann stammte aus einer Stadt im Westen Kleinasiens, von der aus mehr als ein Jahrzehnt zuvor Cicero seine Provinz Cilicia regiert hatte. Das bis tief in die Kaiserzeit bestehende, von ­Polemon begründete Herrscherhaus in Pontos sollte sich als äußerst stabil erweisen. Die Tatsache, dass der Grieche weder aus dem Adel des Landes stammte

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Abb. 6: Hierothesion des Antiochos von Kommagene auf dem Nemrut Dağ, Türkei

noch sonst eine königliche Verwandtschaft besaß, zeigt, dass Antonius bei seiner Auswahl nicht nur auf dynastische Traditionen im jeweiligen Land setzte. Gleichermaßen bemerkenswert ist der Erfolg dieser Dynastie bei einer Bevölkerung, die seit Jahrhunderten im Reich der iranischstämmigen Mithradatiden gelebt hatte. Im Süden der von den Caesarmördern heftig ausgeplünderten Provinz Syria hatte ein Anhänger des von Pompeius begünstigten Hyrkanos, jener Antipatros, der Truppen zur Rettung Caesars nach Alexandreia geführt hatte, eine heraus­ ragende Rolle zu spielen begonnen. Er scheint, selbst römischer Bürger, frühzeitig erkannt zu haben, dass die römische Herrschaft in der Region dauerhaft zu sein versprach. Nachdem er im Jahre 43 v. Chr. vergiftet worden war, stiegen seine Söhne Phasael und Herodes zu führenden Positionen in Jerusalem und Galilaea auf. Der Einfall der Parther in das Land 41 /40 v. Chr. brachte eine folgenreiche Wende: Wärend Hyrkanos nach Babylonien deportiert, Phasael durch Selbstmord beseitigt und ein Antigonos zum König eingesetzt worden waren, erhielt der nach Rom geflüchtete Herodes Förderung und Anerkennung seines Anspruchs auf die Königsherrschaft über die Ethnarchie: Iudaea, Samaria, Gali-

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laea und Peraia und Idumaea (Ios. ant. Iud. 14,381–385). Im Jahre 37 war er als Antonius’ Klientelkönig in sein Heimatland zurückgekehrt, hatte mit römischer Militärhilfe über Antigonos obsiegt, Jerusalem erobert, alsbald seinen Palast und eine Festung gebaut, die er nach seinem Förderer «Antonia» nannte. Die Römer schrieben dies als einen «Sieg über Iudaea» sich selbst zu.267 Das Jahr 38 v. Chr. sah den Auftakt der von Antonius geplanten Offensive gegen das Partherreich. Antonius’ Legat Ventidius Bassus errang in Kilikien und Syrien glänzende militärische Erfolge über die vom Königssohn Pakorus und dem römischen Dissidenten Labienus geführten Partherheere. Ventidius war in das nördlich der Provinz Syria zwischen Antitauros und Euphrat gelegene Kleinkönigreich Kommagene vorgerückt und hatte dessen Herrscher Antiochos in seiner Residenz Samosata zu belagern begonnen, als Antonius zu ihm stieß. Über das Reich, die Person, die Kultur und Religion dieses Königs zwischen zwei Welten sind wir durch spektakuläre archäologische und epigraphische Funde wie an nur wenigen anderen Stellen des römischen Orients unterrichtet.268 Die Landschaft Kommagene, das einstige neohethitische Fürstentum Kummuh, gehörte unter den Achaimeniden vermutlich zur Satrapie Urartu. Im Seleukidenreich regierten im 3. Jahrhundert v. Chr. Vasallen namens Samos, nach dem die Residenz Samosata, und Arsames, nach dem Arsameia am Nymphenfluss benannt ist, bevor sich ca. 170 ein Ptolemaios selbständig machte und den Königs­ titel annahm. Die Monarchie formierte sich nach hellenistischem Vorbild. Der Vater des Antiochos war mit einer Tochter des Seleukiden Antiochos VIII. Grypos, Laodike, verheiratet. Er muss in den ersten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts in die Abhängigkeit des Armeniers Tigranes gekommen sein. Seinen frisch inthronisierten Sohn Antiochos hat Lucullus 69 v. Chr. bestätigt, und dasselbe tat wenige Jahre später Pompeius. Antiochos signalisierte bei Gelegenheit auch Cicero und Caesar seine Loyalität, scheint es aber nicht gewagt zu haben, sich mit den Parthern anzulegen. Antonius und sein Legat jedenfalls betrachteten ihn als Gegner. Antiochos hat zu seiner Zeit das Land mit Heiligtümern geradezu überzogen, die zugleich als Grabmonumente (hierothesia) königlicher Familienmitglieder ausgestaltet waren. Zu den attraktivsten touristischen Zielen Ostanatoliens zählt bis heute das Grabmonument seiner selbst auf dem über 2000 Meter hohen Gipfel des Nemrut Dağ. Auf drei um einen künstlich aufgeschütteten Tumulus von 50 Meter Höhe und 150 Meter Durchmesser angelegten Terrassen waren Relief­ stelen auf Sockeln und monumentale Sitzfiguren aufgestellt, die teilweise erhalten geblieben sind. Es handelt sich um Reihen von Götter- und Ahnenbildern, wie sie nur hier vorkommen (Abb. 6). Antiochos ließ die teilweise fiktive Genealogie der

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väterlichen Ahnen auf 15 Reliefblöcken bis auf den Perserkönig Dareios, die der mütterlichen auf 17 Stelen bis auf Alexander den Großen abbilden und platzierte sich in der Sitzreihe links neben der Landesgöttin Kommagene, auf die in der Mitte der thronende Hauptgott Zeus-Oromasdes (Ahura Mazda) und rechts Apollon-Mithras-Helios-Hermes und Herakles-Artagnes-Ares (der iranische Vrthragna) folgen. Die iranisch-griechischen Namenkombinationen sind Ausdruck einer synkretistischen Religion, in der jede dieser göttlichen Gestalten zugleich die Erscheinung eines Himmelskörpers repräsentiert: Luna (Kommagene), Jupiter, Sonne und Mars. Zweifellos sollte dieses gewaltige Bildwerk in Stein darstellen, dass die Seele des verstorbenen Königs am bestirnten Himmel Platz findet. Derartige Vorstellungen sollten in der erneuerten Mithrasreligion im römischen Reich der Kaiserzeit weltweite Verbreitung finden (siehe unten S. 437–439). Auf den Rückseiten der Postamente auf der Westterrasse und an mehreren Plätzen mit weiteren Kultbezirken hat man das in Stein geschriebene große Kultgesetz des Königs gefunden, eine der längsten griechischen Inschriften überhaupt.269 Bis ins Detail sind die an 26 Tagen im Jahr durchzuführenden Feste und Prozessionen geregelt, die von den jeweils umliegenden Dörfern zu veranstalten sind. Ein Archetypus des Textes hat verschiedene, teils abweichende, teils wörtlich übereinstimmende Ausfertigungen. Sie stammen außer vom Nemrut Dağ von einem Felsen am Euphrat, von Sockelanlagen Arsameias, von verschiedenen Fragmenten und Stelen an anderen Orten. Der Stil ist hymnisch, gelegentlich barock-schwülstig. Der König führt sich am Beginn mit einem langen Titel ein: «Der Große König Antiochos, Gott, der Gerechte, Epiphanes, Freund der Römer und Hellenen, Sohn des Königs Mithradates Kallinikos und der Königin Laodike Thea Philadelphos, Tochter des Königs Antiochos Epiphanes Philometor Kallinikos, hat in Arsameia am Nymphenfluss für die väterlichen Ahnen und seinen eigenen Kult – den eine Entscheidung der Götter legitimiert hat – ewiges Gedenken und ein unerschütterliches Gesetz der Zeit hinterlassen, indem er einer unantastbaren Stele einen unsterblichen Erlaß anvertraute.»

Zu den geplanten Kulthandlungen führt das Gesetz aus: «An meines Vaters und meinen Geburtstagen aber, die monatlich das ganze Jahr hindurch zu feiern ich angeordnet habe, soll der Priester unter Anlegung von persischer Kleidung, die den Priestern unseres Geschlechts meine Gnade und die väterliche Satzung angelegt hat, alle Denkmäler, die ich für fromme Verehrungen der Ahnen ­geweiht habe, mit den goldenen Kränzen bekränzen; und indem er die Mittel von dem Landbesitz verwendet, den ich für die heiligen Ehrungen des vergöttlichten Geschlechts bestimmte, soll er reichliche Spenden an Weihrauch und aromatischen

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Abb. 7a–b: Arsameia am Nymphaios, Kultrelief, Türkei

Kräutern auf diesen Altären darbringen und prunkvolle Opfer zur würdigen Ehre der vergöttlichten Ahnen und gemeinsame Opfermahle für die gesamte Garnison der Bürgerschaft ausführen, wobei er königliche Tische mit angemessenen Speisen beladen und Krüge mit Wein für reichlich gespendeten Trank, mit Wasser gemischt, füllen soll. Mit dem Garnisonskommandanten soll er auch das Wache haltende Kommando des Platzes und das ganze einheimische Volk empfangen und ihnen einen gemeinsamen Genuß des Festes bereiten. Für sich selbst soll er, wie es Sitte ist, als Ehrengabe seines Priesteramtes seinen Anteil auswählen, dann aber den anderen meine Gnade zum freien Genuß austeilen, damit jeder, während er an den heiligen Tagen zu Ehren meines Vaters und mir, eine ausreichende Verpflegung empfängt, das Fest unbespitzelt genießt, indem er reichlich ißt und trinkt, wo es ihm beliebt. Und mit den Trinkgefäßen, die ich geweiht habe, sollen sie so lange bedient werden, wie sie im heiligen Bezirk an der gemeinsamen Zusammenkunft teilnehmen. Die von mir für das Hierothesion gestifteten Musikantinnen und die später hinzugewählt werden, ihre Söhne und Töchter und alle ihre Nachkommen, die dieselbe Kunst erlernen, die sollen von jeder anderen Beschäftigung befreit sein, aber an den von mir festgesetzten Zusammenkünften hier ihr Amt ausüben und ohne eine Entschuldigung ihrer Pflicht nachkommen, solange es die Teilnehmer wünschen. Es soll niemandem erlaubt sein, ob er König ist oder Herrscher oder Beamter, diese Hierodulen, die ich dem väterlichen Andenken und meinem Kult nach dem Willen der Götter geweiht habe, auch nicht ihre Kinder und Enkel, die in alle Zeit dieses Ge-

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schlecht fortführen, weder sich selbst zu Sklaven zu machen noch an irgendeinen anderen auf irgendeinem Wege zu verkaufen, noch einem von ihnen Böses zuzufügen oder von diesem seinem Dienst abspenstig zu machen; vielmehr sollen sich ihrer die Priester annehmen und die Könige, Beamten und alle Privatleute ihnen helfen. Dafür wird ihnen von den Göttern und vergöttlichten Ahnen der Dank für ihre Frömmigkeit zuteil werden. Ebenso soll es niemandem erlaubt sein, das Land, das ich gestiftet habe, zu enteignen oder zu veräußern oder einer anderen Bestimmung zuzuführen oder jenes Land oder die Einnahmen daraus, die ich als unantastbaren Besitz der vergöttlichten Ahnen geweiht habe, auf irgendeine Weise zu schädigen.»

Ob diese Feiern je stattgefunden haben, ist unsicher. Die Nachfolger des Königs scheinen eine derartige Megalomanie nicht fortgesetzt zu haben: In einer dem Zeus geweihten Kulthöhle in Damlıca ließ der Sohn des Antiochos, Mithradates II., eine Weihinschrift ausführen. Zeus ist darin nur mit seinem griechischen Namen genannt, nicht als Ahura Mazda. Auch betitelt der König seinen Vater Antiochos nicht als Gott (theos), sondern gibt ihm nur die üblichen Beinamen Epiphanes und Philorhomaios. Das besterhaltene Bildnis des Königs befindet sich auf einer über mannshohen Reliefstele oberhalb der Kulthöhle von Arsameia am Nymphenfluss (Abb. 7a– b). Der König ist im Handschlag mit einem nackten Gott dargestellt. Nach der griechischen Ikonographie ist dieser Gott eindeutig Herakles (Keule und Löwenfell). Antiochos trägt ein schmales Diadem und darüber eine armenische Tiara, ein kurzärmeliges Panzerhemd, darunter eine Schärpe, von der mit Kordeln das schwere Untergewand zwischen den Beinen angehoben wird. In einer mit Löwenkopfbuckeln verzierten Scheide steckt ein Dolch. Die Linke hält ein langes Szepter. Die Belagerer seiner Residenz Samosata, Antonius und Ventidius, vermochte der militärisch unterlegene Kleinkönig mit einer Zahlung von 300 Talenten dazu zu bewegen, das zeitraubende Unternehmen abzubrechen. Antiochos dürfte den Göttern seiner Heimat dankbar gewesen sein, diese Bedrohung überstanden zu haben. Nur kurz darauf scheint er gestorben zu sein. Seine Nachkommen regierten das kleine Königreich – mit Unterbrechungen – bis in die Zeit des Kaisers Vesapasian. Von dem Wenigen, das uns zu Caesars Plan eines Partherfeldzuges überliefert ist, gehört die Notiz, dass eine Invasion per Armeniam Minorem erfolgen sollte; klugerweise jedoch erst, nachdem man die parthische Art der Kriegführung ­näher kennengelernt habe (Suet. Iul. 44). Die Abfolge der im Jahre 36 mit einer

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Gesamtstreitmacht von 16 Legionen und zusätzlichen Hilfstruppen vorgetra­ genen Offensive des Antonius dagegen erscheint als planlos.270 Antonius setzte zunächst auf einen Überläufer Monaises, der ihn gegen das Versprechen des parthischen Thrones ins Zentrum des gegnerischen Reiches führen sollte. Doch Monaises fiel um und wurde in die Heimat entlassen. Dem Aufmarsch am mittleren Euphrat folgte dann jedoch nicht die Überschreitung des Flusses zum Treffen mit dem parthischen Hauptheer. Vielmehr scheint der Triumvir sich spontan entschlossen zu haben, in nördliche Richtung den Euphrat aufwärts durch Armenien in das benachbarte Medien vorzurücken. Der Armenier Artavasdes soll ihn zu einem gemeinsamen Feldzug in dieses Land eingeladen haben, da der Meder angeblich weit von seiner Heimat fortgezogen sei, um dem Parther Heeresfolge zu leisten. Wie es scheint, war Media Atropatene (Aserbaidschan), das parthische Vasallenreich im nordwestiranischen Hochland, das Ziel und nicht etwa ein strategischer Umweg in das Herz des gegnerischen Großreiches. Doch der weite und beschwerliche Vormarsch mündete in ein Fiasko: Antonius scheiterte mit einer Vorausabteilung an der medischen Festung Phraata östlich des Urmiasees. Die Legionen in seinem Rücken wurden angegriffen und aufgerieben. Artavasdes der Armenier entpuppte sich als Verräter. Seit der Niederlage gegen Hannibal bei Cannae in Italien hat kein römisches Heer derart hohe Verluste erlitten. Der Niederlage des Crassus bei Carrhae war eine noch schwerere hinzugefügt, die  – aus römischer Sicht  – erneut die stolzen Feld­ zeichen der Legionen in Feindeshand zurückließ. Zwar konnte Antonius mit frischen Kräften zwei Jahre später gegen Armenien zurückschlagen und des Ver­ räters habhaft werden. Ein Sieg über die Parther und eine Rückeroberung der römischen Feldzeichen indes war in weite Ferne gerückt. Außer den logistischen und militärischen Fehlern kommt hier eine generelle Schwäche der Politik des Antonius zum Vorschein: Das oft undurchschaubare Wechselspiel zwischen ­Vasallentreue und Renitenz, Verwandtschaftsbanden und Verrat gab seinen Bündniskonstellationen eine latente Labilität. Als er im Jahre 32 Armenien räumte, ist denn auch das gesamte System an der Nordflanke des Partherreiches zusammengebrochen: Medien und Armenien waren parthische Vasallentümer. Auch den welthistorisch bedeutenden Kampf gegen den im Westen des römischen Reiches inzwischen konsolidierten Octavian, den jungen Caesar, verlor Antonius.271 Seine im Orient verfügbaren Machtmittel hätten ausgereicht, einen gegenteiligen Ausgang herbeizuführen. Im Heer waren Könige aus Kilikien, Kappadokien, Paphlagonien und Kommagene zugegen, Polemon von Pontos und Amyntas von Galatien schickten Verstärkung. Die große Schlacht bei dem west-

Von Pompeius Magnus zum west-östlichen Bürgerkrieg

griechischen Vorgebirge Actium hat der englische Historiker Sir Ronald Syme einmal als «shabby affair» bezeichnet.272 Sie wurde – in ihrem genauen Verlauf undurchsichtig  – zur See entschieden, und auf Antonius’ Seite war Verrat im Spiel. In Rom hatte der junge Caesar zuvor den «gerechten Krieg» (bellum iustum) allein gegen die ägyptische Königin erklärt, und vor Senat und Volk von Rom die ‹unrömische› Herrschaft seines Rivalen im Osten zum Feindbild erhoben. Wie dereinst die Abscheu der makedonischen Offiziere gegen einen nach persischer Sitte herrschenden Alexander aufkam, so sollte sich ein ähnliches Unbehagen bei den Römern wiederholen: Tatsächlich schien Antonius sich einem hellenis­ tischen Monarchen anzuverwandeln, der als «Neuer Dionysos» an der Seite der «neuen Isis» mit fremdartigem Prunk seinen Triumph über Armenien in Alexandreia feierte, Kleopatra zur «Königin der Könige» ausrief und die gemein­ samen Kinder, Alexander Helios, Kleopatra Selene und Ptolemaios Philadelphos mit riesigen Territorien beschenkte, die zum Teil als Eigentum des römischen Volkes galten. Es war nichts Geringeres als eine ideologisch aufgeladene Front des Westens gegen den Osten, eine neue Variante der alten Gegenüberstellung Europas und Asiens. Der augusteische Dichter Horaz, auf der Siegerseite, schwelgt in entsprechenden Bildern (carm. 1,37): Die ägyptische Königin, fatale monstrum, habe dem Kapitol Roms «wahnsinnigen Untergang und dem Reich Vernichtung vorbereitet» (Capitolio regina dementis ruinas funus et imperio parabat), unbeherrscht in ihrer Leidenschaft (morbo inpotens). Und doch bewunderte Horaz ihren Freitod: «Sie gönnte es ja den Schiffen der Feinde nicht, dass man sie, entthront, im stolzen Triumph vorführte – eine ungewöhnliche Frau!» (saevis Liburnis scilicet invidens privata deduci superbo non humilis mulier triumpho). Die Nachwelt hat Kleopatras mit Dramen, Opern, Balletten, Filmen, Romanen und Ausstellungen gedacht. Ihr Sohn von Caesar, Kaisarion, wurde getötet, ihre Kinder von Antonius, Alexander Helios, Kleopatra Selene und Ptolemaios, in Rom aufgezogen.273 Die Dynastie der Ptolemaier war erloschen: «Seit dem 1. Toth des Jahres 30 datierte man in Ägypten ‹nach der Machtübernahme Caesars›.»274 Vor der versammelten Bürgerschaft Alexandreias hielt Octavian eine Rede in griechischer Sprache. Er ließ sich den Leichnam Alexanders zeigen, brüskierte die Alexandriner indes, als diese ihn zu den Grablegen der Ptolemaier führen wollten, mit der Bemerkung, sein Wunsch sei es, einen König zu sehen, keine Leichen (Cass. Dio 51,16,4–5).

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

1. Zwischen pax und bellum Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen Diesseits jenseits des Flusses Friedenssehnsucht,II.  Parther undund augusteische Provinzen

In der kleinen Stadt Priene in Ionien hat man auf Antenquadern einer steinernen Sitzbank (Exedra) der Heiligen Halle eine Inschrift gefunden. Die Exedra steht in einer Kammer, die offenbar als ein Heiligtum dem Augustus und der Göttin Roma geweiht war. Bei dem Text handelt es sich um das Edikt eines Provinzgouverneurs, das in gleichlautenden Kopien aus insgesamt sechs Städten der Provinz Asia fragmentarisch erhalten ist. Der Provinziallandtag (koinon) sollte dafür Sorge tragen, dass die städtischen Kalender vereinheitlicht dem römischen Kalender angepasst werden. Der Jahresbeginn sollte künftighin mit dem Geburtstag des Augustus zusammenfallen.1 «Da die Vorsehung, die unser Leben geordnet hat, jegliche Mühe und Hingabe aufgewandt, das für unser Leben vollkommenste Gut geschaffen und den Augustus, den sie zum Wohle der Menschheit mit jeder guten Fähigkeit erfüllt hat, für uns und die nach uns an ihrer Stelle gleichsam als Gott gebracht hat, indem sie uns den geschenkt hat, der dem Krieg ein Ende gesetzt und den Frieden in schöner Ordnung gestaltet hat, da auch, mit dieser [guten Fähigkeit] geboren, Caesar die Hoffnungen derer, die [von ihm Wohltaten] erwarteten, mit seinen Wohltaten übertroffen hat, indem er nicht nur die Wohltäter vor ihm mit der Fülle seiner Leistungen überholt, sondern auch den künftigen keine Hoffnung gelassen hat, sich mit ihm vergleichen zu dürfen, da der Geburtstag des Gottes für die Welt den Anfang der guten Botschaften (euangelion) gemacht hat, die von ihm ausgehen […] – darum […] möge von den Hellenen in Asia beschlossen sein: Beginnen soll das neue Jahr für alle Städte am neunten Tag vor den Kalenden des Oktober [23. September], der der Geburtstag des Augustus ist.»

In der Forschung werden seit langem die frappierenden Parallelen mit der Geburtsgeschichte Jesu in Kapitel 2 des Lukasevangeliums diskutiert: «Friede auf Erden» – «Frohe Botschaft» (Evangelium) – Augustus wird wie Jesus als «Heiland» (soter) bezeichnet. Die stilistischen Übereinstimmungen dieser hymnischen Prosa dokumentieren jedenfalls eine zur gleichen Zeit im ganzen römischen

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Reich verbreitete Heilserwartung und Friedenssehnsucht, die in dem einen Fall auf einen jüdischen Messias, in dem anderen auf den neuen Herrscher der Welt projiziert wurde. Tatsächlich begann mit der 44-jährigen Alleinherrschaft des princeps, die mit Raffinesse und Fingerspitzengefühl in das Kleid der alten repu­ blikanischen Ordnung gehüllt war, eine Epoche der Erholung und Aufwärtsentwicklung in weiten Teilen des Orients. Anatolien und Syrien / Palästina erhielten in den Jahrhunderten der römischen Kaiserzeit ein Fernstraßennetz und eine Ausstattung urbaner Architektur in großen und kleinen Städten überall im Lande, wie es vor dem 20. Jahrhundert nicht wieder erreicht wurde. Auf der Halbinsel Kleinasiens, in Syrien, Palästina und Ägypten herrschten, mit wenigen kurzzei­ tigen Ausnahmen, Frieden und Wohlstand. Kriege wurden an der Peripherie ­geführt, zunächst unter Nero, dann – mit tiefen römischen Vorstößen bis in den heutigen südlichen Irak – unter Traian, Lucius Verus, den Severern, den Tetrarchen und den oströmischen Kaisern. In der beginnenden Friedenszeit reifte Asia zur größten, reichsten und am ­dichtesten besiedelten Provinz Kleinasiens. Sie umfasste ein Netzwerk von über 280 Städten. In dem an Propontis, Bosporus und Schwarzem Meer verkehrsgünstig gelegenen Bithynien blühten ebenfalls urbane Zentren auf, desgleichen in Kilikien und Syrien. Schon lange zuvor hatte man an vielen Orten die besondere Loyalität gegenüber Rom mit der Pflege von Dea-Roma-Kulten ausgedrückt (als erste Stadt: Smyrna). Vereinzelt war es auch zu kultischer Verehrung römischer Provinzstatthalter gekommen. Jetzt strebte alles auf die Verehrung der ­einen Person des Alleinherrschers zu.2 Gottgleiche Verehrung einer lebenden Person war dem republikanischen Römer fremd. Eine Stelle bei Cassius Dio (51,20,7) wirft Licht auf eine zukunftsträchtige Institution: Der neue Princeps erlaubte es 29 v. Chr., dass man in Nikaia (heute İznik) und Ephesos zusammen mit der Göttin Roma seinen ermordeten Adoptivvater Iulius Caesar kultisch verehrte. Das Ansinnen, für ihn selbst einen Kult in Nikomedeia (heute İzmit) und Pergamon zu gründen, gestattete er nur den Provinzialen, nicht den in der Provinz ansässigen römischen Bürgern. Im Jahre 3 v. Chr. beschloss ein Kongress der Gemeinden Paphlagoniens in Gangra (heute Çankırı), regelmäßig einen Loyalitätseid auf Augustus an im ganzen Lande errichteten Altären von Sebasteia zu leisten.3 Das wohl berühmteste der heute noch sichtbaren Sebasteia steht in Ankara, der Hauptstadt der im Jahre 25 v. Chr. eingerichteten Provinz Galatia. Ein Provinzgouverneur hat in die Wände des Tempels den Text eines in Rom am Mausoleum des Augustus zur Schau gestellten Dokumentes eingravieren lassen: den Tatenbericht des Augus-

Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen

tus. Weitere Sebasteia der Provinz Galatia in den Städten Apollonia und Antiocheia in Pisidien trugen denselben Text. Ein Sebasteion in der kleinen Stadt Aphrodisias in Karien entstand erst in der Zeit der Nachfolger des Augustus, Tiberius bis Nero. Hier aber hat man der repräsentativen Architektur ein ganz besonderes Bildprogramm zugedacht, das die Sieghaftigkeit der neuen, die Welt beherrschenden Dynastie an vorderster Stelle zum Ausdruck bringen sollte: Ein langrechteckiger Platz (12 × 80 m) mit einem Podiumstempel am Ostende wurde an den Längsseiten von dreigeschossigen Hallen gerahmt, aufsteigend mit dorischen, ionischen und korinthischen Säulenordnungen. Ein reiches Bildprogramm von Reliefplatten hatte neben mythischen und historischen Szenen (Kaiserbilder) eine außergewöhnliche, historisch geradezu einmalige Sequenz: Im mittleren Stockwerk der Nordporticus waren Inschriftenbasen und dazugehörende Reliefs angebracht. Die in Reliefform erhaltenen Personifikationen – rundplastische Skulpturen von Frauen – sind jeweils mit Inselnamen und Namen von Völkerschaften beschriftet (Abb. 8). Das Inschriftenformular entspricht vorwiegend dem Muster «des ethnos der Ägypter». Im Unterschied dazu tauchen alle Namen von Inseln: Kreta, Kypros, Sikelia in der Nominativform auf. Schätzungsweise bildeten ursprünglich zwischen 45 und 50 auf beschriftete Basen gesetzte Reliefdarstellungen die Nordporticus, davon sind 16 ethnisch-geographische Namen erhalten bzw. rekonstruierbar; zwei weitere Reliefszenen mit den Personifikationen von Armenia und Britannia waren in der gegenüberliegenden Südporticus verbaut: Völkerschaft der Ägypter Völkerschaft der Andizetoi Völkerschaft der Araber Völkerschaft der Bessoi Völkerschaft der Bosporaner Völkerschaft der Daker Völkerschaft der Dardanen Völkerschaft der Iapodes Völkerschaft der Juden Völkerschaft der Callaeci Völkerschaft der Pirousti Völkerschaft der Rhaeti Völkerschaft der Trumpilini

Kreta Kypros Sikelia

Die Völker der Nordporticus wie Aigyptoi (Provinz Aegyptus), Andizetoi (Provinz Pannonia), Iapodoi (Provinz Illyricum) oder die oberitalischen Trounpeiloi

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 8: Aphrodisias, Türkei, Sebasteion, Personifikationen von Bessoi, Daker und Kreta

(Trumpilini) können mit den späteren Kaisern Claudius oder Nero in keiner Beziehung stehen. Man hat daher angenommen, dass das Sebasteion ursprünglich alle von Augustus eroberten oder wiedergewonnenen Regionen in Form dort ansässiger besiegter gentes bzw. nationes abbildete. Eine Ausnahme sind die im Nominativ wiedergegebenen Inselnamen Kreta, Kypros und Sikelia, die auf ­bereits vor Augustus bestehende Provinzen Creta-Cyrene, Cyprus, Sicilia ver­ weisen.4 Die Sebasteia stehen am Beginn einer eminent politischen Institution, die die so verschiedenen Bevölkerungen des Reiches in eine zeremonielle Loyalitäts­

Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen

bekundung einbinden sollte: des Kaiserkultes. Der Kult wurde von den Provin­ zialen selbst auf Provinz- und auf städtischer Ebene organisiert. Man hat an ­verschiedenen Orten Tempelbauten dem Kaiser in Gemeinschaft mit einer städtischen Hauptgottheit geweiht, wie zum Beispiel in Aizanoi Domitian und in Pergamon Traian mit Zeus. Der Kaiserkult war keine neue Religion, und er hat die Kulte der traditionellen Religionen der Provinzbewohner auch nicht verdrängt oder behindert. Auf den Sonderfall des Christentums werden wir noch zu sprechen kommen. Auf dem Princeps Augustus lastete das Partherproblem:5 die Schmach der Niederlagen eines Crassus und eines Antonius und die Standarten in Feindeshand. Auf parthischer Seite offenbarte sich wieder einmal Instabilität im notorischen Streit des Hochadels um den Thron. Schon Ende des Jahres 30 v. Chr. hatte Octavian in Syrien einen Thronprätendenten namens Tiridates empfangen, gleich­ zeitige Verhandlungen mit Abgesandten des Großkönigs Phraates scheiterten. Am 1. Januar 29 berichtete der Princeps dem Senat in Partherangelegenheiten. Vielleicht wurde geplant, den Prätendenten für einen Coup auf den parthischen Thron einzusetzen. Horaz dichtete ein Jahr später (carm. 3,8,19, übers. Fink): «Der persische Erbfeind ist mit sich selber in leidvolle Kriege verwickelt». Tatsächlich gelingt Tiridates, was der Antoniusschützling Monaises nicht zustande gebracht hatte: Er dringt über den Euphrat ins Partherreich ein, schlägt den überraschten Phraates IV. in die Flucht und ruft sich zum König aus; seine Münzen mit der Aufschrift «Freund der Römer» werden 26 /25 v. Chr. geprägt. «Rage das Kapitol glanzvoll empor, und die Macht, bezwungenen Medern Gesetze zu geben, habe das tapfere Rom», jubelt Horaz (carm. 3,3,42–44, übers. Fink). Doch der Römerfreund kann sich nicht halten. Mit Hilfe skythischer Stämme erobert Phraates seinen Thron zurück. Die Auslieferung des flüchtigen Tiridates wird ihm von Augustus verweigert, nur den entführten Königssohn lässt der Princeps frei – ohne die geforderten Feldzeichen als Gegengabe zu erhalten. In das Jahr 25 v. Chr., mitten in diese Vorgänge, fällt eines der merkwürdigsten Ereignisse der römischen Kaisergeschichte: Der extreme Vorstoß einer vom ägyptischen Präfekten, Aelius Gallus, angeführten Armee auf dem Landweg quer durch die Arabische Halbinsel nach Süden in den heutigen Jemen.6 Horaz spielt darauf in einem Zusammenhang mit der Offensive gegen die Parther an (Hor. carm. 1,29,1–5, übers. Fink): «Mein Iccius, du neidest nun den Arabern ihre reichen Schätze und rüstest dich für einen heißen Krieg mit Sabas nie zuvor besiegten Königen, und für den fürchterlichen Meder schlingst du Ketten?» Auf Befehl

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des Augustus stellte der Präfekt zwei ägyptische Legionen plus 1500 Mann jüdische und nabatäische Hilfstruppen zusammen. Der Landarmee korrespondierte, in einem nicht eindeutigen zeitlichen Verhältnis, eine Flottenfahrt entlang der Ostküste des Roten Meeres durch das Bāb al-mandab bis vor Aden. Es ist der wohl weiteste Feldzug außerhalb der Reichsgrenzen, den je ein Römer unternommen hat. Was seine Motive, seine Ziele und seinen genauen Verlauf angeht, gehen die Meinungen auseinander.7 Entgegen früheren Erklärungsversuchen habe ich in der Forschung den Standpunkt vertreten, Augustus habe mit einer Eroberung des Weihrauchlandes (aromatophoros chora) einen von den Parthern beherrschten Vasallenstaat unterwerfen und sich damit, statt wie zuvor Antonius in Aserbaidschan in der nördlichen, diesmal in der südlichen Nachbarschaft des Arsakidenreiches festsetzen wollen. Es ließ sich zeigen, dass diesem Plan eine falsche Vorstellung der geographischen Dimensionen und Entfernungen zugrunde lag, die den Marsch durch Terra incognita und die Flottenfahrt entlang einer schwierigen und unbekannten Küste in die Katastrophe führen musste. Obgleich die Hauptquelle, der zeitgenössische Schriftsteller Strabon, mit dem Feldherrn Aelius Gallus persönlich befreundet war und sein Bericht einen hohen Grad an Genauigkeit und Stimmigkeit erwarten ließe, bleibt dieser doch ins­ gesamt arm an Details und ist nicht ohne Fehler, Verwechslungen und Widersprüche (16,4,22–24).

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

Es war im September 1986, als ich den Plan, etwas von der gewaltigen Strecke dieses Unternehmens selbst zu erfahren, in die Tat umsetzen wollte. Nach Abschluss meiner Feldforschungen in der Türkei war Ankara Ausgangspunkt einer Autofahrt mit dem Ziel Südarabien, auf der mich meine Frau begleitete. Syrien, mit einem noch unzerstörten Kleinod Palmyra, Jordanien und der seinerzeitige Teilstaat Nordjemen standen für Touristen offen, Saudi-Arabien, anders als heute, dagegen nicht. Es war schwierig, in Amman ein Visum auch nur für den Transit zu erhalten. Nach zweitägigen Bemühungen hatten wir Glück, und an einem späten Nachmittag traten wir unsere Fahrt in Richtung der Südgrenze Jorda­ niens an. Jenseits der Nabatäerstadt Petra, zwischen Ras en-Naqb und Quweira, beginnt die große Wüste. Die zinnoberroten Felsendome des Wādī Rum, zwischen

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denen vor 70 Jahren der legendäre Thomas Edward Lawrence mit seinen Beduinen gegen Aqaba voranmarschiert war, glühten im Abendlicht aus der Ferne, bevor wir in der rasch einsetzenden Dunkelheit auf ein paar vereinzelt glimmende Lichter zufuhren: Al-Mudawwara, die Grenzsiedlung. Der nächtliche Übertritt dauert etwa drei Stunden. Die Zollkontrolle übernimmt ein Team malaysischer Gastarbeiter. Nachdem alles Gepäck ausgebreitet liegt und durchgemustert ist, weisen die Uniformierten den leer geräumten ­Wagen auf einen besonders markierten Stellplatz. Hier führen sie Schäferhunde heran, die zuerst die Außenseiten beschnüffeln, dann über die Heckklappe zur Hinterbank springen und mit tiefgerichteter Nase zwischen den Sitzen herumstaksen. Eine kleine Gruppe von Arabern wartet zu später Stunde gleichfalls auf ihre Abfertigung. Hinter der Grenze ein erster Stop an der Tankstelle: Knapp 70 Liter Diesel kosten umgerechnet etwa 5 DM. Wir sind im Öl-Dorado. Im ­Laden gegenüber lockt aus den neonbeleuchteten Kühlboxen ein schillerndes Sortiment von Fruchtsäften, gleichsam auftrumpfend gegenüber dem Totalverbot von Alkohol. Dass dies ein reiches Land ist, vermag auf der Fernstraße bis Tabuk nicht einmal die Dunkelheit zu verhüllen. Der makellose Asphalt wird von leuchtenden Seitenstreifen begrenzt. Kurz aufeinander folgend aufgenagelte Reflektoren an den Rändern geben der Straße einen Leuchtrahmen und dem Fahrer das Gefühl, auf einer Landebahn dahinzugleiten. Um Mitternacht führt die nun sechsspurige Bahn durch einen Wald von Glaskugellaternen ins taghell erleuchtete und doch fast leere Zentrum Tabuks: moderner Prunk von Bauten und Plätzen. Dann wieder das schnurgerade Leuchtband durch die scheinbare schwarze Einheit von Himmel und Wüste. Es ist 2 Uhr geworden, und an einer Abzweigung bei Al Qalibah lenke ich den Wagen ein Stück von der Straße weg auf den hartgepressten Sand, um das Nachtlager zu errichten. Lange Zeit beunruhigt das Kläffen bald näherkommender, bald sich entfernender Hunde. Der erste Blick aus dem Zelt am Morgen zuckt vor der harten, schneidenden Helle zurück. Im Osten flimmert die Horizontlinie, die Sonne steht hoch, im Westen eine weiße Wüstenfläche. Beim Zusammenpacken und noch während der Fahrt muss ich immer wieder in diese Richtung schauen, in Gedanken an eine Szene in dem Film «Lawrence von Arabien», in der Omar Sharif als Ali auf eine zu durchquerende, flimmernde Ebene deutet und sagt: «Dies ist der Glutofen der Sonne!» Es ist An Nafud, die Wüste im Norden der Arabischen Halbinsel, die etwa 100 000 Quadratkilometer Fläche einnimmt und im Westen bis an die Straße reicht. Dieser Tag kommt mir noch heute als der längste vor. Ab etwa 11 Uhr empfindet man die Hitze als beinahe

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unerträglich. Ein schmerzhafter Heißwind presst durch die offenen Fenster ins Wageninnere. Stunde um Stunde drückt die Glut, bald wird man benommen, glotzt dumpf brütend nach vorn. Der Körper ist vom Wassersaufen aus großen Plastikflaschen angefüllt. Aelius Gallus war von dem Küstenort Leuke Kome  – vermutlich am süd­ lichen Ausgang des Golfes von Aqaba gelegen – aufgebrochen und genau in diese Gegend des Landesinnern vorgestoßen. Zunächst befand die Armee sich, bis auf die Höhe von Madāʾin Sālih, noch auf Gebiet des befreundeten nabatäischen ­Königreiches, dessen Aufgebot an Hilfstruppen von einem Höfling und Verwandten des Nabatäerkönigs, Syllaios, angeführt wurde. Dieser Mann soll – laut Strabon  – verräterische Absichten gehegt und die Hauptschuld am verlustreichen Verlauf der Expedition getragen haben. Das ist bei näherem Hinsehen aber wenig glaubwürdig und diente wohl dem rückblickenden Römerfreund der Wahl eines geeigneten Sündenbockes. Tatsächlich dürfte von Anfang an die Schwierigkeit des Terrains ausschlaggebend gewesen sein. Wasser musste auf dem Rücken von Kamelen mitgeführt werden, da die Abstände zwischen den Brunnen groß und die nabatäischen Führer anscheinend ortsunkundig waren. Etwa zwischen Madāʾin Sālih und Medina herrschte ein Verwandter des Nabatäerkönigs, Aretas, dessen zum Teil wegeloses Land die Armee in 30 Tagen durchquerte, bis sie in nur noch von Nomaden durchstreifte Terra incognita vorstieß. Strabon hebt hervor, dass die Verproviantierung hauptsächlich aus Dinkel und Datteln sowie, für die Bewohner der mediterranen Zonen ungewohnt, Butter statt Öl bestand (16,4,24). Die Pilgerstraße durch den Hedschas, die arabische Westregion, nähert sich Medina. In vielen Ortschaften weisen Holz- oder Pappschilder auf kleine türkische Gaststätten hin, mit klangvollen Namen aus der Heimat wie Istanbul, Haliç, İskenderun. Die Türken sind freudig überrascht, sich mit uns in ihrer Sprache unterhalten zu können, und sie erzählen von ihren Verhältnissen. Sie arbeiten als Gastwirte, Schneider oder Fernfahrer, verdienen besser als in Deutschland, ­äußern sich aber verächtlich über die strengen Beschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens: «Hier kannst du keine Frauen ansehen, kein Bier trinken, es gibt nur Religion!», beklagt sich einer von ihnen. Eine gewisse Verachtung des Arabers klingt durch. Während der osmanischen Epoche haben die Türken Arabien bis hinab in den Jemen lange Zeit beherrscht. Historische Überreste dieser Herrschaft sind sichtbar, unter anderen in der verfallenen Trasse der HedschasBahn, die als Pilgerweg und Nachschublinie für die türkischen Truppen im Ersten Weltkrieg zwischen Damaskus und Mekka ein Stück Eisenbahngeschichte darstellt (Abb. 9).

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

Abb. 9: Rast an der Trasse der Hedschasbahn, nördliches Saudi-Arabien, 1986

Auf die sengende Hitze des Tages folgt in Küstennähe feuchte, schwüle Luft. Jeddah, der alte Hafen Mekkas, kündigt sich an durch ein Autobahngewirr zwischen den Terminals des riesigen King Abdul Aziz International Airport. Ein besonderer Hadsch-Terminal ist den zur Saison einschwebenden Pilgermassen vorbehalten. In der Dämmerung des zweiten Abends blinken im Zentrum die Leuchtreklamen japanischer Konzerne von den Hochhäusern herab. Jeddahs vereinzelte Altstadtrelikte aus dem 19. Jahrhundert, die weißen Kalksteinbauten mit den aus schwerem, dunklem Holz geschnitzten Fensterbalkonen, zeigen sich am nächsten Morgen in grellem Licht. Welcher historisch interessierte Europäer würde sich nicht wünschen, einmal die Kaaba, das Heiligtum der Muslime in Mekka, mit eigenen Augen zu sehen? Ich wusste, dass es ein Wunsch bleiben musste. Über der sechsspurigen Autobahn kamen in immer kürzeren Abständen Hinweistafeln vor, die fünf der Bahnen mit «Mekka» auswiesen, die sechste mit «Non Muslims». Diese knickte bald ab und machte einen weiten Bogen um die Stadt, nicht bevor noch größere Warntafeln mehrsprachig die verbotene Zone und Kontrollstationen angekündigt hatten. Der Weiterweg der Armee des Aelius Gallus wird nicht präzise beschrieben, führte auf jeden Fall durch «wahrhaft wüstes» Terrain – das heißt durch das Landesinnere – mit dem Namen Ararene. Dieser Name ist von Arabisch ʾAr ʾAr

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abgeleitet und bezeichnet den dort heimischen Iuniperus-Baum, eine Wacholderart.8 Beherrscht wurde das Land von einem König namens Sabos. Nach 50-­tägigem Marsch durch wegloses Gelände erreichte die Truppe die «Polis der Negraner» in einer fruchtbaren und friedfertigen Gegend: das heutige Nadschran, am Ostrand des Hochlandes und am Westrand der großen Sandwüste Rubʿ al-Ḫālī. Der König war geflohen und die Stadt wurde kampflos besetzt. Jeder Kontakt zur Flotte, wenn sie denn zur gleichen Zeit operierte, muss längst verloren gegangen sein. Diese war an der von den Handelsfahrern gemiedenen Ostküste des Roten Meeres entlang gefahren und hatte allerlei Widrigkeiten erfahren wie Hafenmangel, Felsküsten, Riffe, Gezeiten sowie schwierige Strömungsund Windverhältnisse am Bāb al-mandab, bevor sie, stark dezimiert, vor Aden auftauchte. Unsere Route nach Süden hält sich in Küstennähe. Der Wechsel der Landschaften Arabiens prägt sich an diesem Tag zum ersten Mal ein. Nach und nach kommt linker Hand dunkel abweisender Vulkanfels ins Blickfeld, der sich zu den zerklüfteten, zackenreichen Ketten des Asir erhebt. Dieser nordsüdliche Gebirgsriegel wird sich ins Hochland des Jemen hinein fortsetzen. Nach stundenlanger Fahrt auf der Küstenstraße Richtung Dschisan verliert man ihn wieder aus den Augen. Stattdessen färbt sich der Horizont dunkelgelb, und ein Sturm peitscht den Sand in Streifen quer über die Fahrbahn. Vor Dschisan beginnt es in dicken Tropfen zu regnen. Die Stadt am Roten Meer macht einen halbzerfallenen, abweisenden Eindruck. Obwohl es schon wieder Nacht wird, wollen wir weiter zur Grenze. Kein Hinweisschild! Nach wiederholtem Fragen finden wir die Ausfallstraße nach Harad, dem Grenzübertritt zum Nordjemen. Die Abfertigung auf der saudischen Seite geht rasch vonstatten. Vorbei an vielen mit farbigem Neonlicht erleuchteten ­Buden, Gaststätten und Tankstellen taucht die Straße wieder ins Dunkel ein, und wir rollen eine Zeitlang im Niemandsland dahin. Ein niedriges, flachgedecktes Steingebäude und Schlagbäume verraten das Ziel. Ich parke vor dem Gebäude, betrete geduckt durch die niedrige Öffnung den von einer Glühbirne schwach beleuchteten Raum. Drei Männer kauern auf dem Boden zwischen rings verstreuten Qatbüscheln; bei jedem von ihnen fällt sofort die deutlich ausgebeulte Backe auf, wo golfballgroße Pfropfen aus Qatblättern stecken. Der Saft dieser Blätter soll entspannend wirken. Auf einer Abendgesellschaft habe ich später die mir angebotenen Blätter gekaut – ohne etwas zu merken. Man sagt, dass es längerer Gewöhnung bedarf, um die Droge als angenehm zu empfinden. Das Qatkauen, im benachbarten Saudi-Arabien ganz verboten, im Südjemen auf das ­Wochenende beschränkt, ist hier jedenfalls allgegenwärtig. Beim Anblick der

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

Männer kommt mir in den Sinn, dass Strabon den Südaraber als «vollkommen unkriegerisch» beschrieb;9 die Jemeniten scheinen mit ihrem Outfit um die Widerlegung dieses Satzes bemüht: Die sehnigen, dunkelhäutigen Gestalten in bunten Röcken und mit wildverschlungenen, geknoteten Kopftüchern haben Patronengürtel über die Schulter geworfen, ihre Gewehre hängen an Wandhaken. In der Mitte des bestickten Hüftgürtels tragen sie an einer Schlaufe die Dschambiya, den Krummdolch, ohne den kaum ein männlicher Jemenit, der älter als zwölf Jahre ist, auf die Straße geht. Nur im Gedränge an der Passstelle der saudischen Botschaft in Sanʿā erlebte ich es später, dass die Leute ihre Dolche ablegen mussten – nicht ohne Widerwillen –, bevor sich jeder ins Handgemenge um die vorderen Plätze an dem Fenster stürzte, wo die Pässe mit gestempelten Visa ausge­ geben, oder genauer: ausgeworfen wurden. Scheide und Griff dieser Dolche sind manchmal kunstvoll gearbeitet. Es gibt sie auch aus gehämmertem Silber, die gezückte Klinge dagegen sieht eher nach gepresstem Blech als nach Stahl aus. Die Männer blicken zunächst schläfrig und verwundert, dann mit wacher Neugierde auf mich und den Wagen draußen vor der Tür. Sie scheinen unschlüssig, wie zu verfahren sei. Indessen verspüre ich ihr offenes, freundliches Interesse und Wohlwollen. Ausdrücke des Willkommens fallen wiederholt, während die Pässe mit Sorgfalt durchmustert und ausgeschrieben werden. Nach einer Gepäckkontrolle geschieht lange nichts, schließlich macht man uns klar, dass alles geregelt sei, bloß die Unterschrift eines Chefs fehle, der erst am Morgen zurückerwartet werde. In der Schwüle der Nacht baue ich also das Zelt zwischen den Schlagbäumen der Grenzstation auf und hämmere gerade den letzten Hering ein, als mich die Scheinwerfer eines Landcruisers blenden, der neben dem Zollgebäude stoppt. Aus dem Fenster reckt sich der Kopf des Zollchefs hervor, natürlich mit ausgebeulter Backe; er wirft einen flüchtigen Blick auf unsere Papiere und unterschreibt. Am Morgen ist es unverändert schwül, und Wolken bedecken den Himmel. Für die Tihama, die Küstenregion am Roten Meer, fällt die Hauptregenzeit in den September. Von Bergen im Osten ist nichts zu sehen, bis zum Horizont nur flaches Land. al-Ḥudaida an der Küste ist nach wenigen Stunden Fahrt durch eine trostlose Ebene erreicht. Von hier führt die Hauptverbindung nach Sanʿā durch das Wādī Surdūd in den Bergjemen, von dem sich aber auch nach einer ganzen Weile auf östlichem Kurs noch nichts zeigt. Stattdessen verdichten sich hier afrikanische Impressionen: Die Dörfer am Feldrand bestehen aus einer Gruppe dichtgedrängter, runder Hütten mit spitzgedeckten Strohdächern. Dunkelhäutige Frauen, in buntes Tuch gekleidet und mit breitkrempigen Hüten, stehen gebückt bei der Feldarbeit. Die Tihama besitzt ihren afrikanischen Charakter seit

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Jahrtausenden, in denen sie in Wechselbeziehungen mit dem gegenüberliegenden Ostafrika steht. Allmählich wird es hügelig, endlich bergig, kurvig, immer steiler, die Straße schraubt sich hinauf, klettert über Kanten und Grate hinweg wieder abwärts, um von neuem Stufe um Stufe zu überwinden. Eine atemberaubende Bergwelt umfängt uns mit dunkelgrünen Terrassenfeldern und ockerfarbenen Türmen der Wehrdörfer, die in Gipfelhöhe oder auf abschüssigen Vorsprüngen zusammengedrängt sind. In diesem Gelände mussten die türkischen Eroberer, die seit dem 16. Jahrhundert mehrmals eingedrungen waren, so hohe Verlust hinnehmen, dass ihnen der Jemen sprichwörtlich als Land ohne Wiederkehr galt. Nach der letzten Passhöhe unterhalb des Dschabal An-Nabī Shuʿayb (3666 m) blicken wir auf ein weites Plateau hinab. Am Himmel stehen aufgelockert weiße Wolkenbäusche, die Fernsicht ist scharf. Weit unten bedecken die Häuserwürfel der Hauptstadt das Zentrum der Ebene. Bevor die Stadtgrenze erreicht ist, werden wir von Militärposten kontrolliert. Dieser Maßnahme begegnen wir in den nächsten Tagen regelmäßig an den Hauptstrecken des Landes vor jeder größeren Ortschaft. Als Einzelreisende in einem Wagen mit deutschem Kennzeichen erschienen wir den Posten so ungewöhnlich, dass manchmal das ganze Wageninnere ausgeräumt, durchsucht und wieder eingeladen wurde. Gelangweilt blickten sie dagegen in die Pick-ups der Einheimischen, vornehmlich um zu kontrollieren, dass vom Lande kommende Jemeniten keine Schusswaffen mit sich tragen, wenn sie in die Stadt wollen. Sanʿā.  – Nirgendwo, ausgenommen vielleicht an den Moscheenkuppeln im persischen Isfahan, habe ich eine vollkommener märchenhafte Kulisse angeschaut als im alten Kern dieser Stadt. Hier erlebt man eine in sich geschlossene Traumwelt arabischer Architektur. Hinter dem Bāb el-Yemen, dem einzigen erhaltenen Stadttor aus dem 17. Jahrhundert, empfängt einen die Altstadt. Die meisten der fünf bis neun Stockwerke hohen, mit Ziegeln und Gips reich ornamentierten Häusertürme stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, einige ältere soll man an ihrer runden Fensterart erkennen. Auch die jüngeren haben weitgehend den typischen Wehrcharakter erhalten: Das Untergeschoss bildet eine Halle, die von Balustraden herab gegen Eindringlinge verteidigt werden kann. Häuser und Viertel, Gassen und Gärten bewahren die beinahe ungestörte Harmonie von Detail und Ganzem so, dass man sich einer suggestiven Stimmung kaum zu entziehen vermag. Über ganze Fassadenfluchten legen Ranken-, Blumen- und geometrische Schmuckelemente ein betörendes Formen- und Farbenspiel, das in der Abendsonne glüht. Lärm und Treiben des Marktes folgt die Versunkenheit bei Nacht im Labyrinth der Gassen: ein Licht hie und da aus einem Türspalt oder durch buntes

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

Fensterglas, das Vorüberhuschen einer schwarz verhängten Frauengestalt, von fern her Hundegebell, sonst Stille und Dunkelheit. Aber das ist eine Insel, umgeben vom Betonmeer der verkehrsreichen, wachsenden Großstadt. Auf den Straßen begegneten uns damals nicht wenige Touristengruppen. Sanʿā empfing sie mit einer Auswahl gediegener Luxushotels, Reiseagenturen und einem organisierten Exkursionsprogramm. Eine Einreise in den separaten Südjemen war nicht möglich. Unser südlich­ ster Punkt war Taʿizz am Südrand des Bergjemen, kaum 150 Kilometer von der einstigen britischen Kolonie Aden, dem antiken Arabia Eudaimon entfernt, ca. 250 Kilometer von Sanʿā, 4750 Kilometer von Ankara und 7750 Kilometer von zu Hause. Taʿizz breitet sich am Hang des Dschabal Saber zu Füßen der weiß leuch­ tenden Aschrafiya-Moschee unter einem dunkel verhangenen Himmel aus. Faszinierend ist der Markt. Endlose Korbreihen mit getrocknetem Fisch, geräucherter Käse, Gewürze, Qat, Stoffe, Krummdolche, Silberschmuck, daneben Plastikeimer und -schüsseln, Gürtelschnallen, Kassettenrekorder  – eine bizarre Mixtur von Waren, zwischen denen Männer und Frauen hocken und handeln. Die Gewandung der Frauen und ihre Kopfbedeckung ist unterschiedlich, neben geschlossenem, auch das Gesicht verdeckendem Schleier kommt freizügige Kleidung vor, keineswegs durch europäischen Einfluss, sondern in ortsgebundener Tradition. Manche tragen auf ihren runzeligen Gesichtern Tätowierungen. Von Nadschran seien die Römer laut Strabon in sechs Tagen an einen Fluss, zweifellos das Wādī Ǧawf, gekommen, hätten hier siegreich eine Schlacht mit den Barbaren geschlagen und anschließend wiederum kampflos zwei Städte, Aska und Athroula, besetzt, die man mit Našq und Yaṯill identifizieren kann. An dieser Stelle gibt es den seltenen Glücksfall, dass sich lokale Funde mit dem Bericht des Schriftstellers verbinden lassen. Seiner Erwähnung eines Stammes der Rhammanitai, deren Anführer ein gewisser Ilasaros gewesen sei, entspricht eine unweit von Našq gefundene Steininschrift in altsüdarabischer Sprache, die einen Ilšaraḥ vom Stamme der Raymān erwähnt. Aus der Umgebung von Yaṯill stammt ein noch aufregenderes Zeugnis. Es handelt sich um das marmorne Bruchstück mit der griechischen und lateinischen Grabinschrift eines römischen Reitersoldaten (eques).10 Möglicherweise entstand hier eine längere Zeit besetzte Etappe der römischen Armee, von der aus man den weiteren Vormarsch ins Weihrauchland plante. Mārib im Wādī Dana, das Zentrum des Reiches von Saba, hat das römische Landheer auf jeden Fall erreicht. Es liegt, ähnlich wie weiter nördlich Nadschran, am östlichen Fuße des Hochlandes, vor dem sich hier die größte zusammen­ hängende Sandwüste der Welt, das «Leere Viertel» (Rubʿ al-Ḫālī) ins Innere der

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 10: Mārib-Stadt, Jemen

Halbinsel ausdehnt. Ob und bis zu welchem Punkt die Römer noch weiter vorgedrungen sind, geht aus den Quellen nicht eindeutig hervor. Strabon berichtet, von Mārib hätten sie nach sechstägiger Belagerung abgelassen und seien um­ gekehrt. Wie man von Gefangenen erfuhr, habe man sich gerade einmal zwei Tagesreisen von dem Land entfernt befunden, das Weihrauch produziert. Dem römischen Schriftsteller Plinius dem Älteren zufolge, der sich auf den offiziellen Feldzugsbericht (arma nostra) stützt, sei Mārib zerstört worden; und die hervorragendsten Kämpfer, mit denen es die Legionäre zu tun bekamen, seien Chatramotitae gewesen  – die Bewohner des Ḥaḍramawt (Plin. nat. 6, 161). Da das e­ igentliche Ziel der Expedition das weihrauchtragende Land war, könnte nach einer Zerstörung Māribs ein weiterer Vorstoß auf die hadramitische Hauptstadt Šabwat erfolgt sein, die in der Tat sehr viel näher am Weihrauch produzierenden Land liegt als Mārib. Vielleicht erfolgte die Umkehr erst hier.11 Mārib war Endpunkt und Höhepunkt auch unserer Jemenreise. Von Sanʿā führt eine einsame Landstraße über Ṣirwāḥ hinab ins Wādī Dana.12 Hier lag in der nördlichen der beiden von dem Wādī geteilten Oasen die von einer 4 Kilometer langen Enceinte umgebene antike Stadt, heute unter einem neuzeitlich überbauten Hügel verborgen (Abb. 10). Intra muros stand der gewaltige Ḥarun-Tempel mit Vorhalle und Propylon. Außerhalb der Stadt in der Südoase, jeweils ca. 2 und 4 Kilometer südöstlich des Stadthügels, befinden sich zwei weitere Tempel: Von

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

Abb. 11–12 – oben: Propylon und Vorhalle des ʾAwam-Tempels (1986) – unten: Barʾan-Tempel

dem inzwischen ausgegrabenen Barʾān-Tempel war damals kaum etwas zu sehen (Abb. 12). Vom größten aller südarabischen Heiligtümer, dem ʾAwam-Tempel, ragten die monolithischen Pfeiler des Propylons, einige Pfeiler der Vorhalle und Teile der massiven Temenosmauer beziehungslos aus den Sanddünen, die eine

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Anlage verbargen, die 1951–1952 von amerikanischen Archäologen teilweise freigelegt worden war (Abb. 11). Alle drei Tempel waren dem Hauptgott der Sabäer, ʾAlmaqah, geweiht. Den inschriftlich bezeugten Königspalast hat man bis heute nicht ausmachen können. Zur Zeit unseres Besuchs war Mārib ein fast verlassenes Dorf. Auf dem Rundweg zwischen den verlassenen Häusern fielen uns herumliegende oder als Baumaterial wiederverwendete Inschriften auf, höchst kunstvoll eingemeißelte Buchstaben, die eines der frühesten Alphabete der Geschichte bezeugen. Die Leere, die den Ort umfängt, ließ nur mit Mühe eine Vorstellung von dem einst üppig grünen, bewaldeten Tal aufkommen. Das Kunststück der Bewässerung brachten die alten Sabäer unter anderem mit einem Bauwerk zustande, dessen Ruinen zu den imponierendsten Zeugnissen der antiken Welt gehören: der ca. 6 Kilometer westlich der Stadt gelegene Damm, der das von Westen kommende Wasser des Wādī am Rand der Nordoase staute und in ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem überleitete (Abb. 3). Allein die fugenlos gesetzten Blöcke der Südschleuse lassen auf eine handwerkliche Meisterschaft schließen, wie man sie von Griechen und Römern erst aus späterer Zeit kennt. Unsere Rückreise sollte  – anders als der südliche Abschnitt des Hinwegs durch die Tihama – auf oder in mutmaßlicher Nähe der römischen Anmarschund Rückmarschroute erfolgen. Sie begann in Saʿda, einem Marktort im Norden der Hauptstadt. Der Ortskern besteht aus eigentümlichen Stampflehmbauten (Abb. 13). Wülste aus feuchter Erde, Lehm und Häcksel sind Ring für Ring auf­ einandergelegt und dabei an den Gebäudeecken hochgezogen. Man blickt in die Winkel und Ecken dieser fremdartigen Stadt von der noch rings erhaltenen Umwallung hinein, die man weitgehend abschreiten kann. Von Saʿda führt eine alte Karawanenstraße ins Wādī Nadschran, wo sich seinerzeit die einzige Grenzstation nach Saudi-Arabien befand, die es außer der­ jenigen bei Harad gab. Sie ist in der Karte der Deutsch-Jemenitischen Gesellschaft (Stand 1982) als «wichtige Piste» von 80 Kilometer Länge eingezeichnet. Die Römer haben den Rückzug nach Nadschran in neun Tagen bewältigt. Als wir gegen 16 Uhr aufbrachen, hofften wir, die Grenze am selben Abend zu erreichen. Auf die Frage «Nadschran?» zeigt ein Mann am Nordtor der Stadtmauer auf einen Feldweg Richtung Nordosten. Nach kurzer Fahrt kommen Zweifel auf, ob das die «wichtige Piste» sein kann. Waschbretter, die bei über 40 km / h unerträglich hart auf die Sitze durchschlagen, wechseln mit bedenklichen Sandlöchern (Abb. 14). Die Piste lässt wenig mehr als Schritttempo zu. Auf einem kargen, wüstenartigen Hochplateau steht ein einsamer Pick-up vor einer Zapfsäule: Also doch richtig! In der hereinbrechenden Dunkelheit taste ich mich im Scheinwerferlicht über

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

Abb. 13: Saʿda, Jemen, Stampflehmhäuser

Geröll und hartgepresste Sandwellen durch Kurven talwärts, dann wieder bergauf, Stunde um Stunde. Es mochte kurz vor Mitternacht sein, als auf einer sandigen Fläche weit voraus die Lichter von Häusern schimmern. Beim Näherkommen teilt sich die Fahrspur in mehrere Zweige, und plötzlich drehen die Räder durch. Der Wagen verliert im Handumdrehen an Fahrt und gräbt sich bis auf die Bauchplatte in grundlosen Sand. Festgefahren, nachts, irgendwo im Grenzgebiet zwischen Jemen und Saudi-Arabien! Ich gehe auf die Häuser zu, rufe mehrmals laut. Kurz darauf kommt eine Gruppe Männer und betrachtet die Szene interessiert von allen Seiten. Wir werden mit Händeschütteln willkommen geheißen. Im Nu bringt man ein Tablett mit Fladenbrot und Hammelfleisch. Ich versuche zu erfragen, ob es im Dorf einen Wagen gibt, der uns herausziehen könnte, und ich verstehe die Männer so, dass einer unterwegs sei und bald zurückerwartet werde. Tatsächlich hören wir wenig später Motorengeräusche und ein Landcruiser taucht am Rand des Sandbettes auf. Ein kurzes Palaver klärt den Fahrer über die Situation auf. Er blickt mich mit einer Miene tiefer Zufriedenheit an und sagt das Wort: «Flus». Also Geld will er! Ich gestehe, dass mich seine Forderung ärgerte, hatte ich doch meinen bisherigen Erfahrungen zufolge eine solche Hilfeleistung kaum irgendwo bezahlen müssen. Deshalb wage ich es, die fragende Geste, was ich denn zu geben bereit sei, achselzuckend mit einem arabischen Wort zu beantworten: «Misafir» (Gast). Es erzielt eine wunderbare Wirkung.

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 14: Piste zwischen Saʿda und Nadschran

Nach längerem Schweigen nimmt der Mann die Schlaufe des Seiles vom Boden auf und macht sie an seinem Toyota fest. Nach ein paar Versuchen gelingt die Befreiung unseres Wagens. Ich biete dem Helfer jetzt Geld an, aber er lehnt ab. Zuletzt fährt er noch ein paar hundert Meter vor uns her, bis das Pistengewirr außerhalb des Dorfes wieder in eine Spur mündet. Dann fahren wir allein weiter durch die Nacht. Auf Basaltgeröll geht es abermals bergauf. Vor jeder Kuppe hoffe ich auf e­ inen Talblick, der endlich die Lichter der Grenzstation erfasst. Doch bloß ein Einschnitt öffnet sich vor der nächsten Bergkette, die sich schwarz vom Nachthimmel abhebt. Nach zermürbendem Auf- und Abwärts arbeiten wir uns in einem steinigen Sandbett voran, links und rechts an knorrigen, verdorrten Bäumen vorüber. Gegen 3 Uhr morgens halte ich nach einem geeigneten Schlafplatz Ausschau, als hinter einer Biegung Lichter auftauchen: ein paar Wellblechhütten, Pick-ups und Kamele. Es ist nicht die Grenzstation, sondern eine Rast- und Sammelstelle an der Piste. Wir verzichten auf das Zelt, ich krieche in den Schlafsack gleich neben dem Wagen und schlafe sofort ein. Reges Treiben im ersten Licht. Ein paar Geländewagen starten, Kamele werden beladen. Wir verlassen den Ort als Letzte. Aus dem steinigen Bett heraus führen die Fahrspuren plötzlich in ein weites Sanddünenterrain. Der Tachometer zeigt an, dass wir von Saʿda aus eine Strecke von 168 Kilometer zurückgelegt

Exkurs: Auf den Wegen der Expedition des Aelius Gallus nach Südarabien

haben, und zwar in elfeinhalb Stunden bis zur nächtlichen Rast. Ein späteres Kartenstudium macht deutlich, dass die Route weit nach Nordosten, in die Rub  ʿal-Ḫālī hinein, ausholt, um erst jenseits der Grenze 60 Kilometer nach Westen auf Nadschran zu führen. Wir pflügen durch eine grandiose Sand­ wüstenszenerie scheinbar ziellos gegen den Horizont, wo sich ein stahlblauer Himmel von dem satten Gelb des Grundes abhebt. Fern zu beiden Seiten bläu­ liche Bergketten, und in der Tiefe vor ihnen ziehen, weit weg, gerade noch aus­ zumachen, Kamelreihen ihres Weges. Der Wagen darf die Dünen aufwärts nicht zu viel Fahrt verlieren. Wiederholt wird der Sandgrund so weich, dass er eine Strecke lang wie in einem Brei herumschlingert und der Schwung gerade ausreicht, bis wieder Traktion spürbar wird. Auf einem festen Stück halte ich an. Nach etwa einer Dreiviertelstunde Weiterfahrt fällt der Blick auf einen grauen Punkt weit voraus im Sand. Ich traue meinen Augen kaum: Beim Näherkommen zeichnet sich deutlich ab, dass hier mitten aus dem Wüstensand eine breite, dunkelgraue Straße gleichsam herauswächst. Ich halte darauf zu wie ein Pilot auf die Landebahn, und der Wagen gräbt sich mit der Schnauze nach oben den letzten, flachen Sandhügel hinauf, um schließlich mit den Vorderrädern auf den Asphalt zu kippen. Hinter einer Düne links stehen Wellblechhütten, davor Geländewagen, Lastwagen, Kamele: die jemeni­ tische Grenzstation. Kurz vor Mittag haben wir beide Stationen passiert. Hinter Nadschran beginnt eine lange Fahrt durch die Bergregion Asir, auf gut ausgebauter Straße. Wenn eine Passhöhe erreicht und der Blick frei war, reihten sich im Abendlicht endlose schwarze Basaltketten auf und verebbten gegen Westen, eine unheim­ liche, abweisende Landschaft, und doch von verwegener Schönheit. Die Stunden am Steuer kosten Kraft, die gewaltigen Entfernungen machen sich jetzt physisch bemerkbar. Wir wussten, dass in Saudi-Arabien Frauen das Autofahren verboten ist, doch an diesem Abend drängt meine Frau, in der Dunkelheit den Fahrersitz einzunehmen. Wir wechseln also, ich stelle meine Sitzlehne zurück und versinke sofort in Schlaf. Ich weiß nicht, wie lange danach, weckt mich Blaulicht auf, das direkt vor meinen Augen tanzt. Vor uns steht ein Nissan Patrol der saudischen Polizei. Ein junger Polizist in cremefarbener Uniform und blauem Barett tritt an die Bei­ fahrerseite heran und winkt mir, auszusteigen. Meine Frau würdigt er keines ­Blickes. Ich werde zum Polizeiwagen geführt, wo ein zweiter Beamter sitzt und Funksprüche durchgibt. Passanten treten hinzu, die sich, als ihnen der Sachverhalt klar wird, vor Kichern kaum halten können: Die Vorstellung einer autofahrenden Frau bereitet ihnen unsägliches Vergnügen. Ein zweiter Streifenwagen

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

trifft jaulend ein. Pässe, Visa, Führerschein etc. werden geprüft. Endlich macht mich einer der Polizisten in gebrochenem Englisch auf mein Vergehen aufmerksam; er geht – zum Glück – offenbar davon aus, dass ich mir nicht bewusst war, gegen ein Gesetz verstoßen zu haben. Jedenfalls ließ er es zu meiner größten Erleichterung bei der Belehrung bewenden und verabschiedete sich freundlich. Gegen 2 Uhr nachts erreichen wir Taʿif am Nordrand des Asir und am nächsten Morgen geht es in engen Kurven tief hinab in die Ebene von Mekka. Bald darauf mündet die Straße in die von der Hinfahrt bekannte Strecke, und nördlich von Medina taucht sie in die Ausläufer der Sandwüste. Die Römer waren elf Tage von Nadschran bis an einen Ort namens «Sieben Brunnen» marschiert, von dort, durch friedliches Land, zu einem Dorf Chaalla und zu einem weiteren Dorf Malotha nahe einem Fluss. Von hier an durchquerten sie wüstes Land mit wenigen Wasserstellen und erreichten Egra im Land des Obodas beim heutigen Madāʾin Sālih. Unsere Straße führt östlich an Madāʾin Sālih vorbei. Am späten Abend gleitet der Wagen auf dem Asphalt durch eine silbrighell schimmernde Unendlichkeit aus Sand am Rande der Nefud, bis weit voraus ein paar bunte Lichter die Oasenstadt Taima anzeigen. Ein letztes Nachtlager in der Wüste unter einem mit Sternenclustern wie mit Diamantbroschen auf schwarzem Samt besetzten Himmel. Der aufkommende silberne Vollmond überstrahlt bald alles: Groß und klar steht die Lichtscheibe scheinbar weit zurück hinter der Ebene, als ob sie zum Abschied aus Arabia Felix herübergrüßen wollte. Aelius Gallus, so Strabon, soll den gesamten Rückmarsch in 60 Tagen geschafft haben. Er ließ die Armee über das Rote Meer übersetzen, ging in Myos Hormos an der Ostküste Ägyptens an Land und kehrte über Koptos und den Nil abwärts nach Alexandreia zurück. Die erheblichen Verluste seien allein auf Krankheit, Erschöpfung, Hunger und die Strapazen der Wege zurückzuführen. «Aus diesen Gründen», so schließt der Bericht, «hat dieser ganze Feldzug auch nicht sehr viel zur Kenntnis der Örtlichkeiten beigetragen» (16,4,24). Dem modernen Historiker gibt diese römische Orientexpedition mit einem Hin- und Rückmarsch von beinahe 5000 Kilometer durch unbekanntes, karges, zum Teil wüstes Land Rätsel auf. Wie bei den meisten römischen Kriegen, so fehlen auch hier überlieferte Äußerungen der Gegenseite fast vollständig. Zwei südarabische Inschriftenfragmente aus Marib und Timna, der Hauptstadt von Qataban, geben über die Erwähnung einer Anwesenheit der Römer hinaus so gut wie nichts her.13 Frappierender, und doch schwer zu interpretieren, weil völlig isoliert, ist eine südarabische Münzprägung mit Augustuskopf (Head, HN2 813), die ihren Anlass am ehesten vielleicht in der Zeit des Aelius-Gallus-Feld­

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Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen

zuges und / oder der ungefähr gleichzeitigen Besetzung Adens durch eine römische Flotte findet.14 Sie lässt nicht zwingend auf eine Unterwerfung oder ein ­Unterordnungsverhältnis schließen. Ob die Römer im Lande selbst, etwa bei den ­Himyariten, Verbündete fanden, ob nach dem Rückzug der Armee des Präfekten sowohl das Hochland als auch der Hafenort Aden vollständig geräumt wurde, ist unsicher. Auf dem Seeweg durch das Rote Meer jedenfalls blühte alsbald die von Großkaufleuten, insbesondere in Alexandreia, organisierte Handelsschiffahrt (s. unten S. 177–187). Der um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. im Periplus Maris Erythraei (23.26) genannte himyaritische Herrscher Charibael war den Römern freundschaftlich verbunden (philos ton autokratoron), was er durch mehrere Geschenke bringende Gesandtschaften an den Tag legte. Militärpräsenz am Ausgang des Bāb al-mandab treffen wir erst wieder in traianischer Zeit an. Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen

* * * Nachdem Augustus die Einsetzung eines Römerfreundes auf dem parthischen Thron ebenso misslungen war wie eine dauerhafte Besetzung Südarabiens, gelang ihm ein, freilich nicht stabiler, diplomatischer Erfolg. Zunächst ergab sich die Gelegenheit zu einer Intervention im Thronstreit Armeniens. Der Rom feindlich gesonnene Artaxias hatte den Rückhalt im eigenen Lande verloren. Die Opposition wünschte seinen Bruder Tigranes als König, der sich in römischem Gewahrsam befand. Im Jahre 20 v. Chr. führt ihn Augustus’ Stiefsohn Tiberius im Auftrag des Princeps mit einer Armee an den Araxes, wo er inthronisiert, sein gestürzter Bruder ermordet wird. Tiberius vermag, zweifellos mit Nachdruck der in Armenien aufmarschierten Heeresmacht, das Einlenken der Parther ent­ gegenzunehmen: Die erbeuteten Feldzeichen der Legionen des Crassus und des Antonius werden ihm ausgehändigt, und der Großkönig schickt Söhne als Geiseln nach Rom. Man kann die diplomatische Geste des Großkönigs als eine kluge, den Frieden für längere Zeit erhaltende Entscheidung ansehen, die auf Augenhöhe mit dem Herrscher des Westens getroffen wurde. Für Augustus ist die Gesichtswahrung perfekt: Münzen mit der Aufschrift «Armenien ist eingenommen» (Armenia capta) werden geprägt, und in seinen res gestae schreibt der Princeps, er habe die Parther gezwungen, die Freundschaft des römischen Volkes anzustreben, auch habe er Armenien zur provincia machen können und nur aus Gründen der Tradition darauf verzichtet (R. gest. div. Aug. 27. 29). Die Errichtung eines großen Bogens auf dem Forum mit Augustus im Triumphalgespann legt nahe, dass

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

er damals glaubte, eine befriedigende und dauerhafte Lösung erreicht zu haben. Der Caesar verkündete des Weiteren stolz, er habe mehrere Gesandtschaften aus Indien empfangen, die vor ihm noch kein römischer Führer zu Gesicht bekommen habe, seiner Freundschaft hätten sich Gesandte der Völker jenseits des Don ebenso versichert wie die Könige am Südrand des Kaukasus (R. gest. div. Aug. 31,1).15 Den Römern eine fest garantierte Prärogative bei der armenischen Thronfolge zuzugestehen, lag jedoch nicht in der Absicht der Parther. Dem Regiment Tigranes’ III., der noch vor dem Jahr 6 v. Chr. gestorben war, folgte zunächst die Samtherrschaft seines Sohnes Tigranes IV. mit seiner Schwester Erato. Da Rom gegen Tigranes einen gewissen Artavasdes durchsetzen wollte, stellte sich der Thronfolger wieder unter den Schutz der Parther. Eine bewaffnete Mission unter der Führung des Augustusenkels Gaius scheiterte im Jahre 1 v. Chr. an den chaotischen Auseinandersetzungen in Armenien, wo Tigranes, gerade als er sich wieder mit den Römern arrangieren wollte, von Aufständischen getötet wurde. Gaius erlitt bei einem Attentat eine Verwundung, an der er auf der Heimreise in Limyra, an der Küste Lykiens, verstarb. Die von der Mission begünstigten Thronkandidaten starben in kurzer Aufeinanderfolge. Um die Zeit von Augustus’ Tod (14 n. Chr.) führte noch einmal die Witwe Erato die Regierung. Als Tiberius Kaiser wurde, hatte ein Sohn des Partherkönigs namens Vonones den Thron am Araxes bestiegen. In einem knappen Jahrhundert wurde unter Augustus und seinen Nachfolgern bis zu den Flaviern die Landmasse jenseits der Provinz Asia bis an den Euphrat Provinzgebiet. Die Regierung der Provinzen – von Ausnahmen wie Ägypten abgesehen – war in alter Tradition Mitgliedern des Senatorenstandes vorbehalten, mit einer signifikanten Unterscheidung, was deren Auslese anbetrifft: Die militärisch wichtigen Provinzen ließ der Princeps vom Senat seiner eigenen Fürsorge übertragen, so dass ihm das Recht zuteil wurde, diese mit «Delegierten» Senatoren seiner Wahl zu beschicken: Legati Augusti. Die anderen, befriedeten Provinzen durfte der Senat mit Mitgliedern konsularischen oder prätorischen Ranges beschicken. Die Genese und die Grenzen der Provinzen im Einzelnen sind kompliziert. Riesige Territorien mit Namen Asia, Pontus et Bithynia, Cilicia, Syria seit der Zeit der Republik, unter dem Prinzipat zusätzlich Galatia, Cappadocia, Lycia et Pamphylia, eine neu formierte Provinz Cilicia, Aegyptus, Arabia wurden von Statthaltern beaufsichtigt. An viele der ursprünglich annektierten Gebiete sind im Laufe der Kaiserzeit weitere angegliedert und gelegentlich von der einen zur

Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen

anderen verschoben worden: Pisidia, Phrygia, Lycaonia, Isauria, Paphlagonia, Armenia minor, Pontus Galaticus, Pontus Polemonianus, Pontus Mediterraneus, Commagene, Phoenice, Dekapolis, Iudaea, Palaestina.16 Die römischen Grenzziehungen und Arrondierungen nahmen dabei im Allgemeinen keine Rücksicht auf Volks-, Stammes-, Sprach- beziehungsweise Dialektgrenzen, traditionelle Ländernamen und Reichsgrenzen (z. B. Strab. 13,4,12), wenn auch die den bestehenden Provinzen hinzugefügten Einheiten zumeist aus annektierten Regionalund Lokalreichen orientalischer Dynasten bestanden. Entgegen landläufiger Ansicht gehörten diese auch schon zum Imperium, als sie noch unter der Herrschaft der Klientelkönige und -königinnen (oder einem Städtebund wie dem lykischen) belassen waren. Bei der jeweiligen Entscheidung, sie unter die Aufsicht römischer Statthalter zu stellen, gaben zuvorderst tatsächliche oder vermeintliche Unordnung, innere Unruhen und äußere Bedrohung den Ausschlag. Gelegentlich haben Kaiser nach Augustus Provinzgebiet wieder an Dynasten gegeben; hier waren auch persönliche Beziehungen ausschlaggebend: Manch ein orientalischer Thronanwärter war längere Zeit am Kaiserhof in Rom anwesend oder gar in Rom aufgewachsen. Während an den Schwarzmeer-, Ägäis- und Ostmittelmeerküsten die griechische Besiedelung und die Kolonisation der hellenistischen Könige sprach­ liche, kulturelle und administrative Verhältnisse geschaffen hatten, die den fließend Griechisch sprechenden senatorischen und ritterlichen Amtsträgern aus dem Westen das Regieren erleichterten, traf die römische Administration in den mittel- und ostanatolischen Binnenlandschaften, an den Steppen und Wüstenrändern Syriens, Palästinas und Mesopotamiens auf Untertanen, bei denen epichorische (das heißt lokal oder regional gesprochene) Sprachen vorherrschend, uralte nichtgriechische Religionen, Zivilisationen, Gesetze und Bräuche lebendig waren. Der Sieger über Antonius und Kleopatra in Ägypten annektierte das Nilland als römische Provinz mit der bemerkenswerten Maßgabe, diese nicht wie in der römischen Staatsordnung bis dahin üblich von einem Mitglied des Senats regieren zu lassen, sondern einem persönlichen Agenten aus dem Ritterstand mit dem Titel: «Vorsteher Alexandreias und Ägyptens» (praefectus Alexandreae et A ­ egypti) 17 zu unterstellen. Erster Präfekt wurde der auch als Dichter bekannte Cornelius Gallus, der später bei Augustus in Ungnade fiel. Senatoren und andere führende Ritter durften Ägypten ohne Erlaubnis des Princeps gar nicht betreten. Die Insel Zypern wurde ebenfalls 30 v. Chr. endgültig römische Provinz und erhielt einen Proconsul als Regenten.

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Ägypten gegenüber, an der Südküste Kleinasiens, lagen Kleopatras Besitzungen neben kleineren Dynastien und autonomen Städten.18 Vom Ende ptolemäischer Außenposten in Kilikien profitierte zunächst der Galater Amyntas; 25 v. Chr. gab Augustus sie an Archelaos von Kappadokien, dem wenig später auch Kleinarmenien zuteil wurde. Kleinere Gebiete beherrschten der Sohn des bei Actium gefallenen Tarkondimotos Philantonios von Kastabala oder die Priesterfamilie der Teukriden von Olba. Dem Griechen Polemon, König von Pontos, war nach Verlust Kleinarmeniens vermutlich das Gebiet von Zela (heute Zile) übereignet worden. Mit Abstand die wichtigste Entscheidung fiel im Jahre 25 v. Chr. mit der Provinzialisierung ganz Mittelanatoliens: Zuvor war auch hier Amyntas bestätigt worden. Nachdem er im Kampf gegen die Homonadeis im Taurosgebirge gefallen war, ließ Augustus seinen legatus Marcus Lollius die Einrichtung einer Provinz Galatia ins Werk setzen. Ihrer Frühform sind an den Rändern nach und nach weitere Gebiete angegliedert worden. An den Fernstraßen entstanden mehrere Militärkolonien, unter denen Antiocheia in Pisidien herausragt. Im Norden und Nordosten stieß Galatia an Gebiete, die einst Pompeius urbanisiert und der römischen Herrschaft unterstellt, Antonius danach aber wieder Vasallen überlassen hatte. Als im Jahre 5 v. Chr. König Deiotaros Philadelphos starb, wurde Paphlagonia annektiert und dem Statthalter in Ankyra unterstellt. Nur drei Jahre später ließ Augustus Gebiete des pontischen Königreiches, die der Nordostgrenze Galatias benachbart waren, unter römische Verwaltung stellen: das Tal des oberen Skylax – die Karanitis mit dem Zentralort Karana-Herakleopolis, von nun an Sebastopolis – und das fruchtbare Land Amaseias, Strabons Heimat. Damit war mehr als die Hälfte der kleinasiatischen Halbinsel bis zum Isthmos unter der Aufsicht römischer Senatoren. In dem kleinen Königreich Kommagene kam es zu raschen Herrscherwechseln: Anstelle des Antiochossohnes Mithradates, der auf Antonius’ Seite gestanden hatte, wurde dessen Bruder Antiochos II. mit der Herrschaft betraut, wegen eines Mordanschlags auf den Emissär seines Bruders nach Rom bald darauf jedoch vom Senat angeklagt und verurteilt. Der namentlich nicht bekannte Nachfolger beseitigte den Mithradates, nur um seinerseits von dem noch jugendlichen Sohn des Ermordeten ersetzt zu werden (Cass. Dio 52,43,1; 54,9,2). Syrien hatte schon in der Regierungszeit des Augustus eine Besatzung von bis zu drei Legionen, die – anfangs vermutlich aus ehemals antoniustreuen Truppen bestehend – als Drohkulisse und Einsatzbereitschaft gegen das transeuphratenische Partherreich dienen sollten. In die Stadt Berytos (heute Beirut) an der Küste wurde eine Veteranenkolonie verpflanzt (Strab. 16,2,19; vgl. Plin. nat. 5,78), aus

Karte 5: Anatolische Provinzen unter Augustus

Lesbos

Pergamon

Adramyttion

Kyzikos

Synnada

Dorylaion

s Sangario

Nikomedeia Nikaia

ASIA

Marmara-M.

Byzantion

Ha lys

Ankyra

Salzsee

Phrygia

Pessinus

Germa

Iuliopolis

G A L AT I A

Tavium

Kos

Hermos

Rhodos

Sardeis

Mittelmeer

Zypern

SYRIA

Mazaka/Kaisareia

0

t hra Eup

Nikopolis

Sebasteia

Komana

Lykos

Kabeira/Diospolis

Sebastopolis

Amaseia Zela

Paphlagonia

Gangra

PONTUS ET BITHYNIA

Pompeiopolis

Philomelion Antiocheia Lycaonia Smyrna Ikonion Apameia Chios Tralleis Derbe Pisidia Lystra Ephesos Laodikeia s Kilikien ndro Samos Isaura Laranda Maia Alabanda Milet Pamphylia Kibyra Mylasa Attaleia Halikarnassos Kaunos

Kreta

Äg äi s ches Meer

Limnos

Thasos

za

M ar it

Schwarzes Meer

50

100

150 km

Euphrat

Tigris

ias san Ar

Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen

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s Oronte

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

deren Münzprägung abzulesen ist, dass diese Soldaten den Legionen V Macedonica und VIII Augusta angehörten. Wenn diese beiden zur frühen augusteischen Garnison Syriens gehörten, so blieben sie doch nicht lange in der Provinz und wurden durch andere ersetzt. Schon unter Tiberius kam eine vierte Legion hinzu (Tac. ann. 4,5,3).19 Regelmäßige Beschwerden gingen von den fast überall in den Städten des Orients ansässigen Diasporajuden aus.20 Die Bürgermehrheiten erblickten in ­ihnen vielerorts Parallelgesellschaften. Städtisches Bürgerrecht besaßen sie wohl nur in Ausnahmefällen. Aus der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. stammt die nicht er­ haltene Schrift eines kleinasiatischen Griechen oder Karers aus Alabanda, der als Rhetor auf Rhodos lehrte, Apollonios Molon. Sie soll den Titel: Gegen die Juden getragen haben, und darin sollen die Juden als das unbegabteste Volk unter den Barbaren und als Menschenhasser beschimpft worden sein (FGrHist 728 F 1.3). Es scheint ein klarer Fall von Antisemitismus avant la lettre vorzuliegen, der dem Milieu der griechischen Bürgerelite in Kleinasien entstammt.21 Streitereien eskalierten: Mal ­hatten Gemeinden beschlossen, ihren jüdischen Mitbewohnern die Religions­ausübung zu verbieten, mal wollte man es den Juden verwehren, eigene Versammlungen abzuhalten und Streitigkeiten unter sich nach eigenen Gesetzen zu schlichten, Synagogen zu bauen, eine Abgabe – das Didrachmon – nach Jerusalem zu schicken und anderes mehr. Die römischen Magistrate entschieden, zur Verbitterung der Griechen, in der Regel zugunsten der Juden. Ein eindrückliches Beispiel ist die Entscheidung, die 14 v. Chr. Agrippa traf, als ihm Delegationen der jüdischen Gemeinschaften ionischer Städte durch Vermittlung des Herodes ihre Gravamina vortragen ließen (Ios. ant. Iud. 16,27–65). In dieser Politik drückt sich indessen weder ein Philosemitismus noch ein Antihellenismus der römischen ­Instanzen als vielmehr das Bestreben aus, Ruhe und Stabilität zu gewährleisten. Dezidiert antijüdische Maßnahmen seitens der Römer gingen erstmals von der Hauptstadt unter Kaiser Tiberius aus.22 In der Weltmetropole war längst eine größere Judengemeinde mit mehreren Synagogen heimisch geworden. Nach Cassius Dio (57,18,5a) soll der Hauptgrund die Proselytenmacherei in der Stadt gewesen sein, die bis in senatorische Kreise reichte. Der Kaiserbiograph Sueton schreibt (Tib. 36, übers. Lambert; vgl. Tac. ann. 2,85,4): «Ausländische Kulte, ­besonders die ägyptische und jüdische Religion, unterdrückte er und zwang die Anhänger dieses Glaubens, ihre zum Gottesdienst gehörigen Kleider samt allen Kultgeräten zu verbrennen. Die jungen Juden ließ er unter dem Vorwand des Militärdienstes über die Provinzen mit ungesundem Klima verteilen, die übrigen Angehörigen dieses Volkes oder ähnlicher Sekten wies er aus der Stadt Rom aus,

Friedenssehnsucht, Parther und augusteische Provinzen

wobei auf Nichtachtung dieses Befehls lebenslängliche Sklaverei als Strafe stand.» Von dauerhafter Wirkung war diese Ausweisung nicht, da schon bald darauf wieder von stadtrömischen Juden die Rede ist. In Iudaea war Herodes23 der Wechsel von Antonius zu Octavian gelungen. Er beeilte sich, dem neuen Augustus und seiner Familie an zahlreichen Stätten in seinem Königreich Monumente der Ehrerbietung zu gründen. Außerdem betrieb er in seinem Land eine unerbittliche, gegen den Adel und insbesondere das Haus der Hasmonäer gerichtete Politik der Hellenisierung. Seine Söhne ließ er griechisch erziehen. In Jerusalem gründete er einen griechischen Wettkampf, und an der Küste ließ er die Polis Caesarea Maritima einrichten: Die Hafeneinfahrt flankierten zwei Leuchttürme mit den Namen Drusion und Tiberieum, und das Stadtzentrum schmückte ein der Göttin Roma und Augustus geweihter ­Podiumstempel. Steuererhöhungen gestatteten ihm, ein weiteres umfangreiches Bauprogramm ins Werk zu setzen – darunter den Neubau des Tempels in Jeru­ salem  –, ein Söldnerheer mit römischen Rangbezeichnungen und eine straffe Bürokratie aufzubauen. Innerhalb seiner Familie kam es zu schweren Zerwürfnissen: Eine seiner zahlreichen Ehefrauen, Mariamme, die Söhne Alexandros und Aristobulos wurden hingerichtet. Bei seinem Tod im Jahre 4 v. Chr. kam die Unzufriedenheit seiner Untertanen eruptiv in wütenden Forderungen und aufflammenden Rebellionen zum Vorschein. Das Erbe traten drei Söhne an, jedoch erst, nachdem sich in Rom die rivalisierenden Thronanwärter in mehreren Anhörungen vor dem Princeps präsentiert hatten, schließlich sich noch eine 50-köpfige Gesandtschaft über die Tyrannei der Herodesfamilie beklagt und den Wunsch geäußert hatte, ihr Land mit der Provinz Syria zu vereinen. Augustus entschied sich anders und gab dem ältesten der Herodessöhne, Archelaos, mit dem Titel Ethnarch Iudaea, Samaria und Idumaea, dem Herodes Antipas das nördlich von Samaria gelegene Galilaea und die transjordanische Peraia, dem Philippos ein südlich von Damaskus sich erstreckendes Gebiet. Noch während die Nachfolge in Rom kontrovers verhandelt wurde, brachen im Lande selbst Unruhen aus. Der Legat Syriens, Quinctilius Varus, führte eine Legion heran und quartierte sie in Jerusalem ein, bevor er selbst nach Antiocheia zurückkehrte. Ein Procurator in Caesarea, Sabinus, nutzte die militärische Verstärkung, um in den von herodianischen Truppen besetzten Festungen eine Razzia nach königlichen Schätzen durchzuführen. Als man Hand an den Tempelschatz legte, kam es am Passahfest in Jerusalem zu einem Angriff bewaffneter Massen auf die römische Garnison. Sabinus schickte einen Hilferuf, und erst das erneute Eingreifen von Varus mit zwei Legionen und Auxiliareinheiten ver-

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mochte die Gefahr eines offenen Aufstandes abzuwehren. 2000 Rebellen wurden gekreuzigt (Ios. bell. Iud. 2,1–100; ant. Iud. 17,250–298). Als in Rom Klagen gegen den Ethnarchen Archelaos vorgebracht wurden, entschloss sich Augustus 6 n. Chr., ihn ins Exil zu schicken und Iudaea, Samaria und Idumaea einem römischen Präfekten unter der Oberaufsicht des Legaten von Syria zu unterstellen. Herodes Antipas verblieben von der Tetrarchie nur Galilaea und die Peraia. Aus der Ethnarchie wurde damit syrisches Provinzgebiet und noch nicht eine eigene Provinz Iudaea! Ab einem nicht genau bekannten Zeitpunkt, jedoch sehr viel später, trat an die Stelle des militärischen Präfekten ein Procurator. Procuratoren waren kaiserliche Agenten aus dem Ritterstand, die in der Verwaltung der großen kaiserlichen Privatgüter, dann auch in der Finanzverwaltung einer oder mehrerer dem Kaiser direkt unterstellter Provinzen eingesetzt wurden. Seit claudischer Zeit konnten sie in Ausnahmefällen – man spricht in der Wissenschaft von Präsidialprocuratoren  – eine kleinere Provinz beaufsichtigen. Der berühmte Pontius Pilatus war Präfekt, und nicht, wie Josephos und der Historiker Tacitus ihn irrtümlich bezeichnen, Procurator. Das hat eine in Caesarea Maritima gefundene Inschrift klargestellt.24 Der Präfekt bezog seinen Standort in Caesarea Maritima. Jerusalem erhielt als Garnison eine Auxiliarkohorte in der Festung Antonia, nahe dem Tempel. Anfangs, ca. 6–41 n. Chr., wurden die Hohepriester in Jerusalem von den Präfekten ernannt. Diese hielten eine Zeitlang sogar die priesterlichen Gewänder für die jeweilige Investitur in Gewahrsam, bevor dieses Recht auf den jüdischen Herrscher Agrippa II. überging. Mit der Anbindung an Syria im Jahre 6 n. Chr. ging sogleich ein Zensus einher, ebenjener, der dem Bibelkundigen in der lutherischen Übersetzung vertraut ist (Lk 2,1): «Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzet würde.» Der «Landpfleger Cyrenius» ist kein anderer als der Legat Syriens, Publius Sulpicius Quirinius, der seinen Sitz in Antiocheia am Orontes hatte. Die Volkszählung – sie kann nicht mit dem Geburtsjahr Jesu zusammenfallen – bezog sich allein auf die Provinz Syria (mit ihrem Annex Iudaea), nicht auf «alle Welt». Eine solche Maßnahme traf bei religiösen Juden auf Ablehnung. Es kam zu keiner Beruhigung, und die Unruhen sollten sich in den folgenden Jahrzehnten noch steigern.

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Vorspiel einer Weltreligion

2. Hammaschiah Vorspiel einer Weltreligion Vorspiel einer Weltreligion

Die Anfänge einer welthistorisch folgenreichen Bewegung ereigneten sich im Stammland der Juden, Iudaea: Hier findet in der Zeit des Kaisers Tiberius die Hinrichtung eines jüdischen Sektenführers statt, auf dessen Wirken und Sterben sich die später im gesamten Imperium siegreiche Religion beziehen sollte.25 Der Monotheismus, die schriftliche Tradition religiöser Gesetze mit Vorschriften wie Beschneidung, Sabbathruhe, Speisetabus, der Tempelkult und die Dominanz eines von bestimmten Familien besetzten Klerus waren in Palästina verbreitet, aber im Einzelnen keineswegs ungeteilt anerkannt. Zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen und Sekten bestanden erhebliche Differenzen. Zu nennen sind mindestens sechs von ihnen: Die besonders strenggläubigen «Abgesonderten», die Pharisäer, die eher weltlichen und hellenistischen Einflüssen offenen Sadduzäer, von einem Evangelisten als «falsche Schlangen» beschimpft (Mt 3,7; 12,34), die «Eiferer», die Zeloten, mit der besonders radikalen Gruppe der Sikarier, die ihre Gegner im Gedränge bei den Festen hinterrücks erstachen, die Samaritaner, die  – im Gegensatz zu allen anderen  – einen eigenen Messias erwarteten und eine Speisegemeinschaft mit den übrigen Juden tabuisierten, die Täufer des Predigers Johannes, den Herodes Antipas wegen Kritik an ihm hinrichten ließ – die Rolle der Tochter Salome dabei ist wohl erfunden –, schließlich die sogenannten Essener, die durch spektakuläre Papyrusfunde aus Höhlen am Toten Meer in den Fokus einer ganz eigenen neutestamentlichen Wissenschaft geraten sind. Wir wollen das Wichtigste zu diesen Letztgenannten kurz skizzieren, handelt es sich doch um eine durch außerbiblische Quellen bezeugte, zum Teil mit dem Wirken Jesu gleichzeitige Sekte.26 Von den am Westufer des Toten Meeres in elf Höhlen (Qumran) gefundenen Papyrusdokumenten in Hebräisch und Griechisch trägt kein einziges ein Datum, doch alle sind vor der römischen Besetzung der Gegend im Jüdischen Krieg 68 n. Chr. geschrieben. Sie reichen in Einzelfällen bis in die Zeit des 3. vorchristlichen Jahrhunderts hinauf. Die Masse von ihnen stammt aus hasmonäischer und herodianischer Zeit (2. und 1. Jh. v. Chr.), inhaltlich lassen sich drei Hauptgruppen unterscheiden: biblische Texte, Bibelparaphrasen und Florilegia sowie über 800 Rollen, die Rituale, Lebensregeln und Glaubenssätze ebenjener religiösen Gemeinschaft wiedergeben, die man mit den Essenern gleichsetzt. Die ­Essenerhypothese stützt sich auf ein Zeugnis bei Plinius dem Älteren, der sie wie folgt beschreibt (nat. 5,15,73, übers. Winkler): «Essener […] ein einsamer und auf

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dem ganzen Erdkreis vor allen anderen merkwürdiger Stamm, ohne jede Frau, jeder Wollust abhold, ohne Geld und nur in Gemeinschaft von Palmen […] so ein Stamm, bei dem niemand geboren wird, besteht, was ganz unglaublich ist, über Jahrhunderte hinweg […]. Unterhalb von ihnen lag die Stadt Engada.» ­Engada ist En Gedi in unmittelbarer Nähe der Höhlen. Allerdings bestätigt die Archäologie das Pliniuszeugnis nicht: In Gräbern bei Khirbet Qumran fand man Skelette von Frauen und Kindern, auch gibt es Münz-, ja sogar Schatzfunde. Ein Teil der Forschung zog die Essenerhypothese denn auch in Zweifel. Besonderes Augenmerk galt dem in den Papyri wiederholt genannten «Lehrer der Gerechtigkeit», der aus Jerusalem fliehen und ins Exil gehen musste. In diesem Sektenbegründer werden verschiedene, anderweitig bezeugte Personen erkannt, etwa der anonyme Vorgänger des ersten nach dem Sieg der Makkabäer erwähnten Hohepriesters Jonathan 152 v. Chr. Dieser Vorgänger war abgesetzt und vertrieben worden, hatte jedoch eine im späten Hellenismus und in der frühen Kaiserzeit unter den Juden erfolgreiche Glaubensrichtung begründet. Er war überzeugt, dass die Endzeit, ʾaḥarit ha-yamin, heraufbeschworen durch die Anhäufung des Bösen in der Welt und eines Tages durch das Gericht Gottes beendet, jetzt begonnen habe. Auffällig ist der in den Texten erkennbare Dualismus: Dem «Lehrer der Gerechtigkeit» steht ein böser Priester, ein «Mann der Lügen» gegenüber, den «Kindern des Lichts» «Kinder der Finsternis». Eine Forscherin, Barbara Thiering, identifizierte den Lehrer mit Johannes dem Täufer, den «Mann der Lügen» mit Jesus Christus. Auch die Qumrangemeinde erwartete einen «Gesalbten». Die auch in anderen antiken Religionen verwurzelte Vorstellung von der Ankunft eines Retters war im Iudaea der herodianischen Zeit besonders lebendig. Dem aramäischen Wort meschiha und dem hebräischen hammaschiah entspricht Griechisch christos. Der Sektenbegründer war ein Jude aus dem Ort Nazareth im südlichen Galilaea, einer Landschaft am Westufer des Sees Genezareth. Der theophore Personenname Jeshua, im Griechischen Iesous, bedeutet «der Herr hilft» und ist im Judentum weit verbreitet. Sein Vater war Zimmermann (Mk 6,3). Jesus selbst hat sich nicht für den Messias ausgegeben, seine Jünger wollten daran glauben. Seine Geschichte ist zu unserer Zeit in unzähligen Büchern auch vieler prominenter Autoren ganz unterschiedlicher Metiers wie des Papstes Benedikt oder des Begründers des Magazins Der Spiegel Rudolf Augstein dargestellt worden; sie fußt auf einer komplizierten Quellenlage, die wir in den Grundzügen kurz darlegen.27 Zu unterscheiden sind biblische, außerbiblisch-christliche und nichtchrist­ liche Quellen. Der christliche Grundtext, die Bibel, ist in einem seit dem 2. Jahr-

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hundert n. Chr. voranschreitenden Auswahlprozess28 durch Aufnahme (Kanon) und Ausschluss (Apokryphen) zusammengesetzt worden und erst durch Dekrete der Päpste Damasus (366–384) und Gelasius (492–496) zum Abschluss gelangt. Von den sehr zahlreichen Apokryphen ist noch jüngst im Jahre 2006 ein koptisches Judasevangelium in einem Papyrus-Kodex aus Ägypten zugänglich geworden.29 Die Apokryphen stehen als spätere Ausschmückungen und Umformungen biblischer Stoffe an Authentizität fast durchgängig hinter den kanonischen Texten zurück. Jesus selbst hat nichts geschrieben, dürfte jedoch schreibkundig gewesen sein.30 Ob er außer seiner Muttersprache, dem Aramäischen, auch Griechisch verstand, ist nicht bezeugt, aber keineswegs unwahrscheinlich. Das von ihm Überlieferte stammt von Leuten aus seiner Umgebung: Als eine Art Wanderprediger hatte er Männer und Frauen um sich geschart (Lk 8,1–3). Das Lukasevangelium beginnt: «Da viele es schon unternommen haben, Bericht zu geben von den Geschichten, die unter uns geschehen sind, wie uns das diejenigen überliefert ­haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes geworden sind, so habe auch ich beschlossen, nachdem ich es bei allen von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es dir der Reihe nach aufzuschreiben, verehrter Theophilos.» Wir haben es mit einer sich auf Augen- beziehungsweise Ohrenzeugen berufenden mündlichen Überlieferung zu tun, in der die Worte des Meisters besonderes Gewicht hatten: daher «Diener des Wortes». Für die Vermittlung dieser wörtlichen Aussprüche wird eine gemeinsame «Logien-Quelle Q» angenommen. Zweck dieser mündlichen Berichte ist jedoch nicht eine Historiographie, auch keine Biographie, sondern eine «Gute Nachricht» (euangelion). Gattungsmäßig sind die Schriften ein Novum in der antiken Literatur. Bemerkenswerterweise sind sie alle in Griechisch verfasst, die synoptischen (Matthäus, Markus und Lukas) etwa zwischen 70 (Markus) und 100 n. Chr., das Johannesevangelium erst nach 100 n. Chr. Über die Verfasser ist kaum etwas bekannt. Johannes ist sicher nicht – wie etwa der christliche Schriftsteller Irenäus im 2. Jahrhundert n. Chr. annahm  – mit dem Lieblingsjünger Jesu identisch. Er ist wohl der frühchristliche Lehrer und Schulgründer in Ephesos, Verfasser auch der Apokalypse und der Briefe, über dessen Grab Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert die berühmte, noch heute bei Selçuk zu besichtigende Basilika errichten ließ. Zu den allerfrühesten Schriften zählen die Paulusbriefe, die zwischen 50 und 64 n. Chr. geschrieben wurden. Auch die «Taten der Apostel» (acta Apostolorum) gehören in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts. In den folgenden 50 Jahren entstanden Briefe des Jakobus, Petrus, Judas. Die frühesten Übersetzungen erfolgten ins Altsyrische (Pschitta)

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und ins Koptische, gefolgt von einer syrischen, die vier Evangelien zusammenfassenden «Harmonie»: diatessaron, die wiederum ins Griechische übersetzt wurde. Der Wissenschaft liegen insgesamt ca. 4000 Handschriften vor, darunter über 60 Papyri. Der älteste mit wenigen Zeilen des Johannesevangeliums wird in Manchester aufbewahrt und datiert ca. 120 n. Chr. In der außerchristlichen Überlieferung der beiden ersten Jahrhunderte ragt das sogenannte Testimonium Flavianum des jüdischen Schriftstellers Josephos heraus (ant. Iud. 18,63 f., übers. Demandt): «Um diese Zeit lebte Jesus, ein weiser Mann, wenn man ihn denn überhaupt als Mensch bezeichnen kann. Denn er hat wunderbare Taten vollbracht und war ein Lehrer aller, die an der Wahrheit Freude haben. Viele Juden und Griechen gewann er für sich, er war der Messias. Als Pilatus hörte, dass einige unserer ersten Männer ihn ­anklagten, verurteilte er ihn zum Tod am Kreuz; aber die ihn zuerst liebgewonnen hatten, hielten an ihm fest. Am dritten Tage erschien er ihnen wieder lebendig, denn die Propheten Gottes hatten dies und zahllose andere Wunder über ihn vorhergesagt. Bis heute ist die nach ihm benannte Gruppe der Messianisten (christianoi) nicht verschwunden.»

Die Echtheit dieses Zeugnisses wird seit Joseph Justus Scaliger vom 15. Jahrhundert bis heute von den meisten Gelehrten angezweifelt.31 Es soll im 4. Jahrhundert n. Chr. in den Text eingefügt worden sein. Durchschlagend sind die dafür vorgebrachten Argumente nicht.32 Von einem Ereignis in der Welthauptstadt Rom, dem Brand unter Nero 64 n. Chr., ausgehend, kommt der senatorische Geschichtsschreiber Tacitus (ann. 15,44,13) auf den unter Pontius Pilatus hingerichteten Sektenführer zu sprechen, um seinen Lesern den Ursprung der von Nero beschuldigten Christen zu erklären. Deren Lehre hält er für einen «abscheulichen Aberglauben». Auf zwei weitere Zeugen, die Jesus erwähnen, werden wir an anderer Stelle noch näher eingehen: den Syrer Lukian von Samosata und den nach unserer Ansicht frühesten der nichtchristlichen überhaupt: den Syrer Mara bar Serapion (siehe unten S. 210–214). Aus Sicht der modernen Geschichtswissenschaft lässt sich Folgendes als mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit historisch festhalten: Als fünfter ­Präfekt von Iudaea und Nachfolger des Valerius Gratus zieht zwischen 25 und 27 n. Chr. Pontius Pilatus in Caesarea ein. Um 28 n. Chr. wird der Nazarener Jesus von dem «Täufer» Johannes getauft, kurz bevor dieser hingerichtet wird (ca. 29). Bei dem Evangelisten Johannes im Zusammenhang mit Jesu Lehrtätigkeit erwähnte Passahfeste und das Laubhüttenfest können auf die Jahre 28–29 fixiert werden (Jo 2,13 ff.; 6,4 ff.; 7,2). Die Vertreibung der Geldwechsler und Verkäufer

Vorspiel einer Weltreligion

aus dem Tempel fällt wohl schon in das Jahr 28, das Passahfest zur Zeit der Hinrichtung ist das des Jahres 30 (Jo 11,55). Jesu Einzug als eine Art Volksheld in Jerusalem und die Predigten auf dem Tempelberg sind glaubwürdig. Die weitererzählten, bei den Synoptikern verschriftlichten Fragmente dessen, was er lehrte, sind höchstwahrscheinlich authentisch. Sie stehen ganz auf dem Boden des zeitgenössischen Judentums.33 Bezüge zur Gemeinde von Qumran finden sich nicht. An mehr als einer Stelle widersprechen sie dem Narrativ vom Christentum der Nächstenliebe. Da ist von gefordertem Hass gegen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Geschwister die Rede. Todesdrohungen richten sich gegen solche, die «meine Königsherrschaft» nicht anerkennen oder Gläubige belästigen, ungläubige Städte sollten untergehen wie Sodom und Gomorrha.34 Die Priesterschaft in Jerusalem sah in dem Mann eine Bedrohung. Besonders die spektakuläre Tempelreinigung (Mk 11,12–18) muss das klerikale Establishment beunruhigt haben. Der Hohe Rat der Sadduzäer will Jesus wegen Blasphemie nach mosaischem Gesetz zur Steinigung verurteilen. Ein Todesurteil bedurfte der Bestätigung des Provinzgouverneurs oder seines Vertreters, in diesem Fall des Präfekten Pontius Pilatus. Pilatus kam von Caesarea nach Jerusalem und bezog im Herodespalast Quartier. Im heutigen Jerusalem ist von der damaligen Architektur nichts erhalten. Im 15. Jahrhundert gelangten die als scala santa berühmt gewordenen Marmorstufen nach Rom, in denen man die Treppenstufen erkennen will, über die Jesus zu ­Pilatus hinaufgestiegen sein soll. Blasphemie nach jüdischem Gesetz wäre kein gutes Plädoyer für ein römisches Todesurteil gewesen. Der Ratsvorsitzende Kaiphas zielt mit der Beschuldigung, Jesus sei ein Aufwiegler und Prätendent der Königswürde (Lk 23,2) auf Verletzung der kaiserlichen Majestät (crimen laesae maiestatis), da Könige nur vom Kaiser ernannt oder bestätigt werden konnten. Ob das Zögern des Pilatus, sein Händewaschen in Unschuld, historisch ist, lässt sich nicht sagen. Er dürfte nach Lage der bekannten Fakten kaum von der ­Anklage überzeugt worden sein, der Mann habe die Königsherrschaft über die Juden angestrebt. Ihr dennoch stattzugeben, scheint ihn die Rücksicht auf die im ganzen Lande schwelenden Unruhen der vergangenen Jahrzehnte geraten zu ­haben. Die ihm in den Mund gelegte Frage: «Was ist Wahrheit?» feierte Nietzsche in seiner Schrift Der Antichrist von 1888 als das einzige Wort des Neuen Testaments, das Wert habe. Geißelung und Kreuzigung, auch die Tafel am Kreuz mit der Aufschrift: «König der Juden» entsprechen den auch sonst bezeugten Prozeduren einer römischen Hinrichtung Aufständischer. Sie soll dreisprachig, in Hebräisch, Lateinisch und Griechisch, beschriftet worden sein (Jo 19,19 f. und CIIP I 1, 15). Wo genau sich Golgatha befand, ist nicht ausgemacht.35

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Normalerweise wäre die Hinrichtung als eine unbedeutende, lokale Affäre der frühen Kaiserzeit in Vergessenheit geraten. Das geschah aber nicht. Die Anhänger Jesu, die sogenannten Jünger, abgestuft nach dem engeren Kreis der «Zwölf» zu Lebzeiten des Meisters – Realsymbol des zu seiner endzeitlichen Fülle gelangenden Zwölf-Stämme Volkes36 – und dem weiteren Kreis der «Siebzig», bildeten in Jerusalem eine Sekte, an deren Spitze Jakobus, der Bruder Jesu, stand, und die nach dem Muster der jüdischen Synagoge mit «Ältesten» als Ranghöchsten zusammentraten.37 Etwa 36 n. Chr. wird in Jerusalem erneut ein Mann durch Steinigung hingerichtet, der sich zu den Anhängern Jesu rechnet: Stephanos.38 Jerusalem war ein gefährliches Pflaster geworden, und die frühen Sektenmitglieder zerstreuen sich zum Teil anderswohin, nach Phoinikien, Zypern und Syrien, wo die Provinzhauptstadt Antiocheia am Orontes eine Schlüsselrolle in der Geschichte des Urchristentums zu spielen beginnt.39 Zu Christi Zeit war Antiocheia eine Megalopolis, der allein Rom und Alexandreia den Rang abliefen (Ios. bell. Iud. 3,29). Die um drei neue Quartiere erweiterte Stadt – Strabon (16,2,4) spricht von einer Tetrapolis – hatte bereits unter Antiochos IV. Epiphanes (175–164 v. Chr.) eine für hellenistische Verhältnisse überdurchschnittliche Größe und Pracht erreicht. Das zu dieser Zeit angelegte vierte Quartier mit dem Namen Epiphaneia dehnte sich östlich der frühseleukidischen Siedlung bis an den Silpios-Abhang aus. Die ummauerte Altstadt und die Neustadt, wo sich eine zweite Agora, mehrere Tempel und das Rathaus befanden, waren in augusteischer Zeit durch die Anlage einer der frühesten monumentalen Kolonnadenstraßen (plateia) zwischen Daphne-Tor im Süden und Beroia-Tor im Norden getrennt worden (Ios. ant. Iud. 16,148 f.; Ioh. Mal. 10,8).40 Herodes und Tiberius sind ihre Bauherren. Sie besaß eine Länge von zwei römischen Meilen, eine Breite von 9 Meter, jede der überdachten Hallen zu beiden Seiten eine Tiefe von weiteren 9 Meter; die Pflasterung bestand aus polygonalen Platten graublauer Farbe aus ägyptischem Granit. Die auf beiden Seiten 700 Säulen der Hallen aus rotem und grauem Granit waren etwa 1,50 Meter dick und 6 Meter hoch. Mehrere Theater, darunter eines der frühesten Amphitheater des Ostens (bei Ioh. Mal. 9,5 monomachion genannt), ein Hippodrom auf der Orontesinsel, zahlreiche Tempel, Bäder und Aquädukte verliehen dem Zentrum ein weltstädtisches Flair. Octavian /Augustus verweilte mehrmals in Antiocheia. Zu seiner Zeit stiftete ein reicher Antiochener namens Sosibios einen penteterischen Agon, die Olympien, mit Bühnen- und Sportwettkämpfen (Paus. Fr. 5). Germanicus, der Enkel der Augustusgattin Livia, Neffe und

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Adoptivsohn des Tiberius, verstarb 19. n. Chr. in der Stadt an einer Krankheit (Tac. ann. 2,69–74). Hier herrschte ein Kommen und Gehen von Menschen und Ideen aus aller Herren Länder, seien es Soldaten aus dem Westen oder Kaufleute aus Persien, Babylonien und Arabien. Bei Raphaneai im Süden und Kyrrhos im Norden befanden sich die Standlager römischer Legionen. Philosophen hellenistischer Schultraditionen lehrten neben Sarapispriestern und jüdischen Schriftgelehrten. Baal wurde als Zeus, die syrische Tarʿaṯa als Atargatis /Artemis verehrt. Die jüdische dürfte eine der größten Religionsgemeinschaften in der Stadt gewesen sein. Es wird berichtet, dass es Griechen gab, die am Judentum interessiert waren und jüdische Gottesdienste besuchten. Die Juden machten diese «auf irgendeine Weise zu einem Teil ihrer selbst» (Ios. bell. Iud. 7,45). Es ist nicht verwunderlich, dass gerade diese Stadt das Scharnier der Wende von einer jüdischen Sekte zu einer Kerngruppe von Gläubigen mit einer für die ganze Welt bestimmten «Guten Nachricht» war. Die günstigen Bedingungen zogen Barnabas aus Jerusalem nach Antiocheia, dieser wiederum holte den inzwischen bekehrten Saulus, der aus Tarsos in Kilikien stammte.41 Andere Bekennende kamen aus Zypern und Kyrene. In Antiocheia wurden die Sektenmitglieder zuerst Christen genannt (Apg 11, 19–30).42 Ob sie sich diesen Namen selbst gaben oder ob er ihnen als Spitzname angehängt wurde, ist unklar. Paulus und Barnabas sollen in einer Singon oder Siagon genannten Straße gepredigt haben (Malalas 10, 15). Zusammenkünfte hat man, mit dem Wort für die griechischen Volksversammlungen der Polis, ekklesiai genannt. Sie fanden in Privathäusern statt. Eine Hierarchie wie bei der Gruppe in Jerusalem mit den presbyteroi ist in Antiocheia nicht belegt, wenngleich die «Abgesandten» (apostoloi) und «Lehrer» (didaskaloi) den höchsten Respekt genossen. Mit Jerusalem sollte es zum Konflikt kommen. Als ca. 46 n. Chr. die Antiochener eine Geldsumme an ihre Brüder in Jerusalem schickten, trat ein Problem zutage: In der Jerusalemer Sekte erhoben sich Bedenken, ob man den Griechen Titus, einen Nichtbeschnittenen, in die nur aus Juden bestehende Gemeinschaft aufnehmen könne. Zunächst setzte sich anscheinend die liberale Auffassung durch, doch bald darauf regte sich Widerstand. «Einige kamen herab von Judäa und lehrten die Brüder: Wenn ihr euch nicht beschneiden lasst nach der Ordnung des Mose, könnt ihr nicht selig werden!» (Apg 15,1). Daraufhin reisten Paulus und Barnabas nach Jerusalem, wo das sogenannte Apostelkonzil43 eine Entscheidung finden sollte. Paulus machte geltend, dass diejenigen Jerusalemer, «die als Säulen angesehen werden»: der Bruder Jesu, Jakobus, sowie Petrus und Jo-

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hannes, seine Heidenmission gebilligt und Titus nicht gezwungen hätten, sich beschneiden zu lassen (Gal 2,1–10). Als seine Gegner führten ehemalige Pharisäer, die sich zu dem neuen Glauben bekannten, das Wort und beharrten darauf: Man müsse beschneiden und das Gesetz des Mose einhalten (Apg 15,1–35). Mit ihren anschließenden Plädoyers haben Petrus und Jakobus anscheinend vermitteln wollen; jedenfalls habe man beschlossen, dass Regeln beim Fleischgenuss und das Unzuchtsverbot auch für Heiden gelten sollten, im übrigen aber die Antiochener ihre Heidenmission unbelastet von Auflagen weiter betreiben dürften. Doch das ließen die konservativen Jerusalemer nicht auf sich sitzen. Bei den nach Antiocheia Zurückgekehrten traf erneut eine Delegation aus Jerusalem ein. Petrus, zuvor in Speisegemeinschaft mit Heidenchristen unbekümmert, fiel um und distanzierte sich. Selbst Barnabas, der Begleiter des Paulus auf der ersten Missionsreise, wechselte die Seiten (Gal 2,11–14). In den von vielen Seiten in Antiocheia zusammengetragenen Geisteswelten wurden Anleihen von Lehren hüben wie drüben leicht aufgenommen. Die Geschlossenheit und Strenge der griechischen Schulphilosphie war längst aufgelöst und die Crème der großstädtischen Intellektuellen empfing bereitwillig fremdes Ideengut zur Anpassung an ein eigenes Lehrgebäude. Der Synkretismus zog Köpfe an, die durch Ausscheidung, Akzentuierung und Organisation des Stoffes etwas Neues, Einheitliches schaffen wollten. Wenig später hat man die, die sich durch Auswahl ihre Religion zurechtmachten, «Häretiker» genannt (von Griechisch: hairesis «Auswahl», hairein «auswählen»). Recht eigentlich war Paulus einer unter vielen frühen Häretikern. Bereits in den Acta Apostolorum genannt sind Nikolaos von Antiocheia und Simon der Zauberer von Samaria (Apg 6,6; 8,9 ff.).44 Zwei Schüler des Simon von Samaria wirkten um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert in Antiocheia: Menandros und, bedeutender, Satorneilos oder Satorneinos, dessen Doketismus genannte Lehre wir in den Grundzügen aus Irenäus und Eusebios kennen: Christus, ausgesandt, um die Kräfte des Bösen zu zerstören, war ungeboren, ohne jede körperliche, fleischliche Existenz, ein Phantom (doxa «Erscheinung»). Es scheint jedenfalls, dass der neue Glaube in der Weltstadt Antiocheia den Durchbruch erzielt hat. Die Attraktivität seiner Lehre lag nach Ansicht des ­Kirchenhistorikers Adolf von Harnack (1851–1930) in der Umfassung polarer Elemente: Gegensätze, ja geradezu Widersprüche schienen in der complexio oppositorum aufgehoben. Der unter Tiberius Gekreuzigte, ein neuer, bisher unbekannter Gott, ging zusammen mit einem bekannten Herrn des Himmels und der Erde, der bereits an der Schöpfung beteiligt und von Urväter Zeiten an durch Propheten offenbart war. Die neue Lehre nimmt ein altes heiliges, längst in grie-

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chischer Übersetzung vorliegendes Buch auf, worin schon alles geweissagt ist. Die Welt ist gutes Werk eines guten Gottes und zugleich Herrschaftsgebiet der bösen Dämonen. Der Gott der Barmherzigkeit und der Liebe ist zugleich Richter an einem angekündigten, nahen Gerichtstag, über dem die Drohung ewiger Verdammnis schwebt. Der Auferstehung des Fleisches (sarx) gegenüber steht die Kriegserklärung an alles Fleischliche.45 Das Rätsel der Einheit des am Kreuz gestorbenen, fleischlichen Körpers und eines unsterblichen Logos-Gottes sollte späterhin noch die schwersten Konflikte christlicher Denkschulen heraufbeschwören. Bei dem Kirchenhistoriker Hieronymus erscheint zum ersten Mal die Behauptung, Petrus – der «Felsen» (Griechisch petros, Aramäisch kephas), auf dem Jesus seine Kirche bauen wollte – sei der erste Bischof von Antiocheia gewesen.46 Dieser Anspruch könnte seinen Ursprung in der Stadt selbst haben und gegen Jerusalem gerichtet gewesen sein. Der angeblich unter der Regierung Traians (98–117) wegen seines Glaubens verhaftete und zur Hinrichtung ad bestias als Gefangener auf dem Weg nach Rom quer durch Kleinasien geführte Bischof von Antiocheia, Ignatius, wird in der neueren Forschung erst auf das Ende des 2. Jahrhunderts datiert, seine Überführung als fiktiv angesehen.47 Unterwegs soll sich Gelegenheit für ihn ge­boten h ­ aben, mit Christengemeinden einzelner Städte zu kommunizieren und mehrere Briefe, nach Eusebios insgesamt sieben, zu verfassen: von Smyrna aus an die Brüder in Ephesos, Magnesia am Maiandros, Tralleis und Rom, dann von der Troas aus an die Christen in Philadelpheia und Smyrna sowie an den smyrnäischen Bischof Polykarp (Eus. HE 3,22; 36,2–15). Einzelne Zitate bei Eusebios selbst und in der späteren Überlieferung sind Gegenstand eines ausgedehnten Gelehrtenstreits um die Historizität der Person wie die Echtheit der Schriften, deren Textgeschichte in mehreren Sprachen sich äußerst komplex darstellt. Ihr Inhalt, soweit bekannt und falls authentisch, passt – wie auch immer die exakte zeitliche Einordnung sei – zum geistesgeschichtlichen Hintergrund der antiochenischen Streitkultur: Der Antiochener stemmt sich gegen die auftauchenden Häresien und beschwört die Einheit (henosis) wider deren Gefährdung durch Christengruppen mit doketistischen und judaistischen Lehren. Man hat ver­mutet, dass seine Verurteilung in Antiocheia nicht auf eine behördlich initiierte Christenverfolgung zurückging, sondern Folge eines von ihm selbst als Führer einer Minorität entfachten Streits war, der in offenen Aufruhr mündete.48 Entgegen der Darstellung des Irenäus in seiner Schrift «Gegen Häretiker», dass die Gnosis von außerhalb nach Antiocheia eingeführt wurde, scheint auch diese geistige Strömung ihren Ursprung vielmehr Auseinandersetzungen von

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Christengruppen in der Stadt zu verdanken. Für Irenäus ist Simon der Zauberer Urheber aller Arten von Häresien. Seine Magie habe er als Ausfluss höherer Erkenntnis praktiziert (1,23,1 f.). Das Wort gnosis in der Bedeutung höheres, eso­ terisches «Erkennen» kommt an verschiedenen Stellen bei Paulus vor, der es, ebenso wie der Verfasser des Timotheusbriefes, kritisiert, wo es die Überheblichkeit elitärer Zirkel ausdrückt.49 Diese scheinen für sich reklamiert zu haben, das Erkennen sei nur einem Kreis von durch den heiligen Geist Erleuchteten, Eingeweihten eigen, zugleich aber von universaler Wahrheit. Nach Irenäus (1,25,6) hat sich eine solche Gruppe in Rom explizit «Gnostiker» genannt (vgl. auch unten S. 442–444). In dem Konvertiten Paulus darf man den eigentlichen Begründer des späteren «orthodoxen» Christentums sehen.50 Näheres aus seiner Zeit in der kleinasiatischen Heimat ist nicht bekannt. Der Tarsier hatte in jungen Jahren seine Ausbildung in Jerusalem erhalten und ist dort Pharisäer gewesen (Apg 23,6; Phil 3,5). Als Paulus noch Saulus war, hatte er sich angeblich dem Hohepriester in Jeru­ salem angedient, nach Damaskus zu gehen, damit er daselbst «Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, wenn er sie dort fände, gefesselt nach Jerusalem führe» (Apg 9,1–2).51 Nahe bei Damaskus «umleuchtete ihn plötzlich ein Licht» und die Stimme Jesu sprach zu ihm. Den Erblindeten führten seine Gefährten in die Stadt, wo ihn einer der Jesusjünger, Hananias, durch Handauflegen wieder sehend machte und taufte (Apg 9,3–19). Sein Gefährte Barnabas stammte aus Salamis auf Zypern. Die Insel war erste Station der gemeinsamen, von Syrien ausgehenden ersten Missionsreise.52 In Salamis an Land gegangen, «verkündigten sie das Wort Gottes in den Synagogen der Juden […] Nachdem sie aber die ganze Insel bis nach Paphos durchzogen hatten, fanden sie einen jüdischen Zauberer, einen falschen Propheten, namens Bar-Jesus, der sich im Gefolge des Proconsuls Sergius Paullus befand, eines klugen Mannes. Dieser liess Barnabas und Saulus zu sich rufen und wünschte, das Wort Gottes zu hören» (Apg 13, 4–12). Sergius Paullus hat sich möglicherweise zu dem neuen Glauben bekannt. Dann wäre er sozusagen der früheste christliche Regent eines Landes in der Antike. Von ihm soll Saul den Namen angenommen und sich künftighin Paulus genannt haben (Hieronymus, vir. ill. 5). Der Proconsul stammte aus der römischen colonia Antiocheia in Pisidien, und es ist kein Zufall, dass Paulus und Barnabas sich als Nächstes zu dieser Stadt aufmachten. Die Voraussetzungen für reisende Missionare waren günstig. Frieden, Reisefreiheit und -sicherheit förderten Mobilität. Ein dichtes Netz von Städten mit

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Wandelhallen und Plätzen, Theatern und Konzertsälen empfing Philosophen, Redner, Lehrer und Prediger aller Art, und deren Zuhörer. Zusammenkünfte der Volksmenge und der Bürger wie Synoden von Vereinsmitgliedern und religiöser Gruppen waren an der Tagesordnung. Die überwältigende Mehrheit sprach und verstand Griechisch (siehe unten S. 338–340). Es herrschte ein hohes Maß an ­Redefreiheit (parrhesia), kein Fürst oder König verbot Kulte oder Lehren. Paulus und Barnabas waren weder die einzigen noch die frühesten Missionare. Die vorzüglichen Anlauforte der Verkünder der «guten Nachricht» aus Palästina dürften die in fast jeder Stadt zu findenden jüdischen Synagogen gewesen sein. Hierher kamen ebenso wie in Antiocheia am Orontes auch Nicht-Beschnittene: die sogenannten Gottesfürchtigen (theosebeis). Im cis-taurischen Südosten der Provinz Galatia predigten Paulus und Barnabas in einer Reihe augusteischer coloniae, außer in Antiocheia in Pisidien in Iconium, dem heutigen Konya, und in Lystra. Die ortsansässigen orthodoxen Juden reagierten feindselig. Von dem über die weiteren Paulusreisen Berichteten zieht die Episode in Ephesos aus mehreren Gründen besondere Aufmerksamkeit auf sich. Die Hafenstadt an der Westküste Kleinasiens war nicht nur wegen ihrer Verkehrsanbindung zu Wasser und zu Lande ein internationales Drehkreuz, sondern zugleich Regierungssitz der städte- und bevölkerungsreichsten Provinz des römischen Orients (siehe auch unten S. 248–251). Hier erfahren wir zum ersten Mal nach Jerusalem von einer Intervention der Behörden anlässlich des Konflikts über öffent­liches Auftreten von Christen. Paulus traf in Ephesos eine bereits existierende christliche Gemeinde an, die allerdings mit seiner Version des Sakraments der Taufe nicht vertraut war. Die ersten drei Monate versammelte man sich in der Synagoge, bis aufkeimende Feindseligkeit die Gruppe veranlasste, in die Schule eines Privatmannes namens Tyrannos umzuziehen. Hierher kamen auch von ­außerhalb der Stadt in den nächsten beiden Jahren Juden und Griechen zusammen, die den Prediger hören wollten. Wie man es von dem Meister Jesus berichtet, so betätigte sich auch Paulus als Heiler, und wo man einer Genesung ansichtig wurde, hat man dies als Wunder verstanden. Die Aufregung ging von den Silberschmieden aus, die am Tempel der hochverehrten Göttin Artemis ihre handgemachten Devotionalien feilboten und sich anhören mussten: «Was mit Händen gemacht ist, das sind keine Götter!» An sich hätte eine solche Äußerung allein niemanden auf die Palme gebracht. Um zu predigen und zu provozieren, scheinen es Eiferer des neuen Glaubens häufiger und gezielt auf die Pilger im außerhalb der Stadt gelegenen Weltwunderbau des Artemision abgesehen zu haben. Vielleicht hat auch die Geschichte von Jesu Tempelreinigung einige inspiriert, ausfallend oder gar handgreiflich zu werden.

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Jedenfalls empfand einer der Handwerker namens Demetrios deren Auftreten als geschäftsschädigend, ganz ähnlich, wie dies später von den Opferfleischverkäufern in der Provinz Pontus berichtet wird (Plin. epist. 10, 96). Er und seine erzürnten Kollegen wiegelten die Menge auf. Im Volk wurde verbreitet, dass die in ganz Asien und in der Welt hochverehrte Stadtgöttin Artemis durch Paulus beleidigt worden sei. Im hellenistischen Vorgängerbau des heute noch aufrecht stehenden römischen Theaters kam es zu Tumulten und Hochrufen auf die Artemis von Ephesos. Beruhigend soll ein städtischer Sekretär (grammateus) auf die Eiferer eingewirkt haben mit den Worten: «Ihr Männer von Ephesos, wo ist ein Mensch, der nicht weiss, dass die Stadt Ephesos eine Hüterin der grossen Artemis ist und ihres Bildes, das vom Himmel gefallen ist? Weil das nun un­ widersprechlich ist, sollt ihr euch ruhig verhalten und nichts Unbedachtes tun. Ihr habt diese Menschen hergeführt, die weder Tempelräuber noch Lästerer ­unserer Göttin sind. Haben aber Demetrios und seine Handwerkerkollegen ­einen Anspruch an jemanden, so gibt es Gerichte und Statthalter; da lasst sie sich untereinander verklagen» (Apg 19,35–38). Über das Missionsgeschehen dieser Zeit im ganzen Orient und das Ringen um die richtige Lehre sind für uns nur Spitzen von Eisbergen sichtbar. Die von Paulus gegründeten, ersten Christengemeinden sahen sich durch später eintreffende Missionare bedrängt, hinsichtlich Beschneidung und jüdischem Gesetz zur Gegenposition der ‹wahren› Apostel in Jerusalem überzutreten. Sie werden ermahnt: «Wenn jemand Euch ein Evangelium predigt, anders als ihr es empfangen habt, der sei verflucht» (Gal 1,9).53 Die Judenchristengemeinde in Jerusalem ging im Jüdischen Krieg unter. Die traditionellen jüdischen Gemeinschaften lehnten die Sektierer ab. Judentum und Christentum waren gespalten. Klassisch geworden ist die Metapher von Mutter und Tochter. Von Harnack verglich das frühe Christentum mit einer «Tochter», die die Mutter verstößt, «nachdem sie sie ausgeplündert» hat, und spricht von einer Ungerechtigkeit, die in der Geschichte «fast unerhört» sei.54 Die christliche Mission sei sozusagen eine Fortsetzung der jüdischen Propaganda, sie verdanke dieser «erstens ein im ganzen Reiche bestelltes Feld, ferner überall in den Städten schon formierte religiöse Gemeinden, weiter ein vorbereitetes ‹Gehilfenmaterial› (Axenfeld), ferner die alttestamentlichen Vorkenntnisse, dazu ausgezeichnete ­katechetische und liturgische Anweisungen, welche mit wenigen Veränderungen benutzt werden konnten, dazu die Gewöhnung an regelmäßige Gottesdienste und an eine Kontrolle des privaten Lebens, weiter eine eindrucksvolle Apologetik für den Monotheismus, die historische Teleologie (samt dem Gerichtstag) und die Ethik, endlich das Gefühl der Verpflichtung zur ‹Selbstausbreitung›».55 Zitiert

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wird eine Stelle aus Ernest Renans Werk über die Apostel von 1866: «Eine Generation von Fanatikern beraubte es seiner Belohnung und hinderte es daran, die Ernte einzubringen, die es vorbereitet hatte.»56

3.  Schmelztiegel, Kornkammer und Tor nach Indien Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

Ägypten wird von vielen in der Forschung als eine von den anderen grundverschiedene Provinz angesehen. Ein durch die Abundanz der Papyrusfunde sonst nirgendwo geöffneter Tiefblick in die juristischen und administrativen Einzelheiten der römischen Herrschaft bis auf die untersten Ebenen erfasst ein System, das sich der Vergleichbarkeit mit anderen Reichsteilen weitgehend zu entziehen schien. Der Althistoriker Michael Alexander Speidel hat die wesentlichen Besonderheiten zusammengefasst: Nicht nur, dass der Eroberer Octavian /Augustus diese Provinz, obgleich nach eigenem Bekunden imperio populi Romani wie die anderen auch, und ihre Regierung seinen Senatoren vorenthielt, ja sogar ihr Betreten durch einen Senator ohne seine ausdrückliche Genehmigung untersagte. Der Caesar, als Gottsohn verehrt, ist hier gemäß den bildlichen Darstellungen in die Gestalt der alten Pharaonen eingekehrt und hat die jahrhundertealte Herrscherideologie lebendig gehalten; nur hier wurde nicht nach römischen Konsuln, sondern nach seinen Regierungsjahren datiert. Es gab ein geschlossenes Geldsystem. Von erstrangiger Bedeutung ist die im gesamten griechischsprachigen Orient einstweilen singuläre Abwesenheit von Poleis, den gemeindestaatlichen Mikrokosmen, außerhalb der Grenzen Alexandreias. Ausnahmen waren Ptolemais, Naukratis und das von Hadrian gegründete Antinoopolis. Erst in der Spät­ antike kamen weitere hinzu. Die vorhellenistische und ptolemäische Gliederung nach Gauen und Dörfern blieb ungebrochen. Desgleichen regierten von den Zentralorten der Gaue aus weiterhin Strategen (ohne militärische Funktion) und Sekretäre.57 Der Reichtum an Informationen, den wir aus den Papyri schöpfen, erstreckt sich auch auf die demographischen, ethnischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Unzählige Einzelheiten kommen durch das Medium eines komplexen Schriftverkehrs alltäglichen Gebrauchs ins Licht, und doch ist es oftmals nicht leicht, die isolierten Mosaiksteine in ein größeres Bild einzubetten.

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Dem in Alexandreias Königsviertel residierenden ritterlichen Präfekten hatte Augustus per Gesetz des Volkes die einem senatorischen Proconsul gleichwertige Kompetenz zusprechen lassen (Dig. 1,17,1: ad similitudinem proconsulis lege sub Augusto ei datum est), die ihn auch qualifizierte, Legionen zu kommandieren. Ritterliche Präfekten in anderen Provinzen wie der berühmte Pontius Pilatus in Iudaea waren ausnahmslos senatorischen Statthaltern unterstellt. Dem ägyptischen unterstand ein umfangreicher Beamtenapparat.58 Die Reichsbeamten oberhalb der Nomos-Ebene sowie die Präfekten der im Lande stationierten Legionen, der III Cyrenaica (unter Traian nach Arabien verlegt) und der XXII Deiotariana, wurden jedoch nicht von ihm, sondern ebenfalls direkt vom Kaiser ernannt.59 Strabon (17,1,12) nennt außerdem neun Auxiliarkohorten als Besatzungstruppen, drei in der Stadt, drei an der Südgrenze der Provinz und drei im Landesinnern. Die Gesamtstärke der Besatzung wird auf etwa 20 000 geschätzt.60 Zu den hochrangigen zivilen Verwaltern gehörten sodann der iuridicus, ferner eine Art Prokurist in Angelegenheiten staatlichen Eigentums mit dem Titel idios logos, ab dem 2. Jahrhundert der für die Finanzen zuständige dioiketes sowie der Erzpriester. Die Rechtsprechung des Präfekten wurde von Richtern (iudices) unterstützt und – wie in anderen Provinzen auch – mit Ausnahme der Strafgerichtsbarkeit so weit möglich an lokale Instanzen delegiert. Einer der Präfekten, Tiberius Iulius Alexander, äußert sich zu seinem Amtsantritt im Juli 68 n. Chr. in einem öffentlich ausgestellten Edikt – es ist auf Papyrus und inschriftlich erhalten – mit folgenden Worten (übers. Jördens): «Alle Sorge wende ich dafür auf, dass die Stadt in der gebührenden Stellung verbleiben kann, die von den Kaisern empfangenen Wohltaten genießend, und Ägypten in dauerhaft gutem Zustand bereitwillig zur allgemeinen Wohlfahrt und dem allergrößten Glück der jetzigen Zeiten beitragen kann, ohne beschwert zu sein von neuen und ungerechten Steuereintreibungen; denn fast seit dem Monat, wo ich die Stadt betrat, wurde ich um Hilfe angerufen von Leuten, die Eingaben einreichten, zu wenigen oder in Massen, von den hier Wohlhabendsten wie den Bauern im Lande, die die zuletzt entstandenen Bedrückungen beklagten. Daher ließ ich nicht ab, soweit es in meiner Macht stand, die drängenden Probleme zu richten».61

Oberster Beamter auf Nomos-Ebene war der für die Steuereinziehung verantwortliche strategos mit Sitz in der Nomos-Metropole, dem weitere regionale epistrategoi und ein subalterner Beamtenapparat unterstanden. Bei diesen strategoi der Gaue ging der weitaus größte Anteil an Petitionen und Beschwerden ein. Namentlich die Metropolen mit griechischsprachiger Bevölkerung unterhielten auch Beamte im Rahmen hellenistischer Institutionen wie insbesondere dem Gymnasium.62

Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

Das kaiserzeitliche Alexandreia mit schätzungsweise bis zu 600 000 Einwohnern kann als ein mit Antiocheia am Orontes mindestens vergleichbar großer und genauso brodelnder Schmelztiegel des Orients gelten.63 Mit der geistes- und reli­ gionsgeschichtlichen Bedeutung der Stadt unter römischer Verwaltung werden wir uns später befassen, da diese sich in der hohen Kaiserzeit und Spätantike voll entfaltete (siehe unten S. 361–368; 383–385; 508). Die exklusiv alexandrinische Tradition jüdisch-hellenistischer Philosophie setzte sich vom Hellenismus ins 1. Jahrhundert n. Chr. hinein fort.64 Bemerkenswerterweise wendet sich die intellek­tuelle Elite, ähnlich wie in der syrischen Metropole und doch wieder mit ganz anderen Voraussetzungen, vorzüglich religiösen, theologischen und philosophischen Debatten zu und bildet eine der mächtigsten christologischen Schulen der Antike. Natürlich musste ein apostolischer Ursprung der Kirche auch hier etabliert werden. So soll der Evangelist Markus deren erster Bischof gewesen sein (Eus. HE 2,16, übers. Haeuser): «Markus soll als erster in Ägypten das von ihm niedergeschriebene Evangelium gepredigt und in Alexandrien selbst als erster Kirchen gegründet haben.» Die tatsächlichen Anfänge des Christentums in Alexandreia liegen im Dunkeln.65 Die bereits zitierte ausführlichste Beschreibung durch Strabon bezieht sich auf den Zustand am Beginn der Kaiserzeit. Für die Folgezeit besitzen wir Zeugnisse bei dem jüdischen Philosophen Philon und bei dem Philosophen, Redner und Politiker Dion von Prusa (1. Jh.), für die Spätantike bei dem Historiker Ammianus Marcellinus (4. Jh.), in einer syrischen Expositio totius mundi und in ­einer ebenfalls syrischen, aus dem Griechischen übersetzten Notitia urbis Alexandriae (beide 4. Jh.). Von der architektionischen Pracht der Weltstadt66 empfangen wir nur exemplarische Eindrücke, die etwa Wandgemälde in Pompeji oder auch die Felsfas­ saden in Petra (siehe unten S. 227 f.) vermitteln. Nahe am inneren Hafen beim Königsviertel lagen das Theater und ein Poseidonheiligtum. Zu den wenigen in der Neuzeit sicher identifizierten antiken Bauwerken gehören das Kaisarion und das Sarapeion. Beim Kaisarion handelt es sich ursprünglich um einen Schrein zu E ­ hren von Julius Caesar oder Marcus Antonius, aus dem dann das Zentrum der religiösen Verehrung des Caesar Augustus gemacht wurde. Die Anfänge gehen wohl auf Kleopatra VII. zurück. Augustus ließ aus Heliopolis, vom Tempel des Amon, zwei Obelisken herbeischaffen und vor dem Kaisarion aufstellen. Auf den Pfeilern waren in Hieroglyphenschrift die Taten der Pharaonen Thotmes III. (ca. 1486–1425) und Ramses II. (1270–1224) eingeschrieben, einer von ihnen trägt ­außerdem eine Weihinschrift aus dem Jahr 13 v. Chr. mit Nennung des Präfekten von Ägypten Barbaros und eines Architekten namens Pontios. Nach der Beschreibung bei Philon von Alexandreia besaß die Anlage des kaiserzeitlichen

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Kaisarions Propyläen, Hallen, Bibliotheken und ausgedehnte Parkanlagen. Der Tempel selbst im Zentrum diente in christlicher Zeit als Kathedrale des Patriarchen. Im Jahre 912 wurde das Gebäude zerstört. Die Obelisken blieben bis ins 19. Jahrhundert an Ort und Stelle, 1877 wurde der eine von ihnen nach London gebracht, wo er heute noch am Themse-Ufer steht (Spitzname: Cleopatra’s needle). Den anderen verschenkte der osmanische Gouverneur Ägyptens 1879 an New York, wo er heute im Central Park aufgestellt ist. Das Sarapeion war ein Tempel, der unter Ptolemaios III. Euergetes erbaut worden war. Man hat es im Westen des Stadtgebietes lokalisieren können. Es lag an einer Stelle, die arabisch Amud es Sawari (der Pfeiler der Säulen) heißt und wo lange Zeit eine Säule mit Widmungsinschrift an den Kaiser Diokletian stand. Ein Reisender des 18. Jahrhunderts, François Louis Cassas, hat sie noch aufrecht ­gesehen. Offenbar hat sich das Sarapeion in der Kaiserzeit zu einem baulichen Ensemble und zum Hauptort der Bibliotheken Alexandreias entwickelt.67 Der Komplex umfasste außer dem Sarapistempel ein Heiligtum für Isis und Anubis, Hallen mit Sitzreihen (Vorlesungssäle?) und weitere Gebäude. Eine riesige Sarapisstatue war im Innern aufgestellt. Alexandreia war von Anfang an als eine griechische Polis verfasst, doch das besondere Verhältnis zur Organisation des Herrschaftsapparates kommt darin zum Ausdruck, dass die grundlegenden Institutionen der städtischen Auto­ nomie, Rat und Volksversammlung, über lange Zeit unterdrückt wurden. Die Volksversammlung hat – gegen den Willen der Bürger – bereits 145 v. Chr. Ptolemaios VIII. Euergetes II. abgeschafft, und ihm ist Augustus mit der Abschaffung des Rates gefolgt. Erst um das Jahr 200 gewährte der Kaiser Septimius Severus den Alexandrinern wieder das Privileg, einen Rat einzusetzen. Die Bevölkerung Alexandreias war zu allen Zeiten gemischt. Das beherrschende Element der Bürgerschaft bestand aus Griechen. Größere Gruppen Ortsansässiger waren Juden, Syrer und die einheimischen Ägypter. Die Geschichte der Stadtbevölkerung ist durchgängig von schweren Konflikten geprägt. Die griechische Bürgerschaft hatte insbesondere in der Zeit der hellenistischen Thronwirren, als Herrscherinnen und Herrscher ihre Inthronisierung eher einer erfolgreichen Intrige in Rom als einer allgemein anerkannten Legitimation verdankten, Abneigung und offene Opposition gegen die Regenten entwickelt. Verschärfend hinzu kam die Feindschaft zwischen Griechen und Juden. Letztere bildeten eine große Diasporagemeinde in einem eigenen Stadtviertel. Man schätzt ihre Zahl auf 200 000 Menschen.68 Das alexandrinische Judentum hat bedeutende kulturelle Leistungen hervorgebracht. Dazu gehört die schon im frühen Hellenismus entstandene jüdisch-

Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

griechische Literatur, der wir unter anderem die Übersetzung des Alten Testaments ins Griechische verdanken, die Septuaginta.69 Einzelne Juden stiegen in hohe Positionen auf. Ein Beispiel ist die Familie des Schriftstellers Philon: Sein Neffe, Tiberius Iulius Alexandros, wurde Epistrategos der Thebais, Procurator von Iudaea und schließlich Präfekt von Ägypten unter Nero und den Flaviern. Als politeuma, das heißt eine besondere Bürgerschaft innerhalb der Polis, war den Juden seitens der Obrigkeit ein privilegierter Status zugesichert, den die ­anderen Bürger nie akzeptierten. Eine der schwersten Unruhen ereignete sich in den späten 30er Jahren.70 ­Unter dem Kaiser Gaius, bekannter als Caligula, war ein gewisser Aulus Avillius Flaccus Präfekt von Ägypten. Als ein ranghoher Jude aus Palästina die Stadt besuchte, provozierten ihn Griechen mit gehässigem Spott und Beleidigungen. Obgleich die Juden ruhig blieben, steigerte sich die Wut des griechischen Mobs, bis sich ein fürchterliches Pogrom zusammenbraute. Die Juden wurden aus ihren Häusern herausgetrieben. Viele verloren ihre Geschäfte und Werkstätten, ihre Wohnsitze wurden geplündert. Hungersnot breitete sich unter ihnen aus. Durch die Stadt streifende Mittellose wurden von marodierenden Trupps angegriffen, erschlagen, gesteinigt oder verbrannt, die Leichname durch die Straßen geschleift. Der Präfekt blieb untätig. Über ihn führten die Juden bittere Klage vor dem Kaiser. Die Gesandtschaft nach Rom leitete Philon. Wir sind über die Vorgänge durch zwei politische Pamphlete Philons genauer unterrichtet: eine unvollständig erhaltene Schrift «Gegen Flaccus» (in Flaccum) und eine «Gesandtschaft an Gaius» (legatio ad Gaium). Diese Schriften sollten der Weltöffentlichkeit darlegen, was Einzelne für Missetaten an den Juden begingen und wie sie dafür bestraft wurden. Es ist gerechtfertigt, hinsichtlich der Griechen Alexandreias von einem aus Konkurrenz und Neid gespeisten Antisemitismus zu sprechen.71 Der dritte größere Bevölkerungsanteil, die Ägypter, wird von den antiken Schriftstellern als aufrührerische Masse verachtet. Strabon (17,1,12) bezieht sich auf ein Urteil des Polybios, diese sei «ungehobelt und unzivilisiert» (oxy kai apolitikon). Philon sieht in ihnen Leute, denen ein winziger Funke zu einem Riesenaufstand genügt (in Flaccum 4,17). Juvenal beschreibt in Versen einen Fall von Kannibalismus, der sich zu seiner Zeit im Zuge gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen zwei benachbarten Orten ereignete (Iuv. 15,51–58; 72–83, übers. Adamietz): «Zuerst beginnen sie, Schimpfworte zu rufen mit brennenden Herzen; dies ist die Trompete zum Streit. Darauf prallt man mit gleichem Geschrei aufeinander, und an Stelle einer Waffe wütet die nackte Faust: wenige Backen bleiben ohne Wunde, kaum einem oder gar keinem in dem ganzen Getümmel die Nase unversehrt; schon konnte

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man überall in den Scharen verstümmelte Gesichter sehen, entstellte Züge und durch das Platzen der Wangen klaffende Knochen, Fäuste voll Blut der Augen. […] Nachdem sie sich durch Reserven verstärkt hatten, wagt die eine Partei, das Schwert zu zücken und mit scharfen Pfeilen die Schlacht zu erneuern. Zur schnellen Flucht wenden den Rücken, bedrängt duch die Leute aus Ombi, jene, die das benachbarte Tentura72 mit seinen schattigen Palmen bewohnen. Da fällt einer hin, der aus übergrosser Furcht sich beim Laufen überstürzte, und wird gefangen. Ihn aber zerschnitt in sehr viele Bissen und Stückchen, damit ein einziger Toter für viele reiche, und ass ihn, die Knochen benagend, völlig auf die siegreiche Schar, und kochte ihn nicht im heissen Bronzekessel gar oder an Spiessen: so sehr hielt sie es für langwierig und zeitraubend, auf den Herd zu warten, begnügte sich mit dem rohen Leichnam.»

Zeugnisse abstoßender Gewalttätigkeit verstummen nicht in der Spätantike: Ein rasender christlicher Mob zerstückelte die Philosophin Hypatia (siehe unten S. 508 f.), und die Ausschreitungen von Mönchen in Ägypten waren notorisch.73 Im Gegensatz etwa zur urbanen Entwicklung in Anatolien und in Syrien / Palästina, wo das Modell der griechischen Polis dahingehend funktionierte, dass immer größere Anteile auch der landsässigen Bevölkerung auf dem Polisterritorium rechtlich gleichgestellt und in das bürgerliche Gemeinschaftsleben der Stadt integriert wurden, herrschte in Ägypten eine scharfe Trennung zwischen der Megalopolis am Nil und dem Land. Aus den Dörfern strömten die Landbewohner ohne Bürgerrechte in großer Zahl in die Stadt, vorzüglich zur Rennbahn und ins Theater; es gab mehrfach Versuche, sie per Edikt fernzuhalten oder ihren Besuch einzuschränken. Besonders im Theater und im Stadion kam es regelmäßig zu Gewaltausbrüchen, für die Alexandreia berüchtigt war. Es lag im Interesse der römischen Ordnungsmacht, diese Gefahrenquelle einzudämmen. Der prominente Starredner, Dion von Prusa, der persönlich mit Kaiser Traian befreundet war, hielt wahrscheinlich in kaiserlichem Auftrag vor den Alexandrinern eine lange Mahnrede, um sie zur Mäßigung zu bewegen (Dion Chrys. 32). «Tausende» waren in das Theater am inneren Hafen gekommen. Der Mann aus Bithynien forderte die Menge gleich zu Beginn auf, ihm den nötigen Ernst und Respekt zu zollen, ihrer gewöhnlichen Lust am Spaß zu entsagen und ruhig zuzuhören, wo sonst Gebrüll, Possenreißerei und Spötterei herrschten. Ihnen diesen Spiegel vorzuhalten und solche Manieren auszureden, sei ein Akt der Heilkunst zu ihrem eigenen Segen, wohingegen andere angebliche ‹Philosophen›, die ihnen zu Gefallen redeten, wie Ärzte daherkämen, die keinerlei Behandlung brächten, sondern nur Blumen, Huren und Parfüm. In einer kühnen Metapher wird der demos, der Souverän, als ein starker, Kraft und Autorität besitzender Dynast beschrieben, der zweierlei Gestalt annehmen könne: die des

Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

Tyrannen oder die von «königlicher Natur» (basilikes physeos). «Und in welche Kategorie soll ich euch einordnen?» (29) Die längliche und gedrechselte Moralpredigt dürfte zu dem Zeitpunkt schon einen Großteil zum Einschlafen gebracht haben, als der Redner diagnostizierte, dass die an sich normalen Alexandriner – Männer, Frauen und Kinder – wie unter Drogen gesetzt sind, sobald sie Theater oder Stadion betreten, so verrückt, dass sie die Darbietung nicht einmal schauen und hören können, sondern auch nach Ende der Veranstaltung noch völlig von Sinnen durch die Straßen der Stadt streifen. Mit der Bemerkung: «Gott hat euch wie Kindern Pädagogen an die Seite gegeben, die klüger sind, unter deren Begleitung ihr Theateraufführungen schaut und auch alles übrige tut, denn wie sonst würdet ihr davon abgehalten, über einander herzufallen?» (51) spielt Dion offenkundig auf die Präsenz römischen Militärs an. Interessant ist die Bezugnahme auf eine konkrete Situation, in der es zu einer Konfrontation zwischen römischen Truppen und einer randalierenden Menge in der Stadt gekommen sein muss. Der Redner spricht den Alexandrinern jede Befähigung zu bewaffnetem Aufstand und Kampf ab. Denn Unbeherrschtheit und Feigheit stünden in denkbar weitestem Gegensatz zum historischen Kriegerdenkmal Sparta. Ob ihm dabei das nicht lange zurückliegende Beispiel des jüdischen Aufstandes in den Sinn gekommen war und ihn warnen ließ: «Versucht das nicht, ihr seid dazu nicht gemacht! Der gewaltbereite Mob bei euch besteht doch nur aus Flötenspielern, Tänzern, Betrunkenen und Meuchelmördern» (69–72)? Der Reichtum des kaiserzeitlichen Ägypten74 war in den Händen einer stadtsässigen Oberschicht von Landbesitzern und -besitzerinnen konzentriert, außer in Alexandreia in den Hauptorten der Nomoi, die sich alle im Delta und im Niltal befanden. Das Landregister von Hermoupolis nennt um die 450 Grundeigen­ tümer in diesem Ort am mittleren Abschnitt des Nil.75 Ihre Güter waren in der Regel verstreut. Ausgesprochen großflächiger Grundbesitz an einem Ort wie in Anatolien und Nordafrika ist untypisch. Viele Anteile wurden weiterverpachtet. Von den Hauptorten der Nomoi abgesehen verteilten sich im flachen Flusstal bis an die Ränder der Wüsten etwa 2000 bis 2500 Dörfer, deren dichtgedrängte Häuser aus luftgetrockneten Lehmziegeln bestanden. Von diesen aus wurden die ­Felder der Umgebung bewirtschaftet, zumeist in Form kleinerer und mittlerer Familienbetriebe. Das Gros der Bewohner war Ägypter. In den Papyri sind sie oft an ihren altägyptischen Namen zu erkennen, die im 4. Jahrhundert zunehmend von christlichen Namen verdrängt werden. Allein für Ägypten lassen sich auf Grund des Reichtums papyrologischer ­Daten demographische Berechnungen anstellen. Wenn man bei einer hohen

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Kindersterblichkeit die ersten fünf Jahre überlebte, wurde man als Ägypter in der Kaiserzeit etwa 45–50 Jahre alt.76 Für den einfachen Landbauer war das Leben hart. Außer der Feldarbeit lastete auf der männlichen Dorfbevölkerung eine ganze Reihe von Liturgien, das heißt Zwangsarbeiten für öffentliche Projekte, etwa im Straßen- und Bergbau. Die Dörfer waren, anders als in Anatolien, nicht in ein Polis-System aus Phylen, Distrikten, Demen und Dorfverbänden inte­ griert, die Dorfeinwohner nahmen an städtischen Versammlungen nicht teil. Dorfversammlungen gab es nicht. An der Spitze der Dörfer stand ein komarches («Dorfführer»). Der Kontakt zur Obrigkeit auf Nomosebene fand in juristischen Angelegenheiten häufig, bei der Steuereinziehung regelmäßig statt. Ansonsten war man unter sich. In die alltäglichen Geschäfte und Streitigkeiten der Landbevölkerung geben, wie nirgendwo sonst, unzählige Papyri Einblicke. Ein Kontrakt aus dem späten 3. Jahrhundert bezeugt die Privatinsolvenz einer Frau und deren schlimme Konsequenzen: Aurelia Taesis Asklepia aus dem Dorf Loumieus war in die unglückliche Lage gekommen, die Schulden ihres Vaters Asklepiades bei einer Aurelia Thaisarion aus Karanis auf sich zu nehmen, die stattliche Summe von 3 Talenten (SB 7358). Zahlungsunfähig, muss sie vertraglich zusichern, allein die anfallenden Zinsen im Hause der Gläubigerin abzuarbeiten. Nur eine Rückzahlung der vollen Summe kann sie aus dieser Bindung lösen, die wohl auf Jahre hinaus die Aussicht auf eine Art Schuldknechtschaft bedeutete. Ägypten war, wie oben zur Ptolemaierzeit schon dargelegt, eine der großen Kornkammern der alten Welt. Für die das gesamte Mittelmeerbecken umfassende Herrschaft der Römer besaß die Wirtschaftskraft dieses Landes erstrangige Bedeutung. Im kaiserzeitlichen Imperium hat sich Ägypten rasch zu einer unverzichtbaren Quelle der Getreideversorung der Hauptstadt am Tiber und der großen Provinzmetropolen wie Antiocheia und Ephesos entwickelt. Wichtigstes Produkt war Weizen, der zu einem großen Teil exportiert wurde. Er war der Grundstoff der Versorgung der Bevölkerung mit Brot. Mangelte es in irgend­ einer Stadt an Brot, baute sich ein Potenzial sozialer Unruhen auf, das die Regenten fürchten mussten. An zweiter Stelle beim ägyptischen Getreide stand Gerste, das der Herstellung von Brot minderer und preisgünstiger Qualität, der Bierbrauerei und als Tierfutter diente. Daneben ragen unter den Landesprodukten Gemüse (Linsen, Bohnen, Lupinen), Obst und aus Gemüse gepresstes Öl hervor. Hauptlieferant beim Fleisch war die Schweinehaltung. Schafwolle und Flachs wurden in Heimarbeit oder in größeren Betrieben einer hochwertigen Textil­ industrie verarbeitet, deren Produktivität es ebenfalls gestattete, einen Großteil der Erzeugnisse zu exportieren. Dasselbe gilt für Papyrus. Bei den Bodenschät-

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zen Ägyptens ist der Porphyr-Stein hervorzuheben, der am Porphyrites-Berg ­wenig westlich des Rotmeerhafens Myos Hormos abgebaut und exportiert wurde, um zahlreiche Prachtbauten im Reich zu schmücken. Das flache Niltal und der breite Fluss boten ideale Transportwege, Distanzen über Land für Ochsenkarren, Maultier und Esel waren relativ kurz. Boote und Schiffe mit Kapazitäten von 2 bis 160 Tonnen verkehrten auf dem Nil.77 Obgleich die Landwirtschaft der mit Abstand stärkste Wirtschaftszweig Ägyptens wie des Imperiums war, hat nicht allein der interregionale, sondern auch der Handel mit fernen und fernsten Ländern ein Niveau erreicht, das beispiellos war. Der Orient spielte dabei eine Schlüsselrolle.78 Denn anders als der Ozean im Westen waren die Sahara im Süden und die Barbarenländer im Norden für Warentransporte in beide Richtungen zwar durchlässig, aber verglichen mit den orientalischen Karawanenstraßen und Seerouten insignifikant. Am Marmarameer mündeten die Seestraßen über das Schwarze Meer, an dessen Nordufer Handelswege aus Innerasien endeten. In Syrien und Palästina erreichten die Landrouten vom Persischen Golf und aus Arabien das Mittelmeer. Von überragender Bedeutung war jedoch Alexandreia am Nildelta als die Hauptzollstation eines Welthandels, der sich von den ägyptischen Rotmeerhäfen79 bis nach Ostindien erstreckte und einen zuvor nie dagewesenen Reichtum generierte.80 Diese Sonderstellung Alexandreias bringt Dion von Prusa mit klaren Worten zum Ausdruck (Dion Chrys. 32,35–36): «Eure Stadt ragt an Größe und Lage mit Abstand hervor und rangiert an zweiter Stelle aller Städte unter der Sonne. Denn nicht nur ist Ägypten, die so mächtige Nation, Hauptbestandteil der Stadt – oder eher deren Erweiterung – sondern auch die Eigenart des Flusses ist verglichen mit allen anderen unbeschreiblich, was seine Erscheinung und seinen Nutzen betrifft. Und ihr nehmt Besitz vom Meer in seiner ganzen Ausdehnung durch Trefflichkeit eurer Häfen und Größe eurer Handelsflotte sowie Reichtum und Darbietung von auf der ganzen Welt produzierten Gütern, ja sogar das jenseitige, äußere Meer ist euer, das Rote und das Indische, dessen Namen man früher nur selten zu hören bekam. Infolgedessen habt ihr den Handel nicht nur von Inseln und Häfen, Meer- und Landengen in der Hand, sondern bei euch spielt sich der Handelsverkehr nahezu der ganzen Welt ab. Denn Alexandreia liegt sozusagen am Kreuzweg der gesamten Erde und der meisten weit entfernt wohnenden Nationen, gleichwie die Agora einer einzigen Stadt, die alle an einen und denselben Ort zusammenbringt, sie miteinander bekannt und, soweit möglich, verwandt macht.»

Modernen Schätzungen zufolge hat die 25-prozentige Verzollung der vom Fernhandel in Alexandreia umgeschlagenen Luxuswaren mehr als die Hälfte der Ausgaben für die römische Armee im ganzen Reich abgedeckt.81 Im Mittelpunkt der

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Quellen, die diesen Welthandel dokumentieren, steht ein im ganzen antiken Schrifttum einzigartiges Buch, das zwischen 40 und 60 n. Chr. von einem anonymen Autor verfasst wurde: der periplus Maris Erythraei.82 Es beschreibt Handelsfahrten entlang zweier Stränge: der afrikanischen Ostküste hinab nach Süden bis in die Gegend des heutigen Daressalaam und der arabischen Südküste entlang bis zum Golf von Oman, über den Indischen Ozean nach Nordwestindien, an die Malabarküste, nach Südindien und Sri Lanka. Fest steht, dass der Verfasser des periplus die Fahrten selbst unternommen hat und dies nicht nur behauptet. An Nüchternheit und Akkuratesse übertrifft sein Dossier die meisten Berichte antiker Literaten über fremde Länder: Praxisnah und schnörkellos wird über die Geschäftsbedingungen von Handelsplatz zu Handelsplatz Buch geführt. Im Vordergrund steht die Liste der Export- und Importgüter jedes größeren Hafens und der an ihn angebundenen Umschlagplätze im Binnenland. Insgesamt kommen etwa 60 Plätze vor. Besondere Aufmerksamkeit erhalten auch die politischen Verhältnisse vor Ort. Genannt sind je nachdem sowohl die Gouverneure und Häuptlinge, die an den Umschlagplätzen selbst das Sagen hatten, nebst den von ihnen bevorzugten Geschenken, als auch die bis zu mehrere Tagesreisen landeinwärts residierenden Könige. Man erfährt Namen eines äthiopischen, eines nord-, dreier südarabischer und fünf indischer Herrscher. Der Araber Charibael sei ein Freund der Kaiser in Rom, der Äthiopier Zoskales des Griechischen mächtig und im Übrigen rechtschaffen, allerdings etwas gierig. Der Bedarf des Fürsten in Ozene (heute Ujjain) an Musikantinnen, Konkubinen und Wein betrifft «jene Zeiten», als dieser Ort noch Hauptstadt war. Von den südindischen Häfen sind nur Muziris und Nelkynda «jetzt in Betrieb». Über den wichtigen nordwestindischen Handelsplatz Barbarikon im Indusdelta gebietet die Regierung in Minnagar. Von dort kommt nur die Meldung, dass die Parther sich fortwährend gegenseitig vom Thron jagen. An den großen Zielhäfen der Passagen umfassen die Listen 20–30 Importartikel aus der römischen Welt, darunter Metalle, Textilien, Nahrungsmittel (Oliven, Wein und Getreide), Sklavinnen, Glas, Gold- und Silberhandwerk sowie, als reines Tauschobjekt inter alia, römisches Geld, das heißt Gold– und Silbermünzen. Für die Heimfahrt luden die Spediteure die begehrten Exportartikel Ostafrikas, Arabiens, Indiens und – über die indischen Umschlagplätze – Indonesiens und Chinas: Seide, Edelsteine und Perlen, Pfeffer, Narde, Zimt, Malabathron, Kassia, Elfenbein, Weihrauch, Myrrhe, Schildpatt und Rhinozerushorn. In den größeren und kleineren Städten des Imperiums muss sich ein Absatzmarkt für Luxusprodukte orientalischer, insbesondere indischer Provenienz von zuvor nicht erreichten Dimensionen entfaltet haben.

Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

Indien galt als Reich der Edelsteine: Das Prunkstück, der adamas (Diamant), ist erwiesenermaßen Gegenstand des kaiserzeitlichen Indienhandels,83 vermutlich zum größeren Teil auch die anderen: Smaragd, Beryll, Rubin.84 Smaragd, so schreibt der römische Enzyklopädist Plinius der Ältere, betrachten wir leidenschaftlich, «weil es überhaupt nichts grüneres gibt als ihn». Er ist der klassische Schmuckstein am Ring; von einem samischen Künstler gearbeitet und in Gold gefasst kennen wir ihn schon aus Herodot am Finger des Tyrannen Polykrates (Hdt. 3,41). Neben den skythischen und baktrischen gebe es minderwertige ägyptische aus der Region um Koptos. Was Plinius meinte, wenn er Kaiser Nero Gladiatorenkämpfen in einem Smaragd zuschauen lässt, ist rätselhaft: durch eine Art Brille aus linsenförmig geschliffenen Smaragden? Oder als glatter Spiegel, der die im Rücken des Kaisers tobenden Kämpfe reflektierte? Vom Beryll heißt es: India eos gignit, raro alibi repertos, und für den Rubin (anthrax, lat. carbunculus), auch dieser ein Produkt Indiens, gibt Plinius außer einer bei den Garamanten in Nordafrika eine in Karien vorkommende Art an, die in Alabanda verarbeitet und alabandisch genannt werde. Lagenachate wie der Sardonyx zählten in der Antike gleich nach Diamant und Smaragd als die wertvollsten Steine. Plinius unterscheidet indische mit rötlichen Schichten und arabische ohne rötliche Schichten (nat. 37,86–89). Dass die schönsten Exemplare tatsächlich aus dem Indienhandel in die römische Welt ­gelangten, bestätigt der periplus (48), wenn auch Plinius des Weiteren von «geschätzten» (probandae) armenischen spricht und Strabon berichtet (12,2,10), dass solche Steine auch im galato-kappadokischen Grenzgebiet gefunden wurden. Tatsächlich ist der modernen Wissenschaft die Herkunft insbesondere der übergroßen Lagenachate, aus denen die weltberühmten Kameen angefertigt wurden, unbekannt. Einen Stein von der Größe des Grand Camée de France (oder: Gemma Tiberiana) von 31 Zentimeter Höhe und 26,5 Zentimeter Breite hat es bis heute nirgendwo sonst gegeben (Abb. 15).85 Es handelt sich um eines der kostbarsten Kunstwerke der Antike, wahrscheinlich ein Geschenk an das Kaiserhaus, auf dem eine Meisterwerkstatt der Steinschneiderei Mitglieder der julisch-claudischen Familie um den thronenden Tiberius gruppiert dargestellt hat. Neben diesen und anderen Edelsteinen ragen einige von Bäumen und Pflanzen stammende Rohprodukte – Rinde, Harz, Blätter, Wurzeln – in diesem Welthandel heraus: Am Herkunftsort oder in Alexandreia sind manche von ihnen zu Ölen, Salben, Räucherwerk, Pulver etc. verarbeitet worden und in der Konsumentenwelt nur als solche bekannt geworden. Eines der seit ältester Zeit im ganzen Mittelmeerraum gebrauchten und geschätzten Produkte ist der Weihrauch, griechisch libanos. Es handelt sich um ein semitisches Lehnwort im Griechi-

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Abb. 15: Grand Camée de France, Bibliothèque Nationale, Paris

schen, das erstmals bei Sappho bezeugt ist.86 Die lateinische Bezeichnung tus, turis geht auf griechisch θύος (Opfer, Räucherwerk) zurück.87 Der Baum, der das Harz liefert, ist in der griechisch-römischen Welt nirgendwo heimisch und kommt allein an der afrikanischen Ostküste in der Gegend von Somalia, auf der Insel Sokotra und im Bergland Dhofar am östlichen Abschnitt der Küste Südarabiens vor. So wenig wie bei der einen oder anderen Edelsteinsorte war den griechischen und römischen Schriftstellern der wahre Herkunftsort seinerzeit bekannt. Bis zur Einrichtung der traianischen Provinz Arabia nahmen die Nabatäer

Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

als Zwischenhändler eine Schlüsselposition ein. Vereinzelt müssen südarabische Händler bis in die Mittelmeerwelt vorgedrungen sein.88 Als ab der Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. der Seehandel über die Erythra Thalassa erheblich zunahm, verlor der Transportweg über die alte Weihrauchstraße an Bedeutung. Weihrauch guter Qualität war teuer.89 Unter den verschiedenen Verwendungsweisen, auch als Medizin, Gewürz und Duftstoff, kommt der als Räucherwerk in großen und kleinen Heiligtümern und im Hauskult größte Bedeutung zu. Weihrauchverkäufer und -läden dürfte es in vielen Städten des kaiserzeitlichen Orients gegeben haben. Begehrt war desgleichen Myrrhe: Das ursprünglich ver­ wendete Lehnwort aus dem Semitischen myrra wurde (möglicherweise mit myron – «Salbe» verschmolzen) von smyrne, smyrna verdrängt. Ebenso vielseitig verwendet – als Räucherwerk, Duftstoff, Medizin, Gewürz, auch zur Herstellung eines feinen Likörs (Plin. nat. 14,107)  – erzielte sie zu Plinius’ Zeiten mehr als doppelt so hohe Preise wie der beste Weihrauch.90 Der stachelige Baum, aus dessen Harz die gelblich-braunen Stücke gewonnen werden, wächst auf afrikanischer Seite in Somalia, auf arabischer im qatabanischen Territorium, westlich der Weihrauchgegend. Zu den teuersten Waren zählten: Kassia, Zimt, Malabathron, Narde.91 Kassia war die weniger feine Variante von Kinnamon (Zimt), gewonnen aus der Rinde verschiedener verwandter Straucharten. Es diente, außer als Zusatz in Wein, nicht, wie heute, der Würzung, sondern als Räucherwerk, als Zutat in Parfümen und Salben sowie als Medizin. Bis in die Kaiserzeit herrschte bei den Schriftstellern Unkenntnis über die wahre Herkunft aus Südostasien und Südchina, und auch der Autor des periplus verortet sie irrtümlich in Ostafrika.92 Malabathron, eine Pflanze, deren aromatische Blätter zu Kugeln oder Ballen verpackt aus Indien nach Alexandreia importiert wurden, ist noch den Griechen der Alexanderzeit unbekannt geblieben, die ersten Zeugnisse stammen aus der augusteischen Epoche. Das Wort malabathron ist ein Lehnwort aus dem San­ skrit: tamālapattra.93 Die erste Silbe ta hielten die Griechen irrtümlich für den bestimmten Artikel und ließen sie weg. Plinius schätzt das aus den Blättern gewonnene Öl als den Gipfel der nobilia unguenta; es erzielte auf dem Markt für das Pfund 100–300 Denare (nat. 13,14). Als Gewürz in Wein, als Medizin gegen Nieren- und Blasenleiden, als Salbe gegen Augenleiden und als Mundpastillen (eine Art antikes «Fisherman’s Friend»94) fand es vielfältige Verwendung. Von welcher Pflanze genau Malabathron stammte, wussten die antiken Autoren nicht genau; sie kannten nur die Handelsware, das heißt das getrocknete Blatt. Der Autor des periplus meinte, die Pflanze sei in Körben von dem Volk der Besatai an die Grenzen Indiens geliefert worden. Seit dem frühen 20. Jahrhundert weiß

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Abb. 16: Import- und Exportgüter im römischen Indienhandel

man, dass Malabathron von der Halbinsel Malakka stammt und die Besatai mit den Malaysiern gleichzusetzen sind.95 Von der kaum minder wertvollen, etwas preiswerteren Narde (40–100 Denare das Pfund, nat. 12,43–44) kennt Dioskurides mehrere Sorten, unter anderem eine in den Alpen vorkommende Art (sogenannter keltischer Baldrian, nat. 1,7–10), andere Autoren verwechseln mit der echten Narde Gräserarten, die in Punjab und Persien heimisch sind. Gleichwohl ist auch jenes aus dem Wurzelstock einer in großen Höhen beheimateten Pflanze gewonnene Öl auf den Märkten der Kaiserzeit hauptsächlich ein Indienimport; die besten Sorten stammen zum einen aus der Gegend um Kabul im Hindukusch, zum anderen aus dem Himalaya nördlich des Ganges (gangetische Narde im periplus).96 Das Baumharz Bdellium ist die indische – und weitaus billigere -Variante des Weihrauchs, verschifft im nordwestindischen Hafen von Barygaza. Eines der billigsten Produkte des Indienhandels (5,5 Denare in Rom): der aus der Wurzel ­einer Pflanze, die in Kaschmir wächst, gewonnene kostos, fand hauptsächlich medizinische Anwendung.97 Und ebenso preiswert konnte man in Rom ein weiteres, typisches Indienprodukt kaufen: den schwarzen Pfeffer.98 Ein derartiger Handel war auf Außenposten an den fernen Umschlagplätzen angewiesen. Es wird erwähnt, dass Griechen, die Handel trieben, auf der Insel

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Karte 6: Römischer Fernhandel

Komoren

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Ho-Chi-MinhStadt Südchinesisches Meer

Umschlagplätze des römischen Fernhandels

SRI LANKA

Phuket

Phnom Penh

THA I L A ND Bangkok

Rangun

Nikobaren (ind.)

Andamanen (ind.)

Golf von Bengalen

Wuhan

Hanoi

Kunming

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MYANMAR

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Indischer Ozean

TschagosArchipel (brit.)

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Arabisches Meer

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Dodoma

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Riad

Abu Dhabi

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Addis Abeba

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Teheran

Kuwait Persischer Golf

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Damaskus

TÜR KE I

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Sokotra saßen. Erst kürzlich sind Inschriftenfunde aus einer offenbar als Heiligtum besuchten Höhle auf dieser Insel publiziert worden, unter denen sich neben indischen, südarabischen und griechischen Graffiti auch die Weihinschrift eines Händlers (naukleros) mit Namen Septimius Paniskos findet. Der Name lässt eindeutig auf einen hellenisierten Ägypter schließen, also sozusagen einen Landsmann und Kollegen des Autors des periplus.99 Dependancen der westlichen Geschäftsleute  – vor allem Alexandriner, daneben vermutlich auch Palmyrener  – lassen sich noch weiter entfernt, in Indien, verorten: Die römische Weltkarte, von der sich die mittelalterliche Abschrift der Peutingertafel erhalten hat, zeigt an der Stelle von Muziris den Eintrag: templum Augusti.100 Sie belegt damit die Existenz einer Kolonie von Händlern, die hier den Kaiserkult pflegten. Die Archäologie hat das bestätigt. Im südostindischen Grabungsort Arikamedu (bei Pondicherry) deutet die Töpferware aus Arezzo in Italien auf eine ebensolche Kolonie. Dion von Prusa will gerüchteweise erfahren haben, dass Homers Dichtung in Indien gesungen wird, wo sie in die Sprache der Inder übersetzt worden sei (Dion Chrys. 53,6). Gab es im römischen Reich residierende Geschäftsleute aus Indien und Arabien? Nach dem, was der Autor des periplus bemerkt, gibt es keinen Zweifel über die Teilhabe von Arabern und Indern am Seehandel auch außerhalb ihrer Heimat. Im römischen Reich selbst muss man sie jedoch mit der Lupe suchen. Auffälligerweise konzentrieren sich die wenigen Zeugnisse wiederum auf die Provinz am Nil. Ein griechischer Romanschriftsteller des 2. Jahrhunderts, Xenophon, dachte sich aus, wie eine schöne Frau aus Ephesos von Kriminellen gekidnappt, zum Verkauf nach Alexandreia gebracht wurde und dort das Interesse eines in­ dischen Maharadschas auf sich zog, der, wie es heißt, zum Sightseeing und geschäftlich in der Stadt weilte. Dion von Prusa sagte zu den Alexandrinern (Dion Chrys. 32,40): «Ich sehe bei Euch nicht nur Griechen und Italiker und Leute aus den benachbarten Ländern Syrien, Libyen, Kilikien, noch bloß Leute aus entfernten Gegenden wie Äthiopier und Araber, sondern sogar Baktrier, Skythen, Perser und einige Inder, und alle diese sitzen als Zuschauer neben Euch im Theater.» Die Reihe dieser Leute entspricht exakt den Zielgebieten der beiden Fernpassagen des periplus: die äthiopische Küste mit dem großen Umschlagplatz Adulis, Südarabien mit dem Handelshafen Kane und Nordwestindien mit den Drehscheiben Barbarikon und Barygaza. Ersterer lag im parthischen Hoheitsgebiet. Die Ausländer passten sich offenbar schnell an die Vergnügungskultur des Westens an und gingen regelmäßig ins Theater. Der periplus ist das Dokument für die fernsten Beziehungen des Imperium Romanum in seiner Blütezeit. Doch Länder jenseits der indischen Ostküste blieben

Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

den Westlern noch weitgehend verborgen, erst die frühe Neuzeit sollte ­Europa in Kontakt mit dem Fernen Osten bringen. Über den Golf von Bengalen oder gar bis an die Küste Südchinas scheinen die Schiffe von den ägyptischen Rotmeerhäfen jedenfalls nicht routinemäßig gefahren zu sein. In Kapitel 64 schreibt der Autor zur Ostküste Indiens im Mündungsgebiet des Ganges: «Jenseits dieser Region, gleich unterhalb des nördlichsten Punktes, wo das Meer an einen äußersten Rand hin verschwindet, liegt ein sehr großer binnenländischer Staat namens Thina. Von hier aus wird Wolle und das Garn und der Stoff, den man den Serischen nennt, zu Lande über Baktra bis nach Barygaza transportiert und auf dem Fluss Ganges zurück bis zur Limyrike. Zu diesem Thina zu gelangen ist indessen nicht leicht. Denn selten kommen Leute von dort, und wenn, nicht viele.» Das mit der Epoche der hohen römischen Kaiserzeit etwa zeitgleiche chine­ sische Reich der östlichen (späteren) Hanzeit (25–220 n. Chr.) erlebte mit der Kontrolle über die zentralasiatischen Fernstraßen eine Blüte des Seidenhandels. Die beiden, an den extremen Rändern des eurasischen Kontinents gelegenen Großreiche, das römische und das chinesische, trennte über gewaltige Entfernungen eine «forbidding topography, that included some of the highest mountains and deadliest deserts on the planet.»101 Hat der mit der römischen Annexion Ägyptens 30 v. Chr. dem Imperium einverleibte Seehandel über den Indischen Ozean dennoch Kontakte und Informationsfluss in beide Richtungen ergeben? Über das wahre Ausmaß dessen wird in der Forschung gestritten.102 Die ältesten bisher bekannten Seidenfunde außerhalb Chinas gehen bis ins 3. Jahrtausend zurück und stammen aus Harappa im Westen Indiens.103 Ein Fund in Ägypten (Deir el Medina) wird in die 21. Dynastie (ca. 1070 v. Chr.) datiert.104 Doch sind frühere Importe nicht ausgeschlossen, denn es gab bereits im 13. Jahrhundert v. Chr. Kontakte Ägyptens mit Indien: Die Nasenlöcher der Mumie von Ramses II. (1279–1213) waren mit indischem Pfeffer verschlossen.105 Seidenfunde aus dem römischen Reich stammen aus Palmyra (siehe unten S. 275). Jene Fäden, aus denen die feinsten, teuersten Textilien gewoben werden, hat der Admiral Alexanders des Großen, der Kreter Nearchos, in seiner Schrift über Indien Serika (Plural von Serikon), «die Serischen» genannt (Strab. 15,1,20). Der griechische Name für die Chinesen Serer, «Seiden-Leute» gelangte auch ins Lateinische.106 Doch sind die bei den Römern Serer Genannten (Mela 1,11) möglicherweise nicht immer wirkliche Chinesen, sondern Zwischenhändler in den Häfen Indiens oder an den Umschlagplätzen Innerasiens.107 Wenn ein römischer Autor des 2. Jahrhunderts n. Chr., Florus, behauptet (2,34), außer von Skythen und Sarmaten seien auch Gesandtschaften der Serer zu Augustus nach Rom gekommen, nachdem sie eine vierjährige Reise zurückgelegt hätten, so wird man darin nicht ohne

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weiteres den Nachweis einer historischen chinesischen Gesandtschaft annehmen dürfen. Im Tatenbericht des Augustus, der sich des Empfangs indischer Gesandtschaften rühmt, steht davon nichts.108 Auch Händler aus China selbst dürften wohl nur in Ausnahmefällen bis ans Mittelmeer gelangt sein.109 Chinesische Quellen berichten von Kontakten zum Partherreich (Anxi) schon seit der Zeit des 2. Jahrhunderts v. Chr.110 In der ältesten Dynastiegeschichte (fertiggestellt 91 v. Chr.) des Hofschreibers (Shiji) – sie besitzt in der Geschichtsschreibung Chinas einen Stellenwert, der dem eines Herodot bei den Griechen vergleichbar ist – heißt es (Shiji 123, 3162, übers. Golze-Storm in: Hackl–Jacobs–Weber 2010): «Anxi liegt wohl einige tausend li westlich von Da Yuezhi. […] Zu diesem [Reich] gehören einige hundert große und kleine Städte. […] Es gibt Handelsplätze. Einige Einwohner betätigen sich als Kaufleute und sind mit Wagen und Schiffen unterwegs. […] Aus Silber stellen sie Münzgeld her. Dieses Münzgeld trägt auf der Vorderseite das Bild des Königs. Wenn der König stirbt, wird das Münzgeld wieder geändert und das Bild des [neuen] Königs erscheint dort. Sie beschreiben Leder mit quer laufenden Linien und verwenden dies als schriftliche Dokumente».111

An anderer Stelle sagt der Autor: «Es ist Sitte bei ihnen, die Frauen hochzuschätzen, und erst wenn etwas von den Frauen gesagt ist, befinden es die Männer als richtig zu tun» (Shiji 123, 3174, übers. Golze-Storm in: Hackl–Jacobs–Weber 2010).112 Die chinesischen Berichte enthalten auch viel Abstruses und Phantastisches. Sie sind mit einer Quelle wie dem periplus nicht zu vergleichen. Ein besonderes Problem stellen die ungeklärten und strittigen Ortsnamen dar. Das römische Reich oder ein Teil davon  – mutmaßlich der römische Orient  – heißt Da-Qin («großes Qin»).113 In der Quelle Wei lüe («Abriss [der Dynastiegeschichte von] Wei») ist als Grenzstadt zum Partherreich Angu genannt, das man mit Antiocheia am Orontes gleichgesetzt hat. Das Reich habe 400 kleinere Städte, die Hauptstadt liege jenseits des Meeres an einem Fluss.114 Die im 5. Jahrhundert aus älteren Quellen kompilierte Geschichte der östlichen Han-Dynastie Hou Hanshu beschreibt Bewohner dieses Reiches Da-Quin als großgewachsen und ehrlich (88A, 2912), vertrauenswürdig in Geschäften. Nach derselben Quelle soll eine Gesandtschaft des Andun von Süden her, das heißt auf dem Seeweg, an die Grenze Chinas gelangt sein. Mit Andun (Antoninus?) können Antoninus Pius, Marcus ­Aurelius oder Caracalla gemeint sein.115 Die ‹Gesandten›, falls historisch, dürften Händler gewesen sein. Nach weitgehend übereinstimmenden Passagen in Hou Hanshu und Wei lüe existierte auf dem Weg nach Da-Qin ein Königreich namens

Alexandreia und Ägypten in der frühen und hohen Kaiserzeit

Haixi, das man mit Ägypten gleichgesetzt hat. Die «Könige» dort seien im Fall unwillkommener Vorkommnisse routinemäßig und widerstandslos absetz- und austauschbar. Die Historikerin Anne Kolb und der Historiker Michael Alexander Speidel haben dies plausibel so erklärt, dass sich hinter den austauschbaren Königen die römischen Statthalter, die Präfekten Ägyptens, verbergen.116 Den Begriff «Seidenstraßen» zur Bezeichnung des verzweigten Handelsnetzes zwischen China und Rom hat 1877 der Geograph Ferdinand von Richthofen zwar nicht erfunden, aber populär gemacht.117 Die Routen verliefen zu Land und auf dem Wasser. Die kostbare Seide wurde von Zwischenhändlern umgeschlagen. Aus dem Han-Reich führte der Landweg nach Nordwesten, umging nördlich und südlich die Takla Makan und bog nach Süden, um – von Oasenstadt zu Oasenstadt – die Landschaft Baktrien im heutigen Afghanistan zu erreichen. In dieser Landschaft bewegten sich die Händler bereits auf einem von hellenis­ tischer Kultur beeinflussten Territorium. In umgekehrter Richtung trugen später persische Kaufleute und Mönche die nestorianische Mission in den fernen Osten (siehe unten S. 513–515). Die Einkaufspreise für die exotischen Artikel auf den fernen Märkten sind unbekannt, nicht dagegen die Preise, die der Import im römischen Reich selbst erzielte. Ein einziges Schiff transportierte astronomische Werte. Nur ein Teil des Frachtraums nahm laut einem Papyrustext118 ca. 3,5 Tonnen gangetische Narde, Elfenbein und Textilien auf, Gesamtwert 786 000 Sesterzen. Die von den ägyp­ tischen Rotmeerhäfen nach Indien verkehrenden Frachtschiffe konnten schätzungsweise bis zu 1300 Tonnen transportieren, das heißt das 370-Fache dieser Teilladung. Doch selbst bei einer halb so großen Tonnage (600 t) ergäbe ein vergleichbares Sortiment auf das ganze Schiff hochgerechnet einen Warenwert der Gesamtfracht von knapp 135 Millionen Sesterzen. Eine Tonne langer Pfeffer aus Indien war 183 234 Sesterzen wert, eine Tonne Malabathronblätter schon eine knappe Million, in etwa dieser Höhe lag der Warenwert derselben Menge Seide aus China. Entgegen mancher Vermutung fanden die Luxusgüter keineswegs nur in Rom und Italien Käufer. Dagegen spricht eine auffallend häufig in Inschriften der frühen Kaiserzeit bezeugte Mode bei den griechischen Personennamen in städtischen und sogar ländlichen Regionen Kleinasiens. Vermutlich waren es zunächst Sklaven in den Haushalten der Reichen, denen man Namen gab wie Kinnamos oder Smaragdos, Sardonyx, Kostos oder Nardos, doch ging diese Mode auf freie Bürger über, sogar bei Männern in städtischen Ämtern und bei Frauen. Eine reiche Grabherrin in Lykien hieß Malabathrine (TAM II 208).

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4. Unruhe und Krieg Iudaea und Anatolien von Tiberius bis Nero Iudaea und Anatolien von Tiberius bis Nero

In Anatolien hatte Kaiser Tiberius 17 n. Chr. das Königreich Kappadokien annektiert und damit das römische Provinzgebiet bis an den oberen Euphrat vorgeschoben. Der über 70-jährige König Archelaos, der ein halbes Jahrhundert regiert hatte, war angeklagt und vor den Senat beordert worden. Zu einem Urteil über den kranken und gebrechlichen Greis kam es nicht. Er starb in Rom. Die Annexion des Reiches sollte Germanicus auf seiner Orientmission durchführen, der sie an den Senator Quintus Veranius delegierte. Eine erste Maßnahme soll eine Steuersenkung auf die Hälfte der vormals königlichen gewesen sein (Tac. ann. 2,56). Kaisareia (heute Kayseri) wurde eine wichtige Münzstätte für Prägungen in Silber. Eine untergeordnete Statthalterschaft im Lande übernahm ein Ritter, dessen genauer Titel nicht überliefert ist. Die neue Provinz scheint zunächst der kaiserliche Legat Syrias von Antiocheia am Orontes aus mit beaufsichtigt zu haben.119 Erst Vespasian hat sie zu einer konsularen Statthalterprovinz gemacht. Nachfolgende Annexionen unter Tiberius an den Rändern im Süden wie im Norden Kleinasiens – Kommagene, Kleinarmenien und die Küste mit Kerasus und Trapezus –120 hatten zunächst nur vorübergehend Bestand. Sie wurden zugunsten wiedereingesetzter Klienteldynasten rückgängig gemacht. Doch ein weiterer Gebietserwerb, der noch 34 /35 n. Chr. erfolgte, blieb dauerhaft: Der Tempelstaat Komana Pontica endete und konstituierte sich als Polis innerhalb der neuen Provinz Cappadocia. Das kleine ostanatolische Reich Kommagene gab Kaiser Gaius der Königs­ familie mit Antiochos IV. zurück, nur um diesen kurz darauf wieder abzusetzen. Von Claudius wurde er erneut inthronisiert. Dieser Kaiser beendete auch die formal noch bestehende Freiheit der Rhodier und des lykischen Städtebundes im Süden Kleinasiens: Auf Grund innerer Unruhen – die Vorgänge im Einzelnen sind unklar – schritt Claudius 43 n. Chr. ein und ließ den prätorischen Legaten Quintus Veranius eine neue Provinz Lycia einrichten. Sie hat zunächst fast drei Jahrzehnte für sich bestanden, bis sie unter Vespasian bereits im Jahre 70 mit dem östlichen Nachbarland zur Doppelprovinz Lycia et Pamphylia eines Statthalters zusammengefasst wurde. Von Beginn der Provinzeinrichtung Lykiens an wurde von römischer Seite in die Infrastruktur dieser Landschaft investiert, die sich abseits der durch Anatolien führenden Hauptstraßen ausdehnte: Wie nirgendwo sonst im Reich dokumentiert ein beschriftetes Pfeilermonument zu Ehren des Kaisers ein mit Entfernungen präzise vermessenes Straßennetzwerk von beinahe 70 interstädtischen Verbindungen, das die gesamte Provinz abdeckte.121

Iudaea und Anatolien von Tiberius bis Nero

In Iudaea122 war Herodes Agrippa (auch: Agrippa I.), ein in Rom aufgewachsener Enkel des Herodes, von Gaius zum König der Tetrarchie des verstorbenen Philippos ernannt worden, das heißt, er herrschte über ein relativ kleines Reich südlich von Damaskus. Seine unmittelbaren südwestlichen und südlichen Nachbarn waren die Dekapolis sowie Galilaea und die Peraia, wo sein Onkel Herodes Antipas regierte, allerdings nur noch kurze Zeit: Dessen Versuch, seinerseits vom Kaiser den Königstitel zu erhalten, vergalt ihm der Neffe und Schwager ­damit, ihn wegen Kollaboration mit den Parthern anzuschwärzen – mit Erfolg: Antipas wurde abgesetzt und verbannt. Ein längerer Romaufenthalt Agrippas I. zahlte sich dahingehend aus, dass ihm der Gaius nachfolgende Imperator Claudius aus Dank für seine Dienste Iudaea und Samaria zuschlug. Das bedeutete die Ausgliederung dieser Landschaften aus der römischen Provinz Syria und das vorübergehende Ende der Regierung eines Präfekten. Von langer Dauer blieb auch dies nicht, denn mit dem Tod Agrippas im Jahre 44 gab Claudius auf Drängen seiner Berater das Territorium dem Legaten Syrias zurück. Es bleibt ungeklärt, ob es von da an durch einen Präfekten oder einen Präsidialprocurator beaufsichtigt wurde.123 Mit der Re-Provinzialisierung Iudaeas einher ging, bemerkenswerterweise, ein kurzer Streit darüber, wer die Investitur der Hohepriester vorzunehmen befugt sei: der römische Amtsträger, wie zuvor, oder die jüdische Autorität in der Person des Herodes von Chalkis, eines Bruders Agrippas I., der über das Territorium dieser Stadt nordwestlich von Damaskus zwischen Libanon und Antilibanon herrschte. Eine jüdische Gesandtschaft nach Rom erwirkte, dass Claudius dieses Recht den Juden in die Hände legte (Ios. ant. Iud. 20,1–2). Als vier Jahre später der Sohn Agrippas, Herodes ­Agrippa II., – dann 20-jährig – als Nachfolger seines verstorbenen Onkels zum Herrscher von Chalkis eingesetzt wurde, ging auf ihn das Recht der Priesterinvestitur in Jerusalem über. Auch Chalkis hat Claudius wieder dem Legaten von Syria unterstellt und dem jungen Agrippa II. dafür die ehemalige Tetrarchie des Philippos überwiesen. Der für Ruhe und Ordnung in ganz Palästina zuständige Gouverneur der Provinz Syria und sein Statthalter in Caesarea Maritima sahen in den kleinteiligen Distrikten mit einer vielstämmigen Bevölkerung aus relativ geringen Anlässen Konflikte und Tumulte aufwallen, die bis in die Hauptstadt am Tiber Wellen schlugen. Auf dem Lande trieben, wie zu Davids Zeiten, Räuberbanden ihr Unwesen. Der Überfall auf einen kaiserlichen Freigelassenen zog eine Verhaftungswelle in den umliegenden Dörfern nach sich. Dann hat die Ermordung eines galiläischen Juden durch Samariter eine am Fest in Jerusalem versammelte Menge so aufgebracht, dass sie nach Norden ins Grenzgebiet Samarias einfielen,

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Dörfer brandschatzten und Männer, Frauen und Kinder abschlachteten. Der Statthalter Cumanus – Josephos nennt ihn Procurator – setzte seine Auxiliareinheit gegen die Marodeure in Marsch, von denen die meisten getötet, eine Minderheit gefangen genommen wurden. Weitere gewaltbereite Gruppen ließen sich von den eigenen Landsleuten zur Heimkehr bewegen mit der Warnung, dass sie «alles aufs Spiel setzten wegen der Rache für den Tod eines einzigen Galiläers» (Ios. bell. Iud. 2,237 f.), ohne dass die Überfälle damit gänzlich aufhörten. Samariter wie Judäer trugen nun ihre Beschwerden vor Ummidius Quadratus, den Legaten Syrias. Ins Visier der Anschuldigungen geriet dabei insbesondere Cumanus, der es abgelehnt habe, die Mörder des Galiläers zu verfolgen. Die Unruhen eskalierten weiter, als Quadratus die arrestierten Juden in Caesarea kreuzigen, weitere in der Stadt Lydda enthaupten ließ. Eine Gesandtschaft von Notabeln der Judäer und Samariter begleitet von Cumanus und einem Militärtribun wurde nach Rom geschickt. Der am Kaiserhof anwesende Agrippa legte sich emphatisch für die Sache der Judäer ins Zeug, was zu einer denkwürdigen Entscheidung führte: Drei Samariter wurden enthauptet, Cumanus verbannt, der Militärtribun in Ketten nach Jerusalem gebracht, um dort – der jüdischen Volkswut überlassen – auf grausame Weise getötet zu werden (bell. Iud. 2,241– 246; vgl. ant. Iud. 20,128–136). Agrippa behielt die Gunst auch des jungen Nero, der sein Territorium noch erweiterte. Aber das ganze Land zwischen Damaskus und dem Reich der Nabatäer beheimatete ein ebenso explosives Gemisch an Konfliktstoff wie die Megalopolis Alexandreia. Nur wenige Jahre nach diesen Ereignissen machte sich der Apostel Paulus mit seinen Begleitern von Patara auf, um zu Schiff über Tyros nach Ptolemais und weiter über Land nach Jerusalem zu gelangen. Daselbst hatte sich herum­ gesprochen, dass er «alle Juden, die unter den Heiden wohnen, den Abfall von Mose lehre und sage, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden und auch nicht nach den Ordnungen leben» (Apg 21,21). Tatsächlich wurde er bei einem Tempelbesuch in Jerusalem sofort erkannt, und zwar bezeichnenderweise von in der Stadt anwesenden Juden aus der Provinz Asia, denen er wohl bei seinem längeren Wirken in Ephesos begegnet war. Sie hetzten die Menge gegen ihn auf, und er wäre ohne das Einschreiten des Tribuns der nahebei stationierten Auxiliarkohorte gelyncht worden. Paulus, der mit dem Tribun auf Griechisch sprach, erwirkte die Erlaubnis, sich vor der Menge zu verteidigen, die daraufhin seiner in Hebräisch gehaltenen Ansprache zuerst gebannt zuhörte, um dann lautstark seinen Tod zu fordern. Paulus durchlief alle Stufen der gerichtlichen Prozedur: Der Folterung beim Verhör durch das Militär entging er mit dem Hinweis, er sei römischer Bürger, und seine Appellation an den Kaiser bewirkte am Ende die Über-

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stellung nach Rom. Sein Prozess in Iudaea ging vor die Sanhedrin, dann vor den Statthalter in Caesarea, der ihn an seinen Nachfolger Porcius Festus weitergab. Dem nach Caesarea gereisten König Agrippa legte Festus dar, dass er keine Substanz in der Anklage feststellen könne: Die Juden hätten Streit mit diesem Mann «über einige Fragen ihres Glaubens und über einen verstorbenen Jesus, von dem Paulus behauptete, er lebe» (Apg 25,19). Gegen Ende der Regierungszeit des Claudius (54 n. Chr.) herrschten unter römischer Klientel diesseits des Euphrat im Norden nur noch Polemon II. in Pontos, Kotys in Kleinarmenien und Archelaos, der Sohn, zusammen mit dem Teukriden in Kilikien sowie, tief im Süden, ein König von Emesa (Homs), die jüdischen Dynasten und der König der Nabatäer. Schon in der Zeit des julisch-claudischen Kaiserhauses zeichnete sich immer deutlicher die Volatilität der Klientelherrschaften ab, wo entgegen einer stabilen Sukzession in den Herrscherfamilien selbst oder bei lauernden Nachbarn eine günstige Gelegenheit oder gute Beziehungen an den Kaiserhof zum Zugriff auf das Szepter verlockten. Aus dem dynastischen Flickenteppich heraus konnte längst keine Bedrohung mehr für Rom erwachsen. Augustus hatte zwar seine Abneigung gegen eine Erweiterung des Reichsgebietes kundgetan, aber die innere Instabilität, Rivalitäten in den Eliten, Unzufriedenheit, ja Aufbegehren der Regierten gegen die eigenen Regenten bis hin zu chaotischen Kleinkriegen in den Ländern selbst liefen dem Ordnungs­ willen der senatorischen Berater der Caesaren am Tiber zuwider. Jenseits des Euphrat drängte sich schon unter Tiberius erneut das Problem der Königsherrschaft in Armenien auf: Fast jede Thronvakanz hat internen Streit und externe Interventionsversuche provoziert. Der 18 n. Chr. mit Sondervollmacht entsandte Germanicus inthronisierte einen Sohn Polemons von Pontos, «weil dieser seit seiner frühesten Kindheit, der Einrichtungen und der Lebensweise der Armenier sich befleißigend, durch Jagd, Gelage und was sonst die Barbaren hochhalten, Vornehme und Volk gleichmäßig für sich gewonnen hatte» (Tac. ann. 2,56, übers. Boetticher). Als dieser früh verstarb, intervenierte sogleich der Partherkönig Artabanos II. mit dem Anspruch auf das Diadem für seinen Sohn. Doch diesmal brachen die parthischen Ambitionen rasch in sich zusammen: Der Großkönig selbst musste die Hauptstadt Ktesiphon für kurze Zeit ­einem Gegenkönig von Roms Gnaden, Tiridates, überlassen, der vom Statt­ halter Syriens bis an den Euphrat begleitet und mit demonstrativem Aufmarsch der syrischen Legionen gestärkt wurde, woraufhin parthische Notabeln zu ihm überliefen, ihm Reiterheere und Königsschatz zuführten (36 n. Chr.). Am Eu­ phratufer meldeten Anwohner, der Fluss «schwelle ohne vorangegangenen

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­ egen von selber mächtig an; dabei bilde er in weißglänzendem Schaume dia­ R demähn­liche Kreise, das Vorzeichen eines glücklichen Stromüberganges. Andere gaben eine noch feinere Deutung: das Unternehmen werde glücklich anfangen, aber keinen dauernden Erfolg haben, da auf Zeichen, die auf der Erde oder am Himmel gegeben würden, mehr Verlass sei, während der Flüsse unstetes Wesen im gleichen Augenblick Vorzeichen erscheinen und wieder verschwinden lasse» (Tac. ann. 6,37, übers. Boetticher). Tatsächlich hat der parthische Adel den Usurpator gleich wieder fallengelassen, und Artabanos kehrte auf den Thron zurück. Den Anspruch auf Armenien indes zog dieser bei einem Treffen mit dem syrischen Statthalter zurück. Am Araxes waren dem von Germanicus inthronisierten in kurzem Abstand drei weitere Könige gefolgt. Den letzten, einen von Gaius abgesetzten und in Rom internierten Mithradates, ließ Claudius auf den Thron zurückführen. Er herrschte keine zehn Jahre. Sein eigener Bruder Pharasmanes, König von Iberien, scheint die Theorie des römischen Historikers Tacitus zu bestätigen, dass der Hass unter nah Verwandten am größten sei: Pharasmanes trachtete danach, ihn zu beseitigen. König sollte sein eigener Sohn Rhadamistos werden. Eine römische Garnison in Gorneae (Garni, südöstlich von Jerewan) und herbeigeführte Hilfstruppen aus Kappadokien ließen es geschehen, dass die ganze Familie des Mithradates ausgerottet wurde. Doch die Freude des Rhadamistos als König von Armenien währte nur kurz: Der neue Partherkönig Vologaises I., entschlossen, den traditionellen Anspruch auf Armenien durchzusetzen, vertrieb ihn, um einen seiner Brüder, Tiridates, zu inthronisieren. Die Anwesenheit der Parther in beiden weit voneinander entfernten Städten Tigranokerta und Artaxata fand ein vorzeitiges Ende, als ein besonders strenger Winter, Proviantmangel und Krankheit sie zum Rückzug zwangen. Das abgelegene Hochland war sich selbst überlassen, und Rhadamistos nahm die Gelegenheit wahr, noch einmal zurückzuschlagen. Ein kurzes, tyrannisches Regiment provozierte die Armenier zum Aufstand. Die abenteuerliche Flucht des Iberers aus der Königsburg Artaxatas und das Schicksal von dessen schöner Gattin Zenobia hat den römischen Historiker Tacitus veranlasst, einen ergreifenden Bericht zu geben: Auf schnellen Rossen habe die hochschwangere Frau den strengen Ritt nicht lange durchgehalten und den Gatten gebeten, sie vor Gefangenschaft zu bewahren und zu töten. Dessen Furcht vor den Verfolgern obsiegt über seine Liebe, er stößt ihr die Klinge in den Leib und zieht sie in den Araxes. Die schwer verwundete Frau wird in Ufernähe von Hirten entdeckt: «Aus ihrer edlen Schönheit schließen sie, dass sie nicht niedriger Herkunft sei, verbinden ihre Wunde, wenden ländliche Heilmittel an und bringen die Frau, nachdem sie Namen und Umstände erfahren hatten, in die

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Hauptstadt Artaxata. Von dort aus wurde sie auf Betreiben der Öffentlichkeit zu Tiridates gebracht, der sie respektvoll aufnahm und wie eine Königin behandelte» (Tac. ann. 12,51). Rhadamistos entkam nach Iberien. Doch der eigene ­Vater hat ihn des Verrats verdächtigt und getötet (13,37,3). Die Parther waren zurück in Armenien. Die Geographie Armeniens blieb eine Herausforderung für strategisches Planen. Aktionen und Reaktionen von römischer wie von parthischer Seite ermangelten einer von den Grenzen Armeniens nicht zu weit entfernten militärischen Infrastruktur als Ausgangsbasis: permanente Garnisonen, Lager, Straßen, ge­ sicherte Nachschubwege. Die Garnison von Gorneae auf einem Hochplateau zwischen Araxes-(Aras-)Tal und Sewan See lag zu weit abseits. Vormärsche größerer Einheiten ins Hochland waren lang und mühsam. Der Winter konnte einer unzureichend versorgten und schlecht einquartierten Truppe übel mitspielen. Die folgenden Ereignisse leiteten die Wende zu einer anderen Strategie ein. Mit dem neuen Kaiser Nero (13. Oktober 54 n. Chr.) fiel in Rom angesichts dieser Lage der Entschluss zum Krieg.124 Die Statthalterschaft der vereinigten Provinzen Galatia und Cappadocia wurde einem militärisch erfahrenen und befähigten ­Senator, Domitius Corbulo, übertragen mit dem Auftrag, Armenien zurückzuerobern. Legionen an der Ostgrenze zu den Parthern gab es bis dahin nur die vier in Syrien, bei Raphaneai und Kyrrhos, stationierten: die III Gallica, die VI Ferrata, die X Fretensis und die XII Fulminata. Der Statthalter Syriens musste erst zwei, kurz darauf eine dritte an Corbulo abtreten, der Jahre damit verbrachte, die Disziplin dieser der Kampfbereitschaft entwöhnten Truppen wiederherzustellen. Die Invasion Armeniens begann 58 n. Chr., die Klientelkönige Pharasmanes von Iberien und Antiochos von Kommagene beteiligten sich an ihr. Der parthische Großkönig Vologaises war mit einem Aufstand der Hyrkaner (im heutigen Iran) beschäftigt und sein Bruder Tiridates auf sich allein gestellt. Die römische Armee operierte erfolgreich, rückte kampflos in Artaxata ein und zerstörte die Stadt. Unter schweren Strapazen führte sie Corbulo nach Tigranokerta und besetzte auch diese Stadt. Tiridates zog sich aus Armenien zurück. Als neuen König schickt Rom Tigranes, einen Urenkel des Herodes von Iudaea väterlicher- und des Achelaos von Kappadokien mütterlicherseits. Doch dieser Mann macht das Erreichte wieder zunichte: Statt sein Regiment zu stabilisieren, fällt er in Adiabene, parthisches Vasallengebiet, ein. Die in Anatolien verbliebenen zwei Legionen können nicht verhindern, dass die Parther weite Teile Armeniens wieder in Besitz nehmen und der König auf Tigranokerta zurückgeworfen wird. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt.

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Corbulo hatte zusätzlich zu Galatia / Cappadocia die Statthalterschaft Syrias mit übernommen und zeitweise unter seinem Kommando fünf Legionen vereint. Auf sein Anraten hin sollte am anatolischen Oberlauf des Euphrat ein neuer Statthalter das Kommando übernehmen. Mit Caesennius Paetus wurde diese Aufgabe einem ambitionierten, tatsächlich jedoch gänzlich unfähigen Mann übertragen. Der neue Legat erhielt zusätzlich zu den zwei kappadokischen Le­ gionen eine dritte aus Moesien überstellt. Mit den Entfernungen und der Natur des Landes unvertraut, erschöpfte er die Kräfte seiner Armee in einer ersten Kampagne und erlitt in einer zweiten schwere Niederlagen, nach denen er sich in Randeia am Euphratnebenfluss Arsanias von Vologaises eingekesselt fand und kapitulieren musste. Rom zieht den Versager ab und überträgt Corbulo erneut den Oberbefehl, unter dem nach Verstärkungen, die aus verschiedenen Reichsteilen herangeführt werden, nunmehr sieben Legionen vereinigt sind, mehr als ein Viertel der Heeresmacht des Imperiums. Fünf Legionen rücken im Sommer 63 von Melitene (Malatya) aus gegen Tiridates vor. Vermutlich war bereits in vorausgehenden Verhandlungen in Nisibis eine für beide Seiten gesichtswahrende Kompromisslösung anvisiert, zunächst aber noch fallengelassen worden: Sie bedeutete den Verzicht Roms auf eine Prärogative, zugleich aber die Verpflichtung der Gegenseite, ihre Königskandidaten ­einer feierlichen Investitur durch den Kaiser in Rom zu unterziehen. Die Parther erklärten sich jetzt dazu bereit. Im Jahre 65 begibt sich der Bruder des Großkönigs, Tiri­dates, mit großem Gefolge auf die Reise durch Kleinasien ans Mittelmeer und weiter nach Italien. Mit spektakulärem Zeremoniell wird er in Neapel und Rom empfangen und mit den Insignien eines Königs der Armenier ausgestattet. Die sich dereinst aus dem Vasallentum der Seleukiden befreiende Dynastie der Artaxiaden in Armenien endete und machte für künftige Jahrhunderte den parthischen Arsakiden Platz. Hüben wie drüben war man zu bitteren Einsichten gelangt: Eine dauerhafte römische Besetzung des ostanatolischen Hochlandes jenseits des Euphrat schien die militärischen Kräfte des Imperiums zu überfordern, zumal man ständig nicht nur mit einem feindlichen Nachbarn, sondern unter den Adeligen des Landes selbst mit einer wohl mehrheitlich widerspens­ tigen Faktion rechnen musste. Der Großkönig seinerseits war zu schwach für ­einen endgültigen militärischen Triumph über die Legionen, die in der opera­ tiven Kriegführung mit Manövrier- und Waffentechnik, Schanzen, Festungsund Brückenbau seinen Reitertruppen im Hochland überlegen waren. Freilich blieben beide Seiten, die Römer und die Parther, unzufrieden und lauerten in

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Zukunft auf Gelegenheiten, Schwächen des Gegenübers auszunutzen. Domitius Corbulo wurde aus dem Orient abgezogen und vom Kaiser in den Selbstmord getrieben.

5.  Kidusch Haschem Der Jüdische Krieg Der Jüdische Krieg

Im Mai des Jahres 66 n. Chr., noch unter der Regierung des Kaisers Nero in Rom, brach in Iudaea der Aufstand aus. Es ist der durch einen Zeitgenossen am ausführlichsten berichtete Krieg der Antike. Spätere und kürzere Berichte stammen von römischen Senatoren, Tacitus und Cassius Dio. Über die wesentlichen Ur­ sachen herrscht in der Forschung keine Einigkeit.125 Eine der provokantesten Erscheinungsformen fremder Machtausübung bestand für die religiösen Juden in der Aufrichtung von Standbildern oder Büsten ranghoher fremder Würdenträger, sei es auf öffentlichen Plätzen, sei es als Kaiserbilder der mobilen Standarten bei den römischen Truppenteilen.126 Der Präfekt Pontius Pilatus hatte im Gegensatz zu seinen Vorgängern nicht darauf verzichtet, seine von Caesarea in die Winterquartiere nach Jerusalem verlegte Truppe die Standarten mit Kaiserbildern mitführen zu lassen, war sich jedoch offenbar möglicher Reaktionen bewusst gewesen; denn der Einzug in die Stadt war des Nachts erfolgt und die Kaiserbilder waren verhüllt worden. Der Vorgang blieb jedoch nicht verborgen: «Dies erregte bei Tagesanbruch allergrößte Aufregung bei den Juden. Diejenigen, die in Sichtweite waren, zeigten sich schockiert darüber, dass man ihre Gesetze mit Füßen trat. Denn diese Gesetze erlauben kein Aufrichten eines Bildnisses in der Stadt. Der Empörung des Stadtvolkes schloss sich das aus dem Umland zusammenströmende Volk noch an» (Ios. bell. Iud. 2,169 f.; vgl. ant. Iud. 18,55). Der jüdische Schriftsteller Philo kritisiert Pilatus auch noch wegen der Aufstellung vergoldeter Schilde zu Ehren des Kaisers Tiberius im Palast des Herodes, obgleich diese gar keine Bildnisse trugen (legatio ad Gaium 299–305).127 Kaiser Gaius war 39 /40 n. Chr. auf die Idee gekommen, im Tempel von Jerusalem sein Standbild errichten zu lassen, und hatte dem Bedenken tragenden Legaten von Syria den Befehl zur Ausführung erteilt. Die Ermordung des Kaisers war e­ iner Entscheidung zuvorgekommen. Die ständige Anwesenheit römischer Truppen in der Stadt Jerusalem, ihre gelegentliche Verstärkung durch die in Caesarea stationierten Einheiten, provozierte beim Stadtvolk Renitenz und Proteste auch aus geringen Anlässen. Die Gefahr solcher Ereignisse steigerte sich zur Zeit der Pilgerzuströme an den gro-

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Abb. 17: Jerusalem, Inschrift vom Tempelberg (CIIP I 1, 2)

ßen Festen, wenn die Römer ihre bewaffnete Präsenz verstärkten. Die Soldaten waren in der Festung Antonia einquartiert, der vorübergehend anwesende Statthalter und sein Gefolge hausten im Herodespalast. Empörung löste der wiederholte Zugriff auf den Tempelschatz aus, etwa durch Pilatus, der eine Wasserleitung finanzieren wollte, oder – kurz vor Ausbruch des Aufstandes – durch Florus, dem es oblag, Geld zum Wiederaufbau des im Juli 64 vom Brand zerstörten Rom und zur Errichtung der domus aurea beizubringen, dem megalomanen Projekt einer neuen Kaiserresidenz Neros. In der städtischen Volksmenge Jerusalems, die anlässlich der Feste durch zahlreiche Besucher von außerhalb anschwoll, sorgten religiöse Fanatiker für Unruhe, gegen die ein Teil der jüdischen Elite mit den römischen Besatzern zusammenstand. Militärisches Eingreifen eskalierte jedoch rasch zu blutigen Massakern, und die Bereitschaft zum Widerstand breitete sich auch in der Oberschicht aus. Auf dem Lande rückten römische Soldaten immer wieder gegen Räuberbanden aus und verschonten bei deren Verfolgung auch unschuldige Dorfbewohner nicht.128 Ein umsichtiges, auf Deeskalation bedachtes Regieren kann man den römischen Statthaltern der julisch-claudischen Epoche in Iudaea zwar nicht bescheinigen, aber in der Regel handelten sie wie die Statthalter anderer Provinzen auch nach den ihnen mitgegebenen kaiser­ lichen Weisungen (mandata). Die Einziehung von Tempelgeldern für die Finan-

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zierung von Bauprojekten wurde im Reich auch andernorts vorgenommen. ­Beschuldigungen der römischen Amtsträger, insbesondere der equestrischen Statthalter des Legaten von Syria, sie hätten sich persönlich bereichert, sind nicht unbedingt glaubwürdig.129 Auf religiöse Befindlichkeiten wurde Rücksicht genommen: Vor dem Betreten des von einer hohen Mauer umschlossenen inneren Tempelbezirks durch Nichtjuden warnten zahlreiche griechische und lateinische Inschriften mit Androhung der Todesstrafe (CIIP I 1, 2; vgl. Ios. bell. Iud. 5,193 f.): «Kein Fremder darf den Raum innerhalb der Balustrade um das Heiligtum und der Umfassungsmauer betreten. Wer immer dabei erwischt wird, trägt als Konsequenz die Todesstrafe.»

Begonnen hat der große Aufstand angeblich aus kleinen Anfängen in Caesarea, wo die jüdische Gemeinde mit den Griechen im Streit lag und sich von diesen immer stärker bedrängt und provoziert sah (Ios. bell. Iud. 2,284–292). Die Unruhen verlagerten sich nach Jerusalem. Agrippa II., zurückgeeilt aus Alexandreia, soll eine lange Rede an das Volk gehalten und vor einem Krieg gewarnt haben. Doch die rebellisch Gestimmten unter den Juden setzten sich durch und vertrieben ihn aus der Stadt. Im Sommer 66 stürmten Insurgenten die Festung Masada am Toten Meer und ließen deren römische Besatzer über die Klinge springen. In Jerusalem argumentierten besorgte Hohepriester und Notabeln unter den Pharisäern vergebens gegen die Forderung von Seiten des radikalen Kultpersonals, Opfer und Weihgaben von Fremden generell zu verbieten – ein Affront gegenüber dem Kaiser (ebenda 409–416). Die römische Garnison wurde belagert, ­woraufhin Agrippa II. eine Kavallerie von 2000 Reitern schickte. Sie wurde aufgerieben. Die belagerten Soldaten verhandelten freien Abzug, wurden jedoch, kaum entwaffnet, niedergemacht. Während Agrippa II. sich nach Antiocheia am Orontes begeben hatte, brachen in mehreren Städten der Provinz Syria und in Alexandreia Pogrome gegen Juden aus (ebenda 417–498). Die nächste Stufe der Eskalation bestand im Eingreifen des Legaten von S­ yria. Unter seinem Kommando standen im Norden der Provinz vier Legionen: die IV Scythica, die XII Fulminata, die VI Ferrata und die X Fretensis. Cestius Gallus brach von Antiocheia auf mit der XII Fulminata und einem guten Drittel jeder weiteren Legion, zusätzlich Kohorten und Alen an Hilfstruppen, die Agrippa II., Antiochos IV. von Kommagene und Sohaimos von Emesa (heute Homs) stellten. Insgesamt rückten etwa 26 000 Mann von der Küste gegen Jerusalem vor. Doch auch diese Truppe erlitt ein Desaster und zog sich nach Verlusten von ca. 6000 Mann zurück (ebenda 499–555).130 Im Lande brach Siegesstimmung aus. Die Römer schienen überwindbar und Palästina auf Dauer von ihnen befreit.

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Man konnte auf die nicht lange zurückliegende erfolgreiche Vertreibung der einst mächtigen Seleukiden verweisen.131 Kaiser Nero ernannte daraufhin den gewesenen Konsul (consul suffectus von 51 n. Chr.) Flavius Vespasianus zum Oberkommandierenden in Iudaea, Licinius Mucianus zum neuen Legaten von Syria. Die Entsendung des Konsulars war gleichbedeutend mit der Erhebung Iudaeas zu einer eigenen, von Syria getrennten Provinz, andernfalls wäre Mucianus zuständig gewesen.132 Vespasian übernahm nur eine der syrischen Legionen, die X Fretensis, zwei weitere, kampferprobte, brachte er mit: die V Macedonica und die XV Apollinaris. Beide hatten unter Domitius Corbulo und Caesennius Paetus in Armenien gekämpft. Hilfstruppen stellten wieder Agrippa, Antiochos, Sohaimos und der Nabatäer Malichos. Der Jüdische Krieg – bellum Iudaicum – wird durch ein im antiken Schrifttum ungewöhnliches literarisches Werk dargestellt. Verfasser ist ein Augenzeuge, der 37 /38 im Jahr der Thronbesteigung des Kaisers Gaius geborene und unter Kaiser Traian in Rom nach 100 n. Chr. gestorbene Jude Josephos.133 Dieser Mann durchlebte ein seltsames Schicksal, das in mancherlei Hinsicht an die mehrmals verfilmte Romanfigur Ben Hur erinnert und den Romanschriftsteller Lew Wallace auch inspiriert haben mag. Er stammte aus einer Priesterfamilie Jerusalems. Schon als Vierzehnjähriger, so behauptet er von sich selbst, sei er so gebildet gewesen, dass Rabbiner sich bei ihm Rat holten. Nach einem kontemplativen Aufenthalt in der Wüste kehrte er als 19-Jähriger in die Stadt zurück und schloss sich den traditionalistischen Pharisäern an. Zwei Jahre vor Ausbruch des Aufstandes ging er nach Rom, wo er die Freilassung von jüdischen Priestern bewirkt haben will. Über den kurz zuvor in Rom stattgefundenen Brand und die neronische Christenverfolgung schweigt er. Zurückgekehrt, diente er auf jüdischer Seite als Offizier in Galilaea und geriet nach 47-tägiger Verteidigung von Iotapata, einer Stadt westlich des Genezareth-Sees, in römische Gefangenschaft. Er prophezeite den Siegern, dass Vespasian Kaiser wird.134 Als dieser im Juli 69 tatsächlich zum Kaiser ausgerufen wird, kommt er frei und darf Vespasian nach Alexandreia ­begleiten. Schließlich erneut nach Rom übergesiedelt, widmet sich Josephos ­daselbst als hochprivilegierter römischer Bürger, seither Titus Flavius Josephus, Empfänger einer Pension und großzügigen Wohnraumes auf den Privatgrundstücken Vespasians, der Schriftstellerei. Das Erstlingswerk bellum Iudaicum in sieben Büchern ist ursprünglich vielleicht in Aramäisch verfasst, uns jedoch in einer griechischen Version überliefert worden. Die Vorgeschichte führt Josephos bis auf Antiochos IV. zurück, der Groß-

Der Jüdische Krieg

teil des Werkes ist Ereignissen seiner Zeit gewidmet. Die Hauptschuld an dem Krieg gibt der Autor den Zeloten, und er ist bemüht, Volk und Aristokratie zu entlasten. Auf römischer Seite tadelt er oft die equestrischen Amtsträger vor Ort, hütet sich jedoch, Personen senatorischen Ranges oder gar die Kaiser anzuklagen. Seine prorömische Perspektive hat einen Zeitgenossen, Justus von Tiberias, veranlasst, das Werk mit einer eigenen Darstellung des Krieges zu kritisieren. Josephos’ umfangreichstes Werk, die «Jüdische Archäologie» (antiquitates ­Iudaicae), will die gebildete griechische Welt mit dem Judentum vertraut machen. Das Thema sind Geschichte und Kultur von der Weltschöpfung bis zum Ausbruch des Krieges; Kompilationen aus verschiedenen bekannten Quellen wie dem griechischen Historiker Polybios oder dem augusteischen Geographen Strabon mischen sich mit zum Teil phantasievollen Ausschmückungen. Für die Juden war Josephos ein Verräter. Er wurde verschwiegen. In Rom hat man ihn bald als unbedeutend ignoriert und vergessen. Zum anerkannten Historiker erhoben ihn die christlichen Kirchenväter, insbesondere Eusebios, der ihn exzerpierte. Die römische Streitmacht eroberte nach und nach Galilaea, Samaria, Iudaea und die Peraia. Widerstand versteifte sich an vier Punkten: in Jerusalem und in drei von Herodes erbauten Festungen östlich und westlich des Toten Meeres, Herodion, Machairous und Masada. Die Nachricht vom Tode Neros am 11. Juni 68 stoppte die Armee beim Sturm auf Jerusalem. Man wartete ab. Als Vespasian von der Usurpation des Kaiserthrones durch Vitellius erfuhr, ließ er sich vermutlich noch in Iudaea zum Kaiser ausrufen. Nach Tacitus geschah dies erst im Juli 69 in Alexandreia. Der Legat der Provinz Syria, Licinius Mucianus, und der Präfekt von Ägypten, jener mit dem Schriftsteller Philon verwandte Tiberius Iulius Alexander, unterstützten den Flavier. Zum ersten Mal in der römischen Geschichte wurde bei den Legionen des Orients ein Gegenkaiser erhoben. Noch bevor Vespasian den Thron in Rom bestieg, setzte im Jahre 69 n. Chr. ein Legionslegat der X Fretensis den ersten Meilenstein der Provinz Iudaea. Sein Name war Ulpius Traianus, er war der Vater des späteren Kaisers. Wenn der römische Schriftsteller Plinius der Ältere die Stadt Jerusalem «bei weitem die glänzendste der Städte des Orients» nennt (longe clarissima urbium Orientis, nat. 5,70), folglich in seinem Urteil die Weltstädte Alexandreia und ­Antiocheia unausgesprochen hinter dieser noch zurückzustehen scheinen, so dürfte das nach heutiger Kenntnis kaum übertrieben sein, denn die Hauptstadt der Juden war in der nachherodianischen Epoche und vor der Katastrophe des

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Abb. 18: Jerusalem auf der Mosaikkarte von Madaba, Jordanien

Jahres 70 zu einer bewunderten Metropole mit monumentaler Bausubstanz expandiert.135 Wie Alexandreia, so bereitet Jerusalem mit seiner kontinuierlichen Besiedelung bis in die Moderne der Archäologie ein schwieriges Terrain, wobei die hier in Rede stehende Epoche noch am besten dokumentiert ist.136 Inschriftenfunde sind vergleichsweise rar, bei den meisten handelt es sich um Grabinschriften von außerhalb des eigentlichen Stadtareals (CIIP I 1). In der literarischen Tradition ausführlicherer Beschreibungen ragen die Bibel und die Werke des Josephos hervor. Aus der einstigen «Stadt des David» war bereits unter den Ptolemaiern und Seleukiden eine nach Norden ausufernde Siedlung gewachsen, die ein zweiter Mauerring einschloss. Als nachherodianisch gilt eine dritte Mauer, die nicht ganz vollendet wurde. Diese Bastionen in Verbund mit dem an ihren Außen­ seiten zum Teil schwierigen Gelände mussten jeden Belagerer vor eine anspruchsvolle Aufgabe stellen. An der Stelle eines älteren hasmonäischen Festung-Palastkomplexes namens Baris an der Nordwestecke des Tempelberges hatte Herodes die Festung Antonia errichten lassen, während an dessen Südseite, durch eine Brücke mit diesem verbunden, sein Palast stand. Der herodianische Tempel und die ihn umgebenden Hallen dürften es an Pracht mit jedem sakralen Bauwerk der damaligen Welt aufgenommen haben. Eine Säulenstraße im Stadtinnern hieß xystos (Abb. 18).

Der Jüdische Krieg

Gynmasium und Theater hatte der Hellenismus gegen Widerstand eingepflanzt, ein Amphitheater und eine Pferderennbahn waren hinzugekommen. Nahe dem Tempelberg im Süden sind bei Ausgrabungen Wohnhäuser und jüdische Bäder ans Licht gekommen. Von den gewiss zahlreichen Synagogen ist eine inschriftlich bezeugt, die ein Priester und Synagogenvorsteher, Sohn und Enkel von Sy­ nagogenvorstehern (archisynagogoi), nebst einem Gästehaus mit Annex der ­Dienerschaft für die Pilger und einer Vorrichtung für die Wasserversorgung hatte bauen lassen (CIIP I 1, 9). Ihr kosmopolitisches Flair verdankte die Stadt zuvorderst den aus vielen auch entfernten Teilen der antiken Welt zuströmenden Pilgern jüdischen Glaubens, die bei ihrem Besuch den halben Shekel für den Tempelschatz mitzubringen pflegten. In der Apostelgeschichte heißt es (2,5–11): «Es wohnten aber in Jeru­salem Juden, gottesfürchtige Männer aus jeder Nation unter dem Himmel […] Parther, Meder und Elamiten, und die Bewohner Mesopotamiens, Iudaeas und Kappadokiens, des Pontos und der Provinz Asia, Phrygiens und Pamphyliens, Ägyptens und der an Kyrene grenzenden Teile Libyens, auch die vorübergehend sich aufhaltenden Römer, sowohl Juden als auch Proselyten, Kreter und Araber […].»

Dass die Geschäfte der Einheimischen und die Einnahmen der Kommune dank der Pilgerscharen boomten, liegt auf der Hand. Im Jahre 70 begann Vespasians Sohn Titus, von Ägypten nach Caesarea kommend, den Angriff auf Jerusalem. Außer den drei schon genannten Legionen (X Fretensis, V Macedonica, XV Apollinaris) führte er die XII Fulminata aus Syrien und Verstärkungen von den ägyptischen Legionen III Cyrenaica und XXII Deiotariana heran. Zusammen mit den Hilfstruppen der Klientelfürsten, unter denen nach dem Zeugnis des Tacitus die Araber gegenüber den Juden besonders hasserfüllt waren, marschierte zur Einnahme der Stadt Jerusalem etwa ein Siebtel der gesamten Militärmacht des Imperiums auf. Die von Josephos im 5. und 6. Buch des bellum Judaicum geschilderte Belagerung dauerte fünf Monate, von April bis Ende September. Es ist eine der detailreichsten Darstellungen, wie die römische Militärmaschinerie gegen eine stark befestigte Großstadt vorging, und der Bericht breitet den ganzen Horror der sich monatelang hinziehenden Kämpfe vor dem Leser aus. Gleich zu Beginn, bei einem Rekognoszierungsritt unter dem äußeren Mauerring, entging der Caesar im Pfeilhagel einer jüdischen Ausfalltruppe nur knapp dem Tod. Innerhalb der von den drei Mauerringen geschützten Stadt bekämpften sich noch die rivalisierenden Rebellenführer, Eleazar, Simon und Johannes, und terrorisierten die Zivilbevölkerung. Erst bei dem nicht nachlassenden Getöse der

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Rammböcke und dem Dauerbeschuss der Katapulte wird man willens zur Einigkeit. Die äußere Mauer bricht, und innerhalb des ersten Ringes entsteht ein großes Lager, von dem aus Titus die Operationen führt.137 Im Mai entbrennt eine zähe, schließlich von den Legionären siegreich beendete Schlacht um die zweite Mauer. Eine äußere Umwallung durch die Römer verhindert jedwede Versorgung, und die Jerusalemer Bevölkerung wird von ­einer fürchterlichen Hungersnot heimgesucht, in der die bewaffneten Rebellen brutale Razzien nach Lebensmitteln durchführen. Josephos erzählt von einer Frau namens Maria, die aus der Peraia nach Jerusalem geflüchtet und daselbst ihrer gesamten Habe beraubt worden war. In höchster Verzweiflung habe sie ­ihren Säugling getötet, um zu essen; der Kannibalismus sei ins Lager der Römer berichtet worden und habe deren Hass noch gesteigert (bell. Iud. 6,201–213). Ende August dringen die Soldaten in den Tempelbezirk ein, der gegen den Willen des Caesar in Flammen aufgeht.138 Die Reste der verschanzten Rebellen sind erst Ende September vollständig besiegt. Titus überlässt den Soldaten die Stadt zur Plünderung und Brandschatzung; in den Wohnhäusern verbrennen die Leichen der Verhungerten (ant. Iud. 6,353 ff.). Dem Massaker in den Straßen folgt eine Welle von Hinrichtungen. Der Blutzoll ist unvorstellbar. Überlebende gingen in Gefangenschaft und Sklaverei, endeten in Bergwerken Ägyptens und in Arenen im ganzen Reich. Für das neue Kaiserpaar Vespasian und Titus, das dieser Krieg an die Macht gebracht hatte, war der Sieg perfekt: Bereits im Sommer 71 fand in Rom der Triumph statt, der einzige, der je für den Sieg über die Bewohner einer Provinz gefeiert wurde.139 Die gigantische Beute trug unter anderem zur Finanzierung des noch heute aufrecht stehenden markantesten Bauwerks der Hauptstadt bei: des Colosseum.140 Kultgegenstände aus dem jüdischen Allerheiligsten wurden im Friedenstempel (templum pacis) ausgestellt. Mit dem Kult des völlig zerstörten Tempels in Jerusalem – die heutige Klagemauer bewahrt noch Reste der Außenmauer des Plateaus – war es für immer vorbei: Das Hohepriesteramt, die Opfer und Zeremonien für den Gott der Juden wurden abgeschafft. Der von männ­ lichen Diasporajuden, die zwischen 20 und 50 Jahre alt waren, aus aller Welt regelmäßig abgeführte Geldbetrag von einem halben Shekel wurde erhöht:141 Ihn zog künftig – auch von Frauen, Kindern und Sklaven – der römische fiscus Iudaicus ein und deponierte ihn im Tempel des Iuppiter Optimus Maximus auf dem Kapitol. Die innere Wohnstadt Jerusalems am Fuße des Tempelbergs lag ebenfalls zerstört danieder. Auf ihrem Areal entstand das Lager der Legio X Fretensis, die einzige Legionsgarnison des Reiches in einer Nicht-Grenzprovinz. Iudaea erhielt, anstelle des ritterlichen Procurators bzw. Präfekten, einen senatorischen

Der Jüdische Krieg

Statthalter prätorischen Ranges, dem diese Legion unterstellt war, während er selbst in Caesarea an der Küste residierte. Diese Stadt erhielt vermutlich 71 n. Chr., wie zuvor die Küstenstädte Berytos und Ptolemais, den Status einer römischen colonia. Damit verbunden war die Neuansiedelung von Bürgern, die Latein sprachen. Jüdisches Leben in Jerusalem, obgleich nicht aus der Stadt verbannt, ver­ lagerte sich in eine Vorstadt im Norden, und die jüdische Religion haben daselbst bald anstelle von den Priestern des Tempels, die hingerichtet worden waren, der heiligen Schriften und Gebräuche kundige Lehrer (Rabbiner) mündlich weiterhin verbreitet. Agrippa II. blieb noch im Besitz von Territorien, deren genaue Lage und Ausdehnung nicht bekannt sind. Spätestens unter Traian sind sie in der Provinz aufgegangen. Zwischen die neue Statthalterprovinz Iudaea im Westen, das Herrschaftsgebiet Agrippas im Norden und das Nabatäerreich im Süden schob sich die dem syrischen Statthalter unterstellte Verwaltungseinheit (Eparchie) namens Dekapolis.142 Die drei erwähnten Festungen im Lande blieben auch nach dem Fall von Jeru­ salem von jüdischen Rebellen besetzt. Machairous im heutigen Jordanien liegt auf dem Qalʿat al-Mishnaqa genannten Berg ca. 30 Kilometer südwestlich von Madaba (Abb. 19). Nordöstlich davon befand sich ein römisch-byzantinisches Dorf Machaberous. Erbauer der Festung war der Hasmonäer Alexander Jannaios. Nachdem sie bereits 57 v. Chr. von den Römern zerstört worden war, hatte Herodes sie wiederaufgebaut und erweitert. Josephos gibt eine ausführliche Beschreibung (bell. Iud. 7,163–189). In einer berühmten Passage berichtet er von der Exekution Johannes’ des Täufers: Herodes Antipas war durch den Zustrom von Taufwilligen zu dem Prediger beunruhigt, es könnte sich ein Volksaufstand anbahnen. Er ließ Johannes in Ketten in die Festung bringen und dort enthaupten (ant. Iud. 18,116–119). Als der Aufstand begann, wurde eine hier stationierte römische Garnison vernichtet. Die jüdische Besatzung hielt Machairous für sechs Jahre. Unter dem Kommando von Lucilius Bassus begannen die Römer mit der Belagerung und dem Bau einer Rampe. Ein junger Mann unter den Verteidigern namens Eleazar zeichnete sich durch Mut und Tapferkeit so sehr aus, dass die Besatzung sich seiner Führung anvertraute. Unglücklicherweise geriet er bei einem Ausfall in römische Gefangenschaft. Bassus ließ ihn vor den Augen seiner Landsleute, die von den Mauern herab zusahen, foltern und bot sein Leben gegen die Übergabe der Festung an. Die Verteidiger gingen darauf ein. Bassus hielt sein Versprechen, und der Teil der Besatzung in der Festung zusammen mit Eleazar konnte sich retten; der Teil in der Unterstadt versuchte des Nachts zu entkommen,

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Abb. 19: Die Festung Machairous am Ostufer über dem Toten Meer

wurde jedoch von den eigenen Leuten in der Festung verraten. Die Männer wurden ge­tötet, Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft (Ios. bell. Iud. 18,190–209). Ein Drama besonderer Art spielte sich am Ort des hartnäckigsten Widerstandes ab, in der Festung Masada. Sie liegt in Israel am südlichen Westufer des Toten Meeres, ca. 25 Kilometer südlich von En-Gedi,143 und besetzte eine rautenförmige Plattform von etwa 600 Meter Nordsüd- und ca. 300 Meter Ostwestausdehnung, die sich im Osten über dem Toten Meer sehr steil 400 Meter, im Westen etwa 100 Meter über dem Bodenniveau erhob. Die Plattform ist nicht ganz eben, sondern terrassenförmig gegliedert. Natürliche Zugänge zu ihr hinauf gibt es kaum, nur auf westlicher Seite über den weißen Felsen (leuke) auf östlicher über den «Schlangenpfad». Nach ersten Grabungen ab 1953 wurde Masada in den 1960er Jahren systematisch ausgegraben. Erinnerungsmedallien, Briefmarken, das Ritual der Vereidigung israelischer Rekruten auf dem Plateau erheben in ­unserer Zeit die Stätte zum nationalen Symbol des Verteidigungswillens des israelischen Staates. Der herodianischen Bauphase gehört ein Wasserversorgungssystem mit Zisternen und Regenwasserleitungen an, eine Kasematten-Ringmauer von ca. 1,4 Ki-

Der Jüdische Krieg

lometer Länge mit Türmen und vier Toren, Palastanlagen im Norden und Westen mit Mosaikfußboden, eine weitere rechteckige Wohnanlage zwischen den Palästen, Häuser, Magazine und ein Bad im nördlichen Palastkomplex. Die Zeloten nutzten die teilweise wohl schon zerfallenen Wohnräume und Depots, bauten Trennwände, richteten Läden und Backstuben in den Türmen ein. Unter den Bauten der Rebellen ragen eine Schule mit Halle und Steinbänken an drei Seiten, zwei Miqwes (Bäder) und eine Synagoge hervor, die früheste und einzige der ­sogenannten zweiten Tempelperiode. Schatzfunde mit Shekel-Münzen, kostbare Gefäße, Glas und Kleidungsstücke lassen auf die Anwesenheit von Reichen schließen. An die 700 mit Tinte oder Kohle beschriftete Ostraka enthalten meist nur einzelne Namen in Aramäisch; einige der Scherben mit hebräischen Buchstaben dienten möglicherweise dem Verfahren bei der Nahrungsrationierung. Auch Fragmente von Schriftrollen hat man gefunden, biblische Texte, Apokryphen und Sektenschriften wie Auszüge aus der «Weisheit des Ben Sira» und Lieder des Sabbath-Gottesdienstes, die wortgleiche Parallelen zu Textfunden aus einer Höhle von Qumran aufweisen. Von den römischen Anlagen, die unter dem Belagerer Flavius Silva entstanden, existiert eine große Circumvallation von 2 Meter Breite und Türmen in Abständen von 80–100 Meter. Sie diente, ebenso wie die Umwallung Jerusalems durch Titus, weniger der Verteidigung nach außen als vielmehr der Absicht, niemanden aus Masada entkommen zu lassen. Innerhalb des Mauerringes sind insgesamt acht Lager auszumachen, zwei große (B und F) und sechs kleine (Abb. 20). Die beiden großen nahmen je eine Hälfte der Legio X Fretensis auf, etwa 15 000 Mann. Masada war zunächst von dem Rebellenführer Menahem in Besitz genommen worden. Nach dessen Ermordung in Jerusalem wurde es von einem gewissen Eleazar, seinem Neffen, bis zum bitteren Ende verteidigt. Mit Flavius Silvas Belagerungsbeginn 72 n. Chr. hatten sich auf der Plattform etwa 960 Männer, Frauen und Kinder eingeigelt – zu einer Zeit, als Iudaea längst als erobert galt. Silva begann sofort auf der Westseite, wo gegenüber der Plattformkante der weiße Hügel (leuke) aufragte, mit der Aufschüttung einer Rampe. Josephos schreibt (bell. Iud. 7,306 f.): «Silva befahl den Soldaten, Erde heranzuschaffen. Die Leute arbeiteten eifrig, und bald erhob sich ein Damm von 200 Ellen, der aber noch nicht hoch und fest genug war, um die Belagerungsmaschinen aufzunehmen, so dass ein weiterer Aufbau aus Quadersteinen ausgeführt werden musste, der 50 Ellen hoch und 50 Ellen breit war.» An den Kopf der Rampe schoben die römischen Pioniere einen 60 Ellen ­hohen, mit Eisenplatten gepanzerten Belagerungsturm, auf dessen Plattform zu-

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Abb. 20: Masada, Israel, Legionslager und Rampe

oberst Katapulte für den Abschuss von Wurfspeeren und Steinen befestigt waren. Steingeschosse von Tennisballgröße wurden im Areal auf der Burg gefunden. Die Rebellen hatten keine Chance, mit Beschuss von ihrer Seite etwas auszurichten: Der Turm war oben wirkungsvoll geschützt, und außerdem haben die Angreifer während der Arbeiten am Wall ein permanentes Deckungsfeuer auf die Brüstung der Burg gerichtet. Sobald man das entsprechende Höhenniveau erreicht hatte, wurde von der Turmplattform ein Rammbock mit Eisensporn über eine Fallbrücke gegen die Mauer gefahren. Hinter der ersten Bresche versuchten die Verteidiger verzweifelt, eine Holzmauer zu errichten, die jedoch von den ­Legionären in Brand geschossen wurde. Eleazar fasste den Entschluss zum kollektiven Selbstmord. Er hielt eine Rede mit dieser Aufforderung, doch nicht alle stimmten zu. Alle Habe wurde zusammengetragen und verbrannt. Das Los sollte zehn Männer auswählen, die die übrigen töteten. Die Zehn losten dann einen aus, der am Ende Feuer legen und sich selbst töten sollte. Eine alte und eine junge Frau mit fünf Kindern versteckten sich und überlebten. In einer Höhle am südlichen Steilhang wurden 25 Skelette gefunden, 14 Männer, sechs Frauen, vier Kinder und ein Embryo, drei weitere Skelette auf der Terrasse des nördlichen Palastes. Der Tod der frommen jüdi-

Der Jüdische Krieg

schen Rebellen gegen die Weltmacht Rom ist unter dem Namen Kidusch Haschem (wörtlich «Heiligung des Namens») dem Andenken geheiligt worden. Der Sieger Flavius Silva stammte aus der norditalischen Stadt Urbs Salvia (heute Urbisaglia), wo er beinahe zehn Jahre später – er war 81 n. Chr. zum ordentlichen Konsul aufgestiegen – ein noch heute im dortigen Archäologischen Park sichtbares Amphitheater errichten ließ. Bemerkenswerterweise enthält die an dem Bauwerk angebrachte Inschrift mit der Laufbahn des Senators keinen Hinweis auf den Sieg oder irgendwelche Orden (dona militaria). Wie es scheint, war das im Hinblick auf den Triumph des Kaiserpaares nicht opportun.144 Die Bedeutung des ganzen Aufstandes für die Geschichte des Imperium Romanum ist kaum zu überschätzen. Seit den Tagen eines Viriathus in Spanien und eines Vercingetorix in Gallien hat es so etwas in keiner römischen Provinz gegeben, und es blieb bis ans Ende der Antike eine Besonderheit. Der zähe Wille, die eigene Sitte, Religion und auch Führungsmacht über das eigene Volk ohne Anpassung aufrecht zu halten, hatte einen Grad der kollektiven Identifikation erreicht, wie sie erst wieder in der Neuzeit mit den Nationalstaaten in Erscheinung tritt. Rebellen unserer Zeit, Vietkong, Palästinenser, Nicaraguaner, Afghanen, Tschetschenen, zum Teil auch Kurden haben ihren Widerstand in der Regel mit dem Ziel staatlicher Souveränität aufgebaut. Der eigene Staat war auch das Ziel der Juden. Tatsächlich sollten die 60 Jahre später erneut aufstehenden Kämpfer des Bar Kochba, wie Münzen und Dokumente beweisen, einen Staat der Juden errichten, von etwa dreieinhalb Jahren Dauer. Erst 1876 Jahre später wurde ein neuer Staat Wirklichkeit, der – existenzbedrohenden Angriffen standhaltend – bis heute existiert. Die Römer hatten das Glück, das moderne Großmächte wie die USA in Vietnam und die Sowjetunion in Afghanistan nicht besaßen: Hinter dem jüdischen Aufstand stand damals kein Teil einer Weltöffentlichkeit und auch keine gegne­ rische Großmacht – weder offen noch verdeckt. Dem Partherkönig etwa war nicht der Gedanke gekommen, diesen Aufstand zu unterstützen. Auch nicht die geringste Sogwirkung ging von dem Geschehen auf die umliegenden Völker aus: die Syrer, Araber, Aramäer, Ägypter – jedenfalls nicht mit antirömischer Auswirkung; stattdessen war es im Verlauf des Krieges in Städten Syriens und in Alexandreia zu antijüdischen Exzessen gekommen.

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6.  «Wir werden gehorsame Untertanen des Reiches sein» Das flavische Grenzsystem Das flavische Grenzsystem

Bereits unter Nero, kurz vor dem Kompromiss mit den Arsakiden und der Reise des Tiridates zur Investitur als König Armeniens nach Rom, war das im Norden Kappadokiens gelegene Königreich Pontos annektiert und mit Namen des zuletzt herrschenden Dynasten Polemon II. als Provinz Pontus Polemonianus dem Statthalter der Großprovinz Cappadocia zugeschlagen worden (64 n. Chr.). Der neue Kaiser Vespasian leitete die Stabilisierung der römischen Herrschaft im Orient mit einer umfangreichen Neuformation auch der Provinzen Kleinasiens ein:145 In Mittelanatolien zog er von Galatia südliche Gebiete ab und schlug sie der neuen Doppelprovinz Lycia et Pamphylia zu.146 Zwei Jahre später, im Jahre 72 n. Chr., annektierte er die an der Front gelegenen Königreiche Kleinarmenien und Kommagene. Kurz darauf (75 n. Chr.) legte er Galatia und Cappadocia erneut zusammen. Die Riesenprovinz unterstand einem kaiserlichen Legaten konsularen Ranges. Zwei neue Provinzen schoben die Ostgrenze an den oberen und mittleren Euphrat vor: Im Norden wurde Kleinarmenien, wo einst Pompeius eine Stadt zum Andenken an seinen Sieg über Mithradates mit Namen Nikopolis (heute Yeşilyayla) gegründet hatte, als Provinz Armenia Minor dem in Kaisareia residierenden Legaten der Großprovinz Cappadocia unterstellt. Sie bildete bald darauf einen Landtag, dem der Armeniarches präsidierte. Beschickt wurde dieser von Delegierten der drei Städte Satala (heute beim Dorf Sadak), Nikopolis (bei Suşehri) und Colonia (Şebinkarahisar). Kommagenes letzter König Antiochos IV., der Illoyalität beschuldigt, verlor nicht nur seine Besitzungen im Rauhen Kilikien, die jetzt an eine neu formierte Provinz Cilicia angeschlossen wurden.147 Sein Stammland, jenes an Bergheiligtümern seiner Vorgänger reiche Gebirgsland, sollte als neue Provinz dem Statthalter Syrias unterstellt werden. Antiochos ließ es geschehen. Es lag ihm, laut Josephos, völlig fern, sich auf einen Krieg gegen Rom einzulassen. Er verließ mit Frau und Töchtern das Land in Richtung Kilikien. Doch seine Söhne, Epiphanes und Kallinikos, rüsteten in Samosata zum Widerstand, konnten die Residenz aber gegen den mit der Legio VI Ferrata anrückenden Legaten Syriens, Caesennius Paetus – kein anderer als der Versager in Armenien –, nicht halten. Für kurze Zeit flüchteten sie sich unter parthischen Schutz (Ios. bell. Iud. 7,219–243). Der König, in Tarsos festgenommen und in Ketten auf den Weg nach Rom überstellt, kam unterwegs auf kaiserliche Anordnung frei und erhielt ein königlichen An-

Karte 7: Neue Provinzen Vespasians – Lycia et Pamphylia, Armenia Minor, Commagene, Cilicia

Kyzikos

Sardeis

Apameia

Synnada Philomelion Antiocheia

Rhodos

Mittelmeer

Patara Zypern

CILICIA

Laranda

Komana

C A P PA D O C I A

Tarsos

t hra

SYRIA

0

50

Zeugma

ias san Ar

100

150 km

Euphrat

Commagene Samosata

Melitene

Sebasteia Eup

Pontus Trapezus Polemonianus Kerasus Neokaisareia Satala Nikopolis s Lyko Komana Ar menia Minor

Sebastopolis

Mazaka/ Kaisareia Tyana

Lycaonia Derbe

Salzsee

Ha lys

Ankyra

Phrygia

Pessinus

Germa

Iuliopolis

G A L AT I A

Smyrna Ikonion Tralleis Lystra Ephesos Laodikeia s o r Sagalassos nd Samos Isaura Maia Alabanda Milet Kibyra PA M P H Y L I A Mylasa Halikarnassos Attaleia Side Kaunos LY C I A E T Kos

Hermos

Pergamon

Dorylaion

s Sangario

Tavium

Amaseia Zela

Paphlagonia

Pompeiopolis

Gangra

PONTUS ET BITHYNIA Nikomedeia Nikaia

ASIA

Marmara-M.

Byzantion

Adramyttion

Lesbos

Chios

Kreta

Äg äi s ches Meer

Limnos

Thasos

za

M ar it

Schwarzes Meer

is Tigr

Das flavische Grenzsystem

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s Oronte

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

sprüchen angemessenes Auskommen zugesprochen. Auch die Söhne erfuhren daraufhin Verzeihung und Aufnahme in Rom. Die rasche Inbesitznahme des Landes durch die Römer scheint unterdessen Kriegshandlungen seitens der Parther provoziert zu haben, die erst mehr als ein Jahr später durch den Legaten Syriens, Ulpius Traianus, den Vater des Kaisers, erfolgreich beendet werden konnten. Inschriften sprechen von einem bellum Commagenicum.148 Ein einzigartiges Schriftstück in altsyrischer Sprache wirft ein Schlaglicht auf diese historische Situation in dem kleinen Königreich und öffnet uns zugleich ein Fenster zu der soziokulturellen Situation in einem Land zwischen zwei durch den Euphrat getrennten Welten. Das Dokument im British Museum London, erstmals bekannt gemacht 1852 von Ernest Renan,149 ist zusammen mit anderen Texten in einer Estrangelo-Handschrift des 7. Jahrhunderts n. Chr. enthalten: der Brief eines gewissen Mara, Sohn des Sarapion, an seinen Sohn Sarapion, eine Art Mahn- und Trostschreiben des Vaters. Da sein Inhalt durch erlesene Paradigmen eine aus schmerzlicher Erfahrung gewonnene Lebensweisheit vermitteln will, dürfte es Spätere ungeachtet des ansonsten privaten Charakters interessiert ­haben, ihn abzuschreiben und neben dem Werk des Gnostikers Bardaiṣan und einer Rede des Philosophen Meliton in diese Sammlung aufzunehmen. Die kurze Überschrift lautet «[Ich] Mara bar Sarapion meinem Sohn Sarapion Gruß!» Am Schluss bricht der Text mitten im Satz ab, und nach einer Lücke hat jemand anderer eine Anekdote hingeschrieben (übers. Schulthess): «Den Mara bar Sarapion fragte einmal einer seiner Freunde, der mit ihm im Gefängnis war: ‹Bei deinem Leben, Mara, sag mir doch, was hast du Lächerliches, dass du lachst?› Mara antwortete ihm: ‹Ich lache über das Geschick, das mir, ohne dass ich ihm geborgt habe, Böses heimzahlt.›» Vom Original könnten außer dem Ende noch weitere Teile weggelassen worden sein. Die erhaltenen Partien sind zweifellos a­ uthentisch. Ein präzises Datum gibt es nicht. Doch vermögen die wenigen konkreten Bezüge auf Orte und Zeitumstände Aufschluss zu geben: Mara, der Vater, sitzt im Gefängnis an einem unbekannten Ort in einem Land, in dem die Römer präsent sind. Die Heimat Maras ist Samosata am Euphrat («unsere Stadt»), die Residenzstadt des kommagenischen Königreiches. Die Bezugnahme auf «seine Majestät» (§ 26) setzt einen lebenden oder jedenfalls noch in irgendeiner Beziehung gegenwärtigen König voraus. An einem «Tag des Unglücks» mussten Mara und eine Gruppe gleichgesinnter Gefährten die Stadt verlassen, ohne Aussicht, die Fami­ lienangehörigen wiederzusehen und am Dienst für die heimatlichen Götter teilzunehmen. Vor diesem Unglück, «als die Stadt noch in Blüte stand», gab es in ihr

Das flavische Grenzsystem

zwei Parteien: Die eine bestand aus Männern, «welche hässliche Reden führten», der anderen rechnet Mara sich selbst und seine Gefährten zu. Grund für die Flucht sowie Urheber ihrer letztendlichen Gefangenschaft waren die Römer. So heißt es am Ende des Briefes (übers. Schulthess): «Wenn uns aber die Römer in unsere Heimat zurückkehren lassen, so handeln sie recht und billig als gebildete Leute und werden gut und gerecht genannt werden, mit dem ruhigen Lande, wo sie wohnen. Denn sie werden dadurch ihre Größe zeigen, dass sie uns freilassen. Wir werden gehorsame Untertanen des Reiches sein, das uns das Schicksal ge­geben hat. Sie sollen uns nicht behandeln, wie Tyrannen die Sklaven.»150

Die Aussage, das Schicksal habe «uns» das Reich gegeben, würde keinen rechten Sinn ergeben, wenn sie von jemandem stammte, der bereits unter der Herrschaft der Römer zur Welt gekommen war. Mara hat erlebt, wie seine Heimat römisch wurde. Es kann nur die Annexion unter Vespasian gemeint sein. Zunächst allein auf der Flucht, erfährt Mara, dass seine Gefährten nach Seleukeia unterwegs seien; er stößt zu ihnen, und sie «vermischen» ihr Unglück, beweinen ihren «Untergang» und das Schicksal von «Brüdern und Söhnen», die gefangen oder, getötet, «in fremder Erde» begraben liegen.151 Von drei möglichen Kandidaten, welches Seleukeia hier gemeint ist, scheidet Seleukeia am Kalykadnos im Rauhen Kilikien (heute Silifke) mit der geringsten Wahrscheinlichkeit aus.152 Samosata am nächsten gelegen ist Seleukeia Zeugma am Euphrat. Waren Mara und seine Gefährten bereits Gefangene und nicht mehr flüchtig, so hat man die Syrer offenbar ebendort im Legionslager der IV Scythica interniert. Dem entspräche der unbekannte Ort auf römischem Gebiet, denn Zeugma lag in der Provinz Syria. Für Flüchtige dagegen wäre dieser Ort kein gutes Ziel gewesen. Auf dem Weg nach Süden lag parthisches Territorium nahe, und Seleukeia am Tigris bei der parthischen Residenz Ktesiphon war durchaus in Reichweite. Keine der beiden Lösungen ist ausgeschlossen; denn Mara erwähnt nicht, wann, wo und wie er in die Hände der Römer fiel. Nach Abschluss der Kampfhandlungen könnten er und die Freunde an die Sieger ausgeliefert und an einem Ort auf Reichsgebiet interniert worden sein. Der Adressat des Briefes, Maras Sohn, befindet sich offensichtlich nicht in Samosata, sondern ist seinerseits «von einem Ort zum anderen getrieben» worden, hat Wechselfälle des Schicksals erduldet. Dem Vater zum Trost fand er freundliche Aufnahme, ja geradezu Ersatzväter und -mütter in jeder Stadt, auch als Fremdling fern der Heimat vom Glück gesegnet. Das deutet auf ein Exil im Partherreich. Dieser Lage, der eigenen Gefangenschaft und dem Exil des Sohnes geschuldet, dürfte Mara seine ganze Habe verloren haben; dazu passt, dass er den

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Sohn wieder und wieder mit der Einsicht in die Unbeständigkeit der Besitz­ tümer, gleich auf welche Art sie erworben wurden, mahnend und tröstend belehrt. Mehrere Ausführungen erhellen, dass Mara einer gesellschaftlichen Schicht im oberen Segment der des Lesens und Schreibens Kundigen angehörte. Gleich zu Beginn heißt es: «Da mir dein Lehrer und Erzieher einen Brief schrieb und mir darlegte, dass du sehr eifrig lernst für einen jungen Menschen, pries ich den Gott, dass du junger Mann ohne Führer mit guter Gesinnung begonnen hast. Und mir persönlich war es ein Trost, was ich über dich jungen Menschen vernahm, wie verständig und gewissenhaft du seist, wie es sich nicht bald bei vielen findet. Deswegen nun schreibe ich dir dies aus meinen Erfahrungen in der Welt. Denn ich habe die Lebensweisen der Menschen erforscht und mich mit Lernen abgegeben.»

Die Mahnungen an den Sohn sind ein hochinteressantes Zeugnis der Bildung – in Maras Fall einer gewissen Halbbildung – und des kulturellen Hintergrundes des römischen Orients der Zeit, in der der Brief entstand. Nichtigkeit und Vergänglichkeit des Lebens und der in ihm erworbenen Güter sind Lehren aus der Vergangenheit: «So mag sich denn einer seines Reiches freuen, wie Dareios, oder seines Glückes, wie Polykrates, oder seiner Tapferkeit, wie Achilles, oder seines Weibes, wie Agamemnon, oder seines Sohnes, wie Priamos, oder seiner Geschicklichkeit, wie Archimedes, oder seiner Weisheit, wie Sokrates, oder seiner Lehre, wie Pythagoras, oder seiner Erleuchtung, wie Palamedes – das Leben der Menschen, mein Sohn, geht aus der Welt.»

Kurz darauf: «Denn was hatten die Athener davon für einen Nutzen, dass sie Sokrates töteten, was ihnen ja mit Hungersnot und Pest vergolten wurde? Oder die Samier von der Verbrennung des Pythagoras, da ihr ganzes Land in einem Augenblick vom Sand verschüttet wurde? Oder die Juden von der Hinrichtung ihres weisen Königs, da ihnen von jener Zeit an das Reich weggenommen war? Denn gerechtermaßen nahm Gott Rache für jene drei Weisen: Die Athener starben Hungers, die Samier wurden vom Meere bedeckt, die Juden wurden teils umgebracht, teils aus ihrem Reiche vertrieben, leben allenthalben in Zerstreuung. Sokrates ist nicht tot: wegen Platon. Noch Pythagoras: wegen der Herastatue. Noch der weise König: wegen der neuen Gesetze, die er gegeben hat» (übers. Schulthess).

Von Homer, Herodot, Thukydides, Euripides scheint Mara Inhaltliches nur durch Hörensagen oder aus obskuren Quellen zu kennen: Agamemnon wird mit

Das flavische Grenzsystem

Menelaos verwechselt, dem Gatten der Helena. Pest und Hunger in Athen entstammen der berühmten Schilderung des Thukydides über den Peloponne­ sischen Krieg, werden jedoch von Mara zeitversetzt und als Folge der Hinrichtung des Sokrates verstanden. Um Pythagoras von Samos und seine Schule hat sich in Hellenismus und Kaiserzeit ein Rankenwerk an Anekdoten entfaltet. Den Gründer der Philosophenschule jedenfalls verwechselt Mara mit einem gleichnamigen Bildhauer (Plin. nat. 34,49),153 und die Geschichte von seiner Verbrennung muss er aus irgendeiner Erzählung aufgegriffen haben, die uns nicht mehr vorliegt. Offensichtlich steht diese Erzählung in einem Zusammenhang mit den antipythagoräischen Brandanschlägen des 5. Jahrhunderts v. Chr.154 Die in der Philologie umstrittenste Äußerung gilt dem «weisen König der Juden». Einzig dieses Paradigma entstammt nicht hellenistisch-römischem Bildungsgut. Sowohl die Angabe, er sei von den Juden hingerichtet worden, als auch die, er habe Gesetze gegeben, treffen übereinstimmend nur auf Jesus Christus zu, der als Prätendent der Königswürde angeklagt und an ein Kreuz mit dem Schild «König der Juden» gehängt worden war (siehe oben S. 161). Ähnlich wie bei Sokrates unternimmt Mara eine kausale Verknüpfung, die nicht der Wirklichkeit entspricht: Durch göttliche Rache wegen ihrer Hinrichtung des weisen Königs seien sie, teils umgebracht, teils vertrieben und zerstreut, ihres «Reiches» verlustig gegangen, ein Vorgang, der nur die Zerstörung Jerusalems durch Titus im Jahre 70 n. Chr. meinen kann und der vier Jahrzehnte nach der Kreuzigung stattfand. Weder zu dieser noch zu jener Zeit waren die Juden im Besitz eines ‹Reiches›, wohl aber einer Heimstatt und eines religiösen Zentrums, dessen Oberaufsicht immerhin noch bei dem Klientelherrscher Herodes Agrippa II. lag. Eine solche Geschichtsklitterung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Mara historische, und zwar genau diese beiden Ereignisse meinte. Ihm kam es darauf an, sie als Lehrbeispiel für eine schlimme Tat mit katastrophalen Folgen in einen Kausalzusammenhang zu bringen. Das Faktengerüst in dem Text ist von einem Teil der bisherigen Forschung falsch interpretiert oder ignoriert worden zugunsten einer Spätdatierung des Dokuments (4.–6. Jh.). Doch geradezu zwingend passen die Spaltung der Bürgerschaft in zwei Parteien, Flucht und Gefangenschaft einer Anzahl Gleichgesinnter auf die Ausgangslage der in Samosata von den Königssöhnen initiierten Gegenwehr, auf die Einnahme Samosatas und die Annexion des Königreiches Kommagene 72 n. Chr. unter Vespasian. Maras Unglück und das seiner Freunde sind die Folge ihrer antirömischen, königstreuen Parteinahme in der Residenzstadt. Er und seine Gefährten gehörten zu einer lokalen Elite, die zusammen mit den ­Königssöhnen die Einrichtung der römischen Provinz nicht hinnehmen wollte

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

und Widerstand leistete. Ähnliche interne Auseinandersetzungen haben wir in Iudaea unter Augustus kennengelernt (siehe oben S. 155 f.). Die Einführung direkter römischer Herrschaft muss für Wohlhabende unter den Romgegnern mit Verlust von Besitztümern verbunden gewesen sein. Die ebenso zwingende Auslegung, wen Mara mit «der weise König der Juden» meinte, hat zur Konsequenz, dass wir mit seinem Brief das älteste außerchristliche Zeugnis der Weltliteratur über Jesus Christus besitzen, älter noch als das berühmte – und immer wieder angezweifelte – Testimonium Flavianum bei Flavius Josephos. Es ist schon wiederholt darauf hingewiesen worden, dass insbesondere mit Blick auf das Zeugnis des Pliniusbriefes aus Pontus-Bithynia (Plin. epist. 10,96) nicht das Geringste gegen die Anwesenheit christlicher Gemeinden auch im nördlichen Syrien und im Zweistromland vier Jahrzehnte nach der Passion spricht. Am mittleren Euphrat, in unmittelbarer Nähe von Edessa, war die Kreuzigung des Sektengründers so bekannt, dass dieser einem Nichtchristen neben Sokrates und Pythagoras als Paradigma für die ethische Unterweisung seines Sohnes diente.155 Mit Armenia Minor, Cappadocia und Commagene war die Euphratgrenze nördlich Syriens durchgehend mit römischen Provinzen besetzt. Corbulos Kampa­ gnen hatten das Terrain durchmessen, wo ein ostanatolischer, dem germanischen und britannischen entsprechender, freilich anders aufgebauter limes entstehen sollte, der sich über 500 Meilen von der syrischen Steppe bis zum Schwarzmeerhafen Trapezus (heute Trabzon) durch bergiges Gelände und von dort weiter an der Küste bis an den Westrand des Kaukasus erstreckte. Der nördliche Abschnitt der Ostgrenze sollte nicht länger von den zu weit entfernt stationierten Legionen Syriens gedeckt werden. Seine archäologische Erforschung ist später und unter schwierigeren Bedingungen vorangeschritten als die Provinzialrömische Archäologie der Grenzlinien in Roman Britain und in Deutschland.156 Zentrum und Verteiler der militärischen Logistik blieb Nordsyrien, wo über die Häfen von Seleukeia in Pieria und Laodikeia Nachschub und Verstärkung eingeschifft wurden, die für den Einsatz an der Orientfront benötigt wurden. Mit dem Orientkommando Corbulos nach Syrien verlegt, befand sich ab 66 n. Chr. die Legio IV Scythica in Seleukeia-Zeugma, dem Ort am Westufer des Euphrat unweit nördlich der heutigen Stadt Birecik. Die blühende kaiserzeitliche Stadt hat bei neueren Ausgrabungen zahlreiche großflächige Mosaiken freigegeben, deren Bildthemen die Affinität der reicheren Einwohner zur griechischen Mythologie dokumentieren und sich mit Mara bar Sarapions Faible für griechisches Bildungsgut bestens ergänzen. Das Lager der Soldaten ist bislang nicht entdeckt

Das flavische Grenzsystem

Abb. 21: Chabinasbrücke, Türkei

worden. Anders als in Jerusalem und der Regel entsprechend ist es außerhalb des Stadtgebietes zu suchen. Es kontrollierte einen der seit alten Zeiten wichtigsten Euphratübergänge auf dem Landweg nach Mesopotamien und Iran. Nur ein Stück weit von Zeugma flussaufwärts des Euphrat in einer Senke am Fuße des Antitauros lag Samosata, die Königsresidenz Kommagenes und nach 72 n. Chr. die Metropolis der quattuor civitates der provincia Commagene.157 Den Ortskern mit dem Königspalast trug ein langgestreckter Hügel wiederum direkt am Ufer. Samosata erhielt nach der Annexion des Königreiches eine der syrischen Legionen als Besatzung, die von Raphaneai abgezogene III Gallica (Ios. bell. Iud. 7,219–243). Ich habe 1987, bevor der Ort im Wasser des Atatürk-Stausees verschwand, auf dem flachen Plateau noch die Ziegelsteinmauern des römischen Gebäudes mit opus reticulatum gesehen. Auch hier ist die Lage des Le­ gionslagers irgendwo in der Ebene nur zu vermuten.158 Bereits unter Vespasian begann in der Provinz der Straßenbau. Der westliche Zweig zweier Verbindungen mit Melitene im Norden überquerte den Chabinasfluss mit einer schon zu dieser Zeit erbauten Steinbrücke, deren Restaurierung aus severischer Zeit von perfektem Erhaltungszustand heute zu einer Touristenattraktion geworden ist (Abb. 21). Gut 100 Kilometer Luftlinie nördlich, jenseits der Tauroskette in Melitene (heute Malatya), quartierte sich etwa im Mai 71 n. Chr. die von Titus aus Syrien abgezogene XII Fulminata ein, unmittelbar am rechten Flussufer. Vielleicht ist an

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

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Legionslager/Stadtfestung Moderne Stadt Festung/Station Antike Stadt

Resaina Römische/osmanische Straße, Verlauf vermutet Römische/osmanische Straße, Verlauf bekannt

Karte 8: Der anatolische Limes (1.–6. Jh. n. Chr.)

Das flavische Grenzsystem

der Stelle der Ruinen einer massiven Befestigung des 6. Jahrhunderts n. Chr. im heutigen Eski Malatya auch das älteste Fort der Legion zu suchen, wenn dessen genaue Lage und Abmessungen auch nicht mehr zu ermitteln sind.159 Noch in der hohen Kaiserzeit wuchs in der Nachbarschaft des Lagers eine Stadt heran, von der der frühbyzantinische Historiker Prokopios Tempel, Agora, Hallen, ­Bäder und Theater erwähnt (aed. 3,4,15–19). Die Genese beschreibt er so: «Dort haben die Römer in früheren Zeiten eine Festung auf ebener Erde in rechteckiger Form angelegt, die trefflich zur Unterbringung der Soldaten diente und auch zur Deponierung ihrer Feldzeichen. Später erhielt der Platz auf Beschluss des Kaisers Traian den Rang einer Polis und wurde zur Metropolis der Provinz. Im Laufe der Zeit aber wurde die Stadt der Melitener groß und volkreich, und da sie innerhalb der Festung nicht mehr wohnen konnten – denn es war auf einen engen Raum begrenzt, wie gesagt – siedelten sie in der angrenzenden Ebene.»

Mit der 72 n. Chr. erfolgten Annexion Kleinarmeniens hat schließlich eine neu ausgehobene Legion, die XVI Flavia Firma, am weitesten im Norden Quartier bezogen, an einem Platz namens Satala. Die von Süden nach Norden dem Eu­ phrat folgende Straße wich nördlich von Dascusa den Munzur-Bergen aus und bog von Zimara nordostwärts in die Hochebene von Akilisene beim heutigen Erzincan, um von dort über einen Pass den Standort im oberen Lykostal zu erreichen. Dieser konnte nicht besser gewählt sein, kreuzte sich doch hier die vom Schwarzen Meer bei Trapezus über einen 2500 Meter hohen Pass durch die ostpontische Küstenkette heraufkommende Straße mit der westöstlichen Querverbindung aus Pontos ins nördliche Armenien. Auf fast 2000 Meter Höhe war die Legion hier ein Großteil des Jahres eingeschneit. Wo sich das ursprüngliche Standlager befand, wird in der Forschung diskutiert. Von einer justinianischen Befestigung haben sich obertägig Reste erhalten, desgleichen von einer spät­ römischen Basilika. Satala ist von allen Legionsstandorten Anatoliens der er­ giebigste an Funden von griechischen und lateinischen Inschriften, die bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. zurückreichen.160 Mit der Verlegung von Auxiliarkohorten, der Anlage von Militärstraßen und dem Ausbau von Forts begann eine systematische Sicherung der Zone längs des gesamten rechten Euphratufers in Anatolien. Der Limes zwischen Melitene und Satala war mit einer Reihe von Festungen gespickt, an denen Kohorten und Alen der Hilfstruppen stationiert waren: Dascusa, Sabus, Zimara, Analiba, Arauraka, Suissa. Ein herausragender Konstrukteur der mittelostanatolischen militärischen Infrastruktur unter den Flaviern war der Legat Aulus Caesennius Gallus, der An-

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

fang der 80er Jahre Straßen in den Eparchien Galatia, Cappadocia, Pontus, Pisidia, Paphlagonia, Lycaonia und Armenia Minor ausbauen ließ. Seine Bauinschrift ist in dem spätantiken Neubau eines Forts bei Dascusa gefunden worden, am Westrand des heutigen Keban-Stausees nordwestlich von Elazığ.161 Vespasians Initiative zu der seit Pompeius und Augustus gründlichsten Neuordnung der Ostgrenze scheint auch mit damals aufkommenden neuen Gefahren im hohen Norden zusammenzuhängen: Die Verletzlichkeit am Oberlauf des Euphrat hatte schon während des Jüdischen Krieges ein Freigelassener des Königs Polemon II., Anicetus, ausgenutzt, um sich am Südostufer des Schwarzen Meeres an die Spitze einer Erhebung zu stellen. Die für den Nachschub strategisch wichtige Hafenstadt Trapezus war in die Hände der Barbaren gefallen. Task Forces (Vexillationen) von tief im Süden stationierten Legionen mussten in Marsch gesetzt werden, um die Insurrektion in Kolchis niederzuschlagen. Zeitnah mit dem bellum Commagenicum war das Volk der Alanen 72 n. Chr. aus dem Kaukasusgebiet (Ios. bell. Iud. 7,244–251; Suet. Vesp. 8,7) in Armenien eingedrungen und durch Aserbaidschan auf parthisches Gebiet vorgestoßen. Wenige Jahre später ersuchte gar der Partherkönig um römische Hilfe, allerdings vergeblich (Suet. Dom. 2; Cass. Dio 65,15,3).162 Eine Kette von seit flavischer Zeit errichteten Festungen setzte den klein­ armenischen Limes mit dem sogenannten pontischen an der Südostküste des Schwarzen Meeres nach Osten und Norden bis an den Südrand des Kaukasus fort: Ysiportus, Rhizus (heute Rize), Apsarus, Petra, Phasis, Sebastopolis (heute Suchumi), Pityus.163 Trapezus war mit den weiter westlich gelegenen Häfen Sinope und Amastris wichtigster Standort einer römischen Schwarzmeerflotte. Der pontos euxeinos war längst ein römisches Meer, und die Klientelfürsten­ tümer am Kaukasus und auf der Krim gehörten zum Reich. Aus unbekannten endlosen Steppen Innerasiens mündete eine Straße von der «Pforte» und über den Kreuzpass durch das Aragos (Aragwi)-Tal in die römische Welt, wo sie in der Ebene am Zusammenfluss von Kura und Aragos, beim heutigen Ort Mzcheta in Georgien, mit der westöstlichen Verkehrsader zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer zusammenstieß (Abb. 22).164 Auf zwei gegenüberliegenden Hügeln standen die bei Strabon Harmozika und Seusamora genannten Festungen. Der griechische Name ist abgeleitet von Armaz-tsikhe – Burg des Armazd (Ahura Mazda) und weist die Festung als Ort einer uralten persischen Kultstätte aus. Vespasian ließ, gemäß einer griechischen Inschrift,165 die Burganlage bei Harmozika restaurieren. Nur wenig die Kura flussaufwärts wurden bei Ausgrabungen Reste einer Palast- und Badeanlage der antiken Königsresidenz sowie Befestigungen und Gräber aus dem 1. Jahrhundert

Das flavische Grenzsystem

Abb. 22: Mzcheta, Georgien, Mündung des Aragwi in die Kura

v. Chr. nachgewiesen. In einem Grab kam 1940 eine aramäisch-griechische Bilingue zutage: «Serapeitis, Tochter des jüngeren Zeuachos mit dem (Adels-)Titel pitiaxes, des Sohnes des pitiaxes Publicius Agrippa, Frau des Iodmanganos, der als epitropos (lateinisch: procurator) des Ibererkönigs, des großen Xepharnugos, viele Erfolge errungen hat. Sie starb vor Erreichen des 21. Lebensjahres, und sie besaß unübertreffliche Schönheit.»166 Einfälle kriegerischer Nomaden aus Innerasien sowohl über den Kaukasus als auch über das Wasser an die kleinasiatische Nordküste blieben an dieser Flanke des römischen Weltreiches eine permanente Gefahr, die sich ab dem späten 2. Jahrhundert n. Chr. noch steigern sollte. Doch vermochten die Römer ihre Hegemonie über diese Länder zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer über mehr als anderthalb Jahrhunderte aufrecht zu halten, bis es ihnen die persischen Sasaniden streitig machten. Die große Landmasse Kleinasiens westlich der Euphratgrenze hat unter den Flaviern fast überall Frieden und Aufschwung erlebt. Das Netz von Fernstraßen, von denen sich an vielen Stellen noch obertägig Pflasterung sowie an zahlreichen Flussübergängen Brückenreste erhalten haben, spannte sich von den Häfen an den Küsten des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres über zahlreiche Städte bis zu den Legionsstandorten an der Grenze. Eine große Zahl von beschrifteten

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Abb. 23: Städtische Münzprägung von Amastris – VS: Porträt Homers, Umschrift: Homeros – RS: Flussgott Meles

Meilensteinen aus dieser und den folgenden Epochen zeugt von Bau und Re­ paratur. Bereits unter Augustus war mit dem Namen vehiculatio ein System der Fernstraßennutzung eingeführt worden, das unter der Bezeichnung «Staatsroute» (cursus publicus) in den Rechtsquellen des 4. Jahrhunderts n. Chr. erscheint. Es erweiterte die schon von den Persern bereitgestellte Versorgung ihrer berittenen Boten auf Tagesstrecken (angareion, Hdt. 8,98) zu einer komplexen Institution, die bis in die Zeit der arabischen Herrschaft im Orient Nachahmung fand. Berechtigte und durch ein diploma ausgewiesene Personen – Militär und Zivilisten –, die in staatlichem Auftrag reisten, durften gegen tariflich festgelegtes Entgelt Leistungen in Anspruch nehmen wie Unterkunft, Bereitstellung von Reit- und Zugtieren, Hand- und Spanndienste, die in regelmäßigen Abständen an den Straßen von der Provinzbevölkerung zu erbringen waren.167 Andere infrastrukturelle Baumaßnahmen unter den Flaviern sind aus der Umgebung der syrischen Metropole Antiocheia am Orontes bezeugt: die Anlage eines Walkerkanals, für dessen Bau und Reinhaltung abschnittweise jeweils das angrenzende Stadtviertel zu sorgen hatte, sowie der Ausbau des Hafenbeckens von Seleukeia in Pieria, zu welchem Zweck ein Flusslauf durch einen Tunnel umgeleitet wurde, um der Verlandung des Hafens vorzubeugen. Die Bauausführung oblag zum Teil dem Militär.168 Die zweifellos überwiegend, aber nicht allein unter militärischen Gesichtspunkten erfolgte Investition in die Infrastruktur der Häfen, Kanäle, Straßen und Brücken musste zu einer Belebung des großen binnenländischen Wirtschaftsraumes führen, der sich aus den flavischen Orientprovinzen zusammensetzte.

Das flavische Grenzsystem

Abb. 24: Münze aus Petra – VS: Hadrian – RS: Tyche mit Tropaion auf einem Fels sitzend, Umschrift: Petra Metropolis

Während es in der Folgezeit zu immer häufigeren Truppenbewegungen auf den Hauptstraßen kam, weitete sich das System städtischer Münzprägung weiter aus. Das zumeist in Kupfer und Bronze von den Städten und Landtagen der Städte geprägte Kleingeld trug wesentlich zur Blüte des Regional- und Fernhandels bei. Es hat vor und nach der hohen römischen Kaiserzeit überhaupt keine Epoche in der Antike gegeben, in der Geldwirtschaft so weit verbreitet war; zugleich war das – mit kaiserlicher Erlaubnis – von den hunderten von Gemeinden ausgemünzte Geld ein Alleinstellungsmerkmal der östlichen Provinzen (Abb. 23a–b). Der Westen wurde von wenigen Prägestätten aus mit Reichsmünze versorgt.169 Nicht nur in den Familien der Klientelfürsten, sondern auch vielerorts in den städtischen Eliten begannen nicht wenige, enorme Reichtümer zu akkumulieren. Aus den führenden Familien in Städten Kleinasiens stiegen erstmals Männer in den römischen Senat auf. Unter Starrednern und Philosophen gab es welche mit einem Netzwerk an Beziehungen nach Rom bis hinauf zu den Kaisern. Ein Mann wie Dion von Prusa nutzte sein Ansehen für umfangreiche städtische Bauprojekte, zog sich aber auch Anfeindungen seitens der Bürgerschaft zu: So soll er schuld an einer Verteuerung des Getreides gewesen sein, wofür sich Beispiele auch aus anderen Städten der östlichen Provinzen anführen lassen; darin spielen profitgierige Landbesitzer und Spekulanten auf eine Kornverknappung eine unrühmliche Rolle. Dion behauptete, auf seinem Landgut gebe es nur selten einen Getreideüberschuss, seine Hauptprodukte seien Wein und Viehwirtschaft.170 Kaiser Domitian hat versucht, dem Trend der Großgrundbesitzer entgegenzu-

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

wirken, vornehmlich in lukrativen Weinanbau zu investieren und die für die Eigenversorgung der Provinzen wichtige Getreideproduktion zu vernachlässigen (Philostr. soph. 520; Suet. Dom. 7).

7. Bellicosissimus princeps Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg

Einer der letzten Klientelkönige Roms diesseits des Euphrat, Sohaimos von Emesa, bei der Invasion Kommagenes noch an der Seite des Caesennius Paetus (Ios. bell. Iud. 7,7,1), hatte keinen Nachfolger gefunden. Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt wohl schon unter Vespasian ist sein Königreich in die Provinz Syria integriert worden. Das römische Syrien dehnte sich östlich von Emesa (Homs) nunmehr tief in die Steppe hinein aus, integrierte die Oasenstadt Palmyra, nahm aber die am Euphratufer gelegene Stadt Dura noch nicht auf. Unter Arabia verstanden die Römer in der Regel die nördlichen Steppen- und Wüstengebiete zwischen Palästina auf der einen und dem Zweistromland auf der anderen Seite – nicht wie wir heute die gesamte Arabische Halbinsel. Dass es zwischen dem Arabischen und dem Persischen Golf eine weit nach Süden ausgedehnte Halbinsel gab, war zwar bekannt. Die hellenistischen Geographen wussten die im Süden, dem heutigen Jemen, ansässigen Stämme zu unterscheiden, und die von Aelius Gallus geführte Armee war mit ihnen in direkte Berührung gekommen. Welche Stammes- und Siedlungsverhältnisse im Einzelnen auf der Halbinsel zwischen dem Jemen und der alten Minäerkolonie Dedan (Al ʿUla, in unmittelbarer Nähe von Madāʾin Sālih) im Hiğaz herrschten, ist bis in die neueste Forschung hinein noch unklar. Die Gegend ist bis in die Spätantike fast schriftlos, mit Ausnahme einiger Felsinschriften und Graffiti. Die nichtsesshaften Stämme heißen in der griechisch-römischen Nomenklatur zusammengefasst «Araber», «Nomaden», «Zeltbewohner», «Kamelhirten». Erst im 2. Jahrhundert, bei Klaudios Ptolemaios, kommt die Bezeichnung «Sarazenen» (Ammianus Marcellinus: Saraceni) vor. Als mit den Orientfeldzügen des Pompeius Palästina erstmals unter die Hegemonie der Römer gekommen war, hatte ein Aemilius Scaurus, Proquaestor unter Pompeius und Proconsul der Provinz Syria 62 v. Chr., eine Expedition bis in die Umgebung von Petra unternommen, seine erschöpften Truppen jedoch zurückgezogen, nachdem sich der «Philhellene» Aretas III. zu einer Zahlung von 300 Talenten bereitfand (Ios. bell. Iud. 1,159; Ios. ant. Iud. 14,80 f.). Pompeius hatte die Nabatäer als unterworfenes Volk in seinem Triumph mit aufgeführt

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Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg Zeugma

Antiocheia

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Karte 9: Die Südostgrenze des römischen Reiches 106 n. Chr.

und verkündet, er habe das Reich bis ans Rote Meer erweitert. Rom betrachtete seither das Königreich als abhängiges regnum. Hofintrigen, Gebietsverluste, Aufstände und eine schwelende und immer wieder aufflammende Feindschaft mit dem Staat der Juden hatten die Wüstenkönige, an deren Seite die jeweilige Hauptgemahlin mit dem Titel «Schwester» eine herausragende Stellung bekleidete, in Bedrängnis gehalten.171 Unter Augustus war römisches Provinzgebiet im Norden und Westen mit Iudaea und Aegyptus bis an die Grenzen ihres Reiches herangerückt, und im frühen Prinzipat hatten sich die Nachfolger des Herodes noch einmal in ihrer Nachbarschaft etablieren können, bevor der Jüdische Aufstand auch mit nabatäischer Hilfe niedergeschlagen war: Malichos II. hatte 1000 Reiter und 5000 Infanteristen, zumeist Bogenschützen, geschickt (Ios. bell. Iud. 3,68).

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 25: Lateinisch beschrifteter Denar des M. Aemilius Scaurus und des P. Plautius Hypsaeus, 58 v. Chr. – VS: Vor einem Dromedar kniender Mann, der das Tier mit der Linken am Zügel hält und mit der Rechten einen mit Bändern ­geschmückten Zweig als Friedensgeste emporstreckt. Angespielt ist damit auf den von Scaurus 62 v. Chr. gegen die Nabatäer geführten Feldzug, der mit einem friedlichen ­Vergleich endete, Inschrift: M(arcus) Scaur(us) aed(ilis) cur(ulis) es s(enatus) c(onsulto) rex Aretas (Aretas III., 84–62/59 v. Chr.?) – RS: Triumphwagen eines Vorfahren des Hypsaeus, der im 4. Jh. v. Chr. in Italien einen erfolgreichen Feldzug geführt hatte.

Was Traian bestimmt hat, das Königreich nach dem Tod des letzten Königs Rabbel II. 106 n. Chr. zu annektieren, bleibt im Halbdunkel (Cass. Dio 68,14,5). Doch scheint irgendetwas Bedrohliches vorgegangen zu sein, was den Kaiser, mitten im zweiten Krieg gegen die Daker, veranlasste zu reagieren. Der Statthalter Syriens, Aulus Cornelius Palma, marschierte in das Nabatäerreich ein. Ein im ersten Dakerkrieg 101 / 02 n. Chr. mit Orden ausgezeichneter Legionskommandeur, Pompeius Falco, der anschließend die Provinz Lycia-Pamphylia regiert hatte, wurde als Legat und Kommandeur der X Fretensis nach Iudaea versetzt: «Diese damals ganz außergewöhnliche Berufung zu einer zweiten prätorischen Statthalterschaft lässt darauf schließen, dass drängende Aufgaben oder gar Gefahren eine solche Versetzung notwendig machten.»172 Unruhen in unmittelbarer Nachbarschaft Iudaeas jedenfalls mussten in Rom Alarm auslösen. Einige Graffiti in safaïtischem Dialekt, die von Beduinen auf Felsen im nordöstlichen Jordanien ein­ geritzt wurden, sprechen von Kampf zwischen Rom und Nabatäern und von Aufstand der Nabatäer gegen die Römer. Sie sind schwer zu datieren, sie können sowohl der Annexion vorausgehen als auch ihr unmittelbar nachfolgen.173

Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg

Abb. 26: Nabatäische Münze – VS: Büsten des Königs Malichos II. (39/40–69/70 n. Chr.) und seiner «Schwester» und Frau Šuqailat II. – RS: Gekreuzte Füllhörner

Das Zentrum des nabatäischen Königsstaates war das im heutigen südlichen Jordanien gelegene Petra.174 An diesem Ort, der heute Millionen von Besuchern aus aller Welt anzieht, hat sich mit einem eigenartigen Bilder- und Formenrepertoire das vielleicht spektakulärste Beispiel hybrider Kultur des römischen Orients erhalten. Die noch sichtbare, größtenteils aus dem Fels geschnittene, vereinzelt auch gebaute Architektur gehört im Wesentlichen den späthellenistischen und kaiserzeitlichen Epochen an, christliche Spätantike und arabisches Mittelalter sind weniger prominent vertreten. Monumentalität und künstlerische Qualität der Felsfassaden und Bauten hat Historiker veranlasst, auf einen immensen Reichtum zu schließen, der dem Königreich aus dem Weihrauchhandel zugeflossen war.175 Doch war Petras Pracht nicht singulär. Auch die Sepulchralanlagen Kommagenes, der Tempel des Bel in Palmyra, der Tempelneubau in Jerusalem, der Zeustempel in Gerasa und andere Werke sind Zeugnisse jener notorischen Konkurrenz, die Roms östliche Klientelkönigreiche in Monumentalbauten miteinander austrugen. Europäischer Entdecker Petras in der Neuzeit ist der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt. Es folgten englische Marineoffiziere, französische Grafen, deutsche Landschaftsmaler, amerikanische Bibelforscher, Berühmtheiten wie die Arabienpioniere Charles M. Doughty, Alois Musil und Thomas Edward Lawrence. Pionierarbeit in der Erforschung der insgesamt mehr als 800 Felsmonumente

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leisteten der deutsch-amerikanische Semitist Rudolf Brünnow und der österreichische Althistoriker Alfred von Domaszewski, die Petra 1898 besuchten. Auf sie geht die Klassifizierung der Grabfassaden als Zinnen-, Treppen-, Giebel- etc.Gräber zurück. Das in Ost-West-Richtung durch das Gelände verlaufende Wādī Musa («Tal des Mose») wird von zwei Wasserquellen gespeist. Der gesamte Talkessel war mit Häusern der nabatäischen Stadt gefüllt, man schätzt die Einwohnerzahl auf 30 000–40 000. An den Rändern und in Seitentälern reiht sich die reichverzierte Architektur von Felsgräbern und Heiligtümern aneinander. Man erkennt eine Mischung aus lokalen Elementen und späthellenistisch-römischem Baustil, für den man das nächstgelegene Vorbild im ägyptischen Alexandreia vermutet.176 Für dessen Aussehen können wir zum Vergleich auf die Wandmalereien des sogenannten zweiten Stils in Pompeji zurückgreifen. Der von den rosaroten Farben der Felsen in Petra faszinierte Betrachter muss sich freilich die Fassaden als ganz oder teilweise von bemaltem Stucco überzogen vorstellen. Den östlichen Zugang zur Stadt bildet eine enge Schlucht. Sie mündet vor jener 38,77 Meter hohen und 24,90 Meter breiten Felsfassade in zwei Stockwerken, deren Anblick die größte Faszination ausübt: Hollywood wählte sie als Kulisse in dem Film von Steven Spielberg Indiana Jones and the Last Crusade 1989 mit einem Budget von 48 Millionen US-Dollar. Die Beduinen gaben ihr den Namen «Schatzhaus des Pharao» in der Annahme, dass in der zentralen Rotunde des oberen Stockwerks ein Schatz verborgen sei (Abb. 27).177 Das untere Stockwerk ähnelt einer Tempelfassade mit sechs Säulen. Zwischen den äußeren Säulen sind beschädigte Reliefs von manteltragenden Männern mit Pferden zu erkennen. Das dreigliedrige Obergeschoss mit einem gesprengten Giebel hat in der Mitte eine Tholos, deren Dach eine Urne krönt, an beiden Seiten säulengerahmte Tabernakel. In der Tholos zur Front steht eine Göttin mit Füllhorn, in den Seitenflächen der Tholos und in den Front- und Seitenflächen der Tabernakel sind Doppelaxt schwingende, tanzende Amazonen dargestellt. Die Reliefs der Rückwand zu beiden Seiten der Tholos zeigen geflügelte Siegesgöttinnen (Niken). Weder eine Inschrift in Stein noch irgendwelche Textfunde auf Papyrus oder literarische Zeugnisse nehmen auf dieses Werk Bezug. Brünnow und Domaszewski wollten in ihm ein Isisheiligtum erkennen, die Communis Opinio in der Forschung spricht sich für ein königliches Felsgrab aus. Doch blieb die Funk­ tionsbestimmung ebenso umstritten wie die Datierung, die von der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. bis in die Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. schwankt.

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Abb. 27: Petra, Jordanien, Ḫaznat al-Firʿawn

Eine Ad-Dair genannte Felsfassade wartet mit einer ähnlich imposanten Architektur auf (Abb. 28). Auf Grund stilistischer Studien an den Schmuckelementen wird sie später als die Ḫaznat datiert. Die aus dem Fels gearbeitete Anlage war sicher kein Grab: Hinter der Fassade ist eine nahezu quadratische Kammer von ca. 12 × 11 Meter aus dem Fels geschnitten, in dessen Rückseite ein Podium eingetieft ist. Die Kammer muss man als ein Triclinium ansprechen, das heißt

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Abb. 28: Petra, Ad-Dair

einen Bankettsaal, so dass Ad-Dair ein Werk mit kultischer Funktion gewesen sein muss. Die zweistöckige Front ist horizontal und vertikal stark gegliedert und variantenreich geschmückt. Den unteren Teil mit einem von schmalen Pilastern gerahmten und mit Dreiecksgiebel bekrönten Eingang flankieren an den Außenkanten breite Pilaster-Viertelsäulen-Komposite, nach innen folgt je eine mit Rundgiebel bekrönte Nische. Das obere Stockwerk hat ähnlich wie bei der Ḫaznat eine mittlere Tholos mit Urne auf dem Dach, flankiert von zwei Tabernakeln mit gesprengtem Giebel und gerahmt von den mit Pilaster-ViertelsäulenKompositen abgeschlossenen Seitenwänden. Tabernakel und Tholos umschließen drei geräumige Nischen mit Postamenten. Die glatten Säulen und Pilaster des oberen Stockwerks haben nabatäische Hörnerkapitelle. Diese stützen ein dorisches Gebälk mit schmalen Triglyphen und Rundscheiben in den Metopen. Im Ganzen präsentiert sich ein hybrides Gebilde verschiedenster Stilelemente. Ad-Dair liegt, wie andere Kultplätze Petras, in erhöhter Lage, die über einen steilen Saumpfad im Nordwesten der Stadt zu erreichen ist. Hier haben zweifellos Feiern größerer Gruppen stattgefunden. Über ihren Ablauf im Einzelnen ist nichts bekannt. Am östlichen Rande des Talkessels reihen sich mehrere auffällig große Grabfassaden aneinander. In der sogenannten Königswand weist man je ein Grab Malichos II. (39 /40–69 / 70) und Rabbel II. (70 / 7 1–106 n. Chr.) zu (Abb. 29), da die

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Abb. 29: Petra, Palastgrab von Rabbel II. (70 / 71–106)

Inschrift an einer Fassade in der Nachbarschaft einen Höfling dieser beiden Herrscher als Grabherrn ausweist. Das Innere besteht aus zum Teil mehreren asymmetrisch angeordneten Kammern und Loculi als Bestattungsplätzen. Ein Grab auf der anderen Seite der Königswand gehörte laut einer lateinischen Inschrift Sextius Florentinus, dem Statthalter der Provinz 127 n. Chr. Es könnte jedoch eine Zweitbelegung vorliegen, so dass die Grabarchitektur älter ist. Durch das Zentrum Petras verläuft die in den orientalischen Prunkstädten übliche gepflasterte Plateia, flankiert von öffentlichen Repräsentativbauten: von Hallen umgebene Plätze (agorai), Prunktor, Palast, Garten, Bad, mehrere Tempel und Heiligtümer sind auf das Wādī Musa ausgerichtet, über das Brücken führten, um die beiden Stadtteile in der Senke zu verbinden. Als «Mittlere» Agora bezeichnen die Ausgräber einen Platz mit Pool und einem kleinen Pavillon, vor dem sich ein großer Garten erstreckte. Eine höchst ungewöhnliche Anlage, deren eigentliche Funktion rätselhaft ist, wird als «großer Tempel» bezeichnet (Abb. 30).178 Es darf jedoch nicht einmal als sicher gelten, dass es sich um einen sakralen Bezirk (temenos) handelt. Ihre Erforschung weist mehrere Bauphasen auf, die früheste mutmaßlich im 1. Jahrhundert v. Chr. unter den Königen Malichos I. und Obodas II., eine weitere von der Mitte des 2. bis Anfang des 3. Jahrhunderts n. Chr. Die gesamte Anlage von 7560 Quadratmeter gliedert sich in einen 8 Meter über der Plateia liegenden,

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Abb. 30: Petra, der «große Tempel»

über eine breite Freitreppe durch ein Propylon zu betretenden Hof («unteres temenos») und eine über schmalere Treppen an den Südwest- und Südostecken des Hofes zu erreichende, noch einmal 5 Meter höher gelegene Plattform («oberes temenos») mit dem mutmaßlich als Tempel angesprochenen Gebäude. Die Längsseiten des gepflasterten Hofes flankieren zwei von jeweils drei Säulenreihen gestützte Hallen, deren Kapitelle mit Elefantenkopf-Protomen geschmückt sind. Treppen zu beiden Seiten und in der Mitte führen in zwei Stufen auf das Niveau des Gebäudes mit einer von vier Säulen gestützten Vorhalle. Seitentreppen münden in äußeren Umgängen um die von Türen und Fenstern unterbrochenen Außenwände des Gebäudes. Parallel zu den Umgängen verlaufen an den inneren Längsseiten des Gebäudes Korridore. Die mittlere Treppe gewährt Zugang durch die Vorhalle in den von einer Säulenstellung umgebenen Innenraum, der jedoch keine Ähnlichkeit mit dem Innern eines Tempels hat: Vielmehr betritt man ein Theater. Fünf Sitzreihen boten etwa 620 Zuschauern Platz. Das Innere des Gebäudes war mit Fresken in roter, gelber, grüner und blauer Farbe auf Stucco ausgemalt. Zwar ist eine kultische Funktion des Gebäudes – und der ganzen Anlage – nicht ausgeschlossen, das zentrale und zweifellos als dominantes

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Abb. 31a–c: Petra, Qaṣr al-Bint Firʿawn Front (oben), Südseite (unten) und axiometrische Rekonstruktion

Element zu geltende Theater lässt indessen auch an ein Gemeindezentrum mit Rathaus oder Museion mit Konzerthalle denken. Gegenüber am Hang liegt ein als «Löwengreifen-» (winged lions) oder auch «Al ʿUzza-Tempel» benanntes Gebäude, das auf Grund von Inschriftenfunden ­sicher als Heiligtum gelten kann.179 An seiner Westseite sind Raumkomplexe ausgegraben worden, die teils als Wohnräume (für Tempelpersonal und / oder Pilger), teils als Werkstätten zu bestimmen sind. Auf Grund der Keramik-, Metallund Steinfunde lassen sich unterscheiden: Malerwerkstätten (mit Farbresten in Töpfen), Metallwerkstätten (Bronze und Eisenguss, zahlreiche Funde von Haken und Nägeln sowie eine Bronzebüste in Hohlguss), Ölpressen und Marmorwerkstätten. Auf Basis der bisherigen Publikationen lässt sich nicht bestimmen, welcher Gottheit der Tempel geweiht war. Eine nabatäische Inschrift aus dem Tempel ist in eine profilgerahmte Stele unterhalb eines Gesichtes mit plastisch ausgeschnittenen Mund, Nase, Augen, Brauen und einem Blätterkranz eingemeißelt: ʾlht ḥjn br njbt – «Die Göttin des Haijan, des Sohnes des Najibat». Haijan ist offenbar der Weihende des Baitylos mit dem Idol der Göttin, vielleicht sogar der Bauherr des

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Tempels. Weibliche Gottheiten der Nabatäer waren Allāt und Al ʿUzza, eine mit Aphrodite gleichgesetzte Göttin.180 Ein im ganzen Orient außergewöhnliches Bauwerk ist schließlich der in den Südhang des Wādī Musa gebaute Qaṣr al-Bint Firʿawn («Palast der Tochter des Pharao»), der Tempel des nabatäischen Gottes Doūsarēs (Abb. 31a–b).181 Lage und Ausstattung unterstreichen seine zentrale Bedeutung für die hier residierende nabatäische Aristokratie sowohl der Königs- wie auch der Kaiserzeit. Der einst marmorverkleidete Bau mit bis über 20 Meter hoch erhaltenen Wänden ist mit seiner Front nach Norden zu dem gegenüberliegenden Altar ausgerichtet. Auf das Tempelpodium mit dem tetrastylos in antis des Pronaos steigt man wiederum in zwei Absätzen über eine marmorne Freitreppe hinauf. Die Säulen des Pronaos und die Pilaster der Anten trugen korinthische Kapitelle und stützten einen um das Gebäude laufenden dorischen Fries. Das ziegelgedeckte Dach aus Holz­balken ruhte auf den Außenmauern, der Rückwand des Pronaos (wall 5) und der Trennwand zum Adyton (wall 6). Das – später verkleinerte – Eingangstor an der Nordfront gewährt Zugang zu einem annähernd quadratischen Naos. Das Naos-Innere ist zweigeteilt: zuvorderst eine breite Halle, hinter der Trennwand (wall 6) drei nebeneinanderliegende Räume. Der mittlere, durch ein breites, von zwei Pilastern mit korinthischen Kapitellen gerahmtes und mit Bogengiebel abgeschlossenes Tor zu betreten, enthielt eine 1,40 Meter hohe Plattform, zu der zwei kleine Treppen an ihren Ecken hinaufführten. Auf ihr stand auf vergoldeter Basis das Allerheiligste: der Baitylos, 1,20 Meter hoch und ca. 60 Zentimeter breit. Die beiden Seitenräume waren offenbar Bankettsäle: Fragmente von Marmorbänken mit als Löwen-Vorderkörpern modellierten Füßen wurden im Versturz gefunden. Hinter den Wänden der Seitenräume verbergen sich Treppen, über die man zu zwei über den Räumen gelegene Balustraden hinaufsteigt.182 Das den Bau tragende Podium bildet an Rück- und Seitenwänden einen schmalen Umgang, der eine vor den Außenmauern des Qaṣr umlaufende Ringhalle trug. Diese Halle reichte jedoch nur bis zu einem Drittel der Wandhöhe. Große Teile des Baus waren mit bemaltem Stucco verkleidet, dessen Applikation man an zahlreichen Löchern erkennen kann. Man vermutet, dass auch der Ziegelbau des Traiansmarktes in Rom mit Stucco verkleidet war, dessen Architekt Apollodoros aus Damaskus stammte. Das kaiserzeitliche Rom hat für aufwendige Bauprojekte oft Fachleute aus dem Orient herangezogen. Entscheidend für die Chronologie des Tempels sind in unmittelbarer Nähe gefundene Inschriften. Die früheste stand auf der Basis an der Temenosmauer

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Abb. 32: Bosra, Syrien, Theater

des Qaṣr: «Dies ist die Statue des Aretas, der sein Volk liebt, der König der Nabatäer, die für ihn ʿAbdu, der Wahrsagepriester, errichtet hat.» Sie bezieht sich auf Aretas IV. (9  /  8 v. Chr.–39  /40 n. Chr.). Weitere Inschriften nennen Malichos II. (39 /40–69 / 70 n. Chr.), den letzten König Rabbel II. (69 / 70–106 n. Chr.) und den ersten Statthalter der Provinz Arabia Gaius Claudius Severus.183 Archäologische Evidenz spricht für einen Vorgängerbau des Qaṣr, vermutlich eine einfache Plattform als Kultbezirk. Der Bau selbst wird in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. datiert, mehrere Jahrzehnte vor Arteas IV. In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. ist er schwer beschädigt und im Innern zum Teil niedergebrannt worden, möglicherweise im Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Palmyrener (268–272 n. Chr.). Petra erhielt wenige Jahre nach Einrichtung der Provinz Arabia den Titel ­Metropolis, bald darauf – vielleicht anlässlich des Kaiserbesuchs 129 /30 n. Chr. – den Ehrennamen Hadriana und unter Elagabal (218–222) den Status einer römischen Colonia. Auf dem Hügel nördlich der Plateia, gegenüber der Oberen und Mittleren Agora, liegen mehrere jüngst erforschte und ausgegrabene Kirchenbauten der byzantinischen Epoche, dem Wādī Musa am nächsten gelegen die größte, die sogenannte Petra-Kirche. Auf die bedeutenden Papyrusfunde in dieser Kirche werden wir noch zu sprechen kommen (siehe unten S. 545 f.).

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Wie vermutet,184 dehnte sich die neue römische Provinz von Anfang an so weit nach Süden aus wie das Königreich: bis in die Gegend von Madāʾin Sālih in Saudi-Arabien, wo noch heute nabatäische Felsgräber zu besichtigen sind. Doch der Statthaltersitz lag im äußersten Norden: das im heutigen Syrien gelegene Bosra im Hauran. Der erste Statthalter von Arabia, Gaius Claudius Severus, stammte aus Pompeiopolis in Paphlagonien. Wir werden seinem Sohn Gnaeus später noch als Freund des Arztes Galen begegnen. Er übernahm das Kommando der von Ägypten hierher verlegten Legio III Cyrenaica. An der Nordseite von Bosra hat man aus der Luft Strukturen einer rechteckigen Anlage ausgemacht, die möglicherweise das Legionslager anzeigen. Der Ort Bosra ist vielleicht schon in altägyptischen Texten der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends genannt und scheint seine Besiedelung einer in dieser Gegend seltenen Wasserquelle zu verdanken. Im Konflikt mit einer jüdischen Minderheit wurden die Bewohner 162 v. Chr. von Judas Makkabaios angegriffen und die Stadt wurde zerstört (1 Makk 5,26. 28). Die Dynastie der Nabatäer beherrschte die Gegend seit Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr., und unter einem der letzten Könige wurde BṢRʾ neben Petra zweite Residenz, die von einer Stadtmauer u ­ mschlossen war. Hier befand sich wie in Petra ein ausgedehntes temenos des Hauptgottes der Dynastie Doūsarēs, aufwendige Architektur in dem charakteristischen dunklen Basaltstein des Hauran, fein dekoriert mit Pilastern, Säulen und Hörnerkapitellen, gegliedert durch breite gepflasterte Straßen. Bis zur Erhebung in den Status einer römischen Kolonie durch Alexander Severus hatte sich durch weiteren Ausbau eine blühende Metropole entwickelt.185 Aus einem ägyptischen Archiv stammen zwei Papyrusbriefe, datiert in den März 107 und in den Februar 108 n. Chr.186 Verfasst wurden sie von einem Legionär, der soeben vom Nilland nach Bosra verlegt worden war: «Iulius Apollinarius grüßt herzlichst seinen lieben Vater Iulius Sabinus. Vor allem wünsche ich dir, wie es sich geziemt, Gesundheit, da ich dich gleich nach den Göttern hoch verehre […]. Mir geht es gut. Während sie [meine Kameraden] den ganzen Tag Steine schlagen und anderen Arbeiten nachgehen, bin ich bis heute davon befreit. Stattdessen hat Claudius Severus, der Konsular, auf meine Frage, ob er mich zu seinem Sekretär macht, geantwortet: ‹Der Posten ist besetzt. Ich werde dich solange auf Bewährung zum Legionssekretär machen.› Mit dieser Beförderung also wurde ich vom Konsular zum cornicularius geschickt. Wenn du mich liebst, dann schreibe mir umgehend über deine Gesundheit, und wenn du für mich sorgen willst, schicke mir durch Senpronius Leinenstoff. Von Pelusium kommen täglich Kaufleute bei uns an. Ich werde Sorge tragen, dass, sobald es mein Vorgesetzter erlaubt, ein Kamerad zu dir geschickt wird. Es grüßt dich dein Iulius Priscus Apollinarius und alle seine kontubernalioi [Kameraden].»

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Abb. 33: Gerasa, Jordanien, Plateia

Bei der Einrichtung der neuen Provinz wurde eine südliche Gruppe der Deka­ polis aus der Nachbarprovinz Syria herausgenommen und Arabia angegliedert: Adraa (Darʿā), Dion, Gerasa und Philadelpheia. Es handelt sich um Metropolen, deren Ausbau wie der Bosras ebenfalls bereits in hellenistisch-frühkaiserzeit­ licher Zeit begann. Aus wenigen Inschriften kennen wir ihre Polis-Institutionen wie Rat, Volksversammlung, Gymnasium. Die biblische Ammoniterstadt Rabbat Ammon (heute die Millionenstadt und Hauptstadt des haschemitischen Königreiches Jordanien, Amman) trug seit ­ihrem Wiederaufbau im Hellenismus den Namen Philadelpheia. Die Kaiserzeit ist die Blütezeit ihrer urbanen Bausubstanz. Große Prachtstraßen gliederten auch hier das Stadtzentrum mit Agora, Theater, Odeion und Brunnenhaus. Die Zitadelle war von Tempeln bekrönt. Anders als Philadelpheia wird das wenig nördlich gelegene Gerasa in der antiken Literatur kaum erwähnt. Der Stadtname ist vorgriechisch. Eine hellenis­ tische Polis entstand hier möglicherweise in der frühen Diadochenzeit: Gemäß einer Inschrift aus der römischen Kaiserzeit hat ein gewisser Aurelius Serenus das Standbild des Diadochen Perdikkas seiner Vaterstadt geweiht, womit er offensichtlich dem Gründer (ktistes) der Polis ein Denkmal setzen wollte. Nach der

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Abb. 34: Gerasa, Zeustempel und Säulenstraße

Eroberung des Transjordanlandes durch Antiochos III. trug die Polis eine Zeitlang den Namen Antiocheia am Chrysorhoas (dem «Goldfließenden»). Gerasa ist eine der am besten erhaltenen römischen Ruinen des Orients: Ein etwa 15 000 Zuschauer fassendes Hippodrom vor dem Südtor, zwei Theater, ein gewaltiger Zeustempel auf einer Terrassenanlage über einer ovalen, hallenumgebenen und gepflasterten Platzanlage (90 × 80 Meter), unter der Abwasserkanäle der west­ lichen und südlichen Stadtviertel zusammenlaufen, ein prachtvolles Brunnenhaus mit einer 22 Meter breiten, zweistöckigen Fassade, schließlich der benachbarte, durch zwei Propyla von Osten zu betretende, hallengesäumte Temenoshof des Artemis­tempels mit seinen hoch aufragenden korinthischen Säulen breiten vor dem Besucher, der die von Säulenhallen flankierte Plateia zwischen Süd- und Nordtor abschreitet, eine üppige urbane Pracht aus (Abb. 33–34). Etwa ein bis zwei Kilometer nördlich der Stadt lag ein Vorort, dessen antiker Name unbekannt ist. Ein großes Wasserreservoir aus römischer Zeit hat dem Ort den heutigen Namen Birketein (Doppelbecken) gegeben. An der westlichen Längsseite liefen Kolonnaden, und westlich des Prozessionsweges, der den Ort mit dem Stadtzentrum verband, steht ein kleines Theater mit 14 Sitzreihen, das etwa 1000 Zuschauer fasste. Es handelt sich um einen Kultplatz, an dem vermutlich das Maiumas-Fest gefeiert wurde. Hauptort dieses Festes war Antiocheia, wo es alle drei Jahre für 30 Tage mit szenischen Darbietungen begangen wurde. Eine

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Attraktion waren nackte schwimmende Frauen (Ioh. Chrys. [PG 57,79]: «Man läuft ins Theater, um schwimmende Frauen zu sehen»). Dieser erstaunlichen architektonischen Blüte der Städte in der Provinz Arabia korrespondiert die politische Angliederung des offenen Landes an die Polisgemeinden. In den südlich von Damaskus gelegenen Gebieten der Trachonitis und der Hauranitis siedelten größere Clans (im Griechischen als phylai  – «Stämme» bezeichnet) mit arabischen Namen rings um Dörfer, von denen ­einige den nichtoffiziellen griechischen Titel metrokomiai («Zentraldörfer») trugen, zum Beispiel: der Clan der Chasetēnoi im Dorf Reimea, der Clan der Audēnoi im Dorf Merdocha usw.187 Das Bestreben der reichen Eliten, die einheimischen Sitten und Lebensweisen in Formen hellenistisch-römischer Stadtund Dorfgemeinden zu organisieren und in ihren Siedlungszentren weltstädtischer Urbanität mit Architektur in Stein stolzen Ausdruck zu verleihen, ist überall sichtbar. Der Annexion des Nabatäerreiches folgte ein systematischer Ausbau militärischer und ziviler Infrastruktur am Rande der Wüste, der sich vom Beginn des 2. Jahrhunderts bis in die byzantinische Epoche fortsetzte. Das Steineklopfen der Kameraden des Soldaten Iulius Priscus Apollinarius bezieht sich ohne Zweifel auf die großangelegte Bautätigkeit an der Via Traiana Nova, die der Konsular Claudius Severus ins Werk setzen ließ. Die Straße verband Bosra über Philadelpheia und Petra mit dem Golf von Aqaba und wurde zwischen 111 und 114 vollendet. Der Bau der 6 Meter breiten Römerstraße wird als aufwendig und sorgfältig beschrieben. Mehrere Wādīs mussten überbrückt werden. In regelmäßigen Abständen standen Wachttürme. Außer der Legion in Bosra waren entlang der Straße Auxiliareinheiten in Forts und Siedlungen untergebracht, darunter eine mit Dromedaren berittene Einheit von Palmyrenern.188 Diese Straße hat sich in der Folgezeit zu einer Schlagader der Südostgrenze des Imperiums, des erst im 4. Jahrhundert so genannten Limes Arabicus, ent­ wickelt. Der Ausbau erstreckte sich weit nach Süden. Bereits in domitianischer Zeit ist römische Präsenz in Egra (Madāʾin Sālih) im Hiğaz verbürgt, 900 Kilometer von Bosra entfernt. Die civitas Hegrenorum gehörte in der Zeit Marc ­Aurels sicher zur Provinz Arabia. Auf der Insel Farasan am Südausgang des Roten Meeres, unweit des Bāb almandab, wurde 2004 eine lateinische Weihinschrift an Antoninus Pius (144 n. Chr.) entdeckt, die anscheinend in einen baulichen Kontext gehörte. Das Zeugnis gibt den Nachweis, dass die Legio II Traiana Fortis, die einzige ständige Legionsbesatzung Ägyptens im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr., einen militärischen Außenposten auf dieser Insel unterhielt, die wohl schon unter Traian von Soldaten der Legio VI

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Ferrata besetzt worden war.189 Möglicherweise hat dieser Kaiser auch den Kanal vom Nil zum Roten Meer restaurieren lassen.190 Wie eine römische Stationierung so weit außerhalb der Provinz Aegyptus, so ist auch der Titel des Kommandeurs dieser Einheit praefectus Ferresani portus (?) et Ponti Herculis, wenn richtig gelesen, bisher unbezeugt. Die vexillatio der ägyptischen Legion und das Kommando des Präfekten an diesem Ort sind eine Überraschung, aber keine Sensation. Mit Einrichtung der Provinz Arabia steigt die Entfaltung der militärisch-strategischen Infrastuktur des römischen Orients zu stetig zunehmender Dichte auch an der Südostflanke auf.191 Der knapp über 20-jährige Traian soll bei seinem Vater, dem damaligen Statthalter Syriens, als junger Militärtribun Dienst tuend den «Parthischen Lorbeer des Vaters gemehrt» haben, als er die Kampfeslust und den Übermut der Barbaren schon bei seinem Herannahen gewaltig einschüchterte (Plin. paneg. 14). Der Adoptivsohn Nervas gilt als bellicosissimus princeps.192 Während Armenien und Arabien schon seit Augustus als Klientelkönigreiche, mithin als zum Imperium Romanum gehörig, angesehen wurden, trug Traian als erster Römer seit Crassus und Antonius die Waffen in parthisches Reichsgebiet und errichtete daselbst, freilich nur für kurze Zeit, neue Provinzen (115 /16 n. Chr.). Das entsprach nicht dem augusteischen Vermächtnis des coercendi intra terminos imperii (Tac. ann. 1,11) und wird später von dem römischen Senator und Geschichtsschreiber Cassius Dio kritisiert, der dem Kaiser als Motiv für den Krieg Ruhmsucht unterstellt.193 Anders als auf die grenznahen Kleinmonarchien blickten die Weltherrscher am Tiber auf das Partherreich etwa so, wie heute die USA auf Russland: nicht gleichwertig, aber doch durch Größe und militärisches Potenzial abschreckend. An der Ostgrenze war es lange Zeit ruhig geblieben. Der energische Parther­ könig Vologaises I. war seit ca. zwei Jahrzehnten tot, um seine Nachfolge führten Vologaises II. und die Brüder Pakoros II. und Chosroes I. erbittert Krieg. Ein von Rom akzeptierter Armenierkönig namens Axidares wurde plötzlich auf Initiative des Chosroes (zwischen ca. 110 und 112 n. Chr.) abgesetzt, um dessen Neffen Parthamasiris Platz zu machen. Traian nahm das zum Kriegsgrund. Zum Mindesten war die dereinst mit Nero vereinbarte Investitur des Thronfolgers durch den Kaiser oder einen Repräsentanten Roms seitens der Parther missachtet worden. Im Jahre 113 begann einer der schwersten Partherkriege der römischen Geschichte.194 Es wurden Truppenbewegungen von insgesamt elf Legionen und Hilfstruppen in Gang gesetzt. Von Rhein und Donau abgezogene Task-Forces mussten

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über den Bosporus, durch den nordanatolischen Raum, Galatien und Kappa­ dokien an den oberen Euphrat marschieren. Der 60-jährige Princeps setzte von Athen, wo Friedensverhandlungen mit Gesandten des Chosroes scheiterten, an die kleinasiatische Westküste über und durchquerte einen Teil des Landes auf nicht bekannten Routen, bevor er sich – vermutlich von Patara an der Südküste Lykiens aus – nach Syrien einschiffte, wo er am 7. Januar 114 in Antiocheia am Orontes eintraf. Traian führte von dort das kaiserliche Heer durch Kommagene zum Standort der Legio XII Fulminata nach Melitene und weiter nach Satala, wo die XVI Flavia Firma durch die XV Apollinaris ersetzt wurde. Klientelfürsten aus dem Kaukasus und von der Schwarzmeerküste machten ihm ihre Aufwartung.195 Von hier aus drang er in Armenien ein, um  – nach einem vorangegangenen Briefwechsel – in Elegeia (vermutlich nahe Ilıca bei Erzurum) mit Parthamasiris zusammenzutreffen. Dessen Wunsch, der neronischen Kompromissformel gemäß das Diadem von Traian in Empfang zu nehmen, wies der Princeps schroff zurück. Stattdessen verkündete er, er werde Armenien zur Provinz machen. Dem Arsakiden befahl er, Armenien zu verlassen. In einem Handgemenge außerhalb des Lagers wurde Parthamasiris ermordet; Traian wies in einem Schreiben an Chosroes den Vorwurf zurück, die Tat befohlen zu haben. Unter winterlichen Strapazen führte der Kaiser die Legionäre quer durch das westarmenische Hochland. Am Vansee musste eine Abteilung unter Lusius Quietus gegen die Mardi Kampfeinsätze bestehen. Soldaten der Legio VI Ferrata wurden von einheimischen Führern mit Schneeschuhen ausgerüstet.196 Traian und das Hauptheer stiegen hinab ins nördliche Zweistromland, wo Nisibis und Batnai eingenommen wurden. Das Grabepigramm eines in Nisibis verstorbenen Ibererprinzen, Amazaspos, der dem Kaiser Heeresfolge leistete, hat man im 17. Jahr­ hundert in Rom entdeckt.197 In Edessa hielt der Kaiser Audienz und nahm die Entschuldigungen Abgars und anderer arabischer Scheichs entgegen, ihm nicht früher ihre Aufwartung gemacht und ihre unbedingte Loyalität bekundet zu ­haben. Schließlich bezog er Winterquartier in Antiocheia. Als ein starkes, mehrere Tage und Nächte andauerndes Erdbeben über die mit Einheimischen und Auswärtigen, Zivilisten und Soldaten überfüllte Stadt hereinbrach  – sogar die Gipfel des Mons Casius drohten herabzustürzen  –, entging er nur knapp dem Tod: Aus einem Fenster springend entkam er dem zusammenbrechenden Gebäude. Einer der amtierenden Konsuln verlor sein Leben. Der kaiserliche Stab richtete sein Quartier unter freiem Himmel im Hippodrom ein.198 In den damals vorhandenen Wäldern um Nisibis schlugen die Legionäre Holz, bauten Fertigteile von Schiffen und transportierten diese auf Wagen durch die Steppe an den etwa 100 Kilometer entfernten Tigris, um sie hier zusammen-

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Abb. 35: Münze von 115/ 16 n. Chr. – VS: Traian (98–117 n. Chr.) – RS: Am linken Bein des Kaisers sitzt die bekrönte Armenia, zu beiden Seiten lagern die Flussgötter Euphrat und Tigris, Umschrift: Armenia et Mesopotamia in potestatem p(opuli) R(omani) redactae (RIC II 642).

zusetzen. Die auf dem Ostufer wartenden Feinde sahen sich überrascht, in dem baumlosen Gebiet von einer solchen Anzahl von Schiffen angegriffen zu werden. Einige Schiffe kreuzten vor ihren Augen mal in diese, mal in jene Richtung und stifteten so Verwirrung, andere ankerten und bildeten Plattformen, von denen aus die Parther unter Beschuss genommen wurden. Den römischen Truppen gelang es, auf das linke Tigrisufer überzusetzen und das Gebiet des heutigen Nord­ irak einzunehmen, wo beinahe viereinhalb Jahrhunderte zuvor Alexander der Große den Perserkönig Dareios III. entscheidend geschlagen hatte. Der Weitermarsch in Richtung auf Babylon ging weitgehend kampflos vor sich, da anscheinend Aufstände und Stammesfehden die parthischen Kräfte zerstreuten. Auf dem Weg nach Süden besichtigte der Kaiser aus sicherer Distanz einen Erdspalt, aus dem Gas ausströmte. Bei Cassius Dio wird der Ort mit jenem Erdspalt in Hierapolis in Phrygien (beim heutigen Touristenort Pamukkale) verglichen, über dem man im 1. Jahrhundert n. Chr. ein Heiligtum des Unterweltgottes Pluton errichtet hatte.199 Das Projekt, Euphrat und Tigris am Flaschenhals durch einen Kanal zu verbinden, ließ Traian nach genauerer Prospektion durch seine Fachleute fallen. An der Engstelle wurden wieder Boote über Land an den Tigris gezogen. An dessen Ostufer besetzten die Römer kampflos Ktesiphon, die parthische Hauptstadt, die der König Chosroes längst verlassen hatte. Es war ein historischer Kulminationspunkt, ähnlich den Eroberungen von Persepolis durch Alexander, Jerusalems

Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg

durch die Kreuzritter, Konstantinopels durch die Türken oder Moskaus durch Napoleon. Eine Tochter des Herrschers wurde gefangen genommen und zusammen mit dem erbeuteten Königsthron nach Rom geschickt. Nach dem Weitermarsch an den Golf bei Spasinu Charax, wo ein parthischer Vasall namens Athembalos sich ihm unterwarf, trat der Kaiser ans Ufer des Ozeans, und einem nach Indien auslaufenden Schiff nachblickend soll er gesagt haben: «Wahrhaftig, auch ich sollte zu den Indern weitergefahren sein, wenn ich noch jung wäre.» Und er soll hinzugefügt haben, dass er noch weiter als Alexander vorgerückt wäre und dies dem Senat gemeldet hätte (Cass. Dio 68,29,1). Zurück in Babylon, besuchte er das Sterbezimmer Alexanders und brachte ihm ein Totenopfer dar. Die Ausdehnung des römischen Orients und zugleich des gesamten Imperium Romanum hatte ein erstes Extremum erreicht. Ganz Armenien vom Araxes bis zum Euphrat war eine mit Armenia Minor und Cappadocia vereinigte Provinz unter einem senatorischen Legaten und mit einem (für Armenia Maior ­allein zuständigen) ritterlichen Procurator (ILAfr 43; ILS 1041. 1338).200 Für das Jahr 116 n. Chr. sind Bauarbeiten der Legio IV Scythica in Artaxata bezeugt (AE 1968, 510).201 Ob die Besatzungen im Zweistromland in einer neuen Provinz Assyria aufgingen202 und wie weit diese sich nach Süden ausdehnte, ist unsicher. Wovon man in Rom zuvor nur zu träumen gewagt hatte, war Traian gelungen. Seinem Kaisertitel wurde der Siegerbeiname Parthicus hinzugefügt, und der ­Senat beschloss, er dürfe so viele Triumphe feiern, wie er wolle. Freilich ist es dazu nicht gekommen, und der Eroberer sollte die Hauptstadt Rom niemals wiedersehen. Das etwa 800 000 Quadratkilometer umfassende hinzueroberte Gebiet jenseits des Euphrat beherbergte nur wenige Inseln hellenistischer Stadtkultur, etwa Seleukeia am Tigris. Zwischen garnisonierbaren Orten erstreckten sich riesige Entfernungen. Die klimatischen Verhältnisse erreichten sommers wie winters in Steppe und Hochgebirge Extreme. Unter der zum Teil nomadischen Bevölkerung sprachen wenige Griechisch. Noch auf dem Weg vom Golf zurück nach Babylon hatte Traian von jüdischen Aufständen in Ägypten, der Kyrenaika und auf Zypern erfahren.203 Zeitgleich begannen Erhebungen in Mesopotamien, und im Handumdrehen standen die frisch eroberten Gebiete in hellen Flammen. Vologaises, Sohn des Sanatrukes, fiel in Armenien ein. Nachdem der Statt­ halter, Catilius Severus, nichts auszurichten vermochte, sicherten Gesandte des Kaisers dem Parther einen Teil Armeniens zu.204 In Ktesiphon setzte Traian den romfreundlichen Prinzen Parthamaspates, einen Sohn des Chosroes, ein. Im nördlichen Mesopotamien erlitt der General Maximus eine Niederlage und kam ums Leben. Lusius Quietus eroberte Nisibis und Edessa, das jetzt, nach erneutem

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 36: Hatra, Irak

Seitenwechsel, zerstört wurde. Das gleiche Schicksal erlitt die Ktesiphon gegenüberliegende Stadt Seleukeia. Auch im Zweistromland beteiligten sich jüdische Gruppen an den Aufständen. Hinzu kamen die von königstreuen parthischen Vasallen ins Feld geführten Kräfte, die den römischen Standorten zusetzten. In einer kaum noch überschaubaren militärischen Gesamtlage mussten Heeresteile aus den Grenzgebieten abgezogen und weiter im Westen innerhalb des Reiches eingesetzt werden. In schweren Kämpfen konnten Teile der Aufstände niedergerungen werden. Traian selbst rückte gegen das aufständische Hatra vor (heute al-Hadhr), etwa 90 Kilometer südsüdwestlich von Mossul, wenig westlich der alten Assyrerhauptstadt Assur gelegen (Abb. 36). Die dem assyrischen Sonnengott Shamash geweihte Stadt besaß einen starken Mauerring mit Türmen. Als Vasallen der Parther herrschten hier Dynasten, die den Titel «Könige der Araber» (MLKʾ DʿRBYʾ) führten; die Einwohner sprachen Aramäisch, und die meisten aus dieser Zeit stammenden Inschriften sind in Aramäisch geschrieben. Die römischen Belagerer unternahmen mehrere erfolglose Angriffe. Der Kaiser selbst ritt, unauffällig gekleidet, neben seinen Soldaten an der Mauer entlang. Die Verteidiger auf der Brüstung erkannten ihn dennoch an seinem grauen Haupthaar und dem «würdevollen Gesichtsausdruck» (Cass. Dio 68,31,3), und ihre Pfeile verfehlten ihn nur knapp.

Traian, die Provinz Arabia und der Partherkrieg

Kurz darauf wurde er krank. Halb gelähmt von einem Schlaganfall, ließ er Publius Aelius Hadrianus bei der Armee und begab sich auf ein Schiff nach Italien. In Selinus, einem kleinen Hafen an der Küste des Rauhen Kilikien, verstarb er im August 117 n. Chr., nachdem er aller Wahrscheinlichkeit nach kurz zuvor die Adoption Hadrians ausgesprochen hatte. Noch nie zuvor war ein römischer Kaiser außerhalb Italiens verstorben. Der Ort erhielt später den Namen Traianopolis (heute Gazi Paşa, ca. 40 Kilometer südöstlich von Alanya) und das Privileg des ius Italicum. Ein marmorner Podiumstempel erinnert an den Kaiser, der künftighin als divus Traianus Parthicus verehrt wurde. Die südspanische Stadt Santiponce, das antike Italica und Heimat der Familie Traians, und die südtür­ kische Gemeinde Gazi Paşa wollten 2017 eine Städtepartnerschaft eingehen.205 Dazu kam es jedoch nicht. In Kyrene führte unterdessen den jüdischen Diasporaaufstand ein gewisser Andreas an, auf Zypern ein Artemion. Auch Ägypten war außer Kontrolle. Griechen und Römer sollen mit unbeschreiblicher Grausamkeit massakriert worden sein, sogar von Kannibalismus wird berichtet. Das Kommando über die Legionen Iudaeas wurde Lusius Quietus entzogen und zu einer Legatur exercit(uum) Iudaici et Arabici, das heißt mit Einschluss der III Cyrenaica in Bosra, zusammengefasst unter dem Senator Lustricus Bruttianus  – ein Indiz für erhebliche Unstimmigkeiten. Lusius Quietus ist kurz darauf getötet worden.206 Die größte Eroberungswelle der Römer im Orient seit Antonius und Aelius Gallus fiel für einen Augenblick in blankes Chaos zurück. Doch allmählich konnten die Legionen unter furchtbarem Blutvergießen der Lage Herr werden. Hadrian, auf die Kunde vom Tod des Princeps rasch nach Selinus geeilt und von dort nach Syrien zurückgekehrt, unternahm nichts gegen den Verlust Armeniens und Mesopotamiens, wo Parthamaspates sich nicht halten konnte und Chosroes schließlich nach Ktesiphon zurückkehrte. Im Herbst und Winter 117 /18 n. Chr. durchquerte Hadrian über Tarsos, Tyana, Ankyra und Iuliopolis Kleinasien auf der Rückreise in die Hauptstadt am Tiber. Im Breviarium des Festus, geschrieben in den 360er Jahren, heißt es (14): «Aber Hadrian, Traians Nachfolger, neidisch über dessen Ruhm [eius invidens gloriae], gab freiwillig Armenien, Mesopotamien und Assyrien wieder auf und beabsichtigte, den Euphrat als Grenze zwischen Römern und Persern zu halten». Im Jahre 123 fand möglicherweise ein Zusammentreffen Hadrians mit Chosroes in Syrien statt. Offenbar hier hat man vereinbart, den Euphrat wieder als beiderseitig anerkannte Grenze zu definieren, und hier hat Hadrian das von seinem Vorgänger eroberte transeuphratenische Provinzgebiet aufgegeben. Chosroes, zu dieser Zeit wieder einmal in Konkurrenz mit Vologaises III. um die

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

­ lleinherrschaft, erhielt die von Traian als Gefangene aus Ktesiphon weggeführte A Tochter zurück, nicht aber den ebendort geraubten Königsthron, den noch Antoninus Pius seinem Nachfolger verweigern sollte (HA Hadr. 13,8; Pius 9,7). Ob den traianischen Orientfeldzügen eine Grand Strategy zugrunde lag, wird in der Forschung kontrovers diskutiert.207 Den Tadel Cassius Dios, Traian habe aus bloßer Ruhmsucht gehandelt, haben andere senatorische Schriftsteller nicht geteilt (Fronto, principia historiae 11). Wenn der Historiker Werner Eck vermutet, es könnte eine Rolle gespielt haben, dass der Kaiser als Sohn des vir triumphalis M. Ulpius Traianus, der diese Auszeichnung eben gegen die Parther erhalten hatte, seinem Vater nacheifern wollte,208 so erinnert das an die US-Präsidenten Bush senior und junior, die in derselben Weltgegend Krieg führten und im Ergebnis ebenfalls ein Desaster hinterließen. Man darf mindestens davon aus­ gehen, dass Traian aus der Erfahrung des Jüdischen Aufstandes und der Instabilität der transeuphratenischen Vasallentümer ein Dauerproblem an der Ostgrenze ableitete, das ein massiver Einsatz der römischen Streitkräfte zu beseitigen versprach. Welche Ordnung ihm nach einem Sieg vorschwebte, ist nicht klar. Zwar hätten neue Provinzen Großarmenien, Assyria und Mesopotamia die Konfrontation mit dem Reich der Parther nur weiter nach Osten verschoben und vermutlich mehr Geld gekostet als eingebracht. Zusätzliche Legionen wären unverzichtbar gewesen. Allein, ein «Bollwerk für Syrien»209 entsprach durchaus den gegebenen Erfordernissen: Wie schon zu Zeiten Ciceros sollte bis in die spät­ antike Epoche der severischen Parther- und Sasanidenkriege die Verwundbarkeit der fruchtbaren, städtereichen Provinz am Mittelmeer mit ihrem östlichen Steppengürtel als schwer zu überwachender Grenze wiederholt zutage treten. 136 Jahre später drangen die Perser erstmals in die Weltstadt Antiocheia am Orontes ein.

8. Prosperität und Widerstand Der Orient unter Hadrian Der Orient unter Hadrian

Die über 20-jährige Regierung Hadrians kann man als die Mittagssonne wirtschaftlichen Wohlstandes und kulturellen Glanzes bezeichnen.210 Nicht zufällig liegt uns aus dieser Zeit eine besonders reiche Dokumentation vor über Städte­ gründungen, Stiftungen und Feste, Emissionen städtischen Geldes – auch Prägungen kostbarer Silbermünzen (cistophori) und Medaillons –, Ausführung von Bauwerken, Ausfertigung von Inschriften und Errichtung von Monumenten sowie über die Steigerung des Wettstreits der Städte um Ruhm, Feste und Rangprädikate.

Der Orient unter Hadrian

Hadrian hat den Orient mehrmals bereist.211 Wie andere Reichsteile, so profitierten die östlichen Provinzen von den geradzu rastlosen Bemühungen dieses Mannes, Treue, Ordnung und Disziplin des Militärs, Effektivität der Verwaltung, Rechtssicherheit, Munifizenz, Stabilität der Finanzen und Loyalität, ja Zuneigung der Amtsinhaber, der Klientelfürsten und der Untertanen durch seine persön­ liche Gegenwart zu sichern und zu befördern. Nie zuvor haben so viele Lager, so viele Städte den leibhaftigen Weltherrscher zu Gesicht bekommen. Kein anderer Kaiser hat so viele verschiedene Länder des Imperiums mit eigenen Augen gesehen und war unmittelbarer über die Befindlichkeiten seiner Untertanen, weit entfernt von Kaiserpalast, Colosseum und Circus Maximus, informiert. Bergbesteigungen zeugen von seiner Faszination selbst für Landschaft und Natur seines Reiches. Der Kaiser zeigte sich seinen Untertanen, der Jubel der Städte schlug ihm entgegen, man feierte einen «Zeus Olympios», «Gründer» (ktistes), «Erneuerer» (restitutor) und «Retter» (soter), seine Frau Sabina als «neue Hera». Eine ganze Kette von Gemeinden demonstrierte Ergebenheit durch Neubenennungen mit dem Kaisernamen: Kyzikos und Parion geben sich den Beinamen Hadriane, Stratonikeia am Kaikos Hadrianopolis. Im Innern Mysiens entstehen Hadrianutherai («Hadrians Jagden»), wo der Kaiser eine Bärin erlegt hatte, Hadrianoi am Olympos und Hadrianeia, in Paphlagonien Hadrianopolis (vormals Kaisareis), in Kilikien mit Zephyrion eine weitere Stadt dieses Namens, während sich andere Städte dieser Provinz zusätzlich Hadriane benennen, ebenso wie in Pontos und Kleinarmenien Nikopolis, Neokaisareia und Amaseia, in Syrien Palmyra. Zuerst reiste der Kaiser von Syrien aus entlang dem kappadokischen Limes nach Norden, überquerte das pontische Gebirge an der Stelle, wo Xenophons Zehntausend auf das Schwarze Meer herabgeblickt hatten, und stieg hinab nach Trapezus, wo er den Ausbau des Hafens befahl. Ein kurzer Abstecher nach Osten galt Militärstationen am pontischen Limes. Wohl zur See fuhr er weiter zu pontischen Häfen im Westen und schließlich nach Bithynien, wo er, in Nikomedeia und Nikaia, den Winter 123 /24 n. Chr. verbrachte. Die Spuren der Weiterreise durch die Provinz Asia sind lückenhaft. Im August 124 empfing ihn die Provinzhauptstadt Ephesos. Eine weitere Reise in den Orient fünf Jahre später begann ebendort, führte durch Mittelanatolien über den Tauros nach Kilikien, von dort nach Antiocheia am Orontes in Syrien, wo er den im Süden der Stadt aufragenden mons Casius bestieg (Herbst 129 n. Chr.). Wenig später dürfte sein Besuch Palmyras erfolgt sein. Der Triumphbogen südlich von Gerasa erinnert mit einer Inschrift auf der Attika über dem bogenförmigen Haupttor an seinen Aufenthalt in der Stadt

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

im Winter 129 /30. Münzprägungen verkünden adventus sowohl in Iudaea als auch im benachbarten Arabia, ohne dass wir diese zeitlich präzise bestimmen können.212 Schließlich besuchte er Ägypten. Während seines Aufenthaltes am Nil kam daselbst im Oktober 130 n. Chr. der geliebte Jüngling Antinoos im Alter von 20 Jahren ums Leben. Dieser Antinoos stammte aus einem kleinen Dorf bei Bithynion-Klaudiupolis (heute Bolu) im Nordwesten Kleinasiens. Das sexuelle Verhältnis zwischen Kaiser und Teenager wurde zum Skandalon, das die Empörung christlicher Schriftsteller erregte213 und in der modernen europäischen ­Literatur bei Oscar Wilde (The Young King, 1891; The Sphinx, 1894), Rainer Maria Rilke (Klage um Antinous, 1908), Fernando Pessoa (Antinous, 1918) und Mar­ guerite Yourcenar (Mémoires d’Hadrien, 1951) wieder aufgenommen wurde. Der Kaiser blieb trauernd bis zum Frühjahr 131 am Nil. Am Ort des Ertrinkens wurde die Gründung der Stadt Antinoopolis beschlossen, kultische Verehrung und Aufstellung von Standbildern in allen Heiligtümern Ägyptens angeordnet, schließlich ein großer Agon in Alexandreia gegründet. Die Verbreitung des Antinooskultes über weite Teile des Reiches ging unmittelbar von Ägypten aus. Die Städte der Oikumene beeilten sich, dem ‹Neuen Gott› ihre Verehrung zu erweisen, ­wovon eine Fülle von Skulpturen, Medaillons, Münzen, Gemmen und Kameen sowie verschiedene Epiklesen zeugen. Von herausragender Bedeutung sind weitere, außer am Nil nur selten bezeugte Formen der Huldigung: der Stadtname, der Phylenname, Tempelbau und Heiligtum mit Orakel und Mysterien, ein großer, nach Antinoos benannter penteterischer Wettkampf. Dieser zweite Agon ist in der Heimat des Jünglings Bithynion-Klaudiupolis unter dem Namen Hadrianeion-Antinoeion gegründet worden, Mysterienfeiern sind dort ebenfalls nachgewiesen und mit Antinoos schlüssig in Verbindung gebracht worden, desgleichen ein Tempelbau, allerdings kein Orakel, das bisher nur für die ägyptische Stadt genannt ist.214 Das ägyptische Antinoopolis ist ein merkwürdiges Implantat in der mit nur wenigen griechischen Poleis besetzten Provinz Aegyptus. Die hier aus verschiedenen Landesteilen zusammen angesiedelten und mit allen Privilegien von Polisbürgern ausgestatteten Männer und Frauen: Griechen aus Ptolemais und dem Fayum, römische Veteranen und Ägypter vom Lande nannten sich «neue Hellenen» (neoi Hellenes).215 Ebenso merkwürdig und in der Forschung umstritten ist Hadrians Gründung eines Griechenkongresses Panhellenion in Athen 131 /32 n. Chr., der alle vier Jahre von den echtbürtig griechischen oder als ‹hellenisch› anerkannten Gemeinden der östlichen Provinzen beschickt wurde. Der Tagung korrespondierte ein fest­

Xystoi

Karte 10: Ephesos, Türkei

Hellenistische Stadtmauer

2

1

Byzantinisches Bankethaus

Rundbau

Theater

Spätantike Stadtmauer

Hellenistische Stadtmauer

0

Magnesisches Tor 100

200

SiebenschläferCoemeterium

Basilika im Ostgymnsium

Hellenistische Stadtmauer

P a n a y ı r d a g˘

Spätantike Stadtmauer

EPHESOS

Theatergymnasium Theaterplatz mit Brunnen

Plateia in Koressos

Apsidenbau

Stadion

Vediusgymnasium

Spätantike Stadtmauer

Hadrianstempel Prytaneion Marktbasilika Hanghaus Bouleuterion/Odeion Thermen Nischenmonument Domitianstempel Staatsmarkt Hydrekdocheion d. Ostgymnsium Laecanius Bassus Südstra Fontäne ße Tempel auf dem Lukasgrab Staatsmarkt

Hadrianstor

Rundgrab

B ü l b ü l d a g˘

Paulusgrotte

Tetragonos-Agora Celsusbibliothek

Tempelbezirk (Serapeion)

straße

Viersäulenbau Osttor Nordtor Medusentor West

Hafenthermen Marktbauten Mittleres Hafentor Exedra Kirche

antikes Hafenbecken

Byzantinischer Palast

PeristylOlympieion haus Byzantinisches Marienkirche Brunnenhaus Episkopium

Hafengymnasium

Baptisterium

Marktbauten

Kirche im Stadion

Macellum

Felsspalttempel

300 Meter

DamianusStoa

Der Orient unter Hadrian

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 37: Ephesos, Theater und Säulenstraße

licher Agon im Rahmen des Kaiserkultes für Hadrian Panhellenios mit dem in der Stadt kurz darauf errichteten Tempel (Cass. Dio 69,1,2). War dies auf eine Initiative von griechischer Seite zurückzuführen, die der Kaiser großzügig bediente? Oder hat der sich in den griechischen Wissenschaften, Künsten und Literaturen ehrgeizig vertiefende Intellektuelle (HA Hadr. 14,8 ff.) diese Idee selbst hervor­ gebracht und verwirklicht? Wie beinahe zwei Jahrhunderte später Konstantin der Große in der Kirche eine das Kaisertum stützende und die Reichseinheit stabi­ lisierende Institution gefördert haben mag, so könnte es Hadrian auf etwas abgesehen haben, das den Zusammenhalt einer an seinen Kult gebundenen zivilen und – aus seiner Sicht – kulturellen Elite gewährleisten sollte.216 Denn die Poleis mit Anspruch auf Echtbürtigkeit (eugeneia) waren in Konkurrenz miteinander eher zerstritten und gönnten keiner Nachbarin einen Vorrang. Vielerorts in den Ländern des ehemaligen römischen Orients hat die hadrianische Epoche Spuren eines an der Architektur in den Stadtzentren und auf dem Lande messbaren materiellen Reichtums hinterlassen. Ein Komplex öffentlicher Prunk- und Nutzbauten und privater Wohnkultur ohne Beispiel ist die Ruinenstätte von Ephesos an der Westküste der Türkei. Nur wenige andere können sich mit ihr darin messen, Anschauung von Anlage, Ausdehnung und Baukunst einer hochkaiserzeitlichen Provinzhauptstadt in ihrer ganzen Vielfältigkeit zu geben.217

Der Orient unter Hadrian

Abb. 38: Ephesos, Staatsmarkt

Ephesos kann man als das Tor zum römischen Orient bezeichnen, gingen doch hier die meisten per Schiff Reisenden an Land, die von Italien oder Griechenland aus zu einer der östlichen Provinzen unterwegs waren. Hier, im caput Asiae, residierte einer der ranghöchsten senatorischen Gouverneure des Impe­ riums, der Proconsul der ausgedehnten und reichen Provinz Asia. Eine breite Säulenstraße führte vom Hafen ins Stadtzentrum und bog vor dem Theater in eine nördliche und südliche Fortsetzung um (Abb. 37). Auf den innerstädtischen marmorgepflasterten Hauptstraßen, die heute tausende von Touristen beschreiten, dürfte bereits zu Hadrians Zeiten das Gedränge ein Problem gewesen sein. Der Kaiser soll untersagt haben, in Städten zu Pferde zu reiten (HA Hadr. 22,7). Das 18 000 bis 20 000 Zuschauer fassende Theater, ein Umbau aus den Regierungszeiten der Flavier und Traians, zählt zu den größten seiner Art.218 Der Bau diente allen Facetten der spectacula in der Welt des römischen Orients: Wettkämpfe mit Musik, Tanz, Schauspiel, Vortrag, Kunsthandwerk und Beiprogramm (Pantomimen) sowie Gladiatorenkämpfe und deren Beiprogramm. Veranstaltungsrahmen waren die großen Staatsfeste. In Ephesos dauerte ein solches Fest 40 Tage, und es gab mehrere davon im Jahr. Im Theater wurden auch Gemeindeversammlungen abgehalten. Natürlich besaß die Provinzhauptstadt auch ein Stadion, das etwa 500 Meter nördlich des Theaters lag, nicht jedoch ein Amphi­ theater. Dieser römische Bautyp ist im Osten selten: Exemplare sind in Kyzikos,

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Pergamon, Anazarbos, Antiocheia am Orontes und Jerusalem nachgewiesen. In Pergamon lief ein Bach mitten durch die Längsachse des bis heute noch unaus­ gegrabenen Bauwerks, was darauf hindeutet, dass die Arena für Seeschlachten unter Wasser gesetzt werden konnte. Hier bildete diese Arena mit dem nahegelegenen Stadion ein ähnliches Ensemble wie am Palatin in Rom Colosseum und Circus Maximus. Eine sich im Quadrat erstreckende, hallenumsäumte Agora war das geschäftliche Zentrum der Großstadt.219 An den nischenartig zum Platz hin offenen, ­neben einander aufgereihten Läden und Werkstätten schritt man durch schattenspendende Säulenhallen wie auf einem Boulevard vorüber. Hier dürfte man zu Hadrians Zeit alles oder doch das meiste gefunden haben, was der Orient zu bieten hatte. Zugang gewährten ein von der Hafenstraße aus zu erreichendes Nordtor und ein heute restauriertes, dreigliedriges Südtor, das von Freigelassenen des Augustus errichtet wurde. Derart aufwendig gestaltete Zugänge zu den Marktplätzen schmückten mehrere Städte des Orients, wie zum Beispiel das im Pergamonmuseum zu Berlin wiederaufgerichtete Exemplar vom Südmarkt in Milet. Vor dem Südtor steht, in den 1970er Jahren aus Originalbauteilen wiederaufgerichtet, die doppelstöckige, fein dekorierte Fassade der etwa zwischen 100 und 135 n. Chr. entstandenen Celsusbibliothek. Sie gehört zu den besonderen Attraktionen von Ephesos. Es handelt sich um Stiftung und Grabhaus des Proconsuln Tiberius Iulius Celsus Polemaeanus, der die Provinz Asia von 105–107 regierte. Das Innere barg die Grabkammer und, in den Wandnischen des Hauptraumes, die Bücherregale. Die vom Theater kommende Marmorstraße biegt vor der Bibliothek nach Südosten ab und steigt, von Säulenhallen mit Mosaikfußböden gesäumt, zur Platzanlage des Staatsmarktes hinauf. Der antike Name der Straße ist Embolos («Keil»). Am nördlichen Rand der Straße stehen Thermenanlagen und Hadrianstempel. Auf der Südseite steigt an einem steilen Hang die als «Hanghäuser» ­bezeichnete Wohnhausarchitektur auf. Der von österreichischen Archäologen meisterhaft restaurierte Komplex bietet eine wohl sonst nur in Pompeji und Herculaneum zu bestaunende kaiserzeitliche Wohnkultur. Im Orient ist sie bisher einmalig. Der Erhaltungszustand geht auf ein verheerendes Erdbeben zurück, das die Häuser verschüttete. Nachfolgende Bewohner haben den Schutt nicht abgeräumt, so dass in den tieferen ­Lagen die Trümmer komplexer Innenarchitektur versiegelt blieben. Zwei riesige Einheiten – Hanghaus 1 und 2 – erstrecken sich zwischen schmalen Treppengassen mit Zugängen zu den einzelnen Häusern. Wohnblock 2 besitzt sieben Hauseinheiten, zum Teil mehrgeschossig und mit verschwenderischem Luxus ausge-

Der Orient unter Hadrian

stattet.220 Auch hier ist ein zentraler Peristylhof fester Bestandteil, darum herum Repräsentations-, Wohn- und Speiseräume, Küchen, Bäder, Schlafgemächer, ­Bediensteten- und Lagerräume, ausgestattet zum Teil mit Mosaikfußböden und reich mit dekorativen und figürlichen Szenen bemaltem Wandstuck, Rundplastik in Wandnischen etc. Eines der Privatbäder bestand aus drei beheizten Räumen mit Wasserzufluss. Ein Saal in Wohneinheit 6 war ganz mit bunten Marmorplatten verkleidet und besaß einen Springbrunnen im Saalinnern und einen weiteren Brunnen in einer Wandnische. Namen von Wohneigentümern sind nicht überliefert. Doch ist das der Ort, wo wir die Privatgemächer römischer Reichsbeamter, superreicher Sophisten, Großgrundbesitzer und Großhändler, Kaiserpriester und Landtagspräsidenten vermuten dürfen. Wo genau der Proconsul wohnte, ist bislang ungeklärt. Vielleicht hatte er doch ein einzelnes, freistehendes Peristylhaus in erhöhter Lage. Die Obere Agora oder der ‹Staatsmarkt› war das politische Zentrum der Stadt (Abb. 38). In der Westhälfte der Platzmitte hat man die Fundamente eines Tempels ausgemacht. Es dürfte sich um einen bedeutenden Staatskult handeln, vielleicht für Augustus. An den Rändern des rechteckigen Platzes befanden sich zahlreiche marmorne Bauten und Denkmäler. Die nördliche Längsseite nimmt eine langrechteckige Basilika ein, die sich zum Platz hin mit einer ionischen Säulenhalle öffnete. An ihrer Rückseite stehen nebeneinander das Prytaneion und das Rathaus (buleuterion). Plätze, Hallen und Gebäude von Ephesos waren mit beschrifteten Basen und Schauflächen mit eingemeißelten Inschriften geradezu übersät. Tausende hat man entziffert. Es ist die größte städtische Inschriftensammlung des römischen Orients. Die Texte sind wertvolle Schriftquellen zur Stadt- und zur Reichs­ geschichte, zur Politik, Wirtschaft, Religion und Kultur. Das epigraphische Prunkstück von Ephesos, für den Historiker eines der bedeutendsten Dokumente des Orients, ist das Zollgesetz der Provinz Asia: die lex portorii Asiae.221 Man hat die riesige Marmorplatte als Ambo zugeschnitten und verbaut gefunden in der nahegelegenen Johannesbasilika. Sie sei, so soll einer der Entdecker ge­ äußert haben, vollgeschrieben wie eine Zeitung. Ihr ursprünglicher Aufstellungsort dürfte am Hafen oder an der Agora zu vermuten sein. Der über 154 Zeilen laufende Text beinhaltet ein Gesetz, das in seiner ältesten Fassung auf die Anfänge der Provinz in den 120er Jahren v. Chr. zurückgeht. Es wurde später durch Zusätze nach und nach ergänzt, unter Nero 62 n. Chr. in Rom archiviert, publiziert und anschließend in Ephesos aufgezeichnet. Es war Nero, der mit einem kaiserlichen Edikt die öffentliche Aufzeichnung der Zollgesetze der ­jeweiligen Provinzen verfügte. Er hatte ursprünglich die Idee, die Zölle einfach

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

abzuschaffen, ließ sich aber von den Senatoren davon abbringen.222 Die auf dem Stein erhaltenen Regularien, zu deren Bedingung der gesamte Zoll der Provinz Asia alle fünf Jahre an kapitalkräftige Firmen von Zolleinnehmern (societates pu­ blicanorum) verpachtet wurde, bestimmen unter anderem Zollgrenzen, Anlage und Positionierung von seeseitigen und landseitigen Zollstationen, Sonderzölle und Zollbefreiung, Deklarationspflicht und Konfiskationsrecht. Man kann sich aus­malen, dass allein an den seeseitigen Zollstationen der Provinz Asia und zuvorderst in Ephesos enorme Summen an Zolleinkünften erzielt wurden. Dies aber ist nur der Blick in die Rahmengesetzgebung der Zollorganisation einer einzigen Provinz. Ein Inschriftenfund in Lykien hat uns das Zollgesetz der Nachbarprovinz überliefert, das keineswegs mit dem der Provinz Asia deckungsgleich ist.223 Man hat in dieser, erst unter Kaiser Claudius eingerichteten Provinz anscheinend auf eine funktionierende Zollorganisation des Lykischen Bundes gründen können. Da im Reich Zölle an verschiedenen Grenzen erhoben wurden, sowohl an der Außen- als auch an den Binnengrenzen, summierte sich die vom Fiskus aus dieser Quelle erzielte Einnahme zu einem erheblichen Anteil aller direkten und indirekten Steuerarten. Wir haben schon von der Verzollung der Luxusgüter des Ostafrika-, Arabien- und Indienhandels gesprochen, bei der in Alexandreia 25 Prozent auf den Warenwert aufgeschlagen wurden (siehe oben S. 177). Die Zollgrenzen im Innern des Imperiums orientierten sich an Provinzen, sind aber nicht mit deren Grenzen identisch. Schließlich waren einzelne Provinzen, wie Ägypten, in Gaue oder, wie Asia, in Diözesen und Stadtterritorien unterteilt, und auch an diesen Grenzen wurden Zölle erhoben. Die Städte des Ostens waren bestrebt, die Nachbarinnen nicht nur mit Bauwerken und Festen, sondern vor allem mit der von den Kaisern titular anerkannten Einrichtung und Pflege des Kaiserkultes zu übertreffen.224 Begehrt waren die Prädikate metropolis («Mutterstadt») und neokoros («Tempelpflegerin») nebst der Erlaubnis, einen ranghohen Wettkampf ausrichten zu dürfen. Das Phänomen ist am besten in Kleinasien dokumentiert, besonders in Inschriften und auf Münzen. In Bithynien waren es Nikaia und Nikomedeia, die einen etwa in hadrianischer Zeit beginnenden, sich durch die gesamte Kaiserzeit hindurchziehenden erbitterten Streit austrugen. In der Provinz Asia stritten Ephesos, Smyrna und Pergamon um den titularen Anspruch, die «erste und größte» zu sein. Nachdem es Pergamon gelungen war, von Traian die Pflege eines weiteren provinzialen Kaiserkulttempels für ihn selbst und Zeus Philios zusätzlich zu dem der Roma und Augustus geweihten Tempel genehmigt zu erhalten, gab Hadrian den Ephesiern und Smyrnaiern nach und gewährte auch diesen je eine zweite Neokorie. In

Der Orient unter Hadrian

Pamphylien stritten sich früher Aspendos und Side, lagen sich neuerdings Side und Perge in den Haaren, wer von beiden «Erste Pamphyliens» sei. Auf den städtischen Münzen ließ Side ihre sitzende Stadtgöttin Athena von der stehenden Artemis Pergaia bekränzen, die Pergaier kehrten das Verhältnis um: Athena bekränzt Artemis. In Kilikien erwuchs der zunächst einsam überlegenen «Metropolis» Tarsos, die von den kleineren Mallos, Soloi und Adana angefeindet wurde (Dion Chrys. 34,14), erst unter Septimius Severus mit Anazarbos ein Titelrivale. In Syrien blickte man von Laodikeia hasserfüllt auf die Weltstadt Antiocheia, an der Küste Phoinikiens waren Tyros und Berytos einander nicht grün (Herodian. 3,3,3). Neuformationen von Provinzen hat es unter Hadrian im Osten nur wenige ge­ geben. Zu der wahrscheinlich schon in traianischer Zeit erfolgten Zusammen­ legung der innerpontischen Territorien zu einem Pontus Mediterraneus kam im Süden Kleinasiens eine weitere: Isaurien und ein Teil Lykaoniens (der östliche, bis 72 n. Chr. von Antiochos IV. von Kommagene beherrschte) wurden mit der Provinz Cilicia vereint und bildeten mit dieser zusammen die tres eparchiae. Das einschneidendste Ereignis fand in Iudaea statt. Ein Stadtrömer der obersten Gesellschaftsschicht, der noch unter Hadrian gelebt hat: der Historiker Tacitus blickte mit ebensolcher Distanz auf das Judentum seiner Zeit wie auf den «Aberglauben» der Christen (hist. 5–6, übers. Borst): «Dort bei den Juden ist alles unheilig, was bei uns heilig ist; andererseits ist bei ihnen gestattet, was wir als Greuel betrachten […]. Die Juden aber haben einen rein geis­ tigen Gottesbegriff und kennen nur ein göttliches Wesen. Als gottlos betrachten sie jeden, der nach menschlichem Gleichnis Götterbilder aus irdischem Stoff gestaltet; das ihnen vorschwebende höchste, die Zeiten überdauernde Wesen ist nach ihrer Ansicht nicht darstellbar, auch keinem Untergang verfallen. Daher stellen sie in ihren Städten keine Götterbilder auf, erst recht nicht in ihren Tempeln. Eine solche Huldigung wird keinem König zuteil, kein Caesar wird so geehrt.»

Unter den polytheistischen Religionsgemeinschaften der kaiserzeitlichen Städte der östlichen Provinzen hatte sich das Diasporajudentum fast überall friedlich eingerichtet. Einen geistigen Widerstand gegen Rom hat dieses – von Ausnahmen abgesehen  – nicht hervorgebracht. In Iudaea selbst war die unerbittliche Feindschaft gegen die römische Weltherrschaft nach dem Fall Jerusalems allerdings nicht zur Ruhe gekommen. Die berühmte Rede Agrippas II. mit der dringlichen Warnung an seine Landsleute, sich mit den Herrschern der Welt nicht

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Abb. 39: Münze des Bar-Kochba-Aufstandes – VS: Tetrastyle-Front des Tempels, darüber ein Stern, hebräische Inschrift: «Šimʿōn» – RS: Feststrauß (Lulav), links Zitrusfrucht, Inschrift: «Für die Freiheit Jerusalems»

anzulegen, hatte nichts gefruchtet (Ios. bell. Iud. 2,365 f.). Eine Vision des mutmaßlich jüdischen Verfassers der Esra-Apokalypse lässt den Messias zu dem als Adler in Erscheinung tretenden römischen Imperium sprechen: Es habe die Welt geknechtet, mit List und Gewalt die Sanften gequält und die Stillen unterdrückt, mit Hass gegen Aufrichtige und Liebe zu Lügnern gehandelt. Es solle endlich verschwinden, auf dass die Welt aufatme und Ruhe finde (Esr 5,4,3 ff.). Manche Forscher halten solche Gedanken für christlich oder doch christlich beeinflusst. In die Regierungszeit ausgerechnet des Friedenskaisers Hadrian fällt der sogenannte Bar-Kochba-Aufstand in Iudaea.225 Seinen Namen trägt dieser Aufstand nach einem Rebellenführer, der sich als Fürst Israels bezeichnete. Auf Münzen – der einzigen Münzprägung von Rebellen in der Geschichte des römischen Reiches – ist nur sein Vorname zu lesen: Šimʿōn (Abb. 39). Erst im 20. Jahrhundert entdeckte Rechtsurkunden, Briefe und militärische Befehle machten den vollständigen Namen bekannt: Šimʿōn bar Kosība. Es ist höchst bemerkenswert, dass die Aufständischen das Hebräische, eine keineswegs tote, aber hauptsächlich im Gottesdienst und in der religiösen Literatur verwendete Sprache, als Symbol des jüdischen Nationalstolzes zur Urkundensprache erhoben.226 Träger des bewaffneten Kampfes war die jüdische Bevölkerung des südlichen Iudaea und von Idumaea. An den ausbrechenden Feindseligkeiten gegen die Römer sollen sich «viele andere auch von den nichtjüdischen Stämmen (allophyloi)

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beteiligt haben», und zwar, weil sie sich «Gewinn versprachen» (epithymiai kerdous, Cass. Dio 69,13,2). Man hat hier insbesondere an eine nabatäische Beteiligung gedacht. Doch gibt das Zeugnis nicht das her, was die englische Übersetzung von Earnest Cary in der Textausgabe der Loeb Classical Library suggeriert: «many outside nations, too, were joining them».227 Gemeint sind mit allophyloi eher nichtjüdische Bevölkerungsgruppen innerhalb oder unmittelbar an den Grenzen Iudaeas, nicht etwa ganze Provinzen und Völker des Orients, die sich gegen Rom erhoben hätten. Gewinnversprechend dürfte vielen auf dem Lande Wohnenden, eben auch Nichtjuden, besonders der Überfall auf Städte erschienen sein, wo sich römisches und hellenisiertes Leben in Wohlstand konzen­ trierte. Was zu dem Ausbruch führte, ist viel diskutiert worden. Von einer Unterdrückung der überwiegend ländlichen Bevölkerung Iudaeas in der traianisch-hadrianischen Epoche kann nicht die Rede sein. Über Repressalien, Deportationen, Verbote ist nichts bekannt. Die üblichen Tribute waren nicht belastend. Dem Land ging es wirtschaftlich gut. Es herrschten geordnete Rechtsverhältnisse und lokale Autonomie. Für den Historiker Fergus Millar geben die – unten noch zu besprechenden – Papyrusdokumente aus Nahal Hever unmittelbar vor der Entfesselung des Aufstandes die Momentaufnahme von einem friedlichen Leben der jüdischen Bevölkerung in den Dörfern, die ihren ‹Papierkram› bei den alltäg­ lichen Familienangelegenheiten und Geschäften in der Standardsprache Griechisch routinemäßig ausführte und Normen jüdischen Lebens ohne weiteres mit römischer Verwaltung und Recht vereinbarte.228 Religiöse Motive müssen die stärkste Zündkraft entfacht haben, und hier spielte Jerusalem als das Zentrum der jüdischen Religion die entscheidende Rolle: Nach 70 war Jerusalem «nur noch eine Ortsbezeichnung», weder war es im rechtlichen Sinne eine Polis, noch hatte sich vom einstigen urbanen Glanz seiner Bauten auch nur ein Schimmer gehalten.229 Auf dem Boden des völlig zerstörten Stadtgebietes von einst hatten sich das Lager der Legio X Fretensis und die üblicherweise um ein Legionslager entstehenden Händlerbuden, Zelte und Hütten ausgebreitet. Hadrian war vielleicht schon zur Zeit seines Besuchs in Syrien 129 /30 auf die Idee gekommen, in Jerusalem eine Colonia Aelia Capitolina zu gründen. Veteranen wurden ange­ siedelt. Zugleich sollte das Land eine weitere Legion erhalten und von einem Legaten im konsularischen Rang regiert werden. Wahrscheinlich entzündete sich die Erhebung am Bekanntwerden dieser Pläne. Am Ort des zerstörten Tempels ließ Hadrian dem Jupiter opfern – eine Provokation! Für die Darstellung der Ereignisse existiert keine auch nur annähernd so reichhaltige Quelle wie Josephos sechs Jahrzehnte zuvor. Einen kurzen Bericht

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gibt der byzantinische Epitomator (Verfasser einer gekürzten Version) Cassius Dios, Johannes Xiphelinus (Cass. Dio 69,12–14). Die Anfänge sind nicht genau zu datieren, wahrscheinlich fallen sie ins Frühjahr 132 n. Chr. In kürzester Frist mobilisierte die dörfliche Region ein enormes Kriegspotenzial und traf Vorkehrungen für einen Guerillakrieg: Schlüsselpositionen wurden besetzt, Tunnelsysteme gegraben, Wälle aufgeworfen, Waffendepots angelegt. Im Lande anwesende Römer wurden völlig überrascht. Auf römischer Seite kamen vier Legionen zum Einsatz: die X Fretensis vor Ort, verstärkt durch die VI Ferrata, die III Cyrenaica und die IV Gallica. Weitere schickten Task-Forces (Vexillationen), sicher die XII Fulminata aus Melitene (CIIP I 2, 717), vielleicht auch die IV Flavia aus Obermoesien. Als der – wie Cassius Dio schreibt – «erste» unter den fähigsten Heerführern der Zeit wurde der aus Dalmatien stammende Senator Sextus Iulius Severus eiligst aus Britannien herbeibeordert. Doch waren ihm die ihre Legionen kommandierenden Statthalter Syriens und Arabiens, Poblicius Marcellus und Haterius Nepos, nicht unterstellt, die beide nach Abschluss des Krieges die ornamenta triumphalia verliehen bekamen.230 Eine Zeitlang führte der Kaiser selbst das Kommando, was vor ihm nur der Kaisersohn und Mitregent Titus und Traian getan hatten. Obgleich von Šimʿōn zweifellos beabsichtigt, gelang den Aufständischen die Einnahme Jerusalems offensichtlich nicht. Der in ihren Münzprägungen und Dokumenten proklamierte Staat Israel, mit «Jahr 1» bis «Jahr 4» datiert und einschließlich Jerusalems als befreit und wiedererstanden bezeichnet, entbehrte des prestigeträchtigen Zentrums. Auch die Bergfestungen, Herodeion, Machairous und Masada, wo sich eine römische Besatzung befand, spielten keine Rolle. Iulius Severus vermied offene Feldschlachten und versuchte, gegnerische Verbände zu separieren und isoliert anzugreifen. Die bei Xiphelinus überlieferten Opfer an Menschen und Zerstörungen von Material, Festungen und Siedlungen erscheinen übertrieben: Von den aktiven Aufständischen sollen nur sehr wenige überlebt haben. 50 ihrer wichtigsten ­Festungen, 985 nennenswerte Dörfer sollen dem Erdboden gleichgemacht, 580 000 Männer bei Angriffen und in Schlachten getötet worden sein, nicht eingerechnet die unbekannte Zahl der durch Hunger, Krankheit und im Feuer zugrunde Gegangenen (Cass. Dio 69,14,1). Die Archäologie bestätigt allerdings ein verheerendes Ausmaß an Zerstörungen.231 Reste intakter Siedlungen aus der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. sind rar. Zahlreiche Höhlen, aus denen Papyrusfunde stammen, sind als Schlupfwinkel der Aufständischen und Zufluchtsorte der Zivilbevölkerung ausgemacht worden. Vieles spricht dafür, dass das römische Militär ein Massaker von der Dimension eines Völkermordes an-

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richtete. Was die Verluste auf römischer Seite betrifft, so hat der Historiker Werner Eck mit einer brillanten Analyse der Militärdiplome nachgewiesen, dass auch diese Opferzahlen geradezu fürchterlich waren: Seine Hauptquellen sind ein in Ägypten ans Licht gekommenes Papyrusdokument, das in Caesarea Maritima in Iudaea verfasst wurde (CIL XVI App. Nr. 13), in Kombination mit 15 erst in neuerer Zeit bekannt gewordenen Militärdiplomen: Sie bezeugen eine enorm hohe Zahl, mehr als 3000, Auxiliarsoldaten der in Misenum in Italien stationierten Flotte, die unter Verleihung des Bürgerrechtes als Legionssoldaten in die X Fretensis nach Iudaea abkommandiert wurden. Das war zweifellos eine Notmaßnahme angesichts dramatischer Gefallenenzahlen in der Legion. Sie hinterließ bei der Flotte eine riesige mit sofortigen Aushebungen zu füllende Lücke. Die damaligen Rekruten empfingen 26 Jahre später, im Jahre 160 n. Chr., ihre Diplome. Eine auffällige Massierung weiterer derartiger Diplome bezeugt hohe Verluste auch bei den Auxilia in Iudaea.232 Es zeichnet sich deutlicher als bisher ab, dass dieser zweite Aufstand dem ersten an Zerstörungskraft um nichts nachstand, ja, diesen vermutlich übertraf. Anders als die damaligen Flavier unterließ Kaiser Hadrian jede Art von Siegespropaganda. Viel zitiert ist sein Verzicht auf die seit den Tagen der Republik übliche Grußformel der Heerführer an den Senat: Si vos liberique vestri valetis, bene est. Nos exercitusque valemus. Weder ihm noch dem Heer konnte es angesichts dieser Umstände gut gehen. Ein weiteres Indiz für die traumatischen Erfahrungen der kämpfenden Truppe ist die bekundete Abneigung überlebender und zur Entlassung anstehender Soldaten, sich in diesem Land ansiedeln zu ­lassen. Nach der Niederschlagung des Aufstandes wurde die Provinz umbenannt. Das ging möglicherweise von der nichtjüdischen Bevölkerung im Lande aus, die jede Assoziation mit dem Namen des Ethnos vermeiden wollte:233 Aus Iudaea wurde Syria-Palaestina. Die Colonia Aelia Capitolina blieb am Ort, aus ihr stammen viele lateinische Inschriften. Kriegsgefallene, hingerichtete und in die Sklaverei verkaufte Juden hinterließen Grund und Boden, der in großem Umfang in kaiserlichen Besitz fiel, weiterverteilt oder verpachtet wurde. Von einem allgemeinen Beschneidungsverbot hat der Nachfolger Hadrians, Antoninus Pius, die Juden ausgenommen, zugleich aber die Beschneidung von Nichtjuden als Verbrechen eingestuft und der Kastration gleichgestellt (Modestinus Dig. 48,8,11). Jüdische Herren durften nach diesem Gesetz nicht einmal ihre Sklaven nichtjüdischer Herkunft beschneiden lassen.234 Man wird allerdings die Durchsetzbarkeit eines solchen Gesetzes nicht hoch veranschlagen. Im Jahre 218 bestieg mit Elagabal ein Beschnittener den Kaiserthron. Ähnliches gilt für die

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Abwehr des Proselytismus, der unter Septimius Severus mit schwerer Strafandrohung belegt war (HA Sev. 17,1). Die Juden der östlichen Reichshälfte erhielten unter Severus und Caracalla Gleichstellung im Zugang zu städtischen Ämtern, und zwar bei Befreiung von den Amtspflichten, die sie in ihrer Religionsausübung behinderten. Freilich war zu dieser Zeit die Bekleidung städtischer Ämter längst von einem Privileg zu einer Belastung mutiert. Im religiös-kultischen Bereich, in Sitten und Lebensregeln blieben die Juden eine distinkte Gruppe der antiken Welt und darüber hinaus. Auch in der universellen Diaspora und trotz Proselyten bewahrte diese Gruppe eine umgrenzte, ­ihrem Ursprung nach nationale Identität. Das unterschied sie von den Anhängern jener Religion, die eine ihrer Sekten hervorgebracht hatte: den Christen. Der aus Flavia Neapolis (heute Nablus) stammende Schriftsteller Justin der Märtyrer hat in seiner Mitte des 2. Jahrhunderts verfassten Apologie behauptet, dass Bar Kochba während des Aufstandes Christen verfolgt habe (Iust. 1 apol. 31). Diese setzten sich über Ethnien, nationale Identitäten, Sitten und Gebräuche hinweg. Gerade deswegen wurden sie der Loyalitätsideologie des Kaiserkultes gefährlicher, und von ihnen, nicht von den Juden, verlangten später die großen Christenverfolger Decius und Diokletian den unbedingten Loyalitätsbeweis. Am Westufer des Toten Meeres, etwa 5 Kilometer südlich von En Gedi, hat man im vorigen Jahrhundert Höhlen entdeckt und untersucht. Eine von ihnen barg vier Skelette und Papyri mit Briefen von Šimʿōn bar Kosība an seine Offiziere in der Gegend. In unmittelbarer Nähe muss sich ein Stützpunkt der Aufständischen befunden haben. In der anderen fand man 20 Skelette. In einem Winkel, sorg­ fältig unter Steinblöcken versteckt, lag ein Sack, der mit einem Seil zugebunden war. Der darin aufbewahrte Lederkoffer mit zusammengepressten Papyri – ­einige großenteils von Würmern zerfressen, die meisten jedoch gut erhalten – hat der Forschung das wohl historisch wertvollste Papyrusarchiv der Kaiserzeit außerhalb Ägyptens in die Hand gegeben.235 Was darin zu lesen ist, wirft helles Licht auf ein seltsames, trauriges Schicksal einer jungen Jüdin namens Babatha. Insgesamt 35 Urkunden kamen zutage, deren Datierungen auf eine Provenienz aus der Provinz Arabia schließen lassen. Sie reichen von der späten Königszeit 93 / 94 n. Chr. (Rabbel II.) bis an den Beginn des Aufstandes 132 n. Chr. Die meisten Papyri, 26, sind Griechisch, sechs in nabatäischer Sprache, drei in Aramäisch geschrieben. Es handelt sich um Texte mit Rechtscharakter: Prozess­ dokumente in Streitfällen um Geld- und Sachwerte, Garantieurkunden bei Eheschließung, Eigentumserklärungen. Nicht nur für die krisenhaften Ereignisse, sondern auch für die verschriftlichte Rechtspraxis der einfachen Provinzbevöl-

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kerung, ja für orientalisches Leben unter römischer Herrschaft und Verwaltung, sind sie eine einzigartige Quelle.236 Die Dokumente gehörten allesamt der Babatha. Es ist offensichtlich, dass diese Frau im Jahr des Beginns des Aufstandes – zugleich das Datum des spätesten Dokumentes, August 132 n. Chr. – die wichtigsten Unterlagen ihrer persön­ lichen Geschäftstätigkeit und Rechtsverhältnisse zusammenpackte, ihren Heimatort verließ, den Weg in die Gegend am Toten Meer nahm und sich schließlich mit anderen gemeinsam in eine der Höhlen begab. Diese lagen in der Provinz Iudaea, ihr nur wenig entfernter, von ihr verlassener Heimatort Maoza hingegen in der Provinz Arabia. Die Gegend von En Gedi könnte ihr Ziel gewesen sein, weil – wie wir aus den Urkunden erfahren – ihr zweiter Ehemann und ihre Stieftochter daselbst Grundbesitz hatten. Als sie von zu Hause aufbrach, scheint noch keine Gefahr gedroht zu haben. Doch tragischerweise verschlug es sie aus der wohl sicheren Provinz in eine Kampfzone, und sie scheint dort ums Leben gekommen zu sein. Es ist nicht klar, ob unter den 20 Skeletten der Höhle auch ihre Überreste zu suchen sind, vielleicht konnte sie die Höhle noch verlassen. Jedenfalls kehrte sie nie zurück, um ihre Habe an sich zu nehmen und in die Nachkriegszeit zu retten. Sie blieb an dieser Stelle mehr als 1800 Jahre. Babatha war in erster Ehe mit einem Juden namens Jesus aus demselben Dorf Maoza verheiratet, und sie brachte, zwischen 17 und Anfang 20, in dieser Ehe einen Sohn zur Welt, ebenfalls Jesus genannt. Im Jahre 124 starb ihr Mann. Der Stadtrat von Petra ernannte für das Kind Jesus zwei Vormünder, einen Juden und einen Araber. Wohl aus dem Erbe des Vaters wurde ein Fonds gebildet, den die Vormünder zu bewirtschaften hatten, um aus Zinsen und Einkünften den Unterhalt des Kindes zu bestreiten. Sogleich meldete Babatha ihre Unzufriedenheit mit den beiden Vormündern an: Das monatlich für das Kind bereitgestellte Geld reiche bei weitem nicht aus. Aus dem Büro des Statthalters wurde ihr die Antwort zuteil, man solle sich möglichst außergerichtlich einigen, falls jedoch notwendig, dürfe sie vor Gericht klagen. Das geschah auch, beide Vormünder mussten sich vor dem Gericht des Statthalters rechtfertigen. Nach sieben Jahren war der Streit beigelegt, ob durch Gerichtsurteil oder außergerichtlich, ist nicht ersichtlich. Babatha akzeptierte genau den monatlichen Unterhalt von einem halben Denar, den sie zuvor für unangemessen erklärt hatte. Ihr zweiter Ehemann, Judah, war von En Gedi nach Maoza zugewandert. Bei der Heirat besaß Judah schon eine Frau, Miriam, von der er eine erwachsene Tochter hatte: Shelamzion. Dieser Umstand scheint eine in der jüdischen Gesellschaft dieser Zeit verbreitete Praxis der Polygamie zu bestätigen. Die Witwe Babatha trat in diese zweite Ehe als rangniedrigere Gattin ein. Obgleich keineswegs der

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Oberschicht angehörend – sie konnte nicht lesen und schreiben –, brachte sie ein erhebliches Vermögen mit: Von ihrem Vater hatte sie Häuser in Maoza und Gärten mit Dattelpalmen geerbt, später weitere Palmengärten hinzugekauft. Ihrem zweiten Mann Judah lieh sie 300 Denare zu der insgesamt 500 Denare betragenden Mitgift für die Tochter Shelamzion. Das war eine beträchtliche Summe, die in den damaligen Verhältnissen zu einer Existenzgründung ausreichte. Eine Mitgift ging in die Verfügungsgewalt, aber nicht in das Eigentum des jeweiligen Ehemannes über. Als Judah ca. 130 n. Chr. verstarb und weder die geliehene Summe für die Mitgift der Tochter noch die Mitgift Babathas aus flüssigen Mitteln zurückgezahlt werden konnten, erwirkte Babatha eine Vollstreckung in Judahs Dattelplantagen. Ein besonderer Glücksfall aus Sicht der Forschung ist der gut erhaltene ­Urkundentext einer Steuererklärung, datiert ins Jahr 127 n. Chr.237 Wir blicken sozusagen bottom up auf den Vorgang der römischen Besteuerung einer Orientprovinz. Zyklische Volkszählungen waren Voraussetzung für den Einzug des tributum capitis, einer Kopfsteuer auf jeden männlichen Einwohner ab 14 und jeden weiblichen ab 12 Jahren. Außer Zöllen (portoria) gab es eine ganze Reihe weiterer Steuerarten, wie Weidesteuer (scriptura), Freilassungssteuer (vicesima libertatis), Erbschaftssteuer (vicesima hereditatium, nur für römische Bürger), Kranzgold, Eisensteuer oder den nach dem ersten Aufstand von den Juden nach Rom zu entrichtenden fiscus Iudaicus. Auch Konfiskationen, Schenkungen und Bußgelder bei Grabfrevel brachten dem römischen Fiscus Geld ein. In Babathas Urkunde geht es um den Ertrag an Feldfrüchten auf ihren Ländereien. Babatha als Eigentümerin und ihr gesetzlicher Vormund in Rechtsgeschäften, ihr Ehemann Judah, mussten persönlich im Quartier des praefectus equitum in RabbatMoab erscheinen, neben Petra, Bosra und Damaskus eines der vier Zentren der Provinz Arabia. Am Ort musste das Ehepaar einen Schreiber mieten, der ihre Erklärung in die richtige Form brachte. Ich selbst habe noch in jüngster Vergangenheit derartige Verhältnisse in türkischen Kleinstädten angetroffen: Vor dem Behördengebäude postieren sich Schreiber mit Tischen und Stühlen, die den aus den umliegenden Dörfern eintreffenden Männern und Ehepaaren gegen Gebühr die zu den jeweiligen Anliegen passenden Formulare ausfüllen oder Gesuche schriftlich aufsetzen. Detailliert liegen die für die römische Erhebung des tributum soli notwen­ digen Angaben vor: Name, Lage (durch Angaben der Grenzen beziehungsweise Nachbargrundstücke), Größe, Ertragsart und -menge der Grundstücke. Für die Grundstücksgrößen wird kein Flächenmaß verwendet, sondern die Menge der jeweils benötigten Aussaat, zum Beispiel:238 «die Größe entsprechend der Saat

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von einem Saton [Griech. für Hebräisch Seʿah, etwa 13 Liter] und drei Kaboi [ein Sechstel Saton, d. h. ca. 2 1 / 6 Liter; insgesamt also ca. 20 Liter]».239 Je nach Größe war eine fixe Summe als Abgabe zu entrichten. Die Stadträte müssen über Kataster der auf ihrem Territorium befindlichen Grundstücke verfügt haben. Aus den Gemeinde für Gemeinde gemachten Angaben ergibt sich das Steueraufkommen der gesamten Provinz. Die in Naturalien geleisteten Abgaben mussten auf Kosten der Steuerpflichtigen in nahegelegene Magazine und Depots transportiert werden; sie wurden von dort aus verkauft oder an römisches Militär oder Magistrate geliefert. Soweit die Abgaben in Cash erfolgten beziehungsweise aus dem Verkauf Geld einkam, dürften sie in Silber- oder Goldmünze nach Rom überführt worden sein. Außer dem Babatha-Archiv sind in der Region weitere Papyrusdokumente gefunden worden, die in einem Zusammenhang mit dem Aufstand stehen, so das Archiv einer wohl ebenfalls in den Kriegswirren ums Leben gekommenen Jüdin namens Salome Komaise.240

9. «Ich besitze eine sehr kleine und ehrenwerte Stadt» Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Dem Nachfolger Hadrians – Antoninus Pius – hat man ein Zitat des großen Feldherren Scipio in den Mund gelegt: Er würde lieber das Leben eines einzigen Bürgers retten als tausend Feinde vernichten.241 Provinzen und Klientelkönige im Osten bewahrten Frieden und Loyalität. Ein Pharasmanes, König von Iberien, der Hadrian einen Besuch verweigert hatte, machte sich mit seiner Frau nach Rom auf, um Antoninus die Ehre zu erweisen (HA Pius 9,6; Fasti Ostienses a. 141). Doch knapp zehn Jahre nach seinem Regierungsantritt bekam es dieser Kaiser mit einem neuen, auf Konfrontation drängenden Partherkönig zu tun: Vologaises IV. Dessen Forderung, den von Traian eroberten Königsthron zurückzugeben, wurde abgelehnt. Als der Parther Anstalten machte, Armenien zu attackieren, scheint ihn ein Brief des Kaisers noch einmal gezügelt zu haben. Kriegsvorbereitungen waren im Gange. Die Legio VIIII Hispana wurde von Nimwegen in Niedergermanien nach Cappadocia verlegt, die Provinz Pontus et Bithynia an der Propontis und der Südküste des Schwarzen Meeres, durch die wichtige Militärstraßen verliefen, dem Senat entzogen und dem Kaiser unterstellt. Als 161 n. Chr. Marcus Aurelius Kaiser wurde, griff Vologaises an. In Elegeia,

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wo fast 50 Jahre zuvor Traian mit dem Armenier Parthamasiris zusammen­ getroffen war, schlossen seine Panzerreiter die VIIII Hispana unter dem Lagaten Cappadocias Marcus Sedatius Severianus ein: Der «dämliche Kelte», wie Lukian Severianus wegen dessen naiver Orakelgläubigkeit schimpft (Alex. 27), ging mitsamt der Legion im Pfeilhagel unter. Die Parther setzten daraufhin den Angriff auf die städtereiche und blühende Provinz Syria ins Werk (Cass. Dio 71,2). Rom reagierte mit der Entsendung des Mitkaisers Lucius Verus im Jahre 162, der in Syriens Hauptstadt Antiocheia Quartier nahm und von hier aus den Aufmarsch und die Versorgung der römischen Expeditionsheere dirigierte.242 Durchschlagende Erfolge erzielten in den beiden folgenden Jahren römische Kommandeure in Mesopotamien und Armenien: Der aus Kyrrhos stammende Senator Avidius Cassius schlug mit der III Gallica und mit Hilfstruppen in Syrien die Parther zurück und zwang Vologaises zum Abzug. Sein Gegenangriff trug erstmals seit Traian die römischen Waffen wieder tief in transeuphratenisches Gebiet und gipfelte in der Einnahme sowohl Seleukeias als auch Ktesiphons, wo der Königspalast zerstört wurde. Doch erneut forderte die Steppe hohen Tribut; Hunger und Krankheiten dezimierten die sich in die Provinz Syria zurück­ ziehenden Einheiten. Im Norden übernahm die durch Einheiten und Vexillationen von der Donaugrenze verstärkten Legionen Cappadocias ein aus Britannien an den Euphrat versetzter Legat namens Marcus Statius Priscus. Da Britanniens Statthalterschaft als ranghöher galt, verrät sich dieser Wechsel als Notmaßnahme. Priscus machte die Niederlage des Severianus wett und gewann die Oberhand in Armenien. Er besetzte Artaxata und gründete in der Nähe eine Garnison namens Kainepolis («Neustadt»). Den Königsthron bestieg ein von den Römern mitgeführter Orientale namens Sohaimos, der vielleicht aus der Dynastie von Emesa stammte. Auch ihn haben widerspenstige Armenier acht Jahre später noch einmal vertrieben, doch wurde er kurz darauf wieder eingesetzt.243 Lucius Verus scheint in Antiocheia die Annehmlichkeiten der Weltstadt dem persönlichen Einsatz an der Front vorgezogen zu haben. Der Sophist Lukian widmet seinen Dialog über «Porträts» (eikones) der überwältigenden körper­ lichen und seelischen, Standbildern von Göttinen und Gemälden gleichenden Schönheit einer anonymen Frau, deren Name aus dem Verweis auf Xenophons Geschichten über eine «schönste Frau Asiens» zu erraten,244 deren Herkunft aus Smyrna und deren Beziehung als Geliebte des Verus offen ausgesprochen sind. Der Schriftsteller Lukian ist Verus und seiner stets von Eunuchen und Soldaten begleiteten Geliebten in Antiocheia vermutlich begegnet. Marcus Aurelius fragt Jahre später in den «Selbstbetrachtungen» (8,37): «Sitzt etwa Pantheia oder Per-

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Abb. 40: Siegesmonument von Ephesos, Ephesos-Museum, Wien

gamos jetzt noch am Sarg des Verus?» Den jüngeren Mitkaiser hat er 163 von Antiocheia nach Ephesos zitiert, um seine Tochter Lucilla mit ihm zu vermählen (HA Ver. 7,7; vgl. HA Aur. 9,4). Als zwei Jahre später der Sieg über die Parther vollständig war, schmückte sich Verus mit dem Beinamen Parthicus Maximus, im Jahr darauf mit Medicus. Am 12. Oktober 166 durfte er in Rom einen Triumph feiern. In Ephesos waren die in den Westen zurückkehrenden Truppen von dem superreichen Sophisten Damianos bewirtet worden. Das in der Stadt errichtete Siegesmonument ist in Fragmenten erhalten, die heute in Wien zu besichtigen sind (Abb. 40). Den Sieg überschattete die große, von den Truppen aus dem Orient mitgeschleppte Seuche, die weite Teile des Imperiums heimsuchte. Das Kaiserpaar, sogleich mit Kriegen an der Donau beschäftigt, hat jenseits des Euphrat keine neue Provinz eingerichtet, wohl aber Garnisonen etabliert. 165 n. Chr. besetzte römisches Militär die bis dahin von den Parthern beherrschte Stadt Dura Europos am westlichen Euphratufer. Die Stadt Carrhae jenseits des Stromes, Ort

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des Untergangs der frühesten römischen Partherexpedition im Jahre 53 v. Chr., prägte Münzen mit dem Bild des Lucius Verus, des Marc Aurel und des Com­ modus, die Stadt Edessa (heute Urfa) mit Lucius Verus, Lucilla, Marc Aurel, Faustina II. und Commodus. Dem Eroberer Ktesiphons, Avidius Cassius, war ca. 166 die Statthalterschaft Syriens anvertraut worden. Als wenige Jahre darauf eine Gruppe von Nomaden im Nildelta einen Aufstand anzettelte, der die ganze einst von seinem Vater regierte Provinz erfasste und sich bis zu einer Bedrohung Alexandreias entfaltete, marschierte er in Ägypten ein. Es gelang ihm, den Aufstand niederzuschlagen. Der Kaiser übertrug ihm die Oberaufsicht über den gesamten Orient (Cass. Dio 71,3; vgl. Philostr. soph. 563). Etwa gleichzeitig trat der Senator Publius Martius Verus die Legatur Cappadocias an. Auch an dieser Grenze rumorte es: Ein wild gewordener armenischer Satrap, der sogar sein Schwert drohend gegen Martius zu erheben wagte, musste zur Raison gebracht werden (Cass. Dio 71,14). Martius aber sollte sich bald darauf in einer weit bedrohlicheren Krise auszeichnen. Faustina, die Gattin Marc Aurels, wird verdächtigt, dem Generalissimus des Ostens, dem strahlenden Sieger Avidius Cassius, ihre Hand und den Kaiserthron für den Fall des von ihr baldigst erwarteten Todes des erkrankten Gatten in Aussicht gestellt zu haben. Als dann das falsche Gerücht vom Ableben des Kaisers in den Orient gelangte, erklärte Avidius seinen Soldaten den Anspruch auf die Nachfolge mit der Lüge, die Kameraden der Donaulegionen hätten ihn schon dazu bestimmt (Cass. Dio 72,22 f.). Bemerkenswerterweise änderte die kurz darauf eintreffende Klarstellung, dass Marcus noch lebte, nichts an der Entschlossenheit des Syrers, und wenigstens die Legionen unter seinem direkten Kommando hielten anfangs zu ihm. Nicht so Martius. Der Statthalter Cappadocias informierte den Kaiser und setzte seine Truppen sofort gegen den Usurpator in Marsch. Der Athener Sophist und Kaiserfreund Herodes Atticus schrieb an Avidius: «Du bist verrückt geworden!» (Philostr. soph. 563). Im Feldlager an der Donau legte der Kaiser seinen Soldaten die Lage dar und appellierte an ihre Überlegenheit, sollte der Orient auch noch so viele Kilikier, Syrer, Judäer und Ägypter gegen ihn mobilisieren. Dann beendete er notgedrungen den Krieg gegen die Iazygen und zog von der Donau ab. Zum ersten Mal seit Actium drohte der Osten zum Kampfplatz eines Bürgerkrieges Ost gegen West zu werden. Diesmal sollte es noch nicht so weit kommen. Dem Avidius scheinen nicht alle seiner Soldaten bei dieser Aussicht die Gefolgschaft bewahrt zu haben. Zwei Offiziere erschlugen ihn, bevor die Donaulegionen eingetroffen waren. Seinen abgeschlagenen Kopf in Empfang zu nehmen weigerte sich der Kaiser und befahl, ihn zu begraben (Cass. Dio 72,25).

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Strafmaßnahmen des Siegers gegen abtrünnige Senatoren, Magistrate, Truppenteile oder Städte blieben weitgehend aus. Der Stoiker ließ Milde walten. Ein Präfekt Ägyptens namens Calvisius musste in die Verbannung gehen. Die Kor­ respondenz des Avidius ließ der Kaiser verbrennen, ohne sie lesen zu wollen. Ob ihm ein Verdacht gegen seine Frau zugetragen worden war, bleibt ungewiss. Er blieb ihr treu. Im Frühjahr 176 begab er sich in ihrer Begleitung von Antiocheia aus auf die Rückreise. Nach Station in Tarsos und Überquerung des Tauros durch die Kilikische Pforte verstarb Faustina in dem Ort Halala (HA Aur. 26,4. 9). Wie einst die kleine Stadt Selinus an der Küste Isauriens als Traianopolis an den Tod des Feldherrnkaisers erinnern sollte, so ehrte hier ein neuer Stadtname Faustinopolis die Kaiserin an ihrem Sterbeort. Nachdem Marcus schon in Tarsos den Sophisten Hermogenes gehört hatte, wohnte er in Smyrna den Deklamationen des berühmten Aelius Aristeides bei,245 bevor er über Athen in die Hauptstadt am Tiber zurückkehrte. Eine Konsequenz hat man in Rom doch aus den Ereignissen gezogen: Per Gesetz sollte es künftighin verboten sein, Gouverneur einer Provinz zu werden, aus der man selbst stammte (Cass. Dio 72,31). Es hat nichts genutzt. Der Sohn und Nachfolger von Marcus, Commodus, soll die Kinder der Provinzgouverneure als Geiseln genommen haben, um deren Loyalität zu erzwingen (Herodian. 3,2,4). Das Chaos nach der Ermordung des Commodus mündete dann doch noch in einen Bürgerkrieg zwischen Ost und West. Im Jahre 192 war die Provinz Syria einem Mann namens Pescennius Niger anvertraut worden. Als dieser von stadtrömischem Aufruhr gegen den gerade inthronisierten Didius Julianus erfuhr, fasste er den Entschluss, die Legionen und das Volk im Osten dafür zu gewinnen, ihn selbst zum Kaiser zu machen. Er rief die Truppen aus ganz Syrien in Antiocheia zusammen und hielt eine Rede mit dem gewünschten Ergebnis, dass die Menge ihn zum Augustus ausrief und mit den Insignien des Herrschers ausstattete. Die Kunde verbreitete sich rasch im Orient, Botschaften aus Anatolien und von transeuphratenischen Satrapen und Königen versicherten ihm Unterstützung (Herodian. 2,8,1–8). Doch die Legionen und Gouverneure an Rhein und Donau standen zu dem Afrikaner Septimius Severus, der eine große Armee durch Pannonien nach Italien führte und die Hauptstadt gewann. Es half nichts, dass Julianus die für Prozessionen in der Stadt verwendeten Elefanten zu Kriegselefanten umrüsten wollte in der Hoffnung, sie würden die Illyrer auf der ­Gegenseite in Schrecken versetzen, wie das einst in Anatolien dem Seleukiden Antiochos gegen die Galater gelungen war. Der Senat trat auf Severus’ Seite. ­Didius Julianus wurde im Palast ermordet. Unverzüglich mobilisierte Severus

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

nach kurzem Romaufenthalt Landarmee und Flotte zum Angriff gegen Niger im Orient. Wie viele und welche der im Orient stationierten Legionen auf Nigers Seite in den Kampf eingriffen, ist nicht klar. In Syrien selbst traten junge Männer aus den unteren Klassen scharenweise in die Armee ein. Niger erbat Allianzen jenseits des Euphrat. Der König Armeniens winkte ab. Der Partherkönig Vologaises V. ließ ausrichten, er werde seine Satrapen anweisen, mobil zu machen. Einzig der König von Hatra sandte eine Truppe von Bogenschützen. Bei der Ankunft der Armee des Westens in Asien kochten die lange brodelnden Städterivalitäten in den östlichen Provinzen über, als Erstes in Bithynien, wo Nikomedeia sich Severus andiente, die Rivalin Nikaia auf Nigers Seite trat. Severus’ Truppen umgingen das stark befestigte Byzantion und griffen den Proconsul von Asia, Asellius Aemilianus, bei Kyzikos an. Siegreich trafen sie im Januar 194 n. Chr. am Askanischen See auf Niger selbst und schlugen seine Soldaten in die Flucht.246 Den Unterlegenen blieb nur, ihren Rückzug nach Syrien mit der Befestigung der Taurospässe zu decken. Wieder einmal ist die Kilikische Pforte das Nadelöhr im Kampf zwischen Okzident und Orient.247 Quer durch Galatien und Kappadokien vorgerückt, machen sich die erschöpften Illyrier an die Be­ lagerung der gegnerischen Stellung auf dieser Passhöhe. Als die Besatzer nach Winterregeneinbruch und Überflutungen ihre Positionen räumen müssen, gewinnen die Invasoren den Zugang ins ebene Kilikien. Wie schon die Städte in Bithynien, so dürften die Küstenstädte am Südrand der Tauros-Passstraßen unter Druck geraten sein, sich entweder den Offizieren Nigers zu ergeben (und ihnen Hilfe zu gewähren) oder sich ihnen zu widersetzen. Tarsos scheint zu Niger gehalten zu haben, Anazarbos dagegen nicht. Wie durch ein Vergrößerungsglas gibt uns eine Inschrift aus Syedra den Blick frei auf die dramatische Lage. Es handelt sich um einen Brief des späterhin siegreichen Septimius Severus an die Beamten, den Rat und die Gemeinde der kleinen Stadt 18 Kilometer östlich von Alanya (bei Seki-Köy).248 Wie es sich ähnlich in Kommagene beim Anmarsch der Römer auf Samosata im Jahre 72 zugetragen hat, scheint auch Syedras Bürgerschaft gespalten gewesen sein: Jedenfalls haben sich «frevelhafte und ruchlose Leute» unter Führung eines ortskundigen Mannes namens Super zunächst gegen die Severusanhänger in der Stadt durchsetzen und einen Teil von diesen vertreiben können. Doch erkämpfte sich die unterlegene Faktion wohl unter dem Eindruck des erfolgreichen Vormarsches über den Tauros die Oberhand, und die Vertriebenen kehrten zurück. Mut und Standhaftigkeit der Widerständler werden gelobt, Super und die Kollaborateure der «gebührenden» Strafe zugeführt.

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Auf historischem Schlachtfeld bei Issos fiel die endgültige Entscheidung zu Gunsten des Afrikaners Septimius Severus, der selbst erst später in Syrien eintraf.249 Die Rivalin der syrischen Hauptstadt, das benachbarte Laodikeia, feierte einen denkwürdigen Triumph: Severus wertete sie zur Polis auf und drückte die Weltstadt in den Status eines Dorfes auf deren Territorium hinab. Der olympische Agon Antiocheias wurde unter dem Titel Severeia Olympia Epinikia in die Nähe des Schlachtfeldes bei Issos verlegt. Auch der noch anhaltende Widerstand in Byzanz am Bosporus wurde gebrochen und die stolze Stadt schwer geschändet durch Plünderung und Schleifung der Mauern. Sie verlor wie Antiocheia ihr Stadtrecht und das Territorium wurde der Hauptstadt Thrakiens Perinthos zu­ geschlagen (Cass. Dio 74,10–14). Jenseits des Euphrat weigerten sich die parthischen Vasallen in Adiabene und Osrhoene, ihre Stützpunkte aufzugeben und römische Garnisonen zu akzeptieren. Der neue Kaiser führte das Heer in die Steppe, wo Hitze und Sandsturm den römischen Soldaten zusetzten.250 Nisibis wurde besetzt, und von hier sandte ­Severus drei seiner Generäle zu Expeditionen in feindliches Gebiet. Damals wurde die Teilung Syrias in Syria Phoenice und Syria Coele vorgenommen. Osrhoene, das transeuphratenische Gebiet in unmittelbarer südlicher Nachbarschaft Kommagenes, wurde Syria Coele zugeteilt und einem Procurator, C. Iulius Pacatianus, unterstellt, der die Grenze zwischen Provinzgebiet und dem – erheblich reduzierten – regnum des Fürsten Abgar zog (AE 1984, 919). Östlich der Osrhoene bis zum Tigris entstand die neue Provinz Mesopotamia, als deren erster Statthalter (praefectus Mesopotamiae) der Ritter Titus Subatianus Aquila aus Pompeiopolis (Paphlagonien) in Nisibis eingesetzt wurde.251 Der Grenzraum erhielt unter Severus zu den in Syria Coele mit zwei, Syria Phoenice mit einer, Palaestina mit zwei und Arabia mit einer stationierten drei weitere Legionen mit dem Beinamen Parthica. Die I Parthica war in Singara, die III Parthica bei Rhesaina stationiert. Wie Nisibis, Carrhae und vielleicht auch Amida erhielten beide Garnisonsstädte den Ehrentitel coloniae. Die in der Osrhoene gelegene Stadt Edessa (heute Urfa) und ihr Territorium behielt Abgar, Sohn des Maʿnu, der insgesamt 35 Jahre regierte, von 177 / 8 bis 212.252 Severus kehrte nach dem Sieg über den Gegenkaiser Clodius Albinus bei Lugdunum im Jahre 197 in den Orient zurück.253 Der Partherkönig Vologaises V. stand bereits vor Nisibis, als ihn die Legionen zum Rückzug zwangen. Zum dritten Mal fielen Seleukeia und Ktesiphon in römische Hand, nur Hatra überstand wiederum zwei Belagerungen. Diesmal blieben die Eroberungen jenseits des ­Euphrat stabil, auch nachdem der Kaiser selbst zunächst nach Ägypten weiter­ gezogen und dann nach Rom zurückgekehrt war.254

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Der Sohn und Nachfolger des Severus, Caracalla, setzte 212 den König von Armenien und den Fürsten von Edessa, Abgar Severus, ab, beide wurden unter Vorwand nach Rom einbestellt und arrestiert (Cass. Dio 77,12).255 In Armenien brach Chaos aus. Im Jahre 214 n. Chr. rückte Caracalla zu einem neuen Partherkrieg aus, überquerte den Hellespont und gelangte über Ankyra, Tyana und Tarsos nach Antiocheia.256 Während römische Verbände erfolglos in Armenien operierten, begab sich der Kaiser nach Ägypten (Dezember 215 bis April 216). In Alexandreia scheint wieder einmal eine Bürgerrevolte blutig niedergeschlagen worden zu sein. Hintergründe sind nicht bekannt. Nach Antiocheia zurück­ gekehrt, setzte er eine neue transeuphratenische Offensive ins Werk. Vom Winterquartier in Edessa 216 /17 brach er nach Süden auf und fiel auf dem Weg nach Carrhae am 8. April 217 einem Mordanschlag zum Opfer. Der in Antiocheia zum Kaiser ausgerufene Macrinus, ein Mann aus Caesarea in Mauretanien (heute Marokko), hielt sich nur kurze Zeit. Er erlitt dasselbe Schicksal: Nach einer Niederlage gegen den Parther Artabanos IV. und nach der Erhebung eines Teils der römischen Besatzung Syrias verließ er Antiocheia auf abenteuerlicher Flucht an die Propontis, wo er gefangen genommen wurde. Auf der Rückführung nach Syrien hat man ihn erschlagen (Cass. Dio 78,39). Der Senator Cassius Dio beurteilt die von Septimius Severus jenseits des Euphrat als «Bollwerk» für Syrien reklamierten gigantischen Gebietsgewinne skeptisch. Sie brächten in der Tat nur wenig ein und verschlängen Riesensummen, abgesehen von den dauernden Kämpfen mit Nachbarn der Parther und Meder, die die Römer, statt diesen, nun auszutragen hätten (Cass. Dio 75,3,2–3). In dem Vierteljahrhundert der andauernden Bürgerkriege und Partherfeldzüge der Soldatenkaiser haben die Hauptstraßen durch Anatolien und Syrien / Palästina massive Truppenbewegungen getragen. Die an den Marschrouten gelegenen Städte hatten unter Einquartierungen zu leiden. Besonders im ländlichen Lydien und Phrygien der Provinz Asia häufen sich zu dieser Zeit inschriftliche Zeugnisse, in denen die Landbevölkerung rechtswidrige Übergriffe von Soldaten beklagt und versucht, mit Bittschriften an den Kaiser Abhilfe zu schaffen (OGIS 519, übers. Herrmann):257 «Wir werden wider alle Vernunft erpresst und Requisitionen ausgesetzt von seiten derer, die doch zum Schutz des öffentlichen Wohles verpflichtet wären. […] Denn Kommandeure und Soldaten, dazu hochgestellte Personen aus der Stadt sowie Eure Caesariani [kaiserliche Beauftragte], die den Distrikt von Appia passieren, verlassen die Hauptstraßen, dringen bei uns ein, halten uns von der Arbeit ab, beschlagnah-

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Abb. 41: Mesopotamien westlich von Nisibis

men unsere Pflugochsen, kurz: setzen uns Erpressungen aus, zu denen sie kein Recht haben».

Ob es sich dabei um ein Phänomen handelt, das bereits seit Beginn der Kaiserzeit die Bevölkerung heimsuchte und lediglich erst jetzt durch Aufschrift auf Stein bekannt gemacht zu werden pflegte und so überliefert wurde, oder ob es den Beginn einer Epoche notorischer Gewaltanwendung des Militärs gegen Zivilisten anzeigt, wird in der Forschung kontrovers beurteilt. Die räumliche Konzentration auf ein und dasselbe Durchgangsgebiet  – vergleichbare Zeugnisse aus ­anderen Provinzen sind vereinzelt und rar  – spricht dagegen, eine generelle ­«Militäranarchie» anzunehmen.258 Die nützliche Einrichtung des cursus publicus (siehe oben S. 220) dürfte manchen in offiziellem Auftrag reisenden Amtsträger oder Soldaten auch früher schon in Versuchung geführt haben, von den Anwohnern über das Maß hinaus Leistungen einzufordern.259 Im Zeitalter der Partherkriege von Marcus bis Macrinus hat sich ein Oriens Romanus in die Steppe diesseits und jenseits des Euphrat vorgeschoben (Abb. 41). Die Eliten der längst in Städten lebenden, gleichwohl in zum Teil uralte arabische, mesopotamische und irano-parthische Kulturtraditionen eingebundenen Bewohner öffneten sich zunehmend den sprachlichen, institutionellen und geistigen Einflüssen der römisch-hellenistischen Koine des mediterranen Welt­ reiches. Zwei völlig verschiedene und in dieser Hinsicht doch gleichermaßen

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

aufschlussreiche Beispiele für dasselbe Phänomen, dessen wir schon in der arabischen Königsstadt Petra ansichtig wurden, sind die Städte Palmyra und Edessa. Anders als Ephesos, Antiocheia am Orontes und Alexandreia am Nil haben sie wie Petra trotz einer hellenistischen Vorgeschichte kein mehrheitlich griechisches oder makedonisches Substrat in ihrer Einwohnerschaft. Palmyra ist eines der merkwürdigsten Phänomene der orientalisch-hellenistischrömischen Akkulturation.260 Der semitische Name Tadmor bedeutet vermutlich «Wachtposten». Erwähnt ist er bereits im 2. vorchristlichen Jahrtausend in einer keilschriftlichen Urkunde aus Kārum Kaneš in Kappadokien als Herkunftsort ­eines Puzur Ištar, der als Zeuge in einem Kaufvertrag zeichnete.261 Leute mit d ­ ieser Herkunftsbezeichnung kommen auch in den Keilschrifttafeln von Mari (18. Jh. v. Chr.) und in den assyrischen Annalen von Tiglatpileser (11. Jh. v. Chr.) vor. Dagegen ist die alttestamentliche Erwähnung und Verbindung mit Salomon als Stadtgründer wohl ein Konstrukt aus späterer Zeit.262 Es gibt an Ort und Stelle keinen archäologischen Beweis für Steinarchitektur im Kontext einer nennenswerten Urbanisierung vor dem späten Hellenismus. Und doch ist die Oase mit einer heiligen Wasserquelle seit ältester Zeit eine bedeutende Station im Fernverkehr zwischen dem Golf, Babylonien und der phoinikischen Küste gewesen. Der Name Palmyra hat nichts mit lateinisch palma zu tun. Man hat an eine griechische Dialektform *ptalmur gedacht. Die früheste palmyrenische Inschrift datiert nach der seleukidischen Ära, die in Palmyra durchgängig in Gebrauch bleibt, in das Jahr 269 = 44 /43 v. Chr. Sie erwähnt einen Priester des Bel. Mög­ licherweise verbirgt die planierte Standfläche des Belheiligtums den Ort der ­ältesten Siedlung. Eine Textpassage bei Appian (civ. 5,9,37 f.) berichtet zum Jahr 41 v. Chr. von einem Angriff, den Marcus Antonius auf die Oase unternahm. Die Palmyrener, so heißt es, seien zwischen Römern und Parthern angesiedelt. Sie kauften indische und arabische Waren aus dem Land der Perser und brächten sie zum Verkauf zu den Römern. Der Plünderung hätten sie sich durch Rückzug mit ihrer gesamten Habe über den immerhin 200 Kilometer entfernten Euphrat entzogen. Inschriften aus den 20er Jahren v. Chr. belegen die Namen verschiedener Stämme oder Clans, die in griechischer Übersetzung, erstmals 17 und 24 n. Chr., als phylai bezeichnet sind. Das impliziert wahrscheinlich keine Neuordnung in Bürgerphylen nach griechischem Modell, wie man es aus Anatolien kennt, wo ländliche Gemeinschaften einer bestimmten Region der zum Teil riesigen Stadtterritorien im System der Polisphylen aufgingen.263 In Palmyra scheinen die ursprünglich agnatischen, bestimmte Regionen bewohnenden und sich in eigenen

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Abb. 42: Palmyra, Syrien, Oase mit Bel-Heiligtum, Tripylon, Plateia und Tetrapylon

Heiligtümern versammelnden Stämme wie die bene Maʿziyan, die bene Zabdibol, die bene Komarē oder die bene Mattabol weiter zu existieren, und unter ihnen konnte auch Streit ausbrechen.264 Ende des 2. Jahrhunderts tritt ein Konvent von «die vier Phylen» in Erscheinung, deren Verhältnis zu den übrigen nicht klar ist. Der Natur des Landes gemäß dürfte die wirtschaftliche Grundlage der teilweise nomadischen und halbnomadischen, teilweise sesshaften Stämme Viehzucht, gewiss in geringerem Umfang auch Ackerbau, schließlich der Karawanenhandel gewesen sein, der manche ihrer Familien reich gemacht hat. Vermutlich war die Stadt von Beginn der Kaiserzeit an in die Provinz Syria integriert. Kurz vor 19 n. Chr. errichtete der Kommandeur der Legio X Fretensis im Belheiligtum Standbilder der kaiserlichen Familie,265 und eine Passage des palmyrenischen Zolltarifs erinnert an eine von Germanicus getroffene Verfügung, dass der Zoll auf Schlachtvieh in Denarii berechnet werden solle. In vespasianischer Zeit belegen Meilensteine die Anlage von Pisten an den Euphrat bei Soura und nach Damaskus. Traian rekrutierte berittene Palmyrener in die römischen Auxiliareinheiten: Ala Ulpia dromedariorum Palmyrenorum.266 Anlässlich des Besuches Hadrians 129 n. Chr. nahm die Gemeinde den Beinamen Hadriana an. In der Stadt ist 183 n. Chr. eine Ala Thracum Herculiana stationiert,267 während berittene palmyrenische Einheiten an der Donau, in Ägypten und in der Sahara Dienst tun.

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 43: Palmyra, Tempel des Baʿalšamin

Wohl schon im Laufe des 1. nachchristlichen Jahhunderts und verstärkt im 2. haben die bei der Oase zusammen siedelnden Stammesgruppen es als vorteilhaft angesehen, sich als Polis zu organisieren: Rat und Volksversammlung, Jahres­ beamte, auch Vorsteher von Kultvereinen als symposiarchai treten inschriftlich in Erscheinung.268 Die griechischen Wörter dafür finden als Lehnwörter Eingang ins Palmyrenische: demos (Volk) zu dmws, bule (Rat) zu bwlʾ, grammateus (Sekretär) zu grmṭws, gymnasiarchos zu gmnsyrks, aber auch Wörter für Archiv, Gesetz, Dekret und mehrere Ausdrücke der Architektur.269 Spätestens am Beginn des 2. Jahrhunderts lag das Modell auf breiter Front in unmittelbarer südwestlicher Nachbarschaft mit der Dekapolis und Bosra, der Hauptstadt der neuen Provinz Arabia. Die Polis Palmyra ist unverkennbar eine Assimilation an die römische Welt durch ‹Hellenisierung›.270 Der weitaus größte Teil einer palmyrenischen Bürgerschaft muss längst sesshaft gewesen sein. Verwandtschaftliche Verbindungen mit und friedliche Kontakte zu den Nomaden der Steppe sind nicht auszuschließen, doch erscheinen diese Nomaden aus der Sicht der Palmyrener als Feinde (SEG 7, 139). Im 2. Jahrhundert entfaltet sich eine intensive Bautätigkeit: Die Porticus des Belheiligtums und die Propyläen, die Tempel für Baʿalšamin, Nebo und Allāt in ihrer endgültigen Form, das große Wohnviertel, der erste Abschnitt der Säulenstraße mit dem Tripylon entstanden. Diese das Stadtareal durchschneidende

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Abb. 44: Palmyra, Bel-Tempel

­ lateia mit bis zu 40 Meter Breite ist mit Hallen gesäumt und verläuft in WestP Ostrichtung mit zwei Biegungen, einer scharfen nach Westen am Tripylon und einer leichten in nordwestliche Richtung am Tetrapylon (Abb. 41). Sie war das repräsentative Zentrum der Bürgerelite, die sich mit Standbildern auf den Säulenkonsolen und zahlreichen zweisprachigen Inschriften hier verewigt zur Schau stellte. Das Tetrapylon in der Stadtmitte – hier besser erhalten als ein ähnliches Bauwerk auf der Plateia von Gerasa  – hat eine quadratische Basis, über deren Ecken sich vier Aediculae erheben, jede zu vier Säulen auf einem Sockel aus rötlichem Granit. Zu beiden Seiten der Straße liegen das von einem hufeisenförmigen Platz mit Porticus umgebene Theater, die Agora und die Thermen. An der Nordseite der Straße breiten sich die in einem regelmäßigen Plan errichteten Insulae von Wohnhäusern, größtenteils Peristylhäusern, des 2. Jahrhunderts n. Chr. aus. Den östlichen Rand dieses Viertels markiert das ältere, mit einem ebenfalls im 2. Jahrhundert n. Chr. erbauten Tempel ausgestattete Heiligtum des Baʿalšamin, des «Herrn des Himmels» (Abb. 43). Palmyras Tempel, zum Teil an alten Kultzentren der Stämme errichtet, sind die zweifellos auffälligsten Bauwerke: architektonisch eigentümliche Hybriden griechisch-römischer, mesopotamischer und lokaler Bauweise. Sie waren den ­semitischen Göttern Baʿalšamin, Atargatis sowie der arabischen Göttin Allāt, deren Name die weibliche Form von Allah ist, der babylonischen Gottheit Nebo,

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dem einheimischen Kamel- und Karawanengott Arṣu geweiht.271 «Während et­ liche Gottheiten in mehr als einem Heiligtum verehrt wurden, beherbergten praktisch alle Tempel zugleich mehr als einen Kult.»272 Der größte und wichtigste ist der Bel-Tempel, das Heiligtum für die Kult­ gemeinschaft des Bel – wahrscheinlich zurückgehend auf den Bel-Marduk des Zweistromlandes  –, der Geschwister Aglibol und Yarhibol (Mond und Sonne) und weiterer Gottheiten (Abb. 44). Das gewaltige Bauwerk war 32 n. Chr. eingeweiht worden. Das Temenos umfasst eine Peribolos-Mauer, an deren Innenseite Porticus mit doppelter Säulenstellung ein Rechteck von ca. 205 × 210 Meter bilden. Den Hauptzugang in das Temenos mit Altar, Nebengebäuden und dem Pseudodipteros mit 15 × 8 Säulen gewährte ein Torbau, der in arabischer Zeit umgebaut worden ist. Im Gegensatz zu den griechisch-römischen Tempeln betrat man die langrechteckige Cella des Bel-Tempels über eine Freitreppe und durch ein die Säulenstellung durchbrechendes Tor an der westlichen Längsseite. Das Flachdach über der Halle mit Reihen aus Stufenzinnen über den Längsseiten schmückten Scheingiebel an den Schmalseiten. An den Ecken des leicht erhöhten langrechteckigen Celladaches standen zinnenbekrönte Türme, zu denen Wendeltreppen aus dem Tempelinnern heraufführten. Im Innern des Naos befanden sich die Kultbilder in zwei erhöhten, nischenartigen Räumen (thalamoi) der nördlichen und südlichen Schmalseite. Obgleich in Palmyra der Kaiserkult nachgewiesen ist,273 gibt es keinen Beleg dafür, dass dieser in den Haupttempel der Stadt in erhöhter Lage aufgenommen worden wäre. Die Grabarchitektur ist von derjenigen Petras grundverschieden. Außerhalb der Stadt lagen unterirdische Gräber (Hypogäen), standen Turm- und Tempelgräber der wohlhabenden Familien, ca. 150 sind auszumachen. Die Türme haben in ihrem reich ornamentierten Innern zahlreiche, bis zu 400, Grabplätze (loculi), die mit Ton- oder Steinplatten verschlossen waren. Die aufwendigsten, mit Skulpturen, Sarkophagen und Inschriften ausgestatteten Plätze waren unten. Die Tempelgräber scheinen seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. – vermutlich unter römischem Einfluss – den Türmen vorgezogen worden zu sein. Ein Tempelgrab entspricht im Bauvolumen etwa der Celsusbibliothek in Ephesos. Riesige Sarkophage bilden auf ihren Deckeln in Stein die in kostbare Gewänder gehüllten Angehörigen der Oberschicht ab, Männer und Frauen. Einer der Sarkophage vermag die Selbstdarstellung der einheimischen Aristokratie beispielhaft zu illustrieren (Abb. 45): Auf dem Deckel lagert auf verzierter Matratze und auf ein ebenso verziertes Kissen gestützt der Grabherr in bestickter orientalischer Gewandung, gegürtet und mit Schwert bewaffnet, am Fußende das rundplastisch aufrecht stehende Reittier. Das mit Zierpfeilern gerahmte Bildfeld des

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Abb. 45: Sarkophag in Palmyra

Sarkophags darunter zeigt ihn als mittlere von sieben männlichen Personen und als Einzige mit Toga bekleidet in einer Opferszene, in der von beiden Seiten her Opfergaben herbeigebracht werden. Es ist eine bildliche Synthese römischer nobilitas mit dem prunkenden Reichtum eines arabischen Scheichs. In den Gräbern haben sich durch das trockene Klima einige mumifizierte Leichenreste erhalten, mit ihnen auch Textilfetzen, deren Untersuchung und ­Restaurierung interessante Ergebnisse erzielten: Neben Baumwolle, Wolle und Leinen fanden sich Seidengewebe einheimischer und chinesischer Produktion. Bei dem einheimischen Stoff handelt es sich um in Syrien weiterverarbeitete, aus China importierte Rohseide. Etwa 70 Fragmente, die sich in Webtechnik und Musterung von den westlichen Produkten unterscheiden, stammen aus China – der wichtigste Fund chinesischer Seide aus der Zeit der Han-Dynastie außerhalb Chinas. Die Dekorationsmuster, besonders die floralen Motive, haben eine frappierende Ähnlichkeit mit der Baudekoration in Kassetten oder auf Zierbändern, sowohl an den Grabbauten als auch an öffentlichen Gebäuden.274 Palmyra verdankte seine Entwicklung als Großstadt allein der Position im Fernhandel, und zwar in einer dafür besonders günstigen Zeitspanne. Ein erheblicher Teil des Indienhandels, den wir oben nach dem Zeugnis des periplus Maris Erythraei entlang der von Ägypten ausgehenden Seeroute beschrieben haben, lief über

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

den Hafen von Gerrha am persischen Golf (gegenüber der Insel Bahrain) nach Spasinu Charax an der Mündung von Euphrat und Tigris und von dort h ­ inauf nach Babylon und Seleukeia. Seit Urzeiten folgte der Weg von den Städten Süd­ mesopotamiens nach Nordsyrien dem Euphrattal bis zu jener Flussbiegung, wo der Strom der Mittelmeerküste am nächsten kommt. Dieser Weg führte weitgehend durch besiedeltes Gebiet. Wollte man den Euphrat weiter südlich verlassen, um Anschluss an die Hauptstraße in Küstennähe zu gewinnen, so musste man wüstes Land durchqueren. Die Bewohner der Oasen, die Kenner der Brunnen und Wege dürften davon profitiert haben, den Warentransport durch ihr Gebiet zu leiten. Im 2. Jahrhundert n. Chr. wurde im Indienhandel die Golfroute zu Lande und zu Wasser immer bedeutender, die Frequenz auf der Seeroute um Arabien und die Monsunpassage ließ nach. Die in den Inschriften Palmyras hervortretende Aristokratie bestand überwiegend aus Topmanagern des Fernhandels über die Karawanen- und Seewege. Händler-Collegia in Babylon, Seleukeia am Tigris, Spasinu Charax führten die Geschäfte ihrer in Palmyra ansässigen kapitalkräftigen Patrone. Der Warentransport durch parthisches Land jenseits der römischen Reichsgrenzen wurde auch in Krisenzeiten von den Parthern und ihren Vasallen nicht unterbunden.275 Wichtigste Endstation war der Hafen an der Golfküste in der südmesopotamischen Landschaft Mesene, wo Traian den Indienfahrern nachgeschaut hatte. Das war Parthergebiet, was die Palmyrener nicht hinderte, beste Beziehungen zu den Herrschern zu pflegen. Hier war die Präsenz der Palmyrener am stärksten. Das syrische Perlenlied eines Dichters aus dem Reich der Parther, auf das wir noch eingehen werden (siehe unten S. 290–293), spricht vom «Sammelplatz der Händler des Ostens» und vom «Hafen der Kaufleute».276 Ein Text des Jahres 131 bezeugt, dass der König Meherdates von Mesene (Charakene) die Verwaltung von Tilouana – vermutlich die Insel Bahrain – einem Palmyrener namens Yarhai, Sohn des Nebozabad, mit dem Titel Satrap anvertraute.277 Wenig später ehrte der Rat der Palmyrener einen Mitbürger, der eine Gesandtschaft zu Vorod, den König der Elymais, geführt hatte.278 In der Zwischenstation Vologesias südlich von Babylon am Euphrat errichtete ein gewisser Soades, Sohn des Boliades, einen Tempel für den Kaiserkult. Die Heimatstadt hat ihm zwischen 132 und 146 n. Chr. mehrere Ehreninschriften gesetzt, wo es heißt: «Bei zahlreichen und wichtigen Gelegenheiten hat er edel und freigebig den Händlern geholfen, den Karawanen und Mitbürgern, die in Vologesias waren. Er hat stets sein Leben und seinen Besitz für die Interessen der Vaterstadt riskiert und ist deswegen mit Erlassen und Beschlüssen, mit öffentlichen Standbildern, mit Briefen und einer Anordnung des Publicius Marcellus, unseres ausgezeichneten Herrn und Statthalters,

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

geehrt worden. Er hat auch eine vor kurzem aus Vologesias eingetroffene Karawane aus einer sie akut bedrohenden, großen Gefahr gerettet. Dieselbe Karawane hat ihm seiner Tapferkeit, Großzügigkeit und Frömmigkeit wegen vier Standbilder aufgestellt, eine hier im Tempel des Zeus [?], eine im heiligen Hain, eine im Aresheiligtum und die vierte im Heiligtum der Atargatis, durch Agegos, Sohn des Yarhibol, und Taimarsu, Sohn des Taimarsu, die Karawanenführer. Im Jahr 443, im Monat Peritios.»279

In der anderen280 heißt es: «Er ist auch von den Kaisern Hadrian und dem göttlichen Antoninus geehrt worden […] er ist der einzige der Bürger bis auf den heutigen Tag, den seine Heimatgemeinde für würdig hält, dass ihm vier Statuen im Tetradeion der Stadt, an der Außenseite des Schatzhauses auf den Säulen und drei weitere Gewandstatuen, gestiftet vom Rat und der Gemeinde von Palmyra, in Spasinu Charax, in Vologesias und in der Karavan­ seray von Gennae aufgestellt werden.»

Offensichtlich hat dieser kapitalkräftige Palmyrener außergewöhnliche Mittel aufgewendet, um die Karawanen zu schützen. Die Intervention des Statthalters und des Kaisers zu seinen Ehren deutet darauf hin, dass die römischen Instanzen bis ganz oben an der Sicherheit der Handelswege interessiert waren. In anderen Urkunden wird deutlich, dass die Gefahr von die Steppe durchstreifenden und die Karawanen gelegentlich angreifenden Nomadenstämmen ausging. Eine von strategoi geführte «Miliz», «Irregulars» oder «Wüstenpolizei» in Begleitung der Karawanen ist hinsichtlich ihrer institutionellen Zuordnung umstritten.281 Auf ihre Zugehörigkeit zur römischen Armee deutet nichts. Eine von der Stadt unterhaltene Polizeitruppe ist nicht auszuschließen; die strategoi entsprächen dann etwa den Eirenarchen in Städten Kleinasiens. Möglicherweise handelt es sich aber auch um ad hoc von privater Seite – den Kapitalgebern der Karawanen aufgestellte  – bewaffnete Eskorten. Ein Aelius Bora, der mehrmals die Funktion des Befehlshabers ausgeübt hatte, war nacheinander von zwei römischen Statthaltern und der Heimatstadt eingesetzt worden (SEG 7, 138). Die Epoche der Antoninen ist das goldene Zeitalter der Handelsunternehmen. Etwa 20 solcher Händler-Inschriften, die Hälfte aller bekannten, datieren in die Jahre zwischen 131 und 161 n. Chr. Nicht nur am Karawanen-, sondern auch am Seehandel zwischen Golf und Nordwestindien waren die Unternehmer aus Palmyra aktiv beteiligt. Sogar in Koptos am Nil, wo die in Berenike umgeschlagenen Waren auf dem Fluss nach Alexandreia verschifft wurden, finden wir in einer griechischen Inschrift das Kollegium der Handelsschifffahrer des Roten Meeres von Hadriana-Palmyra.282 Im Jahre 1881 wurde südlich der Agora von Palmyra eine 5 Meter breite Wand

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freigelegt, die mit über 400 Zeilen in griechischer und palmyrenischer Sprache beschriftet war: Es handelt sich um zwei Zolldokumente, erstens ein vom Stadtrat am 18. April 137 n. Chr. erlassenes Zollgesetz, zweitens ein älteres Gesetz, das auf ein Edikt des neronischen Legaten C. Licinius Mucianus, 68 / 69 n. Chr. zurückgeht. Im Präskript wird ausgeführt, dass in früheren Zeiten die meisten Zölle nicht gesetzlich festgelegt waren, sondern nach Konvention erhoben wurden. Da es zwischen Kaufleuten und Steuerpächtern häufig zu Disputen gekommen sei, hätten die städtischen Behörden beschlossen, die auf Grund der gegenwärtigen Konvention bestehenden Zolltarife für jede Güterklasse aufzuschreiben. Als Waren genannt sind Sklaven und Sklavinnen, bei denen die Abgabe pro Kopf veranschlagt ist, Salböl in Alabastergefäßen beziehungsweise in Ziegenhäuten, Olivenöl, Tierfett, Salzfisch, Schlachtvieh, Pinienkerne, Salz, Bronzestatuen mit Abgaben pro Einheit von Kamel- und Maultierladungen. Im Gegensatz zum Zollgesetz der Provinz Asia aus Ephesos enthält diese längste Zollinschrift der antiken Welt ausschließlich Regularien und Tarife eines städtischen Zolls, das heißt einer Abgabe auf Waren, die zur Konsumierung in die Stadt gebracht, oder Produkte der Stadt, die aus ihr ausgeführt wurden. Zu den im Fernhandel an der Reichsgrenze verzollten Luxuswaren wie Edelsteinen und Gewürzen, Perlen, Seide, Weihrauch und Myrrhe, Glas, Keramik etc. finden wir hier keine Angaben.283 Nur ein fragmentarisch erhaltener Text gibt in der palmyrenischen Version einen Hinweis darauf, dass die Ware, die per Schiff von Nordwestindien über die Golfroute hereinkam, auch hier mit 25 Prozent auf den Wert verzollt wurde, exakt in derselben Höhe wie an der Zollstation Alexandreia.284 Wo das geschah, wird nicht gesagt. Wenn es sich, was wahrscheinlich ist, beim Zolleinnehmer um den römischen Fiskus handelt, ist zu erwägen, ob sich am Hafen von Charax eine Station römischer Zollpächter befunden haben kann. Die Herrscher der Charakene könnten davon profitiert haben. In der Epoche der Severer war Palmyra nicht mehr Grenzstadt, sondern nach Einrichtung der Provinz Mesopotamia 198 n. Chr. eine Großstadt der Provinz Syria Phoenice am Kreuzweg der Euphratübergänge bei Soura (Raqqa) und Kirkesion (an der Mündung des Ḫabur). Im Vorfeld liegen Dura Europos, Singara und Nisibis. Zwei Jahre, bevor Caracalla das römische Bürgerrecht auf alle erwachsenen männlichen Reichsbewohner ausdehnte, erhielt Palmyra den Status einer colonia mit ius Italicum. Der Fernhandel wird schwieriger, kommt aber keineswegs zum Erliegen. Der Schutz der Karawanen forderte hohe Kosten. Noch bevor die Palmyrener aus einer chaotischen Lage an der Ostgrenze für kurze Zeit zu Beherrschern des Orients aufstiegen (siehe unten S. 301–303), war der Zenit der wirtschaftlichen Blüte überschritten.

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Mehr als anderthalb Jahrtausende standen die Prachtbauten der reichen Händler mitten in der Wüste aufrecht, bis diese historischen Kostbarkeiten in unseren Tagen einem primitiven Fanatismus großenteils zum Opfer fielen. Den französischen Historiker Paul Veyne hat diese Tragödie veranlasst, ein Büchlein mit dem Titel Requiem für eine Stadt zu verfassen, aus dessen Schlusswort ich zitiere: «Palmyra war anders als alle anderen Städte des Imperiums. Ob die palmyrenische Kunst primitive, orientalische, hybride oder hellenistische Züge trägt, ob die Tempel Fenster haben oder nicht, ob sich die Notabeln griechisch oder arabisch kleiden, ob aramäisch, arabisch oder griechisch und bei wichtigen Anlässen sogar lateinisch gesprochen wird – man spürt immer einen Hauch von Freiheit, von Nonkonformismus, von ‹Multikultur›. Wir erinnern uns: Alles hat sich hier immer gemischt –– Aram, Arabien, Persien, Syrien, Hellenismus, Orient und ­Okzident. Und dennoch ist Palmyra, wie auch das benachbarte Homs, immer es selbst geblieben, nie wurde es in seiner Vielfalt hellenisiert oder romanisiert.»285 Unter den im Osten der heutigen Türkei vorhandenen Großstädten wie Er­ zurum, Malatya, Diyarbakır ist Urfa, das antike Edessa, nahe der syrischen Grenze ein besonders geschichtsträchtiger Ort des römischen Orients. Diese Stadt lag im Fruchtbaren Halbmond zwischen Hügelketten der Taurosausläufer im Norden und der Steppe im Süden, unweit östlich des Euphratübergangs bei Seleukeia /Zeugma, wo sich Hauptstraßen von der Mittelmeerküste in den Iran, den Tigris hinab an den Golf, auf das Hochplateau des westlichen Armenien und weiter ans Schwarze Meer und den Kaukasus kreuzten. Wie in Nisibis, Dura ­Europos, Palmyra überschnitten sich in ihr die großen Kulturkreise, der ira­ nische, semitische und hellenistisch-römische. Im andauernden Spannungsfeld der Großmächte erlitt sie abrupt wechselnde Schicksale.286 Anders als Palmyra geht sie auf eine Diadochengründung zurück: Seleukos Nikator hat an der Stelle die nach einem Ort in der Heimat Makedonien Edessa benannte Niederlassung von Soldaten und Zusammensiedelung mit Einheimischen gegründet. Sie trug eine Zeitlang den Namen Antiocheia. Als in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts das seleukidische Mesopotamien an die Parther verloren ging, etablierten sich lokale Fürsten. Verstreute Nachrichten griechischer und römischer Schriftsteller, Münzprägungen sowie spätantike und mittelalterliche Chroniken in syrischer Sprache liefern das Material zur Rekonstruktion jener langen Reihe von Dynasten, die  – mit signifikanten Unterbrechungen – von 131 v. Chr. bis 248 n. Chr. reicht. Etwa zwischen 33 v. Chr. und 25 n. Chr. nahmen diese Fürsten den Königstitel an. Ihre Herrschaft muss das griechischmakedonische Element der Einwohnerschaft keineswegs vollständig eliminiert

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haben. Doch hat die monarchische Ordnung – wiederum anders als in Palmyra – keine Assimilation an eine Polis-Verfassung aufkommen lassen. Die weitaus meisten Herrscher in dieser Reihe geben durch ihre Personennamen ihre arabische Herkunft zu erkennen. Zehn von ihnen hießen Abgar (gräzisiert: Abgaros oder Augaros), neun Maʿnu.287 Mit den Römern hatte man es schon unter Lucullus, Crassus und Pompeius zu tun bekommen. Bei Traians Ankunft war mit dem Doppelspiel zwischen den Fronten zuerst einmal Schluss: Der König der Osrhoene musste sich dem Princeps als Freund andienen (Cass. Dio 68,21,3). Sich dann doch den im Folgenden aufflammenden Erhebungen gegen die Römer anzuschließen, kostete ihn die Krone: Die Stadt wurde 116 von Lusius Quietus erobert und verblieb in einem Interregnum von etwa fünf Jahren unter einem römischen Klientelkönig Parthamaspates, der nicht der Lokaldynastie angehörte. Mit Maʿnu bar Izaṭ fand diese ihren Fortsetzer als Klientelkönig Roms, der sich auf Münzen als «Römerfreund» betiteln ließ. Doch ist seine insgesamt 40-jährige Regierungszeit von einem partherfreundlichen Usurpator unterbrochen worden, bevor die römische Präsenz das Klientelverhältnis wiederherstellte. Abgar bar Maʿnu (177 / 78–212 n. Chr.) bestieg den Thron in ruhigen Zeiten, stand aber im Bürgerkrieg zwischen Severus und Niger auf der falschen Seite: Der größte Teil seines Reiches wurde Provinz, doch der Sieger beließ ihn als König von Edessa und versicherte sich seiner Loyalität. Als König Abgar VIII. zu ­einem ergebenen Klienten und Freund des Kaisers geworden, durfte er sich sogar mit zeremoniellem Glanz in Rom empfangen lassen und den Titel «der Große» führen. Seine Stadt nahm einen Aufschwung. Eine etwa 540 n. Chr. in Edessa entstandene Chronik in altsyrischer Sprache listet nach Jahren der (312 /11 v. Chr. beginnenden) seleukidischen Ära Ereignisse auf, die für diese Stadt wichtig waren.288 Die Liste beginnt 132 v. Chr. und endet 540 n. Chr. Vor diesen Einträgen, außerhalb der chronologischen Ordnung, steht ein ausführlicher Bericht, der in die Zeit Abgars des «Großen», genauer in das Jahr 201 n. Chr. fällt. Den Text haben auf Anordnung des Königs die Stadtschreiber aufgezeichnet und den Vorstehern des Stadtarchivs übergeben. Es handelt sich um Ereignisse, die in mancherlei Hinsicht an die Heimsuchung von Kleinstädten im Westen Deutschlands 2021 durch eine außergewöhnliche Flutkata­ strophe erinnern, und die, ähnlich verheerend, über die moderne Stadt Urfa im März 2023 hereinbrachen, nur kurze Zeit nach einem der schwersten Erdbeben unserer Zeit. Geschildert wird zunächst, wie eine Quelle innerhalb des Palastes überfloss und dessen Innenhöfe, Hallen und Räume überflutete, wie dann des Nachts ein starker Regen zur unüblichen Jahreszeit den Fluss Daiṣan über die

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Ufer treten ließ und das Wasser sich vor dem mit Eisenplatten geschlossenen Schleusentoren staute, während der König sich in Sicherheit auf den Hügel oberhalb des Palastes begeben hatte. Außerhalb der westlichen Stadtmauer schwoll ein großer See bis zu den Zinnen an und ließ die Flut in die Stadt einströmen (Hallier 1892, 86–88, übers. Hallier): «König Abgar sah von der Höhe des großen sogenannten Perserturms beim Fackelschein das Wasser, und auf seinen Befehl wurden die Tore der acht Schleusen der westlichen Stadtmauer, von welcher her der Fluss fließt, geöffnet; aber in demselben Augenblick durchbrachen schon die Fluten die westliche Stadtmauer, zerstörten den großen und prächtigen Palast unseres Herrn Königs, rissen alles, was ihnen im Wege lag, weg, die schönen und herrlichen Bauten, alles, was dem Flusse im Süden und Norden nahe lag, und zerstörten auch das Heiligtum der christlichen Kirche. Hierdurch kamen mehr als 2000 Menschen um; viele aber von ihnen hatte das Wasser bei Nacht plötzlich im Schlaf überrascht, und sie ertranken. Da nun die Stadt von Jammergeschrei voll war, und der König Abgar die eingetretene Vernichtung sah, befahl er, dass alle Handwerker der Stadt ihre Buden aus der Nähe des Flusses entfernen sollten, und niemand mehr sich an dem Flusse eine Bude baue; und auf den Rat der Ingenieure [Geometer] und Sachverständigen wurden die Buden entsprechend der [natürlichen] Breite des Flussbettes, dessen frühere Maße man noch vergrößerte [wörtlich: so wie die Breite des Flusses war, und sie vergrößerten], errichtet; denn obschon das Wasser reichlich und stark floss, war die Breite des Bettes, welches das Wasser von 25 Bachläufen von allen Seiten her in sich aufnahm, nur klein. König Abgar befahl [ferner], dass alle, die in den Hallen (stoai) längs des Flusses ihr Handwerk trieben, vom Tišrî kedem [Oktober] bis zum Nisân [April] nicht in ihren Buden übernachten, sondern dass fünf von den Polizeisoldaten, welche die Stadt zu bewachen hatten, während der ganzen Winterszeit auf der Mauer, [gerade] über der Stelle, wo das Wasser in die Stadt hineinfließt, übernachten sollten, und wenn sie [es] bei Nacht bemerkt und das Geräusch der sich sammelnden fremden Wassermassen, die in die Stadt zu fließen anfingen, vernommen hätten […] und wenn [überhaupt] irgendwer das Geräusch gehört, aber unterlassen hätte, herauszukommen [mit dem Rufe]: ‹das Wasser [kommt]›, den würde die Strafe treffen für die Vernachlässigung, dass er des Königs Befehl gering geachtet hätte. Und dieser Befehl sollte von dieser Zeit an dauernde Gültigkeit haben. Unserem Herrn aber, König Abgar, wurde auf seinen Befehl ein Gebäude als königliche Winterwohnung auf Beth Tabārā aufgeführt. Dort wohnte er die ganze Winterszeit, und im Sommer zog er in den neuen Palast, der ihm über der Quelle gebaut war. Auch seine Großen errichteten sich Wohnhäuser in der Nähe [wörtlich: Nachbarschaft], wo der König wohnte, an der hohen Straße, die Beth Saḥ­râyê heißt. Damit der frühere Wohlstand der Stadt wiederhergestellt würde, wurden auf König Abgars Befehl die schuldigen Steuern sowohl den Bürgern der Stadt, als auch den Insassen der Dörfer und Gehöfte erlassen, und die [Leistung der] Steuer unterblieb fünf Jahre, bis dass sich die Stadt wieder bevölkert hatte und mit Gebäuden geschmückt war».

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Abb. 46: Urfa, Türkei, Blick von der Zitadelle auf die moderne Stadt

Der Name der heutigen Stadt Urfa geht über das Arabische bis auf den altsyrischen Ortsnamen Orhai zurück. Urfa hat nur noch wenige Spuren aus der Zeit des römischen Edessa bewahrt. Die bedeutendsten muslimischen Heiligtümer im alten Zentrum am Fuße des steilen Felsrückens der Zitadelle stehen wahrscheinlich an der Stelle einstiger Kirchenbauten der christlichen Spätantike. Der Fluss Daişan (altsyrisch: «Springender», «Sprudelnder», griechisch: kallirhoe, der «Schönfließende») ist im Sommer ein Rinnsal, das keinen Gedanken an eine Überschwemmung aufkommen lässt. Die Zitadelle mit den restaurierten Befes­ tigungswerken der «Weißen Hammel» (Ak Koyunlu) trägt noch zwei aufrecht stehende Säulen (Abb. 46), auf deren einer die altsyrische Inschrift besagt: «Ich, Aphtuḥa, der nwhdrʾ [Kommandant?], Sohn des Barsh[elama?], machte diese Säule und die Statue auf ihr für Šalmath, die Königin, die Tochter des Maʿnu, des Thronfolgers, Frau des […] meine Herrin.»289 In Grabhöhlen und -nischen der felsigen Anhöhen westlich davon, vor Jahrzehnten noch Fundort frühchrist­ licher Grabreliefs, syrischer und griechischer Inschriften und herrlicher Mosaiken mit Familienszenen des edessenischen Adels und Darstellungen aus der griechischen Mythologie (siehe unten S. 403 f.), die so gut wie sämtlich verschwunden sind, nisten Ställe und Behausungen der ärmeren Stadtbewohner. Der durch die Flut von 201 beschädigte und wiederhergestellte, von Hallen

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gesäumte Sommerpalast und die Wohnhäuser der Reichen dürften sich im ­Bereich der heutigen Teiche am Fuße der Akropolis befunden haben. Plateia, Hallen, Agora, Theater, Basiliken und Thermen, sogar ein Hippodrom gaben dem Zentrum das Flair einer Großstadt des Oriens Romanus.290 Die Kultlandschaft war ausgeprägt orientalisch: Auch Edessa hatte ein Bel-Heiligtum, neben diesem babylonischen ‹Herrn› wurden die syrische Tarʿaṯa, der Gott Nabu und mehrere Gestirnsgottheiten verehrt. Die Blüte des severischen Edessa unter Abgar VIII. verdankt sich – ganz ähnlich wie tiefer im Süden diejenige Palmyras  – dem Reichtum der führenden ­Familien als Unternehmer im Seidenhandel. Diese bildeten eine weltläufige, bildungshungrige, fremden Einflüssen offene Oberschicht. Ihre Sprache war ein Zweig des Aramäischen, das von den westaramäischen Dialekten verschieden war. In ihrer Stadt wohnten – anders als in Palmyra – größere Gruppen verschiedener Ethnien und Kulturen zusammen: Nachweisbar sind ein iranisches Bevölkerungselement, ein jüdisches und ein arabisches. An der Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert war ein geistiger Schmelztiegel entstanden, der den Verhältnissen in Antiocheia am Orontes nicht unähnlich war. Die altsyrische Sprache der Osrhoene gewann seit dieser Zeit im römischen Orient nach dem Griechischen eine herausragende Sonderstellung, die im Geistesleben Edessas starke Wurzeln hat. Auch eine syrische Epigraphik entwickelte sich im 1. Jahrhundert n. Chr.: Die sicher früheste Steininschrift datiert in das Jahr 73 n. Chr.291 Ob die Inschrift aus Birecik am Euphrat in das Jahr 6 n. Chr. oder erst an den Beginn des 2. Jahrhunderts zu datieren ist, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen.292 Die früheste Kopie eines literarischen Textes liegt in einem in der «bauchigen Schrift» (Estrangela = griechisch: strongyle) geschriebenen Manuskript aus dem Beginn des 5. Jahrhunderts vor, während die frühesten authentischen Texte mit dem Brief Mara Bar Sarapions (oben S. 210–214) wahrscheinlich noch aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., dem Perlenlied aus dem 2. Jahrhundert (?) und dem archivierten Bericht von der Flutkatastrophe des Jahres 201 über­liefert sind. Das älteste so gut wie vollständig erhaltene Buch in syrischer Sprache stammt von einem Autor namens Bardaiṣan («Sohn des [Flusses] Daişan»).293 Sein «Buch der Gesetze der Länder» ist in Dialogform geschrieben  – mit unverkennbarer Anlehnung an die Schriften Platons: Schon der Einleitungssatz assoziiert die Szenerie am Beginn von Platons Politeia: «Vor einigen Tagen gingen wir unseren Bruder Schamaschgeram besuchen, als Bardaiṣan hinzukam und uns dort traf.» Ich-Erzähler ist Philippos, ein Schüler Bardaiṣans. Der philosophisch-aufkläreri-

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sche Charakter dieser Schrift hebt sich von den späteren religiösen Texten in syrischer Sprache merkwürdig ab. Die These des Buches besagt, dass das Handeln der Menschen nicht von den Sternen bestimmt sei, sondern von den je nach Region verschiedenen Gesetzen der verschiedenen Völker. Beispiele reichen von den Bretonen bis zu den Serern. Indern und Serern werden strenge Verbote der Bildnisverehrung, des Tötens und Ehebrechens zugeschrieben, den Persern dagegen, dass Männer sich mit Schwestern, Töchtern und Enkeltöchtern paaren dürfen, was sie auch im Ausland tun. Freizügig leben die Frauen bei den Bak­ triern: Sie tragen kostbare, gold- und juwelengeschmückte Kleider, reiten zu Pferde und lassen sich mehr als die Ehemänner von Sklavinnen und Sklaven bedienen, mit denen sie auch Geschlechtsverkehr haben dürfen, ebenso wie mit Fremden, die ins Land kommen. Dagegen ist so etwas bei Edessenern und Arabern ein todwürdiges Verbrechen. Von den Juden heißt es:294 «Sie pflegten ihre männlichen Kinder am achten Tag nach der Geburt zu beschneiden, ein Gesetz, das sie ausführen, gleichgültig, ob sie in Edom, Arabien, Griechenland oder Persien – mithin unter verschiedenen Gestirnskonstellationen – wohnen. Auch verehrten sie keine Bildnisse. Und an einem Tag von sieben übten sie und ihre Kinder keine Arbeit aus, alle öffentlichen und privaten Geschäfte ruhten, aber am selben Tag empfingen sie, würden geboren, würden krank, stürben, weil diese Dinge nicht in menschlicher Macht stehen.»

Die Natur selbst, nicht nur die Sterne, legt dem Menschen keine Gesetze auf, sie verurteilt niemanden auf Grund seiner Körpergröße, Augengröße oder Hautfarbe.295 Bardaiṣan stammte aus reichem Elternhaus und lebte am Hof Abgars des Großen. Er war Christ und scheint den aus Hierapolis in Phrygien nach Syrien gereisten Bischof Aberkios gegen die in der Stadt mächtigen, als christliche Häretiker bekämpften Markioniten unterstützt zu haben (siehe unten S. 439 f.). Auch zu dem mit Septimius Severus’ Orientfeldzug in die Osrhoene gekommenen und vor­übergehend in Edessa weilenden christlichen Schriftsteller Julius Africanus nahm er Kontakt auf. Mit Caracallas Aufhebung des Königtums verließ er Edessa und verbrachte eine Zeitlang in Armenien. Auf die Römer scheint er nicht besonders gut zu sprechen gewesen zu sein: Sie strebten dauernd, neue Länder zu unterwerfen.296 Zahlreiche weitere Schriften, darunter ein Werk über Indien – er hatte eine von Elagabal empfangene indische Gesandtschaft kennengelernt (Porph., de abstinentia 4,17) –, sind verloren. Die Mit- und Nachwelt hat ihn als gnostischen Häretiker aus der Tradition der christlichen Lehrer ausgeschlossen. In Edessa selbst bestand seine Sekte noch über Jahrhunderte. Die Chronik nennt

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nach dem Herrn Jesus Christus drei Persönlichkeiten der Religionsgeschichte: «Im Jahre 309 [das ist 3 v. Chr.] wurde unser Herr geboren […]. Im Jahre 449 [137 n. Chr.] verließ Markion die Katholische Kirche […]. Im Jahre 465 [153 n. Chr.], am 11. Temmuz [Juli] wurde Bardaiṣan geboren […]. Im Jahre 551 [239 n. Chr.] wurde Mani geboren.»297 Gegen alle drei, Bardaiṣan, Markion und Mani, polemisierte der wohl bedeutendste syrische Theologe Ephraem aus Nisibis (ca. 306–373 n. Chr.) in seinen Refutationen. Spätestens mit diesem ‹Klas­ siker› unter den christlichen Schriftstellern in syrischer Sprache gewinnt die rechtgläubige Kirche in Edessa ihre Vorrangstellung. Die von dem städtischen Zentrum, dem «einzige[n] Mittelpunkt christlichen Lebens, in dem eine andere Sprache als die griechische gesprochen wurde»,298 ausgehende, orientalischchristliche Literatur sui generis ist für die Ausbreitung des Christentums von weltgeschichtlicher Bedeutung. Wann und auf welchem Wege das Christentum in die Osrhoene kam, ist un­ gewiss. Nach Eusebios gab es bereits 190 n. Chr. 18 Bischöfe in der Osrhoene. Im Bericht von der Überschwemmung wird eine Kirche der Christen erwähnt, die schweren Schaden nahm. Auf dieselbe Kirche bezieht sich eine detailreiche und glaubwürdige Angabe in einer syrischen Chronik des 12. Jahrhunderts [CSCO, Script Syr., ser. III 14 (1920); 15 (1917)]. Es heißt, sie sei aus einem prächtigen, aus der Zeit des Seleukos stammenden, mit Marmorsäulen geschmückten Tempel umgebaut worden, indem man die Ostwand durchbrach und hier eine Apsis anfügte, in welche der Altar zu stehen kam. Das Grabepigramm des Bischofs Aberkios von Hierapolis in Phrygien scheint zu bestätigen, dass es in der ganzen Region gegen Ende des 2. Jahrhunderts zahlreiche Christen gab. Der weitgereiste Mann sagt von sich, er habe «Syriens Ebene gesehen und alle Städte bis Nisibis, nachdem ich den Euphrat überschritten hatte. Und überall fand ich Glaubensgenossen.»299 Von herausragender Bedeutung ist eine Passage in Bardaiṣans Buch. Unmittelbar nach der oben zitierten Stelle zu den Juden heißt es: «In Syrien und Edessa pflegten Männer sich für die Göttin Tarʿṯā zu kastrieren. Aber als Abgar, der König, gläubig wurde, befahl er, dass jedem, der sich entmannt, die Hand abgeschlagen werden solle. Und von diesem Tage an bis heute hat sich im Gebiet von Edessa niemand mehr entmannt. Was dann sollen wir im Hinblick auf die neue Rasse sagen, uns selbst, die wir Christen sind […]. Wo immer wir uns aufhalten, wir alle werden nach einem Namen genannt, dem des Messias: Christen.»

Welcher König ist mit diesem Abgar, der «gläubig wurde» (und das heißt hier unmissverständlich: Christ wurde), gemeint?

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Abb. 47: Londoner Manuskript der Doctrina Addai, British Museum, London

Das römische Edessa ist Ursprungsort der – neben Jerusalemer Kreuzessplitter und Stufen der Via Dolorosa – heiligsten Reliquien Christi: des edessenischen Christusbildes – des berühmten Mandylions – und des Briefwechsels zwischen einem König Abgar von Edessa und Jesus Christus.300 Beide sind in feierlichen Translationen von den byzantinischen Kaisern Konstantin Porphyrogennetos 944 und Romanos Argyropulos 1032 mit großem Zeremoniell in die Metropole am Bosporus überführt worden. Das Christusbild gelangte nach der Plünderung von Byzanz durch die Lateiner im Jahre 1204 in den Westen, wo sich seine Spur verliert. Das Schriftstück ist verschollen. Doch zirkulierten im Abend- wie im

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Morgenland Abschriften der Briefe und der sich um sie rankenden Erzählungen. Slawische, arabische, armenische, koptische Übersetzungen der Briefe wurden in der kirchlichen Liturgie wie im Alltagsleben als Schriftamulett gegen Zauber und Schaden aller Art eingesetzt. Syrische und armenische Schriftsteller woben aus dem Stoff die Geschichte von den Anfängen ihrer rechtgläubigen Kirchen. An verschiedenen Orten des frühbyzantinischen Reiches und außerhalb schmückte der Text des Briefwechsels oder der Christusbrief allein die Wände von Kirchenbauten oder Stadttoren – in Edessa selbst die Felswand einer Höhle, die ver­ mutlich als Grabkapelle diente. Bauinschriften fand man in Philippoi, Ephesos, Euchaita in Anatolien und in Nubien. Das syrische Christentum hat seinen Ursprung an diese edessenische Legende von dem Briefwechsel geknüpft. Sie ist ausführlich erzählt in einer syrischen, unter dem Titel Doctrina Addai bekannten Schrift, die in einem St. Petersburger Manuskript des 6. und einem Londoner Manuskript des 5. Jahrhunderts über­ liefert ist (Abb. 47).301 Sie schildert, wie der damalige König von Edessa Abgar Ukkāmā («der Schwarze») von Wunderheilungen Jesu aus Jerusalem Kunde erhält, einen Brief an ihn sendet und eine Antwort mit dem Versprechen empfängt, dass nach der Himmelfahrt einer der Jünger zu ihm kommen und ihn von seiner Krankheit heilen werde, wie dieser Jünger namens Addai in Edessa eintrifft, an den Hof Abgars kommt, heilt, predigt, bekehrt und Wunder wirkt. Das Werk als Ganzes verrät sich durch eine Reihe von Einzelheiten als Konstrukt aus einer sehr viel späteren Zeit. Eine in der Wissenschaft herrschende Auffassung geht davon aus, dass der Briefwechsel wie unzählige andere Fälschungen und Erfindungen erst im christlichen Imperium der nachkonstantinischen Epochen fingiert wurde, zu einer Zeit also, in der man vielerorts in Konkurrenz zu anderen bestrebt war, mit Reliquien und anderen ‹Beweisstücken› einen möglichst frühen Beginn des Christentums bei sich zu reklamieren. Doch die Sache ist vertrackter. Der Kirchenhistoriker des konstantinischen Zeitalters, Eusebios von Caesarea, veröffentlichte seine Historia Ecclesiastica zwischen 311 und 324 n. Chr., etwa ein ganzes Jahrhundert vor der mutmaßlichen Abfassungszeit der Doctrina Addai. Sein Bericht in griechischer Sprache (HE 1,13) stimmt mit dem ersten Teil der Doctrina, der die eigentliche Abgarsage und das Zitat der Briefe enthält, sachlich weitgehend überein. Der Text der Briefe bei Eusebios lautet wie folgt: «Abschrift eines Briefes, den Abgar, der toparches, an Jesus schrieb und ihm durch den Boten Ananias nach Jerusalem überbringen ließ. ‹Abgaros Uchama, der toparches, grüßt Jesus den gütigen Heiland, der in der Stadt Jerusalem erschienen ist. Mir

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ist zu Ohren gekommen, was von Dir und Deinen Heilungen gesagt wird, nämlich dass sie ohne Arzneien und Kräuter von Dir vollbracht werden. Wie die Rede geht, machst Du Blinde sehen, Lahme gehen, reinigst Lepröse und treibst unsaubere Geister und Dämonen aus, und die chronisch Kranken behandelst Du und die Toten erweckst Du. Und da ich das alles über Dich gehört habe, kam ich zu der Überzeugung, es könne nur eine von zwei Möglichkeiten bestehen, dass Du entweder der Gott bist und, vom Himmel herabgestiegen, dies vollbringst oder dass Du Gottes Sohn bist und dies vollbringst. Deswegen also habe ich Dir geschrieben und Dich gebeten, dass Du Dich zu mir bemühst und das Leiden, das ich habe, behandelst. Denn ich habe auch gehört, dass Dich die Juden verleumden und Dir Übles zudenken. Ich besitze eine sehr kleine und ehrenwerte Stadt, die für [uns] beide ausreicht.› Die Antwort von Jesus durch den Boten Ananias an Abgar, den toparches: ‹Selig bist Du, der Du an mich glaubst, obwohl Du mich nicht gesehen hast! Denn es steht über mich geschrieben, dass diejenigen, die mich gesehen haben, nicht an mich glauben werden und dass die, die mich nicht gesehen haben, glauben und leben werden. Worüber aber Du mir geschrieben hast, dass ich zu Dir kommen möge: Ich muss alles vollenden, weswegen ich gesandt wurde, und ich muss, nachdem ich alles vollendet habe, hinauf zu dem zurückkehren, der mich gesandt hat; und wenn ich hinauf zurückgekehrt bin, sende ich Dir einen meiner Jünger, damit er Dir das Leiden kuriert und Dir und den Deinen das Leben gewährt.›»

Auch Eusebios endet nicht mit der Wiedergabe der Briefe, sondern er schließt einen Bericht über das Wirken des Apostels in Edessa an, den er gleichfalls seiner Vorlage entnimmt. Es drängt sich die Frage auf, ob die syrische Doctrina Addai nicht etwa den Wortlaut des Originals enthält, aus dem Eusebios ins Griechische übersetzt hat. Oder trifft genau das Gegenteil zu, dass nämlich der Syrer, der die Doctrina verfasste, einfach den eusebianischen Text aus dem Griechischen in seine Sprache übertrug und ergänzte? Eine besonders schwerwiegende Differenz beider Versionen besteht darin, dass die Doctrina die Antwort Jesu mit einem Satz enden lässt, der bei Eusebios fehlt. Er lautet: «Was deine Stadt betrifft, so möge sie gesegnet sein, und kein Feind möge jemals wieder über sie herrschen.» Hat der Kirchenhistoriker diesen Satz weggelassen und mithin ausgerechnet auf ipsissima verba Christi verzichtet? Oder ist vielmehr davon auszugehen, dass in der von ihm benutzten Vorlage davon gar nichts stand und es erst in eine spätere Version interpoliert wurde?302 Nach dem, was aus dem Neuen Testament und den Apokryphen sonst über Jesu Heilungen, Wunder und Wohltaten bekannt ist, steht das Versprechen, eine Stadt solle durch seinen Segen für immer uneinnehmbar werden, einzig da. Eine solche Erfindung könnte in Edessa Gehör und Glauben gefunden haben, als die Stadt eine akute Bedrohung glücklich, scheinbar wundersam überstanden hatte.

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

Die wiederholten schweren Plünderungen und Verwüstungen Schapurs I. im nördlichen Zweistromland, aber auch spätere Sasanidenvorstöße im 4. Jahrhundert, kommen in Betracht. Bereits im Bericht der Pilgerin Egeria aus Aquitanien, die um 385 n. Chr. zu den heiligen Stätten unterwegs gewesen und in 25 Tages­ reisen von Jerusalem nach Edessa gelangt war, ist der Zusatz vorhanden. Der sie zu den christlichen Heiligtümern und Sehenswürdigkeiten führende Bischof erzählte ihr (Egeria 19,2): «Einige Zeit nachdem damals der König Abgar an den Herrn und der Herr an Abgar durch den Eilboten Hananias zurückgeschrieben hatte, umzingelten die Perser diese Stadt und griffen sie an. Aber Abgar brachte sofort den Brief des Herrn an das Tor und betete dort mit seinem ganzen Heer. Dann sagte er: ‹Herr Jesus, du hattest uns versprochen, dass kein Feind in unsere Stadt eindringe, und siehe, jetzt bekämpfen uns die Perser.›»

Den geöffneten Brief mit den Händen hochhaltend habe er Wunder gewirkt: Finsternis verwirrte die Perser, die sich zurückzogen, nachdem auch eine anschließende Belagerung erfolglos blieb. Das Fehlen des Zusatzes mit dem Versprechen Christi spricht dafür, bei Eusebios die ursprünglichere Version zu vermuten. Doch wo hat er diese Texte her? Was war seine Vorlage? Dazu macht er selbst diese Ausführung: «Man besitzt davon das schriftliche Zeugnis, das genommen ist aus den Archiven (grammatophylakeia) der zur damaligen Zeit von Königen regierten Stadt Edessa. In den dortigen öffentlichen Dokumenten (demosioi chartai), die sowohl die älteren Vorgänge als auch die Ereignisse um Abgar enthalten, findet man auch dies noch bis heute von jener Zeit bewahrt. Nichts aber wäre gleichwertig wie die Briefe selbst zu hören, nachdem sie von uns aus den Archiven aufgenommen und auf folgende Weise in ihrem Wortlaut aus dem Syrischen übertragen worden sind.»

Es handelt sich also um Urkunden aus dem Staatsarchiv von Edessa. Wenn die Dokumente auch nur kurze Zeit im Archiv gelegen haben, kann die Entstehung der Legende und die Niederschrift der Texte, die ihrer Archivierung vorausging, spätestens im 3. Jahrhundert n. Chr. erfolgt sein  – vor der konstantinischen Wende des römischen Weltreiches zum Christentum. Eine Aufnahme in das Staatsarchiv der Stadt Edessa ergibt Sinn, wenn der herrschende Dynast Christ oder doch zumindest den christlichen Glaubensanhängern unter seinen Untertanen besonders gewogen war. Wenn er diese Religion bewunderte und begünstigte und heilige Gegenstände archivierte, wie ja auch der römische Kaiser ­Severus Alexander, im syrischen Emesa aufgewachsen, in sein Lararium in Rom

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außer einer Auswahl Standbilder der vergöttlichten Vorgänger eine Bildsäule Jesu Christi neben solchen von Abraham, Orpheus und Apollonios von Tyana aufnahm, so muss das nicht bedeuten, dass zugleich dem ganzen Staatswesen ein christlicher Stempel aufgedrückt wurde. Hier schließt sich der Kreis zurück zu der Frage, wen der Christ Bardaiṣan mit dem König Abgar meinte, der «gläubig wurde» und verbot, sich zu entmannen. Nach dem Zeugnis des Lukian von Samosata wurde das Ritual der Selbstentmannung von den Galloi, den Priestern der Tarʿāṯā, zu seiner Zeit (2. Jh. n. Chr.) noch praktiziert. Das Verbot dürfte dann erst später erfolgt, und mit Abgar hier kein anderer als Abgar bar Maʿnu, «der Große», angesprochen sein. Alle bisherigen Versuche der Forschung, das Zeugnis zu entkräften, bis hin zu der grundlosen Annahme, der ganze Abschnitt sei von einem Christen viel später in den Bardaiṣan-Text interpoliert worden, schlagen nicht durch. In dem arabischen Dynasten des Kleinkönigreichs im Schatten der Römer, Osrhoene, um 200 n. Chr. können wir den ersten christlichen Monarchen der Weltgeschichte erblicken, etwa ein Jahrhundert früher als der König von Armenien und das Imperium Romanum unter Konstantin dem Großen. Die altsyrische Literatur der nachfolgenden Jahrhunderte ist überwiegend christlich: Bibelübersetzung, Exegese, dogmatische Traktate, liturgische Dichtung, Briefe theologischen Inhalts, Märtyrerakten. Werke profanen Inhalts ­stehen am Rande. Übersetzung aus griechischem Original kommt mehrfach vor.303 Eine ausgesprochene Besonderheit wie die Jesus-Abgar-Korrespondenz ist ein metrischer Text, über dessen zeitliche Einordnung und inhaltliche Auslegung die Meinungen der Wissenschaft auseinandergehen: der sogenannte Hymnus an die Seele oder das Perlenlied. Eingebettet ist der Hymnus in die ursprünglich Ende des 2. oder Anfang des 3. Jahrhunderts verfassten, wohl im 4. Jahrhundert zur überlieferten Version redigierten apokryphen Thomasakten.304 Darüber, dass er älter als die Akten und diesen erst im Nachhinein beigefügt ist, herrscht weitgehend Einigkeit. Die Datierungsversuche schwanken vom vorchristlichen 1. bis ins nachchristliche 4. Jahrhundert. Im Falle einer Frühdatierung stünde der Hymnus als einer der ältesten Texte der syrischen Literatur da. Das Gedicht ist eine Erzählung in Ich-Form. Der Held ist der ältere von zwei Königssöhnen, als Kind von Luxus und Überfluss am Hofe umgeben. Doch die Eltern, das Königspaar, wollen ihn auf eine Mission schicken, fern vom Osten, der Heimat. Das ihn bisher kleidende, von ihnen mit Liebe gemachte Prachtgewand und den – im Syrischen mit einem lateinischen Lehnwort als toga (ṭwg)

Grenzkriege, Bürgerkriege und Grenzstädte von Marcus bis Severus

bezeichneten  – pupurnen Mantel nehmen sie ihm ab und statten ihn für die weite Reise mit Pretiosen als Zahlungsmittel aus: Gold, Silber und Edelsteinen. Sein ihm ans Herz gelegter Auftrag lautet, nach Ägypten zu gehen und die von einer fauchenden Schlange bewachte Perle zu holen. Im Erfolgsfall soll er nach seiner Rückkehr die Prachtkleider wieder anziehen dürfen und mit dem jüngeren Bruder Erbe des Reiches sein. Zwei Boten begleiten ihn auf der beschwer­ lichen und gefährlichen Reise. Er zieht durch Mesene, «Sammelplatz der Händler» (südliches Mesopotamien), zum Land Babel und der (sonst unbekannten) Stadt Sarbug305 hinab nach Ägypten, wo ihn die Wächter verlassen. Bei der Schlange angekommen, richtet er sich neben ihr ein, um abzuwarten, bis sie einschliefe. Den Einheimischen ist er fremd, nur ein Jüngling erkennt in ihm einen Landsmann aus dem Osten, wird ihm vertraut und warnt ihn vor den «unreinen» Ägyptern.306 Um nicht als Fremder aufzufallen, kleidet er sich in der Landestracht. Dennoch erahnen sie in ihm den Ausländer und trachten danach, ihn zu assimilieren. Der Effekt ist, dass er seine königliche Herkunft und seinen Auftrag vergisst, ja, in tiefen Schlaf versinkt. Fern, in der östlichen Heimat, spüren die Eltern seine verzweifelte Lage. Sie rufen die Könige und Fürsten von Parthien (Prtw) und Adligen des Ostens zur Beschlussfassung zusammen: Alle signieren den Brief des Königspaares und des jüngeren Bruders mit ihren Namen; der Brief ist ein Weckruf: Erinnere dich, dass du Königssohn bist, die Perle bringen, dein Prachtkleid mit Toga wieder­ erlangen, ins Buch der Helden aufgenommen und mit dem Bruder im Königreich wohnen sollst! Das Siegel des Königs schützt den Brief auf der Reise vor den «Bösen», den Babyloniern und den «rebellischen Dämonen von Sarbug» (vs. 50). Auf wundersame Weise kann der Brief die Strecke nach Ägypten nicht nur im Fluge zurücklegen, sondern nach Ankunft auch sprechen und Geräusche ­machen, die den Prinzen aufwecken. Beim Lesen kehrt die Erinnerung wieder. Das Aussprechen der Namen des Vaters, der Mutter und des Bruders über der Schlange macht diese nun einschlafen und den Zugriff auf die Perle freigeben. Das schmutzige Kleid der Ägypter abstreifend macht er sich auf den Weg «zum Licht unseres Landes, des Ostens», geleitet vom Leuchten und von der Stimme des Briefes. Sarbug und Babylon lässt er hinter sich und erreicht wieder den ­Hafen der Kaufleute, Mesene. Aus der Heimat, jetzt näher bestimmt mit «von den Höhen Hyrkaniens» (Land am Süd- und Südostufer des Kaspischen Meeres, vs. 73), sind Schatzkämmerer des Königs unterwegs mit dem Prachtkleid und dem pupurnen Mantel. Die Szene der Entgegennahme der Kleidung mit einer Beschreibung des kostbaren Schmucks, des eingestickten und gemalten Bildes des Königs, das Erkenntnis stiften, sprechen und singen kann, der wundersamen

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Form der Gewandung als «Abbild meiner selbst» und das Einswerden im Ankleiden nimmt 26 Verse in Anspruch. Der Heimgekehrte wird, im Lichtglanz des Vaters, am Hofe als Vollender der Mission in alter / neuer Gewandung aufge­ nommen. Hyrkanien, nicht Ktesiphon, als Sitz des Königs der Könige deutet auf eine Handlungszeit in der parthischen Frühgeschichte, nicht jedoch auf die Zeit der Abfassung: Das Gedicht ist erheblich jünger. Der die Handlung in eine gleichsam heroische Vergangenheit zurück projizierende Dichter war jedenfalls Zeitgenosse des römischen Orients: Ein Lehnwort ṭwg (Toga) aus dem Lateinischen dürfte im parthischen Mesopotamien des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. noch nicht verbreitet gewesen sein.307 Andererseits verträgt sich die Geschichte schlecht mit einer Spätdatierung in die Zeit des Sasanidenreiches, scheint also noch vor ca. 250 n. Chr. erdacht worden zu sein: Dafür spricht die dezidiert parthische Kulisse, die ein Zeitgenosse der Sasaniden kaum gewählt hätte. Das mehrfach genannte Mesene als Sammelplatz der Kaufleute des Ostens passt vorzüglich in die Epoche der beiden ersten Jahrhunderte der römischen Kaiserzeit. Die Deutung der Allegorien ist kontrovers.308 Im König der Könige hat man Gottvater oder die göttliche Lichtquelle erblickt. Ihn mit der Königinmutter (Heiliger Geist) und dem jüngeren Bruder (Messias) zusammen als christliche Trinität zu erkennen überzeugt weniger. Die Hauptfigur, der Prinz und Ich-­ Erzähler, ist sowohl Erlöser als auch Erlöster: Seine Mission ist es, die Perle zu befreien, die individuelle Seele, die im Kerker der diesseitigen Welt (Ägypten), vom Bösen (Schlange) bewacht, gefangen ist; der immateriellen Seele gegenüber repräsentieren die Ägypter, in schmutzige, unreine Gewänder gehüllt, anscheinend die leibliche Existenz des Menschen. Zugleich mutiert der Befreier, seiner ursprünglichen Lichtgestalt (Prachtkleid und Toga) entkleidet, vom Licht des Ostens herabsteigend in die irdische Fremde und ägyptisch gewandet, selbst zum beschmutzten Leib, der seine Abkunft und seine Mission vergisst (einschläft). Er muss befreit, erlöst werden. In dem auf wundersame Weise fliegenden und ­sprechenden Brief der Königsfamilie wird man nicht zwingend die christliche Botschaft erkennen, ebenso wenig im Erwachen die Taufe. Die sehr detailliert beschriebene Wiederbekleidung des Heimgekehrten mit den alten Prachtgewändern ist als Verwandlung von einer individuellen zu einer ganzheitlichen Gestalt zu verstehen. Die allegorische Deutung dieser Geschichte kommt mit keiner der theolo­ gischen oder christologischen Lehren zur Deckung und das Gedicht war dementsprechend von verschiedenen Seiten rezipierbar. Es liegt ein zutiefst be­ eindruckendes Zeugnis vor für eine in der hybriden Kulturlandschaft an der

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Der Orient in Rom: Elagabal

Ostgrenze der römischen Welt beheimatete Spiritualität, die sich eindeutiger Zuweisung an jüdisch-christlich, zoroastrisch, manichäisch oder gnostisch entzieht. Ihr Sitz im Leben einer intellektuellen Literaturszene Edessas in der Zeit Abgars des Großen und Bardaiṣans ist sehr gut denkbar. Die Aufhebung des Königtums durch Caracalla währte nur kurz, nach 213 regierten noch vier Könige bis zur Eingliederung auch der Stadt in die Provinz 248 n. Chr. Der Sohn Abgars trug den Beinamen Severus. Die edessenische Oberschicht hatte sich mit dem römischen Reich identifiziert, bevor die Sasa­ niden in ihr Land einfielen.

10. Der Gott vom Berge Der Orient in Rom: Elagabal Der Orient in Rom: Elagabal

In Syrien erhoben sich 218 n. Chr. gegen Macrinus die bei Raphaneai nahe Emesa garnisonierten Soldaten. Daraufhin ergriff eine Frau die Initiative: Iulia Maesa. Sie war die Schwägerin des Septimius Severus, verheiratet mit dem aus Syrien stammenden Senator Iulius Avitus Alexianus von Emesa (heute Homs). Aus den Ehen der Töchter dieses Paares, Iulia Sohaemias und Iulia Avita Mamaea, mit Männern aus der syrischen Elite gingen Söhne hervor, die später beide als Kaiser herrschen sollten: Elagabal (218–222) und Severus Alexander (222–235). Beide waren in Emesa herangewachsen. Der ursprüngliche Name des älteren war ­Varius Avitus. Sein Name Elagabal, ʾLH ʾGBL, bedeutet «Berggott». Die Interpretatio graeca machte daraus einen Sonnengott: Heliogabalos. Der auf der Zitadelle von Emesa beheimatete Gott wurde in Form eines großen schwarzen Steins verehrt, eine Variante des in Syrien auch sonst verbreiteten Kultes von Lokalgöttern in Gestalt von Idolen (baityloi). Der Tempel zog viele Pilger und Stifter kostbarer Weihgaben aus den umliegenden Ländern an, darunter Satrapen und Fürsten aus den transeuphratenischen Gebieten. Der junge Elagabal bekleidete eine priesterliche Funktion. In goldbestickte, pupurne Prachtkleider gehüllt und mit einer edelsteinbesetzten Tiara bekrönt, tanzte er an den Altären zu Flöten, Trommeln und anderen Instrumenten, ein Schaupiel, das sich die römischen Soldaten der nahegelegenen Garnison Raphaneai nicht entgehen ließen. Es gelang seiner bei Emesa auf ihren Landgütern residierenden Großmutter Iulia Maesa, einer steinreichen Lady, den 14-jährigen Jungen mit Betrug und Bestechung bei den gegen Macrinus aufgebrachten Soldaten der Legio III Gallica beliebt zu machen. Sie streute das Gerücht, der schöne Jüngling sei ein leib-

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Abb. 48: Goldmünze (Aureus) Elagabals, geprägt in Antiocheia. – VS: Büste mit Lorbeerkranz – RS: Quadriga mit dem heiligen Stein, von vier Sonnenschirmen umgeben. Inschrift: SANCT DEO SOLI ELAGABAL

licher Sohn Caracallas. Tatsächlich rief man ihn dort im Frühjahr 218 zum Kaiser aus. Nach dem Sieg über Macrinus’ desolate Truppe machten sich die alte Lady und der jugendliche Priester und neue Kaiser mit dem göttlichen Stein im Gepäck auf nach Rom. Schon die Bürger von Nikomedeia an der Propontis durften die seltsamen Riten des bei ihnen über den Winter einkehrenden Syrers bestaunen. Nicht jedem schien das zu gefallen, und die Großmutter wurde besorgt, wie der Junge in Seidenkleidern im Haus des Senats aufgenommen werden würde. Ihr Appell, sich nach Art eines Imperator Caesar Marcus Aurelius Antoninus, wie er jetzt offiziell hieß, aufzuführen, prallte jedoch an dem renitenten Enkel ab, der seinem Gottesdienst alles unterordnete. Der Baal von Emesa erhielt auf dem Palatin einen Tempel, in den die heiligen Gegenstände und Insignien der anderen Gottheiten überführt wurden, um den einen Gott über alle und deren Verehrung in seinen Dienst zu stellen: ne quis Romae deus nisi Heliogabalus coleretur (HA Heliog. 3,4 f.). Der neue Sonnengott wurde mit spektakulärem Zeremoniell und verschwenderischen Opfern angebetet: Um die Altäre tanzten zur Musik phoinikische Frauen und ein effeminierter, geschminkter und in bunte Seidenkleider gehüllter Kaiser, umringt von Senatoren und Rittern in der Aufstellung, wie sie im Theater Platz zu nehmen pflegten (Herodian. 5,5,9). Die auf Münzen abgebildete Prozession des Gottes wurde von

Der Orient in Rom: Elagabal

einem den heiligen Stein tragenden Wagen angeführt (Abb. 48), gezogen von sechs goldgeschmückten Schimmeln, vor denen ihre Zügel haltend und ihnen zugewendet Elagabal selbst rückwärts schritt (Herodian. 5,6,7). Es war, als ob des jungen Octavians Mobilisierung eines römischen Westens gegen ein alexandrinisches Gottkönigspaar nach 250 Jahren von einem massiven Roll-back des Orients heimgesucht würde. Der Gott von Emesa wurde oberster Reichsgott, seine Ehefrau und Beisitzerin die afrikanische Tanit oder Himmelsgöttin (Dea Caelestis). In die altehrwürdige Kaisertitulatur mit Pontifex Maximus fand das Element sacerdos amplissimus dei invicti Solis Elagabali Aufnahme. Doch das Schauspiel des den staatlichen Aufgaben völlig entrückten Kaisers – die Regierung des Weltreiches lag in den Händen der Großmutter Maesa und der Mutter Soaemias – hielt nicht lange an. Innerfamiliärer Zwist und der Überdruss der stadtrömischen Soldaten an den Ausschweifungen des Palastherrn führten zur Inthronisierung des jüngeren der beiden Enkel Iulia Maesas, Severus Alexander. Diesen hatte der Kaiser auf Betreiben der alten Lady Maesa zunächst adoptiert, was er jedoch alsbald bitter bereute. Denn der junge Caesar gewann die Sympathien im Lager und am Hof. Versuche des Kaisers, ihn zu beseitigen, scheiterten am Schutz der Soldaten. Elagabal und seine Mutter Soaemias wurden ermordet, die Leichname geschändet. Die Götterbilder wurden an die Heiligtümer, denen sie entnommen waren, zurückgegeben. Der Stein des Gottes von Emesa kehrte nach Syrien zurück, doch Verehrer hat es weiterhin gegeben: Der spätere Kaiser Aurelian will seinen Sieg über die Palmyrener dem Gott verdankt haben. Die antike Berichterstattung über diesen orientalischen Priesterkaiser ist durchweg negativ. Eine der Hauptquellen, der Geschichtsschreiber Herodian, selbst Orientale, macht keine Ausnahme: Die Translation der emesenischen Religion in die Hauptstadt wird als abstoßendes Spektakel beschrieben. Hinsichtlich der Person des jungen Priesters schwelgt der Autor der Historia Augusta in einer Aufzählung widerwärtiger Perversitäten, die an einen Caligula erinnern (HA Heliog. 18,4–34,7). Was davon historisch ist, übertrieben oder fiktiv, ist schwer zu beurteilen. Es sollte noch ein knappes Jahrhundert dauern, bis eine andere orientalische Religion in der Stadt und der Welt den Sieg davontrug.

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11. Progonikon ktema Zusammenbrüche und Rückeroberungen Zusammenbrüche und Rückeroberungen

Als Alexander Severus in Rom die Decennalia feierte, 230 n. Chr., trafen beun­ ruhigende Nachrichten von den Statthaltern Syriens und Mesopotamiens ein. Ein Clan parthischer Vasallen in der Persis, die sich auf einen Stammvater namens Sāsān zurückführten,309 hatte sich der Oberhoheit des Arsakidenthrones ent­ ledigt: Mit dem Sieg eines mächtigen Fürsten namens Ardaschir (vielleicht der Enkel Sāsāns) über Artabanos IV. war der Titel «König der Könige» auf die neue Dynastie übergegangen, die von da an die Tribute von den ehemaligen parthischen Regionalherrschern einzog. Ein Felsrelief in Naqš-e-Rostam in der Nähe von Persepolis stellt die Investitur Ardaschirs durch den Gott Ahura Mazda dar, mit einer Inschrift in Parthisch, Mittelpersisch und Griechisch (Abb. 49). Die letzte bekannte parthische Münze wurde 228 n. Chr. geprägt. Ardaschir überschritt den Tigris und fiel in Mesopotamia ein. Er betrachtete ganz Asien als angestammten Besitz (progonikon ktema) und soll dies mit Rekurs auf die Geschichte begründet haben: Von Kyros dem Großen bis zum letzten Perserkönig Dareios III. sei das ganze Land bis Ionien und Karien von persischen Satrapen regiert worden. Es sei sein Recht, dieses Reich wiederherzustellen. Der junge Kaiser reagierte zunächst mit Diplomatie und erinnerte seinerseits in e­ inem Brief an Historisches: die Triumphe eines Augustus, Traian, Lucius Verus und Septimius Severus (Herodian. 6,2,2–4). Doch der Sasanide gab nicht nach. Die Garnisonen am rechten Tigrisufer waren zu schwach, ihn aufzuhalten. Nordsyrien und das Zweistromland boten mit ausgedehnten Steppengebieten der mobilen Reiterei der Perser Vorteile, die die römischen Verbände mit flexibler Anpassung ihrer Kampfesweise auszugleichen bemüht waren. So hat man vermehrt Panzerreiter und Bogenschützen in die Auxilia integriert. Zweifellos waren die sasanidischen Reiter in der von den Parthern ererbten Technik bestens geübt. Die persischen Kataphrakten bildeten die Elite und den Kern des Heeres, leichtbewaffnete Reiter stellten die Verbündeten. Als Fußtruppen mit Bogenschützen und Schild- und Speerträgern rekrutierte man die einfache Landbevölkerung. Das aus Plättchen gefügte Panzerkleid der Elitereiter war schwer genug, um beim Besteigen des Pferdes auf Hilfe angewiesen zu sein (Amm. 25,1,12, übers. Wiesehöfer): «An den einzelnen Gliedern waren sie so dicht mit Panzerplatten bedeckt, dass sich die starren Verbindungen dem Gefüge der Glieder anschmiegten, und Nachbildungen menschlicher Gesichter waren so sorgfältig den Köpfen angepasst, dass die Kör-

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Abb. 49: Naqš-e Rostam, Iran, Relief mit Amtseinführung Ardaschirs

per völlig umkleidet waren und auftreffende Geschosse nur dort haften konnten, wo durch schmale Spalten dicht an den Augen ein begrenztes Blickfeld frei ist oder an der äußersten Nasenspitze der Atem nur beengt ausgestoßen wird».

Die in einer Schlaufe am Hals des Pferdes fixierte Lanze trieb der Reiter – die Spitze weit voraus – in vollem Galopp in die feindliche Linie, auf die zuvor ein Hagel von Pfeilen niedergegangen war. Severus brach zusammen mit der Mutter Iulia Avita Mamaea 231 eiligst in den Orient auf und nahm Quartier in Antiocheia. Offenbar mehrere Truppenmeutereien – in Emesa wurde ein Gegenkaiser ausgerufen (Zon. 1,12) – konnten rasch unterdrückt werden. Während Mutter und Sohn in der syrischen Hauptstadt am Orontes weilten, operierten drei aus dem Donauraum aufgefüllte Heeresabteilungen in Medien und Mesopotamien. Die südliche wurde von den Truppen des Königs geschlagen. Das königliche Heer vermochte den Römern hohe Verluste zuzufügen, die zusätzlich im Norden durch den Wintereinbruch, im Süden durch Krankheiten geschwächt wurden. Doch auch die Perser zogen sich stark dezimiert in Auflösung zurück, und der König sah fürs Erste von weiteren Angriffen ab. Als an Rhein und Donau Germanenstämme einfielen und den Kaiser zum Abzug zwangen, versank das ganze Reich im Chaos. Der letzte Severer und seine Mutter Mamaea starben in der Nähe von Mainz eines gewaltsamen Todes. Der

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römische Orient aber stand jetzt schutzlos den Reiterheeren der Perser offen. Belagerte Städte waren auf sich gestellt, von den gut befestigten vermochten ­wenige standzuhalten. Während dieser Ereignisse, zwischen ca. 230 und 235 n. Chr., bahnte sich eine bedeutende Neuerung in der Administration kleinasiatischer Provinzen an: Pontus Mediterraneus und Paphlagonia wurden nicht mehr von den senatorischen Legaten Cappadocias und Galatias beaufsichtigt, sondern, zu einer Doppelprovinz vereint, ritterlichen Präsidialprocuratoren mit dem Titel praeses Ponti Paflagoniae unterstellt. Gegenwärtig kennen wir die Namen von 20 praesides von 78 Meilensteinen. Es sind die Anfänge eines Umbaus, der eine völlig neue Ordnung der Provinzen in diokletianisch-konstantinischer Zeit nach sich ziehen sollte.310 Ardaschirs Sohn Schapur I., der wohl berühmteste Sasanide, erwarb sich den Ruf eines kyrosgleichen Eroberers.311 Ihm gelang es nach 235 n. Chr., in mehreren Kampagnen weite Teile der östlichen Provinzen zu überrennen. Seine Erfolge stellte er in Inschriften und Felsreliefs dar.312 Das berühmteste befindet sich u ­ nterhalb der Achaimenidengräber in Naqš-e-Rostam in der Persis (Abb. 50). Es zeigt den König zu Pferd, vor ihm Valerian stehend als Gefangenen, Philippus Arabs in knieender Haltung demütig um Frieden bittend. Wir können die Ereignisse, die zu der in diesem Bild festgehaltenen Konstellation passen, aus Quellen beider Seiten annähernd rekonstruieren. In unmittelbarer Nähe ist in die Wand eines turmähnlichen Gebäudes der Achaimenidenzeit, Kaʿba-i-Zardušt genannt, der Tatenbericht Schapurs in drei Sprachen: Parthisch, Mittelpersisch und Griechisch, eingemeißelt. Es ist einer der seltenen Fälle, in denen uns die ausführliche Darlegung aus der Perspektive eines Romgegners vorliegt. Nach der Königstitulatur: «Ich, der den Mazda verehrende Herr Schapur, König der Könige von Iran und Nicht-Iran, dessen Vorfahren von den Göttern stammen, Sohn der Mazda verehrenden Göttlichkeit Ardaschir, König der Könige von Iran, dessen Vorfahren von den Göttern stammen, Enkel des Königs Papak, ich bin Herr über Iran und die Länder» folgt eine Aufzählung der Länder auf dem iranischen Plateau, weiter im Osten bis zum unteren Indusgebiet, im Norden Kaukasus und Lazika, ferner Mesene, Assyria, Adiabene, Arabia und auf der anderen Seite des Meeres Oman. Alle diese Länder seien tributpflichtig und ihm untertan. Bei der Darstellung der Kriegsereignisse werden die römischen Kaiser als ­Aggressoren beschuldigt: Gordian Caesar habe in den Reichen der Goten und Germanen Armeen aufgestellt und gegen das Reich Iran geführt. An der Grenze von Babylonien, bei Misikhe, sei es zur Schlacht gekommen, Gordian Caesar sei

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Abb. 50: Naqš-e Rostam, Schapurrelief

geschlagen und getötet worden. Dann sei Philippos Caesar gekommen, um zu verhandeln, habe 500 000 Denare Lösegeld gezahlt und sei tributpflichtig geworden. Daraufhin habe Schapur Misikhe umbenannt in Peroz-Schapur. Aber Caesar habe wieder gelogen und Armenien Unrecht zugefügt. Schapur habe daraufhin das Reich der Römer angegriffen und bei Barbalissos ihre Armee von 60 000 Mann vernichtet. Er habe in ganz Syrien und Umgebung gebrandschatzt und geplündert. Es werden 37 eroberte Festungen und Städte in Syrien und Kappadokien aufgezählt. In einer dritten Kampagne sei Schapur gegen Carrhae (Harran) und Edessa marschiert. Während er die Städte belagerte, habe Valerian Caesar eine Armee von 70 000 gegen ihn herangeführt, in der sich Soldaten folgender Herkunft befanden: Germanien, Raetien, Noricum, Dakien, Pannonien, Moesien, Istrien, Spanien, Africa, Thrakien, Bithynien, Asien, Pamphylien, Isaurien, Lykaonien, Galatien, Lykien, Kilikien, Kappadokien, Phrygien, Syrien, Phoinikien, Iudaea, Arabia, Mauretanien, Rhodos, Osrhoene, Mesopotamia. Über 70 von Schapur eingenommene oder verwüstete Städte werden aufgezählt. Besiegte habe er deportiert in die Persis, nach Parthia, Khuzistan und Babylonien. In allen Ländern habe er Feueraltäre aufgestellt, den Magoi Gunst erwiesen und Weih­ gaben dargebracht. An Ort und Stelle, wo sich die Inschrift befinde, habe er ein heiliges Feuer mit Namen «Ruhm Schapurs» und weitere Feuer zum Ruhme seiner Tochter und seiner Söhne, der eine König von Armenien, ein zweiter König von Mesene, ein dritter König von Sind, Seistan und Turan gegründet. Es folgt

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die Aufzählung von Weihgaben, die für seine Seele und die Seelen einer großen Anzahl genannter Personen zu entrichten seien.313 Zusätzlich verewigte sich an demselben Gebäude der Obermagos des von den Sasaniden zum Staatskult erhobenen Ahura Mazda mit einer Inschrift in Mittelpersisch, in der es unter anderem heißt (übers. Back): «Durch mich ist die zoroastrische Religion gefestigt worden, und die weisen Männer wurden erhoben in Würde und Macht im Reiche. Die Häretiker und die zögernden unter den Magern, die nicht den Vorschriften folgten, wurden von mir bestraft. Sie bekehrten sich und wurden wieder eingesetzt. Und ich ließ viele Feuer und Priesterseminare im Reich Iran gedeihen und auch auf nichtiranischen Gebieten. Es gab Feuer und Mager auf nichtiranischen Gebieten, welche die Armeen des Königs der Könige erreichten: Die Provinzhauptstadt Antiocheia und die Provinz Syrien und die von Syrien abhängigen Distrikte, die Provinzhauptstadt Tarsos und die Provinz Kilikien und die von Kilikien abhängigen Distrikte.»314

Die in einer ersten Kampagne von Schapur eingenommenen Städte Nisibis, Carrhae und Singara konnten von der quer durch Kleinasien herangeführten Armee des Kaisers Gordian III. (238–244) und des Prätorianerpräfekten Timesitheos zurückerobert werden. Von Schapur verschwiegen, siegten die Römer in einer Schlacht bei Resaina. Die folgenden Ereignisse sind unklar. Als Time­ sitheos kurz darauf starb, trat als neuer Präfekt ein Araber aus einem kleinen Städtchen im Hauran, unweit von Bosra, an seine Stelle. Dieser Philippus, «der Araber» (Arabs) genannt, soll durch eine Meuterei von den Soldaten zum Kaiser erhoben, Gordian ermordet worden sein. Über eine Schlacht von Misikhe im Zweistromland 244 n. Chr. schweigt die westliche Überlieferung.315 Gemäß Darstellung seiner am Boden liegenden Leiche auf einem der Felsreliefs Schapurs dürfte Gordian doch von den Persern getötet worden sein. Einer Stelle bei dem Kirchenhistoriker Eusebios gemäß (6, 34, vgl. 39) war Philippus Christ, was jedoch von einem Großteil der Forschung bestritten wird.316 Der neue Kaiser hat von Schapur einen Friedensschluss erkauft. Der Perser stellt ihn auf dem Relief von Naqš-e-Rostam als Bittstellenden dar, der vor ihm niederkniet. Die Szene ist nicht ohne weiteres glaubwürdig. In den späteren römisch-sasanidischen Auseinandersetzungen sollten kaiserliche Geld­ zahlungen für Frieden noch häufig vorkommen. In Rom zog mit Philippus noch im selben Jahr 244 erneut ein Orientale auf dem Palatin ein. Seine Heimatstadt ließ er als colonia Philippopolis gründen und mit Bädern, Theater und Palast prächtig ausbauen. In den Orient ist er nie zurückgekehrt. Anfang der 250er Jahre griffen die Sasaniden in Armenien ein, das Schapur

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eroberte und seinem Sohn Hormizd unterstellte. Als weiter nördlich auch noch Iberia in Besitz genommen war, gab es jenseits des mittleren Euphrat nur noch Feindesland. Um wie viel schlimmer es noch kam, lässt sich aus dem Bericht Schapurs ablesen. Mit der römischen Niederlage bei Barbalissos in Nordsyrien 253 n. Chr. lag die Provinz Syria Coele dem Zangenangriff Schapurs offen. Der im selben Jahr inthronisierte römische Kaiser Valerian (253–260) übernahm die Heeresleitung im Orient und quartierte sich am Euphrat in Samosata ein. Nach fast 300 Jahren stand 253 erstmals wieder ein persisches Heer vor den Mauern der syrischen Metropole Antiocheia am Orontes: Der Historiker Ammianus Marcellinus berichtet, dass die Antiochener gerade im Theater saßen – die Zuschauer mit dem Rücken zum Mons Silpius – und den Auftritt eines Mimen und seiner Frau genossen; diese sah plötzlich Bewaffnete am Kamm des Berges auftauchen und rief laut aus: «Ist es ein Traum, oder sind die Perser hier?» (Amm. 23,5,3). Mehrere Einfälle zwischen 256 und 260 brachten Zerstörungen, Plünderungen und Deportationen mit sich.317 Eine von Schapur mit Deportierten aufgefüllte Siedlung wurde «Das bessere Antiocheia des Schapur» genannt. Um die Stadt Dura Europos wurde 256 n. Chr. erbittert gekämpft, bis auch sie den Persern in die Hände fiel. Der von Schapur geschilderte dritte Feldzug führte ca. 260 n. Chr. im nörd­ lichen Mesopotamien zur Gefangennahme Valerians bei Edessa. Dieser ist auf dem Schapurrelief von Naqš-e-Rostam abgebildet, wie der König ihn mit der Rechten an beiden Handgelenken packt. Das weitere Schicksal des Kaisers ist unbekannt. Die Stadt Edessa selbst vermochte Schapur offensichtlich nicht einzunehmen, dagegen fielen in der Folge verschiedene Heeresgruppen nach Kappadokien ein und marschierten an der kilikischen Küste bis nach Traianopolis voran. Bedeutende Städte wie Tarsos in Kilikien und Kaisareia am Argaios in Kappa­dokien wurden geplündert, ihre Bürger gefangen genommen und verschleppt. Die Gesamtlage kann als ein weitgehender Zusammenbruch der römischen Orientordnung beschrieben werden. Nur noch Inseln römischer Militärpräsenz und Verwaltung hielten Stand. Dem siegreichen Sasaniden Schapur I. sollte im Orient indessen ein gefähr­ licher Gegner erwachsen.318 Während auf römischer Seite die Usurpationen des Macrianus und Quietus gegen Gallienus, den Sohn Valerians, Kräfte band und die Verteidigung schwächte, zog ein energischer Aristokrat der Karawanenstadt Palmyra namens Odainathos die Initiative an sich und errang in kürzester Zeit eine Serie militärischer Erfolge, die in der Herrschaft über ein sogenanntes Sonderreich kulminierten, dem merkwürdigen Zwitter eines orientalischen Königtums und einer römischen Statthalterschaft.

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Aus einer der führenden reichen Händlerfamilien Palmyras stammte der ­Vater des Odainathos, Hairan. Die Familie hatte unter Severus das Bürgerrecht erhalten, und um die Mitte des 3. Jahrhunderts befand sich Hairan im Range ­eines Senators und betitelte sich in Palmyrenisch als reš Tadmôr – «Oberhaupt von Tadmor»; Septimius Odainathos wird in einer griechischen Inschrift des Jahres 258 zusätzlich hypatikos (lateinisch: consularis) genannt, eine übliche Bezeichnung für den Statthalter einer römischen Provinz. Der palmyrenischen Elite müssen die Sasaniden, von den Plünderungen und Brandschatzungen zu schweigen, schon deswegen als schlechtere Alternative zu den Römern erschienen sein, weil sie den Fernhandel, Palmyras Existenzgrundlage, nahezu zum Erliegen brachten. Zugleich machen die von Odainathos und seinen Nachfolgern verwendeten Namen, Titel und Symbole römischer Macht deutlich, wie sehr die Zugehörigkeit zum römischen Reich in dieser Randregion und bei aller Kraft der lokalen Traditionen zur vermutlich einzig vorstellbaren oder einzig wünschbaren Lebenswelt geworden war. Odainathos selbst und sein Sohn Vaballathus betitelteten sich außer als «König der Könige» auch als «Führer der Römer» (dux Romanorum) und «Wiederhersteller des gesamten Orients» (corrector totius Orientis). Noch der Historiker des justinianischen Zeitalters (6. Jh. n. Chr.) Prokopios urteilt: «Dieser Odonathus stellte das unter die Herrschaft der Meder geratene Ostreich wieder her» (BP 2,5,6). Einen ersten Erfolg errang der dem Kaiser Gallienus treue Palmyrener mit der Beseitigung des Usurpators Fulvius Quietus in Emesa. Dann griff er das sasanidische Mesopotamien an, eroberte Carrhae und Nisibis und drang bis nach Ktesiphon vor, ohne es einzunehmen (ca. 261 / 62 n. Chr.). Als er fünf oder sechs Jahre darauf einem Mordanschlag zum Opfer fiel, übernahm seine Witwe ­Batzabbai, besser bekannt mit der griechischen Namenform als Zenobia (ca. 240–ca. 272) die Führung.319 Noch im Todesjahr des Odainathos oder unmittelbar darauf marschierte der palmyrenische General Zabdas an der Spitze einer Armee von 70 000 Palmyrenern, Syrern und anderen Orientalen in Ägypten ein, siegte über die Verteidiger und etablierte eine Garnison. Schließlich nahmen die Palmyrener Antiocheia am Orontes in Besitz, drangen über den Tauros in Kleinasien bis nach Ankyra, ja bis an den Bosporus vor: Chalkedon schloss die Tore bei Ankunft der «Syrer» (Zos. 1,44). Zenobia ließ in Antiocheia Münzen prägen mit Kaiser Aurelian auf der Vorder- und ihrem Sohn L. Iulius Aurelius Septimius ­Vaballathus Athenodorus, rex, consul, imperator, dux Romanorum, auf der Rückseite.320 Zenobia hat den Krieg nicht mehr nur gegen die Feinde Roms, sondern weit in die östlichen Reichsteile hinein getragen. Insofern hat sie ein Sonderreich er-

Zusammenbrüche und Rückeroberungen

richtet. Doch die Eroberungen der Palmyrener trugen nicht die geringste Spur einer nationalen Erhebung gegen Rom wie das bellum Judaicum oder der BarKochba-Aufstand. Stattdessen mündeten die militärischen Erfolge in ein öst­ liches Gegenkaisertum: In der Phase der direkten Konfrontation mit dem Kaiser traten die arabische Herrscherin als Augusta und ihr Sohn als Imperator Caesar L. Iulius Aurelius Septimius Vaballathus Athenodorus Persicus Maximus Ara­ bicus Maximus Adiabenicus Maximus Pius Felix Augustus auf. Die Orientexpedition Kaiser Aurelians 271 / 72 n. Chr., wieder durch Kleinasien auf der Hauptstraße über Ankyra, Tyana und die Kilikische Pforte, machte dem palmyrenischen Sonderreich ein schnelles Ende. Während Aurelian vorrückte, gelang seinem General, dem späteren Kaiser Probus, die Rückeroberung Ägyptens. Die Palmyrener wurden vor den Toren ihrer Stadt geschlagen, der Kaiser zog triumphierend ein. Zenobia überlebte und scheint in römischer Gefangenschaft gestorben zu sein. Ihr Untergang ist in der römischen Überlieferung, insbesondere in der Historia Augusta, von Legende umrankt, die Rede ist von einem Briefwechsel mit dem Kaiser. Eine Rebellion in der Oasenstadt führte zu einem zweiten Angriff mit brutalen Plünderungen und Zerstörungen. Zu den Opfern unter den Notabeln gehört Zenobias Lehrer, der Philosoph Longinos. Palmyra hat sich von diesem Schlag nie wieder erholt. Die reiche, imposante Stadt verkommt nach und nach zum Militärlager und Standort der Legio I Illyrica. Grabhäuser und Tempel werden zu Türmen und Bastionen ausgebaut, viele der öffentlichen Bauwerke hat man als Steinbrüche für die Befestigungsarbeiten genutzt. Der Mauerring ist insgesamt ein Werk der Krisenzeit des 3. Jahrhunderts mit Umbauten und Reparaturen in diokletianischer und justinianischer Zeit. Die Substanz der ganzen Befestigungsanlage mit zahlreichen Turm- und Kasernenbauten sowie die Anlage des großen Lagers geht auf Diokletian zurück. Spätestens im 3. Jahrhundert n. Chr. existierte eine christliche Gemeinde. Ein Kirchenbau ist von der polnischen archäologischen Mission freigelegt worden. Die Konzilsakten von Nikaia 325 n. Chr. nennen Marinus, Bischof von Palmyra. Die heidnischen Kulte enden mit dem ausgehenden 4. Jahrhundert, in der Epoche des 5. und 6. Jahrhunderts erlebt Palmyra eine bescheidene Nachblüte. Prokopios rühmt seinen Kaiser Justinian, in einer seit langer Zeit verwüsteten Stadt sinnvolle Verkleinerungen und Arrondierungen der Befestigung vorgenommen zu haben; auch habe er die Überfälle der Sarazenen eindämmen können (aed. 2,11,10–12). Knapp 80 Jahre später, 634 n. Chr., öffnete Palmyra die Tore für Ḫālid ibn al-Walīd, einen General des Kalifen Abū Bakr.

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Präludien zu den großen Völkerwanderungen des 5. Jahrhunderts kann man in den Vorstößen mehrer Nordvölker aus dem Schwarzmeerraum in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts erkennen: Goten, Heruler und Boraner drangen bis tief ins Innere Kleinasiens vor, plünderten und verwüsteten zahlreiche Städte. Römisches Militär war weitestgehend abwesend. Lokale und regionale Instanzen mussten die Initiative zur Selbstverteidigung ergreifen, wie in Milet der Asiarch Makarios (MS I 132) oder in Side die Bürgerschaft (Dexippos, FGrHist 100 F 29). Ein Brief Gregors des «Wunderwirkers» aus dem Pontos schildert eindrücklich das Chaos, in dem die Bevölkerung alle christlichen Tugenden fallen ließ: Herrenloses Eigentum wurde geplündert oder besetzt, Flüchtigen Gewalt angetan, Landsleute wurden verraten und den Feinden wurden um des eigenen Vorteils willen Dienste angeboten.321 Als Aurelian zu einem erneuten Feldzug gegen die Sasaniden unterwegs in Thrakien war, wurde er ermordet (Frühjahr 275). Sein Nachfolger, Tacitus, starb während einer Kampagne gegen die Heruler kurz darauf in Tyana in Kappa­ dokien. Der folgende Kaiser Probus hatte zunächst im Westen alle Hände voll zu tun. Auch er wurde ermordet, bevor er einen geplanten Krieg gegen die Perser ins Werk setzen konnte. Unternommen hat ihn schließlich der Soldatenkaiser Carus aus Narbo im Jahre 283 n. Chr. Das Sasanidenreich scheint von einem Bruderzwist gelähmt gewesen zu sein. Gegen Bahram II. hatte sich Hormizd er­ hoben und östliche Reichsteile abgespalten. Ohne größere Kampfhandlungen rückte die römische Armee durch Mesopotamien bis nach Ktesiphon vor und besetzte beiderseits des Tigris die sasanidische Hauptstadt ebenso wie Seleukeia. Carus ist in Ktesiphon verstorben, die Umstände bleiben verborgen (HA Car. 8–9,1; Aur. Vict. Caes. 38,4–6; Aur. Vict. epit. Caes. 38,2). Auch die unmittelbaren Ergebnisse dieser römischen Eroberung bleiben unklar. Möglicherweise hat schon Bahram II., der seine Herrschaft wieder stabilisieren konnte, einen Frieden geschlossen, in dem er die römischen Orientprovinzen anerkannte. Von den fast zeitgleich erhobenen Nachfolgern des Carus, Carinus und Numerianus, starb Letzterer im November 284 auf dem Rückmarsch aus dem Orient in der Nähe von Perinthos in Thrakien. Bereits am 20. November 284 war C. Valerius Aurelius Diocletianus in Nikomedeia an der Propontis zum Kaiser ausgerufen worden.322 Von der Ostgrenze trafen beunruhigende Nachrichten ein, nachdem der Sasanide Narseh Armenien besetzt und einen von Diokletian eingesetzten König vertrieben hatte. Während der Augustus selbst 297 einen Aufstand zweier Insurgenten in Ägypten niederschlug und Alexandreia zurückeroberte,323 musste der Caesar Galerius nicht weit von Carrhae, wo sich dereinst die Katastrophe des Crassus abgespielt hatte, eine

Zusammenbrüche und Rückeroberungen

Niederlage hinnehmen. Doch im Jahr darauf wurden die sasanidischen Truppen im armenischen Hochland, nicht weit vom heutigen Erzurum, von ihm so schwer geschlagen, dass Narseh um Frieden bat (Zon. 12,31; Eutr. 9,25). Von diesem Frieden, der 299 in Nisibis (heute Nusaybin) geschlossen wurde, berichtet allein ein fragmentarisch erhaltenes Geschichtswerk des 6. Jahrhunderts von Petros Patrikios (fr. 13–14).324 Große Teile Armeniens fielen an die Römer, die Reichsgrenze wurde an den Tigris vorgeschoben, das Königreich Iberien römische Klientel. Damit hat sich unter der beginnenden Tetrarchie das seit einem halben Jahrhundert von Angriffswellen heimgesuchte und zeitweise im Chaos versinkende Grenzsystem des Oriens Romanus einigermaßen wieder aufgerichtet. Doch hinter den Grenzbefestigungen zwischen Kaukasus und Wüste lauerte das feindliche Großreich auch weiterhin auf Gelegenheiten zu neuen Angriffen. Ein Phänomen, das in diese krisenhaften Jahrzehnte der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts fällt, ist von weitreichender Bedeutung: Das fast vollständige Aufhören der städtischen Münzprägung.325 Bereits seit Beginn der Epoche der Soldatenkaiser gegen Ende des 2. Jahrhunderts war eine schrittweise Reduktion des Silbergehalts der Reichsmünze erfolgt, bis unter Caracalla der Doppeldenar (sogenannter Antoninianus) mit nur noch 3 Prozent Silber überzogen war. Städtisches Kleingeld in Bronze und Kupfer behielt demgegenüber einen stabilen Metallwert, so dass die erheblich entwertete Reichsmünze beim Umtausch in Kursschwierigkeiten geriet. Gegenmaßnahmen wie Aufwertungen des Kupfergeldes blieben wirkungslos, und als letzter Ausweg scheint ein kaiserliches ­Verbot städtischer Münzprägung erfolgt zu sein. Es hat einer welthistorisch beispiel­ losen Geldzirkulation des östlichen Imperiums ein Ende bereitet. Eine Münz­ reform unter Diokletian erfolgte im September 301. Zusätzlich zu Silber- und Goldmünzemissionen war die Versorgung mit kupfernem Kleingeld (nummi) künftighin Sache der Reichsregierung. Sie konzentrierte sich weitgehend auf die Besoldung der Truppen. Im Zeitalter der Tetrarchie begann ein fundamentaler Umbau der Reichsadministration. Anscheinend war Diokletian bestrebt, in den zum Teil ausgedehnten Provinzen mit nur dünner Personaldecke an Reichsbeamten, in denen den verschiedenen Gemeinwesen ein hohes Maß an Selbstverwaltung eignete, die imperiale Aufsicht bis hinab in kleinteilige Gebietseinheiten einzupflanzen (singulis regionibus et paene iam civitatibus incubare – Lact. mort. pers. 7,4). Der erste Schritt dahin war die Zerschlagung von Provinzen. Aus dem frühen 4. Jahrhundert ist eine Liste der neuen, kleineren Provinzen überliefert, der Laterculus ­Veronensis: Er verzeichnet im ganzen Reich 95 Provinzen, eine Verdoppelung

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

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Karte 11: Oriens Romanus: Diözesen und Provinzen ca. 303–324

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Zusammenbrüche und Rückeroberungen

g­ egenüber denen zur Zeit Traians. Der gesamte Osten wurde einem Präfekten unterstellt (praefectus praetorio per orientem) und dieser Großraum in der Folgezeit in drei Diözesen zusammengefasst: Erstens eine ebenfalls als Oriens bezeichnete mit Ägypten, Palästina, Syrien, einem Teil Nordmesopotamiens, Kilikiens und Isauriens im Süden des kleinasiatischen Tauros, zweitens eine als Pontica bezeichnete, die das Gebiet der heutigen Ost- und Nordtürkei zwischen kilikischem Tauros und Schwarzem Meer, Euphrat und Ostufer des Marmarameers umfasste, und drittens eine als Asiana bezeichnete, die das westliche Kleinasien von der Ägäisküste bis in das Seengebiet, von der Südküste des Marmarameeres bis zur pamphylischen Schwemmlandebene, abdeckte.326 Von der Provinz Aegyptus etwa wurden bis 308 die Thebais und Libya abgetrennt, die Restprovinz noch einmal in Iovia und Herculia unterteilt, die aber 324 wieder zusammengelgt wurden. Ein südlicher Teil Arabias mit dem Negev und dem Sinai wurde Palaestina zugeschlagen. Die große Diözese Asiana, weit­gehend deckungsgleich mit der ehemaligen Provinz Asia, war bald darauf in acht Teile zerschlagen, hinzu kamen die Insulae vor der West- und Südküste der heutigen Türkei. Ab 395 gab es fünf Diözesen: Aegyptus wurde von der Diözese Oriens getrennt und als eine eigene vierte, Thracia als fünfte dem Präfekten per orientem unterstellt. An der Spitze der Diözesen stand der vicarius oder vices agens praefectorum praetorio. Nur wenige dieser Beamten sind bekannt. Auf unterster, der Provinzebene, hat man ritterliche Procuratoren, die ja in Ausnahmefällen schon unter dem Prinzipat eine Provinz verwalten durften (Präsidialprocuratoren), mit der Regierung betraut. Eine bis dahin unspezifische und inoffizielle Bezeichnung: «Vorsitzende» (praesides) wurde zu ihrem amtlichen Titel. Allerdings blieben wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel Asia, in senatorischer Hand. Dennoch war das alte Privileg der Senatoren, Provinzen zu regieren und das in denselben stationierte Militär zu kommandieren, so gut wie vollständig beseitigt. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen327 war die neue Provinzen-, Diözesen- und Präfekturregierung zivil. Den praesides oblagen die Rechtsprechung und Finanzverwaltung. Die zur Truppenversorgung und Besoldung der Beamten erhobene Naturalsteuer annona militaris wurde zur Hauptsteuer. Die ursprünglich als Geldabgabe erhobene Kopfsteuer, im regelmäßigen Zensus als capitatio veranschlagt, verschmolz mit der iugatio zur Naturalabgabe. Mit der Bezeichnung «Kopf» (caput) wurden Menschen und Vieh gezählt, erwachsene Männer als ein, Frauen ein ­halbes und Vieh als ein Bruchteil eines caput. Die als «Anspannen» (iugatio) bezeichnete Bemessungsgrundlage, Veranlagung abgabepflichtigen Grundbesitzes nach Größe und Qualität, unterschied für die Grundeinheit eines iugum je nach Anbauart (Getreide, Wein, Öl) kleinere Flächen im Falle hochwertigen und grö-

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 51: Aphrodisias, Türkei, Schautafel mit Liste der Höchstpreise (Auszug)

Zusammenbrüche und Rückeroberungen

ßere Flächen im Falle minderwertigen Landes. Über 90 Prozent des Steueraufkommens wurden in Naturalien erbracht. Hinzu kamen regelmäßig für staat­ liche Instanzen zu erbringende Dienstleistungen (operae), vor allem Einquartierung und Versorgung von Soldaten und Reichsbeamten sowie Bauarbeiten. Die Belastungen der Provinzbevölkerung steigerten sich im Vergleich zur Prinzipatszeit deutlich, besonders betroffen waren leistungsfähige ‹Mittelschichten› der städtischen Grundbesitzer. Superreiche mit Connections haben sich gern durch kaiserliche Privilegierung freistellen lassen. An Stelle kommunaler Aufsicht kontrollierte eine wachsende Bürokratie ziviler Reichsbeamter die Besteuerung. Zunächst unregelmäßig, in Ägypten üblicherweise alle fünf Jahre stattfindende «Ankündigungen» (indictiones) erfolgten ab 312 in einem 15-JahreZyklus.328 Den erhöhten Steuerdruck begleiteten Zwangsmaßnahmen, Requirierungen und Konfiskationen (Lact. mort. pers. 7,4): condemnationes tantum et proscriptiones frequentes, exactiones rerum innumerabilium non dicam crebrae, sed perpetuae, et in exactionibus iniuriae non ferendae. Gegen Ende 301 hat Diokletian versucht, durch ein Gesetz (Lact. mort. pers. 7,6 f.) reichsweit Maximalpreise auf alle Waren und Dienstleistungen festzulegen. Beabsichtigt war zuvorderst, die Soldaten vor Wucherpreisen zu schützen; beim Durchmarsch der Truppen und im Umkreis der Garnisonen dürften in der Tat viele Anbieter die Gelegenheit ergriffen haben, saftige Aufschläge zu kassieren. Diese Tendenz scheint dadurch verstärkt worden zu sein, dass die gesetzliche Münzreform Diokletians den Nominalwert der Gold- und Silbermünze drastisch heraufgesetzt hatte, was an größeren Umschlagplätzen eine Kaufkraftsteigerung bei denen bewirkte, die über Edelmetall verfügten. Die Tarife sind in Stein gemeißelt öffentlich ausgestellt worden, und Fragmente vieler dieser Inschriften aus dem Osten haben sich erhalten. Die längsten Texte stammen aus Aphrodisias und Aizanoi im westlichen Kleinasien. In Aphrodisias haben die amerikanischen Ausgräber direkt am Fundort auf großen Schautafeln die komplett rekonstruierten Listen aufgeschrieben, es sind weit über tausend Preisangaben (Abb. 51).329 Übertretungen sind mit Todesstrafe bedroht worden. Lactantius kritisiert (mort. pers. 7,7), ob dieser Härte seien aus Furcht die Waren aus dem Angebot verschwunden und die Teuerung sei explodiert. Schließlich wurde das Gesetz aufgehoben. Diokletian hat im Osten neue Residenzen mit Palast, Amphitheater, Zirkus und Kasernen prachtvoll ausgebaut. Sein Kritiker moniert (Lact. mort. pers. 7,9): Hic basilicae, hic circus, hic moneta, hic armorum fabrica, hic uxori domus, hic filiae. Im Orient waren Heimstätten seiner Hofhaltung Nikomedeia, sein «neues Rom», und Antiocheia am Orontes. In der Stadt an der Propontis, die an einer

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 52: Qaṣr el-Hallabat, Jordanien

der wichtigsten west-östlichen Militärstraßen lag, beging er 294 das Decenna­ lienfest seiner Regierung. Ein neues Hofzeremoniell scheint sich an persischem Vorbild orientiert zu haben: Der Kaiser selbst im reich ornamentierten Seidengewand und edelsteinbesetzten Schuhen verlangte stets als «Herr und Gott» angeredet und fußfällig begrüßt zu werden.330 Freilich läge ein Vergleich mit einer ‹Orientalisierung› des Hofes wie bei Elagabal ganz fern. Mit seinem Manichäerverbot wollte Diokletian östlichen Einfluss auf römische Sitte und Religion bekämpfen.331 Bemerkenswert ist auch die Bestimmung, alle kaiserlichen Edikte auch im Osten künftighin in Latein zu publizieren.332 Seit den Severern erlebte unter der Tetrarchie die Grenzregion zwischen Schwarzem Meer und arabischer Wüste die stärksten Aktivitäten zum Ausbau der militärischen Infrastruktur.333 An der Ostflanke der Via Traiana waren nach und nach Festungswerke entstanden, von denen nicht wenige noch heute mit aufrecht stehenden Ruinen zu sehen sind: 80 Kilometer südöstlich von Bosra liegt am Nordrand des Wādī Sirḥān Qaṣr al-Azraq; vor den Mauern einer im 13. Jahrhundert ausgebauten Mamelukenfestung, in der sich 1917 Thomas Edward Lawrence einquartierte, sind Umrisse eines römischen Lagers aus severischer Zeit zu erkennen. Nur wenig östlich der Via Traiana zwischen Bosra und Philadelpheia liegt Qaṣr el-Hallabat (Abb. 52). An der Stelle des noch aufrecht stehenden Ummayadenkastells stand ursprünglich wohl eine ebenfalls in severi-

Zusammenbrüche und Rückeroberungen

Abb. 53: Umm al-Dschimal

sche Zeit zurückgehende römische Festung. In den Bau waren zahlreiche Inschriftblöcke mit einem Edikt des byzantinischen Kaisers Anastasios vermauert (siehe unten S. 533–535).334 Die Blöcke sind vermutlich von einem Ort hierher verbracht und wiederverwendet worden, dessen antiken Namen man nicht kennt, dessen archäologische Erforschung aber ein beispielhaftes Bild von der Genese militärisch-ziviler Baugeschichte in der Region bereitstellt: Umm al-Dschimal (Abb. 53). Den ersten Eindruck, den die ausgedehnte Ruinenstätte auf den Besucher macht, hat ein Archäologe so beschrieben: «The site’s dramatic skyline of somber stone at first gives the impression of a bombed-out modern town.»335 Es handelt sich im Wesentlichen um eine große byzantinisch-frühislamische Siedlung mit 150 teils mehrstöckigen Bauten innerhalb eines Mauerrings, in der zahlreiche Privathäuser, 15 Kirchenbauten des 6. und 7. Jahrhunderts, ein römisches Prätorium und eine Kaserne, Zisternen und mehrere Stadttore zum Teil noch aufrecht stehen. Inschriften, die hier gefunden wurden, sind in Griechisch, Lateinisch, Nabatäisch, Safaitisch und Arabisch geschrieben. Die Siedlungs- und Baugeschichte lässt sich wie folgt rekonstruieren: Etwa 200 Meter östlich der ummauerten Stadt lag ein nabatäisches Dorf des 1. Jahrhunderts n. Chr., das in der Zeit der römischen Provinz Arabia bis zu den Sasanideneinfällen des 3. Jahrhunderts besiedelt war und dann zerstört wurde. Ältester Bau dürfte das an der Innenseite

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 54: Betthorus (Lejjun), Jordanien, Grundriss des Legionslagers

der Westmauer gelegene römische Prätorium gewesen sein. Der Kern der östlich davon entstehenden spätrömischen Siedlung war ein um 300 n. Chr. angelegtes castellum, das etwa 100 × 100 Meter Platz zwischen dem Wasserreservoir und einer Ost-Kirche einnahm. Es gehört in den Kontext der diokletianisch-konstantinischen Militärinfrastruktur am limes Arabicus. Im frühen 5. Jahrhundert hat man südlich davon eine wesentlich kleinere Kaserne gebaut. Mit dem Anwachsen einer Wohnsiedlung von 129 Häusern und 15 Kirchen im Laufe des 5. und 6. Jahrhunderts verlor der Ort seinen rein militärischen Charakter. Er überdauerte die arabische Eroberung bis zu einem verheerenden Erdbeben im 8. Jahrhundert. Die verlassenen Ruinen sind zwischen 1910 und 1935 noch einmal von Drusen besiedelt worden. Die römische Armee auf dem Vormarsch legte täglich Lager an, die durch Erdwälle und Holzzäune geschützt waren. Solche zeitlich befristeten Verschanzungen konnten auch für längere Dauer, bei Belagerungen wie in Masada, aufwendiger gestaltet sein. Wegen der rechteckigen Grundrisse mit Türmen an den

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Innenseiten, glatten Außenmauern und abgerundeten Ecken nennt die eng­ lische Forschung die Lager der Prinzipatszeit «playing-card-forts». Diese Form ist in der Spätantike, zur Zeit der Tetrarchie, aufgegeben worden zugunsten rechteckiger Festungen mit vorspringenden Türmen an den Außenmauern. Zu ­diesem Typ gehört el-Lejjun, wenig östlich von Kerak in Jordanien gelegen (Abb. 54). Das römische Lager mit Namen Betthorus aus diokletianischer Zeit ist eine der größten Festungen des römischen Orients mit einer rechteckigen Grundfläche von 242 × 190 Meter. Das Quadermauerwerk hat eine Dicke von 2,40 Meter, an den Ecken befinden sich massive Rundtürme von 19 Meter Durchmesser, aus den Geraden der Außenmauer kragen 20 halbkreisförmige Türme hervor. Im ­Inneren der Festung verlaufen zwei mit den Toren verbundene Hauptstraßen in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung. Um diese gruppieren sich Offiziersquartiere (principia), Mannschaftsbaracken, Bäder, Getreidespeicher. Das Lager konnte eine Besatzung von etwa 1500 Mann aufnehmen. Ein nahegelegenes Bewässerungssystem speist sich aus einer Quelle 300 Meter westlich des Lagers, deren Abfluss durch einen Damm gestaut und in zwei Kanäle eingespeist wurde.336 Eine weitere große, rechteckige Festung von 158 × 139 Meter Grundfläche mit rechteckigen Türmen an den Ecken, daneben eine Siedlung, liegt ca. 55 Kilometer südlich von Amman: Umm ar-Raṣāṣ.337 Das Innere ist heute ein Trümmerhaufen. Klar erkennbar sind Ruinen von später, in byzantinischer Zeit, gebauten Kirchen. Auch diese Stätte ist europäischen Reisenden und Forschern bereits im 19. Jahrhundert als eine antike Siedlung aufgefallen, ihre Identifikation gelang jedoch erst nach den vom Jordanischen Antikendienst und dem Studium Bib­ licum Franciscanum durchgeführten Ausgrabungen seit 1986. Danach hat sich als die herrschende, allerdings auch angezweifelte338 Auffassung durchgesetzt, dass es sich bei Umm ar-Raṣāṣ um das biblisch-moabitische Mefaʿat (Jos 13,18; 21,37; Jer 48,21) handelt. Es ist die vom israelitischen Stamm Reuben in Besitz genommene und von den Moabitern wiedereroberte Stadt, die im Onomastikon des Eusebios (4. Jh. n. Chr.)339 und in den Notitia Dignitatum (5. Jh.) als ein militärisches Fort am Rande der Wüste, in den arabischen Biographien des Propheten Mohammed als Dorf Mayfaʿa (deren Einwohner den vorislamischen Reli­ gionslehrer auf seinem Weg nach Mekka Zayd ibnʿAmr ermordeten) erwähnt ist. Diese Auffassung wird im Wesentlichen durch die am Ort ausgegrabenen Mosaiken einer der Kirchen, der Stephanoskirche des 8. Jahrhunderts, gestützt. Unter der Tetrarchie war die gesamte Region in Unruhe, doch sind wir über militärische Operationen nur wenig unterrichtet. Eine strata Diocletiana führte von Bosra über Palmyra nach Soura am Euphrat. Waffenfabriken entstanden in

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

Abb. 55: Hasankeyf am Tigris, Türkei

Antiocheia, Caesarea und Edessa. Die transeuphratenischen Gebiete erhielten in der Zeit von Diokletian bis zu den Konstantinssöhnen weitere Verstärkung durch eine Reihe bedeutender Festungen: Amida, das heutige Diyarbakır, dessen noch intakte mittelalterliche Befestigungsmauer einen Vorgängerbau aus der Zeit des Constantius besaß; Constantina, später Martyropolis, das heutige Silvan, unweit der mutmaßlichen Lage des einstigen Tigranokerta, trug diesen Namen wohl wegen seiner Befestigung unter Constantius; Kiphas, arabisch Ḥiṣn Kayfā, das heutige, wegen der Flutung seiner historischen Stätten durch ein Stauseeprojekt in die Schlagzeilen geratene Hasankeyf am Tigris (Abb. 55), und Bezabde beim heutigen Cizre waren seit Diokletian befestigte Heerlager. Der wichtigste Hauptort hinter dieser Befestigungskette blieb Nisibis, das heutige Nusaybin. Das von Diokletian geschaffene Sytem der Viererherrschaft ging im Konflikt der Kontrahenten Licinius und Constantinus I. endgültig unter. In der Entscheidungsschlacht am asiatischen Ufer des Bosporus im September 324 n. Chr. siegte Konstantin. Eusebios schreibt am Schluss seiner Kirchengeschichte (HE 10,9, übers. Haeuser): «Konstantin aber, der mächtigste Sieger, ausgezeichnet durch jegliche Tugend der Gottesfurcht, nahm mit seinem Sohn Crispus, dem gottgeliebten Caesar, der dem Vater in

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allem ähnlich war, den Osten in Besitz und schuf so wieder nach alter Weise ein einziges und einheitliches Reich der Römer, in dem sie ringsum alle Lande des Erdkreises vom Aufgang der Sonne bis zum äußersten Westen samt dem Norden und Süden ­ihrem friedlichen Szepter unterwarfen. Genommen war nun von den Menschen jede Furcht vor denen, die sie einst bedrängt. In Glanz und Prunk begingen sie festliche Tage. Alles war von Licht erfüllt.»

Wohl schon zur Zeit der Schlacht hatte sich der neue Alleinherrscher entschlossen, die Stadt am Bosporus zur neuen Reichszentrale auszugestalten. Seine Motive sind umstritten. Erwogen werden der ihm von dem neuen Gott gegebene Sieg an dieser Stelle, die persönliche Distanz zu den altehrwürdigen Zeremonien der Stadt Rom, wo er kurz zuvor wegen seiner «Familienmorde» der Stadtbevölkerung verhasst geworden war.340 Er selbst sagt, auf Geheiß Gottes habe er der Stadt einen ewigen Namen gegeben.341 Die Gründungszeremonie in der «Konstantinsstadt» Konstantinopel fand am 11. Mai 330 n. Chr. statt. Zuvor trieb der Kaiser ein hektisches Bauprogramm voran.342 Die Halbinsel zwischen Goldenem Horn im Norden und Propontis (Mar­ marameer) im Süden ist ein langgestreckter, flach gewölbter Rücken mit Hebungen und Senken, im Süden parallel zum Goldenen Horn vom Tal des Lykos geteilt. Das Stadtzentrum lag an der Spitze der Halbinsel an ihrem östlichen Ufer auf dem «Ersten Hügel», der Akropolis. Nach der Katastrophe, die im Sommer 196 über die Stadt hereingebrochen war, als Septimius Severus ihre Mauern hatte schleifen lassen und ihr das Stadtrecht entzogen hatte, und nach dem darauf folgenden Wiederaufbau besaß Byzantion ein im Wesentlichen auf die severische Zeit zurückgehendes Aussehen. Das Stadtareal wurde durch ­einen neuen, sehr viel umfangreicheren Mauerring beträchtlich erweitert. Privater Häuserbau wurde kaiserlicherseits gefördert. Im alten Zentrum auf dem Ersten Hügel befand sich das Tetrastoon, die von vier Hallen gesäumte Agora. Das bereits von Severus angelegte und von Konstantin jetzt ausgebaute Hippodrom lag ebenso wie der konstantinische Kaiserpalast und die neue, runde Agora (forum Constantini) mit der vergoldeten Bronzefigur des Kaisers auf einer Porphyrsäule in unmittelbarer Nachbarschaft. Ob am severischen Markt, jetzt Augusteion genannt, Tempel für Rheia und für die Tyche Roms errichtet wurden, ist umstritten.343 ­Sicher ließ Konstantin mehrere Kirchen bauen, die Sophienkirche als Vorgängerbau der späteren, justinianischen Hagia Sophia, wenig nördlich davon die Irenen­kirche sowie die von Konstantin als Grabstätte vorgesehene Apostelkirche, so genannt, weil um den eigenen die leeren Sarkophage der zwölf Jünger Jesu aufgestellt waren. «Damit erscheint der Kaiser geradezu als christusgleich.»344 Um seinen Neubauten die Pracht eines Rhome

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II.  Diesseits und jenseits des Flusses

deutera, eines zweiten Rom, zu verleihen, wurden Monumente, Standbilder und Baumaterialien aus Marmor und Bronze von nahen und fernen Orten geplündert. Der Senat von Rom zog nicht an den Bosporus um. Der senatus Constantinopolitanus war lediglich der nach dem Kaiser benannte Stadtrat, kein neuer Senat des Weltreiches. Die künftigen Kaiser nahmen hier Residenz, die Hauptstadt lag nunmehr an der westlichen Peripherie des römischen Orients. In der Geschichte der antiken Welt wird mit der Gründung Konstantinopels ein neues Blatt aufgeschlagen, der Beginn des byzantinischen Jahrtausends. Doch ‹Rom› endet hier nicht, ebenso wenig der ‹römische› Orient. Er lebt weiter auch nach der endgültigen Teilung als ‹Ostrom› in einer noch Jahrhunderte dauernden Transformation der alten Welt in ein christliches Imperium.

III.  Oriens Romanus

1. Regierung und Verwaltung

Regierung und Verwaltung Romanus III.  Oriens

Ende des 1. Jahrhunderts war die römische Herrschaft im Vorderen Orient keine Angelegenheit der Küstenländer rund um das östliche Mittelmeer mehr, das mare nostrum. Sie hatte den Charakter von Brückenköpfen in einer ansonsten von Klientelfürsten regierten Landmasse abgestreift und sich zu einer kohärenten Rechtsordnung entwickelt. Riesige Binnenlandschaften Anatoliens, die fruchtbaren Teile Syriens und Palästinas bis an den Sinai im Süden und tief in die Steppe im Osten waren als Provinzen organisiert. Deren wichtigste Bauteile und Leben spendende Zellen waren die civitates.1 In Rom führte man das Register der Städte und sonstigen untertänigen Gemeinwesen einer Provinz als forma oder formula provinciae. Auf sie haben die Beherrscher ihr rechtliches Regelwerk aufgesetzt, in dessen Rahmen die regionale und lokale Selbstverwaltung der Gemeinwesen eigenen Rechts funktionierte. Die Provinzialen bildeten die schon erwähnten Landtage (koina, Singular: koinon) von Delegierten aus den Städten. An ihrer Spitze standen gewählte Präsidenten und Oberpriester. Die Koina organisierten nicht nur den zentralen Kaiserkult der Provinz,2 sondern nahmen auch Funktionen bei der Steuereinziehung wahr und schickten Abordnungen nach Rom, um Beschwerde über schlecht regierende Statthalter zu führen. Wann immer im Orient eine neue Provinz gebildet wurde, hat sich bald darauf ein solcher Landtag konstituiert, außer in Ägypten und Iudaea.3 Für einen Landtag der 106 n. Chr. unter Traian eingerichteten Provinz Arabia gibt es kein Zeugnis. Man hat diese Landtage als Volksvertretungen verstanden, was durch die Bezeichnung ethnos für das lykische Koinon zum Ausdruck kommt und auch die Titu­ latur der Präsidenten widerspiegelt: Bithyniarches, Pontarches, Paphlagoniarches, Galatarches, Kappadokarches, Lykiarches, Pamphyliarches, Armeniarches, Syriarches, Phoinikarches.4 Der aus Italien für ein oder wenige Jahre in den Orient versetzte Statthalter führte ein kaiserliches Rahmenregelwerk, die schriftlichen mandata, mit sich. Es ist allgemein bekannt, dass die personelle Ausstattung eine engmaschige Beaufsichtigung seiner Provinz kaum gestattete. Die Oberaufsicht, die er übte, be-

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ruhte zuvorderst auf seiner persönlichen Rundreise zu den Gerichtsorten (conventus), und seine Regierung stellt sich oft als ein Reagieren auf das dar, was er vorfand oder ihm als einer den städtischen Gerichten und Behörden übergeordneten Appellationsinstanz zugetragen wurde. Gewiss ergriff er auch Initiative zur Beseitigung von Missständen und zur Förderung des Wohlergehens der Provinzialen. Wem Ungerechtigkeit widerfuhr, dem sollte Gehör geschenkt werden. Ein Präfekt von Aegyptus, Sempronius Liberalis, fand bei seiner jährlichen Gerichtsreise in Unterägypten zahlreiche Bauern vor, die Land gepachtet und zu dessen Bewirtschaftung in der Hoffnung, dass es sich in den folgenden Jahren der Pachtperiode amortisieren werde, schon einiges investiert hatten, als sie plötzlich von Leuten mit dem Gebot von Zuschlägen auf die Pachtsumme übervorteilt und vom Land vertrieben wurden. Der Erlass einer allgemeinen Regelung schob solchem Missbrauch einen Riegel vor.5 Die einzelnen Gemeinden haben ihre Angelegenheiten sowohl am Conventusort als auch durch Gesandte an den Amtssitz des Statthalters oder direkt an den Kaiser in Rom vorbringen können. Zivile Amtsträger standen nicht viele an des Statthalters Seite, von den senatorischen Stellvertretern (legati) der Proconsuln über ritterliche Procuratoren, Beisitzer und Berater bis zu Sekretären (tabularii) und Boten (tabellarii). Jedenfalls existierte – von Sonderfällen wie den curatores und correctores im Finanz­ wesen abgesehen – kein ständiger römischer Behördenapparat in den einzelnen Städten. Die imperiale Administration bildete eine dünne Kruste, mit der die meisten Provinzbewohner selten in Berührung kamen. Selbst die Steuerschätzung und Steuererhebung für den römischen Fiskus führten vor Ort Spezial­ beamte der Stadträte durch. Die berüchtigten Steuerpächtergesellschaften aus Italien (societates publicanorum) waren längst abgeschafft. Wenn man um das Jahr 100 durch Kleinasien oder Syrien reiste, konnte es sein, dass man überhaupt keinem aus dem Westen hierher versetzten ‹Römer› begegnete. Ein Sonderfall sind die römischen Kolonien, von denen es verschiedene ­Typen gab. Die ältesten gehen in die Zeit des Hellenismus zurück wie Apameia am Marmarameer oder Herakleia und Sinope am Schwarzen Meer.6 Auf dem anatolischen Plateau kamen eine ganze Reihe im Zeitalter des Augustus hinzu, darunter Antiocheia in Pisidien und Ikonion (heute Konya), noch im 1. Jahrhundert n. Chr. in Syrien / Palästina Jerusalem und Caesarea. Eine lex coloniae und der Decurionenrat mit Zwei-Mann-Ausschuss an der Spitze (Duovirat) sowie Magistraturen nach westlichem Muster unterschieden die aus Veteranen bestehenden Gemeinwesen von den Poleis. Amtliche Dokumente waren lateinisch verfasst. Doch auch in den Kolonien lebten nicht nur römische Bürger.

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Außerdem haben Kaiser späterhin den Status einer colonia quasi ehrenhalber an Städte verliehen, ohne dass damit eine Ansiedelung von Veteranen verbunden war.7 Die Sprache der Beherrscher – Latein – spielte im ganzen Orient außerhalb der Truppenstandorte, der römischen Veteranenkolonien und der Statthalterresidenzen (capita provinciae) eine untergeordnete Rolle.8 Die an den Hauptstraßen über Land aufgestellten Meilensteine sind als spezifisches Medium imperialer Administration keine Größe in einer vergleichenden Statistik griechischer und lateinischer Inschriftenfunde. In der städtischen Epigraphik machen, wo wir größere Sammlungen besitzen, die lateinischen Inschriften 2–10 Prozent aus. Die Verleihung des römischen Bürgerrechts war nicht an die Voraussetzung latei­ nischer Sprachkenntnisse gebunden, und viele Inhaber dieses Rechts sprachen kein Latein. Wenn die Provinzialen ihrem Statthalter oder dem Kaiser ein Ehren­ monument mit Inschrift errichteten, schrieben sie meistens Griechisch, manchmal – aus besonderer Ehrerbietung – Latein. Von Rom in die Provinzen über­ mittelte kaiserliche Anordnungen, in einigen Städten in Stein gemeißelt, waren lateinisch verfasst, wenn sie sich hauptsächlich an senatorische und ritterliche Amtsträger oder Soldaten richteten. War ihr Inhalt von allgemeinerem Interesse, wie zum Beispiel das berühmte Zollgesetz der Provinz Asia in Ephesos, hat man bereits in der Hauptstadt am Tiber eine griechischsprachige Version angefertigt. Sämtliche römischen Rechtsdokumente der Provinz Aegyptus auf Papyri sind griechisch. Natürlich kommunizierten Soldaten und Reichsbeamte aus dem Westen untereinander oder mit Rom in ihrer Muttersprache. Ein schönes Beispiel aus Ägypten gibt das Protokoll eines Verhörs vor dem Statthalter (P. Lips 40): Dieser spricht in der Verhandlung Griechisch, bedient sich aber des Lateins, wenn er sich an sein Officium wendet. Von nirgendwo sonst im Reich verfügen wir über ein vergleichbar wertvolles Dokument über die alltägliche Realität der Regierung einer Provinz wie aus Pontus et Bithynia im Norden Kleinasiens.9 Es ist uns mit dem Briefwechsel des K ­ aisers Traian und seines Statthalters erhalten, selbstverständlich in Latein, veröffentlicht im 10. Buch der Briefsammlung des Senators und Schriftstellers C. Plinius Caecilius Secundus aus Comum. In knapp zwei Jahren hat dieser Mann aus der Provinz 61 Briefe an Traian geschrieben und 48 Antworten erhalten. Die Überlieferung dieser Korrespondenz verdanken wir ihrer literarischen Karriere. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass sie nur die Spitze eines Eisberges ist, dass viele andere existierten, die nicht den Weg in die Literatur fanden. Man kann mit Blick auf die Repräsentanten der kaiserlichen Weltherrschaft

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in den über 40 Provinzen des Reiches nicht genug betonen, dass literarische Bildung bei den meisten eine wesentliche ihrer Eigenschaften war.10 Plinius ist da keine Ausnahme. Der dem Ritterstand angehörende Vater war früh verstorben, der Junge war von seinem Onkel, dem «älteren» Plinius, der 79 beim Vesuvausbruch umkam, adoptiert und erzogen worden (Plin., epist. 6,16. 20). Mit 14 soll er eine griechische Tragödie geschrieben haben. Nach einem Studium in Rom bei dem Rhetoriklehrer Quintilian und dem griechischen Rhetor Niketes hat er mit 19 Jahren eine Karriere als Advokat begonnen. Es ist interessant, die sena­ torische Laufbahn des jungen Mannes mit der zweier enger Freunde zu vergleichen, die wir aus Inschriften und literarischen Zeugnissen näher kennen: Pompeius Falco und Calestrius Tiro (bes. epist. 7,16). Alle drei begannen als Mitglied zehnköpfiger Richterkommissionen in Rom.11 Ihre ersten Auslandsposten waren Militärtribunate im Führungsstab einer Legion: Plinius in Syrien bei der III Gallica, Calestrius in Singidunum (heute Belgrad) bei der IV Flavia Felix, Pompeius in Noviomagus (heute Nimwegen) bei der X Gemina. Schon während seines Tribunats hat der Mann aus Comum offenbar lieber die Vorlesungen berühmter Philosophen in Antiocheia besucht (epist. 1,10 und 3,11) als militärische Aufgaben zu übernehmen und selbst diese bestanden für ihn teils nur darin, die Rechnungsbücher der Hilfstruppen zu prüfen (epist. 7,31). Stadtrömische Quästur, Volkstribunat und Prätur folgten in wenig unterschied­ lichen zeitlichen Abständen. Für Plinius war damit jedoch die militärische Karriere vorbei. Während er Vorsteher zweier Staatskassen in der Hauptstadt wurde und schließlich, 100 n. Chr., mit dem Suffektkonsulat zwar die Freunde überholte, hatten Calestrius und Pompeius Legionskommanden in Carnuntum (unweit von Wien) und Oescus an der unteren Donau bekleidet. Die beiden regierten auch ihre jeweils erste Provinz einige Jahre früher als Plinius die seine. Von Hadrian mit der Regierung Britanniens betraut und mit dem Prokonsulat der Provinz Asia auf die Spitze seiner Laufbahn gelangt, dürfte Pompeius Falco in allen Erfordernissen der römischen Weltherrschaft, militärisch wie zivil, der Erfahrenste geworden sein. Kaiser Traian hat den damals etwa 50-jährigen Plinius um 110 n. Chr. zum Legaten der großen Doppelprovinz am Schwarzen Meer bestimmt und diese ­Ernennung durch Senatsbeschluss bestätigen lassen. Sein offizieller Titel lautete: Legatus pro praetore provinciae Ponti et Bithyniae consulari potestate in eam provinciam ex senatus consulto missus ab imperatore Caesare Nerva Traiano Augusto Germanico Dacico (ILS 2927). Es war das letzte Amt vor seinem Tod. Von seiner dritten Ehefrau Calpurnia Hispulla in den Orient begleitet, residierte Plinius in Nikomedeia (heute İzmit) an der Propontis. Er hatte das

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­ ommando über zwei Auxiliarkohorten und vielleicht auch über einen Teil der K Schwarzmeerflotte (classis Pontica). Seine Soldaten und Abordnungen der Provinzialen – commilitones cum provincialibus – ließ er Jahr für Jahr am selben Tag einen Treueeid auf den Kaiser schwören. Im Übrigen werden ein Legat, ein kaiserlicher Procurator und zwei diesem untergeordnete Freigelassene, procura­ tores, erwähnt. Seine ganze Provinz setzte sich aus den Territorien der civitates wie aus Kantonen zusammen, 12 oder 13 an der Zahl. In ihnen regierten Stadträte, in denen die Angehörigen der reichen Oberschicht lebenslang Mitglieder waren. Ein umfangreicher Apparat von Jahresbeamten übernahm die ganze Palette kommunaler Aufgaben: Besteuerung, Rechnungswesen, Bauprojekte, Kulte und Feste, Erziehungswesen, Vereinswesen, Getreideversorgung, Verpachtung und Vermietung, Versammlungen und Wahlen, Armenspeisung, Feuerwehr, ­Polizei etc. Regelmäßig tagten die Bürgerversammlungen. In mindestens neun Städten hat Plinius sich kurz oder länger aufgehalten. Überträgt man die Zahl der Anfragen, die der Mann aus Comum an den Kaiser richtete, auf die gleichzeitigen Statthalter der anderen Provinzen und rechnet die Procuratoren und weiteren Amtsträger hinzu, die alle Briefe an den Kaiser schrieben, so wird man mit einem Zufluss von über anderthalbtausend allein von dieser Absendergruppe rechnen dürfen, im Jahresdurchschnitt vier pro Tag. Die Bewältigung durch den Kaiser ist umso erstaunlicher, als sich in unserer Überlieferung kein Hinweis darauf findet, dass die Antworten nicht von ihm selbst verfasst, sondern an Verantwortliche delegiert worden wären. Zufällig erfahren wir aus einer späteren Epoche, dass der Kaiser Caracalla es seiner Mutter Iulia Domna erlaubte, sich um libelli und epistulae zu kümmern, ausgenommen die besonders wichtigen (Cass. Dio 77,17,3–4). Freilich verfasste kein Kaiser die Schreiben mit eigener Hand. Man pflegte einem Funktionär ab epistulis zu diktieren und nur zu unterzeichnen. Der Statthalter als Regent der Provinz befand sich seinerseits in einer ähnlichen Lage wie sein Herr in Rom; er musste unablässig Eingaben entgegennehmen: Ein Präfekt von Ägypten soll auf seiner Rundreise innerhalb von drei Tagen rund 1800 Bittschriften in Empfang genommen und innerhalb von 60 Tagen bearbeitet haben (P. Yale I 61).12 Breiten Raum in der Korrespondenz nehmen die etwa gleichzeitigen Bau­ aktivitäten in der Provinz ein, wenn auch besonders die misslungenen thematisiert werden:13 Bauruinen auf Grund mangelhafter Planung und fachlicher Inkompetenz sowie finanzieller Fehlkalkulationen. Mehrmals bittet der Statthalter darum, Fachleute aus Italien in die Provinz zu schicken, eine Bitte, die Traian mit der Begründung ablehnt, Rom selbst müsse solche Leute ja aus Griechenland herbeiholen. Das Gesamtbild ist klar: Ein Übereifer der Städte, der größeren wie

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der kleineren bis hinab zur letzten Sprosse der Rangstufenleiter, es je nach den eigenen Möglichkeiten der obersten, der Stadt Rom, im Bauschmuck nachzutun und die Nachbarinnen auszustechen. Der Rhetor Dion prahlte in seiner Heimatstadt Prusa (heute Bursa), seine Absicht sei es gewesen, die Stadt nicht allein mit Säulenhallen und Brunnen zu schmücken, sondern ihr auch Häfen und Werften zu verschaffen, mehr noch: andere Orte ihr anzugliedern, nicht nur die umliegenden, sondern sogar die entfernteren, wie einst Epameinondas die boiotischen an Theben oder Theseus die attischen an Athen (Dion Chrys. 45,12 f.). Von Geldmangel oder einer notorischen Finanzschwäche in öffentlichen Projekten ist keine Rede. Wegen des Anteils, den reiche Bürger an der Baufinanzierung besaßen, stürzte manches Kartenhaus zusammen, wenn diese sich übernahmen und mit der Stadt und untereinander in Streit gerieten. Hinsichtlich der kommunalen Finanzen gab es manches zu beanstanden: ­rationes autem in primis tibi rerum publicarum executiendae sunt (Plin. epist. 10,18). Eine regelmäßige Kontrolle der städtischen Rechnungsbücher gehörte zu des Statthalters Aufgaben. Als man Plinius den Einblick in Apameia mit Hinweis auf den Sonderstatus als colonia verwehrt, erhält er die Anordnung des Kaisers, doch zu kontrollieren. In Prusa ergibt die Rechungsprüfung nicht nur Ausgaben für ungesetzliche Zwecke, sondern auch zahlreiche Außenstände bei Privatleuten, die geschuldete Gelder zurückhalten. Ein Anwalt der Stadt Amisos fordert ein vor 20 Jahren von Rat und Volksversammlung einem Bürger zugesprochenes Geldgeschenk von 40 000 Denaren zurück, da solche Schenkungen gemäß den kaiserlichen mandata verboten seien. Er sieht die Notwendigkeit, dass den Gemeinden bei der Eintreibung von Geldern, die ihnen aus Verpachtung und Verkauf geschuldet werden, ein Vorvollstreckungsrecht eingeräumt wird. Dem Aufwand für alljährliche Gesandtschaftsreisen an den Kaiser und den Statthalter einer benachbarten Provinz wird ein Ende gemacht. Desgleichen lässt sich Plinius bestätigen, dass die unverschämten Forderungen von Wettkampfsiegern bei den Kranzagonen (siehe unten S. 343) nach kostspieligen Privilegien in ihren Heimatstädten zurückzuweisen sind. Die Anwendung von römischem oder städtischem Recht und Gesetz macht einen Großteil der Unsicherheiten aus, die Veranlassung geben, beim Kaiser nachzufragen. Da geht es um Stand und Alimentierung der sogenannten threptoi (Zöglinge), Zugangsalter und Eintrittsgeld für Ämter und Stadtrat, den Anspruch einer Stadt auf den Nachlass verstorbener Bürger ohne gesetzliche Erben, Doppelbürgerrechte, Begnadigungen und Bestrafungen, etwa von Sklaven, die sich in die römischen Auxilia haben rekrutieren lassen. Der mit Abstand berühmteste Brief, unzählige Male kommentiert, ist der über die Gerichtsverhand-

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lungen gegen Christen (epist. 10,96), auf den wir später noch eingehen werden (siehe unten S. 428). Bei der Lektüre entsteht der allgemeine Eindruck, dass sich so manche Un­ bekümmertheit um Recht und Gesetz, ein des Öfteren verschwenderischer ­Umgang mit Ressourcen, Korruption und nicht wenige interne Konflikte eingebürgert hatten. Besonders auffällig ist, dass die römische Autorität außergesetz­ liche Clubs und Vereine aller Art als ad turbas et inlicitos coetus («zu Unruhen und unerlaubten Zusammenrottungen führend») fürchtete, selbst dann, wenn sie sich als freiwillige Feuerwehr oder Verein zur Armenunterstützung ausgaben. Der Kaiser verlangte eingedenk der Erfahrungen vergangener Jahrzehnte und in Voraussicht auf seine kriegerischen Pläne an der Ostgrenze vor allem, dass seine Statthalter Unruhe verhindern: ad perpetuam eius provinciae quietem (epist. 117).

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Die übergeordnete Aufgabe der Sicherung von Ordnung und Frieden war Sache des römischen Militärs. Für die alltägliche Sicherheit in den Städten und auf dem Land mussten Ordnungskräfte der civitates sorgen.14 Umstritten ist das erwähnte Fallbeispiel der «Wüstenpolizei» Palmyras (siehe oben S. 277). Wir haben es bei der Armee der römischen Kaiserzeit seit Augustus mit einem größtenteils grenznah stationierten Berufsheer zu tun, dessen Unterhalt einen erheblichen Teil der Einnahmen aus Steuern und Abgaben verschlang. Nach modernen Schätzungen betrug die Gesamtzahl der unter Waffen stehenden Soldaten des Imperiums zwischen 400 000 und 450 000.15 Die kaiserlichen Legaten der Grenzprovinzen besaßen zugleich den Oberbefehl über die daselbst lagernden Legionen – aus römischen Bürgern gebildete Einheiten von ca. 5500 Mann Stärke – und die aus nicht italischen Gemeinden und Völkerschaften ausgehobenen Alen und Kohorten der Hilfstruppen.16 Diese Statthalter blieben als Vorgesetzte der bei ihnen eingeschriebenen Soldaten auch dann zuständig – etwa bei Verwaltungsvorgängen wie Rekrutierung und Entlassung –, wenn der Oberbefehl vom Kaiser oder v­ on einem übergeordneten Kommandeur des ganzen exercitus übernommen wurde. In den Provinzen ohne Legionsstandorte – im Orient der Prinzipatszeit waren dies nur die fünf kleinasiatischen Großprovinzen südlich und westlich von Cappadocia – verfügten die Gouverneure über nur wenige Auxiliareinheiten, deren Standorte wir bei weitem nicht immer und überall kennen. Die meisten Provinzbewohner, wenn sie nicht gerade nahe an Garnisonen oder einer der großen Reichsstraßen quer durch Kleinasien und Syrien / Palästina

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wohnten, haben römisches Militär selten zu Gesicht bekommen.17 In Ägypten, wo Bevölkerungszahlen am besten dokumentiert sind, betrug der Anteil der Soldaten an der Zivilbevölkerung unter 3 Prozent, in der großen und städtereichen Provinz Asia unter 1 Prozent. Der Anteil in einer Grenzprovinz mit Legions­ standorten wie Cappadocia war sicher höher, konzentrierte sich aber in dem riesigen und dünn besiedelten Land an der Euphratgrenze. Keine Grenzprovinz, doch signifikante Ausnahme ist Iudaea nach dem Aufstand. Der Redner Aelius Aristeides aus Kleinasien mag in seiner Romrede im 2. Jahrhundert n. Chr. leicht übertrieben haben (eis Rhomen 67): «Die Städte sind frei von Garnisonen. Kohorten und Reitertruppen genügen, ganze Provinzen zu bewachen […] und sie sind so weit in der Landschaft verstreut, dass viele Provinzen nicht wissen, wo ihre Garnison ist.» Allerdings wird diese Sicht der Realität für die Zeit ab dem späten 2. Jahrhundert in der Forschung bestritten. Wir haben schon gesehen, dass Legionen für Kampfeinsätze im Orient aus ihren Standlagern zum Teil von weither herangeführt wurden, oft über mehr als 1000 Kilometer. Für die Partherkriege von Traian bis zu den Severern spielten die Donaulegionen eine herausragende Rolle. Außer ganzen Legionen hat man auch mobile Task-Forces (vexillationes) aus Legionen und Auxilia zusammengestellt und in Marsch gesetzt. Die Organisation derartiger Landmärsche von Kampftruppen und Tross ist wenig erforscht.18 Angesichts der erforderlichen Schnelligkeit ist die logistische Leistung geradezu unschätzbar. An den großen Fernstraßen durch Anatolien und Syrien müssen zahlreiche Sammellager unterhalten worden sein, wo die Heere rasten, verproviantiert und ausgerüstet werden konnten. Bekannt sind in der Provinz Asia das Sammellager von Aulutrene oder in Syrien ein Lager bei Seleukeia am Euphrat, wo Ziegelstempel die Bautätigkeit mehrerer provinzfremder, zu den Partherkriegen herangeführter Legionen be­ legen. Sonderabgaben in Form von Getreide, Lasttieren und Geld konnten auf Anordnung des Kaisers über den jeweiligen Statthalter von vermögenden Provinzbewohnern eingefordert werden (P. Yale III 137). Vor Beginn des traianischen Partherkrieges standen insgesamt neun Legionen im Orient: Am nördlichsten Euphratabschnitt im kappadokischen Satala war die vermutlich von Vespasian neu gebildete Legion mit dem Namen «die Flavische Standhafte» (XVI Flavia Firma) einquartiert. Bei Melitene am mittleren Euphrat tat «Die Blitz Schleudernde» (XII Fulminata) Dienst, eine Legion, die schon von Caesar ausgehoben worden und zuvor in Ägypten und Syrien stationiert gewesen war. Mit Titus hatte sie an der Belagerung Jerusalems teilgenommen (Tac. hist. 5,1,2). Bei Samosata und ein kurzes Stück weit flussabwärts bei Seleukeia / Zeugma deckten «die Gallische» (III Gallica) und «die Skythische» (IV Scythica) den

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Grenzraum. Weiter südlich lagen im nordsyrischen Raum ­Legionsgarnisonen, bei Raphaneai die der XV Apollinaris (Traian hat sie kurz darauf nach Satala verlegt), bei Kyrrhos hatte die nach «Meerengen» benannte Legio X Fretensis seit dem frühen Prinzipat Quartier bezogen, doch dieses nach dem Abschluss des Jüdischen Krieges bereits verlassen und war in Jerusalem eingezogen. In Iudaea erhielt sie jedenfalls um 117 von einer unter Traian neu ausgehobenen Legion, der Legio II Traiana Fortis, Verstärkung. Bei der Hauptstadt der Provinz Arabia im Hauran, Bosra, stand die von Ägypten abgezogene III Cyrenaica. Am Nil verblieb als einzige, soviel wir wissen seit augusteischer Zeit, die nach dem galatischen Fürsten Deiotaros benannte Legio XXII Deiotariana. Erst unter Hadrian zog die II Traiana Fortis aus Iudaea nach Nikopolis bei Alexandreia um.19 Standortwechsel kamen häufig vor. Soldaten der römischen Armee konnten weit herumkommen: Ein Centurio der Legio X Frentensis stammte aus Rom und begann seine 23-jährige Dienstzeit in Britannien. Zunächst in verschiedene Le­ gionen nach Obergermanien, Moesien oder Pannonien versetzt, gelangte er in den Osten zur XII Fulminata in Cappadocia und schließlich nach Jerusalem, wo er im Alter von 42 Jahren verstarb (CIIP I 2, 734). Die Peregrinen, bei der Rekrutierung verpflichtet zur Angabe ihrer Herkunft (origo), die auf unzähligen Grabsteinen, Listen und Diplomen ihre Namen ergänzt,20 wurden in den Auxilia untergebracht. Außer ‹Westlern› wie Hispaniern, Galliern, Germanen, Leuten aus den Balkanprovinzen gab es auch viele im Osten rekrutierte Einheiten von Paphlagoniern, Kilikiern, Kommageniern, Antiochiern, Kyrrhestiern, Damaskenern, Palmyrenern, Petraiern etc., die die Herkunftsbezeichnung (Ethnikon) als Beiname der Einheit führten – also zum Beispiel cohors I Ulpia Petraeorum (ILS 2724. 9057) für eine unter Traian ausgehobene Einheit von Nabatäern aus Petra. Freilich wurden diese Einheiten im Laufe der Zeit mit Rekruten anderer Herkunft durchmischt. Sie sind keineswegs präferentiell in ihrer Heimat stationiert worden, im Gegenteil. Bei den Hilfstruppen Ägyptens findet man Syrer, Kleinasiaten, Afrikaner, Thraker und Daker.21 Im Frühjahr 129 n. Chr. in Syrien entlassene Soldaten, die in Militärdiplomen aufgelistet sind, waren Daker.22 Es kommt vor, dass im Orient stationierte Einheiten ausschließlich mit Soldaten aus dem Donauraum aufgefüllt wurden.23 Zwangsrekrutierung (dilectus) aus der männlichen Jugend der unterworfenen Völker bei Bedarf war nicht selten. Gleichwohl dürfte für Provinziale aus unteren Schichten die Rekrutierung in eine Auxiliareinheit normalerweise ­attraktiv gewesen sein, auch wenn der Dienst sie für lange, nach der Regel 25 Jahre, von zu Hause wegführte. Nicht nur war ihr Lebensunterhalt gesichert. Der römische Satiriker Juvenal persifliert die handgreiflichen Vorteile des Uni-

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formierten in einer zivilen Umwelt, die sich vielleicht mit der eines preußischen Hauptmanns von Köpenick messen ließe: «[…] dass dich kein Zivilist zu schlagen wagt, vielmehr, obwohl er geschlagen wird, es verhehlt und nicht wagt, die ausgeschlagenen Zähne dem Prätor zu zeigen […] ich muss abwarten, bis das Jahr beginnt für die Streitfälle des ganzen Volkes. Aber auch dann ist tausendfacher Ärger, tausendfache Verzögerung zu erdulden; so oft werden lediglich die G ­ erichtsbänke gepolstert […] dagegen wird jenen, welche mit Waffen geschützt sind und den Schwertgurt tragen, die Zeit zum Prozess gewährt, die ihnen selbst passt, und ihr Besitz wird nicht aufgerieben durch die Bremse des langen Rechtsstreits […] allein den Soldaten wird das Recht zum Testament bei Lebzeiten des Vaters gegeben» (Iuv. 16).

Soldaten, die bei der Rekrutierung bereits verheiratet waren, haben ihre Ehefrauen häufig an ihre Standorte mitgenommen. Eine rechtsgültige Eheschließung während der Dienstzeit war ihnen verboten, andere Formen der Partnerschaft ­kamen jedoch vor und waren geduldet. In Diplomen werden ‹Partnerinnen› sogar uxor genannt.24 Bei ehrenhafter Entlassung  – manche dehnten die Regeldienstzeit über 25 Jahre hinaus aus  – empfingen sie per kaiserlicher Konstitution das römische Bürgerrecht und das Privileg, eine rechtsgültige Ehe zu schließen, Entlassungsgeld (missio nummaria) und in selteneren Fällen auch Landzuweisungen (missio agraria).25 Unsere wichtigste Quelle, die Militärdiplome, sind die aufs Jahr datierten, urkundlichen Bürgerrechtsverleihungen; sie enthalten die Listen der emeriti der jeweiligen Einheit unter dem Namen des Oberkommandierenden. Man hat sie jahrgangsweise in Rom öffentlich ausgehängt und den begünstigten Veteranen in Kopie auf einer Metalltafel ausgehändigt. Seit Beginn des 2. Jahrhunderts waren die Veteranen standesmäßig den Dekurionen (den Mitgliedern der Stadträte) gleichgestellt, was ihnen ein milderes Strafrecht garantierte. Die einen siedelten sich nahe ihres ehemaligen Standortes an, andere kehrten in ihre Heimat zurück. Der Dienst dürfte die jungen Männer jedweder Nation mit der lateinischen Sprache vertraut und über fremde Länder kundig gemacht haben. Manches Einzelschicksal ist von Papyri und Grabsteinen abzulesen, wie im Falle des Paphlagoniers Priscus, der unter Traian zum Standartenträger befördert aus dem Orient heimkehrte und das väterliche Landgut bewirtschaftete.26 Wie sehr diese Ansiedelung von zum Teil fremdländischen ­Veteranen in Kleinasien, Syrien oder Ägypten bestehende Sozialstrukturen verändert beziehungsweise gar zerstört hat, ist noch wenig erforscht und umstritten.27 Die Erforschung der Armee nicht allein unter militärischen Aspekten, sondern in kulturellen, sozialen und ökonomischen Kontexten bildet ein Funda-

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ment unseres Verständnisses der Stabilität römischer Herrschaft über den ethnisch und kulturell vielfarbigen Orient. Angesichts eines Phänomens unserer Tage (im August 2021): Den raschen, kampflosen Zerfall der zahlen- und ausrüstungsmäßig weit überlegenen afghanischen Regierungsarmee beim Anrücken schlecht bewaffneter einheimischer Aufständischer muss die Integrationskraft und Resilienz römischer Auxilia in der Kaiserzeit erstaunen. Wie jene Afghanen nach modernen Standards der in der Welt führenden Militärmacht ausgebildet, bewaffnet, trainiert und organisiert worden sind, so haben auch unter dem Imperium Romanum junge Männer aus Kleinasien, Syrien und Arabien eine ihnen von westlichen Offizieren vorgegebene Schule militärischer disciplina und Kampfesweise durchlaufen – mit einem völlig anderen Ergebnis! Offenkundig ist es dem kaiserlichen Apparat und den ritterlichen und senatorischen Offizieren der Römer gelungen, Nahrungsmittel, Kleidung, Bewaffnung und Ausrüstung zuverlässig an den Mann zu bringen. Die Befehlsketten vom Zentrum der Weltherrschaft über die Provinzen bis zur Garnison oder dem Lager an der Front und auf dem umgekehrten Weg die Informationen von der Basis bis zur Spitze müssen höchst effizient funktioniert haben. In Masada etwa wurde über Truppenstärke, Ausgaben und Material genauestens Buch geführt.28 Die Spätantike hat vieles verändert. Wir erwähnen hier nur die für den römischen Orient wichtigsten Grundlagen. Mit der Zerschlagung der Provinzen unter der Tetrarchie einher ging ein fast vollständiger Entzug militärischer Befehlsgewalt von den Provinzstatthaltern, vormals zumeist Senatoren, künftighin fast nur noch ritterliche praesides. Das Militärkommando war supraprovinzial von der Präfektur bzw. vom Kaiser organisiert; seit Konstantin hatten «Heermeister» (magistri militum bzw. equitum) das Gesamtkommando, während die Truppen zumeist von zwei Provinzen zusammen von «Führern» (duces) kommandiert wurden. Die fest garnisonierten Grenztruppen: limitanei sind förmlich von den mobilen Feldeinheiten: comitatenses unterschieden. Letztere haben eine wachsende Anzahl von Hilfstruppen fremdstämmiger Bevölkerungen vor allem aus dem europäischen Raum rekrutiert, was sich an den Namen von Einheiten wie Batavi, Heruli, Celtae etc. ablesen lässt. Das geschah auf verschiedene Weise: Kriegsgefangene wurden in Gruppen zusammengefasst und zur Grenzverteidigung eingesetzt. Ganze Stämme wurden vertraglich als foederati zur Heerfolge verpflichtet, wie zum Beispiel die arabischen Ghassāniden. Als der Feldherr Kaiser Justinians Belisarios im Jahre 542 sein Lager bei Dura Europos aufschlug, stellte er in Erwartung einer persischen Gesandtschaft nahe bei seinem Zelt Thraker, Illyrer, Goten, Vandalen und Mauren auf (Prok. BP 2,21,4). Man hat von einer allmählichen «Barbarisie-

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rung» der römischen Armee gesprochen.29 Der Druck auf die Außengrenzen und Einbrüche in das Reich wuchsen dermaßen, dass die mobilen Truppen zunehmend überfordert waren. Die Bedrohung im Orient ging außer von den Sasa­ nidenheeren in wachsendem Maße von ara­bischen Beduinenstämmen aus.

3. Bevölkerung

Bevölkerung

Die für den Rechtsraum des gesamten Imperium Romanum gültige «StändeSchichtenstruktur», wie sie für die Prinzipatszeit von Geza Alföldy schematisch abgebildet und diskutiert, für die Spätantike von Alexander Demandt dargestellt wurde, ist für die Lebenswirklichkeit der multiethnischen Bevölkerung des römischen Orients nur eingeschränkt aussagekräftig. Die ordines («Stände») waren eine winzige Minderheit, und in den darunter angesiedelten breiten Bevölkerungsmassen gab es zwischen rechtlich Gleichgestellten realiter enorme Unterschiede, was Besitzverhältnisse, Ansehen, Macht und Einfluss betrifft.30 Bevor im Jahre 212 n. Chr. unter Caracalla das römische Bürgerrecht auf alle erwachsenen Reichsbewohner ausgedehnt wurde, hat der größere Teil der peregrini in den Provinzen des Ostens Stadtbürgerrechte besessen, zumeist nur eines, in nicht wenigen Einzelfällen auch mehrere. Die ältesten vor- und frühkaiserzeitlichen Provinziallandtage in Asia, Bithynia und Galatia unterscheiden noch zwischen «Hellenen» – das heißt den hellenisierten Polisbürgern – und Nichtgriechen, während in den Titeln der jüngeren Landtage diese Unterscheidung fehlt.31 Das Phänomen reflektiert die auch in der Kaiserzeit noch aktive Ausgrenzung der nicht hellenisierten Bevölkerung ebenso wie die gegenläufige Tendenz zu deren Aufhebung. Das Bestreben, sich zu distanzieren, ging von den sich als Hellenen definierenden Polisbürgern aus, nicht etwa von den Römern. Hadrians Idee des Panhellenion hat mit einer Exklusion nichtgriechischer Provinzbewohner vom Polisbürgerrecht nichts gemein. Doch gab es im Kleinasien der Kaiserzeit Poleis, die das Vollbürgerrecht einem Teil der auf ihrem Stadterritorium siedelnden Landbevölkerung verweigerten: Das bringen einige Quellen explizit zum Vorschein.32 Die Bezeichnung für Bürger minderer Rechte ist paroikoi, was man etwa mit «Hintersassen» übersetzen kann. Vergleichbare Zeugnisse aus den Städten Syriens und Arabiens besitzen wir nicht. Ägypten, das großenteils nicht nach civitates organisiert war, ist auch in dieser Hinsicht eine Provinz eigener Art. Die ­römische Obrigkeit unterschied zwischen Bürgern der wenigen Städte (Alexandreia, Ptolemais, Naukratis, Antinoopolis) und Ägyptern, womit sie auch Griechen meinte, die nicht Polisbürger waren.

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Der Grad der Hellenisierung korrespondiert nur ungefähr mit dem Abstand der mittelmeerischen von den binnenländischen Landschaften. Poleis wie Milet oder Ephesos konnten eine 1000-jährige griechische Identität für sich reklamieren, Küstenstädte an der Propontis und am Schwarzen Meer gehen auf griechische Gründungen bis in die Zeit um 700 v. Chr. zurück, die von Milesiern, Kolophoniern und Megarern besiedelt worden waren. Diese Erinnerung ist wach geblieben, und noch der byzantinische Schriftsteller Konstantin Porphyrogennetos unterscheidet in seiner Schrift de thematibus die hellenischen Gemeinden an der Küste von dem aus seiner Sicht charakterlich inferioren Ethnos des Landesinnern (17). Seine Äußerung war, wenn man so will, Ausdruck einer hellenischen supremacy. Doch kann die kollektive Selbstvergewisserung der städtischen ‹Hellenen› mit eugeneia (guter Geburt), mit mythischen Ahnen, mit teils mythologischer, teils historischer Stadtgeschichte aus Anfängen in Griechenland nicht darüber hinwegtäuschen, dass selbst in den Küstenregionen mit uralter griechischer Einwanderung die Bevölkerung durch die Zeiten längst vermischt war.33 Bestrebungen von Nichtgriechen, sich zu assimilieren, lassen sich an verschiedenen Indizien ablesen. Bei den tausenden von überlieferten Personen­ namen gibt es eine allgemeine Tendenz im Wechsel der Generationen von nichtgriechischem zu griechischem Namengut. In vielen Regionen ließ man seinen Grabstein lieber in schlechtem Griechisch als nicht in Griechisch beschreiben.34 Wer dem Stigma der Rückständigkeit entkommen wollte, musste in den Versammlungen auf Dorf- und Stadtebene Griechisch reden, bei den Festen und Bühnenwettkämpfen Griechisch verstehen können. Der Begriff ‹hellenisch› im römischen Orient ist ein kulturell konnotiertes Konstrukt der Mittel- und Oberschichten. Die Scheidelinie zwischen Inklusion und Exklusion definierten Sprache, Bildung und Besitz, die klassischen Kriterien kultureller Identität und sozialer Schichtung. Zwar lebten die meisten Angehörigen der Unterschichten, Bauern, Hirten, Handwerker und Kleinhändler, in Dörfern. Doch wäre – mit Ausnahme Ägyptens – eine strenge Dichotomie der Bevölkerung nach Stadt / Land unpräzise. Inhaber des Polisbürgerrechts und Teilhaber an Ämtern, Rat und Volksversammlung wohnten zahlreich auf Landsitzen und in den Dörfern. Die Attraktivität urbanen Lebensstils strahlte tief ins Land hinein aus. In Anatolien ebenso wie in Dörfern Nordsyriens finden wir noch heute mitten in der Landschaft, weit entfernt von Stadtzentren, aufrecht stehende Reste von Prachtbauten antiker Thermen. Es sind Zeugen einer hier in Einzelgehöften oder Weilern ansässigen Landbesitzerschicht, deren selbstverständlichem Lebensideal es entsprach, zivilisiert, das heißt städtisch zu sein. Ansehen und ein von Stadt zu Stadt verschieden hoch bemessenes Mindestvermögen öffneten einer Elite unter

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den Polisbürgern Aufnahme in die Stadträte (boulai). Aus dieser sozialen Oberschicht konstituierte sich der rechtlich privilegierte Dekurionenstand. Ein kleinerer Teil der Bevölkerung gehörte stammesstaatlichen Organisationen an. Wieder andere waren Pachtbauern auf kaiserlichen und senatorischen Ländereien, die einen eigenen Rechtsraum konstituierten. Die Landbevölkerung Ägyptens war nicht politisch organisiert, unterstand aber der Nomos-Adminis­ tration. In Teilen Anatoliens, in Syrien / Palästina, Ägypten und Arabien stellten Transhumanz und nichtsesshafte, nomadische Bevölkerung einen weiteren ­Anteil der Reichsbewohner. In Stadt und Land jedweder Provinz bildeten die Sklaven und Freigelassenen eine besondere, von allen bisher genannten Gruppen getrennte juristische Kategorie. Das komplexe Phänomen der Sklaverei im Imperium Romanum ist kein orientspezifisches Thema und gehört mit einigen seiner Aspekte doch hierher. Verschiedene Arten von Abhängigkeit wie Kaufsklaverei, Schuldknechtschaft, Hörigkeit und Hierodulie (unverkäufliche Sklaven im Dienst von Heiligtümern) sind in den Ländern der römischen Orientprovinzen einschließlich Mesopo­ tamiens zurückzuverfolgen bis tief in die Bronzezeit. Die juristischen, sozioökonomischen und psychologischen Ambiguitäten, denen wir in der Sklaverei vom Alten Orient bis zum christlichen Imperium begegnen, sind unauslotbar, weil diese Institution über Jahrtausende in jede Facette gesellschaftlicher Realität verwoben war.35 Der Kategorie der Unfreien fehlte das äußere Merkmal der Hautfarbe, das die Sklaverei der Neuzeit in Amerika wesentlich kennzeichnet. Sklaven konnten jeder Volkszugehörigkeit sein, auch Römer wurden versklavt. Daran haben aristotelische Barbarentopik (pol. A 1252b 9) oder gezielte Verächtlich­ machung bestimmter Fremdvölker, wonach Juden, Syrer und Griechen aus Asien geborene Sklaven seien, nichts geändert.36 In seinen Observations Concerning the Increase of Mankind, Peopling of Coun­ t­ries, etc. § 13 von 1751 beschrieb Benjamin Franklin, was den Eigentümer von Sklaven schwächt: «The Whites who have Slaves, not labouring, are enfeebled, and therefore not so generally prolific; […] Slaves also pejorate the Families that use them; the white Children become proud, disgusted with Labour, and being educated in Idleness, are rendered unfit to get a Living by Industry.» Mit Stereotypen einer Herren- und Sklavenmentalität, jene volatil und willkürlich, diese unterwürfig, spielt schon ein keilschriftlich aus Assur überliefertes Zwiegespräch zwischen einem Herrn und seinem Knecht, das diesen stets zuraten lässt, auch wenn jener schwankend vom nächsten das Gegenteil vom jeweils vorigen Entschluss ankündigt.37 Der die Dialoge einleitende Refrain ist: «Sklave, gehorche

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mir!»  – «Ja, mein Herr, ja!» Zuerst will der Gebieter den Wagen angespannt ­haben, um zum Palast zu fahren. Der Sklave applaudiert und verheißt ihm einen huldreichen Empfang, nur um dem anderen Sinnes Gewordenen voll zuzustimmen: «Herr, fahre nicht!» Das wiederholt sich: Der Herr will speisen, dann doch nicht speisen. Er will in die Steppe fahren. «Nein, Sklave, in die Steppe will ich doch nicht fahren!» – «Fahre nicht, mein Herr!» Einen Aufruhr zu machen, findet der Sklave gut, denn «wer wird dir geben, dass ihr euren Bauch füllt?». Zieht er zurück: «Nein, Sklave, Aufruhr will ich doch nicht machen!», kommt emphatische Zustimmung mit guten Gründen daher: «Der Mensch, der Aufruhr macht, wird entweder getötet oder […] er wird verstümmelt oder gefasst oder ins Gefängnis geworfen.» Auch das Vorhaben, eine Frau zu lieben, hat zwei Seiten: «Ja, liebe, mein Herr, liebe! Ein Mann, der ein Weib liebt, vergisst Schmerz und Kummer!». – «Nein, Sklave, ich werde ein Weib nicht lieben.» – «Liebe nicht, mein Herr, liebe nicht! Das Weib ist ein Brunnen. Das Weib ist ein eiserner Dolch, ein scharfer, der dem Manne den Hals abschneidet!» Zuletzt äußert der Herr Selbstmordabsichten, will aber den Sklaven vorschicken: «Nein, Sklave, ich werde dich töten, dich mir voran gehen lassen!», was den Sklaven diesmal erwidern lässt, der Abstand zwischen seinem und des Herren Tod werde höchstens drei Tage be­ tragen. Herodot (4,1–3) ergötzt sich an der Story von den Sklaven der Skythen, die in fast 30-jähriger Abwesenheit ihrer Herren mit deren Frauen Söhne gezeugt hatten. Diese treten den Heimkehrenden im Kampf zunächst erfolgreich entgegen, ergreifen aber, ihre wahre Natur erkennend, die Flucht, als die Skythen statt mit Lanze und Bogen mit Peitschen gegen sie vorgehen. Derartiges wird gern parodiert, indem man die Stereotypen umdreht und den Sklaven zum Herrn, den Herrn zum Sklaven macht. Der kaiserzeitliche Autor Diogenes Laertius heftet dem Philosophen und Guru Diogenes von Sinope die Anekdote an, er sei, geraubt und auf dem Sklavenmarkt angeboten, gefragt worden, was er am besten könne, und er habe geantwortet: «Menschen zu beherrschen!» (6,74). Das Thema, worin eigentlich der Beweis (tekmerion) zu finden sei, der einen Sklaven von einem Freien unterscheidet, greift der Sophist und Philosoph Dion von Prusa (1. Jh. n. Chr.) in einem Diskurs über Sklaverei (15) auf und stellt fest, dass es Freie von serviler Natur und Sklaven freier Wesensart gibt, überhaupt die Definition, wer eigentlich zu Recht oder zu Unrecht ‹Sklave› zu nennen ist, ­nahezu unmöglich sei. Die römische juristische Definition, wonach jemand contra naturam einer fremden Verfügungsgewalt unterworfen wird (dominio alieno subicitur), erklärt die Sklaverei zur constitutio iuris gentium (Völkerrecht – Florent. Dig. 1,5). Ihr zu-

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folge werden Menschen zu «unseren» Sklaven (servi nostri), die von Feinden gefangen genommen oder die von «unseren» Sklavinnen (ex ancillis nostris) geboren werden.38 Die Freilassung durch den Eigentümer – ein vom römischen Fiskus besteuerter Akt – kam häufig vor. War dieser Eigentümer römischer Bürger, bedeutete das Zugang zum römischen Bürgerrecht in der nächsten Generation. Dieser Aufstieg aus dem Zustand radikalen Entzugs der Selbstbestimmung als Person in eine signifikant privilegierte Schicht der Bevölkerung ist eine seltsame Besonderheit römischen Rechts, die Griechen und anderen Sklavenhaltern fremd war. Die Städte des römischen Orients haben freigelassenen Sklaven kein Polisbürgerrecht gewährt, sondern sie zu den Metöken (fremden Mitbewohnern) gezählt. Eigentumsrechtlich ein Paradoxon, war auch der Selbstfreikauf möglich, wenn Sklaven über genug Besitz verfügten, der ihnen von ihren Herren überlassen worden war. Das Phänomen der Akkumulation von Besitztum, sogar Landbesitz, von Sklaven ist schon bei den Hethitern bekannt. Der römische Terminus ist peculium.39 Kriege und Beutezüge haben die Sklavenzahlen anwachsen lassen. Die erwähnte Versklavung tausender Juden nach der Niederschlagung des ersten Aufstandes (66–72 n. Chr.) sorgte für eine signifikante Steigerung. Spätere Ereignisse wie Traians Orientkrieg oder der Bar-Kochba-Aufstand (132–136 n. Chr.) müssen weitere Zuwächse gezeitigt haben. Eigentümer von Sklaven waren staatliche und private Kollektive und Individuen. Zuunterst traf das elende Los die in kaiser­ lichen Bergwerken schuftenden Sklaven, zumeist ad metallas verurteilte Straf­ täter. Verkäufe an Gladiatorenschulen kamen vor. Städte verfügten über Gemeindesklaven für verschiedene Aufgaben, etwa Bewachung der Gefängnisse (Plin. epist. 10,19). Hierodulen («heilige Sklaven») waren unveräußerliches Eigentum von Göttern, zu deren Dienst von Priestern eingesetzt und beaufsichtigt.40 Sie kommen im kaiserzeitlichen Anatolien und in Ägypten vor und setzen indigene Traditionen fort. Die mit Abstand größte Zahl der Sklavinnen und Sklaven verteilt sich auf die Haushalte von Privatpersonen. Gewiss haben Rom und Italien einen überproportionalen Anteil an dieser Sklavenhaltung, weil hier die reichsten Haushalte konzentriert waren. Allein zu den familiae von Kaisern und Senatoren zählten Heerscharen von Sklaven und Freigelassenen, von denen nicht ­wenige im Orient unterwegs waren, einzelne als Funktionsträger mit erheblichen Macht- und Geldmitteln, zahlreiche als Verwalter und Verwalterinnen großer kaiserlicher und senatorischer Güter (Abb. 56). Ritter oder Senatoren hielten bis zu mehreren Hundert allein in einem stadtrömischen Wohnsitz. Wie im Falle der Knaben Sidonius und Xanthias in Köln (Abb. 57) sind sie oft – nicht immer sicher – an ihren Namen nach der Herkunft zu erkennen, und viele sind nach

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Völkern und Ländern des Orients gebildet: Asiaticus, Lydus, Phrygis, Galaticus, Cappadox, Armenios, Syrios / Syrus, Idumaeus, Iudas, Palaestinus, Arabs /Arabus / Arabios, Persis, Parthike / Parthicus, Indus. Bei den nichtlateinischen und nichtgriechischen Namen überwiegt im Corpus der über 5000 stadtrömischen Sklavennamen das semitische Element.41 Sklavenhaltung in großem Stil ist keineswegs auf eine römische Herren­ schicht von Kaisern, Senatoren und Rittern beschränkt gewesen. Sklavenbesitz reichte bis hinab in die Mittel- und Unterschichten der Provinzbewohner. So besaß etwa eine mittelständische dörfliche Familie im ägyptischen Nomos Hermoupolis vier Sklaven.42 Der Redner des 4. Jahrhunderts Libanios äußert, unter seinen Lehrern seien solche, die sich keine eigene Behausung leisten konnten und gerade mal eben zwei bis drei Sklaven besaßen (or. 31,11). Zensusdeklarationen im römischen Ägypten gestatten es, den Anteil der Sklaven an der städtischen Bevölkerung auf ca. 13,5 Prozent, den an der ländlichen auf ca. 9–10 Prozent zu veranschlagen.43 Am Hof, auf den Landgütern und in den Haushalten der Klientelkönige und ihrer Nachkommen, der superreichen provinzialen Aristokratie anatolischer, semitischer, ägyptischer oder iranischer Abstammung ist mit hohen Sklavenzahlen zu rechnen. Der aksumitische König, der seine Eroberungen in Äthiopien vom Ende des 2. bis Anfang des 3. Jahrhunderts rings um sein Stammland in einer griechischen Inschrift triumphierend aufzählt, sagt, er habe von einem unterworfenen Stamm die Jünglinge, Frauen, Kinder und Jungfrauen «für sich» aussortiert.44 In den von den Parthern beherrschten Teilen des Orients dürften ähnliche Verhältnisse anzutreffen gewesen sein. Bei den Parthern scheinen Sklaven auch in der Armee gekämpft zu haben.45 Von einem interessanten Einzelschicksal berichtet der Brief des jüngeren Plinius (epist. 10,74) an Kaiser Traian: In der Stadt Nikomedeia in Bithynien (heute İzmit) war ein Fremder aufgetaucht und hatte bei zwei dortigen Bäckern Arbeit gesucht. Mittellose auf Wanderschaft unterfielen leicht dem Verdacht, entlaufene Sklaven zu sein: Die Bäcker wollten den Mann festsetzen. Die Flucht unter das Asyl einer Kaiserstatue konnte nicht verhindern, dass er endlich ergriffen und vor die Behörden gebracht wurde. Er sei, so behauptete er, ein Sklave des Laberius Maximus, Legat der Provinz Moesia inferior, gewesen und im Dakerkrieg in Feindeshand gefallen. Der Dakerkönig Decebalus habe ihn dem Partherkönig Pakoros zum Geschenk gemacht. Nach mehreren Jahren in dessen Diensten sei ihm die Flucht gelungen (aus Ktesiphon?) und er sei nach Nikomedeia gelangt. Eines von zwei mitgeführten Beweisstücken, eine Gemme mit Bild und Insignien des Partherkönigs, sei ihm entwendet worden, ein Goldklumpen aus einem parthischen Bergwerk (ex Parthico metallo) war noch in seinem Besitz. Plinius

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Abb. 56 (links): Stele der Soteris, Museum Bursa Abb. 57 (rechts): Epigramm auf Sidonius und Xanthias, Römisch-Germanisches Museum, Köln

ließ ihn sich vorführen und erwog, ihn zusammen mit dem Goldstück nach Rom zu schicken. Nach der Gemme ließ er fahnden. Eine andere, fiktive Geschichte stammt aus dem Schatz kaiserzeitlicher Rhetorik. Der Sophist Pollux von Naukratis, den Kaiser Commodus auf den Rhetoriklehrstuhl in Athen berief, hatte einmal eine Rede gehalten zu dem fingierten Thema: Die Inselbewohner, die ihre Kinder verkaufen, um ihre Steuern bezahlen zu können, aus der folgende Passage zitiert wird (Philostr. soph. 593): «Ein Junge auf dem Kontinent schreibt aus Babylon an seinen Vater, einen Insulaner: ‹Ich diene als Sklave dem König, dem ich von einem Satrapen zum Geschenk gemacht

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wurde. Weder steige ich auf ein medisches Pferd, noch ergreife ich einen persischen Bogen, nicht einmal gehe ich raus in den Krieg oder auf die Jagd wie ein Mann. Im Frauengemach sitze ich und bediene die Haremsdamen des Königs, und der König ist nicht eifersüchtig, denn ich bin ein Eunuche. Ich bin bei ihnen sehr beliebt, denn ich erzähle ihnen vom Meer bei den Griechen und mache Geschichten über all die schönen Dinge der Griechen: Wie die Leute von Elis große Feste feiern, wie die Delpher weissagen, und welcher der Altar des Mitleids bei den Athenern ist. Aber bitte schreib mir du auch, Vater, wann bei den Lakedaimoniern das Fest der Hyakinthia, bei den Korinthern das der Isthmia und bei den Delphern die Pythia stattfinden, und ob die Athener Seeschlachten gewinnen. Leb wohl, und grüß mir den Bruder, falls er noch nicht verkauft worden ist!›»

Eunuchen galten als ursprünglich orientalisches Phänomen. Sie wurden freilich in großer Zahl auch in wohlhabenden Häusern im Reich gehalten. Die Kastration im Reich selbst war seit Domitian durch kaiserliche Gesetzgebung ver­ boten.46 Anders als Italien und Sizilien im Zeitalter der römischen Republik kennt der Orient des Imperiums keine Sklavenaufstände. Sehr große Gruppen von Sklaven in der Landwirtschaft hat es anscheinend nirgendwo gegeben. Großgrundbesitz wurde anders, durch Pachtbauern, bewirtschaftet. Die antiken Zeugnisse zu den Existenzbedingungen der Unfreien weisen himmelweite Unterschiede auf. Sklaven und Sklavinnen in den Haushalten milde und gerecht zu behandeln gehörte zwar zur Bürgertugend, allein die Gewähr der Dienstbarkeit musste dem Besitzer ein Mindestmaß an Schonung wert sein. Hadrian verbot willkürliche Tötung und Verkauf an Gladiatorenschulen (HA Hadr. 18,7–9). Doch körperlicher, auch sexueller, geistiger und seelischer Ausbeutung und Verletzung stets ausgesetzt, sind unzählige dennoch gequält, geschändet, gefoltert, getötet worden. Andere wiederum lebten gut unter Bedingungen von faktischer Freizügigkeit und Wohlstand in unverbrüchlicher Treue zu ihrem Herrn. Dass männliche Sklaven in den Haushalten ihrer Besitzer als Lehrer, Erzieher, Sekretäre eingesetzt wurden, hat viele Beispiele. Das schöne, in Stein gemeißelte Grabgedicht im Römisch-Germanischen Museum zu Köln betrauert die beiden jung verstorbenen Sklaven namens Sidonius und Xanthias, beide aus dem Orient (Abb. 57). Letzterer «war schon kundig in der Abkürzung so vieler Buchstaben und Namen, zu notieren mit flüssigem Stilus, was die flüssige Zunge sagte. Niemand übertraf ihn im Lesen. Schon hatte er begonnen, durch den Ruf seines Herrn zu jedem Diktat fliegend, doch zum nächsten Ohr gerufen zu werden» (ILS 7756). Ein in der Antike berühmtes biographisches Werk von dem freigelassenen Sklaven und Grammatiker Hermippos (um 100 n. Chr.), das uns nicht er-

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halten ist, trägt den Titel: «Über Sklaven, die sich in der Bildung ausgezeichnet haben». Epiktet aus Hierapolis in Phrygien war Sklave in Rom, dem sein Herr erlaubte, bei einer Koryphäe zu studieren. Freigelassen, lehrte er selbst in Rom stoische Philosophie und scharte in Griechenland einen Kreis von Schülern um sich. Der Historiker Bagnall liest aus den Papyri des römischen Ägypten ein allgemein negatives Verhältnis zwischen Sklaven und ihren Eigentümern heraus: Jede Gelegenheit zur Flucht scheint genutzt worden zu sein.47 Aus dem bereits christlichen Ägypten des 4. Jahrhunderts erfahren wir ausführlich von dem Streit eines Ehepaares, unter dem die Haussklaven zu leiden hatten.48 Die Ehefrau weiß sich über die Missetaten des Mannes bitter zu beklagen: «Betreffs aller Beleidigungen, die er gegen mich ausgesprochen hat: Er hat seine eigenen Sklaven, meine Ziehtöchter sowie seinen Verwalter und Sohn für sieben ganze Tage im Keller eingesperrt, seine Sklaven und meine Sklavin Zoe beleidigt und mit Schlägen fast getötet, meine Ziehtöchter nackt ausgezogen – was gegen das Gesetz ist – und sie einem Feuer ausgesetzt. Und er hat zu denselben Ziehtöchtern gesagt: ‹Her mit allem, was sie hat!› und sie haben geantwortet: ‹Sie hat von uns nichts!› Und zu den Sklaven hat er, während sie gepeitscht wurden, gesagt: ‹Was hat sie aus meinem Haus entwendet?› und sie haben unter der Folter geantwortet: ‹Sie hat nichts von dir genommen, all dein Eigentum ist sicher!›»

Einzelne oder Gruppen von Sklaven fanden in und außer Haus Gelegenheiten, Missetaten und Verbrechen zu begehen. Davon berichten Literatur, Inschriften und Papyri: Ein Papyrus etwa derselben Zeit (4. oder 5. Jh.) gibt das ausführliche Protokoll einer Gerichtsverhandlung vor dem Statthalter und seinem Officium wieder:49 Mitten in der Nacht wird ein Ratsherr in Hermoupolis auf offener Straße überfallen und wäre fast zu Tode geprügelt worden, hätte nicht ein Bürger eingegriffen. Dieser will zwei oder drei Täter gesehen haben. Der Vater des ­Opfers weiß von vier Sklaven, alle vier Eigentum eines gewissen Sergios. Anscheinend hatte der Überfallene das Pech, die vier bei einem nächtlichen Einbruch in ein Haus überrascht zu haben. Ein Tempelsklave in Anatolien gesteht auf einer mit fein gemeißelter Schrift bedeckten Marmorstele, Geschlechtsverkehr mit einer verheirateten und zwei unverheirateten Frauen gehabt zu haben.50 Verurteilten Sklaven drohten besondere Strafen. Ein oft zitiertes Beispiel für die extreme Härte der römischen Rechtsauffassung wird von dem senatorischen Historiker Tacitus in außergewöhnlicher Breite dargestellt (ann. 14,42–45): Als der Stadtpräfekt Pedanius Secundus von einem seiner Sklaven ermordet wurde, sollte die gesamte Dienerschaft, Männer, Frauen und Kinder, 400 an der Zahl,

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hingerichtet werden. Während in den Straßen der Hauptstadt gegen den Beschluss ein Volksaufstand tobte, setzte sich die strikte Anwendung des vetus mos (traditionelle Sitte) in einer Senatsdebatte durch und die Exekution fand statt. Gegen die grundsätzliche Inhumanität der Institution ist bis ans Ende der Antike und darüber hinaus weder von den Römern selbst noch von irgendeinem der von ihnen beherrschten Völker des Imperiums etwas Substanzielles eingewendet worden. Im frühchristlichen Schrifttum ist die Sklaverei ein Dilemma: Christliche Nächstenliebe verträgt sich nicht gut mit einer Unterscheidung von Herr und Sklave. Doch die Sklaverei unterliegt keiner fundamentalen Infragestellung.51 Abolitionism kommt nirgends auf. Im 1. Petrusbrief (2,18) heißt es: «Ihr Sklaven, ordnet euch in aller Furcht den Herren unter, nicht allein den gütigen und freundlichen, sondern auch den wunderlichen. Denn das ist Gnade, wenn jemand vor Gott um des Gewissens willen das Übel erträgt und leidet das ­Unrecht. […]. Dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch.» «Die rechtliche Ungleichheit», so der Historiker Hartmut Leppin, «stand in Spannung zur christlichen Geschwisterschaft.»52 Die horinzontale Perspektive auf die Ebene einer neuen Weltgemeinschaft Gleicher vor Gott ist eingeschränkt durch die Anerkennung, ja Verteidigung der vertikalen Perspektive in der Gesellschaft. Besonders deutlich wird dies im 1. Timotheusbrief Kap. 6, das «Von den Sklaven» handelt. Wenn es dort heißt: «Welche aber gläubige Herren haben, sollen diese nicht weniger ehren, weil sie Brüder sind, sondern sollen ihnen umso mehr dienstbar sein», so ist der Sinn dieser Mahnung klar darin zu er­ blicken, dass der christliche Sklave sich mit dem Herrn gleichen Glaubens keinesfalls verbrüdern darf, sondern die vertikale Distanz wahren muss. Bei den threptoi (Zöglingen) handelt es sich um ein besonders in den anato­ lischen Provinzen verbreitetes Phänomen: Kinder wurden ausgesetzt oder weggegeben, in fremden Familien aufgezogen, wo sie den leiblichen Kindern rechtlich nachgestellt, aber nicht eigentlich Kaufsklaven waren.53 Auch der Statthalter Plinius war unsicher über den rechtlichen Status dieser Personen und wandte sich an den Kaiser (epist. 10,65): Es handele sich um ein die ganze Provinz betreffendes Problem (ad totam provinciam pertinens quaestio). Traian antwortete, dass man den Zöglingen den Anspruch auf Freiheit nicht abschlagen noch sie dazu zwingen sollte, die Freiheit durch Ersatz der Alimentationskosten zu er­ kaufen. Viele Zeugnisse liegen vor für ein inniges Verhältnis von Zieheltern und Ziehkindern. Jene mochten diese in ihr Familiengrab aufnehmen, wie umgekehrt ein erwachsener threptos, wohlhabend geworden, dankbar für die Grablege der geliebten Zieheltern sorgte.

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Anatolien bevölkerten neben Minoritäten wie der jüdischen und iranischen Diaspora, Italikern und anderen ‹Westlern› Mehrheiten von Landbewohnern thra­ kischer und keltischer Stämme im Westen, paphlagonischer, pontischer, kap­ padokischer und armenischer Völker im Osten, Lykier und Pisider im Süden. Anatolische Sprachen: Galatisch, Paphlagonisch, Pisidisch, Sidetisch, Lykaonisch, Kappadokisch, Armenisch und andere waren lebendig. Syrien und die Arabische Halbinsel bewohnten Syrer, Juden, Samaritaner, Nabatäer, das Nilland Ägypter und Kyrenaier. In Syrien / Palästina, am Euphrat und auf der nördlichen Arabischen Halbinsel wurde Syrisch, Hebräisch, Jüdisch-Aramäisch, Idumäisch, Samaritanisch, Parthisch, Arabisch (Nabatäisch, Safaitisch, Thamudisch, Liḥyā­ nisch, Palmyrenisch) und am Nil Ägyptisch gesprochen. Weit verbreitet im Orient zwischen Kaukasus und Ägypten war das Aramäische. Wo immer sich alltägliches, verderbliches Schreibmaterial wie Papyrus, Leder oder Holz erhalten hat, belegen Funde auch den schriftlichen Gebrauch einiger dieser Sprachen. Allein in den für die Öffentlichkeit bestimmten «Memorialinschriften» auf Grab­ stelen, Sarkophagen, Ostotheken und Grabhäusern, auf Göttern geweihten Gegenständen und Altären, auf Statuenbasen und an Bauwerken bevorzugte man auch in den Heimatregionen dieser Sprachen  – von Ausnahmen wie Palmyra (dessen Epigraphik konsequent zweisprachig ist), Iudaea / Palästina oder seltenen Einzelfällen anderswo abgesehen – das Griechische. Für keine andere Region des römischen Orients liegt eine ebenso systema­ tische Sammlung aller verschiedensprachigen Inschriften vor wie für Iudaea / Palästina mit über 10 000 Texten. Das Corpus Iudaea / Idumäa mit mehr als 1300 (meist spätantiken) Texten hat etwa 10 Prozent in epichorischen Sprachen. Ca. 30 Inschriften sind zweisprachig mit Griechisch. Bemerkenswert ist, dass die Handwerker ihre Steinmetzmarken sowohl mit griechischen wie auch mit aramäischen Buchstaben meißeln. Die vielen Mosaikinschriften in christlichen Kirchen belegen den Anteil der christianisierten Milieus der Spätantike an der Dominanz des Griechischen. Auch in den Inschriften der Provinz Arabia herrscht Griechisch vor. Die arabische Bevölkerung schreibt auf öffentlich aufgestellten Steinen gelegentlich Nabatäisch, je später und je weiter westlich der Steppe, desto seltener. Freilich sind die steinernen Monumente der Stadtzentren, der Heiligtümer und der stadtnahen Nekropolen kein Zeugnis für den alltäglichen Sprach- und Schriftgebrauch. Doch auch im Urkundenmaterial der Kaiserzeit hat sich das Griechische  – traditionelle Verwaltungs- und Verkehrssprache bereits in den Kanzleien der hellenistischen Monarchien makedonischer, griechischer und nichtgriechischer Herkunft – bis in die Amtsstuben und Archive der Dörfer und

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in die Alltagskorrespondenz der Provinzialen verbreitet. Es wurde in gemischten Milieus von den meisten verstanden. Das ist durch den Bestand an tausenden von Papyri für Ägypten klar erwiesen. Diese ergeben ein besonderes Bild: Das einheimische Ägyptisch hat sich noch bis in die Kaiserzeit hinein bei den Schreibern an den Tempeln der ägyptischen Götter und in sehr wenigen anderen Milieus in Form der demotischen Kursivschrift halten können. Im 2. Jahrhundert n. Chr. war es im alltäglichen schriftlichen Gebrauch so gut wie verschwunden. «Alt-Koptisch» nennt man einen ersten Versuch, die einheimische Sprache in einer neuen Schrift auszudrücken, während das Koptische, eine Schrift, die mehrere ägyptische Dialekte schreibt, erst im 3. Jahrhundert für die Übertragung der Bibel ins Ägyptische erfunden wurde und sich dann in reli­ giöse Literatur und Privatbriefe, besonders im mönchischen Milieu, ausgebreitet hat.54 In manchen Kontexten schreibt man gelegentlich mehrsprachig, etwa aus besonderer Vorsicht: zur Warnung auf der Tafel am Kreuz von Golgatha (Jo 19,19 f. und CIIP I 1, 15) oder an der Balustrade des Jerusalemer Tempels (CIIP I 1, 1). Im 4. Jahrhundert ließ der christliche Herrscher Äthiopiens eine Stele dreisprachig, in griechischer, altäthiopischer und pseudosabäischer Sprache beschreiben.55 Insgesamt ergibt sich das Bild von einer Bevölkerung des römischen Orients, die viele verschiedene Sprachen sprach und doch in einer Verkehrs- und Schriftsprache, dem Griechischen, lokal und überregional kommunizierte. Aber wer konnte überhaupt Lesen und Schreiben? Entgegen anders lautenden Urteilen in der Forschung56 war diese Fähigkeit selbst in ländlichen Gebieten bei einem erheblichen Teil der erwachsenen männlichen Bevölkerung verbreitet.57 Was den Sprach- und Schriftgebrauch der Provinzbevölkerung und die soziale Schichtung betrifft, sind außer den Papyri Ägyptens die tausenden von Grab- und Weihinschriften in der Stadt und besonders auf dem Land unsere wertvollste Quelle. Sepulchralarchitektur in Stein und epigraphic habit – das Bestreben und die finanzielle Möglichkeit, sich schriftlich in steinernen Schau­ flächen zu äußern – dringt bis in die Dörfer vor. Die Steine reden in Worten und Bildern. Diese porträtieren Individuen, Paare, komponieren Familienszenen mit Dienerinnen und Dienern, geben mit Rinderköpfen, Pflügen, Winzermessern oder diversen Geräten den Ausweis für landwirtschaftlichen Wohlstand oder Handwerkerstolz, repräsentieren mit Kamm, Spiegel, Schmuckkasten, Parfümflasche, Wollkorb und Spindel die gepflegte und tugendhafte Hausfrau, zeigen immer wieder Schreibgriffel und Futteral (Abb. 56). Für Anatolien gestatten die fast ausschließlich auf den extraurbanen Raum Lydiens verteilten sogenannten Beichtinschriften einen ungewöhnlichen Tiefblick in

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die Welt der einfachen Leute, Männer, Frauen, Freie und Sklaven.58 An der hellenistisch-römischen Universalkultur nahmen Personen aller Stände substanziellen Anteil.59 Die Metapher von Firnis oder Tünche trifft nicht das Richtige. Bildung, Geistesleben, Vergnügungskultur und Way of Life griechischer Herkunft und Prägung blühten in allen orientalischen Reichsteilen und drangen bis tief in die Gesellschaft in der Stadt und auf dem Land vor. Ein Reservoir schriftlicher Zeugnisse mitten aus dem Leben, das Aufmerksamkeit verdient, ist das der Graffiti. Hier sprechen sich mit Bitten, Flüchen, Wünschen, Witzen und Spielereien, oft mit Zeichnungen untermalt, Menschen von der Straße aus. Bevorzugte Schreibobjekte sind marmorne Flächen in Heiligtümern und Hallen, Gebäudewände. Eine größere Gruppe ist im Keller­ geschoss der römischen Basilika an der Agora von Smyrna entdeckt worden. Sprüche sexuellen Inhalts, etwa: «ich habe von hinten gefickt. Und auch ich!», stehen da neben solchen, wo es um die Liebe zu einer ungenannten Frau, um Gladiatoren, Schiffe oder Wortspiele geht; immer wieder kommen Bitten um oder Dank für Heilung von Augenleiden vor. Bei den Wortspielen handelt es sich um sogenannte Isopsephismen: Jedem griechischen Buchstaben wird ein bestimmter Zahlenwert zugemessen; der Name Neron (Kaiser Nero) ergibt addiert dieselbe Zahl wie der Satz: «er hat seine eigene Mutter getötet». Ein christliches Graffito hat: kyrios o – pistis o, das heißt, die Buchstaben der Wörter «Herr» und «Glaube» ergeben denselben Zahlenwert: 800. Man schreibt Wörterlisten, bei denen die horizontal geschriebenen Wörter in den vertikalen Buchstabenreihen wiederkehren usw.60 Reich an mehrsprachigen Graffiti ist das schon genannte Corpus von ­Iudaea / Palästina. Eine Schwierigkeit bei diesen Texten besteht darin, dass das gelehrte philologische Instrumentarium des modernen Forschers nicht immer ausreicht, hinter den Sinn mancher der hingeritzten oder -gepinselten Sprüche zu kommen. Eines der anregendsten Beispiele dafür geben zwei Graffiti auf den gegenüberliegenden Türpfosten zum Eingang in eine Grabhöhle, die zu einer Nekropole bei Maresha in Idumaea gehört (CIIP IV 3572). Hier hat man schon Anfang des 20. Jahrhunderts unzählige Graffiti und Zeichnungen gefunden. Über einem dreiköpfigen Höllenhund (Kerberos) am rechten Eingang sind vier Zeilen einer metrischen Inschrift gut zu lesen, während von zwei Zeilen am rechten Eingang sich nur die zweite sicher zu erkennen gibt: «Kalypsos Kopfnicken». Über die Verse rechts haben mehrere Philologen sich die Köpfe zerbrochen, ohne übereinzustimmen. Ich gebe meine Übersetzung und Interpretation:61

Bevölkerung

Abb. 58: Graffito von Maresha, Israel

«Ich weiß nicht, was tue ich da, oder wie soll ich dich befriedigen? Ich liege regel­ mäßig mit einem anderen Mann, obwohl ich’s mega gern mit dir treibe. Doch, bei Aphrodite, es freut mich mega, dass dein Mantel als Pfand daliegt. Aber ich geh jetzt weg, und dir lasse ich viel guten Platz. Mach, was du willst! Schlag nicht gegen die Wand, das macht Lärm! Besser mit Kopfnicken zwischen den Türflügeln geht es!»

Ziemlich sicher haben wir es hier mit einem Stelldichein zum Sex zu tun, und – wenn die Inschriften beider Türpfosten aufeinander Bezug nehmen – scheint die Verabredung des Freiers einer gewissen Kalypso zu gelten, des Öfteren erfolgreich, aber nicht immer: Sie treibt es auch mit anderen. Ob er auch darüber ­wütend ist, sie hält ihm seinen Platz frei. Falls sie besetzt ist: Aus Wut gegen die Wand schlagen bringt nichts! Warten, bis die Tür aufgeht und ein Kopfnicken das Freizeichen gibt. So etwa würde ich das Gedicht verstehen. Andere weit auseinanderliegende Interpretationen weichen davon ab, angefangen damit, dass nicht nur die Frau spricht, sondern ein Dialog stattfindet. Auch herrscht Dissens, ob die Aussprüche dem realen Leben entsprungen sind, oder ob hier jemand aus einer literarischen Vorlage zitiert oder paraphrasiert

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hat. Grabhöhlen als Treffpunkt zum Sex kommen in der Literatur vor (Mart. 1,34,8; 3,93,14 f.). Obgleich die Inschrift in der Höhle Palästinas nach allgemeiner Ansicht hellenistisch ist, muss diese Art schlüpfriger Verse in der Kaiserzeit in Mode gewesen sein, angeblich vor allem in ganz Phoinikien (Athen. 15, 697b–c). Eines wird wörtlich zitiert: «Was ist los? Verrate uns bloß nicht, ich flehe dich an! Raus mit dir, bevor mein Mann zurückkommt, dass er dir nichts Übles antut und mir, so einer erbärmlichen! Es wird schon Tag: das Tageslicht durch die Tür, siehst du es nicht?» Verwandter Stoff erotischer Dichtung findet sich in popu­ lären Bühnenstücken und in der Romanschriftstellerei nebst kleineren Erzählungen wie den «Milesischen Geschichten» eines hellenistischen Autors, von denen der römische Satiriker Petron diejenige über die «Witwe von Ephesos» nach­ erzählt. Sie handelt von einer ehrbaren Dame, die sich in der Gruft ihres verstorbenen Mannes von einem Tröster verführen lässt (Petron. 111 f.).

4. Spectacula

Spectacula

Das Thema der sogenannten Agonistik führt auf ein komplexes und facetten­ reiches Feld orientalischer Kulturgeschichte im römischen Reich. Von wenigen Einzelfällen abgesehen ist es auf Griechenland und den Orient beschränkt.62 Die exuberante Vielzelligkeit des Festspielwesens in den östlichen Provinzen erreichte in der Kaiserzeit einen Höhepunkt. Den obersten Rang besaßen die «Kranzwettkämpfe», deren Sieger nach uraltem griechischem Zeremoniell bekränzt wurden. Die Orts- und Götternamen der Wettkämpfe wurden seit Augustus durch Kaisernamen ergänzt oder ersetzt. Jede Stadt, die etwas auf sich hielt, holte sich die Erlaubnis des Kaisers, alle vier, drei oder zwei Jahre einen oder besser zeitversetzt mehrere Kranzwettkämpfe auszurichten. Man kennt etwa 300 bis 400 verschiedene Agone. Pergamon und Antiocheia in Syrien hatten je fünf, Alexandreia in Ägypten sechs, Ankyra immerhin vier: Hadrianeia, Aktia, Soteria, Pythia. Hier ist die Grenze der hellenisierten Küstenregionen überschritten und die griechische Festkultur in eine Landschaft vorgedrungen mit keltischer und phrygo-paphlagonischer Bevölkerung. Hauptorte der Gaue in Ägypten, die gar keinen Polisstatus besaßen, richteten Agone ein: Panopolis gründete einen isopythischen Wettkampf für Perseus Uranios.63 Dasselbe Phänomen findet sich in den Provinzen mit mehrheitlich semitischen Bewohnern: Damaskus’ Stolz waren Aktia und Olympia, Tyros richtete einen Kranzagon für Melkart-Herakles aus. Die Stadt Bosra in Arabia feierte regelmäßig den Kranzagon der Actia Dusaria zu Ehren der einheimischen Gottheit Doūsarēs. Demselben Gott war ein Fest

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in Adraa (Darʿā) geweiht, Präsidenten der Festspiele (panegyriarchai) dieser Stadt stifteten mehrere Kultnischen im Sîq von Petra.64 Ein jährlicher Agon Gerasas im Namen des Kaisers Traian ist belegt. Auch Scythopolis und Philadelpheia richteten Wettkämpfe aus, anscheinend nicht aber Petra. In Rom etablierte sich ein Weltdachverband der wandernden, von Stadt zu Stadt ziehenden Wettkämpfer. Die Termine für die «Periode» der prestigeträchtigen Kranzagone – eine Tournee, vergleichbar etwa dem «Grand Slam» der heutigen Tennisturniere – waren so in Unordnung geraten, dass Hadrian in Briefen an die Abteilung der dionysischen Bühnenkünstler dieses Weltverbandes einen neuen Zeitplan aufstellte: Wettkampfprofis aus aller Welt sollten die Rundreise von Auftritt zu Auftritt bewältigen können, ohne ein Fest verpassen zu müssen, weil ein anderes gleichzeitig oder zeitnah stattfand. Nicht jede Stadt jedoch wollte auf ihren traditionellen Termin verzichten.65 Träger der administrativen und ökonomischen Leistungen waren teils die kommunalen Kassen, teils private Stiftungen reicher Bürger. Einige Städte haben Wettkämpfe abgebrochen, Preisgelder an die Sieger nicht ausbezahlt oder statt Bargeld Naturalien angeboten, die vorgesehenen finanziellen Mittel fremdverwendet – etwa für Bauvorhaben oder Notkäufe von Getreide. Darüber haben sich die Gesandten der Wettkämpfervereinigung beklagt, und Hadrian untersagte jedwede ohne seine Erlaubnis vorgenommene Veränderung bei den Finanzen, die er unter die Aufsicht römischer Magistrate stellte. Im Einzelnen sind die Finanzierungsmodalitäten der großen Kranzagone, die mögliche Beteiligung der regionalen und weltweiten Künstlervereinigungen ungeklärt. Die besten Informationen besitzen wir durch zufällige Inschriftenfunde über zweit- und drittklassige Agone, wie aus der kleinen lykischen Stadt Oinoanda mit der Stiftung eines Bürgers namens Demosthenes, die uns ein in Stein gemeißeltes Urkundendossier von 117 Textzeilen in allen Einzelheiten beschreibt.66 Der Provinzgouverneur von Pontus-Bithynia, Plinius der Jüngere, musste sich mit überzogenen Forderungen der Wettkampfsieger seiner Provinz herumschlagen (epist. 10,118).67 Traian wies die Forderung der Athleten zurück, Ha­ drian aber gab ihr nach. Das nomen iselastici war einer besonderen Kategorie von Kranzagonen vorbehalten, deren Siegern extravagante Ehren, Privilegien und Vergütungen in ihren Heimatstädten zukamen. Ältester Bestandteil war das Recht, auf einem Wagen durch die Mauern in ihre Heimatstädte «einzufahren» (eiselaunein). Der Schriftsteller Plutarch erläutert das noch genauer (symp. 2,5,2). Beim Einzug in die Stadt werde eine Bresche in die Mauer geschlagen, und der Sinn dieses Brauches sei es, auszudrücken, dass eine Stadt mit Kämpfern und Siegern unter ihren Bürgern keiner Mauern bedürfe. Diese Zeremonie war ein

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Abb. 59: Sarkophag des Wettkampfsiegers L. Septimius Theron, Museum Antalya

populäres Spektakel in den Städten. Kaiser Nero ließ es sich bei seiner Rückkehr aus Griechenland 66 n. Chr. nicht nehmen, in Neapel einzufahren und einen Teil der Mauer niederbrechen zu lassen, wie es Sitte bei den Siegern der heiligen Wettkämpfe sei: ut mos hieronicarum est (Suet. Nero 25). Dasselbe tat er gleich darauf in Antium und Albanum, und in Rom ließ er zusätzlich noch einige Tore demolieren. Ruhm, Kränze, Palmzweige strahlten von den Helden auf ihre Heimatstädte ab. Diese gewährten «Speisung im Prytaneion» schon in klassischer Zeit, versprachen Rente auf Lebenszeit in Hellenismus und Kaiserzeit. Rente fordern noch im 3. Jahrhundert n. Chr. stereotyp die auf Papyrus erhaltenen Eingaben der Athleten von Hermoupolis, Ägypten, an die Gemeinde. Sie zahlte 180 Drachmen pro Sieger monatlich und gab im Jahre 266 / 67 n. Chr. dafür eine Summe von 8 Talenten aus.68 Städte wie Amastris am Schwarzen Meer und Antiocheia am Orontes in Syrien gewährten anscheinend mietfreie Unterkunft in bestimmten Vierteln, die als «Häuserblocks der Sieger» bekannt waren. Je ranghöher das Fest, an dem der Sieg errungen wurde, desto größer die Privilegien, die den Kranzträgern zustanden. Die Wettkampfprofis, darunter auch Frauen, verbrachten Jahre auf Wanderschaft und verstarben häufig in der Fremde. «In vielen Theatern» waren eine Tänzerin aus Nikaia, Chrysopolis (MS II 242), und ein Gemellos, der in Amaseia sein Grab fand, aufgetreten (MS II 380). Ein 28-jähriger Tragödienschauspieler Tiberius Claudius Philoxenos aus Athen verstarb in Prusias am Hypios in Bithynien (IK Prusias 97), nur ein Jahr älter war Krispos, «Bürger des pharischen Landes und des ährentragenden Nils», aus Alexandreia in Ägypten (MS II 260). Auf

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der Vorderseite seines Sarkophags, der heute im Museum von Antalya ausgestellt ist, ließ der Boxer Septimius Theron fünf Losurnen abbilden und mit den Namen der Agone Olympia, Pythia, Aktia (in Griechenland), Kapitolia (den seit Domitian in Rom veranstalteten, der Göttertrias auf dem Kapitol: Jupiter, Juno, Minerva geweihten Wettkampf) und Koina Asias (dem Wettkampf des Provinziallandtags der Provinz Asia) beschreiben (Abb. 59). Ein Boxer aus Sinope siegte in 27 iselastischen Wettkämpfen in Rom, Neapel, Griechenland und Kleinasien, hier in den Städten Nikomedeia, Nikaia, Smyrna, Pergamon, Ephesos, Sardeis, Philadelpheia, Tralleis, Hierapolis, Laodikeia, Thyateira, Mytilene, in den anatolischen Provinzen Pontus, Galatia und Cappadocia. Hinzugefügt wird die Zahl von 110 «anderen» Agonen, die mit einem halben Talent dotiert waren (IAG 69). Theaterbauten, darunter bis auf die Dachkonstruktion nahezu komplett erhaltene Exemplare wie in Bosra (Abb. 32), am Sitz des Legaten der Provinz Arabia, oder in Aspendos in Pamphylien, besaß fast jede Kleinstadt. Es muss den heutigen Betrachter geradezu irritieren, wenn von einem bescheidenen Städtchen wie Laodikeia am Lykos in Südwestkleinasien zwei überdurchschnittlich große Theater und ein Stadion erhalten sind, deren Fassungsvermögen jedenfalls nicht an der Zahl der Bürger zu messen ist. Das komplexe Ruinengelände von Gerasa im heutigen Jordanien hat ein Nord- und ein Südtheater, außerdem ein Hippodrom. Ein imposantes Bauwerk in der kleinen Nachbarstadt Philadelpheia steht noch heute im Zentrum des modernen Amman. Pergamon war gleich unterhalb des Theaters am Burgberg mit Amphitheater und Hippodrom ausgestattet, nach dem Vorbild des Ensembles von Colosseum und Circus Maximus am Palatin in Rom. Im Stadtzentrum von Antiocheia am Orontes ließ Commodus für den olympischen Agon Neubauten einer Ringerhalle (plethrion), einer überdachten Laufbahn und eines Gymnasiums (xystos) errichten.69 Der Historiker Fergus Millar zieht jenseits der städtisch geprägten Küstenzone Syriens, in der Steppe und am Euphrat die Grenze.70 Doch sowohl in Palmyra an der Oase Tadmor in der syrischen Steppe als auch in Petra an der alten Residenz der nabatäischen Könige im Wādī Musa befinden sich Theater.71 In Palmyra zeigt die Einfassungsmauer der Orchestra, dass gefährliche Tierhetzen oder Gladiatorenkämpfe veranstaltet wurden.72 Gab es Theater jenseits des ­Euphrat? Dass die städtische Theaterkultur mit Bauten, Festen und Agonen definitiv am Euphrat endete, ist am Beispiel zumindest einer bedeutenden Stadt zu widerlegen: Edessa. Ein Theater im südöstlichen Stadtgebiet existierte, von dem sich freilich im heutigen Urfa keine Reste erhalten haben.73 Der Bau ist erwähnt in der syrischen Vita des Bischofs Rabulas aus dem 5. und in der Chronik des

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Joshua Stylites aus dem 6. Jahrhundert. Mehr als diese verrät die Homilie des ­Jakob von Serugh aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts über die heidnische, sprich: griechische Festkultur in Edessa. Angespielt ist auf eine Reihe von Einzelheiten, die auf blühenden Theaterbetrieb schließen lassen: Frauenrollen, die von Männern gespielt werden, Pantomimen, die auf marmornem Bühnenparkett tanzen, der mythische Stoff der Spektakel: Apollon und Daphne, Aphrodite, Kronos und Rheia.74 Nach Art ihrer Disziplinen waren die Wettkämpfe dreigeteilt in die Klassen der gymnischen (Sport), hippischen (Pferde- und Fohlenrennen) und musischen oder thymelischen (bühnendarstellerischen) Agonistik. In der Kaiserzeit hatte sich ein facettenreiches Programm ausdifferenziert, in dem manche Wettkampfarten noch immer unklar sind, etwa Kuriositäten wie eurhythmia oder sphairismata (Ballspiele), ein Agon der agalmatopoioi (Bildhauer) in Aphrodisias, ein Ärzte-Agon in Ephesos, bei dem es auf Fertigkeit in cheirurgia ankam (I. Ephesos 1161 f. 1166). Wer würde nach Jahrhunderten auf eine Olympiade unserer Zeit wie die in Tokyo 2021 zurückblickend verstehen, was genau «Synchronschwimmen», «Wellenreiten» oder «Beach-Volleyball» bedeutet? Am besten dotiert für Sieger bei den musischen Wettkämpfen war der Gesang mit Kitharabegleitung. Kaiser Nero übte sich in dieser Kunst. Herolde, ebenfalls im Wettkampf gegeneinander, eröffneten die Abfolge, die sich, unterbrochen von Markttagen und religiösen Zeremonien, ca. 20 bis 40 Tage hinziehen konnte. Tragödien und Komödien sowohl der alten Klassiker als auch neuer Dichter gehörten zum Programm ebenso wie Reden in Prosa und Preislieder in Versen. Nach Dion von Prusa (19,5) pflegte man in der Tragödie auf die Chorpartien im lyrischen Versmaß zu verzichten. Chöre, die Flötenspieler begleiteten, traten gesondert auf. Verschiedene Arten von Tanz waren beliebt: Ein ­Grabepigramm des 2. Jahrhunderts n. Chr. handelt von dem mit 30 Jahren verstorbenen Aimilianos, den sein Ziehvater in den sportlichen Disziplinen Ringen, Speerwerfen, Pankration, Diskos, Laufen, Springen und Ballspiel zum profes­ sionellen Athleten ausgebildet hatte. «Gewonnen habe ich», sagt Aimilianos in Vers 10, «Kyzikos und Pergamon mit dem Satyros» (MS II 310). Aus einer Schrift Lukians von Samosata mit dem Titel «Über Tanz» erfahren wir, der «bakchische Tanz» sei eine Unart, die besonders in Ionien und Pontos gepflegt werde. Obgleich er nach Satyrart aufgeführt werde, sei er in allen Städten beliebt, und nicht einmal die edelsten und ranghöchsten Bürger schämten sich, ihn aufzuführen (Lukian. salt. 79). In der Siegerliste einer Stadt wird er im Programm neben dem «Waffentanz» aufgelistet (CIG II 2758 V col. ii 6). Es kann kaum be-

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zweifelt werden, dass mit «Unart» ein obszönes Aussehen oder Sich-Bewegen der Tänzer getadelt wird. Auftritte von Mimen und Pantomimen zur Belustigung der Massen waren dem Beiprogramm vorbehalten und standen nicht im Wettkampf. Hier wurden Szenen aus den homerischen Epen (von Homeristai), Clownerien, Pantomimen oder kleinere Lustspiele auf die Bretter gestellt. Entsprechende ‹Drehbücher› hat es gegeben: Ein Papyrus aus Oxyrrhynchos in Ägypten (P. Oxy. 413) gibt ein wunderschönes Beispiel aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. mit zwei fragmentarischen Texten: auf der Vorderseite ein Stück zur Aufführung mit musikalischer Begleitung und Tanz, teilweise in Versen, ergänzt durch Bühnenanweisungen und Liste der Dramatis Personae. Es erzählt von einer jungen Griechin namens Charition. Die aus Dialogen und Monologen zu erschließende Handlung könnte abstruser nicht sein. Charition war irgendwo an der Küste des Indischen Ozeans von Barbaren aufgegriffen worden, deren König Griechisch verstand. Ob sie im Tempel der Mondgöttin Asyl fand oder gefesselt zur Opferung vorbereitet wird, ist nicht klar. Der Bruder Charitions und seine Gefährten treffen per Schiff zu ihrer Rettung ein. Die Barbaren werden betrunken gemacht. Einer der Griechen tritt als Clown auf. Ausgiebig wird die Barbarensprache in einem unverständlichen Gestammel parodiert. Der besoffene König grunzt: «Zeisukormosede», worauf der Clown einwirft: «Ah, das ist krank!», der Bruder meint dazu: «zu viel Wasser im Wein! Lass mal die Luft aus dem Glas: Reichlich Wein!» Ein Barbar kommentiert: «skalmakatabapteiragummi» (vss. 68–70). Als Einzige nüchtern geblieben, kehren die Frauen der Barbaren, mit Pfeil und Bogen bewaffnet, von der Jagd zurück und hätten den Clown beinahe erschossen (vss. 195–208). Jedenfalls entkommen die Griechen. Im Stück auf der Rückseite ist die Hauptfigur wieder eine Frau, Herrin von Sklaven. Sie will Sex mit einem von diesen, Aesopus, doch der lehnt ab. Erzürnt darüber spricht sie über ihn und seine mutmaßliche Geliebte, die Sklavin Apollonia, das Todesurteil aus. Doch Aesopus entkommt, nur die Sklavin bleibt eingesperrt. Der Blutdurst der Herrin richtet sich jetzt gegen den Gemahl, dessen sie nach langen Ehejahren überdrüssig ist. Trotz Beihilfe zweier Sklaven scheint die Ausführung des Mordes (durch Gift?) irgendwie zu scheitern. Der Text bricht unvollendet ab. Wie heute serienweise Romane für die Wühltische am Eingang großer Buchhandlungen produziert und als Urlaubslektüre konsumiert werden, so war der Bedarf an Geschichten über Barbarenländer, Schiffbrüche, Piraten, Räuber, schöne Frauen und junge Helden für den Mimos auf der Bühne riesengroß, und die Darbietungen sind von begeisterten Volksmengen in großen und kleinen Theatern gehört und angeschaut worden. In der Weltstadt Antiocheia hat sich

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Abb. 60 (links): Gladiatorinnen, British Museum, London Abb. 61 (rechts): Relief aus Ephesos mit Darstellungen einiger für die venationes in der Arena bestimmten Tiere, Museum Selçuk

der im Luxusleben erschlaffte Kaiser Macrinus dem Besuch aller Arten pantomimischer Darbietungen hingegeben (Herodian. 5,2,4). Etwas von den griechischen Wettkämpfen zu Scheidendes sind die Gladiatorenkämpfe, deren Ursprung in Italien liegt, die jedoch in der Kaiserzeit über den ganzen Orient verbreitet waren, und die in großen und kleinen Städten zumeist die Priester des Kaiserkultes «gegeben» (munera), das heißt finanziert haben.75 Reiche Inhaber der hohen Ämter unterhielten Schulen (familiae), in denen Verurteilte, Sklaven, aber auch Freie, ja sogar römische Bürger trainiert wurden. Auch Gladiatorinnen hat es gegeben: Ein Relief aus Halikarnassos im Britischen Museum zeigt eine «Amazone» und eine «Achillea», die mit Schild und Kurzschwert bewaffnet aufeinander losgehen (Abb. 60). Die von Frauen umschwärmten männlichen Akteure schmückten sich mit Kampfnamen wie Achill, Panther oder Perle, Schönhaut. Nicht wenige waren verheiratet und wurden auf ihren Grabsteinen von den Ehefrauen betrauert. Bei weitem nicht alle Kämpfe hat man mit scharfen Waffen auf Leben und Tod ausgeführt. Diese Kategorie der «ernsten Kämpfe» (apotoma) war für die «Geber» teurer und einem größeren festlichen Rahmen vorbehalten. Wie in der griechischen Agonistik, so gelangten mehrfache Sieger zu Ruhm und Ehrungen. Die Kämpfe selbst folgten nach Art und Ausrüstung strengsten Regeln. Die Veranstalter spendierten daneben oft ein variantenreiches Beipro-

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gramm mit allerlei Attraktionen bis hin zu Seeschlachten auf künstlich angelegten Teichen oder unter Wasser gesetzten Arenen. Fester Bestandteil waren die Tierhetzen (venationes, griechisch kynegesiai), die unzählige, mit großem Aufwand in Afrika und Asien erjagte und in die Städte transportierte Wildtiere das Leben kosteten. Gelegentlich erwischte es einen der Pfleger in den Käfigen (Abb. 61) oder der Jäger in der Arena. Zum Programm gehörten schließlich die Hinrichtungen der den Raubtieren vorgeführten, ad bestias Verurteilten. An solcherart Vergnügungskultur nahmen stadtsässige Bürger ebenso teil wie die Landbevölkerung, Angehörige aller Nationen, Religionen, Männer und Frauen. Die durchaus blutige Härte selbst mancher Sportwettkämpfe der griechischen Agonistik wie Pankration oder Boxen, die für uns Heutige geradezu unvorstellbare Grausamkeit der apotoma bei den Gladiatoren oder die Hinrichtungen der Verurteilten haben nur in wenigen Kreisen und an manchen Rändern der Gesellschaft des Imperiums Abscheu und Kritik evoziert. Für einen christ­ lichen Apologeten wie Tertullian (de spectaculis) spielt der Grad der Grausamkeit keine Rolle, die an den heidnischen Götterkult gebundene Agonistik ist für ihn in allen ihren Formen, gleichgültig ob Musik, Tanz oder Kampf mit tödlichen Waffen, abzulehnen. Ein Stoiker wie der Kaiser Marcus Aurelius (161–189 n. Chr.) war vom Blutvergießen bei den Glatiatorenkämfen angewidert; er soll im Colosseum in Rom nur Kämpfen mit stumpfen Waffen beigewohnt haben (Cass. Dio 72,29). Die uralte, fast 1000-jährige Tradition der griechischen Sportwettkämpfe war dereinst mit der militärischen Erziehung der Bürgerjugend verschwistert. In Lukians Dialog Anacharsis verteidigt diese Idee der ehrwürdige Gesetzgeber Athens Solon, ein weiser Staatsmann des 6. vorchristlichen Jahrhunderts, gegenüber dem Skythen Anacharsis: Jeder Zuschauer werde bei den Wettkämpfen der Männertugenden ansichtig, der Schönheit der Körper wie deren Fitness, der zwingenden Könnerschaft, unwiderstehlichen Kraft, dem Mut, Kampfgeist, unbeugsamen Willen und unsäglichen Siegeseifer (Anach. 12). Das alles sei sozusagen staatstragend (14). Und doch vermag Solon dem Skythen die Verwunderung ­darüber nicht auszureden, dass eingeölte Körper sich wie Schweine im Dreck wälzen, um in dem unwahrscheinlichen Fall des Sieges über alle anderen einen Öl- oder Apfelbaumzweig als Preis zu ergattern. In den Schriftzeugnissen der Kaiserzeit und der Spätantike ist die Agonistik omnipräsent, nicht allein in der hohen Literatur – die Bewunderung des perfekten Athletenkörpers ist brillant sublimiert in Dion Chrysostomos’ Trauerrede über den Tod des Boxers Melankomas (Dion Chrys. 28–29) –, sondern auch im Formular einer Vielzahl von Inschriften der einfachen Provinzbewohner, in den

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Papyri, in Schrift und Bild auf den Münzen. An der Kirche von Euchaita (Pontos) vermutlich im 5. Jahrhundert eingemeißelt, preist ein Epigramm Theodoros Tiro, den «Soldaten», einen Märtyrer der maximianischen Verfolgungen, als «Athleten Christi» (MS II 387). Diese unbekümmerte Übernahme der agonistischen Metaphorik beim schärfsten Gegner der Spiele, dem Christentum, erscheint als besonders merkwürdig, kommt aber häufig vor. Die reichen und präzisen Anleihen in einem keineswegs pejorativen, sondern positiven Kontext gehen zurück bis auf Paulus: «Ich habe den guten Agon gekämpft, den Wettlauf vollendet, den Glauben bewahrt. Nun liegt für mich der Siegeskranz der Gerechtigkeit bereit» (2 Tim 4,8), und sie ziehen sich durch die Literatur bis zu Kirchenvätern und Martyriumsberichten. Die Virtus des Wettkämpfers, Askese und Blut des Gladiators sind übertragbar auf die Passion Christi, Geißelung und Dornenkrone, auf Leiden, Sterben und zugleich Sieg und Triumph der Märtyrer. Homilien wie Heiligenviten schwelgen in dieser Metaphorik, griechische ebenso wie die syrische des Mār Qardāgh, die beginnt mit den Sätzen: «Ich sehne mich, Dir die h ­ eroischen Taten und den großen Agon dieses Athleten des wahren Glaubens, des heiligen Märtyrers zu erzählen. Die Engel bewunderten ihn und die Menschen waren ­erstaunt beim großen Wettkampf seines Martyriums.»76 Die harte Askese der Eremiten und Säulensteher Syriens wird beschrieben mit dem Vokabular der Arena, so bei Theodoret von Kyrrhos, der den Styliten von Telanissos, Symeon den Älteren (siehe unten S. 524–527), als pentathlos bezeichnet. Eine Ver­sinschrift des 5. Jahrhunderts preist hymnisch den Bischof von Bosra in Arabia, Antipatros, der sich einen Ruf als scharfer Polemiker in christologischen Disputen erworben hatte: «Wettkämpfer, berühmt für sein Können nach Agonen, in denen er den Siegpreis gewann, indem er großartig rühmte die reine Jungfrau Maria, die vielbesungene» (MS IV 420). Die siegreiche Kirche hat manche Mittel der Massenwirksamkeit von den spectacula aufgesogen: «So many of the ideas and forms of expression in the early Church can be precisely located in the crucial area of ancient show-business.»77 So wenig wie die Krisen und Kriege des 3. vermochten die christlichen Kaiser und Kirchenväter des 4. bis 6. Jahrhunderts n. Chr. das Wettkampfwesen auszumerzen. Mit Aufkommen des Christentums in Ägypten verschwinden im 4. und 5. Jahrhundert die agonistischen Ämter aus den Papyri. Dort, wo vor über 1000 Jahren alles angefangen hatte, in Olympia auf der Peloponnes, endeten die Agone im späten 4. Jahrhundert. Einer der letzten Olympioniken war ein armenischer Prinz. Nachdem Konstantin die Olympien im Theater von Chalkedon verboten hatte, führte sie der Praefectus urbi Leontius im Jahre 431 wieder ein. Ein christlicher Abt, Hypatios, machte sich zusammen mit seinen Mönchen von

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ihrem Kloster im Innern Bithyniens auf den Weg in die Stadt, um die Zeremonien zu stören.78 Kaiser Anastasios verbot 499 Tierhetzen und zweieinhalb Jahre später Tänze (Joshua Stylites 34. 46). Antiocheia am Orontes feierte die Olympien bis ins 6. Jahrhundert. Die Zirkusrennen beherrschten das Stadtleben des justinianischen Konstantinopel. Justinian, mit einer Schauspielerin verheiratet, veranstaltete 521 die kostspieligsten spectacula aller bisherigen Zeiten mit wilden Tieren und Wagenrennen (Chron. min. II 102). Wichtiger als diese Großveranstaltungen ist die Kontinuität verschiedener Elemente der Wettkämpfe auch nach dem Verschwinden der großen städtischen Kultfeiern für die heidnischen Götter und Kaiser. Die Bühne hatte ein Eigen­ leben jenseits der Agone und überdauerte diese um Jahrhunderte. Doch ist die Genese und Vitalität dieses Kunstbetriebes ohne die Impulse der großen Agonistik nicht zu denken, und ein ebenfalls offensichtlicher Zusammenhang besteht mit den von Stadt zu Stadt reisenden Sophisten und Rhetoren. Deren Gelegenheitsdichtung, Rede- und Debattierkunst findet ihre Fortsetzung in den Vers­ homilien der Kirchenväter und in den Disputen zwischen orthodoxen Bischöfen, Arianern, Marcianern, Manichäern und sonstigen Häretikern auf den öffent­ lichen Plätzen der Städte des christlichen Imperiums.

5. Ex oriente: Philosophie, Sophistik, Literatur und Wissenschaft

Philosophie, Sophistik, Literatur und Wissenschaft

Die auf uns gekommene literarische und künstlerische Produktion des Imperiums der Kaiserzeit stammt überwiegend aus dem Osten. Werke in der Kunst- und Fachsprache der Redner und Schriftsteller in Dichtung und Prosa wurden abgeschrieben, verbreitet und auf Papyrusrollen, den antiken Büchern, in privaten und öffentlichen Bibliotheken aufbewahrt und gelesen. Auf diesem ihrem ursprüng­ lichen Beschreibstoff haben die meisten von ihnen die Zeiten nicht überlebt. ­Freilich ist auch da wieder – gemeinsam mit den beiden Städten Pompeji und Herculaneum in Italien – Ägypten die Ausnahme insofern, als in dem heißen und trockenen Klima an verschiedenen Orten ganze kaiserzeitliche Literatursammlungen auf Papyrus erhalten geblieben sind. Im Gegensatz zu der von Inschriften und Papyri getragenen bezeichnen wir als literarische Überlieferung die in einem Auswahlprozess durch Jahrhunderte handschriftlich kopierten Werke verschiedenster Gattungen, Inhalte und Autoren, die sich zumeist in Form von Pergament-Codices in Bibliotheken und Klöstern des frühneuzeitlichen Europa erhalten haben, von dort in den Buchdruck mündeten und heute digitalisiert werden.

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Das folgende Kapitel ist keine Literaturgeschichte.79 Ich wähle aus der unermesslichen Fülle und Artenvielfalt geistiger Produktion des römischen Orients nur eine möglichst repräsentative Zusammenschau aus, die sich auf Autoren orientalischer Herkunft beschränkt, auch solche, die einen Großteil ihres schriftstellerischen Lebens im Westen verbrachten. Außer Latein ist die überlieferte Literatur des Imperium Romanum fast ex­ klusiv Griechisch. Griechen, Anatolier, Syrer, Juden, Perser, Araber und Ägypter trugen zu einem weltweiten literarischen Gespräch in Griechisch bei. Von den erhaltenen Schriften stammen die weitaus meisten von Autoren orientalischer Herkunft. Griechenland selbst scheint, mit Ausnahme Athens, seinen Rang verloren zu haben.80 Literarische Koryphäen, wie der Boioter Plutarch, sind vergleichsweise wenige bekannt. Auch wer von den muttersprachlichen Nichtgriechen überhaupt etwas schreiben wollte, das von vielen gelesen werden, gar Verbreitung und Nachruhm versprechen sollte, hatte keine Wahl. Das haben wir bereits am Beispiel der «guten Nachrichten» (Evangelien) angeführt, einer ‹Literatur›, die sich gattungsmäßig keiner griechischen Tradition zuordnet und dennoch der griechischen Sprache bedient. Schriftsteller wie der augusteische Geograph und Historiker Strabon aus Amaseia (heute Amasya), zur Hälfte iranischer Abstammung, die Juden Philon von Alexandreia und Flavius Josephos, der Syrer Lukian von Samosata schrieben Griechisch. Die Vorbilder lagen nicht ausschließlich in der Hochsprache Homers und der Klassiker uralter Dichtung und Prosa. Den «bunten Kranz von Geschichten in milesischem Stil» fand der Afrikaner Apuleius in einem griechischen Roman mit dem Titel Metamorphosen und verwandelte ihn in seine lateinische Version «Lucius oder der Esel». Der Autor, 124 n. Chr. in Madauros (im heutigen Algerien) als Spross einer wohlhabenden Familie geboren, ging zur höheren Rhetorikausbildung selbstverständlich nach Athen. Seinen Ich-Erzähler führt er wie folgt ein (Apul. met. 1,1, übers. Brandt – Ehlers): «Ich beginne. ‹Ja, wer ist denn das?› Vernimm in Kürze: Hymettos in Attika, Isthmos bei Ephyra, Tainaros im Spartanerland, die herrlichen Fluren, in herrlicheren Büchern verewigt, – sie sind die Heimat meines Geschlechtes. Dort habe ich mir als Kind in der attischen Sprache die ersten Sporen verdient. Danach habe ich in der latinischen Stadt als Schüler von draußen in mühseliger Arbeit ohne Leitung eines Lehrers die heimische Redeweise der alten Römer in Angriff genommen und beherrschen gelernt. Da, schaut, ich bitte im voraus um Entschuldigung, wenn ich einmal in der fremdländischen Kunstsprache stümperhaft stolpere. Nun passt gerade dieser Sprachenwechsel zu dem Zirkusreiterprogramm, das ich mir gesetzt habe: es ist eine Geschichte nach dem Griechischen, die ich beginne. Leser, pass auf: du wirst dein Vergnügen haben!»

Philosophie, Sophistik, Literatur und Wissenschaft

In der Literatur der Kaiserzeit bahnte sich eine derartige Prävalenz des Griechischen an, dass sie auf das literarische Milieu des Westens, die Domäne stolzer Latinität eines Cicero, Vergil und Horaz, übergriff. In die Arcana der Spitzenrhetorik, Leitdisziplin höherer Bildung, gelangte man vornehmlich an den Lehrstühlen der Zweiten Sophistik. Literaten nicht nur der Städte Italiens, sondern Nordafrikas oder Galliens schulten sich in der griechischen Kunstsprache. Der römische Ritter Gaius Musonius Rufus, ein Stoiker aus Etrurien, und der Gallier Favorinus, ein Sophist aus Arelate, schrieben Griechisch, desgleichen Kaiser Marcus Aurelius. Ein Sophist namens Aelianus war Römer, schrieb aber ein ­tadelloses Attisch: Er habe hart arbeiten müssen, um die Reinheit der Rede in einer Stadt zu erreichen, in der eine andere Sprache gesprochen wurde (Philostr. soph. 624). Nicht die Stammlandschaft der Römer Italien, sondern Nordafrika verhalf mit Schriftstellern wie Apuleius, Minucius Felix, Tertullian, Lactantius und Augustinus dem Lateinischen zu einem neuen, tief in das Mittelalter wirkenden Aufstieg. Bemerkenswerte Ausnahmen in der hohen Literatur, deren Muttersprache Griechisch war und die dennoch Lateinisch schrieben, sind der ­Historiker Ammianus Marcellinus (ca. 330–400), ein Antiochener, sowie der Dichter Claudianus (um 400), ein Alexandriner, der in den Westen ging. Es ist nicht leicht, die kaiserzeitliche Dominanz der griechischen Kunst­ sprache in der ganzen damaligen Welt zu verstehen, ohne zu wissen, dass es sich nicht um gesprochene Sprache handelt. Das gesprochene Griechisch kennt man nur unvollkommen. Zur Kunstsprache am Vorbild einer uralten Vergangenheit erzogen die jede höhere Bildung beherrschenden Disziplinen der Rhetorik und Grammatik. Nicht zuletzt diese Rückwärtsgewandtheit zu einem toten Werkstoff hat die freie Entfaltung neuer Gedanken in lebendiger Sprache gehemmt.81 Im Orient haben sich in großem Umfang erst in der Spätantike von der griechisch-christlichen Literatur zunächst Übersetzungen, dann neue Werke in nichtgriechischen Sprachen abgelöst: Ab dem 2. Jahrhundert die syrische, ab dem 4. Jahrhundert koptische und äthiopische, ab dem 5. Jahrhundert armenische und georgische, ganz überwiegend christliche Literaturen. Die Philosophie82 lebte in den seit der Klassik und dem Hellenismus weiter bestehenden Systemen. Deren kaiserzeitliche Repräsentanten waren stark auf die Autorität der Alten fixiert, durch deren Auslegung man die eigene Lehre zu ­untermauern suchte. Eine völlig neue Lehre ist – vom Christentum und verwandten religiösen Systemen abgesehen – nicht entstanden. Daneben blühte das Interesse an Lebensbeschreibungen und Doxographie (Darlegung der Meinungen) der großen Alten, was uns insbesondere das von allen bekannteste und

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wirkmächtigste Werk des vermutlich aus Kleinasien (Bithynien oder Kilikien?) stammenden Autors Diogenes Laertius vor Augen führt: «Leben und Meinungen der in der Philosophie Berühmtesten und Sammlung der einer jeden Auswahl Gefälligsten in Kürze». Es ist eine populäre, an ein breites Publikum gerichtete Darstellung, anekdotenreich und garniert mit Briefzitaten und Epigrammen. Hier findet man zahlreiche der zeitlos markanten Sprüche wie beispielsweise den des Kynikers Diogenes, der bei Tage ein Licht angezündet und gesagt haben soll: «Ich suche einen Menschen» (Diog. Laert. 6,41). Bezeichnenderweise lässt der Autor keine andere als die griechische Philosophie gelten. Fälschlich würden zwar manche behaupten, sie hätte ihren Anfang bei den Barbaren genommen, Persern, Babyloniern, Assyrern, Indern, Kelten, Ägyptern (1,3). Aber die Griechen seien es, «die nicht nur mit der Philosophie, sondern mit der Bildung des Menschengeschlechtes überhaupt den Anfang gemacht haben». Weitere kollektive Philosophenbiographien stammen von dem Athener Philostratos (2. Jh.), dessen 59 vitae sophistarum unsere Hauptquelle für die sogenannte Sophistik sind (siehe unten S. 368–373), von dem in Tyros geborenen Syrer Porphyrios, dessen nur in Fragmenten erhaltene Philosophiegeschichte vom Archaikum bis auf Platon führt, und von dem Sardianer Eunapios (um 400), der, beginnend mit Plotin, hauptsächlich Neuplatoniker porträtiert.83 Umstritten ist, ob alle vier athenischen Schulgründungen, die Akademie Platons, der Peripatos des Aristoteles, die Stoa des Zenon und der «Garten» (kepos) Epikurs als reale Einrichtungen an Ort und Stelle in der Kaiserzeit fortbestanden.84 Kaiser Marcus Aurelius gründete vier, vielleicht sogar acht Lehrstühle (thronoi) in Athen, einen (oder zwei) für jede dieser Traditionen, die er mit ­einem Jahresgehalt von 10 000 Drachmen ausstattete.85 Unabhängig davon entfalteten die alten Schulen als Denkrichtungen eine die gesamte literarische Produktion der antiken Welt in West und Ost durchdringende Fortwirkung. Die Philosophen und Philosophinnen86 selbst haben sich keineswegs auf literarische Produktion beschränkt. Bei vielen wird auf überhaupt nichts Schriftliches, sondern allein auf mündliche Lehre verwiesen. Diese fand in Privathäusern, auf ­öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Gebäuden mit Vortragssälen statt. Man pflegte mit Schülern gemeinsame Lektüre und Textauslegung, Gespräche und Dialoge oder hielt von erhöhter Position Vorlesungen vor einer größeren Hörerschaft. Auf die Popularität der Philosophie in der häuslichen Privatsphäre urbaner Eliten verweisen Philosophenporträts in Mosaikfußböden reicher Villen.87 Spezifische Einrichtungen wie Museia oder Hörsäle sind archäologisch nur selten nachgewiesen. Ein spätantikes Beispiel ist Kom el-Dikka im Zentrum Alexandreias in Ägypten.88 Doch zahlreiche Odeia (Konzertsäle), die sich in den

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­ uinen antiker Städte erhalten haben, Gymnasien, Theater und Bibliotheken – R wie zum Beispiel in der großen kaiserzeitlichen Anlage des Asklepieions von Pergamon – dürften Schauplätze philosophischen Unterrichts gewesen sein. Synesios von Kyrene (zu ihm siehe unten S. 375) äußert sich erleichtert: «Ich brauche nicht den Vorlesungssaal zu betreten [Synes., Dion 12,4: eisienai to theatron] mit Türenschlagen und dem Versprechen eines raffinierten Ohrenschmauses für die jungen Herrschaften der Stadt!» Ein Atriumhaus in Aphrodisias, das vom 1. bis in das 5. Jahrhundert n. Chr. ausgebaut, erweitert und mit steinernen rundplas­ tischen Philosophenbüsten in Schilden ausgeschmückt war, die in christlicher Zeit entfernt und zerstört wurden, wird als Philosophenschule interpretiert.89 Den stärksten Einfluss übten zunächst der Stoizismus, dann der Mittel- und Neuplatonismus aus, der im 3. Jahrhundert dominant wurde. Platon, vor allem mit seinem Spätwerk Timaios, blieb ein Archetypus gleichermaßen für heid­ nische wie für christliche Philosophie bis hinein in die Religionen Armeniens, Syriens und Ägyptens, das kaiserzeitliche Judentum und den Islam. In Smyrna lehrten im 2. Jahrhundert die Platoniker Theon, von dem eine «Darlegung ­mathematischen Wissens, nützlich für die Lektüre Platons» überliefert ist,90 und Albinos, bei dem Galen hörte, und der – offenbar für Schüler – eine nicht besonders tiefsinnige «Einführung in die Dialoge Platons» verfasst hat.91 Herausragende Vertreter der platonischen Lehre stammten aus Syrien: Sidon, Berytos oder Tyros war die Heimatstadt des Kalbenos Tauros, der im 2. Jahrhundert in seinem Privathaus in Athen lehrte und zu seinen Schülern Aulus Gellius, den Verfasser der noctes Atticae, und den Sophisten Herodes zählte.92 Als Platoniker war auch der Tyrier Maximos bekannt,93 und als bedeutendsten Tyrier wird man den Plotinschüler Porphyrios nennen (siehe unten S. 366 f.). Die Stadt Apameia in Syrien kann sich des einflussreichen Platonikers Numenios rühmen.94 Die Stoa stand in der frühen Kaiserzeit in höchstem Ansehen. Dem Stoiker Areios Didymos in Alexandreia war Octavian so zugetan, dass er angab, nur um seinetwillen die Stadt nicht zerstören zu wollen.95 Heraus ragt das Werk des ­Bithyniers aus Prusa am Olympos, Dion (ca. 40 – nach 112), der wegen seiner rednerischen Begabung «Goldmund» (Chrysostomos) genannt wurde, ein Schüler des Stoikers Musonius Rufus.96 Man kann ihn als Stoiker ebenso wie als Kyniker bezeichnen. Er erlangte in Rom Ansehen, fiel aber unter Kaiser Domitian in Ungnade und musste für Jahre ins Exil gehen. Im Hintergrund könnte die Feindschaft mit einem Philosophen und Mitbürger Prusas namens Archippos eine Rolle gespielt haben, der die besondere Gunst Domitians genoss. Eine Verurteilung dieses Mannes durch den Statthalter wegen Urkundenfälschung hob der Kaiser nicht nur auf, sondern ordnete sogar an, ihm ein Landgut auf dem Terri-

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torium Prusas zu verschaffen. Das geschah etwa zur selben Zeit, um das Jahr 82, als Dion das Betreten seiner Heimat Bithynien untersagt wurde. Als der «Goldmund» von Nerva begnadigt aus 14-jähriger Verbannung zurückgekehrt und ­gefeiert war, hat man in Prusa vergeblich versucht, die alte Anklage gegen Archip­pos aufzufrischen. Steckte Dion dahinter? Unter Traian ging wiederum Archippos in die Offensive; sein Anwalt brachte eine gefährliche Anklage gegen Dion vor: Er habe im Hof der Bibliothek Gräber von Frau und Sohn angelegt und damit die in einer der Hallen aufgestellte Kaiserstatue entweiht. Das wäre ein crimen maiestatis gewesen und hätte bei Schuldspruch ein Todesurteil zur Folge gehabt. Zur gleichen Zeit wurden von anderer Seite aus Prusa erneut Vorwürfe gegen Archippos vor den Statthalter gebracht. Traian hat sie ebenso abgewiesen wie die gegen Dion und damit offenkundig eine sinnlose Fehde zweier verfeindeter Philosophen derselben Stadt beendet.97 Dions Schriften gehören mit zum umfangreicheren Repertoire an kaiserzeitlicher Philosophie, das erhalten geblieben ist. Überliefert sind insgesamt 80 Reden. Den an die Gemeinden seiner Heimat und die anderer Städte wie Alexandreia, Rhodos, Tarsos oder Kelainai gerichteten politischen Reden an die Seite treten zahlreiche thematische Diskurse philosophischen Inhalts, vorzüglich über Monarchie und Tyrannis (1–4; 6; 56; 62), über Philosophie (70; 71), Besitzlosigkeit und Reichtum (10; 79), oder über Freiheit (14; 15), Weisheit und Glück (23; 24). Sie bieten ganz zeittypisch vor allem praktische Philosophie, Lebensregeln und Tugendlehre, darunter besonders die des «guten Königs» – natürlich mit Seitenblick auf das Kaisertum Traians. Epiktet aus Hierapolis in Phrygien, in Rom als Sklave eines kaiserlichen ­Sekretärs ebenfalls bei Musonius philosophisch gebildet, wurde einer der wirkmächtigsten Stoiker weit über die Antike hinaus. Als auch er dem von Domitian verhängten Bann gegen Philosophen verfiel, aus der Hauptstadt weichen und ins Exil gehen musste, gründete er in Nikopolis in Griechenland eine Schule, wo der Senator und Historiker Arrian aus Nikomedeia seine Vorlesungen aufzeichnete.98 Auch in seiner Lehre steht die Ethik, die Anleitung zu einem glücklichen Leben, im Mittelpunkt. Marcus Aurelius, neben Julian der bedeutendste philo­ sophierende Kaiser, hat Epiktet verehrt.99 Von der frühen Prinzipatszeit an verbreitet waren Aristotelismus, Epikure­ ismus, Neupythagoreismus, Skeptizismus (Pyrrhonismus), Kynismus. Regional kamen jüdisch-hellenistische und jüdisch-rabbinische sowie verschiedene reli­ giöse Denkschulen hinzu. Schließlich mischten sich christliche und verwandte – aus Sicht der späteren Orthodoxie häretische  – Theoretiker ein, die bis in das 2. Jahrhundert, trotz einer üppigen, doch weitgehend verlorenen Produktivität

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von Seiten der heidnischen Schulanhänger wenig Beachtung fanden, obgleich einzelne Schriftsteller, klassisch gebildet und der paganen Tradition gegenüber offen, philosophisch argumentierten. Sie reklamierten für sich eine «wahre Philosophie», auch – um sie von der heidnischen abzusetzen – als «barbarische ­Philosophie» bezeichnet. Der Kirchenhistoriker Eusebios erwähnt rückblickend außer einigen Namen und Themen «unzählige andere, von denen wir, da uns ­jeder Anhaltspunkt fehlt, weder die Zeit festzulegen noch eine geschichtliche Erinnerung zu bieten vermögen. Und weiter sind von sehr vielen, von denen wir auch die Namen nicht kennen, Schriften auf uns gekommen» (HE 5,27, übers. Haeuser). Die Grenzen waren fließend und Konversionen im Milieu der geistigen Eliten nicht selten: Ein Peregrinos Proteus konvertierte vom christlichen Lehrer und Schriftsteller zum kynischen Wanderprediger. Justin der «Märtyrer», zunächst Mittelplatoniker, setzte sich als christlicher Apologet mit einer  – für uns ano­ nymen – Kritik von heidnischer Seite auseinander, die den neuen Christengott als Scharlatan, die neue Religion als Plagiat darstellen wollte.100 Sogenannte heterodoxe christliche Philosophen dieser Zeit, die als Häretiker verdrängt wurden, sind oft nur aus den ‹Widerlegungen› ihrer orthodoxen Gegner bekannt – das Paradebeispiel ist der Sinopier Markion (siehe unten S. 439 f.). Zum Verhältnis der paganen und der christlichen Philosophie ist grundsätzlich zu sagen, dass die auch in manchen wissenschaftlichen Werken dargestellte Dichotomie höchst problematisch ist. Es handelt sich nicht um zwei getrennte ‹Echo-Kammern›. Auf der synchronen wie der diachronen Ebene finden Austausch und Rezeption statt, auch und gerade dort, wo eine konfrontative Auseinandersetzung geführt wird.101 Freilich verstärken sich im christlichen Schrifttum auch Tendenzen zu einer Abkehr von griechischen Denktraditionen und Wissenschaften. Nikolaos von Damaskus, der die Kinder von Antonius und Kleopatra unterrichtete und in die Dienste des Herodes trat, war Aristoteliker und hat neben anderen (verlorenen) philosophischen Werken ein Kompendium über die Philosophie des Aristoteles verfasst.102 Boethos von Sidon in Phoinikien (Strab. 16,2,24: «wir haben gemeinsam philosophiert») kommentierte die Kategorien, die Analytica priora und die Physik des Meisters.103 Bei dem Peripatetiker Xenarchos aus dem kilikischen Seleukeia am Kalykadnos (heute Silifke) hat Strabon in Alexandreia oder Rom studiert (14,5,4). Alexandros von Aigai gehörte zu den Lehrern Kaiser Neros. Wahrscheinlich aus Aphrodisias in Karien stammte Adrastos, ein Philosoph des 2. Jahrhunderts, der den platonischen Timaios und aristote­ lische Schriften kommentiert hat.104 Sicher war dieses Aphrodisias die Heimat

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des wohl bedeutendsten Aristoteles-Exegeten der Kaiserzeit, Alexandros (3. Jh.). Er lehrte die peripatetische Philosophie unter Septimius Severus und Caracalla in Athen. In der Heimat hat er ein Standbild seines Vaters, ebenfalls Philosoph, aufgestellt. Zu einer ganzen Palette aristotelischer Schriften hat er Kommentare und Abhandlungen verfasst, die sich durch präzise Auslegung der Originalschriften auszeichnen. Sie sind größtenteils fragmentarisch, auch über lateinische, syrische, arabische und hebräische Quellen tradiert. Spätantike und Mittelalter haben ihm höchste Autorität als Aristoteleskenner zugemessen.105 Unter die Kleinasiaten wird man auch den Aristoteliker des 4. Jahrhunderts Themistios rechnen dürfen, wurde er doch in Paphlagonien geboren. Seine philosophische Bildung erhielt er vom Vater in Konstantinopel, avancierte zum Senator und ­kaiserlichen Funktionär und glänzte als «König der Reden» (Greg. Naz. epist. 24,1).106 Seine Aristoteles-Paraphrasen haben ähnlich verbreitete Nachwirkung über das Lateinische, Syrische und Arabische entfaltet wie die Schriften des Alex­ andros. Besonders umstritten und zunehmend marginalisiert war Epikur.107 Der Neupythagoreer und Priester Alexandros von Abonuteichos hasste den Epikur so sehr, dass er dessen Bücher öffentlich verbrennen ließ. Die sonst aus der Kaiserzeit mit eigenen Werken nicht überlieferte, gleichwohl durch zahlreiche, auch epigraphische Dokumente von Pontos bis Syrien als einflussreich verbürgte Denkrichtung des Epikureismus wurde in der Spätantike durch Platonismus und Christentum so weitgehend wie keine andere verdrängt. Epikurs Hedonismus und Leugnung der Unsterblichkeit der Seele räumten die herrschenden Denksysteme keinen Platz ein. Kaiser Julian schrieb in einem Brief (epist. 89b, Z. 354– 357): «Weder die epikureische noch die pyrrhonische Lehre darf noch ins Haus treten (eisito); denn längst haben die Götter sie mit vollem Recht vernichtet, so dass auch die meisten ihrer Bücher verschwinden.» In einem winzigen Bergnest Lykiens sorgte der sonst ganz unbekannte Diogenes von Oinoanda für die Aufzeichnung der Lehren Epikurs auf einer großen steinernen Wand und hinterließ damit ein außergewöhnliches Zeugnis für den im ganzen Osten zu seiner Zeit lebendigen Epikureismus.108 Nach Auskunft der auf fast 300 Fragmente mit ca. 25 000 Wörtern verteilten Inschrift, die schätzungsweise eine Fläche von 80 × 3,50 Meter bedeckte, war dieser Mann fortgeschrittenen Alters ein gebildeter Bürger und Einwohner der kleinen Stadt, hatte aber auch Reisen nach Griechenland, unter anderem nach Athen, unternommen. Den Standpunkt der Schule zu Fragen der Ethik und des Götterglaubens verteidigt er gegen Angriffe seitens der Stoiker. Bemerkenswert ist sein Rekurs auf die Physik (fr. 1–27 Smith), der als Einleitung dient, gefolgt von Ethik, Brief-

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zitaten, Leitsätzen des Meisters und Sentenzen. Offenbar lag ihm vor allem daran, seinen Mitbürgern und -bürgerinnen ein monumentales Lehrstück seiner Weisheit in Stein gemeißelt zu ewiger Anschauung zu geben. Bei den Sentenzen unter verschiedenen thematischen Rubriken handelt es sich um Diogenes’ eigene Auslegung der Lehre, sozusagen um Philosophie fürs Volk  – wie wir es heute auch von Buchtiteln wie «Wer bin ich und wenn ja wie viele» kennen. Wie genau diese Weisheit dem Original Epikurs entspricht, das selbst wiederum durch den lateinischen Dichter Lukrez und andere Zwischeninstanzen überliefert ist, ist im Einzelnen schwierig festzustellen. Populärphilosophisch kommen etwa Sprüche zum Thema Alter daher. So wird die zunehmende Langsamkeit der Alten gegen den maliziösen Vergleich mit Elefanten in Schutz genommen: Was macht es denn, wenn man langsamer wird? Man müsse ja nicht am Wettkampf in Olympia teilnehmen.109 Auch wenn man Zahnlücken oder gar keine Zähne mehr hat, schadet das der Physis nicht. Man könne bequem Flüssigkeit zu sich nehmen!110 Tiefsinniger erscheint die Theorie der Sexualität: «Es ist unglücklich, dass die­ jenigen, die verrückt nach Sex sind, nicht wissen, dass sie die wirklich vollkommene Lust aus dem Anschauen [der attraktiven Person] gewinnen, unabhängig vom Geschlechtsakt. Dieser an sich ist unterschiedslos, ob man ihn mit einem schönen oder mit einem hässlichen Körper vollzieht.»111 Der neupythagoreischen Lehre sind Orientalen des 1. und des 2. Jahrhunderts zuzuordnen: Aus Tyana in Kappadokien stammte Apollonios (gestorben ca. 96– 98), ein zum «göttlichen Mann» stilisierter Guru auf Wanderschaft, über den im 3. Jahrhundert Philostratos eine phantasiereiche Biographie verfasst hat. Unverkennbar ist die Affinität der Darstellung des Lehrers, Heilers und Wunderwirkers zum Leben Jesu in den Evangelien.112 Apollonios selbst hat auch Schriften verfasst, die jedoch verloren sind, darunter vielleicht eine Biographie des Pythagoras. In dem Schwarzmeerstädtchen Abonuteichos, seinem Geburtsort, inszenierte sich der Priester des Orakelgottes Glykon Alexandros in nächtlichen Zeremonien als Reinkarnation des Pythagoras.113 Nikomachos aus Gerasa in Syrien widmete sich der Zahlen- und Musiktheorie des Meisters und schrieb eine Einführung in die Arithmetik und ein Handbuch zur Harmonielehre.114 Das Ideal der Bedürfnislosigkeit par excellence haftete den Kynikern an. Entsprechend fällt das ihnen in der Überlieferung zugemessene typische Erscheinungsbild, das einem Clochard gleicht, recht abstoßend aus. Sie selbst und ihre Zuhörerschaft sollen weniger in Gelehrtenstuben, Bibliotheken und Vor­ lesungssälen als auf den Straßen zu finden gewesen sein, wo die einfachen Leute um sie herumstanden und ihren Predigten lauschten. Schriften haben nur ­wenige verfasst.115 Kaiserzeitlicher Kynismus und Christentum hatten manche

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Schnittmengen, allein die anaideia (Schamlosigkeit) radikaler, öffentlich masturbierender Kyniker schreckte die frommen Adepten der neuen Sekte ab. So einer war Peregrinos Proteus, nacheinander christlicher und kynischer Asket, auch Verfasser von Büchern, von denen uns keines erhalten ist. Als Schriftsteller tat sich in der Zeit Hadrians Oinomaos von Gadara mit Religionskritik hervor, unter anderen einer Kritik des Orakelwesens (kata ton chresterion).116 Die «Entlarvung der Schwindler» ist aus seinem umfangreichen, größtenteils nur bei späteren Autoren erwähnten Schrifttum auszugsweise erhalten.117 Neben Werken über den Kynismus, einer politeia und einer «Philosophie gemäß Homer» soll er auch Tragödien verfasst haben. Sein Landsmann Salustios, ein Kyniker des 5. Jahrhunderts und Verfechter radikaler Askese, wirkte in Alexandreia.118 Christliche Philosophie der vornizänischen Zeit repräsentieren eine Reihe von herausragenden Köpfen in den Orientprovinzen. In Flavia Neapolis, dem heutigen Nablus, empfing Justin «der Märtyrer» als junger Mann im frühen 2. Jahrhundert griechische Bildung, bekannte sich indessen alsbald zum Christentum, das er in Rom als Erwachsener interessierten Frauen und Männern in seiner Wohnung lehrte. Vermutlich wurde er als Opferverweigerer denunziert und unter Marcus Aurelius in der Hauptstadt hingerichtet. Tertullian verehrt ihn als «Philosophen und Märtyrer» und Eusebios zählt seine Schriften auf (HE 4,18, übers. Haeuser), «äußerst nützliche Denkmäler seines gebildeten, auf das Reli­ giöse gerichteten Geistes». Was von ihnen erhalten ist, gilt als Fundament christlicher Apologetik. Der Platoniker sieht die Aufgabe der Philosophie darin, zu Gott zu finden. Auch er bedient sich im «Dialog mit Tryphon» der platonischen Form: Das Gespräch soll angeblich (um 135 n. Chr.) in Ephesos mit einem Juden namens Tryphon stattgefunden haben. Es widmet sich dem großen Thema der Trennung beider Schwestern, Judentum und Christentum.119 In der Zeit Marc Aurels ist unter den christlichen Philosophen vorzüglich der Sardianer Meliton zu nennen, der in einer Bittschrift an den Kaiser (Eus. HE 4,26) den bemerkenswerten Gedanken äußert, dass sich Größe und Glanz der römischen Weltmacht symbiotisch mit dem Erwachen und Heranreifen der christlichen Religion entfaltet und in das segensreiche Zeitalter der gegenwärtigen Regierung erhoben habe.120 Ein jüngerer Zeitgenosse und Schüler Justins in Rom war der Christ Tatianos, dessen Heimat, das «Land der Assyrer» (or. 42,1) eher in Nordmesopotamien als in der Provinz Syria zu suchen ist. Dorthin aus Rom zurückgekehrt, radikalisierte er sein Denken hin zu einer völligen Ablehnung der Philosophie und der maßlosen Beschimpfung der Philosophen. Hauptwerke sind seine «Rede an die Griechen» und die – vermutlich in syrischer Sprache verfasste, im Original nicht erhaltene – Evangelienharmonie (dia-

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tessaron), eine Zusammenfassung der vier Evangelien in eines. Sie fand weite Verbreitung.121 Ebenfalls in die Zeit der Antoninen gehört der Antiochener Theophilos, ein mäßig gebildeter, den Platon meist falsch zitierender christlicher Apologet.122 Zu den christlichen Philosophen des Ostens auf dem Boden des römischen Reiches wird man des Weiteren den Edessener Bardaiṣan und seine Schule rechnen, ­derer wir oben schon gedacht haben (siehe S. 283 f.). Außer der Verteidigung der menschlichen Willensfreiheit gegen die Theorie der Abhängigkeit von den Sternen, die Bardaiṣan im «Buch der Gesetze der Länder» führt, finden sich bei ­späteren Autoren, unter anderen bei seinem Gegner Ephraem, Spuren kosmogonischer Spekulation, die Ähnlichkeit mit Elementenlehren der ionischen Naturphilosophen aufweisen. Alexandreia in Ägypten war eine Hochburg kaiserzeitlicher Philosophie von eigener Ausprägung, insofern als sich hier heidnisches, jüdisches und christ­ liches Gedankengut teils auseinandersetzten, teils konvergierten. Als geistes­ geschichtliches Zentrum der Alten Welt schlechthin bis in die Spätantike und über sie hinaus rangierte die Stadt selbst vor einem Athen, einem Rom, Antiocheia oder Konstantinopel.123 Die jüdisch-hellenistische Diaspora Alexan­ dreias tritt auch in der Kaiserzeit mit bedeutenden Werken hervor: Vermutlich ist hier in der Frühzeit der römischen Provinz Aegyptus von einem Anonymus in griechischer Sprache die «Weisheit Salomons» aufgeschrieben worden, eine Lobrede auf Wesen und Wirken der ewigen Weisheit, in der biblisches mit plato­ nischem und stoischem Gedankengut vermischt ist.124 In jüdischem Glauben und jüdischer Kultur zutiefst verwurzelt, hat der Alex­andriner Philon in seine Auslegung der mosaischen Tradition ebenfalls eine intime Kenntnis von Platons Philosophie eingebracht.125 Sein Œuvre gehört zum Umfangreichsten des aus der Kaiserzeit überlieferten, um die 60 Titel sind bekannt, an die 40 Schriften sind ganz oder in Fragmenten, einige in lateinischer oder armenischer Übersetzung, erhalten. Im Kontext philosophisch allegorischer Auslegung thematisieren sie Kain und Abel, Noah, Abraham, Joseph, Moses, Genesis und Exodus, Träume, Tugenden, Lob und Strafe, Ewigkeit, Vorsehung oder Sprachverwirrung und Flucht, Ackerbau und Trunkenheit. Im bios theoretikos beschreibt Philon «Therapeuten», offenbar eine jüdische Sekte in Ägypten, die sich mönchischer Askese widmete. Der Kirchenhistoriker Eusebios von Caesarea (HE 2,17) will in ihnen frühe Christen erkennen. Philons Philosophie hat nachweisbar Einfluss auf die alexandrinischen Christen Clemens und Origines ausgeübt, ja repräsentiert eigentlich Grundlagen einer aufkommenden christlichen Philosophie, wie sie in den neutestamentlichen

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Schriften noch nicht vorhanden ist.126 Eusebios hat ihn reichlich zitiert, er schreibt über ihn (HE 2,4, übers. Haeuser): «Der Abstammung nach war er zwar ein Hebräer, doch stand er in nichts den ange­ sehendsten Größen in Alexandreia nach. Wie oft und wie sehr er sich um die heimatliche Theologie bemühte, hat er allen durch seine Werke bewiesen. Es ist auch überflüssig zu sagen, dass er in der Philosophie und in den freien Wissenschaften der Heiden bewandert war; denn wie erzählt wird, übertraf er alle seine Zeitgenossen in seinem Eifer und seiner Begeisterung für die platonische und die pythagoreische Philosophie.»

Als zwischen 115 und 117 n. Chr. im Rücken der Orientexpedition Traians ganz Ägypten in Aufruhr stand und die Legionen mit erbitterter Härte zurückschlugen, muss das alexandrinische Judentum schwerste Verluste erlitten haben. In den intellektuellen Zirkeln begannen der Mittelplatonismus, gnostische und christliche Denkrichtungen zu dominieren. Vermutlich war es die geistige Atmoshäre der Stadt am Nil, wo in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. ein hochgebildeter Platoniker die für uns früheste greifbare Auseinandersetzung mit der christlichen Lehre führte: Kelsos.127 Seine Schrift nannte er «Wahre Lehre» (alethes logos). Wir besitzen sie nur durch Zitate und Paraphrasen des christlichen Gegners Origines (siehe unten), der ihn merkwürdigerweise als Epikureer bezeichnet. Während zu Kelsos’ Zeit das Christentum in der Liga der philosophischen Elite noch weitgehend ignoriert wurde, erkannte dieser außerordentlich hellsichtige Kopf die von der neuen Philosophie ausgehende Gefahr einer Zerstörung der Grundlagen hellenischer Denktradition. Denn die christliche Philosophie sei dialektikfeindlich und mithin einer Beweisführung oder Wiederlegung nicht zugänglich. Ihr stellt Kelsos den palaios logos entgegen, eine «Urwahrheit», die, von den alten griechischen Denkern mit Ägyptern, Babyloniern, Persern und Indern geteilt, bei Platon kulminiert. Es ist die Umkehr des von den christlichen Apologeten ins Feld geführten ‹Altersbeweises›, wonach die Weisheit eines Mose ursprünglicher und wahrer sei als alle griechische Philosophie. Kelsos’ Vorstellung Gottes und des Menschen in der Welt unterscheidet sich radikal von der christ­ lichen und mit diesen verwandten Doktrinen: Gott habe den Menschen nicht nach seinem Bilde gemacht; er selbst sei weder anthropomorph, noch ähnele er irgendeinem anderen Bild (6,63). Das geht direkt gegen Genesis 1,27: «Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn.» Auch eine vornehmlich für den Menschen gemachte Schöpfung negiert der Autor: «Er will aus der Forschung über die Lebewesen und der ihnen offensichtlich eigenen

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Klugheit aufweisen, dass das All keineswegs eher um der Menschen als um der nicht vernunftbegabten Lebewesen willen entstanden ist» (4,74); der Mensch ist kein König der Schöpfung, wie in Genesis 1,26: «Sie [die Menschen] sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land.» Erst nach Jahrtausenden kommt heutige Kosmologie und Evolutionstheorie dem wieder nahe. Kelsos’ Angriff zielt nicht auf einzelne Theoreme, sondern auf die christliche Lehre schlechthin. Härter als sein Zeitgenosse Lukian geht er mit den in seiner Gegenwart wirkenden Christen um: Während jener verwundert auf die Naivität derer blickte, die sich «wie Kinder» dem Verführer Peregrinos anschlössen, erkennt Kelsos eine perfide Strategie der Missionierenden darin, zuvorderst Kinder und Frauen aufzusuchen und gegen Väter und Lehrer aufzuhetzen.128 Im Jahrhundert darauf folgte ihm Porphyrios und noch später Julian (siehe unten S. 470) mit ähnlich umfassender Kritik nach. Ein gewisser Pantainos leitete im Alexandreia etwa derselben Zeit eine Schule, wo auf philosophischer Grundlage zum christlichen Glauben hingeführt wurde: die sogenannte Katechetenschule. Sein eifrigster Schüler wurde Clemens, der, kein gebürtiger Alexandriner, um 180 n. Chr. in die Stadt kam und sich daselbst, von Pantainos fasziniert, niederließ. Ab ca. 200 leitete er selbst die Schule. Er wollte die griechische Philosophie für die christliche Lehre fruchtbar machen. Nicht alle von Eusebios (HE 6,13) aufgelisteten Werke sind erhalten. In einer ‹Werbeschrift›, der «Hinwendung an die Hellenen» (protreptikos pros Hellenas), auf die eine Schrift mit dem Titel «Erzieher» (paidagogos) folgt, kritisiert der ­Autor die heidnische Religion und die Lehren der griechischen Philosophen mit Ausnahme – wie sollte es anders sein – des präexistent ‹christlichen› Platon, bevor er seine Leser von ihrer Verblendung befreit und zur «wahren Philosophie», dem christlichen Glauben, hinwendet. Als Hauptwerk gelten die stromateis («Teppiche») «wissende Darlegungen gemäß der Wahren Philosophie», die nicht vollständig erhalten und vielleicht auch unvollendet geblieben sind. Das Werk v­ erfolgt im Grunde dieselbe protreptische Absicht mit einer in der Forschung hinsichtlich ihres Plans umstrittenen Komposition, in der alle möglichen Themen auf den Leser scheinbar ungeordnet herabregnen: Glaube, Tugenden, Ehe, Sexualität, Märtyrer, Kampf gegen Häresien etc.129 Clemens’ Nachfolger wurde jener Origenes,130 der vor allem durch seine Schrift zur Verteidigung des Christentums bekannt ist, die er ausführlich in acht Büchern gegen die Angriffe des Kelsos vortrug. Sie wurde in Caesarea geschrieben, lange nachdem Origines 232 n. Chr. Alexandreia verlassen hatte. Origenes war gebürtiger Alexandriner. Um 200, unter Septimius Severus, «bestanden die

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christlichen Kämpfer an allen Orten herrliche Martyrien. Besonders zahlreich waren diese in Alexandreia» (Eus. HE 6,1). Damals soll der 17-Jährige Einkerkerung und Enthauptung des Vaters erlebt und diesen, kaum glaubhaft, vor der Hinrichtung brieflich zum Martyrium aufgefordert haben: «Hab acht, dass du nicht unseretwegen deine Gesinnung änderst» (ebenda 6,2, übers. Haeuser) – eine erste Probe (tekmerion), so Eusebios, seiner jugendlichen Verständigkeit (paidikes angchinoias) und seiner aufrichtigen religiösen Gesinnung (peri ten theosebeian gnesiotates diatheseos). Seine griechische Bildung verdankt der Knabe einem wohlhabenden Elternhaus. Der Philologe Christoph Riedweg hat gute Argumente dafür ins Feld geführt, dass Origenes mit dem gleichnamigen Schüler des Ammonios Sakkas (siehe unten) identisch ist, dessen Unterricht er gemeinsam mit dem jungen Plotin besuchte.131 Origenes kann als das prominente Beispiel für einen gläubigen Christen gelten, der durch und durch in der griechischen Denktradition, vornehmlich der Philosophie Platons, bewandert war. Das wurde ihm von zwei Seiten zum Vorwurf gemacht. In einem Brief soll er sich gegenüber Leuten, die ihn wegen seiner heidnischen Kenntnisse und seinem wissenschaftlichen Eifer tadelten (Riedweg vermutet den alexandrinischen Bischof), verteidigt haben. Auf der anderen Seite attackiert ihn wegen seiner christlichen Lebensführung als intellektuellen Renegaten ein Mann, der ihm als lerneifriger Jüngling begegnet war, und der etwa 20 Jahre später als einer der schärfsten Kritiker des Christentums in Erscheinung tritt, Porphyrios (bei Eus. HE 6,19, übers. Riedweg): «Origenes aber, der als Hellene in hellenisch diskursiven Lehren erzogen worden war, driftete nach der barbarischen Tollheit ab: Dieser verschacherte er tatsächlich sich selbst und seine Haltung in der Lehre, wobei er, was die Lebensführung betrifft, christlich und gegen die Gesetze und Gebräuche lebte, im Hinblick auf die philosophischen Ansichten über die Dinge und das Göttliche jedoch hellenisch dachte und die [sc. Lehren] der Hellenen den fremdartigen Mythen unterjubelte. Denn er lebte in ständiger Gemeinschaft mit Platon und pflegte engen Kontakt mit den Schriften des Numenios und Kronios, Apollophanes, Longin, Moderatos, Nikomachos und der [sc. anderen?] bei den Pythagoreern berühmten Männer; er studierte aber auch die Bücher des Stoikers Chairemon und des Cornutus, von denen er die Figur der Übertragung der hellenischen Mysterien kannte und auf die jüdischen Schriften anwandte.»

Die Nachwelt hat dem Origenes ein gelehrtes Gesamtwerk von tausenden von Schriften zugeschrieben. Nur weniges ist erhalten. Eigentlich philosophisch kommt eine teilweise im griechischen Original vorliegende, noch in Alexandreia niedergeschriebene Schrift über archai («Grundlagen» oder «Anfänge») daher, in der hierarchisch zuoberst Gott, darunter die vernunftbegabten Wesen (Engel,

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Dämonen, Menschen) sowie die materielle, sinnlich wahrnehmbare Welt als ontologische Dreiheit definiert werden. Eusebios sammelte über hundert seiner Briefe und erwähnt einen an Kaiser Philippus Arabs gerichteten (HE 6,36). Origenes hat mehrere bedeutende Schüler gehabt: In Alexandreia studierten bei ihm ein junger Mann namens Theodoros, der später als Bischof von Neo­ kaisareia im Pontos unter dem Namen Gregor der Wunderwirker eine erfolgreiche Missionstätigkeit in Anatolien entfaltete, und der Alexandriner Dionysios, übernächster Nachfolger in der Leitung der Katechetenschule. Pamphilos aus Berytos folgte dem Meister nach Caesarea und leitete daselbst eine eigene Schule. In der einst von Herodes gegründeten und als römische Kolonie neu besiedelten Stadt wurde der spätere Kirchenhistoriker Eusebios sein Schüler. Pamphilos erlitt hier das Martyrium. Den heterodoxen Platoniker Origenes hat nach seinem Tod die kirchliche Orthodoxie als Häretiker verdächtigt. Im 6. Jahrhundert n. Chr. sind nach Erlassen des Kaisers Justinian einzelne Lehrsätze verurteilt worden. Zuvorderst im Alexandreia des 3. Jahrhunderts blühte Seite an Seite mit der christlichen Philosophie der «neue» Platonismus auf.132 Man verbindet ihn mit Plotin, der, 205 geboren und wahrscheinlich Ägypter, in der Stadt am Nil studierte und lehrte, die meiste Zeit jedoch in Rom verbrachte. Er soll Kaiser Gordian III. auf seinem Orientfeldzug begleitet haben, weil er sich für die Philo­ sophie der Perser und Inder interessierte. Er starb um 270 auf einem Landgut in Italien. Dank der Edition seines Schülers Porphyrios, der auch eine Vita über ihn verfasste, ist mit einem aus 54 Abhandlungen bestehenden Werk eine der umfangreichsten philosophischen Schriftsammlungen der Antike erhalten, deren Nachwirkung durch die Zeiten bis in die Gegenwart derjenigen von Platons Werk kaum nachsteht. Dabei hat die Forschung bei der Suche nach der Origi­ nalität des Neuplatonismus gar nicht ihn, sondern seinen Lehrer Ammonios Sakkas in den Blick genommen, der in den 330er Jahren bis Anfang der 340er Jahre in Alexandreia eine Gruppe von Schülern um sich sammelte, darunter ­einen Kassios Longinos aus Emesa, den jungen Origenes, dessen Gleichsetzung mit dem christlichen Schulphilosophen nicht von allen Forschern geteilt wird, und eben Plotin. Ammonios glich Platons Lehrer Sokrates darin, dass er wie dieser nichts niederschrieb, ja sogar seinen Schülern offenbar die Geheimhaltung seiner Lehre ans Herz legte. Plotin hielt sich zuletzt nicht daran, sondern dozierte sein Wissen in Rom, wo er seinerseits Schüler und Schülerinnen fand. So kam es, wie die Vita des Porphyrios berichtet, zu einer peinlichen Szene (14,20– 25): «Als Origenes einst zu seinem Unterricht erschien, wurde Plotin plötzlich

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rot und wollte ab­brechen; von Origenes aber gefragt, sagte er, der Vortragseifer verschwände, wenn der Vortragende merke, dass er zu Hörern sprechen werde, die schon wissen, was er selbst zu sagen gedenke. Und so erhob er sich nach nur kurzer Unterredung.» Während Plotin am Kaiserhof geschätzt und von Gallienus (260–268) hoch verehrt war, hat der Ammoniosschüler und Lehrer des Porphyrios, Longinos, nach jahrzehntelanger Lehrtätigkeit in Athen – man nannte ihn eine lebende ­Bibliothek und ein wandelndes Museum (bibliotheke empsychos kai peripatoun mouseion, Eun. vit. soph. 456) – ein unrühmliches Ende gefunden: Seine Beziehungen zur palmyrenischen Gegenkaiserin Zenobia kosteten ihn das Leben, nachdem diese 272 von Aurelian besiegt worden war.133 Plotin entwirft, der ontologischen Dreiheit des Christen Origenes nicht ganz unähnlich, eine Dreistufigkeit: Zuoberst steht das transzendente, absolute «Eine» (hen), ebenso unaussprech- wie unerfassbar und mithin von christlicher orthodoxer Lehre grundverschieden. Daraus geht hervor – sozusagen als minder reines Abbild – «Geist» (nous), die Stufe der Vielheit der platonischen Ideenwelt, die die Urbilder alles Seienden enthält; auf dieser mittleren Stufe ist auch ein Schöpfergott angesiedelt. Die dritte Stufe, auch sie wiederum ein Abbild des Geistes, ist «Seele» (psyche), auf der die wahrnehmbaren Dinge, die sinnlich erfahrbare Welt (kosmos aisthetos) wohnen. Dabei denkt sich der Neuplatoniker das Stufen­ modell als Abstieg sowohl was die Teilhabe an Sein, die Erkennbarkeit, als auch was die moralisch-ethische Bewertung angeht, derzufolge alles Materielle des Guten ermangelt. Plotin soll sich geschämt haben, «dass er in einem Körper sei» (Porph., vita Plotini 1,1). Freilich behält alles Hervorgebrachte nicht bloß einen Anteil an dem absoluten Einen, sondern es wohnt der Hervorbringung (proodos) aller Stufen aus dem Einen auch ein Potenzial der Umkehr (epistrophe) oder besser: Heimkehr zu ihm inne. Dem Stufenmodell eingepflanzt ist mithin eine Verheißung auf Rettung, ein soteriologischer Aspekt. Wir erinnern uns an das Perlenlied (siehe oben S. 290–293). Dieses Denkgebäude Plotins wurde mit Zusätzen und Varianten eine die Philosophie beherrschende geistige Strömung der Spät­ antike. Zwar aus philosophischer Tradition kommend, die sich insbesondere auf den spät­platonischen Timaios gründete, entwickelte sich der Neuplatonismus doch unverkennbar zu einer Quasi-Theologie. Plotins Schüler und -herausgeber Porphyrios von Tyros (ca. 234 – nach 301) – sein syrischer Personenname war Malik («König») – hatte von Longinos als griechisches Pendant zu Malik den Namen «Purpurn» (porphyrios) zum Ausweis seiner ‹königlichen› Art erhalten (Eun. vit. soph. 456). Das umfangreiche, größtenteils nicht oder nur fragmentarisch überlieferte Œuevre enthält außer mehreren

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Kommentaren zu Platon und Aristoteles, der Philosophiegeschichte von Thales bis Platon und anderen philosophischen Werken die verlorene Schrift «Gegen die Christen» in 15 Büchern.134 An ihrem fast vollständigen Verlust  – erhalten sind 20 Fragmente  – hat ein Edikt Konstantins mitgewirkt. Bemerkenswerterweise ist Christus selbst von der abgrundtiefen Verachtung für die Christen ausgenommen. Auch Porphyrios sieht, wie Kelsos, in den Missionierenden Ausnutzer der «Einfalt und Unerfahrenheit» ihrer Zuhörer (Fr. 72T Becker). Strittige theologisch-philosophische Fragen, die Porphyrios in einem Brief an den ägyp­ tischen Priester Anebo aufwirft, beantwortet sein Schüler, der Syrer Iamblichos aus Chalkis (ca. 275–330), in der später de mysteriis Aegyptiorum genannten Schrift aus dem Munde des fiktiven Priesters Abammon. Es geht im Kern um das Wesen des Göttlichen, um Weissagung und um die Frage, durch welche Handlungen sich der Mensch dem Göttlichen annähern kann. Die gegenüber der griechischen ältere ägyptische Religion erfährt hohe Wertschätzung. Die Schrift wird kontrovers beurteilt, jedenfalls liegt ein für das theologisch-philosophische Denken dieser Zeit bedeutendes Zeugnis vor.135 Iamblichos gründete in Apameia eine eigene Schule. Auf ihn folgte noch eine ganze Reihe weiterer Schulanhänger, alle aus dem Osten, zuletzt Kaiser Julian, der in Iamblichos einen «Göttlichen» (theios) auf einer Höhe mit Pythagoras und Platon Stehenden verehrte (epist. 12). Die aus Julians nur bruchstückhaft erhaltenem Hauptwerk zu rekonstruierende Lehre werden wir in Kapitel IV (S. 470) im Kontext seines Wirkens als Wiederhersteller der heidnischen Religion beschreiben. Die Adaptation der hellenistischen Religion und Philosophie führte in Ägypten noch auf ganz andere Wege. Der ägyptische Gott Thoth wird mit Hermes gleichgesetzt. Eine sonderbare, in esoterischen Zirkeln gepflegte synkretistische Religion ist in einer zwischen 100 und 300 n. Chr. entstandenen Sammlung griechischer Schriften mehrerer Autoren unter dem (späteren) Titel Corpus Herme­ ticum überliefert. Hermetiker predigten und lehrten neben Mystikern, Magikern, Theurgen, Manichäern, Gnostikern verschiedener Richtungen und neben Christen. Das 4. Jahrhundert überliefert uns neben den Werken und Briefen des Synesios von Kyrene die Geschichte von der Ermordung einer Philosophin, Hypatia, in Alexandreia, auf die wir im nächsten Kapitel noch näher eingehen werden (S. 508 f.). Mehr als 100 Jahre nach Plotin, Porphyrios und Iamblichos ragt als einsamer spätantiker Monolith neuplatonischer Theologie das (größtenteils verlorene) Werk des Proklos (412–485) hervor. In der Hauptstadt Konstantinopel geboren, wirkte der hochgelehrte Philosoph, dessen Vorfahren wohl aus Lykien stammten, in Alexandreia und seit 430 n. Chr. als Schulleiter in Athen.136 Eine geradezu

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beängstigende Disziplin regelte daselbst sein Tagwerk mit Unterricht, Gebet, ­Askese, Studium und Niederschrift mehrerer 100 Zeilen. Im längst christlichen Imperium hielt er einen heidnischen Lehrbetrieb aufrecht, der Platon wieder in den Mittelpunkt theologischer Systematik stellte. Den Meister hat er ausführlich kommentiert. Berühmt ist sein nur teilweise erhaltener Kommentar zum Timaios. Die Schule in Athen fand in seinem Schüler Marinos aus Samaria in Palästina den nächsten,137 in Damaskios aus Damaskus138 den letzten Nachfolger vor der Schließung durch Justinian, beide Neuplatoniker auf seinen Spuren. Zäsuren bei den christlichen Denkern wie in der Philosophie überhaupt ­waren die Wende zur Toleranz der christlichen Religion 311–313 n. Chr. und das Konzil von Nikaia 325 n. Chr. Die patristische Literatur, die christologischen und theologischen Debatten der nachnizänischen Zeit sind ein Feld für sich, wenn auch Philosophie und Religion der Spätantike kaum zu trennen sind. Die großen religiösen Strömungen und Glaubenskriege in Leben und Lehre werden wir weiter unten gesondert betrachten. Ganz allgemein lassen Theologie, Rhetorik, ­Sophistik und auch Wissenschaften wie Medizin oder Mathematik der Kaiserzeit und der Spätantike keine scharfen Trennlinien von der Philosophie zu: Der ­Bithynier Dion und der Paphlagonier Themistios sind Redner, der Smyrnaier Theon Mathematiker, der Pergamener Galen Arzt, Maximos von Alexandreia und Synesios von Kyrene sind Bischöfe, und doch sind alle diese auch Philo­ sophen. Galen hat eine Schrift mit dem Titel verfasst «dass der beste Arzt auch Philosoph ist». Ein besonderes Thema des römischen Orients neben der Philosophie ist die ­sogenannte Zweite Sophistik.139 Zu ihr ist einleitend zu sagen, dass es sich, folgt man der Auswahl des kaiserzeitlichen Autors der «Lebensbeschreibungen der Sophisten» Philostratos, um eine weit überwiegend von Kleinasien ausgehende Erscheinung handelt. Weltkulturzentren wie Alexandreia in Ägypten, Antiocheia in Syrien spielen als Ausgangsorte kaum eine Rolle. Gewiss, viele auch dieser Intellektuellen wirkten die meiste Zeit fern ihrer Geburtsorte, und doch ist ihre Herkunft und Erziehung aufschlussreich für die Teilhabe auch kleiner Provinzstädte am Geistesleben der Zeit. Mit der älteren Sophistik der klassischen griechischen Epoche hat die «Zweite», die Philostratos bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. beginnen lässt (soph. 481), gemeinsam, dass viele Protagonisten auf ausgedehnten Reisen gegen Entgelt Schüler unterrichteten. Vor allem aber brillierten diese Star- oder «Konzertredner», wie ein Gelehrter (Ludwig Radermacher) sie genannt hat, in öffent­ lichen Auftritten vor großem Publikum. Die improvisierte oder vorab sorgfältig

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einstudierte Rede muss man sich wie eine musikalische Präsentation vorstellen: mit Rhythmus, Gleichklang und Satzmelodie, wozu das Erscheinungsbild und Gebaren des Redners die Blicke der Zuhörer auf sich ziehen sollte. Lukian beschreibt den Typus so (Rh. Pr. 11): «ein ganz und gar schöner Mann, mit federnd schwingendem Gang, biegsam schlankem Nacken, weiblichem Strahlblick, honig­ süßer Stimme, Parfümgerüche versprühend, mit der Spitze des Fingers übers Haupt streichend, das zwar schüttere doch lockige und violett gefärbte Haar ordnend». Über die fingierten Themen improvisierter Prunkreden mag hier ein ­Zitat des Philologen Albin Lesky genügen, der von einer weltfremden Phantastik spricht, «mit der man da die tolldreisten Geschichten als thematische Grund­ lagen solcher Übungen zusammenbraute».140 Das spätantike Lehrbuch des Menandros Rhetor (3. Jh.) präsentiert uns eine Systematik der Gattungen und Inhalte. Die drei Hauptgruppen sind die Gerichtsreden, die Reden in den politischen Versammlungen und die «aufzeigenden» (epideiktikoi) Reden, die, zu verschiedenen Anlässen, Lob oder Tadel spenden. Dabei besitzen Lobreden auf Götter, Kaiser, Städte (auch Akropoleis, Häfen, Buchten) etc. ihr jeweils spezifisches Themen- und Formelrepertoire. Dion von Prusa komponierte Lobreden auf das Haupthaar, auf Papagei und Mücke. Von allerhöchster Bedeutung war die Form des Gesagten und Geschrie­ benen. Man findet wenige Zeitalter, in deren Stilkunst sich ein ähnlich auf die Spitze getriebener Formalismus wiederfindet. Als Maß aller Dinge setzte sich in den Schulen das Attische der Klassiker durch, eine seit Jahrhunderten tote Kunstsprache. Ein demgegenüber gepflegter «asianischer» Stil wurde als schwülstig verachtet. Die radikalsten Vertreter attizistischer Wortwahl (ekloge) stammten aus dem Orient. Ganze Lexika erlaubter und unerlaubter Wörter wurden verfasst. Es ist ein seltsam verkehrter Purismus zum aufkommenden unserer Zeit. Dieser will generische Maskulina, N-, Z- und andere Wörter canceln für moralkonforme Parität und ‹Reinheit› einer Zukunftssprache, jener säuberte die Reden von jedweden Wörtern mit Migrationshintergrund für eine ‹rein› helle­ nische Ausdrucksweise der tiefen Vergangenheit. Der Einfluss dieser Bewegung auf die Geisteswelt des römischen Imperiums ging weit über bloß erbauliche oder vergnügliche Kunstdarbietungen und Spielereien hinaus. Philostratos definiert die Sophistik als eine «philosophierende ­Redekunst» (rhetorike philosophousa, soph. 480). Die enge Symbiose mit der Philosophie besteht insofern, als die Mehrzahl der Meister nicht nur einer philosophischen Schulrichtung angehörte, sondern mit ihren Lehrinhalten in Wort und Schrift auf die moralisch-ethische Bildung städtischer und imperialer Eliten maßgebend einwirkte. Nicht wenige bekleideten städtische und provinziale

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­ mter zum Vorteil ihrer Stamm- oder Wahlheimat, führten – wie schon die PhiÄ losophen im Hellenismus  – Gesandtschaften nach Rom. Ein Skopelianos vermochte mit einer solchen Mission Domitian von dem Vorhaben abzubringen, den Weinanbau in der ganzen Provinz Asia zu untersagen (Philostr. soph. 520). Diese Männer haben ein geistiges Fundament der römischen Weltherrschaft gelegt, ohne sich selbst einer spezifisch lateinischen Kultur zuzurechnen. Ihr ganzer Stolz wurzelte in hellenischer Geschichte und Kultur. Der vielleicht stärkste Ausdruck dieser Haltung ist die Romrede des Kleinasiaten Aelius Aristeides, in der das Imperium als die Überpolis in einer Union von Stadtstaaten stilisiert und gepriesen wird. In der Tat ist die Polis die Eizelle dieser philosophierenden Redekunst: Die allgegenwärtigen Versammlungen von Bürgern und Vereinsmitgliedern stellten die Bühnen, auf denen die Talente zuerst reüssierten, weit unterhalb der Weltbühne der Koryphäen. Redekunst war eine Grundtechnik kaiserzeit­ licher Bildung, und ihre professionelle Lehre in der Fachliteratur ließe sich in einer ganzen Reihe von Werken nachverfolgen.141 Römische Kaiser suchten von sich aus den Kontakt zu den Besten der Besten, beriefen sie zu Prinzenerziehern nach Rom oder begaben sich selbst an den Ort ihres Wirkens, wie Marcus Aurelius zu einem Auftritt des angeblich erst 15-jährigen Talents Hermogenes in Tarsos (soph. 577). Verwöhnten Zelebritäten wie ­Polemon oder Aristeides verziehen Bewunderer wie Arrius Antoninus, Adoptivsohn Hadrians und späterer Kaiser, oder Kaiser Marcus ihr primadonnenhaftes Verhalten (soph. 534 f. 582). Nicht jeder andere Herrscher dürfte ebenso erhaben und gelassen den Humor eines gewissen Lucius genossen haben, der ihn fragte: «Wohin gehst du und worauf willst du hinaus?» Marcus: «Gut, auch im Alter noch zu lernen; ich gehe zu Sextus dem Philosophen, um zu lernen, was ich noch nicht weiß.» Daraufhin Lucius: «O Zeus! Der Kaiser der Römer, schon in die Jahre gekommen, hängt sich die Schreibtafel um und geht zur Schule. Alexander, mein König, war mit 32 schon tot.» Der Biograph Philostratos schwelgt geradezu in der Wiedergabe kurzer Dialoge, in denen Witz und Schlagfertigkeit der Sophisten auftrumpfen. «Das», so schreibt er, «zeigt den Mann, wie die Gaumenprobe das Bouquet eines Weines» (soph. 557). Außer Privilegien, Rang, Ämtern und Macht erhielten Sophisten von Kaisern opulente Geschenke. Manch einer wurde steinreich. Herodes Atticus könnte man nach heutigen Maßstäben als Milliardär bezeichnen. Er finanzierte Stadien in Athen und Delphi, ein Brunnenhaus in Olympia, Wasserleitung und Bäder in Alexandreia Troas.142 Smyrna und Ephesos verdankten einem Niketes (1. Jh.), Herakleides (spätes 2. – Anfang 3. Jh.) und Damianos (2. Jh.) Stiftungen prachtvoller Bauwerke (soph. 605. 613). Zur Sonnenseite der Freundschaften von

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S­ ophisten mit Kaisern und untereinander gehört – nicht anders als bei den Philosophen – die Schattenseite von Arroganz, Neid, Konkurrenz, Intrigen, Anfeindungen und Verachtung. Die Biographien sind voll davon. Als einziger ‹Westler› neben dem Römer Aelianus und dem Schüler Dions, Favorinus von Arelate (heute Arles), kommt ein Aspasius von Ravenna vor (soph. 627). Im Mutterland Griechenland steht Herodes, der «Attiker», Professor auf den Lehrstühlen in Athen und Rom, Senator und Konsul 143 n. Chr., hoch oben, aber ziemlich einsam. Zwei Athener und drei Thessaler bleiben blass.143 Die Griechenstädte Ainos, Perinthos und Byzantion an der Küste Thrakiens – Byzantion gehörte zur Provinz Pontus et Bithynia – stellen bei Philostratos vier Sophisten. Unter den Kleinasiaten muss man Dion von Prusa zu den Top-Sophisten zählen. Aus seiner Heimat Bithynien stammten des Weiteren Quirinus von Niko­ medeia (soph. 621) und Himerios von Prusias (4. Jh. n. Chr.).144 In dem Städtchen Hadrianutherai in Mysien ist im Todesjahr Traians (117 n. Chr.) Aelius Aristeides geboren, neben Dion und Herodes einer derjenigen, die sozusagen in der premier league der Sophisten der hohen Kaiserzeit spielten. Um die Kunst der Ex-tempore-Rede zu trainieren, schloss er sich ein, und am Wortlaut seiner Schriften feilte er bis zur Perfektion (soph. 582 f.). Er hat wie Dion ein umfang­ reiches Textcorpus hinterlassen.145 Im dichten Städtenetz Westkleinasiens konzentriert sich die sophistische Elite. Smyrna ist deren Hauptstadt in Asien, die aus aller Welt Studenten und Besucher angezogen hat. Aristeides, der Ägypten bereist und auch Rom gesehen hat, zu längeren Kuraufenthalten nach Pergamon ging, machte es zu seinem Domizil. Der Klazomenier Skopelianos rechtfertigte seine Wohnsitznahme in dieser Stadt damit, dass die Nachtigall eines Hains statt eines Käfigs bedarf (soph. 516). Polemon, ein Superstar auf Augenhöhe mit Herodes und Aristeides, kam aus dem Landesinnern, von Laodikeia am Lykos; auch er entschied sich für Smyrna.146 Dasselbe Laodikeia ist Heimat des im späten 3. Jahrhundert schreibenden Lehrbuchautors Menandros Rhetor, und die Nachbarstadt Hierapolis zählt einen Sophisten namens Antipatros zu ihren prominenten Bürgern (soph. 606 f.). An Anatoliens Südküste stehen einem einzigen Lykier, Herakleides (soph. 613), und einem Varus von Perge in Pamphylien vier Kilikier gegenüber: Anti­ ochos von Aigai, Philagros, Alexandros von Seleukeia am Kalykadnos (Silifke) und Hermogenes von Tarsos, der eine Stillehre (peri ideon) verfasste (zweite Hälfte 2. Jh.). Die Mitte und der Osten, Galatien, Pontos, Kappadokien, zogen den Spott der Sprachpuristen auf sich, die den dortigen Adepten der griechischen Kunstsprache wie dem einzigen kappadokischen Sophisten Pausanias von

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Kaisareia, Schüler des Herodes – wohl übertrieben –, barbarische Kakophonie und Missgriffe in der Wortwahl vorwarfen (soph. 594).147 Ägypten ist bei Philostratos mit vier Sophisten aus der Stadt Naukratis vertreten.148 Hinzu kommt der Autor des Onomastikon Pollux. Dieses in einer gekürzten Fassung einzige erhaltene Werk, ein Lexikon, gibt keine alphabetisch geordneten Einträge, sondern knüpft an eine uralte Gattung keilschriftlicher Literatur an, indem es Wortreihen synonymer und verwandter Begriffe bildet. Ziel ist die Darbietung einer ‹richtigen› attischen Wortwahl in gehobener Rede und Schrift.149 Das einsame Beispiel eines Sophisten aus Syrien (Provinz Phoenice): Hadrianos von Tyros, war Pollux’ Lehrer. Er ist dem Philostratos eine ausführliche Vita wert (soph. 585–590). Selbst ein Musterschüler des Herodes in Athen, gehörte er zur Gruppe der zehn auserwählten, die bei Abendessen und Wein der von einer Wasseruhr auf genau 100 Verse ‹getimten› Deklamation des Meisters beiwohnen durften. Als Professor des Rhetoriklehrstuhls in Athen pflegte er in einer silberverzierten Kutsche mit Eskorte seiner Bewunderer vorzufahren und seine öffentlichen Auftritte in edles Tuch gehüllt und mit kostbarem Schmuck behängt zu zelebrieren. Seine Karriere endete auf dem Lehrstuhl in Rom. Hadrianos besaß in dem Senator Gnaeus Claudius Severus aus Pompeiopolis in Paphlagonien, dem Sohn des schon genannten ersten Statthalters der Provinz Arabia und Schwiegersohn des Kaisers Marcus Aurelius, einen Förderer. Ein von ihm im Artemision von Ephesos errichtetes Standbild dieses Gnaeus bringt seine Dankbarkeit zum Ausdruck. Bruchstücke der beschrifteten Basis werden heute im Britischen ­Museum aufbewahrt. Einer Ehreninschrift oben folgt ein Epigramm (übers. Merkelbach – Stauber):150 «Ihn, die Richtschnur aller Trefflichkeit, den Mann, der die Stadt schützt, den hervorragenden unter den Griechen, den Bevorzugten unter den Römern, den Vater des berühmten Quadratus, dem Harmonia selbst ein kaiserliches Brautgemach zu glücklicher Ehe erbaut hat, ihn, den Severus, hat der Musendiener Hadrianos in erzenem Standbild aufgestellt zum Dank für die Gönnerschaft. Ihr ionischen Männer, es ist schön, die Bilder solcher Männer im reichen Bezirk der Artemis stehen zu sehen.»

Auf höchstem Niveau in der Spätantike steht der im syrischen Antiocheia geborene Sophist Libanios (314–393 n. Chr.), ein Verehrer Kaiser Julians, auf den er eine Trauerrede (or. 17), eine Grabrede (or. 18) und eine an Kaiser Theodosius I. gerichtete Rede «Über die Rache für Julian» komponierte. Nach einem Studium in Athen war er als Rhetoriklehrer in die Hauptstadt Konstantinopel, von dort nach Nikaia und Nikomedeia gegangen, schließlich in die syrische Weltmetropole zurückgekehrt. Neben den Kaiserreden auf Constantius II. und Constans

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(or. 59) und mehreren auf Julian151 ragt als Paradebeispiel eines Städtelobs die Rede auf die Heimatstadt, der Antiochikos (or. 11), hervor. Deutlicher als in den politischen Reden des Dion Chrysostomos wird in der Rhetorik des Libanios Licht und Schatten provinzialen und städtischen Lebens seiner Zeit sichtbar. Dem Kaiser Theodosius meldet er Übergriffe christlicher Mönche auf heidnische Tempel (or. 30), Missstände in Gefängnissen (or. 45), Zwang gegen Bauern (or. 50). Der in der klassischen griechischen Literatur hochgebildete Schriftsteller stand der geistigen Opposition Julians gegen das Christentum nahe und sollte doch einen Ioannes Chrysostomos, Theodoros von Mopsuhestia und kappa­ dokische Kirchenväter zu seinen Schülern zählen.152 Aus Arabien und Mesopotamien (?) stammen ein sonst ganz unbekannter Sophist namens Heliodoros Arabs (soph. 625 f., sicher nicht der Romanautor aus Emesa, siehe unten S. 390) und Isaios, den Philostratos als Assyrios bezeichnet (512 f.). Diese Herkunft aus dem extremen Orient ist im Panoptikum der Sophisten singulär. Als ausgesprochen attizistischer Sprachpurist tadelte er seinen Schüler Dionysios von Milet für dessen deklamatorischen Singsang. Zu den prominenten Hörern des schon gealterten Redners gehörten Plinius der Jüngere (epist. 2,3), vor dem er improvisierend deklamierte (ex tempore – griech. autoschedios logos) und Kaiser Hadrian. Isaios soll als junger Mann ein Womanizer und Gelagen, Lyra- und Flötenspielerinnen zugetan gewesen sein, bevor er sich völlig zum Asketen transformierte. Gefragt, ob diese oder jene Frau ihm gefiele, soll er geantwortet haben: «Ich bin von meiner Augenkrankheit genesen.» All diese Figuren sind nur die ihren Bewunderern erwähnenswerten Koryphäen. Die römische Welt des Ostens dürfte von noch viel mehr namenlosen Nachahmern und Möchtergern-Aufsteigern, die kleinstädtisches Leben mit publikumswirksamen Auftritten füllten, voll gewesen sein. Von hoher Dichtung und Prosa im kaiserzeitlichen Osten können wir uns kein der Realität auch nur einigermaßen angemessenes Bild machen, da sicher ein Großteil verloren ist.153 Die altgriechischen Landschaften Kleinasiens, Heimat Homers, Anakreons und der milesischen Kosmologen, Geburtsstätte der Historiographie, vermögen sich nach Ausweis des Erhaltenen mit ihrer geistes­ geschichtlich avantgardistischen Vergangenheit nicht zu messen. Im ionischen Ephesos ist der Verfasser des «Traumbuches» (oneirokritikon) Artemidoros (2. Jh.?) geboren, wird jedoch nach dem Herkunftsort seiner Mutter in Lydien als «von Daldis» bezeichnet.154 Aus der lydischen Metropolis Sardeis gingen ein die Knabenliebe besingender Epigrammdichter namens Straton (hadrianische Zeit) und der spätantike Historiker und Biograph Eunapios hervor (ca. 345–420).

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Im 6. Jahrhundert n. Chr. versuchte sich der Milesier Hesychios an einer Universalgeschichte von Babylon bis Justinian.155 Ein orphisches Hymnenbuch mit 87 Gedichten auf verschiedene Gottheiten nennt keinen Verfasser oder Ent­ stehungsort, gehört aber wohl nach Mittelanatolien.156 Mehr noch als ein Platon bei den Philosophen, ein Demosthenes bei den Rednern, ein Thukydides bei den Geschichtsschreibern, ist Homer bei den Dichtern auch nach fast einem Jahrtausend Maß aller Dinge. Ob der Fortsetzer der Ilias, Quintus, aus Smyrna stammte, ist eher unwahrscheinlich.157 Er könnte sich so genannt haben, weil Smyrna als Geburtsort ­Homers galt. Zeitlich schwer einzuordnen (3. oder 4. Jh.?), scheint er doch ins spätantike Westkleinasien zu gehören. Sein Epos «Die Ereignisse nach Homer» (ta meth’ Homeron) knüpft exakt ans Ende der Ilias mit der Ankunft der Ama­ zonenkönigin Penthesileia an und schildert in 14 Gesängen – insgesamt mit etwa halb so vielen Hexametern wie das Vorbild – Ereignisse bis kurz nach der Eroberung und Zerstörung Troias. Außer Quintus taten sich als Epiker im Fahrwasser Homers Ägypter hervor: Ein kleineres Gedicht des Triphiodoros, «Einnahme Ilions» (Iliou halosis), gehört wohl ins 5. Jahrhundert. Es hat einige Überschneidungen mit dem Stoff bei Quintus. Sein Landsmann Kolluthos schrieb ein Epos über den Raub der Helena. Triphiodoros soll auch eine Odyssee mit Buchstabenauslassung gedichtet haben – eine eitle Spielerei, die schon ein Nestor von Laranda in Kleinasien mit der Ilias vorgemacht hatte.158 Das längste aller erhaltenen Epen der Antike, sage und schreibe 21 286 Verse in 48 Gesängen, widmete im 5. Jahrhundert der Ägypter Nonnos aus Panopolis der Geschichte des Gottes Dionysos von der Geburt bis zur Aufnahme in den Olymp und schildert ausführlichst dessen Heereszug nach Indien.159 Es ist ein merkwürdiges Monument heidnischer Mythographie inmitten einer zutiefst christlichen Geisteswelt in dieser Provinz. Da paradiert die hellenische Götterund Heroenfamilie in verwickelten Liebesgeschichten und blutigen Schlachten mit- und gegeneinander; Dionysos selbst, Feldherr zu Wasser und zu Lande, wahnsinnig gemacht und wieder geheilt, verliebt mal in Jungfrauen, mal in einen Jüngling, kämpft, vergewaltigt und schwängert, heiratet Königstöchter auf Naxos und in Thrakien. Demselben Dichter wird eine epische «Umwandlung» (metabole) des Johannesevangeliums zugeschrieben, die erhalten ist. Sie wirft – seine Verfasserschaft beider Epen vorausgesetzt – das vieldiskutierte Problem auf, ob hier ein Heide Christ oder ein Christ Apostat geworden ist, je nachdem, welches der beiden Werke das frühere und welches das spätere ist. Erwogen wurde freilich auch, dass Nonnos beide ohne eine dazwischen liegende Bekehrung oder Apostasie verfasst hat, mithin die Dionysiaka ganz unanstößig neben dem Bibel­

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epos stehen wie die heidnischen und christlichen Bildelemente auf den spätantiken ägyptischen Wandbehängen in Riggisberg (siehe unten S. 376 f.). Eine hybride Dichtung zwischen Platonismus und Christentum ist mit den Hymnen des Synesios von Kyrene, überliefert.160 Etwa zwischen 365 und 370 in Kyrene geboren, studierte er bei der Philosophin Hypatia in Alexandreia. Er ­bezeichnet sie in einem Brief (epist. 16) als «Mutter, Schwester, Lehrerin». Dem Mekka klassischer Bildung, Athen, galt ein vierjähriger Aufenthalt von 395 bis 399. Seinen Eindruck schildert er in einem Brief an den Bruder (epist. 136): «Die Philosophie ist ausgesiedelt; es bleibt übrig, herumzuspazieren und die Aka­ demie zu bewundern und das Lykeion und, beim Zeus, die Stoa Poikile, die der Philosophie des Chrysippos den Namen gab, jetzt aber nicht mehr ‹bunt› ist. Denn der Proconsul hat die Tafeln wegnehmen lassen, auf denen Polygnotos von Thasos seine Kunst verewigt hatte. Jetzt freilich, in unseren Zeiten, hat Ägypten die Saat der Hypatia aufgenommen und lässt sie aufgehen. Athen aber: In alter Zeit war die Stadt ein Herd der Weisen, was heute angeht, so sorgen die Imker für ihren Ruf. Ebenso das Zwiegespann der Plutarchier,161 die nicht mit dem Ruf ihrer Reden die Jünglinge ins Theater locken, sondern mit den Honigtöpfen vom Hymettos.»

Um die Jahrhundertwende schickte die Stadt Kyrene den gebildeten jungen Mann als Gesandten nach Konstantinopel, wo er über Steuererleichterungen verhandeln sollte. Bei seinem mehrjährigen Aufenthalt entstand als früheste seiner Prosaschriften «Über das Kaisertum», eine Art Fürstenspiegel. Zurückgekehrt nach Alexandreia, heiratete er eine Christin und zog sich anschließend auf ein Gut in der südlichen Kyrenaika zurück. Knapp zehn Jahre später wurde er Bischof von Ptolemais und Metropolit der Pentapolis. Angeblich erfolgte erst nach seiner Wahl die Taufe.162 Sein Werk umfasst auch zahlreiche Prosaschriften: romanhafte «Ägyptische Erzählungen», eine Schrift über Jagd (kynegetikos), ein Traumbuch, eine Huldigung an das philosophische Ethos des Sophisten Dion von Prusa und insgesamt 156 Briefe, darunter acht an Hypatia.163 In diesen Briefen lesen wir von schweren Schicksalsschägen: Kurz hintereinander sterben alle drei Söhne im Kindesalter. Darüber wird er selbst krank. Um 413 ist er gestorben. Aus Damaskios’ Biographie des Platonikers Isidoros erfährt man etwas über eine Familie von Literaten des späten 5. Jahrhunderts, die aus demselben Panopolis stammte wie der Dichter Nonnos. Der Vater, Horapollon, hatte einen Traktat Hieroclyphica verfasst, die Söhne, Asklepiades und Heraiskos, waren Experten in ägyptischer Weisheit. Heraiskos soll fähig gewesen sein, in Götterstandbildern die Anwesenheit des Göttlichen zu fühlen. Bei seinem Begräbnis leuchteten plötzlich göttliche Bilder an seinem Leinengewand auf und verdichteten sich zu

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Abb. 62a–c: Dionysos und Entourage unter Arkaden. Wandbehang aus Ägypten, 4. Jahrhundert. Abegg-Stiftung, Riggisberg

einem übernatürlichen Lichtschein. Man hat die Nähe dieser heidnischen Esoteriker zu den zeitgenössischen Christen untersucht.164 Aus Ägypten, vielleicht aus Panopolis, stammen die in einem spätantiken Grab (5. Jh.) entdeckten Textilien, die heute in der Abegg-Stiftung in Riggisberg/ Schweiz aufbewahrt werden: ein kostbarer, ursprünglich aus anderem Kontext stammender und als Grabtuch verwendeter Wandbehang des 4. Jahrhunderts mit dionysischen Szenen zusammen mit dem Fragment einer Seidentunika mit christ­lichen Szenen. Die heidnisch-christliche Melange der Bilder ist bemerkens-

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wert. Auf dem Wandbehang (Abb. 62 a–c) sind ein androgyner nackter Dionysos ­neben halbnackter Ariadne, beide mit Nimbus (kreisförmige Aureole in Gold als Zeichen der Göttlichkeit), Pan mit Flöte, Satyr, Silen und Mänade sowie eine reich gekleidete Frau zu sehen, auf der Tunika Szenen aus dem Marienleben.165 Dieselbe unbekümmerte Zurschaustellung griechischer Mythologie in ­einem christlichem Kontext findet sich auf dem Dionysosmosaik des 6. Jahrhunderts in Nea Paphos, Zypern, wo der Gott als neugeborenes Kind – dem Jesuskind gleichend – nackt und mit Nimbus auf dem Schoß des Hermes sitzt.166 Besonders auffällig ist das weitgehende Fehlen dramatischer Dichtung in der Kaiserzeit. Obgleich die großen griechischen Dramatiker von Aischylos bis ­Menander von den Gebildeten bis in die Spätantike, auch von Christen, nicht weniger gelesen und geschätzt wurden als ein Homer, und obgleich neben Wiederaufführungen auch neue Stücke geschrieben und inszeniert wurden, ja, ein geradezu explodierender Theaterbetrieb der thymelischen Agonistik überall im Osten des Reiches indirekt bezeugt ist, haben sich Texte dieser Art literarischer Produktion so gut wie keine erhalten.167 Die Schriftstellerei in Prosa blühte in den östlichen Provinzen, aufgefächert in eine Vielzahl alter und neuer Gattungen. Wir wählen nur weniges aus. Von ­hoher literarischer Qualität ist ein schmaler, frühkaiserzeitlicher Traktat, der sich mit Bestimmtheit keinem Verfasser zuweisen lässt, die Forschung spricht von PseudoLonginos. Dieser – sicher nicht identisch mit dem Philosophen Longinos  – scheint wegen seiner Kenntnis jüdischen Schrifttums einen orientalischen Hintergrund gehabt zu haben.168 Es handelt sich bei der Thematik «Über das Erhabene» (peri hypsous) eigentlich um eine Kunsttheorie nach Art der Poetik des Aristo­teles: Am höchsten unter allen Kunstformen, über Bildkunst und Musik, stehe die Rede (logos) – nicht im Sinne der Redekunst (rhetorike) allein, sondern aller Literaturgattungen in Wort und Schrift, in Dichtung und Prosa: ein Homer ebenso wie eine Sappho oder ein Platon und Demosthenes. Kulminationspunkt jeder meisterhaften Rede sei das «Erhabene» (hypsos), das den Hörer oder Leser blitzartig trifft und überwältigt. Es wirke sozusagen als zweite Natur analog dem in der ersten Natur vorkommenden Erhabenen, wie es sich beispielsweise im überwältigenden Anblick eines Wasserfalls oder eines Ozeans offenbart. Das hypsos ist oberstes Ziel in Dichtung und Prosa, es vereint Natur und Kunst (techne), und es erfasst nicht allein die Sinne, sondern erhebt die Seele. Im 16. Jahrhundert wiederentdeckt, wurde die Schrift im frühneuzeitlichen Europa debattiert, von der Querelle des Anciens et des Modernes bis zu Kants Beob-

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achtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen von 1764. Dem Autor bescheinigte der englische Dichter Alexander Pope:169 «The Muses sure Longinus did inspire And blest their Critick with a Poet’s Fire. An ardent Judge, who zealous in his Trust, With Warmth gives Sentence, yet is always Just; Whose own Example strengthens all his Laws, And Is himself that great Sublime he draws.»

Syrien und Ägypten sind reich vertreten: Eine ermüdende, antiquarisches Interesse gleichwohl reichlich bedienende Lektüre ist das enzyklopädische Sammelsurium eines Athenaios von Naukratis, die deipnosophistai (2. Jh.). Seine Lesefrüchte von allerlei Wissenswertem und Kuriosem tischt der Autor in der dem Platon nachgemachten Form eines Gelehrtendialogs auf, der im Hause eines Römers stattfindet.170 Der Grammatiker Herennius Philon aus Byblos (1. Jh.) schrieb auch eine phoinikische Geschichte in neun Büchern und «Über die Judäer». Sein Schüler Hermippos kam aus einem phoinikischen Dorf namens Berytos (nicht die Stadt an der Küste).171 Grammatiker war Dorotheos von Askalon, der eine ganze Schrift zu einem einzigen Wort verfasste,172 Astrologe ein anderer Dorotheos, der aus Sidon stammte. Sein Werk, ursprünglich ein Lehrgedicht, ist ins Arabische übersetzt worden. Gerasa brachte mit Nikomachos (ca. 100) einen Mathematiker und Neupythagoreer hervor, von dem eine «Einführung in die Arithmetik» bekannt ist. Eine Hadrian gewidmete Fachschrift zur Belagerungstechnik (poliorketika) geht auf den Baumeister Traians, Apollodoros von Damaskus, zurück,173 und ein Lehrgedicht über Jagd (kynegetika) widmete der Apameier Oppian dem Kaiser Caracalla.174 In der Geschichtsschreibung hat der griechischsprachige Orient dem Lateiner Tacitus kein Werk auf gleicher Höhe an die Seite stellen können. Für einen Historiker der römisch-parthischen Kriege in der Zeit der Antonine (2. Hälfte 2. Jahrhundert), Crepereius Calpurnianus aus Pompeiopolis in Paphlagonien, hat Lukian in seiner Schrift «Wie man Geschichte schreiben soll» (quomodo historia conscribenda sit 15, FGrHist Nr. 208) nur Verachtung übrig.175 Er tadelt in ihm einen schlichten Thukydides-Plagiator, der dem großen Attiker vom Proömium über die Reden bis zur Pestschilderung wörtliche Anleihen entnimmt, um sie auf orientalische Schauplätze zu übertragen. Das Geschichtswerk des Juden Josephos (37 / 8 – nach 100), der selbst am Jüdischen Krieg teilnahm und sich später in Rom niederliess, haben wir oben schon

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vorgestellt (siehe oben S. 198 f.). Um die Mitte des 2. Jahrhunderts schrieb der Alexandriner Appian seine «Römische Geschichte» von der Königszeit bis auf Traian, die nach verschiedenen Kriegsschauplätzen gegliedert ist.176 Im selben Jahrhundert stiegen zwei gebildete Bithynier in höchste Ämter auf, die in dieser Gattung zu den bedeutendsten Autoren gehören: Flavius Arrianus aus Niko­ medeia und Cassius Dio aus Nikaia. Jener, der Historiker des Alexanderfeldzugs und der Dia­dochen, war ein Schüler Epiktets von Hierapolis.177 Er hat unter H ­ adrian die Grenzprovinz Cappadocia regiert. Seiner Heimat Bithynien widmete er ein weiteres historisches Werk, und eine der Hauptquellen über das Partherreich sind seine nur fragmentarisch erhaltenen Parthika in 17 Büchern, die, nach der hellenistischen Vorgeschichte im ersten Buch, die römisch-parthischen Kriege von Crassus bis Traian schildern. Darin findet sich auch eine genaue Beschreibung der parthischen Panzerreiter.178 Mit einem militärischen Handbuch «Truppenaufmarsch» gegen die Alanen (ektaxis) hat Arrian wertvolle Informa­ tionen zur Dislozierung der Einheiten am nördlichsten Abschnitt der Ostgrenze hinterlassen. Seine Wahlheimat wurde Athen, wo er das höchste städtische Amt, das A ­ rchontat, bekleidete. Der Senator und zweimalige Konsul Cassius Dio (ca. 155 – nach 229 n. Chr.), der an seiner römischen Geschichte von Aeneas bis in seine Gegenwart Jahrzehnte gearbeitet hat, verbrachte lange Zeit in Rom, wohin er als etwa 25-Jähriger gekommen war. Unter Caracalla nahm er am Orientfeldzug teil, als Curator wirkte er in Pergamon und Smyrna, regierte als Statthalter die Provinzen Africa, Dalmatia und Pannonia Superior, bevor er sich noch während seines zweiten Konsulats in die Heimat zurückzog. Dieser Bithynier, der mit Dion von Prusa verwandt war, steht einem Herodes Atticus vergleichbar beispielhaft für die hellenophonen Anhänger der Weltmonarchie, die aus reichen Verhältnissen durch Bildung und Disziplin in die senatorische Führungsschicht aufstiegen.179 Vermutlich ein Syrer war der Historiker Herodian, dessen Kaisergeschichte nach Marc Aurel beginnt und bis auf Gordian III. hinabführt.180 Derselben Heimat entstammten die letzten wirklich bedeutenden Geschichtsschreiber der ­Antike: Ammianus Marcellinus aus Antiocheia am Orontes und Prokopios aus Caesarea in Palästina. Ammianus durchlief wie der Athener Thukydides eine ­militärische Karriere und nahm unter anderem am Perserkrieg unter Constantius II., vielleicht auch am Feldzug Julians in Mesopotamien teil. Sein in Rom etwa in den 380er Jahren verfasstes Geschichtswerk res gestae begann als Fortsetzung des Tacitus mit Nerva und endete mit Valens (378). Erhalten ist jedoch nur die zweite Hälfte, die Bücher 14–31.181 Auch der Schriftsteller des justinianischen Zeitalters (6. Jh.) Prokopios war Augenzeuge der von ihm geschilderten Ge-

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schichte «Über die Kriege» (hyper ton polemon), die in zwei Büchern den Perserkrieg, in zwei weiteren den Vandalen- und in drei weiteren den Gotenkrieg behandeln. Auch er hat Thukydides zum Vorbild, nach dem er zahlreiche Reden der Akteure und eine Schilderung der Pest des Jahres 542 in sein Werk einfügt. Historisch wertvolle Informationen enthalten seine Schriften «Über Bauten» (peri ktismaton) und das – heftig umstrittene, weil völlig aus dem Rahmen seiner sonst kaiserfreundlichen Darstellungen fallende – Pamphlet anekdota, das Kaiser und Kaiserin als perverse Zerstörer zeichnet und mit Hass und Spott überzieht.182 Eine ‹Geschichtsschreibung› sui generis, die hier nur angefügt sei, ist die der Kirchengeschichte183 und der christlichen Chronik. In beiden Arten herrscht eine vorwiegend christliche Perspektive auf die Weltgeschichte, wenn auch, wie namentlich bei den Chroniken, mit profanen Ereignissen und Daten durchmischt. Das Motiv ist die Konstruktion einer eigenen, wahren und durch ihr hohes Alter gegenüber der griechisch-römischen ursprünglicheren Geschichte, des Weiteren die Rechtfertigung (Apologetik) der eigenen Religion und bei einigen auch die Abwehr von Häresien. Bei den Kirchenhistorikern ragen als Protagonisten und Fortsetzer im Orient wieder Syrer hervor: Als eigentlicher Begründer der Bischof von Caesarea Eusebios,184 dessen historia ecclesiastica zuerst in acht Büchern zwischen 312 und 313 veröffentlicht und auf zehn Bücher erweitert 317 abgeschlossen wurde. Er leitet diese mit folgenden Worten ein (1,1, übers. Haeuser): «Ich habe mich entschlossen, in einer Schrift zu berichten über die Nachfolgen der heiligen Apostel, über die von unserem Erlöser an bis auf uns verflossenen Zeiten, über die zahlreichen, großen Ereignisse der Kirchengeschichte, über alle trefflichen kirchlichen Führer und Vorsteher in den angesehendsten Gemeinden, über alle jene, welche immer wieder mündlich oder schriftlich Dienst am göttlichen Worte taten, über die Person, die Zahl und die Zeit derer, welche sich aus Neuerungssucht zu den schlimmsten Irrtümern hinreißen ließen, um sich dann als Führer zu einer Weisheit, welche keine Weisheit ist, auszugeben, wütenden Wölfen gleich, die sich schonungslos auf die Herde Christi stürzen, ferner über das Schicksal, welches das jüdische Volk unmittelbar nach seinem Frevel an unserem Heiland getroffen hatte, weiterhin über die Zeiten der zahlreichen schweren Angriffe, denen das göttliche Wort von Seiten der Heiden ausgesetzt war, über die Helden, die immer wieder unter Blut und Martern für die Lehre kämpften, endlich über die Glaubenszeugnisse in unseren Tagen und über das stets gnädige, liebevolle Erbarmen unseres Erlösers […]. Wir sind nämlich die ersten, welche sich jetzt mit dieser Schrift gewissermaßen auf einen noch öden und unbegangenen Weg wagen.»185

Der früheste Fortsetzer, dessen Werk allerdings nicht erhalten ist, war seinerseits Bischof in Caesarea: Gelasios.186 In der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts folgten

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die Kirchengeschichten des Kappadokiers Philostorgios in zwölf Büchern,187 des Sokrates Scholastikos in sieben Büchern188 und des in der Nähe von Gaza geborenen Sozomenos in neun Büchern,189 die den Zeitraum von 320 bis 439 n. Chr. abdecken. Der Syrer Theodoret von Kyrrhos, als Bischof zeitweise abgesetzt und auf dem Konzil von Chalkedon 451 rehabilitiert, führte die Kirchengeschichte des Eusebios bis 428 fort.190 Sokrates, Sozomenos und Theodoret hat dann im 6. Jahrhundert ein Lektor an der Hagia Sophia Theodoros (anagnostes) in eine später so genannte Historia Tripartita zusammengefasst und bis 518 fortgesetzt.191 Aus dem syrischen Epiphaneia stammte Euagrios, der in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts als Sekretär des Patriarchen von Antiocheia tätig war.192 Seine Kirchengeschichte behandelt die Zeit 431–594. Bei den christlichen Chroniken macht der vermutlich aus Jerusalem stammende, später in der römischen Colonia Emmaus (westlich von Jerusalem) ­lebende Julius Africanus den Anfang.193 Er war ein Gelehrter, der Septimius ­Severus 195 auf seinem Orientfeldzug begleitete und den Edessener Philosophen Bardaiṣan persönlich kannte.194 Die nur fragmentarisch erhaltenen fünf Bücher chronographiae decken die Zeit von der Weltschöpfung bis in die ersten Jahrzehnte des 3. Jahrhunderts ab. Sie dienten Eusebios als Quelle. In Eusebios’ Chronik, deren griechisches Original nicht erhalten ist und die in einer armenischen und in der lateinischen Version des Hieronymus vorliegt, folgen nach der Einleitung über die alten Völker synchrone Tabellen mit Daten von der Geburt Abrahams (2105 v. Chr. datiert) bis in die eigene Zeit – von Hieronymus fort­gesetzt bis 378. Der Antiochener Johannes Malalas (ca. 490–570) führte seine Chronik von der Erschaffung der Welt bis hinab in das Jahr 563.195 Er hat in der Heimatstadt und in Konstantinopel gelebt, und historisch wertvoll sind insbesondere die ­lokalen, zum Teil auf Autopsie gründenden Angaben zu diesen beiden Städten seiner eigenen Zeit. Ereignisse an der Ostgrenze um die Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert schildert der syrische Chronist Joshua «der Säulenheilige», der Priester in einem Kloster bei Amida war.196 Der Autor interpretiert die selbst erlebten und vom Hörensagen berichteten Heimsuchungen als gött­liche Strafe. Unter den Fachschriftstellern auf dem Felde der Geographie finden wir den Verfasser der einzigen erhaltenen Beschreibung der gesamten damals bekannten ­Oikumene. Er war noch im hellenistischen Königreich Pontos zur Welt gekommen und lebte bis in die Zeit des Kaisers Tiberius. Wer heute durch die male­ rische Altstadt von Amasya am Fuße der Felsen mit den Königsgräbern schreitet, wird am Flussufer eine Bronzeplastik und am Eingang eines Hotels die Plakette mit der stolzen Darstellung des größten Sohnes der Stadt bemerken: Strabon,

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Abb. 63: Amasya, Türkei, Plakette an einem Hotel in der Altstadt

Geograph und Historiker (Abb. 63).197 Mit dem Präfekten und Feldherrn der Südarabienexkursion Aelius Gallus war er befreundet. Höhere Bildung in Grammatik, Rhetorik und Philosophie – er bekennt sich zum Stoizismus – empfing er in Kleinasien, doch das reife Werk – die Erdbeschreibung in 17 Büchern – dürfte er wenigstens zum Teil in der Weltstadt am Tiber verfasst haben. Auf jeden Fall hat er auch eine Zeitlang in Alexandreia gelebt. Ein Geschichtswerk in 47 Büchern, das den hellenistischen Historiker Polybios fortsetzte, ist nicht überliefert (FGrHist 91). Die Gattung der periegesis (das «Herumzeigen») hat den Herodot als großes Vorbild. Eine Erdbeschreibung in Hexametern verfasste der Perieget Dionysios, ein Alexandriner, unter Hadrian.198 Der Reiseschriftsteller Pausanias – er stammte vermutlich aus dem ionischen Magnesia am Sipylos (Manisa) – steht ziemlich isoliert. Man nennt ihn den antiken «Baedeker». Er war mindestens ebenso weit im Orient gereist wie Herodot, das erhaltene Werk widmet sich indessen ausschließlich einem Teil des Mutterlandes der Griechen, im Wesentlichen der Peloponnes und Mittelgriechenland, ohne den Westen, ohne Thessalien, ohne die Inseln und die Küsten Kleinasiens. Seine mit mythologischen und historischen Exkursen durchsetzte Beschreibung der zu seiner Zeit, im 2. Jahrhundert n. Chr., noch sichtbaren Monumente und Kunstwerke an den altehrwürdigen Stätten hat jedenfalls in der Antike keine Bewunderer, ja a­ ugenscheinlich nicht einmal Leser gefunden: «Posterity has not smiled on our author.»199 In unserer Zeit ist sie zu einer Bibel der Klassischen Archäologie

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geworden. Der berühmte Gräzist Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff hat dem Pausanias nie verziehen, dass er sich bei einem Griechenlandbesuch als Führer einer illustren Gesellschaft mit dessen Beschreibung in der Hand auf der Peloponnes verirrte. Auf dem Gebiet der ‹exakten› Fachwissenschaften entstanden in Alexandreia etwa die in lateinischen und arabischen Fassungen erhaltene Sphärik des Mene­ laos (traianische Zeit),200 Klaudios Ptolemaios’ astronomische und geographische Werke,201 die Arithmetik des Diophantos (um 250) oder die mathematischen Abhandlungen (synagoge) eines Pappos,202 der in diokletianisch-konstantinischer Zeit schrieb. Dem 4. Jahrhundert gehört der Mathematiker und Astronom Theon, Vater der Hypatia (siehe unten S. 508 f.) an, der einen Kommentar zum Almagest des Ptolemaios schrieb.203 Ptolemaios (ca. 100–170 n. Chr.) ragt unter den Genannten als ein monolithischer Schlussstein kosmologischer Wissenschaft der Antike heraus. Er zitiert und kritisiert einen wenig bekannten Vorgänger Marinos von Tyros, von dem freilich nicht sicher ist, ob es sich tatsächlich um einen Tyrier oder nicht vielmehr um einen Römer handelt. Der auf vielen Gebieten forschende Alexandriner hat mit seinem astronomischen Hauptwerk, das unter dem griechischen Titel «Größte Zusammenstellung» (megiste syntaxis) Arabisch als «Almagest» bekannt und ­außer mehrfach ins Arabische ins Mittelpersische, Syrische und ins Sanskrit übersetzt wurde, ein bis an die Schwelle der Neuzeit kanonisches Lehrbuch vorgelegt. Es behauptet den Vorrang der Astronomie vor der Philosophie. Ausgehend vom Geozentrismus mit einer ruhenden, unbewegten Erdkugel werden Bewegungsmodelle von Sonne, Mond und Planeten entwickelt. Die Bücher 7–8 enthalten einen Katalog von 1022 Fixsternen. Ebenso universale Nachwirkung ging von seiner «Anleitung zum Kartenzeichnen» (geographias hyphegesis) aus, in der über 8000 Ortsangaben mit Positionsangaben verzeichnet sind. Es ist die erste er­ haltene, theoretisch begründete Kartographie der Erde in der Wissenschaftsgeschichte. Der gegenüber Eratosthenes viel zu kurz berechnete Erdumfang hat bis ins Zeitalter der Entdeckungen im 16. Jahrhundert eine irrige Annahme der Entfernungen von Seerouten um den Globus begründet. Das kaiserzeitliche Alexandreia blieb ein Hort der Gelehrsamkeit mit Spitzenleistungen auf einzelnen Gebieten. In der Philosophie, Theologie, Mathematik, Geographie und besonders der Medizin forschten, schrieben und dozierten in der Stadt am Nil illustre Geistesgrößen. Der Historiker des 4. Jahrhunderts Ammianus Marcellinus drückt es so aus (22,16,17–18):

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«Gelehrsamkeit aller Art in dieser Stadt ist nicht verstummt. Denn Lehrer verschiedener Disziplinen sind noch aktiv, vom geometrischen Meßstab wird hier Verborgenes offengelegt, bei ihnen ist auch die Musik noch nicht vertrocknet, die Harmonia nicht verstummt, und zur Bewegung des Weltalls und der Sterne kommt bei einigen immer wieder eine Theorie auf, wenn es auch wenige sind. Wieder andere sind kundig in Zahlen. Über diesen sind wenige mit dem Wissen begabt, das die Wege des Schicksals aufzeigt. Die Wissenschaften der Medizin, deren Hilfe wir oft in diesem unserem ­Leben benötigen, das weder genügsam noch nüchtern ist, werden von Tag zu Tag so bereichert, dass es jedem Arzt genügte (wenn es auch sein Werk selbst schon ausstrahlt), anstelle eines anderen Beweises seiner Fachkompetenz sich dadurch zu empfehlen, dass er sagt, er sei in Alexandreia ausgebildet.»

Die Medizin ragt unter den Wissenschaften der Kaiserzeit heraus.204 Ihre Vertreter rekrutierten sich fast ausschließlich aus dem Osten. Erfolgreiche Ärzte hat es – nicht verwunderlich – in großer Zahl nach Rom, später nach Konstantinopel gezogen: war doch gerade in der Heilkunst am Hof und in Senatorenkreisen Spitzenleistung gefragt. Zugleich war die Hauptstadt sozusagen die größte Apotheke des Reiches, die mit sämtlichen pharmakologischen Wirkstoffen pflanz­ lichen und tierischen Ursprungs beliefert wurde. Außer in großen Städten ­konzentrierte sich der Bedarf an medizinischer Versorgung bei der römischen Armee und an Gladiatorenschulen. Aus der Zeit des Hellenismus lebte die Tradition verschiedener Schulrichtungen fort, die sich erweiterten und ausdifferenzierten. Eine Grundunterscheidung bestand zunächst darin, dass die einen eine theoretische Anatomiekunde des menschlichen Körpers der Heilkunst zugrunde legten, die anderen sich auf ­beobachtbare Wirkungen bei der Therapie beschränken zu müssen glaubten. Bestimmte Gruppen nannten sich nach großen Vorbildern der Vergangenheit, zum Beispiel «Hippokratiker» oder «Herophileer», die größte der kaiserzeitlichen Schulrichtungen indes ist unter dem Namen «Methodiker» bekannt, zu der der Gynäkologe Soranos von Ephesos gehörte (1.–2. Jh.). Demonstrationen an lebenden Tieren und an Sklaven – die dunkle Seite der Wissenschaftspraxis – gehörten zum Lehrbetrieb. Aus heutiger Sicht kurios ist das Phänomen, dass medizinische und pharmakologische Lehrschriften in Gedichtform verschiedener Versmaße verfasst wurden: Im 1. bis 2. Jahrhundert wirkte in seiner Heimat, der lykischen Kleinstadt Rhodiapolis, in Alexandreia, auf Rhodos und in Athen jener Hera­ kleitos, den man einen «Homer auf dem Gebiet medizinischer Dichtung» (TAM II 3, 910) genannt hat. Ein Markellos von Side schrieb ein Lehrgedicht in ganzen 42 Büchern über Heilmittel (iatrika). Fachschriften hatten verschiedene Krank-

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heiten zum Thema: Nieren- und Blasenleiden, Gelenkkrankheiten, Melancholie, Epidemien. Alexandreias Ruf in der Medizin war wohl begründet: Der Ephesier Soranos studierte in der Stadt. Er gilt als der «am besten unterrichtete Schriftsteller der methodischen Ärzteschule» (Tert. de anima 6,6). Unter Traian und Hadrian ebenfalls in Rom, hat er mit seinen Schriften die Grundlage antiker Gynäkologie geschaffen.205 Der Pergamener Galen verbrachte daselbst sechs Jahre (151– 157 n. Chr.), auch sein Landsmann Oreibasios, der Leibarzt Julians, studierte in der Metropole am Nil, hier lehrte der iatrosophistes Magnus von Nisibis (Ende 4. Jh.), und hier entstanden im 5. Jahrhundert ein strukturierter Studiengang der Medizin sowie der Kanon von Galens Texten. Galen (129 – nach 210 n. Chr.) ist der berühmteste Arzt der Antike nach Hippokrates.206 Er stammte aus der städtischen Aristokratie Pergamons, sein Vater war ein gebildeter Architekt. Er hat über 150 Werke verfasst, von denen ein Großteil erhalten ist. Daraus kann ein Bild von seiner Person in einer Schärfe gewonnen werden, wie dies sonst nur bei wenigen Schriftstellern der Antike möglich ist. Es vermag – ähnlich wie im Falle eines ebenso detailliert zu porträtierenden Cicero – Schattenseiten wie Arroganz und Eitelkeit nicht zu verbergen. In der Heimat Pergamon begann er 14-jährig das Studium der Philosophie verschiedener Denkrichtungen zugleich mit der Medizin. Am Ort befand sich eines der größten Heiligtümer des Heilgottes Asklepios mit Bibliothek und Sanatorium, wo genau zu dieser Zeit der kränkelnde Sophist Aelius Aristeides seine Kuren durchmachte. Um das 20. Lebensjahr vertiefte Galen sich in Smyrna in die Medizin und wurde mit Ende zwanzig Arzt an einer Gladiatorenschule in Pergamon. Zu seinem ersten Romaufenthalt traf er 162 n. Chr. ein, damals 33 Jahre alt. An Galen kann exemplarisch für viele andere das weltweite Netzwerk von Spitzenintellektuellen des Imperiums aufgezeigt werden, zu dem ihm sein Aufstieg Zugang verschaffte: In die höheren Kreise der Hauptstadt hatte ihn der Philosoph Eudemos eingeführt, seinerseits Pergamener und ehemals sein Lehrer in der Heimat. Eudemos lag krank danieder und an dessen Bett traf der Arzt erstmals auf die «in der Stadt der Römer an Ansehen und Bildung herausragenden Männer» (de praecognitione, vol. 14, p. 612 f.). Zu denen gehörte der uns schon bekannte Senator aus Pompeiopolis in Paphlagonien, Gnaeus Claudius Severus, der gerade Konsul war, kurz darauf die Tochter des Kaisers Marcus Annia Aurelia Galeria Faustina heiratete und einer seiner einflussreichsten Förderer werden sollte.207 An Wissen und Können des Pergameners zeigte sich eine Gruppe höchster Reichsbeamter interessiert: der Onkel des – damals gerade in Mesopotamien Krieg führenden – Mitkaisers Lucius Verus, Marcus Ceionius Civica Bar-

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barus, ordentlicher Konsul 157,208 sowie die Konsulare Flavius Boethos209 und Sergius Paullus.210 Vor den von Boethos versammelten Gelehrten, darunter die Sophisten Hadrianos von Tyros und Demetrios von Alexandreia, sollte eine der üblichen chirurgischen Demonstrationen stattfinden, die oft als regelrechter Wettkampf – auch im Rahmen von Agonen wie in Ephesos – vor Publikum veranstaltet wurden. Neider und Feinde fehlten am Hof ebenso wenig wie im Milieu der Philosophie und der Sophistik. Auf Mediziner konnte leicht der Verdacht der Zauberei gelenkt werden, mit gefährlichen Konsequenzen: In der römischen Gesetzgebung war Magie mit harten Strafen sanktioniert.211 Nachdem der Kollege Alexandros von Damaskus Zweifel an Galens Fähigkeiten zum Ausdruck gebracht hatte, brach dieser die Demonstration ab. Der Kreis um Severus aber hielt zu ihm, und mit dem Erfolg einer zweiten Vorführung gewann der Pergamener das Vertrauen der Senatoren (de praecognitione, vol. 14, p. 629). Zu Severus ä­ ußert er (ebenda, p. 655 f.): «Mir liegt nichts am Ruf bei solchen Leuten, ich laufe nicht herum und verkünde meine Diagnosen und Therapien, nur damit die Ärzte und Philosophen mich noch mehr hassen, indem sie von Zauberei und Wahrsagerei und anderem derartigem, das gegen mich gerichtet ist, tratschen. Euch Freunden aber, soweit ihr eine Medizin verurteilt habt, die aus deren Nicht-Wissenschaft herkommt, demonstriere ich, dass diese Kunst eine des Apoll und Asklepios würdige ist, dass aber diese Ärzte sie be­leidigen.»

In der Folgezeit ist Galen immer wieder zur Behandlung von Familienmitgliedern hochgestellter Persönlichkeiten gebeten worden. Seine Förderer wollen ihn endlich beim Kaiser einführen (ebenda, p. 647). Einer Einladung kommt er jedoch durch seine Abreise aus Rom zuvor (166 n. Chr.), wo gerade die von den Soldaten aus dem Osten mitgebrachte Seuche grassierte. Drei Jahre später zitierte ihn der Kaiser von Aquileia aus dann doch noch zu sich (ebenda, p. 649 f.). Kaum dort eingetroffen, sah er Marcus und Verus auf der Flucht vor der Seuche in Richtung Rom aufbrechen, wohin er ihnen etwas später nachfolgte.212 Es gelang ihm, Marc Aurel von dem Vorhaben, ihn mit an die Front zu nehmen, abzubringen. Er blieb in der Hauptstadt als einer der Ärzte des Kaiserpalastes, behandelte einen gewissen Sextus,213 später auch den Kaisersohn Commodus. Eine Erkrankung Marc Aurels selbst kurierte er mit spektakulärem Erfolg. Bis zu seinem Tod mit über 80 Jahren erlebte der Arzt in Rom noch drei oder gar vier Kaiser; dem Septimius Severus ließ er aus allerlei zum Teil seltenen Essenzen das geschätzte Universalheilmittel Theriak mixen (de antidotis, vol. 14, p. 65). Die Wissenschaft der Medizin (iatrike) war nach Galens Definition drei­geteilt in die Lehre vom gesunden Körper, von den inneren und äußeren krankmachen-

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den Einwirkungen und von den therapeutischen Anwendungen.214 Er hat in rastloser Tätigkeit bis ans Lebensende geschrieben, gelehrt und praktiziert. Sein größter spätantiker Nachfolger, sein Landsmann Oreibasios, hat seine Schriften zusammengefasst. Er war kaiserlicher Leibarzt und hat den Kaiser Julian auf dem Feldzug gegen die Perser bis zu dessen Tod begleitet.215 Das gigantische Werk Galens wurde zum Hauptbestandteil byzantinischer Kompilationen medizinischer Fachliteratur. Es ist teils direkt, teils über das Syrische ins Arabische übersetzt worden. Ähnlich wie Ptolemaios’ Schriften zur Astronomie und zur Geographie hat es das Wissen der orientalischen Welt bis tief in das islamische Zeitalter geprägt. Ein eigentümliches Gewächs auf dem Felde einer genuin römischen Wissenschaft entstand in der römischen Kolonie Berytos (heute Beirut): Hier existierte bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. eine Schule des Rechts, wo die römischen Klassiker und kaiserliche Erlasse studiert wurden. Sie sind als sogenannte sententiae Syriacae aus lateinischem Original über eine griechische Paraphrase – beide nicht erhalten – ins Syrische übersetzt worden. Ende des 5. Jahrhunderts entstand eine Zusammenfassung römischen Rechts von über 150 Texten, die ebenfalls von der (verlorenen) griechischen Fassung in syrische, arabische und armenische Übersetzungen einging, das «Syrisch-römische Rechtsbuch».216 An der staatlichen Rechtsschule Konstantinopels unter Theodosius II. wurde in einem fünfjährigen Studium das römische Recht in griechischer Sprache gelehrt, schließlich eine in über zehnjähriger Sammeltätigkeit von Kommissionen vorbereitete Kodifikation aller Gesetzeskraft tragenden kaiserlichen Verlautbarungen seit dem Jahr 312, der Codex Theodosianus, herausgegeben.217 Ersetzt wurde dieser Codex durch die von Justinian zwischen 528 und 533 in Auftrag gegebene umfassendere Rechtskodi­ fikation, beginnend mit dem Codex Justinianus, erweitert um die Novellae und ergänzt durch die Lehrbücher Institutiones und Digesten.218 Der Orient hat dem römischen Genie in der Jurisprudenz einen beträchtlichen Tribut geleistet. Eine weitere Besonderheit ist der griechische Roman.219 Einen antiken Namen dafür gibt es nicht. Das Wort stammt aus dem französischen Mittelalter und bezeichnet die Erzählung in der volkssprachlichen lingua romana im Unterschied zum Gelehrtenlatein.220 Die Ursprünge der Gattung sind umstritten. Sie gehört zu denen, wo starke orientalische Wurzeln in Betracht gezogen werden, die zu griechischen Anfängen im Hellenismus hinführen. Autoren der Stücke, darunter das früheste erhaltene, konzentrieren sich eigentümlicherweise in einer recht entlegenen Kleinstadt im Landesinnern Westkleinasiens: Aphrodisias. Der Ort

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liegt im Tal des Morsynos, einem südlichen Nebenfluss des oberen Maiandros. In der schriftlichen Überlieferung taucht er erst im 2. Jahrhundert v. Chr. auf, in ­Inschriften und auf Münzen. Mit dem Nachbarort Plarasa schloss man sich zu einem politischen Gemeinwesen zusammen und bemühte sich um gute Beziehungen zu der Großmacht Rom. Die Stadt, die sich zu Caesar bekannte und auch nach dessen Ermordung die Caesarianer unterstützte, erlitt Plünderungen durch den Römer Labienus. Aber ihre konsequente Parteinahme zahlte sich aus. Octavian hatte einen Freigelassenen, Zoilos, der aus Aphrodisias stammte. Das bereits von Caesar verehrte Aphroditeheiligtum  – Aphrodite war die Ahnherrin der gens Iulia – wurde von Octavian entschädigt und privilegiert, die Stadt erhielt den Status einer freien, von Steuer befreiten und mit Rom vertraglich verbündeten Gemeinde. Als wenig später, nach dem Sieg über Antonius und Kleopatra, derselbe Octavian als Kaiser Augustus allein das Weltreich regierte, blühte die Kleinstadt auf. Die architektonische Pracht kommt im Zuge der Ausgrabungen und Restaurierungen immer deutlicher zum Vorschein, unter anderem mit dem riesigen Pool inmitten einer mondänen, hallengesäumten Südagora. Intellektuelles Leben und die Kunst wurden hier heimisch. Aus Aphrodisias stammten die Aristoteliker Adrastos und Alexandros (siehe oben S. 357 f.), und hier hat man das mit Porträtbüsten geschmückte Philosophenhaus ausfindig gemacht. Eine Bildhauerschule produzierte vorzügliche handwerkliche Qualität. Südöstlich des Aphroditetempels stand die Kultstätte für Augustus (Sebasteion), deren exuberantes Bildprogramm mythologischer, allegorischer und herrschaftlich repräsentativer Szenen in bemaltem Marmor die Phantasie jedes Betrachters anregen konnte. Nur durch Papyrusfragmente bekannt ist der vermutlich in das 1. nachchristliche Jahrhundert zu datierende Ninos-Roman eines Anonymus, der wahrscheinlich aus Aphrodisias stammte. Ein blutjunges Liebespaar wird mit historischen Figuren altorientalischer Geschichte verschmolzen: dem Assyrerkönig Ninos und legendären Gründer von Ninive und der Königin Semiramis (Diod. 2,1,4–2,20). Eine durchgängige Handlung ist den Textbruchstücken nicht zu entnehmen. Villenbesitzer in Daphne, dem Vorort der Weltstadt Antiocheia am Orontes, und im nahegelegenen Alexandrette haben Szenen des Romans auf Mosaikfußböden abbilden lassen.221 Chariton, dem Sekretär eines Redners in Aphrodisias, verdanken wir den frühesten vollständig erhaltenen Liebesroman. Er gehört vielleicht noch ins 1. Jahrhundert v. Chr., wahrscheinlicher in die frühe Kaiserzeit. Die Hauptheldin, Kallirhoe, in der Heimat Syrakus dem jungen Chaireas aus gutem Hause an­ getraut, wird Opfer hanebüchener Verwicklungen. Scheintot bestattet, aus der

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Gruft geraubt und als Sklavin in den Orient verkauft, verzaubert sie mit unwiderstehlicher Schönheit ihren Käufer, einen milesischen Witwer, zwei persische Satrapen und den Großkönig, wird, bigam, zur Mutter, und findet, von Chaireas aufgespürt und nach kriegerischen Auseinandersetzungen in die Heimat zurückgeführt, mit ihm vereint ihr Glück. Der (nicht erhaltene) Roman des mit guten Gründen als Landsmann des Chariton vermuteten Antonios Diogenes «Die unglaublichen Dinge jenseits von Thule» (ta hyper Thulen apista) ist aus einer Inhaltsangabe des byzantinischen Gelehrten und Patriarchen Photios (9. Jh.) bekannt (bibliotheke 166).222 Die Forschung datiert ihn vorzugsweise ins 2. Jahrhundert. Er fällt etwas aus dem Rahmen, insofern das Geschwisterpaar aus Tyros, von dem die Schwester Derkyllis erst am Ende einen geliebten Partner findet, von einem bösen Zauberer verfolgt, nicht nur auf dem Boden realer Geographie bis ans Ende der Welt (Thule) herumirrt, sondern die Schwester auch in die Unterwelt und ihr Geliebter über den Nordpol zum Mond reisen. Das jugendliche Liebespaar in den fünf Büchern Ephesiaka des Xenophon von Ephesos, die vermutlich in traianischer Zeit verfasst wurden, heißt Habro­ komes und Anthia. Deren Schicksale sind noch verrückter als die der Protagonisten bei Chariton. Auch hier ist die Heimat des jung vermählten Paares Anfang und Ende der Handlung: Ephesos. Zwischen seiner ersten Trennung und glücklichen Heimkehr knüpfen Menschenraub und Sklavenhandel, Eifersucht und Mord die Kette der Kalamitäten von Tyros über Kilikien, Kappadokien und Ägypten bis nach Unteritalien und Sizilien und zurück nach Rhodos und Ephesos. Der Jüngling, vergebens begehrt von der Tochter eines Piraten und der Ehefrau eines Soldaten, entkommt auf der Suche nach Anthia Sklaverei, Folter und Hinrichtung. Das Mädchen, auch sie aus dem Scheintod erwacht und mehrfach versklavt, erwehrt sich unter listigen Vorwänden der Avancen der reihenweise in sie Verliebten: eines kilikischen Polizisten, eines indischen Maharadschas, eines ägyptischen Edelmannes und eines homosexuellen Piraten.223 Die Heimat des vermutlich in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts schreibenden Longos, die Insel Lesbos, ist auch Schauplatz seines Romans «Daphnis und Chloe». Das Ganze beginnt idyllisch mit der zart knospenden Liebe zweier Findelkinder von Hirten und endet, nach manchen Widrigkeiten, mit Bauernhochzeit und Liebesnacht.224 Das alte Babylon scheint ein Faszinosum für den Syrer Iamblichos gewesen zu sein, der im letzten Drittel des 2. Jahrhunderts schrieb. Von seinen Babylo­ niaka sind zwar wieder nur Fragmente überliefert, doch findet sich wiederum bei Photios (9. Jh.) eine Inhaltsangabe (bibliotheke 94): Der in Babylon mit dem

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Mädchen Sinonis vermählte Jüngling Rhodanes, dem der böse König Garmos die Braut neidet und gefangen setzt, kehrt nach unsäglichen Fluchtabenteuern zum glücklichen Ende über den Nebenbuhler siegend als neuer König in Babylon ein. Die langatmige Erzählung bedient alle Klischees orientalischer Grausamkeiten: giftige Insekten, Menschenfresser, Leichen fressende Hunde, Kreuzigung, das Nase- und Ohrenabschneiden, das lebendig Begraben, rasende, Tod verheißende Eifersucht.225 Ein Ägypter war vermutlich Achilleus Tatios, der dem späten 2. Jahrhundert angehört. In seinem Liebesroman «Leukippe und Kleitophon» ist der 19-jährige Liebhaber der Ich-Erzähler. Die Handlung in Syrien, Ägypten und Ephesos entspricht dem Schema der vorangehend dargestellten: Raub, Versklavung, Intrige und Täuschung, Nebenbuhler(innen) und Versuchungen entkommen die Liebenden am Ende in die Heimat Tyros.226 Bei Heliodoros aus Emesa, im 3. oder 4. Jahrhundert n. Chr. Verfasser des längsten aller erhaltenen Romane mit dem Titel Aithiopika, umfängt uns die Welt der persischen Satrapie Ägypten und des südlichen Königreiches Meroe. Da werden mit dem Liebespaar Charikleia und Theagenes in Vor- und Rückblende die verwickelten Schicksale einer glücklichen Heimkehr der ausgesetzten und entführten, von Fremden aufgezogenen aithiopischen Königstochter geschildert, mit Räubern am Nil, dem Kult des Gottes Helios und dem Kampf persischer Panzerreiter gegen die siegreichen Aithiopier. Charikleia verdankte ihre Aussetzung dem Umstand, dass ihre dunkelhäutige Mutter fürchtete, mit einem hellhäutigen Kind des Ehebruchs verdächtigt zu werden. Bei den besprochenen Romanautoren ist so gut wie nichts von der römischen Welt der eigenen Gegenwart zu finden. Wie bei den Sophisten historischer Stoff aus der klassischen Zeit der Griechen genommen wird, so sind bei ihnen zeitlose oder vergangene Welten mit historischen oder fiktiven Figuren und Szenen ausstaffiert: das Syrakus des Strategen Hermokrates, die persischen Satrapien Karien, Ionien, Ägypten, die Höfe des Perserkönigs, der Könige von Meroe oder Babylon, ein Ostmittelmeerraum voller Piraterie und Sklavenhandel.227 ‹Orientalisches› leuchtet in allen Farben. Das kontinuierliche, über große Distanzen Verschlagenund Verschlepptwerden der in Intrigen, Eifersucht und Liebesbeziehungen zahlreicher Nebenbuhler(innen) verstrickten Protagonisten lässt diese Literatur als eine Art Mischung aus Romeo und Julia, Tristan und Isolde und Gullivers Reisen erscheinen. Man fragt sich zuletzt, an welchen Leserkreis derart abstruse Geschichten adressiert waren. Entgegen anderen Ansichten scheint es doch viel für sich zu haben, dass sie begierige Aufnahme bei Lesern und Leserinnen in breiten, auch unteren Schichten fanden. Die Grenzen zu jenen für die Bühne verfassten

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Räuber- und Liebesgeschichten, an denen sich auch ein Kaiser Macrinus in Antiocheia vergnügte, dürften fließend gewesen sein. Das sehr umfangreiche Prosawerk eines Syrers steht im gesamten Altertum einzig da und soll hier den Schluss unserer Zusammenschau der orientalischen Geisteswelt bilden: Sein Autor, Lukianos, stammt aus Samosata, ebenjener Me­ tropole des kleinen Fürstentums Kommagene, das uns von einem Berggipfel die hymnischen Selbstvergöttlichungen des megalomanen Königs Antiochos und den Brief des halbgebildeten Aristokraten Mara, der im Umsturz während der römischen Annexion 72 n. Chr. Besitz und Freiheit verlor, überliefert hat. Hellenistische Vorbilder finden wir bemerkenswerterweise in seinem eigenen Land: Eines, das er selbst in den Dialogen oft reden lässt und zur Titelfigur einer Unterweltsfahrt (Menippos oder Nekyomanteia) macht, ist der Kyniker Menippos von Gadara, dessen – fast völlig verlorene – aus Prosa und Versen gemischte Satiren (saturae Menippeae) bei den Römern und über die Antike hinaus nachlebten.228 Strabon (16,2,29) nannte ihn spudogeloios, wörtlich etwa «ernsthaft spöttisch». Menippos’ Nachahmer war sein Landsmann Meleagros, der zwischen ca. 130 und 70 v. Chr. lebte.229 Von seinen satirischen Schriften sind nur wenige Zitate überliefert. Er hat hauptsächlich auf der Insel Kos gelebt und dort einen «Kranz» von Epigrammen gedichtet, der berühmt geworden ist. Ein Gedicht über ihn selbst lautet folgendermaßen (Anth. Gr. 7,417, übers. Beckby): «Tyros hat mich erzogen, doch Gadara war meine Heimat, jenes neue Athen in der Assyrier Land. Ich, des Eukrates Sohn, Meleagros, der Musen Gefährte, hab mit den Grazien Menipps früh schon den Wettlauf versucht. War ich ein Syrer, was tut’s? Die Welt ist der Sterblichen Heimat, und ein Chaos gebar sämtliche Menschen, mein Freund. Greis schon war ich, da ritzte ich dies auf die Tafel am Grabe; Nachbar des Alters zu sein, heißt auch, vom Tode nicht weit. Wenn du mich aber noch grüßt, mich plauderseligen Alten, wünsch ich, dann mögest auch du plaudernden Alters dich freuen!»

Bei den Gebildeten der Städte Syriens war zur Zeit des Meleagros längst der Geist des Kosmopolitismus heimisch geworden, und die paideia tes Hellados durfte sich ein Gadara über dem Jarmuktal und dem See Genezareth selbstbewusst als «neues Athen» zu eigen machen (Abb. 64). Lukian muss etwa 120 n. Chr. geboren sein. Wir wüssten zu gern Genaueres über seinen Werdegang in die Bildung. Nicht ohne Ironie reflektiert er darüber

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Abb. 64: Ruinen von Gadara über dem Jarmuktal und dem See Genezareth, die Heimat des Kynikers Menippos

in einem autobiographischen Stück «Über den Traum oder Leben des Lukianos» – somnium sive vita Luciani). Als Kind in armen Verhältnissen liebte er es, Wachsfiguren zu kneten (somn. 1,11). Der Vater zieht für ihn das Handwerk ­einem Studium vor. Doch die Bildhauerlehre scheitert, weil der Meister ihn am ersten Tag verprügelt. Ein Traum bringt die Entscheidung: In ihm werben zwei Frauen, die Bildhauerkunst und die paideia jede für sich, Letztere siegt. Bis ins Teenageralter sprach Lukian «eine barbarische Sprache und war mit einem Kaftan nach assyrischer Art gekleidet» (Bis Acc. 27). Auch sonst stellt er sich als «der Syrer» vor (ebenda 25. 30). Seine Muttersprache war offenkundig Altsyrisch (nicht Aramäisch). Griechisch hatte er in der Schule erst lernen müssen, als erwachsener Schriftsteller hat er es nicht nur vollkommen beherrscht, sondern zur Brillanz gebracht. Wo und bei wem er studierte – vom gründlichen Selbststudium der Literatur, auf das er zurückblickt (Rhetorum praeceptor 8), abgesehen –, in Ionien oder Athen bei den Berühmtheiten seiner Zeit, Skopelianos, Polemon oder Herodes, wissen wir nicht. Als junger Mann erhielt er eine Anstellung als Advokat in der Weltstadt Antiocheia am Orontes, kam aber auch in dieser Branche auf keinen grünen Zweig (Suda s. v. Lukianos). Daraufhin entschloss er sich, Schriftsteller zu werden. Seine Reisetätigkeit, die wir den Werken entnehmen, ist ausgedehnt und

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dürfte zur Prägung des weltläufigen Geistes beigetragen haben: In Gallien hielt er sich länger auf, aus Oberitalien erzählt er von einer Schifffahrt auf dem Po (Elec­ trum 2). In Rom hörte er den Platoniker Nigrinos, in Abonuteichos an der Schwarzmeerküste begegnete er dem Neupythagoreer und Orakelgründer Alexandros, der angeblich einen Mordanschlag auf ihn verübte, in Antiocheia am Orontes traf er vermutlich Kaiser Lucius Verus, und in Griechenland wohnte er 165 n. Chr. der Selbstverbrennung des Gurus Peregrinos Proteus in Olympia bei, den er zuvor einmal auf einer stürmischen Seefahrt über die Ägäis begleitet hatte (Peregr. 43). Auf all dieser Wanderschaft hielt er nach Sophistenart Reden und erwarb sich Ruhm, bevor er in Ägypten einen Posten in der Verwaltung bekleidete, den er durch widrige Umstände wieder verlor. Lukian stilisiert sich selbst als Emporkömmling (somn. 11: penes ho tou deinos). Die im Traum von paideia gemachten Verheißungen reflektieren das von ihm Erträumte: eine Karriere hinauf zu Ruhm und Amt, Umgang mit den Höchstgestellten, Jubel und Beifall von der Menge; er besteigt einen von geflügelten Pferden gezogenen Wagen und fliegt gleichermaßen über Städte und Völker, die zu ihm aufschauen, kehrt zurück in Purpur gekleidet. Man denkt an den im Triumphwagen Traians mitfahrenden Dion Chrysostomos. Vergleichbares scheint er nicht erreicht zu haben, und in seinen Polemiken und Sottisen gegen die Etablierten mag eine gewisse Frustration mitschwingen. Unter den Formen, in die Lukian seine Schriften kleidet, dominiert die der Rede und besonders des Gesprächs zweier oder mehrerer Personen, unter die er sich bisweilen selbst mit Pseudonymen wie Lykinos, Parrhesiades oder «der ­Syrer» mischt. Die Annahme ist nicht von der Hand zu weisen, dass manche Dialoge für eine Aufführung bestimmt waren.230 Einen Großteil der Themen und Inhalte könnte man vielleicht am besten unter den Begriff «Zeitkritik» sub­ sumieren und damit zugleich ihr ernsthaftes Anliegen charakterisieren – ganz im Sinne des spudogeloios Menippos, dem Nietzsches ridendo dicere severum entspricht.231 Die vorherrschende Methode wird man mit «Karikatur», «Um­ drehen» oder «Auf-den-Kopf-Stellen» bezeichnen und – um einen heute schon veralteten Modebegriff zu gebrauchen – mit «Dekonstruktion». Die Zeitkritik in Lukians Werk ist ein Fenster für Tiefblicke in Gesellschaft und Kultur des römischen Orients, wie es kaum ein anderer Schriftsteller öffnet.232 So gut wie gar nicht kommen Kaisertum, die hohe Politik, die Kriege vor. Es geht um die Kultur, die sie prägenden Alltagserscheinungen: Bildung, Rhetorik und Sophistik, Philosophie, Kunst, spectacula, Religion, Letztere weitgehend ohne das aufkommende Christentum, auf das Lukian nur kurz im Peregrinos zu sprechen kommt (siehe unten S. 415 f.). Die Vergangenheit erscheint keineswegs

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stets als gute alte Zeit im Hintergrund einer gegenwärtigen Dekadenz. Eine uralte Ikone wie Hesiod wird kritisiert, und die alten Dichter werden getadelt, weil sie glaubten, die Unwahrheit ihrer Erzählungen verbergen zu können (verae historiae 4). Das ‹klassische› Athen kommt einem Fremden aus dem Land der Skythen sonderbar und beunruhigend vor. Die kalokagathia griechischer Männer­ tugend des klassischen Erziehungsideals erscheint in der Außenperspektive des Nichtgriechen als geradezu absurd. Das in der Rhetorik allgegenwärtige Nach­ ahmen einer Sprache aus einer 1000-jährigen Vergangenheit wird als etwas ­Pathologisches lächerlich gemacht, da es gesundes, authentisches Sprechen von klaren Gedanken blockiert (Lex. 20–25). Damit rührt Lukian an den Nerv eines Großteils der epigonenhaften griechischen Literatur der Kaiserzeit. Im Proömium der zweiteiligen «Wahren Geschichten» (VH), einer romanhaften Erzählung, die an Abstrusitäten alle oben beschriebenen Romane der Kaiserzeit übertrifft, thematisiert Lukian Wahrheit und Lüge. Der Patriarch und Gelehrte Photios (bibliotheke 111b) sieht in Antonios Diogenes den Vorläufer. Der Autor selbst gibt als Urvater und Lehrer (archegos kai didaskalos) Homers Odyssee an. Freilich will er sich von den anderen Dichtern darin unterscheiden, dass er wenigstens eine Wahrheit ausspricht, nämlich die, dass alles Folgende Lüge ist: Seine Odyssee mit fünf Gefährten beginnt an der Straße von Gibraltar mit der Hinausfahrt auf den westlichen Ozean, durch Stürme zu Inseln, im Wirbelsturm bis zum Mond und von dort wieder zurück auf dem Meer ins Innere eines Riesenwalfisches, dann nach Elysion, schließlich auf weiteren Abenteuerreisen bis zu einem Schiffbruch am Ufer eines Festlandes, in dem der Erzähler und seine Gefährten die der unsrigen gegenüberliegende Oikumene erkennen – gewissermaßen eine Entdeckung Amerikas. Der Leser durchleidet Horrortrips, die keine Geisterbahn zustande brächte: Weinreben, aus denen Frauenkörper heraus­ ragen, die Lydisch, Indisch und Griechisch sprechen, mit betrunken machenden Küssen locken und diejenigen Gefährten, die Sex mit ihnen haben, aus ihrer Umarmung nicht mehr entkommen lassen. Mondbewohner werden nicht von Frauen – das Wort Frau ist unbekannt –, sondern von Männern geboren, und zwar aus der Wade, die bei Schwangerschaft anschwillt und schließlich aufgeschnitten wird. Geschlechtsverkehr machen sie mit abnehmbaren Gliedern aus Elfenbein oder Holz. Sie sind unbehaart, aus ihren Nasen rinnt Honig und sie schwitzen Milch, sie braten Frösche auf glühenden Kohlen. Eine besondere Männerklasse sind die «Bäumler», die dadurch entstehen, dass man einem Mann den rechten Hoden abschneidet und in die Erde pflanzt; daraus wächst ein phallusförmiger Baum aus Fleisch mit Zweigen, Blättern und würfelförmigen Früchten. Sind diese reif, werden sie aufgeschnitten und neue Männer aus ihnen heraus­

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geholt. Es hat den starken Anschein, dass Lukian solche Phantastereien erfindet, um sich über zeitgenössische Romanschriftstellerei lustig zu machen. Paradebeispiele für die experimentelle Dekonstruktion festgefügter Wertvorstellungen sind Phalaris und der «Parasit» (de parasito). Der sizilische Tyrann des 6. Jahrhunderts v. Chr., Phalaris von Akragas,233 der seine Gegner im Hohlkörper eines bronzenen Stiers eingeschlossen und mit darunter entfachtem Feuer geröstet haben soll, ist der Typus des grausamen Despoten. Lukian lässt ihn sich in einer langen Rede rechtfertigen, die von einer Gesandtschaft nach Delphi vorgetragen wird. Die Gesandten überbringen zugleich den bronzenen Stier als Weihgeschenk an Apollon. Phalaris legt überzeugend dar, er sei von Natur gut (physei agathos), aus Notwendigkeit hart (di ananken pikros). Er habe sich mit Bauten, Banketten, Wettkämpfen, Geschenken und Fürsorge für Alt und Jung höchst verdient gemacht, allein jedoch die gegen ihn konspirierenden Frevler der verdienten Strafe zugeführt. Den Stier habe ihm ein Erzgießer angefertigt, der ihm als besonderen Vorzug die Verwendbarkeit als Foltermaschine anpries. Er jedoch habe daraufhin den Werkmeister als den eigentlichen Erfinder der Grausamkeit als Ersten in den Hohlraum gesperrt und geröstet. Der Parasit, eine Witzfigur in der Komödie, avanciert bei Lukian zum philosophischen Dialogpartner à la Sokrates. Er weist gegen jeden Einwand schlüssig nach, dass Schmarotzertum (parasitike) eine Kunst ist, die der stoischen Definition von Kunst genau entspricht: ein System, bestehend aus Erkenntnissen, die gemeinsam zu einem für das Leben nützlichen Ziel angewendet werden. Mehr noch: Die parasitike ist der Musik, der Rhetorik, ja sogar der Philosophie über­ legen. Der Beweis: Es gibt bei ihr nicht verschiedene Schulen, die über dasselbe widerstreitende Auffassungen haben und mithin einer einheitlichen Weisheit entbehren; des Weiteren strebt kein Parasit nach Philosophie, aber zahlreiche Philosophen lieben das Schmarotzertum. Sie predigen die Tapferkeit, stehen aber selbst nie im Felde, sondern sitzen lieber mit Knaben zusammen als gegen einen Spartiaten zu kämpfen, während unter den edelsten homerischen Helden Para­ siten zu finden sind. Lukians Haltung zur Philosophie allgemein ist ambivalent. Besonders verachtet er die würdevolle Stoa. Seine Abneigung gilt den Erscheinungsformen der Philosophie in seiner Zeit, in der eben nicht mehr, wie im Athen des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr., einzelne Köpfe neue und erstaunliche Dinge denken, sondern in der es von Glück und Tugend predigenden Schulphilosophen ge­ radezu wimmelt. In der Maske des der Feindschaft gegen die Philosophen angeklagten und mit der Todesstrafe bedrohten «Syrers vom Euphratufer» stellt er sich in «Die Wiederauflebenden oder der Fischer» (revivescentes sive piscator)

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dem Tribunal der alten Philosophen, allen voran Platon, und der personifizierten Philosophie, und erwirkt seinen Freispruch. Denn es seien nicht die Alten, die er angreift, sondern die viel zu vielen Heutigen im Outfit des Philosophen, die ­eigentlich gar nichts zu sagen haben, aber ein erbärmliches Schauspiel ihrer den hochgepriesenen Tugenden entgegengesetzen Lebensführung abgeben. Unter der Oberfläche ist meist Hohlraum. Bücherbesitz maskiert Unbildung. Die passenden Attizismen auf der Zunge qualifizieren mehr als ein Gedanke. Die Tartüfferie triumphiert über die Moral. Auf die Spitze treibt er seine sarkastische Karikatur der Schulphilosophen beim Gastmahl (symposium), das die in den Provinzstädten epidemischen Dozenten als eitle, streitsüchtige und geile Schnäppchenjäger zeigt und in eine Prügelei ausartet. Die Wiederbesetzung eines vom Kaiser mit 10 000 Drachmen J­ ahresgehalt gesponserten Lehrstuhls wird im «Eunuchen» (Eunuchus) als Redewettstreit zweier Kandidaten, Diokles und Bagoas, vor einer Jury inszeniert. Nachdem es zunächst keinem der beiden gelingt, seine Kompetenz in der Sache als die überlegene zu erweisen, verlagert sich das Interesse der Jury auf die Frage, wer den besseren Lebenswandel führe. Bagoas, ein Eunuche, sieht sich dem Vorwurf seines Gegners ausgesetzt, er könne, weder Mann noch Weib, «sozusagen eine menschliche Unnatur» (exo tes anthropeias physeos), keine Philosophie ­lehren. Während Bagoas auf den Vorteil hinweist, Eunuche zu sein, wenn man Knaben unterrichtet, gehen die Meinungen der Jury auseinander. Als plötzlich jemand auftritt und vorgibt, Bagoas als Betrüger zu kennen, der wegen Ehebruchs vor Gericht stand und sich seiner Verurteilung nur mit dem Vorwand, Eunuche zu sein, entziehen konnte, gerät der Kandidat ins Schwitzen: Bekennt er sich, keiner zu sein, ist er als Übeltäter überführt, beharrt er darauf, einer zu sein, unterliegt er im Wettstreit um den Lehrstuhl. In der Jury fordern die einen zu inspizieren, ob er die für Philosophie notwendigen Körperteile noch hat, andere schlagen als Test vor, ihn mit einer Prostituierten zusammenzubringen. Unter allgemeinem Gelächter wird beschlossen, die Entscheidung an höhere Instanzen nach Italien abzugeben. Lukian ist nach den Sophisten des klassischen Zeitalters, von denen ihn mehr als ein halbes Jahrtausend trennt, auch der schärfste Religionskritiker. Da ist zum einen die traditionelle homerische Religion ins Visier genommen, wie zum Beispiel im «Zeus widerlegt» (Iuppiter Confutatus) und im «Tragischen Zeus» (Iuppiter Tragoedus). In jenem Dialog stellt sich der Gott auf Augenhöhe den Fragen eines Kyniskos, der ihn gar nicht, wie Adressaten des Olympiers üblicherweise, mit Bitten um Reichtum angeht, sondern nur fragt, ob das Schicksal, das die Moiren spinnen, unausweichlich sei, wie Homer und Hesiod behaupten. Da

Philosophie, Sophistik, Literatur und Wissenschaft

Zeus dies bekräftigt, muss er logischerweise zugestehen, dass auch die Götter der Vorsehung unterliegen. Warum aber, so Kyniskos daraufhin, opfern wir euch dann, wenn wir bei euch doch gar nichts erreichen können, was nicht ohnehin schon vorbestimmt ist? Den aufsteigenden Ärger über unfrommes Fragen nicht zurückhaltend kontert Zeus: Wer opfert, tut das nicht, um etwas zu bekommen, sondern um zu verehren, was höher ist. Das Schicksal aber wirkt durch uns. Dann aber, so Kyniskos, seid ihr nur Werkzeuge, wie Hammer und Meißel in der Hand eines Handwerkers. Zeus, mit seiner Geduld am Ende, droht mit dem Blitz und warnt den Sterblichen vor möglicher Strafe nach dem Tod. Aber wer gar nichts tun kann, was nicht schon vorausbestimmt war, wie kann der für eine Tat zur Verantwortung gezogen werden? Im «Tragischen Zeus» geht es um die Existenz. «Die einzige Entschuldigung Gottes ist, dass er nicht existiert», hat Nietzsche als den «besten Atheisten-Witz» bezeichnet, den ihm Stendhal weggenommen habe.234 Lukian lässt die Familie der Olympier mit der beunruhigenden Erwägung konfrontiert werden, dass es sie gar nicht gebe. Der Göttervater ist darüber betrübt, die versammelten Kinder und Hera drängen ihn, den Grund seiner Besorgnis auszusprechen. Hera, daran gewöhnt, dass er sich des Öfteren in einen Stier oder Satyrn verwandeln und durchs Dach in den Schoß einer Geliebten fallen lassen will, vermutet mal wieder eine Liebesaffäre. Doch der wahre Grund ist ein anderer: Timon der Stoiker und Damis der Epikureer führen einen Dialog vor großem Publikum, worin Letzterer die Überzeugung äußerte, dass Götter, weit entfernt davon, alles zu ­sehen und zu steuern, überhaupt nicht existieren. Die Diskussion wird ergebnislos vertagt, was die ganze Götterfamilie in einem gefährlichen Zustand der Unentschiedenheit zurücklässt. In der «Versammlung der Götter» (Deorum Concilium), in der Hermes proklamiert, dass auch Metöken und Fremde frei von der Leber weg sprechen dürfen, ergreift Momos das Wort und nimmt sich als Erstes Dionysos vor: Diesen Abkömmling eines phoinikischen Händlers namens Kadmos beschreibt er als effeminierten Verrückten, der schon morgens eine Alkoholfahne hat. Dann kommen die neuen Götter dran: Mithras mit Kandys und Tiara, der nicht mal Griechisch kann, der Sklave Zamolxis, der hundsgesichtige und leinengewandete Anubis und der bunte Stier Apis von Memphis. Wie könnt ihr, Götter, dulden, dass die genauso verehrt werden wie ihr? Mit Seitenhieb auf Apoll wird verzeichnet, dass der edle Olympier als Wahrsager längst unter ‹ferner liefen› rangiert, ein Trophonios und Amphilochos, ja bald jeder Stein oder mit Öl eingeriebene und girlandengeschmückte Altar an seiner Stelle Orakel liefert. Die endemische Wundergläubigkeit in der Welt von Propheten, Asketen und be­

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trügerischen Wahrsagern wird im Peregrinos wie im Alexandros schonungslos verspottet. Lukian ist ein Beispiel dafür, wie ein Werk in einem Zeitalter so gut wie verschwinden und doch im übernächsten wieder Interesse finden kann. Wenn uns die Überlieferung nicht täuscht, haben die Zeitgenossen und die unmittelbare Nachwelt zu ihm geschwiegen. In den Lebensbeschreibungen der Sophisten eines Philostratos kommt er nicht vor. Das ist eigentlich nicht verwunderlich, denn Derartiges hat zu seiner Zeit weder heidnische noch christliche und mit diesen verwandte Intellektuelle begeistern können. Empörung scheint aufgekocht zu sein (revivescentes sive piscator). Byzanz und die Renaissance haben ihn für die Neuzeit gerettet. Voltaire lässt ihn 1765 in «Lucien, Erasme et Rabelais dans les Champs Elysées» sprechen und Christoph Martin Wieland hat ihn 1788–1789 erstmals vollständig ins Deutsche übersetzt. Koryphäen der Klassischen Philo­ logie des 19. Jahrhunderts war er zuwider, allen voran Ulrich von WilamowitzMoellendorff. Dieser findet ihn nur «albern und langweilig». Lukian fühle sich be­sonders wohl, «wenn er sowohl die alten Götter wie auch die Philosophie herunterreißen kann. Wir werden von dem Manne aus Samosata, der schwerlich echtes Hellenenblut in seinen Adern hatte, nicht verlangen, daß ihm das alte Hellas etwas Heiliges war» und: «innerlich fühlt er sich als moderner Mensch und glaubt nicht, daß jemand eine echte Überzeugung hätte, weil er selbst keine hat. Parvenieren will er, dazu ist ihm jedes Mittel recht; kein anderer hat so viele Schriften verfaßt, um den peinlichen Eindruck, den ein Buch von ihm gemacht hatte, abzuschwächen.»235 Das Handbuch der griechischen Literatur der Antike III. 1: Die pagane Literatur der Kaiserzeit und Spätantike von 2022 widmet ihm eines der umfangreichsten Kapitel und blickt auf eine moderne Forschung zurück, die ­einen ebenso brillanten Literaten wie scharfsinnigen Denker herausarbeitet.236 Die Laster und Schwächen seiner Zeitgenossen hat Lukian zumeist nicht an realen Personen, sondern an Typen parodiert, die in der Maske eines sprechenden Namens auftreten. Voltaire lässt ihn sagen: «Die Menschen mögen es, wenn man ihnen ihre Dummheiten im Allgemeinen vorführt, solange man niemanden im Besonderen nennt; dann wendet jeder seine eigenen Lächerlichkeiten auf seinen Nachbarn an, und alle lachen auf Kosten des anderen» («les hommes ­aiment assez qu’on leur montre leurs sottises en général, pourvu qu’on ne désigne personne en particulier; chacun applique alors à son voisin ses propres ridicules, et tous les hommes rient aux dépens les uns des autres»). Herausragende Gelehrsamkeit, glänzende Redekunst und schriftstellerischer Ruhm hat auf die politische Führung in Städten und im Reichszentrum eine

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Anziehungskraft ausgeübt, wie man sie sonst in nur wenigen Zeitaltern wiederfindet: Die Reihe der von Gelehrten erzogenen, mit Gelehrten befreundeten, sie begünstigenden oder sie verstoßenden Kaiser ist lang. Ein Claudius, ein Marcus, ein Julian reihen sich selbst in die Geschichte gelehrter Schriftstellerei ein. Unzählige Senatoren, nicht wenige Gouverneure waren Hommes de Lettres, besonders die Spätantike kennt Philosophen als Kaiser oder als Inhaber allerhöchster Ämter. Kaiserliche Gesetzgebung etablierte schon früh Privilegien für Ärzte, Grammatiker, Rhetoren und Philosophen, die diese von bestimmten Leistungen Vermögender freistellte, wenn solche Privilegien auch immer wieder in Frage gestellt oder eingeschränkt wurden.237 Was wir von den biographischen Nachrichten über Intellektuelle aus dem Orient wissen, lässt nur einen winzigen Ausschnitt der Präsenz höchstrangiger Geistesgrößen im Mittelpunkt des Weltreiches, in der Stadt Rom, erkennen. Hier strömten Repräsentanten aller östlichen Gelehrsamkeit und Wissenschaft zusammen, in einer Zahl und Dichte, die weit über die Erfahrung der stadtrömischen Weltherrscher mit griechischen Intellektuellen in der Zeit der Republik hinausging. Hier waren weltweite Netzwerke einer Bildungselite zusammen­ geknüpft, die in engstem Kontakt mit den Mächtigen stand. Sie kamen aus aller Herren Länder, ein Strabon, Dion, Soranos, Alexandros, Epiktet, Arrian, Galen oder Cassius Dio aus Anatolien, ein Hadrianos, Lukian, Porphyrios oder Ammianus Marcellinus aus Syrien, ein Josephos oder Justin «der Märtyrer» aus Judaea, ein Tatian aus Mesopotamien, ein Plotin aus Ägypten. Die am Hof, in Theatern, Schulen und Privathäusern der Hauptstadt pulsierende orientalische Kulturszene ist kaum auszumessen. Sie war wirkmächtiger und beständiger als das ephemere Schauspiel eines Elagabal.

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Die Vorherrschaft griechischer Tradition erstreckte sich über die Literatur hinaus auch auf die Formen- und Bilderwelt der Kunst, wo bereits bei den Bildthemen die hellenischen Mythen und Götter den Ton angaben. Ein umfangreiches Quellenmaterial provinzialer Bildkunst bieten die tausenden von «ostgriechischen» Grabreliefs auf Stelen, Pfeilern, Altären, Sarkophagen und Häusern.238 In Kleinasien hat sich Einheimisches und Griechisches schon an den repräsenta­ tiven Gräbern der alten lykischen und karischen Aristokratie gemischt. In den kaiserzeitlichen Binnenlandschaften Anatoliens sind regionale und lokale Besonderheiten einer hybriden Kunst bei den Bildthemen, der Typologie, Tektonik

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Abb. 65–66: Phrygische Türstelen, Museum Afyon

und Ornamentik zu studieren: Am hervorstechendsten ist vielleicht die große Gruppe der sogenannten phrygischen Türsteine mit einem Verbreitungsgebiet vom nordöstlichen Lydien bis nach Pontos (Abb. 65–66).239 Auch ein eigenartiges Ensemble von Felsreliefs in Kilikien (Abb. 67) oder von Fassadengrabsteinen in Isaurien und Lykaonien können beispielhalber genannt werden. Aus der Gattung der Grabkunst hervorzuheben sind die unzähligen Sarkophage, Ostotheken oder Ossuarien, in denen die reicheren Provinzbewohner bestattet waren. Sie tragen an ihren Außenseiten und Deckeln teils rundplastische, teils reliefierte oder aufgemalte Bildprogramme mythologischer und religiöser Thematik ebenso wie Darstellungen der Verstorbenen, architektonische Elemente wie Säulen, Pilaster, Friese, Gebälk, Dächer, reiche Verzierungen mit Medaillons, Girlanden, Ranken, Rosetten, Masken etc. Die wohlhabenden Oberschichten des urbanen Kleinasien haben sich vielerorts mit exzellenter Steinmetzkunst verewigt.240 Eine große, aus der Nekropole der Stadt Perge an der Südküste geborgene Gruppe ist im Museum von Antalya ausgestellt. Gigantische Exemplare, auf denen sich Familienoberhäupter und -mitglieder in vollem Ornat präsentieren, zeugen gleichermaßen vom Reichtum der Händler in Palmyra (Abb. 45). Dionysisches mit Satyrn, Mänaden, Eroten tragen Sarkophage aus Caesarea Maritima, ein Exemplar aus Gadara (3. Jh.) bildet die syrische Göttin ab. Meist bildlos, mit reichen dekorativen Elementen sind jüdische Sarkophage und Ossuarien aus­ gestattet, einige haben Löwen, Adler und Masken.241

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Abb. 67: Adamkayalar, Türkei, Felsrelief

Ein besonders großes Thema ist die Mosaikkunst in den östlichen Provinzen, deren Erforschung noch am Anfang steht.242 Im Gegensatz zur seltener konservierten Dekoration von Wänden und Decken sind die dekorierten Fußböden von Innenräumen antiker Architektur in großer Zahl erhalten. Ausgrabungen von Privathäusern und öffentlichen Gebäuden bringen laufend neue Exemplare eines weltweit reichhaltigen Bestandes ans Licht. Soweit nicht in situ mit ge­ eigneten Schutzvorrichtrungen konserviert, sind viele Funde in Museen in aller Welt gelangt. Antike Texte, die die Technik der Mosaikkunst genauer beschreiben, besitzen wir nicht. Zu unterscheiden sind zwei verschiedene Grundformen: Opus tesselatum ist eine Technik, bei der die tesserae (kleine Steinchen) quadratisch zugeschnitten sind und in Reihen auf den Untergrund gesetzt werden. Beim Opus vermiculatum («wurmartig») handelt es sich um sehr kleine, unregelmäßig zugeschnittene tesserae, die auch in Kurven, Kreisen beziehungsweise je nach Design verlegt werden. In der Kaiserzeit hat man bis zu 30 verschiedene Farben verwendet, bei den byzantinischen Mosaiken nur noch ca. zehn bis zwölf. Die Mehrzahl der Mosaiken der römischen Kaiserzeit stammt aus Privathäusern. Die Bildprogramme bestehen aus figürlichen, geometrischen, floralen und

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vegetativen, symbolischen und sonstigen schmückenden Motiven und Inschriften. Bei den figürlichen Motiven steht die Mythologie mit Abstand an erster Stelle. Sie hält sich bis tief in die christliche Spätantike, ungeachtet christlicher Kritik an der heidnischen Erzähltradition über Götter, Helden und Menschen. Sehr beliebt und weit verbreitet ist Dionysisches, seien es Szenen mit dem Gott und seinen Begleiterinnen und Begleitern selbst oder Theaterszenen mit Requisiten wie Masken, Wein etc. Orpheus, Adonis, Paris, Iphigenie, Narkissos, Odysseus, Achill werden in erzählenden Szenen abgebildet und beschriftet. Auch ­historische Größen kommen vor: der Dichter Homer, der Geschichtsschreiber Thukydides, der Philosoph und Urvater des Platonismus Sokrates. Die Symbiose von Platonismus und Christentum in der intellektuellen Elite gibt besonders Sokrates als einem Christus gleichenden Lehrer Prominenz. Neben den mytholo­ gischen Szenen und Figuren findet man Personifikationen von Flüssen und Provinzen, allegorische Darstellungen von Zeit (chronos), Ewigkeit (aion), Monaten und Jahreszeiten, Erde (ge), Ozean (thalassa), Landwirtschaft (georgia) oder Abstracta wie Erneuerung (ananeosis) oder Gründung (ktisis). Zahlreiche großflächige Fußböden sind in den Villen von Seleukeia am Eu­ phrat und Antiocheia am Orontes mit dem Villenvorort Daphne und dem Hafen Seleukeia in Pieria ans Licht gekommen.243 Ein Mosaik hat den sich in sein Spiegelbild verliebenden Jüngling Narkissos zum Thema (Abb. 68), als dessen Heimat der Mythos das boiotische Thespiai angibt (FGrHist 26 F 1, 24). Ein beliebtes Motiv kaiserzeitlicher Mosaikkunst ist Orpheus (Abb. 69–70). Das Exemplar aus Antiocheia stellt den Lyra spielenden Helden dar, den die von der Musik verzauberten Tiere umringen, ähnlich wie das ins Jahr 228 n. Chr. datierte Orpheusmosaik von Edessa. Nach dem heidnischen Vorbild der Orpheusmosaiken in Antiocheia, Jerusalem und Edessa zeigt ein Mosaik im Mittelschiff des Naos der Nordkirche von Huarte in Syrien, des sogenannten Michaelions, einen thronender Adam umringt von Tieren. Die zerstörten, nur in Umzeichnungen erhaltenen Mosaiken aus Gräbern von Edessa bilden griechische Mythologie und Familienszenen ab. Die mit Beischriften in Syrisch gekennzeichneten Familienmitglieder auf mehreren polychromen, dekorativ gerahmten Feldern sind in parthische Tracht gekleidet und stehen oder liegen frontal zum Betrachter, wie man es ähnlich auch bei den Sarkophagen der Palmyrener findet (Abb. 71). In der Spätantike und in der byzantinischen Epoche nimmt der syrisch-paläs­ tinische Raum in der Mosaikkunst eine beherrschende Rolle ein. Hier kommt in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts der «Regenbogenstil» auf, für den kom-

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Abb. 68: Narkissosmosaik von Antiocheia, Museum Antakya Abb. 69–70: Orpheusmosaiken von Antiocheia und Edessa

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Abb. 71: Totenmahlmosaik von Edessa

plexe geometrische Designs in polychromen Bändern charakteristisch sind. Eine enorme Steigerung gegenüber den Villenfußböden der Kaiserzeit und der Spät­ antike sind die unzähligen mosaikgeschmückten Kirchenbauten des gesamten römischen Orients. Kreuz- und Christogramm markieren Eingänge und Altarbereich, mutmaßlich auch mit apotropäischer Funktion. Weit verbreitet sind pastorale und Jagdszenen, Pflanzen (Weinranken, Rosetten, Früchte) und Tiere, besonders Vögel. Eine Besonderheit in Madaba und Umm ar-Raṣāṣ (Jordanien) sind topographische Motive: landschaftliche Elemente (Flüsse, Gebirge, Küstenlinien), Stadt-

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Abb. 72: Mosaikkarte von Madaba, Jordanien, linkes Segment (LS), oben

vignetten bis hin zu Architektur komplexer oder einzelner Bauwerke:244 Die ­Madabakarte und die Stephanoskirche in Umm ar-Raṣāṣ übertrumpfen hierin vereinzelte Befunde wie das berühmte Yakto-Mosaik in Antiocheia (siehe unten S. 518 f.) oder das Stadtmosaik in Kelenderis / Kilikien. Einzigartig ist die Madabakarte (Abb. 72). Der Fund dieses nur teilweise erhaltenen Fußbodenmosaiks kann allein deshalb als eine Sensation gewertet werden, weil uns die schriftliche Überlieferung aus der Antike zwar zahlreiche Beispiele antiker Kartenwerke bezeugt, wir jedoch von zwei Ausnahmen abgesehen kein einziges Exemplar einer eigentlichen Karte, das heißt einer gezeichneten oder gemalten Darstellung eines größeren geographischen Raumes, besitzen.245 Ein Pfeiler der über dem antiken Fußboden errichteten Kirche des 19. Jahrhunderts trennt ein linkes Segment (LS) von einem rechten (RS). Abgebildet ist die gesamte Region Syrien-Palästina von einem Betrachterstandpunkt im Westen mit Blickrichtung auf die Ostküste des Mittelmeeres, und zwar von Tyros und Sidon im Norden (links) bis zum Nildelta mit Alexandreia im Süden (rechts), der Küste im Westen (unten) und der transjordanischen Steppe im Osten (oben). Die Vignette Jerusalems (LS etwa mittig), obgleich nicht im Mittelpunkt der Karte, nimmt in der Gesamtkomposition eine herausragende Position ein (Abb. 18).

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Vignetten von Ortschaften, geographische Details wie Flüsse, Seen und Gebirge, Bilder von Flora und Fauna sind begleitet von 157 topographischen Inschriften mit Ortsnamen und erklärenden Kommentaren. Der Kirchenhistoriker Eusebios von Caesarea (4. Jh.) hat ein Onomastikon, eine Art Lexikon biblischer Landeskunde, verfasst, in dem viele dieser Ortsnamen verzeichnet sind. Der Konzipient der Karte muss dieses Lexikon gekannt und benutzt haben. Das Mosaik hat kein Datum; stilistische Kriterien sprechen für eine zeitliche Einordnung in die justinianische Epoche (6. Jh. n. Chr.). Die Karte vermittelt eine dezidiert christliche Topographie. Die Auswahl von Örtlichkeiten weist zwar auch auf Pilgerrouten hin, doch handelt es sich nicht um ein Itinerar. Straßen und Stationen mit Entfernungsangaben wie auf der Peutingerkarte finden sich nicht. Die Beschriftungen haben je nach Größe und Farbe verschiedene Rang­ stufen: Größere und gesperrte Schrift in roter Farbe bezeichnet die jeweilige Region eines der zwölf israelitischen Stämme: [kle]ros Dan (LS unten), [kleros] Juda (LS rechts, am Pfeiler), kleros Symeon (RS Mitte links). Rote Schrift in etwas kleineren Buchstaben wird verwendet etwa für die Nordgrenze Ägyptens (RS unten rechts): Grenzen Ägyptens und Palaistinas oder als Beischrift für das Tote Meer (LS oben rechts): der See Asphalitis, auch Totes Meer, oder für die heilige Stadt Jerusalem (LS oben links an der Vignette). Kleinere Schriftzüge variieren zu Schwarz bei hellem Grund und zu Weiß bei dunklem Grund. Die meisten geben Namen von Orten und begleiten bildhafte Ortsvignetten, die je nach Größe und Bedeutung eines Ortes aus einem einzelnen Haus, einem turmbewehrten Stadttor oder aus einem Komplex von Architektur bestehen können, bis hin, wie im Falle Jerusalems, zu dem Piktogramm einer perspektivischen Gesamtansicht des ummauerten Stadtareals mit hallengesäumter Plateia, Häusern und Toren. In ­Jerusalem sind individuelle Gebäude wie die Stadttore und die Grabeskirche unmittelbar zu erkennen, zahlreiche weitere vermutungsweise zu bestimmen.246 Die christliche Perspektive verrät sich mit nicht wenigen Erinnerungsorten biblischer Geschichte und deren Beschriftung: Die zwölf Steine von Galgala (Jos 4,7); der Ort, wo Johannes der Täufer Christus taufte (Mt 3; Lk 3); der Brunnen Jakobs bei Sichem (Jo 4,5); Moses’ Segen über den Stamm Benjamin (Dt 33,13); das Taufbecken des Philippos in Bethsoura (Apg 8); die Eiche im Hain von Mambre (Gn 23 und 25); die Israeliten beim Auszug aus Ägypten in der Einöde Sinais empfangen das Manna (Ex 16,7–13). Ein Zitat, farblich hervorgehoben, ist von zentraler Bedeutung: In dem braunen Feld LS links der Jerusalem-Vignette ist mit roter Schrift der alttestamentliche Segen über Joseph zitiert: «Gesegnet hat dich Gott mit dem Segen der Erde, die alles besitzt.» Und außerdem: «Vom S­ egen des Herrn ist seine Erde» (Gn 49,5; Dt 33,13). Es verweist auf den Charakter des

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Abb. 73a–b: Kastron Mephaa (Umm ar-Raṣāṣ), Jordanien, Askalon und Gaza aus dem Mosaik in der Stephanoskirche

abgebildeten Landes als eines von Gott gesegneten, eines «Heiligen Landes». Das Land präsentiert sich dem frommen Pilger farbig in Wort und Bild als Ursprung und Kosmos einer neuen, wahren, der biblischen Geschichte. Auch die Bildmotive der Stephanoskirche in Umm ar-Raṣāṣ sind in ihrer Art selten und in dieser programmatischen Komposition singulär. Das zentrale Feld wird von zwei Streifen umgürtet. Der innere Streifen repräsentiert vermutlich den Fluss Nil mit Schiffen, Fischen und in Ägypten heimischen Pflanzen, unterbrochen von Vignetten mit Beischriften von Städten im Nildelta. Im äußeren Streifen sind die Vignetten der Städte des cisjordanischen (westlichen) und transjorda­ nischen (östlichen) Palästina aufgereiht, in Cisjordanien: Jerusalem, Neapolis, S­ ebastis, Caesarea, Diospolis, Eleutheropolis, Askalon, Gaza (Abb. 73a–b), in Transjordanien: Mephaa, Philadelpheia [Amman], Madaba, Esbounta, Belemounta, Areo­polis, Karchmoba [Kerak]. Kaum ein anderes Werk der spätantiken Bildkunst vermag den Umgang der christlichen Deutungshoheit mit den traditionellen Bildungsinhalten einer über 1000-jährigen Erzählung eindrücklicher zu demonstrieren als das Mosaik der Hippolytos-Halle in Madaba (Jordanien). Diese Halle, ursprünglich ein Anbau an einem römischen Tychetempel, ist nach dem Fußbodenmosaik aus der ersten

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Hälfte des 6. Jahrhunderts benannt, das Hauptfiguren aus einer der 18 überlieferten, von Euripides im 5. Jahrhundert v. Chr. verfassten Tragödien abbildet. Der große Athener Dramatiker hatte sich des Stoffes mit zwei Stücken angenommen, von denen das ältere verloren ist: Hippolytos kalyptomenos («der Verhüllte»). Es hat das Publikum schockiert und wurde abgelehnt. Mit dem zweiten errang der Dichter im Jahre 428 v. Chr. den Sieg, weshalb man dieser Version auch den Titel Hippolytos stephanephoros («der Bekränzte») gegeben hat. Hippolytos, Sohn des Theseus und der Amazone Hippolyte, verehrte die Göttin Artemis und erregte damit die Eifersucht Aphrodites. Diese verzaubert seine Stiefmutter Phaidra dazu, ihn zu begehren. Hippolytos, der davon erfährt, weist sie empört zurück. Phaidra erhängt sich daraufhin, hinterlässt aber einen Brief mit der Beschuldigung, Hippolytos habe ihr nachgestellt. Phaidras Ehemann Theseus liest den Brief. Im Zorn verflucht und verbannt er den eigenen Sohn. Hippolytos wird zu Tode geschleift, als Poseidon seine Pferde durch einen Riesenstier in Schrecken versetzt. Die Göttin Artemis nimmt Abschied von dem Sterbenden. Schließlich klärt sie Theseus doch über die wahre Begebenheit auf. Theseus bereut sein Handeln. Thematisiert ist das Problem erotischer Leidenschaft. Die sokratisch-platonische Ethik hat den Gedanken hervorgebracht, dass der Mensch nicht aus freien Stücken sündigt, sondern sich nur aus mangelnder Einsicht schuldig macht. ­Euripides drehte das um, indem er eine Handlung konstruierte, in der er dem reinen Jüngling und seiner ‹platonischen› Verehrung der Göttin Artemis die durch die Macht der Liebesgöttin Aphrodite entfesselte Leidenschaft Phaidras gegenüberstellt. Die Reinheit des Jünglings ebnet nicht den Weg der Einsicht, sondern führt ins Verderben. Das Rechte zu wissen, vermag Lust und Rachewunsch nicht auszulöschen. Sich über die Macht der Leidenschaften erhaben zu dünken, ist auch eine Hybris, die ein tragisches Ende heraufbeschwört. Das christliche Mosaik zeigt im zentralen Feld ganz rechts neben Adonis sitzend die halbnackte Aphrodite (Abb. 74a). Sie bedroht mit einer Sandale den geflügelten Eros, den ihr eine Grazie (Charis) hinhält. Eine weitere Grazie schnappt sich einen Eros am linken Fuß, der sich in einer Baumkrone verstecken will. Unterhalb links schaut ein Eros zu, in der Mitte fasst ein weiterer Aphrodites Fuß, rechts stülpt ein Eros einen mit Blüten gefüllten Korb um und entleert ihn. In der linken Bildhälfte sieht man eine weitere Grazie, die einem Eros nachstellt. Ihnen nähert sich vom linken Bildrand eine Bäurin mit Früchtekorb auf der Schulter und einem Vogel in der Hand. Im unteren Bildfeld assistieren zwei Dienerinnen der Phaidra. In der rechten, stark zerstörten Bildhälfte wird Hippolytos von Dienern (propoloi) und einem Sklaven (dulos) begleitet.

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Abb. 74a–b: Hippolytos-Mosaik von Madaba, Jordanien, Ansicht (oben) und Ausschnitt (unten)

Drei Frauengestalten mit Beischriften Rome, Gregoria und Medaba thronen am oberen Rande des Mosaiks (Abb. 74b). Jede von ihnen hält ein Kreuz auf einem langen Stab  – eine Schlüsselszene zum Verständnis des ganzen Mosaiks: Zunächst ist sicher, dass die Frau rechts eine Personifizierung der Stadt Madaba darstellt. Entsprechend hat die Forschung auch die beiden anderen mit Städten identifiziert: Rom und Gregoria. Das Problem ist nur, dass eine Stadt Gregoria in

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Abb. 75 (links): Odainathos (?), Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen Abb. 76 (rechts): Sanatrukes, König von Hatra, 2. Jh., Irak-Museum, Bagdad

unseren antiken Quellen nicht existiert. Hypothesen, es könne sich um einen der Stadt Konstantinopel gegebenen Spitznamen nach der gleichnamigen Frau Kons­ tantins III. oder das zeitweise nach dem Patriarchen Gregorios (570–592) benannte Antiocheia in Syrien handeln, sind nicht recht überzeugend. Eine brillante Interpretation hat ein Forscher 2013 vorgeschlagen:247 Rhome und Gregoria bezeichnen gar keine Städte, sondern personifizierte Tugenden: rhome heißt «Stärke», gregoria «Wachsamkeit». Der Stadtname Medaba dagegen hebt sich durch die rote Farbe von diesen beiden Beischriften ab. In Matthäus 26,40 f. findet Jesus seine Jünger schlafend und sagt: «Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.» Der Konzi­ pient des Hippolytos-Mosaiks wollte zeigen, dass den von Aphrodite ausgehenden sexuellen Versuchungen die Tugenden des zivilisierten christlichen Stadtbürgers (Madaba), Stärke und Wachsamkeit, entgegenzuhalten sind.248 Nur wo diese fehlen, wird man Opfer der Göttin  – wie das Beispiel Phaidras zeigt. Christliche Moral und klassische Bildung vermischen sich am Ende der Antike zu einer Botschaft, die der ursprünglichen Intention des Tragödiendichters gegenläufig ist.

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Abb. 77 (links): Mumienporträt der Isidora aus El-Hibeh, Ägypten, ca. 100–110 n. Chr., J. Paul Getty Museum, Malibu Abb. 78 (rechts): Palmyrenische Grabbüste, British Museum, London

Im 7. Jahrhundert n. Chr. setzt ein allgemeiner Rückgang der Mosaikkunst ein, die jedoch keineswegs ganz verschwindet. Mosaiken einzelner Kirchen datieren in das 8. Jahrhundert. Auch umayyadische Grundherren ließen ihre Gebäude, wie zum Beispiel in Khirbet al-Mafjar bei Jericho oder an der großen Moschee von Damaskus (8. Jh.), von byzantinischen Handwerksmeistern schmücken. Ausgesprochen epichorische, das heißt nicht oder nur in hybrider Form aufgenommene griechisch-römische Elemente in Bildkunst und Architektur sind als umfänglicheres Repertoire an nur wenigen Orten zu finden. Das transeuphratenische Edessa gehört dazu, außerdem Palmyra, Petra, Dura Europos und Ägypten. Zweifellos besaßen künstlerische Traditionen des alten Mesopotamien, ­Persien, Israel, Arabien und Ägypten in diesen Grenzregionen des römischen Orients ein starkes Nachleben. Als Stilmerkmale parthischer Kunst gelten bei den Skulpturen «rigorose Frontalität, parthisch inspirierte Kleidung und Haartracht, Diadem, Sterne auf Helm und Kürass, Szepter, spirituelle Abgehobenheit des Gesichtsausdrucks» (Abb. 75–76), des ­Weiteren eine Vorliebe für Bankett-, Jagd- und Kampfszenen,

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Bogenschützen und Lanzenreiter auf galoppierenden Pferden.249 Ein Wandgemälde im Adonistempel von Dura Europos stellt in griechische Mäntel (himatia) gekleidete Weihende neben einen parthisch gewandeten, bewaffneten Gott.250 Die rundplastischen Skulpturen von Palmyra sind eine Besonderheit. Sie zeichnen sich ebenfalls durch Frontalität und sehr detaillierte Wiedergabe orienta­ lischer Kleidung, Kopfbedeckung, Schmuck und Waffen aus. Da gibt es turbanartige Hüte, konische Mützen, Blusen und Westen, Hosen, Wickelgamaschen und Schuhe, allerdings auch griechische Elemente bei den Göttergewändern. Typisch parthisch sind Schwerter und Dolche.251 Der Althistoriker Michael Sommer bezeichnet diese Bildkunst als «östlichen Spross hellenistischer Formensprache».252 Von den aus Gräbern stammenden Porträtbüsten von Männern und Frauen in reich bestickter Gewandung, Kopfbedeckung und üppigem Schmuck gibt es über 1000 in Museen in aller Welt verstreute Exemplare.253 Wo immer man sie antrifft, sind sie auf den ersten Blick als palmyrenisch zu erkennen und etwa von edessenischen oder ägyptischen Porträts der Kaiserzeit sofort zu unterscheiden (Abb. 77–78). Während in der römischen Porträtkunst die Gestaltung der Gesichter die individuelle Person hervorbringt, haben die palmyrenischen Handwerker auf Individualität verzichtet und an einer eigenen Formelhaftigkeit der ovalen Gesichter, Augen, Nase und Mund festgehalten. Als im Jahre 1920 britische Soldaten in as-Salihiya am Euphrat, 92 Kilometer südöstlich von Deir ez-Zor in Syrien, inmitten antiker Ruinen ihr Feldlager gruben, stießen sie auf «some ancient wall paintings in a wonderful state of preservation».254 Es war eine Opferszene mit dem römischen Tribun Iulius Terentius im Tempel der palmyrenischen Götter von Dura-Europos, jenes extremen Grenz­ ortes des Imperiums, den wir in unserer Einleitung besucht haben. Die unter der Leitung des Belgiers Franz Cumont und des nach Yale berufenen russischen Historikers Mikhail Rostovtzeff 1928 begonnenen Ausgrabungen wurden bis 1937 fortgesetzt und haben einzigartige Kunst ans Licht gebracht: Der hybriden Architektur eines palmyrenischen Bel-Tempels an die Seite tritt hier in mehreren Exemplaren ein bestimmter auf babylonische Vorbilder zurückgeführter Tempeltyp mit kleinem Naos im Hofzentrum, umgeben von einer Temenosmauer, Kapellen und Banketträumen. Götterstatuen sind teils hellenistisch, teils orien­ talisch stilisiert. Früheste Gotteshäuser der Juden und Christen im Orient sind seltene Kostbarkeiten. Eine der ältesten Synagogen überhaupt datiert ins letzte Viertel des 2. Jahrhunderts. Sie besitzt mehrere um einen zentralen Hof gruppierte Räume, darunter eine Versammlungshalle mit Toranische. An ihrer westlichen Wand,

Orientalische Bildkunst

Abb. 79: Golddinar des baktrischen Herrschers Kanischka I. (ca. 127–151 n. Chr.), auf der Rückseite stehender Buddha mit Legende: BODDO, British Museum, London

wo sich auch die Nische befand, war die Halle mit alttestamentlichen Szenen ausgemalt. Das um die Mitte des 3. Jahrhunderts in eine christliche Kirche mit Baptisterium um- und ausgebaute Haus ist das bisher älteste christliche Gotteshaus. Über dem in den Fußboden eingelassenen Taufbecken erhob sich ein von zwei Säulen getragenes Vordach mit dem zentralen Bildmotiv des Guten Hirten. Die Wände des Baptisteriums trugen Szenen aus dem Alten Testament (Adam und Eva, David und Goliath) und aus den Evangelien (den heilenden und über das Wasser schreitenden Jesus). Sehr viel jünger sind die das Innere eines Mithräums bedeckenden Malereien; sie gehören der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts n. Chr. an. Nabatäische Kunst und Architektur sind nicht nur in Petra zu besichtigen. Die Felsfassaden von Madāʾin Sālih in Saudiarabien weisen etwa mit Treppenformen und Hörnerkapitellen dieselben typischen Dekorationselemente auf wie die der Hauptstadt, ohne deren Vielfalt zu erreichen. Auf dem Sinai bei Qasrawet befand sich ein weiteres bedeutendes Zentrum mit nabatäischer Tempelarchitektur. Der griechische Fußabdruck in den Mischformen der Architektur und Kunst im heutigen Ostiran, Afghanistan, Pakistan und Indien der Epoche nach Alexander ist als eine Komponente daselbst bis in die Kaiserzeit, in die Epoche der ­Kuschanherrscher, präsent geblieben.255 Die Migrationen von Bildthemen, Formelementen, Techniken begleiten Erzählstoffe und Glaubensinhalte, die auf den Handelswegen weit über die Ostgrenze einer römischen Welt hinaus gelangten.

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Ihre Vermittler waren jene im Fernhandel reich gewordenen und gebildeten ­Alexandriner, Palmyrener und Edessener, wandernde Spezialisten und Künstler, Sophisten, Prediger und Missionare aus dem Osten des Imperiums.

7. Menschenliebe und Glaubenskämpfe

Menschenliebe und Glaubenskämpfe

In Kapitel 3 der Brüder Karamasow lässt der russische Romanautor Dostojewski den Starez Sossima zu einer ratsuchenden Dame, die sich selbst anklagt, dass sie nicht aufrichtig lieben kann, Folgendes sagen: «Genau dasselbe hat mir schon vor langer Zeit ein Arzt erzählt. Er war ein schon bejahrter Mann und unstreitig klug. Er sprach ebenso offen wie Sie, zwar scherzend, aber dabei traurig. ‹Ich liebe die Menschheit›, sagte er, ‹aber ich wundere mich über mich selbst: je mehr ich die Menschen liebe, desto weniger liebe ich den einzelnen Menschen, das Individuum. Wenn ich mich so meinen Träumereien hingab›, sagte er, ‹hatte ich manchmal die seltsamsten Absichten, der Menschheit zu dienen. Ich würde mich vielleicht für die Menschen kreuzigen lassen, wenn das einmal irgendwie nötig wäre – und dabei bin ich außerstande, auch nur zwei Tage mit jemand dasselbe Zimmer zu teilen. Ich weiß das aus Erfahrung. Kaum kommt er mir nahe, verletzt seine Persönlichkeit schon meine Eigenliebe und beeinträchtigt meine Freiheit. Ein einziger Tag genügt schon, mich den besten Menschen hassen zu lehren: den einen, weil er mittags zu langsam ißt, den anderen, weil er Schnupfen hat und sich fortwährend schneuzt. Sobald die Menschen mit mir in Berührung kommen, werde ich ein Menschenfeind›, sagte er. ‹Und dabei wurde meine Liebe zur Menschheit bisher desto flammender, je mehr ich die einzelnen Menschen haßte.› Ich bedaure, daß ich Ihnen nichts Tröstlicheres sagen kann, denn die tätige Liebe ist im Vergleich zu der nur geträumten ein hartes, schreckliches Ding. Die träumerische Liebe dürstet nach einer Großtat, rasch ausgeführt und von allen gesehen. Es kommt so weit, daß man sogar sein Leben hingibt, nur wenn die Sache schnell erledigt wird und so, daß alle es sehen und loben – wie auf der Bühne. Die tätige Liebe dagegen ist Arbeit und Geduld›.»

Beide Begriffe, die träumerische, nach Großtat dürstende, wie die tätige Liebe sind in der schriftlichen Überlieferung der Antike zu finden. Das dem Phänomen entsprechendste griechische Wort ist philanthropia.256 Es hat sehr verschiedene Bedeutungen. Im philosophischen Schrifttum ist es als ‹Liebe›, ‹Milde›, ‹Nachsicht›, ‹wohltätiges Verhalten› oft vertikal konstruiert, eine Tugend des Überlegenen gegenüber dem Unterlegenen, zuvorderst der Götter gegenüber den Menschen, des Königs und Kaisers gegenüber den Untertanen,257 des Herrn gegenüber dem Sklaven, oder, wie es als eine von drei Arten der philanthropia bei Diogenes Laertius (3,98) definiert ist: Wenn jemand dem Bedürftigen Hilfe leistet.

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Dem oben ist Macht und Reichtum, dem unten Schwäche und Bedürftigkeit zu eigen. Die Bereitschaft des Starken zur Milde und zur Gabe ist ein Akt der Frömmigkeit (Phil. de virtutibus 51). In den beiden ersten Jahrhunderten der Kaiserzeit hatte sich das Christentum über alle Länder des römischen Orients verbreitet. Die anfangs kleinen Christengruppen separierten sich vom kultischen Gemeinschaftsleben der Mehrheit der Polisbürger. Sie bildeten eine neue, eine andere Art der Gemeinschaft. Mit den Maximen ihrer Lebensführung und ihrer Moral der Nächstenliebe – sie gaben Bedürftigen Almosen, sorgten für die Bestattung der Ärmsten, unterstützten junge Frauen, Witwen und Waisen, Alte und Kranke, kümmerten sich um Gefangene und Sklaven – scheinen sie Zulauf und Sympathie, aber auch Misstrauen erzeugt zu haben. Dabei ist zunächst zu fragen, ob und worin sich die christ­ lichen Verhaltensregeln von der Philanthropie der Nichtchristen unterschieden. Die überwältigende Mehrzahl der Belege für philanthropia führt in den Kontext des städtischen Euergetismus, das heißt der generösen Munifizenz der kommunalen Eliten. Auch hier ist die vertikale Perspektive insofern präsent, als die Ausübung dieser Art der Bürgertugend von der Elite ausgeht und der Gemeinschaft insgesamt wie dem einzelnen Gemeindemitglied zugute kommt. Unter den konkreten Wohltaten ragt die dianome, die Speisung und Beschenkung einzelner Gruppen oder der gesamten Gemeinschaft der Polis einschließlich der Fremden, zumeist anlässlich der großen städtischen Festveranstaltungen, hervor. Ihr Fundament ist Reichtum. Die Ethik des Euergetismus indessen, der in unzähligen Formeln der kaiserzeitlichen Epigraphik in Erscheinung tritt, ist nicht die Liebe zur Menschheit, jene träumerische Liebe bei Dostojewski, sondern eine exuberante, das Normalmaß der Bürgerpflicht übersteigende Investition in den Wohlstand der Polis, der man selbst angehörte, der patris. Das Wort Investition scheint angebracht, da der Gebende einen return erhofft, der in Ruhm und An­ sehen, mittelbar in politischer Führungs- und Deutungshoheit innerhalb der Gemeinschaft besteht. Die patris ist die gesteigerte Ebene der Familien- und Freundeszugehörigkeit und definiert das Bewusstsein der politischen Identität. Der Präsenz christlicher Gruppen in den Poleis haben die heidnischen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte selten Aufmerksamkeit geschenkt. Die wertvolle Ausnahme ist der Syrer Lukian. Er spricht von ihnen in einer berühmten Passage seines Pamphlets gegen den betrügerischen Guru Peregrinos Proteus, einen Mann aus Parion in der Troas in Westkleinasien, der sich 165 n. Chr. selbst verbrannte.258 Lukian schildert Peregrinos als einen von Jugend auf verdorbenen Menschen: Knabenschänder, Ehebrecher und Vatermörder. Des Vatermordes in der Heimatstadt angeklagt und auf der Flucht, schloss er sich einer christlichen

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Gemeinde an. Er sei damals in Palästina Priestern und Schriftgelehrten der «wundersamen Weisheit» der Christen begegnet und habe diese in kürzester Zeit hinter sich geschart, wörtlich: «wie Kinder aussehen lassen». Er berief Gemeindeversammlungen ein, leitete Kulthandlungen, sprach Prophezeiungen aus, ­interpretierte und verfasste sogar selbst christliche Schriften, die uns leider gänzlich verloren sind.259 Seine Autorität als Gesetzgeber (nomothetes), Vorsteher (prostates) und Sophist (sophistes) soll der des Begründers des neuen Kultes, ­jenes in Palästina hingerichteten Menschen, kaum nachgestanden haben, und seine Anhänger hätten ihn als «neuen Sokrates» bezeichnet. Dieser Vorgang, verglichen etwa mit dem insbesondere aus Kleinasien bekannten Auftreten und Wirken urchristlicher Sektengründer wie Kerinthos, Montanus, Novatianus, ist keineswegs unglaubwürdig.260 Anlässlich der Inhaftierung des Peregrinos schildert Lukian das Verhalten der Christen. Mehrfache Versuche, Peregrinos frei zu bekommen, hatten zunächst keinen Erfolg, so daß man sich äußerst bemüht zeigte, ihm im Gefängnis auf jede Weise dienlich zu sein. Konkret genannt ist die Sorge für gutes Essen und das Vorlesen aus den heiligen Büchern – vermutlich den Evangelien; Zugang verschaffte man sich durch Bestechung der Wärter. Um die Kommunikation des Insassen mit der Außenwelt sicherzustellen, wurden alte Frauen, Witwen und Waisenkinder vor dem Gefängnis postiert. Finanziell aufwendigere Formen der Unterstützung – Konkretes lässt sich nur vermuten – setzte eine provinzenübergreifende Solidaritätskampagne in Bewegung, derzufolge in Städten Asiens Geldbeträge gesammelt und Peregrinos zur Verfügung gestellt wurden. Er soll davon keinen geringen Gewinn erzielt haben. Nach Ansicht des Betrachters sei das Verhalten der Christen etwas für sie allgemein Charakteristisches: Sie legten eine unglaubliche Reaktionsschnelligkeit in solchen Fällen an den Tag, und dabei sparten sie an nichts. Ihr erster Gesetzgeber habe sie glauben machen, dass sie alle einander Brüder seien.261 Nach seinen Gesetzen lebend,262 verachteten sie a­ lles Eigentum unterschiedslos und betrachteten es als Gemeingut, und sie folgten derartigen Grundsätzen ohne jede sorgfältige Prüfung im Einzelfall. Lukians Schilderung gleicht in diesem Punkt Philons Bericht über die sogenannten Therapeuten in Ägypten (de vita contemplativa), die Eusebios als Christen ansehen wollte. Eine derartige Solidarität übersteigt die der konventionellen Netzwerke wie Familie, Freundeskreis und eben auch die Polis. Sie ruft im Falle des Peregrinos Akteure von weit außerhalb der betroffenen Gemeinschaft auf den Plan, insofern diese als Zelle einer weltweiten Brüderschaft gilt. Man hat diese neue Form der Gemeinschaft auf einen in den Evangelien Christus in den Mund gelegten Bruch mit konventioneller, ja mit angestammter Solidarität be-

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gründet, radikal bei Lukas 14,26: «Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein», ähnlich bei Matthäus 10,35–37: «Ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert.» Das ebenda 19,29 von Jesus ge­ äußerte Versprechen, zum Ausgleich werde es derjenige, der Haus und Familie um seinetwillen verlasse, «hundertfach empfangen», verspottet Julian in seiner Schrift «Gegen die Galiläer»: Dann müsse jemand, der seine Frau um Jesu willen verlasse, hundert Frauen erhalten.263 Die Entzweiung von Vater und Mutter, leiblichen Geschwistern und angetrauten Familienmitgliedern ist die Voraussetzung zur Gründung einer neuen Familie: der Gemeinde der Gläubigen. Diese ist einerseits distanziert, andersartig, isoliert inmitten der Polis der Heiden, doch zugleich weltweit; sie konstituiert eine neue Menschheit. Dem Heiden mag Verbannung aus seiner Polis als Strafe gelten, Heimat so teuer sein wie die eigenen Eltern: «Wir hingegen wenden uns sogar von den eigenen Eltern ab, wenn sie wider den Herrn raten. Für sie ist es eine schwere Strafe, außerhalb ihrer Stadt leben zu müssen: dem Christen ist diese ganze Welt ein einziges Haus.»264 Der philanthropia dieser Menschheit ­untereinander korrespondiert die Verachtung der unmittelbaren Verwandtenliebe, wie bei Dostojewski das Gefühl: ‹Ich liebe die Menschheit›, dem ­Gefühl korrespondiert ‹umso weniger liebe ich den einzelnen Menschen›. Glaubwürdige Beispiele für eine in unserer heutigen Sicht geradezu abstoßende Rigo­rosität lassen sich in den antiken Quellen finden, etwa im Verhalten der Perpetua in Karthago, die um des Martyriums willen ihren neugeborenen Säugling weggibt und sich dem um sie und ihr Kind besorgten Vater beharrlich widersetzt, oder in dem Verhalten, das der Kirchenhistoriker Eusebios dem jugendlichen Origenes unterstellt, der den eigenen Vater zum Martyrium aufgefordert haben soll (siehe oben S. 364). Die Spannung zwischen horizontaler und vertikaler Perspektive ist schließlich auch bezüglich jenes Verhaltens sichtbar, das Lukian als etwas spezifisch Christliches mit Verwunderung beschreibt: den ‹Kommunismus›. Der radikal christliche Kommunismus spielt mit dem Gedanken einer universellen Gütervergemeinschaftung und birgt in sich die Forderung an den besitzenden Einzelnen, allen Privatbesitz aufzugeben. Der Urgemeinde in Jerusalem war, laut ­Apostelgeschichte (4,32–35, vgl. 2,44–47), alles gemeinsam.265 Grundbesitzer ver-

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kauften Immobilien und legten das Geld den Aposteln zu Füßen. Jeder erhielt, was er brauchte. Berühmt ist der Spruch Jesu zum Entsetzen seiner Jünger: «Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.» Das steht in denkbar scharfem Gegensatz zur Sozialethik der römischen Kaiserzeit. Verachtung materieller Güter ziert zwar den Edlen, Weisen, Überlegenen, auch den unermesslich Reichen. Die kritische Haltung gegenüber Luxus und Völlerei lässt erkennen, dass die Prestigefunktion des ostentativen Reichtums durchaus prekär war, und die römische Literatur lässt, als Kehrseite, Spott, Ironie und Kritik am Luxus und das Ideal des unverweichlichten Römertums durchaus zum Vorschein kommen. Doch bleibt privater Reichtum ein Fundament von Rang und Prestige. Eine antike, ‹prophetische› Schrift mit gewissen Merkmalen einer Apokalypse, die zum frühesten christlichen Schrifttum außerhalb des Neuen Testaments gehört, nicht später als im 2. Jahrhundert n. Chr. offensichtlich in Rom in griechischer Sprache verfasst wurde, weite Verbreitung fand und sowohl ins Lateinische als auch ins Äthiopische und Koptische übersetzt worden ist, ist der sogenannte «Hirt des Hermas». Bei dem Autor handelt es sich keineswegs um einen philo­ sophisch gebildeten und theologisch geschliffenen Literaten, sondern um einen schlichten Durchschnittslaien, der vermutlich das Denken weiter Kreise einfacher Christen seiner Zeit repräsentiert. Exemplarisch kommt bei ihm die Paradoxie zum Vorschein: Reiche sind wie runde Steine, für den Bau unbrauchbar. Sie werden erst verwendbar, wenn der Reichtum von ihnen «abgeschlagen» wird.266 Reichtum ist schlecht – aber Reichtum ist gottgegeben und dient der Unterstützung der Armen. Um zu geben, muss man haben. Die vom Jesusspruch angestoßene Paradoxie veranlasste Clemens von Alexandreia dazu, die Frage: Quis dives salvetur? zum Titel einer Schrift zu erheben. Was Jesus meinte? Nicht: dem Besitz zu entsagen, sondern den Gedanken an den Besitz aus der Seele zu verbannen. Allein Besitzlosigkeit sei noch keine Auszeichnung vor Gott. Das unterscheide Christen auch gar nicht von Nichtchristen, bei denen einige ihren Besitz weggegeben hätten, um Muße für die Wissenschaft zu haben, um einer «toten Weisheit» willen die einen, die anderen für «leeren Ruhm». Dem logischen Kunstgriff liegt bei näherem Zusehen ein Zugeständnis der christlichen Gegenwelt zum gesellschaftlichen Mainstream zugrunde. Mehrere Stellen in der Literatur und die wenigen Zeugnisse in den Inschriften verweisen auf Christen auch vor der Konstantinischen Wende als Ange­hörige der reicheren bis reichen Gesellschaftsschichten. Jener Ephesier namens Tyrannos, in dessen schole in der Stadt Paulus täglich redete, dürfte ebenso zu den wohlhabenden Polisbürgern der Provinz gehört haben wie der jung verstorbene

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Eugenios in Laodikaia Katakekaumene, der weitherum bekannt war wegen seines Reichtums,267 oder diejenigen, die dem Peregrinos Geld zukommen ließen. Die montanistischen Prophetinnen sollen wohlhabende Damen gewesen sein. Der schon zitierte Timotheusbrief enthält eine ‹Mahnung an die Reichen›: «[…] daß sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den unsicheren Reichtum […], daß sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gern geben, behilflich seien […]» (1 Tim 6,17). Die Behandlung des Themas weltlicher Reichtum spiegelt dieselben ambivalenten Haltungen der Christen wie sie gegenüber der universalen Vergnügungskultur dieser Welt, zusammengefasst in dem Begriff spectacula, zum Ausdruck kommen, wenn diese von Eiferern wie Tertullian in Grund und Boden verdammt, zugleich aber die Überlegenheit und der Sieg des Christentums in den Metaphern der Arena gefeiert wird, oder wie sie gegenüber der universalen Sklave­rei hervortreten. Die christliche philanthropia des Helfens und Gebens unterscheidet sich in einem Punkt wesentlich von der des städtischen Euergetismus: Reichtum, Gabe und Hilfe sind nicht ostentativ, der Habende und Gebende investiert nicht in Ruhm, Ehre und Rang innerhalb der politischen Gemeinschaft. Allerdings ist der Altruismus auch des Christenmenschen nicht ganz ohne Hintergedanken, wie einem Grabstein aus Kleinasien zu entnehmen ist. Von dem verstorbenen Vater und seinen beiden Kindern heißt es: «Für die Rettung ihrer Seelen statteten sie Bettler mit guten Gaben aus, und sie ehrten ihre Freunde, achteten auf ihre Familie mit großer und unnachahmlicher Liebe, und sie bemühten sich, jedermanns Gastfreund zu sein.»268 Was die Verbreitung von Christen in den drei ersten Jahrhunderten über das ganze Land betrifft, legen anders als die literarischen Quellen zu Aposteln, Bischöfen, Märtyrern und Heiligen die Funde christlicher Grabinschriften bestimmte Schwerpunkte im Landesinnern Kleinasiens, in kleineren Städten und Dörfern, die auf Polisterritorium oder ausgedehnten Domänen lagen, besonders in Phrygien269 und benachbarten Gebieten Bithyniens, Paphlagoniens, Mysiens, Lydiens, Pisidiens und Lykaoniens. Die vor allem im phrygisch-lydischen Gebiet auffällige Häufung von beschrifteten Grabsteinen, die an bestimmten Formeln, Symbolen und Redewendungen  – die Formel: «Christen für Christen» ragt hervor  – als christliche zu erkennen sind,270 hat keine Fundgruppen, die sich als e­xklusiv christliche Nekropolen oder christliche Segmente innerhalb von Friedhöfen definieren ließen.271 Die Fundstreuung deckt sich mit der Aussage des jüngeren Plinius (epist. 10,96), wonach Christen auch auf dem Lande überall zu finden seien. Das wirft sogleich die in der Forschung diskutierte Frage auf, ob auf dem Lande in

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Zentral- und Ostanatolien die neue Religion besser Wurzeln schlagen konnte als in den küstennahen Städten im Westen und Süden272 oder ob man im Gegenteil das frühe Christentum geradezu als eine «urban religion» bezeichnen kann.273 Die Konzentration frühchristlicher Inschriften im ländlichen Raum hat nichts mit einer größeren Empfänglichkeit von Landbewohnern für das Christentum zu tun. Sie liegt eher in dem Unterschied der Inschriftenkultur (des epigraphic habit) der chora von der des Stadtzentrums begründet: Die Epigraphik der chora hat mehr privaten Charakter als die städtische. Ein Spruch «Christen für Christen» auf einem Grabstein in Eumeneia / Phrygien erregte in normalen Zeiten wenig Aufmerksamkeit. Die Epigraphik der Stadtzentren dagegen verteilt sich auf repräsentative Schauflächen, die von Kultpersonal und zivilen Magistraten kontrolliert wurden. Beide gehörten überwiegend den Eliten an und waren Anhänger der traditionellen Staatskulte. Ihre Grabhäuser, Sarkophage und Stelen standen in stadtnahen Nekropolen, wie man sie an der Gräberstraße von Hierapolis in Phrygien studieren kann. In den Zentren sammelten sich gewiss auch zahlreiche Christen. Ihre Protagonisten predigten und stritten in den Museia, Marktplätzen, Hallen und Synagogen. Sie zogen hier eine viel größere Aufmerksamkeit verschiedener Öffentlichkeiten auf sich und riskierten mehr als Dorfbewohner mit dem Bekenntnis, Christen zu sein, auf Grabinschriften. Sie trugen unter Umständen ein Konfliktpotenzial von nicht geringer Resonanz in die Stadt. Das aber macht das frühe Christentum noch nicht zu einer «urban religion». Überhaupt ist ja der modern konstruierte Gegensatz von Stadt / Land irreführend, da die zugrunde liegende Vorstellung von zwei getrennten Sphären, die wie verschieden gestellte Uhren hier die Zivilisation, dort das Leben in archaischen, grundverschiedenen Traditionen beschreiben, fehlgeht. Ein gerade für die Ausbreitung auf dem Lande beachtenswertes Phänomen ist das Vorkommen hybrider Formeln und Bilder auf Grabsteinen und Weihungen. Ins Zentrum dieser Thematik gehört die These des Historikers Stephen Mitchell zu den zahlreichen Inschriften mit Theos Hypsistos («der höchste Gott»), die gerade auch im lydisch-phrygischen Großraum häufig vorkommen.274 Ein aufschlussreicher Befund, der epigraphische, literarische und archäologische Quellen verbindet, stammt aus Oinoanda in Zentrallykien. Vor der Stadtmauer des 3. Jahrhunderts n. Chr. diente ein großer Platz den Versammlungen einer Kultgemeinschaft. Aus Blöcken der Mauer sind zwei Altäre im Relief herausgemeißelt, deren einer die kurze Inschrift mit Weihung einer Lampe durch eine Frau ­namens Chromatis an Theos Hypsistos, der andere, größere einen Spruch in Versen trägt (Abb. 80). Er lautet:

Menschenliebe und Glaubenskämpfe

Abb. 80: Oinoanda, Türkei, Altar mit Theos-Hypsistos-Inschrift

«Aus sich selbst entstanden, ohne Lehrer, ohne Mutter, unerschütterlich, kein Name fasst ihn, vielnamig, im Feuer wohnend, – das ist Gott. Wir Boten sind nur ein kleiner Teil Gottes. Für diejenigen, welche nach Gott fragen und von welcher Art er sei: Er verkündete, der alles erblickende Äther sei Gott; auf ihn sollt ihr blicken und am Morgen früh beten, indem ihr nach Osten schaut.»

Apoll, der Ausgeber des Orakels auf die Frage, wer denn Gott sei, ist selbst bloß der Bote eines namenlosen, höchsten Gottes; dessen Verehrer sollen Gebete bei aufgehender Sonne verrichten. Eine exakte Parallele enthält der Pliniusbrief an Traian bezüglich der Christen (epist. 10,96,7): «sie pflegten sich vor Sonnenaufgang zu versammeln und Christus gleichsam als ihrem Gott einen Hymnus zu singen» (ante lucem convenire carmenque Christo quasi deo dicere). Wörtliche Zitate genau dieses Orakelspruchs von Oinoanda enthalten die sogenannte Tübinger Theosophie und die divinae institutiones des Lactantius aus dem frühen 4. Jahrhundert n. Chr. Lactantius nennt seine Herkunft: das Apollon­ orakel von Klaros. Die hier bezeugte Gottesvorstellung eines Theos Hypsistos ist

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eindeutig eine monotheistische. Ob der «höchster Gott» genannte in den hunderten von Weihinschriften der griechischen Welt der Kaiserzeit immer derselbe Gott einer bestimmten Kultgemeinschaft war, lässt sich nicht mit Sicherheit ­sagen. Doch die in der Kaiserzeit neue, auffällige Tendenz, den angerufenen Gott – wie es der Theologe Wolfgang Wischmeyer formuliert hat – zu anonymisieren und hyperbolisch zu potentialisieren,275 kommt gleichzeitig mit dem Anwachsen christlicher Gruppen vor. In Sprache und Bildern scheinen Grenzen zwischen herkömmlichen Gottesvorstellungen überschreitbar und jüdische, christliche und heidnische Vorstellungen in einen Monotheismus zu konvergieren. In Landschaften wie Paphlagonien, Pontos, Phrygien, Lydien und Pisidien lebten im 3. Jahrhundert n. Chr. Anbeter des Mondgottes, des Helios, der per­ sischen Anāhitā und der anatolischen Muttergöttin mit Montanisten, Gnostikern, orthodoxen Christen, Juden und Judaisten Tür an Tür. Eine scharfe Abgrenzung von jüdisch, christlich oder heidnisch erweist sich hier als schwierig und ist u ­ nter Umständen wenig sinnvoll, wo offensichtlich neue religiöse Gemeinschaften, die sich in einem synkretistischen Heno- oder Monothesismus treffen, Formeln und Elemente aller drei Traditionen (wie zum Beispiel den Glauben an Engel) un­ bekümmert austauschen. So werden dann distinkte Gemeinschaften einfach als «Höchstgottverehrer» definiert. Die Schlüsselposition Kleinasiens in der Geschichte der erfolgreichen Ausbreitung der Botschaft ist in der Forschung seit langem etabliert.276 Von Beginn an tobt unter den Lehrern, Predigern und Propheten, die in Kleinasien unterwegs sind, Streit um Rechtgläubigkeit. Der reisende und lehrende Tarsier Paulus und die paulinische Doktrin waren nur eine Mission unter vielen. Mehrere Sekten entfalten ihre Wirkung in den Städten und auf dem Lande. Der Presbyter Johannes in Ephesos, sein Schüler Papias, Philippos und seine weissagenden Töchter sowie Claudius Apollinaris in Hierapolis oder der angeblich als Gefangener zur Hinrichtung nach Rom quer durch Kleinasien geführte Bischof von Antiocheia Ignatius erscheinen den Späteren als herausragende Protagonisten in der Durchsetzung der Orthodoxie. Wahrscheinlich haben sich auch die bis nach Rom gereisten Polykarp von Smyrna, dem damaligen kleinasiatischen Zentrum der Zweiten Sophistik, und Aberkios von Hierapolis ein weit überregional ausstrahlendes Ansehen erworben. Die Forschung hat verwandtschaftliche Netzwerke unter den Protagonisten aufgedeckt.277 Die Überlieferung über jenen Aberkios ist eine Besonderheit, die eine reiche Forschungsliteratur produziert hat.278 Sie gibt ein Beispiel für den tätigen Fanatismus in der Durchsetzung des einzigen, des rechten Glaubens. Literarisch

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Abb. 81: Rekonstruktion der ­Aberkios-Inschrift, Museo Pio C ­ ristiano, Rom

überliefert ist eine hagiographisch ausgeschmückte, im späten 4. oder frühen 5. Jahrhundert verfasste Vita dieses Mannes. Am Schluss steht ein Zitat aus seiner Grabinschrift, in der Aberkios von sich selbst redet. Im Jahre 1883 hat der schottische Altertumsforscher Sir William Ramsay in Hierapolis in Phrygien Fragmente einer Steininschrift aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. entdeckt, die zweifellos diesem Aberkios gehört. Damit waren das hohe Alter und die Authentizität dieses Grabepigramms bestätigt. Da eine weitere, fest ins Jahr 216 n. Chr. datierte Inschrift Verse desselben Epigramms verwendet, ist die Aberkios-Inschrift erwiesenermaßen älter als 216. Sie befindet sich heute im Vatikanischen Museum in Rom (MS III 182 f. Nr. 16 / 07 / 01):

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«Ich, Bürger der auserwählten Stadt, habe zu Lebzeiten dieses (Grabmal) errichtet, damit ich zur gegebenen Zeit hier die Niederlegungsstätte meines Leibes habe. Ich heiße Aberkios und bin ein Jünger des reinen Hirten, der in den Bergen und Ebenen die Herden seiner Schafe weidet und der die großen Augen hat, die überallhin blicken. Er ist es gewesen, der mich die frommen Schriften gelehrt und ins kaiserliche Rom gesandt hat, um die Königin zu schauen, die goldengewandete und goldbeschuhte. Dort sah ich auch das Volk, welches das glänzende Siegel trug. Ich sah auch die Ebene Syriens und alle Städte, Nisibis, und überschritt den Euphrat. Überall hatte ich als Begleiter den Paulus […]. Überallhin führte mich der Glaube und setzte mir überall als Speise den Fisch von der Quelle vor, den großen reinen, welchen die reine Jungfrau ergriffen hatte, und sie gab ihn ihren Lieben überall zu essen, indem sie den Christos als Wein und eine Mischung davon mit Brot gab. Dieses habe ich, Aberkios, der ich dabeistand, angeordnet, hier aufzuzeichnen, als ich wirklich im zweiundsiebzigsten Jahr stand. Jeder Gesangesgenosse, der dies versteht, möge für mich, Aberkios, beten. Aber niemand darf einen anderen in meinem Grab bestatten. Wer es aber doch tun sollte, muss dem römischen Fiskus 2000 aurei zahlen und meiner guten Heimatstadt Hierapolis 1000 aurei.»

Das Faktengerüst besteht in: Aufstieg zur Autorität in der Provinz, Romreise, Orientreise und Vermittlung im Streit der Brüder in den Städten Syriens, Überschreitung des Euphrat nach Mesopotamien bis Nisibis, Rückreise und Grablege in Hierapolis. Der Autor der Vita, vielleicht ein Christ aus Hierapolis, spinnt daraus Folgendes: Aberkios schwebt in Gefahr, vom Stadtrat in Hierapolis an­ geklagt und von einer wütenden Volksmenge angegriffen zu werden, nachdem er heidnische Götterbilder im Apollonion zerstört hatte. Der öffentliche Exorzismus einer Gruppe besessener junger Männer dreht die Stimmung zu seinen Gunsten um; die Menge betet ihn an. Reden, Heilung von Kranken durch Handauflegen und Taufe vieler machen ihn zur Christus gleichenden Führungsfigur in der Stadt. Gesteigert wird sein Charisma, nachdem er die blinde Mutter eines der ranghöchsten Honoratioren sehend gemacht und dieses Wunder bei mehreren weiteren blinden Frauen wiederholt hatte. Ein Dialog mit dem Sohn der Geheilten, Euxeinianos, über die Doppelnatur Gottes als gnädiger Wohltäter und strenger Richter schließt sich an. Unterwegs als Heiler in den Dörfern der chora, sieht Aberkios als Ursache für die schlechte Hygiene das Fehlen eines Bades. Auf sein Niederknien und Beten hin entspringt unter Donner und Blitz eine Warmwasserquelle. Auf dem Heimweg hat Aberkios, wieder beim Exorzismus eines jungen Mannes, die Begegnung mit dem Teufel, der ihm die Romreise voraussagt. Eine Traumerscheinung Christi trägt ihm auf, er möge den Glauben der Brüder in Rom bestärken.

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Der Teufel war inzwischen in die 16-jährige Kaisertochter Lucilla gefahren, die schon auf die Hochzeit mit Lucius Verus vorbereitet werden sollte. Das fortwährend teuflische Sprüche herausschreiende Mädchen veranlasste den besorgten Vater Marcus Aurelius, über den Präfekten Cornelianus mit dem Hierapolitaner Euxeinianos Kontakt aufzunehmen und einen langen Brief an ihn zu schreiben mit dem Anliegen, den christlichen Bischof und berühmten Exorzisten Aberkios nach Rom zu schicken. Dieser bricht endlich von Attaleia zu Schiff auf und wird in der Hauptstadt – der Kaiser ist abwesend – von Marc Aurels Gattin Faustina empfangen. Der Exorzismus Lucillas gelingt, die dankbare Mutter beschließt die Stiftung des Bades an der Stelle, wo Aberkios’ Wunderwirken die Warmwasserquelle aufgetan hatte, und sie sendet außerdem eine Getreidespende für Hierapolis. Die Phantasie des Autors der Vita dürfte von dem Wissen beflügelt worden sein, dass am Kaiserhof in der Hauptstadt die besten Mediziner der Zeit zusammenkamen. Und die Mehrzahl von ihnen stammte aus dem Osten. Marcus Aurelius besaß mindestens sechs Töchter: Domitia Faustina (geb. 30. November 147), Annia Lucilla (geb. 7. März 149), Annia Aurelia Galeria Faustina (geb. 150 /51?), Fadilla (geb. 159?), Cornificia (geb. 160) und Vibia Aurelia Sabina (geb. 172). Die in der Aberkiosvita gemeinte ältere Lucilla wurde 161 mit Lucius Verus verlobt (die erstgeborene Domitia war noch vor diesem Jahr verstorben) und ca. 163 in Ephesos mit ihm verheiratet. Gewiss hat der Hierapolitaner diese Kaisertochter nie zu Gesicht bekommen. Mit Handauflegen hätte man in den höchsten stadtrömischen Kreisen nicht reüssieren können. Aber die Legende will den Glanz des christusgleichen Heiligen auch am Hof der Hauptstadt aufleuchten lassen und stellt seinen Heilerfolg über die Kunst der kaiserlichen Ärzte: auch hier der Triumph der «wahren Philosophie» über die heidnische Wissenschaft. Aberkios wird durch eine neue Traumerscheinung Christi zum Aufbruch nach Syrien gedrängt, um sich daselbst der Sache des Glaubens anzunehmen. Er erreicht zu Schiff in sieben Tagen Syrien, besucht Antiocheia und Daphne, Apameia, Seleukeia und andere Städte, überschreitet den Euphrat und gelangt bis nach Nisibis. Die Häresie des Markion (siehe unten S. 439 f.) habe die Kirchen vergiftet. Man empfängt ihn als Apostel Christi, bietet ihm viel Geld, das er selbstverständlich ablehnt, empfängt seinen Rat und seine Lehren. Ein Barcha­ sanes – womit der Autor den christlichen Philosophen Bardaiṣan von Edessa gemeint haben kann – erwirkt den Beschluss seiner Gemeinde, Aberkios den Ehrentitel «apostelgleich» zu verleihen. Die Rückreise durch Kilikien, Lykaonien und Pisidien schmückt der Biograph mit einer denkwürdigen Begebenheit aus: An einem Ort namens Aulon

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Abb. 82: Hierapolis, Türkei, Kathedrale

wird der Leser auf eine idyllische Szene anatolischen Landlebens eingestimmt. Die Bauern worfeln das Getreide auf dem dörflichen Dreschplatz. Dem am Rande ruhenden Reisenden bläst der Wind die Spreu in die Augen. Die sturen Dörfler kümmert das nicht. Erst ein Gebet des Heiligen macht den Wind auf­ hören und erzwingt die Mittagspause. Die Bitte des Durstigen um einen Becher Wasser wird abgeschlagen: Man könne das Mittagessen wegen eines alten Mannes nicht unterbrechen. Die durch inbrünstiges Gebet erwirkte Rache ist fürchterlich: Ewiger Heißhunger bis auf den heutigen Tag befällt die Frevler. Die Phantasie nimmt hier Anleihen bei Geschichten, die man aus Lykien kennt: Ovid (met. 6,317–381) erzählt, wie der von Hitze und Durst gequälten Göttin Leto und ihren Kindern Apoll und Artemis lykische Bauern mitleidlos den erquickenden Trunk aus dem kleinen, schilfumgürteten Teich verwehren. Die göttliche Strafe besteht darin, dass die Verweigerer in Frösche verwandelt werden. Die Vita enthält fast alle den frühchristlichen Heiligen aus der Retrospektive typischerweise angedichteten Phantasieprodukte – außer dem Martyrium. Apostelgleich oder noch besser christusgleich mussten sie erscheinen. Predigen, Lehren, Gesetzgeben und Prophezeien, das Erleiden des Martertodes war nur die eine Seite der imitatio Christi. Auf der anderen strebten zumindest einige dem

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Herrn als Heiler nach. Die Kunde wunderbarer Genesungen muss wie ein Lauffeuer durchs Land gegangen sein, denn Krankheit war allgegenwärtig.279 Exorzismen sind ein besonders beliebter Topos, denn der Heilige ist wirkmächtig als Arzt physisch wie psychisch Kranker vor allem im Sinne einer cancel culture gegen Häresie, deren Diagnose nur Besessenheit vom Teufel lauten kann. Nach den christlichen Schriftstellern Lactantius, Eusebios und Augustinus haben unter verschiedenen Kaisern zehn große Christenverfolgungen stattgefunden. Sie sind, was Art und Umfang betrifft, differenziert zu beurteilen. Die Erste, unter Nero, war ein stadtrömisches Ereignis, wie zuvor die Judenausweisung unter ­Tiberius. Der Zusammenhang mit dem Brand Roms ist ungeklärt: ob Christen das Feuer gelegt hatten oder ob sie nur als Sündenböcke herhalten mussten. Die meisten und wichtigsten Nachrichten späterer Zeit kommen aus der Welt der Städte des römischen Orients. Selbstabkapselung und Segregation der Christen vom kultischen Betrieb polytheistischer Stadtgemeinden, der provokante Fanatismus Radikaler wie Aberkios, die Standbilder zerstörten und kommunale Heiligtümer schändeten, die Unerschütterlichkeit und Todesverachtung einzelner und kleiner Gruppen von Angeklagten scheinen es erleichtert zu haben, dass ihre Umgebung von schärferen Vorurteilen und gröberen Missverständnissen vergiftet wurde als die anderer Glaubensgemeinschaften. Der Afrikaner Minucius Felix hat sie an einer berühmten Stelle einem antichristlichen Dialogpartner in den Mund gelegt (8,4–9,2, übers. Kytzler): «Aus der untersten Hefe des Volkes sammeln sich da die Ungebildeten und die leichtgläubigen Weiber, die wegen der Beeinflussbarkeit ihres Geschlechtes ohnedies auf alles hereinfallen; sie bilden eine gemeine Verschwörerbande, die sich in nächtlichen Zusammenkünften, bei Feierlichkeiten mit Fasten und menschenunwürdiger Speise nicht im Kult, sondern im Verbrechen verbrüdert; eine obskure, lichtscheue Gesellschaft, stumm in der Öffentlichkeit, in Winkeln geschwätzig; Tempel verachten sie, als ob es Gräber wären, vor Götterbildern speien sie aus, verlachen die heiligen Opfer […]. An geheimen Zeichen und Merkmalen erkennen sie einander und lieben sich schon, fast ehe sie sich noch kennen. Unterschiedslos vollziehen sie miteinander eine Art Ritual der Lüste; sie nennen einander Brüder und Schwestern, so dass die bei ­ihnen übliche Unzucht durch den Gebrauch eines so heiligen Wortes sogar zum Inzest wird.»

Eine ganz zu Anfang für das Ressentiment gegenüber Christen typische Mixtur an Motiven können wir schon aus der Apostelgeschichte herauslesen. Nicht nur die Juden, unter ihnen besonders die strenggläubigen, blickten mit Abneigung

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auf die neue Sekte. Der städtische Festkalender war voll von Gelegenheiten, am Verkauf von Opferfleisch, Devotionalien und Weihgaben für die traditionellen Götterkulte, ja allgemein am Zustrom der Landbewohner und Fremden in die städtischen Heiligtümer zu verdienen. Eine Religionsgemeinschaft ohne Opfer und Götterbilder wurde, wuchs sie allzu stark an, von diesen Profiteuren schon aus wirtschaftlichen Gründen als Bedrohung empfunden. In den Stadträten ­saßen nicht wenige Bürger, die der Gemeinde als Kultbeamte dienten. Jede Verächtlichmachung ihrer Aufgaben mussten sie als Angriff empfinden, weniger auf ihre Frömmigkeit als auf die Dignität ihrer Funktion für die Gemeinschaft. Bis ins 3. Jahrhundert blieben regelrechte Verfolgungswellen regional begrenzt, wenn sie auch an Schwere und Ausdehnung nicht leicht zu vergleichen sind. Besonders heikel war der in nahezu jeder Stadt etablierte, an den Sebasteia ausgeübte Kaiserkult. Seitens der römischen Autorität existierte keine allgemeine Teilnahmepflicht, die sich ohnehin nicht hätte durchsetzen lassen. Es ist bezeichnend und an mehreren Beispielen zu belegen, dass aufputschende Hetze gegen Christen von der Obrigkeit zurückgewiesen und die vorgebrachten Beschuldigungen mit dem Hinweis auf den ordentlichen Rechtsweg beantwortet wurden. Andererseits musste der römische Amtsträger es als Majestätsverbrechen ansehen, wenn jemand öffentlich dem Kaiser die Loyalität verweigerte. Den in Syrien bereits inhaftierten Guru Peregrinos Proteus ließ der philosophisch gebildete Statthalter frei, wohl wissend, dass der Fanatiker durch ein Todesurteil Berühmtheit erlangen würde (Luk. Peregr. 14). Einem Spinner wie diesem konnte man es sogar durchgehen lassen, wenn er in Italien Schmähreden auf den Kaiser Anto­ ninus Pius hielt oder in Griechenland dazu aufrief, die Waffen gegen die Römer zu erheben (ebenda 18–19). Von Kynikern, die an den Straßenecken Alexan­ dreias Reden hielten, war man Ähnliches gewohnt. Doch verfehlte es bei einem zögerlichen und unsicheren Statthalter wie Plinius dem Jüngeren seine Wirkung nicht, wenn sich Anzeigen aus der Bevölkerung gegen Personen häuften, die man einer die Majestät des Kaisers verachtenden Gesinnung verdächtigte (epist. 10,96). Plinius reagierte mit dem berühmten Test angeblicher und echter Christen vor Götter- und Kaiserbild. Der Kaiser befahl ihm, nicht von sich aus aktiv Christen aufzuspüren und anonyme Anzeigen nicht zu berücksichtigen.280 Ha­ drian ging einen Schritt weiter und untersagte die bloße, auf keine konkrete Gesetzesübertretung gegründete Verleumdung. Freilich hat dies seine Wirkung in dem Maße verfehlt, in dem es Christenhassern gelingen konnte, Verdächtigte zu dem ‹Test› ihrer Majestätsverehrung in der Öffentlichkeit zu zwingen, oder in dem radikale Christen den Test von sich aus suchten, um ihre Widerstandskraft zu beweisen. Justin der «Märtyrer» wurde angeblich Opfer der Verleumdung sei-

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nes intellektuellen Intimfeindes, des Kynikers Crescens, den er als nichtswür­ digen Dummkopf öffentlich abgekanzelt hatte (Eus. HE 4,16). Genauere und einigermaßen glaubwürdige Berichte über Einzelfälle liegen jeweils aus der Mitte des 2. und des 3. Jahrhunderts mit den Martyrien des Polykarp und des Pionius vor, beide in Smyrna. Der Bischof Polykarp281 scheint wieder Opfer eines eskalierenden Volkszornes gegen Christen in der Stadt geworden zu sein, unter denen es auch einen Selbstanzeiger gab. Hatten die römischen Instanzen auf städtischer, provinzialer und imperialer Ebene zunächst vor allem Unruhen und Umtriebe im Auge, so wuchs ihre Wahrnehmung der Christen als ‹Gefahr› in dem Maße, in dem Christen in die Eliten und in staatliche Funktionen eindrangen, in dem ein christlicher Klerus Parallelstrukturen zum etablierten Kultpersonal ausbildete. Rund 100 Jahre nach Polykarp befinden wir uns unter Kaiser Decius in der Phase der reichsweiten systematischen Christenverfolgungen, die bis zuletzt im Jahre 311 von mehreren Kaisern wiederholt initiiert worden sind. Das Edikt des Decius wollte alle als Anhänger des christlichen Glaubens Verdächtigten vor die Altäre zwingen, um sie durch Opfer zur Apostasie zu bewegen oder bei Verweigerung des Verbrechens zu überführen (Eus. HE 6,39 ff.; Lact. mort. pers. 4). Welche Personenkreise eine derartige Verfolgung erfasste, ob sie bis in die unteren Bevölkerungsschichten und auch in die ländlichen Regionen aller Provinzen vorzudringen vermochte, ist schwer einzuschätzen.282 Die Volksmenge in Smyrna um 250 n. Chr. brachte, anders als bei Polykarp, dem Opferverweigerer Pionius283 Sympathie entgegen. Alle Versuche, ihn zum Einlenken zu bewegen, scheiterten, auch die des Proconsuls, der bestrebt war, ihm eine argumentative Brücke zu bauen: «Wir alle verehren die Götter und den Himmel und die Götter, die im Himmel sind.» Den himmelwärts gerichteten Blick bemerkend, fragte er: «Warum wendest du dich zur Luft (aer)? Opfere ihr!» Antwort: «Ich wende mich nicht zur Luft, sondern zu dem, der die Luft gemacht hat und den Himmel und alles, was in ihm ist.» Der Proconsul sagte: «Sage, wer hat sie gemacht?» Er antwortete: «Man kann es nicht sagen.» Der Proconsul sagte: «Zweifellos Gott, das heißt Zeus, der im Himmel ist, denn er ist König über alle Götter.»284 Unter Diokletian und Maximian und unter Maximinus Daia rollten die letzten verheerenden Verfolgungswellen über den Orient.285 Wie einst in Neros Rom, so kursierten in der Kaiserresidenz Nikomedeia an der Propontis (heute İzmit) Gerüchte, Christen hätten im Palast einen Brand gelegt. Das erste Edikt von Nikomedeia datiert vom 23. Februar 303, gefolgt von einem Kaiserbrief und einem weiteren kaiserlichen prostagma, das auf Unruhen in Kappadokien und Syrien reagierte. Die Gefängnisse sollen mit Bischöfen, Priestern, Diakonen,

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Vorlesern und Exorzisten gefüllt worden sein. Im Klima allgemeiner Razzien nach Christinnen und Christen blühte die Denunziation. Eine kleine Stadt in Phrygien sollen Soldaten umstellt und in Brand gesteckt haben, Männer, Frauen und Kinder gingen zugrunde. Der Kirchenhistoriker Eusebios schildert Hinrichtungen und Foltern in Nikomedeia, in Pontos, in Antiocheia, Tyros, Sidon, Emesa, Caesarea, Gaza, in Arabien, Mesopotamien, Alexandreia und in der Thebais in Ägypten. Bei den «Kämpfen» in Palästina will er selbst zugeschaut haben. Von Folter begleitete Verhöre und Hinrichtungen trafen Frauen wie Männer, Vornehme und Reiche (honestiores) wie Provinzbewohner niederen Standes ­(humiliores). Jungfrauen in Antiocheia, «vornehm von Geburt, von glänzender Lebensführung, jung an Jahren, schön von Gestalt, edel an der Seele, fromm in Sitte und bewunderungswürdig im Eifer» wählten den Freitod (Eus. HE 8,12, übers. Haueser). Mit der Todesstrafe Bedrohte mussten vor den römischen Statthalter und seine Beisitzer geführt und verhört werden. Mit der üblichen Anwendung der Folter, zumeist durch Geißelung und Peinigung mit glühenden Eisen, wurden Geständnisse und Bekenntnisse erpresst. Die Form der Vollstreckung der Todesstrafe war vom sozialen Status abhängig. Sklavinnen, Sklaven und humiliores drohte Verbrennung bei lebendigem Leib, die Kreuzigung oder die Arena: ad bestias. Letztere Form der Hinrichtung füllte das Vorprogramm der auch in den Städten des Orients fast überall veranstalteten Gladiatorenkämpfe. Die Verurteilung von Ver­ brechern ad bestias sollte erstmals unter Konstantin dem Großen untersagt werden, vermutlich auch die Kreuzigung, nicht jedoch die Zwangs­ausbildung zum Gladiator (ad ludum). Der so Bestrafte dürfe nicht mehr im Gesicht, dem Ebenbild Gottes, nur noch an anderen Körperteilen gebrandmarkt werden. Christen wurden dann unter Valentinian (365 n. Chr.) auch von dieser Strafe ausgenommen.286 Wenn auch zunehmend seltener, hat man die Strafe ad bestias noch bis ins 6. Jahrhundert vollstreckt. Vornehme Christinnen und Christen (honestiores) wurden enthauptet: Diese Hinrichtungsart macht mehr als die Hälfte der von Eusebios in seiner Schrift über die Märtyrer Palästinas erwähnten aus. Die Leiden der Standhaften schildern ihre späteren Lobredner mit einer ausschweifenden Lust am Detail, die uns Heutige abstößt, die spätantiken Gläu­ bigen jedoch mit Inbrunst erfüllte. Es ist ein «Schauspiel herrlicher Kämpfe», schwärmt der Kirchenhistoriker (Eus. HE 8,3) und berichtet beispielhalber ausführlich das Lebensende eines einzigen in Nikomedeia (8,6, übers. Haueser): «In der erwähnten Stadt wurde ein Mann in Gegenwart der genannten Herrscher ­öffentlich vorgeführt. Als er sich dem Gebote zu opfern widersetzte, erging die Wei-

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sung, ihn nackt in die Höhe zu ziehen und am ganzen Körper so lange mit Geißeln zu zerfleischen, bis er nachgeben und, wenn auch unfreiwillig, den Befehl ausführen würde. Da er aber trotz dieser Martern unbeugsam blieb – die Knochen waren bereits sichtbar – mischten sie sodann Essig mit Salz und gossen ihn in die schwärenden Teile des Körpers. Und da er auch dieser Schmerzen nicht achtete, wurde weiter Rost und Feuer herbeigeschafft, und was von seinem Körper noch übrig war, wie Fleisch, das man zum Essen bereitet, von der Flamme aufgezehrt, nicht auf einmal, auf dass er nicht rasch stürbe, sondern nach und nach. Die Schergen, die ihn auf den Scheiterhaufen gelegt, durften ihn nicht eher wegnehmen, als bis er sich, von den Qualen ­bezwungen, dem Befehle fügen würde. Doch er blieb fest und gab als Sieger mitten unter den Peinen seinen Geist auf.»

Von Provinz zu Provinz soll den unzähligen, die sich ‹ausgezeichnet› und alle erdenklichen Grausamkeiten erlitten haben, Bewunderung und Staunen zuteil werden (HE 8,9, übers. Haueser): «Aller Beschreibung aber spotten die Qualen und Leiden, welche die Märtyrer in der Thebais erduldeten. Anstatt der Kralle zerrissen Scherben ihren ganzen Körper, bis der Tod eintrat. Frauen wurden an einem der beiden Füße festgebunden und, den Kopf nach abwärts, mit gewissen Maschinen hoch in die Luft gezogen und boten so mit ihren völlig nackten und unbekleideten Körpern allen, die zusahen, den schändlichsten und allergrausamsten und unmenschlichen Anblick.»

Diejenigen, die dem Ausweg, abzuschwören, widerstanden, schwerste Folter aushielten und in den Tod gingen, dürften eine kleine Minderheit gewesen sein. Auch Bischöfe, wie Petros I. von Alexandreia, ergriffen die Flucht. Nach dem Ende der Verfolgungen zurückgekehrt, denunzierte er einen Mann, der es gewagt hatte, seine Aufgaben zu übernehmen, den Bischof von Lykopolis Melitios, und erwirkte dessen Exkommunikation. Daraufhin kam es zu einer ersten Spaltung über die Frage, wie mit den vom Glauben «Gefallenen» (lapsi) zu verfahren sei. Melitios profilierte sich gegen Petros zum Wortführer der Strenge gegenüber den lapsi. Er begründete mit der «Kirche der Märtyrer» das Melitianische Schisma, das den Versuch einer Versöhnung überdauerte und in Ägypten noch Jahrhunderte später ein intaktes Netzwerk besaß.287 Das Blut der Märtyrer, so der Kirchenvater Tertullian (apol. 50), ist der ­Samen der Kirche. Nach deren Sieg im 4. Jahrhundert n. Chr. blühen die phantastischen Geschichten über die Helden des am Ende gewonnenen Kampfes auf. Den zurückblickenden Verehrern lag wenig an Historizität, sie schrieben ihre Zeugnisse nach dem Prinzip: Se non è vero, è ben trovato. Dabei waren sie von dem Interesse beseelt, Deutungshoheit über die Gegenwart mit den Geschichten über

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die Vorkämpfer des Glaubens (die Athleten, wie die Märtyrer genannt werden) zu begründen: Vor allem anderen kam es in diesen Geschichten auf Rechtgläubigkeit, Standhaftigkeit, Vorbildhaftigkeit, Verortung, Besitz und kultische Verehrung ihrer Überreste an. Bei den meisten der Jahrzehnte bis Jahrhunderte später komponierten Martyriumsberichten besteht ähnlich wie bei der Aberkiosvita das Problem, Erfundenes von Historischem zu unterscheiden. Von den Miracula abgesehen, springen dem modernen Historiker in vielen Erzählungen bei Kaiser- und Beamtennamen, Daten, Institutionen, Orten etc. die Fehler der Erfinder sofort ins Auge. Eine passio Athenogenis, die vom Leben und Sterben eines Landbischofs (chorepiskopos) in Kleinarmenien berichtet, beruft sich auf ein «sehr altes Buch», dessen Inhalt ungeordnet und lückenhaft sei.288 Der Herkunftsort des Heiligen, Pedachthoe, ist identifiziert mit dem heutigen Dorf Güneykaya keine 30 Kilometer südöstlich von Tokat in der nordöstlichen Türkei. Auch andere namentlich genannte Orte lassen sich auf dem Boden der heutigen Türkei fixieren. Neben der Geographie zieht eine Passage die Aufmerksamkeit des Historikers auf sich, deren Quelle sich zweifelsfrei als eine authentische römische Urkunde zu erkennen gibt, nämlich das in Gegenwart des Statthalters protokollierte Verhör (quaestio) eines Vorlesers (ana­ gnostes) Ariston und eines Kantors (psaltes) Severianus. Von den Gemeinde­ sklaven aufgehängt und mit glühenden Eisen gefoltert, blieb jener standhaft und wurde verbrannt, dieser beschuldigte seinen Bischof und gelobte zu opfern.289 Auffallend reich an Gestaltungen frühchristlicher Heiligenviten und Reminiszenzen in Prosa und Poesie vom 4. Jahrhundert an ist die christliche Literatur Kappadokiens. Dass sie bei den meisten ihrer heiligsten Helden ausgerechnet auf römische Soldaten statt auf rechtgläubige Bischöfe wie in Smyrna oder Hiera­ polis zurückblickt, ist bemerkenswert. Cappadocia und die angrenzenden Pontus und Kleinarmenien waren Grenzprovinzen mit starker militärischer Besatzung. Wie weit der Glaube in der Armee verbreitet war, lässt sich nicht beziffern. Die Aufrechterhaltung der disciplina militaris dürfte bei den letzten Verfolgungen eine Rolle gespielt haben. Der Sasanide Schapur I. hatte aus den von ihm überrannten Provinzen zahlreiche Gefangene – wie einst die Assyrer – bis tief in sein Reich, nach Mesopo­ tamien und Persien deportiert. Darunter befanden sich große Gruppen von Christen. Zusätzlich waren nachfolgend manche im Imperium Verfolgte ins Sasa­nidenreich geflohen. Deportierte und Migranten müssen im Laufe der Zeit eine beachtliche religiöse Minderheit ausgebildet haben, und ihre Nachkommen dürften eine herausragende Rolle in der mehr als zwei Jahrhunderte später bis nach China ausstrahlenden Mission einer Ostkirche gespielt haben (siehe unten

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S. 513–515). Jedenfalls besaß Seleukeia-Ktesiphon schon Ende des 3. Jahrhunderts ­einen Bischof. Das Blatt wendete sich zu Ungunsten der Christen, als diese im Westen unter Konstantin begünstigt wurden. Sie erregten bei romfeindlichen Großkönigen Verdacht, und nach dem Ende der römischen begannen jenseits der Ostgrenze die ersten sasanidischen Verfolgungen. Von Martyrien wird berichtet.290 Zur Zeit der Ausbreitung des christlichen Glaubens waren die städtischen Götterkulte griechisch-hellenistischer Provenienz im Orient je nach Region stark durchmischt: Unter griechischen und nichtgriechischen Götternamen gibt sich eine facettenreiche orientalische Religionslandschaft zu erkennen:291 Sarapis und Isis aus Ägypten, Zoroastrismus, Mithras und Anāhitā aus Iran, Men, Selene und Kybele aus Anatolien, Bel, Marduk und andere semitische Stadtgötter aus Syrien und Mesopotamien, die Schriften und Gesetze der Juden aus Palästina und der Diaspora – um nur einige zu nennen – fanden mehr oder weniger weit verbreitet Interesse, Auf- und Übernahme. Ein geradezu einzigartiges Ensemble von westöstlichen Kulten und Synkretismen ist der Archäologie in Dura Europos zugänglich geworden: Tempel der palmyrenischen Götter, des parthischen Aphlad und Azzanathkona, der syrischen Tarʿṯā (Atargatis) und Hadad, des Jupiter Dolichenus, Zeus Megistos und Zeus Kyrios, ein Mithräum, eine der frühesten Synagogen und die früheste christliche Kirche.292 Das Christentum selbst ist ja in seiner anfänglichen Verbreitungsphase nicht eine, sondern ein Konglomerat von Sekten gewesen. Schon in apostolischer Zeit hatten sich Gruppen mit eigener Lehre und Regel abgesetzt, wie die in der Offenbarung genannten Nikolaiten, die sich möglicherweise auf den schon erwähnten Nikolaos von Antiocheia beriefen, und die Anhänger eines gewissen Kerinthos;293 beide Gruppen werden im Werk des Irenäus zur Widerlegung der Gnostiker in einer Reihe mit Namen wie Karpokrates, Kerdon und Markion erwähnt. Die sich formierende Gemeinschaft der apostolischen Tradition begann, abweichende Strömungen auszugrenzen und systematisch zu bekämpfen. Sie erblickte in den von den Aposteln überlieferten Schriften die reine, unverletzliche und unveränderliche Lehre, die von fremden Irrlehren wie griechischer Philosophie oder den von Dämonen getäuschten Abweichlern bedroht ist, verfälscht zu werden. Bevor sich mit den Konzilien von Nikaia (325), Konstantinopel (381) und Chalkedon (451) so etwas wie eine Orthodoxie durchsetzte, trug man nicht nur intern zum Teil heftigen Streit über problematische Fragen aus, sondern sah sich auch von Häresien und Konkurrenzreligionen umgeben, ja mancherorts in die Defensive gedrängt, die bis in die Spätantike und zum Teil darüber hinaus weltweit Zulauf

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hatten. Die eigene, wie in einer Wagenburg verschanzte Wahrheit wird mit einer erbitterten, an Sottisen reichen Polemik verteidigt. Im Gegensatz zu vielen auch überregional mächtigen Kulten und Glaubensinhalten alter Herkunft handelt es sich bei den im Folgenden dargestellten Phänomenen um Neuerscheinungen oder Metamorphosen in der Kaiserzeit. Darin gleichen sie dem Christentum und treten als dessen mehr oder weniger gefähr­ liche Konkurrenz in Erscheinung. Die uralte, in den Kulturen des Orients wie im archaischen Griechenland verwurzelte Mantik, rituelle Weissagung und Prophezeiung, nahm in der Kaiserzeit ­einen enormen Aufschwung. Das Orakelwesen verteilt sich auf alte und neue, mit großem Aufwand organisierte Zentren mit Tempeln, an denen städtische Gesandtschaften und illustre Privatpersonen zusammenströmten und Rat suchten, bis zu den vor allem im Süden Kleinasiens an öffentlichen Plätzen für das Volk aufgestellten Losorakeln, die man mit heutigen Horoskopen vergleichen kann.294 Suche nach Sicherheit, Gesundheit, Schutz ließ man sich Geld kosten. Nur einzelne heidnische Intellektuelle wie Lukian und Oinomaos von Gadara haben versucht, die mächtige Mantik als das Geschäft von Schwindlern zu entlarven. Das Christentum stand dem institutionellen Orakelwesen der heidnischen Heilig­ tümer zwar prinzipiell ablehnend gegenüber, besaß aber eine innige Affinität zur gleichermaßen aufblühenden Prophetie. Die Empfänglichkeit für Orakel beförderte den kometenartigen Aufstieg ­einer Stätte, die sogar mit den großen in Klaros und Didyma eine Zeitlang konkurrierte. Gegründet wurde sie in dem winzigen Nest Abonuteichos an der Küste des Schwarzen Meeres. Ein gewisser Alexandros, der von dort stammte, ließ gegen Gebühr eine Schlange namens Glykon, angeblich von göttlicher Abkunft des Apollonsohnes und Heilgottes Asklepios, weissagen. Das Orakel von zunächst lokaler Bedeutung zog große Volksmengen an und gelangte schließlich zu so weitreichender Berühmtheit, dass es Interesse in stadtrömischen Senatorenkreisen fand. Der Gründer und Priester inszenierte sich als ein neuer Pythagoras und bekämpfte Christen und Epikureer, Letztere mit öffentlichen Bücherverbrennungen. Den Befragern seines Orakels gab er auf, wo immer sie Christen oder Epikureer anträfen, sie mit Steinen zu bewerfen. Kein weissagender, aber ein Wunder wirkender und sich den Menschen bevorzugt in Träumen mitteilender Gott war Sarapis (siehe oben S. 73 f.). Ursprünglich ein Avatar des Hades, ist dem Gott bereits im Hellenismus, als sein Kult sich von Ägypten aus in der griechischen Welt verbreitete, eine vielgestaltige Natur zu­

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geschrieben worden, die ihn mit mehreren der traditionellen Götter gleichermaßen identifizierbar machte und als zeusgleich auch über alle stellte. In der Kaiserzeit wird Sarapis pantheios  – «Allgott». Der Sophist Aelius Aristeides führt in seiner Rede bezüglich Sarapis aus (45,22–24), verschiedene Götter würden von verschiedenen Verehrern um verschiedener Bedürfnisse willen angerufen, doch Sarapis sei für jedwedes Anliegen zuständig und für alle da. Er vereine die Kräfte aller Götter in sich und werde als ein universaler Gott für die ganze Welt angesehen und angebetet. Die homerische Aufteilung der Welt unter Zeus, Poseidon und Hades – Olymp, Erde und Unterwelt – sei bei ihm aufgehoben, da er in allem wohne. Ein von Wundergeschichten geschwängertes, überregional berühmtes Heiligtum befand sich im nordsyrischen Hierapolis Bambyke. Lukian, der dieses größte aller syrischen Heiligtümer persönlich kannte, hat ihm eine Schrift gewidmet.295 Hauptgottheit war eine Frau: Tarʿṯā (gräzisiert Atargatis), an ihrer Seite der Gott Hadad.296 Beider Kult in diesem Land dürfte auf die Neohethiter zurückgehen. Im Heiligtum wohnten noch weitere Götter, deren hölzerne Bilder «schwitzten», sich bewegten und weissagten. «Der Platz, auf dem das Heiligtum errichtet ist, ist ein Hügel; er liegt aber gerade mitten in der Stadt, und zwei Mauern sind um sie herum. Von den Mauern ist die eine alt, die andere aber nicht viel älter als wir. Die Vorhallen des Heiligtums liegen nach Norden und sind 100 Klafter groß; in diesen Vorhallen stehen auch die Phallen, die Dionysos errichtet hat, 30 Klafter hoch» (Syr. D. 28). Pilger kamen aus Arabien, Phoinikien, Babylonien, Kappadokien, Kilikien, und eine Weihinschrift kennt man aus Britannien (CIL VII 750). Lukian diskutiert die Gründungsmythen und die Story vom Bau des Tempels durch Stratonike, die Stiefmutter des zu ihr in Liebe entbrannten Seleukiden ­Antiochos, die ihrerseits rasend verliebt in den schönen Jüngling Kombabos war. Der Jüngling, der sie auf königlichen Befehl nach Syrien begleitete, wo sie ihr Gelübde der Tempelgründung zu erfüllen gedachte, hatte sich in weiser Voraussicht drohender Verdächtigungen selbst entmannt. Stratonike kühlte zwar ihre Raserei ab, «vergaß aber keineswegs ihre Liebe, sondern war immer mit ihm zusammen und verschaffte sich so Trost für ihre untätige Liebe. Solche Liebe gibt es in der heiligen Stadt, und sie findet sich dort noch jetzt: die Frauen verlangen nach den Gallen und die Gallen sind rasend auf die Frauen; keiner ist eifersüchtig, vielmehr gilt die Sache bei ihnen für sehr heilig» (Syr. D. 22). Den Tempel selbst beschreibt Lukian so (ebenda 30–32, übers. Clemen):

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«Ein großes Fundament erhebt sich von der Erde zwei Klafter hoch, auf dem der Tempel ruht. Der Aufgang zu ihm ist aus Stein gemacht und nicht sehr lang. Wenn man aber hinaufgekommen ist, erregt schon der Vortempel große Bewunderung und ist mit goldenen Türen geschmückt. Im Innern glänzt der Tempel von viel Gold, und seine Decke ist ganz golden. Es geht von ihm ein ambrosischer Duft aus, wie, so sagt man, von dem Lande Arabien, und verursacht dir schon, wenn du von weitem herankommst, einen sehr angenehmen Geruch, und wenn du wieder weggehst, so hört er keineswegs auf, sondern deine Kleider behalten lange den Geruch, und du wirst immer an ihn denken. Innen ist der Tempel nicht ein Ganzes, sondern in ihm ist ein anderes Gemach angelegt. Der Aufgang ist auch zu ihm niedrig; mit Türen ist er nicht geschmückt, sondern steht den Gegenüberstehenden ganz offen. In den großen Tempel gehen alle hinein, in das Gemach aber nur die Priester, jedoch nicht alle Priester, sondern diejenigen, die den Göttern am nächsten stehen und denen der ganze Dienst an dem Heiligtum obliegt. In ihm sitzen die Götterbilder, Here und Zeus, den sie mit einem anderen Namen benennen. Beide sind von Gold und beide sitzen, aber Here tragen Löwen, der andere aber sitzt auf Stieren. Das Bild des Zeus deutet ganz und gar auf Zeus, was Kopf, Kleidung und Sitz betrifft, und auch wenn du es wolltest, wirst du ihn nicht anders deuten. Here dagegen zeigt dir, wenn du hinsiehst, eine mannig­ faltige Gestalt. Im ganzen zwar ist es wirklich Here, sie hat aber auch etwas von Athenaie, Aphrodite, Selenaie, Rhee, Artemis, Nemesis und den Moiren. In der einen Hand hält sie ein Szepter, in der andern eine Spindel; auf dem Kopf trägt sie Strahlen und einen Turm, [um die Brust] den Gürtel, mit dem man nur Uranie schmückt. Von außen sind ihr weiteres Gold und sehr kostbare Edelsteine aufgelegt, von denen die einen weiß, die anderen wasser-, viele wein- und viele feuerfarben sind. Was aber noch größerer Erwähnung würdig ist, das will ich jetzt berichten. Sie trägt einen Stein auf dem Kopf, der Leuchte heißt; den Namen gab ihr die besondere Beschaffenheit der Arbeit. Von ihm strahlt nämlich in der Nacht ein großer Glanz aus, und von ihm leuchtet der ganze Tempel wie von Leuchtern. Am Tage aber ist sein Schein schwach, er hat aber doch ein sehr feuerfarbenes Aussehen. Und noch etwas Wunderbares ist an dem Schnitzbild: Wenn du ihm gegenüberstehst, so blickt es auf dich, und wenn du wo andershin siehst, so folgt sein Blick, und wenn ein andrer von einer Seite her darauf sieht, so führt es das gleiche auch mit Bezug auf jenen aus.»

Das größte Fest findet im Frühling statt und wird Feuer- oder Fackelfest (pyre, lampas) genannt. Eine besondere Gruppe des Kultpersonals, die Galloi, versetzt sich zu Gesang, Pauken und Flötenmusik in Ekstase, schneidet sich ins Fleisch und schlägt mit den Rücken gegeneinander. Einer von ihnen, «dem das bestimmt ist», nimmt ein in der Platzmitte bereitgestelltes Schwert auf, entmannt sich damit, läuft in die Stadt und wirft das abgeschnittene Glied in ein Haus. Daselbst erhält er Frauenkleider und Schmuck. Das hier verehrte Götterpaar gehört einer uralten Religion an, zeigt aber

Menschenliebe und Glaubenskämpfe

reichlich Spuren von Synkretismen. Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet ein Syrer, der die Götterbilder selbst gesehen und sich über sie hat informieren lassen, auf ihrer griechischen Identität als Hera und Zeus insistiert. Um bei der Hauptfigur, der Göttin, zu bleiben, so zeigt diese Attribute verschiedener Herkunft: Auf Löwen stehen die Göttinnen in Yazılıkaya, die Turmkrone trägt die anatolische Kybele und die Artemis von Ephesos, die Lichtstrahlen gehen von den Häuptern des Helios und des Mithras aus, und die Eigenschaft, jeden, der sie anschaut, mit dem Blick verfolgen zu können, wird christlichen Heiligenbildern nachgesagt. Das Sich-in-Ekstase-Versetzen und das Sich-Schmerzen-Zufügen, schließlich die Selbstentmannung steht in Beziehung zu Asketismus und Fruchtbarkeitsriten. Die phrygische Kybele soll das abgeschnittene Glied des Attis aufbewahrt haben (Arnob. 5,14). Die Artemis Perasia in Hierapolis-Kastabala schritt barfuß über glühende Kohlen. Eine Annahme geht dahin, dass ekstatische Orgien zu Flötenspiel und Paukenschlag weiterlebten in der Einrichtung der tanzenden Derwische, die in türkischer Zeit von Dschelāl ed-Dīn er-Rumi (1207– 1272 n. Chr.) in Konya, dem antiken Ikonion, begründet wurde. Die syrische Göttin Lukians ist alt und doch in junger, synkretistischer Gestalt, als allgewaltige und allgebärende Mutter (omnipotens et omniparens – Apul. met. 8,25,3) eine neue, geheimnisvolle, wundersame und wunderwirkende Erscheinung, die über anderen Göttern steht. Zu einer der mächtigsten Religionen des kaiserzeitlichen Imperiums sollte der Mithraismus werden, bis in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr. die systematischen Zerstörungen und Überbauungen der Kultstätten, der Mithräen (zumeist Höhlen), und kaiserliche Verbote der Religion ein Ende bereiteten.297 Es ist durchaus vorstellbar, wie Ernest Renan meinte, dass anstelle des Katholizismus der Mithraismus einen weltweiten Sieg gleicher oder ähnlicher Dimensionen davongetragen hätte.298 Die ursprünglich altpersische Religion ist uns als hellenistischer Synkretismus bereits im Grabheiligtum des Antiochos von Kommagene begegnet. In den benachbarten Königreichen Mittelostanatoliens, Pontos, Kappadokien, Kleinarmenien und Armenien, war der Mithraskult ebenfalls verbreitet; der theophore Königsname Mithradates und andere Zeugnisse deuten auf einen hohen Rang auch bei den Parthern. In der frühen römischen Kaiserzeit entstand mit Übernahme orientalischer Traditionen und unter dem Einfluss platonischer Philosophie, insbesondere der im Dialog Timaios geäußerten Gedanken, ein ganz neues religiöses System. Wo dies zuerst geschah, ist unbekannt. Der Religionshistoriker Martin P. Nilsson meinte, das System sei die «einmalige Schöpfung eines religiösen Genies».299 Es bestand aus sieben Weihegraden, ent-

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Abb. 83: Münze von Trapezus – VS: Büste Traians – RS: Mithras (Roman Provincial Coinage III 2929)

sprechend den sieben Planeten, durch deren Sphäre dem Eingeweihten im Mysterienkult der Aufstieg bis an den ewigen, unbeweglichen Fixsternhimmel ­verheißen war. Die einzelnen Grade sind in bildlichen Darstellungen durch verschiedene Symbole repräsentiert. Mithras war in diesem System nicht mehr, wie im alten Iran oder im hellenistischen Kommagene, ein Gott neben anderen, sondern oberster Gott. Als Er­ zeuger des Lichts war er mit der Sonne (Helios) gleichgesetzt, doch kommt im Mithraismus auch ein separater Sonnengott vor. Das immer wieder bildlich ­dargestellte Stieropfer durch den Gott ist kosmogonisch gedeutet worden: Der sterbende Stier lässt die Welt entstehen, aus ihm sprießen Korn, Bäume und Pflanzen, aus seinem Blut ergießt sich Wein. Die Deutung der zahlreichen Bilddarstellungen und Symbole, der Kulthöhlen und Gegenstände bleibt im Einzelnen umstritten. Die Nähe zu Christlichem: Himmelfahrt, Wunderwirken, Analogien von Fleisch und Blut zu Brot und Wein im gemeinsamen Kultmahl ist unübersehbar. Unter den mehr als 140 bekannten Mithrasmonumenten der antiken Welt haben Fundorte im Westen ein deutliches Übergewicht. In Carnuntum beispielsweise restaurierten die ersten Tetrarchen, Diokletian, Maximianus, Galerius und Licinius, ein Mithrasheiligtum (ILS 659). Daraus ist jedoch nicht zu schließen, der Kult habe im Osten eine geringere Verbreitung gehabt. In Armenien war Mithras einer der wichtigsten Götter vor der Christianisierung: Das armenische Wort für Tempel lautet mehean, das heißt ‹Mithrastempel›.300 Außer in Ägypten und Dura Europos ist er in Kleinasien in Trapezus, in Zela und in Doliche nach-

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gewiesen. Die Münzen von Trapezus aus der Zeit Traians bilden das Porträt des Gottes mit Sonnenstrahlen auf der Rückseite ab, erheben Mithras also zum Hauptgott des städtischen Pantheons (Abb. 83). Der neuen Mithrasreligion nahe standen andere die Lichtgestalt der Sonne verehrende Kulte. Zahlreiche Inschriften kennzeichnen Helios als den Gott, «der alles sieht und nicht gesehen wird»,301 dessen Auge keine Freveltat verborgen bleibt und der bevorzugt als Strafender gefürchtet und als Rächer für erlittenes Unrecht angerufen wird. In Anatolien ist Helios oft Herr der Botengötter Hosios kai Dikaios («Frommer und Gerechter»), sozusagen heidnischer Engel, denen im städtischen und ländlichen Raum zahlreiche Weihaltäre gesetzt werden. Sie werden auch in Verbindung mit einem «einzigen und alleinigen Gott», mit Apollon, Men oder der Meter Theon (Mutter der Götter) verehrt. Der christlichen Orthodoxie waren sie ein Dorn im Auge, gerade wegen ihrer Nähe zu jüdischer und christlicher Theologie. Auf einer bemerkenswerten Bleiplatte von Askalon in ­Iudaea ist ein Bild eingraviert, das Helios in seinem Wagen zeigt, mit der rechten einen Globus haltend, und die Inschrift: «Segen für alle» (SEG 44, 1351). Vom Helios Elagabals aus Emesa zu dem von Aurelian in Rom eingeführten und noch von Konstantin hochverehrten römischen Staatsgott Sol Invictus bis hin zur Theologie des Neuplatonismus steigerte sich der kosmopolitische Rang dieses Gottes. Unser christlicher Sonntag, Tag des Kirchganges und ruhender Arbeit, geht auf den von Kaiser Konstantin 321 gesetzlich bestimmten «Tag des Sol» (dies Solis) zurück. Dem Christentum ähnelnde beziehungsweise sich von diesem absondernde geistig-religiöse Quellflüsse verbreiterten sich teilweise zu mächtigen Strömungen. Etwas später als der kaiserzeitliche Mithraismus trat, sicher als Schöpfung eines einzelnen Theologen, der nach diesem benannte Markionismus in Erscheinung.302 Markion, ein reicher Reeder aus der Stadt Sinope an der Südküste des Schwarzen Meeres, sponserte um 140 n. Chr. die christliche Gemeinde in der Hauptstadt Rom, bis diese ihn wegen seiner devianten Theologie ausschloss. Denn er lehrte eine scharfe Ausgrenzung aller judaistischen Elemente und des gesamten Alten Testaments aus dem Christentum. Als ‹Bibel› anerkannte er nur ein Evangelium und ein aus zehn Paulusbriefen bestehendes Apostolikon. Seiner Ansicht nach schuf der alttestamentliche Gott der Juden die materielle Welt, von der der neue, höhere und gute Gott, sich in Christus offenbarend, die Gläubigen durch das Opfer seines Sohnes erlöst. Markion provozierte damit die heftigsten Reaktionen der sich formierenden Orthodoxie, darunter die uns erhaltene Schrift des Afrikaners Tertullian mit dem Titel «Gegen Markion». Die darin vor-

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kommenden Verunglimpfungen geben Zeugnis von der Wut über den Erfolg der neuen Lehre (adversus Marcionem 1,1,4–5): «Nichts ist so barbarisch und triste am Pontus als die Tatsache, dass dies Land Markion hervorgebracht hat. Er ist noch abscheulicher als ein Skythe, noch unsteter als ein Hamaxobios [einer, der im Wagen lebt], noch inhumaner als ein Massagete, noch unverschämter als eine Amazone, noch dunkler als Nebel, noch eisiger als der Winter, noch brüchiger als Eis, noch trügerischer als die Donau, noch abrupter als der Kau­ kasus. Der Beweis? Er ist es, der mit seiner Blasphemie den wahren Prometheus zerstückelt, den allmächtigen Gott. Man vergleiche dieses barbarische Land mit Bestien, Markion ist noch hassenswerter. Gibt es irgendwo sonst einen solchen Selbstkastrator wie diesen pontischen Biber, der die Heirat ablehnt? Gibt es sonst einen Fresser wie diese pontische Maus, die die Evangelien zernagt? Hast du nicht, oh Pontus, eine Bestie hervorgebracht, die bei den Philosophen angesehener ist als bei den Christen? Denn jenes Hündchen Diogenes war begierig, einen Menschen zu finden, indem er am hellichten Mittag seine Laterne herumtrug. Markion hat, nachdem das Licht seines Glaubens verloschen ist, den Gott verloren, den er gefunden hat.»

Einen «Erstgeborenen des Satans» soll ihn Polykarp genannt haben (Eus. HE 4,14), und aus dem «pontischen Biber» und der «pontischen Maus» wird bei Eusebios (HE 5,13,4) der «pontische Wolf». Nicht nur in den Provinzen des Orients, sondern weltweit ist der Markionismus zu einer mächtigen Konkurrenzreligion des Christentums emporgestiegen. Eines ihrer Zentren im Orient war Edessa, wohin sich aus dem weit entfernten Phrygien der Bischof Aberkios aufmachte, um sie daselbst zu bekämpfen. Noch im 5. Jahrhundert waren ganze Dörfer Nordsyriens markionitisch (Theod. epist. 81). Als Stifter und Protagonisten neuen Glaubens treten Nachahmer Christi in Erscheinung: Neben Neupythagoreern wie Apollonios von Tyana inszenierten sich der Phryger Montanus und der Perser Mani wie der jüdische Messias als «göttliche Männer», Erleuchtete, Weissager und Heiler – für Kritiker wie Lukian (Alexandros) und Kelsos eine durchschaubare Scharlatanerie (Origenes, contra Celsum 7,9): «Sie pflegen zu sagen: ‹Ich bin Gott; ich bin der Sohn Gottes›; oder: ‹ich bin der heilige Geist; Ich bin gekommen, weil die Welt untergeht, und ihr, o Menschen, geht unter eurer Frevel wegen. Aber ich möchte euch retten›.» Sie treten als Lehrer einer der Allgemeinheit verborgenen Weisheit, als Prophezeier und Wunderwirker auf. Verwandt, und doch von ihnen zu unterscheiden, sind die etwas später aufkommenden, unten (S. 503–506; 521–529) noch zu besprechenden Anachoreten und Asketen insbesondere Ägyptens und Syriens. Diese

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wachsen sich vom Ende des 3. bis in das 6. Jahrhundert zu einem in der gesamten spätantiken Gesellschaft des Ostens endemischen Phänomen aus. Eine Montanismus303 genannte christliche Häresie geht auf einen Gründer des 2. Jahrhunderts n. Chr. zurück, trägt aber dessen Namen erst seit der Spät­ antike: Ursprünglich ist sie als «Neue Prophetie» bezeichnet worden (Tert. adversus Marcionem 3,24,4). Sie hat geradezu beängstigende Ähnlichkeit mit dem, was wir heute als religiösen Fundamentalismus bezeichnen würden. In der reinen Lehre, soweit bekannt, unterscheidet sie sich kaum von derjenigen der Mehrheitskirche, wohl aber in deren radikaler Auslegung für das diesseitige Leben. Charakteristisch sind neben der unmittelbaren Naherwartung des Weltuntergangs, einem prophetischen Enthusiasmus und einer starken Wundergläubigkeit ein asketischer Rigorismus, der jede Sinnesfreude schärfstens zurückweist. Ins Extrem führt die von Stoikern wie Epiktet und Marc Aurel (Epikt. 4,7,6; M. Aur. 11,3) als absurd getadelte Selbstanzeige montanistischer Christen mit dem Ziel des Märtyrertodes. «Dein Blut», so ein montanistisches Orakel, «ist der Schlüssel zum Paradies» (Tert. de anima 55,5). Der Gründer Montanus, aus dem mysischen Dorf Ardabau irgendwo in der Nähe der heutigen Stadt Uşak, hielt sich für ein Medium des Heiligen Geistes oder Geistes der Wahrheit, der von Gott auf Jesu Bitten zu den Menschen gesandt worden war (Jo 14,16 f. 26). Sein Auftreten wird um 170 n. Chr. datiert. In Ekstase versetzt, sprach er Prophezeiungen aus. Ursprungsort seines erfolgreichen Wirkens ist die mittelanatolische Landschaft Phrygien. Die gemäß Apokalypse 21,10 bevorstehende Herabkunft des himmlischen Jerusalem verlegt die montanis­tische Prophezeiung in einen einsamen Landstrich Phrygiens, den man, dem bib­ lischen Vorbild gemäß, von einem hohen Berg überschauen konnte. Namentlich genannt sind zwei Örtlichkeiten – Pepuza und Tymion.304 Die Bevölkerung Phrygiens und benachbarter Gebiete wie Paphlagonien, Pontos und Kappadokien galt in der Kaiserzeit als besonders empfänglich für Visionen, Zauber und Wunderwirken. Wir befinden uns in der Zeit des Marcus Aurelius, in der die große, von den Soldaten eingeschleppte Epidemie sich im ganzen Reich ausbreitete und ­einen erheblichen Teil der Provinzbevölkerung im Osten auslöschte. Montanus umgab sich mit Schülerinnen, Quintilla, Priscilla, Maximilla, Töchtern aus wohlhabenden Familien, die ihrerseits Prophezeiungen von sich gaben. Eine der Frauen soll behauptet haben, Christus habe sie, als sie in Pepuza schlief, in weiblicher Gestalt besucht, sie mit Wissen erfüllt und ihr den Ort als heiligen zu erkennen gegeben, wo Jerusalem herabkommen werde (Epiphanios, adversus haereses 49,1,3). Wegen der häufigen Zitate ihrer Weissagungen bei den Späteren hat man in der Forschung den Verdacht geäußert, besonders eine oder

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mehrere dieser Frauen hätten die Führungsrolle in der frühen Bewegung aus­ geübt. Montanus und die Frauen sollen Schriften verfasst haben (Hippolytos, refutatio omnium haeresium 8,19; Eus. HE 5,16,22). Auffallend ist auch, dass im Gegensatz zu Christinnen in der Mehrheitskirche Montanistinnen allem Anschein nach höchste Kirchenämter bekleideten.305 Ein frühes Zentrum der Sekte wurde das lydische Philadelpheia, wo eine gewisse Ammia und ein Quadratus weissagten. Auch die Stadt Thyateira trat zu dem neuen Glauben über (Epiphanios, adversus haereses 51,32 f.). Ankyra, die Hauptstadt der Provinz Galatia, wurde zur Hochburg des Montanismus (Eus. HE 5,16). Damit nicht genug: Zu Epiphanios’ Zeit fanden sich Bekenner von Konstantinopel bis Kilikien und Kappadokien (adversus haereses 48,14,2). Weiter östlich sind Gemeinden in Edessa und Nisibis, im Süden in Ägypten nachgewiesen.306 Der Montanismus gelangte schließlich wie der Markionismus auch in den Westen, nach Rom, Lyon und Karthago. Der Kirchenvater Tertullian von Karthago war 207 n. Chr. Montanist geworden und ist es bis ans Lebensende geblieben. Gegenoffensiven der Mehrheitskirche, Exkommunikationen und Exorzismen, bewirkten wenig. Im montanistischen Kultzentrum Pepuza standen noch im 5. Jahrhundert zwei den Prophetinnen Priscilla und Quintilla geweihte Kirchen (Liber Praedestinatus 1,27); erst im 6. Jahrhundert erfolgten die Ausrottung der montanistischen Reliquien, die ‹Säuberung› der heiligen Stätten der Gründer und die Verbrennung ihrer Bücher. Eine ebenso universale wie rätselhafte Erscheinung wird seit der Antike als «Gnosis» bezeichnet («Gnostizismus» ist kein antiker Begriff).307 Eigentliche Ausprägungen sind erst ab dem 2. Jahrhundert sichtbar, frühestens bei Schülern des schon genannten Simon Magus.308 Bis ins 20. Jahrhundert kannte man gnos­ tische Sekten und deren Gedankengut nur aus den Schriften der christlichen Widerleger, die einzelne oder mehrere von ihnen vom christlich-orthodoxen Standpunkt aus angriffen. Als Hauptquellen zu nennen sind etwa ein Irenaeus von Lyon, Justin der Märtyrer, Clemens von Alexandrien, Hippolytos von Rom und Origenes. Irenaeus sieht in seiner Schrift «Gegen die Häresien»309 die ärgsten Feinde in den Schülern eines Valentinus (Iren. 1 praef.; 1–8; 11,1), eines Ägypters, der im 2. Jahrhundert im Rom lehrte.310 Den ‹Valentinianern› entsprechend nennt die antike Literatur weitere, nach einem Gründer benannte Gruppen wie die Ququianer.311 Eine weltweit einheitliche Sekte von «Gnostikern» lässt sich nicht definieren, zumal schon das Wort: «Erkennende» in einer unspezifischen Bedeutung auf Anhänger verschiedener Denk- und Glaubensrichtungen im ­paganen, jüdischen und christlichen Milieu bezogen vorkommt.

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Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg kam mit dem oberägyptischen Fund der Nag-Hammadi-Bibliothek umfangreiches gnostisches Textmaterial in koptischer Sprache ans Licht, «eine Mixtur aus alternativen Evangelien und apokryphen Traktaten», etwa zwischen 1. und 4. Jahrhundert n. Chr. verfasst.312 Die Datierung und die Auslegung der Texte im Einzelnen sind umstritten. Die auf 13 Kodizes verteilten, insgesamt 52 Bücher mit Evangelien, «Taten der Apostel», Traktaten in Briefform, Apokalypsen, Gebeten und einer Schrift «Lehren des Zoroaster» enthalten zum Teil deviante und zu den kanonischen Bibeltexten geradezu konträre Glaubensinhalte, und sie stellen neben Jesus andere, ältere Offenbarer. Eigentümliche Bezeichnungen wie «Kinder des Brautgemachs» tauchen auf, oder Glaubensrichtungen wie der Sethianismus, der, benannt nach dem Sohn Adams Seth (Gn 4,25; 5,3), Uranfänge der Welt heilsgeschichtlich interpretiert.313 Sicher ist, dass solche Bücher auch von Christen aufbewahrt und gelesen wurden. Die Gnosis wird in der philologischen, theologischen, religionswissenschaftlichen und philosophischen Forschung der Neuzeit und Moderne anhaltend kontrovers diskutiert und zum Teil von eigenständigen theologisch-philoso­ phischen Entwürfen überlagert. Auch nach Nag Hammadi bleibt Gnosis ein «unklarer Begriff und ein dunkles Phänomen».314 Ausgeprägt in den meisten der Gnosis zugerechneten Lehren sind dualis­ tische und eschatologische Vorstellungen, die ihre Verwandtschaft mit den christlichen nicht verbergen können: Auf der einen Seite die immaterielle, transzendente Göttlichkeit: «Vernunft», «Geist», «Licht», «Wahrheit» (logos, nous, phos, aletheia), auf der anderen Seite die sichtbare, materielle, körperliche Welt. Das Problem, wie die Welt entstanden ist, findet verschiedene Lösungsversuche; charakteristisch ist eine allegorische Ausdeutung von Genesis 1–3: Die Erschaffung dieser Welt ist eine Art Betriebsunfall oder der böswillige Akt einer von der Göttlichkeit abgefallenen, kosmischen Macht beziehungsweise eines dem Transzendenten untergeordneten Gottes  – eine präkosmische Katastrophe. Dieser fehlerhafte, auch böse Schöpfer der Welt wird mit dem Begriff des platonischen ­Timaios als «Handwerker» (demiurgos) bezeichnet. Das Fehlerhafte / Böse existiert als eigenständige Gegeninstanz mit weiteren Emanationen göttlicher Kräfte, nachdem es – einer Erzählung zufolge – von der ursprünglichen Göttlichkeit wie von einer reinen Quelle abgeflossen und verdorben – eingetrübt worden ist. Der Mensch hat ein unsterbliches, himmlisches Urbild, männlich und weiblich zugleich, an dem beide Göttlichkeiten beteiligt sind. Ein Funke der höchsten Göttlichkeit, das pneuma, lebt noch in der Seele des sterblichen Menschen, eingemauert im Körper wie in einem Gefängnis, in das es nicht eigentlich gehört, in das es von außen hineingeraten ist. Mithin existiert im Menschen ein mit dem

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Göttlichen wesensgleicher, mit diesem stets verbundener Partikel. Er kann durch den gottgeschickten Erlöser, eine weitere Emanation der Göttlichkeit, wie aus einem Exil befreit werden und in Eins mit dem Göttlichen zurückkehren wie in eine Heimat. Voraussetzung ist die «Erkenntnis» (gnosis) dieses Zustandes. Der Gnostiker erfährt sein In-der-Welt-Sein als Fremde. In der Verneinung des Körperlichen, ja von allem, was von der Welt ist, liegt der Zündfunke eines radikalen Asketismus, dem wir später in anderen Kontexten noch begegnen werden. Man erkennt für derartige Vorstellungen verschiedene vorchristliche Wurzeln, eine der stärksten im Platonismus, daneben aber auch alttestamentliche und spätjüdische Glaubensinhalte, hellenistische Spielarten des Zoroastrismus, wie sie etwa in Plutarchs Schrift de Iside et Osiride vorkommen. Freilich sind das nur grobe Beschreibungen einer sich ausdifferenzierenden breiten religiösen Strömung mit ihren zahlreichen Nebenflüssen. Eine Kanonisierung gnostischer Lehren ist, wenn es sie denn je gegeben hat, nicht fassbar. Allem Anschein nach hat sich auch nirgendwo eine kirchliche Organisation herausgebildet. Manches mit der Gnosis assoziierte Gedankengut überdauerte bis ins europäische Mittelalter, wieder anderes kommt bei religiösen Minderheiten im Orient noch in der Gegenwart vor.315 Ein «Gnostizismus» hat im 19. und 20. Jahrhundert schon vor dem Fund der Nag-Hammadi-Traktate esoterische Theosophen, Anthroposophen und Philosophen fasziniert. Die ägyptischen Funde inspirierten erneut etwa Seelenkundler der C.-G.-Jung-Schule und ließen den deutschen Philosophen Sloterdijk von «unverwirklichte[n] Möglichkeiten des ‹westlichen Geistes›» und «verlorene[n] Briefe[n] an die Nachwelt […] wie Geheimpapiere des Weltgeistes, versteckt vor den Drohungen der christlichen Zensur, versehen mit dem unsichtbaren Vermerk: ‹aufbewahren für alle Zeiten›» sprechen und fragen: «Ist Christentum vielleicht nicht Platonismus für das Volk, wie Nietzsche gesagt hatte, sondern Gnosis für das Volk?»316 Während Markion, Montanus und Gnostiker wie Bardaiṣan sich als Christen verstanden, trifft das auf die herausragende Gestalt des Persers Mani nicht zu, der, obwohl er sich in einem Brief als Apostel Christi bezeichnet, explizit eine neue Weltreligion gründen wollte, die Christentum, Zoroastrismus und Buddhismus vereint.317 Mani war – wie Markion – bis ins 20. Jahrhundert vor allem aus den Schriften seiner christlichen Widerleger bekannt, nach Ephraem dem Syrer besonders aus den von einem Anonymus verfassten acta Archelai (spätes 4. / frühes 5. Jh. n. Chr.). Die Publikation der Papyrusfunde der Bibliothek von Medinet Madi und des Kölner Mani-Kodex, beide aus Ägypten, bereitete der

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Abb. 84: Bruchstück des Kölner Mani-Kodex

Wissenschaft eine völlig neue Quellengrundlage (Abb. 84). Der Pergament-­ Kodex enthält eine Schrift, die ans Ende des 4. oder ins 5. Jahrhundert zu datieren und wohl um die Mitte des 4. Jahrhunderts in Ägypten aus dem Syrischen ins Griechische übersetzt worden ist. Der Titel lautet wörtlich: «Über das Werden seines Leibes». Die Biographie ist von einem Kompilator aus größeren und ­kleineren Partien, die in chronologischer Reihenfolge jeweils unter dem Namen eines Gewährsmannes erscheinen, zusammengefügt worden. Die Gewährsmänner ihrerseits hatten gesammelt und in ihren Werken berichtet, was sie über das Leben des Religionsstifters und seine Selbstaussagen erfahren hatten. Mani selbst hat keine Autobiographie verfasst, obgleich er sich mündlich und schriftlich über sein Leben geäußert und seine Schüler angehalten hat, seine Worte aufzuzeichnen. Mehrere von ihm verfasste Werke sind bekannt. Die Erforschung steht noch in den Anfängen; für sie sind «griechische, lateinische, ­syrische, koptische, vier persische Dialekte, arabische, türkische (uigurische) und chinesische Textkenntnisse erforderlich».318 Im Jahre 216 in Seleukeia-Ktesiphon geboren, soll Mani zuerst Anhänger ­einer jüdisch-christlichen Täufersekte in Südbabylonien gewesen sein, gegründet von einem gewissen Alchaisios. Durch die Vision eines himmlischen Zwillings (syzygos) wird er dazu berufen, eine eigene Lehre zu predigen: «Das sprach also der Allerherrlichste zu mir: ‹Du bist nicht nur zu dieser Religion ausgesandt worden, sondern zu jedem Volk, jeder Schule, jeder Stadt und jedem Ort;

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denn [von dir] wird [diese] Hoffnung in allen [Zonen] und Gegenden [der Welt] erklärt und verkündet werden. In sehr großer Zahl werden [Menschen] dein Wort aufnehmen. Darum tritt hervor und zieh umher; denn als dein Helfer und Beschützer werde ich an jedem Ort bei dir sein, an dem du alles verkündest, was ich dir offenbart habe.›»319

Gewalttätigen Anfeindungen der Täufer zum Trotz hielt er an seiner Bestimmung fest. Missionsreisen bis nach Indien werden beschrieben, auf denen er als Heiler und Wundertäter auftritt. Der Sasanidenkönig Schapur I. habe ihm die Erlaubnis erteilt, seine Lehre im Reich zu verbreiten. Mani huldigte ihm in einer auf Mittelpersisch verfassten Schrift Schapuragān (Schapur-Buch). Die Mission erstreckte sich nicht nur auf das Sasanidenreich und dessen östliche Nachbar­ gebiete, sondern wirkte nach Westen in die römischen Provinzen: Noch vor der Mitte des 3. Jahrhunderts sandte Mani Missionare nach Ägypten und Syrien. ­Unter Bahram I. (274–277) sei er in Ketten gelegt worden und ca. 276 / 77 ver­ storben. Anscheinend hatte sich am Hofe der zoroastrische Klerus gegen seine Verteidiger durchgesetzt. Seine Leiche habe man an ein Stadttor von Ktesiphon genagelt. Seines Todes wird unter seinen Anhängern durch ein jährliches Fest gedacht, wie es die Christen mit Ostern haben. Die Lehre ist ein radikaler Dualismus, der sich vom gnostischen Typus dadurch unterscheidet, dass es nicht den einen obersten Gott gibt: Ursprünglich ist Licht auf der einen, Finsternis auf der anderen Seite. Hier das Gute und Geistige, dort das Böse und Materielle. Die materielle Welt und alles Körperliche in der Welt wie der Mensch entstanden durch Vermischung der Finsternis mit dem Licht  – einer präkosmischen Manifestation der Unreinheit. Wie das vor sich ging, ist eine komplexe Erzählung vom Kampf zweier Gegner auf Augenhöhe – nicht eines über- und eines untergeordneten Gottes. Von der Finsternis angegriffen, schickt der Lichtgott seine Söhne zur Abwehr. Diese geraten in des Gegners Gefangenschaft, aus dessen Körperteilen die materielle Welt gebaut ist. Doch die Glieder der Söhne sind wie Lichtpartikel in der Welt verteilt, ihre Errettung und Befreiung sieht der Heilsplan vor. Zu dessen Ausführung müssen die Lichtpar­ tikel zunächst durch Ejakulation im Sexualakt einer männlichen mit einer weiblichen Zwischeninstanz ausgestoßen werden. Daraus entspringt schließlich der durch den unreinen Akt befleckte Mensch, in dessen Seele indes noch ‹reine› Lichtpartikel existieren. Bei seinem Tod entscheidet das Gericht, ob sie, von Himmelskörpern hinaufgetragen, an einem paradiesischen Ort verharren dürfen, um am Ende der Welt mit dem ewigen Licht vereint zu werden, oder ob sie in die Hölle gehen und beim Weltuntergang auf ewig in einem klumpenartigen Gefängnis eingeschlossen bleiben.

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Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Elemente altmesopota­ mischer Kosmogonie nach mehr als 2000 Jahren wiederkehren. Uriranische Ideen von einem mit Göttlichem beseelten Menschen, das, hinabgestiegen ins körperliche Verlies, einst wieder zum Licht zurückkehrt, sind postuliert worden.320 Zoroastrische und christliche Theologie, stoisches und gnostisches Gedankengut fließen ein. Dem System entspricht eine radikale Ethik: Pflanzen, Tiere, Wasser sind wegen der in ihnen enthaltenen Lichtpartikel verletzlich, ein abgerissener Zweig schreit seinen Schmerz heraus. Sich an ihnen zu vergreifen ist den Auserwählten (electi), die wie Mani selbst über die höhere Erkenntnis verfügen, verboten. Diese, in Weiß gekleidet, entsagen nicht nur dem Fleisch- und Weingenuss, dem Geschlechtsverkehr, sondern überhaupt jeder Zubereitung von pflanzlicher und tierischer Nahrung. Das übernehmen für sie die ‹Hörer› (audi­ tores), eine den Bauern und Handwerkern im platonischen Staat entsprechende niedere Klasse. Ihre Versorgung der Auserwählten wird ihnen mit dem Versprechen entlohnt, von ihren Sünden entlastet zu werden und zu den Auserwählten aufsteigen zu können. Mani selbst verstand sich als ein Erleuchteter, der die ganze Welt zu bekehren trachtete. Er trumpft damit auf, alle Vorgängerreligionen, die nur jeweils auf ein Land und eine Sprache beschränkt gewesen seien, in die seinige aufgenommen und sozusagen vollendet zu haben; seine Lehre habe als einzige keine Landesund Sprachgrenzen, sondern sei über alle Länder und in allen Sprachen verbreitet, die alleinige wahre Weltreligion.321 Während sich die neue Lehre nach Osten entlang der Seidenstraße bis nach China ausbreitete,322 errang sie im römischen Orient einen für das schon verwurzelte Christentum beunruhigenden Erfolg. Eine Schlüsselrolle scheint wiederum Edessa gespielt zu haben. Der Kölner ­Kodex enthält den Auszug aus einem Brief Manis an die Bürger von Edessa: «Die Wahrheit und die Geheimnisse, die ich ausspreche, ebenso das Auflegen der Hände [gleichbedeutend mit Heilkunst], das mir eigen ist, habe ich nicht von Menschen gelernt noch von weltlichen Wesen, auch nicht vom Bücherlesen. Sondern mein höchst gesegneter Vater nahm mich in seine Gnade auf und wollte nicht, dass ich und die anderen in der Welt untergehen. Er sah auf mich voller Mitleid und beabsichtigte, denen wohl zu tun, die für die Auswahl durch ihn reif geworden waren, und in seiner Gnade nahm er mich aus dem Kreis der Menge derer heraus, die die Wahrheit nicht kannten. Er öffnete mir seine Geheimnisse und jene seines reinen Vaters. Er machte mir klar, wie sie vor der Erschaffung der Welt existierten, und wie die Grundlagen von allen Dingen, Gut und Böse, gelegt wurden.»323

In Ägypten fasste der Manichäismus rasch Fuß, und schon etwa zwischen 277 und 297 schrieb ein Alexander von Lykopolis, der im Manichäismus eine christ-

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liche Lehre erblickte, eine Schrift «Gegen die Lehrsätze des Manichaios».324 Kaiser Diokletian wollte sie 297 verbieten. Für Eusebios (HE 7,31) war Mani «der Wahnsinnige» (griechisch: maneis): «[…] benannt nach seiner vom Teufel besessenen Häresie, mit der Waffe der Geistesverwirrung. […] Ein Barbar in seiner Lebensführung nach Sprache und Sitte, war er seinem Wesen nach teuflisch und wie rasend. Was er erstrebte, war dementsprechend. Er suchte Christus zu spielen. Bald gab er sich selbst, aufgeblasen in seinem Wahnsinn, als den Tröster und den Heiligen Geist aus, bald erwählte er wie Christus zwölf Jünger zu Genossen seiner Neuerung. Seine falschen und gottlosen Lehrsätze trug und flickte er aus zahllosen, längst erloschenen gottlosen Häresien zusammen und goss sie von Persien aus wie ein tödliches Gift über unser ganzes Reich aus. Seitdem ist der ruchlose Name der Manichäer allgemein bekannt bis auf den heutigen Tag.»

Im Westen fand der Manichäismus bis in die frühe Neuzeit trotz harscher Gegenmaßnahmen der katholischen Kirche Anhänger. Augustinus war mehrere Jahre lang Manichäer. Die nach dem Fürsten Bogomil (Theophilos) benannten Bogomilen, eine neomanichäische Sekte, hat sich in Bosnien als halboffizielle Kirche bis zur osmanischen Eroberung halten können. All diesen aus verschiedenen Wurzeln und Abzweigen wachsenden und doch im Aufglühen neuer Religiosität einander verwandten Strängen zeitgleich gegenüber verharrt die alte Welt des städtischen Pantheons hellenistisch-römischer Provenienz. Hat auch sie noch einen verbreiteten Glauben gefunden? Jenseits der unfrommen Loyalitätsreligion im Kaiserkult und in der Ver­ ehrung der kapitolinischen Staats-Trias sind Belege für religiöses Empfinden im Polytheismus, für die Frömmigkeit gegenüber den alten Göttern durchaus zu finden. Freilich scheint die Ja-sagende Ehr-furcht vor der anthropomorphen Schönheit, Kraft und Vitalität der in Tempeln wohnenden, auf Gipfeln, in Meeren, Flüssen, Höhlen und Bäumen heimischen und in Epiphanien mit Blitz und Donner herab- und hereinbrechenden Göttinnen und Göttern der gläubigen Hinwendung zum ‹Einen› und ‹Höchsten›, gänzlich andersartigen Göttlichen, das mit Licht, Logos, Geist umschrieben ist, gewichen zu sein. Für den Durchbruch zur Toleranz des Christentums steht weltgeschichtlich der Name Konstantin.325 Seinem Sieg an der Milvischen Brücke im Zeichen des Christus vorausgegangen war ein Edikt des Galerius, das im Osten in Niko­ medeia am 30. April 311 bekannt gemacht wurde (Lact. mort. pers. 34–35,1; Eus. HE 8,17). Gleichwohl haben hier und anderswo in der Diözese Oriens Repressionen gegen Christen unter Maximinus Daia noch nicht aufgehört (Eus. HE 9,9).326

Menschenliebe und Glaubenskämpfe

Art und Umstände von Konstantins Konvertierung zum christlichen Glauben werden kontrovers diskutiert. Der Sieger von 312 jedenfalls hat die entscheidende Wende eingeleitet, die sein Biograph, der Kirchenhistoriker Eusebios, mit einer Rhetorik feierte, die diese Wende geradezu als Vorwegnahme eines christlichen Imperiums erscheinen lässt.327 Im Jahre 313 erließen Konstantin und Licinius das Mailänder Edikt zur Duldung des corpus Christianorum (Lact. mort. pers. 48,2 ff.; Eus. HE 10,5). Eine ganze Reihe von Entscheidungen folgte, die die Christen begünstigte. 318 wurde den Bischöfen in zivilen Streitfällen die Gerichtsbarkeit zugestanden, 319 der christliche Klerus von allen Steuern befreit, 321 das Asylrecht von Tempeln auf Kirchen übertragen. Wenn Konstantin im selben Jahr den «Tag des Sol» (dies Soli) zum gesetzlichen Ruhetag erklärte, so wird das von Eusebios (vita Const. 4,18–20) irreführend als christlicher Feiertag interpretiert. Als eindeutig antiheidnisch lassen sich weitere Maßnahmen ganz und gar nicht erweisen, wenn auch der Kaiser schon 314 in einer Rede vor Christen in Trier (ad sanctorum coetum) den heidnischen Glauben mit markigen Worten diffamiert und sich selbst als davon befreit und geheilt bezeichnet hatte.328 Schon in den drei Jahrhunderten vor dem Durchbruch zur Toleranz hatte sich eine wesentlich an den kommunalen, provinzialen bis reichsweiten politischen Strukturen ausgerichtete Selbstorganisation der Christen entwickelt. Den Zusammenkünften in Privathäusern zur Unterweisung seitens der reisenden Apostel, Lehrer und Propheten, darunter auch Frauen, der kollektiven Vorrangstellung der ortsansässigen «Ältesten» (presbyteroi) waren die Gemeinschaften dauerhaft leitende, einzelne «Aufseher» (episkopoi) gefolgt. Gott, Christus und dem Apostelkollegium entsprechend sollte die Trias episkopos, presbyteroi, diakonoi abgestuft sein. Hierarchien von Wortführern und Dienstleistenden differenzierten sich weiter aus. Kirchenbauten und Altäre bildeten die Mittelpunkte der Glaubens­ gemeinschaften, doch fanden auch Versammlungen mit Gebeten, Hymnensingen etc. im Freien statt. Auf Synoden der Bischöfe beanspruchten die Vertreter der nach dem Muster der römischen Provinzordnung ranghöheren Metropolen die Führungsrolle. Erst im 4. Jahrhundert n. Chr. begann der Trend, den Bischöfen von Rom, Alexandreia und Antiocheia eine den sonstigen Metropoliten noch übergeordnete Rangstellung zu geben. Auf dem Konzil in Konstantinopel 381 wurden die Diözesen Thrakien mit Sitz in Herakleia, Pontus mit Sitz in Kaisareia und Asia mit Sitz in Ephesos Exarchen unterstellt. Auf dem Konzil von Chalkedon 451 wurden diese Diözesen unter dem Patriarchat von Konstantinopel zusammengefasst. Der Patriarch von Konstantinopel stand jetzt an zweiter Stelle ­ frika), hinter Rom und vor den Patriarchen von Alexandreia (zuständig für ganz A

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III.  Oriens Romanus

Abb. 85: Mušabbak, Nordsyrien, frühchristliche Kirche

Antiocheia (Oriens) und Jerusalem (Heiliges Land). Ab dem 11. Jahrhundert n. Chr. existierte die Theorie einer gleichrangigen Fünfherrschaft (Pentarchie) der Patriarchate. Vom Zeitalter Konstantins an findet besonders im Erscheinungsbild der u ­ rbanen Zentren, aber auch in ländlicher Umgebung des römischen Orients eine bedeutende Transformation statt, in der christliche Bauwerke hervortreten.329 Sie begannen, den öffentlichen Raum zu dominieren. Der Sieg der Weltreligion wird überall sichtbar, oder, wie es der Archäologe Gunnar Brands ausdrückt: «Auch wenn es mittlerweile keines weiteren Wortes mehr bedarf, dass die Christianisierung des Stadtbildes weit mehr umfasste als nur die Errichtung von Sakralbauten, dürften Kirchen auch für die meisten Zeitgenossen eines der am deutlichsten fassbaren Zeichen des neuen Zeitgeistes gewesen sein.»330 Die bisher älteste archäologisch nachweisbare Kirche (Mitte 3. Jh.) ist das schon genannte Haus in Dura Europos. Als vorkonstantinische Kirche gilt auch die einfache Halle von Quirk Bize in Nordsyrien. Konstantin selbst rief ein umfangreiches Bauprogramm ins Leben. Repräsentative Monumentalbauten sollten – außer des Kaisers neue Hauptstadt  – die Residenzen Jerusalem, Antiocheia, die Stätte der ­Geburt Jesu, Bethlehem, und andere Orte wie Tyros, Mamre / Ramat el-Khalil (wo Gott zu Abraham sprach) schmücken. Syrien / Palästina scheint bei den extravaganten Bautypen impulsgebend

Menschenliebe und Glaubenskämpfe

Abb. 86: Qalb Lauza, Nordsyrien, frühchristliche Kirche

g­ ewesen zu sein, etwa mit den konstantinischen Werken der Anastasisrotunde (der Grabeskirche) von Jerusalem, der oktogonalen, «goldenen» Kuppelkirche von Antiocheia, oder den im 5. Jahrhundert aufkommenden Tetrakonchen in ­Seleukeia Pieria,331 Apameia und Sergiopolis. Die kreuzförmige Basilika der Apostelkirche Konstantins in der Hauptstadt scheint das Vorbild für die Kirche des Märtyrers Babylas in Antiocheia gewesen zu sein. Ein vorzüglich erhaltener Bau in Mušabbak, Nordsyrien, gibt das Beispiel eines seit dem 4. Jahrhundert weit verbreiteten Typs der dreischiffigen Säulenbasilika, der in den Weitarkadenbasiliken von Qalb Lauza, der Bizzoskirche von Ruweiha und der Basilika A von Sergiopolis Fortsetzung fand (Abb. 85–86). Ländliche Räume wie das syrische Kalksteinmassiv, Zentralphrygien oder die kilikische Südküste in Kleinasien sind gebietsweise noch heute mit teils in den Grundmauern erhaltenen, teils aufrecht stehenden Ruinen frühchristlicher Kirchenbauten übersät. Ein ehrgeiziger Bauherr war Justinian, der nicht nur die weltberühmte, heute wieder in eine Moschee verwandelte Sophienkirche errichten ließ, sondern auch Großbauten für die Gottesmutter in Theodosiopolis (Erzurum) (Prok. aed. 3,4,12), für Johannes in Ephesos und für die Gottesmutter in Jerusalem (aed. 5,6,1–26). Bis in die Zeit der arabischen Eroberung waren Kirchenbauten verbreitet vom Kaukasus im Norden bis nach Äthiopien und Jemen im Süden sowie bis in den sasanidischen Iran im Osten.

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III.  Oriens Romanus

Der weltweite Sieg der orientalischen Sekte bleibt eines der großen Rätsel für die historische Forschung. In der europäischen Gelehrtentradition hat sich des Themas lange Zeit die Theologie bemächtigt. Durchbrüche zu einer von Glaubensfragen distanzierten Betrachtung erzielte sie selbst. Noch im 19. Jahrhundert schlug deviante Auslegung der Geschichte emotionale Wellen in der breiten Bevölkerung: Als David Friedrich Strauß, Verfasser eines Buches über das Leben Jesu, auf den Theologischen Lehrstuhl berufen wurde, brach in Zürich ein Volksaufstand aus, über den nicht nur die Zürcher Regierung stürzte, sondern regelrechte Straßenschlachten mit mehreren Toten entbrannten. Sie sind unter dem Begriff «Züri-Putsch» in die Geschichte eingegangen, wobei das schweizerdeutsche Wort «Putsch» (was ursprünglich soviel bedeutet wie «Stoß») ins Deutsche allgemein als Bezeichnung für «Aufstand» eingegangen ist. Strauß wurde sofort nach seiner Berufung in Pension geschickt, mit 1000 Franken Jahresgehalt. Er hat nie wieder eine Professur erhalten.

IV.  Kreuz gegen Feueraltar

1. Homoios oder homoousios Streit um die Natur Christi Kreuz IV.  Feueraltar Streit umgegen die Natur Christi

Nach der Wende zum Sieg des Christentums unter Konstantin brachen in theoretischen wie praktischen Fragen erbitterte Streitigkeiten auch in der sogenannten Mehrheitskirche auf. Die Bruchlinien künftiger Kirchenspaltungen zeichneten sich ab. In der krisenhaften zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, als die Weltstadt Antiocheia am Orontes zweimal von Schapur I. eingenommen, schweren Zerstörungen ausgesetzt wurde und schließlich unter die Kontrolle der Palmyrener geriet, wirkte in der Stadt als Bischof eine schillernde Gestalt der frühchristlichen Geschichte: Paulus von Samosata (Eus. HE 7,27–30).1 Er übte außer dem Bischofsamt die Funktion eines procurator ducenarius aus und war mithin für die Steuereinziehung verantwortlich. Zum ersten Mal scheint es auf einer Synode, bei der zahlreiche Bischöfe aus Kleinasien, Syrien und Arabien anwesend waren, zu Auseinandersetzungen um die Natur Christi gekommen sein, in denen Paulus gegen einen gewissen Malchion, den Direktor einer Rhetorenschule, auftrat. Die Disputation wurde mitstenographiert, und der Text war zu des Kirchenhistorikers Eusebios Zeiten noch erhalten. Paulus vertrat die provokante These, Christus sei seiner Natur nach ein gewöhnlicher Mensch gewesen. Damit jedenfalls erregte er bei den Bischöfen derartiges Missfallen, dass man in einem Brief an den Bischof von Rom seine Exkommunikation forderte. Der Brief beklagt ausführlich das öffentliche Auftreten und den Lebenswandel des Bischofs (Eus. HE 7,30, übers. Haeuser): «Da er von der Glaubensregel abgefallen […], steht er außerhalb der Kirche, und es ist nicht unsere Pflicht, ein Urteil zu fällen, dass er, der früher arm und unbemittelt war und weder vom Vater ein Vermögen geerbt noch sich durch ein Handwerk etwas erworben, nunmehr zu übermäßigem Reichtum gelangt ist durch gesetzwidrige Taten und Kirchenraub und gewaltsame Forderungen gegenüber den Brüdern. Auch brauchen wir nicht darüber zu urteilen, dass er nach Hohem trachtet und aufgeblasen ist, weltliche Ehrenstellen bekleidet und lieber ducenarius sich nennen lässt als Bischof,

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

stolz auf den Marktplätzen einherschreitet, öffentlich im Gehen Briefe liest und diktiert, von zahlreichem Gefolge umgeben […]. So ließ er sich im Gegensatze zum Jünger Christi eine Tribüne und einen hohen Thron errichten. […] Er schlägt mit der Hand an den Schenkel und stampft mit den Füßen auf die Tribüne. Und diejenigen, die ihm nicht Beifall spenden und mit Tüchern zuwinken wie in den Theatern, nicht lärmen und aufspringen gleich seinem männlichen und weiblichen Anhange, tadelt und beschimpft er. Über bereits verstorbene Ausleger des Wortes höhnt er in ab­ stoßender Weise bei öffentlicher Versammlung, während er sich selbst in einer Weise überhebt, als wäre er nicht Bischof, sondern Sophist und Marktschreier. Die Psalmen auf unseren Herrn Jesus Christus verbot er, lässt auf sich selbst aber durch Frauen ­inmitten der Kirche am großen Ostertage Lieder singen, bei deren Anhören man sich entsetzen möchte. […] Wie könnte er einen anderen tadeln und verwarnen, dass er fürderhin mit keinem Weibe mehr zusammenkomme, er, der wohl eine Frau entlassen, dafür aber zwei blühende und wohlgestaltete Frauen bei sich hat und sie auch auf Reisen mitführt in Schwelgen und Völlerei?»

Paulus wurde exkommuniziert, aber er weigerte sich abzutreten und fand Rückhalt bei den Palmyrenern. Antiocheia hatte zum ersten Mal zwei rivalisierende Bischöfe. Nach der Einnahme der Stadt durch Aurelian ging Paulus nach Palmyra. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Es ist dies ein frühes Beispiel für unzählige Streitigkeiten und Konkurrenzen um die Besetzung von Bischofsämtern, die oft in raschem Wechsel aufeinanderfolgte. Persönliche Animositäten gingen mit theologischen Dissenzen und politischen Intrigen einher. Als Anhänger und Nachfolger des Paulus machte sich ein gewisser Lukianos einen Namen (Theod. hist. eccl. 1,4,35). Er soll Lehrer einer Gruppe von jungen theologischen Avantgardisten gewesen sein, die später zu den führenden Arianern gehörten (Philostorgios 2,14–15): Eusebios von Nikomedeia, Maris von Chalkedon, Theognis von Nikaia, Athanasios von Anazarbos, Leontios und ­Eudoxios von Antiocheia. Ob der Arianismus aus dieser Schule hervorging, ist in der Forschung umstritten.2 Der eigentliche Beginn der Kontroverse um diesen Areios ist etwa 318 /19 n. Chr. in Alexandreia anzusetzen. Areios, Presbyter unter einem Bischof ­namens Alexander, geriet mit seinem Vorgesetzten in Streit und musste, exkommuniziert, die Stadt verlassen. Er fand jedoch Anhänger, außer dem berühmten Kirchenhistoriker Eusebios, Bischof von Caesarea in Palästina, den Bischof von Nikomedeia in Bithynien. Soweit sie sich rekonstruieren lässt, bestand die Auffassung des Areios darin, den christlichen Gott wesensmäßig von einem ihm ­untergeordneten Christus zu trennen. Gott sei transzendenter logos: unkörperlich, zeitlos, «ungeworden» (agennetos), ewig und unveränderlich. Gott habe den Sohn aus dem Nichts geschaffen. Dieser sei vom Vater verschieden, existiere

Streit um die Natur Christi

«­ geworden» in der Zeit. Er sei jedoch insofern einzigartig und stehe über dem Menschlichen, als Gott ihn vollkommen und unsterblich gemacht habe. Die erste Verurteilung dieser Lehre als Häresie fand schon ein halbes Jahr vor dem berühmten Konzil von Nikaia 325 in Antiocheia statt. Mit dem Namen ­Areios verbunden, hat diese später Arianismus genannte Doktrin genügend Resonanz gefunden, um Kaiser Konstantin zur Einberufung jenes Konzils nach Nikaia in Bithynien zu veranlassen, das zum historischen Markstein und Erinnerungsort des Weltchristentums werden sollte. Es fand im Kaiserpalast statt. Über 250 Bischöfe aus aller Welt kamen zusammen (Eus. vita Const. 3,8), 100 davon allein aus Kleinasien, Bischöfe der Goten, Perser, Araber und ein Armenier, nur sieben Bischöfe aus dem Westen; Silvester, der Bischof von Rom, schickte einen Vertreter. Gegen den abwesenden Areios trat hier zuvorderst der Diakon Athanasios auf. Areios wurde verurteilt. Als zu geltendes Dogma wurde beschlossen, was als «Nizänum» Schule machen, gleichwohl heftig umstritten bleiben sollte: Gott­ vater und Sohn seien «wesensgleich» (homoousios), nicht nur «gleichartig», «ähnlich» (homoios). Christus sei «Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater».3 Unter den weiteren Beschlüssen (kanones) des Konzils von Nikaia ist einer der Einsetzung von Bischöfen gewidmet (Anonymus von Kyzikos, historia ecclesiastica 2,32,4, übers. Hansen): «Ein Bischof muss vorzugsweise von allen Bischöfen der Provinz eingesetzt werden. Wenn dies wegen dringender Notwendigkeit oder wegen weiter Wege Schwierigkeiten macht, sollen jedenfalls drei zusammentreten, wobei auch die Abwesenden sich an der Wahl beteiligen und schriftlich zustimmen, und dann die Ordination vollziehen. Die Entscheidung über die Vorgänge soll in jeder Provinz dem Metropoliten zustehen.»

Bischöfe, Presbyter, Diakone und sonstige Angehörige des Klerus dürfen die Gemeinden, in denen sie befördert wurden, nicht verlassen und in eine andere Stadt überwechseln (ebenda 2,32,15 f.). Dem Kanon gebührt insofern Beachtung, als in den folgenden innerkirchlichen Streitigkeiten immer wieder Bischöfe – unter ihnen Athanasios von Alexandreia und Eunomios von Kyzikos oder dessen Gegner Gregor von Nyssa – mit der Begründung abgesetzt und angeklagt wurden, sie seien gegen das Recht erwählt worden. Dasselbe Konzil ergab eine Steigerung der ekklesiastischen Bedeutung Antiocheias: Im 6. Kanon erhielt die Stadt wie Rom, Alexandreia und Jerusalem ­einen über die Bischofssitze der Provinzhauptstädte (metropoleis) herausragen-

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

den Rang. Theologische Begründung war der apostolische Ursprung der Ortskirche. Ausgerechnet in Antiocheia aber sollten Jahrzehnte später die schärfsten Gegner des Nizänums auftreten. Ihren hartnäckigsten, seinerseits heftigst angefeindeten Vorkämpfer fanden die Nizäner zuvorderst in dem Alexandriner Athanasios. Die ekklesiastische Karriere dieses Mannes gleicht einer Achterbahnfahrt zwischen Gipfeln und Abgründen: Offenbar gegen die oben zitierte kanonische Vorschrift zur Einsetzung von Bischöfen gelangte er drei Jahre nach Nikaia auf den Stuhl seiner Heimatstadt Alexandreia, den er unter zum Teil dramatischen Umständen fünfmal verlor und ebenso viele Male wiedergewann, bis er 373 im Amt verstarb. Die Gegner in seiner Heimat, die sich zu den radikalen Ansichten des Bischofs von Lykopolis Melitios bekennenden «Melitianer», bezichtigten ihn des Verrats und des Mordes. Prozesse endeten ohne Verurteilung. Von Athanasios ist ein umfangreiches Œuvre theologischer Schriften und Briefe überliefert, einige in orientalischen Sprachen, andere sind als unecht erwiesen.4 Nikaia und spätere Synoden vermochten den Arianismus nicht auszulöschen. Schon Konstantin rehabilitierte Areios. In der Folgezeit standen sich im Wesentlichen zwei Denkrichtungen gegenüber, deren eine die Identität, die andere die Verschiedenheit von Gott-Vater und Gott-Sohn betonte. Freilich sind die Anhängerschaften beider in sich uneinheitlich, so dass die Bezeichnung «Arianer» für die eine Seite insofern zu pauschal ausfällt, als auf ihr verschiedene Modifikationen von Areios’ Meinung vertreten wurden.5 Die moderne Forschung bevorzugt den Begriff «Homoier» statt «Arianer», um die ­wesentliche Differenz zu den nizänischen und neunizänischen «Homoousiern» zu bezeichnen. Natürlich gab es Übertritte. So ist zum Beispiel Eusebios von Caesarea, anfangs Homoier, bereits in Nikaia zum nizänischen Glaubensbekenntnis umgeschwenkt. Eine in der Forschung als «Mittelposition» bezeichnete Strömung unter den Homoiern bestand zwar auf der Verschiedenheit der Hypostasen (der einzelnen Personifizierungen der übergeordneten Wesenheit) Vater, Sohn und Heiliger Geist, betonte jedoch ganz besonders Christi Eigenschaft, ein vollkommenes «Abbild» (eikon) des Vaters zu sein. An die Stelle von «wesensgleich» sollte die Bestimmung von «wesensähnlich» (homoiousios) treten. Andere wiederum weigerten sich, die im Nizänum gültige Wesensgleichheit von Vater und Sohn auch auf den Heiligen Geist auszudehnen. Man nennt sie «Geistbekämpfer» (Pneumatomachen). Entgegen den Kompromisse suchenden Tendenzen radikalisierte sich wiederum eine arianische Auffassung: Eudoxios aus Kleinarmenien, zunächst Bischof von Germanikeia in Kommagene, lehrte als Bischof in Anti­ocheia, Gott und

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Nachkonstantinische Provinzordnung und Sasanidenkriege

Christus seien weder «wesensgleich» (homoousios) noch «ähnlich» (homoios), sondern «unähnlich» (anhomoios). Er wandte sich als Bischof von Konstantinopel aber von diesem Dogma wieder ab.6 Auch der Syrer Aetios, Erzieher Julians und ebenfalls Bischof von Antiocheia, bestritt jede Teilhabe des erzeugten Gottes­ sohnes am Wesen des Vaters.7 Sein Schüler, der Kappadokier Eunomios,8 für kurze Zeit Bischof von Kyzikos, verteidigte diese Lehre gegen die «großen» Kirchenväter Kappadokiens Basileios von Kaisareia und Gregor von Nyssa. Letzterer verfasste sein dogmatisches Hauptwerk in vier Büchern contra Eunomium (kata Eunomiou). Diesem ersten Akt christologischer Kontroversen im 4. sollte ein ähnlicher, ebenso heftiger, die Christenheit spaltender Streit im 5. Jahrhundert folgen, den wir weiter unten noch besprechen werden.

2. Der Orient bis zum Frieden Jovians Nachkonstantinische Provinzordnung und Sasanidenkriege Nachkonstantinische Provinzordnung und Sasanidenkriege

Für die nachkonstantinische Ordnung des Orients und die Ereignisse zwischen 353 und 378 n. Chr. ist unsere wertvollste Quelle Ammianus Marcellinus, der als Stabsoffizier unter dem magister militum Ursicinus Augenzeuge militärischer Operationen im Osten war. Vielleicht schon unter Konstantin, auf jeden Fall um 350, existierte eine von Mesopotamia abgetrennte Provinz Osrhoene – das Gebiet um die Stadt Edessa. Westlich von ihr bildete die einstige Eparchie Syriens  – Kommagene  – eine ­eigene Provinz mit dem Namen Euphratensis, von der Ammian die Städte Hierapolis, Ninus und Samosata nennt (14,8,7). Die Provinz Syria umfasste die Städte Antiocheia, Laodikeia, Apameia und Seleukeia am Belos. Südlich von ihr lag die Provinz Phoenice, «ein Land voll von Annehmlichkeiten und Anmut» (14,8,9) mit den Städten Tyros, Sidon, Berytos an der Küste und Emesa und Damaskus im Hinterland. Einigen Listen zufolge kam es vielleicht zu einer Aufteilung auch dieser Provinz in einen westlichen Teil Augusta Libanensis oder Phoenice Libani und einen östlichen Phoenice. Weiter südlich folgen Palaestina mit den Städten Caesarea, Eleutheropolis, Neapolis, Askalon und Gaza, und Arabia mit Bosra, Gerasa und Philadelpheia. Über Arabia schreibt Ammian (14,8,13, übers. Seyfarth): «Es ist reich an mannigfaltigen Handelswaren und übersät mit festen Burgen und Schlössern, die die alten Bewohner in wachsamer Vorsicht auf günstigen und sicheren Anhöhen er-

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

richtet haben, um die Einfälle benachbarter Stämme abzuwehren.» Der vermutlich schon von Diokletian Palaestina zugeschlagene südliche Teil Arabias mit dem Negev und dem Sinai wurde 358 eine eigene Provinz mit dem Namen Palae­ stina salutaris. Um 400 schließlich wurde das ganze Palaestina dreigeteilt in Palaestina prima (Iudaea), Palaestina secunda (Galilaea und Ostjordanland) und Palaestina tertia (P. salutaris). Zu einem Dauerproblem an der Ostgrenze waren jene Nomadenstämme geworden, die Ammian Saraceni nennt. Seine Beschreibung (14,4, übers. Seyfarth) ergänzt sich mit der älteren Darstellung der Nabatäer bei Hieronymos von Kardia (siehe oben S. 92 f.): «Bei diesen Stämmen […] sind alle Männer Krieger von gleichem Rang. Halbnackt, in bunte Umhänge bis zu den Hüften gehüllt, ziehen sie auf ihren schnellen Pferden und schlanken Kamelen im Frieden wie in Kriegszeiten umher. Keiner von ihnen fasst jemals einen Pflug an oder pflegt einen Baum und erwirbt durch Pflügen seinen Lebensunterhalt. Vielmehr durchstreifen sie stets weit ausgedehnte Landgebiete, ohne Haus, ohne festen Wohnsitz und Gesetze. Sie ertragen dieselbe Himmelsgegend keine längere Zeit, und die Sonne desselben Landstrichs gefällt ihnen nicht lange. Sie führen ein Leben ständig in Bewegung; ihre Weiber mieten sie gegen Lohn für eine bestimmte Zeit mit einem Vertrag, und damit es den Schein einer Ehe gibt, überreicht die zukünftige Gattin als Mitgift ihrem Mann eine Lanze und ein Zelt, um nach einem bestimmten Tag davonzugehen, falls sie diese Wahl getroffen hat. Mit unglaublicher Leidenschaft geben sich bei ihnen beide Geschlechter der Liebe hin. So streifen sie zeit ihres Lebens weit umher. Das Weib heiratet woanders, gebiert an einem anderen Ort und zieht die Kinder fern davon auf, und niemals besteht für sie die Möglichkeit, sich auszuruhen. Für alle bietet das Fleisch wilder Tiere Nahrung, außerdem Milch, die es hier im Überfluss gibt und die die Hauptnahrung ist. Dazu kommen verschiedene Kräuter und Vögel, falls sie solche fangen. Die meisten von ihnen kennen, wie ich selber ge­sehen habe, weder den Gebrauch von Getreide noch Wein. So viel über dieses gefährliche Volk.»

Im Steppengürtel zwischen den befestigten Städten der Römer und Perser hatten sich seit dem frühen 4. Jahrhundert Gebietsherrschaften arabischer Halbnomaden, der Ghassāniden und der Laḥmiden, gebildet. Im Kampf der Heere beider Großmächte traten sie mal auf die eine, mal auf die andere Seite, wuchsen jedoch zu einem immer stärkeren militärischen Faktor heran. Einer von ihnen, ein Laḥmide, der sich «König aller Araber» nannte, bekundet, dass seine Söhne über Stämme berittener Krieger in Diensten der Römer geboten, stellt sich mithin als ein Klientelkönig dar.9 Im 4. Jahrhundert taucht die Bezeichnung limes Arabicus erstmals auf (Rufin. HE 2,6; Amm. 31,3,5). Gemeint ist die Grenzlinie zwischen Damaskus und dem Südufer des Toten Meeres, während der weitere Grenzverlauf bis an den Golf von

Nachkonstantinische Provinzordnung und Sasanidenkriege

Aqaba nach der von Arabia abgetrennten Provinz Palaestina limes Palaestinae hieß. Der palästinische Limes war in mehrere Abschnitte (limites) unterteilt, an deren jedem ein dux das Kommando über Einheiten mit der Bezeichnung limi­ tanei führte. Um 400 kommandierte ein dux Arabiae zwei Legionen, sechs Alen und fünf Kohorten (Not. dign. or. 37). Im gesamten Raum Arabia waren vier Legionen stationiert, die III Cyrenaica bei Bosra, die IV Martia in Lejjun, die X Fretensis in Aila am Golf von Aqaba und die VI Ferrata bei Udruḥ östlich von Petra.10 Zusätzlich wurde der Schutz der Palaestina tertia von arabischen Verbündeten (foederati) geleistet.11 Besonders an der Ordnung Ägyptens haben die Kaiser über Jahrzehnte herumexperimentiert: Eine Dreiteilung in Aegyptus Iovia (westliches Nildelta), ­Aegyptus Herculia (der östlich benachbarte Teil Unterägyptens) und die Thebais (Oberägypten) bestand in konstantinischer Zeit nur kurz zwischen 313 und 324.12 In dieser Zeit, 322, hat man aus der Herculia eine Kleinprovinz namens Mercuriana herausgeschnitten. Die Wiedervereinigung der Iovia und Herculia genannten Teile dauerte nur bis 341, als Unterägypten erneut in einen westlichen, Aegyptus genannten Teil, und in einen östlichen namens Augustamnike getrennt wurde. Unter den Städten der Thebais hebt Ammian Hermoupolis, Koptos, Antinooupolis und Theben hervor, in der Augustamnike Pelusion, Ostrakine und Rhinokorura, in Aegyptus «die Krone aller Städte» (vertex omnium civitatum) Alexan­ dreia, und die «größten» Athribis, Oxyrrhynchos, Thmuis und Memphis (Amm. 22,16,1–6). Im Jahr 381 kam es schließlich zur Abtrennung einer Provinz Arcadia aus der Augustamnike, mithin zu einer erneuten Vierteilung Ägyptens. Noch während das Reich von Konstantin regiert wurde, 336, war der Perserkönig Schapur II., der Enkel des Narseh, in die Offensive gegangen und hatte Armenien besetzt. Er war nicht willens, den seinem Großvater nach verlorener Schlacht in Nisibis aufgezwungenen Frieden von 299 zu akzeptieren. Ein Neffe und Schwiegersohn Konstantins namens Hannibalianus,13 den der Herrscher im Jahr zuvor im Orient zum «König der Könige und der Pontischen Völker» (rex regum et Ponticarum gentium) eingesetzt hatte, gewann die Oberhand in Armenien zurück ([Ps.-]Aur. Vict. epit. Caes. 41,20), jedoch nur für kurze Zeit. Nachdem der Tod des Kaisers am 22. Mai 337 einen geplanten Feldzug in den Osten verhindert hatte, nahmen die Perser den kurz darauf inthronisierten römischen Klientel­ könig Tigranes VII. gefangen. Konstantins Nachfolger Constantius II. vermochte Mesopotamien zunächst erfolgreich gegen persische Angriffe zu verteidigen, von denen vor allem Nisibis bedroht war. Der König selbst erlitt 348 bei Singara eine Niederlage.14

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

Die erhaltenen Bücher Ammians beginnen mit den Greueltaten des gegenüber den Persern selbst untätigen Caesar Gallus, der 351–354 im Osten des Reiches regierte. Gallus überzog die Stadt Antiocheia mit Spitzelwesen und Denunziantentum; er soll, von Bewaffneten begleitet, selbst durch das nachts beleuchtete Antiocheia gestreift sein und in Kneipen und auf den Straßen Leute befragt ­haben, was man über den Caesar denke (14,2,9). Als in der Stadt Lebensmittel knapp wurden und Unruhen aufflammten, ließ er es zu, dass der Statthalter Syriens von der wütenden Menge gelyncht wurde (14,7,5 f.). Die Sasaniden lauerten auf Gelegenheit, in Mesopotamien einzufallen. Der Vorstoß eines Feldherrn Nohodares scheiterte. Schapur II. richtete einen Brief an Kaiser Constantius, dessen Inhalt Ammian zitiert (17,5,3–8, übers. Seyfarth): «Ich, König der Könige, Sapor, der an den Sternen teilhat, Bruder der Sonne und des Mondes, ich grüße sehr den Caesar Constantius, meinen Bruder. Ich freue mich, und es gefällt mir, dass du auf einen guten Weg zurückgekehrt bist und die unverletzliche Stimme der Gerechtigkeit anerkannt hast, nachdem du durch die Ereignisse erfahren hast, was für Verheerungen zuweilen hartnäckige Gier nach fremdem Besitz verursacht hat. Weil also das Verfahren der Wahrheit unbehindert und frei sein muss und die Hochgestellten ebenso reden sollen, wie sie denken, will ich meinen Vorschlag in kurze Worte fassen und entsinne mich dabei dessen, dass ich alles, was ich jetzt zu sagen habe, öfter durchdacht habe. Dass meine Vorfahren ihr Reich bis zum Strymon und den Grenzen von Makedonien besessen haben, bezeugen sogar eure alten Schriften: Diese Länder zu fordern, kommt mir zu (möge es nicht anmaßend sein, was ich behaupte), der ich an Pracht und einer Reihe von ausgezeichneten Taten den alten Königen überlegen bin. Jedoch liegt mir stets die Erinnerung am Herzen, in der ich von frühester Jugend an aufgewachsen bin und niemals etwas begangen habe, was verwerflich wäre. Daher muss ich Armenien und Mesopotamien zurückverlangen, die meinem Großvater durch hinterlistigen Betrug geraubt wurden. Niemals wird bei uns die Behauptung hingenommen werden, die ihr in eurem Übermut aufstellt, dass alle günstigen Kriegserfolge gelobt werden müssen, ohne Tüchtigkeit und Hinterlist zu unterscheiden. Wenn du schließlich einen guten Rat befolgen willst, achte den kleinen Teil gering, der immer Trauer brachte und Blut forderte, damit du dein übriges Reich in Sicherheit regieren kannst, und bedenke dabei, dass auch die gelehrten Ärzte zuweilen brennen und schneiden und sogar Körperteile amputieren, damit der Patient die übrigen Glieder unversehrt gebrauchen kann. Auch die wilden Tiere tun ein Gleiches: Wenn sie bemerken, was sie am meisten in der Falle festhält, trennen sie sich freiwillig davon, um danach ohne Furcht weiterleben zu können. Folgendes erkläre ich freilich für den Fall einer erfolglosen Rückkehr meiner Gesandtschaft, dass ich nach dem Ende der Winterruhe, umgeben mit all meinen Streitkräften, eilends kommen werde, sobald es die Vernunft zulässt, wenn das Glück und die Gleichheit der Lage einen günstigen Erfolg mit Sicherheit erwarten lassen.»

Nachkonstantinische Provinzordnung und Sasanidenkriege

In seiner Antwort wies der Kaiser das Anliegen des Persers zurück. Den Brief und Geschenke für den König überbrachte eine dreiköpfige Gesandtschaft nach Ktesiphon, der neben einem comes und einem tribunus et notarius der Philosoph Eustathios von Kappadokien, ein Schüler des Iamblichos, angehörte (17,6,15). Die Fronten blieben indes verhärtet. «Das Schicksal des Orients [ließ] gefahrenkündende Kriegstrompeten erschallen» (orientis fortuna periculorum terribiles tubas reflabat), so leitet Ammian die Schilderung der heraufziehenden Kastastrophe in Mesopotamien ein. Die befestigte Stadt Amida am Tigris (heute Diyarbakır) wird 359 n. Chr. von den Persern belagert, eingenommen und schwer beschädigt (Amm. 18,9–19,9): Während Schapur energisch ein großes Angriffsheer zusammenzieht, finden in der Hauptstadt am Bosporus Hofintrigen um den Oberbefehl statt. Ursicinus, schon auf dem Weg nach Italien, wird zwar in den Orient zurückbeordert, die oberste Heeresleitung verbleibt hier indes bei dem 359 als sein Nachfolger zum magister equitum im Orient berufenen Sabinianus, dem Ammian jegliche Kompetenz abspricht.15 Auf persischer Seite befördert das Insiderwissen eines römischen Überläufers die Kriegsplanung. Dieser Antoninus, rationarius apparitor (Rechnungsführer) des dux Mesopotamiae und protector, suchte den letzten Ausweg aus einer hoffnungslosen Schuldenfalle darin, sich über den Tigris abzusetzen (18,5,1–3). Am Sasanidenhof vermochte er mit seiner Landeskenntnis und mit dem Wissen über Finanzen, Dislozierung, Bewaffnung, Vorräte und Planungen der römischen Truppen so zu beeindrucken, dass der König ihn zum hochgeehrten Berater machte. Die Taktik verbrannten Landes und die Konzentration auf Festungen und Städte hindert die Perser nicht am Vormarsch, der schließlich am Tigris vor den von Constantius II. errichteten Mauern der Stadt Amida mündet (Abb. 87). Hier waren aufmarschiert: die Legio V Parthica, zwei weitere aus Gallien herangeführte Legionen, Task-Forces der XXX Ulpia Victrix und der X Gemina, einige leichtbewaffnete Einheiten (superventores und praeventores) sowie eine Kavallerie von Bogenschützen comites sagittarii, «in der nur freigeborene Barbaren dienen» (18,9,3 f.). Der Oberbefehlshaber Sabinianus weilte in Edessa und weigerte sich, Verstärkung zu schicken. Die Stadt Amida selbst war mit Zivilisten überfüllt: Ein nur einmal im Jahr stattfindender Markttag hatte viele aus umliegenden Gegenden zusammenströmen lassen, so dass sich ca. 20 000 Menschen hinter dem Schutz der Mauern aufhielten. Im Verlauf der Belagerung und Beschießung, als im Innern viele Leichen herumlagen, brach denn auch eine Seuche aus. Die Ankunft des königlichen Heeres machte gewaltigen Eindruck (19,1,1–3, übers. Seyfarth):

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«Bei den ersten Strahlen der Morgensonne sah man, soweit das Auge reichte, überall das Funkeln schimmernder Waffen. Geharnischte Reiter füllten Ebene und Hügel. Zu Pferde, alle anderen überragend, ritt der König selbst an der Spitze seiner Truppen. Anstelle eines Diadems trug er einen goldenen Helm in der Form eines Widderkopfes, der mit Edelsteinen besetzt war. Selbst inmitten der Hoheit vieler Würdenträger und in der Begleitung der verschiedenartigsten Völker war er der Hocherhabene.»

Zwei Ereignisse steigern die Erbitterung und Entschlossenheit der Notabeln auf persischer Seite: Der König wird von einem Wurfspieß nur knapp verfehlt. ­Wenig später fällt der noch jugendliche Sohn des Chionitenkönigs Grumbates. Bei den aufwendigen Begräbnisfeiern schwört der verzweifelte Vater Rache. Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit des persischen Heeres, das die Mauern umstellt und auch Elefanten ins Feld führt, vermögen die Verteidiger durch den Beschuss mit «Skorpionen»  – Geschützen, die Steinkugeln verschießen  – den Andringenden schwerste Verluste zuzufügen (19,2,7): «Vielen Feinden spalteten schwere Steine […] den Schädel oder zermalmten sie; andere wurden von Pfeilen durchbohrt, und ein Teil der Feinde bedeckte, von Wurfspießen durchstoßen, als Leichen den Boden, wieder andere suchten verwundet in jäher Flucht ihre Kameraden zu erreichen. Nicht weniger herrschten in der Stadt Trauer und Tod. Wolken von Pfeilen verdunkelten in dichter Menge die Lüfte, und die Wurfmaschinen, die die Perser aus Singara geraubt und sich angeeignet hatten, verursachten viele Wunden.»

Zur Entscheidung führten die von beiden Seiten aufgeschütteten Dämme: von den Persern, um gepanzerte Türme mit Schleudermaschinen auf Mauerhöhe ­heranzuschieben, von den Römern, um diesen den Weg abzuschneiden. Als ein römischer Gegendamm zusammenstürzt, öffnet dies den Feinden einen leichten Zugang, und die Perser dringen scharenweise in die Stadt ein. Ein allgemeines Gemetzel, Plünderungen und Hinrichtungen der römischen Offiziere folgen. Ammian selbst gelingt mit wenigen Begleitern eine abenteuerliche Flucht nach Melitene, von wo aus er nach Antiocheia zurückkehrt. Einen schon mehrmals zuvor gescheiterten Angriff auf die römische Hauptstreitmacht in Nisibis vermied der König. Stattdessen wurde wiederum unter schweren Kämpfen die von zwei Legionen gedeckte Stadt Singara (Singar im nordwestlichen Irak) nach Attacke mit mauerbrechenden Belagerungsmaschinen eingenommen; dieselbe Methode brachte die am Tigris unweit von Nisibis gelegene Festung Bezabde zu Fall, die von drei Legionen zwar unter erneut schweren persischen Verlusten, zuletzt aber vergeblich verteidigt wurde; in dem

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Abb. 87: Amida (Diyarbakır), Türkei, Stadtmauer über dem Tigris

Ort gab es einen Bischof, der ins Lager der Perser ging, um den König zum Abziehen zu bewegen. Er hatte keinen Erfolg (20,6,1–7,7). Kaiser Constantius II. bereitete von Konstantinopel aus die große Gegenoffensive vor. Er marschierte über Melitene und Samosata am Euphrat nach Edessa, wartete dort auf Verstärkung und rückte im Herbst 360 bis nach Amida vor. Beim Anblick der Trümmer weinte er. Der anwesende comes largitionum (ein hoher Reichsfinanzbeamter) Ursulus16 sah sich zu einer bitter ironischen Bemerkung veranlasst, die kennzeichnend für den Allgemeinzustand der Reichsverteidigung ist: «Mit welch einer Hingabe werden die Städte von unseren Soldaten verteidigt, deren üppiger Sold die Ressourcen des Reiches bereits auszuschöpfen droht.» Das Militär hat ihm diese Beleidigung nicht vergessen und später seine Hinrichtung betrieben (20,11,5). Das sich anschließende, von Ammian ausführlich berichtete Unternehmen zur Rückeroberung von Bezabde indes scheiterte, und der Kaiser zog sich nach Antiocheia zurück. Erst sein Nachfolger sollte den Krieg in großem Stil wieder aufnehmen. Die letzte große, von einem Kaiser des Gesamtreiches selbst geführte Angriffsoperation weit über die Orientgrenze hinaus setzte im Jahre 363 n. Chr. der junge Flavius Claudius Julianus ins Werk.17 Er war ein Enkel des Constantius I. Chlorus – nicht aus der Ehe mit Helena, wie Konstantin, sondern mit einer Theodora –

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und letzter männlicher Spross der Konstantinsfamilie. Als man die Ermordung der von Theodora geborenen Stiefgeschwister Konstantins betrieb, musste der sechsjährige Knabe den Tod des Vaters erleben. Jahrelang war er in Kappadokien interniert. Christlich erzogen, übertraf der junge Mann den in der imperialen Führungsschicht üblichen Umfang an Bildung so weit wie wenige seiner Vor­ gänger. Ein leidenschaftliches philosophisches Interesse an den Büchern der Griechen vom Archaikum bis in seine Gegenwart nährte und vertiefte er im Platonismus. Die Be­gegnung mit Enkelschülern des Iamblichos in Pergamon entzündete in ihm schließlich den glühendsten Verehrer des Neuplatonikers. Im Jahre 355 zum Caesar erhoben, hielt sich Julian fünf Jahre in Gallien auf, als der im Orient operierende Augustus Constantius II. Truppen zu seiner Verstärkung anforderte. Angeblich widersetzten sich am Standort bei Paris die Frauen der Offiziere und Soldaten einer Inmarschsetzung der Truppen in den Orient (Lib. or. 12,58). Julians Beschwichtigungsversuch mit dem Hinweis, Constantius sei als Augustus der Ranghöhere, sollen die Soldaten mit seiner Aus­ rufung zum Augustus beantwortet haben. Zum Zusammenprall kam es nicht. Constantius starb 361 in Kilikien. Julian bestieg Ende desselben Jahres 29-jährig den Kaiserthron in Konstantinopel, wo er begeistert empfangen wurde. Palast, Hofstaat und Militär fand er in einem desolaten Zustand vor und reagierte mit Entlassungen und Prozessen (Amm. 22,3–4). Gesandtschaften aus Indien und dem Schwarzmeerraum brachten Geschenke. Im Frühjahr des folgenden Jahres brach er mit Heeresmacht auf. Diese seit Traian aufwendigste Orientexpedition führte über Nikomedeia und Ankyra zunächst in die Residenz der syrischen Hauptstadt. Dem vier Jahre zuvor von ­einem schweren Erdbeben zerstörten Nikomedeia am Marmarameer, wo Dio­ kletian seine Residenz errichtet hatte, half der Kaiser durch eine Stiftung für den Wiederaufbau. Nach einem Besuch des Heiligtums der Kybele in Pessinus fand er in Ankyra eine aufgebrachte Menge von Bürgern vor, die Klage über gewaltsame Enteignungen führten und sich mit wechselseitigen Beschuldigungen anfeindeten. Julian schlichtete, so gut es ging, richtete aber gegen das zu dieser Zeit in den Städten endemisch gewordene Problem, dass die Vermögenden sich den drückenden Lasten einer Ratsmitgliedschaft zu entziehen versuchten, nichts aus. Auch ein Kurzaufenthalt in Kappadokien verlief wenig erfreulich (siehe unten S. 479 f.). Über die Kilikische Pforte stieg er nach Tarsus hinab und erreichte im Sommer die Metropole Syriens. Mehrere Monate, vom 18. Juli 362 bis 5. März 363 n. Chr., wurde in Antiocheia Hof gehalten. Dieser Aufenthalt ist eine der am besten dokumentierten Epochen antiker Stadtgeschichte. Wir gewinnen aus den Quellen tiefe Einblicke in soziale, ökonomische und religiös-kulturelle Verhält-

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nisse, wo in einer seltenen Konstellation der Kaiser, das Militär, die städtische Elite und das Stadtvolk interagieren.18 In Antiocheia waren die Christen zur Zeit Julians mehrheitlich in den unteren Schichten vertreten. Die oberen waren zwar noch überwiegend den traditionellen Götterkulten zugeneigt, zeigten aber wenig Eifer, die julianische Restauration des Heidentums zu unterstützen.19 Die christliche Kirche Antiocheias war dreigespalten: Die größte Gruppe bildeten die Homoier. Zu dem in Nikaia festgelegten Glauben bekannten sich (die nach den Bischöfen benannten) Eustathianer und Meletianer. Wenige Jahre zuvor, unter dem Caesar Gallus (351–354) war es in Antiocheia zur ältesten Translation von Märtyrerrelikten in der Geschichte gekommen: Die Gebeine eines Bischofs Babylas, Opfer der Verfolgungen unter Decius (ca. 250 n. Chr.), waren exhumiert und in den Bezirk des bedeutendsten der antiochenischen Heiligtümer, das des Apollon von Daphne, überführt worden. Direkt neben dem Tempel und der heiligen Quelle der Kastalia hatte man ein Martyrium errichtet. Das Orakel war verboten worden. Julian gab nun im September / Oktober 362 den Befehl, die Gebeine des Märtyrers aus dem Apollonheiligtum wieder zu entfernen und löste damit erbitterten Widerstand aus. Am 22. Oktober brannte der Apollontempel. Bei der Überführung der Reliquien demonstrierte eine christliche Menge und sang den Psalm (97,7): «Schämen sollen sich alle, die den Bildern dienen und sich der Götzen rühmen.» Einig waren sich alle Gruppen der Einwohnerschaft in ihrer Abneigung gegen einen Kaiser, der Theater, Rennbahn und rauschende Feste zutiefst verachtete und sich von Derartigem fernhielt, wo man doch gerade von den Herrschenden die üppigste Freigebigkeit in der Veranstaltung kostspieliger spectacula und auch ihre persönliche Anwesenheit erwarten durfte. Auf das Aussehen Julians, der einen Philosophenbart trug, zielte beim Neujahrsfest im Hippodrom der beißende Spott von Deklamatoren, die ihn mit den Kerkopen aus dem griechischen Mythos verglichen.20 Die relativ gelassene Reaktion bestand in der Veröffent­ lichung einer als satirische Abrechnung mit den Antiochenern gedachten Schrift mit dem Titel «Barthasser» (misopogon). Im Jahr vor der Ankunft des Kaisers war es auf Grund von Trockenheit zu einem Ernteausfall gekommen. Verschärfend musste sich nun die Truppenkonzentration von ca. 85 000 Mann im nordsyrisch-mesopotamischen Raum und mehreren Hundert am kaiserlichen Hof auswirken. Wer Vorräte besaß  – und das waren zuvorderst die Großgrundbesitzer  –, erzielte durch Zurückhalten vom Markt bei steigenden Preisen Spekulationsgewinne. Julian wurde im Hippodrom durch Sprechchöre auf die Krise aufmerksam gemacht. Ende Oktober 362 erließ er ein Höchstpreisedikt und verkündete es öffentlich im Theater. Aus

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Chalkis, Hierapolis und anderen Nachbarstädten zu Lande sowie von kaiser­ lichen Domänen Ägyptens per Schiff wurden große Mengen Getreide herbei­ geschafft und auf dem Markt Antiocheias zum freien Verkauf zu dem staatlich festgesetzten Preis dargeboten. Doch die Maßnahme erwies sich – ohne wirksame Kontrolle des Handels und des Brotverkaufs – als kontraproduktiv: Spekulanten mit flüssigem Kapital kauften erhebliche Mengen des preisgebundenen Getreides auf, um es zu horten und auf dem Schwarzmarkt oder weit außerhalb Antiocheias, wo keine Höchstpreise festgesetzt waren, zu verkaufen. Bei den hungernden Einwohnern kam wenig an. Das Höchstpreisedikt wurde bald nach Julians Aufbruch außer Kraft gesetzt. Julian kehrte einer Stadt den Rücken, die er begeistert mit ehrgeizigen Plänen für einen Neuausbau betreten hatte, und die er verbittert und enttäuscht mit der Ankündigung verließ, sie nie wieder betreten zu wollen.21 Im März 363 rückte der Kaiser mit 65 000 Soldaten am östlichen Ufer des ­Euphrat stromabwärts nach Süden in Richtung Ktesiphon vor.22 Er soll vor der Truppe als Ziel des Feldzugs beschworen haben (Amm. 24,3,9): Unterwerfung der Perser und Wiederherstellung des römischen Erdkreises (sic sub iugum mitteret Persas, ita quassatum recrearet orbem Romanum). Der gelehrte Feldherr hatte die früheren Orientexpeditionen sorgfältig studiert. In einer Rede an die Soldaten lässt Ammian ihn sagen (23,5,16, übers. Seyfarth): «Traian, Verus und Severus sind als Sieger und triumphgekrönt von hier geschieden. Auch der jüngere Gordian, dessen Grabmal wir jetzt mit Ehrfurcht gesehen haben, wäre mit gleichem Ruhmesglanz zurückgekehrt, nachdem er bei Resaina den Perserkönig besiegt und in die Flucht geschlagen hatte, wäre er nicht durch das Komplott des Präfekten des Prätoriums mit verbrecherischer Unterstützung weniger Helfer durch ein ruchloses Attentat gerade an der Stelle umgekommen, wo er begraben ist. […] Die genannten Kaiser richteten ihre Gedanken auf höhere Pläne, und ihr eigener Wille trieb sie zu denkwürdigen Taten; uns aber ermahnen das elende Geschick erst kürzlich eroberter Städte, die ungerächten Schatten dahingeschlachteter Heere, die Größe der Verluste und die Einbuße von Festungen zu unserem Vorhaben – im Verein mit den Wünschen aller, das Vergangene wiedergutzumachen, den Staat durch die Sicherung dieser Flanke zu festigen und späteren Generationen Grund dafür zu hinterlassen, dass sie von uns voller Stolz sprechen können.»

In der baumreichen Umgebung von Samosata waren Holz geschlagen, Schiffe gebaut und Nachschubdepots angelegt worden. Ammian (23,3,9) unterscheidet 1000 Transport-, 50 Kriegsschiffe und weitere 50 Plattformen für schwimmende Pontonbrücken. Die Transportschiffe wurden mit Verpflegung, Waffen und Belagerungsmaschinen beladen. Die Flottenmannschaft bestand aus 20 000 Mann.

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Die ummauerte Stadt Dura Europos traf das Heer verlassen an. Die Soldaten machten in der Umgebung Jagd auf Rudel von Gazellen. Die schwierige Fahrt den Euphrat flussabwärts wurde erfolgreich gemeistert, unterwegs die persische Stellung auf einer Insel angegriffen und kampflos genommen. Die Übergabe veranlasste ein alter, über 85-jähriger Mann, der als junger Soldat auf dem Feldzug des Galerius (296–298) krank zurückgelassen worden war, inzwischen mit mehreren Frauen verheiratet und heimisch geworden, jetzt die Römer freudig begrüßte und ihnen versicherte, er habe geahnt, dass er als fast 100-Jähriger in römischer Erde begraben werde (Amm. 24,1,6–10). An weiteren Festungen am Ufer oder auf Inseln im Fluss zog man vorüber, nachdem die Bewohner zugesichert hatten, sie würden den Vormarsch nicht hindern, ruhig abwarten und sich später auf die Seite des Siegers stellen. Die Pontonbrücken gestatteten größere Kampfeinsätze gegen Festungen auf dem östlichen Ufer. Exkursionen führten bis über 40 Kilometer in feindliches Territorium, wo kleinere Städte eingenommen und in Brand gesteckt wurden. Die größere Stadt Misikhe, ca. 80 Kilometer nordwestlich von Ktesiphon, wo einst Schapur I. 244 über Gordian gesiegt hatte, ergab sich nach kurzer Belagerung,23 und in Maozamalcha, nur noch ca. 17 Kilometer von der Hauptstadt Ktesiphon entfernt, richteten die Römer nach schweren Kämpfen ein fürchterliches Massaker an (Amm. 24,4,6–27). Weiter vorrückend traf man auf einen umzäunten königlichen Wildpark ähnlicher Art wie die Paradeisoi an den Residenzen der Achaimeniden.24 Endlich wurde Ktesiphon auf Befehl Julians von über den Fluss an Land gesetzten Stoßtruppen angegriffen. Ein persisches Heer aus Panzerreitern, Fußtruppen und Elefanten erlitt vor der Stadt eine Niederlage. Julian verzichtete jedoch auf eine Belagerung. Er ließ den größten Teil der Flotte verbrennen, die für eine Rückfahrt flussaufwärts untauglich war. In der Hoffnung, sich bald mit ­einer nördlich von Nisibis die Flanke deckenden Heeresabteilung und vom Armenierkönig Arsakes herangeführten Verstärkungen vereinigen zu können, zog sich die römische Heeresmacht nach Norden, in den kurdischen Teil des heutigen Irak, zurück. Das war sicherlich ein schwerer Fehler, denn der Perserfeldzug war damit unvollendet abgebrochen. Auf dem Rückmarsch im Tigristal sah man sich in einer mörderischen Sommerhitze andauernden Angriffen ausgesetzt. Der Vorteil lag wieder einmal bei den die Legionäre umschwärmenden mobilen persischen Reitertruppen. An Brennpunkten des Kampfgeschehens setzten die Perser Kriegselefanten ein, die den Fußtruppen schwer zu schaffen machten. Julian selbst setzte sich wie schon zuvor den Gefahren der Schlachten unentwegt aus.

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Abb. 88: Tāq-e Bostān, Iran, Felsrelief

Am 26. Juli 363 trifft den erst 32-Jährigen ein Speer, der durch den Arm in die rechte Körperseite eindringt. Sein Ende wird ausführlich berichtet.25 Anders als dem zunächst noch Kampfwilligen ist die Schwere der Verwundung den Ärzten rasch klar. Auf dem Lager im Zelt soll er den Nahestehenden Mut zugeprochen und sich mit den Philosophen Maximus und Priscus – nach Art des sterbenden Sokrates – über die Erhabenheit der Seele unterhalten haben; Worte des Ster­ benden wie die angesichts des auströmenden Blutes: «Sättige dich, Nazarener» (Zon., PG 134, 1156) oder: «Du hast gesiegt, Galiläer!» (Theod. hist. eccl. 3,25) sind sicher Erfindungen. Letzterer Ausruf wurde von Ibsen in seinem Drama Der Kaiser Julian 1873 auf die Bühne gebracht. Doch im Drama stirbt Julian nicht an einem Speer der Perser, sondern durch die heilige Lanze von Golgatha, die sein Jugendfreund Agathon trug. Das ganze Heer tritt zum Christentum über. Der Verdacht, die tödliche Wunde habe dem Kaiser kein Perser beigebracht, sondern ein Mörder aus den eigenen Reihen, wird breit dargelegt bei Libanios (or. 18,274; 24,6 f.): Ein Sarazene habe die Tat im Auftrag derer ausgeführt, die seinen Tod wünschten. Unter den sasanidischen Felsreliefs von Tāq-e Bostān in Kermanschah, Nordwestiran, befindet sich die Darstellung einer Dreiergruppe gleich großer, aufrecht stehender Figuren (Abb. 88). Links, zur Mitte hin gewendet, steht der Gott Mithras mit radialen Sonnenstrahlen um das Haupt auf einer Lotusblüte und hält in der

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Rechten den barsom, ein heiliges Zweigbündel. Vor ihm, ebenfalls nach rechts gewendet, der Gott Ahura Mazda, der einen bebänderten Ring dem ihm zugewandten König Ardaschir überreicht. Dieser tritt mit beiden Füßen auf Kopf und Schulter eines am Boden liegenden Feindes, der möglicherweise mit dem unter Ardaschirs Vorgänger, Schapur II., gefallenen Julian zu identifizieren ist.26 Julian ist ungeachtet der Kürze seiner aktiven Zeit als römischer Kaiser eine ­Figur der Weltgeschichte. Er wurde berühmt als «der Abtrünnige» (Apostata), dessen Regierung eine Restauration der alten heidnischen Staatsreligion versucht hat. Ex post muss das als ein Versuch erscheinen, «das Rad der Geschichte zurückzudrehen»,27 doch entspricht es einer in der Zeit noch tief verwurzelten Abneigung großer Teile der gebildeten Aristokratien vor allem in den Städten gegen die Christianisierung des Reiches. Nicht auszudenken, wie die Dinge sich entwickelt hätten, wäre diesem Mann wie Octavian /Augustus eine 44-jährige ­Alleinherrschaft beschieden gewesen. Die gesetzgeberischen Maßnahmen des Jahres 362, ein Edikt über die Rückgabe des Tempelguts in Alexandreia und ein Schulgesetz, das Lehrern höherer Bildung eine Eignungsprüfung auferlegt (Cod. Theod. 13,3,5),28 sind indessen keinesfalls zu vergleichen mit den Christenverfolgungen von Nero bis Maximian. Der Intellektuelle Julian glich viel mehr dem Stoiker Marcus in einem distanzierten Verhältnis zu den Gewaltorgien der Caesaren-Tyrannen, was sich beispielsweise in der gelassenen Ironie manifestiert, die er in Antiocheia der öffentlichen Verspottung seines Philosophenbartes entgegenbrachte. Seine eigene Abneigung gegen das Christentum entspringt der konsequenten Auslegung seiner philosophischen Überzeugungen, und das Schlachtfeld, auf dem er den Kampf austrägt, sind seine Schriften, mit denen er die an den Originalen der Vordenker geschulten Diskurse führt.29 Er selbst sieht sich (contra Heraclium 216A) durch die Pflichten als Kaiser und Feldherr (aner stratiotes) von den gelehrten Vorlesungen schon zu sehr entrückt und ist doch schriftstellerisch äußerst produktiv. Das Werk, darunter auch Reden und Briefe, ist uns nur zum Teil, wiederum gelegentlich nur durch Zitate seiner christlichen Gegner, erhalten. Julian ist gleichermaßen weit entfernt von einem Atheismus einzelner griechischer Sophisten des 5. Jahrhunderts v. Chr. wie von einem Polytheismus der griechischen Klassik, die noch im 18. Jahrhundert Vorbild schwärmerischen Gegenentwurfs zum Christentum war.30 Auch einem philosophischen Antichristen wie Nietzsche glich der Apostat des 4. Jahrhunderts nicht. Tief religiös im Götterglauben, war er der Metaphysik des späten Platon und deren Auslegung bei Iamblichos verbunden.

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In seinem Denkgebäude standen unterhalb des transzendenten Einen (hen) auf drei weiteren Stufen Ausprägungen des Göttlichen: zuoberst die als unpersonale Götter gedachten höchsten Ideen, darunter die personale Götterfamlie, zuunterst die von diesen geschaffene Welt, die wiederum von den göttergleichen Himmelskörpern – am höchsten die Sonne – bis hinab zu den einfachen Dingen pyramidal strukturiert ist.31 Von einem Hauptwerk mit dem Titel «Gegen die Galiläer» (kata Galilaion) in drei Büchern, das die christliche Gelehrtenwelt in helle Aufregung versetzte, sind nur Fragmente erhalten. Wie im Falle des Kelsos, dessen Kenntnis wir seinem Gegner Origenes verdanken, so schöpfen wir den Großteil des Inhalts aus der Erwiderung des Kyrillos von Alexandreia, contra Iulianum.32 Nacheinander werden das Alte Testament, die Evangelien und die übrigen neutestamentlichen Schriften einer Kritik unterzogen. Die mosaische Kosmo- und Anthropogonie in Genesis 1,1–3,30 sieht der Autor gegenüber der platonischen auf einem vorphilosophischen Niveau: Der Schöpfungsakt der Bibel kennt gar keinen mundus intelligibilis, sondern beginnt schon mit der materiellen Welt. Die märchenhafte Story von Evas Verführung durch die Schlange und der anschließenden Überredung Adams, vom Baum der Erkenntnis zu essen, lässt einen allwissenden Schöpfergott, der mit Eva dem Menschen eine Hilfe hat machen wollen, als handwerklich defizitär erscheinen. Überhaupt wäre die Fähigkeit zur Erkenntnis von Gut und Böse einem gelungenen Menschen eher Segen als Fluch. Der Gott Jahwe im Alten Testament sei Gott eines einzigen Volkes, mithin nur einer unter vielen, da auch andere Völker Götter haben. Er könne nicht der oberste Schöpfergott des Alls sein. Die Theologie des Alten widerspreche der des Neuen Testaments, wo von einer Trinität oder (im Johannesevangelium) von Christus als Schöpfer die Rede ist. Für den Erfolg des aus seinem jüdischen Umfeld ausbrechenden und weltweit verbreiteten neuen Glaubens verweist Julian treffsicher auf Paulus: Er nennt ihn einen, der alle Zauberer und Täuscher, die irgendwann irgendwo auf der Welt tätig waren, übertraf (Kyrill, contra Iulianum imperatorum 3,37,29 Riedweg). Es waren wohl vorzüglich Julians profunde Kenntnisse der Tradition und der schneidende Scharfsinn seiner Argumentation, die christliche Dogmatiker von Ephraem dem Syrer über Gregor von Nazianz bis zu Kyrill von Alexandreia zur Weißglut trieben. In mittelalterlichen Romanen dämonisiert, findet er erst im Europa der Neuzeit in Montaigne und Voltaire (De Julien, 1756) seine Fürsprecher.33 Beigesetzt wurde Julian in Tarsos, etwas außerhalb der Stadt an der zu den Kilikischen Toren führenden Straße im Kydnostal (Lib. or. 18,306; Amm. 25,9; Zos. 3,34). «Die sterblichen Überreste und die Asche Julians hätte, wenn damals jemand richtig überlegt hätte, nicht der Kydnus sehen sollen, obwohl er ein lieb-

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licher und klarer Fluss ist, sondern um den Ruhm seiner gerechten Taten für alle Zeiten zu erhalten, hätte der Tiber daran vorüberströmen sollen, der die Ewige Stadt zerteilt und an den Monumenten der alten Götter vorüberzieht» (Amm. 25,10,5, übers. Seyfarth). Libanios hielt einen Grabplatz in der athenischen Akademie nahe dem Platons für angemessener (or. 18,306). Die Gesetz­ gebung Julians zu Gunsten der Heiden und zum Nachteil der Christen hat der Nachfolger Jovian sogleich aufgehoben.34 Im mesopotamischen Feldlager wurde Ende Juni 363 Flavius Jovianus zum Kaiser erhoben. Zunächst nahm der aufreibende und verlustreiche Rückmarsch seinen Fortgang. Noch im Grenzgebiet ging Jovian auf Verhandlungen ein und entschied sich zu erheblichen Konzessionen an den Perserkönig. Mit einem Grenzvertrag wird die militärische Räumung Nordmesopotamiens und die 30-jährige Waffenruhe besiegelt. Die mehr als anderthalb Jahrhunderte bestehende römische Hegemonie in Nordmesopotamien ist endgültig aufgehoben. Ohne militärische Notwendigkeit überlässt der neue Kaiser 15 Festungen sowie die Städte Nisibis und Singara den Persern.35 Nisibis (Nusaybin) war neben Theodosiopolis (Erzurum) im Norden und Dura Europos (as-Salihiya) im Süden die östlichste römische Grenzstadt aller Zeiten. Ihre Einwohner baten vergebens darum, sich selbst verteidigen zu dürfen. Zum großen Teil Christen, mussten sie vor der Übergabe an die Sasaniden die Stadt verlassen (Amm. 25,9). Eine große Zahl von ihnen wich nach Nord­ westen aus und siedelte sich in und um die zerstörte Stadt Amida am Tigris an (Diyarbakır). Auch der berühmte christliche Schriftsteller Ephraem der Syrer verließ seine Heimatstadt und ließ sich in Edessa nieder. Der Eindruck auf ­andere Provinzbewohner war ungeheuer. Die Antiochener dichteten Spottverse mit dem Tenor: Warum hat der Kaiser uns nicht gleich mit abgetreten? (Suda Iota 401). Strategisch wog der Verlust von Nisibis schwer: Die Sasaniden verfügten über einen Brückenkopf in Obermesopotamien, der ihnen als Basis für Vorstöße in die römischen Küstenprovinzen diente.36 Jovian ist noch vor einer Rückkehr in die Hauptstadt am Bosporus im Februar 364 an der Grenze zwischen Galatien und Bithynien verstorben (Amm. 25,10,12 f.). Zum neuen Kaiser riefen die Offiziere in Nikaia den abwesenden Flavius Valentinianus aus, der kurz darauf seinen jüngeren Bruder Valens zum Mitkaiser machte. Valens sollte, so vereinbarten es die Brüder in Naissus (Niš in Serbien), den Osten des Reiches regieren. In seinem Reichsteil ließen die Turbulenzen nicht nach. Während die Goten Thrakien bedrohten, erhob sich im Herbst 365 in der Hauptstadt Procopius zum Gegenkaiser, der jedoch das größtenteils kaisertreue Heer

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Abb. 89: Amida (Diyarbakır), Türkei, Inschrift in der Stadtmauer

des Orients nicht auf seine Seite ziehen konnte und nur sieben Monate später unterging. In Ägypten tobten Kämpfe zwischen Christen und Heiden (Theod. hist. eccl. 4,22), die Sarazenenkönigin Mavia fiel in die Provinzen Phoenice und Palaestina ein, wandelte sich jedoch kurz darauf zur Christin und sollte später zur Verbündeten der Römer im Abwehrkampf gegen die Goten in Thrakien werden.37 An der extremen Ostgrenze sorgte Valens für eine gründliche Reparatur der Mauern von Amida (Diyarbakır), an die eine noch heute lesbare, in der mittelalterlichen Enceinte verbaute lateinische Inschrift erinnert (Abb. 89). Der bemerkenswerte Ausdruck civitas fabricata est («die civitas ist gebaut worden») lässt erkennen, dass das Wort «Stadt» hier in der Grenzzone geradezu synonym für «Befestigungsmauer» steht und der Mauerring zum Hauptkennzeichen des Polisstatus geworden war,38 nachdem zuvor jahrhundertelang die meisten Städte des römischen Orients Stadtmauern vernachlässigt beziehungsweise ganz auf sie verzichtet hatten.

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Ein Land und seine Kirchenväter: Kappadokien

3. «Das ist die Kirche meiner Sasimier!» Ein Land und seine Kirchenväter: Kappadokien Ein Land und seine Kirchenväter: Kappadokien

Wer aus den mittelanatolischen Landschaften an Halysbogen und Salzsee weiter nach Osten vordringt, wird in den rollenden Hügeln arider Hochbecken, den baumkargen Flusstälern und Ebenen mit wandernden Herden, den bizarren Tuffsteinformationen zwischen steilen Bergketten und aufkragenden Vulkankegeln, vor dem schneebekrönten, fast 4000 Meter hohen, heiligen Mons Argaios (Erciyas Dağ), fernab von mediterranen Buchten und Küsten das Gesicht eines unendlichen Innerasien entdecken. Nach dem Versinken hethitischer und neohethitischer Staatenbildungen war das Kappadokien genannte Gebiet diesseits des Euphrat seit dem Eroberer Kyros bis zum Prinzipat ein von starker iranischer Prägung gekennzeichneter Kulturraum. Griechische Intellektuelle kosmopolitischen Geistes blickten auf die in ­ihren Augen kulturellen Hinterwäldler aus den der Zivilisation entrückten Einsamkeiten herab. Urbanes Leben war dort nicht abwesend, aber weit verstreut. Städtische Territorien umfassten in nur bescheidener Ausdehnung kultivierte Felder mit Äckern und Plantagen am Rande von gigantischen Weideflächen mächtiger Großgrund- und Herdenbesitzer, Wäldern und wasserlosem, sandigem oder steinigem Niemandsland.39 Das zentrale Plateau zwischen Salzsee und Argaios beheimatet die ausgedehnten Tuffsteinformationen mit spätantiken und mittelalterlichen Wohnstätten und Refugien, die heute ein touristischer Magnet Anatoliens sind. Das weiche Gestein hat die Landbewohner der Region veranlasst, statt ihre Behausungen obertägig mühsam mit Steinen, Lehmziegeln und Holz aufzurichten, diese ver­ tikal und horizontal aus dem Fels herauzuschneiden. Dabei sind regelrechte Netzwerke unterirdischer Kammern und Säle entstanden, bis zu zehn Stockwerke tief, die durch Tunnel, über Treppen und Leitern zugänglich, als Wohnräume, Tierställe, Depots, auch Klöster, Kapellen und Kirchen genutzt, mit Frischwasserquellen über Kanäle versorgt und mit Luftschächten und Abwasserkanälen ausgestattet waren. 16 große unterirdische Siedlungen sind archäologisch nachgewiesen, hinzu kommen zahlreiche (mehr als 100) kleinere unter der Oberfläche, in senkrechte Felsfassaden, in kegel- oder pilzförmige Klippen eingetiefte Raumkomplexe (Abb. 90). Ihre Datierung im Einzelnen ist schwierig, doch stammen die meisten aus Spätantike und Mittelalter. Eine Anzahl von Anlagen, die als Refugien genutzt wurden, gehören der Zeit der Sasaniden- und Arabereinfälle des 5.–8. Jahrhunderts an.40 Eindeutig als Behausungen von Eremiten sind manche

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Abb. 90: Kappadokische Tuffsteinkegel

Kegel mit Wohnhöhle über Grabplatz und Kapelle auszumachen. Die aufwen­ diger gestalteten und mit Fresken ausgemalten Höhlenkirchen entstanden größtenteils im Mittelalter (9.–11. Jh.). Der griechische Landschaftsname Kappadokia war dereinst, der persischen Satrapienordnung gemäß, auf das ganze sich östlich des unteren Halys (Kızıl ­Irmak) bis an die Schwarzmeerküste ausdehnende Gebiet (Kappadokia am Meer) bezogen. Dessen nördlicher Teil hatte seit dem Hellenismus den Namen Pontos angenommen. Sein Landschaftsbild, je dichter zur Küste, desto stärker bewaldet und von Bergketten zerklüftet, unterschied sich deutlich vom südlichen Kappadokien, nicht jedoch in seiner relativen Städtearmut und entrückten Einsamkeit des Binnenlandes. Der Kirchenvater Basileios beschreibt uns in einem Brief an den Freund Gregor den Ort, an dem er viel Zeit in asketischer vita contemplativa versenkt war (epist. 14, übers. Stegmann): «Ein hoher Berg ist da, mit dichtem Wald bedeckt, gegen Norden von kaltem und klarem Wasser bewässert. Unten am Fuße des Berges breitet sich eine flache Ebene aus, immer fruchtbar infolge der Feuchtigkeit des Berges. Der sie umgebende Urwald mit den verschiedenen und mannigfaltigen Bäumen dient ihr fast gar als Zaun, so dass im Vergleich zu ihr sogar die Insel der Kalypso, die Homer wegen ihrer Schönheit mehr als alle Inseln bewunderte, unansehnlich erscheint. Ja, es fehlt auch gar nicht viel, so ist die Ebene eine Insel, weil sie auf allen Seiten mit Schutzwehren umge-

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ben ist. Tiefe Schluchten schneiden die Einöde auf zwei Seiten von der Umgebung ab. Auf der anderen Seite bildet der Fluss, wo er schäumend vom Berge herabstürzt, auch eine fortlaufende und schwer zu ersteigende Mauer. Ein Bergrücken, der mit seinen sichelförmigen Einsenkungen an die Schluchten sich anschließt, sperrt den Pfad am Fuße des Berges. Es gibt nur einen Zugang, über den wir Herr sind. Unsere Hütte trägt ein anderer Bergsattel mit einem etwas erhabenen Plateau davor, so dass man die erwähnte Ebene unten vor seinen Augen liegen sieht und von oben herab auch den Fluss ringsum überschauen kann. […] Der Fluss meiner Einöde, reißender als irgendeiner, den ich kenne, bricht sich an der vorspringenden Felswand und wälzt sich schäumend in den Abgrund.»

Vor der Provinzialisierung unter Tiberius war das Königreich in elf Strategien unterteilt, deren Namen zumeist auf -itis oder -ene enden. Aus uralten Siedlungszentren waren laut Strabon nur zwei vollwertige Poleis erwachsen: Mazaka, noch vor der Zeitenwende in Kaisareia (heute Kayseri) umbenannt, und Tyana. Doch existierten auch damals zweifellos schon mehr Poleis. Unter dem Prinzipat schritt die Verstädterung rasch voran: Römische coloniae entstanden mit Archelais ­unter Claudius und Faustinopolis unter Marcus, Tyana unter Caracalla. Kybistra, Melitene, Garsaura, Komana, Parnassos, Nazianzos, Arka, Arabissos und weitere wurden zu Städten in Kaiserzeit und Spätantike. Freilich dürfte das physische Erscheinungsbild der meisten von ihnen eher Dörfern entsprochen haben. Teile des Landes besetzten ausgedehnte kaiserliche Domänen. Kappadokien war nicht arm: Seit alters berühmt für Pferdezucht und -haltung, nährte es große Schafherden für die Wollproduktion, hatte Weinanbaugebiete, Feldfrüchte und zahlreiche Bergwerke.41 Wann die christliche Botschaft frühestens nach Kappadokien gelangte, ist unbekannt. Wie in den übrigen Landschaften der Levante und Nordafrikas, so hat es auch hier eine jüdische Diaspora gegeben (Apg 2,9 f.). Auch in Kappadokien waren bereits in der Prinzipatszeit Wunderglauben, Prophetie und Askese endemisch.42 Als nach der Regierung des Alexander Severus (222–235) das Land von schweren Erdbeben heimgesucht und unter dem Statthalter Serenianus da­ raufhin Christen verfolgt wurden, trat eine Frau auf, die sich, des Heiligen Geistes voll, als Prophetin ausgab, im eiskalten Winter ohne Schaden zu nehmen barfuß durch den Schnee ging, sich in Trance versetzte, Erdbeben voraussagte und so Schrecken verbreitete. Sie fand viele Anhänger, darunter, zum Entsetzen des ­Bischofs, Diakone und Presbyter (Cypr. 75,10). Kleinstädte und hunderte von Dörfern müssen, von den Chronisten der Weltgeschichte nahezu unbemerkt, christlichen Predigern alter und neuer Sekten, Markioniten, Sakkophoroi, Enkratitai, Apotaktitai, Montanisten, Hypsistariern, Novatianern zugelaufen sein.

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Im Chaos der Boraner-, Goten- und Herulereinfälle in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts hatte sich eine bereits gefestigte kirchliche Organisation bewährt. In den beiden ersten Jahrhunderten n. Chr. auf der Bühne der Geschichte eher im Hintergrund, tritt Kappadokien seit dem Zeitalter Konstantins in helles Licht. Zuvorderst verdankt sich dies dem umfangreichen Werk dreier Kirchen­ väter, das uns in deren Leben und Wirken tiefen Einblick gewährt. Basileios, um 329 in Neokaisareia (heute Niksar) in der Provinz Hellenopontos geboren, stammt aus einer durch und durch christlichen Familie, in der ein Großvater Märtyrer, eine Großmutter Schülerin des «Wunderwirkers» Gregor, ein Onkel Bischof, die ältere Schwester Makrina Asketin und Klostergründerin, er selbst Lektor und Diakon, Jahre später Presbyter und Bischof in Kaisareia werden und den eigenen Bruder Gregor zum Bischof von Nyssa weihen sollte.43 Basileios war etwa gleichaltrig mit Julian, der als Knabe die Jahre 342–348 auf einer kaiserlichen Domäne nahe Kaisareia verbrachte und daselbst christlich erzogen wurde. Über eine Begegnung zu dieser Zeit ist nichts bekannt. Schon in jungen Jahren daheim gründlich gebildet – der Vater war Rhetor und Anwalt – studierte der 20-jährige Basileios in Konstantinopel bei Libanios und ging kurz darauf (349 /50) nach Athen. Die Erziehung der Schwester Makrina war etwas anders verlaufen (Greg. Nyss. vita sanctae Macrinae 3, übers. Mayerhofer): «Die Mutter war aber darum bemüht, das Mädchen auszubilden. Freilich nicht nach der Art dieser weltlichen und umfassenden Bildung, bei welcher die jüngsten Altersklassen der Schüler zumeist mit Hilfe der Dichter unterwiesen werden. Denn sie hielt es für schändlich und gänzlich unpassend, mit den Schreckensszenen der Tragödie, für welche oft das Leben der Frauen den Ausgangspunkt und Stoff für die Dichter bietet, mit den Unanständigkeiten der Komödie oder den Gräueltaten der Ilias die zarte und formbare Natur zu belehren. Denn sie wäre durch die unanständigen Erzählungen über Frauen gewissermaßen beschmutzt worden. Vielmehr dienten jene Teile der göttlichen Schrift, welche für das früheste Alter am verständlichsten erscheinen, dem Kind als Unterrichtsstoff: Besonders die Weisheit Salomos und von dieser vor allem das, was sich auf das sittliche Leben bezieht.»

Aus Athen zurückgekehrt, wird Basileios eine Karriere als Rhetoriklehrer von Makrina ausgeredet (ebenda 6); der junge Mann vertieft sich in den christlichen Glauben und verbringt eine Zeit mit Bibelstudien in dem von der Schwester inzwischen bei Annisi (heute Uluköy) gegründeten Kloster, das unweit der Erbaa Ovası am Knick des Irisflusses in Pontos, ca. 50 Kilometer von der Heimat Strabons Amaseia entfernt liegt. Es handelt sich um ein Doppelkloster zu beiden Seiten des Flusses; gemeinsam besuchten Männer und Frauen den Gottesdienst

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in einer Kirche. Wohnen, Speisen und Arbeiten fand nach Männern und Frauen getrennt auf gegenüberliegenden Ufern statt. Basileios schreibt (epist. 223,2, übers. Stegmann): «Ich verwandte viel Zeit auf die Eitelkeit, und fast meine ganze Jugend vergeudete ich in eitlem Bemühen, die Wissenschaft der von Gott für töricht erklärten Weisheit zu erlangen. Endlich aber erwachte ich wie aus einem tiefen Schlafe, richtete meinen Blick auf das wunderbare Licht der Wahrheit des Evangeliums, durchschaute, wie wertlos die Weisheit der irdischen Größen, die zu nichts werden, beweinte viel mein beklagenswertes Leben und bat um die Gnade einer Anleitung zur Einführung in die religiösen Wahrheiten.»

Nach ausgedehnten Reisen im Orient bis nach Ägypten übernimmt Basileios in Kaisareia noch während der Amtszeit seines Vorgesetzten weitgehend die ­bischöflichen Aufgaben und engagiert sich als überzeugter Homoousianer auf Synoden in Lampsakos und Tyana. Im Jahre 370 wird er Bischof von Kaisareia und bleibt es für neun Jahre. Kaiser Valens (364–378) teilte 371 die bereits unter Diokletian im Osten zugunsten von Armenia beschnittene Provinz in Cappadocia prima und secunda, was Basileios heftig erzürnte, wurde damit doch seiner Jurisdiktion als Metropolit ein Teilgebiet entzogen und Tyana zugeschlagen. Zwischen ihm und seinem Amtskollegen Anthimos brach ein erbitterter Streit über die ekklesiastische Territorialordnung aus, in der auch eine große Zahl von «ländlichen» Bistümern (chorepiskopoi) existierte.44 Die Klostergründung der Schwester Makrina war in Kappadokien kein Einzelfall. Kongregationen von Koinobiten aus Frauen und Männern, aber auch einzeln lebende Eremiten, breiteten sich aus. Nicht wenige Frauen verließen Haus und Ehemann. Allerdings scheint jene Form des Asketismus, dem wir in Syrien begegnen werden, hier nicht Fuß gefasst zu haben: Das tage- und nächtelange Hungern und Dürsten, das Peinigen des Körpers, das Säulenstehen unter freiem Himmel. Im Klima des Landes hätte ein Säulensteher draußen den ersten Winter nicht überlebt.45 Basileios selbst war monastischer Zurückgezogenheit und asketischer Selbstzucht zugetan (epist. 2, übers. Stegmann): «Die Flucht aus der Welt ist nicht ein bloß leibliches Abschiednehmen von ihr, sondern ein Losreißen der Seele von ­ihrer Anhänglichkeit an den Leib.» Eine christliche Lebensweise hat er den strengsten Beschränkungen unterworfen: Man darf sich nicht aufregen, weder Witze ­machen noch Witze anhören und lachen, weder dem Wein ergeben sein noch Fleischgenuss lieben, überhaupt keine Vorliebe für eine Speise oder ein Getränk haben, bei Kleidung und Schuhwerk keinerlei Schmuck beabsichtigen (epist. 18).

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Der Brief an eine Frau, die anscheinend nicht gewillt war, in klösterlicher Jungfräulichkeit zu leben und sich einem Mann hingegeben hatte, breitet in einer barocken, mit Anspielungen auf Bibelstellen gespickten Rhetorik endlose Mahnungen, Vorwürfe und Drohungen aus (epist. 46, übers. Stegmann): «Denk an die ruhigen Tage, an die erleuchteten Nächte, an die geistlichen Gesänge, an den Wohllaut des Psalmengesanges und an die heiligen Gebete, an das keusche und unbefleckte Lager, an das jungfräuliche Hervortreten, an den nüchternen Tisch und an das fromme Gebet um die Erhaltung deiner unbefleckten Jungfräulichkeit! Wo bleibt die frühere ehrwürdige Gestalt, wo die vornehme Haltung, wo die einfache Kleidung, wo die schöne Röte der Schamhaftigkeit, wo die schmucke Blässe, diese Blüte der Entsagung und des Wachens, die lieblicher aufleuchtet als jede schöne Farbe?»

Jetzt habe sie «all das preisgegeben und […] für eine kurze Lust vertauscht, die zwar augenblicklich die Sinnlichkeit befriedigt, aber hernach dir bitterer als Galle schmecken wird». Alle Mühe, sie davon abzubringen, sei umsonst. Der Verführer, der sich an einer dem Sohn Gottes versprochenen Braut vergriffen habe, wäre am besten mit einem Mühlstein um den Hals im Meer versenkt worden. Seinem Einwand, die Frau habe es ja gewollt und ihr sei nicht wider Willen Gewalt angetan worden, wird mit einem Verweis auf Genesis 39,7 ff. begegnet: «Indes, auch jene Ägypterin, die wollüstige Herrin, war rasend in den schönen Josef verliebt. Und doch obsiegte nicht die rasende Begierde des unzüchtigen Weibes über die Tugend des Keuschen, und dieser ließ sich nicht zur Sünde vergewaltigen, obschon das Weib ihn gewaltsam fassen wollte.» Die als Hure geschmähte Verführte muss schließlich Drohungen lesen wie: «Stelle dir vor den letzten Tag – denn du wirst wohl nicht allein eine Ewigkeit leben – die Angst, das Ersticken, die Todesstunde, den nahen Urteilsspruch Gottes, die herbeieilenden Engel, die dabei schwer beängstigte Seele, die vom sündigen Gewissen bitter gemartert wird. […] In welchem Leibe will sie jene unendlichen und unerträglichen Qualen erdulden, wo das Feuer nicht erlischt, der quälende Wurm nicht stirbt, wo der Abgrund der Hölle finster und schrecklich, wo bitteres Wehklagen und entsetzliches Heulen und Weinen und Zähneknirschen ist und wo die Qualen kein Ende haben?»

In seinem Bischofsamt widmete sich Basileios der schwierigen, von internen und externen Widerständen und Rückschlägen gefährdeten Konsolidierung des nizänischen Dogmas. Gegnerische Homoier und Pneumatomachen befanden sich in höchsten Kirchenämtern wie unter den Mönchen in den Klöstern seines Heimatlandes. Den Durchbruch der Trinitätslehre auf der Reichssynode in Konstanti-

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nopel 381 hat er nicht mehr erlebt. Der Kirchenvater starb noch nicht 50-jährig. Das umfangreiche Werk mit über 40 Homilien, zwei Traktaten und ca. 350 Briefen an Kirchen und Stadtgemeinden, Bischöfe, Priester, Mönche und Klosterfrauen, Beamte und Privatleute verbreitete seinen Ruhm als Vater der sogenannten neunizänischen Orthodoxie, aber auch als Autorität in der kirchlichen Liturgie und als Begründer klösterlicher Regeln. Man nannte ihn schon zu Lebzeiten «den Großen». Er hat das byzantinische und nachbyzantinische Christentum in Ost und West so geprägt wie nur eine Handvoll anderer. Der Bischofssitz Nazianzos (heute beim Dorf Bekarlar) liegt im südlichen Kappadokien keine 100 Kilometer südwestlich von Kaisareia. Etwa 15 Kilometer südlich, unweit des Mons Argaios, liegt Arianzos, der Geburtsort jenes etwa gleichaltrigen Freundes von Basileios, Gregors «von Nazianzos».46 Dieser Gregor war ein ausgesprochenes literarisches und rhetorisches Talent, den Anforderungen in Kirchenämtern und den Machtkämpfen um theologische Deutungshoheit indessen wenig gewachsen, unter Druck wiederholt unentschlossen, zögerlich, ängstlich. Sein Vater, vom Hypsistarier (einer den «Höchsten Gott», theos hypsistos, verehrenden Sekte, siehe oben S. 420–422) zum Christentum übergetreten und getauft, war Bischof in Nazianzos, wo der junge Gregor seine schulische Ausbildung begann. Kaisareia in Kappadokien, Caesarea in Palästina und Alexandreia in Ägypten sind Stationen seines Studiums, bevor er nach Athen geht und daselbst den Landsmann Basileios trifft, mit dem er Freundschaft schließt. Wenig später – B ­ asileios hatte Athen bereits verlassen – lernt er den Kommilitonen Julian kennen (355). Zurück in der Heimat besucht er zunächst den Freund in dessen pontischer Einsamkeit von Annisi. Das väterliche Drängen, Priester zu werden, beantwortet er mit Flucht, um gleich darauf doch in dessen Dienste am Bischofsstuhl zurückzukehren. Im Jahr 362 erleben Gregor und Basileios die Ankunft ihres Athener Mit­ studenten Julian, inzwischen Christenfeind, Kaiser und Feldherr auf dem Durchmarsch an die Perserfront, in Kappadokien. Es kam keine Freude auf. Noch vor der Ankunft in Kaisareia hatten Christen anscheinend einen heidnischen Tempel zerstört. Julian reagierte mit drastischen Strafmaßnahmen, die die Stadt ihren Polisstatus, die Kirche einen Teil ihres Vermögens kosteten und Steuererhöhungen für Christen vorsahen (Soz. 5,3 f.). In einer Lobrede «auf die Makkabäer» (or. 15,5. 12) vergleicht Gregor sein Vorgehen mit dem des Seleukiden Antiochos IV., der mit äußerster Härte auf die Unruhen in Jerusalem reagiert und den Tempel der Juden in ein Heiligtum des Zeus Olympios umgewandelt hatte. Für den ­zutiefst gläubigen Christen war dieser Kaiser Julian «Inkarnation des Bösen»

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(or. 2,87). Er schrieb, freilich erst nach des Kaisers Tod recentibus odiis, zwei «Säulenreden» (steleutikoi or. 4 und 5) gegen den Gefallenen, den «Drachen», «Apostaten», «Hochmütigen», «Assyrer», «Gegner und Feind aller», «den, der auf Erden viel wütete und drohte», «der mit seinem Geschwätz und seinem Tun gegen das Höchste frevelte» und den «Tyrannen, der zur gerechten Strafe für seine Gottlosigkeit gestürzt wurde» (or. 4,1 f.). Basileios’ Aufforderung an den Freund Gregor, Bischof des Ortes Sasima zu werden, kommentiert dieser in seiner in Versen verfassten Autobiographie (de vita sua 439–445): «[Sasima] ist eine Station im mittleren Abschnitt der Fernstraße durch Kappadokien, die sich hier in drei Abzweigungen aufspaltet. Es ist ein wasserloses, finsteres, nicht mal ganz freies, schrecklich verwünschtes und enges Kaff; überall Staub und Lärm und Wagen, Klagen, Gestöhn, Geldeintreiber, Fußfesseln und Folterzangen, das Volk bestehend aus Fremden und Rumtreibern. Das ist die Kirche meiner Sasimier!»

Gregor schreckte davor zurück, einer derartigen Wildwestkulisse als Bischof zu dienen, und entfloh in die Berge. Nur die inständigen Bitten des Vaters, ihn zu unterstützen  – in der Autobiographie in wörtlicher Rede wiedergegeben (vss. 502–517) – bewegen ihn zur Rückkehr aus den Bergen nach Nazianzos. Als der Tod des Vaters ihm die Nachfolge im Bischofsamt eröffnet, schreckt er erneut zurück und begibt sich ins Thekla-Kloster bei Seleukeia am Kalykadnos (heute Silifke). Höhen und Tiefen erlebt er in Konstantinopel, wohin man den etwa 50-Jährigen zur Leitung einer nizänisch rechtgläubigen Gemeinde gerufen hatte.47 Kaiser Theodosius I., von dem glänzenden Redner begeistert, macht ihn zum Bischof anstelle des abgesetzten Homoiers Demophilos. Die Gegenseite schlug zurück, als ihm der Kyniker Maximos von Alexandreia das Amt streitig machen wollte, was seine erbitterte Reaktion hervorrief (de seipso et ad eos qui ipsum cathedram Constantinopolitanam affectare dicebant). Der Coup misslang zwar, aber im Zuge der Vorbereitung und Durchführung des Hauptstadtkonzils 381 drängten ihn die Gegner dermaßen in die Defensive, dass er noch im selben Jahr abdankte und die Flucht in die Heimat ergriff. Er starb knapp zehn Jahre später in seinem Geburtsort Arianzos. Werk und Nachwirkung stehen denen des Basileios kaum nach: 45 Reden, 249 Briefe, Gedichte im Umfang von ca. 17 000 Versen sind nicht nur in klerikalen Kreisen rezipiert worden. Von Rufinus ins Lateinische übersetzt, haben seine Schriften Übersetzungen und Bearbeitungen in Syrisch, Armenisch, Koptisch, Georgisch, Arabisch und Kirchenslawisch erfahren.

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Ein etwa sechs Jahre jüngerer Bruder des Basileios hieß ebenfalls Gregor.48 Vom Älteren hatte er in der Jugend viel gelernt, bevor er eine Zeitlang in der Heimatstadt Neokaisareia Rhetorik lehrte. Dass er heiratete, muss er in der Schrift «Über die Jungfräulichkeit» entschuldigen, in der er das Eheleben allgemein als zwar nicht gänzlich verächtlich, aber doch einem sittlich wertvollen Leben durch vielerlei Beschwernisse abträglich beschreibt (de virg. 3,1): «Deswegen sind wir nur Zuschauer fremder Tugenden und Zeugen der Glückseligkeit von anderen. Und wenn wir etwas Richtiges über die Jungfräulichkeit erkennen, dann geht es uns ebenso wie den Köchen und den Sklaven, die den Tafelprunk der Reichen kunstvoll zubereiten, selbst jedoch keinerlei Anteil an den zubereiteten Köstlichkeiten haben.» Auf des Bruders Betreiben empfing er widerwillig die Bischofsweihe in Nyssa, einem winzigen Flecken 45 Kilometer vom Ostufer des Salzsees. Nur vier Jahre später entzog er sich nach Anklage wegen unrechtmäßiger Wahl und anderer Verfehlungen der Verhaftung durch Flucht, vermochte aber in einem religionspolitisch zu Ungunsten der Homoier gewandelten Klima nach 378 ins Amt zurückzukehren. Er spielte eine bedeutende Rolle auf der Reichssynode 381 in Konstantinopel, unternahm dann Reisen in die Provinz Arabia und nach Palästina und durfte Anfang 386, zurück in Konstantinopel, als angesehener und hofnaher Kirchenmann feierliche Reden auf die verstorbene Kaisertochter Pulcheria und die verstorbene Kaiserin Flacilla halten. Sein Todesdatum (nach 394) ist nicht genau bekannt. Neben theologischen Traktaten, Homilien, Predigten und Festreden, einer Vita seines Landsmannes, des «Wunderwirkes» Gregor, sind von ihm nur ca. 30 Briefe überliefert. Dieser dritte und jüngste im Bunde der «großen» drei Kappadokier war ebenfalls gebildet, scharfsinnig und sprachgewaltig in der theologischen Debatte. Er entwickelt die neunizänische Trinitätslehre des Bruders vor allem in der Schrift «Gegen Eunomios» mit sublimer Rhetorik weiter. Die christliche Lehre insgesamt wird gewissermaßen abgerundet und ausgeglättet. Ein frühes Stadium der Orthodoxie ist mit ausbalancierten Kompromissformeln erreicht. Rede und Schrift der drei östlichen Kirchenväter stehen an einem markanten Wendepunkt der Geistesgeschichte des römischen Orients. Die drei sind nicht nur zufällige Zeitzeugen, sondern empörte Opponenten der revisionistischen Religionspolitik des letzten Kaisers, der die alten Götter und die paideia der ­Hellenen wieder zur Geltung bringen wollte. Alle drei standen auf demselben Niveau griechischer Bildung wie der einstige Mitstudent und reife Neuplatoniker. Doch anders als bei einem Clemens von Alexandreia und einem Origenes,

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die der klassischen Literatur an sich einen propädeutischen Wert auch für den gebildeten Christen zuerkannten (zum Beispiel Orig. ep. 2,1), erscheint bei den Kappadokiern ihr Verhältnis zur ‹hellenischen› Bildung als ambivalent und ­widersprüchlich, wird die Distanz und Abneigung größer. Im Jahrhundert zuvor hatte der christliche Fanatiker Tertullian, für den heidnische Literatur und Wissenschaft Gift war, Bedenken dagegen vorgebracht, dass Christen diese lehren, die ja doch voll von Götzen und Mythen ist (de idolatria 10). Dessen ungeachtet unterrichteten in den Schulen viele Glaubensbrüder. ­Julian hatte im Jahr seines Kappadokienaufenthaltes das Schulgesetz erlassen (Cod. Theod. 13,3,5, siehe oben S. 469), das zwar Christen mit keinem Wort erwähnt, gleichwohl, wenn man die vom Autor in einem berühmten Brief bekundete Absicht heranzieht, gegen die Lehrbefugnis christlicher Grammatiker, Rhetoren und Sophisten gerichtet war.49 Wenn es, so Julian, in der Bildung der Jugend nicht nur auf die Lehre der Sprache (lexeon), sondern der Sitte (ethon) ankomme, begebe sich ein überzeugter Christ in ein Dilemma: Das eine zu ­denken und die Schüler das andere zu lehren. Denn: «Sind nicht etwa Götter die Stifter jedweder Bildung für einen Homer, Hesiod, Demosthenes, Herodot, Thukydides, Isokrates, Lysias? Glaubten die einen nicht von Hermes, die anderen von den Musen gesegnet zu sein? Ich halte es für widersinnig, dass diejenigen, die deren Schriften erklären, die von ihnen verehrten Götter verachten. Und da ich dies für widersinnig halte, sage ich, dass man sie von der Jugend fernhalten müsse» (epist. 61c).50 Dazu kam es nicht. Als unmittelbare Reaktion legten zwar manche Christen ihr Lehramt nieder, andere machten den merkwürdigen Versuch, eine «christliche Ersatzliteratur»51 herzustellen, indem sie die Bibel in die Form homerischer Gesänge, das Evangelium in platonische Dialogform gossen. Doch schon 364 wurde das Gesetz aufgehoben. Gregor von Nazianz meinte (or. 43,23,4–6), Julian habe «uns nicht gerade ­eines besonders vorzüglichen Gutes beraubt». Die klassischen Werke sind nur noch für die sprachliche Schulung zu gebrauchen, Wissenschaften an sich, auch Astronomie oder Geometrie, dem zur Frömmigkeit Strebenden verächtlich. ­Allein, die scharfe Spitze der Argumentation Julians erkennend, versuchte er den Spieß umzudrehen: Der Kaiser habe listig das Wort «hellenisch» nicht als Bezeichnung einer Sprache, sondern synonym für heidnisch gebraucht und «uns deshalb von den Wissenschaften (logoi) vertrieben, wie Diebe eines fremden ­Gutes», um als «Hellene» Vorteil davon zu haben und «unsere Bildung zu verhindern» (or. 4,5 f.). Gregor verschweigt, dass es Julian um das Lehren, keineswegs um das Lernen ging. Basileios verglich die Klassiker mit «bunten Blättern am Baum», während

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a­ llein die Bibel dem Leser die «reife Frucht» biete (ad adulescentes 3,2). Seine an die Jugend gerichtete Schrift lehrt, in der heidnischen Literatur das Nützliche vom Schädlichen zu selektieren, eine Besorgnis, die in der Neuzeit ein Jefferson auf die Bibel anwandte. Philosophie ist schädlich: Das «törichte Geschwätz der prahlerischen Philosophen» solle man meiden (homiliae in hexaemeron 8,2). Was wir als Mathematik und Naturwissenschaften bezeichnen würden, führe vom Wege ab (in principio proverborum 12,6 – PG 31, 397, übers. Mayerhofer): «Bereits manche nämlich, die sich der Geometrie zuwandten, welche die Ägypter erfanden, sich mit der Astronomie beschäftigten, die bei den Chaldäern hochgeschätzt war, oder hinsichtlich Formen und Schatten ganz in der Lehre von den Himmelskörpern aufgingen, vernachlässigten die Erziehung durch die gött­ lichen Schriften.» Erkenntnis der wahren Natur sei im Glauben an Gott zu finden (homiliae in hexaemeron 1,9, übers. Mayerhofer): «Ob wir nun annehmen, die Erde bestehe für sich selbst oder sie schwimme auf dem Wasser, niemals dürfen wir vom frommen Denken abweichen, sondern müssen bekennen, dass alles zugleich von der Kraft des Schöpfers zusammengehalten wird. Dies nun müssen wir uns selbst und jenen, die fragen, worauf diese ungeheure und nicht tragbare Last der Erde aufruht, sagen: ‹In der Hand Gottes sind die Grenzen der Erde› (Ps 94,4). Dieses Wort gibt uns Sicherheit für unsere Erkenntnis und nützt den Hörern.»

Kappadokien hatte gegen seine intellektuellen Spötter in den Hochburgen der Sophistik zurückgeschlagen und der antiken Geisteswelt einen anderen Weg ­gewiesen: den des Glaubens an die Botschaft. Der Abstand zur altgriechischen Welterklärung und zur hohen Philosophie von Platon bis zum Neuplatonismus war unüberbrückbar geworden. Die geistige Avantgarde des orthodoxen Christentums hatte sich mit den drei «großen» kappadokischen Kirchenvätern aus der eisigen Luft empirischer Wissenschaft und logischen Urteilens endgültig ver­ abschiedet.

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4. Sweti Zchoweli – Etschmiadsin – Sohn des Ares und Sklave Christi Christliche Reiche zwischen den Welten: Lazika, Iberia, Armenia, Aethiopia Christliche Reiche zwischen den Welten: Lazika, Iberia, Armenia, Aethiopia

Aus dem sagenhaften Land an der Südostküste des Schwarzen Meeres Kolchis stammt die rachedurstige Königstochter Medeia, die der Gebildete aus der Tragödie des Euripides und dem Epos Argonautika des Apollonios von Rhodos kannte. Das Gebiet ist von der Landseite schwer zugänglich, die stark bewaldeten Ketten des ostpontischen Gebirges steigen auf über 4000 Meter Höhe an (Kaçkar Dağları). Ein aus dem Kaukasusgebiet und dem Phasistal im späten Hellenismus eingewanderter Volksstamm, die Lazen, bildeten nach 300 n. Chr. ein kleines Reich ebendort, wo an der Küste einst die Flavier eine Reihe von Festungen gebaut hatten. Das Land selbst produzierte kaum etwas, die Lazen führten alles über den Seeweg ein und tauschten gegen Pelze und Sklaven (Prok. BP 2,18,28). In den Schapurkriegen war Lazika (Abb. 91) unter die Herrschaft der Sasaniden geraten. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts betrieb ein König Gubazes I. eine Schaukelpolitik zwischen den Großmächten. Konstantinopel betrachtete ihn als Rebellen und versuchte, militärisch zu intervenieren. Erfolg blieb aus, und 470 war das Land wieder unter persischer Kontrolle.52 Im Jahre 521 /22, als in Konstantinopel Justin regierte und der Sasanide Kavadh die Ostgrenze des Reiches bedrohte, fiel König Tzath I.53 von den Sasaniden ab: Der Laze pilgert nach Konstantinopel, lässt sich taufen, heiratet eine Römerin und bittet den Kaiser, ihm die königlichen Insignien zu überreichen und das Reich unter seinen Schutz zu stellen. Kavadh ist brüskiert, vermag aber nichts dagegen auszurichten. Erst seinem Sohn und Nachfolger Chosrau bietet sich eine Gelegenheit, erneut zu intervenieren (BP 2,15. 17). Zunächst blieb Lazika ein Stabilitätsanker römischer Hegemonie im Vorfeld der Provinz Pontus Polemoniacus. Kaiser Justinian ernannte 528 einen magister militum per Armeniam et Pontum Polemoniacum et gentes, der den Auftrag erhielt, das wilde Bergvolk der Tzani oberhalb von Trapezus zu unterwerfen und es zum Christentum zu bekehren. Unter den alten römischen Festungen am Ufer des Pontos befand sich auf lazischem Territorium, nahe dem heutigen Batumi, Petra. Justinian hat das Bollwerk restaurieren lassen und daselbst die römische Besatzung einquartiert. Es erhielt den Stadtnamen Petra Pia Iustiniana. Doch das Fehlverhalten der Garnison hatte Konsequenzen: Als ein besonders habgieriger General, der in der neugebauten Festung residierte, von dort aus den ganzen

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Abb. 91: Lazika, Türkei

­ arenumschlag des Landes monopolisierte, wurde das Klientelvolk gegen die W römische Oberhoheit aufgebracht. Gesandte baten Chosrau um Hilfe und versprachen, seine Armee sicher in das abgelegene Land zu führen. Das erfolgte, und die in Petra Verschanzten vermochten den gegen die Mauern vorrückenden Persern zunächst schwere Verluste zuzufügen. Doch den Belagerern gelang es, einen Turm zu untertunneln und zum Einsturz zu bringen. Der römische General wurde im Kampf durch einen Pfeilschuss getötet, das Fort fiel in persische Hand, und Lazika wechselte die Seiten.54 Freilich übertrug sich die Unzufriedenheit der christlichen Lazen alsbald wieder auf die neuen Beherrscher. Chosrau, der einen Aufstand fürchtete, trug sich mit dem Gedanken, das Königtum abzuschaffen, das ganze Volk zu deportieren und das Land mit Persern zu besiedeln. Der Lazenkönig Gubazes II. paktierte mit den Römern und bat Justinian um Hilfe. Erneut intervenierten römische Truppen. In der Folgezeit wurde um das Land mit wechselndem Erfolg gekämpft, am erbittertsten um die Festung Petra, die das römische Expeditionsheer trotz aller Anstrengungen nicht einzunehmen vermochte (BP 2,28–30). Unweit des Flusses Phasis siegten Römer und Lazen zwar in einer Schlacht und zwangen das Perserheer zum Abzug, doch der Krieg ging noch jahrelang weiter, bis die persischen Kräfte erschöpft waren. Verhandlungen mündeten in einen 50-jährigen Frieden im Jahre 561 (Menander Protector fr. 11 M).55

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Das seit dem frühen Hellenismus bestehende Königreich Iberia im mittleren Südkaukasien56 war mit der flavischen Orientordnung zum Klientelstaat der Römer geworden. Der Name Iberia, dessen Herrscher sich damals philokaisar und philo­ rhomaios betitelte, hat schon die griechischen Schriftsteller diskutieren lassen, ob eine Verbindung zu ziehen sei von dem hier ansässigen kaukasischen Volk zu den Bewohnern der Pyrenäenhalbinsel. Der Historiker Appian bestreitet es (Mithr. 101): Beide hätten außer der Namengleichheit nichts miteinander zu tun. Einen Teil Iberias nimmt heute der Staat Georgien ein, dessen Name nach einer Volksetymologie vom Heiligen Georg stammt, tatsächlich indes sich von der persischen Bezeichnung gurgī (türkisch Gurgistan, russisch Grusija) herleitet. Auch Albania ist eine griechische Ableitung eines Ortsnamens Hulvân, der nur zufällig an den Namen des illyrischen Stammes der Albanoi anklingt, die antiken Bewohner des Balkanlandes Albanien an der Adria. Das kaukasische Albania nimmt ­einen Teil der heutigen Staatsgebiete von Dagestan und Aserbaidschan ein. Die Feldzüge der frühen Sasaniden, vermutlich erst die Schapurs I., scheinen Teile der Kaukasusregion erfasst und dortige Regenten tributpflichtig gemacht zu haben.57 Der Schapursohn Narseh, der 293 Großkönig wurde, zählt in der mittelpersischen Inschrift von Pāikūlī (im heutigen Irak) südkaukasische Dynasten als Untertanen oder doch zumindest als Vasallen auf, die seine Thronbesteigung anerkannten.58 Mit dem Frieden von Nisibis 299 war die römische Hegemonie zunächst wiederhergestellt. Doch der gesamte nordostanatolisch-südkaukasische Raum blieb zwischen Römern und Persern auch künftighin umstritten. Die Christianisierung Iberias erfolgte unter Konstantin von Kappadokien aus.59 Der Kirchenhistoriker Rufinus (HE 1,10–11) will die Geschichte der Konversion des Königspaares von einem Iberer namens Bacurius in Jerusalem erfahren haben. Protagonistin ist eine christliche Sklavin, die ins Land kam und durch wundersame Heilungen auf sich aufmerksam machte, den König drängte, eine Kirche bauen zu lassen, die wiederum nur auf wundersame Weise vollendet wurde. Mzcheta in unmittelbarer Nähe der alten Festungen Harmozika und ­Seusamora wurde das religiöse Zentrum. An diesem Ort, bis dahin Kultstätte des Ahura Mazda, haftet die in der frühmittelalterlichen Chronik von Kartli 8–10 erzählte Gründungslegende von der Kappadokierin Nino, die König Mirian bekehrte. Sie stimmt zum Teil mit dem Bericht bei Rufinus überein, und beide Versionen gehen wohl auf eine lokale Tradition zurück. Auch hier ist die früheste Kirche Wunderwerk: Als Gerüst des Baus sollten acht Zedernstämme errichtet werden. Sieben wurden aufgestellt, der achte ließ sich trotz größter Anstrengungen vieler Menschen nicht bewegen. In der Nacht brach ein fürchterliches Unwetter herein, der Aragos überschwemmte das Tal, sasanidische Truppen überfielen die

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Abb. 92–93: Mzcheta, Georgien, Reliefs an der Dshuari-Kirche

Stadt und richteten ein Blutbad an. Die heilige Nino stärkte das Vertrauen der kleinen Christengemeinde, dies sei eine Prüfung. Endlich erschien eine in Feuer gehüllte Gestalt, welche die achte Säule mühelos aufrichtete. Die Iberer schickten eine Gesandtschaft nach Konstantinopel und baten um die Aussendung christ­ licher Priester (Soz. 2,7). Auch unter persischer Herrschaft hielten die Iberer an ihrem christlichen Glauben fest, den sie strenger praktizierten als irgendwer sonst. Eine persische Offensive unter Kavadh zu dem Zweck, ihnen den Zoroastrismus aufzuzwingen, hatte keinen Erfolg (Prok. BP 1,12,3). In Mzcheta entstand das Hauptheiligtum Ostgeorgiens Sweti Zchoweli («Lebendige Säule»).60 Auf einem Hügel, nicht weit unterhalb der vermuteten Lage der Festung Seusamora, steht der älteste erhaltene Kirchenbau, errichtet an der Wende vom 6. zum 7. Jahrhundert um ein m ­ onumentales Holzkreuz mit steinernem Sockel. Auf dem Tympanon des Südportals sind Engel abgebildet, die im Fluge das Kreuz tragen (Abb. 92). Das Flachrelief an der Außenwand (Abb. 93) – darüber befindet sich eine der ältesten georgischen Inschriften – zeigt vermutlich jenen Stephanos I. mit Heiligenschein (ca. 590–627), der als Erster Münzen prägte, die auf der Vorderseite seinen Namen, auf der Rückseite statt der heiligen Flamme der zoroastrischen Feueraltäre das christliche Kreuz abbildeten.61 Unter seiner Herrschaft trennte sich die geor­gische von der armenischen Kirche. Die persische Oberhoheit ging mit dem Angriff des Kaisers Herakleios 626 unter, der proiranische Regent fand den Tod.

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Im Mittelalter erlebte das Land die Blütezeit eines unabhängigen Königreiches, bevor es im 16. Jahrhundert in Kleinfürstentümer zerfiel und im 19. Jahrhundert dem zaristischen Russland einverleibt wurde. An den Rändern des Hochgebirges hat die Geschichte ungewöhnlich vielfältige Nachbarschaften angesiedelt: Die neuzeitliche Sprachengeographie der ganzen Region unterscheidet drei große Gruppen: eine kaukasische mit Georgisch, Lazisch, Swanisch im ­Süden, Abchasisch und Tscherkessisch im Norden und ca. 40 weiteren Idiomen im Nordosten, darunter Inguschisch, Tschetschenisch, Dagestanisch, sodann eine indogermanische Gruppe mit Ossetisch, Talysisch, Kurdisch, Armenisch und slawischen Idiomen, darunter Russisch, schließlich eine altaische Gruppe mit Aserbaidschanisch, Türkisch, Tatarisch, Kasachisch. Das spätantike Königreich Großarmenien62 jenseits des oberen Euphrat setzte sich zusammen aus Provinzen, asχars, jede mit Untergliederungen namens ­gawar (etwa: Gaue). Die Gesellschaft war in drei scharf abgegrenzte Schichten unterteilt: An oberster Stelle standen die naχarar, ursprünglich die Fürsten der gawar, später allgemein die Barone mit ausgedehntem Landbesitz, der von hörigen Bauern bewirtschaftet wurde. Die Vasallen der Barone, die azats, bildeten die Mittelschicht, zuunterst stand ramik, die einfache Bevölkerung. Um die Mitte des 3. Jahrhunderts war das Land durch die Eroberungen Schapurs I. den Persern untertan geworden, in Besitz genommen zunächst von dem Schapursohn Hormizd Ardaschir, dem späteren Nachfolger Schapurs als Groß­könig. Ein Armenierkönig namens Tiridates hatte die Flucht ergriffen (Zon. 12,21). Dann, in den 270er Jahren, regierte es Narseh, der wenig später ebenfalls selbst Großkönig werden sollte. Nach dem Narseh aufgezwungenen Frieden von Nisibis 299 kehrte Armenien, wie Iberien, unter die Schirmherrschaft der Römer zurück. Die konventionelle Datierung eines Übertritts des armenischen Königreichs zum Christentum im Jahre 301 ist ein von der Legende gestütztes Konstrukt. Schwierig zu bestimmen und heftig umstritten ist, wann der berühmte, das Christentum zur Staatsreligion erhebende Trdat (Tiridates) von den Römern zum ­«König» über Armenien (oder einen Teil des Landes) eingesetzt wurde, und ob dieser Armenier mit gleichnamigen, etwa dem Jahrzehnte zuvor vertriebenen oder einem Vasallen unter (beziehungsweise neben?) Narseh – während dessen armenischer Herrschaft – identisch ist. Die Wiedereinsetzung eines Trdat wird je nachdem Kaiser Probus 279 oder erst Kaiser Diokletian zwischen dessen 2. und 15. Regierungsjahr, 283 oder 298, zugeschrieben. Anhänger des christlichen Glaubens dürfte es Ende des 3. Jahrhunderts schon in einiger Zahl im Lande gegeben

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haben; der Norden Armeniens wurde von Kleinarmenien und Kappadokien aus, der Süden von Mesopotamien aus missioniert. Jener Trdat soll der Legende nach zunächst ein erbitterter Christenverfolger gewesen sein: Gregor, ein Neffe des Königs – sein Vater soll dessen Vater ermordet haben –, bekennt sich zum Christentum und wird nach schweren Foltern in einer Grube voller Nattern und Skorpione 13 oder 15 Jahre gefangen gehalten. Als Trdat die schöne Frau Hripsime, die sich weigert, in den königlichen Harem zu gehen, und ihre Gefährtinnen das Martyrium erleiden lässt, verwandelt göttliche Strafe ihn in ein Wildschwein, woraufhin wiederum die Freilassung Gregors und daraufhin die Rückverwandlung des Königs erfolgen. Dieser tritt zum Christentum über und veranlasst die Zerstörung der persischen Heiligtümer im Lande. Gregor «der Erleuchter» wird in Begleitung des armenischen Adels zum kappadokischen Metropoliten Leontios geschickt und in Kaisareia (oder Neokaisareia) zum Bischof Armeniens geweiht. An einer Datierung dieser – durch den Namen des Leontios als historisch verbürgten – Weihung vor oder nach dem 311 in Nikomedeia veröffentlichten Toleranzedikt des Galerius scheiden sich die Geister. Konnte Trdat schon eine Religion annehmen, während dieselbe unter dem Kaiser Diokletian, dem er den Thron verdankte, aufs schärfste verfolgt wurde? Dass die armenische Kirche, gleichgültig, ob die Bekehrung Trdats 301 oder erst 314 oder 315 geschah, die «älteste bestehende Staatskirche der Welt» ist, muss heute bezweifelt werden.63 Wie oben dargelegt, war einige Jahre früher schon Abgar der Große, Regent von Edessa unter Septimius Severus, sehr wahrscheinlich zum Christentum übergetreten. Die von Gregor bei seiner Rückkehr gegründete Haupt- und Mutterkirche Armeniens befand sich in Aschtischat im Lande Taron (beim heutigen Muş). Der legendenumrankte Ort des Martyriums der Jungfrauen Hripsime und Gajane, mit den zwei den Märtyrerinnen geweihten Kirchen, der Kathedrale und einem Kloster wurde zum religiösen Zentrum des Landes mit dem Namen Etschmiadsin («Herabstieg des eingeborenen Sohnes»).64 Armenien hat in der Folgezeit seinem Christentum nicht nur den Gründungsmythos, sondern eine ganz eigene Lehre und eine eigene Kirche gegeben und in deren Ausprägung Identität auf Leben und Tod gesucht.65 Auf Armenien und das benachbarte Iberien konzentrierten sich nach dem Friedensvertrag mit Jovian die sasanidischen Kriegsanstrengungen, wo sich bald ein Drama besonderer Art abspielte (Amm. 27,12). Das Reich war damals, obgleich größtenteils romfreundlich, zunächst schutzlos. Den Armenierkönig Arsakes hatte Schapur II. 367 hinterhältig gefangen nehmen und ermorden lassen. Ein Teil des Landes war persisch besetzt. Zwei armenischen Überläufern gab

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Schapur den Auftrag, die stark befestigte Hauptstadt Artogerassa zu erobern, wo sich noch die Witwe des Arsakes Pharandzem und ihr Sohn Papa aufhielten. Die genaue Lage dieser Stadt, wo einst der Augustusenkel Gaius tödlich verwundet wurde – sie heißt bei Strabon Artageras (11,14,6) – ist nicht bekannt.66 Die beiden armenischen Belagerer, Kylakes und Arrabannes, unternahmen es mangels Aussicht auf einen schnellen Erfolg, die Königin in Verhandlungen zur Übergabe zu bewegen, wobei Kylakes, ein Eunuch, «sich gut auf Schmeicheleien gegenüber Frauen verstand» (Amm. 27,12,6). Allein, die Königin vermochte die beiden Landsleute offenbar durch Versprechungen umzudrehen. Zurückgekehrt ins ­Lager der Perser täuschten sie die Vereinbarung einer Waffenruhe mit der Meldung vor, die Eingeschlossenen hätten um zwei Tage Bedenkzeit ersucht. Einem gemeinsamen Plan gemäß jedoch sollten die arglosen Belagerer des Nachts durch einen Überraschungsangriff aus der Stadt heraus vernichtet werden. Das gelang und erregte die Wut des Perserkönigs, der seine Truppen daraufhin das offene Land verwüsten ließ. Ihren Sohn Papa67 hatte die Königin vorsichtshalber schon während der Belagerung zur heimlichen Flucht aus der Stadt überredet; im pontischen Neo­ kaisareia (heute Niksar) fand dieser Aufnahme bei den Römern. Der comes et dux Terentius sollte den Königssohn als Regent in Armenien wieder einsetzen, jedoch ohne einen Königstitel (sine ullis insignibus): «damit wir nicht des Vertrags- und Friedensbruchs beschuldigt werden konnten» (Amm. 27,12,10). Außer sich über diese Dreistigkeit, griff der Perserkönig Schapur Armenien mit neuer, verstärkter Heeresmacht an. Während Kylakes und Arrabannes sich in die Gebirgswälder an der Südostküste des Schwarzen Meeres zurückzogen, hielt die Königin Pharandzem die erneute Belagerung Artogerassas mehrere Monate aus. Doch mit der hart erkämpften Einnahme der Burg war ihr Schicksal besiegelt: Schapur ließ sie in Ktesiphon hinrichten (Faustus 4,55). Das Drama war nicht zuende. Es gelang Schapur, seine Feinde gegeneinander auszuspielen, indem er durch geheime Botschaften an Papa dessen Argwohn nährte, er, der Königssohn, sei zum bloßen Werkzeug der wahren Regenten Kylakes und Arrabannes degradiert. Papa ließ beide umbringen und schickte dem Perser ihre Köpfe. Währenddessen war unter dem magister peditum Arinthaeus ein römisches Heer in das armenische Hochland eingerückt, stark genug, um Schapur Einhalt zu gebieten. Dieser begnügte sich mit Appellen an den Kaiser, die vertraglichen Abmachungen einzuhalten (Amm. 27,12,13. 15). Valens ließ Terentius mit zwölf Legionen den zuvor von den Persern vertriebenen Klientelkönig Sauromakes in das benachbarte Königreich Iberia zurückführen. Er akzeptierte die Bitte des den

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Persern verbundenen Gegenkönigs Asparukes, «sie sollten beide in gemein­ samer Herrschaft als Vettern regieren» (Amm. 27,12,16). Es war ein Deal, den indessen Schapur als Zumutung empfand. Er reagierte mit neuen Rüstungen. Papas Vorgehen wurde auf römischer Seite als Verrat aufgefasst und mit ­einem Komplott beantwortet. Mit königlichen Ehren zu einem Besuch beim Kaiser eingeladen, fand er sich plötzlich in Tarsos an der Küste Kilikiens interniert. Nur unzulänglich bewacht, gelang ihm mit 300 Begleitern eine abenteuerliche Flucht über Tauros und Euphrat zurück in die Heimat. Zu seiner Ergreifung in Marsch gesetztes Militär richtete nichts aus. Erst beharrliche Annäherungsver­ suche und Versprechungen täuschten den jungen Mann ein zweites Mal: Als ­Ehrengast zu einem üppigen Bankett geladen, wurde er bei Saitenspiel, Gesang und Wein niedergemacht (Amm. 30,1; Faustus 5,32). Einen neuen Klientelkönig vermochten die Römer nicht durchzusetzen. Kaum eingesetzt, wurde dieser von einem perserfreundlichen Gegner 378 vertrieben (Faustus 5,34). Schließlich bestieg ein Sohn Papas als Vasall der Sasaniden den Thron, den er mehr als zehn Jahre behielt. Im Jahre 379 starb Schapur II. Vermutlich im Jahre 387 besiegelte ein Vertrag zwischen seinem gleichnamigen Sohn und übernächsten Nachfolger Schapur III. und Kaiser Theodosius I. die Teilung Armeniens, dem gemäß von ursprünglich 15 asχars den Römern nur sechs übrig blieben. Diese bildeten eine römische Provinz, zweigeteilt in Armenia prima mit Sebaste als Hauptort und Armenia s­ ecunda mit Melitene als Hauptort. Beide von praesides regierten Teile wurden 389 in die Diözese Pontica integriert. Die in Kastellen (Not. dign. or. 38) fest garnisonierten Grenztruppen, limitanei, kommandierte ein dux Armeniae, dem auch die Truppen des Pontus Polemoniacus unterstanden (Not. dign. or. 38,15 und 2,47).68 In Persarmenia regierten die Vasallen noch weiter bis zur Abschaffung des Königtums 428 n. Chr., als das Land unter direkte persische Herrschaft fiel. Allerdings flammte Widerstand auf: Unter Kavadh zerstörten die Armenier Feuertempel, massakrierten Magoi, besiegten und töteten einen vom König mit Heeresmacht entsandten General. Auf ihr Hilfeersuchen und das Angebot, sich den Römern zu unterwerfen, ging Kaiser Anastasios indessen nicht ein (Joshua Sty­ lites 21). Etwas Ähnliches wiederholte sich 564 zur Zeit des Kaisers Justinian: Als ein armenischer Adeliger vom persischen Gouverneur hingerichtet wurde, brach ein Aufstand los, dem der Perser selbst zum Opfer fiel.69 Den verbliebenen römischen Teil hat Justinian in vier Provinzen (Armenia I–IV) unterteilt.70 Doch kehrte auch dort keine Ruhe ein. Perserfreundliche Usurpatoren mussten niedergerungen werden, und der Nachfolger Kavadhs,

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Chosrau, lauerte auf Gelegenheit (Prok. BP 2,3). Als an der Wende vom 6. zum 7. Jahrhundert n. Chr. Byzanz und die Sasaniden noch immer um die Vormachtstellung über Armenien rangen, schrieb Kaiser Maurikios an den Sasaniden­ könig (nach dem armenischen Chronisten des 7. Jh.s Ps.-Sebeos p. 47): «Die Armenier sind ein widerspenstiges und unbelehrbares Volk. Sie stehen zwischen uns und sind eine Quelle dauernder Probleme. Ich werde diejenigen auf meiner Seite sammeln und nach Thrakien deportieren. Du schickst deine in den Osten. Wenn sie dort sterben, werden es eben Feinde sein, die sterben. Wenn sie dort töten, dann sind diejenigen, die sie dort töten, wenigstens auch Feinde. Was uns betrifft, so werden wir in Frieden leben.»

Aus dieser Jahrhunderte andauernden Prellbocklage zwischen den zwei Großmächten gleitet Armenien nach der arabischen Expansion Mitte des 7. Jahrhunderts heraus, und nach einer Übergangszeit von fast zweieinhalb Jahrhunderten beginnt mit der Krönung Achots I. in der Hauptstadt Ani 885 die kurze Blütezeit eines armenischen Feudalstaates, zunächst in Ani (heute Ruinenstätte an der türkisch-armenischen Grenze), dann in Tbilissi. Das armenische Christentum hat überlebt, und aus Spätantike und Frühmittelalter stammen die bedeutendsten christlichen Baudenkmäler, darunter die Heilig-Kreuz Kirche von Achtamar aus dem 10. Jahrhundert (Abb. 94). Im frühen 11. Jahrhundert begann auf Grund der Invasion seldschukischer Heere ein Exodus großer Gruppen von Armeniern in den Süden, wo sie im kilikischen Tauros einen Vasallenstaat von Byzanz aufrichteten. Die völlige Verwüstung des Landes durch die Mongolen im 14. Jahrhundert ist nur der Auftakt zur Fortsetzung der Leidensgeschichte durch neue Antagonismen zwischen Großmächten hüben und drüben: zwischen Osmanen und Safawiden (16.–17. Jh.), zwischen Osmanen und Russland (18.–19. Jh.). Sie kulminiert in den Katastrophen am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, um deren Deutung unter den Heutigen erbittert gestritten wird. Eine landeseigene schriftliche Überlieferung aus der Antike ist spärlich, spät und problematisch. Wieder einmal dominiert in der Geschichtsschreibung die griechisch-römische Außenperspektive. Erst das christliche Zeitalter hat eine ­armenische Schrift hervorgebracht, die als Alphabet des Maštocʿ bekannt ist. L ­ iteratur setzt im frühen 5. Jahrhundert ein mit Übersetzungen syrischer und griechischer christlicher Schriften, darunter Eusebios von Caesarea und Johannes Chrysostomos. Armenischen Ursprungs sind aus derselben Epoche nur einige Bischofsbriefe und eine Biographie von Maštocʿ. Wichtig ist der anscheinend ebenfalls im 5. Jahrhundert schreibende Historiker Faustus, bekannt als Faustus

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Abb. 94: Achtamar, Türkei, Heiligkreuz-Kirche, Ostwand

von Byzanz (armen.: Pʿawstos Buzand), der eine Geschichte Armeniens von ca. 330–387 in vier Büchern verfasst hat.71 Es ist unklar, ob sie ursprünglich in A ­ rmenisch, in Syrisch oder in Griechisch geschrieben war. Der Autor ist weder aus Byzanz noch, wie man glaubte korrigieren zu müssen,72 aus Buzanta in Kilikien. Der Werktitel ist eine spätere Hinzufügung. Im Text selbst steht an einer Stelle: Buzandaran patmut ʿıwnkʿ. Das erste Wort enthält keinen Ortsnamen, sondern wird mit Parthisch *bōzand, Altpersisch *barant-zanda verbunden und verweist auf einen ‹Barden›, einen Rezitator epischer Dichtung. Es handelt sich also um eine vermutlich anonyme Komposition epischer Erzählungen, die man erst nachträglich einem Faustus zugeschrieben hat.73 Ein weiteres wichtiges Geschichtswerk stammt von Moses Chorenacʿ, der von sich behauptet, Schüler des Maštocʿ zu sein. Das Werk scheint jedoch erst später, vielleicht im 8. Jahrhundert, verfasst worden zu sein. An der gegenüberliegenden Peripherie des römischen Reiches, tief im Süden von Ägypten, entfalten sich seit der frühen Kaiserzeit von Königen regierte Reiche, Meroë (Nubien) und Aksūm (heute etwa Äthiopien und Eritrea). Bereits Augustus ließ römische Waffen über die Südgrenze der neuen Provinz Aegyptus hinaus tragen: Bis in die Nähe von Meroë war der Nachfolger des Aelius Gallus als ­Präfekt Ägyptens, Petronius, mit einem Expeditionsheer vorgedrungen.74 Nero

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scheint einen Krieg erwogen zu haben; jedenfalls gelangte ein Rekognoszierungstrupp nach Äthiopien, den der dortige König unterstützt haben soll.75 Etwa um dieselbe Zeit erwähnt der Autor des periplus Maris Erythraei einen Handelsplatz an der südlichen Westküste des Roten Meeres mit Namen Adulis, 20 Stadien landeinwärts ein gleichnamiges Dorf.76 Es ist jene Hafenstadt, in der sich der Indienfahrer Kosmas (Indikopleustes) im Jahre 519 für kurze Zeit aufhielt und Abschriften des späterhin berühmten Monumentum Adulitanum anfertigte, deren eine wir oben im Zusammenhang mit der Geschichte des ptolemäischen Ägypten erwähnt haben und auf deren zweite wir gleich zu sprechen kommen. Gemäß den Ausführungen des periplus (4 f.) befand sich drei Tagesreisen landeinwärts ein Hauptumschlagplatz für den Handel mit Elfenbein und Rhinozerushorn, Koloē, und nach weiteren fünf Tagesreisen gelangte man in die metropolis Axōmitēs,77 wo die für den Hafen von Adulis bestimmte Handelsware aus dem ganzen Land jenseits des Nil zusammengetragen wurde. Der im nächsten Abschnitt genannte Regionalherrscher Zoskales sei «der griechischen Schrift kundig» (grammaton hellenikon empeiros), das heißt, er konnte wohl Griechisch lesen und schreiben, nicht unbedingt fließend sprechen. Es ist nicht ganz sicher, ob wir in diesem «als König regierenden» (basileuei) Afrikaner den frühesten bekannten axumitischen König oder den Herrscher ­eines Nachbargebietes erblicken müssen.78 Erst etwa anderthalb Jahrhunderte später werden mehrere Könige des Reiches Aksūm namentlich bekannt, nach ca. 270 durch die eigene Münzprägung in dichter Folge.79 Von einem marmornen Thronsessel in Adulis kopierte Kosmas die griechische Inschrift mit dem Tatenbericht eines Herrschers, dessen Name nicht erhalten ist (OGIS 199). Dieser bisher ausführlichste Text in griechischer Sprache über den Aufstieg des Königreiches Aksūm vor der Christianisierung liest sich wie der von Kosmas am selben Ort von einer Stele abgeschriebene viele Jahrhunderte ältere des Ptolemaios Euergetes (OGIS 54). Die Zurschaustellung dieser langen Texte in griechischer Sprache setzt voraus, dass am Ort eine beträchtliche Anzahl von des Griechischen Kundigen dauerhaft präsent war, mithin – wie an anderen Orten entlang der Seeroute bis nach Indien – mit einer Kolonie von Händlern aus dem römischen Reich zu rechnen ist. Ob der König selbst Griechisch konnte, wissen wir nicht. Der Triumphator nennt eine Unzahl von Stämmen und – zum Teil schwer zugänglichen – Territorien bis an die Grenze Ägyptens (die römische Provinz) und «das Gebiet von Äthiopien» (das Reich Meroë), die er bekriegt, erobert, deren Frauen, Kinder, Jünglinge und gesamten Besitz er weg­geführt beziehungsweise die er sich tributpflichtig gemacht habe. Seine See- und Landstreitkräfte hätten auch die jenseits des Roten Meeres wohnenden Arrabitai und

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Kinaidokolpitai auf der Arabischen Halbinsel unterworfen. Er habe diese Erfolge als Erster und Einziger der bisherigen Könige erzielt, in großer Dankbarkeit gegenüber seinem größten Gott Ares, «der mich auch erzeugt hat». Derselbe einheimische, mit dem griechischen Ares gleichgesetzte Kriegsgott Maḥrem erscheint an anderer Stelle der Inschrift in einer Trias mit «Zeus» und «Poseidon» genannten Göttern, denen in Adulis geopfert wurde. Der Historiker Michael Speidel hat gute Gründe dafür genannt, dass dieser Herrscher seine Feldzüge um 200 n. Chr., als das Imperium von Septimius Severus regiert wurde, offensichtlich im Einvernehmen mit dem oder doch mit Duldung des Kaisers unternahm.80 Wenn der König erwähnt, er habe den Arabern auf der Halbinsel befohlen, das Reisen zu Wasser und zu Lande in Frieden zu ermöglichen, so deckt sich das mit den vitalen Interessen Roms an einem ungestörten Verkehr durch das Rote Meer und auf den Karawanenstraßen südlich der Provinz Arabia. Das Christentum kam kurz vor Mitte des 4. Jahrhunderts der Überlieferung zufolge beinahe zufällig nach Aksūm:81 Ein Indienreisender, Meropius, in dessen Begleitung sich zwei noch jugendliche Brüder befanden, Aedesius und Frumentius, ließ das Schiff auf der Rückreise durch das Rote Meer in einem Hafen an der afrikanischen Westküste anlegen, als sie von Einheimischen angegriffen wurden. Meropius wurde getötet, die Knaben gerieten in äthiopische Gefangenschaft und wurden dem König ʿEzānā zugeführt. Beiden gelang es, sich am Hof Sympathie und Respekt zu verschaffen. Aedesius wurde Mundschenk und der ob seiner Klugheit bewunderte Frumentius königlicher Sekretär und Tutor der Königskinder. Der König starb und hinterließ die Königinwitwe und den gleichnamigen unmündigen Sohn, dessen sich Frumentius als des künftigen Königs annahm. Der Thronfolger war schon herangewachsen, als den beiden Höflingen erlaubt wurde, ihre betagten Eltern in der Heimat zu besuchen. Aedesius ging nach ­Tyros, blieb dort und wurde Priester. Frumentius suchte in Alexandreia den Patriarchen auf, um ihn zu bitten, der Christengemeinde in Aksūm einen Bischof zu schicken. Bei dieser Gemeinde handelt es sich wohl eher um ortsansässige Kaufleute aus dem römischen Reich als um einheimische Äthiopier. Der Patriarch in der Metropole am Nil war Athanasios, der berühmte Gegner des Areios. Er weihte Frumentius zum Bischof von Äthiopien und schickte ihn zurück nach Äthiopien. Um das Jahr 330 gelang es Frumentius, seinen ehemaligen Schützling und jetzigen König ʿEzānā zu bekehren. In Konstantinopel indessen war man indigniert über die Verbreitung der athanasianischen Glaubenslehre. Ein in der Verteidigungsschrift des Athanasios überlieferter Brief des Kaisers Constantius II. an ­König ʿEzānā und dessen Bruder Śəʿazana enthält die Forderung, Frumentius sofort nach Ägypten auszuliefern und die Mission und Ordination in Äthiopien

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dem Nachfolger des abgesetzten Athanasios, Bischof Georgios, zu überlassen (Athan. ad Const. 31, PG XXV 636). König ʿEzānā,82 der zu beiden Seiten des Bāb al-mandab herrschende «König der Könige», ist unter anderem durch zwölf zum Teil längere Königsinschriften aus Aksūm bekannt, die in drei Sprachen, Altäthiopisch, Pseudosabäisch und Griechisch, in Stein gemeißelt sind. Er äußert sich in den Texten sowohl vor als auch nach seiner Bekehrung, dort als Sohn des Gottes Ares (SEG 32, 1601), hier als «Sklave Christi» (doulos Christou). Dieses jüngste der Dokumente ist ein langes, mit der Glaubensformel an die Trinität Vater, Sohn und Heiliger Geist eingeleitetes Dankesgebet an Gott und Christus, seinen Helfer und Wegbereiter (SEG 26, 1813). Die alte Trias einheimischer Götter hat der christlichen Trinität Platz gemacht. Auf den Königsmünzen erscheint statt der Mondsichel das christliche Kreuz. Ob und wie ʿEzānā auf den Brief des Constantius II. reagierte, bleibt ebenso unklar wie das weitere Schicksal des Frumentius. Ein in den 340er Jahren unternommener Versuch, die Äthiopier zum Arianismus zu bekehren, scheiterte. Die Kirche in Aksūm hat sich nach Chalkedon (451) der antichalkedonischen Einnaturenlehre, später Monophysitismus genannten Glaubensrichtung angeschlossen. Die Äthiopier blieben Christen, ihre Bischöfe wurden weiterhin vom Patriarchen in Alexandreia geweiht. Aksūm war im Mittelalter nicht mehr Residenz. Ruinen von Palast- und königlichen Grabanlagen haben sich bis heute ­erhalten.

5. Fanatiker auf Kaiser- und Bischofsthron Die theodosianische Dynastie und die Teilung des Reiches Die theodosianische Dynastie und die Teilung des Reiches

Im Jahre 378, als Armenien und Iberien den Römern größtenteils verloren gingen, fehlte für einen roll-back im Osten die Kraft. Denn an einer anderen Reichsgrenze musste alles Verfügbare aufgeboten werden: Es war das Jahr der Schlacht von Adrianopel (heute Edirne) an der westlichen Peripherie des römischen ­Orients, in der die in Thrakien einbrechenden Goten dem Reich eine epochale Niederlage zufügten. Kaiser Valens fand den Tod. Der Historiker Demandt kommentiert diesen Wendepunkt mit einem Zitat aus der lateinischen Kirchen­ geschichte des Rufinus (HE 1,13): «[…] welche Schlacht der Beginn des Unglücks für das römische Imperium gewesen ist, damals und in der Folgezeit» (quae ­pugna initium mali Romano imperio tunc et deinceps fuit).

Die theodosianische Dynastie und die Teilung des Reiches

Fortan rissen die Inkursionen von Goten, Sarmaten, Quaden, Alanen, Hunnen, Vandalen, Markomannen nicht ab. Sie zerschlugen das westliche Reichs­ gefüge in einem Transformationsprozess hin zu nichtrömischen Territorial­ reichen, den die europäische Geschichtsschreibung als «Untergang des Römischen Reiches» beschrieben hat. Mit den von Konstantinopel aus regierten, weiterhin bestehenden römischen Provinzen des Orients separierte sich das byzantinische oder oströmische Reich. Das vom Kaiser, basileus, regierte Staatsvolk wird ­weiterhin als ‹Römer› (Rhomaioi) oder auch – wie bei Joshua Stylites (8–9) – als ‹Griechen› bezeichnet. Im Jahre 379 war der Spanier Theodosius I. Augustus im Osten geworden. Im Gegensatz zu seinem religionspolitisch eher liberalen Vorgänger entpuppte er sich als katholischer Fanatiker. Am 27. Februar 380 erließ er sein berühmtes Religionsedikt, worin der Katholizismus zur alleinigen Staatsreligion erklärt wurde (Cod. Theod. 16,1,2). Es folgten Edikte gegen Häretiker und Manichäer (Cod. Theod. 16,5,6. 9. 11. 18), Verbote heidnischer Opfer (Cod. Theod. 16,10,7) und von Eheschließungen zwischen Christen und Juden (Cod. Theod. 3,7,2; 4,7,5), die Ausweisung von Häretikern aus Konstantinopel (Cod. Theod. 16,5,13), das Verbot jedes Götterkultes (Cod. Theod. 16,10,12). «Das Jahr 381 gilt als das Jahr der Begründung der christlichen Staatsreligion.»83 Aber in allen Schichten der Bevölkerung bis hinein in hohe Reichsämter gab es weiterhin Heiden, und in den städtischen Zentren des Orients wurde nach wie vor paganes Bildungsgut gelehrt, debattiert und verschriftlicht. Im Jahre 387 zieht die Auferlegung einer Sondersteuer in Antiocheia am Orontes Ausschreitungen nach sich. Eine Bronzestatue der Kaiserin Flacilla wird umgestürzt und durch die Straßen geschleift. Der erzürnte Herrscher reagierte mit der Ankündigung drakonischer Strafen. Unter anderem sollte die Stadt, wie es ihr einst von Kaiser Septimius Severus schon einmal widerfahren war, ihren Status verlieren und zum Dorf der Nachbarin Laodikeia degradiert werden. ­Todesurteile, an einigen Personen vom Magistrat der Stadt schon vollstreckt, sollten folgen. Jahrhunderte früher, als die Römer ihre erste Provinz auf asiatischem Boden einrichteten und Städte um ihre Freiheit, ihre Autonomie und ihren Grundbesitz bangten, brachten es philosophisch geschulte Polisbürger als Verhandlungsführer fertig, Schlimmes abzuwenden. Diesmal machte sich der Bischof Flavian auf in die Hauptstadt, während zu Hause der damals etwa 38-jährige Presbyter Johannes Chrysostomos seine ‹Säulenhomilien› zur Beschwichtigung an das Stadtvolk richtete. Den kaiserlichen Abgesandten indessen trat einer der auf den Bergen wohnenden Asketen entgegen, ein kleiner, alter, in armselige Lumpen gehüllter

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Mann, der über keinerlei Wissen verfügte und auch der heiligen Schriften (theion logion) gänzlich unkundig war. Er forderte die Offiziere auf, vom Pferd zu steigen, und sprach (Theod. hist. eccl. 5,20, übers. Seider): «Saget, meine lieben Männer, dem Kaiser: Du bist nicht nur Kaiser, sondern auch Mensch. Sieh also nicht allein auf deine kaiserliche Würde, sondern denke auch an deine Natur! Du bist ein Mensch und herrschest über Wesen derselben Art. Die menschliche Natur aber ist nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen. Lass also das Bild Gottes nicht so grausam und unbarmherzig vernichten! Denn du erbitterst den Schöpfer, wenn du sein Bildnis zu schlimm behandelst. Bedenke nur, dass auch du diese Strafen verhängen willst, weil du wegen der Misshandlung eines ehernen Bildes erzürnt bist! Wie viel aber ein beseeltes, lebendes und vernunftbegabtes Bild vor ­einem leblosen voraus hat, das ist allen Verständigen klar. Außerdem beherzige auch dieses, dass es uns leicht ist, statt des einen viele andere eherne Bilder fertigen zu lassen, dass es dir aber ganz und gar unmöglich ist, auch nur ein einziges Haar der Getöteten wieder herzustellen.»

Der Kaiser lenkte ein. Während der dreijährigen Abwesenheit des Theodosius im Westen regierte in Konstantinopel sein Sohn Arcadius. Nach einer kurzzeitigen Rückkehr erließ der Kaiser in seinem Eifer, die Verehrung heidnischer Götter gleichsam vom Erd­ boden zu tilgen, radikale Kultverbote: Tieropfer, Verehrung menschengemachter Bilder, überhaupt der Zutritt zu heidnischen Tempeln (nemo templa circumeat), selbst Kulthandlungen in Privathäusern wie Rauchopfer, Kranzniederlegung oder Weinlibation für Penaten, Laren etc. seien illegal und zu verfolgen (Cod. Theod. 16,10,10–12). Schon unter dem Gesichtspunkt der Funktion öffentlicher Bauwerke in den städtereichen Provinzen mussten die unzähligen heidnischen Tempel zum Problem werden. Noch Valentinian und Valens hatten sie schützen und einer ge­ eigneten Umnutzung zuführen, gewissermaßen eine «Christianisierung durch Historisierung» einleiten wollen (Cod. Theod. 15,1,19; 16,10,19).84 Zwar verfügten auch Honorius und Arcadius, dass an öffentlichen Bauten keine Zerstörungen zulässig seien (volumus publicorum operum ornamenta servari). Doch in weiten Teilen des Orients entfesselten die Maßgaben Tempelzerstörungen, Vernichtung von Kunstwerken und pogromartige Ausschreitungen.85 Der erneute Aufbruch des Theodosius in den Westen galt dem Kampf gegen den Usurpator Eugenius. Arcadius, 17 Jahre alt, blieb als Ostkaiser in Konstantinopel zurück. Noch einmal kam es am Ende des Jahrhunderts, wie an dessen Beginn zwischen Konstantin und Maxentius an der Milvischen Brücke, zu einer Schlacht um die Alleinherrschaft, die am 6. September 394 im heutigen Slowe-

Die theodosianische Dynastie und die Teilung des Reiches

nien ausgetragen wurde und Theodosius den Sieg bescherte ([Ps.-]Aur. Vict. ep. Caes. 48,7). Seinem schon im Jahr zuvor zum zweiten Mitkaiser erhobenen jüngeren Sohn Honorius, einem zehnjährigen Knaben, übertrug er die Regierung im Westen (Rufin. HE 2,34). Der Kaiser starb in Mailand (17. Januar 395). Bis zu dieser Zeit waren Osten und Westen zwar von verschiedenen Augusti regiert worden, unterlagen deren Gesetzgebung jedoch unterschiedslos als einheitlicher Rechtsraum eines ein­ zigen Imperiums. Mit den Söhnen des «großen» Theodosius, wie er erstmals auf dem Konzil zu Chalkedon (451) genannt wurde,86 war das Reich künftighin dauer­ haft zweigeteilt. Beide Jünglinge mussten die Ausübung der Herrschaft zunächst mächtigen Hofbeamten überlassen. Im Osten, unter Arcadius, ging es drunter und drüber: Von den Persern drohte für diesmal keine Gefahr. Doch Syrien und die Metropole Antiocheia machten 395 mit der Invasion eines bis dahin nie gesehenen exotischen Volkes Bekanntschaft, das der Chronist Joshua Stylites als Kūshānāyē oder Hunnen bezeichnet (9). Aus Syrien zogen diese zwar wenige Jahre später ab, vor allem im Westen sollten sie aber auf Jahre hinaus zur schwersten Belastung für das Reich werden. Germanische Heerführer im Orient mutierten zu abtrünnigen Condottieri und verfolgten eigene Pläne, mit- und gegeneinander: Durch Kleinasien zog 399 plündernd ein gotischer Warlord, Tribigild; ein zweiter, Gainas, der ihn bekämpfen sollte, bemächtigte sich im Jahr darauf der Hauptstadt und wollte daselbst den Arianismus etablieren, woraufhin der Bischof Johannes Chrysostomos einen Volksaufstand entfesselte, der tausende Soldaten das Leben kostete und Gainas selbst in die Flucht trieb (Zos. 5,19,4). Diesen Johannes,87 den die Nachwelt wegen seiner Beredsamkeit mit dem­ selben Beinamen «Goldmund» (Chrysostomos) schmückte wie einst den Sophisten Dion von Prusa und den sie als einen der hervorragendsten Kirchenväter verehren sollte, hatte Arcadius 398 zum Bischof der Hauptstadt berufen. Das Schicksal des Mannes enthüllt einmal mehr die Kapriolen anhaltenden Kirchenstreits und die kirchenpolitische Volatilität des kaiserlichen Regiments. Als Sohn eines römischen Offiziers war Johannes von der Mutter erzogen und von dem antiochenischen Bischof Meletius getauft worden, bevor er vom Anagnosten zum Diakon und Presbyter aufgestiegen war. In teils jahrelanger Zurückgezogenheit und Askese hatte er sich in biblische Studien vertieft. Er soll die Heilige Schrift auswendig gelernt haben. Es war sein hervorragender Ruf als Prediger, der den Kaiser bestimmte, ihn ohne sein Wissen für den Bischofsstuhl am Bosporus zu nominieren. Das hauptstädtische Amt indessen ließ den Hof und Klerus abgewandten

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­ igoristen christlicher Lebensführung nicht zur Entfaltung kommen: Über die R Exkommunikation ägyptischer Mönche kam es zum Streit mit dem mächtigen Patriarchen Alexandreias, Theophilos. Dem gelang es tatsächlich, in der so­ genannten Eichensynode auf einem Landgut Zur Eiche bei Chalkedon den ab­ wesenden Gegner von 35 Bischöfen verurteilen zu lassen und die Zustimmung des Kaiserhofes für seine Verbannung zu erwirken. Als der Kaiserin Eudoxia «ein Unglück» widerfuhr (Pall. dialogus de vita S. Ioannis Chrysostomi 9), wurde Johannes zwar plötzlich zurückgerufen, doch die Reue am Hof währte nicht lange. An den Belehrungen des Vorbildlichen nahm man Anstoß, während seine Feinde die erneute Ausweisung betrieben und durchsetzten. Das erste Exil in Kappadokien war diesen nicht abgelegen genug, da Johannes Kontakt mit seiner Hauptstadtgemeinde hielt. Sie wählten mit Pithyus an der Ostküste des Schwarzen Meeres einen Ort jenseits der Reichsgrenzen. Der Verbannte starb 407 auf dem Weg dorthin in Komana Pontica (nahe Tokat in der Osttürkei). Seine volle Rehabilitation erfolgte wenige Jahre später, und seine Gebeine fanden, zunächst in die Apostelkirche Konstantinopels überführt, im Jahre 1626 ihre endgültige Ruhestätte in St. Peter in Rom. Er hinterließ ein gigantisches Werk, das umfangreichste von allen Kirchen­ vätern, darunter: Traktate über Jugfräulichkeit und christliche Kindererziehung, «dass man kein zweites Mal heiraten soll», gegen das Syneisaktentum (das ­keusche Zusammenleben unverheirateter Paare), «gegen Juden und Heiden» sowie «gegen Julian über den Heiligen Babylas», außerdem über 700 Predigten und 241 Briefe, die meisten aus der Verbannung geschrieben. Tempelzerstörungen gingen unter Arcadius weiter; besonders hartnäckiger heidnischer Widerstand im palästinischen Gaza wurde gewaltsam gebrochen.88 Auch der als Knabe auf dem Kaiserthron nachfolgende Sohn des Arcadius, Theodosius II., überließ die Politik zunächst weitestgehend Hofbeamten, Eunuchen oder der älteren Schwester. Immerhin war ihm eine ungewöhnlich lange Regierungszeit von über 40 Jahren beschieden, von 408 bis 450. Sein größtes und bleibendes Verdienst ist die Gesetzessammlung des Codex Theodosianus. Das Bestreben, sozusagen mit der Brechstange eine rechtgläubige Einheits­ religion durchzusetzen, steigerte Theodosius noch. Alle Häresien, Perfidien, Schismen und aller Aberglaube der Heiden, alle ‹falschen› Doktrinen der Christen seien seinem Edikt gemäß zu verfolgen. Als besonderer Abschaum wird der Manichäismus hervorgehoben und mit schwerster Strafandrohung sanktioniert. Strafen verschiedener Strenge drohen für Arianer, Makedonier (ein anderer Name für die Pneumatomachen), Apollinarier, Novatianer, Sabbatianer, Eunomianer, Valentinianer, Montanisten oder Priscillianisten, Phryger, Markianer,

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Borborianer, Messalianer, Euchiten, Enthusiasten, Donatisten, Audianer, Hydroparastatae, Tascodrogitae, Photinianer, Paulianer und Markellianer (Cod. Theod. 16,5,65). Waren heidnische Kulthandlungen unter den Theodosiern noch mit abgestuften Geldbußen bedroht, so sollte unter dem Nachfolger Marcian ein wegen dieser Verbrechen Verurteilter der Todesstrafe und Güterkonfiskation unter­ fallen (Cod. Iust. 1,11,7: convictus proscriptionem omnium honorum suorum et ­ultimum supplicium subeat), während dem Provinzstatthalter und seinem gesamten officium im Falle einer Unterlassung der Strafe die Zahlung von 50 Pfund Gold aufzuerlegen sei. Mit den militärischen, sozialen und ökonomischen Zerfallserscheinungen entlud sich aus der einst verfolgten, jetzt staatstragenden Religion eine intolerante, gewalttätige Autokratie, die an jeder begrifflichen Devianz Anstoß nahm und die alten Religionen, einschließlich des Judentums, mit Hass und Rachsucht überzog.

6. «a most impudent school-mistress of Alexandreia» Spätantikes Ägypten Spätantikes Ägypten

Die Quellenlage für das spätantike Ägypten verändert sich. Seit dem 4. Jahrhundert wächst ein gigantisches kirchliches und klösterliches Schrifttum in Griechisch, Koptisch, Syrisch und Arabisch, das teilweise noch wenig erschlossen ist.89 Ein Beispiel ist die oben (S. 443) schon besprochene Nag-Hammadi-Bibliothek. Die Drei- beziehungsweise Vierteilung der kaiserzeitlichen Provinz Aegyptus in kleinere Teilprovinzen seit den diokletianisch-konstantinischen Reformen brachte eine anders strukturierte Administration ins Land. Die Provinzen wurden von praesides regiert, denen zivile und klerikale Amtsträger unterstellt ­waren, für ganz Ägypten schätzungsweise 400 an der Zahl.90 Die oberste Finanzverwaltung ging vom dioiketes auf einen katholikos über, der ebenfalls für alle Teile des Landes zuständig blieb. Die Einzelprovinzen blieben nach Gauen (Nomoi) unterteilt, an deren Spitze ein logistes (lateinisch curator civitatis) das höchste Amt in der Nomos-Metropole innehatte, während für die Steuereinziehung ein exactor den alten Gaustrategen ersetzte. Die Toparchien wurden neu aufgeteilt, jede einem praepositus aus dem Kreis der städtischen Ratsherren ­unterstellt. Die Vororte der Nomoi waren seit Beginn des 3. Jahrhunderts als Poleis mit Ratsversammlungen organisiert. Ihre Ratsherren hafteten für das Steueraufkommen. Bürgerversammlungen scheint es in ihnen nicht gegeben zu haben. Diese

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Mittelmeer Bolbitinischer Sebennytischer Paraetonium Arm Arm Phatnitischer Arm Kanopischer Arm Canopus Mendesischer Alexandria Arm Buto Xois Sebennytos Tanitischer Marea L. Mareotis Sais Pelusischer Arm Arm Taposiris Naucratis Buslris Thmuis Tanis Pelusium WADI-EL-NATRUN Terenuthis

Nildelta

Bubastis Athribis

Letopolis

Heliopolis Babylon Memphis

Clysma Socnopaiou Bacchias Philadelphia Moiris-See Dionysias Karanis Euhemeria Ptolemais Hormou Theadelphia Kerkeosiris Arsinoe (Crocodilopolis) Tebtunis Heracleopolis Magna

FAY UM Nesos

HE P TAN O M I A

Oxyrhynchus

Oase el-Bahrija

N A B ATA E I Sinai

ARABIA PETRAEA

Cynopolis Akoris

Nil

KLEINE OASEN

Totes Meer

Rhinocolura

Hermopolis Magna

Bir el-Obeiyid

HA

VIA

A DRI

WADI-ELARISCH

NA

Antinoopolis

Myos Hormos

Lycopolis Apollinopolis Heptakomias Aphrodite

Porphyrites Mons

Antaeopolis l

Ni

Atripe

(Weißes Kloster)

Claudianus Mons

Panopolis Ptolemais

Rotes Meer

Nag Hammadi Tentyra Leukos Limen Koptos Diospolis Parva Apollinopolis Parva T HE B AI S Hermonthis Diospolis Magna (Thebes) WADI Pathyris (Crocodilopolis) HAMMAMAT Latopolis Abydos

Oase el-Dachla

GROSSE OASEN Oase Khârga

Apollinopolis Magna

Hieraconpolis

Smaragdus Mons

Ombos 1. Katarakt

Syene

Philae Insel

Hierasykaminos

Berenice

YE

Talmis

MM

D O DE CAS C H O E N U S

BLE

Elephantine Insel

S

Pselchis

Nil

Primis 0

50

100

WADI ALAKI

150 km

Karte 12: Spätantikes Ägypten

Spätantikes Ägypten

Metropoleis hatten schätzungsweise 25 000–50 000 Einwohner. Das Aussehen der Stadtkerne unterschied sich nicht von dem anderer Städte des römischen Orients. Hermoupolis etwa würde ein Besucher im 3. Jahrhundert durch ein repräsentatives Stadttor, das Tor der Sonne, betreten und auf die Plateia gelangen: «Säulenhallen flankierten diese Antinoe-Straße, die den Fußgänger durch ein Tetrastylon (vier monumentale Säulen als Markierung einer Straßenkreuzung) vorbei an einer Exedra und Tempeln des Hadrian und Antinoos auf den zentralen Marktplatz führten; weiter vorbei an zwei Nymphäen und Tempeln der Aphrodite und der Fortuna (Tyche) durch ein großes Tetrastylon, wo die Avenue zum großen Tempel des Thoth die Antinoe-Straße kreuzte, durch ein drittes Tetrastylon (der Athena), und so zum Tor des Mondes.» Ein Charakteristikum waren die in den Städten noch vorhandenen massiven Tempelbauten alter Zeit für ägyp­ tische Gottheiten.91 Doch der Kult der ägyptischen Götter zusammen mit der Priesterschaft und den von ihren Schreibern gepflegten indigenen Schriften erlebte ab dem 3. Jahrhundert einen rapiden Niedergang. Auch das einst so starke Judentum hatte sich von der Niederschlagung der Revolten unter Triaian und den anschließenden schweren Repressionen nie mehr erholt. Dagegen erlebte das Land eine geradezu explosive Verbreitung des Christentums. Spätestens seit der Zeit der letzten Verfolgungen besaßen die Metropolen der Nomoi Bischöfe; um 320 existierten in Ägypten 90–100 Bistümer. Alle waren direkt dem Patriarchen in Alexandreia unterstellt, Metropoliten als Zwischeninstanz gab es nicht.92 Das spätantike Ägypten ist neben Syrien eine der beiden Landschaften, wo Christen kollektive und individuelle Formen von Askese als vorbildliche Lebensform etabliert und weltweite Bewegungen initiiert haben. Hier findet die Ouvertüre des antiken und mittelalterlichen Möchtums und Klosterlebens im gesamten christlichen Europa statt. Asketismus an sich ist eine vorchristliche (und außerchristliche) Erscheinung: Die Pythagoreer lebten klosterähnlich in Gruppen, Diogenes von Sinope und die Kyniker lehrten Bedürfnislosigkeit, und asketische Regeln gab sich auch die Gemeinschaft in den Schriftrollen von Qumran. Nach dem griechischen Wort enkrateia («Enthaltsamkeit») werden die Enkratiten benannt, die sich für strengste Enthaltsamkeit ereiferten; sie sind bei Christen, Gnostikern und Manichäern zu finden. In Ägypten blühte Derartiges in christlichem Kontext seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. auf: Antonius von Koma in Oberägypten, ein Mann aus der Unterschicht, der angeblich nur Koptisch sprach und ganz ungebildet war, trat mit Exorzismus, Heilungen und Predigten hervor, vernachlässigte völlig sein Äußeres und seine

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körperlichen Bedürfnisse.93 Als junger Mann soll er in der Kirche die Jesusworte gehört haben, die den reichen Jüngling dazu bewegen wollten, all seinen Besitz zu verkaufen, das Geld an die Armen zu verteilen und Jesus nachzufolgen (Mt 19,21). Sofort habe Antonius die Kirche verlassen und genau das getan: Er habe das von den Eltern ererbte Land an die Dorfbewohner verteilt, den übrigen Besitz verkauft und das Geld den Armen gegeben. Zunächst auf Wanderschaft, verdiente er sein Brot durch Gelegenheitsarbeiten, aß wenig, schlief auf dem nackten Boden. Als er die Entsagung dahingehend steigerte, sich in ein Grab einschließen und nur alle paar Tage Wasser und Brot bringen zu lassen, wäre er beinahe gestorben, hätte man den schon Bewusstlosen nicht gefunden und ins Dorf getragen. Und doch kehrte er nach seiner Erholung wieder in dasselbe Grab zurück. Begleitet ist seine Askese von fortwährenden Einflüsterungen des Teufels und von Dämonen, die mit Gütern und Lustver­ sprechen locken. Doch er hält stand und predigt anderen, es seinem Vorbild gleichzutun, will Reiche zur Armut, Soldaten zum Einsiedlertum, junge Frauen zur Jungfräulichkeit überreden. Immer mehr Menschen wollen ihn treffen. Endlich zieht er sich in die Berge zurück. Einmal verlässt er seine Einsiedelei zur Zeit der Verfolgungen 303–311, um Christen in den Minen und in Gefängnissen zu unterstützen, ein anderes Mal macht er sich auf nach Alexandreia, um sich zu verteidigen, nachdem man ihn des Arianismus bezichtigt hatte. Sein Ruhm wächst und gelangt bis in die Hauptstadt. Kaiser Konstantin und seine Söhne sollen Briefe an ihn geschrieben haben. Mit Philosophen, die ihn aufsuchten, habe er mit Hilfe eines Dolmetschers geredet. Er selbst soll sieben koptische Briefe verfasst haben (Hier. vir. ill. 88); sie sind in georgischer und arabischer Sprache überliefert, in Arabisch ­außerdem 13 weitere. Die Echtheit ist umstritten. Antonius soll im hohen Alter von 105 Jahren gestorben sein. In jeder Art Wohn- und Hausgemeinschaft lauert Streit. Das Gegenmittel sind die in Fluren und an Türen ausgehängten Regeln, die jeder kennt. Etwas später als Antonius wirkte ein Mann, der als Begründer des Klosterlebens gilt. Ein gewisser Pachomios, unter Konstantin für kurze Zeit Soldat, ließ sich taufen, lebte eine Weile bei dem Eremiten Palamon und gründete mit diesem zusammen in einem verlassenen Dorf bei Theben ein koinobion, eine Einsiedlergemeinschaft.94 Den isoliert lebenden Einsiedlern, den Anachoreten (sich Zurückziehenden) konnte er nichts abgewinnen. Das fromme Leben in der Gruppe favorisierend, erkannte er sehr bald, dass es Regeln bedurfte. Selbst auferlegte Armut, Disziplin, Gehorsam, gegenseitiges Dienen und Arbeit sollten für alle gleichermaßen verpflichtend, die Heilige Schrift Grundlage der Geisteshaltung und geis-

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tigen Übung sein. Er schrieb eine Klosterregel auf, die früheste ihrer Art. Sie ist nicht erhalten, machte jedoch Schule. Als frühestes Beispiel ist bei dem Kirchenvater Hieronymus ein pachomianisches Regelwerk des ägyptischen Klosters Metanoia in lateinischer Übersetzung einer griechischen Fassung, die wiederum auf ein koptisches Original zurückgeht, vollständig überliefert. Es umfasst 194 Regelsätze.95 Die Disziplinargewalt hat der praepositus des Hauses. Kleider- und Sitzordnung bei Versammlung, Tagesablauf und Arbeit sind festgelegt; der Klang der Tuba ruft die Mönche aus ihren Zellen heraus. Gemeinsame Mahlzeiten sind cum disciplina et mansuetudine ­abzuhalten, Zuspätkommen, Sprechen und Lachen während des Essens werden bestraft (31). Wer bei den Disputationen sitzend einschläft, wird vom praepositus gezwungen, zu stehen, solange dieser es für angemessen hält (22). Für Kranke wird in einem separaten triclinium gesorgt (42). Klosterbesuch ist streng geregelt (52). Pachomios’ Schwester gründete – wie später Makrina, die Schwester des Basileios in Kappadokien – eine entsprechende Gemeinschaft für Frauen. Er selbst geriet 345 n. Chr. in Konflikt mit dem Klerus in der Thebais und wurde auf einer Bischofsynode in Latopolis verurteilt, entkam nur knapp einem Anschlag. Als er 347 starb, existierten bereits neun Klöster mit über 5000 Mönchen. Bald darauf verbreitete sich ein literarisches Genus von Lebensbeschreibungen dieser Leute. Eine koptische Biographie des Pachomios, die Mönche auf Grundlage von Erinnerungen seines Schülers Theodoros von Tebennesi schrieben, ist in koptischen Rezensionen, griechischen, lateinischen und arabischen Übersetzungen überliefert. Athanasios verfasste die Vita des heiligen Antonius, und ein Anonymus, von Rufinus aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt, eine historia monomachorum in Aegypto. Bereits im 4. Jahrhundert zog die dem Niltal nahegelegene Wüste tausende von Eremiten und Anachoreten an. Ihre Prominenz im Schrifttum der Zeit trug zur Entstehung eines regelrechten Tourismus bei: Wie schon in der Antoniusvita geschildert, strömten Bewunderer und Heilung Suchende zu Einsiedlern und Klostergemeinschaften. Keineswegs alle Mönche und Nonnen lebten in Armut, einige behielten sogar ihren Grundbesitz. Andere bestritten mit Handwerk ihren Lebensunterhalt, verrichteten Lohnarbeit. Der Grammatiker Palladas aus Alexandreia (ca. 355–430) drückt in seinen Spottversen die Verwunderung distanzierter Zeitgenossen aus: «Wenn Einsiedler, warum so viele? So viele aber, wie dann wiederum einzeln? Oh Masse an Einsiedlern, die Einsamkeit vortäuscht.» Wir werden auf die reli­ gionsgeschichtliche Bedeutung des Phänomens unten im Kapitel zu Syrien eingehen (S. 527–529).

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Ägypten und die Kyrenaika waren in der Spätantike von Nomadeneinfällen aus der Wüste heimgesucht.96 Interessanten Aufschluss über die Zustände in seiner Heimat gibt der Brief Nr. 124 des Synesios von Kyrene: «Ich bin von den Leiden des Heimatlandes umgeben und entsetzt darüber, wenn ich täglich die feindlichen Waffen sehe und die wie Opfertiere abgeschlachteten Menschen und die von der Verwesung der Leichen verdorbene Luft einatme und selbst etwas ähnliches zu erleiden erwarte. Wer wäre hoffnungsfroh in einer Situation, wo die Umgebung völlig niedergeschlagen ist, erfasst vom Schatten der Geier? Aber auch unter diesen Bedingungen bin ich gern hier. Denn was ich auch leide, bin ich nicht Libyer, hier geboren, sehe ich nicht die Gräber der Vorfahren, die nicht ungepflegt sind?»

Das Melitianische Schisma ebenso wie der Streit über die Natur des Gekreuzigten waren im 4. Jahrhundert von Ägypten ausgegangen. Die Weltstadt am Nil Alexandreia rang als erbitterter Konkurrent mit Antiocheia und Konstantinopel um die Deutungshoheit im Glaubensstreit. Moderne Forscher gehen davon aus, dass im 5. Jahrhundert drei Viertel der Bevölkerung Ägyptens christlich waren.97 Dennoch scheinen Lehre und Glaubensinhalt, Bilder und Sprache noch vielfach zwischen Heidnischem und Christlichem zu oszillieren. An Alexandreia98 waren die Krisen des 2., besonders aber des 3. Jahrhunderts n. Chr. nicht spurlos vorübergegangen. Nach der Invasion der Palmyrener sollen die Konflikte der Bürgerschaft zu mörderischen Kämpfen eskaliert sein. Regierende Präfekten, so die expositio totius mundi (37), hätten zu Beginn ihrer Amtszeit die Stadt «mit Furcht und Zittern» betreten. Hass unter den Bevölkerungsgruppen, Abneigung gegen die Obrigkeiten vermischten sich mit religiös motivierten Auseinandersetzungen in einem Schmelztigel religiöser und geis­ tiger Strömungen. Ein vom dux Aegypti unterstützter arianischer Bischof namens Georgios zog durch sein rabiates Vorgehen gegen heidnische Besitztümer den Hass vieler auf sich. Als Julian Kaiser wurde (361), warf man Georgios ins Gefängnis, wo er kurz darauf von einer wütenden Menge gelyncht wurde (Amm. 22,11,3–8; Iul. epist. 10; Soz. 5,7). Von herausragender Bedeutung in der Geschichte der heidnisch-christ­ lichen Spannungen ist ein in das Jahr 391 n. Chr. zu datierender Konflikt, der zur vollständigen Zerstörung des Sarapeions führte.99 Das Ereignis steht im Kontext mit den orientweiten Maßnahmen des Kaisers Theodosius, heidnische Tempel und Heiligtümer zu zerstören und Kulte auszurotten. Es begann damit, dass bei Renovierungsarbeiten an einer Basilika Christen ein unterirdisches Mithraeum entdeckten, wo sich noch Kultgegenstände befanden. Der Patriarch

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Theophilos, ebenjener, der später zum erbitterten Feind des hauptstädtischen Bischofs Johannes Chrysostomos wurde (oben S. 499 f.), ließ in provokato­ rischer Absicht die Gegenstände zur öffentlichen Lächerlichkeit ausstellen. Daraufhin brachen blutige Straßenschlachten zwischen Christen und Heiden aus. Die Heiden verbarri­kadierten sich im Sarapeion und massakrierten gefangene Christen. Vergeblich versuchten der praefectus Augustalis Euagrios und der c­ omes Aegypti Romanos zu deeskalieren. Erst als sie ein Edikt des Kaisers Theodosius erwirkten, das den Verschanzten Amnestie bei Räumung, den Christen die Verehrung ihrer getöteten Glaubensbrüder als Märtyrer versprach, begannen jene abzuziehen. Doch nutzten die Christen den Augenblick, sie in die Flucht zu schlagen und das Sarapeion zu stürmen. Zerstörte Gebäude wurden in Kirchen und Wohnstätten von Mönchen umgebaut. Heidnische Rhetoren, Grammatiker, Dichter, darunter ein Augenzeuge: der Epigrammdichter Palladas, verließen die Stadt. Im Jahre 412 starb der Patriarch Theophilos, und ihm folgte sein Neffe, der späterhin berühmt-berüchtigte Kyrillos nach. Sein Rang war der eines anagnostes («Vorleser»). Es ist erstaunlich, wie er den Sprung ins Patriarchenamt schaffte. Anders als sein Vorgänger trat der neue Patriarch als mächtiger Politiker auf und ging offensiv gegen andere Religionsgruppen vor. Er ließ die Kirchen der Nova­tianer schließen und deren Bischof enteignen. Die Verhaftung eines seiner Gefolgsmänner auf Betreiben der Juden beschwor einen Konflikt herauf, in dessen Verlauf es zu nächtlichen Zusammenstößen, Besetzungen von Synagogen und Vertreibungen von Juden aus der Stadt kam. Beide Seiten schickten Berichte nach Konstantinopel. Die Antwort aus der Hauptstadt war, dass Dispute zwischen Juden und Christen vom Provinzgouverneur entschieden werden sollten.100 Der Präfekt Orestes,101 ein Christ, war auf Kyrillos nicht gut zu sprechen. Als dieser ihm in einer Kirche ein aufgeschlagenes Evangelium hinstreckte und ­Orestes auf die zweideutige, Versöhnung und Unterwerfung erheischende Geste nicht einging, war die Feindschaft perfekt. Eiferer unter den Christen sahen sich in dem Verdacht bestärkt, Orestes sei ein Kryptopagane. Schlägertrupps aus Nitria, wo Kyrillos fünf Jahre bei den Mönchen zugebracht hatte, streiften durch die Straßen, stoppten den Wagen des Präfekten und beschimpften ihn als Heiden. Steine flogen. Ein Mönch namens Ammonios traf Orestes am Kopf. Seine Leibwache ergriff die Flucht. Nur das Einschreiten einer zufällig anwesenden Menge von Bürgern rettete dem Präfekten das Leben. Der Mönch Ammonios wurde festgenommen und so schwer gemartert, dass er starb. Kyrillos ließ Ammonios’

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Leiche mit großem Prunk aufbahren, erklärte ihn zum Märtyrer mit dem neuen Namen Thaumasios («der Wunderbare»). Der Kirchenhistoriker Sokrates sieht darin die Absicht des Patriarchen, den Mönch zu einem Opfer im Glaubensstreit zu stilisieren und vom eigentlichen Anlass für dessen Tod, dem Angriff auf die staatliche Autorität, abzulenken (Sokr. 7,13–15). Alexandreia zu Beginn des 5. Jahrhunderts n. Chr. war noch immer Hort der Wissenschaften und der traditionellen Philosophie, insbesondere des Neuplatonismus. Die Archäologie bietet eine sonst seltene Evidenz für den Schulbetrieb: Kom el-Dikka im Zentrum der antiken Stadt ist Ausgrabungsort einer kom­ plexen spätantiken Anlage mit mehreren Hörsälen.102 Christliche Fundamentalisten empfanden die freie Luft philosophischen Unterrichts in der Weltstadt als toxisch für ihre Dogmen. Noch dazu ertrug man es gewiss nicht leicht, dass seit den Zeiten Hadrians immer mehr Klassen von Gelehrten mit Privilegien aus­ gestattet waren. So heißt es im Codex Theodosianus, diese seien: ab omni functione omnibus muneribus publicis immunes.103 Ein geistiges Klima der Intoleranz breitete sich aus und verdrängte Debatten durch Hasspredigt. Kennzeichnend dafür ist der skandalöse Lynchmord an der Philosophin Hypatia im Frühjahr 415 n. Chr.104 Die Vorgänge sind aus mehreren Quellen zu rekonstruieren, dem Kirchenhistoriker und Fortsetzer des Eusebios Sokrates Scholastikos (ca. 380–440 n. Chr.), dem Neuplatoniker und letzten Oberhaupt der Akademie in Athen Damaskios (ca. 462 – nach 529), dem Bischof und Chronisten Johannes von Nikiu (7. Jh.) und aus Kurzbiographien in den Lexika Hesychios (6. Jh.) und Suda (10. Jh.). Philosophinnen und gelehrte Frauen kennen wir aus der Antike lange vor Hypatia.105 Sie treten vermehrt in den spätantiken Schulen in Erscheinung, wie die Neuplatonikerinnen Asklepigeneia,106 Sosipatra von Pergamon107 oder die Schülerin Plotins, Gemina.108 Hypatia, in Alexandreia geboren, war die Tochter des Mathematikers Theon. Sie eignete sich im Studium eine Bildung an, mit der sie – so das Urteil des Sokrates Scholastikos – die Philosophen ihrer Zeit ausstach.109 In der Stadt lehrte sie philosophische Grundlagen, besonders Platon und Aristoteles, in öffentlichen Vorträgen. Zuhörer dürften vor allem die heranwachsenden Söhne der städtischen Eliten gewesen sein.110 Mit wachsendem Ansehen zog sie Zuhörerschaft alsbald von überall her an, und die Gebildeten, mit denen sie verkehrte, stellten ihr das Zeugnis vortrefflicher sophrosyne aus: Man empfand nicht die geringste Irritation darüber, dass sie sich als Frau mitten unter Männern bewegte. Auch die herrschende Obrigkeit suchte den Kontakt zu ihr, und des Öfteren traf sie mit dem Präfekten Orestes zusammen.

Spätantikes Ägypten

In kirchlichen Kreisen war die Philosophin verhasst. Eine Verschwörung gegen sie braute sich angeblich deswegen zusammen, weil man in ihr die Quelle eines schlechten Einflusses auf Orestes vermutete, der den Präfekten dem Patriarchen Kyrillos weiter entfremde. Angeführt von einem Vorleser (anagnostes) Petros, der denselben Rang bekleidete wie vor ihm Kyrillos, lauerte eine Bande der Frau auf, als sie auf dem Heimweg war. Man warf sie aus dem Wagen, zerrte sie in eine Kirche, zog ihr die Kleidung aus und erstach sie mit Scherben. Der Leichnam wurde zerstückelt und verbrannt. Damaskios (fr. 102) schreibt dem Kyrillos eine aktive Rolle zu. Er habe bemerkt, dass die politische Prominenz in ihrem Hause ein- und ausging und daraufhin den Anschlag geplant. Von Orestes hört man nichts mehr. Gesetzestexte aus dem Jahr 416 n. Chr. (Cod. Theod. 16,2,42,2) lassen als Reaktion aus der Hauptstadt vermuten, dass öffentliches Auftreten von Kirchendienern wie den parabalani, die als eine Art Schutztruppe des Bischofs fungierten und oft gewalttätig in Erscheinung traten, strengstens zu begrenzen sei. In der Nachwelt ist der Mordtat bis in die Moderne große Aufmerksamkeit zuteil geworden. Aufklärung und Protestantismus standen gegeneinander: In ­einem Essay von 1720 schrieb John Toland über Hypatia or the History of a most beautiful most virtuous, most learned and in every way accomplished lady who was torn to pieces by the clergy of Alexandreia, to gratify the pride, emulation and cruelty of the archbishop, commonly but undeservedly titled St. Cyril. Aus Kirchenkreisen antwortete Thomas Lewis 1721 mit The history of Hypatia, a most impudent school-mistress of Alexandreia, in defense of St. Cyril and the Alexandreian clergy. Mehrfach äußert sich Voltaire und große Bedeutung misst Hypatia Edward Gibbon in seinem Werk A History of the Decline and Fall of the Roman Empire bei. Im 19. Jahrhundert werden der Philosophin Gedichte und Romane gewidmet, und im 20. Jahrhundert entdeckt sie der Feminismus: Eine Zeitschrift Hypatia. A Journal of Feminist Philosophy erschien an der Indiana University seit 1986. Lapidar urteilte Bertrand Russell in seiner History of Western Philosophy von 1946 über Kyrillos: «His chief claim to fame is the lynching of Hypatia […]. After this, Alexandreia was no longer troubled by philosophers.»111 Kyrillos (378–444) ist einer der einflussreichsten christlichen Gelehrten der Antike geworden. Er schrieb sein gigantisches Werk zu einer Zeit, in der die erbitterten christologischen Streitigkeiten innerhalb der Kirche ebenso ausglühten wie ein letzter großer Antagonismus zwischen Heidentum und Christentum. Außer den im Original vollständig oder in Fragmenten erhaltenen liegen manche Schriften in lateinischer, syrischer und armenischer Übersetzung vor. Am

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Beginn seines Schaffens stehen Auslegungen und Kommentare zum Alten Testament, mehrere Schriften mit Widerlegungsversuchen des Arianismus wie der Thesaurus über die Trinität, Kommentare zu den Johannes- und Matthäusevangelien (Fragmente) sowie 155 Homilien zum Lukasevangelium, die größtenteils nur in syrischen Übersetzungen erhalten sind. Nur teilweise erhalten ist das Werk «Gegen Julian», das sich nicht nur gegen die (verlorene) antichristliche Schrift des Kaisers «Gegen die Galiläer», sondern gegen die «Weisen der Hellenen» allgemein richtet und dem christlichen Kaiser Theodosius II. gewidmet ist.112 Während die Gotteslehren der Hebräer und Christen als einheitlich und widerspruchsfrei erscheinen, werden die zum Teil als widersprüchlich, zum Teil als falsch kritisierten Gotteslehren der «Hellenen» von Orpheus bis zu den Stoikern ‹widerlegt›, bevor der Autor im Einzelnen auf die Vorwürfe Julians eingeht und diese ihrerseits zu widerlegen sucht. Kyrill hält die Kraft der Argumente Julians für «brandgefährlich» nicht nur für solche, die sich leicht beeinflussen lassen, sondern auch für im Glauben gefestigte Christen.113 Interessant ist die in Buch 7 geführte Auseinandersetzung mit der These Julians, die militärische Stärke der ­Römer sei ein Beweis für die Macht der heidnischen Götter. Kyrill hält dagegen, dass Gott den Römern ihr Weltreich zugestanden habe und die Größe des Reiches Teil seines Plans sei.114 Das Werk wird etwa zwischen 423 und 430 datiert. Kyrillos stellte sich dann an die Spitze des Kampfes gegen die Lehre eines Nestorius (siehe unten S. 511), der von etwa 429 bis 433 tobte und in zahlreichen Briefen, Streitschriften und Verteidigungsschriften Niederschlag fand. Weitere, zum Teil als unecht eingestufte Homilien und ein Corpus von ca. 100 Briefen sind erhalten. Die philologische Grundlagenforschung ist noch in vollem Gange: Manche noch nicht einem Autor zuweisbaren Texte etwa in Florilegien könnten von ihm stammen.115 Man wird nach einer Beschäftigung mit diesem Mann den Eindruck nicht los, dass es sich um einen der rabiatesten christlichen Fanatiker handelt, dessen unerbittliche Rechthaberei bis in den Stil seiner Sprache durchschlägt. Der Philo­ loge Christoph Riedweg bezeichnet sie in Anlehnung an ein Zitat des Photios als «etwas Forciertes, um nicht zu sagen Gewalttätiges».116

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Kirchenspaltung und Ostmission

7. «Jesus-Kriege» Kirchenspaltung und Ostmission Kirchenspaltung und Ostmission

Die Fehden der theosophischen Denkschulen, insbesondere zwischen Alexan­ dreia und Antiocheia, spitzten sich im 5. Jahrhundert noch einmal zu. Im Laufe der 420er Jahre gewann ein junger, redegewandter Priester in Antiocheia An­sehen und Ruhm und wurde 428 n. Chr. auf den Bischofssitz nach Konstantinopel gewählt. Sein Name ist Nestorius.117 Er predigte, dass die beiden Naturen Christi, die göttliche und die fleischliche, nicht «Einheit» (henosis) seien, sondern nur «Ver­ einigung» (synapheia): In der Person des historischen Jesus seien sie nur vorübergehend zusammengekommen. Maria sei infolgedessen nicht «Gottgebärerin» (theotokos), sondern nur «Messiasgebärerin» (christotokos). Als Erster wandte sich gegen ihn ein Priester namens Anastasios in Konstantinopel (Sokr. 7,32,2). Sein schärfster Gegner wurde indessen der alexandrinische Patriarch Kyrillos, der demgegenüber die henosis predigte. Seine Attacken gegen Nestorius begannen mit einem Brief 429 n. Chr. Der Bischof von Rom schlug sich in einer römischen Synode auf seine Seite, und Kyrillos veranstaltete in Alex­ andreia eine Synode, aus der zwölf gegen den Irrglauben gerichtete Bannflüche (Anathematismen) hervorgingen und in einen weiteren Brief Eingang fanden. Es gelang ihm schließlich, auf dem von Kaiser Theodosius II. einberufenen Konzil von Ephesos 431, den Antiochener auszustechen. Der wegen Schlechtwetter zu spät eintreffende Nestorius war bei seiner Ankunft schon verurteilt und abgesetzt worden. Doch Nestorius hatte viele Anhänger, die ein Gegenkonzil veranstalteten und ihrerseits Kyrillos absetzten. Theodosius II. ließ beide unter Arrest stellen, doch Kyrillos entwich und kehrte nach Alexandreia zurück. Von hier aus betrieb er mit großen Bestechungssummen bei den am Kaiserhof Einfluss ausübenden Kreisen den Sinneswandel zu Gunsten seiner Rehabilitation. Ein Kompromiss wurde 433 auf Veranlassung des Kaisers mit der sogenannten Unionsformel gefunden (übers. Krannich):118 «Wir bekennen also, daß unser Herr Jesus Christus, der eingeborene Sohn Gottes, vollkommener Gott und vollkommener Mensch ist (theos teleios und anthropos teleios) mit einer Vernunftseele (psyche logike) und einem Leib. Er ist von Ewigkeit her vom Vater gezeugt der Gottheit nach. Am Ende der Tage aber ist derselbe (Christus) für uns und um unseres Heiles willen gezeugt worden aus Maria der Jungfrau der Menschheit nach, und derselbe (Christus) wesensgleich (homoousios) mit dem Vater der Gottheit nach und wesensgleich mit uns der Menschheit nach. Es hat nämlich eine Vereinigung der beiden Naturen stattgefunden, und deshalb bekennen wir einen

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Christus, einen Sohn, einen Herrn. Wegen dieser Vorstellung einer unvermischten Vereinigung (asynchytos henosis) bekennen wir, daß die heilige Jungfrau Gottesgebärerin ist, weil das göttliche Wort Fleisch und Mensch geworden ist und schon von der Empfängnis an den aus ihr genommenen Tempel mit sich selber vereinigt hat. Bekanntlich führen die Theologen von den Worten der Evangelien und der Apostel über den Herrn die einen [Worte] im Bestreben einer Vereinheitlichung an, weil sie von einer Person her [gesagt seien], die anderen [Worte] im Bestreben einer Unterscheidung, weil sie für zwei Naturen [gelten], und die einen als gottgemäße nach der Gottheit Christi, die anderen als menschengemäße nach seiner Menschheit.»

Es ist nicht leicht, die sublimen gedanklichen Kniffe nachzuvollziehen, die der Antinomie vom Gottessohn und von dem Gekreuzigten, von Gottheit und Menschheit in Christus, zu entkommen suchten. Für Kyrill war diese henosis sowieso unaussprechlich und geheimnisvoll (aphrastos kai aporrhetos). Sie sei zustande gekommen, weil sich der göttliche Logos in der Person Christi wesens­ mäßig (kath’ hypostasin) mit dem vernunftbeseelten Fleisch vereinigt und damit seine Leidensfähigkeit angenommen habe, allerdings ohne seine göttliche Qualität der Unsterblichkeit zu verlieren. Ursprung der Vereinigung ist die Gottsohnschaft, das heißt das Gezeugtwerden aus dem Vater. Der Ort, wo das stattfand, ist der Leib Marias – insofern ist Maria theotokos –, aber ohne zweite Zeugung durch einen Mann. Nestorius selbst blieb abgesetzt und wurde 435 verbannt; seine Schriften wurden verboten.119 Kyrill in Alexandreia folgte 444 als Patriarch Dioskuros nach, der agressiv gegen die Zweinaturenlehre vorging und auf der sogenannten Räubersynode in Ephesos (449) die Verurteilung seiner Gegner durchsetzte, nur um zwei Jahre später seinerseits in die Verbannung nach Gangra in Paphla­gonien (heute Çankırı) geschickt zu werden.120 Es war das Jahr 451, in dem Nestorius in Ägypten starb, und in dem in Chalkedon am Bosporus (heute Kadıköy, ein Stadtteil von Istanbul) das von der Schwester Theodosius’ II. und Frau des neuen Kaisers Marcian initiierte vierte ökumenische Konzil stattfand, das seiner kirchengeschichtlichen Bedeutung nach dem von Nikaia (325) kaum nachsteht.121 Mehrere hundert Bischöfe, vornehmlich aus dem Orient, nahmen an den Sitzungen vom 8. Oktober bis zum 1. November teil. Die hier aufgestellte christologische Doktrin steht der Unionsformel nahe. Sie beharrt gegen die Auffassung des Nestorius darauf, dass Maria theotokos sei, betont aber wiederum  – durchaus im Sinne des Nestorius  – die Differenz der beiden Naturen Christi und setzt gegen eine radikale HenosisLehre einen Dyophysitismus (Zweinaturenlehre) durch: Derselbe Jesus Christus ist vollkommen (teleios) sowohl in seiner Göttlichkeit wie in seiner Menschheit,

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ist wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich, bestehend aus Vernunftseele (psyche logike) und Leib (soma). Derselbe ist wesensgleich (homoousios) mit dem ­Vater seiner Göttlichkeit nach und wesensgleich mit uns seiner Menschheit nach, in jeder Hinsicht uns ähnlich außer in der Sündhaftigkeit (hamartia). Er ist vor ewigen Zeiten vom Vater gezeugt der Gottheit nach, am Ende der Tage aber ist derselbe für uns und um unseres Heiles willen gezeugt worden aus Maria der Jungfrau und Gottgebärerin (theotokos) der Menschheit nach als der eine und derselbe Christus, Sohn und Herr, eingeboren (monogenes), in zwei Naturen unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteilbar erkannt. Nirgendwo ist die Differenz der beiden Naturen durch die Einheit aufgehoben, vielmehr die Eigenart (idiotes) jeder Natur bewahrt in ihrer Zusammenkunft in einer Person (pro­s­ opon) und einer Subsistenz (hypostasis), nicht in zwei Personen aufgeteilt oder getrennt, sondern ein und derselbe eingeborene Sohn, Gott, Vernunft (logos), Herr Jesus Christus.122 Von der theotokos-Formel abgesehen, die vor allem im Orient wegen der ­Affinität mit dem weit verbreiteten und tief verwurzelten Glauben an weibliche Gottheiten einfach zu verstehen und zu akzeptieren war, unterscheidet sich diese Doktrin von der des Nestorius kaum. Die Anhänger der Gegenlehre des Kyrillos von der einen fleischgewordenen Natur des Logos-Gottes Christi bekämpften mit der chalkedonischen Formel denn auch eine Renaissance des Nestorianismus. Die künftighin von Alexandreia und von Antiocheia aus gegen Rom und Konstantinopel postulierte Einnaturenlehre entfaltete im Orient eine anhaltende Wirkungsmacht. Man hat sie erst sehr viel später, im 7. Jahrhundert, als «Monophysitismus» (auch: «Miaphysitismus») bezeichnet. Damit war das Schisma ­einer westlichen orthodoxen (Rom und Konstantinopel) und einer Ostkirche (Alexandreia und Antiocheia) besiegelt, das im oströmischen Reich gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Chalkedoniern und Monophysiten nach sich zog. Man hat diese Kämpfe als «Jesus-Kriege» bezeichnet.123 Auch Justinians (527–565) Offensive für die chalkedonische Orthodoxie scheiterte: Armenien, Syrien und Ägypten waren kirchenpolitisch dem von Konstantinopel aus regierten Reich weggebrochen. Die eigentlich eher orthodoxen Nestorianer indessen blieben als distinkte Gruppe im Orient ausgegrenzt.124 Inseln des Nestorianismus wurden Edessa und Nisibis. Viele wanderten ab ins Sasanidenreich, wo sich bereits 410 in Ktesiphon eine eigene Kirche etabliert hatte, die sich unter einem Katholikos Zug um Zug separierte und schließlich vollkommen abspaltete. Trotz des weiterhin mächtigen Zoroastrismus gewann sie gerade auch als dezidiert nichtrömische Institu-

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tion die Toleranz, ja Sympathie sasanidischer Könige.125 Ihre Ausstrahlung in den Mittleren und Fernen Osten – «erfolgreichste Missionskirche in der zeitgenös­ sischen Gesamtchristenheit»126 – ist von weltgeschichtlicher Bedeutung und folgt zu Wasser und zu Lande den Routen der schon in der hohen Kaiserzeit begangenen Seidenstraßen und den befahrenen Schiffspassagen des periplus Maris Erythraei.127 Die noch relativ junge Forschung erschließt anhand faszinierender archäo­ logischer, epigraphischer und literarischer Zeugnisse aus Spätantike und Mittelalter ein Netzwerk christlicher Zellen, das sich vom Persischen Golf über Süd­ indien und Sri Lanka im Süden, Sibirien im Norden, die Mongolei, China, Korea und Japan im Osten erstreckte. Auf dem Landweg drang der Nestorianismus schon im 5. Jahrhundert bis nach Buchara und Samarkand, dem einst von Alexander dem Großen besetzten Marakanda, vor. Im Jahre 635 gelangte der nestorianische Mönch Alopen128 nach Chang’an (heute Xi’an), der Hauptstadt der Tang-Dynastie (618–907), und vermochte am Kaiserhof Ansehen zu gewinnen. Kaiser Taizong erlaubte ihm, die «leuchtende Religion» (chinesisch Jingjiao) zu predigen. Die in dieser Stadt im 17. Jahrhundert entdeckte, in das Jahr 781 n. Chr. zu datierende Stele mit einer Inschrift in chinesischer und syrischer Sprache gibt eine Skizze des christlichen Glaubens und ­einen Bericht über die christliche Kirche in China seit Alopens Ankunft. Es handelt sich um einen ausgesprochenen Sensationsfund, über den im Europa des 18. Jahrhunderts heftig debattiert wurde. Voltaire hielt ihn für eine jesuitische Fälschung.129 Von China aus verbreitete sich die Lehre nach Zentralasien, wo man Funde christlicher Texte aus Oasen in acht Sprachen kennt: Syrisch, Sogdisch, Mittelpersisch (Pehlevi), Parthisch, Uigurisch, Khotanesisch, Chinesisch und Tibetisch.130 Während auf Grund der Abwehrhaltung gegenüber westlichen Fremd­ religionen im China des 10. Jahrhunderts ein Niedergang stattfand, blühte die Kirche im mongolischen Großreich im 13. und 14. Jahrhundert wieder auf. Über den Seeweg berichtet aus dem 6. Jahrhundert der Mönch und Indienfahrer Kosmas Indikopleustes. Er kannte Gemeinden in Südindien und Sri Lanka, deren Priester von Persien aus eingesetzt waren (11,13). Am Beginn der Neuzeit suchte der Portugiese Vasco da Gama in Indien «Christen und Gewürze».131 Über gigantische Distanzen hielten die Kirchen miteinander Verbindung.132 Bischöfe an entferntesten Orten wurden bis 780 n. Chr. vom Katholikos in Seleukeia-Ktesiphon ordiniert, danach bis 1281 von Bagdad aus. Konkurrenz, aber auch Synthesen und Synkretismen entstanden in einer Umgebung von Zoroas­ trismus, Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus, Hinduismus, Manichäis-

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mus und Islam. Ein nestorianischer Bischof im 13. Jahrhundert war zugleich Oberhaupt einer Gemeinde von Manichäern. Für den Zusammenhalt war, wie im Westen das Lateinische, als Lingua franca das Syrische von herausragender Bedeutung: «in ihren Gottesdiensten ebenso wie in der Wahl von Eigennamen, auf den Grabsteinen chinesischer und zentralasiatischer Gläubiger in gleicher Weise wie auf der berühmten Stele von Xi’an, in den Studierstuben mesopota­ mischer Gelehrter ebenso wie in den Klöstern und Kirchenbibliotheken Indiens (wo es bis zum Erscheinen der Portugiesen kirchliche Literatur nur in Syrisch gab)».133 Diesseits der Ostkirchen im römischen Reich mündeten die nicht endenden Streitigkeiten in neue Spaltungen. Wieder spielte Antiocheia eine Schlüsselrolle. Ein Priester namens Petros «der Walker» (fullo),134 Anhänger der kyrillischen Doktrin und Protegé des magister militum per orientem, des späteren Kaisers Zenon, versuchte mit Bestechung und Stimmenkauf Patriarch von Antiocheia zu werden, was ihm auch gelang. Er übte das Amt mit Unterbrechungen durch Exile zwischen 471 und 488 aus. Petros provozierte in der Liturgie beim Trishagion – einer dreimaligen Anrufung der Gnade Gottes – mit der Hinzufügung der Formel: «der du für uns gekreuzigt wurdest!» insofern eine Häresie, als das hinzugefügte Element die Sterblichkeit der unsterblichen Trinität, einen «Theopaschitismus»  – das Erleiden eines zum Leiden gar nicht fähigen göttlichen ­Logos – zu behaupten schien. In einem seiner mehr als 60 Gedichte, die von dem syrischen Monophysiten Isaak (Ishak) überliefert sind, ist von einem Vogel die Rede, der das Trishagion mit einem theopaschitischen Zusatz aufsagen konnte.135 Als der monophysitisch eingestellte Kaiser Anastasios in Konstantinopel die liturgische Formel einführen lassen wollte, provozierte er einen Aufruhr in der ganzen Stadt. Der Monophysitismus gewann besonders in Edessa eine starke ­Position. Es kam zu einer Aufspaltung in einen syrischen Zweig der Jakobiten und in einen ägyptischen der Melchiten. In Syrien entwickelten sich Sprache, Schrift, Theologie und Literatur zweigeteilt, jakobitisch und nestorianisch.

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8. Land der Säulensteher Spätantikes Syrien Spätantikes Syrien

Das Schicksal Antiocheias im Norden Syriens ist in der Spätantike von wiederkehrenden Katastrophen geprägt, die, wie sonst nur im frühkaiserzeitlichen ­Jerusalem, die Bausubstanz einer römischen Weltstadt zeitweise bis auf die Grundmauern zerstört haben. Mehrere literarisch bezeugte Wiederauf- und Umbauphasen sind archäologisch nur schwer fassbar. Amerikanisch-französische Ausgrabungen von 1932 bis 1939 und deutsch-türkische Surveys von 2004 bis 2009 haben für ein kohärentes Stadtbild nur wenig Klarheit schaffen können.136 Hauptquellen sind Ammianus Marcellinus, die Rede Antiochikos des ­Libanios, die Weltchronik des Johannes Malalas, der bis ca. 540 in Antiocheia lebte, und Prokopios’ Schriften über die Perserkriege und die Bauwerke Justi­ nians. Sicher ist, dass nach den Heimsuchungen durch Schapur I. mit Diokletian erhebliche Restaurierungen und Erweiterungen der Stadt ins Werk gesetzt wurden. Sie scheinen im Gesamtbild die alte Pracht jedenfalls nicht übertroffen zu haben (Lib or. 15,16), was den Archäologen Brands vom «Bild einer utilitaristischen Wirtschaftsmetropole», sozusagen einem «spätantiken Frankfurt», sprechen lässt.137 Dazu gehört die völlige Neugestaltung der im Hellenismus als N ­ eustadt bezeichneten Orontesinsel westlich der großen Plateia als kaiserliches Residenzquartier. Auf der Insel entsteht der etwa ein Viertel ihrer Fläche ein­ nehmende umfriedete Kaiserpalast neben dem erneuerten Hippodrom. Unter Konstantin begann der unter Constantius vollendete Bau der großen Kirche, die in der vita Constantini des Eusebios beschrieben wird (3,50). Es handelt sich um ein von Räumen (oikoi) und Exedrai umgebenes zentrales Oktogon, das eine halbkugelförmige Kuppel bedeckte. Der Fußboden bestand aus steinernem Opus sectile. Das Innere schmückten Säulenreihen aus poliertem farbigem Marmor und Wandnischen mit Standbildern. Die Kirche mit verschiedenen Namen wie: «die Große», «die Oktogonale», «Concordia» oder «Homonoia» scheint der Prototyp der Pilgerkirche von Qalʿat Semʿān, dem Heiligtum des Säulenstehers Symeon von Telanissos (siehe unten S. 526), gewesen zu sein. Kaiser Valens hielt sich von 370 bis 378 in Antiocheia auf. Seinen Namen trägt das riesige, 7 Hektar einnehmende Forum an der Stelle, wo die am Parmenios / Onopniktes entlangführende Ost-West-Straße auf die Plateia trifft. In der Mitte des Platzes wurde eine Ehrensäule für Valentinian errichtet. Unter Theodosius II. (408–450) folgte ab 438 ein Stadtausbau zwischen Antiocheia und Daphne im

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Abb. 95: Antiocheia, Türkei, Parmenios / Onopniktes und Eisernes Tor

Süden, zu dem offenbar ein starkes Bevölkerungswachstum drängte. Damit ging eine städtebauliche Erneuerung zuende. Sie kollabierte in Schicksalsschlägen zwischen 447 und 528. Antiocheia liegt in einer für starke Beben anfälligen Zone. Wie einst während der Anwesenheit Traians, so traf die Stadt jetzt erneut eine Serie verheerender Erdbeben und Feuersbrünste, die über eine Viertelmillion Einwohner das Leben kostete und zahlreiche weitere in den Exodus trieb. Es dürfte sich um eine ähnliche Apokalypse gehandelt haben wie die, die das moderne Antakya im Februar 2023 erlebte. Damals veranlasste eine Kreuzesvision die Benennung des nördlichen der beiden landeinwärts über der Stadt aufsteigenden Höhenzüge in «Staurin». Die Stadt selbst sollte künftig «Gottesstadt» (Theouplis) heißen. Die Perser unter Chosrau I. schlugen nur zwölf Jahre später erneut zu und richteten wieder weitgehende Zerstörungen an (siehe unten S. 537 f.). Die letzte antike, bis in die Kreuzfahrerzeit beständige Neugestaltung Antiocheias ist mit Justinian verbunden. Noch heute sichtbar ist das «Eiserne Tor» (Prok. aed. 2,10,15–18), eine an der Stelle älterer Mauern neu konstruierte Schleusenanlage, die die saisonal vom Parmenios in Richtung Stadt herabstürzenden Wasser regulieren sollte (Abb. 95). Sie war in den über weite Strecken neu auf­ gerichteten Mauerbau integriert, der ein erheblich verkleinertes Stadtgebiet um-

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Abb. 96 (oben): Yakto-Mosaik, galoppierender Reiter Abb. 97 (Mitte): Yakto-Mosaik, das demosion (öffentliches Bad) und der peripatos Abb. 98 (unten): Yakto-Mosaik, Handwerkerläden des Martyriums, Markellos und Sklave

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fasste. Die Innenstadt soll Justinian mit «Theatern und Bädern und allen anderen öffentlichen Gebäuden geschmückt» haben, darunter Kirchen für Maria Theo­ tokos und Erzengel Michael, so dass sie «ansehnlicher als zuvor» geworden sei (Prok. aed. 2,10,22–24). Ein unbekannter reicher Villenbesitzer in der Vorstadt Daphne des 5. oder 6. Jahrhunderts hat sich ein langrechteckiges Fußbodenmosaik von 4 × 6 Meter anfertigen lassen. Um eine allegorische Darstellung der «Großherzigkeit» (megalopsychia) in der Mitte sind mythische Jagdszenen gruppiert. Etwas Besonderes bietet die Randzone: Die Besucher seines Hauses wollte der Besitzer eine Bildersequenz bewundern lassen, mit der er sie gewissermaßen zu einem Rundgang durch die Stadt einlud. Abwechselnd sind Gebäude, Szenen mit Gruppen oder Einzelpersonen, Standbilder, Säulen, Tiere, Bäume und Buschwerk zu sehen. Die Interpretation ist umstritten, insbesondere, ob es sich um Szenen nur aus Daphne handelt, oder ob eine Abfolge von Daphne nach Antiocheia oder Antiocheia nach Daphne dargestellt ist.138 Mit der Abbildung der Quellnymphe Pallas und der Quelle Kastalia befindet man sich eindeutig in Daphne. Wenn die Sequenz hier endete und auf der Längsseite rechts daneben begann, scheint der Rundgang beim Beroia-Tor in Anti­ ocheia mit der Darstellung von Reisenden, die sich stadteinwärts bewegen, seinen Anfang zu nehmen. Es folgen Straßenszenen, vermutlich im Bereich der Kolonnadenstraße. Über eine Brücke gelangt man auf die Orontesinsel, wo ein galoppierender Reiter auf einem Parcours auf die Lage des Hippodroms hinzudeuten scheint (Abb. 96). Die benachbarte Loggia mit Säulenstellung passt auf den Palast auf der Insel, das Gebäude rechts daneben vielleicht auf das dominicum aureum, die oktogonale Kirche Konstantins.139 Die Fortsetzung der Szenen fand auf der verlorenen Schmalseite des Mosaiks statt und wird, im Uhrzeigersinn folgend, auf der gegenüberliegenden Längsseite wieder sichtbar. Eine Szene mit drei Statuen hat man auf Grund von Angaben bei Malalas mit dem Valensforum in Verbindung gebracht. Daselbst sollen sich Standbilder des Kaisers, seines älteren Bruders Valentinian und Caesars befunden haben, daneben das Bad des Commodus: vielleicht das neben der Statuengruppe abgebildete Gebäude, vor dessen Front zwei Brettspieler sitzen. Es folgen Marktszenen und ländliche Villen, die mit den Namen ihrer Eigentümer überschrieben sind. Vor einem öffentlichen Bad (demosion) steht ein Mann in einem roten Mantel, dann erblicken wir wieder eine Szene mit zwei sitzenden Brett­ spielern vor einer Säulenhalle (Abb. 97). Ein Sklave gießt seinem Herrn namens M ­ arkellos Wein ein, rechts davon unterhalten sich ein Mann und drei Frauen vor einem Komplex, der mit ta ergasteria tou martyriou überschrieben ist: «Hand-

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werkerläden des Martyriums» (Abb. 98). Bei Letzterem handelt es sich vielleicht um die Grablege des in das Apollonion von Daphne verlegten Babylas. Mit Olympiakon ausgewiesen ist das Olympiastadion von Daphne, wo athletische Wettkämpfe, Wagenrennen, Agone in Rhetorik und Dichtung bis 520 n. Chr. stattfanden, die längsten großen Agone der Antike. Schließlich erkennen wir noch das pribaton («Privatbad») des Ardaburios, möglicherweise des aus der Literatur bekannten magister militum per orientem des 5. Jahrhunderts n. Chr.140 Er soll in Antiocheia ein Leben in «weibischem Luxus» geführt haben. Antiocheia war eine mit Thermen, privaten wie öffentlichen, überreich ausgestattete Stadt. Die römische Bäderkultur ist ein besonders signifikanter Aspekt des urbanen Lebensstils in und auch außerhalb der Stadtzentren des Orients. ­Bäder, so legen es die antiken Zeugnisse immer wieder dar, dienen der Gesundheit, der Freude, dem Genuss bzw. Nutzen. Anthologien und Steininschriften überliefern Epigramme, die aus Anlass von Neubauten oder Reparaturen auf die Bauherren gedichtet wurden. Das enkomion auf die Stadt, ein Paradethema des gebildeten Rhetors, das sich zum literarischen Genus entwickelte, hat das Thema Bäder zum festen Bestandteil. Libanios schenkt in seiner Rede Antiochikos diesem Vorzug besondere Aufmerksamkeit: «Aus jedem öffentlichen Bad fließt ein Strom Wassers ab, aus den privaten Bädern entweder ebenso viel oder nicht viel weniger. Wer aber die Mittel hat, zusätzlich zu den vorhandenen Bädern noch ein weiteres zu errichten, der kann es getrost errichten und braucht sich wegen des Wassers keine Sorge zu machen und muss auch nicht fürchten, wenn er es aufs Schönste gestaltet hat, könne es das ‹ewig Durstige› genannt werden, weil ihm die Nymphen fehlen. […] Und wahrhaftig rühmt sich jeder Stadtteil der Zierde seiner privaten Bäder, welche Worte nicht zu erfassen vermögen. Sind sie doch um so viel schöner als die öffentlichen Bäder, als sie kleiner sind, und die Einwohner stehen im Wettstreit miteinander, weil jeder meint, in seinem Stadtteil liege das schönste.»

Nicht nur wegen ihrer Lage im Netz der Handelswege, sondern auch auf Grund des landwirtschaftlichen Reichtums ihres Territoriums, der chora, war die Stadt auch in Zeiten schwerer Zerstörungen und Entvölkerungen in der Lage, sich rasch zu erholen. Die Dichte spätantiker ländlicher Besiedelung Nordsyriens kommt in der archäologischen Erforschung exemplarisch zum Vorschein. In der Zeit vom 1. Jahrhundert n. Chr. bis zur arabischen Eroberung hat man über 700 Siedlungen ausgemacht. Hunderte von Funden antiker Ölpressen belegen, dass die landwirtschaftliche Nutzung vor allem durch Olivenplantagen geprägt war. Der Wohlstand ließ in zahlreichen Dörfern eine komplexe Steinarchitektur entstehen, deren Erhaltungszustand im 20. Jahrhundert dazu inspirierte, von

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«Toten Städten» zu sprechen.141 Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Gemeinschaftshäuser, Grabbauten, Kirchen und Klöster sind auszumachen, und eben auch ­Bäder auf dem Lande. Berühmt ist der Andron-Badkomplex von Serdjilla mit Fußbodenmosaik und Inschrift, datiert in das Jahr 473 n. Chr. Das Epigramm lautet (IGLSyr 4, 1490): «Julianos mit seiner Gattin Domna hat dies gebaut, das ganze Dorf aber hat Freude daran. Er hat es mit unsäglicher Pracht ausgestattet, zu Ehren der Heimat. Möge die öffentliche Meinung Neid heraustreiben und Ruhm uns stetig steigern.» Diese ländliche Welt im Hinterland der Städte war keineswegs konfliktfrei, sondern von wachsenden Spannungen zwischen den meist stadtsässigen Grundbesitzern, Militärs, Steuereintreibern, Kreditgebern und der dörflichen Bevölkerung geprägt. Willkür und Unrecht waren verbreitet, Streit und Gewalt eine alltägliche Erscheinung. Die einfachen Landbauern und ihre Familien suchten Schutz und Hilfe bei Personen mit Macht und Autorität, Laien und Klerikern, kaum mehr bei Ämtern und Institutionen. Dorfgemeinschaften vertrauten auf regelrechte Patronatsverhältnisse mit einflussreichen prostatai. In diese Welt führt uns das Thema des syrischen Asketismus, der dem ägyp­ tischen an historischer Bedeutung gleichrangig ist. Im Hinterland Antiocheias entstanden, gipfelt er in dem berühmten Säulenheiligen Symeon Stylites.142 Zeitgenössische Quellen geben reichlich Einblicke in dieses Phänomen. Um 420 verfasste der Galater Palladios, der selbst einige Jahre als Mönch in Ägypten verbracht und später als Bischof in Bithynien und Galatien gewirkt hatte, eine dem Hofbeamten Lausos gewidmete historia Lausiaca mit 71 Lebensbeschreibungen ägyptischer und nahöstlicher Asketen und Asketinnen. Theodoret, Bischof der kleinen nordsyrischen Stadt Kyrrhos in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, war ein gebildeter Mann, von dem uns zahlreiche Werke und Briefe überliefert sind, darunter eine historia religiosa (philotheos historia e asketike politeia) – im Deutschen gewöhnlich als «Mönchsgeschichte» zitiert – mit 30 Lebensbildern solcher Leute: Kapitel 1–20 mit «Kämpfen der bereits als Sieger ausgerufenen Athleten», ab Kapitel 21 dann «Taten der noch Lebenden». Die syrische Variante des radikalen Asketismus ging von den Dörfern am Rande der Steppe und in den Kalksteinhügeln des Nordmassivs aus. Die Asketen zogen auf Bergspitzen oder in die Steppe, blieben aber für einen Teil des Jahres in den Dörfern. Bedingungen wie in der völligen Abgeschiedenheit der ägyptischen Wüste herrschten hier nicht. Das Ideal auch des syrischen Asketen bestand darin, abseits der Allgemeinheit und abgeschirmt von Beobachtung zu beten, zu singen und zu fasten, dem Körper nur das Nötigste an Nahrung, Schlaf und Klei-

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dung zu gönnen und sich strengstens der Kontemplation hinzugeben. Als einen von ihnen, der von einer Bergspitze nahe bei Antiocheia herab dem Treiben der Bauern in der anmutigen Ebene zuschaute, die Idylle ergötzte, verbat er sich selbst diesen Genuss. Er mied künftighin nicht nur den Ort des Ausblicks. Wenn er irgendwo sonst unterwegs war, zwang er sich mit einer den Nacken beugenden Eisenstange zwischen Halsring und Hüftgürtel, stets nach unten zu blicken (Theod. historia religiosa 4). Derartige Absurditäten trachteten andere noch zu übertreffen. Sie setzten sich nicht nur durch die Vernachlässigung ihres Äußeren in Szene, sondern fügten ihren Körpern Kasteiungen zu: Bevorzugt waren schwere Eisenketten und -ringe, lang andauerndes, lebensbedrohliches Hungern und Dürsten, Aufenthalte in Kälte oder äußerster Enge, wie zum Beispiel in Gruben, Höhlen, Hütten oder Holzkäfigen. Manche, die mit Entsagungen und Kasteiungen begannen, reduzierten diese im Laufe der Jahre und zogen in bequemere Behausungen um, ja, nahmen kirchliche Ämter an und wirkten als Diakone, Presbyter und sogar Bischöfe. Andere steigerten die asketische Lebensweise. Viele umgaben sich mit Gefolgsleuten, von weniger als einer Handvoll bis zu Gruppen von Hundert; es entstanden ­Asketenschulen mit wechselnden Oberhäuptern. Andererseits bildeten sich ­lockere Gruppen und Gangs, die, herumstreifend, in den Dörfern als Räuber und Vergewaltiger gefürchtet waren.143 Jedenfalls folgten immer mehr dem Vorbild einzelner Prominenter, und im Laufe der Zeit wurde daraus wie in Ägypten ein Massenphänomen im Umkreis der Dörfer Syriens, Mesopotamiens und darüber hinaus. Die Bewegung wäre nicht entstanden und gewachsen ohne das Potenzial, weite Kreise vor allem der Landbevölkerung zu faszinieren und anzulocken, bei solchen Außenseitern Rat zu suchen. Da die meisten Asketen Habenichtse der Unterschichten waren, die nur Syrisch sprachen, Bildung sogar eine gewisse Feindseligkeit entgegenbrachten, konnten sie weder mit Geld- oder Sachspenden noch mit Wissen beeindrucken. Ganz ähnlich wie schon Jahrhunderte zuvor bei den Propheten häretischer Sekten in Anatolien war die effektvollste Art, sich in Szene zu setzen, das Wunderwirken. An individuellem und kollektivem Leid war das syrische Landleben des 5. Jahrhunderts reich: körperliche und mentale Krankheiten und Verletzungen, Schlangenbisse, Unfruchtbarkeit, erbitterte Streitigkeiten zwischen Nachbarn und ganzen Dörfern, Steuerlast, Sturm, Regen, Hagel, Hitze, Heuschrecken und Hungersnöte. Gewaltigen Eindruck machten das Erwecken von Toten, das Heilen und Vorhersagen, Letzteres auch als Ankündigung der Strafe für Sünden. Erfolg sprach sich blitzschnell und weit herum. Wer dagegen ständig scheiterte, verschwand früher oder später von der Bild­

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fläche. Doch die Anerkannten, gar die Berühmten unter den Asketen hat man verehrt, zu Rate gezogen und sich ihren Schieds- und Richtersprüchen gebeugt. Auch Vornehme aus den Städten eilten herbei und suchten ihre Hilfe. Eine bei tatsächlicher oder vermeintlicher mentaler Störung häufig prak­ tizierte Form der ‹Heilung›, die wir schon bei Aberkios kennengelernt haben (oben S. 422–427), war der Exorzismus. Der Einsiedler Makedonios, der nur in Wasser eingeweichte Gerste aß (Theod. historia religiosa 13), trat, vom verzwei­ ater zu einem besessenen Mädchen herbeigerufen, mit dem Teufel ins felten V Zwie­gespräch: Dieser versicherte ihm, von jemandem durch Magie gezwungen worden zu sein, in das Mädchen einzufahren, und nannte auch dessen Namen. Der aufgebrachte Vater wartete die Prozedur nicht ab, sondern zog den Beschuldigten vor Gericht. In der Folge wurde der Exorzismus in den Gerichtssaal ver­lagert, der Richter war nur noch Zuschauer, und der Exorzist führte die Verhandlung: Er lockte, den Beschuldigten entlastend, die wahren Untaten aus dem Teufel heraus und erwirkte schließlich sein Entweichen aus des Mädchens Körper. Dem Exorzismus vergleichbar spektakulär inszenierten Asketen die Verfluchung. Junge Frauen, die an einer Quelle außerhalb des Dorfes Wäsche wuschen, belegte Jakob von Nisibis mit einem Fluch (historia religiosa 21), weil sie bei seinem Herannahen weder ihr Haupt verhüllten noch die hochgeschürzten Kleider herabließen. Er strafte «ihre unverschämte Jugend»: Nicht nur, dass ihre Haare ergrauten, auch die Quelle versiegte. Das Entsetzen der Dörfler war groß, und auf inständiges Bitten hin erwirkte er durch sein Gebet wenigstens, dass die Quelle wieder sprudelte. Eine vergleichsweise zunächst seltene Besonderheit wurde das Säulenstehen. Die Ursprünge des Säulenstehens hat man mit einer Passage in Lukians Schrift Dea Syria in Verbindung gebracht, wo von einem Brauch in dem Heiligtum ­dieser orientalischen Göttin in Hierapolis Bambyke die Rede ist (Lukian. Syr. D. 28 f., übers. Clemen):144 «Die Vorhallen des Heiligtums liegen nach Norden […]. In diesen Vorhallen stehen auch noch die Phallen, die Dionysos errichtet hat, 30 Klafter hoch. Auf einen von diesen Phallen steigt jedes Jahr zweimal ein Mann hinauf und bleibt auf der Spitze des Phallos die Zeit von sieben Tagen. Als Ursache für dieses sein Hinaufsteigen aber wird angegeben: Die einen glauben, dass er sich oben mit den Göttern unterhält und Gutes für ganz Syrien erfleht, und dass die Götter aus der Nähe seine Gebete erhören. Anderen aber erscheint das wegen Deukalion zu geschehen, in Erinnerung an jenes Unglück, als die Menschen aus Furcht vor der großen Flut auf die Berge und höchsten Bäume gestiegen waren.»

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Die Berichte über den Begründer des Säulenstehens, Symeon, geben eine andere Erklärung. Sie sind, wie viele Mönchs-, Heiligen- und Märtyrerviten, stark angereichert mit Erfindungen, und die Diskussionen um ihre Glaubwürdigkeit gehen bis in die Lebenszeit einzelner Asketen zurück. An der historischen Existenz und dem Säulenstehen Symeons ist nicht zu zweifeln, die Quellenlage verhältnis­ mäßig günstig: Wir verfügen über drei Viten, Briefe Symeons und des Kaisers Theodosius II. und kurze Passagen bei Euagrios und Johannes Malalas. Die Briefe sind möglicherweise unecht.145 Unter den Lebensbeschreibungen ragt mit Abstand die des Theodoret von Kyrrhos hervor.146 Symeon ist in Kapitel 26 der historia religiosa behandelt. Theodorets Lebensdaten fallen ziemlich genau mit denen Symeons zusammen: 390 /400 bis 458, das heißt, er starb ein Jahr vor dem Säulenheiligen. Er bezeugt an mehreren Stellen, dass er den Mann selbst kannte und persönlich gehört hatte. Symeon wurde ca. 390 in einem kleinen Dorf namens Sisan (heute Islahiye westlich von Ganziantep auf türkischem Territorium) geboren. Als Junge hütete er Schafe, bis er – ähnlich wie Pachomios – vom Erlebnis einer Predigt in der Kirche so bewegt wurde, dass er sich Mönchen in der Nachbarschaft seines Dorfes anschloss. In der Gemeinschaft von 80 Mönchen eiferte er, die anderen an Askese zu überbieten. Diese nahmen jeden zweiten Tag Speise, er blieb die ganze Woche ohne Nahrung. Dann band er sich einen Strick aus Palmen um die H ­ üften und schnürte ihn so fest, dass sein Körper an der Stelle wund wurde. Als nächstes versenkte er sich in einer ausgetrockneten Zisterne, aus der man ihn nach einiger Zeit nur mit Mühe emporzerren konnte. Drei Jahre verbrachte er in einer kleinen Hütte bei dem Dorf Telanissos auf dem Territorium Antiocheias. Auf der Anhöhe in der Nähe ließ er einen Zaun aufstellen und kettete sich innerhalb der Umzäunung an einen Stein. Die selbst auferlegten Leiden kleidet Theodoret in seiner Beschreibung in die Kampfmetapher (historia religiosa 26,10, übers. Gutberlet): «Damit der Körper von dem Eisen nicht verletzt würde, ward ein Fellstück um das Bein gelegt. Auch dieses musste gewaltsam entfernt werden. Denn es war straff zusammengenäht. Dabei will man 20 Wanzen entdeckt haben, die darunter versteckt lagen […]. Er konnte leicht mit der Hand das Fell zusammendrücken und so das ganze Ungeziefer vernichten, aber er ertrug standhaft die lästigen Bisse, im Kleinen zu größeren Kämpfen sich vorübend.»

Durch wachsenden Zustrom von Pilgern und Leuten, die an ihn herantreten, kommt er auf den Gedanken, sich auf eine Erhöhung zu stellen, um Belästigungen zu entgehen: zuerst auf eine Säule von 6 Ellen, dann 12, dann 22, zuletzt

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36 Ellen. Regelmäßig hungert er über 40 Tage. Um nicht vor Schwäche von der Säule zu kippen, lässt er an dieser einen Balken befestigen und sich daran mit Binsenstricken anbinden. Später verzichtete er selbst auf dieses Hilfsmittel und stand 40 Tage frei, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Dabei brachte er die Nacht und den Tag bis zur neunten Stunde im Gebet zu, anschließend predigte er den Anwesenden, schließlich hörte er Bitten an, vollbrachte einige Heilungen und schlichtete die ihm von den Parteien vorgelegten Streitigkeiten. Der Augenzeuge Theodoret schreibt des Weiteren (historia religiosa 26,20, übers. Gutberlet): «Lange Zeit steht er aufrecht da, und dann begibt er sich in gebeugte Stellung, Gott die Anbetung darbringend. Vielfach pflegen die Pilger die Verbeugungen zu zählen. Einmal zählte einer meiner Begleiter eintausendzweihundertvierundvierzig. Dann wurde er müde und stellte die Zählung ein. Wenn er sich bückt, neigt er die Stirn stets bis zu den Zehen. Nur einmal in der Woche erhält sein Leib Speise. So behält der ­Rücken seine leichte Beweglichkeit.»

Die durch eine Einfriedung geschützte Säule zog Massen von Schaulustigen an. Es entstand ein regelrechter Säulen-Tourismus mit Pilgern auch aus weit entfernten Ländern wie Italien und Spanien, der die Besucherströme zu Einsiedlern und Klöstern in Ägypten bei weiten übertroffen zu haben scheint. Theodoret nennt sogar Himyariten aus Südarabien. Mit Symeons Ruhm wuchs seine Macht. Die von ihm auf Anfragen gegebenen Antworten und Entscheidungen in Kontroversen erhielten großes Gewicht. Zunächst hatte er außerdem das Glück, dass einige von ihm getroffene Prognosen tatsächlich eintrafen: Eine Dürre und die darauf folgende Hungersnot und Seuche kündete er zwei Jahre im Voraus an. Ein anderes Mal prophezeite er den Einfall von Heuschrecken. Theodoret sagte er, da er von jemandem angefeindet wurde, 15 Tage vorher den Tod dieses Feindes voraus. Größer war die Wirkung bei prominenten Personen. Der Kinderwusch einer Königin der Isma­ eliten, die ihm durch Abgesandte ihre Bitte vortragen ließ, ging in Erfüllung. Ein kranker magister militum per orientem wurde nach Symeons Segensspruch geheilt. Ein böser Senator erkrankte und verstarb, nachdem er ihn verflucht hatte. Es blieb nicht aus, dass der Säulensteher in die hohe Politik eingriff. Juden hatten bei Antiocheia einen Christenjungen ermordet. Daraufhin wurden in der Stadt die Synagogen konfisziert. Kurze Zeit darauf erließ der damalige praefectus praetorio per orientem147 ein Edikt, die Juden sollten für den erlittenen Verlust entschädigt werden, und es sollte ihnen erlaubt sein, neue Synagogen zu bauen. Die Christen in Antiocheia protestierten und wandten sich an Symeon. Der Säulenheilige drohte göttliche Strafe für den Fall an, dass der Präfekt die Maßnahme nicht sofort zurücknimmt. Kaiser Theodosius II. entließ den Mann.

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Abb. 99: Qalʿat Semʿān, Nordsyrien, Kirchen-Kloster-Komplex St. Symeons mit Basis und Stumpf der Säule

Symeons Tod auf der Säule blieb zunächst zwei Tage lang unbemerkt. Der Bischof von Antiocheia ließ den Leichnam mit einem Festzug in die Stadt holen und in der «großen Kirche», das ist die domus aurea, beisetzen. Doch bald darauf wurde Symeon umgebettet in eine eigene Grabkapelle. Ein Versuch Kaiser Leons, die Gebeine nach Konstantinopel zu holen, blieb erfolglos. Um 560 n. Chr. sah Euagrios den Leichnam in Antiocheia (historia ecclesiastica 1,13): «Das Wundersame: Die Haare am Kopf waren nicht verdorben und sahen aus wie bei einem Lebenden. Die Gesichtshaut war rot geworden und vertrocknet, aber gut erhalten. Er hatte auch noch viele Zähne außer denen, die ihm fromme Pilger gewaltsam herausgebrochen hatten.» Die Säule Symeons auf dem Hügel bei dem Dorf Telanissos wurde zur Reliquie und zog weiterhin zahlreiche Pilger an. Ein Schüler des Säulenheiligen, Daniel, bestieg eine Säule vor den Toren Konstantinopels und kommunizierte mit den Kaisern Leon und Zenon. Auf seine Initiative hin wurde zwischen 471 und 474 ein Gedenkbau in der Hauptstadt errichtet, und etwa um dieselbe Zeit begannen die Bauarbeiten an dem gewaltigen Pilgerheiligtum am Ort der Säule in Syrien (Abb. 99): Ein zentrales Oktogon von 30 Meter Durchmesser und vier dreischiffige Kreuzarme umgeben die Säule. Drei der Arme sind zur Säule geöffnete Versammlungsräume. Nur der Ostarm diente als Kirche, in der die Litur-

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gien stattfanden. Die langrechteckige, ummauerte Gesamtanlage, einer der best­ erhaltenen Architekturkomplexe des antiken Orients, umfasst Herbergen, Klostergebäude, ein Baptisterium und Grablegen der Mönche. In der Reihung der Stadtvignetten des zentralen Mosaiks der Stephanoskirche von Umm ar-Raṣāṣ steht Kastron Mephaa am Kopf der transjordanischen Reihe (siehe oben S. 313; 404 f.; 407). Die Vignette ist vergleichsweise detailreich. Hinter dem turmbewehrten Stadttor scheint eine mit Ziegeln gedeckte Basilika abge­ bildet zu sein. Außerhalb des Stadttores öffnet sich eine geräumige, gepflasterte Platzanlage oder Plateia, in deren Mitte ein Pfeiler oder eine Säule mit einem von kreisrunder Einfassung umgebenen Stab auf der Spitze aufrecht steht (Abb. 100). Über die Bedeutung ist viel gerätselt worden. Die wahrscheinlichste Lösung besteht darin, dass wir es mit der Säule eines Styliten zu tun haben, die von einem Kirchen- und Klostergebäudekomplex umstanden ist. Etwa 1,3 Kilometer nördlich des Kastron steht ein rechteckiger, 15 Meter hoher Turm aufrecht, in dessen östlicher Nachbarschaft eine kleinere Basilika mit Apsis zu sehen ist (Abb. 101). Es handelt sich sehr wahrscheinlich um ein Relikt von der Art, wie es auf dem Mosaik der Vignette von Kastron Mephaa abgebildet ist. Ob die Abbildung genau diesen Turm repräsentiert, ist ungewiss. In der Epoche der Styliten dürften mehrere solcher Säulen an verschiedenen Orten entstanden sein. Die Säulensteherei verbreitete sich rasch im ganzen frühbyzantinischen Reich. Eine griechische Vita berichtet von dem Symeonschüler Daniel, der 30 Jahre auf einer Säule nahe Konstantinopel verbrachte, wo er 493 verstarb. Auch er hatte, hochverehrt von Kaiser Leon, beratend in die hohe Politik eingegriffen (Vita Daniel 66. 101).148 Im Jahre 531 wurde in Antiocheia Symeon der Jüngere geboren. Er lebte im südlichen Teil der Stadt, als er an den Stadtmauern in der Nähe des Daphne-Tores eine Vision Christi erlebte. Westlich von Antiocheia, auf dem «Wunderberg» (thaumaston oros) bestieg er zuerst einen Felsen, zehn Jahre danach eine hohe Säule (megas stylos) und wirkte von ihr herab Wunder, als die Stadt 542 von einer Pest heimgesucht wurde. Auch beaufsichtigte er von oben den Bau eines Klosters, dessen Plan ihm von Engeln eingegeben worden war. Eine Kirche war seiner Mutter Martha geweiht. Der Klosterbetrieb mit Bibliothek existierte noch im Mittelalter; in einer Eremitage entstanden eine Übersetzung der Vita der heiligen Martha und der Vita des Barlaam ins Georgische. Von der Klosteranlage sind nur noch geringe Reste erhalten. Der Berg heißt bis heute ‹Symeonsberg›: Samandağ.149

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Abb. 100 (links): Kastron Mephaa (Umm ar-Raṣāṣ), Jordanien, Mosaik in der Stephanoskirche Abb. 101 (rechts): Stylitenkloster (?) nördlich des Katron

Der syrische Asketismus nimmt  – mehr noch als das frühe Mönchtum Ägyptens – in der Geschichte des römischen Orients vom 4. bis 6. Jahrhundert eine Schlüsselposition ein. Es drängt sich an dieser Stelle auf, in aller Kürze auf eine Kontroverse in der Forschung einzugehen. Sie entzündete sich an der 1971 von dem Historiker Peter Brown vorgebrachten These über die Heraufkunft und Funktion des «Holy Man» in der Antike.150 Im Unterschied zu den früheren, sowohl dem vom Märtyrer zum «Heiligen», «Saint», transzendierten Glaubensstreiter als auch zu dem wandernden Guru (theios aner) wie Apollonios von ­Tyana oder Peregrinos Proteus, fasst Brown mit «Holy Man» die spätantiken Anachoreten und Asketen Ägyptens und Syriens zusammen. Er erblickt in dem neuen Phänomen das «Leitmotiv» der religiösen Revolution der Antike schlechthin: nicht den Sieg eines Mono- über den Polytheismus, nicht die Auflösung e­ iner elitären Kultur der Rationaliät durch einen primitiven religiösen Irratio­nalismus, sondern ein – nach Zerstörung der Tempel, Verstummen der Orakel, Erosion der Vaterrolle, Versagen der Institutionen – aufklaffendes Bedürfnis nach Führung, Auto­

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rität, Objektivität, Sicherheit, das notwendigerweise nicht aus der Dorfgemeinschaft heraus, sondern nur von einer außenstehenden Instanz befriedigt werden konnte. In das historisch beispiellose Vakuum eintretend erfüllte der Holy Man eine gesellschaftliche Funktion als Ratgeber, Richter, Schlichter, Problemlöser auf allen Feldern der zeittypischen Nöte, Ängste und Defekte und ersetzte zuvorderst in den Landstrichen des Orients die mit ihm nächstverwandte Instanz des dörf­ lichen Patrons («rural patron», griechisch prostates). Bei näherem Hinsehen stellt sich Browns Modell weniger als das einer reli­ giösen als das einer sozialen Revolution dar. Zur Entkräftung alter Thesen vom Niedergang des Religiösen in bizarre Folklore spätantiker Magie- und Dämonenfurcht spielt Brown das Wunderwirken des Holy Man herunter und erkennt seine Bedeutung in einer vermeintlich universalen Mediatorenrolle an den Hotspots gesellschaftlicher Unordnung. Obgleich sich das Modell in der Fachwelt einer enthusiastischen Anerkennung erfreute, ja, geradezu als Durchbruch zum Verständnis der Spätantike gefeiert wurde, regte sich alsbald Kritik. Sie gipfelte in einer Gegenthese des Historikers Ramsay MacMullen von 2019: Unterziehe man alle verfügbaren Quellen einer systematischen Analyse, so erscheint die Mediatoren- und Beschützerrolle der Holy Men anstelle von der anderer weltlicher und klerikaler Autoritäten als marginal. Stattdessen bringen die Lebensbilder der meisten von ihnen überdeutlich zum Vorschein, dass ihre eigentliche Wirkungsmacht in der Beherrschung des Dämonischen, im Heilen und Vorhersagen bestand und auf Irrationalismus und Leichtgläubigkeit gründete.151 MacMullen verweist das Phänomen mithin wieder in den geistesgeschichtlichen Kontext des Transformationsprozesses antiker Religion zu Weltverachtung und Erlösung verheißendem (soteriologischen) Jenseitsglauben.

9. Showdown der Großreiche Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

Die Zeit vom letzten Drittel des 5. Jahrhunderts bis ans Ende der Regierung Justinians (527–565) hat im Orient ebenso starke Umwälzungen durch äußere Einflüsse mit sich gebracht wie die Ereignisse im Westen, die man unter dem Begriff «Völkerwanderung» zusammenfasst. Die Ostgrenze blieb bis zu den Vorstößen des Sasaniden Kavadh am Ende des 5. Jahrhunderts deshalb einigermaßen stabil, weil bis dahin die Perser im äußersten Osten ihres Vasallensystems, im heutigen westlichen Afghanistan, immer wieder beschäftigt waren. Die dort etablierten Kuschanherrscher beugten sich den Sasaniden zeitweise als Vasallen, zeitweise

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machten sie sich unabhängig und brachten dies in ihrer Titulatur auf Münzen zum Ausdruck. Nomadenstämme aus der Steppe nördlich des Oxus stürzten die Region ins Chaos. Die sogenannten Hephthaliten (Prok. BP 1,3,2–7) werden stark genug, in die Thronstreitigkeiten des sasanidischen Adels einzugreifen, und mit ihrer Unterstützung gelingt es auch Kavadh I. 488, den Thron zu erobern. Dieser König, der von 488 bis 496 und erneut von 499 bis 531 regierte, und sein jüngster Sohn und Nachfolger Chosrau I. (531–579) sind die Gegenspieler der Römer im Orient unter Anastasios und Justinian. Beide Seiten kämpfen mit großem Aufwand und wechselndem Erfolg um strategische Positionen auf der ganzen Linie. Über die Feldzüge berichtet ausführlich Prokopios in den beiden ersten Büchern der «Kriege». Es ist das letzte Kapitel der Geschichte eines ko­ härenten römischen Orients, der sich mit Einschluss der Klientelreiche vom Kaukasus bis in den Jemen erstreckte. Anders als in den Zeiten eines Traian, der Soldatenkaiser und Julians befand sich das römische Reich an seiner Ostgrenze zumeist in der Defensive. Freilich gelangen den Sasaniden zwar immer wieder zeitlich begrenzte und regionale ­Gebietsgewinne und Inkursionen tief in römisches Territorium, von denen sie gewaltige Beute wegführten oder für deren Schonung sie erhebliche Zahlungen an Gold und Silber einstrichen, sowohl von den Städten selbst als auch vom ­Kaiser.152 Doch selbst von den schwersten Schlägen wie etwa der Zerstörung Antiocheias 540 hat der römische Orient sich noch einmal erholt. Für eine eigent­ liche Eroberung und Beherrschung der urbanisierten Provinzen in Anatolien und der mittelmeerischen Levante diesseits des Euphrat und des limes Arabicus fehlte es den Persern an vielem, zuvorderst an der Beherrschung des Meeres. Prokopios (BP 2,28,23) lässt den Sasaniden Chosrau I. davon träumen, von einem persisch kolonisierten Lazika aus Kappadokien, Galatien, Bithynien und schließlich Byzanz einzunehmen. Das war Zukunftsmusik. In den ersten Regierungjahren des Kavadh kommt es innerhalb des zoroastrischen Klerus des sasanidischen Hochadels zu einer Revolution. Benannt ist sie nach einem religiösen und sozialen Reformer namens Mazdak, über dessen persönliche Motive und Ziele allerdings keine Klarheit herrscht. In seinem Namen wurde ein Aufstand der bäuerlichen Bevölkerung gegen den Adel entfesselt, der in Plünderungen und Frauenraub mündete. Mutmaßlich bestand das Reformprogramm Mazdaks oder seiner Anhänger in einer Art radikalem Kommunismus, der sich nicht nur auf Nahrung und Güter, sondern auch auf Frauen ­erstreckte. Frauen sollten in der Gemeinschaft geteilt, ihre Nachkommen gemeinschaftlich aufgezogen werden.153 Kavadh, der sich der Revolution anschloss, wird von Priesterschaft und Adel

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

Abb. 102: Dorf bei Harran, Türkei

abgesetzt. Man berät über sein Schicksal. Ein gewisser Gousanastades plädiert für Hinrichtung. Indem er eine schmale und kurze Klinge vorzeigte, mit der die Perser sich ihre Nägel zu schneiden pflegten, sprach er: «Seht dieses Messer, wie extrem klein es ist. Gleichwohl könnte es im Augenblick eine Tat vollbringen, die, seid gewiss meine lieben Perser, nur wenig später nicht einmal Zwanzig­ tausend gepanzerte Männer vollbrächten» (Prokop, BP 1,5,5). Doch die anderen schrecken vor dem Königsmord zurück. Kavadh kommt in Kerkerhaft. Auf märchenhafte Weise aus dem Gefängnis befreit, entkommt Kavadh zu den Hephthaliten nach Samarkand, mit deren erneuter Hilfe er den Thron von seinem Bruder Zamasp, der sich kampflos ergibt, zurückgewinnt. Wegen seines Tributversprechens an die Hephthaliten in finanzielle Not geraten, wendet er sich an Kaiser Anastasios (491–518) mit der Forderung, die Befestigungswerke von Derbend am Ostkaukasus gegen Barbareneinfälle sollten von beiden Reichen unterhalten werden. Doch Anastasios lehnt ab. Kavadh reagiert mit dem Einmarsch in Armenien und der Eroberung von Theodosiopolis (Erzurum) im Jahre 502 n. Chr. Der praeses Armeniens Konstantin war mit dem Kaiser persönlich über Kreuz und fiel ab. In dem nun entfesselten Krieg kämpften Araber auf beiden Seiten, vermutlich Ghassāniden auf römischer, sicher Laḥmiden auf persischer Seite.154 Nach ausgiebigen Plünderungen marschierte das Perserheer wieder einmal auf Amida, das es im Winter 502 zu belagern begann. Eine römische Armee unter dem dux

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Olympios wurde bei Constantina (Tella) vernichtend geschlagen, und im Auftrag Kavadhs verwüstete der Araberfürst Naʿmān die Territorien von Harran (Abb. 102) und Edessa, aus dessen Dörfern tausende Einwohner von der Weinlese in die Gefangenschaft weggeführt wurden. Den vorrückenden Persern trotzte angeblich ein Eremit: Eine Tagesreise von Amida entfernt hatte er sich seinen eingezäunten und überdachten Standort ­angelegt, auf den einige Hephthaliten aus Kavadhs Armee aufmerksam wurden. Sie versuchten, ihn mit Pfeilschüssen zu töten, doch wurden ihnen jedesmal die Hände lahm. Als Kavadh davon gehört, sich dorthin begeben und von dem ­Mirakel persönlich überzeugt hatte, gab er dem Wunsch des Mannes nach, alle Kriegsflüchtlinge bei sich aufnehmen zu dürfen (Prok. BP 1,7,5–11). Die Belagerung der wenige Jahrzehnte zuvor unter Valens neu befestigten Stadt Amida (heute Diyarbakır) verlief zunächst zum Nachteil, ja geradezu demütigend für die Perser (Joshua Stylites 48; Prok. BP 1,7). Soldaten waren in Amida nicht stationiert. Die Bürgerschaft allein unternahm die Abwehr. Die gegen das Bollwerk gefahrenen Rammböcke vermochten die Verteidiger wieder und wieder an den Köpfen abzubrechen. Daraufhin schütteten die Angreifer mit Erde eine massive Rampe gegen die Mauer auf, um auf die Höhe der Zinnen zu gelangen. Diese Rampe wird bei dem syrischen Chronisten Joshua Stylites «Mauleselin» genannt. Während der langwierigen und mühseligen Arbeiten blieb die Gegenseite nicht untätig: Vom Stadtinnern aus gruben die Bürger von Amida einen Tunnel unter der Mauer hindurch und weiter direkt unter die Rampe, die sie Zug um Zug unterhöhlten, ohne dass die Perser bemerkten, was vor sich ging. Gerade als eine große Zahl Soldaten mit Waffen und Gerät die Rampe hinauf Richtung Mauerzinnen stieg in der Erwartung, von oben das Stadtinnere beschießen zu können, stürzte der ausgehöhlte Hügel in sich zusammen und tötete fast alle. Die übrige Armee musste mitansehen, wie die Sieger auf der Mauerkrone erschienen und sie auslachten. Schlimmer noch: Einige Dirnen bestiegen die Zinnen und hoben ihre Röcke, so dass die Soldaten und der nahebei anwesende König «Teile des weib­ lichen Körpers zu sehen bekamen, die unbedeckt anzublicken für Männer nicht schicklich ist» (Prok. BP 1,7,17–19). Dies deuteten die persischen Magoi als Zeichen, die Amidener würden bald all ihre Geheimnisse offenlegen müssen, und sie überredeten Kavadh, die Belagerung fortzusetzen. Der verlustreiche Sturm in die Stadt gelang den Angreifern schließlich, weil eine kleine Mauerlücke, die ein einzelner Perser ausfindig gemacht hatte, zunächst wenigen von ihnen unbemerkt Durchlass gewährt hatte. Den nächstgelegenen Mauerabschnitt zu bewachen oblag einer Gruppe christlicher Mönche. Doch die waren wegen eines religiösen Festes sämtlich betrunken und wurden

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

im Schlaf niedergemacht. Nach Einnahme der Stadt fand ein grausames Massaker an der Bürgerschaft statt. 80 000 Leichen wurden durch das Nordtor hinausgetragen, an der Außenmauer kam es zu weiteren Steinigungen. Anastasios reagiert auf den Fall Amidas mit der Entsendung einer großen Armee unter vier Feldherren, Areobindos, Celer, Patrikios und Hypatios. Zunächst von einem Überraschungsangriff der Perser schwer dezimiert, profitieren die Römer schließlich von Kavadhs Abzug zur Bekämpfung einer neuen Inkursion der Hunnen in sein Reich und machen sich ihrerseits an die Belagerung Amidas (Prok. BP 1,8). Die verbliebene persische Garnison ließ die männliche Bevölkerung im Theater internieren und dort elend verhungern, während sie die Frauen mit immer geringeren Rationen am Leben hielt. In größter Verzweiflung breitet sich Kannibalismus aus. Die gut versorgten Truppen der römischen Be­ lagerer schwärmen unterdessen im Umland aus, brennen alles nieder und t­ öten jeden männlichen Bewohner, der älter als zwölf Jahre ist. Die persischen Besatzer vermögen den Nahrungsmangel und den völlig desolaten Zustand der Bevölkerung innerhalb der Stadt verborgen zu halten und die Belagerer über ihre Durchhaltefähigkeit zu täuschen. Die kriegsmüden und vor winterlichen Strapazen zurückschreckenden Römer lassen sich überreden, die Übergabe Amidas gegen Zahlung von 1000 Pfund Gold und freien Abzug der Besatzer entgegenzunehmen. Es kommt zu einem zwischen Celer und dem Perser Aspebedes ausgehandelten Frieden auf sieben Jahre (Prok. BP 1,9; Joshua Stylites 71–81). Mit der Summe Goldes im Gepäck rückten die Sasaniden restlos ab und räumten auch die Region am oberen Tigris. Der Kaiser war entschlossen zur Offensive. Ein außergewöhnlicher Inschriftenfund aus Jordanien beleuchtet en detail eine Militärreform: In der Ruine von Qaṣr el-Hallabat waren mehr als 120 beschriftete Basaltblöcke vermauert, von denen heute zahlreiche verloren, andere in verschiedene Museen (Amman, Yarmuk-University) gelangt, weitere noch immer in die Wände am Ort vermauert sind (Abb. 103a–b). Neue Fragmente haben die Grabungen 1979–1984 ans Licht gebracht. Einige Blöcke hat man auf der Royal Jordanian Airforce Basis in Marka gefunden. Ein umfangreiches Restaurations- und Rekonstruktionsprojekt mit Anfertigung von Repliken wurde 2002–2013 unter Leitung von Ignacio Arce durchgeführt. Nach mehreren Vorabpublikationen steht eine vollständige wissenschaftliche Edition des heutigen Befundes noch aus.155 Abgesehen vom diokletianischen Preisedikt handelt es sich um den längsten epigraphischen Text der Spätantike, der mehr als 300 lange Zeilen umfasst. Die darin angeordnete Reorganisation des römischen Militärs ist bruchstückhaft auch aus mehreren anderen Inschrif-

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

tenfunden bekannt: drei Kopien eines identischen Textes aus Libyen sowie Exemplaren aus Bosra, Imtan, Salkhad, Umm al-Dschimal und Jerusalem sowie aus Perge in Pamphylien.156 Das Edikt wird in das 15. Jahr einer Indiktion der Regierungszeit des Kaisers Anastasios (491–518) datiert, fällt also entweder in das Jahr 491 / 92 oder 506 / 07 n. Chr. Der Text ist in Abschnitte unterteilt, die mit der stets wiederkehrenden Wendung «ich befehle, dass» eingeleitet sind. Moderne Editoren gliedern in sieben Hauptabschnitte und über 40 Unterkapitel. Die folgende Auswahl fasst Themenkomplexe zusammen. Die Beispiele beleuchten insbesondere die offenkundig alltägliche Korruption der höheren Dienstgrade. Bestätigung älterer Regularien über die Besoldung der duces. Sonderkonditionen erhalten der dux Mesopotamiae und der dux Palaestinae. 2–10 Hierarchie der Funktionsträger unter dem dux in jeder Provinz, deren Ernennung und Beförderung. Unterstellt sind ihm folgende Ressortleiter: ein sub­ adiuva, ein adiutor, ein commentariensis (Rechtsprechung), ein subscribendarius und ein numerarius (Finanzen). Den genannten sind weitere subalterne Funktionäre unterstellt. 11 Steuererhebung und Soldauszahlung an die Soldaten. Hauptverantwortlich ist der erogator («Verteiler»), der die Abgaben von den Steuerpflichtigen zu em­ pfangen und an die Truppe zu verteilen hat. Der erogator ist sowohl dem prae­ ses (ziviler Provinzgouverneur) als auch dem dux darüber berichtspflichtig, diese wiederum berichten weiter an die Zentrale in der Hauptstadt. 12–13 Strafandrohungen gegen praesides und duces, die der Berichtspflicht nicht nachkommen. 14–19 Der erogator ist auch verpflichtet, die Soldaten vor Übergriffen zu schützen. II 4–6 Urlaubsgelder, die den Soldaten zustehen, sollen nicht von deren vorgesetzten Offizieren kassiert werden. Überhaupt sind die Soldaten nicht verpflichtet, ihren praepositi und tribuni irgendwelche Geldzahlungen zu leisten. Praepositi und tribuni sollen ihre kaiserlichen Ernennungsurkunden den duces der Provinzen, nicht direkt dem magister militum per orientem übermitteln; die duces melden dann an den magister weiter. Pferde und Dromedare sollen gemäß den jedem Reitersoldaten zugeteilten Futterrationen (capitus) zur Verfügung gestellt werden. Die Reitersoldaten sollen den Empfang ausreichender Rationen quittieren. III 1 Aus militärischen Finanzmitteln sind Sonderzuwendungen an bestimmte Klöster und Kirchen bestimmt. Genannt ist eine Kirche des heiligen Sergius in Pella. 2 Gerichtskosten bei Verfahren gegen Soldaten 3–5 Korrekte Buchführung bei der Truppe IV Soldaten sollen vor Erpressungen durch ihre Vorgesetzten geschützt werden: Weder darf ihnen bei einer Beförderung noch bei einem Besuch des dux in ihrem Lager Geld abverlangt werden. I1

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

Abb. 103a–b: Qaṣr el-Hallabat, Jordanien, Anastasios-Inschrift

Östlich von Martyropolis baut Anastasius die Festung Anastasiopolis aus (Dara).157 Für die Perser war dies eine Provokation; sie beriefen sich auf eine mit dem General Anatolios unter Kaiser Theodosius II. getroffene Vereinbarung, nach der die Römer auf Festungsneubau in Grenznähe verzichten sollten (Prok. BP 1,2,15). Doch auch das nördlich gelegene Theodosiopolis (heute Erzurum) lässt Anastasius gegen den Protest Kavadhs befestigen. Der Perserkönig verlegt sich aufs Verhandeln – erfolglos. Dem Nachfolger des Anastasios, Justin (518–527), schlägt Kavadh vor, der Kaiser möge seinen Sohn und Thronerben Chosrau adoptieren, um die gegenseitige Loyalität durch verwandtschaftliche Bande zu stärken (Prok. BP 1,11,8). Konstantinopel geht nicht darauf ein, diplomatische Missionen bleiben ergebnislos (BP 1,11,24–30). Sogleich mit dem Regierungsantritt Kaiser Justinians im Jahre 527 brechen die Feindseligkeiten wieder offen aus. Anlass ist ein erneuter römischer Festungsbau nahe Nisibis an der Grenze zum Sasanidenreich. Ein persisches Heer schlägt die Römer in einer Schlacht und macht die halbfertige Festung dem Erdboden gleich (BP 1,13,1–8). Auf dem Kriegsschauplatz an Euphrat und Tigris übernimmt Justinians Feldherr Belisarios das Oberkommando. Im Sommer 530 treffen bei Dara zwei große Heere aufeinander.158 Der persische General Perozes lässt dem Römer höhnisch sein Kommen damit ankündigen, am folgenden Tag in der Stadt ein Bad nehmen zu wollen. Während die Schlachtreihen noch verharren, provoziert ein einzelner junger Perser die Gegenseite, es möge ein Mann zum Zweikampf hervorkommen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten wagt sich ein Römer heraus, der in der Hauptstadt Trainer einer Ringerschule war. In hollywoodreifer Inszenierung

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

(Prok. BP 1,13,30–39) lässt Prokopios’ Bericht ihn erst den Jüngeren niedermachen, danach einen zweiten Herausforderer vom Pferd werfen und töten. Die anschließend entfesselte Schlacht verlieren die Perser; ihr Pfeilhagel verfehlt im Gegenwind seine Wirkung. Der verzweifelte Kavadh schickt eine weitere Armee in den römischen Teil Armeniens, doch auch diese erleidet bei Satala eine Niederlage. Erst die im selben Jahr bei Kallinikos (nahe Raqqa in Nordsyrien) geschlagene Schlacht endet in Flucht und Auflösung der römischen Kräfte (Prok. BP 1,18; Ioh. Mal. 461–465).159 Belisarios wird aus dem Orient abgezogen, um den Krieg gegen die Vandalen zu führen, während die militärische Konfrontation in Mesopotamien weitergeht. Im Jahre 531, mitten im Krieg mit Byzanz, stirbt Kavadh. Konstantinopel, im Westen engagiert, ist zu Zugeständnissen bereit. Erste diplomatische Kontakte zwischen Justinian und dem Nachfolger Chosrau I. resultieren 532 in einem «ewigen» Frieden gegen Räumung der Kaukasusfestungen, Abzug aus Dara und Zahlung einer großen Summe Goldes (BP 1,22). Als Belisarios in Libyen gegen die Vandalen Gebietsgewinne gelingen, ist der Perser alarmiert: Er fordert einen Anteil an der Kriegsbeute, da Konstantinopel diese ohne Frieden mit den Persern nie hätte erringen können (BP 1,26,3). Auf die Kunde von den erheblichen römischen Erfolgen im Westen sinniert Chosrau über einen Bruch des Friedens von 532 (BP 2,1,1). Im Jahre 540 beginnt der Sasanide die Invasion Syriens (BP 2,5–9). Am rechten Euphratufer führt er eine große Armee nach Norden vorbei an Kirkesion an der Einmündung des Chaboras und vorbei an Zenobia bis vor Soura unweit westlich von der Stelle, wo der Strom den von Norden herabfließenden Balīḫ aufnimmt. Nachdem der Kommandeur der Garnison durch einen Pfeilschuss getötet worden war, strebten die verzweifelten Einwohner eine friedliche Übergabe der Stadt an und schickten ihren Bischof hinaus, um darüber zu verhandeln. Chosrau erwirkte den Einlass in die Stadt mit falschen Versprechungen, ließ die Häuser plündern und niederbrennen, die Bewohner teils niedermachen, teils versklaven. Die Gefangenen indessen bot er – angeblich aus Liebe zu einer erbeuteten schönen Frau namens Euphemia – dem Bischof der südlich von Soura in der Steppe gelegenen Stadt Sergiopolis zum Freikauf gegen eine schriftlich vereinbarte Anzahlung. Zwischen Freikauf und Angriff muss auch das weiter nördlich gelegene Hierapolis wählen und entscheidet sich für Ersteres. Daraufhin wenden sich die Perser weg vom Euphratufer direkt nach Westen, wo sie vor dem auf halber Strecke von der Weltstadt Antiocheia entfernt liegenden Beroia haltmachen. In ihrer Verzweiflung darüber, den geforderten doppelt so hohen Betrag wie den der Hierapolitaner nicht zahlen zu können, ziehen sich

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

die Verteidiger mitsamt Pferden und Vieh in die Burg zurück, wo ihnen sehr bald das Wasser ausgeht, während die Stadt ringsum niedergebrannt wird. Verhandlungen, wonach die benachbarten Antiochener die geforderte Summe aufbringen sollen, scheitern. Die Beroier ergeben sich schließlich, und ein Großteil der Soldaten desertiert zu den Persern. Chosrau aber rückt jetzt mit seiner ­Armee auf Antiocheia am Orontes vor und gelangt an ihre Mauern, beinahe drei Jahrhunderte nachdem die Perser unter seinem Vorgänger Schapur I. diese erklommen hatten. Für die römische Weltstadt ereignet sich nunmehr das schlimmste Desaster ihrer Geschichte bis zur Einnahme durch die Kreuzritter unter Bohemund von Tarent im Jahre 1098. 15 Jahre zuvor schon von einem schweren Erdbeben heimgesucht, trifft sie jetzt mit voller Wucht die Brandschatzung und Plünderung der Perser. Nach dem ausführlichen Bericht im zweiten Buch der Perserkriege des Prokopius (BP 2,8 f.) spielten sich unbeschreibliche Szenen ab. Unweit des Orontesufers schlägt die Armee des Angreifers ihr Zeltlager auf. Das Angebot, gegen eine große Summe Goldes abzuziehen, wird von den Unterhändlern der Stadt höhnisch verworfen. Das Gros der Perser rückt daraufhin gegen die Mauer an der Orontesseite vor, während der König und eine Eliteeinheit gegen den östlichen Abschnitt auf der Silpiushöhe vorgehen, wo die Befestigung Schwachstellen aufweist. Den römischen Soldaten assistieren junge Männer aus der Zivilbevölkerung. Um die Standflächen auf der Brüstung zu verbreitern, verlegen die Verteidiger zusammengebundene Holzstämme zwischen den Türmen. Doch die Seile reißen und die Konstruktion kollabiert, woraufhin eine Fluchtbewegung ins Stadtinnere einsetzt. Die verlassene Mauer übersteigen die Perser ungehindert mit Leitern und steigen vom Silpius hinab westwärts in das Stadtinnere. Männer, Frauen und Kinder strömen auf die Stadttore zu, viele werden von hastig flüchtenden Reitersoldaten niedergetrampelt, während bewaffnete junge Antiochener der Zirkusfaktionen erbitterten Widerstand leisten, vergebens. Es ereignet sich ein fürchterliches Massaker, und nach ausgiebiger Plünderung wird fast alles niedergebrannt, nachdem zuvor erlesene Bauteile aus Marmor gesammelt und für den späteren Abtransport außerhalb der Mauer deponiert worden waren. Die Überlebenden wurden deportiert und in einer neu gegründeten Stadt bei Ktesiphon angesiedelt. Sie trug den Namen: Weh Antiok Kusrau – «besser als Antiocheia [hat] Chosrau [sie gebaut]». Von der umwohnenden Landbevölkerung wurde sie Rum-agan – «Stadt der Römer» genannt, von den Arabern Rūmiyya. Nach Prokopios’ Bericht (BP 2,14,1–4) war der König von dem Wunsch besessen, das urbane Flair der römischen Weltstadt eins zu eins in die Kopie zu verpflanzen:

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

Abb. 104: Ktesiphon, Irak, Taq-i Kisra

«Er ließ für die Gefangenen ein Bad bauen und ein Hippodrom und sorgte dafür, dass ihnen auch an allem anderen Luxus nicht mangelte. So ließ er Wagenlenker und Musiker aus Antiocheia und anderen römischen Städten herführen. Verpflegt hat er diese Antiochener auf Staatskosten großzügiger als gewöhnliche Kriegsgefangene, und verlangt, dass sie ‹königliche› genannt würden, in keines Beamten Zuständigkeit fielen, sondern allein der des Königs.»

Von Justinian verlangt Chosrau jährliche Abgaben an Gold, seien seine Perser doch für den Schutz des römischen Reiches ebenso notwendig wie die regel­ mäßig von Konstantinopel bezahlten Sarazenen und Hunnen (BP 2,10,23). Bei einem Abstecher nach Süden erzwingt er kampflos den Einlass in die Stadt Apameia und befiehlt, nachdem er all ihre Schätze ausgeplündert, ein Wagenrennen im Hippodrom abzuhalten. Er gefällt sich darin als Gegner auf Augenhöhe mit dem Fan der «Blauen», Kaiser Justinian, die «Grünen» zu favorisieren, die jedoch zu seiner Bestürzung ins Hintertreffen geraten und nur durch sein manipulatives Einschreiten gewinnen. Auf dem Rückweg nach Osten entgehen diesseits des Euphrat Chalkis, jenseits Edessa der Heimsuchung durch Geldzahlungen. Für Antiocheia folgte zu allem Unglück 542 die von Prokopios geschilderte Pestepidemie (BP 2,22 f.), die noch einmal fast ein Drittel der Einwohner dahinraffte. Sie war von Ägypten ausgegangen und breitete sich bis in die Hauptstadt am Bosporus aus.160

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

Der erfolgreichen Expedition nach Lazika lässt Chosrau 544 neue Feldzüge in Euphratesia und Osrhoene folgen, ohne viel zu erreichen. Eine Belagerung von Sergiopolis muss er abbrechen. Den zahlenmäßig unterlegenen Truppen des Belisarios bei Dura Europos weicht er aus, allein das von einem Großteil der Einwohner verlassene Kallinikos fällt ihm zum Opfer. Dann macht er sich auf nach Edessa (heute Urfa). Es beginnt einer der härtesten Kämpfe um eine bedeutende Stadt jenseits des Euphrat seit der Belagerung Amidas vier Jahrzehnte zuvor (BP 2,26 f.). Chosrau will die Schmach seines ersten, gescheiterten Angriffs tilgen, in dem – gemäß Hörensagen – ihn der Gott der Christen besiegt habe. Der sofort vorgetragene Ansturm wird durch einen Ausfall der Edessener zurückgeschlagen. Geldforderungen des Königs für einen Abzug sind so exorbitant, dass die Verzweiflung den Widerstand der Belagerten verstärkt. Die Perser gehen systematisch zu Werke und beginnen, wie vor Amida, eine Rampe aufzuschütten, wobei die vor der Mauer schwer Schuftenden mit aufwendigen Konstruktionen vor Beschuss von oben geschützt werden. Eine Gegenrampe an der Innenseite der Stadtmauer kommt nicht rasch genug in die Höhe und wird aufgegeben. Doch den Edessenern gelingt Ähnliches wie den Verteidigern von Amida. Sie untertunneln unbemerkt die Rampe nächst der Mauer, füllen den Hohlraum mit trockenem Holz und stecken dieses in Brand. Der Effekt ist verheerend, und die Angreifer müssen von ihrem Werk ablassen. Auf der Mauerkrone assistieren den Soldaten nunmehr Frauen und Kinder. Auf die mit Leitern Anstürmenden ­regnen Steine und erhitztes Öl nieder. Stark dezimiert und völlig ausgepowert begehren die persischen Soldaten vom König den Rückzug, doch der treibt sie wütend zu einer letzten, verzweifelten Anstrengung an – vergebens. Am Ende vermag der Sasanide nur noch eine mäßige Summe gegen seinen Abzug zu erhalten. Edessa ist gerettet. Im Jahre 545 handelt eine Abordnung des Kaisers in Ktesiphon einen fünf­ jährigen Frieden aus – natürlich wieder gegen Geldzahlung (BP 2,28,10 f.). Nach dem persischen Abzug aus Lazika wird im Jahre 561 der 50-jährige Frieden ­unterzeichnet (Menander Protector fr. 11 M). Dem persischen Reichsgebiet erwächst wenige Jahre später wieder einmal im Osten, am Oxus, eine ganz neue Bedrohung seitens der erstmals ins Licht der Ereignisse tretenden Turkstämme. Menander Protector berichtet von einer türkischen Gesandtschaft nach Byzanz im Jahre 568. Eine Allianz kommt indes nicht zustande. Ein neuerlicher Konflikt zwischen den Großmächten in Meso­ potamien endet, nach dem vergeblichen Versuch der Römer, Nisibis zurückzu­ erobern, mit dem erfolgreichen Gegenangriff auf Dara und wiederholten sasa­ nidischen Beutezügen nach Syrien.

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

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Karte 13: Diözesen und Provinzen nach Hierokles, Ende 5. / Anfang 6. Jh.

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Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau Legions- bzw. Auxiliarlager Stadtfestung Militärstraßen und Handelswege Stadt

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Karte 14: Städte, Festungen und Lager an der Ostgrenze vom 1.–6. Jh. (Augustus bis Justinian)

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

Abb. 105: Qaṣr Ibn Wardan, Syrien

Die beiden größten Kontrahenten in dem Jahrhunderte anhaltenden Ringen um die Hegemonie an der Ostgrenze des römischen Reiches scheiden im Abstand von anderthalb Jahrzehnten aus. Der Tod Kaiser Justinians 565 markiert einen Einschnitt für das gesamte Reich. Mit der justinianischen Epoche geht der große Plan einer Wiedereroberung von Reichsgebiet in West und Ost zu Ende, und an Euphrat, Tigris und Nil sollte es in der Folgezeit zu sukzessiven Zusammenbrüchen kommen. Gegen Ende des 5. und zu Beginn des 6. Jahrhunderts ergibt sich gegenüber der nachkonstantinischen (siehe oben S. 457–459) ein erneut verändertes Bild der Provinzordnung des Orients, die als nochmals kleinteiliger erscheint. Die Forschung rekonstruiert dieses Bild aus einem als «Reisebegleiter» (synekdemos) betitelten Verzeichnis von 64 Provinzen und 923 Städten des sonst unbekannten Autors ­Hierokles und einer im 7. Jahrhundert aufgeschriebenen und im 9. Jahrhundert überarbeiteten descriptio orbis Romani des Georgios Kyprios.161 Auch diese Ordnung hat in der Folgezeit, zunächst schon unter Justinian, dann nach dem Verlust großer Teile des Orients im 7. Jahrhundert besonders durch die Einführung der Themen, einer Art Militärdistrikte, eine grundlegende Neuformation erfahren. An der Ostgrenze war es unter Anastasios und Justinian zur letzten systematischen Verstärkung der militärischen Infrastruktur und zu einem Wiederaufund Ausbau der urbanen Zentren gekommen. Das Hauptaugenmerk in militäri-

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

Abb. 106: Dara, Türkei, die große Zisterne

scher Hinsicht lag auf den Befestigungen. Viele bestanden aus leicht zerstörbaren Lehmziegelmauern, waren veraltet, lückenhaft, entbehrten ausreichend Türme und hatten einen für effektiven Schutz ungünstigen Verlauf. Wasserversorgung und Schutz der Innenstädte vor Überschwemmungen durch Flüsse und Sturz­ bäche stellten eine weitere Aufgabe dar. Verlassene Siedlungen wurden wiederaufgefüllt, Grenzfestungen garnisoniert. Die personelle Ausstattung vor Ort war schwach. Auch der Zustand des römischen Militärs dieser Zeit ist mit dem der Legionen und Auxilia unter Vespasian oder Traian nicht zu vergleichen. Deser­ tionen, Korruption, Mangel an Ausrüstung, Disziplin und Kampfbereitschaft beeinträchtigten die Widerstandskraft. An der Ostküste des Schwarzen Meeres wurden die Festungen Dioskurias und Pityus ausgebaut (Prok. aed. 3,7). Hoch im Norden am oberen Euphrat ließ Justinian Satala, Coloneia, Nikopolis und Sebasteia neu befestigen. Der inzwischen mit Hallen, Bädern und Theater zur Großstadt angewachsene einstige Legions­ standort Melitene (heute Malatya) wurde mit einer die gesamte Siedlung umfassenden Enceinte ausgestattet (aed. 3,4). Weiter östlich entstand eine neue, garnisonierte Festung mit Kitharizon, wenig südlich von ihr wurde Martyropolis neu befestigt. In Syrien hatte Justinian das arg zertrümmerte Antiocheia restauriert und neu befestigt, desgleichen Chalkis und Kyrrhos (aed. 2,10–11). In der Steppe süd-

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

lich des Euphrat bei Raqqa entstand die befestigte Stadt Sergiopolis (ar-Ruṣāfa), ­deren Ruinen noch heute aufrecht stehen (aed. 2,9,3–9). Palmyra bekam eine neue Fortifikation. Eine vorzüglich erhaltene Anlage Justinians befindet sich unweit von Homs in der Steppe. Ihr antiker Name ist unbekannt. Der arabische Name Qaṣr Ibn Wardan geht vermutungsweise auf einen Scheich zurück, der sich hier eingerichtet hatte (Abb. 105). Aufrecht stehen eine Kirche und ein Palast, ein dritter Bau – vermutlich eine Kaserne – ist zerstört. Die Inschrift über dem Hauptportal des Palastes datiert nach der seleukidischen Ära in das letzte Regierungsjahr Justi­ nians, 564 n. Chr. Das verlassene Zenobia, ein Stück weit stromaufwärts von Dura Europos, wurde wiederbesiedelt, restauriert und befestigt (aed. 2,8,8–15), auch Kirkesion erfreute sich Reparaturen an der Mauer und eines funktionstüchtigen Bades (aed. 2,6,1–11). Im transeuphratenischen Mesopotamien162 mussten in Edessa, Carrhae und Batnai die Mauern verstärkt (aed. 2,7), Tella / Constantina repariert und mit Wasser versorgt werden (aed. 2,5,2–11). Die als Anastasiopolis von Anastasios gegründete östliche Nachbarin Dara (südlich von Mardin) ließ Justinian erweitern (aed. 2,1,4–2,21, vgl. BP 1,10,13–17). Die noch heute zugängliche Ruinenstätte beeindruckt mit ihrer Zisterne (Abb. 106). Die urbanen Zentren am Wüstenrand westlich des arabischen limes erlebten eine bauliche Nachblüte. Jerusalem schmückte Justinian mit einer großen neuen Kirche für die Gottesmutter (aed. 5,6,1–26). In Gadara wurde eine prächtige ­Oktogonalkirche erbaut. Gerasa erhielt neben dem Komplex der Kathedrale und der Theodoroskirche aus dem 5. Jahrhundert mit St. Kosmas und Damian-, ­Johannes und Georgskirche, mit Peter und Paul- sowie Gedächtniskirche eine Reihe weiterer repräsentativer Kirchenbauten im Stadtzentrum. Auch die mosaikgeschmückte Hippolytoshalle in Madaba dürfte in justinianischer Zeit entstanden sein (siehe oben S. 407–410). Über das byzantinische Petra war vor den 1990er Jahren wenig bekannt. Die Stadt gehörte seit dem Konzil von Chalkedon 451 zu dem neu geschaffenen Pa­ triarchat Jerusalem und war zum Sitz eines Metropoliten erhoben worden. Die große Petra-Kirche, eine dreischiffige Basilika, deren jedes Schiff im Osten von einer Apsis abgeschlossen ist, ist am Hang nördlich gegenüber der oberen Agora ausgegraben worden (Abb. 107).163 Die Seitenschiffe haben Mosaikböden mit ­reichen figürlichen und geometrischen Motiven. Eine von Säulen umstandene Vorhalle gewährte drei Zugänge in den Naos auf ihrer Ostseite, zwei weitere Zu-

Anastasios und Justinian gegen Kavadh und Chosrau

Abb. 107: Petra, Jordanien, Grundriss der Marienkirche

gänge gegenüber auf ihrer Westseite in angegliederte Räume, zwischen denen ein von Norden zu betretendes Baptisterium lag. An der Nordseite von Atrium und Basilika waren weitere Räume und ein Hof angebaut. Von besonderer Bedeutung ist Raum I. Es handelt sich um ein Kirchenarchiv, in dem die Ausgräber 1993 eine Sammlung von verkohlten Papyri fanden.164 Dieser Fund, ca. 140 Rollen, einige bis zu 6,50 Meter lang, gehört zu den bedeutendsten Schriftfunden Syriens / Palästinas neben den Schriftrollen vom Toten Meer. Sie datieren ins 6. Jahrhundert n. Chr. Die Kirche muss im 7. Jahrhundert niedergebrannt sein. Aus den Texten geht hervor, dass der Bau die «unserer gesegneten und allerheiligsten ruhmreichen Gottesmutter und Jungfrau Maria in Petra» geweihte Bischofskirche war. Ähnlich wie im Fall der in den Höhlen am Toten Meer gefundenen Papyri des Babatha-Archivs handelt es sich bei einer großen Gruppe dieser Urkunden um Schriftstücke aus Privatbesitz, die von rechtlicher Bedeutung waren. Offenbar bot das Depot in der Kirche eine sichere Aufbewahrung. Der Besitzer, eine in den Schriftstücken vorkommende Hauptperson, Theodoros, Sohn des Obodianos (der Name ist an den nabatäischen Königs­namen Obodas angelehnt), war Archidiakon, hatte also jederzeit Zugang zu dem Archiv. Dieser Mann stammte aus Kastron Zadakathon (heute Ṣadaqa) ca. 25 Kilo­ meter südöstlich von Petra; der Ortsname deutet wieder auf ein ursprünglich römisches Fort am Limes Arabicus. Auch zu Theodoros’ Zeit war hier römisches Miltär stationiert und zusätzlich waren arabische foederati zugegen. Ihren in den

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Papyri genannten Scheich (phylarchos) Abū Karib hatte Kaiser Justinian 529 zum Anführer aller arabischen Stämme von Palaestina tertia ernannt. Theodoros gehörte einer Familie wohlhabender Grundbesitzer an; er besaß Ländereien in der Umgebung, auf denen Wein und Getreide angebaut wurde, Gärten und verschiedene Immobilien in Petra selbst. Mit 23 hatte er Stephanous, die Tochter des Patrophilos, geheiratet; über den Wert der Mitgift unterrichtet ein zwei Jahre nach der Heirat vom Ehemann, vom Schwiegervater und von zwei Zeugen unterschriebener Vertrag. Ein anderes Dokument bezieht sich auf die Aufteilung des Erbes an Grund und Boden unter drei Brüder in seiner Verwandtschaft (seine Cousins?). Dies sollte so geschehen, dass zunächst drei gleich große Teile gebildet werden und dann das Los entscheidet, wer welchen Teil erhält. An Streit unter Grundstücksnachbarn in unseren Tagen erinnert ein Vorgang, bei dem es um Eigentums- und Nutzungsrechte des Theodoros und eines Kontrahenten, eines gewissen Stephanos, Sohn des Leontios, ging. Der Rechtsstreit war schon über 20 Jahre am Laufen, als er in Kastron Zadakathon vor zwei Schiedsrichter gelangte, von denen der eine, wie Theodoros, Archidiakon, der andere ein Offizier war. Theodoros beschuldigte Stephanos der mutwilligen Beschädigung seines Eigentums und des Diebstahls von Holz, Türen und Steinen. Gestritten wurde des Weiteren über die Wasserentnahme von den DachrinnenAbflüssen des Hauses des jeweiligen Nachbarn. Die Richter entschieden, dies sei rechtens «gemäß altem Brauch». Ansonsten fällten sie Entscheide, in denen man Kompromisse erblicken kann. Die Kontrahenten wurden verpflichtet, auf die heiligen Schriften in der Kirche von Zadakathon entweder die Unschuld des Prozessgegners oder – je nach einzelnem Streitpunkt – das Bekenntnis der eigenen Schuld zu schwören. Den Texten sind viele weitere Einzelheiten der sozialen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse im Petra dieser Zeit zu entnehmen. Bemerkenswert ist auch hier, wie in den Papyri aus Nahal Hever, der Gebrauch des Griechischen in der offiziellen schriftlichen Dokumentation, während die gesprochene Sprache, wie andere Indizien bekunden, hauptsächlich Arabisch war. Das Verhältnis der Römer zu den arabischen Wüstenstämmen dieser Zeit war zweigeteilt. Mit den Ghassānidenscheichs, deren Stammesgebiet im südlichen Syrien lag, hatte man sich auf gemeinsame Abwehr von Nomadeneinfällen verständigt.165 Dem Bruder des Abū Karib, Al-Hāriṯ ibn Jabalah (Arethas) soll Jus­ tinian den Königstitel verliehen haben (Prok. BP 1,17,47).166 Allein, der Befehls­ gewalt römischer Generäle im Felde haben sich die verbündeten arabischen Kontingente leicht entzogen, wenn sie eigene Interessen verfolgten. Als Beli­

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sarios im Raum Nisibis operierte und Arethas über den Tigris vorausschickte, hat dieser ihn, aus Angst, die Beute einer erfolgreichen Festungseinnahme teilen zu müssen, in schwieriger Lage im Stich gelassen (BP 2,19). Bei den arabischen Laḥmiden hingegen, deren Zentrum Al-Ḥīra war (südlich von Nadschaf im Irak) erwuchs den Römern besonders in Al-Munḏir III. ibn Imraʾ al-Qays (Alamundaros) ein erbitterter, ebenso energischer wie hartnäckiger Feind, der römisches Territorium von Syrien und Mesopotamien bis Ägypten jahrzehntelang bedrohte.167 Von seinem Überfall auf Emesa und Apameia im Jahre 527 führte er 400 gefangene Frauen weg, die er der Göttin Al-ʿUzza opferte. Den Persern, die er auf mehreren Inkursionen in römisches Territorium begleitete, soll er den Angriff auf Antiocheia geraten haben, eine Stadt «unbewacht und ohne Soldaten», deren Bewohner stets feierten, in Luxus schwelgten und vernarrt in Theaterwettkämpfe seien (Prok. BP 1,17,36 f.). Prokopios lässt Justinian in einem Brief an Chosrau über Alamundaros Beschwerde führen, er überfiele Städte in Friedenszeiten, massakriere die Einwohner, führe Beute und Massen von Versklavten weg (BP 2,4,21). Versuche seitens der Römer, ihn mit Bestechung auf ihre Seite zu ziehen, waren fruchtlos (BP 2,1,12 f.). Freilich finden sich auch unter seinen Leuten Verräter: Als Chosrau 542 Sergiopolis (Abb. 108) belagerte, ging einer von ihnen, ein Christ, des Nachts unter die Mauern und verriet den Verteidigern den Wassermangel im persischen Lager. Die Stadt harrte aus und die Perser mussten abziehen (BP 2,20,1–16). Wenige Jahre später kehrten sich die verfeindeten Stämme ohne jedes Zutun von Konstantinopel oder Ktesiphon gegeneinander.168 Alamundaros hatte auf ­einem Raubzug den Sohn des Ghassāniden Arethas gefangen genommen und sofort der Göttin Al-ʿUzza geopfert. In der nachfolgenden Schlacht beider Heere siegte Arethas, Alamundaros fand den Tod (Prok. BP 2,28,12–14). Der laḥmidische Vasallenstaat an der Westgrenze der Sasaniden verschwindet bald nach 600 unter Chosrau II.169 Im eigenen Reich hatte der fanatische Christ Justinian die Angriffe gegen Heidentum und Häresie noch einmal verschärft. Ungetauften dürfe weder Bürgerrecht noch Eigentum zustehen (Cod. Iust. 1,11,10), Hinrichtungen Andersgläubiger waren zahlreich, Montanisten wurden massenhaft in den Selbstmord getrieben (Prok. HA 11,23). Ein kulturhistorischer Markstein in der Geschichte des Altertums ist die Schließung der Akademie in Athen 529. Wie schon längst einfache Christen und Bischöfe anderswo im Reich, so emigrierten damals auch die Philosophen aus der Heimatstadt Platons ins Perserreich, wenn sie es daselbst auch nicht lange aushielten (Agathias 2,30).

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Abb. 108: Sergiopolis (ar-Ruṣāfa), Syrien

Nur 15 Jahre nach Justinian, im Jahr 579, starb Chosrau I. Anushirvan («von der unsterblichen Seele»), der seinen Namen der später allgemeinen arabischen Bezeichnung für den Sasanidenherrscher gab: Kisra (vgl. Caesar = Kaiser). Dieser Mann war der größte Reformer des Sasanidenstaates geworden. Er hatte Missstände der Eigentums- und Erbschaftsverhältnisse beseitigt und eine Besteuerung nach byzantinischem Vorbild eingeführt, die sich, anders als bis dahin, auch auf die Ländereien der großen Feudalherren bezog. Das zuvor aus den Aufgeboten der adeligen Grundherren zusammengesetzte Heer wurde neu von der Krone bezahlt und ausgerüstet, trainiert und länger als sonst unter Waffen gehalten. Die Reitereliten wurden mit kleineren Landgütern abgefunden, es entstand eine Art Militäradel. Das Reich hatte Chosrau in Kommandobezirke einteilen lassen, ­deren jedem ein General vorgesetzt war.170 Außer als Reformer von Monarchie, Hof, Heer, Wirtschaft und Gesellschaft ragt er hervor als Bauherr, Förderer von Wissenschaft und Künsten, des Weiteren als Theologe, der tolerant gegenüber fremden Religionen war, und als Intellektueller, der griechische Philosophie, Literatur, römisches und indisches Recht studierte – er war «cruel and hard but worthy of respect».171

Christlicher Schlussakkord auf der Arabischen Halbinsel: König ʾAbraha

10. Raḥmānān Christlicher Schlussakkord auf der Arabischen Halbinsel: König ʾAbraha

Christlicher Schlussakkord auf der Arabischen Halbinsel: König ’Abraha

Die Konkurrenz der Großmächte Byzanz und Persien erstreckt sich (nicht erst) in der letzten Phase des römischen Orients auf die äußerste Peripherie bis nach Südarabien und gipfelt in einer eigentümlichen Konfrontation am Vorabend der Geburt des Propheten Mohammed.172 Als Kosmas Indikopleustes 519 in Adulis an Land ging, rüstete der äthiopische König Kaleb Ella Aṣbeḥa (Ellatzbaas)173 zu einem Krieg gegen die Himyariten auf der Arabischen Halbinsel. Die früher daselbst von den Äthiopiern zeitweise beherrschten Gebiete waren geräumt, doch die Ansprüche auf die Hegemonie nicht erloschen. Die Himyariten hatten seit Beginn des 4. Jahrhunderts – erstmals nach der sabäischen Dominanz unter Karibʾil Watar bin Ḏamarʿalī im 7. Jahrhundert v. Chr. – den ganzen Jemen unterworfen. Ihre Herrscher betitelten sich als Könige von Saba und Raydān und Ḥaḍramawt und Yamanat. Ihre Hauptstadt war Ẓafār im Südwesten der Halbinsel (Plin. nat. 6,104; peripl. m. r. 23), doch blieb die alte Sabäerresidenz Mārib mit dem ʾAwam-Tempel das sakrale Zentrum einer Religion, die viele Götter verehrte. In den letzten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts trat ein plötzlicher Wandel zum Monotheismus ein: Nach dem Kirchenhistoriker Philostorgios (2,6; 3, 4–6) soll schon unter Constantius II. (337–361), als Äthiopien christlich wurde, ein gewisser Theophilos auf der Halbinsel missioniert haben. Von Kirchenbauten ist die Rede. Doch scheint sich neben der christlichen Minderheit rasch eine große Zahl jüdischer Gemeinden im Jemen verbreitet zu haben.174 Statt der alten Vielgötterei sprechen die inschriftlichen Zeugnisse von der Verehrung eines «Herrn des Himmels und der Erde» mit Namen Raḥmānān («der Barmherzige»). Der himyaritische König Maʿdī karib Yaʿfur, dem eine Christin eine große Summe Geldes geliehen und auf eine Rückzahlung verzichtet hatte, sympathisierte mit Konstantinopel. Er focht sogar auf römischer Seite gegen den Laḥmiden AlMunḏir III. (Alamundaros). Als zu seiner Zeit, 519, die Invasion des Negus Kaleb Ella Aṣbeḥa erfolgt, überschlagen sich die Ereignisse: Die Stämme in der öst­ lichen und südöstlichen Nachbarschaft des Kernlandes von Ḥimyar, «formerly powerful Sabaean clans»,175 erheben sich, und der probyzantinische König von Ḥimyar erhält mit Yūsuf (Dhū Nuwās)176 einen Nachfolger jüdischen Glaubens, der sich «König aller Stämme» nennt und sich den Hinauswurf der christlichen Äthiopier auf die Fahnen schreibt.

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Yūsuf nimmt Ẓafār ein und brennt die Kirchen nieder, marschiert in die Ti­ hama an der Westküste und blockiert in Erwartung einer weiteren Landung der Gegner den Hafen Maddabān. Weit entfernt davon, am Nordostrand des Hochlandes in Nadschran, der einstigen Etappe der augusteischen Armee unter Aelius Gallus 25 v. Chr., beginnen seine Truppen die Stadt zu belagern, wo sich eine größere christliche Gemeinde befand. Dem bald darauf eingetroffenen König ergeben sich die Bewohner gegen das Versprechen, ihr Leben zu verschonen. Yūsuf bricht es und richtet ein fürchterliches Massaker an, das als Martyrium von Nadschran in die Geschichte des christlichen Orients eingeht: Männer wie Frauen werden lebendig verbrannt, mit ihnen die exhumierten Knochen des zuvor schon verstorbenen Bischofs.177 Dieses Ereignis des Jahres 523 findet empörten Widerhall in der christlichen Welt. Kaleb Ella Aṣbeḥa plant eine erneute, größere Invasion. Ungeachtet der christologischen Differenzen mit den Äthiopiern unterstützt das orthodoxe Konstantinopel sein Vorhaben. Es wird 525 ins Werk gesetzt und hat Erfolg: Yūsuf wird besiegt und getötet, der Jemen von äthiopischen Truppen besetzt. Yūsufs Unterstützer ziehen sich in das Hinterland der jemenitischen Südküste zurück. Zunächst regiert Simyafa Ashwaʿ (Prok. BP 1,20: Esimiphaios), ein christ­ licher Himiyarit, als äthiopischer Klientelkönig. Als dieser durch einen Aufstand beseitigt wird, folgt als König ʾAbraha (Abramos), ebenfalls Christ, ein Äthiopier aus Adulis.178 ʾAbraha, ein Mann von außergewöhnlicher Energie, dachte nicht daran, sich Äthiopiens Herrscher unterzuordnen, sondern machte sich faktisch unabhängig. Seine Hauptstadt wurde Sanʿā, wo er eine prächtige Kirche errichten ließ.179 Am Damm von Mārib hat man eine lange und neuerdings eine kürzere Inschrift von ihm gefunden, datiert in die Jahre 547 und 548.180 Bei dem Text auf der großen Stele handelt es sich um einen Tatenbericht. Er beginnt: «Mit der Kraft und der Hilfe und der Barmherzigkeit des Raḥmānān und seines Gesalbten und des Heiligen Geistes». Es ist die chalkedonische, nicht die äthiopische Version des christlichen Glaubens. ʾAbrahas Titel, himyaritischer Konvention ­folgend, reklamierten die Herrschaft über Ẓafār und Saba ebenso wie über Ḥaḍramawt, Yamanat und weitere Stammesgebiete des Hoch- und Tieflandes. Merkwürdig ist die Hinzufügung eines Titels (?) Rmḥś, was als Rhomaios ­(«Römer») gelesen werden kann. Er habe diese Inschrift geschrieben, als ein Statthalter namens Yazīd sich gegen ihn erhob. Es folgt eine Aufzählung der mit dem Rebellen verbündeten Stämme, die im Südosten des Jemen zu verorten sind, ebendort, wohin sich die Yūsuf-Anhänger zurückgezogen hatten. Als ʾAbraha mit den äthiopischen Kerntruppen und verbündeten Himyariten gegen ihn marschiert, unterwirft sich Yazīd. Den König erreicht ein Hilferuf

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aus Mārib, wo der große Damm gebrochen war. Nach Sondierung bei den Stämmen über seine Absicht, den Damm zu reparieren, geht er nach Mārib und weiht daselbst eine Kirche ein. Unglücklicherweise bricht eine Seuche aus, die Truppen werden entlassen und die Stämme ziehen sich aus der Stadt zurück. Nach Abklingen der Seuche erneuern die Stämme jedoch ihr Treueversprechen. Es folgen detaillierte Angaben zu den Reparaturen und zu deren Kosten (die in Naturalien aufgezählt werden). ʾAbraha empfängt in Mārib illustre Gesandtschaften: aus Aksūm die seines nominellen Oberhauptes, des Negus von Äthiopien, aus Konstantinopel die des als «König von Rom» bezeichneten byzantinischen Kaisers (Justinian), aus Ktesiphon die des Königs von Persien (Chosrau), aus Al-Ḥīra die des Laḥmiden Al-Munḏir III. (Alamundaros) und weitere anderer Herrscher. ʾAbraha vermag sein Reich auf Feldzügen in den Norden bis in den Hijaz auszudehnen. Das Datum seines Ablebens (nach 560) ist nicht bekannt. Kaum zehn Jahre vor der Geburt Mohammeds existiert auf der Arabischen Halbinsel ein riesiges christliches Königreich, ein Gegner der nordöstlich angrenzenden Sasaniden und ein Protektorat Ostroms. Doch unter den Söhnen ʾAbrahas hielt das Reich den wieder erstarkenden Gegnern nicht stand: Mit persischer Hilfe setzten sich die arabischen Juden durch. Chosrau I. schickte eine Armee unter dem General Vahrîz, die in der Nähe von Aden landete und auf Sanʿā vorrückte. Die Hegemonie der Perser im Jemen hält bis zur islamischen Eroberung 632 an.

11. «Deus adiuta Romanis» Letzte Sasanidenkriege und der Verlust des römischen Orients Letzte Sasanidenkriege und der Verlust des römischen Orients

Eine aus den Zeiten der Parther vertraute Konstellation trat nach dem Tod des Chosrau-Nachfolgers Hormizd IV. im Jahre 590 ein: Im Kampf um den Thron, der von Chosrau Abarvez (Chosrau II.) zunächst bestiegen, diesem jedoch von Bahram, einem gegen die Türken siegreichen General, streitig gemacht wurde, wandten sich beide Kontrahenten an Konstantinopel um Unterstützung. Nach nur einem Jahr Regierung des Usurpators setzt sich Chosrau II. mit römischer Hilfe durch, der Preis dafür war der Übertritt von Nisibis ins römische Reich. Er währte nicht lange Zeit. Was nun folgt, ist ein Kampf der beiden Erzfeinde, der in einer Götterdämmerung endet: Das zoroastrische Persien und das christliche Ostrom gehen fast gleichzeitig auf dem gesamten orientalischen Schauplatz jahrhundertelanger

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Kämpfe unter und machen den muslimischen Eroberern der ersten Kalifen Platz.181 Die Hauptquellen dieser Ereignisgeschichte des nachjustinianischen Zeit­ alters sind in mehreren Sprachen tradiert. Griechisch schrieben Menander Protector, dessen Geschichte die zweite Hälfte des 6. Jahrhunderts (nicht ganz) abdeckt, sowie drei Autoren, die hohe Posten am Hofe der Hauptstadt in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts bekleideten: Theophylaktos Simokattea, der die Regierungszeit von Kaisers Maurikios (582–602) behandelt, Theodoros Synkellos und Georgios von Pisidien, deren Reden (Theodoros) und Gedichte (Georgios) auf historische Ereignisse der eigenen Zeit Bezug nehmen. Herausragend ist die Griechisch verfasste Weltchronik eines Anonymus, das Chronicon Paschale, die mit dem Triumph des Kaisers Herakleios in Jerusalem 630 endet. Die griechische Universalgeschichte des Theophanes Confessor, eines Abtes in Bithynien, reicht von der Zeit Diokletians bis 813. Ein armenischer Bischof zeichnete um 650 die Geschichte Chosraus II. in armenischer Sprache auf, die als Pseudo-Sebeos ­bekannt ist. Sie endet mit dem Untergang des Sasanidenreiches. Ursprünglich in Koptisch war die Weltchronik des ägyptischen Bischofs aus der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts geschrieben, Johannes von Nikiu (eine Insel im Nil). Schließlich ist der berühmte Perser Al-Tabari (839–923) zu nennen, der eine Geschichte in ara­bischer Sprache von der Schöpfung bis in die eigene Zeit schrieb.182 Es begann damit, daß ein Frieden mit Persien am aggressiven Vorgehen des oströmischen Kaisers Phokas zerbrach: Chosrau II., nach Ermordung seines Verbündeten, des Kaisers Maurikios, erzürnt, ist entschlossen zum Krieg. Seine Armee schlägt 604 die römischen Belagerer Edessas und nimmt im Jahr darauf selbst Dara ein. Die Feldherren Datoyean, Senitam Chosrau, Astat Yeztayar und Schahin Patgosapan operieren nacheinander in den Jahren 604–608 erfolgreich in Armenien, schlagen römische Kontingente und besetzen Theodosiopolis.183 Es ist der Auftakt einer seit den Tagen Schapurs I. beispiellosen sasanidischen Offensive. Der auf Phokas 610 folgende Kaiser Herakleios scheitert in dem Be­ mühen, den alten Frieden wiederherzustellen.184 Chosrau ist unversöhnlich. Die Sasaniden greifen auf ganzer Breite an. Im Vordergrund agieren zwei energische Generäle, Schahin Patgosapan und Schahrbaraz, nicht immer in Einvernehmen miteinander. Einer römische Niederlage bei Emesa folgt eine erste Invasion Kleinasiens. Kaisareia in Kappadokien fällt in persische Hand, nur um kurz darauf durch den römischen Heerführer Priskos zurückerobert zu werden. Das Kampfgeschehen konzentriert sich auf Syrien / Palästina: Im Jahr 613 erlebt Antiocheia erneut ­einen

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sasanidischen Angriff, die römische Armee wird vernichtend geschlagen und die Perser besetzen die Stadt. Noch im selben Jahr fällt Damaskus, und im Jahr darauf ist Jerusalem an der Reihe.185 Über die persische Einnahme Jerusalems 614 ist viel geschrieben und kon­ trovers diskutiert worden.186 Die Stadt, in der Christen und Juden zusammenlebten, traf das dritte Desaster nach der Zerstörung unter Titus und dem Zusammenbruch des Bar-Kochba-Aufstandes. Wie in Südarabien, so zeigten sich hier die Juden als bereitwillige Verbündete der Perser, denen vor allem die christ­ liche Einwohnerschaft suspekt war. Diese wiederum war keineswegs einheitlich, sondern in Chalkedonier und Monophysiten gespalten. Mit Letzteren verbanden die Perser eher Sympathien, während Erstere das verhasste Konstantinopel repräsentierten. Auch eine große Anzahl von Heiden (Hellenes) lebte in Jeru­ salem. Die Kampfhandlungen begannen am 15. April, und nach 20 Tagen Belagerung und Beschuss fiel ein Teil der Mauer. Ob und wie weit die Klagen der auf Augenzeugenschaft zurückgehenden Berichte über die Massaker und Zerstörungen von Kirchen übertrieben sind, lässt sich kaum rekonstruieren.187 Die Christen traf es jedenfalls am schlimmsten. Wehrlose, die in den Kirchen Zuflucht suchten, Alte, Frauen und Kinder, Priester und Mönche seien gleichermaßen gnadenlos abgeschlachtet worden. Die Perser hätten schließlich auch die in Zisternen und Gräben Versteckten mit Versprechungen herausgelockt, unter diesen eine Auslese derer vorgenommen, die Kenntnisse in Architektur besaßen, den Rest interniert und Hunger, Durst und Hitze ausgesetzt. Mindestens sieben Massengräber bestätigen der Archäologie das Wüten der Eroberer.188 Überlebende seien deportiert und in einem Gefangenenlager vor die Wahl gestellt worden, auf das Kreuz zu trampeln oder durch das Schwert zu sterben. Unter den Gefangenen, von denen einige fliehen konnten, befand sich der Patriarch Zacharias, den man vor den König führte. Insgesamt seien 66 509 Menschen umgekommen. Großen Nachhall in der christlichen Welt fand die Entführung der Reliquie des heiligen Kreuzes (‹Wahres Kreuz›) in die sasanidische Hauptstadt Ktesiphon. Die strategische Gesamtlage aus römischer Sicht war desaströs: Armenien, das nördliche Mesopotamien und Syrien / Palästina befanden sich unter persischer Kontrolle. Während Awaren und Slawen auf dem Balkan gegen den Bosporus vorrücken, von denen sich Kaiser Herakleios vorerst einen Frieden erkaufen kann, gelangen 614 persische Truppen bis vor Chalkedon. Ein demütiger Brief der hauptstädtischen Senatoren bittet den König um Frieden. Erhebliche Konzessionen an Gebiet des römischen Orients scheinen angeboten worden zu sein.

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Abb. 109: Silbermünze (Hexagramm) – VS: Herakleios und Sohn und Mitregent Konstantin III. – RS: Kreuz auf einem Globus, der auf Stufen ruht, Umschrift: deus adiuta Romanis

Chosrau geht nicht darauf ein, zieht aber seinen Feldherrn von Chalkedon ab, als er von einem römischen Vormarsch in Armenien erfährt.189 Ein ungeheurer Verlust für Byzanz ist die persische Besetzung Ägyptens 619, unterband sie doch die für die Hauptstadt wichtige Getreidezufuhr. Das Nilland war von der kurzen Episode der palmyrenischen Okkupation abgesehen seit mehr als 600 Jahren römische Provinz.190 In Konstantinopel wurden angesichts der immer bedrohlicheren Lage Silbermünzen mit der Aufschrift: DEVS ADIVTA ROMANIS («Gott helfe den Römern») geprägt (Abb. 109). Als erster Kaiser nach Theodosius I. führt Herakleios in eigener Person die römische Armee ins Feld. Zu Schiff bricht er im April 622 von der Hauptstadt auf, geht in Bithynien an Land und dringt bis Kappadokien vor, wo es den Römern Ende des Jahres erneut gelingt, die Perser zurückzuschlagen.191 Nach kurzer Rückkehr des Kaisers an den Bosporus leitet die römische Flotte im Schwarzen Meer den Angriff auf Armenien ein. Herakleios übernimmt die Führung der Feldarmee in Kaisareia im Jahre 624. Die Römer stoßen tief in persisches Gebiet bis nach Aserbaidschan vor, wo einst die Legionen des Marcus Antonius gescheitert w ­ aren. Dvin westlich des Urmia-Sees, der Sitz des Gouverneurs von Persarmenien, wird ebenso zerstört wie das südlich des Sees gelegene Ganzaka mit seinem Feuertempel, einem Zentrum des Zoroastrismus in der Region.192 Von diesen Ereignissen alarmiert, plant Chosrau II., mit Hilfe der Avaren Konstantinopel einzunehmen. Sein Feldherr Schahrbaraz macht sich auf den Weg,

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wird in Kilikien am Fluss Saros (Seyhan) von einem römischen Heer geschlagen, vermag jedoch seinen Weg fortzusetzen. Herakleios selbst weilt noch in Armenien, doch trifft sein Sohn und Mitkaiser Konstantin III. noch vor Schahbaraz mit einer Heeresmacht in Konstantinopel ein. Es ist eine Krise von damals weltkriegsgleicher Dimension, schien doch nach dem Untergang der alten Hauptstadt am Tiber dem zweiten Rom am Bosporus dasselbe Schicksal unmittelbar bevorzustehen. Doch die Avaren auf der Landseite scheitern an den starken Mauern, während es den Persern nicht gelingt, die von der Flotte gedeckte Seeseite zu überwinden.193 Kaiser Herakleios dagegen setzte alles auf eine Karte und vollbrachte einen fulminanten roll-back: Sein Bruder Theodoros marschiert in Mesopotamien ein und erringt einen Sieg über den Feldherrn Schahin. Er selbst rückt 627 von Norden bis auf Karcha (heute Kirkuk) vor, wo die römische Armee Weihnachten feiert. Ende Dezember besetzt Herakleios Chosraus Residenz Dastagird, etwa 80 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Ktesiphon. Der König hatte sie kurz zuvor in großer Hast geräumt, und den Römern fallen reiche Schätze, vor allem kostbare Seide, sowie 300 von den Persern erbeutete römische Standarten in die Hände. Die Invasoren setzen eine systematische Zerstörung von Siedlungen, Palästen und Umland ins Werk. Zum ersten Mal seit Julian Apostata war ein kaiserliches Heer ins Zentrum des gegnerischen Reiches vorgestoßen. Chosrau II. war außer sich vor Wut. Über Kreuz mit dem König, hatte sich Shahrbaraz nach Ägypten zurückgezogen. Obgleich die Römer von einer Belagerung Ktesiphons selbst Abstand nahmen, war jede Aussicht der Verteidiger auf eine Wende auf dem Schlachtfeld dahin. Am Hof schlug die Stimmung um, eine Gruppe von Verschwörern mit seinem eigenen ältesten Sohn Kavadh Shiroe putschte und exekutierte Chosrau II. im Februar des Jahres 628.194 Damit bricht nach spektakulären Anfangserfolgen eine 25-jährige Großoffensive der Perser vollständig zusammen. Der nur wenige Monate regierende Nachfolger Kavadh II. ist gezwungen, zum Status quo ante zurückzukehren und alle sasanidischen Gebietsgewinne aufzugeben. Die Grenzen beider Reiche von 602 sind wiederhergestellt. Im Jahre 629 /30 wird die Kreuzreliquie aus Ktesiphon zunächst im Triumph nach Konstantiopel, sodann am 21. März 630 in die Grabeskirche nach Jerusalem zurückgeführt.195 Nach einem kurzzeitigen Interregnum mehrerer Herrscher und Herrscherinnen kommt, im Jahr der Geburt des Propheten Mohammed 632, ein Enkel Chosraus II. auf den Thron: Yazdagird, der letzte Sasanide. Sein Schicksal ähnelt dem des letzten Achaimeniden Dareios III. Im südlichen Irak, unweit von Al-Ḥīra bei Qadisiyya, siegen 636 die Araber über das sasanidische Heer unter dem General

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Rustam, in demselben Jahr, in dem die römische Armee des Herakleios am Yarmuk (im nördlichen Jordanien) vom Kalifen ʿUmar ibn al-Khattāb vernichtend geschlagen wird. Sechs Jahre später unterliegt eine sasanidische Armee im Iran bei Nihavend und besiegelt den endgültigen Untergang der antiken persischen Reiche von Kyros bis Yazdagird. Diesem bleibt, wie einst Dareios III., dem Gegner Alexanders, nur die Flucht nach Osten. Wenige Jahre später trifft ihn ein Mordanschlag. Er beendet die lange Liste der sasanidischen Könige. Bereits 633 waren die Truppen der Kalifen in Cis- und Transjordanien präsent. Abū Bakr eroberte blühende römische Städte ohne Kämpfe und Massaker. Die Auferlegung von neuen Tributen brachten den seit Jahrhunderten den ­Römern untertanen Bevölkerungen eine kaum merkliche Veränderung.196 Die Plünderungen, Brandschatzungen und Zerstörungen der Perser fanden keine Nachahmung. Im Jahre 638 besetzen die Muslime unter Führung des Siegers am Yarmuk ʿUmar bin al-Ḫaṭṭāb Jerusalem. Die Übergabe der Stadt durch den Pa­ triarchen Sophronios ging friedlich vor sich. «Heute ist klar, daß das kulturelle, wirtschaftliche und religiöse Bild nach 638 nicht viel anders war als vor 614.»197 Ende des Jahres 639 trifft ein Heer von 4000 Soldaten unter ʿAmr ibn al-ʿĀs an der Ostgrenze Ägyptens in al ʿArīsh ein. Die Grenzfestung Pelusion wird im folgenden Jahr eingenommen, und es beginnt die Belagerung von Memphis und dem ägyptischen Babylon. Nach der Niederlage der Römer bei Heliopolis fallen beide Städte 641 den Invasoren in die Hände. Im Jahr der Schlacht bei Nihavand, 642, erobern die Muslime unter ʿAmr die Weltstadt Alexandreia. Die Römer k­ apitulieren. Ein Vertrag wird aufgesetzt, der bei dem persischen Historiker AlTabarî überliefert ist.198 Er beginnt mit den Worten: «Im Namen Gottes, des Barmherzigen, des Mitleidvollen». ʿAmr ibn al-ʿĀs versichert im ersten Paragraphen dem Volk von Ägypten (Miṣr) Unantastbarkeit seiner selbst, seiner Religion, seiner Besitzungen, Kirchen, Kreuze wie seines Landes und seiner Wasserwege. Es ist ein ganz anderer Vorgang als die Heimsuchungen der Blemmyer, Perser und Laḥmiden in der Vergangenheit. Ein Jahr nach der Eroberung wird ein zweisprachiger, griechisch und arabisch beschrifteter Papyrus datiert, beginnend in beiden Versionen mit der Anrufung Gottes.199 Der Orient hatte auf Dauer neue Beherrscher, aber das Leben ging zunächst wie gewohnt weiter. Im Jahre 645 kommt es nach Landung einer römischen Armee noch einmal zu Kämpfen im Niledelta. Doch die muslimische Besetzung Ägyptens ist endgültig. Antike Kontinuitäten in Kunst und Architektur des frühislamischen Orients sind oft beschrieben worden.200 Christliche Siedlungen und byzantinische Militär­ architektur an der Wüstengrenze des limes Arabicus finden vielerorts eine bruch-

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Abb. 110–111: Quṣeir Amra, Jordanien, Tänzerinnen

lose Fortsetzung in früharabischen Residenzen, den «Schlössern» oder «Palästen» (quṣur) umayyadischer Bauherren (siehe auch oben S. 310). Über 20 sind bekannt, unter anderen: Ḫirbat al-Minya am See Genezareth, Ḫirbat al-Mafğar bei Jericho, Qaṣr al-Mušattā, Qaṣr Ḫarrāna, Qaṣr el-Hallabat, Quṣeir Amra (siehe unten), Umm el-Walid und Humayma im heutigen Jordanien.201 Sie nutzen ältere römische Vorgängerbauten oder fügen sich in die Umgebung be­ stehender Architektur ein. Die Ghassānidenscheichs waren Monophysiten. Die extra muros gelegene Grabeskirche des al-Munḏir III. ibn al-Ḥariṯ (569–582 n. Chr.) bei ar-Ruṣāfa verweist auf die Verbundenheit des Dynasten mit dem heiligen Sergios. In der Apsis ruft eine griechische Inschrift das Glück des Bauherrn auf.202 Kirchen und Klöster überdauerten die islamische Eroberung unbehelligt neben und inmitten von Neusiedlungen. Mephaa (Umm ar-Raṣāṣ) im heutigen Zentraljordanien wurde, der Datierung der Mosaiken der christlichen Stephanoskirche in die Jahre 756 und / oder 786 zufolge, lange nach der arabischen Inbesitznahme von einer organisierten christlichen Gemeinde bewohnt, die ihre Kirche schmücken durfte. Sie zählte ihre Jahre noch immer nach der Ära der traianischen Provinz Arabia und

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IV.  Kreuz gegen Feueraltar

den seit Diokletian gebräuchlichen Indiktionen.203 Die Mosaiken der Kirche für Maria Theotokos im Kloster ʿAin al-Kanisah auf dem Berg Nebo und der Ma­ rienkirche von Madaba sind in den 760er Jahren noch einmal restauriert worden.204 In der Steppe nordöstlich davon liegt jener einzigartige Landsitz eines ʿumayya­ dischen Aristokraten aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts: Quṣeir Amra.205 Brunnenhaus, Audienzhalle, Badetrakt und Teile der Umfassungsmauer sind erhalten und restauriert. Ein stark zerstörtes Fresko im Innern zeigt Caesar, Roderich, den letzten Westgotenkönig vor der arabischen Eroberung Andalusiens, den sasanidischen Kisra und den äthiopischen Negus. Bade- und Jagdszenen verweisen auf griechische Mythologie (Dionysos und Ariadne?) sowie, mit Tänzerinnen und Flötenspielern, auf antike Bade- und Symposiumkultur (Abb. 110– 111). Die ganze Szenerie scheint einen Abschied von der alten Welt und den Aufbruch in eine neue Welt des islamischen Mittelalters zu symbolisieren.

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Die Römer glaubten von sich gern, sie seien Abkömmlinge eines östlichen Volkes. Wohl schon vor Vergils Aeneis hat der lateinische Westen sich einen Erzählstoff angeeignet, der in Asien beginnt. Das Vorbild, die Ilias, ein 15 693 Verse ­umfassendes Gedicht, hat seinen Platz im Allerheiligsten menschlicher Kunst. Homer ist traditionelles europäisches Bildungsgut, Grundtext abendländischer Kultur. Generationen von Gymnasiasten, Mädchen und Jungen, lernten den Eingangsvers im Metrum des altgriechischen Originals: menin aeide thea Peleiadeo Achileos. Aber ist die Ilias eigentlich abendländisch? Der christliche Orient musste logischerweise die Rolle heidnischer Götter und Göttinnen in dem Gedicht negieren und Homer als Urtext ablehnen. Origines hat denn auch überhaupt in Frage gestellt, ob es diesen Trojanischen Krieg jemals gegeben habe.1 Heidnische Historiker taten dies nicht und beriefen sich auf die eigene, älteste Geschichte, so auch die Römer. Das strahlte über die Antike bis in das Mittelalter aus, und zwar vornehmlich in der Weise, dass die verschiedensten Stämme, Völker und Herrscherhäuser sich auf trojanischen Ursprung zurück­ führen wollten: Die Franken sahen, wie die Römer, in den flüchtenden Trojanern ihre Vorväter. Englische und französische Könige reklamierten Abstammung von denselben. Der Trend war nicht auf Europa beschränkt. Dem byzantinischen Historiker Kritobulos zufolge soll der türkische Sultan Mehmet der Eroberer seinen Angriff auf Konstantinopel 1453 zum Rachefeldzug für das zerstörte Troja erklärt haben.2 Der lateinische Name für die Trojaner bei Vergil – Teucri – wurde mit den Turci gleichgesetzt und für die Großreiche des Orients und Okzidents eine gemeinsame Herkunft angesetzt. Bemerkenswerterweise haben diese vom lateinischen Epos Aeneis ausgehenden Theorien die Verlierer, die Trojaner, geadelt, während sie die Griechen als Übeltäter verdammten und der Vergeltung aussetzten. Doch hat sich im Zeitalter der Kreuzzüge wieder die Gegenthese durchgesetzt, wonach der christliche Westen den Griechen als Glaubensbrüdern zur Seite zu stehen und sie von der Herrschaft der ungläubigen Türken zu befreien habe. Die seit dem 18. Jahrhundert verfestigte These der voraussetzungslosen Einzigartigkeit der ältesten Dichtung von Hellas sah sich am Beginn des 21. Jahrhun-

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derts einer verstörenden Gegenthese ausgesetzt: Die Ilias sei eine Schöpfung des Orients! Die uralte Debatte Orient versus Okzident hatte sich an Homer neu entzündet, und die Waagschale schien sich zugunsten des Orients zu senken. Eine 2009 geplante Hektor-Statue an den Dardanellen sollte Sinnbild des Widerstands einer überlegenen anatolischen Kultur gegen den Ur-Angriff aus dem Westen sein, den zuletzt an gleicher Stelle im Jahre 1915 das British Empire wiederholt hatte. In der breiteren kulturbeflissenen Öffentlichkeit Europas löste der österreichische Dichter und Literaturwissenschaftler Raoul Schrott eine neue Welle der Debatte mit der These aus, Homers Heimat sei in Kilikien, der südlichen Türkei, zu verorten. Die Presse gab der freudigen Erregung unter Journalisten darüber Ausdruck, dass es wieder einmal ein nichtakademischer Außenseiter geschafft habe, der Fachwissenschaft heimzuleuchten: «Homers Geheimnis ist gelüftet» und: «Homer hat endlich ein Zuhause – in der Türkei».3 Die alte Konstruktion europäischer Kulturdominanz über den Orient schien in einem neuen Anatolismus-Mythos, der mit Troja beginnt, ihre Umkehr zu erfahren. Homer war wahrscheinlich ein Ionier. Seine Dichtung nahm, was längst erwiesen ist, ebenso wie die Denkansätze der ionischen Kosmologen Anleihen bei älterer, keilschriftlicher Literatur des Orients. Die Voraussetzungslosigkeit eines «griechischen Wunders» hält in der modernen Wissenschaft niemand mehr aufrecht. Das «image of a pure, classical Greece in splendid isolation»4 hat keinen Bestand mehr. «Edle Einfalt und stille Größe», schon von Nietzsche als «niaiserie allemande» verspottet,5 betet niemand mehr an. Richtunggebende Einflüsse g­ ingen vom semitischen Kulturraum aus, zuvorderst durch die Vermittlung der Alphabetschrift. Eine im Orient des homerischen Zeitalters (7. Jh. v. Chr.) herrschende kulturelle koine erstreckte sich vom Zweistromland bis ins östliche Mittelmeer. Man kann das archaische Griechenland als Teil des Alten Orients verstehen. In ebendieser Sprachen- und Völkerkonstellation waren es Griechen in Ionien und der Aiolis, nicht Assyrer am Tigris, nicht Elamer oder Perser in Iran, nicht Ägypter am Nil, die eine geistige Revolution sui generis von ungeheurer Tragweite hervorgebracht haben. Sie ging mit einer gleichzeitigen Revolution des Politischen einher.6 Ihre Fortsetzung mit Schwerpunkten in Athen und Alexandreia ereignete sich gleichzeitig mit raumgreifenden Thalassokratien in der Ostmittelmeerwelt, mit Eroberungen, Reichsbildungen und Migrationen in Vorderasien. Von Zellen hellenistischer Siedlungen breitete sich aus, was die Grundlagen der kulturellen Kohärenz des römischen Orients bilden sollte: griechische Sprache, ­Religion, Mythologie, Wissenschaft, Kunst und die Institution des Gemeinde-

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staates. Der umfassendste Ausdruck für diesen Vorgang: «Hellenisierung» behält seine Gültigkeit.7 Der Erfolg der Hellenisierung in einem lateinischen Imperium Romanum ist nicht zuletzt daran abzulesen, dass die westlichen Herren der Welt, bei aller anfänglichen Verachtung griechischer Kleinstaaterei und Volatilität, den eroberten Osten als griechischen Sprach- und Kulturraum nicht nur anerkannten, sondern gewissermaßen in dessen Schule gingen. Auf der anderen Seite strebten die Reichsbewohner des Orients, ungeachtet ihrer Sprache und kulturellen Prägung, danach, «Römer» zu sein, indem sie Griechisch lernten und an griechischer Kultur Anteil suchten.8 Bis zur constitutio Antoniniana 212 n. Chr. war das römische Bürgerrecht ein exklusives Privileg, danach ein Identifikationsmerkmal, das in keiner Weise eine Latinisierung erforderte, sondern die sprachlich-kulturelle koine untermauerte. Durch das Medium der Hellenisierung ist der Orient romanisiert worden. Die Dominanz der griechischen Sprache steht als eines der wichtigsten Bindeglieder der orientalischen Vielvölkerwelt des Imperiums an erster Stelle. Ge­ sprochen wurden viele Sprachen. Doch die epichorischen, durchaus lebendigen Idiome blieben bei schriftlicher Kommunikation selbst im Alltag, erst recht bei Gebildeten für Lehre und Literatur nahezu ausgeschlossen. Zigtausende von ­Papyri mit Dokumenten aller Art aus Ägypten präferieren das Griechische. Im transeuphratenischen Edessa kommt ab dem 2. Jahrhundert eine nationale Literatursprache auf, das Altsyrische, die sehr weit, bis nach Innerasien und China, verbreitet wird. Hebräisch und später Koptisch bleiben regional begrenzt. Ein mit der Einheitssprache eng verbundenes Phänomen ist die Omnipräsenz der Stadt, genauer: des Gemeindestaates als identitätsstiftender Grundform des Politischen, und mit ihr die urbane Lebensweise. Mit Ausnahme Ägyptens sind die Poleis die eigentlichen Zellen der östlichen Provinzen geworden. Sie ­waren bei Ankunft der Römer schon fast überall vorhanden, und sie haben dem römischen Orient über lange Zeit Stabilität verliehen. Als autonome Mikrokosmen erfüllten sie juridiktionelle, fiskalische, administrative, polizeiliche, bau­ liche Aufgaben und entlasteten die Provinz- und Reichsregierungen. Die Polis als Organisationsform umfasste Stadt und Land, in dieser Form existierte zwischen beiden kein Gegensatz. Das politische und administrative Zentrum war im Laufe der Kaiserzeit üppiger als jemals zuvor (von Ausnahmen abgesehen) mit dem ausgestattet, was man Urbanität nennen kann: Rein äußerlich entwickelten die Zentren «ein universelles Aussehen, aus dem spezifische öffentliche Räumlichkeiten  – sozusagen Ausdrucksformen einer organisierten

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Abb. 112: Priene, Türkei, Rathaus

Gemeinschaft in 3D – nicht wegzudenken sind»:9 Agora, Rathaus, Gymnasium, Theater, Hippodrom, Aquädukte, Brunnenhäuser und Bäder, Bibliotheken und Konzerthallen. Man kann noch heute auf breiten, marmorgepflasterten Plateiai flanieren oder auf den steinernen Sitzstufen des Rathauses einer Kleinstadt wie Priene Platz nehmen und die Debatten der städtischen Ratsherren imaginieren (Abb. 112). Jenseits von Euphrat und Tigris hörte diese Welt auf. Herodot (1,153) hatte auf persischer Seite eine Verachtung für Agora und Debattenkultur insinuiert. Mehr als ein Jahrtausend später ergötzt sich der Sasanide Kavadh an Thermen und Hippodrom als einem fremden Luxus. Zum urbanen Way of Life gehörten Wahlen, Versammlungen, gemeinschaftliche Feste und Opfer, Vereinsleben, Wasserversorgung, Körperpflege, Markthandel und spectacula der Arenen, Bühnen und Sportplätze. Selbst mittlere und kleine Poleis waren Magneten des Technischen, Künstlerischen und Geistigen, und von dessen Instrumenten: Wissen und Bildung. Der Bogen ist zu spannen vom Smyrna der Sophisten bis zu den Kleinstädten der Kirchenväter Kappadokiens oder dem exponierten kulturellen Schmelztiegel Edessa jenseits der Ostgrenze. Wo die Gebildeten auf Griechisch debattierten und lehrten, waren Bücher zugänglich, kamen junge und alte Bürger und Bürge-

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rinnen zusammen. Anlagen wie das Gymnasium Pergamons, der ‹große Tempel› Petras und Kom el-Dikka in Ägypten lassen die Aktivitäten von Gemeinschaften, die sich in Ältestenclubs (gerusiai), Ephebie, Kultvereinen und Gelehrtenschulen organisierten, erahnen. Zu dieser Art städtischem Geistesleben gehörte der permanente Wettstreit. Er zeigt sich in den öffentlichen Debatten auf mehreren Ebenen, von den Stars unter den Sophisten und Philosophen bis zu den Aposteln und Bischöfen. Plätze, Hörsäle, Hallen und Räume waren Arenen des Streits und des Arguments, wie es sich an Höfen und Palästen niemals hätte entfalten können. Eine in der Weltgeschichte seltene Erscheinung ist die Ausdehnung und Stabilität der mit dem Namen Rom verbundenen Macht. Sie bildet den Rahmen, in dem sich der ‹Alte Orient› und die hellenistische Welt im Laufe von 200 Jahren verwandelt haben. Die Geschichte ihrer Entfaltung von Westen nach Osten ist oft erzählt worden. Als zu Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. der Seleukide Antiochos III. nach der Wiedereroberung des hellenistischen Großreiches der Vorfahren trachtete, bedrohte er die schon aufgerichtete strategische Vormachtstellung Roms im Ostmittelmeerraum. Mit und nach den asiatischen Feldzügen der Scipio-Brüder, Sullas, Lucullus’ und Pompeius’ begegneten die Römer, anders als im Westen, Norden und Süden, diesseits und jenseits des Euphrat einem Gegenüber von ebenfalls ausgeprägten staatlichen Strukturen langer Tradition: Reiche mit Residenzen und monarchischer Bürokratie, vernetzte Vasallentümer, orga­ nisierte Wirtschafts- und Handelsräume, sesshafte, zum Teil städtische Gesellschaft, hellenisierte Führungsschichten und Könige, die sich als «philhellenisch» titulierten. Nachdem die seleukidische Macht in Anatolien gebrochen war (nach 188 v. Chr.), haben sich nur noch der Iraner Mithradates VI. von Pontos und Tigranes von Armenien einer römischen Anwesenheit im Orient energisch widersetzt. Damals tauchte am fernen Horizont eine parthische Gegenwelt auf. Die eigentliche Konfrontation mit der Großmacht der Parther jenseits des Euphrat begann mit den Feldzügen des Crassus, Antonius und Aelius Gallus (53–25 v. Chr.), unprovozierten Angriffskriegen, die scheiterten und doch eine andauernde Spannung aufrichteten. Von dieser Zeit an waren die orientalischen Fürstentümer an den Grenzen des Imperiums Objekte eines diplomatischen und militärischen Tauziehens zwischen West und Ost. Wie diese frühesten, so sollten sich die meisten römischen Invasionen an den Flanken und in das Kernland der Perser mit den Residenzen als schwierig, kurzlebig und verlustreich herausstellen. Die Steppe jenseits des Fruchtbaren Halbmonds bildete eine breite Zone ­flachen, öden Landes, wo sengende Sommerhitze einer Armee lange Märsche

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vergällte, Festungen und Lager nur schwer mit Baumaterial, Nahrung und Wasser zu versorgen waren. Transeuphratenische Provinzen Traians, der Soldatenkaiser, Tetrarchen und Ostroms waren instabil und von kurzer Dauer. Die sukzessive Ausfaltung römischer Provinzen im nachaugusteischen Zeitalter von den Küsten ins Landesinnere Anatoliens, nach Syrien, Palästina, Arabien und Mesopotamien geschah auf Kosten mittelgroßer und kleiner Klientelkönigreiche, die als zum Imperium gehörig betrachtet wurden. Das Verhalten dieser Monarchen ist je nach Lage und Zeitalter unterschiedlich: Während die Polemoniden von Pontos, ein Herodes oder Agrippa II. in Judäa eine strikt kaisertreue Bindung aufrecht hielten, manövrierten grenznahe Könige von Kommagene, Dynasten von Edessa, vielleicht auch der letzte Nabatäer Rabbel II., geradezu notorisch die Könige von Armenien, Iberia und Lazika zwischen den beiden Großmächten hin und her. Je nachdem, wie weit sich die Grenzzone nach Osten vorschob oder zurückzog, lauerte an der Steppengrenze und am Oberlauf des Euphrat in Ostanatolien eine latente und offene Konkurrenz zur Hegemonie der Römer. Die Gegenseite hat sie mit ihren Ansprüchen befeuert, das alte Perserreich wiederherzustellen: Progonikon ktema. Der Anatolier Strabon behauptete zu Beginn der Kaiserzeit (11,9,2): «[Die Parther] herrschen heute über soviel Land und soviele Völker, dass sie, was die Ausdehnung ihrer Herrschaft betrifft, in gewisser Weise Rivalen der Römer geworden sind.» Aus römischer Sicht war es opportun, die Perser groß erscheinen zu lassen, um die diplomatischen und militärischen Erfolge in helles Licht zu stellen. Doch weder die Parther noch die späteren Sasaniden waren in der Lage, ihr Wunschdenken in Wirklichkeit umzusetzen und die Satrapien der Achaimeniden westlich des Euphrat wiederzugewinnen und zu stabilisieren. Der Histo­ riker Sir Ronal Syme urteilte: «Parthia was patently week – and, on a long view of history, never a serious menace, for it lacked the organization and resources for sustained aggression.»10 Das Urteil kann auf die Sasaniden ausgedehnt werden, wenn diesen auch zeitweise tiefe und verheerende Einbrüche in römisches Reichsgefüge gelangen. Die Feldzüge Schapurs, Kavadhs und der beiden Chosraus in die Provinzen und Klientelreiche, sei es im Hochland, sei es in der Steppe, blieben folgenlos, was den Aufbau einer systematischen, dauerhaften und be­ lastbaren Herrschaftsstruktur betrifft, und endeten oft mit dem Abtransport von Beute und Gefangenen. Auf persischer Seite ist denn auch wiederholt eine Diplomatie des Gleichgewichts propagiert worden. Sie bediente sich der Metapher der «zwei Lampen oder zwei Augen», die sich gegenseitig erleuchten und nicht zerstören sollten.11 In einem chaotischen ‹Weltkrieg› am Beginn des 7. Jahrhunderts ging das sasanidische Königtum unter.

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Anders als die Steppe zwischen Euphrat und Golf blieb das Innere Arabiens für die Römer weitgehend Terra incognita. Mit der Arabischen Halbinsel in ihrer ganzen Ausdehnung hatten sie zwar schon durch den kuriosen Feldzug des ­Aelius Gallus 25 v. Chr. Bekanntschaft gemacht. Doch die das annektierte Nabatäerreich ersetzende traianische Provinz erstreckte sich nach Süden nur bis in die Gegend des heutigen Al-ʿUlā. Aus Steppe und Wüste griffen hier wie in Ägypten Nomaden die Siedlungen und Karawanen an. Lange Zeit hielt man sie in Schach. Im 2. Jahrhundert n. Chr. schrieb jemand im heutigen Grenzgebiet Südostjorda­niens und Saudi Arabiens ein Graffito in Stein: «Die Römer siegen immer».12 Kriege­ rische Stammesführer schlugen sich auf die Seiten der Römer wie der Perser und kämpften gegeneinander. Herrschergestalten besonderer Art sind die Palmy­ rener Odainathos und Zenobia im 3. Jahrhundert, die aus einer gegen die Perser verteidigten Grenzprovinz heraus ein östliches Gegenkaisertum anstrebten, oder der romfreundliche Ghassānide Arethas und sein Feind, der erbitterte Rom­ gegner Alamundaros im 6. Jahrhundert. Bevor der römische Orient den muslimischen Eroberern aus Arabien in die Hände fiel, hatten sich zu beiden Seiten des Roten Meeres, in Äthiopien und ­nahezu auf der gesamten Halbinsel, christliche Königreiche etabliert. Der Übergang in das islamische Zeitalter ab dem 7. Jahrhundert ging im Orient relativ bruchlos vonstatten. Eine kulturelle Symbiose hat der Neuzeit viele Schätze der antiken Traditionen bewahrt. Aufstände beherrschter Völker und soziale Unruhen im Osten des Reiches, die ganze Länder erfassten, waren selten: Ein beispielloser Fall nationaler Erhebung größten Ausmaßes gegen die weltweit etablierte Herrschaft des Imperators Caesar und gegen die mit ihr vorherrschende hellenistisch-römische Kultur kommt im Orient der hohen Kaiserzeit vor: Der Widerstandswille der jüdischen Aristokratie ist ein geschichtliches Phänomen ersten Ranges. Sie allein hat auf Reichsboden das zumindest zeitweilige Versagen der Erfolgsrezepte der pax Romana offengelegt und sich in Iudaea selbst und in der jüdischen Diaspora in verheerenden Rebellionen entladen. Dem Vielvölkerreich hat sich innerhalb seiner Grenzen diese eine Nation beharrlicher als irgendeine andere verweigert. Unverkennbar hatte dieser Widerstand eine starke kulturell-religiöse Komponente. Zu einem Wirtschaftsraum des römischen Imperiums trug der Orient mit immensen Reichtümern bei. Erträge des Nillandes, des Fruchtbaren Halbmonds und Anatoliens – der größten Binnenlandschaften des Reiches – aus Ackerbau und Weidewirtschaft, Bodenschätzen und handwerklichen Erzeugnissen haben

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einen anhaltenden, prämodern einzigartigen Wohlstand generiert, der nur zeitweise und regional von Verknappungen und Hungersnöten unterbrochen war. Eine Kornkammer wie Ägypten in der Antike entspricht den Rohstoffmono­ polen der Golfregion in der Moderne. Alleinstellungsmerkmal der östlichen Provinzen war die städtische Münzprägung unterhalb der Reichsprägung, und die Zirkulation des bronzenen und kupfernen Kleingeldes hat von Zeit zu Zeit, von Region zu Region eine eigene wirtschaftliche Dynamik entfacht. Zur globalen Bedeutung des Orients in der Moderne gehören Öl und Gas, doch nicht das Vorkommen allein, sondern mit ihm die Kontrolle der Transportwege, Pipelines und Seerouten. Dementsprechend beherbergten schon die ur­ alten Kulturlandschaften mittelmeerische Ausgangs- und Endpunkte von Handelswegen, auf denen dem heutigen Öl an Begehrtheit ebenbürtige Luxusgüter aus unendlicher Ferne ins Reich importiert und bis nach Indien aus dem Reich exportiert wurden. «Weihrauchstraße» und «Seidenstraße», von den Römern aus dem Nachlass der Seleukiden und Ptolemaier übernommene Fernverbindungen an den Golf, durch das Rote Meer und über den Indischen Ozean, sind nur Etiketten auf einem weitverzweigten Netzwerk von über Jahrhunderte intakten Handelsaktivitäten, denen vielleicht erst die frühe Neuzeit etwas Vergleichbares an die Seite stellen und es schließlich rings um den Globus übertreffen konnte. Die dem Reich über den Fernhandel aus dem Osten zuströmenden Reichtümer sind nach Qualität und Quantität unschätzbar. Die damit einhergehenden Kommunikationsstränge zwischen Asien und der Mittelmeerwelt haben dem Austausch von Bildern, Fertigkeiten, Erzählungen, Ideen und Glaubensinhalten ­einen Impuls verliehen, dessen Folgen noch längst nicht erforscht sind. Die Menschen in der Welt der Städte des Ostens produzierten eine reiche und differenzierte Literatur. Wie viel verloren ging, ist nicht zu schätzen. Die Gattungs- und Themenvielfalt des Erhaltenen lässt sich mit keinem Schlagwort zusammenfassen. Angehörige verschiedenster Völker und Länder sind unter den herausragenden Autoren zu finden. Das Griechisch der Werke von Syrern, ­Juden, Arabern, Ägyptern, Anatoliern war keine gesprochene, sondern eine an den Größen der hellenischen Vergangenheit ausgerichtete Kunstsprache. Auch inhaltlich haben die alten Vorbilder, ein Homer, Thukydides, Euripides, Platon, Demosthenes, die Gedankenwelten der Schriftsteller beherrscht, und die meisten geistigen Produkte der Kaiserzeit haben das Niveau der ionischen Revolution, der athe­ nischen Klassik und der alexandrinischen Gelehrsamkeit nicht erreicht. In der profanen Literatur und Wissenschaft orientiert man sich an den alten Größen, besteht die Leistung in Nachahmung und Zusammenführen, Auslegen, Systema-

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tisieren und Tradieren, seltener in schöpferischer Erfindung, mit einer besonders signifikanten Ausnahme: dem Recht. Was der pragmatische Römergeist aus den Anfängen bis in die Fachschriftstellerei der Rechtsschulen des Imperiums ent­ wickelte, ist für die europäische Kultur des Mittelalters, der Neuzeit und der Moderne prägend. Die Jurisprudenz wurde im 2. Jahrhundert, der Zeit Hadrians, neben der Rhetorik zur Leitdisziplin. Der Osten aber hat auch in dieser Disziplin bedeutende Vertreter aufgeboten. Die großen Kodifizierungen sind oströmisch. In die profane Literaturszene mischt sich im Orient der Kaiserzeit eine großenteils aus denselben Traditionen schöpfende und sich doch auf eigene, ältere Wurzeln berufende und immer stärker absetzende Literatur spirituell-philosophisch-religiösen Inhalts, deren breiteste und stetig anschwellende Strömung christlich ist. Hier werden auf alte Art neue, ergreifende Mythen konstruiert und erzählt, mit alten Begriffsinstrumentarien neue Wahrheiten verteidigt und erbitterte Debatten über originelle Probleme wie einen fleischgewordenen Logos geführt, die forschende Neugier auf die Natur und den Menschen in einer neuen Frömmigkeit gegenüber dem Unbegreiflichen und Unsagbaren versenkt. Spezifisch orientalisch ist die welthistorische Umwälzung im Bereich des Reli­ giösen, dem wir in diesem Buch große Aufmerksamkeit geschenkt haben. Auf dem Boden des römischen Orients kreuzten sich religiöse Urschöpfungen wie der avestische Dualismus, der jüdische Monotheismus, Denkgebäude akkadischer, spätplatonischer und hellenistischer Kosmologie und Theologie sowie christliche Heilslehren, ihre Konkurrenten und Ableger. Die städtische Religion des helle­ nischen Pantheons und die jüdische Diaspora sahen sich umringt von neuen Weisheitslehren, alteingesessenen und importierten, exotischen Lokal- und Regio­ nalgöttern, Synkretismen und rasant expandierenden Sekten mit rigoristischen Lebensformen und Praktiken «göttlicher», «heiliger» Menschen, Asketen, Eremiten, Styliten und Mönchen. Den meisten war, in vollkommenem Gegensatz zur Postmoderne, die Abwertung des diesseitigen ephemeren Lebens im Glauben an und in der Hoffnung auf ein jenseitiges ewiges Fortbestehen in höherer Seinsweise gemeinsam. Hier lag, zuguter- oder zuschlechterletzt, ein religiös aufgeheizter Raum, in dem Ansprüche auf «Ursprünglichkeit», «Wahrheit» «Rechtgläubigkeit» in fanatische Kämpfe eintraten. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die radikalen Protagonisten der Religionen in einer Weltgegend wohnten, wo Fruchtland und Ackerbau, städtisches Treiben und Handel in nächster Nachbarschaft öden und wüsten Landes lagen (Abb. 113). Wer jemals tief in der Wüste des Nachts zu einem klaren Stern­himmel aufgeschaut hat, weiß um die überwältigende Kraft der Metapher Licht. Die Dichte

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Abb. 113: Wādī Rum, Jordanien

der Milliarden von Lichtpunkten und Lichtnebeln erscheint als eine Apokalypse des Höchsten und Fernsten – jenes Erhabenen, das der anonyme Autor ‹PseudoLonginos› außer in der Natur nur in der hohen Kunst zu finden glaubte. Die Wüste als der extreme Gegenpol zum Biotop des Kulturmenschen im Bösen wie im Guten ist Thema in der Weltliteratur:13 Bereits das mesopotamische Epos stellt dem Stadtmenschen Gilgamesch den Steppenbewohner Enkidu gegenüber. Die Wüste ist feindselig, orientierungs- und nahrungslos: Gott führt Israel aus Ägypten (Ex 13,21 f.) «am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten». Sie ist Ort böser Geister und Versuchungen (Mt 4,1–3): «Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt, damit er von dem Teufel versucht würde. Und da er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.» In seiner Biographie des Einsiedlers Antonius beschreibt der Kirchenvater Athanasios (um 360 n. Chr.), wie sein Held in die Wüste geht, um die Dämonen zu bekämpfen, die seinen Körper quälen, über die jedoch sein Geist triumphiert. Doch andererseits ist die Wüste Wohnstätte des Göttlichen, Quelle der Inspiration, ein Ort der Selbstfindung und Wahrheitssuche, eine Reinigung von zivilisatorischer Degeneration: «Die Wüste wurde zu einer Stadt der Mönche» (Athana-

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sios, vita Antonii 14,7). Etwas später als Athanasios, im 5. Jahrhundert, verfasste Eucherios von Lyon sein Lob des Eremiten (de laude eremi, PL 50, 703 f.): «Mit Recht dürfte ich wohl die Wüste den unbegrenzten Tempel Gottes nennen; denn er, der ganz sicher in der Stille wohnt, freut sich offensichtlich an der Abgeschiedenheit. Dort zeigte er sich öfter den Heiligen und, da dieser Ort es nahelegte, verschmähte er nicht die Begegnung mit Menschen; in der Wüste nämlich erblickte Mose mit strahlendem Antlitz Gott (Gn 3); in der Wüste verhüllte Elija sein Gesicht aus Furcht, Gott zu schauen (1 Kg 19,13). Und obwohl Gott alles als sein Eigentum betrachtet und er überall anwesend ist, bevorzugt er doch offensichtlich [die Abgeschiedenheit der] Wüste.»

Friedrich Nietzsche nimmt die Wüste als Metapher für eine von Göttern und Gott befreite Einsamkeit des schaffenden Menschen:14 «Wahrhaftig – so heiße ich den, der in götterlose Wüsten geht und sein verehrendes Herz zerbrochen hat. Im gelben Sande und verbrannt von der Sonne schielt er wohl durstig nach den quellenreichen Eilanden, wo Lebendiges unter dunkeln Bäumen ruht. Aber sein Durst überredet ihn nicht, diesen Behaglichen gleich zu werden: denn wo Oasen sind, da sind auch Götzenbilder. Hungernd, gewaltthätig, einsam, gottlos: so will sich selber der Löwen-Wille. Frei von dem Glück der Knechte, erlöst von Göttern und Anbetungen, furchtlos und fürchterlich, groß und einsam: so ist der Wille des Wahrhaftigen. In der Wüste wohnten von je die Wahrhaftigen, die freien Geister, als der Wüste Herren; aber in den Städten wohnen die gutgefütterten, berühmten Weisen.»

Der Historiker und Nobelpreisträger Theodor Mommsen hat die Kaiserzeit als «Greisenalter» der römischen Geschichte bezeichnet,15 der irische Altphilologe Eric Robert Dodds beschreibt die Epoche von Marcus bis Konstantin als «Age of Anxiety».16 Der Gedanke findet sich schon bei dem Historiker des 4. Jahrhunderts Ammianus Marcellinus (14,6,3): Nachdem Rom sich Siegeslorbeeren aus allen Ländern des Erdkreises nach Hause geholt habe, neige es nun, zu seiner Zeit, dem Greisenalter zu. Im Greisenalter wächst die Angst. In Zeiten von Frieden und Wohlstand lauert ein latenter Schrecken vor Verlust, der in sich anbahnenden Krisen hervorbricht. Am Horizont des römischen Weltreiches dämmerten Zerfall und Untergang herauf. «Was hat es auf sich mit den Gerüchten von der hellenisch-lebensfrohen Kosmosfrömmigkeit, die mit einem Mal umgeschlagen sei in gnostisch-frühchristliche Weltverzweiflung? Wie konnte aus Bejahung Verneinung, aus staunender Ehrfurcht ängstliche Verachtung werden? Wie durften Menschen auf die Idee verfallen, zu verbrennen, was sie eben noch angebetet hatten? Wo ist der Drehpunkt dieser negativistischen ‹Weltwende› des Geistes zu suchen?», fragt heute der Philosoph Sloterdijk.17

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Wollte man die unterschiedlichen religiös-geistigen Bewegungen diverser Namen, Christen, Markioniten, Montanisten, Mithrasverehrer, Manichäer und alle Spielarten von Häretikern, die wiederum nur aus einem Meer weiterer dif­ fuser, sich über große Zeiträume erstreckender Strömungen emportauchen, als etwas Zusammenhängendes, als ein allgemeines Phänomen begreifen, so stünde am Anfang die einfache Beobachtung, dass sie alle orientalisch sind. Der Westen des römischen Reiches hat nichts auch nur annähernd Vergleichbares hervorgebracht. Er war ein leeres Blatt, in das sich die neuen östlichen Religionen einschrieben. «Denn wie der Blitz ausgeht vom Osten und leuchtet bis zum Westen, so wird auch das Kommen des Menschensohns sein» (Mt 24,27). Dass der Westen empfänglich war, bezeugen die von den Soldaten an Donau, Rhein und bis nach Britannien importierten neuen Kulte ebenso wie die Bekehrung von nordafrikanischen Intellektuellen wie Tertullian und Augustinus. Die römischen Regenten aus dem Westen waren den fremden  – alten wie neuen  – Religionen in ihrem Reich gegenüber zunächst indifferent. Die frommen Gläubigen wiederum planten keinen Aufstand gegen den römischen Staat. Ihr religiöser Rigorismus geriet zuerst auf lokaler Ebene in Konflikt mit der Mehrheitsgesellschaft, deren öffentliche Pflege der Vielgötterei mit Opfern und Festen den Kalender füllte und den sozialen Zusammenhalt stiftete. Daraus entstehende Unruhen hat die Staatsmacht herausgefordert. In zur Anzeige gebrachter öffentlicher Verweigerung des Kaiserkultes erkannte diese ein Majestäts­ verbrechen, und einzelne Kaiser gingen in Krisenzeiten schließlich dazu über, Christen weltweit mit äußerster Brutalität verfolgen zu lassen. In einer drama­ tischen Wende ‹von oben› hat die Reichsregierung aus der verfolgten eine geduldete, eine begünstigte und schließlich eine Staatsreligion mit Alleingültigkeits­ anspruch gemacht, der sich alsbald mit fanatischer Intoleranz gegen jedwede Abweichung durchzusetzen suchte. Die Welt der christlichen Spätantike war nicht weniger gewalttätig und gefahrvoll als die Welt der heidnischen Kaiser, im Gegenteil. Hatte sich dereinst im ganzen römischen Imperium die Idee etabliert – wie unvollkommen auch immer ihre Verwirklichung –, dass jedwede Störung in menschlicher Interaktion mittels Ausgleich, ‹Schadensersatz›, durch das Recht reparabel ist, mithin durch eine diesseitige und doch unparteiische Instanz, so begriff man jetzt menschengemachte wie übernatürliche Störungen zunehmend als etwas Dämonisches. Der Einbruch von Gefahr in die Realität kommt aus der Transzendenz, von unkon­ trollierbaren Mächten jenseits des Horizontes des sinnlich Erfahrbaren. Auf sie einzuwirken bedarf es der Figur des durch extreme Entsagung aus dieser Welt Entrückten, des ‹Fremden› par excellence, der doch, anders als Gott, zugänglich

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ist. Nur er, der «Holy Man», kann die Rolle des mit dem Dämonischen und Göttlichen verlinkten messengers glaubhaft ausfüllen. Der weltliche Richter, selbst der Kaiser, ist nur noch Zuschauer, wo der Säulenheilige von oben herab urteilt. Auf der intellektuellen Ebene hatte sich vor allem die platonische Lehrtradition der Antike mit heftigen Frontalangriffen eines Kelsos, Porphyrios oder Julian gegen die neue Religion zur Wehr gesetzt. Christliche ‹Widerleger› wie Origines oder Kyrill verfassten opulente Gegenattacken, mit denen – ungeachtet eines gemeinsamen Bildungsrepertoires und mancher Konvergenzen in der Philosophie Platons18 – zwei völlig verschiedene Geisteshaltungen aufeinanderprallten. Der Philologe Christoph Riedweg spricht von einem «clash of civilizations avant la lettre»,19 dem gesellschaftliche Spannungen und massive Umwälzungen heute in mancherlei Hinsicht gleichen: Es wird immer weniger wichtig, zu erkennen als Haltung zu zeigen. Zu überzeugen ist der Mühe nicht wert, wo man auf der ‹richtigen› Seite steht. Und zu widerlegen wird immer weniger wirksam als zu verteufeln. Im Grunde hatte damit der Orient in der späteren Kaiserzeit mit einer all­ gemeinen Re-Spiritualisierung über die einst von ionischen Kosmologen, aio­ lischen Dichtern, aufklärerischen Sophisten, athenischen Philosophen und Historikern, hellenistischen Philologen und Wissenschaftlern und pragmatischen römischen Juristen zerbrochenen Göttergewissheiten und logischen Erklärungen der erfahrbaren Realität gesiegt. Aus den uralten Traditionen war der Universalkultur der Antike etwas Neues erwachsen, das zu ihr gehört und doch aus ihr ausbricht und sie beendet: Das Aufglühen einer Frömmigkeit, die sich andersartigen, aus dieser Welt gänzlich entrückten Licht-, Logos-, Geist- und Sternen­göttern als dem Einen und dem Höchsten einen tiefen Glauben und eine das individuelle Dasein übersteigende, eschatologische Sehnsucht hingibt. Von dieser unserer Welt, in der viele von uns Heutigen die alleinige Heimat unserer kurzen, individuellen Existenz sehen, distanzierten sich Menschen der orientalischen Spätantike wie von einem unerträglichen Verlies für lebenslang Verbannte. In den Thomasakten spricht die adelige, vom Apostel bekehrte Dame Mygdonia: «Gingen die Tage doch leise über mich hinweg und würden alle Stunden eine einzige, damit ich aus dieser Welt scheiden könnte! Dann ginge ich hin und sähe das herrliche Eine, von dem ich habe erzählen hören, das eine, das lebt und Leben spendet denen, die daran glauben, wo es weder Tag noch Nacht gibt, nicht Finsternis sondern Licht, und weder Gut noch Böse, weder Reich noch Arm, weder Mann noch Weib, weder Sklave noch Freier, noch einen Stolzen oder Hochmütigen, der sich über den Demütigen erhebt.»20 Der Dichter des Perlenliedes verheißt den Ausgang: «und ich schlug meinen Reiseweg ein, zu kommen zum Licht unseres Landes, des Ostens».

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ANHANG

Anmerkungen

Anmerkungen

Einleitung 1 Aus dem ‹Perlenlied› vs. 63 (auch: Hymnus von der Seele) in den Thomasakten, zitiert nach Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 253. 2 Dąbrowa 2020, 23–35; Millar 1993, 467–471; Hopkins 1979. 3 Winkler 2009–2016, Online-Rezension von Stefan Rebenich: http:  /   /  www.sehepunkte. de /2010 / 06 /17074.html. 4 Morris 2010. 5 Orville Schell, Times December 10, 2010. 6 Lemberg 1985, 61. 7 Ebenda 72. 8 Frankopan 2017. 9 Said 1978. Dazu Osterhammel 1997. 10 Huntington 1996. 11 Zum Beispiel Polyb. 18,22,8. Vgl. Erskine 2000. 12 Literarische Beispiele reichen vom archaischen Zeitalter bis in die Spätantike. Noch der christliche Schriftsteller Tertullian bemüht sich in der Einleitung seiner Schrift adversus Marciones, einen erfolgreichen Häretiker namens Markion madig zu machen, indem er dessen Heimat an der Südküste des Schwarzen Meeres zum Nährboden jedweden Barbarismus stilisiert: s. S. 440. 13 Moderne Forschung hat auf ekstatische Vorführungen geschlossen, die den Einfluss von Schamanismus im Bereich der asiatischen Nomadenvölker zeigten. Ch. Selzer, DNP s. v. Aristeas [1]; Bolton 1962, dazu W. Burkert, Gnomon 35, 1963, 235–240. 14 Plat. Mx. 239 d; Eur. Iph. A. 1387. 1400; Eur. Hel. 276; Eur. Hec. 1199; Aristot. pol. I 1252–1255. 15 Diod. 10, 19, 5. 16 Halfmann 2008. 17 Vgl. besonders Millar 1993 (ohne Anatolien); Stark 1967 (von der Schlacht bei Magnesia 189 v. Chr. bis Justinian).

I.  Vom Alten Orient bis zur Pax Augusta Anmerkungen zu Kapitel I

1 Sonnabend 2007. 2 Hes. theog. 357 gibt ihn einer von 25 Flussnymphen. Hom. Il. 14,321 spielt auf die berühmte phoinikische Königstochter an, die Zeus in Stiergestalt aus ihrer Heimat nach Kreta entführte und daselbst schwängerte. Sogar den Platz unter einem Baum, wo die beiden Sex hatten, glaubte man zu kennen. Das jedoch sei, so der römische Gelehrte Plinius der Ältere (nat. 12,11), bloß Graeciae fabulositas – Fabulierfreude Griechenlands. Der griechische His-

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toriker Herodot (4,45, übers. Horneffer) macht sich folgende Gedanken: «Sollen wir annehmen, dass der Erdteil seinen Namen nach der Europa von Tyros hat und vor deren Zeit ­namenlos war wie die anderen Erdteile? Aber diese Europa stammt doch aus Asien und ist nie in das Land gekommen, das man heute in Hellas Europa nennt. Sie ist nur von Phoinikien nach Kreta und von Kreta nach Lykien gekommen. Doch genug davon!». Hekat., FGrHist 1, F 36 (Erdkarte); F 37–369 (Erdbeschreibung). Ein Proconsul der Provinz Africa, Cornelius Balbus, marschierte 20 v. Chr. bis zum Hauptort der Garamanten, Garama, im südwestlichen Libyen; noch etwas darüber hinaus ging Sep­ timius Flaccus in der Kaiserzeit (W. Huß, DNP s. v. Afrika 1B). (C.) Suetonius Paulinus überquerte auf einem Feldzug gegen die Mauren im Jahr 42 als erster Römer das Atlasgebirge (Plin. nat. 5,14; Cass. Dio 60,9; PIR2 S 957); bis in das Gebiet nördlich des Tschad-Sees, nach Agisymba, gelangte ein Kaufmann (?) namens Iulius Maternus zwischen 83 und 92 n. Chr., das vermutlich tiefste Vordringen eines Römers nach Innerafrika (W. Huß, DNP s. v. Agisymba). Theophr., ed. Wimmer 1866 fr. 42 (Simpl., Kommentar zu Aristoteles, Physik 6). Abel 1974, bes. 1016–1020. Bosworth 1993. Zu dieser Karte: Marek 1993a, 147–149. P. Valéry, Note (ou l’Européen) 1924, hrsg. von P. Palpant, Quebec 2005, S. 6 – http: /  / classiques.  uqac.ca / classiques / Valery_paul / note_ou_leuropeen / valery_europeen.pdf. Marek 32017, 30. Vgl. Vell. 2,101,3; CIL II 7, 468 (ab oriente ad occidentem) aus Corduba, 30 v. Chr.–14 n. Chr. Vgl. Suet. Nero 5. Dom. 2; Tac. ann. 2,1. 2,43. 3,12. 6,32; AE 1926, 79; AE 1972, 598. CIL VIII 18052; ILS 9005. Millar 1993 begrenzt Roman Near East auf Syrien-Palästina und Mesopotamien. Ägypten und Kleinasien sind ausgeklammert. Von den Anfängen bis zum Zeitalter der Perser handeln die zum Teil noch im Druck befindlichen fünf Bände zur Geschichte des antiken Nahen Ostens: Radner – Moeller – Potts (Hrsg.) 2023. Heranzuziehen sind auch die ersten drei (in mehrere Teilbände untergliederten) Bände der Cambridge Ancient History in zweiter Auflage. Siehe ferner: Van De Mieroop 3 2020; Sasson 1995. Quellentexte in englischer Übersetzung: Chavalas 2006; Foster 2005. Zu den Problemen der Chronologie F. H. Cryer in: Sasson 1995, Bd. 2, 656–659. Historischer Überblick: D. Charpin in: Sasson 1995, Bd. 2, 807–829. Van De Mieroop 32020, bes. Part I, 19–134; Selz 32016; Edzard 2004, 13–153; Maisels 1999, 79–179. Ihre Sprache besitzt keine Flexion (Beugung) wie die indogermanischen Sprachen, sondern ein komplexes System von Praefixen und Suffixen. Sie wird in der Linguistik als eine Ergativsprache klassifiziert, das bedeutet, sie unterscheidet das Subjekt eines transitiven Prädikats vom Subjekt eines intransitiven Prädikats. Edzard 2003, 1 f. Selz 32016, 23–26; Michalowski 2004; Edzard 2004, 26–29; anders Haarmann 32017; vgl. Haarmann 2017, 16 ff., der ein viel früheres Aufkommen von Schriftlichkeit im Verlauf des 6. Jts. der sogenannten Donauzivilisation zuschreibt und daran die Frage knüpft: «Warum ging also das ‹Licht der Zivilisation› zuerst im Westen auf (‹ex oriente lux›)?». Zeichen mit Mitteilungscharakter sind gewiss älter als die mesopotamischen Hochkulturen. Entscheidend ist die Frage, wie man Schriftlichkeit definiert. D. Schmandt-Besserat in: Sasson 1995, Bd. 4, 2097–2106. Friedrich 1966, bes. 44–51; Haarmann 2017, 30 ff.

Anmerkungen zu Kapitel I 21 Edzard 2004, 37–42. 22 M. Roaf in: Sasson 1995, Bd. 1, 429 f.; E. C. Stone in: Meyers 1997, Bd. 5, 390 f. Vgl. Van de Mieroop 32020, 79–89. 23 S. Franke in: Sasson 1995, Bd. 1, 832 f. 24 Selz 32016; Jursa 2015; Edzard 2004, 77–83. 25 P. Matthiae in: Meyers 1997, Bd. 2, 180–182; G. A. Rendsburg, ebenda 183 f.; A. Archi, ebenda 184–186; Milano in: Sasson 1995, Bd. 2, 1219–1230. 26 W. H. van Soldt in: Sasson 1995, Bd. 2, 1255–1266. 27 Zu den Aramäern: Kottsieper 2023; Edzard 2004, 174; Soden 1985, 19–22. 28 Harke 2007; Van De Mieroop 2005; J. M. Sasson in: Sasson 1995, Bd. 2, 901–915; Soden 1985, 127–129. Die Theorie, dass in der Entwicklung des Strafrechts anfänglich mildere Strafen eine stetige Steigerung erfahren, lässt Thukydides (3,42–48) den Redner Diodotos aussprechen. Dagegen ist im archaischen Athen des 6. Jahrhunderts v. Chr. der Übergang der Strafgesetze Drakons zu den Satzungen Solons eher als Abmilderung zu erkennen. 29 Krebernik 2019, 26–43; Edzard 2004, 131–135; J. Bottéro in: Sasson 1995, Bd. 4, 2293–2303. 30 L. E. Pearce in: Sasson 1995, Bd. 4, 2265–2278. 31 Maul 2013. 32 Edzard 2007. 33 W. G. Lambert in: Sasson 1995, Bd. 3, 1825–1835. 34 Maul 62014. Vgl. Sallaberger 2013. 35 Burkert 2001a, 37 f.; weitere Parallelen: Burkert 1992, 96–100. 36 W. Sommerfeld in: Sasson 1995, Bd. 2, 917–930. 37 Edzard 2004, 149. 38 Cancik-Kirschbaum 32015, 28–65. 39 Larsen 2015; K. R. Veenhof in: Sasson 1995, Bd. 2, 859–871. 40 Edzard 2004, 112–116; Marek 32017, 99–102 und siehe vorige Anmerkung. 41 Kubisch 2017, 40–42; Loprieno 2004; E. Wente in: Sasson 1995, Bd. 4, 2211–2221. 42 Zwei Felsinschriften im Wādī el-Hol (wenig nordwestlich von Karnak in Ägypten) werden als bisher ältestes Zeugnis vermutet. Über 30 proto-sinaitische Inschriften (ab Mitte 2. Jahrtausend) sind aus Serabit el-Khadim im südwestlichen Sinai bekannt: LeBlanc 2017, 21–98. 43 Sass 2005; W. D. Whitt in: Sasson 1995, Bd. 4, 2379–2397; Naveh 1982. 44 Die kontroverse Diskussion ungelöster Fragen in einer Flut von Literatur hält an. Einen guten Einstieg mit Berücksichtigung aktueller Funde aus Eretria und Methone bietet Papadopoulos 2016. Überblicke zur Problemlage bei Wirbelauer 2004; Marek 1993b. 45 Kubisch 2017; Wilkinson 32015; Schlögl 2006; W. G. Murnane in: Sasson 1995, Bd. 2, 691–717. 46 A. Loprieno in: Sasson 1995, Bd. 4, 2135–2150. 47 Geographie: Kubisch 2017, 11–15. 48 Sein Werk Aegyptiaca ist nur fragmentarisch durch mehrere zumeist spätantike Exzerpte in griechischer und lateinischer Sprache überliefert, hrsg. mit englischer Übersetzung von W. G. Waddell 1956 (Loeb Classical Library No. 350). Vgl. Kubisch 2017, 23 f. 49 Manetho Fr. 6,1; 7,1. Königliche Nilpferdjagden sind bildlich dargestellt und inschriftlich erwähnt, vgl. Kubisch 2017, 19. Zur Reichseinigung 54 f., zur ersten Dynastie 59–62. 50 Jánosi 2010; R. Stadelmann in: Sasson 1995, Bd. 2, 719–734. 51 Altes Reich: Kubisch 2017, 72–123. 52 D. B. Redford in: Sasson 1995, Bd. 4, 2223–2241. 53 Kubisch 2017, 184–258.

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Kubisch 2017, 228. Schlögl 2008; Schlögl 2012. S. Izreʾel in: Sasson 1995, Bd. 4, 2415 mit englischer Übersetzung von Tafel 369. S. Izreʾel in: Sasson 1995, Bd. 4, 2411–2419. Mitanni: G. Wilhelm in: Sasson 1995, Bd. 2, 1243–1254. K. A. Kitchen in: Sasson 1995, Bd. 2, 763–774. Kubisch 2017, 242–246. Aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. stammt ein in der Westtürkei gefundener Würfelhocker mit archaischer griechischer Inschrift, Şahin 1987, 1 f.: «Pedon hat mich geweiht, der Sohn des Amphinneos, nachdem er mich aus Ägypten hergebracht hat. Ihm hat der König Psammetichos, der Ägypter, als Zeichen seiner Hochschätzung, einen goldenen Armreif und eine Stadt geschenkt, wegen seiner Tüchtigkeit.» Es handelt sich bei diesem Pedon ohne Zweifel um einen Griechen, der sich als Offizier im Heer des Pharao besonders ausgezeichnet hatte. Cline 2015; Kubisch 2017, 249 f. Kubisch 2017, 259–270. Burkert 2003a, 17 mit 138 Anm. 44. Kubisch 2017, 278–286. Das Thema des ganzen Gedichtes ist ein Fall von Kannibalismus. Siehe dazu unten S. 173 f. Kubisch 2017, 231–234. H. Whitehouse in: Sasson 1995, Bd. 1, 3–14. Speidel in: Vandorpe 2019, 573–580. Wilhelm 2013; R. H. Beal in: Steadman  – McMahon 2011, 579–603; Klinger 2007; Collins 2007; J. G. Macqueen in: Sasson 1995, Bd. 2, 1085–1105. Schachner 2011. Diese Gleichung ist erstmals von dem Schweizer Sprachforscher Emil Forrer erkannt worden. Neuerdings werden Zweifel geäußert, dazu Hertel 2018, 119, und ausführlich Schürr 2020. Für den Westen insgesamt jetzt: Gander 2022. Schachner 2011. Cline 2015. Collins 2007, 157–196. A. Archi in: Sasson 1995, Bd. 4, 2367–2377. Burkert 2003b. Marek 32017, 631–637, 649–651. Marek 32017, 141–144, 820–823; Bryce 2012. J. D. Hawkins in: Sasson 1995, Bd. 2, 1295–1307. Kottsieper 2023. P. E. Zimansky in: Steadman – McMahon 2011, 548–559; Edzard 2004, 192–195; Wartke 1998; Salvini 1995; P. E. Zimansky in: Sasson 1995, Bd. 2, 1135–1146. Überblick: M. P. Lemche in: Sasson 1995, Bd. 2, 1195–1218. Clauss 1999. T. Dothan in: Sasson 1995, Bd. 2, 1267–1279, bes. 1271 ff. Daum 1999, 75: «Der Spießer stellt die Frage, ob es die schöne Königin wirklich gegeben hat. Und dem Spießer sei gesagt: nein. Aber für den, der sich die Lust zum Träumen bewahrt hat, der mit andächtigen Lippen die Bibel liest und den Koran, der sich von der Legenda Aurea auf die Marktplätze des Orients, in die Häfen von Byzanz und Beirut, von Alexandria und Tunis, von Pisa, Genua und Venedig mitnehmen lässt, für ihn hat die Königin gelebt, hat sie Salomo besucht, hat ihm Rätselfragen gestellt, und ihm Spezereien gebracht, Gold und Edelsteine.»

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Beschreibung 1. Kg 6; 7,13–51. Otto 2008. Übersetzung in Weippert 2010, 244–248. Omriden: Clauss 1999, 41–50. Clauss 1999, 58–78. Baltrusch 2002, 21–39. Van de Mieroop 32020, 246–307; Cancik-Kirschbaum 32015, 65–122; Edzard 2004, 195–246. Zum Neo-Babylonischen Reich Jursa 2023. Grayson 1987–1995, vol. 2, 198–200; Grayson 1972–1976, § 547. 549. 579. Chicago Prism V–VI. Cancik-Kirschbaum 32015, 66 f.; Edzard 2004, 203 f. Rollinger 2004, 336 f. Cancik-Kirschbaum 32015, 90–93; Edzard 2004, 224–234. Van de Mieroop 32020, 284–288; Cancik-Kirschbaum 32015, 95–100; Edzard 2004, 234–246. Nebes 2023; Avanzini 2016; Nebes 2014; ders. 2001. S. vor allem Strabon 16,4,18–20. Nebes 2023, 301. Nebes 1999. Damit ist wahrscheinlich der Ionische Aufstand (499–494 v. Chr.) gemeint. Dass man auf die neuen Beherrscher des Zweistromlandes den Volksnamen der babylonischen Chaldaier übertragen hat, entspricht der ebenso inkorrekten Anwendung des Namens der Hatti auf die Hethiter, der Lukka auf die Lykier und der Meder auf die Perser. L. E. Roller in: Steadman – McMahon 2011, 560–578; G. K. Sams in: Sasson 1995, Bd. 2, 1147– 1159. Marek 32017, 155 f.; 286. Högemann – Oettinger 2018; C. H. Greenwalt Jr. in: Sasson 1995, Bd. 2, 1173–1183. ἤλεκτρον = Bernstein, also nach der Farbe benannt. «Elektrizität» wurde an Bernstein zum ersten Mal beobachtet. Marek 32017, 163 f. Benda-Weber 2005; Kolb 2018. Schürr 2018. Kolb 2018, 25–44. Marek 32017, 164–187. Koerner 1993, 332–338 Nr. 90. Allgemein: Raaflaub 2018; Hölkeskamp 1994. Burkert 1992. Das Buch ist die revidierte englische Fassung des 1984 in den Sitzungsberichten der Heidelberger Akademie der Wissenschaften erschienenen Beitrags: Die Orientalisierende Epoche in der griechischen Religion und Literatur. Hoepfner 2011; A. M. Greaves in: Steadman – McMahon 2011, 500–514; Burkert 1992. Hawking 1988, 13. Krebernik 2019, 35–39; 46–48; 80–96. Das älteste Beispiel geht ins 26. Jahrhundert v. Chr. zurück. Siehe auch J.-J. Glassner in: Sasson 1995, Bd. 3, 1815–1823; W. G. Lambert, ebenda 1825–1835. Heinrich 2022. Burkert 2003a, 55–78. Vgl. Burkert 2003c. Ich zitiere die Fragmente der Vorsokratiker nach M. Laura Gemelli Marciano, Die Vorsokratiker, 3 Bände, Düsseldorf 2007–2010 mit Bandzahl und Ordnungnummer. Zu den Autoren gibt es viel Anekdotisches. Der Milesier Thales soll menschenscheu und ein Sonderling gewesen sein (I 5 B). Als er einst in Begleitung einer Sklavin seine Wohnung

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verließ, um die Sterne zu beobachten, fiel er in eine Grube. Die Frau rief ihm hinterher: «Du kannst nicht sehen, was vor deinen Füssen liegt, und glaubst zu erkennen, was am Himmel ist» (I 5 A). Krebernik 2019, 81. Burkert 2003a, 66 f. E. Robbins, DNP s. v. Sappho; Rezeption: R. Schlesier, DNP Suppl. 8, 2013, 835–860. E. Bowie, DNP s. v. Mimnermos. Im Druck ist das Sammelwerk Radner  – Moeller  – Potts 2023, vol. V. The Age of Persia; ­Jacobs – Rollinger 2021; Van de Mieroop 32020, 308–345; Briant 1996; Frye 1984 und Wiese­ höfer 2005 behandeln auch die Arsakiden- und Sasanidenzeit. Wiesehöfer 2005, 25–53. Briant 1996, 23–72; zum Datum des Falls von Sardeis Marek 32017, 160. Briant 1996, 119–150. Englische Übersetzung der Inschrift: Frye 1984, 363–368. Kommentar: Wiesehöfer 2005, 33–43, Abbildung: Taf. I. Briant 1996, 151–158. Wiesehöfer 2005, 43–49. Wiesehöfer 2005, 94–102; Briant 1996, 369–487. Briant 1996, 158–173. Briant 1996, 531–629, zum Königsfrieden von 387 / 86 (Xenophon HG 5, 1, 31) 668. Briant 1996, 631–709; Frye 1984, 130–135. Boyce 1982. Frye 1984, 120–124. Von hier gelangten die heiligen Schriften Avesta im Jahr 1771 nach Paris und wurden alsbald in europäische Sprachen übersetzt. Mozarts Zauberflöte bringt 1791 Zarastro auf die Bühne der Oper in Wien. Wiesehöfer 2005, 139–148. Vorzüglicher Überblick: Burkert 2003a, 107–133. Alexanderbücher schießen wie Pilze aus dem Boden. Gute Einführung und Überblick bietet Wiemer 2005; ausführlicher Demandt 2009. Errington 1990. Einen guten Überblick über die Quellenlage zum Alexanderzug gibt Wiemer 2005, 16–46. 10 Tage nach Mondfinsternis = 20. September 331. Zevi 2018. W. Kolbe, Deutsche Literaturzeitung 19, 1931, Sp. 885. Dieses Urteil widerlegt Briant 1996, s. bes. 895 f. Das Ereignis schildert ausführlich Arr. an. 6,9,1–11,2. Wiemer 2005, 186–211; Demandt 2009, 405–455; Hitlervergleich: Will 1986. Briant 1996, 896: «Alexandre a bien été ‹le dernier des Achéménides›». Zuvor schon Briant 1982, 318–330. Bengtson 41969, 362. Fraser 1996. Tarn 1933. Marshall 2001. Demandt 2009, 416. Bichler 1983. Rebenich 2008.

Anmerkungen zu Kapitel I 154 Errington 2008; Gehrke 2003. 155 Werke antiker Geschichtsschreiber, die uns ausführlich und kontinuierlich über den Gang der Ereignisse unterrichten, wie Herodot, Thukydides, Xenophon in der Klassischen Epoche, haben sich aus dieser Zeit nur ganz wenige erhalten, einigermaßen umfangreich nur das Werk des Polybios, der den Aufstieg Roms zur Weltmacht thematisiert. Von außer­ ordentlicher Bedeutung sind daher die Quellenzeugnisse der Steininschriften und der Papyri, jene über die ganze Mittelmeerwelt verstreut, diese fast ausschließlich aus Ägypten stammend (wo sie sich wegen des trockenen Klimas über Jahrtausende haben erhalten können). Obgleich zigtausende solcher Texte gefunden und bekannt geworden sind, vermitteln sie doch immer nur einen begrenzten Ausschnitt an Information, nur manchmal zusammenhängende Darstellungen. Das macht die Erforschung von Ereignissen und Zuständen zu einem regelrechten Puzzlespiel. Gar nicht selten bringt ein neuer Fund überraschende, ja sensationelle Neuigkeiten, wie zum Beispiel eine Bronzetafel mit einem Staatsvertrag, den Julius Caesar im Jahre 46 v. Chr. mit einem Städtebund im südlichen Kleinasien abschloss: StV IV 809. 156 An dem Wort hängen bis in die Gegenwart falsche Vorstellungen. Es bezeichnet viel mehr als den – für das politische Selbstverständnis der Griechen unverzichtbaren – urbanan Siedlungstyp mit Agora, Rathaus und Theater, mehr als das zugehörige, nicht selten ausgedehnte und zahlreiche weitere Siedlungen integrierende Territorium (chora), sondern das Modell eines autonomen Gemeindestaates griechischer Sprache, Bildung und Institutionen. 157 Ich würde daher nicht, mit Errington 2008, 8, von den hellenistischen Jahrhunderten als «Macedonian Centuries» sprechen. 158 Wilhelm Schubart hat in einer Untersuchung über das hellenistische Königsideal 1937 festgestellt, dass in den Tugend- und Wertbegriffen für den idealen königlichen Beamten eine auffallende Affinität zum Bild des idealen Polisbürgers besteht: φιλοτιμία, φιλοστοργία, φιλοδοξία, φιλανθρωπία und εὔνοια passen gleichermaßen auf König, königlichen Funk­ tionär und Bürger. 159 Finley 1977. 160 Errington 1971. 161 Errington 2008, 13–35. 162 Errington 2008, 36–50. 163 Errington 2008, 51–62. 164 Cohen 1978; dies. 1995; dies. 2006; dies. 2013. 165 Hauptquelle ist Arr. an. 3,1–2,3. Wiemer 2005, 107 f.; ausführlich Fraser 1972, Bd. 1, Kap. I. 166 Demandt 2009, 349–352. 167 Rupprecht 22005; Rostovtzeff 1941, 255–259. 168 Zur Person: Huß 2001, 90–96. 169 P. Hib I 84a: Papyrus von 285 /4 v. Chr.: Jahr 40, unter der Priesterschaft von Menelaos, Sohn des Lagos (d. i. der Bruder von Ptolemaios Soter), Monat Gorpiaios. 170 Systematisch: Pfeiffer 2008. Sarapis und Isis: Pfeiffer 2017, 111 f.; ders. 2008, 56. 171 Pfeiffer 2017, 39–41; griechische «Bourgeoisie»: Rostovtzeff 1941, 330 f. 172 Pfeiffer 2017, 13 f. 173 Pfeiffer 2008, 5 f.; Rostovtzeff 1941, 316–332. 174 Bernand 1972, Nr. 9bis. 175 Allgemein: Huß 2012; Huß 2011; Rostovtzeff 1941, 267–422. Militär: Pfeiffer 2017, 43 f.; Rostovtzeff 1941, 284 f. Münze: Rostovtzeff 1941, 398–404. Binnenhandel: Huß 2012, 19–28.

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Anmerkungen zu Kapitel I

176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192

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Fernhandel: Huß 2012, 29–44; Rostovtzeff 1941, 313–315. Beziehungen mit Aśoka: Huß 2001, 301; Monsunwinde: Habicht 2013. Bagnall 1976. Laodike war die erste Frau des Seleukiden Antiochos II., der damals in zweiter Ehe mit einer Schwester des Ptolemaios III. Euergetes, Berenike, verheiratet war. Pfeiffer 2017, 68–153; Huß 2001, 251–596. Pfeiffer 2017, 153–214; Huß 2001, 596–757. Standardwerk: Fraser 1972; ferner: Rebenich 2010, 170–179; Clauss 22004; Pfrommer 1999. Hellenismus, Kaiserzeit und Spätantike umfassend: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021. G. E. Sterling in: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021, 3–28. B. Bäbler in: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021, 29–48; Rebenich 2010, 176–179; Huß 2001, 229–237; Fraser 1972, 312–335. Beard 2009 will eher das landläufige Bild korrigieren. S. Matthaios in: Zimmermann – Rengakos 2014, 502–537. S. Matthaios in: Zimmermann – Rengakos 2014, 518–520; Pfeiffer 1978, 135–155; D. Meyer in: Zimmermann – Rengakos 2014, 64–84; Pfeiffer 1978, 156–190. E. Sistakou in: Zimmermann – Rengakos 2014, 158–175. D. Meyer in: Zimmermann – Rengakos 2014, 215–230. D. Meyer in: Zimmermann – Rengakos 2014, 100–109; Pfeiffer 1978, 191–212. W. Hübner, DNP s. v. Seleukos [11]; M. Asper in Zimmermann  – Rengakos 2014, 476 f.; T. Kouremenos, ebenda 483 f. El-Abbadi 21992. Johannes Tzetzes, Prolegomena de comoedia Aristophanis 2: ὁ γὰρ ῥηθεὶς βασιλεὺς Πτολ­ εμαῖος ἐκεῖνος, ἡ φιλοσοφωτάτη τῷ ὄντι καὶ θεία ψυχή, καλοῦ παντὸς καὶ θεάματος καὶ ἔργου καὶ λόγου τελῶν ἐπιθυμητής, ἐπεὶ διὰ Δημητρίου τοῦ Φαληρέως καὶ γερουσίων ἑτέρων ἀνδρῶν δαπάναις βασιλικαῖς ἁπανταχόθεν τὰς βίβλους εἰς Ἀλεξάνδρειαν ἤθροισε, δυσὶ βιβλιοθήκαις ταύτας ἀπέθετο, ὧν τῆς ἐκτὸς μὲν ἦν ἀριθμὸς τετρακισμύριαι δισχίλιαι ὀκτακόσιαι, τῆς δ’ ἔσω τῶν ἀνακτόρων καὶ βασιλείου βίβλων μὲν συμμιγῶν ἀριθμὸς τεσσαράκοντα μυριάδες, ἁπλῶν δὲ καὶ ἀμιγῶν βίβλων μυριάδες ἐννέα, ὡς ὁ Καλλίμαχος νεανίσκος ὢν τῆς αὐλῆς ὑστέρως μετὰ τὴν ἀνόρθωσιν τοὺς πίνακας αὐτῶν ἀπεγράψατο. Galen, In Hippocratis librum III epidemiarum commentarii, ed. Kühn Bd. 17 p. 606. S. o. Anm. 192. Allgemein: Grainger 2014; Grainger 2015a; Grainger 2015b; Kuhrt – Sherwin-White 1993. Zum Gründer: Grainger 1990; Mehl 1986. Downey 1961, 54–86. Welles, RC 20 Z. 5, vgl. 37 Z. 1. Dieselbe begriffliche Ambivalenz findet man später bei den römischen procuratores, kaiserzeitlichen Domanial- oder Fiskalprocuratoren. Marek 32017, 265 f. Stoneman 2019; Widmer 2015. Arr. Ind. 29,16; 30,2–9 (Riesenfische); 15,1 und Strab. 15,1,37 (Tiger); Arr. Ind. 15,9 und Strab. 15,1,29. 37 (Affen); Arr. Ind. 15,8 (Papageien); Strab. 15,1, 30. 62 (Witwenverbrennung); Arr. an. 7,1,5; 7,2 (nackte Sophisten). Widmer 2015, 111–119. Die Inschriften: Canali De Rossi 2004, Nr. 322–386 (Epigramm des Klearchos: 382); Papyri: Nr. 457–458; Felsedikte des Aśoka: Nr. 290–292. Widmer 2015, bes. Kapitel V 10, 107–119.

Anmerkungen zu Kapitel I 205 Curtius 1894, 242. 206 Exemplarisch für eine solche Polisgründung ist in Anatolien der Fall von Toriaion unter Eumenes II. von Pergamon: Marek 22017, 321–322. 207 Harrak 1992; Marek 2004, 272. 208 Th. Leisten, DNP s. v. Beroia; Dura-Europos; Pella. 209 Marek 22017, 268–273; Strobel 1996. 210 Michels 2009; Marek 22017, 299–302. 211 Marek 22017, 273–276, 279–282, 285–288, 302–322. 212 Marek 22017, 343 f.; Michels 2009, 16 f. 213 Widmer 2015, 79–107. 214 Ellerbrock 2021, bes. III 1–2; Widmer 2015, 75–78; 124–127; Dąbrowa 2011; kommentierte Quellensammlung zu den Parthern: Hackl – Jacobs – Weber 2010. 215 S. J. Simpson in: Meyers 1997, Bd. 2, 77–79. 216 Ellerbrock 2021 ch. IV. 217 Sellwood 1971. 218 «Armenier» zuerst bei Hdt. 3,93, «Armenien» zuerst bei Xen. an. 4,4,4 u. ö. Historischer Überblick: Hofmann 32018; Armenien 1995; Lehmann-Haupt 1988. 219 Haarmann 2016, 153 f. 220 Standardwerk zu den Juden: Schürer 1973; ferner Schäfer 22010; Bringmann 2005; Baltrusch 2002; Clauss 1999, 91–105; Errington 1984. 221 Briefe an den Ältestenrat der Juden und an seinen Beamten Lysias, 2 Makk 11,23–31. 222 Dąbrowa 2010. 223 Lindner 61997; Funke 1996; Funke 1989; Starcky 1966. Kommentierte Quellensammlung: Hackl – Jenni – Schneider 2003. 224 Hackl – Jenni – Schneider 2003, S. 15–19; G. W. Bowersock in: Markoe 2003, 19–25; P. J. Parr in: Markoe 2003, 27–35. 225 Zum Handel der Nabatäer: D. F. Graf – S. E. Sidebotham in: Markoe 2003, 65–73. 226 Hackl – Jenni – Schneider 2003, Nr. X.008.01, S. 394 f. 227 Liste Hackl – Jenni – Schneider 2003, S. 63. 228 Marek 2020a. 229 Exemplarisch mag dafür das berühmte Dekret der Stadt Hanisa aus dem 2. Jh. v. Chr. stehen, das in eine Bronzeplatte eingraviert war: Robert 1963, 457–523. Hanisa lag an der Stelle der altassyrischen Handelskolonie Kārum Kaneš mehr als 800 Kilometer von der Ägäisküste entfernt inmitten der Landschaft Kappadokien. Es war keine Niederlassung makedonischer und /oder griechischer Militärkolonisten, sondern unter Ariarathes IX. eine weit überwiegend von einheimischen Untertanen der iranischstämmigen Dynastie bewohnte Siedlung. Im Beschlusstext präsentiert sich in perfektem griechischem Kanzleistil eine Bürgergemeinde mit Rat, Volksversammlung und Festen für griechische Götter; das Hauptheiligtum indes gehörte der orientalischen Kriegs- und Liebesgöttin Astarte. Die meisten der in dem Text genannten Personen tragen indigene Personennamen. 230 Allgemein: Gruen 1984; Errington 1971. 231 StV III 500: Friedensvertrag zwischen Rom und Königin Teuta, 228 v. Chr. 232 StV III 528. 233 Grainger 1999. 234 Marek 32017, 286 f. 235 Wiemer 2002, 209.

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Anmerkungen zu Kapitel I 236 Marek 32017, 288–292. 237 Strab. 11,14,5: «Es liegt auf einem halbinselartigen Vorsprung, und die Befestigungsmauer ist rings vom Fluss umgeben, außer an der landseitigen Engstelle, die mit Wall und Graben geschützt ist.» 238 Marek 32017, 292–307; Errington 2008, 221–237; Wiemer 2002, 247–271. 239 Marek 22017, 302–322. 240 Marek 22017, 326–337. 241 Marek 22017, 337–344. 242 Hülsen 2008. 243 Michels 2009, 334–338. 244 Marek 22017, 345–358; McGing 1986. Das Standardwerk ist noch immer Reinach 1895. 245 McGing 2009. 246 App. Mithr. 22 f. Zu dem Ausdruck «Ephesische Vesper» s. Marek 32017, 716 f. Anm. 155. 247 Marek 32017, 358–368. 248 StV IV 800. 249 Dreher 1996. 250 Højte 2009. 251 Summerer 2009; McGing 2009, bes. 213. 252 Marek 1988. 253 Das Bündnis des Lucullus mit den Parthern hat Pompeius erneuert: StV IV 800. 254 Für Kleinasien s. Marek 32017, 368–372; für Syrien / Palästina s. Vitale 2013, 29–41; Eck 2007, 9–11. 255 Pompeius Trogus bei Iust. 40,2,2–5: ne rursus Syriam Iudaeorum et Arabum latrociniis infestam reddat. 256 Zu Tyros: StV IV 802. 257 T. Leisten, DNP s. v. Dekapolis. 258 Eck 2007, 4–11. 259 Baltrusch 2002, 83–113. 260 Kolb – Speidel 2015, 121 f.; Burckhardt 2013; Baltrusch 2002, 125–147. 261 Diod. 40,4, vgl. Plin. d. Ä., nat. 7,97 f. 262 Gemeint ist ein Gebiet der Skythen nördlich des Kaukasus, vgl. Strab. 11,2,12. 263 Hauptquelle ist die Biographie Plut. Crassus 16 ff. Weggen 2011. Zur Bedeutung des Ereignisses Timpe 1962. 264 Marek 32017, 374–378. 265 Marek 32017, 378–382; Ägypten: Huß 2001, 705–722. 266 Marek 32017, 383–391; Halfmann 2011, 104–129; 139–223; Buchheim 1960. 267 Eck 2007, 12. 268 Blömer – Winter 2011; Facella 2010; Winter 2008; Schütte-Maischatz 2003. 269 Waldmann 1973. 270 Halfmann 2011, 153–161. 271 Herklotz 2012, 11–21; Halfmann 2011, 177–223; Huß 2001, 736–750. 272 Syme 1939, 297. 273 Ein älterer Sohn des Antonius, Antyllos, wurde ebenfalls erschlagen (Cass. Dio 51,15,5). 274 Huß 2001, 750.

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Anmerkungen zu Kapitel II

II.  Diesseits und jenseits des Flusses Anmerkungen zu Kapitel II

1 Inschriften von Priene (IK Priene) 14: Auszug aus dem Edikt des Proconsuls von Asia Paullus Fabius Maximus (übers. Blümel – Merkelbach), 9 v. Chr. 2 Marek 32017, 401–404. Allgemein in den (vornehmlich östlichen) Provinzen: Kolb – Vitale 2016. 3 Marek 2019. 4 Vitale 2017, 89–96. 5 Marek 1993a, 149–152. 6 Marek 1993a. 7 Speidel 2015b, vgl. ders. 2016b. 8 Strab. 16,4,24. Die Erklärung des Namens Ararene verdanke ich Walter W. Müller. 9 Strab. 16,4,24: ἀπόλεμοι τελέως ὄντες. 10 Marek 1994. 11 Marek 1993, 144. 12 Nebes 2023, 314–330. 13 Robin 2019, 245. 14 Vgl. peripl. m. r. 26. Zur Augustusmünze Kolb – Speidel 2015, 125. 15 Kolb – Speidel 2017, 34; Speidel 2015a, 111–119; Kolb – Speidel 2015, 126–132. 16 Ich selbst habe bereits in meiner Habilitationsschrift (Marek 1993c, 47–62) die Erklärung in einem genetischen Modell der nachaugusteischen Provinzialisierung Anatoliens gesucht. Marco Vitale hat in weiteren Studien von 2012 und 2013 das Modell untermauert und erweitert. 17 Zu den besonderen Kompetenzen siehe unten S. 170. 18 Marek 32017, 405–412. 19 Dąbrowa 2020, 15–22. 20 Errington 1984. 21 Errington 1984, 7 f. 22 Castritius 1984, 23–25. 23 Baltrusch 2020; Zangenberg 2016; Eck 2007, 12–43. 24 AE 1999, 1681; AE 2002, 1556. 25 Stökl 2016; Roloff 2012; Demandt 2012. 26 Kratz 2022; Stegemann 91999. 27 Überblick: H. Löhr in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 775–781. 28 Zum Verzeichnis des Origenes s. Eus. HE 6,25. 29 G. Wurst in: Markschies – Schröter 2012, Bd. 2, 1220–1234. 30 Jo 8,6: τῷ δακτύλῳ ἔγραφεν εἰς τὴν γῆν. 31 Schürer 1973–1986, Bd. 1, 544 f. 32 Bei dem Kaiserbiographen Suetonius, der zwischen 70 und 140 n. Chr. lebte, ist Jesus entgegen mancher Annahme mit Sicherheit nicht genannt: Jener jüdische Unruhestifter Chrestos, den Sueton (Claud. 25,4) mit der Ausweisung der Juden aus Rom unter Claudius (41– 54 n. Chr.) in Verbindung bringt, hat einen ganz gewöhnlichen, vielfach belegten Namen, der nichts mit dem Messias (christos) zu tun hat. 33 Roloff 2001. 34 Zusammenstellung Demandt 2012, 71; vgl. Sloterdijk 2001, 27: «Mit bloßer Peinlichkeitsver-

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Anmerkungen zu Kapitel II

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meidung durch das Weglassen von kompromittierenden Wunderberichten ist es in den Kommunikationen der Modernen nicht mehr getan; es genügt nicht mehr, die geifernden Apokalypsen und die prophetischen Drohreden zu überspringen, die vor einem säkularen oder humanistisch geprägten Publikum jeden Redner bloßstellen.» Isaac 2010, 6. Roloff 2001, 467. Hengel – Schwemer 2019. Hengel – Schwemer 2019. 148–154. Wallace-Hadrill 1982; Downey 1961, 272–316; Bauer 1919. In zahlreichen Fachpublikationen und Reiseführern werden die Kolonnadenstraßen des Oriens Romanus cardo und die sie schneidenden Hauptstraßen jeweils decumanus genannt. Als Fachtermini werden diese Begriffe bei den Römern in der Kosmologie für Scheidelinien zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergangshälfte sowie Tag- und Nachthälfte gebraucht, sodann in der Geländevermessung (Äcker, Stadtareale) als Koordinaten mit einer waagrechten x-Achse als cardo maximus und einer senkrechten y-Achse als decumanus maximus. Dagegen sind sie für keine einzige Stadt der östlichen Provinzen literarisch oder inschriftlich bezeugt. Stattdessen heißen die hallengesäumten Hauptachsen dieser Städte stets πλα­ τεῖα (Ios. ant. Iud. 16,148 f.; Diod. 12,10,7 [Thurioi in Unteritalien]; 17,52,3 [Alexandreia]; Mt 12,19,2; Lk 13,26,3; 14,21,3; Apg 5,15,2; Apk 11,8,2; 21,21,3 [Jerusalem]; Artem. 3,67), lateinisch: platea (Plin. epist. 10,98 über die Stadt Amastris an der Südküste des Schwarzen Meeres: habet inter praecipua opera pulcherrimam eandemque longissimam plateam, dazu Marek 1993c, 92 f.). Die Anwendung von cardo und decumanus zum Beispiel auf das Straßensystem von Gerasa ist allein deswegen irrig, weil sich die W-O-Achsen keineswegs stets rechtwin­ kelig mit der S-N-Hauptstraße schneiden. Es handelt sich vielmehr um den Prozess einer «Überlagerung eines älteren, nicht systematisierten Straßennetzes durch ein pseudoorthogonales Raster» (J. Seigne in: Hoffmann – Kerner 2002, 12). Die Voraussetzung einer römischen Stadtplanung nach Prinzipien der Agrimensoren liegt also gar nicht vor. Kaiserzeit­ liche Städte des Ostens sind nicht ‹auf der grünen Wiese› geplant, sondern an hellenistische Bausubstanz angepasst worden. Hengel – Schwemer 2019, 203–250. Hengel – Schwemer 341. Hengel – Schwemer 395–418. Hengel – Schwemer 2019, 191–193. Harnack 21924, 5. Chronik vol. 7 /1 p. 179 Helm; vgl. De viris illustribus PL 23, 607. Bremmer 2021; vgl. Glaser 2021. McKechnie 2019, 69–78. 1. Kor 8,1: «Was aber das Götzenopfer angeht, dass wir alle die Erkenntnis haben. Die Erkenntnis bläht auf; aber die Liebe baut auf. Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, der hat noch nicht erkannt, wie man erkennen soll. Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt.»; 1. Kor 8, 6–7: «So haben wir doch nur einen Gott, den Vater, und einen Herrn, Jesus Christus. Aber nicht jeder hat die Erkenntnis.»; 1. Tim 6, 20: «meide das ungeistliche lose Geschwätz und das Gezänk der fälschlich so genannten Erkenntnis». Fried 2021; Hengel – Schwemer 2019. Hengel – Schwemer 2019, 210–213. Hengel – Schwemer 2019, 369–376.

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57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88

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Schnelle 32019. Harnack 41924, 76. Harnack 41924, 20. Renan 1866, chapitre XIV: «Une génération de fanatiques priva ce dernier de sa récompense, et l’empêcha de recueillir la moisson qu’il avait préparée»; Hengel – Schwemer 2019, 546– 612. Allgemein Schnelle 32019. Speidel 2019, 574 f.; Riggs 2012. A. Jördens in: Riggs 2012, 56–67. Zur Militärbesatzung Ägyptens R. Haensch in: Riggs 2012, 68–82. Bagnall 1993, 175. Jördens 2006, 92. Bagnall 1993, 59. M. S. Venit in: Riggs 2012, 103–121. B. Wright in: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021, 229–244. B. Schliesser in: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021, 367–397. Abdo 2022. El-Abbadi 21992. Rebenich 2010, 180. Zu den Juden im römischen Ägypten: A. Harker in: Riggs 2012, 277–287. B. Wright in: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021, 229–244. J. N. Bremmer in: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021, 245–260. Castritius 1984, 25–29. Tentyra liegt etwas nördlich von Koptos in der Thebais. Brown 1971, 82. L. E. Tacoma in: Riggs 2012, 122–135; Bagnall 1993, 110–147. Bagnall 1993, 71. Bagnall – Frier 1994; Bagnall 1993, 182. K. Blouin in: Riggs 2012, 22–37; M. Gibbs in: Riggs 2012, 38–55; Bagnall 1993, 24–40, 82 f. Speidel 2015a; Raschke 1978. J. Gates-Foster in: Riggs 2012, 474–492. Das Einkommen aus Steuern und Zöllen Ägyptens gibt Jos. bell. Jud. 2,16,4; ant. Jud. 19,8,2 mit 600 Millionen Sesterzen an. Dazu Speidel 2015a, 104. Speidel 2019, 579; vgl. Speidel 2016a, 295. De Romanis 2016. peripl. m. r. 56: καὶ λίθια διαφανὴς παντοία καὶ ἀδάμας καὶ ὑάκινθος. Smaragd: Plin. nat. 37,62; Beryllos: 37,76; Rubin: 37,92. Giuliani 2010. W. W. Müller, RE-Suppl. XV (1978) 700 ff. s. v. Weihrauch. Mykenisch tu-we-a. Beekes 2010 s. v. θύος. Die Minäer dominierten den mittleren Abschnitt der Weihrauchstraße bis zu ihrer Unterwerfung unter die Herrschaft der Sabäer etwa Mitte des 1. Jh.s v. Chr., s. W. W. Müller, RESuppl. XV (1978) 725 s. v. Weihrauch. Zu den Preisen W. W. Müller, RE-Suppl. XV (1978) 734 ff. s. v. Weihrauch. Plin. nat. 12,70. A. Steier, RE XVI A (1933) 1134–1146 s. v. myrrha; Casson 1989 zu peripl. m. r. 118: 11 und 16,5 Denare das römische Pfund. Casson 1989, 122–124. Zur Herkunft aus Südostasien und zur Migration des Terminus ausführlich eine unpubli-

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zierte Masterarbeit von Nina Zhao-Seiler, ‹Travelling Plants and their Names: Tracing gu 桂 Cinnamomum›, am Asien-Orient Institut der Universität Zürich 2022. Vgl. Touwaide – Appetiti 2013. Laufer 1918. Dioskurides 1,12: ὑποτίθεται καὶ τῇ γλώσσῃ πρὸς εὐωδίαν στόματος. Marek 2013c. Zur Narde Casson 1989, 193 und Steier, RE XVI (1935), 1705–1714 s. v. Nardus. Casson 1989, 191. Dioskurides 1,16. De Romanis 2020. Marek 2013a; Strauch 2012. M. A. Speidel in: Kolb – Vitale 2016, 101–121. Kolb – Speidel 2017, 28. Kolb – Speidel 2017, 28 f. Allgemein: Höllmann 2022. Good – Kenoyer – Meadow 2009, 464: «The discoveries described here demonstrate that silk was being used over a wide region of South Asia for more than 2000 years before the introduction of domesticated silk from China. Earlier models that attribute the origins of silk and sericulture exclusively to China need to be re-examined and revised.» Vgl. Good 1995. Lubec – Holaubek 1993. Plu 1985. Der kaiserzeitliche Schriftsteller Pausanias schreibt (6,26,6): «Es gibt in ihrem Land ein Insekt, das die Griechen Ser nennen, obgleich die Serer es selbst nicht als Ser bezeichnen.» Zu den westlichen Quellen über die Serer s. Kolb – Speidel 2017, 29–33. S. 32: «much of the data collected by these (and other) Western authors was either meaningless or simply wrong.» Kolb – Speidel 2017, 35. Moderne Forschungsmethoden könnten unser Wissen in Zukunft erweitern. Auf einem römischen Friedhof in London sind zwei Skelette chinesischer Herkunft aus dem 2.–4. Jahrhundert gefunden worden: Redfern et al. 2016. U. Golze – K. Storm in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 482–512. U. Golze – K. Storm in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 489. U. Golze – K. Storm in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 493. Kim 2021; Kolb – Speidel 2017, 40–50. Das Standardwerk ist Leslie – Gardiner 1996. Vgl. den Forschungsüberblick bei Hoppál 2011. Hoppál 2011, 271–275. Kolb – Speidel 2017, 36 f.; Kolb – Speidel 2015, 134. Kolb – Speidel 2017, 46 f.; Kolb – Speidel 2015, 137–139. Mertens 2019; Chin 2013. De Romanis 2020. Speidel 2009, 581–594. Dazu Marek 1993c, 61 f. mit Anm. 416. Adak – Wilson 2012; Şahin – Adak 2007. Millar 1993, 56–69. Millar 1993, 43–47. Marek 32017, 419–425. Die Literatur ist unüberschaubar. Eine Auswahl neuerer Arbeiten: Eck 2016b; Popović 2011; Goodman 2007; Eck 2007, 49–51; Millar 1993, 56–79.

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Eck 2007, 53–74. Dazu Eck 2016b, 35 f. Dąbrowa 2020, 51–56. Eck 2011. Millar 1993, 71: «There is no other example of a comparable defeat of Roman regular forces by the population of an established province.» Eck 2016, 39. Eck 2007, 50 f. Chapman – Rodgers 2016; Tuval 2013. Ausführliche Schilderung des Kampfes um Jotapata und die Rolle des Josephos: bell. Iud. 3,161–408. Isaac 2010, 1–17. Cabaret 2022. Dąbrowa 2020, 57–68. Die Entscheidung ist umstritten, s. Isaac 2010, 11. Millar 1993, 79. Die Bauinschrift: Alföldy 1995. Bremmer 2021b, 58 f. mit Literatur. Vitale 2013, 33. G. W. Friend – S. Fine in: Meyers 1997, Bd. 3, 350–353. Eck 2010. Eck 2022. Brandt – Kolb 2005, 24. Im Detail Adak – Wilson 2012. Dazu Marek 32017, 427: Vielleicht gab es schon damals eine Zusammenlegung von Cilicia, Isauria und Lycaonia. Dąbrowa 2020, 69–76; Speidel 2009, 563–580. Renan 1852. Zu Renan s. Lubrano di Siccone 1995, bes. 32–35. Übersetzung und Kommentar: Schulthess 1897. Siehe neuerdings: Merz – Tieleman 2012, darin bes. M. A. Speidel, 11–42. Ich kann darin keine romfeindliche Einstellung erkennen, wie Speidel 2012, 27: «potentially hostile». «In fremder Erde» heißt nicht zwingend außerhalb Kommagenes. Im Kampf Gefallene konnten nicht immer im Familiengrab der heimatlichen Nekropole bestattet werden. Speidel 2012 weist darauf hin, dass der König in Tarsos interniert wurde: Ios. ant. Iud. 19,5,1; vgl. Suet. Vesp. 8; Cass. Dio 60,8,1. Neudecker, DNP s. v. Pythagoras [4]. Riedweg 2002, 136–138. Speidel 2012 (ausführlich mit Literatur); Marek 2004. Speidels Skepsis gegenüber der Annahme, ein Mann aus Samosata habe das erst im 2. Jh. in Edessa als Literatursprache verbreitete Idiom des Syrischen geschrieben, teile ich nicht. Wenn er S. 32 schreibt: «Old Syriac inscriptions of the first three centuries AD are found only to the East of the Euphrates in a region which at this time ‹was not hellenized to any significant extent› [zit. von J. Healey, C. M.]», so ist immerhin auf die syrische Inschrift aus Birecik zu verweisen, einem Fundort, der erheblich weiter westlich liegt als Samosata: Drijvers 1972, Nr. 1. Samosata liegt nicht weit nördlich von Edessa. Dass man dort, in Kommagene, eine andere Sprache geschrieben hätte, ist wenig glaubhaft. Lukian von Samosata nennt sich Syrer, nicht Kommagenier. Mitford 2018, bes. preface IX–XVIII.

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Anmerkungen zu Kapitel II 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182

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Vitale 2013, 77–91. Vitale 2013, 84–93. Mitford 2018, 171–178. Vitale 2013, 327–347. Vitale 2013, 201–203. Dąbrowa 2020, 70. Braund 1994, 178–204. Braund 1994, 46. ILS 8795. Braund 1994, 227 f. mit Abb. 17. SEG 16, 781. Braund 1994, 213 f. mit Abb. 16. Marek 32017, 475 f.; Kolb 2000. SEG 35, 1483; Millar 1993, 86 f. Marek 32017, 515–518. Marek 2013b, 35. C. Schneider in: Hackl – Jenni – Schneider 2003, 43–46. Speidel 2009, 150 f. Kolb – Speidel 2015, 122 f. Markoe 2003. Zum Handel: D. F. Graf – S. E. Sidebotham in: Markoe 2003, 65–73. R. Wenning in: Markoe 2003, 133–142; McKenzie 1990. A. Stewart in: Markoe 2003, 193–198. M. S. Joukowski in: Markoe 2003, 214–222. Ph.C. Hammond in: Markoe 2003, 223–229. F. Zayadine in: Markoe 2003, 57–64. F. Larché – F. Zayadine in: Markoe 2003, 199–213. Strab. 16,4,26: «Sie veranstalten Bankette in Gruppen von 13 Personen, an jedem Bankett sind zwei Musikantinnen zugegen. Und der König hält viele Trinkgelage mit großem Glanz, niemand aber trinkt mehr als elf Becher und wechselt jedesmal zu einem anderen aus Gold.» Hackl – Jenni – Schneider 2003, 240–248. Bowersock 1983, 157. J.-M. Dentzer in: Meyers 1997, Bd. 1, 350–353. P. Mich. 465. 466. Millar 1993, 422. Speidel 2016a, 293; Speidel 2015a, 89–94. Marek 2013a, 312–314; Speidel 2009, 633–649. Speidel 2015a, 93 mit Literatur Anm. 34. Speidel 2016a, 293 f. Speidel 2009, 121–165. Speidel 2009, bes. 136 ff. Speidel 2009, 154–165. Cass. Dio 68,18,2 ff.; Eutr. 8,3,1; Fest. 20; Arr. per. p. E. 11,2. BMC Emp III 115. 120. 222. Mitford 2018, 332. Speidel 2021, 137. MS V 47. Cass. Dio 68,24 f.

Anmerkungen zu Kapitel II 199 Den Ort in Hierapolis beschreibt Strabon 13,4,14: «Es ist ein Erdspalt von bescheidener Größe, groß genug, um einen Mann durchzulassen, umgeben von einem rechteckigen Geländer. Und der Raum ist angefüllt mit Dampf, so dicht, dass man kaum den Grund sehen kann. Für Menschen, die sich dem Geländer nähern, ist die Luft harmlos, da bei normalem Wetter die Umgebung dampffrei ist und der Dampf innerhalb der Umfassung bleibt. Aber jedes Tier, das sich ins Innere der Umfriedung begibt, stirbt auf der Stelle. Stiere, die hineingeführt werden, brechen zusammen und werden tot herausgezogen. Ich selbst habe Sperlinge hineingeworfen, sie taten sofort ihren letzten Atemzug und fielen zu Boden. Nur die Galloi [Priester der Kybele], die Eunuchen sind, gehen völlig unbekümmert hinein, nähern sich gar dem Erdspalt, beugen sich über ihn, und steigen sogar bis zu einer gewissen Tiefe hinab, wobei sie freilich so gut sie können den Atem anhalten.» 200 Speidel 2021, 136 f. 201 Speidel 2021, 139–141. 202 Eutr. 8,3,2; Fest. 14,20. 203 Cass. Dio 68,30,1 ff.; Eus. HE 4,2,3; Oros. hist. 7,12,6 f. 204 Cass. Dio 75,9,6, von Boissevain platziert hinter 68,30,3. 205 Eck 2018, 30 mit Anm. 10. 206 Eck 2018, 38 mit Anm. 36. 207 Speidel 2009, 163 f. 208 Eck 2018, 36. 209 Speidel 2009, 181–210. 210 Birley 2006. 211 Halfmann 1986. 212 Millar 1993, 106. 213 Jones 2010, 78. 214 Marek 2002, 42–48. 215 Buraselis 2006, 49–51. 216 Spawforth 1999; Buraselis 2006, 51–53. 217 Die Literatur ist unüberschaubar. Einführung und Überblicke bieten Hueber 1997; Halfmann 2001; Groh 2005. 218 Krinzinger – Ruggendorfer 2017. 219 Scherrer – Trinkl 2006. 220 Ladstätter 2012. 221 Cottier et al. 2008; Marek 32017, 486–488. 222 Marek 2016. 223 Marek 2006. 224 Marek 32017, 593–596. 225 Eck 2020; Eck 2014, 229–244; Labbé 2012; Eck 1999a; Eck 1999b. 226 Cotton 1999, zum Hebräischen bes. 233; Millar 1993, 372 f. 227 Dio Cassius, Roman History, Books LXI–LXX (Loeb Classical Library), Cambridge Mass. / London 1925. 228 Millar 1993, 371. Umstritten ist eine «autonome hierarchische jüdische Jurisdiktion» wie sie in rabbinischen Quellen vorkommt: Cotton 1999, 238 Anm. 33. 229 Eck 2019, 131. 230 Eck 2014, 229–244; vgl. Eck 1999b, 78 f. 231 Eck 2014, 229–244, vgl. 256–265.

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Anmerkungen zu Kapitel II 232 Eck 2014, 256–265. 233 Eck 1999b, 89 Anm. 98. 234 Pauli Sententiae 5,22,3 f.: Cives Romani, qui se Iudaico ritu vel servos suos circumcidi patiuntur, bonis ademptis in insulam perpetuo relegantur: medici capite puniuntur. Iudaei si alienae nationis comparatos servos circumciderint, aut deportantur aut capite puniuntur. 235 Lewis 1989; Eck 2014, 275–283. 236 Cotton 1999. 237 Lewis 1989, Nr. 16. 238 Kommentar von Lewis 1989 zur Stelle. 239 Die Summe von 1 Saton und 3 Kaboi entspricht etwa 1300 m2. 240 Cotton 1995. 241 HA Pius 9,10: Scipionis sententiam frequentarit, qua ille dicebat, malle se unum civem servare quam mille hostes occidere. 242 Die Quellen zum Partherkrieg Marc Aurels 161–166 bei Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 1, 74 Anm. 219. 243 M. Schottky, DNP s. v. Sohaemus [4]. 244 Xen. Kyr. 4,6,11 u. ö., der Name ist 6,1,45 genannt. 245 Philostr. soph. 577–583; Aristeid. or. 19,1; 42,14. 246 Cass. Dio 74,6 f.; Herodian. 3,2; HA Sept. Sev. 8,6 ff.; HA Pesc. 5,3 ff. 247 Cass. Dio 74,7 kommt auf die Schlacht bei Issos zu sprechen πρὸς ταῖς καλουμέναις πύλαις (αἱ Κιλικείοι πύλαι). Wegen des Bezugs zu Issos muss der Belen-Pass gemeint sein, aber Dios Beschreibung passt nicht auf diesen Pass, sondern eben auf die Kilikische Pforte im Tauros! 248 Sayar 2004. 249 Zu den Ereignissen Birley 21988, 108–120. 250 Quellen zu den beiden Partherkriegen des Severus bei Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 1, 75 Anm. 221, 222. 251 Marek 1993c, 139 Nr. 13. Das Praenomen ist in Titus zu korrigieren. 252 Speidel 2009, 181–210. Zur Chronologie der Könige Luther 1999a; Luther 1999b. 253 Cass. Dio 76,9–12; Herodian. 3,9; HA Sept. Sev. 15 f. 254 Mit diesem Orientaufenthalt, 197–202 n. Chr., ist ein weiterer Ausbau der militärischen In­ frastruktur an der Ostgrenze verbunden: Speidel 2016a, 297. 255 Zu Edessa: Luther 1999a, 192 f. 256 Caracallas Partherfeldzug: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 1, 75 Anm. 223. 257 Dazu Marek 32017, 443 f. und 724 f. Anm. 104. 258 Speidel 2009, 483–500. 259 SEG 26, 1392; vgl. Aur. Vict. Caes. 13, 6. 260 Sommer 2005, 139–224. 261 Eisser – Lewy 1935, Nr. 303. 262 1 Kg 9,15–19; 2 Chr 8,4; vgl. Ios. ant. Iud. 8,6,1. Vgl. Millar 1993, 320; Sommer 2005, 150. 263 Marek 32017, 530 560. 264 Kunnert 2012, 20–23. 265 AE 1933, 204. 266 Speidel 1977, 703 f. 267 Speidel 1984. 268 Sommer 2005, 171–174.

Anmerkungen zu Kapitel II 269 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 380 f. 270 Etwas, das nach Auffassung von Sommer 2005, 174 f. «nie wirklich stattfand». 271 Ihre in Palmyra gefundene Marmorstatue entspricht der Ikonographie der griechischen Athena. Vgl. Bowersock 2019, 37 f. 272 Sommer 2005, 185. 273 Sommer 2005, 190 mit Anm. 197. 274 Żuchowska 2013; Maenchen-Helfen 1943. 275 Zum Handel im Partherreich U. Hackl in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 1, 111–124. 276 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 250 vs. 18 und 254 vs. 70. 277 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 389 f. Nr. 7. 278 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 393–395 Nr. 11. 279 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 383–386. 280 AE 1931, 54. 281 Sommer 2005, 155, 206 f., 212 f. 282 Bernand 1984, Nr. 103. 283 Brodersen 1987. 284 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 400 f. Nr. 19. 285 Veyne 2016, 122. Das Buch trägt die Widmung: «für Khaled al-Asaad, Archäologe, Generaldirektor der Altertümer von Palmyra von 1963 bis 2003, ermordet, weil er sich ‹für Götzenbilder interessierte›». 286 Ein Abriss der Geschichte bei Sommer 2005, 225–249. Vgl. Marek 2004, 267 mit weiterer Literatur. 287 Luther 1999a; Luther 1999b. 288 Der Text in CSCO, Scriptores Syri, Bd. 1, Chronica Minora I, ed. I. Guidi, Löwen 1960. Siehe auch Marek 2004, 292 f. 289 Zehnder: in Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 359 Nr. 27. 290 Sommer 2005, 227 mit den literarischen Quellen. Zu den Ruinen Sinclair 1990, 1–28. 291 Drijvers 1972, Nr. 2. 292 Drijvers 1972, Nr. 1; Luther 2009, 20–22 (Spätdatierung), dagegen: Kiraz 2012, 234–245. 293 Deutsche Übersetzung von Krannich – Stein 2004. 294 Cureton 1855, 30 f. 295 Cureton 1855, 10. 296 Cureton 1855, 27. 297 Bei dem zuletzt genannten Eintrag an neunter Stelle handelt es sich nicht um das Geburtsdatum, sondern um das Jahr, in dem Mani zu predigen begann. 298 Burkitt 1907, 4. 299 McKechnie 2019, 150 f. 300 Marek 2004. 301 Edition mit englischer Übersetzung: Howard 1981. Im 6. Jh. war durch das päpstliche Decretum Gelasianum die Jesus-Abgar-Korrespondenz für apokryph erklärt worden, blieb aber weiterhin Gegenstand lebendigen Glaubens bis ins 19. Jh. Der Kurator der Handschriften­ abteilung des Britischen Museums, William Cureton, leitete aus seiner Arbeit an der wissenschaftlichen Edition der Doctrina die Überzeugung ab, die Briefe seien echt. Und er stand in der Gelehrtenwelt nicht allein. 302 Letzteres untermauert der justinianische Schriftsteller Prokopios in seinem Werk über die Perserkriege des 6. Jahrhunderts n. Chr., wenn er mitteilt (BP 2,12,26), dass die älteren

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Anmerkungen zu Kapitel II

303 304 305

306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339

Schriftsteller diesen zusätzlichen Satz nirgends erwähnen, die Edessener jedoch behaupteten, ihn mit dem Brieftext vorgefunden zu haben. Baumstark 1922. Wright 1871, Bd. 1, 171–333 (syr. Text); Bd. 2, 146–298 (engl. Übersetzung); Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 237–267. Vs. 18 f. Bei Sabug erwägt man eine Verschreibung aus Mabbug, dem Namen von Hierapolis Bambyke mit dem Heiligtum der syrischen Göttin (dazu siehe unten S. 435–437): Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 258. Beyer 1990, 244 f. emendiert dahingehend, dass der Jüngling ihn, nicht er den Jüngling vor den Ägyptern warnt, was allein Sinn macht; denn er ist ja der Neuankömmling. Die ersten Belege für τήβεννα im Griechischen sind nicht älter als das 2. Jh. v. Chr., eine Zeit der ersten massiven Präsenz von Römern in der griechischen Welt östlich der Adria. Überblick bei Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 237–248. Meier 82021, 263–289. Zu den Quellen der Sasanidengeschichte Wiesehöfer 2005, 205–220. Marek 2015, 316–319. Frye 1984, 296–303. Zu den Felsreliefs Wiesehöfer 2005, 214–216. Kettenhofen 1982; englische Übersetzung der Inschrift bei Frye 1984, Appendix 4, 371–373. Back 1978, 384. Zon. 12,18; Zos. 1,18; HA Gord. 26,6–27,3. Ausführlich diskutiert von Shahîd 1984a, 65–93. Downey 1961, 252–261. Sommer 2008; Sommer 2005, 159–170; 220–224; Funke 1996, 226–228; Millar 1993, 159–173. Andrade 2018. Fleck 2000. Guyot 1998. Carlà-Uhink 2019. Demandt 1989, 53. Banchich 2015. Marek 32017, 517 f. und 733 Anm. 55–57 mit Literatur. Demandt 1989, 248 f. Jones 1964, 43. Mitchell 2007, 60; 171; Demandt 1989, 55, 247. Giacchero 1974; Lauffer 1971. Zur Interpretation der Forschung Demandt 1989, 56 f. Mitchell 2007, 55; Demandt 1989, 53 f. Demandt 1989, 58. Mitchell 2007, 59. Wagner 1985. Bisheh in: Meyers 1997, Bd. 4, 376–378. B. de Vries in: Meyers 1997, Bd. 5, 276. Parker 2006. R. Schick in: Meyers 1997, Bd. 5, 279–281. Elitzur 1989 argumentiert für Kh. Nef ʿa, ca. 10 Kilometer südlich von Amman nahe der Trasse der Hedjas-Bahn. Mephaat […] trans Jordanem in qua praesidium Romanorum militum sedet propter vicinam

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Anmerkungen zu Kapitel III solitudinem («auf der transjordanischen Seite, wo ein Fort römischer Soldaten liegt in der Nachbarschaft der Wüste»). 340 Demandt 1989, 75. 341 Cod. Theod. 13,5,7 (334 n. Chr.): pro commoditate urbis quam aeterno nomine iubente deo donavimus. 342 Für die vorkonstantinische Stadttopographie wichtig ist Zos. 2,30,2 f. 343 Zos. 2,31, dagegen Jones 1964, 1081 Anm. 12. 344 Demandt 1989, 76.

III.  Oriens Romanus Anmerkungen zu Kapitel III

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

Jones 21971. Kolb – Vitale 2016. Für Kleinasien Marek 32017, 521–529; Vitale 2012; für Syrien / Palästina Vitale 2013. Von manchen Provinzen wie etwa Commagene ist ein vergleichbarer Titel nicht überliefert, was jedoch nicht heißt, dass es ihn nicht gegeben hat, siehe Vitale 2013, 57. Jördens 2006, 90. Bei den frühen Beispielen findet man das Phänomen, dass die angesiedelten römischen Bürger aus dem Westen eine von der bestehenden Polis getrennte Wohnstadt bezogen. Zu der umstrittenen Thematik s. Dąbrowa 2020, 97–104. Eck 2014, 125–149. Ausführliches Porträt der Provinz: Marek 2003. Marek 32017, 460. Am Zentumviralgericht. Dazu s. Ch. G. Paulus, DNP. Mitglieder waren drei Männer aus jeder der 35 Tribus = 105 (unter Traian ist die Zahl – vorübergehend – 180). Das Gericht ist u. a. in Plinius d. J. Briefen (epist. 6,12) genannt: «in meiner Arena, das heißt, vor den Zentumvirn.» Es ist bis ins 3. Jh. bezeugt. Vorsteher war ein praetor hastarius. Es tagte nicht als Plenum, sondern in vier Kammern, jede von ihnen seit Augustus unter der Leitung eines der decemviri stlitibus iudicandis. Das Gericht war «im wesentlichen zuständig für Prozesse über Erbschaftsvindikationen und wohl auch über Freiheits-, Status- und Eigentumsvindikationen». Jördens 2006, 94. Marek 32017, 545 f. Marek 32017, 538 und 735 Anm. 119; Sänger 2010; Brélaz 2005. Speidel 2009, 474. Einige waren aus Soldaten mit römischem Bürgerrecht gebildet, was sie titular hervorheben. Speidel 2009, 473–500. Speidel 2009, 255–271. Campbell, DNP s. v. Legio. Speidel 2017. Speidel 2009, 217–221. Eck 2016a, 116. Eck 2016a, 118. Speidel 2013. Eck 2016a, 121–125; Speidel 2009, 317–346. Marek 2008.

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Anmerkungen zu Kapitel III 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38

39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61

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Speidel 2009, 480–482. Speidel 2009, 268 mit Verweis auf P. Yadin 722. 723. 730. Mitchell 2007, 167 f.; Jones 1964, 98. Alföldy 42011, bes. 196–200; Demandt 1989, 505. Marek 32017, 522. Marek 32017, 565. Marek 32017, 589–593. Ein Beispiel gibt MS II 231. Finley 1980, 100. Cic. prov. 10; Liv. 36,17,5. Lambert 1960, 143; Übers. Ebeling 1919, 50; vgl. B. R. Foster in: Sasson 1995, Bd. 4, 2467 (englische Übers.). In dem merkwürdigen Fall, dass jemand, der über 20 Jahre alt ist, sich selbst verkaufen lässt, um am Kaufpreis teilzuhaben, erfolgt der Eintritt in den Sklavenstatus nach Zivilrecht (iure civili – Marcianus Dig. 1,5,5,1). Collins 2007, 117. Hülsen 2008. Solin 1996. P. Lips 26; vgl. Bagnall 1993, 123–130, 208–213. Bagnall 1993, 208. Speidel 2016a, 288, § 61. Zur Sklaverei unter den Parthern s. U. Hackl in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 126 f. P. Guyot, DNP s. v. Eunuchen; Drew-Bear 1984. Bagnall 1993, 209 mit mehreren Beispielen. P. Oxy. VI 903. P. Lips. 40. Petzl 1994, Nr. 5. Marek 2020b, 137. Leppin 2018, 301. Marek 32017, 581 f. und 739 Anm. 216. Bagnall 1993, 235–241. Photo: Bowersock 2019, 61 Abb. 3. Harris 1989, bes. Teil III. Für Kleinasien Marek 32017, 584 f. Marek 32017, 649–651. Bes. Bowersock 1990. Bagnall et al. 2016. Text CIIP IV 3572: οὐκ ἔχω τί σοι πάθω ἢ τί χαρίσωμαι· | κατάκειμαι μεθ᾿ ἑτέρου, σὲ μέγα φιλοῦσα. | (3) ἀλλὰ ναὶ τὴν Ἀφροδίτην, μέγα τι χαίρω | ὅτι σου τὸ ἱμάτιον ἐνέχυρα κεῖται. | (5) ἀλλ᾿ ἐγὼ μὲν ἀποτρέχω, σοὶ δὲ καταλίπω | εὐρυχωρίην πολλήν. πρᾶσσε, ὅτι βούλῃ. | (7) μὴ κροῦε τὸν τοῖχον, ψόφος ἐγγείνεται, | ᾶλλὰ διὰ τῶν θυρῶν νεύμασι καῖται. Marek 32017, 618–630. Bagnall 1993, 101. Hackl – Jenni – Schneider 2003, 225–235. Petzl – Schwertheim 2006. Wörrle 1988.

Anmerkungen zu Kapitel III 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79

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Marek 32017, 625. Mitteis – Wilcken 1912, 156 f., vgl. Cod. Iust. 10,54,1. Brands 2016, 21. Millar 1993, 259. Isler 2017, Katalogband 561 f., 600 f. Segal 1994. Isler 2017, Katalogband 252 f. Zum Theater in Babylon ebenda 151 f. Jacob of Serugh, Homilies on the Spectacles of the Theatre, hrsg. von C. Moss, Le Muséon 48, 1934–1935, 87–112. Mann 2013; Robert 1940. Walker 2006. Brown 1971, 94. Trombley 1994, Bd. 2, 76. Eine umfassende Darstellung der paganen Literatur auf neuestem Forschungsstand: Zimmermann – Rengakos 2022. Zu bedauern ist die Ausgliederung der christlichen Literatur in einen geplanten eigenen Band desselben Handbuchs. Die christlichen und paganen Werke entstanden nicht in unverbundenen Parallelwelten. Lesky 31971, 903: «Stärker noch als im Hellenismus tritt nun Altgriechenland in den Hintergrund.» Vgl. Wilamowitz-Moellendorff 1955, 433–436. Der aktuelle Forschungsstand ist jetzt in einem monumentalen Werk dargelegt, das die Philosophiegeschichte des «Überweg-Praechter» durch eine von Helmut Holzhey herausgegebene, neu bearbeitete Ausgabe ersetzt und im Rahmen der Philosophie der Antike die Kaiserzeit und die Spätantike in drei umfangreichen Bänden (5 /1–3), herausgegeben von Riedweg  – Horn – Wyrwa 2018, behandelt. S. Schorn in: Zimmermann – Rengakos 2022, 653–658 (allgemein), 705–710 (Diogenes Laertius), 718–723 (Philostratos), 723–730 (Porphyrios), 734–739 (Eunapios). Haake in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 31–34. Haake in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 34–39. Gauger 1998. Haake in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 19 f. Łukaszewicz 2013. Smith 1990. F. Ferrari in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 580–583. F. Ferrari in: Riedweg  – Horn  – Wyrwa 2018, 614–616; M. Erler in: Zimmermann  – Ren­ gakos 2022, 230 f. F. Ferrari in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 590–594; M. Erler in: Zimmermann – Ren­ gakos 2022, 226 f. I. Männlein-Robert in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 659–664. I. Männlein-Robert in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 649–657. Plut. Antonius 80,1; Cass. Dio 51,16,4. I. Kupreeva in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 302– 308; D. Runia, DNP s. v. A. Brancacci in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 185–187; M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 171–174. Marek 2013b.

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Anmerkungen zu Kapitel III 98 G. Reydams-Schils in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 163–169; M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 147–150. 99 Zu Marc Aurel siehe M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 151–153. 100 C. P. Vetten, LACL s. v. Justin der Märtyrer. Allgemein: Riedweg 2016b. 101 Ch. Riedweg in: Bäbler – Nesselrath 2018. 13–39. 102 K. Meister, DNP s. v. Nikolaos [3]. 103 M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 188. 104 I. Kupreeva in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 328–330. 105 I. Kupreeva in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 386–405; M. Erler in: Zimmermann – Ren­ gakos 2022, 189–192. 106 Schramm in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 406–427. 107 Erler 2000; Fuhrer – Erler 1999. 108 Zum aktuellen Text Hammerstaedt – Smith 2014; Hammerstaedt – Smith 2016; siehe auch M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 163–167; Hammerstaedt 2018; Marek 32017, 608. 109 Hammerstaedt – Smith 2014, 102: NF 177 = YF 241. 110 Hammerstaedt – Smith 2014, 199: NF 211 = YF 270 + fr. 151. 111 Hammerstaedt – Smith 2014, 89: NF 157 = YF 217. 112 M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 240 f. 113 Chaniotis 2002; Victor 1997. Vgl. Marek 32017, 645–648. 114 I. Männlein-Robert in: Riedweg  – Horn  – Wyrwa 2018, 643–648; M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 242. 115 M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 167–171. 116 A. Brancacci in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 189–192; M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 174–176; Hammerstaedt 1988. 117 Bei dem Kirchenhistoriker Eusebios (Pr. Ev. Bücher 5 und 6). 118 A. Brancacci in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 193 f. 119 C. P. Vetten, LACL s. v. Justin der Märtyrer; D. Wyrwa in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 790–806. 120 D. Wyrwa in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 847 f.; G. Röwekamp, LACL s. v. 121 D. Wyrwa in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 817–824. 122 D. Wyrwa in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 836–843. 123 Riedweg in: Schliesser – Rüggemeier – Kraus – Frey 2021, 99–106, gibt einen vorzüglichen Überblick. 124 D. Winston in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 715–719. 125 Runia 2023; M. Erler in: Zimmermann  – Rengakos 2022, 200–203; D. Winston in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 724–753. 126 D. Wyrwa in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 769–774. 127 Bader 1940; M. Erler in: Zimmermann  – Rengakos 2022, 235 f.; Riedweg 2019, 456–460; I. Männlein-Robert in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 665–672. 128 Riedweg 2021; Riedweg 2019, 457. 129 D. Wyrwa in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 927–957. 130 Bäbler – Nesselrath 2018; M. Zambon in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 957–1015. 131 Riedweg in: Bäbler – Nesselrath 2018, 13–39. 132 Den kaiserzeitlichen Platonismus vor Plotin bezeichnet man als «Mittelplatonismus»: F. Ferrari in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 547–549. Zu den Neuplatonikern Ammonios, Plotin, Porphyrios, Iamblichos s. C. Horn in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1249–1310; M. Edwards

Anmerkungen zu Kapitel III

133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168

in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1327–1349; J. Opsomer, B. Bohle, C. Horn in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1349–1383. Zum Neuplatonismus auch M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 244–247, zu Plotin 247–262. M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 262–264. Text: Becker 2016. Zum Inhalt: Riedweg 2019, 460–462; Männlein-Robert 2017; Riedweg 2005. Zu Porphyrios allgemein M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 266–275. M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 275–279; Lesky 31971, 986; Nilsson 21961, 448. M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 286–295. H. D. Saffrey, DNP s. v. Marinos [4]. M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 297–303; L. Brisson, DNP s. v. Wyss  – Hirsch-Luipold  – Hirschi 2016; Marek 32017, 612–617; Schmitz 1997; Bowersock 1969. Lesky 31971, 927. Dazu das Kapitel «Kaiserzeitliche Rhetorik und Beredsamkeit» von M. Korenjak in: Zimmermann – Rengakos 2022, 797–843. E. Bowie, DNP s. v. [16]. Theodotos und Apollonios aus Athen und die Thessaler Phoinix, Hippodromos und Philiskos: Philostr. soph. 566. 599. 604. 615. 621 f. M. Weißenberger, DNP s. v. E. Bowie, DNP s. v. [3]. E. Bowie, DNP s. v. [6]. Marek 32017, 612. Theomnestos, Ptolemaios, Apollonios und Proklos. R. Tosi, DNP s. v. [IV 17]. BMI III 539. MS I 314 Nr. 03 / 02 /28. Das neue Fragment: Engelmann 2000, 78. Wiemer 1995. M. Korenjak in: Zimmermann  – Rengakos 2022, 826–830; M. Weißenberger, DNP s. v.; Wiemer 1995. Verlorene Dichtung: Heitsch 1961–1964. G. Weber in: Zimmermann – Rengakos 2022, 530–534. C. Scardino in: Zimmermann – Rengakos 2022, 642 f. O. Schelske in: Zimmermann – Rengakos 2022, 83. M. Reichel in: Zimmermann – Rengakos 2022, 31–36; S. Fornaro, DNP s. v. Quintus [3]. M. Reichel in: Zimmermann – Rengakos 2022, 36–39. M. Reichel in: Zimmermann – Rengakos 2022, 42–52. M. Erler in: Zimmermann – Rengakos 2022, 306–308. Gemeint sind der Neuplatoniker Plutarchos (ca. 350–423) und seine Tochter Asklepigeneia, die bei ihm Philosophie studiert hat. Euagrios historia ecclesiastica 1,15. Zum Philosophen Synesios Vollenweider 1985. Tardieu 1988–1989. Willers – Niekamp 2015. Lehmann 2018; Daszewski 1985. B. Zimmermann in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1178–1188. C. C. de Jonge in: Zimmermann – Rengakos 2022, 420–423; F. Donadi, DNP s. v. PseudoLonginos; Brandt 1966.

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Anmerkungen zu Kapitel III 169 Pope, An Essay on Criticism, 1711, Verse 680–685, https: /  / www.eighteenthcenturypoetry. org / works / o3675-w0010.shtml 170 S. Douglas Olson in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1157–1168; Lesky 31971, 954. 171 F. Montanari, DNP s. v. 172 F. Montanari, DNP s. v. 173 F. Fiorucci in: Zimmermann – Rengakos 2022, 542–546. 174 S. Fornaro, DNP s. v. Oppianos [2]. Ein Namensvetter aus Korykos in Kilikien dichtete über Fischfang, s. v. [1]. 175 Porod 2013. 176 P. Kuhlmann in: Zimmermann – Rengakos 2022, 603–606. 177 P. Kuhlmann in: Zimmermann – Rengakos 2022, 599–601. 178 Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. II 2, 37–48. 179 P. Kuhlmann in: Zimmermann – Rengakos 2022, 606–608. 180 P. Kuhlmann in: Zimmermann – Rengakos 2022, 608–610. 181 K. Rosen, DNP s. v. 182 Meier – Montinaro 2022; C. Scardino in: Zimmermann – Rengakos 2022, 645–648. 183 M. Walraff, DNP s. v. Kirchengeschichte. 184 J. Rist, DNP s. v. [7]; J. Ulrich, LACL s. v. Eusebius von Cäsarea. 185 Riedweg 2020. 186 J. Rist, DNP s. v. [1]; G. Röwekamp, LACL s. v. Gelasius von Cäsarea. 187 C. Markschies, DNP s. v.; C. Schmidt, LACL s. v. Philostorgius. 188 J. Rist, DNP s. v. [9]; J. Ulrich, LACL s. v. 189 C. Markschies, DNP s. v.; J. Ulrich, LACL s. v. Sozomenus. 190 J. Rist, DNP s. v. [1]; P. Bruns, LACL s. v. Theodoret von Cyrus. 191 K. Sarridis, DNP s. v. [30]; U. Hamm, LACL s. v. Theodor, Lector. 192 C. Markschies, DNP s. v. [3]. 193 Wallraff 2007. 194 J. Rist, DNP s. v. [2]; G. Broszio, LACL s. v. 195 A. Berger, DNP s. v. Iohannes [18]; U. Hamm – M. Meier, LACL s. v. Johannes Malalas. 196 Luther 1997. 197 F. P. Bianchi in: Zimmermann – Rengakos 2022, 347–370; S. Radt, DNP s. v. 198 F. P. Bianchi in: Zimmermann – Rengakos 2022, 381–383. 199 Habicht 1999, 2. 200 B. Zimmermann, DNP s. v. [6] 201 T. Kouremenos in: Zimmermann  – Rengakos 2022, 339–346; F. P. Bianchi in: Zimmermann – Rengakos 2022, 370–376; W. Hübner in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 493–512. 202 M. Asper in: Zimmermann – Rengakos 2022, 324–328. 203 M. Asper in: Zimmermann – Rengakos 2022, 332. 204 D. Manetti in: Zimmermann – Rengakos 2022, 474–492. 205 D. Manetti in: Zimmermann – Rengakos 2022, 485–487. 206 K.-H. Leven in: Zimmermann – Rengakos 2022, 493–526. 207 Schlange-Schöningen 2003, 140–142; 148–172. Severus wird in diesem Buch fälschlich Decimus Claudius Severus genannt. 208 PIR2 602. 209 PIR2 B 229. Flavius Boethos stammte aus Ptolemais. Er war Konsul in den letzten Jahren des Antoninus Pius oder den ersten Marc Aurels. Philosophisch gebildet, hatte er Beziehungen

Anmerkungen zu Kapitel III

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214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236

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zu Alexandros von Damaskus und Hadrianos von Tyros. Noch während Galens erstem Rom­aufenthalt ging er als Statthalter nach Syria-Palaestina, wo er 168 starb. PIR2 S 530. Suffektkonsul 137–139, ordentlicher Konsul 168 n. Chr., philosophisch gebildet auch er. Er stammt aus der kleinasiatischen Senatorenfamilie der Sergii von Antiocheia in Pisidien, die ausgedehnten Grundbesitz in Galatien besaß. Ausbüttel 2017, 563 f. Zu diesem zweiten Romaufenthalt Schlange-Schöningen 2003, 173–186. Zur Gleichsetzung mit Sextus Quintilius Condianus iun., cos. 180 n. Chr., Sohn des Proconsuls von Asia 169 n. Chr. Sextus Quintilius Valerius Maximus, s. Schlange-Schöningen 2003, 181 Anm. 29. K.-H. Leven in: Zimmermann – Rengakos 2022, 510 f. A. Touwaide, DNP s. v. Selb 1993, 179–181. Kroppenberg 2007; Demandt 1989, 162–164; Söllner 1980. Demandt 1989, 199; M. Meier in: Zimmermann  – Rengakos 2022, 577–589; Leppin 2006; Söllner 1980, 134–147. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 994–1155. Lesky 31971, 960. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1013–1016. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1113–1126. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1037–1044. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1053–1069; M. Fusillo, DNP s. v. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1047–1053; M. Fusillo – L. Galli, DNP s. v. Iamblichos [3]. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1069–1086; M. Fusillo, DNP s. v. Th. Paulsen in: Zimmermann – Rengakos 2022, 1025–1037; Tilg 2010; M. Fusillo, DNP s. v. M. Baumbach, DNP s. v. M. G. Albiani, DNP s. v. S. Fornaro in: Zimmermann – Rengakos 2022, 943. Nietzsche, Der Fall Wagner, Werke, hrsg. von G. Colli und M. Montinari VI 3, Berlin 1969, 5. Jones 1986. B. Patzek, DNP s. v. Nietzsche, Ecce Homo, Warum ich so klug bin 3, Werke, hrsg. von G. Colli und M. Montinari VI 3, Berlin 1969, 284. Wilamowitz-Moellendorff 1955, 502 f. Baumbach-Möllendorf 2017. S. Fornaro in: Zimmermann – Rengakos 2022, 942–994; C. C. de Jonge in: Zimmermann  – Rengakos 2022, 429–432 (Literaturkritik); H.-G. Nesselrath, DNP s. v. Lukianos [1]. Zuletzt Nesselrath 2023. Marek 32017, 460, 542. Pfuhl – Möbius 1977–1979. Waelkens 1986. Koch 2010. B. R. McCane in: Meyers 1997, Bd. 4, 482. A. M. Panayides, DNP s. v. Mosaik; Piccirillo 1993; Bingöl 1997; Kondoleon  – Roussin in: Meyers 1997, Bd. 4, 50–55; Bowersock 2006. Zu Antiocheia Brands 2016, 64–68.

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Anmerkungen zu Kapitel III 244 Bertelli 1999. 245 Die andere der Ausnahmen ist die mittelalterliche Abschrift einer römischen Weltkarte (um 1200), die nach dem Eigentümer des 16. Jh.s Konrad Peutinger von Augsburg als «Peutingerkarte» bekannt ist. 246 Warland 1992, 293. 247 Woods 2013. 248 Woods beobachtet und interpretiert des Weiteren: Die Tugend der Wachsamkeit hält in der Linken einen Korb gefüllt mit Blumen, das heißt, sie hält die schönen Versuchungen geordnet unter Kontrolle. Der Eros zu Füßen von Adonis und Aphrodite dagegen stülpt den Korb um und verstreut die Blüten wahllos über den Boden. 249 Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 368. 250 Sommer 2005, 288 f. 251 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 378–380. 252 Sommer 2005, 192. 253 Veyne 2015, 114–121. 254 M. White in: Meyers 1997, Bd. 2, 173. 255 Widmer 2015, 163–174. 256 Marek 2020b. 257 Ehreninschrift von Magnesia am Mäander an Kaiser Julian, Syll.3 906B Zeile 8. 258 Pilhofer – Baumbach – Gerlach – Hansen 2005. Außer Lukian erwähnen ihn kurz auch Aulus Gellius, Tatian, Tertullian, Ammianus Marcellinus, Philostratos und der Kirchenhisto­ riker Eusebios. 259 Lukian. Peregr. 11: προφήτης καὶ θιασάρχης καὶ ξυναγωγεὺς καὶ πάντα μόνος αὐτὸς ὤν, καὶ τῶν βίβλων τὰς μὲν ἐξηγεῖτο καὶ διεσάφει, πολλὰς δὲ αὐτὸς καὶ συνέγραψεν. 260 Die Theorie, Lukians Peregrinus sei eine Parodie des Ignatius von Antiocheia, ist abwegig. Vgl. McKechnie 2019, 74 f. mit Literatur. Die angeblichen Parallelen von Kapitel 41 mit den Ignatiusbriefen sind nicht einschlägig und stehen in keinem Zusammenhang mit der ‹christlichen Episode› des Peregrinus. Der Herausgeber Lukians in Loeb Classical Library 302, A. M. Harmon, merkt zur Stelle an, eine Kenntis von Ignatius’ Briefen könne man allenfalls bei Peregrinus, nicht bei Lukian vermuten. 261 Vgl. Mt 23,8: ὡς ἀδελφοὶ πάντες. 262 Vgl. Mara bar Sarapion: Die Juden haben ihren weisen König umsonst getötet, wegen der neuen Gesetze, die er gegeben hat. 263 Riedweg 2019, 466. 264 Vita Caecilii Cypriani. Leben des Cäcilius Cyprianus von Diakon Pontius, in: Des heiligen Kirchenvaters Caecilius Cyprianus sämtliche Schriften, aus dem Lateinischen übers. von Julius Baer (Bibliothek der Kirchenväter, 1. Reihe, Bd. 34), München 1918, 20 f. 265 Hengel – Schwemer 2019, 36–43. 266 Herm. vis. 3,6,5–7: ὅταν περικοπῇ αὐτῶν ὁ πλοῦτος ὁ ψυχαγωγῶν αὐτούς. Zum Autor C. Markschies, DNP s. v. Hermas, Hermae Pastor. 267 Johnson 1995, 131 Nr. 4.10. 268 Johnson 1995, 145 Nr. 4.15. 269 Chiai 2020. 270 Marek 32017, 659–661; McKechnie 2019, 210–245. 271 McKechnie 2019, 232 f. gegen Markschies. 272 Mitchell – Pilhofer 2019, Introduction S. 8.

Anmerkungen zu Kapitel III 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288 289 290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304 305 306 307 308 309

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McKechnie 2019, 1 f. mit Literatur. Mitchell 2023; Mitchell 1999; vgl. Marek 2000b; Marek 2018. Wischmeyer 2005. Das noch immer grundlegende Werk ist Harnack 41924. McKechnie 2019; Mitchell – Pilhofer 2019; Hengel – Schwemer 2019; Fairchild 22018; Alkier – Leppin 2018; Marek 32017, 654–679. McKechnie 2019, 60. McKechnie 2019, 166–186; Thonemann 2012. Marek 32017, 573. Ameling 2010, 294–298; Freudenberger 21969. McKechnie 2019, 78–88; Marek 32017, 665 f. Vgl. Eus. HE 6,41,10 ff. Robert 1994. Martyrium Pionii 19,10–13. Eus. HE 8,2 ff.; Lact. mort. pers. 10 ff. Cod. Theod. 9,40,2. 8; dazu Krause 2009, 325 f. Bagnall 1993, 306–308. Nicht zu verwechseln mit dem Schisma des Bischofs Meletios von Antiocheia, der zeitlich etwas später anzusetzen ist. Maraval 1990, Passio Ath. 1; dazu Mitchell 2019, 62–68. Maraval 1990, Passio Ath. 23–24. Wiesehöfer 2005, 268–273. Cumont 81981. L. M. White in: Meyers 1997, Bd. 2, 173–178; Sommer 2005, 270–354. Apk 2,6. 15; vgl. Eus. HE 3,28 f. Nollé 2007; Marek 32017, 645. Feldtkeller 1994. Clemen 1938, 41 f. Merkelbach 1984. Renan 231923, 579. Nilsson 21961, 675. Merkelbach 1984, 46. Dazu Marek 2000b, 136 f. Ch. Markschies in: Markschies – Schröter 2012, Bd. 1, 466–470 mit Literatur; Harnack 21924. Markschies 2012; Baumeister 1998. Letztere nur bei Apollonios, Eus. HE 5,18,2. McKechnie 2019, 105–108; 145; Marek 32017, 746 Anm. 414; Eisen 1996. McKechnie 2019, 120 Fig. 5. Markschies 42018, zum Begriff 23–27; E. Thomassen in: Riedweg  – Horn  – Wyrwa 2018, 855–858; Baur 1835. Markschies 42018, 76–80. Adversus haereses, so der lateinische Kurztitel. Der originale Titel des fünfbändigen griechischen Werkes lautete: «Überführung und Widerlegung der zu Unrecht so genannten Erkenntnis». Böhlig – Markschies 1994, 1–112. Markschies – Schröter 2012, Bd. 1, 437–440. Sloterdijk 2017, 69–71. Zu einzelnen früheren Textfunden in koptischer Sprache Markschies 4 2018, 47–54. Zu der spannenden Entdeckungsgeschichte ebenda 54–57.

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Anmerkungen zu Kapitel IV 313 314 315 316 317 318 319 320 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331

E. Thomassen in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 859–862; Markschies 42018, 20 f. Markschies 42018, 10. Zu neuzeitlichen Entwürfen Burkert 1996, 33–35. Rudolph 21980, 7. Sloterdijk 2017, 69 f. Markschies 42018, 103–109; Wiesehöfer 2005, 273–277, Literatur: 381 f.; Lieu 1994; Merkelbach 1986. Markschies 42018, 34; Aufzählung der Schriften Manis 105. CMC 104,11–105,6, übers. Henrichs – Koenen 1981, 213. Markschies 42018, 35 f. Wiesehöfer 2005, 275 f. Foltz 2010, 75–84. CMC 64,8–65,18. J. van Oort in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1322–1327. Mitchell 2007, 68 f.; Demandt 1989, 66 f., 71 f. Marek 32017, 669. Ausbüttel 2017, 570. Ausbüttel 2017, 561. Brands – Severin 2003; P. C. Finney in: Meyers 1997, Bd. 2, 1997, 1–5. Brands 2016, 58 f. Brands 2016, Abb. 26.

IV.  Kreuz gegen Feueraltar Anmerkungen zu Kapitel IV

1 W. A. Löhr, LACL s. v. Paulus von Samosata; Downey 1961, 263 f. 2 W. Kinzig in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1478–1487. 3 πιστεύομεν ... Θεὸν ἐκ Θεοῦ, φῶς ἐκ φωτός, Θεὸν ἀληθινὸν ἐκ Θεοῦ ἀληθινοῦ, γεννηθέντα οὐ ποιηθέντα, ὁμοούσιον τῷ Πατρί. Das nizänische Glaubensbekenntnis kennen wir erst in einer erweiterten, auf einem Konzil in Konstantinopel 381 beschlossenen Form, die erstmals vom Konzil von Chalkedon (451) überliefert ist. 4 W. Kinzig in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1497–1506; U. Heil, LACL s. v. Athanasius von Alexandrien. 5 W. Kinzig in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1478–1481. 6 K. Metzler, LACL s. v. Eudoxius von Konstantinopel. 7 T. Böhm, LACL s. v. Aetius von Antiochien. 8 T. Böhm, LACL s. v. Eunomius von Cyzicus. 9 Namara-Inschrift bei Shahîd 1984, 31–53. 10 S. Th. Parker in: Meyers 1997, Bd. 3, 358–361. 11 Shahîd 1984, 498–510. 12 Jones 1964, 43. 13 PLRE I, s. v. Hannibalianus 2. 14 Mosig-Walburg 1999; Demandt 1989, 86 mit Quellen. 15 PLRE I s. v. Sabinianus 3. 16 PLRE I, s. v. Ursulus 1. 17 Zu Julian allgemein der Sammelband: Rebenich – Wiemer 2020; Ch. Riedweg in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1396–1408.

Anmerkungen zu Kapitel IV 18 Wiemer 1995. 19 Wiemer 1995, 192. 20 Die Kerkopen («Schwänzlinge») waren ein Brüderpaar, berüchtigt als Räuber und Betrüger. Bereits als Kinder hatte sie die Mutter vor einer Begegnung mit Melanopyx (übers.: «Schwarzarsch») gewarnt. Die beiden treffen auf den schlafenden Herakles und versuchen, ihm die Waffen zu rauben. Der aber wacht auf, ergreift sie und bindet sie wie erbeutetes Wild an die Enden eines Tragholzes, mit den Köpfen nach unten. Die beiden haben in dieser Lage Gelegenheit, sich den Herakles von unten anzuschauen. Beim Anblick der schwarzen Schamhaare bemerken sie, dass sie offenbar an Melanopyx geraten sind, vor dem ihre Mutter sie gewarnt hatte. Während sie da hängen, reißen sie Witze über die Behaarung des Helden, der darüber lachen muss und sie freilässt. Die Szene ist dargestellt auf einer Metope des archaischen Tempels C in Selinus, die sich im Museum von Palermo befindet. C. Walde, DNP s. v. 21 Brands 2016, 18. 22 N. McLynn in: Rebenich – Wiemer 2020, 293–325; Dąbrowa 2020, 77–85. 23 Amm. 24,2,9–22; Lib. or. 18,227 f.; Zos. 3,17–18. 24 Amm. 24,5,1 f.; Lib. or. 18, 243; Zos. 3,23,1–4; vgl. Xen. hell. 4,1,15 f. Zu den Paradeisoi Schuler 1998, 123 f. 25 Bes. Amm. 25,3; Lib. or. 18,268–275; 24,6–8. Beide Autoren schließen an ihren Bericht Nachrufe an. 26 Mitchell 2007, 78. 27 Ch. Riedweg in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1408. 28 S. Schmidt-Hofner in: Rebenich – Wiemer 2020, 124–171; K. Vössing in: Rebenich – Wiemer 2020, 172–206; H.-U. Wiemer in: Rebenich – Wiemer 2020, 207–244. 29 H.-G. Nesselrath in: Rebenich – Wiemer 2020, 38–63. 30 Friedrich Schiller, Die Götter Griechenlands: «Schöne Welt, wo bist du? Kehre wieder holdes Blütenalter der Natur! Ach, nur in dem Feenland der Lieder lebt noch deine fabelhafte Spur. Alle jene Blüten sind gefallen, von des Nordens schauerlichem Wehn, einen zu bereichern unter allen musste diese Götterwelt vergehn. […] Ja, sie kehrten heim, und alles Schöne, alles Hohe nahmen sie mit fort, alle Farben, alle Lebenstöne, und uns blieb nur das entseelte Wort.» 31 Ch. Riedweg in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1402. Zur Nachwirkung allgemein S. Rebenich in: Rebenich – Wiemer 2020, 398–420. 32 Rekonstruktion des inhaltlichen Aufbaus: Riedweg 2016a, XCIII–CVIII; Sammelband zu einzelnen Aspekten: Huber-Rebenich  – Rebenich 2020; vgl. auch Ch. Riedweg in: Rebenich – Wiemer 2020, 245–266. 33 S. Rebenich in: Rebenich – Wiemer 2020, 398–420. 34 Demandt 1989, 111. 35 Die Kritik bei den antiken Schriftstellern: Demandt 1989, 110 Anm. 5. 36 Vgl. Demandt 1989, Anm. 7. 37 Schmitt 2003; Shahîd 1984, 138–202; PLRE I s. v. Mavia. 38 Szidat 1986. 39 Zu Kappadokien in römischer und byzantinischer Zeit: Cooper – Decker 2012; Van Dam 2002; Van Dam 2003a; Van Dam 2003b; zu den Städten bes. Jones 21971, 175–191. 40 Cooper  – Decker 2012, 32–42, zu den kappadokischen Styliten 115–119, zu Klöstern und Kirchen 119–138.

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Anmerkungen zu Kapitel IV 41 Cooper – Decker 2012, 50–100. 42 Marek 32017, 670–674. 43 W.-D. Hauschild in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1522–1534; J. Pauli OSB, LACL s. v. Basilius von Cäsarea. 44 Dazu Van Dam 2002, 28–32. 45 Zum Mönchtum in Kappadokien Cooper – Decker 2012, 107–115. 46 W.-D. Hauschild in: Riedweg  – Horn  – Wyrwa 2018, 1534–1544; C. Hartmann, LACL s. v. Gregor von Nazianz. 47 Van Dam 2002, 136–156. 48 W.-D. Hauschild in: Riedweg – Horn – Wyrwa 2018, 1544–1562; F. Dünzl, LACL s. v. Gregor von Nyssa. 49 So wurde das Edikt verstanden von Soz. 5,18,1, vgl. Sokr. 3,2; Rufin, HE 10,33; Theod. hist. eccl. 3,8; Aug. civ. 18,52; Aug. conf. 8,5. Auch der Julian gegenüber positiv eingestellte Historiker Ammianus Marcellinus kritisiert das Gesetz (Amm. 22,10,7). 50 Man übersetze diese Argumentation in heutige Realität mit dem Gedankenexperiment, welche Reaktionen zu erwarten wären, wenn man den Religionsunterricht an bayrischen Schulen Imamen oder Zeugen Jehovas anvertraute. 51 Mayerhofer 2013, 75. 52 Braund 1994, 269–273. 53 PLRE II s. v. Ztathius. Malalas 413 f.; Braund 1994, 276–278. 54 Braund 1994, 289–298. 55 Braund 1994, 298–314. 56 Stickler 2021; Hartmann – Stickler – Schleicher 2019; A. Plontke-Lüning, DNP s. v.; Braund 1994, 40–72 zu Geographie und Wirtschaft. 57 Braund 1994, 239–244; Frye 1984, 298. 58 Englische Übersetzung in Frye 1984, 375–377. 59 Rist 2019; Braund 1994, 246–261. 60 Der heutige Bau stammt aus dem frühen 11. Jh. In ihm ist eine steinerne Pfeilerbasilika des 5. Jh.s auszumachen, die eine (durch Grabungen nachgewiesene) hölzerne Saalkirche ersetzte. 61 PLRE III B s. v. Stephanus (I) 55. 62 Traina 2021; Stickler 2021; Adontz 1970; Chaumont 1969; Lehmann-Haupt 1988. 63 Kettenhofen 1995, bes. 48–135. 64 Outtier – Thierry 1990. 65 Hofmann 32018. 66 Syme 1995, 366 f. 67 PLRE I s. v. 68 Speidel 2009, 595–631. 69 Frye 1984, 328. 70 Adontz 1970, 127–154. 71 Garsoïan 1989. 72 Demandt 1989, 17. 73 Garsoïan 2003–2004. 74 Strab. 17,1,54, vgl. 16,4,22; R. Gest. div. Aug. 26; Plin. nat. 6,181; Cass. Dio 54,5,4 f. 75 Speidel 2015a, 98 mit Quellen. 76 R. Fattovich – S. Munro-Hay, EAE Bd. 1, 2003, 104 f.

Anmerkungen zu Kapitel IV 77 S. Munro-Hay, EAE Bd. 1, 2003, 173–179 s. v. Aksum; R. Fattovich, EAE Bd. 1, 2003, 179–183 s. v. Archaeology of Aksum. 78 Casson 1989, 109 f. 79 W. Hahn, EAE Bd. 2, 2005, 766–770 s. v. Coinage, bes. 767 f. 80 Speidel 2016a. 81 S. Munro-Hay, EAE Bd. 1, 2003, 717–723 s. v. Christianity; G. Fiaccadori, EAE Bd. 4, 2010, 484–488 s. v. Sälama (Käśate Bərhan). 82 W. Hahn, EAE Bd. 2, 2005, 478–480 s. v. ʿEzānā. 83 Demandt 1989, 128. 84 Brands 2016, 24. 85 Demandt 1989, 132–134. 86 Demandt 1989, 137. 87 B. Windau, LACL s. v. Johannes Chrysostomus. 88 Demandt 1989, 160. 89 Bagnall 1993, 7 f. 90 Bagnall 1993, 66 f. 91 Bagnall 1993, 45–62, Zitat (meine Übers.) S. 45. Zur ägyptischen Tempelarchitektur in römischer Zeit M. Minas-Nerpel in: Riggs 2012, 502–530. 92 Bagnall 1993, 271–285. 93 Gemeinhardt 2022. 94 M. Skeb OSB, LACL s. v. Pachomius. 95 PL 23 col. 0059–0086D. 96 Demandt 1989, 184. 97 M. Choat in: Riggs 2012, 474–492. 98 Heinen 1998. 99 Sokr. 5,16; Soz. 7,15; Rufin. HE 2,22. 100 Cod. Theod. 16,8,22. 101 PLRE II s. v. Orestes I. 102 Łukaszewicz 2013; Majcherek 2010. 103 Cod. Theod. 13,3,16–17 (414 n. Chr.). 104 Watts 2017; Klein 1999; Heinen 1998, 57–79; Dzielska 1995. 105 H. Harich-Schwarzbauer, DNP s. v. Philosophinnen; Gauger 1998. 106 Marinos, Vita Procli 28. 107 Eun. vit. soph. 6,6,6–7. 108 Porph. vit. Plot. 9. 109 7,15,1. Das verwendete Wort ist: ὑπερακοντίζειν «mit dem Speer weiter werfen», «übertreffen». 110 Synes. Dion 12,2–3: τοῖς ἐν ἄστει μειρακίοις. 111 Russell 2004, 342. Das ist nicht zutreffend, wie Riedweg 2016a, CXLIX–CLII darlegt: Eine ganze Reihe namentlich bekannter Philosophen haben im Alexandreia des 5. Jh.s auch nach Hypatias Tod gewirkt. 112 Riedweg 2016a (Bücher 1–5); Kinzig  – Brüggemann  – Kaufhold 2017 (Bücher 6–10 und Fragmente). Zum inhaltlichen Aufbau W. Kinzig in: Riedweg 2016a, S. CXVIII–CLVII. 113 Riedweg 2016a, LXXXVIf. 114 Riedweg 2016a, CXXXVII. 115 G. Münch-Labacher, LACL s.v Cyrill von Alexandrien.

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Anmerkungen zu Kapitel IV 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129

130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154

Riedweg 2016a, CLXXXV. Bruhn 2020; U. Hamm, LACL s. v.; Spuler 1961. Krannich 2006. Sie sind heute größtenteils verloren: U. Hamm, LACL s. v. Nestorius S. 517 f. P. Bruns, LACL s. v. Dioskur von Alexandrien. Price – Whitby 2009. Conciliorum oecumenicorum decreta, curantibus J. Alberigo et. al., consultante H. Jedin, Bologna 1973, 86 f. Jenkins 2010. Baum – Winkler 2000. Foltz 2010, 62–65; Wiesehöfer 2005, 272 f. Hage 1978, 373. Koschorke 2009; Klein 2000; Tubach 1999. Zum Namen Barat 2002, 190–194. Deutsche Übersetzung Xu 2004. Zum Thema Godwin 2018; Li-Layec 2018; Foltz 2010, 68– 70; Koschorke 2009, 31; Deeg 2006; Barat 2002. Zur Sprache Takahashi 2014. Zur Rezeptions­ geschichte Keevak 2008. Koschorke 2009, 32. Koschorke 2009, 33. Überblick zu den neueren nestorianischen Funden in China und den damit im Mittelalter verbundenen Netzwerken: Ertl 2015; Halbertsma 2008. Koschorke 2009, 38 mit Literatur Anm. 23. P. Bruns, LACL s. v. Petrus der Walker (Fullo); Downey 1961, 484–489, 496 f. P. Bruns, LACL s. v. Isaak von Antiochien. Zum Forschungsstand Brands 2016. Zum spätantiken Antiocheia auch Liebeschütz 1972. Brands 2016, 5. Archut – Kremser 2019; Brands 2016, 66–68; Campbell 1988; Levi 1971; Downey 1961, 659– 664. Skeptisch Brands 2016, 60–62; 66–68; bes. Anm. 269 zur mutmaßlichen Gleichsetzung der Abbildung auf dem Mosaik mit der Kirche Konstantins. PLRE II s. v. Ardabur iunior I. Strube 1996. Hunter-Crawley 2020; Delehaye 1923; Lietzmann – Hilgenfeld 1908. Brown 1971, 84 spricht von «beduinisation». Ausführlich diskutiert von Frankfurter 1990. Handschriften in syrischer Sprache aus dem 8. und 9. Jh. im British Museum. Canivet 1977. Theodoret gibt seinen Namen als Asklepiades an. Korrekt ist Asklepiodotos, praefectus prae­ torio per orientem 423–425, Onkel der Kaiserin Eudoxia: PLRE II, s. v. Asclepiodotus 1. Demandt 1989, 14 zu Texten und Übersetzungen. Parker 2022; Van den Ven 1962–1970. Brown 1971. MacMullen 2019. Zu den begeisterten Reaktionen in der Fachwelt siehe ebenda Anm. 6. Börm 2008. Wiesehöfer 2005, 279 f.; Christensen 1925. Shahîd 1995, 12–16.

Anmerkungen zu Kapitel IV 155 Marcillet-Jaubert 1980; Marcillet-Jaubert 1982; Arce – Feissel – Weber-Karyotakis 2018. Geplant ist ein Corpus des Inscriptions de la Jordanie (vgl. CIIP I 2, S. 84). Vgl. auch Shahîd 1989, 131–133. 156 Onur 2017. 157 Croke – Crow 1983. 158 Shahîd 1995, 131–133. 159 Shahîd 1995, 134–143. 160 Downey 1961, 533–557. 161 Jones 21971, Appendix III, 502–509; Honigmann 1939. 162 Whitby 1986. 163 Z. T. Fiema in: Markoe 2003, 239–249. 164 L. Koenen – R. W. Daniel – T. Gagos in: Markoe 2003, 250–261. 165 Zu den Ghassāniden ausführlich Shahîd 2002; Shahîd 2010. Zum Aufstieg der Stammes­ königtümer: Funke 1996, 232 f. 166 Shahîd 1995, 48; PLRE IIIA s. v. Arethas. 167 Shahîd 1995, 17 f.; 26 f.; 70–75; 79–81; 231–234; PLRE II s. v. Alamundarus 2. 168 Shahîd 1995, 236–265. 169 Frye 1984, 337 f. 170 Wiesehöfer 2005, 253–255; Frye 1984, 325–334. 171 Frye 1984, 329–334; Wiesehöfer 2005, 289–295. 172 Nebes 2010. Zur komplexen Quellenlage mit griechischer, syrischer, sabäischer und altäthiopischer Überlieferung ebenda S. 29 f. 173 G. Fiaccadori, EAE Bd. 3, 2007, 329–332 s. v. Kaleb. 174 Beaucamp – Briquel-Chatonnet – Robin 2010. 175 Nebes 2010, 42 f. 176 W. W. Müller, EAE Bd. 5, 2014, 98–100 s. v. Yūsuf Asʾar Yaṯʾar; Robin 2008. 177 Ch. Robin in: Beaucamp – Briquel-Chatonnet – Robin 2010, 39–106; Shahîd 1971. 178 S. Munro-Hay, EAE Bd. 1, 2003, 45 f. s. v. Abrəha and Aṣbəḥa. 179 Bowersock 2019, 25 f. 180 Nebes 2005, 363–367. Zu dem Neufund Nebes 2004. 181 Howard-Johnston 2021; Meier 82021, 1020–1088. 182 Howard-Johnston 2021, Appendix 3, S. 403–412; Howard-Johnston 2010. 183 Howard-Johnston 2021, 12–36; Shahîd 1995, 618–631. 184 Shahîd 1995, 634–650. 185 Howard-Johnston 2021, 78–87. 186 Bowersock 2019, 73–87. 187 Ein um 630 ursprünglich in Griechisch verfasster Augenzeugenbericht geht auf einen Mönch namens Strategios zurück. Er ist in sehr viel späteren georgischen und arabischen Übersetzungen erhalten. Englische Übersetzung der georgischen Version: Conybeare 1910. 188 Avni 2010, 36. 189 Howard-Johnston 2021, 103–112; Meier 82021, 15–26. 190 Howard-Johnston 2021, 128–133. 191 Howard-Johnston 2021, 192–200. 192 Howard-Johnston 2021, 214–245. 193 Howard-Johnston 2021, 268–292. 194 Howard-Johnston 2021, 293–320.

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Anmerkungen zum Schlusskapitel 195 196 197 198 199 200 201 202 203

204 205

Zuckerman 2013. Bowersock 2019, 103. Bowersock 2019, 74. The History of Al-Tabarî, Bd. 13, übers. von G. H. A. Juynboll, New York 1989, 170–172. The History of Al-Tabarî, Bd. 13, übers. von G. H. A. Juynboll, New York 1989, 108, 150 mit Anm. 11. Avni 2014; Foss 1997; Grabar 1973. Avni 2014, 203, 225–230; Genequand 2002; Brown 1998. Brands 1998. Möglicherweise ist eines der beiden Daten eine Verschreibung, so dass ein und dasselbe Datum sowohl für das Mosaik in der Apsis als auch für das im Hauptraum entweder 756 oder 786 lautet. Vgl. Piccirillo 1993, 238. Vgl. Schick 1995. Fowden 2004.

Schluss Anmerkungen zum Schlusskapitel

1 2 3 4 5 6 7

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Cobet 2010, 43 f. Cobet 2010, 44. 47 f. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. 01. 2008. Burkert 1992, 1. Nietzsche, Götzen-Dämmerung, Was ich den Alten verdanke 3, Werke, hrsg. von G. Colli und M. Montinari VI 3, Berlin 1969, 151. Raaflaub 2018. Zum umstrittenen Begriff Bowersock 1990. Kritisch Bonnet 2015: Sie betont für das hellenistische Zeitalter in Syrien einen multikulturellen Charakter der Landschaften. Der hier kritisierte, einseitige Blick auf eine griechische Kulturmission im Orient ist indessen längst Vergangenheit und der Forschungsansatz einer differenzierten Analyse der wechselseitigen Einflüsse und Transformationen seit langem etabliert. Woolf 1994. Marek 2020a, 40. Syme 1995, 91. Petrus Patricius fr. 13; Theophylaktos Simokatta 4,11,2. Maksymiuk 2018, bes. 593 f. AE 1990, 1016, vgl. Kolb – Speidel 2015, 123. Noll 2020. Nietzsche, Also sprach Zarathustra II, Von den berühmten Weisen, Werke, hrsg. von G. Colli und M. Montinari VI 1, Berlin 1968, 129. Römische Geschichte V, 1885, 4 f. Dodds 1968. Sloterdijk 2017, 80. Kenney 2021; Markos 2021. Riedweg 2019, bes. 449, 453 und 466. Acta Thomae, ed. M. Bonnet, Acta apostolorum apocrypha, vol. 2.2, Leipzig 1903 (ND Hildesheim 1972) 129; übers. Burkitt 1907, 148.

Late Bronze Age (LB) 2000–1200 v. Chr.

Middle Bronze Age (MB) 2500–2000 v. Chr.

Early Bronze Age (EB) 3000–2500 v. Chr.

Bis Ende 2. Jahrtausend v. Chr.: Die chronologischen Systeme im Einzelnen sind problematisch: Sogenannte kurze, mittlere oder lange Chronologie; Abstand: 64 Jahre

EPOCHEN

Kārum Kaneš: Handelsnetzwerk der Assyrer in Anatolien. Anwesenheit indogermanischer Einwanderer ca. 2000–1700 v. Chr.

Alphabetschrift ab ca. 8. Jh. v. Chr. Phrygisch–Griechisch–Lydisch–Karisch– Lykisch–Sidetisch–Phönizisch–Aramäisch– Lateinisch

Ebla (Nordsyrien) 2400–2300 v. Chr.

Alphabetschrift ab ca. Mitte 2. Jt. v. Chr. Proto-Kanaanäisch–Sabäisch– Phönizisch–Hebräisch–Aramäisch– Griechisch–Lateinisch Nabatäisch–Palmyrenisch–Syrisch

Vergleichende Zeittafel

Hammurapi 1792-1750

I. Dynastie von Babylon 1894–1594 v. Chr.

III. Dynastie von Ur 2112–2004 v. Chr.

Dynastie von Akkade 2340–2200 v. Chr.

Inschriften von Mari 2500–2400 v. Chr.

Uruk V. – Uruk IV. 3600–3500 v. Chr.

Späte Zweite ZwischenPeriode

Mittleres Reich und Frühe Zweite Zwischenperiode (Mitte 11.–13. Dynastie) 1980–1648 v. Chr.

Erste Zwischenperiode (7. bis Mitte 11. Dynastie) 2150–1980 v. Chr.

Altes Reich (3.–6. Dynastie) Pyramidenbauer: Khufu, Khafre, Menkaure (griechisch: Cheops, Chephren, Mykerinos) 2700–2150 v. Chr.

Frühdynastisch (1. und 2. Dynastie) 3100–2700 v. Chr.

Alphabetschrift ab ca. 6. Jh. v. Chr. Reichsaramäisch–Griechisch– Lateinisch–Koptisch–Äthiopisch– Arabisch

Demotisch ab ca. 6. Jh. v. Chr.

Alphabetschrift ab ca. 6. Jh. v. Chr. Reichsaramäisch–Griechisch– Lateinisch–Mittelpersisch

Hieroglyphen Luwisch

Hieroglyphen Luwisch

Hieroglyphen ab ca. frühem 3. Jt. v. Chr. Altägyptisch

Ägypten-Äthiopien

Keilschrift ab ca. Ende 4. Jt. v. Chr. Sumerisch–Akkadisch (Babylonisch und Assyrisch)

Keilschrift ab 3. Jt. v. Chr. Eblaitisch Ugaritisches Keilalphabet

Keilschrift ab 2. Jt. v. Chr. Sumerisch–Akkadisch–Hattisch– Hethitisch–Palaisch–Hurritisch– Luwisch

Mesopotamien

Syrien-Palästina-Arabien

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Vergleichende Zeittafel

Vergleichende Zeittafel

611

Eisenzeit

EPOCHEN

Neohethitische Königtümer 11.–8. Jh. v. Chr

Einwanderung von Griechen und Phrygern 11.–10. Jh. v. Chr.

Aufstieg und Blüte des Hethiterreichs ca. 1700–1200

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Stele des Mesha von Moab

Omri König von Israel 886–875 v. Chr.

Salomon König von Juda und Israel ca. 965–932 v. Chr.

David König von Juda und Israel ca. 1000–965

Neohethitische Königtümer 11.–8. Jh. v. Chr.

Aramäische Fürsten, phönizische Stadtkönigtümer 11.–9. Jh. v. Chr.

Hegemonie der Philister in Palästina, Fünfstädtebund ab 1100 v. Chr.

Schlacht bei Qadeš zwischen Ägyptern und Hethitern in Syrien 1274 v. Chr.

Seevölkereinfälle, Ansiedelung der Philister und Hebräer 1300–1150 v. Chr.

Ugarit 1330–1180 v. Chr.

Syrien-Palästina-Arabien

Aufstieg des Neoassyrischen Reiches 1306–1076 v. Chr.

Hammurapi 1792–1750

Mesopotamien

Dritte Zwischenperiode (21.–25. Dynastie) 1077–664 v. Chr.

Ramses II. 1279–1213 v. Chr.

Amenophis IV. (Echnaton) – früheste Form eines Monotheismus 1353–1336 v. Chr.

Neues Reich (18.–20. Dynastie) 1540–1077 v. Chr.

Späte Zweite Zwischenperiode (14.–17. Dynastie) 1648–1540 v. Chr.

Ägypten-Äthiopien

612 Vergleichende Zeittafel

Alexander der Große 336 (König)-323 v. Chr.

EPOCHEN

Syrien-Palästina-Arabien

Griechische Wissenschaft in Ionien: Thales, Anaximandros, Anaximenes von Milet, Heraklit von Ephesos 6. Jh. v. Chr Kleinasien unter persischer Herrschaft ca. 550–333 v. Chr.

Beginn der Münzprägung in Kleinasien um 600 v. Chr.

Aufstieg und Blüte des Lyderreiches 7.–6. Jh. v. Chr.

Anfänge griechischer Heiligtümer: Artemision (Ephesos)–Didymaion (Milet) um 700 v. Chr.

Aufstieg und Blüte des Phrygerreiches 8.–7. Jh. v. Chr

Neobabylonisches Reich 625–539 v. Chr.

Assurbanipal 668–631/27(?) v. Chr.

Tiglatpileser III. 745–727 v. Chr.

Neoassyrisches Großreich 883–609 v. Chr.

Mesopotamien

Bau des zweiten Tempels 520–515 v. Chr.

zum Perserreich 538 v. Chr. Rückkehr der Exilierten 537 v. Chr.

Kyros II. erobert Babylon 539 v. Chr. unter persischer Herrschaft 539–331 v. Chr.

Nebukadnezar II. Einnahme Jerusalems durch Nebukadnezar II.; erste Deportationen 604–562 v. Chr. 597 v. Chr. Eroberung von Jerusalem, Zerstörung des Tempels; Ende des Staates Juda; babylonische Gefangenschaft 587 v. Chr.

Mukarribe von Saba in Südarabien 7.–6. Jh. v. Chr.

Ende des Staates Israel 721 v. Chr.

Juda unterwift sich Assur 733 v. Chr.

Aufstieg und Blüte des Urartäerreiches 9.–7. Jh. v. Chr. Stele des Mesha von Moab 840 v. Chr.

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Ägypten unabhängig 404–343 v. Chr.

Ägypten von Kambyses erobert 525 v. Chr. unter persischer Herrschaft 525–404 v. Chr.

Späte Periode (26.–31. Dynastie) 664–332 v. Chr.

Eroberung Thebens durch die Assyrer 664 v. Chr.

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

613

Seleukos I. Nikator König 306/5 v. Chr. Palästina unter der Hegemonie der Ptolemaier 301–198 v. Chr.

Antigonos, Demetrios, Lysimachos Könige 306/5 v. Chr.

Schlacht bei Ipsos 301 v. Chr.

Ankunft der Galater in Anatolien 278/7 v. Chr.

Zipoites König von Bithynien Mithradates (ktistes) König von Pontos ca. 280 v. Chr.

Epigonen 281–189 v. Chr.

Schlacht auf dem Korupedion 281 v. Chr.

Diadochenkämpfe 322–301 v. Chr.

Diadochen 323–281 v. Chr.

Hellenismus 323–30 v. Chr.

Zweiter Syrischer Krieg zwischen Seleukiden und Ptolemaiern 260–253 v. Chr.

Erster Syrischer Krieg zwischen Seleukiden und Ptolemaiern 274–271 v. Chr.

Antiochos I. Soter 281–261 v. Chr.

Gründung von Antiocheia am Orontes um 300 v. Chr.

Eroberung des Perserreiches durch Alexander den Großen 334–323 v. Chr.

Syrien-Palästina-Arabien

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

EPOCHEN

Seleukos Satrap – Beginn der seleukidischen Ära 311 v. Chr. Seleukos I. Nikator König 306/5 v. Chr.

Alexander in Babylon 331 v. Chr.

Mesopotamien

Ptolemaios II. Philadelphos König Anfänge der Septuaginta 285–246 v. Chr. Zenodot von Ephesos Bibliotheksvorsteher in Alexandreia 285/4 v. Chr.

Ptolemaios I. Soter König 306/5–283 v. Chr.

Makedonen (Alexander und Ptolemäische Dynastie) 332–30 v. Chr. Gründung Alexandreias 332 v. Chr.

Ägypten erneut persisch 343–332 v. Chr.

Ägypten-Äthiopien

614 Vergleichende Zeittafel

EPOCHEN

Frieden von Apameia: Verlust Kleinasiens diesseits des Tauros für die Seleukiden 188 v. Chr.

Artaxias I. König von Armenien Dynastie der Artaxiaden vor 190 v. Chr.

Krieg der Römer gegen Antiochos III. 192–190 v. Chr.

Attalos von Pergamon nimmt Königstitel an (Attalos I.) 241 v. Chr.

Ariarathes III. König von Kappadokien ca. 250 v. Chr.

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Aretas II. König der Nabatäer ca. 120-96 v. Chr.

Sechster Syrischer Krieg zwischen Seleukiden und Ptolemäern ca. 170–168 v. Chr.

Jason Hohepriester 175–172 v. Chr.

Judäa unter der Hegemonie des Seleukiden Antiochos III. 198 v. Chr.

Fünfter Syrischer Krieg zwischen Seleukiden und Ptolemaiern – Antiochos III. in Südsyrien 201 v. Chr.

Vierter Syrischer Krieg zwischen Seleukiden und Ptolemaiern 221–217 v. Chr.

Antiochos III. ‹der Große› 223–187 v. Chr.

Dritter Syrischer Krieg zwischen Seleukiden und Ptolemaiern 246–241 v. Chr.

Syrien-Palästina-Arabien

Mithradates II. König

Mithradates I. König ca. 171–139/8 v. Chr.

Feldzug des Antiochos III. gegen die Parther ca. 209 v. Chr.

Beginn der parthischen Ära 247 v. Chr. Arsakes I. König Dynastie der Arsakiden 247(?) – nach 217 v. Chr.

Mesopotamien

Ptolemaios VI. Philometor König 180–145 v. Chr.

Ptolemaios V. Epiphanes König 204–180 v. Chr.

Ptolemaios IV. Philopator König 221–204 v. Chr.

Eratosthenes von Kyrene Bibliotheksvorsteher in Alexandreia nach 246 v. Chr.

Ptolemaios III. Euergetes König Adulis-Inschrift 246–221 v. Chr.

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

615

Römische Kaiserzeit

EPOCHEN

Antiochos I. König von Kommagene ca. 70–36 v. Chr.

Mesopotamien

Beginn der himyarischen Ära in Südarabien 115 v. Chr.

Aretas II. König der Nabatäer ca. 120–96 v. Chr.

Hyrkanos II. Hohepriester in Judäa 63–40 v. Chr.

Ende des Seleukidenreiches; Provinz Syria – Pompeius in Jerusalem 64–63 v. Chr.

Aretas III. König der Nabatäer 84–59 v. Chr.

Erste Begegnung zwischen Römern und Parthern am Euphrat 96 v. Chr.

Mithradates II. König ca. 124/3–88/7 v. Chr.

ab ca. 130 v. Chr.

Kämpfe der Makkabäer und Einnahme Jerusalems Feldzug des Antiochos VII. ca. 166–164 v. Chr. Sidetes gegen die Parther 139/129 v. Chr. Johannes Hyrkanos, Hoheprieter und Ethnarch in Judäa Eroberung des Zweistromlandes 135–105 v. Chr. durch die Parther

Aretas I. König der Nabatäer ca. 168 v. Chr.

Plünderung Jerusalems durch den Seleukiden Antiochos IV. – Beginn Makkabäeraufstand 169 v. Chr.

Syrien-Palästina-Arabien

Obodas I. König der Nabatäer Kriege der Römer gegen Mithradates VI. ca. 96–85 v. Chr. Eupator von Pontos und Tigranes von Armenien – römische Provinzen Pontus et Bithynia, Cilicia Rabbel I. König der Nabatäer 89–64 v. Chr. ca. 85/4 v. Chr.

Tod Attalos’ III. – römische Provinz Asia 133–129 v. Chr.

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Ptolemaios XII Neos Dionysos König 80–51 v. Chr.

Entdeckung der direkten Seepassage von Ägypten nach Indien mit Hilfe der Monsunwinde ca. 117–115 v. Chr.

Ägypten-Äthiopien

616 Vergleichende Zeittafel

Augustus 29 v. Chr. – 14

Römische Kaiserzeit

EPOCHEN/KAISER

Provinz Cappadocia 17

Mission des Augustusenkels Gaius in Armenien 1 v. Chr.

Provinz Paphlagonia 6/5 v. Chr.

Einrichtung der Provinz Galatia 25 v. Chr.

Marcus Antonius Triumvir und Herrscher über die östlichen Provinzen und clientelae 41–31 v. Chr.

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Malichos II. König der Nabatäer 40-70

Judäa, Samaria und Idumäa unter einem römischen Präfekten zur Provinz Syria 6

Archelaos Ethnarch von Judäa, Samaria und Idumäa – Herodes Antipas herrscht über Galiläa und die Peraia – Philippos über Batanaia 4 v. Chr.

Aretas IV. König der Nabatäer 9 v. Chr. – 40

Südarabienfeldzug des Aelius Gallus 25 v. Chr.

Obodas III. König der Nabatäer 30–9 v. Chr.

Herodes König von Judäa 37–4 v. Chr.

Malichos I. König der Nabatäer 59–30 v. Chr.

Obodas II. König der Nabatäer 62–59 v. Chr.

Syrien-Palästina-Arabien

Fürsten von Edessa nehmen Königstitel an 33 v. Chr. – 25

Feldzug des Marcus Antonius gegen die Parther 36 v. Chr.

Phraates IV. König ca. 40–3/2 v. Chr.

Niederlage des Crassus bei Carrhae (Harran) 53 v. Chr.

Orodes II. König ca. 58/7–39 v. Chr.

Mesopotamien

-70

Einnahme Alexandreias durch Octavian – Provinz Aegyptus 30 v. Chr.

Caesar in Alexandreia – Brand der Bibliothek 48/7 v. Chr. Kleopatra VII. Königin 47–30 v. Chr.

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

617

Nero 54–68

Claudius 41–54

Zollgesetz der Provinz Asia 62

Krieg Neros gegen die Parther in Ostanatolien 54–63

Reisen des Apostels Paulus in Kleinasien und Zypern 47–55/6

Provinz Lycia 43

Antiochos IV. König von Kommagene 38–72

Provinz Cappadocia 17

Tiberius 14–37

Caligula 37–41

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

EPOCHEN/KAISER

Agrippa II. König von Chalkis, Batanaia – Recht der Priesterinvestitur in Jerusalem 48–50

Apostelkonzil in Jerusalem ca. 48

Judäa wieder zur Provinz Syria 44

Malichos II. König der Nabatäer 40–70

Herodes Agrippa (Agrippa I.) herrscht über Batanaia, kurz darauf auch über Judäa und Samaria 37–44

Steinigung des Stephanos in Jerusalem ca. 36

Bel-Tempel in Palmyra 32

Kreuzigung Jesu 30

Pontius Pilatus Präfekt in Caesarea 25/7

Syrien-Palästina-Arabien

Vologaises I. König ca. 51–80

Mesopotamien

Tod des Philon (Iudaeus) von Alexandreia ca. 50

Periplus Maris Erythrae Zoskales Herrscher in Äthiopien 40–70

Judenpogrom in Alexandreia 38–40

Ägypten-Äthiopien

618 Vergleichende Zeittafel

Traian 98–117

Nerva 96–98

Domitian 81–96

Titus 79–81

Vespasian 69–79

Galba–Otho–Vitellius 68–69

EPOCHEN/KAISER

Hadrians Reform des Wettkampfwesens

Plinius der Jüngere Statthalter von Pontus et Bithynia ca. 110–112

Tod des Neopythagoreers Apollonios von Tyana ca. 96–98

Provinz Lycia et Pamphylia Provinz Armenia Minor zu Cappadocia Neuformation der Provinz Cilicia 72

Tiridates in Rom von Nero als König von Armenien bestätigt Dynastie der Arsakiden 66

Annexion des Reiches der Polemoniden – Provinz Pontus Polemonianus 64

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Via Traiana Nova 111–114 136 Babatha Archiv 132

Provinz Arabia – legio III Cyrenaica in Bosra 106

Tod des Josephos in Rom um 100

Mara bar Sarapion

Flavius Silva belagert Masada Provinz Commagene zu Syria 72

Eroberung Jerusalems, Zerstörung des Tempels; Provinz Judäa legio X Fretensis in Jerusalem 70–71

Rabbel II. letzter König der Nabatäer 70–106

Beginn des Jüdischen Aufstandes 66

Syrien-Palästina-Arabien

Osroes König 108/9–127/8

Pakoros König 77/8–108/9

Mesopotamien

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

619

Marcus Aurelius – Lucius Verus 161–180

Antoninus Pius 138–161

Hadrian 117–138

EPOCHEN/KAISER

94

Martyrium Polykarps in Smyrna 155/6 (?)

Anfänge der phrygischen Sekte des Montanus 150iger Jahre

Markion von Sinope in Rom ca. 144

Gründung des Glykonkultes durch Alexandros von Abonuteichos ca. 140–145

Hadrians Reform des Wettkampfwesens 133/4

Hadrians Reisen durch Kleinasien 117–131

Tod Traians in Kilikien 117

Provinz Armenia 114–117

Partherfeldzug Traians 113–117

Parthamasiris König von Armenien ca. 112–114

Provinz Pontus Mediterraneus

Tod des Dion von Prusa, Redner und Philosoph nach 112

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Römisches Militär besetzt Dura Europos 165

Zollgesetz von Palmyra 137

Bar-Kochba-Aufstand; Iudaea → Syria-Palaestina 132–136 Babatha Archiv 132

Syrien-Palästina-Arabien

Provinz Mesopotamia

Partherfeldzug des Lucius Verus 161–166

Vologaises IV. König ca. 147–193

Eroberung Ktesiphons durch die Römer 116

Partherfeldzug Traians 113–117

Mesopotamien

Kelsos, Verfasser der antichristlichen Schrift ‹Wahre Lehre› 2. Hälfte 2. Jahrhundert

Hadrian in Ägypten - Gründung von Antinoopolis 130

Aufstände der Juden in Ägypten und Kyrenaika 117

Ägypten-Äthiopien

620 Vergleichende Zeittafel

Philippus Arabs 244–249

Caracalla 198–217

Septimius Severus 193–211 Clodius Albinus 193–197 Pescennius Niger 193–194

Pertinax–Didius Julianus 193

Tod der Kaisergattin Faustina in Halala 176

Commodus 176–192

Severus’ Truppen schlagen Pescennius Niger in Bithynien 194

Tod des Sophisten Aelius Aristeides nach 177

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

EPOCHEN/KAISER

Teilung Syria Phoenice – Syria Coele – Palaestina 194–195

Sieg des Severus über Niger bei Issos 194

Pescennius Niger Statthalter Syriens 192

Avidius Cassius Usurpator im Orient 175

Avidius Cassius Statthalter Syriens ca. 166

Syrien-Palästina-Arabien

Ende des Fürstentums Edessa → zu Mesopotamia

Erneute Eroberung Ktesiphons durch die Römer 198

Zweiter Partherfeldzug des Septimius Severus Provinz Mesopotamia 197–199

Erster Partherfeldzug des Septimius Severus 194–195

Abgar ‹der Große› regiert in Edessa – Annahme des christlichen Glaubens (?) Bardaiṣan, christlicher Philosoph Archivierung der apokryphen Jesus-Abgar Korrespondenz 177–212

Tod des Tatianos, Verfasser der Evangelienharmonie (Diatessaron) nach 172

Eroberung Ktesiphons durch die Römer 165

Mesopotamien

Clemens von Alexandreia leitet die Katechetenschule ca. 200

Septimius Severus gewährt Alexandreia einen Stadtrat 199/200

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

621

Trebonianus–Volusianus– Aemilianus 253

Decius 249–251

Philippus Arabs 244–249

Maximinus 235–238 Gordian I.–Gordian II.– Balbinus–Pupienus 238 Gordian III. 238–244

Severus Alexander 222–235

Elagabalus 218–222

Macrinus 217–218

Geta 209–212

EPOCHEN/KAISER

Weltweite Christenverfolgung. Martyrium des Pionius in Smyrna ca. 250

Provinzen Phrygia und Caria (aus Asia herausgelöst) 249–251

Doppelprovinz Pontus-Paflagonia, regiert von ritterlichen praesides seit ca. 230–235

Tod des Arztes Galen von Pergamon ca. 216

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Elagabal in Syrien zum Kaiser ausgerufen 218

Caracalla bei Carrhae ermordet 217

Syrien-Palästina-Arabien

Perserfeldzug des Carus,

Schapur I. König 239(?) – 271 Erfolgreiche Feldzüge Schapurs I. an der Ostgrenze ca. 239–260 Ende des Fürstentums Edessa → zu Mesopotamia 248

Geburt Manis 239

Feldzug des Severus Alexander 231–233

Dynastie der Sasaniden: Ardaschir I. 224–241(?)

Caracalla in Ägypten 215–216

anonymer Herrscher von Aksūm unterwirft Stämme in Äthiopien ca. 200

Überschwemmung von Edessa 201

Partherkrieg Caracallas 216–217

Ägypten-Äthiopien

Mesopotamien

622 Vergleichende Zeittafel

Carus–Carinus–Numerianus 282–285

Probus 276–282

Tacitus–Florianus 275–276

Aurelian 270–275

Claudius II.–Quintillus 269–270

Gallienus 253–268

Valerianus 253–260

EPOCHEN/KAISER

Ende der städtischen Münzprägung in Kleinasien (vereinzelte Ausnahmen bis Ende 3. Jh.) 266–268

Einfall der Goten 262

Sasanidische Heeresgruppen dringen nach Kilikien und Kappadokien vor 260

Eroberung Armeniens durch Schapur I. Anfang 250iger

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Einnahme Palmyras durch Aurelian Tod des Philosphen Longinos 272

Palmyrenische Expansion unter Zenobia an den Bosporus und nach Ägypten 267–272

Perser erobern Dura Europos 256 Odainathos von Palmyra im Kampf gegen die Sasaniden, Eroberung von Carrhae und Nisibis, Vormarsch bis nach Ktesiphon 259–267

Schapur I. erobert Antiocheia 253

Syrien-Palästina-Arabien

Perserfeldzug des Carus, Tod in Ktesiphon 283

Vahram II. König 276–293

Gefangennahme Valerians bei Edessa 260

Mesopotamien

Rückeroberung Ägyptens durch Probus 271/2

Tod des Neuplatonikers Plotin 270

der palmyrenische General Zabdas erobert Ägypten ca. 267

Tod des christlichen Philosophen Origenes von Alexandreia in Tyros 254

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

623

Constantinus II. 337–340 Constans I. 337–350

Konstantinopel Hauptstadt des Reiches 330

Constantinus I. 306–337

Constantius I. 293–306 Galerius 293–311

Maximianus 286–305

Besetzung Armeniens durch Schapur II. 336

Konzil von Nikaia 325

Toleranzedikt 311

Christenverfolgungen unter Diokletian, Maximian und Maximinus Daia 303–311

Christianisierung Armeniens ca. 301–315

Preisedikt Diokletians 301

Reich der Lazen ab ca. 300

Niederlage der Perser in Armenien bei Erzurum. Armenien im Frieden von Nisibis wieder römisch 298

Diokletianische Provinzreform Präfektur Oriens – Diözesen Asiana und Pontica ab 284

Spätantike

Diocletianus 284–305

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

EPOCHEN/KAISER

Tod des Neuplatonikers Porphyrios von Tyros nach 301

strata Diocletiana von Bosra über Palmyra nach Soura am Euphrat nach 284

Diokletianische Provinzreform Präfektur Oriens – Diözese Oriens

Syrien-Palästina-Arabien

Angriff Schapurs II. 336

Schapur II. König 309–379

Friede von Nisibis 299

Narseh König 293–302

Mesopotamien

Christianisierung Äthiopiens

Beginn der Kontroverse um Areios in Alexandreia ca. 318/9

Diokletianische Provinzreform Präfektur Oriens – Diözese Oriens Aegyptus-Thebais-Libya ab 284

Ägypten-Äthiopien

624 Vergleichende Zeittafel

Theodosius II. 408–450

Arcadius 395–408

Reichsteilung

Theodosius I. 379–395

Valentinian II. 375–392

Valentinian I. – Valens – Gratian 364–383

Jovian 363–364

Julian 360–363

Constantius II. 337–361

EPOCHEN/KAISER

Tod des Johannes Chrysostomos in Komana Pontica 407

Tod des Gregor von Nyssa nach 394

Tod des Gregor von Nazianz 390

Tod des Basileios von Kaisareia 379

Kaiser Julian in Kappadokien 362

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Tod des Sophisten Libanios 393

Aufstand in Antiocheia 387

Theodosius befiehlt Annahme des katholischen Glaubens 380

Syrien-Palästina-Arabien

Tod des Ephraem von Nisibis 373

Tod Julians. Grenzvertrag Jovians: Räumung Nordmesopotamiens 363

Perserfeldzug Julians 362/3

Schapur II. erobert Amida 359

Mesopotamien

der Neuplatoniker Proklos in Alexandreia

Kyrillos Patriarch von Alexandreia 412

Provinzreform Präfektur Oriens – Diözese Aegyptus ab 395

Zerstörung des Sarapeions von Alexandreia 391

Tod des Athanasios von Alexandreia 373

Tod des Antonius von Koma 356

Christianisierung Äthiopiens unter König ʿEzānā kurz vor 350

Tod des Pachomios 347

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

625

Justin II.

Justin I. 518–527

Anastasios I. 491–518

Zenon 476–491

Basiliskos 475–476

Zenon 474–475

Leon I.–Leon II. 457–474

Markian 450–457

EPOCHEN/KAISER

Kavadh I. erobert Theodosiopolis in Armenien 502

Konzil von Chalkedon 451

Abschaffung des Königtums in Persarmenien 428

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Tod ᶜAbrahas

Invasion Südarabiens durch die Äthiopier 519

Entstehung des Kirchen-KlosterKomplexes von Qalʿat Semʿān 471–474

Tod des Symeon Stylites 459

Syrien-Palästina-Arabien

Kavadh I. König 488–496 und 499–531

Mesopotamien

Kosmas Indikopleustes in Adulis 519

Tod des Nestorius in Alexandreia 451

der Neuplatoniker Proklos in Alexandreia vor 430

Kyrillos attakiert Nestorius in einem Brief 429

Kyrillos’ Schrift ‹gegen Julian› ca. 423–430

Ermordung der Philosophin Hypatia in Alexandreia 415

Ägypten-Äthiopien

626 Vergleichende Zeittafel

Herakleios 610–641

Phokas 602–610

Maurikios 582–602

Tiberius I. Konstantinos 578–582

Justin II. 565–578

Justinian I. 527–565

EPOCHEN/KAISER

Abzug der Perser aus Lazika 561

Justinians Teilung Armeniens in vier Provinzen (Armenia I–IV) 536

Abfall des Lazenkönigs Tzath I. von den Sasaniden 521/2

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

erneute Einnahme Antiocheias durch die Perser 613

Tod ʾAbrahas nach 560

Inschriften ʾAbrahas am Damm von Mārib 547/8

Chosrau I. erobert Antiocheia 540

Der Lachmide Alamundaros überfällt Emesa und Apameia 527

Martyrium in Nadschran, Südarabien 523

Syrien-Palästina-Arabien

Vorstoß des Herakleios bis Dastagird, 80 Kilometer vor Ktesiphon

Erfolgreiche persische Operationen in Armenien, Einnahme von Theodosiopolis 604–608

Chosrau II. schlägt die Römer vor Edessa und nimmt Dara ein 604

Chosrau II. König 590–628

Hormizd IV. König 579–590

Chosrau I. König 531–579

Belisarios Feldherr an Euphrat und Tigris 530

Kavadh I. belagert und erobert Amida 502

Mesopotamien

persische Besatzung Ägyptens

Ägypten-Äthiopien

Vergleichende Zeittafel

627

Herakleios 610–641

EPOCHEN/KAISER

Gegenangriff des Herakleios bis nach Aserbaidschan 622–624

persische Truppen vor Chalkedon 614

Anatolien-Armenien-Iberia-Albania

Muslime besetzen Jerusalem 638

Palmyra von den Arabern eingenommen 634

Chosrau II. erobert Jerusalem 614

erneute Einnahme Antiocheias durch die Perser 613

Syrien-Palästina-Arabien

Yazdgird III. letzter König 633–651

Tod Chosraus II. Kavadh II. König 628

Vorstoß des Herakleios bis Dastagird, 80 Kilometer vor Ktesiphon 627

Mesopotamien

Eroberung Alexandreias durch die Muslime 642

Ankunft der Muslime an der Ostgrenze Ägyptens 639

persische Besetzung Ägyptens 619

Ägypten-Äthiopien

628 Vergleichende Zeittafel

Abbildungs- und Kartennachweis

Abbildungsnachweis

Abb. 2: Museum Ankara; Abb. 5: Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen; Abb. 10: © Orient-Abteilung, Außenstelle Sanaa, Ricardo Eichmann; Abb. 12: © Orient-Abteilung, Außenstelle Sanaa, Iris Gerlach; Abb. 15: © Gerhard Schmidt, Idar-Oberstein; Abb. 17: nach CIIP I, 1, 2; nach J. Iliffe, QDAP 6, 1938; Abb. 23: Münzkabinett GR 15 287 © KHM-Museumsverband, Wien; Abb. 24: ­https://rpc.ashmus.ox.ac.uk/coins/3/4099, © Classical Numismatic Group, LLC; Abb. 25: © Salem Alshdaifat /Athena Numismatics; Abb. 31a–b: nach Markoe 2003, Abb. 220, 222, 223 (François Larché); Abb. 35: CNG: The Coin Shop. Trajan. AD 98–117. Æ Sestertius (33mm, 26.29 g, 6h). Rome mint. Struck AD 116–117. (cngcoins.com), © Classical Numismatic Group, LLC; Abb. 36: https: /  / de.wikipedia.org / wiki / Hatra# / media / Datei:Hatra-71339.jpg; Abb. 39: ­https: /  /www. numisbids.com / n.php?p=lot&sid=1052&lot=285, © 2023 NumisBids, LL, C; Abb. 40: EphesosMuseum Wien; Abb. 47: British Museum, London; Abb. 48: https: /  / www.kuenker.de / de / ­archiv / stueck /166398; © Rudolf Künker GmbH & Co. KG, Osnabrück, Foto Lübke + Wiedemann KG, Leonberg; Abb. 54: © S. Thomas Parker, nach Meyers 1997, Bd. 2, S. 331 (Oxford University Press); Abb. 56: Museum Bursa; Abb. 57: Römisch-Germanisches Museum, Köln; Abb. 58: nach CIIP IV 3572, Abb. 3572.2; Abb. 59: Museum Antalya; Abb. 60: British Museum, London; Abb. 61: Museum Selçuk; Abb. 62a–c: Eigentümerin / Standort: Abegg-Stiftung, CH-3132 Riggisberg, Inv. Nr. 3100a, © Abegg-Stiftung, CH-3132 Riggisberg, 2012 (Foto: Christoph von Viràg); Abb. 66–67: Museum Afyon; Abb. 68–69: Museum Antakya; Abb. 70: nach Segal 1970, Tafel 44; Abb. 71: nach Segal 1970, Tafel 2; Abb. 75: Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen – ­https: /  / en. w ­ ikipedia. org / wiki / Odaenathus# / media / File:Odenaethus_Glyptoteket.jpg /CaroleRaddato / CC BY-SA 2.0; Abb. 76: © akg-images /Maurice Babey; Abb. 77: J. Paul Getty Museum, Malibu; Abb. 78, Abb. 79: British Museum, London; Abb. 81: © Brent Nongbri; aus McKechnie 2019, S. 149, Abb. 8; Abb. 83: https: /  / gallica.bnf.fr / ark: /12148 / btv1b85610023, © gallica / bnf, Paris. Bibliothèque nationale de France; Abb. 84: © Papyrussammlung Köln; Abb. 96–98: Museum Antakya; Abb. 107: Nach Markoe 2003, Abb. 277; Abb. 109: © Numismatik Naumann, Wien (Auktion 58, Los 63). Alle übrigen Abbildungen: Fotos des Autors. Es ist dem Verlag C.H.Beck nicht in allen Fällen gelungen, die Inhaber der Bildrechte ausfindig zu machen; der Verlag ist jedoch selbstverständlich bereit, berechtigte Ansprüche abzugelten. Sämtliche Karten: © Peter Palm, Berlin Karte 8: nach Mitford 2018, Bd. 2, Farbtafel 2; Karte 10: ÖAI 2010: https: /  / www3.rgzm.de / ephesos / bilder / eph-plan_gross_col.png; Karte 11: nach Barrington Atlas of the Greek and Roman World; Karte 12: nach Bagnall 1993; Karte 13: nach Barrington Atlas of the Greek and Roman World; Karte 14: nach Wagner 1985, Abb. 18.

Abkürzungen

Abkürzungen

Die Abkürzungen antiker Autoren und Werke folgen den Abkürzungen in DNP III, XXXVI ff. AE AMS ANRW AW BMC BMI CIG CIIP CIL CMC CSCO DLZ DNP EAE FGrHist FS HA Head, HN2 HdO I [+ Ort] IAG IGLSyr IK ILAfr ILS JNES JRS LACL MS OGIS P. [+ Ort] PG PIR2

Année épigraphique Asia Minor Studien Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt Antike Welt British Museum Coins British Museum Inscriptions Corpus Inscriptionum Graecarum Corpus Inscriptionum Iudaeae / Palaestinae Corpus Inscriptionum Latinarum Codex Manichaicus Coloniensis Corpus Scriptorum Christianorum Orientalium Deutsche Literatur Zeitung Der Neue Pauly Encyclopaedia Aethiopica Die Fragmente der Griechischen Historiker Festschrift Historia Augusta B. V. Head, Historia Numorum, Oxford 21911 Handbook of Oriental Studies, Section 1: The Near and Middle East Inschriften L. Moretti, Iscrizioni Agonistiche Greche, Rom 1953 Inscriptions grecques et latines de la Syrie Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien Inscriptions Latines d’Afrique Inscriptiones Latinae Selectae Journal of Near Eastern Studies Journal of Roman Studies Lexikon der antiken christlichen Literatur R. Merkelbach  – J. Stauber, Steinepigramme aus dem griechischen Osten, 5 Bde., Stuttgart / Leipzig 1998–2004 W. Dittenberger, Orientis Graeci Inscriptiones Selectae, 2 Bde., Leipzig 1903–1905 Papyrus Patrologia Graeca Prosopographia Imperii Romani

Abkürzungen PL PLRE 1QpHab RAC RE RGG RIC RPC SB SEG SP StV Syll.3 TAM Welles, RC ZDMG ZPE

Patrologia Latina Prosopography of the Later Roman Empire Qumran Papyri, Höhle 1, Habakkuk-Kommentar Reallexikon für Antike und Christentum Realenzyklopädie der Klassischen Altertumswissenschaft Die Religion in Geschichte und Gegenwart Roman Imperial Coinage Roman Provincial Coinage Sammelbuch griechischer Urkunden aus Ägypten Supplementum Epigraphicum Graecum Studia Pontica III, Recueil des inscriptions grecques et latines, Brüssel 1910 Die Staatsverträge des Altertums W. Dittenberger, Sylloge Inscriptionum Graecarum, 4 Bde., Leipzig 31915–1924 Tituli Asiae Minoris C. B. Welles, Royal Correspondence in the Hellenistic Period, Chicago 1974 Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik

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1. Keilschriftliche Quellen Amarna-Briefe (EA) Tafel 369 (engl. Übers. Izre’el in: Sasson 1995, Bd. 4, 2415)  35 mit 578 Anm. 55 Chicago Prism V–VI 47 mit 579 Anm. 91 Eisser – Lewy 1935, Nr. 303  270 mit 592 Anm. 261

Grayson 1972–1976, § 547  47 mit 579 Anm. 90 Grayson 1972–1976, § 549  47 mit 579 Anm. 90 Grayson 1972–1976, § 579  47 mit 579 Anm. 90 Lambert 1960, 143 (dt. Übers. Ebeling 1919, 50)  330, 331

2. Griechische, lateinische, mittelpersische, nabatäische, sabäische und syrische Inschriften, Münzen Année Épigraphique (AE) 1926, 79  27 mit 576 Anm. 12 Année Épigraphique (AE) 1931, 54  277 mit 593 Anm. 280 Année Épigraphique (AE) 1933, 204  271 mit 592 Anm. 265 Année Épigraphique (AE) 1968, 510  241 Année Épigraphique (AE) 1972, 598  27 mit 576 Anm. 12 Année Épigraphique (AE) 1984, 919  267 Année Épigraphique (AE) 1990, 1016  565 mit 610 Anm. 12 Année Épigraphique (AE) 1999, 1681  156 mit 585 Anm. 24 Année Épigraphique (AE) 2002, 1556  156 mit 585 Anm. 24 Bernand 1972, Nr. 9bis.  75 mit 581 Anm. 174 Bernand 1984, Nr. 103.  277 mit 593 Anm. 282 BMC Emp III 115  239 mit 590 Anm. 195 BMC Emp III 120  239 mit 590 Anm. 195 BMC Emp III 222  239 mit 590 Anm. 195 BMI III 539  372 mit 599 Anm. 150 Braund 1994, 213 f. mit Abb. 16  219 mit 590 Anm. 166

Braund 1994, 227 f. mit Abb. 17  218 mit 590 Anm. 165 Canali De Rossi 2004, Iscrizioni dello estremo oriente Greco 2004 (IK 65), Nr. 290–292  86 mit 582 Anm. 203 Canali De Rossi 2004, Iscrizioni dello estremo oriente Greco 2004 (IK 65), Nr. 322–386  86 mit 582 Anm. 203 CIG II 2758 V col. ii  6 346 CIIP I 1, 1  200, 339 CIIP I 1, 2  197 CIIP I 1, 9  201 CIIP I 1, 15  161, 339 CIIP I 2, 717  256 CIIP I 2, 734  325 CIIP IV 3572  340, 340 mit 596 Anm. 61 CIL II 7, 468  27 mit 576 Anm. 11 CIL VII 750  435 CIL VIII 18 052  27 mit 576 Anm. 12 CIL XVI App. Nr. 13  257 Diogenes von Oinoanda, Smith 1993, fr. 1–27  358 Diogenes von Oinoanda, Hammerstaedt – Smith 2014, 89: NF 157 = YF 217  359 mit 598 Anm. 111

662

Verzeichnis der zitierten Quellen Diogenes von Oinoanda, Hammerstaedt – Smith 2014, 102: NF 177 = YF 241  359 mit 598 Anm. 109 Diogenes von Oinoanda, Hammerstaedt – Smith 2014, 199: NF 211 = YF 270 + fr. 151 359 mit 598 Anm. 110 Drijvers 1972, Nr. 1  214 mit 589 Anm. 155, 283 mit 593 Anm. 292 Drijvers 1972, Nr. 2  283 mit 593 Anm. 291 I. Ephesos 1161 f.  346 I. Ephesos 1166  346 Fasti Ostienses a. 141  261 Hackl – Jenni – Schneider 2003, 394 f. Nr. X.008.01  93 mit 583 Anm. 226 Head, HN2 813  148 IAG 69  345 IGLSyr 4, 1490  521 IK Priene 14  129 mit 585 Anm. 1 IK Prusias 97  344 ILAfr 43  241 ILS 659  438 ILS 1041  241 ILS 1338  241 ILS 2724  325 ILS 2927  320 ILS 7756  335 ILS 8795  218 mit 590 Anm. 165 ILS 9005  27 mit 576 Anm. 12 ILS 9057  325 Johnson 1995, 131 Nr. 4.10  419 mit 602 Anm. 267 Johnson 1995, 145 Nr. 4.15  419 mit 602 Anm. 268 Koerner 1993, 332–338 Nr. 90  54 mit 579 Anm. 110 Lewis 1989, Nr. 16  260 mit 592 Anm. 237 Marek 1993c, 139 Nr. 13  267 mit 592 Anm. 251 MS I 132  304 MS I 314  372 mit 599 Anm. 150 MS II 231  329 mit 596 Anm. 34 MS II 242  344 MS II 260  344 MS II 310  346 MS II 380  344 MS II 387  350 MS III Nr. 182 f.  423

MS IV 420  350 MS V 47  239 mit 590 Anm. 197 Nebes 1999  50 mit 579 Anm. 99 Nebes 2004  550 mit 609 Anm. 180 Nebes 2005, 363–367  550 mit 609 Anm. 180 OGIS 54  494 OGIS 199  77, 494 OGIS 519  268 Petzl 1994, Nr. 5  336 mit 596 Anm. 50 R. gest. div. Aug. 26  493 mit 606 Anm. 74 R. gest. div. Aug. 27  27, 149 R. gest. div. Aug. 29  149 R. gest. div. Aug. 31, 1  150 Res gestae divi Saporis, ed. Kettenhofen (dt. Übers. Frye 1984, Appendix 4, 371–373)  299 RIC II 642  240 Robin 2019, 245  148 mit 585 Anm. 13 RPC III 2929  438 SEG 7, 138  277 SEG 7, 139  272 SEG 16, 781  219 mit 590 Anm. 166 SEG 26, 1392  269 mit 592 Anm. 259 SEG 26, 1813  496 SEG 32, 1601  496 SEG 35, 1483  220 mit 590 Anm. 168 SEG 44, 1351  439 Speidel 2016a, 288, § 61  333 mit 596 Anm. 44 StV IV 802  112 mit 584 Anm. 256 StV IV 809  69 mit 581 Anm. 155, 118 Syll.3 906B  414 mit 602 Anm. 257 TAM II 3, 910  384 TAM II 208  187 Welles, RC 20 Z. 5  85 mit 582 Anm. 198 Welles, RC 37 Z. 1  85 mit 582 Anm. 198 Welles, RC 61  100 Zehnder: in Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 359 Nr. 27  282 mit 593 Anm. 289 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 389 f. Nr. 7  276 mit 593 Anm. 277 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 393–395 Nr. 11  276 mit 593 Anm. 278 Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, Bd. 3, 400 f. Nr. 19  278 mit 593 Anm. 284

Verzeichnis der zitierten Quellen

3. Papyri Canali De Rossi 2004, Iscrizioni dello estremo oriente Greco 2004 (IK 65), Nr. 457–458  86 mit 582 Anm. 203 CMC 64, 8–65, 18  447 mit 604 Anm. 323 CMC 104, 11–105, 6  446 mit 604 Anm. 319 p. Hib I 84a  73 mit 581 Anm. 169 p. Lips. 26  333 mit 596 Anm. 42 p. Lips. 40  319, 336 mit 596 Anm. 49 p. Mich. 465  234 mit 590 Anm. 186 p. Mich. 466  234 mit 590 Anm. 186 p. Oxy. 413  347

p. Oxy. 413, vss. 68–70  347 p. Oxy. 413, vss. 195–208  347 p. Oxy. VI 903  336 mit 596 Anm. 48 p. Yadin 722  327 mit 596 Anm. 28 p. Yadin 723  327 mit 596 Anm. 28 p. Yadin 730  327 mit 596 Anm. 28 p. Yale I 61  321 p. Yale III 137  324 SB 7358  176 1QpHab i 6–15  115

4. Literarische Quellen a. Chinesisch

Hou Hanshu 後漢書. Zhonghua shuju-Edition Bd. 10, Faszikel 88A, Peking 31999, S. 2912  186

Shiji 史記. Zhonghua shuju-Edition Bd. 10, Faszikel 123, Peking 1959, S. 3162  186 Shiji 史記. Zhonghua shuju-Edition Bd. 10, Faszikel 123, Peking 1959, S. 3174  186

b. Armenisch und Syrisch Bardaiṣan, ed. Cureton 1855 (engl. Übers. ­Cureton 10)  284 mit 593 Anm. 295 Bardaiṣan ed. Cureton 1855 (engl. Übers. ­Cureton 27)  284 mit 593 Anm. 296 Bardaiṣan, ed. Cureton 1855 (engl. Übers. ­Cureton 30 f.)  284 mit 593 Anm. 294, 285 Chronik Edessa, ed. Hallier 1892, 86–88 281 CSCO, Script. Syr., ser. III 14 (1920); 15 (1917) 285 Doctrina Addai, ed. Howard 1981  287 Faustus 4, 55  490 Faustus 5, 32  491 Faustus 5, 34  491 Jakob von Serugh, Homilien 5, 87–112  346 mit 597 Anm. 74 Joshua Stylites, ed. Wright 1882, 8–9  497 Joshua Stylites, ed. Wright 1882, 9  499 Joshua Stylites, ed. Wright 1882, 21  491

Joshua Stylites, ed. Wright 1882, 34  351 Joshua Stylites, ed. Wright 1882, 46  351 Joshua Stylites, ed. Wright 1882, 48  532 Joshua Stylites, ed. Wright 1882, 71–81  533 Mara Bar Sarapion, ed. Cureton 1855 (dt. Übers. Schulthess 1897)  210, 211, 212 Mar Qardagh, ed. p. Bedjan, Acta Martyrum et Sanctorum Bd. 2, 1891, 442–506 (engl. Übers. Walker 2006)  350 mit 597 Anm. 76 Perlenlied, ed. Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 248–261, vs. 18  276 mit 593 Anm. 276, 291 mit 594 Anm. 305 Perlenlied, ed. Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 248–261, vs. 50  291 Perlenlied, ed. Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 248–261, vs. 63  15 mit 575 Anm. 1 Perlenlied, ed. Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 248–261, vs. 70  276 mit 593 Anm. 276

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Verzeichnis der zitierten Quellen Perlenlied, ed. Zehnder in: Hackl – Jacobs – Weber 2010, 248–261, vs. 73  291

Ps.-Sebeos p. 47 (engl. Übers. R. Bedrosian, Sebeos’ History, New York 1985)  492

c. Griechisch und Lateinisch (einschließlich Altes Testament) Agathias 2, 30  547 Aischylos, Pers. 745–750  20 Altes Testament 2 Chr 8, 4  270 mit 592 Anm. 262 Dt 33, 13  406 Esr 5, 4, 3 ff.  254 Esr 6, 3–5  46 Ex 13,21 f.  568 Ex 16, 7–13  406 Gn 1–3  443 Gn 1, 1–3, 30  470 Gn 1, 26  363 Gn 1, 27  362 Gn 3  569 Gn 4, 25  443 Gn 5, 3  443 Gn 11, 7–9  48 Gn 12, 4  117 Gn 23  406 Gn 25  406 Gn 25, 6  27 Gn 39, 7 ff.  478 Gn 49, 5  406 Jer 48, 21  313 Jos 4, 7  406 Jos 6, 1–20  44 Jos 13, 18  313 Jos 21, 37  313 1 Kg 6  44 mit 579 Anm. 85 1 Kg 7, 13–51  44 mit 579 Anm. 85 1 Kg 9, 15–19  270 mit 592 Anm. 262 1 Kg 19, 13  569 1 Makk 5, 26  234 1 Makk 5, 28  234 2 Makk 3, 1–3  91 2 Makk 4, 9 ff.  91 2 Makk 11, 23–31  92 mit 583 Anm. 221 Ps 94, 4  483 Ps 97, 7  465 Ammianus 14, 2, 9  460 Ammianus 14, 4  458

Ammianus 14, 6, 3  569 Ammianus 14, 7, 5 f.  460 Ammianus 14, 8, 7  457 Ammianus 14, 8, 9  457 Ammianus 14, 8, 13  457 Ammianus 17, 5, 3–8  460 Ammianus 17, 6, 15  461 Ammianus 18, 5, 1–3  461 Ammianus 18, 9–19, 9  461 Ammianus 18, 9, 3 f.  461 Ammianus 19, 1, 1–3  461 Ammianus 19, 2, 7  462 Ammianus 20, 6, 1–7, 7  463 Ammianus 20, 11, 5  463 Ammianus 22, 3–4  464 Ammianus 22, 10, 7  482 mit 606 Anm. 49 Ammianus 22, 11, 3–8  506 Ammianus 22, 16, 1–6  459 Ammianus 22, 16, 17–18  383 Ammianus 23, 3, 9  466 Ammianus 23, 5, 3  301 Ammianus 23, 5, 16  466 Ammianus 24, 1, 6–10  467 Ammianus 24, 2, 9–22  467 mit 605 Anm. 23 Ammianus 24, 3, 9  466 Ammianus 24, 4, 6–27  467 Ammianus 24, 5, 1 f.  467 mit 605 Anm. 24 Ammianus 25, 1, 12  296 f. Ammianus 25, 3  468 mit 605 Anm. 25 Ammianus 25, 9  470, 471 Ammianus 25, 10, 5  471 Ammianus 25, 10, 12 f.  471 Ammianus 27, 12  489 Ammianus 27, 12, 6  490 Ammianus 27, 12, 10  490 Ammianus 27, 12, 13  490 Ammianus 27, 12, 15  490 Ammianus 27, 12, 16  491 Ammianus 30, 1  491 Ammianus 31, 3, 5  458

Verzeichnis der zitierten Quellen Anaximandros von Milet, ed. Gemelli Mar­ ciano I 3  55 Anaximandros von Milet, ed. Gemelli Mar­ ciano I 5  56 Anonymus von Kyzikos, h.e. 2, 32, 4  455 Anonymus von Kyzikos, h.e. 2, 32, 15 f.  455 Appian, civ. 5, 9, 37 f.  270 Appian, Mithr. 2  101 Appian, Mithr. 22 f.  107 mit 584 Anm. 246 Appian, Mithr. 101  486 Appian, Syr. 57  87 Apollonios Molon, FGrHist 728 F 1  154 Apollonios Molon, FGrHist 728 F 3  154 Apuleius, met. 1, 1  352 Apuleius, met. 8, 25, 3  437 Archilochos Fr. 227 West 25 Aristeides, ed. Keil or. 19, 1  265 mit 592 Anm. 245 Aristeides, ed. Keil or. 26  324 Aristeides, ed. Keil or. 42, 14  265 mit 592 Anm. 245 Aristeides, ed. Keil or. 45, 22–24  435 Aristophanes, Av. 143 f.  19 Aristoteles, pol. A 1252–1255  20 mit 575 Anm. 14 Aristoteles, pol. A 1252b 9  330 Arnobius 5, 14  437 Arrian, an. 3, 1–2, 3  72 mit 581 Anm. 165 Arrian, an. 6, 9, 1–11, 2  66 mit 580 Anm. 144 Arrian, an. 7, 1, 5  86 mit 582 Anm. 202 Arrian, an. 7, 2  86 mit 582 Anm. 202 Arrian, Ind. 15, 1  86 mit 582 Anm. 202 Arrian, Ind. 15, 8  86 mit 582 Anm. 202 Arrian, Ind. 15, 9  86 mit 582 Anm. 202 Arrian, Ind. 29, 16  86 mit 582 Anm. 202 Arrian, Ind. 30, 2–9  86 mit 582 Anm. 202 Arrian, per. p. E. 11, 2  239 mit 590 Anm. 195 Artemidor 3, 67  162 mit 586 Anm. 40 Athanasios, ad Const. 31, PG XXV 636  496 Athanasios, vita Antonii 14, 7  569 Athenaios 1, 22d  80 Athenaios 5, 197c9–203b7  76 Athenaios 14, 652 f.  86 Athenaios 15, 697b–c  342 Augustinus, civ. 18, 52  482 mit 606 Anm. 49 Augustinus, conf. 8, 5  482 mit 606 Anm. 49

Aurelius Victor, Caes. 13, 6  269 mit 592 Anm. 259 Aurelius Victor, Caes. 38, 4–6  304 Aurelius Victor, epit. Caes. 38, 2  304 Basileios, ad adulescentes 3, 2  483 Basileios, epist. 2  477 Basileios, epist. 14  474 Basileios, epist. 18  477 Basileios, epist. 46  478 Basileios, epist. 223, 2  477 Basileios, homiliae in hexaemeron 1, 9  483 Basileios, homiliae in hexaemeron 8, 2  483 Basileios, in principio proverborum 12, 6 – PG 31, 397  483 Cassius Dio 40, 13, 1–2  117 Cassius Dio 51, 15, 5  127 mit 584 Anm. 273 Cassius Dio 51, 16, 4  355 mit 597 Anm. 95 Cassius Dio 51, 16, 4–5  127 Cassius Dio 51, 20, 7  130 Cassius Dio 52, 43, 1  152 Cassius Dio 54, 5, 4 f.  493 mit 606 Anm. 74 Cassius Dio 54, 9, 2  152 Cassius Dio 57, 18, 5a  154 Cassius Dio 60, 8, 1  211 mit 589 Anm. 152 Cassius Dio 60, 9  26 mit 576 Anm. 4 Cassius Dio 65, 15, 3  218 Cassius Dio 68, 14, 5  224 Cassius Dio 68, 18, 2 ff.  239 mit 590 Anm. 195 Cassius Dio 68, 21, 3  280 Cassius Dio 68, 24 f.  239 mit 590 Anm. 198 Cassius Dio 68, 29, 1  241 Cassius Dio 68, 30, 1 ff.  241 mit 591 Anm. 203 Cassius Dio 68, 30, 3  241 mit 591 Anm. 204 Cassius Dio 68, 31, 3  242 Cassius Dio 69, 1, 2  248 Cassius Dio 69, 12–14  256 Cassius Dio 69, 13, 2  255 Cassius Dio 69, 14, 1  256 Cassius Dio 71, 2  262 Cassius Dio 71, 3  264 Cassius Dio 71, 14  264 Cassius Dio 72, 22 f.  264 Cassius Dio 72, 25  264 Cassius Dio 72, 29  349 Cassius Dio 72, 31  265 Cassius Dio 74, 6 f.  266 mit 592 Anm. 246

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Verzeichnis der zitierten Quellen Cassius Dio 74, 7  266 mit 592 Anm. 247 Cassius Dio 74, 10–14  267 Cassius Dio 75, 3, 2–3  268 Cassius Dio 75, 9, 6  241 mit 591 Anm. 204 Cassius Dio 76, 9–12  267 mit 592 Anm. 253 Cassius Dio 77, 12  268 Cassius Dio 77, 17, 3–4  321 Cassius Dio 78, 39  268 Chronica minora II 102  351 Cicero, prov. 10  330 mit 596 Anm. 36 Cod. Iust. 1, 11, 7  501 Cod. Iust. 1, 11, 10  547 Cod. Iust. 10, 54, 1  344 mit 597 Anm. 68 Cod. Theod. 3, 7, 2  497 Cod. Theod. 4, 7, 5  497 Cod. Theod. 9, 40, 2  430 mit 603 Anm. 286 Cod. Theod. 9, 40, 8  430 mit 603 Anm. 286 Cod. Theod. 13, 3, 5  469, 482 Cod. Theod. 13, 3, 16–17  508 mit 607 Anm. 103 Cod. Theod. 13, 5, 7  315 mit 595 Anm. 341 Cod. Theod. 15, 1, 19  498 Cod. Theod. 16, 1, 2  497 Cod. Theod. 16, 2, 42, 2  509 Cod. Theod. 16, 5, 6  497 Cod. Theod. 16, 5, 9  497 Cod. Theod. 16, 5, 11  497 Cod. Theod. 16, 5, 13  497 Cod. Theod. 16, 5, 18  497 Cod. Theod. 16, 5, 65  501 Cod. Theod. 16, 8, 22  507 mit 607 Anm. 100 Cod. Theod. 16, 10, 7  497 Cod. Theod. 16, 10, 10–12  498 Cod. Theod. 16, 10, 12  497 Cod. Theod. 16, 10, 19  498 Conciliorum oecumenicorum decreta, ed. Alberigo 86 f.  513 mit 608 Anm. 122 Cyprian ep. 75, 10  475 Damaskios fr. 102  509 Dexippos, FGrHist 100 F 29  304 Digesten 1, 5  331 Digesten 1, 5, 5, 1  332 mit 596 Anm. 38 Digesten 1, 17, 1  170 Digesten 48, 8, 11  257 Digesten 50, 1, 1, 2  112 Diodor 2, 1, 4–2, 20  388 Diodor 10, 19, 5  20 mit 575 Anm. 15

Diodor 12, 10, 7  162 mit 586 Anm. 40 Diodor 17, 52, 3  162 mit 586 Anm. 40 Diodor 19, 94–100  92 Diodor 40, 4  116 mit 584 Anm. 261 Diogenes Laertius 1, 3  354 Diogenes Laertius 3, 98  414 Diogenes Laertius 6, 41  354 Diogenes Laertius 6, 74  331 Dion Chrys, or. 1–4  356 Dion Chrys, or. 6  356 Dion Chrys. or. 10  356 Dion Chrys. or. 14  356 Dion Chrys. or. 15  331, 356 Dion Chrys. or. 19, 5  346 Dion Chrys. or. 23  356 Dion Chrys. or. 24  356 Dion Chrys. or. 28–29  349 Dion Chrys. or. 32  174 Dion Chrys. or. 32, 29  175 Dion Chrys. or. 32, 35–36  177 Dion Chrys. or. 32, 40  184 Dion Chrys. or. 32, 51  175 Dion Chrys. or. 32, 69–72  175 Dion Chrys. or. 34, 14  253 Dion Chrys. or. 45, 12 f.  322 Dion Chrys. or. 53, 6  184 Dion Chrys. or. 56  356 Dion Chrys. or. 62  356 Dion Chrys. or. 70  356 Dion Chrys. or. 71  356 Dion Chrys. or. 79  356 Dioskurides 1, 12  181 mit 588 Anm. 94 Dioskurides 1, 16  182 mit 588 Anm. 97 Egeria, Itinerarium 19, 2  289 Epiktet 4, 7, 6  441 Epiphanios, haer. 48, 14, 2  442 Epiphanios, haer. 49, 1, 3  441 Epiphanios, haer. 51, 32 f.  442 Euagrius, h.e. 1, 13  526 Euagrius, h.e. 1, 15  375 mit 599 Anm. 162 Eucherios von Lyon, de laude eremi, PL 50, 703 f.  569 Eunapios, vit. soph. 6,6,6–7  508 mit 607 Anm. 107 Eunapios, vit. soph. 456  366 Euripides, Hec. 1199  20 mit 575 Anm. 14

Verzeichnis der zitierten Quellen Euripides, Hel. 276  20 mit 575 Anm. 14 Euripides, Iph. A. 1387  20 mit 575 Anm. 14 Euripides, Iph. A. 1400  20 mit 575 Anm. 14 Eus., HE 1, 1  380 Eus., HE 1, 13  287 Eus., HE 2, 4  362 Eus., HE 2, 16  171 Eus., HE 2, 17  361 Eus., HE 3, 22  165 Eus., HE 3, 28 f.  433 mit 603 Anm. 293 Eus., HE 3, 36, 2–15  165 Eus., HE 4, 2, 3  241 mit 591 Anm. 203 Eus., HE 4, 14  440 Eus., HE 4, 16  429 Eus., HE 4, 18  360 Eus., HE 4, 26  360 Eus., HE 5, 13, 4  440 Eus., HE 5, 16  442 Eus., HE 5, 16, 22  442 Eus., HE 5, 18, 2  441 mit 603 Anm. 304 Eus., HE 5, 27  357 Eus., HE 6, 1  364 Eus., HE 6, 2  364 Eus., HE 6, 13  363 Eus., HE 6, 19  364 Eus., HE 6, 25  159 mit 585 Anm. 28 Eus., HE 6, 34  300 Eus., HE 6, 36  365 Eus., HE 6, 39 ff.  300, 429 Eus., HE 6, 41, 10 ff.  429 mit 603 Anm. 282 Eus., HE 7, 27–30  453 Eus., HE 7, 30  453 Eus., HE 7, 31  448 Eus., HE 8, 2 ff.  429 mit 603 Anm. 285 Eus., HE 8, 3  430 Eus., HE 8, 6  430 Eus., HE 8, 9  431 Eus., HE 8, 12  430 Eus., HE 8, 17  448 Eus., HE 9, 9  448 Eus., HE 10, 5  449 Eus., HE 10, 9  314 Eus., On. ed. E. Klostermann, Eusebius Werke, Band 3.1: Das Onomastikon (Die griechischen christlichen Schriftsteller 11.1.), Leipzig 1904, 128, 21–23  313 mit 594 Anm. 339

Eus., Pr. Ev. 5  360 mit 598 Anm. 117 Eus., Pr. Ev. 6  360 mit 598 Anm. 117 Eus., vita Const. 3, 8  455 Eus., vita Const. 3, 50  516 Eus., vita Const. 4, 18–20  449 Eutropius 8, 3, 1  239 mit 590 Anm. 195 Eutropius 8, 3, 2  241 mit 591 Anm. 202 Eutropius 9, 25  305 Expositio totius mundi 37  506 Florus 1, 40, 31  111 Florus 2, 34  185 Fronto, principia historiae 11  244 Galen, de antidotis, vol. 14, p. 65  386 Galen, de praecognitione, vol. 14, p. 612 f.  385 Galen, de praecognitione, vol. 14, p. 629  386 Galen, de praecognitione, vol. 14, p. 647  386 Galen, de praecognitione, vol. 14, p. 649 f.  386 Galen, de praecognitione, vol. 14, p. 655 f.  386 Galen, Kommentar zu Hippokrates, Epid III, ed. Kühn Bd. 17 p. 606  83 mit 582 Anm. 193 Gregor von Nazianz, de vita sua 439–445  480 Gregor von Nazianz, de vita sua 502–517  480 Gregor von Nazianz, epist. 24, 1  358 Gregor von Nazianz, or. 2, 87  480 Gregor von Nazianz, or. 4  480 Gregor von Nazianz, or. 4, 1 f.  480 Gregor von Nazianz, or. 4, 5 f.  482 Gregor von Nazianz, or. 5  480 Gregor von Nazianz, or. 15, 5  479 Gregor von Nazianz, or. 15, 12  479 Gregor von Nazianz, or. 43, 23, 4–6  482 Gregor von Nyssa, de virg. 3, 1  481 Gregor von Nyssa, vita sanctae Macrinae 3  476 Gregor von Nyssa, vita sanctae Macrinae 6  476 HA Aur. 9, 4  263 HA Aur. 26, 4  265 HA Aur. 26, 9  265 HA Car. 8–9, 1  304 HA Gord. 26, 6–27, 3  300 mit 594 Anm. 315 HA Hadr. 13, 8  244 HA Hadr. 14, 8 ff.  248 HA Hadr. 18, 7–9  335 HA Hadr. 22, 7  249 HA Heliog. 3, 4 f.  294 HA Heliog. 18, 4–34, 7  295 HA Pesc. 5, 3 ff.  266 mit 592 Anm. 246

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Verzeichnis der zitierten Quellen HA Pius 9, 6  261 HA Pius 9, 7  244 HA Pius 9, 10  261 mit 592 Anm. 241 HA Sept. Sev. 8, 6 ff.  266 mit 592 Anm. 246 HA Sept. Sev. 15 f.  267 mit 592 Anm. 253 HA Sept. Sev. 17, 1  258 HA Ver. 7, 7  263 Hekataios, FGrHist 1, F 36  25 mit 576 Anm. 3 Hekataios, FGrHist 1, F 37–369  25 mit 576 Anm. 3 Heraklit, ed. Gemelli Marciano I 40  56 Hermas, vis. 3, 6, 5–7  418 mit 602 Anm. 266 Herodian. 2, 8, 1–8  265 Herodian. 3, 2  266 mit 592 Anm. 246 Herodian. 3, 2, 4  265 Herodian. 3, 3, 3  253 Herodian. 3, 9  267 mit 592 Anm. 253 Herodian. 5, 2, 4  348 Herodian. 5, 5, 9  294 Herodian. 5, 6, 7  295 Herodian. 6, 2, 2–4  297 Herodot 1, 1–5  20 Herodot 1, 4  20 Herodot 1, 153  562 Herodot 2, 15–17  26 Herodot 2, 99  33 Herodot 3, 41  179 Herodot 3, 93  89 mit 583 Anm. 218 Herodot 3, 94  90 Herodot 4, 1–3  331 Herodot 4, 8  27 Herodot 4, 42  26 Herodot 4, 42–43  26 Herodot 4, 44  26 Herodot 4, 45 25,  25 mit 576 Anm. 2 Herodot 7, 73  90 Herodot 7, 79  90 Herodot 8, 98  220 Hesiod, Fr. 165 Z. 11 Merkelbach – West  25 Hesiod, theog. 357  25 mit 575 Anm. 2 Hieronymus, Chronik ed. Helm vol. 7 /1 p. 179  165 mit 586 Anm. 46 Hieronymus, vir. ill. 5  166 Hieronymus, vir. ill. 88  504 Hieronymus, vir. ill., PL 23, 607  165 mit 586 Anm. 46

Hippolytos, refutatio omnium haeresium 8,19  442 Horaz, carm. 1, 29, 1–5  133 Horaz, carm. 1, 37  127 Horaz, carm. 3, 3, 42–44  133 Horaz, carm. 3, 8, 19  133 Ilias 2, 461  25 Ilias 2, 867  19 Ilias 14, 321  25 mit 575 Anm. 2 Ilias 20, 498–502  47 Ioh. Chrys. PG 57, 79  237 Ioh. Mal. 9, 5  162 Ioh. Mal. 10, 8  162 Ioh. Mal. 10, 15  163 Ioh. Mal. 461–465  536 Irenaeus, haer. 1 praef.  442 Irenaeus, haer. 1–8  442 Irenaeus, haer. 1, 23, 1 f.  166 Irenaeus, haer. 1, 25, 6  166 Irenaeus, haer. 11, 1  442 Isokrates, panegyrikos 150–153  21 Iulian, contra Heraclium 216A  469 Iulian, epist. 10  506 Iulian, epist. 12  367 Iulian, epist. 61c  482 Iulian, epist. 89b, Z. 354–357  358 Iust. 40, 2, 2–5  112 mit 584 Anm. 255 Iust. Mart. 1 apol. 31  258 Josephos, ant. Iud. 6, 353 ff.  202 Josephos, ant. Iud. 8, 6, 1  270 mit 592 Anm. 262 Josephos, ant. Iud. 12, 147–153  87 Josephos, ant. Iud. 14  113 Josephos, ant. Iud. 14, 5, 3–4  113 Josephos, ant. Iud. 14, 80 f.  222 Josephos, ant. Iud. 14, 381–385  122 Josephos, ant. Iud. 16, 27–65  154 Joesphos, ant. Iud. 16, 148 f.  162, 162 mit 586 Anm. 40 Josephos, ant. Iud. 17, 250–298  156 Josephos, ant. Iud. 18, 55  195 Josephos, ant. Iud. 18, 63 f.  160 Josephos, ant. Iud. 18, 116–119  203 Josephos, ant. Iud. 19, 5, 1  211 mit 589 Anm. 152 Josephos, ant. Jud. 19, 8, 2  177 mit 587 Anm. 80 Josephos, ant. Iud. 20, 1–2  189 Josephos, ant. Iud. 20, 128–136  190

Verzeichnis der zitierten Quellen Josephos, bell. Iud. 1,159  222 Josephos, bell. Iud. 2, 1–100  156 Josephos, bell. Jud. 2, 16, 4  177 mit 587 Anm. 80 Josephos, bell. Iud. 2, 169 f.  195 Josephos, bell. Iud. 2, 237 f.  190 Josephos, bell. Iud. 2, 241–246  190 Josephos, bell. Iud. 2, 284–292  197 Josephos, bell. Iud. 2, 365 f.  254 Josephos, bell. Iud. 2, 409–416  197 Josephos, bell. Iud. 2, 417–498  197 Josephos, bell. Iud. 2, 499–555  197 Josephos, bell. Iud. 3, 29  162 Josephos, bell. Iud. 3, 68  223 Josephos, bell. Iud. 3, 161–408  198 mit 589 Anm. 134 Josephos, bell. Iud. 5  201 Josephos, bell. Iud. 5, 193 f.  197 Josephos, bell. Iud. 6  201 Josephos, bell. Iud. 6, 201–213  202 Josephos, bell. Iud. 7, 7, 1  222 Josephos, bell. Iud. 7, 45  163 Josephos, bell. Iud. 7, 163–189  203 Josephos, bell. Iud. 7, 219–243  208, 215 Josephos, bell. Iud. 7, 244–251  218 Josephos, bell. Iud. 7, 306 f.  205 Josephos, bell. Iud. 18, 190–209  204 Juvenal 15, 1–13  36 Juvenal 15, 51–58  173 Juvenal 15, 72–83  173 Juvenal 16  326 Kelsos 4, 74  363 Kelsos 6, 63  362 Konon, FGrHist 26 F 1, 24  402 Konstantin Porphyrogennetos, de thematibus 17  329 Kosmas Indikopleustes, topographia christiana 11, 13  514 Kyrill, Contra Iul. 3, 37, 29 Riedweg  470 Kyrill, Contra Iul. 7 Riedweg  510 Lactantius, mort. pers. 4  429 Lactantius, mort. pers. 7, 4  305, 309 Lactantius, mort. pers. 7, 6 f.  309 Lactantius, mort. pers. 7, 7  309 Lactantius, mort. pers. 7, 9  309 Lactantius, mort. pers. 10 ff.  429 mit 603 Anm. 285

Lactantius, mort. pers. 34–35, 1  448 Lactantius, mort. pers. 48, 2 ff.  449 Libanios, or. 11  373, 520 Libanios, or. 12, 58  464 Libanios, or. 15, 16  516 Libanios, or. 17  372 Libanios, or. 18  372 Libanios, or. 18, 227 f.  467 mit 605 Anm. 23 Libanios, or. 18, 243  467 mit 605 Anm. 24 Libanios, or. 18, 268–275  468 mit 605 Anm. 25 Libanios, or. 18, 274  468 Libanios, or. 18, 306  470, 471 Libanios, or. 24, 6–8  468 mit 605 Anm. 25 Libanios, or. 24, 6 f.  468 Libanios, or. 30  373 Libanios, or. 31, 11  333 Libanios, or. 45  373 Libanios, or. 50  373 Libanios, or. 59  373 Liber Praedestinatus 1, 27  442 Livius 9, 17–18, 3  68 Livius 35, 23, 10  97 Livius 36, 17, 5  330 mit 596 Anm. 36 Livius 37, 39, 7–13  97 Livius 39, 51  98 Lukian, Alex. 27  262 Lukian, Anach. 12  349 Lukian, Anach. 14  349 Lukian, Bis Acc. 25  392 Lukian, Bis Acc. 27  392 Lukian, Bis Acc. 30  392 Lukian, Electrum 2  393 Lukian, Lex. 20–25  394 Lukian, Peregr. 11  416 mit 602 Anm. 259 Lukian, Peregr. 14  428 Lukian, Peregr. 18–19  428 Lukian, Peregr. 41  416 mit 602 Anm. 260 Lukian, Peregr. 43  393 Lukian, Quomodo historia conscribenda sit 15, FGrHist Nr. 208  378 Lukian, Rh. Pr. 8  392 Lukian, Rh. Pr. 11  369 Lukian, salt. 79  346 Lukian somn. 1, 11  392 Lukian, somn. 11  393 Lukian, Syr. D. 22  435

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Verzeichnis der zitierten Quellen Lukian, Syr. D. 28 f.  435, 523 Lukian, Syr. D. 30–32  435 f. Lukian, verae historiae 4  394 Manetho von Sebennytos Fr. 6,1  34 mit 577 Anm. 49 Manetho von Sebennytos Fr. 7,1  34 mit 577 Anm. 49 Marc Aurel 8, 37  262 Marc Aurel 11, 3  441 Marinos, Vita Procli 28  508 mit 607 Anm. 106 Martial 1, 34, 8  342 Martial 3, 93, 14 f.  342 Martyrium Pionii 19, 10–13  429 mit 603 Anm. 284 Mela 1, 11  185 Meleagros, Anth. Gr. 7, 417  391 Menander Protector fr. 11 M  485, 539 Mimnermos Fr. 2 West  57 Mimnermos Fr. 5 West  58 Minucius Felix 8, 4–9, 2  427 Nepos Hann. 13, 2  98 Neues Testament und Neutestamentliche ­Apokryphen Acta Thomae, ed. M. Bonnet, Acta apostolorum apocrypha, vol. 2.2, Leipzig 1903 (ND Hildesheim 1972), 129  571 mit 610 Anm. 20 Apg 2, 5–11  201 Apg 2, 9 f.  475 Apg 2, 44–47  417 Apg 4, 32–35  417 Apg 5, 15, 2  162 mit 586 Anm. 40 Apg 6, 6  164 Apg 8  406 Apg 8, 9 ff.  164 Apg 9, 1–2  166 Apg 9, 3–19  166 Apg 11, 19–30  163 Apg 13, 4–12  166 Apg 15, 1–35  164 Apg 15, 1  163 Apg 19, 35–38  168 Apg 21, 21  190 Apg 23, 6  166 Apg 25, 19  191 Apk 2, 6  433 mit 603 Anm. 293

Apk 2, 15  433 mit 603 Anm. 293 Apk 3, 7–13  76 Apk 11, 8, 2  162 mit 586 Anm. 40 Apk 21, 10  441 Apk 21, 21, 3  162 mit 586 Anm. 40 Gal 1, 9  168 Gal 2, 1–10  164 Gal 2, 11–14  164 Jo 2, 13 ff.  160 Jo 4, 5  406 Jo 6, 4 ff.  160 Jo 7, 2  160 Jo 8, 6  159 mit 585 Anm. 30 Jo 11, 55  161 Jo 14, 16 f.  441 Jo 14, 26  441 Jo 19, 19 f.  161, 339 1 Kor 8, 1  166 mit 586 Anm. 49 1 Kor 8, 6–7  166 mit 586 Anm. 49 Lk 2, 1  156 Lk 3  406 Lk 8, 1–3  159 Lk 13, 26, 3  162 mit 586 Anm. 40 Lk 14, 21, 3  162 mit 586 Anm. 40 Lk 14, 26  417 Lk 23, 2  161 Mk 5, 20  112 Mk 6, 3  158 Mk 7, 31  112 Mk 11, 12–18  161 Mt 2, 1  27 Mt 3  406 Mt 3, 7  157 Mt 4, 1–3  568 Mt 4, 25  112 Mt 10, 35–37  417 Mt 12, 19, 2  162 mit 586 Anm. 40 Mt 12, 34  157 Mt 19, 21  504 Mt 19, 29  417 Mt 23, 8  416 mit 602 Anm. 261 Mt 24,27  570 Mt 26, 40 f.  410 1 Petr 2, 18  337 Phil 3, 5  166 1 Tim 6  337

Verzeichnis der zitierten Quellen 1 Tim 6, 17  419 1 Tim 6, 20  166 mit 586 Anm. 49 2 Tim 4, 8  350 Not. dign. or. 2, 47  491 Not. dign. or. 37  459 Not. dign. or. 38  491 Not. dign. or. 38, 15  491 Origenes, contra Celsum 7, 9  440 Origenes, ep. 2, 1  482 Oros., hist. 7, 12, 6 f.  241 mit 591 Anm. 203 Ovid, met. 6, 317–381  426 Pall., dialogus de vita S. Ioannis Chrysostomi 9 500 Passio Athenogenis 1, Maraval  432 mit 603 Anm. 288 Passio Athenogenis 23–24, Maraval  432 mit 603 Anm. 289 Pauli sententiae 5, 22, 3 f.  257 mit 592 Anm. 234 Pausanias 6, 26, 6  185 mit 588 Anm. 106 Pausanias Fr. 5  162 peripl. m. r. 4 f.  494 peripl. m. r. 23  149, 549 peripl. m. r. 26 149, 149  mit 585 Anm. 14 peripl. m. r. 48  179 peripl. m. r. 56  179 mit 587 Anm. 83 peripl. m. r. 64  185 peripl. m. r. 118  181 mit 587 Anm. 90 Petronius 111 f.  342 Petros Patrikios fr. 13 f.  305, 564 mit 610 Anm. 11 Phil., de virtutibus 51  415 Phil., in Flaccum 4, 17  173 Phil., legatio ad Gaium 299–305  195 Philostorgios 2, 6  549 Philostorgios 2, 14–15  454 Philostorgios 3, 4–6  549 Philostratos, soph. 480  369 Philostratos, soph. 481  368 Philostratos, soph. 512 f.  373 Philostratos, soph. 516  371 Philostratos, soph. 520  222, 370 Philostratos, soph. 534 f.  370 Philostratos, soph. 557  370 Philostratos, soph. 563  264 Philostratos, soph. 566  371 mit 599 Anm. 143 Philostratos, soph. 577–583  265 mit 592 Anm. 245

Philostratos, soph. 577  370 Philostratos, soph. 582 f.  370, 371 Philostratos, soph. 585–590  372 Philostratos, soph. 593  334 Philostratos, soph. 594  372 Philostratos, soph. 599  371 mit 599 Anm. 143 Philostratos, soph. 604  371 mit 599 Anm. 143 Philostratos, soph. 605  370 Philostratos, soph. 606 f.  371 Philostratos, soph. 613  370, 371 Philostratos, soph. 615  371 mit 599 Anm. 143 Philostratos, soph. 621 f.  371, 371 mit 599 Anm. 143 Philostratos, soph. 624  353 Philostratos, soph. 625 f.  373 Philostratos, soph. 627  371 Photios, bibliotheke 94  389 Photios, bibliotheke 111b  394 Photios, bibliotheke 166  389 Pindar, p. 9, 10  25 PL 23 col. 0059–0086D  505 mit 607 Anm. 95 PL 23 col. 0059–0086D 31  505 PL 23 col. 0059–0086D 22  505 PL 23 col. 0059–0086D 42  505 PL 23 col. 0059–0086D 52  505 Platon, Alkibiades 122a  61 Platon, Menexenos 239d  20 mit 575 Anm. 14 Plinius d. Ä., nat. 1,7–10  182 Plinius d. Ä., nat. 5, 14  26 mit 576 Anm. 4 Plinius d. Ä., nat. 5, 15, 73  157 Plinius d. Ä., nat. 5, 70  199 Plinius d. Ä., nat. 5, 78  152 Plinius d. Ä., nat. 6, 104  549 Plinius d. Ä., nat. 6, 161  142 Plinius d. Ä., nat. 6, 181  493 mit 606 Anm. 74 Plinius d. Ä., nat. 7, 97 f.  116 mit 584 Anm. 261 Plinius d. Ä., nat. 12, 11  25 mit 575 Anm. 2 Plinius d. Ä., nat. 12, 43–44  182 Plinius d. Ä., nat. 12, 70  181 mit 587 Anm. 90 Plinius d. Ä., nat. 13, 14  181 Plinius d. Ä., nat. 14, 107  181 Plinius d. Ä., nat. 34, 49  213 Plinius d. Ä., nat. 37, 62  179 mit 587 Anm. 84 Plinius d. Ä., nat. 37, 76  179 mit 587 Anm. 84 Plinius d. Ä., nat. 37, 86–89  179 Plinius d. Ä., nat. 37, 92  179 mit 587 Anm. 84

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Verzeichnis der zitierten Quellen Plinius d. J., epist. 1, 10  320 Plinius d. J., epist. 2, 3  373 Plinius d. J., epist. 3, 11  320 Plinius d. J., epist. 6, 12  320 mit 595 Anm. 11 Plinius d. J., epist. 6, 16  320 Plinius d. J., epist. 6, 20  320 Plinius d. J., epist. 7, 16  320 Plinius d. J., epist. 7, 31  320 Plinius d. J., epist. 10, 18  322 Plinius d. J., epist. 10, 19  332 Plinius d. J., epist. 10, 65  337 Plinius d. J., epist. 10, 74  333 Plinius d. J., epist. 10, 96  168, 214, 323, 419, 428 Plinius d. J., epist. 10, 96, 7  421 Plinius d. J., epist. 10, 98  162 mit 586 Anm. 40 Plinius d. J., epist. 10, 114  112 Plinius d. J., epist. 10, 117  323 Plinius d. J., epist. 10, 118  343 Plinius d. J., paneg. 14  238 Plutarch, Antonius 26  120 Plutarch, Antonius 80, 1  355 mit 597 Anm. 95 Plutarch, Crassus 16 ff.  117 mit 584 Anm. 263 Plutarch, Crassus 21, 6  117 Plutarch, Lucullus 27, 4  109 Plutarch, Pompeius 39, 2  112 Plutarch, Pompeius 40  115 Plutarch, Pompeius 41, 3  110 Plutarch, Pompeius 45  116 Plutarch, Sulla 5, 4–6  106 Plutarch, symp. 2, 5, 2  343 Polybios 3, 2, 8  96 Polybios 5, 104, 10 f.  97 Polybios 15, 20  96 Polybios 16, 1, 9  96 Polybios 18, 21–32  96 Polybios 18, 22, 8  19 mit 575 Anm. 11 Polybios 26, 1, 1–14  101 Polybios 29, 27, 5  98 Polybios 30, 25 f.  101 Porphyrios, adv. Christ. Fr. 72T Becker  367 Porphyrios, de abstinentia 4, 17  284 Porphyrios, vit. Plot. 1, 1  366 Porphyrios, vit. Plot. 9  508 mit 607 Anm. 108 Porphyrios, vit. Plot. 14, 20–25  365 Prokopios, aed. 2, 1, 4–2, 21  544 Prokopios, aed. 2, 5, 2–11  544

Prokopios, aed. 2, 6, 1–11  544 Prokopios, aed. 2, 7  544 Prokopios, aed. 2, 8, 8–15  544 Prokopios, aed. 2, 9, 3–9  544 Prokopios, aed. 2, 10–11  543 Prokopios, aed. 2, 10, 15–18  517 Prokopios, aed. 2, 10, 22–24  519 Prokopios, aed. 2, 11, 10–12  303 Prokopios, aed. 3, 4  543 Prokopios, aed. 3, 4, 12  451 Prokopios, aed. 3, 4, 15–19  217 Prokopios, aed. 3, 7  543 Prokopios, aed. 5, 6, 1–26  451, 544 Prokopios, BP 1, 2, 15  535 Prokopios, BP 1, 3, 2–7  530 Prokopios, BP 1, 5, 5  531 Prokopios, BP 1, 7  532 Prokopios, BP 1, 7, 5–11  532 Prokopios, BP 1, 7, 17–19  532 Prokopios, BP 1, 8  533 Prokopios, BP 1, 9  533 Prokopios, BP 1, 10, 13–17  544 Prokopios, BP 1, 11, 8  535 Prokopios, BP 1, 11, 24–30  535 Prokopios, BP 1, 12, 3  487 Prokopios, BP 1, 13, 1–8  535 Prokopios, BP 1, 13, 30–39  536 Prokopios, BP 1, 17, 36 f.  547 Prokopios, BP 1, 17, 47  546 Prokopios, BP 1, 18  536 Prokopios, BP 1, 20  550 Prokopios, BP 1, 22  536 Prokopios, BP 1, 26, 3  536 Prokopios, BP 2, 1, 1  536 Prokopios, BP 2, 1, 12 f.  547 Prokopios, BP 2, 3  492 Prokopios, BP 2, 4, 21  547 Prokopios, BP 2, 5–9  536 Prokopios, BP 2, 5, 6  302 Prokopios, BP 2, 8 f.  537 Prokopios, BP 2, 10, 23  538 Prokopios, BP 2, 12, 26  288 mit 593 Anm. 302 Prokopios, BP 2, 14, 1–4  537 Prokopios, BP 2, 15  484 Prokopios, BP 2, 17  484 Prokopios, BP 2, 18, 28  484

Verzeichnis der zitierten Quellen Prokopios, BP 2, 19  547 Prokopios, BP 2, 20, 1–16  547 Prokopios, BP 2, 21, 4  327 Prokopios, BP 2, 22 f.  538 Prokopios, BP 2, 26 f.  539 Prokopios, BP 2, 28–30  485 Prokopios, BP 2, 28, 10 f.  539 Prokopios, BP 2, 28, 12–14  547 Prokopios, BP 2, 28, 23  530 Prokopios, HA 11, 23  547 Ps.-Aur. Vict. epit. Caes. 41, 20  459 Ps.-Aur. Vict. epit. Caes. 48, 7  499 Rufinus, HE 1, 10–11  486 Rufinus, HE 1, 13  496 Rufinus, HE 2, 6  458 Rufinus, HE 2, 22  506 mit 607 Anm. 99 Rufinus, HE 2, 34  499 Rufinus, HE 10, 33  482 mit 606 Anm. 49 Rufus Festus 14  243 Rufus Festus 14, 20  241 mit 591 Anm. 202 Rufus Festus 20  239 mit 590 Anm. 195 Sappho, Fr. 2 Diehl  57 Sokrates 3, 2  482 mit 606 Anm. 49 Sokrates 5, 16  506 mit 607 Anm. 99 Sokrates 7, 13–15  508 Sokrates 7, 15, 1  508 mit 607 Anm. 109 Sokrates 7, 32, 2  511 Sozomenos 2, 7  487 Sozomenos 5, 3 f.  479 Sozomenos 5, 7  506 Sozomenos 5, 18, 1  482 mit 606 Anm. 49 Sozomenos 7, 15  506 mit 607 Anm. 99 Strabon 11, 2, 12  116 mit 584 Anm. 262 Strabon 11, 9, 2  564 Strabon 11, 9, 3  89 Strabon 11, 14, 5  90, 98 mit 584 Anm. 237 Strabon 11, 14, 6  490 Strabon 11, 14, 12  90 Strabon 12, 1, 2–4  105 Strabon 12, 2, 10  179 Strabon 12, 3, 39  104 Strabon 13, 4, 12  151 Strabon 13, 4, 14  240 mit 591 Anm. 199 Strabon 14, 5, 4  357 Strabon 15, 1, 20  185 Strabon 15, 1, 29  86 mit 582 Anm. 202

Strabon 15, 1, 30  86 mit 582 Anm. 202 Strabon 15, 1, 37  86 mit 582 Anm. 202 Strabon 15, 1, 62  86 mit 582 Anm. 202 Strabon 16, 2, 4  162 Strabon 16, 2, 19  152 Strabon 16, 2, 24  357 Strabon 16, 2, 29  391 Strabon 16, 4, 18–20  49 mit 579 Anm. 97 Strabon 16, 4, 22  493 mit 606 Anm. 74 Strabon 16, 4, 22–24  134 Strabon 16, 4, 24  36, 138 mit 585 Anm. 8, 139 mit 585 Anm. 9, 148 Strabon 16, 4, 25  20 Strabon 16, 4, 26  232 mit 590 Anm. 182 Strabon 17, 1, 6–10  78 Strabon 17, 1, 8  79 Strabon 17, 1, 12  170, 173 Strabon 17, 1, 54  493 mit 606 Anm. 74 Strabon, FGrHist 91  382 StV III 500  95 mit 583 Anm. 231 StV III 528  95 mit 583 Anm. 232 StV IV 672  113 StV IV 800  108 mit 584 Anm. 248, 111 mit 584 Anm. 253 Suda Iota 401 s. v. Ἰοβιανός  471 Suda Lambda 638 s. v. Λουκιανός  392 Sueton, Cal. 1  27 Sueton, Claud. 25, 4  160 mit 585 Anm. 32 Sueton, Dom. 2  27 mit 576 Anm. 12, 218 Sueton, Dom. 7  222 Sueton, Iul. 44  125 Sueton, Nero 5  27 mit 576 Anm. 12 Sueton, Nero 25  344 Sueton, Tib. 36  154 Sueton, Vesp. 8  211 mit 589 Anm. 152 Sueton, Vesp. 8, 7  218 Synesios, Dion 12, 2–3  508 mit 607 Anm. 110 Synesios, Dion 12, 4  355 Synesios, epist. 16  375 Synesios, epist. 124  506 Synesios, epist. 136  375 Tacitus, ann. 1, 11  238 Tacitus, ann. 2, 1  27 mit 576 Anm. 12 Tacitus, ann. 2, 43  27 mit 576 Anm. 12 Tacitus, ann. 2, 56  188, 191 Tacitus, ann. 2, 69–74  163

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Verzeichnis der zitierten Quellen Tacitus, ann. 2, 85, 4  154 Tacitus, ann. 3, 12  27 mit 576 Anm. 12 Tacitus, ann. 4, 5, 3  154 Tacitus, ann. 4, 56, 1  97 Tacitus, ann. 6, 32  27 mit 576 Anm. 12 Tacitus, ann. 6, 37  192 Tacitus, ann. 12, 51  193 Tacitus, ann. 13, 37, 3  193 Tacitus, ann. 14, 42–45  336 Tacitus, ann. 15, 44, 13  160 Tacitus, hist. 5–6  253 Tacitus, hist. 5, 1, 2  324 Tatianos, or. 42,1  360 Tertullian, adversus Marcionem 1, 1, 4–5  440 Tertullian, adversus Marcionem 3, 24, 4  441 Tertullian, apol. 50  431 Tertullian, de anima 6, 6  385 Tertullian, de anima 55, 5  441 Tertullian, de idolatria 10  482 Thales von Milet I 5 A, ed. Gemelli Marciano 56 mit 580 Anm. 2 Thales von Milet I 5 B, ed. Gemelli Marciano 56 mit 579 Anm. 2 Theodoret, epist. 81  440 Theodoret, hist. eccl. 1, 4, 35  454 Theodoret, hist. eccl. 3, 8  482 mit 606 Anm. 49 Theodoret, hist. eccl. 3, 25  468 Theodoret, hist. eccl. 4, 22  472 Theodoret, hist. eccl. 5,20  498 Theodoret, historia religiosa 1–20  521 Theodoret, historia religiosa 21 f.  521 Theodoret, historia religiosa 4  522 Theodoret, historia religiosa 13  523 Theodoret, historia religiosa 21  523

Theodoret, historia religiosa 26  524 Theodoret, historia religiosa 26, 10  524 Theodoret, historia religiosa 26, 20  525 Theophrast, ed. Wimmer 1866, fr. 42  26 mit 576 Anm. 5 Theophylaktos Simokatta 4, 11, 2  564 mit 610 Anm. 11 Thukydides 3, 42–48  30 mit 577 Anm. 28 Tzetzes, Prolegomena de comoedia Aristophanis 2  83 mit 582 Anm. 192 und Anm. 194 Vell. 2, 101, 3  27 mit 576 Anm. 11 Vergil, Aen. 1,278–79  31 Vita Caecilii Cypriani 20 f. ed. Baer  417 mit 602 Anm. 264 Vita Daniel 66  527 Vita Daniel 101  527 Xenophon, an. 4, 4, 4  89 mit 583 Anm. 218 Xenophon, hell. 4, 1, 15 f.  467 mit 605 Anm. 24 Xenophon, HG 5, 1, 31  61 mit 580 Anm. 132 Xenophon, Kyr. 4, 6, 11  262 mit 592 Anm. 244 Xenophon, Kyr. 6, 1, 45  262 mit 592 Anm. 244 Zonaras 1, 12  298 Zonaras 12, 18  300 mit 594 Anm. 315 Zonaras 12, 21  488 Zonaras 12, 31  305 Zonaras PG 134, 1156  468 Zosimos 1, 18  300 mit 594 Anm. 315 Zosimos 1, 44  302 Zosimos 2, 30, 2 f.  315 mit 595 Anm. 342 Zosimos 2, 31  315 mit 595 Anm. 343 Zosimos 3, 17–18  467 mit 605 Anm. 23 Zosimos 3, 23, 1–4  467 mit 605 Anm. 24 Zosimos 3, 34  470 Zosimos 5, 19, 4  499

Register Register

Die prominenten Römer wie Antonius, Caesar, Cicero, Crassus, Pompeius, Sulla, Tacitus und weitere sind unter diesen Namen, nicht unter ihren Gentilnomina eingeordnet. Untereinträge mit einem → sind alphabetisch, ohne → chronologisch geordnet. ʿAbdu, Wahrsagepriester  233 Aberkios von Hierapolis, Bischof  284 f., 422–427, 432, 440, 523 Abgar VII., König (110–116)  239 Abgar VIII., König (177/8–212)  267, 280 f., 283–285, 290, 293, 489, 621 Abgar Severus, König (212–213)  268, 293 Abgar Ukkāmā, König (ca. 22–25)  286–289 Abila, Stadt  112 Abolitionism  337 Abonuteichos, Stadt  358 f., 393, 434 ʾAbraha, König (536-nach 560)  549–551 Abraham, biblischer Stammvater  18, 117, 290, 361, 381, 450 Abramos siehe ʾAbraha Abū Bakr, Kalif  303, 556 Abū Karib, Stammesführer  546 Achaimeniden, Dynastie  22, 59, 61 f., 67, 89, 122, 298, 467, 555, 564 Achillea, Gladiatorin  348 Achilleus, mythischer Held  31, 402 Achilleus Tatios, Romanschriftsteller  390 Achot I., König (885–890)  492 Achtamar, Insel  492  f. Actium, Schlacht bei (31 v. Chr.)  126 f., 152, 264 Adam, Urmensch  402, 413, 443, 470 Adana, Stadt  253 Addai, Apostel  286 f. Ad-Dair, Felsfassade  227 f. Adiabene, Land  193, 267, 298 Administration/Verwaltung  34, 60, 73, 85, 89, 104, 156, 255, 276, 298, 317–323, 330, 501 Adonis, mythischer Jüngling  402, 408, 602 Anm. 248

Adraa, Stadt  235, 343 Adrastos von Aphrodisias (?), Philosoph  357, 388 Adrianopel, Schlacht bei (378)  496 Adulis, Handelsplatz  77, 184, 494 f., 549 f., 615, 626 Aedesius, Gefangener und Höfling  495 Aegyptus, Provinz  33, 37, 51, 131, 150, 223, 238, 246, 252, 307, 319, 459, 493, 501, 617, 624 f. → Arcadia  459; → Augustamnike  459; → Herculia  307, 459; → Iovia  307, 459; → Mercuriana  459; → Thebais  173, 307, 430 f., 459, 505, 624 Aelianus, Sophist  353, 371 Aelius Aristeides, Sophist  265, 324, 370 f., 385, 435, 621 Aelius Bora, Strategos  277 Aelius Gallus, Präfekt  12, 133–149, 222, 243, 382, 493, 550, 563, 565, 617 Aemilius Scaurus, Proquaestor und Pro­consul  222, 224 Aeneas, epischer Held  31, 95, 379 Aeneis, Epos 96, 559 Aesopus, Sklave  347 Aetios, Bischof  457 Agamemnon, mythischer Heerführer  212 Aglibol, Gott  274 Agon/Agonistik siehe Wettkampfwesen Agora siehe Polis Agrippa, Marcus Vipsanius, Feldherr und ­Politiker  154 Agrippa II., König (50–ca.92/3) siehe Herodes Agrippa Ägypten  25–27, 32–37, 48, 51, 54, 59, 61, 68, 71–83, 96, 98, 106, 118–120, 127, 150–152,

676

Register 169–177, 185, 187, 237, 241, 243, 246, 252, 264, 267 f., 291 f., 302–304, 307, 309, 317, 319, 321, 324 f., 328, 330, 332 f., 336, 339, 342, 344, 347, 350 f., 361 f., 367 f., 372, 375 f., 378, 390, 407, 411, 416, 431, 433 f., 440, 442, 445–447, 459, 472, 493–495, 501–510, 513, 528, 538, 547, 554–556, 561, 565 f., 568, 577 Anm. 42, 578 Anm. 59, 581 Anm. 155, 616, 620, 622 f., 628 Aḫḫijawa, Reich  39 Ahura Mazda, Gott  61, 86, 89, 123, 125, 218, 296, 300, 469, 486 Ai Khanoum, Ort  86 Aimilianos, Wettkämpfer  346 Ainos, Stadt  371 Aioler/Aiolis  53, 58, 560 Aischylos, Dramatiker  20, 83, 377 Aitoler  84, 95, 97 Aizanoi, Stadt  133, 309 Akilisene, Land  90, 217 Akkade, Stadt  29 f., 611 Akrophonisches Prinzip  32 Aksum, Reich  493–496, 551, 622 Alamundaros, Stammesführer  547, 549, 551, 565, 627 Alanen  218, 379, 497 Alarodioi  90 Albania, Reich  107, 116, 486, 611 Albinos, Platoniker  355 Alchaisios, Sektengründer  445 Alexander, Bischof  454 Alexander der Große  26, 36, 62–69, 72 f., 76, 85, 94, 106, 116, 120, 123, 127, 240 f., 370, 614 Alexander IV., König (323–310/9 v. Chr.)  71 Alexander von Lykopolis, Schriftsteller  447 f. Alexander Helios, Sohn des Marcus Antonius und der Kleopatra  127 Alexander Jannaios, König (103–76 v. Chr.)  113, 203 Alexandreia, Stadt am Nildelta  26, 64, 72–83, 118–121, 127, 149, 151, 162, 169–175, 177, 179, 190, 197, 199 f., 207, 226, 246, 252, 264, 268, 270, 304, 328, 342, 354, 356 f., 360–368, 375, 382–385, 428, 430, 449, 454, 456, 459, 469, 479, 495 f., 504, 506, 508 f., 511, 513,

556, 560, 607 Anm. 111, 614 f., 617 f., 621, 624–626, 628 → Bibliothek  80–83, 120, 172; → Kaisarion  171 f.; → Obelisk: Cleopatra’s needle  171 f.; → Sarapeion  171 f., 506 f., 625; → Sema, Grab Alexanders des Großen  72 f. Alexandreia Troas, Stadt  370 Alexandros, Sohn des Herodes des Großen  155 Alexandros von Abonuteichos, Neupytha­ goreer  358 f., 393, 434, 620 Alexandros von Aigai, Aristoteliker  357 Alexandros von Aphrodisias, Aristoteliker 358, 388 Alexandros von Damaskus, Mediziner  386, 600 f. Anm. 209 Alexandros von Seleukeia am Kalykadnos, Sophist  371 Alföldy, Geza, Historiker  328 Allāt, Göttin  232, 272 f. ʾAlmaqah, Gott  144 Alopen, Mönch  514 Amanos, Gebirge  63, 112, 118 Amarna, Ort  34 f. Amaseia, Stadt  104, 152, 245, 476 Amastris, Stadt  104, 218, 220, 344, 586 Anm. 40 Amazaspos, Prinz  239 Amenemhet I., Pharao (ca. 1994–1965 v. Chr.)  34 Amenophis IV., Pharao (zwischen 1353 und 1324 v. Chr.)  35 f., 612 Amida, Stadt  267, 314, 381, 461–463, 471 f., 531–533, 539, 625, 627 Amisos, Stadt  322 Ammia, Montanistin  442 Ammianus Marcellinus, Historiker  171, 301, 353, 379, 399, 457, 516, 569, 606 Anm. 49 Ammonios, Mönch  507 Ammonios Sakkas, Philosoph  364–366 Ammoniter  43 f., 76, 235 Amniastal, Schlacht im (89 v. Chr.)  106 Amphilochos, Orakelgott  397 ʿAmr ibn al-ʿĀs, Feldherr  556 Amurru  29 Amyntas, König (36–25 v. Chr.)  126, 152 Anacharsis, Skythe  349

Register Anachoreten/Eremiten  350, 440, 473, 477, 504 f., 528, 532, 567, 569 Anadatos, Gott  105 Anāhitā, Göttin  105, 422, 433 Anakreon von Teos, Dichter  373 Analiba, Ort  217 Anaphe, Insel  81 Anastasiopolis, Festung und Stadt siehe auch Dara  535, 544 Anastasios, Kaiser (491–518)  311, 351, 491, 515, 531, 533–535, 542 Anastasios, Priester  511 Anathematismen, Bannflüche  511 Anatolios, Feldherr  535 Anaximandros von Milet, Philosoph  55 f., 61, 82, 613 Anazarbos, Stadt  250, 253, 266 Andragoras, Satrap  88 Andreas, Rebell  243 Angra Mainyu, Gott  61 Angu, Ort  186 Anicetus, Rebell  218 Anitta, Herrscher  38 Ankyra, Stadt  87, 152, 243, 268, 302 f., 342, 442, 464 Annia Aurelia Galeria Faustina, Tochter Marc Aurels  385, 425 Annia Lucilla, Tochter Marc Aurels  425 Annisi, Ort  476, 479 Anthia, Romanheldin  389 Anthimos, Bischof  477 Antigoneia am Orontes, Stadt  72, 84 Antigonos Mattathias, König (41/40–37 v. Chr.)  121 f. Antigonos Monophthalmos, Satrap und ­König (333–301, König ab 305 v. Chr.)  71 f., 88, 92, 614 Antinoopolis, Stadt  169, 246, 328, 620 Antinoos, Geliebter Hadrians  246, 503 Antiocheia am Chrysorhoas siehe Gerasa Antiocheia am Kallirhoe siehe Edessa Antiocheia am Orontes, Stadt  84, 91, 101, 107, 112, 115, 118, 156, 162–167, 171, 176, 186, 188, 197, 199, 220, 236, 239, 244 f., 250, 253, 262 f., 265, 267 f., 270, 283, 294, 297, 300– 302, 309, 314, 320, 342, 344 f., 347, 361, 368,

381, 388, 391–393, 402 f., 405, 410, 425, 430, 449–451, 453–457, 460, 464–466, 469, 497– 499, 506, 511, 513, 515–521, 524–527, 530, 536–538, 543, 547, 552, 614, 623, 625, 627 f. → Bäder: B. des Ardaburios (pribaton)  520; B. des Commodus  519; → Eisernes Tor  517; → Epiphaneia  162; → Gymnasium  345; → Hippodrom  162; → Kirchen: dominicum aureum, domus aurea, «die Große», «die Oktogonale», «Concordia» oder «Homonoia»  451, 516, 519, 526; Erzengel Michael  519; Maria Theotokos  519; → Olympien  267, 345, 351; → Onopniktes/ Parmenios  84, 516 f.; → Orontesinsel  162, 516, 519; → plateia  162, 516; → plethrion  345; → Singon  163; → Staurin  517; → Valensforum  516, 519; → Wunderberg  527 Antiocheia in Pisidien, Stadt  131, 152, 167, 318 Antiochos I. Soter, König (281–261 v. Chr.)  86–88, 265, 435, 614 Antiochos III., König (223–187 v. Chr.)  77, 85, 87, 90, 94, 96 f., 236, 563, 615 Antiochos IV. Epiphanes, König (175–164 v. Chr.)  84, 91, 93, 98, 100 f., 114, 117, 162, 198, 479, 616 Antiochos V. Eupator, König (164–162 v. Chr.)  92 Antiochos VII. Sidetes, König (138–129 v. Chr.)  89, 92, 616 Antiochos VIII. Grypos, König (121–96 v. Chr.)  112, 122 Antiochos XIII. Asiatikos, König (69–64 v. Chr.)  112 Antiochos I. Theos von Kommagene, König (ca. 70–36 v. Chr.)  121–125, 391, 616 Antiochos II. von Kommagene, König (35–29 v. Chr.)  152 Antiochos IV. von Kommagene, König (38–72)  188, 193, 197 f., 208, 253, 618 Antiochos von Aigai, Sophist  371 Antipatros, Bischof  350 Antipatros, Kanzler des jüdischen Reiches (47–43 v. Chr.)  119, 121 Antipatros von Hierapolis, Sophist  371 Antoninus, rationarius apparitor  461

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Register Antoninus Pius, Kaiser (138–161)  186, 237, 244, 257, 261, 277, 370, 428 Antonios Diogenes von Aphrodisias (?), ­Romanschriftsteller  389, 394 Antonius von Koma, Asket und Guru  503–505, 568, 625 Antonius, Marcus, Triumvir  118–127, 133 f., 149, 151 f., 155, 171, 238, 243, 270, 357, 388, 554, 563, 584 Anm. 273, 617 Antyllos, Sohn des Marcus Antonius  584 Anm. 273 Anubis, Gott  172, 397 Anxi, Land oder Reich  186 Apama, Gattin des Seleukos I. Nikator  84 Apameia, Stadt an der Propontis  318, 322 Apameia, Stadt in Phrygien  100 f.  Apameia, Stadt in Syrien  355, 367, 425, 451, 457, 538, 547, 627 Aphlad, Gott  433 Aphrodisias, Stadt  131 f., 308 f., 346, 355, 357, 387 f. Aphrodite, Göttin  120, 232, 341, 346, 388, 408, 410, 436, 503, 602 Anm. 248 Apis, Gott  73, 397 Apokalypse siehe auch Bibel  159, 254, 418, 441 Apollodoros von Damaskus, Architekt  232, 378 Apollon, Gott  81, 123, 346, 395, 439, 465 Apollonia in Pisidien  131 Apollonia, Sklavin  347 Apollonios Molon, Rhetor  154 Apollonios von Rhodos, Dichter  81, 484 Apollonios von Tyana, Neupythagoreer und Guru  290, 359, 440, 528, 619 Apostel siehe Kirche Appian von Alexandreia, Historiker  379, 486 Apsarus, Festung  218 Apuleius, Romanautor  352 f. Ära seleukidische  270, 280, 544, 614; parthische  615; himyarische  51, 616; Provinz Arabia  557 Araber  97, 112, 116, 131, 178, 184, 201, 207, 222, 242, 259, 300, 352, 455, 458, 531, 555 Arabia, Provinz  150, 180, 233–238, 246, 258–260, 267, 272, 299, 311, 317, 325, 338, 345, 372, 457–459, 481, 495, 557, 619 Arabia Eudaimon, Stadt  19, 141, 148

Arabien, Halbinsel  116, 222, 298 Arabissos, Stadt  475 Arachosien, Satrapie  66 Aragos, Fluss  218, 486 Ararat, Berg  98 Ararene, Land  137, 585 Anm. 8 Arauraka, Ort  217 Araxes, Fluss  98, 109 f., 149 f., 192 f., 241 Arcadius, Kaiser (395–408)  498–500 Arce, Ignacio, Archäologe  533 Archelais, colonia  475 Archelaos, Ethnarch (4 v. Chr.–18 n. Chr.)  155 f., 617 Archelaos, König (41/36 v. Chr.–17 n. Chr.)  152, 188 Archelaos II., Klientelfürst in Kilikien (bis 38 n. Chr.)  191 Archippos von Prusa, Philosoph  355 f. Ardabau, Dorf  441 Ardaburios, magister militum per orientem  520 Ardaschir I., König (224–239/40)  296, 622 Ardaschir II., König (379–383)  469, 488 Areios, Presbyter  454–456, 495, 624 Areios Didymos, Stoiker  355 Areobindos, Feldherr  533 Areopolis, Stadt  407 Ares, Gott 123, 495 f. Aretas, Verwandter des Nabatäerkönigs  136 Aretas I., König (um 168 v. Chr.)  93, 616 Aretas II., König (ca. 120/110–96 v. Chr.)  93, 616 Aretas III., König (84–60/59 v. Chr.)  116, 222, 224, 616 Aretas IV., König (9/8 v. Chr.–39/40 n. Chr.)  233, 617 Arethas, Stammesführer  546 f., 565 Argaios siehe Mons A. Argonauten, mythische Helden  81, 484 Arianismus, Doktrin  454–456, 496, 499, 504, 510 Arianzos, Ort  479 f. Ariarathes III., König (ca. 225–220 v. Chr.)  88, 615 Ariarathes V. Eusebes Philopator, König (ca. 163–130 v. Chr.)  105

Register Ariarathes IX., König (101–95 v. Chr.)  583 Anm. 229 Arikamedu, Ort  184 Arimaspier  19 Arinthaeus, magister peditum  490 Ariobarzanes I. Philorhomaios, König (94/2 oder 89–63/2 v. Chr.)  101, 106, 111, 116 Aristarch von Samos, Gelehrter  82 f. Aristeas von Prokonnesos, Dichter  19 Aristobulos, Sohn des Herodes des Großen  155 Aristobulos I., König (104–103 v. Chr.)  92 Aristobulos II., König (67–63 v. Chr.)  113 f., 116 Aristonikos, Thronprätendent (133–130 v. Chr.) Aristoteles, Philosoph  26, 79–81, 86, 354, 357 f., 368, 377, 508 Arka, Stadt  475 Armenia, Provinz  477, 484 → A. I–IV 491; → A. Minor  208, 214, 217 f., 241, 245, 432; → A. Prima  491; → A. Secunda  491; → Armeniarches  208, 317; → Persarmenia  491, 554 Armenien/Armenier  12, 17, 37, 43, 89 f., 104, 107–111, 116–118, 125–127, 131, 149–152, 188, 191–194, 198, 208, 217 f., 238–241, 243 f., 261 f., 264, 266, 268, 279, 284, 290, 299 f., 304 f., 338, 350, 355, 437 f., 455, 459 f., 467, 488–493, 496, 513, 531, 536, 552–555, 563 f., 583 Anm. 218, 615–617, 619 f., 623 f., 626 f. Armenos, mythischer Stammvater  90 Arnobius, Schriftsteller  41 Aromata/Gewürze  50, 75 f., 93, 123 f., 134, 141, 181, 278, 514 Arrabannes, Höfling  490 Arrabitai  494 Arrian von Nikomedeia, Senator und Schriftsteller  356, 379, 399 Arsakes I., König (ca. 247–217 v. Chr.)  88, 615 Arsakes II., König (350–367)  467, 489 Arsakiden, Dynastie  22, 89, 110, 134, 194, 208, 615, 619 Arsameia am Nymphenfluss, Ort  122–125 Arsames, Vasall der Seleukiden in Kommagene (Mitte 3. Jh. v. Chr.)  122 Arsanias, Fluss  109, 194

Arsinoe II., Gattin Ptolemaios’ II. Philadelphos  76, 81 Arṣu, Gott 274 Artabanos II., König (10/11-ca. 38)  191 f. Artabanos IV., König (213–224)  268, 296 Artanes, König (bis ca. 93 v. Chr.)  107 Artaxata, Ort  98, 109 f., 118, 192 f., 241, 262 Artaxerxes II., König (404–359 v. Chr.)  61 Artaxerxes III., König (359–338 v. Chr.)  51 Artaxiaden, Dynastie  90, 194, 615  Artaxias I., Strategos und König (vor 190 v. Chr.–ca. 160 v. Chr.)  90, 98, 107, 615 Artaxias II., König (34–20 v. Chr.)  149 Artemidoros von Daldis, Schriftsteller  373 Artemion, Rebell  243 Artemis, Göttin  86, 105, 163, 167 f., 253, 372, 408, 426, 436 f. Artogerassa, Stadt  490 Arzawa, Reich  39 Ärzte siehe auch Medizin  66, 83, 174, 234, 346, 368, 384–387, 399, 425, 427, 460, 468 Asarhaddon, König (680–669 v. Chr.)  48 Aschtischat, Ort  489 Asellius Aemilianus, Proconsul  266 Aserbaidschan, Land  12, 17, 29, 90, 107, 126, 134, 218, 486, 554, 628 Asia, Provinz  27, 88, 101, 106–108, 110, 129 f., 150, 190, 201, 245, 249–252, 268, 278, 307, 319 f., 324, 328, 345, 370 f., 449, 616, 618, 622 Asien, Kontinent  18, 20–22, 25–27, 38, 63 f., 71, 95–99, 110 f., 116, 168, 296, 330, 349, 559, 566, 576 Anm. 2 Asir, Gebirge  138, 147 f. Aska, Ort  141 Askalon, Stadt  407, 439, 457 Askese/Asketen/Asketismus siehe auch Anachoreten, Eremiten, Säulensteher  86, 350, 360 f., 368, 373, 397, 437, 440 f., 444, 474–477, 497, 499, 503 f., 521–524, 528, 567 Asklepiades von Panopolis, Esoteriker  375 Asklepigeneia, Philosophin  508, 599 Anm. 161 Asklepiodotos, praefectus praetorio per ­orientem  608 Anm. 147 Asklepios, Gott  385 f., 434 Aśoka, König (268–232 v. Chr.)  75, 86

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Register Asparukes, König (zweite Hälfte 4. Jh.)  491 Aspasius von Ravenna, Sophist  371 Aspebedes, Feldherr  533 Aspendos, Stadt  253, 345 Assur, Stadt  29, 31, 49, 242, 330, 613 Assurbanipal, König (668–626 v. Chr.)  48, 613 Assurnasirpal II., König (883–859 v. Chr.)  47 Assyrer  31 f., 35 f., 41 f., 44–49, 51 f., 54, 58, 60, 354, 360, 373, 388, 391, 432, 480, 560, 611–613 Assyria, Provinz  241, 243 f., 298 Astat Yeztayar, Feldherr  552 Astronomie  80, 383, 387, 482 f. Astyages, König (um 550 v. Chr.)  58 asχars, Provinzen  488, 491 Atargatis siehe Tarʿaṯa Athanasios von Alexandreia, Diakon und ­Bischof  455 f., 495 f., 505, 568 f., 625 Athanasios von Anazarbos, Arianer  454 Athembalos, parthischer Vasall  241 Athen, Stadt  58–61, 79 f., 83, 99, 107, 213, 239, 246, 322, 352, 354 f., 358, 361, 366 f., 368, 370, 372, 375, 379, 384, 391 f., 394 f., 476, 479, 547, 560, 577 Anm. 28 Athena, Göttin  79, 99, 253, 436, 503, 593 Anm. 271 Athenaios von Naukratis, Schriftsteller  378 Athenogenes, Landbischof  432 Äthiopien /Äthiopier  23, 26, 49, 178, 184, 333, 339, 451, 493–496, 549–551, 558, 565, 618, 622, 625 f. Athleten siehe Wettkampfwesen Athribis, Stadt  459 Athroula, Ort  141  Atramḫasis, Epos  48 Attaleia, Stadt  425 Attalos I., König (241–197 v. Chr.)  88, 95, 615 Attalos II., König (158/7–139/8 v. Chr.)  76, 97, 100 Attalos III., König (138–133 v. Chr.)  101, 616 Attis, mythischer Jüngling  437 Attis, Priester  100 Attisch/Attizismus, Kunstsprache  352 f., 369, 372 f., 396 Aufstand/Erhebung/Rebellion/Revolte  44, 46, 60, 89, 92 f., 150, 155 f., 173, 175, 192 f.,

195–198, 203, 207, 218, 223 f., 240–244, 254–261, 264, 268, 303 f., 324, 327, 332, 335, 337, 452, 485, 491, 499, 530, 550, 553, 565, 570, 579 Anm. 100, 616, 619 f., 625 Augstein, Rudolf, Verleger und Schriftsteller  158 Augusta Libanensis, Provinz  457 Augustinus, Kirchenvater  353, 427, 448, 570 Augustus, Kaiser (29 v. Chr. –14)  118, 129–134, 148–152, 155 f., 162, 169–172, 185 f., 191, 214, 218, 220, 223, 238, 250–252, 296, 318, 323, 342, 388, 469, 595 Anm. 11, 617 Aulon, Ort  425 Aulus Gabinius, Proconsul  77, 114, 116 Aulus Gellius, Schriftsteller  355 Aurelia Taesis Asklepia, Schuldnerin  176 Aurelia Thaisarion, Gläubigerin  176 Aurelian, Kaiser (270–275)  295, 302–304, 366, 439, 454, 623 Aurelius Serenus, Weihender  235 Avesta, heilige Schriften  61, 580 Anm. 135 Avidius Cassius, Senator  262, 264 f., 621 Avillius Flaccus, Präfekt  173 Awaren  553 Axidares, König (ca. 110–112)  238 azats, Gefolgsleute  488 Azotos, Stadt  112 Azzanathkona, Gott  433 Baal, Gott  44, 105, 163, 294 Baʿalšamin, Gott  272 f. Bāb al-mandab, Meerenge  134, 138, 149, 237, 496 Bāb el-Yemen, Stadttor  140 Babatha, Jüdin  258–261, 545, 620 Babel, Land  291 Babylas, Märtyrer  451, 465, 500, 520 Babylon, Stadt in Ägypten  556 Babylon, Stadt in Mesopotamien  29 f., 39, 46, 48 f., 58, 60, 63 f., 66 f., 71 f., 84, 240 f., 276, 291, 334, 374, 389 f., 611, 613 f. Babylonische Gefangenschaft  46, 49, 613 Bacurius, Iberer  486 Bad/Bäder  162, 201, 205, 217, 229, 250 f., 273, 283, 313, 329, 370, 518–521, 535, 538, 562 → Commodus, Antiocheia  519; → Ser­

Register djilla  521; → pribaton («Privatbad») des Ardaburios  520 Bagnall, Robert, Historiker  336 Bahram, General und König (590–591) 551 Bahram I., König (274–277)  446 Bahram II., König (276–293)  304 Baitylos, Idol  231 f. Baktra, Ort  185 Baktrien/Baktrier  64, 86, 88, 184, 187, 284, 413 Balfour-Formel  68 Balīḫ, Fluss  117, 536 Bankiers  103 Bar Kochba, Rebell  207, 254, 258, 303, 332, 553, 620 Bar-Jesus, jüdischer Zauberer  166 Barbalissos, Stadt  299, 301 Barbaren, Barbarei /Barbarisierung  19–21, 60, 87, 94, 106, 109, 141, 154, 177, 191, 218, 238, 327 f., 330, 347, 354, 357, 364, 372, 392, 440, 448, 461, 531, 575 Anm. 12 Barbarikon, Handelsplatz  178, 184 Barbaros, Präfekt  171 Barbarossa, Friedrich, Kaiser (1155–1190)  67 Bardaiṣan, Philosoph  12, 210, 283–285, 290, 293, 361, 381, 425, 444, 621 Baris, Festung und Palast  200 Barlaam, Heiliger  527 Barnabas, Missionar  163 f., 166 f. barsom, heiliges Zweigbündel  469 Barygaza, Hafen  182, 184 f. Basileios von Kaisareia, Kirchenvater  457, 474, 476–482, 505, 625 Basoropeda, Land  90 Batnai, Stadt  239, 544 Batzabbai siehe Zenobia Bdellium, Baumharz  182 Beamte siehe Funktionäre Beichtinschriften  339 Bel-Marduk, Gott  274 Belagerung  67, 299, 312, 378, 466, 485 Tyros (332 v. Chr.) 63; Tigranokerta (68 v. Chr.)  109; Jerusalem (63 v. Chr.)  113; Samosata (38 v. Chr.)  122, 125; Mārib (25 v. Chr.)  142; Jerusalem (66)  197; Jerusalem (70)  201 f.; Machairous (71)  203; ­Masada (72)  205, 619; Hatra (117)  242;

Hatra (197/8)  267; Amida (359)  461 f.; Singara (360)  462; Misikhe (363)  467; Artogerassa (369/70)  490; Amida (502– 505)  531–533, 627; Nadschran (523)  550;  Antiocheia (540)  537 f.; Sergiopolis (542, 544)  539, 547; Edessa (544)  539; Edessa (604)  552; Jerusalem (614)  553; Konstantinopel (626); Memphis (640/ 1)  556 Belemounta, Stadt  407 Belisarios, Feldherr  327, 535 f., 539, 627 Belsazar, König (552–543 v. Chr.)  49 Ben Hur, Romanfigur und Filmheld  22, 198 Benedikt, Papst  158 Berenike, Hafenort  277 Bergwerke  202, 332 f., 475 Beroia, Stadt  87, 536 Berytos, Dorf  378 Berytos, Stadt  112, 152, 203, 253, 355, 387, 457 Besatai  181 f. Beschreibstoff  36, 58, 351 Besessenheit  siehe Exorzismus Bethlehem, Ort  450 Bethsoura, biblischer Ort  406 Beute siehe Raub Bevölkerung  21, 48, 73 f., 87, 94, 105, 112, 121, 132, 167, 170, 172–174, 176, 189, 220, 241, 254 f., 256 f., 268, 283, 296, 309, 324, 327, 328–342, 349, 429, 441, 488, 497, 506, 517, 521 f., 530, 537, 556 Bewässerung  29, 33, 43, 50, 144, 313 Bezabde, Stadt  314, 462 f. Bibel  11, 18, 31, 44, 158 f., 200, 339, 439, 470, 482 f. → Acta Apostolorum 159; → Altes Testament  43, 470, 510; → Apokalypse  159, 254, 418; → Apokryphen  159, 288; → Buch der Richter 44; → diatessaron (Evangelienharmonie)  160, 621; → Johannesevangelium  159 f., 374; → Judasevangelium  159; → Kanon  159; → Lukasevangelium  129, 159, 510; → Neues Testament  288, 470; → Pschitta  159; → Septuaginta  173, 614; → Sodom und Gomorrha  161; → Thomasakten  290, 571; → Turmbau zu Babel  48 Bibliothek  351, 355 f., 359, 366, 515, 562 → Alexandreia  83, 120, 172; → Assurba-

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Register nipal  48; → Celsusb., Ephesos  250, 274; → B.-katalog (Alexandreia)  81; → Medinet Madi  444; → Nag Hammadi  443, 501; → Pergamon  99, 385; → B.-vorsteher (Alexandreia)  80–82; → Wunderberg  527 Bier  75, 176 Bilder  122, 131, 195, 225, 246, 253, 273 f., 290, 295, 316, 339, 375 f., 399–414, 420, 422, 424, 427 f., 435–437, 465, 498, 506, 519, 566, 569 Bildhauerschule, Aphrodisias  388 Bildung  22, 79, 103, 212, 320, 329, 336, 340, 353 f., 358, 360, 364, 369 f., 375, 379, 382, 385, 391, 393, 410, 464, 469, 476, 481 f., 508, 522, 562, 581 Anm. 156 Bilingue  41, 219 Bindusara, König (ca. 298–272 v. Chr.)  86 Bithynia, Provinz  105, 108, 111, 150, 261, 319 f., 328, 371  Bithyniarches  317 Bithynier /Bithynien  87, 101, 106, 108, 110 f., 116, 119, 130, 245, 252, 266, 299, 351, 356, 368, 371, 379, 419, 471, 521, 530, 554, 614, 616, 621 Bithynion-Klaudiupolis, Stadt  246 Bittschriften  268, 321, 360 Blemmyer  556  Boethos von Sidon, Aristoteliker  357 Boraner  304, 476 Bosporus, Meerenge  18, 26, 87, 108, 111 (kimmerischer B.), 130, 239, 302, 314, 553 f., 623 Bosporus, Schlacht am (324)  314 Bosra, Stadt  233–235, 237, 243, 260, 272, 300, 310, 313, 325, 342, 345, 350, 457, 459, 534, 619, 624 Bottia, Dorf  84 Brachmanen  66 Brands, Gunnar, Archäologe  450, 516 Briefwechsel → Abgar-Jesus 287–290; → PliniusTraian  319, 321–323 Britannien  117, 256, 262, 325, 435, 570 British Empire  17, 68, 560 Bronzetafel  37 f., 51, 118, 581 Anm. 155 Brown, Peter, Historiker  528 f. Brünnow, Rudolf, Semitist  226

Bubastis, Ort  35 Buchara, Ort  514 Bücher  55, 83, 358, 364, 442 f., 562 Buddhismus  86, 444, 514 Bukolik  82 Burckhardt, Johann Ludwig, Orientreisender  225 Bürokratie  155, 309, 563 Bush, George W., US-Präsident  244 Byzantion, Stadt siehe auch Konstantinopel  266, 315, 371 Caesar, Diktator  36, 117–120, 122, 127, 130, 171, 388, 581 Anm. 155, 617 Caesar siehe Octavian, Augustus Caesarea, Stadt in Mauretanien  268 Caesarea Maritima, Stadt in Judäa  78, 155 f., 160 f., 181, 190 f., 195, 197, 201, 203, 257, 314, 318, 363, 365, 380, 400, 407, 430, 457, 479, 618 Caesarmörder  118 f. Caesennius Gallus, Statthalter  217 Caesennius Paetus, Statthalter  194, 198, 208, 222 Calestrius Tiro, Senator  320 Caligula, Kaiser (37–41)  173, 188 f., 192, 195, 198, 295 Calpurnia Hispulla, Gattin Plinius’ des Jüngeren  320 Calvisius, Präfekt  265 Cappadocia, Provinz  150, 188, 193 f., 208, 214, 218, 241, 261, 323–325, 345, 379, 432, 477, 618 f. Caracalla, Kaiser (198–217)  186, 258, 268, 278, 293, 305, 321, 328, 358, 378 f., 475, 622 Carinus, Kaiser (283–285)  304 Carrhae, Ort  117, 263, 267 f., 299 f., 302, 304, 544, 622 f. Carrhae, Schlacht bei (53 v. Chr.)  117, 119, 126, 617 Carter, Howard, Ausgräber  34 Carus, Kaiser (282–283)  304, 623 Cassas, François Louis, Forschungsreisender  172 Cassius Dio von Nikaia, Senator und Histo­ riker  195, 238, 244, 268, 379, 399

Register Catilius Severus, Statthalter  241 Cato, Marcus Porcius, der Jüngere, Politiker und Philosoph  115 Çavuştepe, Ort  43 Ceionius Civica Barbarus, Konsul  386 f. Celer, Feldherr  385 Cestius Gallus, Statthalter  197 Chaalla, Dorf  148 Chabinas, Fluss  215 Chaboras, Fluss  536 Chaireas, Romanheld  388 f. Chaironeia, Schlacht bei (338 v. Chr.)  62 Chalkedon, Stadt  302, 350, 433, 512, 553 f., 628 Chalkis, Stadt in Syrien  189, 466, 538, 543, 618 Chalyber  90 Chang’an, Stadt  514 Charibael, Herrscher (um 25 v. Chr.)  149, 178 Charikleia, Romanheldin  390 Charition, Heldin in einem Schauspiel  347 Chariton von Aphrodisias, Romanschrift­ steller  388 f. China  18, 75, 86, 88, 178, 181, 185–187, 275, 432, 447, 514 f., 561, 588 Anm. 109 Chorzene, Land  90 Chosrau, Feldherr  552 Chosrau I., König (531–579)  484 f., 492, 517, 530, 535–539, 547 f., 551, 564, 627 Chosrau II., König (590–628)  547, 551 f., 554 f., 564, 627 f. Chosroes I., König (89/90 und 108–128)  238–243 Christen/Christentum  36, 61, 69, 133, 160– 168, 171, 253, 258, 285, 287, 289 f., 323, 350, 353, 358–364, 366 f., 373, 375–377, 393, 402, 412, 415–422, 427–434, 439–441, 443 f., 446–449, 453, 455, 457, 465, 468 f., 471, 475, 479, 482 f., 484, 487–489, 492, 495– 497, 500, 503 f., 506 f., 509 f., 514, 525, 539, 547, 553, 570, 622 → Christen für Christen (Formel auf Grabsteinen)  419 f.; → Sieg  452; → Verfolgung  198, 427–432, 469, 475, 489, 624 Christus  18, 158, 164, 213 f., 285 f., 337, 367, 402, 406, 416, 421, 424, 439, 441, 448 f., 453– 457, 470, 496, 511–513, 586 Anm. 49 → Bild (Mandylion)  286; → Kreuzigung 

161 f.; → Leben  158–162; → Natur: homoios (ähnlich)  455–457; → homoiousios (wesensähnlich)  456; → homoousios ­(wesensgleich)  455–457, 511, 513; → synapheia (Vereinigung der Naturen)  511 Chromatis, Weihende  420 Chronik  279, 285, 380 f., 516, 552 → Ch. von Edessa  280, 284 f.; → Ch. von Kartli  486; → Ch. Paschale, Weltch.  552; Cicero, Marcus Tullius, Staatsmann und Schriftsteller  89, 118, 120, 122, 244, 253, 385 Cilicia, Provinz  104–106, 112, 118, 120, 150, 208 f., 253, 616, 619 Circus Maximus  245, 250, 345 Clan siehe Stamm Claudianus, Dichter  353 Claudius, Kaiser (41–54)  132, 188 f., 191 f., 252, 399, 585 Anm. 32 Claudius Apollinaris, Bischof  422 Claudius Philoxenos, Tragödienschauspieler  344 Claudius Severus, Gaius, Statthalter  233 f., 237 Claudius Severus, Gnaeus, Statthalter  372, 385 Clemens von Alexandreia, Philosoph  361, 363, 418, 442, 481, 621 clientelae  106, 115, 119, 617 Clodius Albinus, Kaiser (193–197)  267 Colonia, Stadt in Kleinarmenien  208 Coloniae  318 f., 322, 365 → Antiocheia in Pisidien  166 f.; → Apameia an der Propontis  318, 322; → Archelais  475; → Berytos  203; → Caesarea Maritima  203; → Carrhae  267; → Emmaus  381; → Faustinopolis  475; → Herakleia Pontike  318; → Iconium  167; → Jerusalem  255, 257; → lex c.  318; → Lystra  167; → Nisibis  267; → Palmyra  278; → Petra  233; → Philippopolis  300; → Ptolemais  203; → Rhesaina  267; → Singara  267; → Sinope 318; → Tyana  475 Colosseum  202, 245, 250, 345, 349 Commagene, Provinz  151, 209, 214 f., 595 Anm. 4, 619 Commodus, Kaiser (176–192)  264 f., 334, 345, 386, 519 Commonwealth of Nations  68

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Register Constans I., Kaiser (337–350)  372 Constantina, Stadt  314, 532, 544 Constantius II., Kaiser (337–361)  373, 379, 459, 461, 463 f., 495 f., 549 constitutio Antoniniana  561 conventus siehe Gericht → G.-bezirke Cornelianus, Präfekt  425 Cornelius Balbus, Proconsul  576 Anm. 4 Cornelius Faustus, Offizier  113 Cornelius Gallus, Präfekt  151 Cornelius Palma, Statthalter  224 Cornificia, Tochter Marc Aurels  425 Crassus, Marcus Licinius, Politiker und Feldherr  39, 116–118, 126, 133, 149, 238, 280, 304, 379, 563, 617 Crepereius Calpurnianus von Pompeiopolis, Historiker  378 Crescens, Kyniker  429 Cumanus, Statthalter  190 Cumont, Franz, Archäologe  412 Cureton, William, Kurator  593 Anm. 301 cursus publicus, Staatspost  220, 269 Curtius, Ernst, Archäologe und Althistoriker  87 Da-Qin, Land oder Reich  186 Dāduša von Ešnunna, König (um 1735 v. Chr.)  30 Dahschur, Grabstätte ägyptischer Herrscher  34 Daiṣan, Fluss  280, 282 f. Daker  131 f., 224, 325  Damaskios von Damaskus, Neuplatoniker  368, 375, 508 f. Damaskus, Stadt  42, 44, 63, 112 f., 136, 155, 166, 189 f., 237, 260, 271, 342, 411, 457 f., 553  Damasus, Papst  159 Damianos, Sophist  263, 370 Dämonen  165, 288, 291, 365, 433, 504, 568 Daniel, Säulenheiliger  526 f. Daphne, Vorort von Antiocheia am Orontes  84, 97, 162, 388, 402, 425, 465, 516, 519 Daphnis und Chloe, Romanfiguren  389 Dara, Stadt siehe auch Anastasiopolis  533, 539, 543 f., 552, 627 Dareios, Meder  116

Dareios I., König (522–486 v. Chr.)  20, 26, 59–61, 123, 212 Dareios III., König (336–330 v. Chr.)  61, 63 f., 240, 296, 555 f. Dareios von Pontos, König (ca. 39–37 v. Chr.)  120 Dascusa, Fort  217 f. Daskyleion, Satrapenresidenz  63 Dastagird, Residenz  555, 628 Datoyean, Feldherr  552 Dattelpalmen/-plantagen  30, 136, 260 David, Herrscher von Juda (ca. 1000 v. Chr.)  44, 189, 200, 612 Dea Roma, Göttin 130 Decebalus, König (ca. 85–106)  333 Decius, Kaiser (249–251)  258, 429, 465 Dedan, Ort  50 f., 222 Deiotaros, Klientelfürst und König (86–ca. 40 v. Chr.)  111, 325 Deiotaros Philadelphos, König (vor 36 v. Chr.)  152 Dekapolis, Provinz  112, 151, 189, 203, 235, 272 Dekurionen siehe Polis → Dekurionen Delphi, Orakelstätte  370, 395 Demandt, Alexander, Historiker  328, 496 Demetrios, Handwerker  168 Demetrios I. Soter, König (162–150 v. Chr.)  100 Demetrios II. Nikator, König (145–140 und 129–125 v. Chr.)  89 Demetrios von Alexandreia, Sophist  386 Demetrios von Gadara, Freigelassener  115 f. Demetrios von Phaleron, Philosoph  79 f. Demetrios Poliorketes, König (305–283, König in Makedonien ab 294 v. Chr.)  71, 88, 614 Demophilos, Bischof  480 Demosthenes, Athener, Redner und Staatsmann  70, 374, 377, 382, 566 Demosthenes von Oinoanda, Stifter  343 Denkrichtungen siehe Philosophie → Schulen Deportationen/Umsiedelungen  45–49, 60, 107, 109, 255, 299, 301, 432, 485, 492, 537, 553, 613 Derbend, Festung  531 Derkyllis, Romanheldin  389 Derwische  437 Dhofar, Gebirge  180

Register Dhū Nuwās siehe Yūsuf Dhu-Raydān, Burg  51 Diadochen  70–72, 106, 614 dianome, Speisung und Beschenkung  415 diatessaron siehe Bibel Didius Julianus, Kaiser (193)  265 Didyma, Orakelstätte  434, 613 Diodotos, Redner  577 Anm. 28 Diodotos I., Dynast (ca. 256–235 v. Chr.)  88 Diogenes von Oinoanda, Epikureer  358 f. Diogenes von Sinope, Kyniker  331, 354, 440, 503 Diogenes Laertius, Schriftsteller  331, 354, 414 Diokletian, Kaiser (284–305)  27, 172, 258, 303– 305, 309 f., 314, 429, 438, 448, 458, 464, 477, 488 f., 516, 552, 558, 624 Dion, Stadt  112, 235 Dion von Prusa, Redner und Philosoph  171, 174 f., 177, 184, 221, 322, 331, 346, 355 f., 368 f., 371, 373, 375, 379, 393, 399, 499, 620 Dionysos, Gott  374, 376 f., 397, 435, 523, 558 Dionysios von Alexandreia, Perieget  382 Dionysios von Alexandreia, Schulleiter  365 Dionysios von Milet, Sophist  373 Diophantos von Alexandreia, Mathematiker  383 Dioskurias, Festung  543 Dioskuros, Patriarch  512 Diospolis, Stadt in Palästina  407 Diospolis, Stadt in Pontos  112 Diözese  27, 252, 306 f., 449, 540, 624 f. → Aegyptus  307; → Asiana  307; → Oriens  307, 448; → Pontica  307, 491; → Thracia  449 Diplomatie  115, 296, 564 Doctrina Addai  286–288, 593 Anm. 301 Dodds, Eric Robert, Altphilologe  569 Doketismus, Doktrin  164 Doliche, Ort  438 Domänen  29, 105, 419, 466, 475 f. Domaszewski, Alfred von, Historiker  226 Domitia Faustina, Tochter Marc Aurels  425 Domitian, Kaiser (81–96)  133, 221, 335, 345, 355 f., 370 Domitius Corbulo, Statthalter und Feldherr  193, 195, 198

domus aurea, Residenz Neros siehe auch Kirche (Bauwerk) → dominicum aureum  196 Don, Fluss  26, 150 Dorf  74, 85, 105, 123, 140, 169, 174–176, 190, 196, 237, 255 f., 260, 267, 281, 329, 333, 338 f., 419 f., 424, 440, 475, 497, 504, 520– 524, 528 f., 532 Dorier  53 Dorotheos von Askalon, Grammatiker  378 Dorotheos von Sidon, Astrologe  378 Dostojewski, Fjodor, Schriftsteller  414 f., 417 Doughty, Charles M., Orientreisender  225 Doūsarēs, Gott  232, 234, 342 Dreros, Stadt  54 Dromedar  92, 224, 237, 271, 534 Droysen, Johann Gustav, Historiker  69 Drusion, Leuchtturm  155 Dschelāl ed-Dīn er-Rumi, Ordensgründer  437 Dualismus  61, 158, 443, 446, 567 Dunkle Jahrhunderte  41 Duovirat  318 Dura Europos  15 f., 222, 263, 278 f., 301, 327, 411 f., 433, 438, 450, 467, 471, 529, 544, 620, 623 Dvin, Gouverneurssitz  554 Dyophysitismus siehe Zweinaturenlehre Ebla, Stadt  29, 611 Echnaton siehe Amenophis IV. Eck, Werner, Historiker  244, 257 Edelstein  20, 75, 178–180, 278, 291, 293, 310, 436, 462, 578 Anm. 84 → Beryll  179; → Diamant  179; → Grand Camée de France  179 f.; → Lagenachat  179; → Rubin  179; → Sardonyx  179, 187; → Smaragd  179, 187 Edessa, Stadt  87, 117, 214, 239, 241, 264, 267 f., 270, 279 f., 282–289, 293, 299, 301, 314, 345 f., 402–404, 411, 425, 440, 442, 447, 457, 461, 463, 471, 489, 513, 515, 532, 538 f., 544, 552, 561 f., 564, 589 Anm. 155, 617, 621–623, 627 Edikte siehe auch Gesetz  174, 310, 525 Kyros  46; Aśoka  86; Fabius Maximus (9 v. Chr.)  129; Nero (62)  251 f.; Iulius

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Register ­ lexander (68)  170; Licinius Mucianus A (68/9)  278;  Decius (250)  429; Diokletian (301)  309; Diokletian (303)  429; Galerius (311)  448, 489; Mailänder E. (313)  449; Julian Höchst-/Maximalpreis (362)  465 f.; Julian Schulgesetz (362)  469, 606 Anm. 49.50; Julian Tempelgut (362)  469; Theodosius Religion (380/1)  497, 500; Theodosius Amnestie (391)  507; Anastasios (491/2 oder 506/7)  311, 533–535 Edomiter  44 Egeria von Aquitanien, Pilgerin  289 eidyllia, Miniaturdichtungen  82 Einsiedler siehe Anachoreten Eirenarchen  277 Ekbatana, Residenz  58, 64 Ekstase  436 f., 441 Elagabal, Kaiser (218–222)  233, 257, 284, 293– 295, 310, 399, 439, 622 Eleazar, Neffe des Menahem, Rebell im belagerten Masada  205 f. Eleazar, Rebell im belagerten Jerusalem  201 Eleazar, Rebell im belagerten Machairous  203 Elefantenschlacht (zwischen 270 und 268 v. Chr.)  87 Elegeia, Ort  239, 261 Elektron, Metall  52 f. Eleutheropolis, Stadt  407, 457 Elfenbein  20, 75 f., 86, 178, 187, 394, 494  Ellatzbaas siehe Kaleb Ella Aṣbeḥa Elymais, Land 89, 276 Emesa, Stadt  191, 197, 222, 262, 289, 293–295, 297, 302, 430, 439, 457, 547, 552, 627 En-Gedi, Ort  204 Engel  350, 364, 422, 439, 478, 487 Enkidu, epischer Held  31, 568 Enūma Eliš, Epos  48, 55 Epameinondas, Staatsmann  322 Ephesos, Stadt  100, 108, 110, 130, 159, 165, 167 f., 176, 184, 190, 245, 247–252, 263, 270, 274, 278, 287, 319, 329, 342, 345 f., 348, 360, 370, 372 f., 386, 389 f., 422, 425, 449, 451, 511 f., 613 f. → Artemision  167, 372, 613; → Celsus­ bibliothek  250, 274; → Embolos, Straße  250; → Hafenstraße  250; → Hanghäuser 

250; → Konzil (431)  511; → Räubersynode (449)  512; → Staatsmarkt  249–251; → Vesper  110 Ephraem von Nisibis, Theologe  285, 361, 444, 470 f., 625 Epidemie /Seuche  263, 385 f., 441, 461, 525, 551 epigraphic habit  339, 420 Epigraphik  50, 283, 319, 338, 415 Epiktet aus Hierapolis, Stoiker  336, 356, 399, 441 Epikur, Philosoph  354, 356, 358 f. Epiphanes, Sohn des Antiochos IV. von ­Kommagene  208 Erato, Schwester und Mitregentin des ­Tigranes IV.  150 Eratosthenes von Kyrene, Gelehrter  26, 81 f., 92, 383, 615 Erdbeben  239, 250, 280, 312, 464, 475, 517, 537 Erdbeschreibung  25, 382 Erdteile  25 Erdumfangsmessung  82, 383 Erebuni, Ort  43 Eremiten siehe Anachoreten Erhebung siehe Aufstand Eridu, Stadt  28  Erythra Thalassa siehe Rotes Meer Esbounta, Stadt  407 Esimiphaios siehe Simyafa Ashwaʿ Ethik  168, 356, 358, 408, 415, 418, 442 Ethnarchen /Ethnarchie  114, 121, 155 f., 616 f. Etrusker  33 Etschmiadsin, Heiligtum  489 Euagrios, praefectus Augustalis  507 Euagrios von Epiphaneia, Kirchenhistoriker  381, 526 Euchaita, Ort  287, 350 Eucherios von Lyon, Bischof und Heiliger  569 Eudemos von Pergamon, Philosoph  385 Eudoxia, Kaiserin, Gattin des Arcadius  500, 608 Anm. 147 Eudoxios, Bischof  456 Eudoxios von Antiocheia, Arianer  454 Eudoxos von Knidos, Mathematiker und ­Astronom  26 Euergetismus  415, 419 Eugenios, reicher Polisbürger  419

Register Eugenius, Usurpator  498 Eumeneia, Stadt  420 Eumenes, Satrap, Strategos (323–315 v. Chr.)  71 Eumenes, Dynast, Neffe des Philetairos von Pergamon  88 Eumenes II. König (197–158/7 v. Chr.)  97 f., 100 f. Eunapios, Schriftsteller  354, 373 Eunomios von Kyzikos, Bischof  455, 457, 481 Eunuchen  262, 335, 396, 490, 500, 591 Anm. 199 Eupatoria, Burg  111 Euphemia, Gefangene und Geliebte C ­ hosraus I.  536 Euphrat, Fluss  15, 22, 34, 42, 48, 63 f., 66, 70, 77, 104–106, 108 f., 117 f., 122, 126, 133, 150, 152, 188, 191, 194, 208, 210, 214 f., 217–219, 222, 239–241, 243 f., 262 f., 265 f., 267–271, 276, 278 f., 283, 285, 293, 301, 307, 313 f., 324, 338, 345, 424 f., 466 f., 473, 488, 491, 530, 535 f., 538 f., 542–544, 562–565, 616, 627 Euphratensis, Provinz  457 Euripides, Dramatiker  83, 86, 118, 212, 408, 484, 566 Europa, Erdteil  17 f., 20–22, 25, 27, 52, 110, 127, 185, 576 Anm. 2 Eusebios von Caesarea, Kirchenvater  199, 287–289, 365, 380 f., 406, 427, 430, 449, 454, 456, 492 Eusebios von Nikomedeia, Arianer  454 Eustathios von Kappadokien, Philosoph  461 Euthydemos I., König (zwischen 225 und 190 v. Chr.)  88 Euxeinianos, Bürger in Hierapolis  424 f. Eva, Urfrau  413, 470 Exorzismus  424, 427, 448, 523 Expedition siehe auch Krieg Manlius Vulso (189 v. Chr.)  98; Aemilius Scaurus (62 v. Chr.)  222; Crassus (53 v. Chr.)  117 f.; Aelius Gallus (25 v. Chr.)  134–149; Petronius (zwischen 24 und 22 v. Chr.)  493; Chosrau I. (543)  539 Expositio totius mundi, Schrift  171, 506 ʿEzānā, König (erste Hälfte 4. Jh.)  495 ʿEzānā, Sohn des ʿEzānā, König (ca. Mitte 4. Jh.)  495 f.

Fadilla, Tochter Marc Aurels  425 Fanatismus  422, 427, 547, 567, 570 Farasan, Insel  237 Faustina II., Gattin Marc Aurels  264 f., 425, 621 Faustinopolis, Stadt  265, 475 Faustus, Historiker  492 f. Favorinus, Sophist  353, 371 Feldzug siehe Expedition, Krieg  Felsreliefs  52, 298, 300, 400, 468 Fernhandel siehe Handel Fest siehe auch Wettkampfwesen  55, 75, 91, 123 f., 155, 157, 160 f., 195 f., 236, 244, 249, 252, 310, 315, 321, 329, 335, 342–346, 348, 415, 428, 436, 446, 465, 526, 532, 562, 570, 583 Anm. 229  → Decennalien  310; → Laubhütten  160; → Maiumas  236; → Passah  155, 160 f.; → Prozession  123, 236, 265, 294; → Ptolemaieia  75 Festung  29, 42, 78, 93, 108, 115 f., 122, 126, 155 f., 194, 196 f., 199 f., 203 f., 217 f., 256, 299, 310 f., 313 f., 461 f., 466 f., 471, 484– 487, 535 f., 543, 547, 556, 564  Feudalismus  89 Feueraltäre  299, 487 Feuerwehr  321, 323 Finanzen  156, 170, 196, 245, 307, 318, 322, 343, 461, 501, 534 Finley, Moses, Historiker  70 Finsternis  55, 158, 289, 446, 571 Flachs  176 Flacilla, Kaiserin, Gattin des Theodosius I.  481, 497 Flamininus, Titus Quinctius, Feldherr  117 Flavia Neapolis, Stadt  258, 360 Flavian, Bischof  497 Flavius Boethos, Konsul  386, 600 Anm. 209  Flavius Silva, Belagerer von Masada  205, 207, 619 Fleischgenuss  164, 477 Florus, Statthalter  196 Fluvius frigidus, Schlacht am (394)  498 f. formula provinciae, Verzeichnis  317 Franken  559 Franklin, Benjamin, Politiker und Staatsmann  330

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Register Frauen 20, 35, 76, 81, 88, 105, 116, 158 f., 166, 175, 186 f., 202, 204–206, 237, 246, 284, 294, 307, 326, 331, 333, 335 f., 344, 346–349, 360, 363, 374, 394, 409, 415–417, 424, 430 f., 435 f., 441 f., 449, 454, 464, 467, 476 f., 479, 489 f., 504 f., 508, 523, 530, 533, 547 Fresken  15, 230, 474 Frieden  97, 118, 129 f., 149, 166, 219, 261, 298, 300, 304, 323, 552 f. Hethiter-Ägypter (1259 v. Chr.)  35; Apameia (188 v. Chr.)  97–99; Nisibis (299)  305, 459, 486, 488; Jovian (363)  471; Siebenjähriger (506)  533; Ewiger (532)  536; Fünfjähriger (545)  539; Fünfzigjähriger (561)  485, 539 Friedenssehnsucht  130 Frömmigkeit  91, 114, 125, 277, 415, 428, 448, 482, 567, 569, 571 Frumentius, Gefangener, Höfling und Bischof  495 f. Fulvius Quietus, Usurpator  302 Funktionäre  → ab epistulis  321; → corrector  318; → curator  379, 501; → dioiketes  74, 170, 501; → eklogistes  85; → exactor  501; → epi­ strategos  170, 173; → hyparchos  85; → idios logos  170; → iuridicus  170; → komarches  74, 176; → logistes  501; → nomarches  74; → oikonomos  85; → praefectus Alexandreae et Aegypti  51; → praefectus Augustalis  507; → praefectus equitum  260; → praefectus Ferresani portus (?) et Ponti Herculis  238; → prae­fectus Mesopotamiae  267; → praefectus praetorio per orientem 307, 525; → prae­fectus urbi  350; → praepositus  501, 505; → prae­ ses  298, 307, 327, 491, 501, 531, 534, 622; → procurator  155 f., 173, 189 f., 202, 219, 241, 267, 298, 307, 318, 321, 453, 582 Anm. 199; → p. ducenarius 453; → Präsidialp. 156, 189, 298, 307; → strategos  170, 277; → tabellarius  318; → tabularius  318; → toparches  74, 287 f.; → vicarius  307 Gadara, Stadt  112, 115, 360, 391 f., 400, 544 Gainas, gotischer Warlord  499

Gaius, Enkel des Augustus  150, 490, 617 Gajane, Märtyrerin  489 Galatarches  317 Galatia, Provinz  130 f., 150, 152, 167, 193 f., 208, 218, 298, 328, 345, 442, 617 Galatia/Cappadocia, Doppelprovinz  193 f., 208 Galatien /Galater  87 f., 99, 104, 116, 126, 239, 265 f., 299, 371, 471, 521, 530, 601 Anm. 210 Galen von Pergamon, Mediziner und Philosoph  83, 234, 355, 368, 385 f., 399, 622 Galerius, Kaiser (293–311)  304, 438, 448, 467, 489 Galgala, biblischer Ort  406 Galilaea, Land  114, 121, 155 f., 158, 189, 198 f., 458 Gallen (galloi), Priester der Tarʿāṯā  290, 435 f., 591 Anm. 199 Gallienus, Kaiser (253–268)  301 f., 366 Gallus, Kaiser (351–354)  460, 465 Ganges, Fluss  26, 182, 185 Gangra, Stadt  104, 130, 512 Ganzaka, Heiligtum  554 Garsaura, Stadt  475 Gaugamela, Schlacht bei (331 v. Chr.)  64 gawar, Gaue  488 Gaza, Stadt  50 f., 112, 381, 407, 430, 457, 500 Gaziura, Ort  105 gazophylakia, Schatzdepots  105 Gegenkaiser  199, 267, 297, 303, 366, 471, 565 Gelasios, Bischof und Kirchenhistoriker  380 Gelasius, Papst  159 Geld /Geldwirtschaft siehe auch Münze  53, 75, 105, 169, 178, 186, 221, 244, 260 f., 305, 307, 322, 326, 332, 343, 566 Gemellos, Tänzer  344 Gemina, Philosophin  508 Genezareth-See  158, 198, 391 f., 557 Geographie  26, 48, 80, 82, 381, 383, 387, 389, 488 Geometrie  482 f. Georg, Heiliger  486 Georgios, Bischof  496, 506 Georgios von Pisidien, Dichter  552 Georgios Kyprios, Verfasser einer Beschreibung der römischen Welt  542 Gerasa, Stadt  112, 225, 235 f., 245, 273, 345, 378, 457, 544, 586 Anm. 40

Register Gericht  91, 99, 101, 103 f., 158, 165, 168, 190, 259, 318, 326, 446, 523, 595 Anm. 11 → G.-barkeit  91, 170, 449; → G.-bezirke (conventus)  103; → G.-reden  369; → G.-verhandlung  322, 336 Germanicus, Neffe und Adoptivsohn des ­Tiberius  27, 162, 188, 191 f., 271 Gerrha, Hafen  276 Gerste  176, 523 Gesandtschaften  60, 101, 113, 149 f., 155, 173, 185 f., 189 f., 276, 284, 322, 327, 370, 395, 434, 460 f., 464, 487, 539, 551 Geschichtsschreibung  67, 92, 159, 186, 373, 378, 380, 492, 497 Gesetz siehe auch Lex  21, 30, 46, 54, 56, 73, 86, 91 f., 103, 113 f., 123, 133, 151, 154, 157, 161, 164, 168, 170, 195, 212 f., 251, 257, 265, 278, 283 f., 309, 322 f., 335 f., 361, 364, 386 f., 399, 416, 426, 428, 433, 458, 471, 482, 499, 500, 509 Gesetzgeber  349, 416 Getreide  74 f., 92, 176, 178, 221 f., 307, 313, 321, 324, 343, 425 f., 458, 466, 546, 554  Gibbon, Edward, Historiker  509 Gilgameschepos  30 f., 41, 48, 568 Gizeh, Grabstätte ägyptischer Herrscher  34 Gladiatoren/Gladiatorinnen  101, 179, 249, 332, 335, 340, 345, 348–350, 384 f., 430 Glas  178, 205, 278 Glykon, Orakelgott  359, 434, 620 Gnosis/Gnostiker  41, 165 f., 210, 284, 293, 362, 367, 422, 433, 442–444, 446 f., 494, 503, 569 Gogarene, Land  90 Gold  20, 46, 50, 52 f., 75 f., 114, 116, 120, 123, 178 f., 195, 232, 260 f., 284, 291, 293–295, 305, 309, 315, 333 f., 377, 413, 424, 436, 451, 462, 501, 530, 533, 536–538, 578 Anm. 59.84, 590 Anm. 182 Gordian III., Kaiser (238–244)  298, 300, 365, 379, 466 f. Gordion, Ort  52, 63 Gordischer Knoten  63 Gorneae, Ort  192 f. Goten  298, 304, 327, 380, 455, 471 f., 476, 496 f., 623

Götter /Gottesvorstellungen  30, 36, 41, 43, 46, 55–57, 61, 73, 86, 122, 130, 164 f., 232, 253, 273 f., 288, 292, 294 f., 358, 362, 364, 367, 375, 396–398, 421 f., 424, 428 f., 433–448, 454–457, 469 f., 483, 496, 498, 510–513, 559, 569–571, 586 Anm. 49, 605 Anm. 30 → Monotheismus  36, 168, 528; → Pantheon  448, 567; → Vielgötterei/Polytheismus  448, 469, 528, 549, 570 Gottesfürchtige (theosebeis)  167 Gousanastades, Höfling  531 Grab/Gräber  34, 41, 59, 72 f., 78, 110, 120, 122, 127, 158 f., 218 f., 226–229, 250, 260, 274 f., 282, 287, 303, 315, 337 f., 340, 342, 356, 376, 399 f., 402, 412, 420, 424, 427, 437, 471, 474, 496, 504, 506, 520 f., 526 f., 555, 557  → Architektur  274; → Felsg.  34, 226, 234; → Golgatha  161, 339, 468; → hierothesion (Kommagene)  121 f., 124; → Hypogäen  274; → Nekropolen  338, 340, 400, 419 f., 589 Anm. 151; → Reliefs  282, 399; → Sarkophag  72, 274 f., 315, 338, 344 f., 399 f., 402, 420; → Sema (Grab Alexanders des Großen)  72; → Tempelgrab  274 Graffiti  75, 184, 222, 224, 340 f., 565 Gräkobaktrier  88 Grammatik /Grammatiker  335, 353, 378, 382, 399, 482, 505, 507 Grand Camée de France siehe auch Edelstein  179 f. Granikos, Schlacht am (334 v. Chr.)  63 Gregor der Erleuchter, Neffe des Königs Trdat  489 Gregor der Wunderwirker  304, 365, 476, 481 Gregor von Nazianz  470, 479 f., 482 Gregor von Nyssa, Kirchenvater  455, 457, 476, 481 Gregorios, Patriarch  410 Griechen  19, 21, 23, 39, 48, 53–58, 69 f., 73 f., 85, 87, 95, 97, 104, 107, 109, 113, 115, 144, 154, 160, 163, 167, 172 f., 181 f., 184, 197, 243, 246, 328, 330, 332, 335, 352, 354, 360, 390, 464, 497, 559 f., 581 Anm. 156, 612  Grumbates, König (4. Jh.)  462 Grundbesitz siehe Land → Besitz Gubazes I., König (Mitte 5. Jh.)  484

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Register Gubazes II., König (541–555)  485 Gurgum, neohethitisches Fürstentum  41 Guzana, Ort  42 Gymnasium siehe Polis → Gymnasium Habakkuk, Prophet  114 Habrokomes, Romanheld  389 Hadad, Gott  433, 435 Hades, Gott  57, 73, 434 f. Ḥaḍramawt, Reich  50 f., 142, 549 f. Hadrian, Kaiser (117–138)  169, 221, 233, 243– 250, 252, 254 f., 257, 261, 271, 277, 320, 325, 328, 335, 343, 360, 370, 373, 378 f., 428, 503, 508, 567, 620 Hadriane/Hadrianeia, Stadtname  233, 245, 271, 277, 342 Hadrianoi am Olympos, Stadt  245 Hadrianopolis, Stadt  245 Hadrianos von Tyros, Sophist  372, 386, 399, 601 Anm. 209 Hadrianutherai, Stadt  245, 371 Haijan, Weihender  231 Hairan, Palmyrener, Vater des Odainathos  302 Haixi, Königreich  187 Halala, Ort  265, 621 Ḫālid ibn al-Walīd, General  303 Halikarnassos, Stadt  348 Halule, Schlacht von (691 v. Chr.)  47 Halys, Fluss  104, 111, 474 Hamath, neohethitisches Fürstentum  42 Hammurapi, König von Babylon (1792–1750 v. Chr.)  30, 612 Han-Dynastie/Han-Reich  186 f., 275 Hananias, Jünger Jesu  166, 289 Handel  29, 32, 38, 50 f., 75, 100, 105, 138, 149, 177–187, 221, 225, 252, 271, 275–278, 283, 302, 389 f., 413 f., 457, 466, 494, 520, 562 f., 566 f. → Fernh.  177, 183, 275, 278, 302, 414, 566; → Indienh.  75, 179, 182, 276; → Karawanenh.  50, 271; → Luxusgüter  75, 187, 252, 566; → Markt  178, 182, 187, 331, 346, 461, 465 f., 519, 562; → Metalle  32, 178, 309; → Seidenh.  185, 283; → Zwischenhändler  181, 185, 187 Handwerk  46, 48, 55, 67, 75, 86, 100, 105, 144,

168, 178, 249, 281, 329, 338 f., 388, 392, 397, 411 f., 443, 447, 453, 505, 518, 565 Hannibal, Feldherr  95, 97 f., 126 Hannibalianus, König (335–337)  459 Harappa, Ort  185 Häresie/Häretiker siehe auch Sekten  164–166, 284, 300, 351, 356 f., 363, 365, 380, 425, 427, 433, 441 f., 448, 455, 497, 500, 515, 522, 547, 570, 575 Anm. 12  Al-Hāriṯ ibn Jabalah siehe Arethas Ḥariṯat siehe Aretas Harmozika, Festung  218, 486 Harnack, Adolf von, Kirchenhistoriker  164, 168 Harran, Ort  117, 299, 531 f., 617 Hasmonäer  92 f., 112 f., 155, 157, 203 Haterius Nepos, Statthalter  256 Hatra, Stadt  242, 266 f., 410 Hatschepsut, Königin (zwischen 1479 und 1445 v. Chr.)  34 Hatti  37 f., 41, 579 Anm. 100 Ḫattuša, Hethiterhauptstadt  37–39 Ḫattusili I., König (1565–1540 v. Chr.)  39 Hauran/Hauranitis, Land  234, 237, 300, 325 Hautfarbe  22, 284, 330 Hawking, Stephen, Physiker  55 Ḫaznat al-Firʿawn  227 f. Hebräer  43 f., 362, 510, 612 Hedschas-Bahn  136 f. Heiden /Heidentum  69, 164, 190, 362, 374, 380, 417, 465, 471 f., 497, 500, 507, 509, 547, 553 → H.-christen  164; → H.-mission  164; → Hellenen  363 f., 482, 510, 553 Heilige  73, 350, 419, 425–427, 432, 437, 486 f., 500, 524, 528 f., 569 Heilung  288, 340, 424, 486, 503, 505, 523, 525 Heine, Heinrich, Dichter  49 Hekataios von Milet, Gelehrter  25 Hekatomniden, Dynastie  94 Helena, mythische Frauengestalt  20, 213, 374 Helena, Kaiserin, Gattin Constantius’ I.  463 Heliodoros von Emesa, Romanschriftsteller  390 Heliodoros Arabs, Sophist  373 Heliopolis, Ort  171 Heliopolis, Schlacht bei (641)  556 Helios, Gott 123, 293 f., 390, 422, 437 f., 439

Register Heliozentrizität  82 Hellenen siehe auch Heiden → Hellenen  20 f., 62, 123, 246, 328 f., 398, 481 Hellenenbund  62, 103, 129 Hellenisierung  21, 68, 76, 84, 105, 113, 155, 184, 255, 272, 279, 328 f., 342, 561, 563 Hellenismus  69 f., 201, 279 Hellenopontos, Provinz  476 henosis, theologische Doktrin  165, 511 f. Hephthaliten  530–532 Heraiskos von Panopolis, Esoteriker  375 Herakleia, Stadt in Thrakien  449 Herakleia Pontike, Stadt am Schwarzen Meer  111, 318 Herakleides, Lykier, Sophist  370 f. Herakleios, Kaiser (610–641)  487, 552–556, 628 Herakleitos von Rhodiapolis, Dichter und Mediziner  384 Herakleopolis, Stadt in Ägypten  34 f. Herakleopolis, Stadt in Pontos  152 Herakles-Artagnes-Ares, Gott  123 Heraklit von Ephesos, Philosoph  56, 613 Herculaneum, Stadt  250, 351 Herennius Philon von Byblos, Grammatiker  378 Hermes, Gott  123, 367, 377, 397, 482 Hermippos, Grammatiker  335, 378 Hermogenes von Tarsos, Sophist  265, 370 f. Hermokrates, Strategos in Syrakus und ­ omanfigur  390 R Hermoupolis, Stadt  175, 333, 336, 344, 459, 503 Herodes der Große, König (40–4 v. Chr.)  78, 119–121, 154 f., 161 f., 189, 193, 195 f., 199 f., 203, 223, 365, 617 Herodes von Chalkis, Dynast  189 Herodes Agrippa I., Tetrarch und König (37–44) 189, 618 Herodes Agrippa II., König (50–92/3)  156, 189–191, 197 f., 203, 213, 253, 564, 618 Herodes Antipas, Tetrarch (4 v. Chr.–39 n. Chr.)  155–157, 189, 203, 617 Herodes Atticus, Sophist  264, 355, 370–372, 379, 392 Herodian, Historiker  295, 379  Herodion, Festung  199

Herodot von Halikarnassos, Historiker  20, 25, 36, 58, 186, 212, 382, 482, 581 Anm. 155 Herrscherkult siehe auch Kaiserkult  73 Heruler  304, 476 Hesiod, Epiker  41, 394, 492 Hesychios von Milet, Universalhistoriker  374 Hethiter  32, 34 f., 37–41, 43, 58, 63, 76, 89, 332, 473, 579 Anm. 100, 611 f. Heuschrecken  522, 525 Hierapolis, Stadt in Phrygien  240, 284 f., 336, 345, 356, 371, 420, 423–426, 432, 591 Anm. 199 Hierapolis Bambyke, Stadt und Heiligtum in Syrien  117, 435, 457, 466, 523, 536, 594 Anm. 305 Hierapolis-Kastabala, Stadt und Heiligtum in Kilikien  437 Hierokles, Verfasser eines Verzeichnisses von Provinzen und Städten  540, 542 Hieronymus, Kirchenvater  165, 381, 505 Hiğaz, Land  222, 237 Himerios von Prusias, Sophist  371 Himmelfahrt  61, 287, 438 Ḥimyar, Reich  50–52, 149, 525, 549 f., 616 Hinduismus  86, 514 Hindukusch, Gebirge  16, 27, 64, 66, 88, 182 Hinrichtungen  161 f., 349, 430 Hippodrom  162, 236, 239, 283, 315, 345, 365, 465, 516, 519, 538, 562 Hippolyte, Amazone  408 Hippolytos, tragischer Held  408–410 Hippolytos von Rom, Schriftsteller  442 Hippolytos-Halle, Madaba  407, 544 Hippos, Stadt  112 Al-Ḥīra, Ort  547, 551, 554 Ḫirbat al-Mafǧar, Ort  557 Ḫirbat al-Minya, Ort  557 Hirt des Hermas, Schrift  418 Ḥiṣn Kayfā siehe Kiphas  314 Historiographie siehe Geschichtsschreibung Hohepriester  90 f., 114, 156, 166, 189, 197, 615 f. Holy Man  528 f., 571 Homer, Dichter  20, 31, 47, 79, 81, 86, 184, 212, 220, 347, 352, 360, 373 f., 377, 384, 394–396, 402, 435, 474, 482, 559 f., 566  honestiores, Stand  430

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Register Honorius, Kaiser (395–423)  498 f. Horapollon von Panopolis, Schriftsteller  375 Hormizd I., König (270/2–273)  301, 304, 488 Hormizd IV., König (579–590)  551, 627 Hosios kai Dikaios, Botengötter  439 Hou Hanshou, Dynastiegeschichte  186 Hripsime, Märtyrerin  489 Huarte, Ort  402 Humayma, Wüstenschloss  557 humiliores, Stand  430 Hungersnot  173, 202, 212 f., 262, 466, 522, 525, 566 Hunnen  497, 499, 533, 538 Huntington, Samuel, Politikwissenschaftler  19 Hyksos  34 Hymnenbuch  374 Hymnus an die Seele siehe Perlenlied Hypatia, Philosophin  174, 367, 375, 383, 508 f., 607 Anm. 111, 626 Hypatios, Abt  350 Hypatios, Feldherr  533 Hyperboreer  19 Hyphasis, Fluss  66 Hyrkaner/Hyrkanien, Land  193, 291 f. Hyrkanos II., Hohepriester und Ethnarch (63–40 v. Chr.)  113 f., 121, 616 Iamblichos, Romanschriftsteller  389 Iamblichos aus Chalkis, Neuplatoniker  367, 461, 464, 469 Iarhibol, Gott  15 Iason, mythischer Held  82, 90 Iazygen  264 Iberer/Iberia, Reich  90, 107, 110, 116, 192 f., 219, 239, 261, 301, 305, 486–490, 496, 564 Ibsen, Henrik, Dramatiker  468 Idumaea, Land  122, 155 f., 254, 340 Ignatius, Bischof  165, 422, 602 Anm. 260 Ikonion, Stadt  318, 437 Ilasaros, Stammesführer  141 Ilias, Epos  20, 31, 47, 374, 476, 559 f. Ilion, Stadt  97 Illyrer  95, 98, 131, 265 f., 327, 486 Ilšaraḥ siehe Ilasaros imitatio Alexandri  68 imitatio Christi  426

Inder/Indien  18, 66, 68, 75–77, 86, 111, 150, 178 f., 181 f., 184 f., 187, 241, 252, 275 f., 284, 354, 362, 365, 374, 413, 446, 464, 494 f., 514 f., 566, 616  Indus, Fluss  26, 66, 178, 298 Invasion siehe auch Krieg  563 Assyrer in Ägypten (664 v. Chr.)  35; Alexander in Ägypten (332 v. Chr.)  36; Perdikkas in Ägypten (320 v. Chr.)  71; Kelten in Klein­asien (278 v. Chr.)  87; Antiochos III. in Palästina (218 v. Chr.)  77; Römer in Armenien (58 n. Chr.)  193; Hunnen in Syrien (395)  499; Khaleb Ella Aṣbeḥa in Ḥimyar (519)  549, 626; Chosrau in Syrien (540)  536; Seldschuken in Armenien (11. Jh.)  492 Investitur  156, 189, 194, 208, 238, 296 Ioannes Chrysostomos, Kirchenlehrer  373 Ionien/Ionier  25, 48, 51, 53–55, 58, 77, 83, 96, 296, 346, 390, 392, 560, 613 Iotapata, Stadt  198 Iphigenie, mythische Königstochter  402 Ipsos, Schlacht bei (301 v. Chr.)  71, 614 Irenäus von Lyon, Kirchenvater  159, 164–166, 433 Iris, Fluss  104, 111 Isaak, Monophysit  515 Isaios Assyrios, Sophist  373 Isauria, Provinz  151 Isaurien, Land  253, 265, 299, 307, 400 Isis, Göttin  74, 127, 172, 433 Islam  18, 36, 355, 515 Isopsephismen, Wortspiele  340 Israel  17, 29, 36, 41, 43–46, 48, 113, 204, 206, 254, 256, 313, 406, 411, 568, 612 f. Issedonen  19 Issos, Ort  112 Issos, Schlacht bei (333 v. Chr. und 194)  63, 267, 592 Anm. 247, 621 Ištar, Göttin  105, 270 Italica, Stadt  243 Itj-Tawy, Ort  34 Iudaea, Provinz  22, 106, 113 f., 120–122, 151, 155–158, 160, 170, 173, 189, 191, 193, 195 f., 198 f., 201–203, 205, 214, 223 f., 243, 246, 253–255, 257, 259, 299, 317, 324 f., 338, 340, 439, 458, 565, 620

Register Iulia Avita Mamaea, Mutter des Severus Alexander  293, 297 Iulia Domna, Mutter Caracallas  321 Iulia Maesa, Schwägerin des Septimius Severus  293, 295 Iulia Sohaemias, Mutter Elagabals  293 Iuliopolis, Stadt  243 Iulius Alexander, Tiberius, Präfekt  170, 173, 199 Iulius Avitus Alexianus von Emesa, Senator  293 Iulius Celsus Polemaeanus, Statthalter  250 Iulius Maternus, Kaufmann  250 Iulius Pacatianus, Procurator  267 Iulius Priscus Apollinarius, Soldat  234 Iulius Severus, Sextus, Senator  256 Iulius Terentius, Tribun  412 Iuniperus-Baum  138 Iupiter, Gott  15 Jahwe, Gott  44, 46, 470 Jakob von Nisibis, Asket  523 Jakob von Serugh, Verfasser einer Homilie  346 Jakobus, Bruder Christi  159, 162–164 Jamnaja siehe Ionien/Ionier Jamnia, Stadt  112 Japan  17, 514 Jason, Hohepriester  91, 615 Jehu, König (ca. 841–814 v. Chr.)  44 Jemen  12, 16, 20, 33, 50 f., 133, 136, 138, 140, 142, 145, 222, 451, 530, 549–551  Jericho, Stadt  44, 411, 557 Jerusalem, Stadt  27, 44, 46, 49, 90–92, 113 f., 117, 121 f., 154–156, 158, 161–168, 189 f., 195– 203, 213, 215, 225, 240, 250, 253–256, 286 f., 289, 318, 324 f., 339, 381, 402, 405–407, 417, 441, 450 f., 455, 479, 486, 516, 534, 544, 552 f., 555 f., 613, 616, 618 f., 628 → Antonia (Festung)  122, 156, 196, 200; → Colonia Aelia Capitolina  255, 257; → Golgatha  161, 339, 468; → Herodes­ palast  161, 196; → Kirchen: Grabesk.  406, 451, 555; Maria Theotokos  451; → Klagemauer  202; → Tempelberg  161, 196, 201; → xystos (Säulenstraße)  200 Jesus siehe Christus

Jesus-Kriege  513 Jesus, Gatte der Babatha  259 Jesus, Sohn der Babatha  259 Jesuskind  377 Johannes, Evangelist  159 f., 422, 451, 544 Johannes, Rebell  201 Johannes der Täufer  157 f., 160, 203, 406 Johannes von Nikiu, Bischof und Chronist  508, 552 Johannes Chrysostomos, Kirchenvater  492, 497, 499, 507, 625 Johannes Malalas, Chronist  381, 516, 519, 524 Johannes Xiphelinus, Epitomator  256 Jonathan, Hohepriester  92, 158 Joppa, Stadt  112 Josephos, Schriftsteller  92, 113, 156, 160, 198– 203, 205, 214, 255, 352, 378, 399, 619 Joshua Stylites, Chronist  346, 381, 499, 532 Josia, König (640–609 v. Chr.)  46 Jovian, Kaiser (363–364)  471, 489 Juda, Königreich  44–46, 612 f. Judäer  116, 190, 264, 378 Judah, Gatte Babathas  259 f. Judas Makkabaios, Priester  92, 113, 234 Juden/Judentum  17, 22, 46, 49, 74, 78, 87, 90, 93, 112–114, 119, 131, 154–161, 163, 166–168, 172 f., 189–191, 195, 197, 199, 201 f., 207, 212–214, 223, 253, 257–260, 284 f., 288, 330, 332, 338, 352, 355, 360, 362, 378, 412, 422, 427, 433, 439, 479, 497, 500 f., 503, 507, 525, 551, 553, 566, 585 Anm. 32, 602 Anm. 262, 618, 620 → Antisemitismus  154, 173; → Beschneidung, B.verbot  92, 157, 168, 257; → Dia­ spora  91, 154, 172, 202, 243, 253, 258, 338, 361, 433, 475, 565, 567; → Pharisäer  113, 157, 164, 166, 197 f.; → Philosemitismus  154; → Pogrome  173, 197, 618; → Prose­ lyten/Proselytismus  154, 201, 258; → Rabbiner  198, 203; → Sabbat  91, 157, 205; → Sadduzäer  113, 157, 161; → Samaritaner  157; → Sanhedrin (Gerichtshof)  191; → Sikarier  157; → Speisen  91 f., 157, 164; → Synagoge  15, 46, 154, 162, 166 f., 201, 205, 412, 420, 433, 507, 525; → Zeloten  157, 199, 205

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Register Julian, Kaiser (360–363)  39, 356, 358, 363, 367, 372, 387, 399, 417, 464–470, 476, 479, 482, 500, 506, 510, 555, 571, 625 f. Julius Africanus, Gelehrter und Chronist  284, 381 Jung, Carl Gustav, Psychiater  444 Jungfräulichkeit  478, 481, 504 Jurisprudenz siehe Recht Justin der Märtyrer, Schriftsteller  258, 357, 360, 399, 428, 442 Justin I., Kaiser (518–527)  484, 535 Justinian, Kaiser (527–565)  159, 303, 351, 365, 368, 374, 387, 451, 484 f., 491, 517, 519, 536, 538, 542–544, 546–548, 551 Justus von Tiberias, Schriftsteller  199 Juvenal, Satiriker  36, 173, 325 Kaʿba-i-Zardušt, Gebäude  298 Kabeira, Ort  105, 112 Kainepolis, Ort  262 Kaiphas, Hohepriester  161 Kaisareia am Argaios, Stadt  188, 208, 301, 449, 475–477, 479, 489, 552, 554, 625 Kaisarion, Sohn Caesars und Kleopatras  119, 127 Kaiserbilder  131, 195, 428 Kaiserkult  73, 133, 184, 248, 252, 258, 274, 276, 317, 348, 428, 448, 570 Kaiserpalast  245, 315, 386, 455, 516 Kalbenos Tauros, Platoniker  355 Kaleb Ella Aṣbeḥa, König (um 520)  549 f. Kalender  36, 129, 570 Kallimachos von Kyrene, Dichter  81 f. Kallinikos, Königssohn  208 Kallinikos, Stadt  536, 539 Kallinikos, Schlacht bei (531)  536 Kallirhoe, Romanheldin  388 Kalypso, Dirne  340 f. Kambyses, König (530–522 v. Chr.)  36, 59, 613 Kamel  76, 97, 117 f., 136, 222, 274, 278, 458 Kanaanäer/Kanaan, Land  29, 43–45, 50, 117, 611 Kannibalismus 19, 173, 202, 243, 533 Kant, Immanuel, Philosoph  377 Kappadokier /Kappadokien  23, 48, 63, 88, 100 f., 104–107, 109–111, 126, 152, 188, 192, 201, 208, 239, 266, 270, 299, 301, 304, 359,

371, 389, 429, 432, 435, 437, 441 f., 464, 473–483, 486, 489, 500, 505, 530, 554, 562, 583 Anm. 229, 615, 623, 625 → Kappadokarches  317 Karana-Herakleopolis, Stadt  152 Karanitis, Land  152 Karawane  15, 50 f., 112, 144, 177, 271, 274, 276– 278, 301, 495, 565 Karcha, Ort  555 Karchmoba, Stadt  407 Karenitis, Land  90 Karer /Karien  19, 26, 36, 53 f., 76, 94, 96, 98 f., 107, 131, 154, 179, 296, 390 Karibʾil Watar bin Ḏamarʿalī, Herrscher ­(frühes 7. Jh. v. Chr.)  50, 549 Karkamiš, neohethitisches Fürstentum  42 Karkiša, Land  53 Karpokrates, Häretiker  433 Karthago, Stadt  95, 417, 442 Kartographie  383 Kārum Kaneš, Stadt  32, 105, 270, 583 Anm. 229, 611 Kārum-Zeit  38 Kaspiane, Land  90 Kaspische Tore  64 Kaspisches Meer  88, 111, 218 f., 291 Kassandros, König (305–297 v. Chr.)  71 Kassia, Gewürz  76, 178, 181 Kassios Longinos von Emesa, Neuplatoniker  365 Kassiten  31 Kastalia, heilige Quelle  465, 519 Kastration  257, 335 Kastron Mephaa 407, 527 Kastron Zadakathon  545 f. Kataonier  90 Kataphrakten siehe Militär → Panzerreiter Kataster  261 katholikos, Finanzbeamter  501 katholikos, Kirchenamt siehe Kirche (Institution) Kaufleute siehe Handel Kaukasus, Gebirge  23, 105, 150, 214, 218 f., 239, 279, 298, 305, 338, 440, 451, 484, 486, 530 f., 536 Kavadh I., König (488–496 und 499–531)  484, 487, 491, 529–533, 535 f., 562, 564, 626 f.

Register Kavadh Shiroe, Sohn Chosraus II. und König [Kavadh II.] (628)  555, 628 Kelenderis, Ort  405 Kelsos, Philosoph  362 f., 367, 440, 470, 571, 620 Kelten  87, 354 Kerasus/Pharnakeia, Stadt  104, 188 Kerberos, Höllenhund  340 Kerdon, Häretiker  433 Kerinthos, Sektengründer  416, 433 Kerkopen, mythische Räuber Khuzistan, Land  299 Khyberpaß  66 Kilikien  39, 41 f., 48, 76 f., 98, 107, 109–111, 116, 119 f., 122, 126, 130, 152, 163, 184, 191, 208, 211, 243, 245, 253, 264, 266, 299–301, 307, 325, 371, 389, 400, 425, 435, 442, 464, 491, 493, 555, 560, 620, 623 Kilikische Pforte  265 f., 303, 464, 470, 592 Anm. 247 Kimmerier  42 Kinaidokolpitai  495 Kinder 190, 284, 334, 337, 363, 416, 443, 458, 500 → K.-sterblichkeit  176 Kinder des Brautgemachs  443 Kinder des Lichts /der Finsternis  158 Kinnamon siehe Zimt Kinnamos, Name  187 Kiphas, Stadt  314 Kirche (Bauwerk)  233, 281 f., 285, 287, 303, 311–313, 315, 338, 350, 404 f., 411, 413, 433, 442, 450 f., 473, 477, 486 f., 489, 492 f., 507, 521, 526 f., 534, 544–546, 549–551, 553, 557 f., 626 → Anastasisrotunde, Apostelk. in Kon­ stantinopel  451; → Babylask. in Antiocheia  451; → Baptisterium  413, 527, 545;→ Bizzosk.  451; → dominicum aureum, domus aurea, «die Große», «die Oktogonale», «Concordia» oder «Homonoia» in ­Antiocheia  451, 516, 519; → Erzengel ­Michael-K. in Antiocheia  519; → Gedächtnisk. in Gerasa  544, ; → Georg-K. in Gerasa  544; → Grabesk. in Jerusalem  406, 451, 555; → Heiligkreuzk. Insel Achtamar  493; → Höhlenk.  474; Irenenk.

in Konstantinopel  315; → Johannes-K. in Gerasa  544; → Kathedrale in Gerasa  544; → Kosmas-und-Damian-K. in Gerasa  544; → Maria-Theotokos-K. in Antiocheia  519; → Maria-Theotokos-K. in Jerusalem  451; → Maria-Theotokos-K. in Petra  545; → Michaelion  402; → Mušabbak  450 f.; → Oktogonalk. in Gadara  544; → Peterund-Paul-K. in Gerasa  544; → Qalʿat Semʿān  516, 526, 626; → Qalb Lauza  451 → Säulenbasilika  451; → Sophienk./Hagia Sophia in Konstantinopel  315, 381, 451; → Stephanosk. in Umm ar-Raṣāṣ  313, 405, 407, 527 f., 557; → Tetrakonchen  451; → Theodoros-K. in Gerasa  544; → Weitarkadenbasilika  451 Kirche (Institution)  165, 171, 248, 285, 287, 350, 425, 441 f., 448, 453, 487, 489, 496, 499, 513–515 → Amt/Ämter: Bischof  165, 171, 285, 351, 419, 429, 431, 478 f., 432, 449, 453–456, 465, 477–479, 492, 496, 503, 512, 514, 522, 547, 563; chorepiskopos 432; Diakon  429, 449, 455, 475 f., 499, 522, 545 f.; Exarch  449; Kantor  432; Katholikos  513 f.; Metropolit  375, 449, 455, 477, 489, 503, 544; ­parabalani  509; Patriarch/Patriarchat  172, 381, 410, 449 f., 495 f., 500, 503, 506–509, 511 f., 515, 544, 553, 556, 625; Presbyter  163, 449, 455, 475, 522; Vorleser (anagnostes)  381, 430, 432, 499, 507, 509; → Apostel  159, 163, 168, 380, 418 f., 425 f., 433, 444, 449, 512, 563; → Exkommunikation  431, 442, 453, 500; → K.-geschichte  380 f.; → K.-spaltung  453, 511–515; → K.-väter  36, 199, 350 f., 373, 431, 457, 473–483, 499 f.; → Konzil: Apostelkonzil (ca. 48)  163, 618; Nikaia (325)  303, 366, 433, 455, 624; Konstantinopel (381)  433, 449, 480, 604 Anm. 3; Ephesos (431)  511; Chalkedon (451)  381, 433, 449, 499, 512, 544, 626; → Mission/Missionare  164, 166–168, 187, 290, 292, 363, 365, 367, 414, 422, 432, 446, 495, 514; → Schisma  431, 506, 513, 603 Anm. 287; → Synode: Latopolis (345)  505; Eichensynode (403)  500; Räubersynode Ephesos (449)  512

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Register Kirkesion, Stadt  278, 536, 544 Kisch, Stadt  28 Kitharizon, Festung  543 Kittiʾim, Bezeichnung für die Römer (?)  114 Kizzuwatna, Land  39 Klaros, Orakelstätte  421, 434 Klassik /Klassiker  31, 346, 352 f., 369, 387, 469, 482, 566  Kleidung  90, 123, 205, 291, 327, 411 f., 436, 477 f. → Diadem  125, 411, 462; → pilleus  101; → Schuhe  101, 310, 412; → Tiara  125, 293, 397; → Toga  101, 103, 106, 275, 291 f. Kleinarmenien, Land und Königreich  104, 107, 111, 152, 188, 191, 208, 217, 245, 432, 437, 456, 489 Kleinstaaterei  69, 561 Kleopatra VII., Königin (51–30 v. Chr.)  119 f., 127, 151 f., 171, 357, 388, 617 Kleopatra Selene, Tochter des Marcus Antonius und der Kleopatra  127 Kloster  351, 381, 473, 476–480, 489, 503–505, 515, 521, 525–527, 534, 557 f., 626  → Besuch  505; → Gemeinschaft  505; → Koinobiten  477; → Leben  503 f.; → praepositus  505; → Regel  504 f. koine, Einheitskultur  87, 95, 560 f. Kolb, Anne, Historikerin  187 Kolchis, Land  81 f., 107, 110 f., 116, 218, 484 Kolluthos, Ependichter  374 Koloē, Handelsplatz  494 Kolonie/Kolonisierung siehe auch Colonia  43, 50 f., 68, 85, 105, 117, 151 f., 184, 222, 318, 494, 530, 583 Anm. 229 Kolonnadenstraße siehe plateia  Kom el-Dikka, Ort  354, 508, 563 Komana, Stadt in Kappadokien  475 Komana Pontica, Tempelstaat  105, 112, 188, 500, 625 Komarchen, Dorfvorsteher  74 Kombabos, Jüngling  435 Kommagene, Göttin  123 Kommagene, Land und Königreich  42, 110, 112, 116, 121 f., 126, 152, 188, 208, 213, 215, 222, 225, 239, 266 f., 391, 438, 457, 564, 589 Anm. 151.155, 616, 618 

Kommunismus  417, 530 Konfuzianismus  514 König/Königtum siehe auch Titel → König  33, 42, 44, 46, 61, 69, 73, 87, 89, 301, 485, 491 → Doppelkönigtum  44; → Gott­königtum  295; → Heerkönigtum  62, 73; → Kleink.  35, 41, 111, 125, 290; → Klientelk.  106, 122, 151, 193, 222, 225, 238, 261, 280, 333, 458 f., 490 f., 550, 564; → K.-inschriften  30, 58 f., 496; → K.-land  74 85, 103; → K.-liste: assyrische  31; sumerische  28; → K.-monopol  75; → K.-sklaven  100; → Stadtk.  35, 53 f., 612; → Tatenberichte  41 f., 47; → Vizek.  85; → weiser K.  212–214 Königswand, Felsfassade  228 f. Konstantin, Statthalter  531 Konstantin der Große, Kaiser (306–337)  27, 248, 290, 314 f., 327, 350, 430, 433, 439, 448–450, 453, 455–457, 459, 463, 486, 498, 504, 516, 531, 569 Konstantin III., Sohn des Herakleios und ­Kaiser (641)  554 f. Konstantin Porphyrogennetos, Kaiser (913–959)  286, 329 Konstantinische Wende  289, 368, 418, 449, 453 Konstantinopel  18, 22, 315, 351, 361, 410, 463 f., 480, 484, 497, 506, 513, 535 f., 538, 547, 549 f., 551, 553–555, 559, 624  → Augusteion  315; → forum Constantini  315; → Goldenes Horn  18, 315; → Kirchen: Apostelkirche  315, 451, 500; Hagia Sophia  315, Irenenkirche  315; → Tetrastoon  315 Kontinente siehe Erdteile Konversion  357, 486 Konzerthalle siehe Odeion Konzil siehe Kirche → Konzil; → Synode Kopernikus, Nikolaus, Astronom  83 Koptos, Ort  75, 148, 179, 277, 459 Korea  514 Korrespondenz siehe Briefwechsel Korruption  323, 534, 543 Kosmas Indikopleustes, Mönch und Kaufmann  77, 494, 514, 549, 626 Kosmologie  49, 363, 567, 586 Anm. 40 Kosmopolitismus  201, 391, 439, 473

Register kostos, Gewürz  182 Kostos, Name  187 Kotys, König (38–vor 54)  191 Krankheit  57, 148, 192, 256, 262, 287, 297, 385, 427, 522 Kranzagon siehe Wettkampfwesen Krateros, General  66, 71 Kreuzigung siehe auch Strafe  156, 161, 190, 214, 390, 430, 618 Kreuzpass  218 Kreuzritter  241, 537 Kreuzzug  67, 559 Krieg  21 f., 29, 44, 47 f., 51, 59, 68, 86, 95, 97, 111, 114, 116, 129 f., 133, 148, 191, 210, 213, 219, 224, 233, 244, 261, 268 f., 304, 324 f., 332, 335, 350, 368, 393, 458, 484 f., 549, 563 f. → Antiochischer K.  97; → Aristonikosk.  101; → Bar-Kochba-K.  254–257; → Bürgerk.  77, 118 f., 127, 264–267; → Dakerk.  224, 333; → Diadochenk.  71 f.; → Jesus-K.  513; → Jüdischer K. (bellum Iudaicum)  157, 168, 195–207, 218, 378; → Kommagenischer K. (bellum Commagenicum)  208; → K.-berichte  42, 47; → K.-gefangene  327, 538; → Laodikek. 77; → Makedo­ nischer K.  95 f., 99; → Mithradatische K.  103, 105, 107 f., 616; → Partherk.: Antonius  119, 125 f.; Nero  193–195, 616; Traian  238–243, 332; Marcus Aurelius und Lucius Verus  261–264; Septimius Severus  267; Caracalla  268, 622; → Palmyrener  302 f.; → Perserk.  20; → Perseusk.  98 f.; → Sasanidenk.: Schapur I.  298–301; Odainathos  301 f.; Carus  304; Constantius II.  379, 460–463; Julian  379, 463–469; Anastasios  531–533; Justinian  535–538; Herakleios  552–556; → Syrische K.  76 f., 614 f.; → Trojanischer K.  559 Krispos, Wettkämpfer  344 Kritobulos, Historiker  559 Kroisos, König (zwischen 547 und 530 v. Chr.)  52, 58 f. Ktesiphon, Residenz  89, 112, 191, 211, 240– 244, 262, 264, 267, 292, 302, 304, 333, 433, 445 f., 461, 466 f., 490, 513 f., 537 f., 539, 547, 551, 553, 555, 620 f., 623, 628

Kult  46, 52, 73, 79, 84, 90, 95, 97, 123 f., 130, 133, 202, 248, 274, 390, 427, 434 f., 438, 503 → Gesetz  123; → Höhle  125, 438; → Vereine  79, 272, 563 Kültepe siehe Kārum Kaneš Kummuḫ, neohethitisches Fürstentum  41, 122 Kunst  34, 44, 48, 52, 54, 89, 94, 96, 179, 248 f., 279, 351, 375, 377, 382, 388, 393, 395, 399– 414, 498, 548, 556, 559 f., 562, 568 → Sprache  351–353, 369, 371, 566; → Stil  226, 228, 352, 369, 371, 411, 510 Kupfer  38, 53, 75, 221, 305 Kuschanherrscher  413, 529 Kūshānāyē siehe Hunnen  499 Kushiten  35 Kussara, Stadt  38 Kybele, Göttin  52, 433, 437, 464, 591 Anm. 199 Kybistra, Stadt  475 Kydnos, Fluss  120, 470 Kylakes, Eunuch  490 Kynismus  356, 359 f. Kyrene, Stadt  163, 201, 243, 375 Kyrillos von Alexandreia, Patriarch  470, 507, 509–513, 571, 625 f. Kyros, Fluss  110 Kyros II., König (ca. 558–530 v. Chr.)  46, 49, 52, 58–60, 64, 106, 110, 296, 473, 556, 613 Kyrrhestike, Land  118, 325 Kyrrhos, Stadt  163, 193, 262, 325, 521, 543 Kyzikos, Stadt  245, 249, 266, 346, 457 Labarna, Herrscher  39 Laberius Maximus, Statthalter  333 Labienus, Quintus, Feldherr  122, 388 Lachis, Stadt  46 Lactantius, Kirchenvater  309, 353, 421, 427 Lager siehe Militär → Lager Lampsakos, Stadt  96 f., 477 Land → Besitz/Besitzer  123, 175, 221, 329, 332, 488; → Bewohner  112, 174, 176, 268, 296, 328, 330, 338, 349, 420, 428, 473, 522, 537; → en aphesei («in Herausgabe»)  74; → Königsl. (basilike)  74, 85, 103;→ Landlose (kleroi)  74, 85; → Privatl. (ktemata)  75; → Stadtl. (politike)  74; → Tempell.  74, 85

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Register Landtag  208, 221, 251, 317, 328 Laodike, Gattin des Mithradates I. Kallinikos von Kommagene  122 f. Laodikeia, Stadt in Phrygien  120, 345, 371 Laodikeia, Stadt in Syrien  214, 253, 267, 457, 497 lapsi (nicht standhaft Gläubige)  431 Laterculus Veronensis, Verzeichnis  305 Lausos, Hofbeamter  521 Lawrence, Thomas Edward (Lawrence of Arabia), Offizier und Schriftsteller  42, 135, 225, 310 Lazen  484 f., 624, 627 Lazika, Reich  298, 484 f., 530, 539, 564, 627 legati Augusti, Statthalter  150, 152, 155 f., 188– 190, 194 f., 197–199, 208, 210, 217, 241, 255, 262, 264, 278, 298, 320, 323, 333, 345  Legion siehe Militär → Legion Lehnwörter  90, 179, 181, 272, 290, 292 Lehrbefugnis  482 Lehrer, bei den frühen Christen  159 f., 163, 167, 284, 357, 359, 422, 440, 449, 454 Lehrer der Gerechtigkeit, Sektenführer  158 Lehrstühle  334, 353 f., 371 f., 396 Leon, Kaiser (457–474)  526 Leontios, Bischof  489 Leontios von Antiocheia, Arianer  454 Leontius, Stadtpräfekt  350 Lesky, Albin, Philologe  369 Leto, Göttin  426 Leuchtturm  78, 155 Leuke Kome, Hafen  136 Leukippe und Kleitophon, Romanfiguren  390 Lewis, Thomas, Priester  509 Lex  → coloniae  318; → Manilia  109; → portorii Asiae  251 Libanios von Antiocheia, Sophist  333, 372 f., 471, 476, 516, 520, 625 libertus siehe Sklaven/Sklaverei → Freilassung  Libya, Provinz  307, 624 Libyen, Kontinent  18, 25, 34 f., 184, 534, 536, 576 Anm. 4 Licht  18, 55 f., 166, 291 f., 315, 354, 440, 443, 446–448, 455, 477, 567, 571, 576 Anm. 18 Licinius, Kaiser (307–324)  314, 438, 449

Licinius Mucianus, Statthalter  198 f., 278 limes, Grenze  214, 216–218, 245 → limes Arabicus  237, 312, 458, 530, 544 f., 556; → limes Palaestinae  459 Limyra, Stadt  150 Limyrike, Land  185 Literatur siehe auch Medizin, Philosophie, Wissenschaft  22, 25, 28, 30 f., 34, 41, 43, 48, 55, 58, 81, 83, 86, 94, 159, 172 f., 246, 254, 285, 290, 293, 319, 339, 342, 349, 351– 399, 418, 432, 482 f., 492, 515, 548, 560 f., 566 f., 568  → Biographie  354, 359, 371, 375, 445, 480, 492, 505, 508, 568; → Dichtung  30, 80, 82, 184, 290, 342, 351 f., 373, 375, 377, 384, 493, 520; → Doxographie  353; → Drama  347, 377, 408; → Geschichtsschreibung  186, 373, 378–381, 492; → Periegesis  382; → Roman  352, 387–391 Liturgie  287, 479, 515 Logien-Quelle  159 Logos  165, 448, 512 f., 515, 567, 571 Longinos, Neuplatoniker  303, 365 f., 377 Longos von Lesbos, Romanschriftsteller  389 Losorakel  434 Loumieus, Dorf  176 Lucilius Bassus, Belagerer von Machairous  203 Lucilla, Tochter Marc Aurels  263 f., 425 Lucius, Sophist  370 Lucius Verus, Kaiser  130, 262, 264, 296, 385, 393, 425, 620 Lucullus, Lucius Licinius, Proconsul und Feldherr  108 f., 112, 122, 280, 563 Lugdunum, Schlacht bei (197)  267 Lukian von Samosata, Schriftsteller  160, 262, 290, 346, 349, 352, 363, 369, 378, 391–399, 415–417, 434–437, 440, 523, 589 Anm. 155 Lukianos von Antiocheia, Priester  454 Lukka  53, 579 Anm. 100 Lukrez, Dichter  359 Lusius Quietus, Feldherr und Statthalter  239, 241, 243, 280 Lustricus Bruttianus, Senator  243 Lycaonia, Provinz  104, 151, 218 Lycia et Pamphylia, Doppelprovinz  150, 188, 208 f., 619

Register Lydda, Stadt  190 Lyder  52–54, 58 f., 613 Lykaonien, Land  253, 299, 400, 419, 425 Lykeion  79, 375 Lykiarches  317 Lykier /Lykien  53, 76, 87, 94, 98 f., 110, 150, 188, 239, 252, 299, 338, 358, 367, 371, 420, 426, 576 Anm. 2, 579 Anm. 100 Lykischer Bund  98, 118 f., 188, 252, 317 Lykos, Fluss am Bosporus  315 Lykos, Fluss in Pontos  104, 111 Lysimacheia, Stadt  72 Lysimachos, Satrap und König (323–281, ­König ab 305 v. Chr.)  71 f., 88, 614 Ma-Enyo, Göttin  105 Machaberous, Dorf  203 Machairous, Festung  199, 203 f., 256 MacMullen, Ramsay, Historiker  529 Macrianus, Usurpator 301 Macrinus, Kaiser (217–218)  268 f., 293 f., 348, 391 Mada siehe Meder  Madaba, Stadt  200, 203, 404 f., 407, 409 f., 544, 558 Madabakarte  405 Madāʾin Sālih, Ort  50, 136, 148, 222, 234, 237, 413 Madauros, Ort  352 Maddabān, Hafen  550 Maʿdī karib Yaʿfur, König (6. Jh.)  549 Magie/Magiker  89, 166, 367, 386, 523, 529 Magna Mater, Göttin  52 Magnesia am Maiandros, Stadt  165 Magnesia am Sipylos, Schlacht bei (190 v. Chr.)  97 f., 382 Magnopolis, Stadt  111 Magnus von Nisibis, Mediziner  385 Magoi, Priester  299 f., 491, 532 Maḥrem, Gott 495 Maiandros, Fluss  99, 388 Maʿīn, Stadt  50 Maiotis (Asowsches Meer)  26 Majestätsverbrechen  428, 570 Makarios, Asiarch  304 Makedonen/Makedonien  19, 35, 60–67, 70 f.,

73 f., 84 f., 87, 89, 95 f., 99, 105, 107, 113, 117, 270, 279, 338, 460, 583 Anm. 229, 614 Makedonier siehe Pneumatomachen Makedonios, Einsiedler  523 Makkabäer  91 f., 113, 158, 234, 479, 616 Makrina, Schwester des Basileios  476 f., 505 Malabarküste  75, 178 Malabathrine, Frauenname  187 Malabathron, Pflanze  178, 181 f., 187 Malakka, Halbinsel  182 Mālavas, Volk  66 Malchion, Direktor einer Rhetorenschule  453 Malichos I., König (59–30 v. Chr.)  229, 617 Malichos II., König (39/40–69/70)  198, 223, 225, 228, 233, 618 Mallos, Stadt  253 Malotha, Dorf  148 Mambre, biblischer Ort  406 Mamre/Ramat el-Khalil, biblischer Ort  450 Manaobago, Göttin  86 mandata, kaiserliche Rahmenrichtlinien für Statthalter  196, 317, 322 Manetho von Sebennytos, Priester  33 f. Mani/Manichäer/Manichäismus  285, 440, 444–448, 593 Anm. 297 → Auserwählte (electi)  447; → Kodex  444 f.; → Hörer (auditores)  447; → Verbot  310, 500 Manlius Vulso, Gnaeus, Konsul  98 Mantik  30, 434 Maʿnu bar Izaṭ, König (125/6–165/6)  280 Maoza, Ort  259 f. Mār Qardāgh, Verfasser einer Märtyrervita  350 Mara bar Serapion, Briefschreiber  160, 210–214, 283, 391, 619  Marcian, Kaiser (450–457)  501, 512 Marcus Aurelius, Kaiser (161–180)  186, 237, 261 f., 264 f., 269, 349, 353 f., 356, 360, 370, 372, 379, 385 f., 399, 425, 441, 469, 475, 569 Marcus Lollius, Statthalter  152 Mardi  239 Marduk, Gott  48, 274, 433 Mareia, See  72 Maresha, Ort  340 f. Mari, Ort  270, 611

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Register Maria, Gottesmutter  350, 511–513, 545 → christotokos  511; → theotokos  511–513 Maria, Kriegsflüchtling  202 Mariamme, Gattin des Herodes  155 Mārib, Stadt  50–52, 141 f., 144, 148, 549–551, 627 Marinos von Samaria, Neuplatoniker  368 Marinos von Tyros, Astronom  383 Marinus, Bischof  303 Maris von Chalkedon, Arianer  454 Marisa, Stadt  112 Markellos, Sklavenbesitzer  518 f. Markellos von Side, Dichter und Mediziner  384 Markion/Markioniten /Markionismus  284 f., 351, 357, 425, 433, 439 f., 442, 444, 475, 570, 575 Anm. 12, 620 Markomannen  497 Markus, Evangelist  73, 159, 171 Martha, Heilige  527 Martius Verus, Statthalter  264 Märtyrer /Martyrium  290, 350, 360, 363–365, 399, 417, 419, 426, 429–433, 441, 451, 465, 476, 489, 507 f., 524, 528, 550, 620, 622, 627 Martyropolis siehe Constantina Masada, Festung  197, 199, 204–206, 256, 312, 327, 619 Massaker  107, 196, 202, 256, 467, 533, 537, 550, 553, 556 Massaner  66 Maštocʿ, Entwickler des armenischen Alphabets  492 f. Mathematik /Mathematiker  27, 80, 82, 368, 378, 383, 483, 508  Mauren  327, 576 Anm. 4 Maurikios, Kaiser (582–602)  492, 552 Mausoleum des Augustus  130 Mavia, Königin (4. Jh.)  472 Maximalpreis/Höchstpreis  308 f., 465 f. Maximian, Kaiser (286–305)  429, 438, 469, 624 Maximilla, Montanistin  441 Maximinus Daia, Kaiser (308–313)  429, 448, 624 Maximos von Alexandreia, Kyniker  368, 480 Maximos von Tyros, Platoniker  355 Maximus, General  241

Maximus, Philosoph  468 Mayfaʿa, Dorf  313 Mazaka, Ort  105 f., 111, 475 Mazdak, Reformer  530 Medeia, mythische Königstochter  82, 484 Meder  49, 58, 90, 97, 116, 126, 133, 201, 268, 302, 579 Anm. 100 Media Atropatene, Land  107, 126 Medizin (Heilmittel)  181  Medizin (Wissenschaft) siehe auch Ärzte  80, 368, 383–387, 425 → Anatomie  384; → Gynäkologie  384 f.; → Schulen: Herophileer  384; Hippokra­ tiker  384; Methodiker  384 Mefaʿat, Ort  313 Megalopolis, Stadt  111 Meherdates von Mesene, König (um 131)  276 Mehmet der Eroberer, Sultan (1444–1446 und 1451–1481)  559 Meilensteine  199, 220, 271, 298, 319 Mekka, Stadt  313 Melankomas, Boxer  349 Meleagros von Gadara, Satiriker  391 Meletius, Bischof  499 Melitene, Stadt  194, 215, 217, 239, 256, 324, 462 f., 475, 491, 543 Melitianer, Anhänger des Bischofs Melitios  456 Melitianisches Schisma  431, 506 Melitios von Lykopolis, Bischof  431, 456 Meliton von Sardeis, Philosoph  210, 360 Melkart-Herakles, Gottheit  342 Memphis, Stadt  34 f., 72, 459, 556 Men, Gott  105, 433, 439 Menahem, König (zwischen 752 und 738 v. Chr.)  48 Menahem, Rebell  205 Menander, Dramatiker  377 Menander Protector, Historiker  539, 552 Menandros, Häretiker  164 Menandros Rhetor, Schriftsteller  369, 371 Menelaos, mythischer König  213 Menelaos von Alexandreia, Mathematiker und Astronom  383 Meni, Pharao  33 Menippos von Gadara, Kyniker  391–393

Register Menippos von Kolophon, Gesandter  103 Mentuhotep II., Pharao (ca. 2061–2010 v. Chr.) 34 Merdocha, Dorf  237 Meroe, Königreich  390, 493 f. Meropius, Indienreisender  495 Mesene, Ort  296, 291 f., 298 f. Mesha von Moab, König (um 850 v. Chr.)  44, 613 Mesopotamia, Provinz  240, 244, 267, 278, 296, 299, 457, 621 f. Mesopotamien, Land  16, 25, 28 f., 33, 37, 49, 64, 109, 116, 215, 241, 243, 262, 269, 279, 291 f., 297, 301 f., 304, 371, 379, 385, 399, 411, 424, 430, 432 f., 459–461, 489, 536, 539, 547, 553, 555, 564 Messias siehe auch Christus  130, 157 f., 160, 254, 285, 299, 440, 585 Anm. 32 Metanoia, Kloster  505 Meter Theon, Göttin  439 Metöken, fremde Mitbewohner  332, 397 Miaphysitismus siehe Monophysitismus Midas, Königsname  52 Migration/Migranten/Wanderungen  87 f., 95, 413, 432, 560 Milesische Geschichten  342 Milet, Stadt  54 f., 60, 250, 304, 329, 613 Milid, neohethitisches Fürstentum  41 Militär  74, 103, 105, 149, 152, 154, 175, 190, 196, 201, 220, 245, 256, 261, 263, 269, 301, 304, 307, 312, 323–328, 463–465, 491, 521, 533, 543, 548, 583 Anm. 229 → Anarchie  269; → Auxilia: Alen und Kohorten  170, 197, 217, 321, 323 f., 459; Ala Thracum Hercu­liana 271; A. Ulpia dromedariorum Palmyrenorum 271; Cohors: I Ulpia Petraeorum  325; → Bogenschützen  118, 223, 266, 296, 412, 461; → comitatenses (mobile Feldeinheiten)  327; → comites sagittarii  461; → Diplome  257, 325 f.; → dux/duces  327, 531, 534; d. Aegypti  506; d. Arabiae  459; d. Mesopotamiae  461; d. Armeniae  490 f.; d. Romanorum  302; → Feldzeichen: Standarten  115, 133, 195, 555; Standartenträger  326; → Flotte  66, 96, 107, 138, 149, 257, 266, 467, 554 f.; classis

Pontica  218, 321; → foederati (aus Fremden gebildete, Heeresfolge leistende Einheiten)  327, 459, 545; → Heeresversammlung  62; → Heermeister  327; → Lager: Aulutrene  324; Betthorus  312 f., 459; Carnuntum  320, 438; Oescus  320; Prätorium  311 f., 466; principia (Offiziersquartiere)  313; → Legionen: I Illyrica  303; I Parthica  267, 461; II Traiana Fortis  237, 325; III Cyrenaica  170, 201, 234, 243, 256, 325, 459, 619; III Gallica  193, 215, 262, 293, 320, 324; III Parthica  267; IV Flavia  256, 320; IV Gallica  256; IV Martia  459; IV Scythica  324; V Macedonica  154, 198, 201; V Par­thica  461; VI Ferrata  193, 197, 208, 237–239, 256, 459; VIII Augusta  154; VIIII Hispana  261 f.; X Fretensis  193, 197–199, 201 f., 205, 224, 255–257, 271, 325, 459, 619; X Gemina  320, 461; XII Fulminata  193, 197, 201, 215, 239, 256, 324 f.; XV Apollinaris  198, 201, 239, 325; XVI Flavia Firma  217, 239, 324; XXII Deiotariana  170, 201, 325; XXX Ulpia Victrix  461; → limitanei (Grenztruppen)  327, 459, 491; → Orden (dona militaria)  207, 224; → Panzerreiter  117, 296, 379, 390, 467; → Phalanx  96, 105, 117; → Reform  533; → Soldaten: disciplina militaris  327, 432; Ehe  326; Einquartierung  103, 268, 309; Entlassung  257, 323, 326; Rekruten/Rekrutierung  91, 257, 271, 296, 322 f., 325– 327, 384; Söldner  36, 54, 63, 99, 105, 155; Veteranen  152, 246, 255, 318 f., 326; → vexillationes  218, 238, 256, 262, 324 Millar, Fergus, Historiker  255, 345 Milvische Brücke, Schlacht an der (312)  445, 498 Mimen siehe Pantomimen  Mimnermos von Kolophon, Dichter  57 Min siehe Meni Minäer  50 f., 222, 587 Anm. 88 Minen siehe Bergwerke Minnagar, Ort  178 Minucius Felix, Schriftsteller  353, 427 Miriam, Jüdin  259 Mirian III., König (erste Hälfte 4. Jh.)  486

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Register Mischkultur  15, 28, 69 Misenum, Ort  257 Misikhe, Schlacht bei (244)  298, 300, 467 Mitannireich  35, 39, 43 Mitchell, Stephen, Historiker  420 Mitgift  30, 269, 458, 546 Mithradates, König von Armenien (35–38 und 42–51)  192 Mithradates, Sohn des Phraates III.  116 Mithradates von Pergamon, Gefolgsmann Caesars  119 Mithradates I., König (ca. 302–266/5, König ab 281 v. Chr.)  88, 614 Mithradates II. von Kommagene, König (ca. 36–20 v. Chr.)  125, 152 Mithradates I. Arsakide, König (ca. 171–139/8 v. Chr)  615 Mithradates II. Arsakide, König (ca. 124/3– 88/7)  106, 616 Mithradates I. Kallinikos von Kommagene, König (ca. 100–70 v. Chr.) 123 Mithradates VI. Eupator, König (120–64 v. Chr.)  104–111, 116, 119 f., 208, 563, 616 Mithras/Mithraismus  15, 123, 397, 433, 437–439, 468, 570 Mithräum  413, 433 Mittelplatonismus /Mittelplatoniker  357, 362, 598 Anm. 132 Moabiter  43 f., 313 Moesien  194, 256, 299, 325, 333 Mohammed, Prophet  18, 313, 549, 551, 555 Mommsen, Theodor, Historiker  110, 569 Monaises, parthischer Überläufer zu Marcus Antonius 36 v. Chr.  126, 133 Monarchie/Monarchen siehe König/Königtum Mönche/Mönchtum 77, 174, 187, 339, 350, 361, 373, 478 f., 500, 505, 507 f., 514, 521, 524, 528, 532, 553, 567, 569 → Geschichte (historia monomachorum in Aegypto)  505, 521 Mondgott siehe Men Mongolei/Mongolen  492, 514 Monophysitismus /Monophysiten  496, 513, 515, 553, 557 Monopole  75, 566 

Mons Argaios  473, 479 Monsun  66, 75, 276, 616 Montaigne, Michel de, Philosoph  470 Montanus/Montanismus  416, 419, 422, 440– 442, 444, 475, 500, 547, 570, 620 Monumentum Adulitanum  494 Morris, Ian, Historiker  17 Morsynos, Fluss  388 Mosaik/Mosaikkunst  205, 214, 250 f., 313, 338, 354, 377, 388, 401–411, 544, 557 → Alexander  64; → Berg Nebo  558; → Edessa  282, 402, 404; → Hippolytos  407–410, 544; → Madaba  200, 405 f.; → Narkissos  402 f.; → Orpheus  402 f.; → Serdjilla  521; → Stadtvignetten  405, 407, 527 f.; → Yakto  405, 518–520 Mose, biblischer Prophet  43, 163 f., 190, 226, 361 f., 406, 569 Moses Chorenacʿ, Historiker  493 Mossynoikoi  90 Al-Munḏir III. ibn al-Ḥariṯ, Dynast  557  Al-Munḏir III. ibn Imraʾ al-Qays siehe Alamundaros Münze  60, 67, 78, 89, 92 f., 100, 133, 149, 178, 205, 207, 221, 225, 240, 244, 246, 252–254, 261, 264, 280, 294, 296, 302, 305, 309, 350, 388, 438 f., 487, 496, 530, 554 → cistophoros  100, 244; → didrachmon  154; → Doppeldenar  305; → Hexagramm  554; → Kleingeld  221, 305, 655; → Königsm.  496;→ Medaillons  244, 246; → M.-reform  305, 309; → Tetradrachmen  67 Murena, Lucius Licinius, Proconsul  107 Mursili I., König (1540–1530 v. Chr.)  39 Museion  79–81, 83, 99, 231 Musikaner  66 Musil, Alois, Orientreisender  225 Musonius Rufus, Stoiker  353, 355 f. Mustafa Kemal, Staatsmann  17 Muziris, Hafen  178, 184 Mygdonia, Christin  571 Myos Hormos, Hafen  148, 177 Myrrhe, Gewürz  76, 93, 178, 181, 278 Mystiker  367 Mythen/Mythologie  25, 28, 33, 41, 52, 54–56,

Register 81, 90, 94, 131, 214, 282, 329, 346, 364, 374, 377, 382, 387, 399 f., 402, 435, 465, 482, 489, 519, 558, 560, 567 Mytilene, Stadt  345 Mzcheta, Ort  218 f., 486 f. Nabatäer  51, 90, 92 f., 116, 134, 136, 180, 190 f., 198, 203, 222–226, 228, 231–234, 237, 255, 311, 325, 338, 345, 413, 458, 545, 564 f., 611, 616–619 Nabonidos, König (556–539 v. Chr.)  58 Nabopolassar, König (626–605 v. Chr.)  49 Nächstenliebe  161, 337, 415 Nadschran, Ort  138, 141, 144, 146–148, 559, 627 Nag-Hammadi-Bibliothek  443 f., 501 Nahal Hever, Ort  255, 546 Naissus, Stadt  471 Naʿmān, Fürst  432 Nana, Göttin  86 Napoleon, Kaiser (1804–1815)  67, 241 Naqš-e Rostam, Felsrelief  296–301  Narde, Pflanze  178, 181 f., 187 Nardos, Name  187 Narkissos, mythischer Jüngling  402 Narseh, König (293–302)  304 f., 459, 486, 488, 624 Naturphilosophie 49, 361 Naturwissenschaft  56, 80, 82, 483 Naukratis, Stadt  169, 328, 372 Nazareth, Ort  158 Nazianzos, Stadt  475, 479, 480 naχarar, Fürsten  488 Nea Paphos, Stadt  377 Neapolis, Stadt  258, 360, 407, 457 Nearchos, Admiral  26, 66, 185 Nebo, Gott  272 f., 558 Nebukadnezar II., König (605–562 v. Chr.) 46, 49, 613 Necho II., Pharao (610–595 v. Chr.) 26 Nelkynda, Hafen  178 Nemrut Dağ, Berg  121–123 Neohethiter  41–43, 122, 435, 473, 612 Neokaisareia, Stadt  245, 365, 476, 481, 489 f. Nero, Kaiser (54–68)  130–132, 160, 173, 179, 190, 193, 195, 198, 208, 238, 251, 340, 344, 346, 427, 469, 493, 619

Nerva, Kaiser (96–98)  356, 379 Nesiotenbund  77 Nestor von Laranda, Ependichter  374 Nestorianismus  187, 513–515 Nestorius, Theologe und Bischof  510–513, 626 Netzwerk → Christen  422, 431, 514, 608 Anm. 132; → clientelae  115; → Handel  566, 611; → intellektuelle Eliten  221, 385, 399; → Städte  130; → unterirdische Be­ hausungen  473 Neubabylonisches Reich  613 Neuplatonismus  355, 365 f., 439, 483, 508 Neupythagoreismus  356, 359 Nietzsche, Friedrich, Philosoph  161, 393, 397, 444, 469, 560, 569 Nigrinos, Platoniker  393 Nihavend, Schlacht bei (642)  556 Nikaia, Stadt siehe auch Kirche → Konzil: ­Nikaia  130, 245, 252, 266, 345, 372, 455 f., 465, 471 Nikephorion, Ort  117 Niketes, Sophist  320, 370 Nikolaos von Antiocheia, Häretiker  164, 433 Nikolaos von Damaskus, Aristoteliker  357 Nikomachos von Gerasa, Mathematiker  359, 378 Nikomedeia, Stadt  130, 245, 255, 266, 294, 304, 309, 320, 333, 345, 372, 429 f., 448, 464, 489 Nikomedes I., König (ca. 280–245 v. Chr.)  87 f. Nikomedes IV., König (94–75 oder 74/3 v. Chr.)  106, 108, 111 Nikopolis, Stadt in Ägypten  325 Nikopolis, Stadt in Griechenland  356 Nikopolis, Stadt in Kleinarmenien  111, 208, 245, 543 Nil, Fluss  26, 32, 119, 148, 175, 177, 238, 246, 325, 338, 390, 407, 494, 542, 552, 560 Nilsson, Martin P., Historiker  437 Ninive, Ort  48 f., 288 Nino, Heilige  486 f. Ninos-Roman  388 Ninus, Stadt in Euphratensis (Kommagene)  457

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704

Register Nisibis, Stadt  109, 194, 239, 241, 267, 269, 278 f., 285, 300, 302, 305, 314, 385, 424 f., 442, 459, 462, 467, 471, 486, 488, 513, 523, 535, 539, 547, 551, 623 f., 625 Nitria, Ort  507 Nizänum, Doktrin  455 f. Nofretete, Königin, Gemahlin des Amenophis IV.  35 Nohodares, Feldherr  460 Nomaden  19, 86, 88, 136, 219, 222, 264, 272, 277, 458, 506, 530, 546, 565, 575 Anm. 13 Nomoi (Gaue, Ägypten)  74, 175, 501, 503 Nonnen  505 Nonnos von Panopolis, Ependichter  374 f. Notitia Dignitatum, Verzeichnis  313 Notitia urbis Alexandriae  171 Novatianus, Sektengründer  416 Noviomagus, Stadt  320 Nubien, Land  34, 287, 493 Numenios, Platoniker  355, 364 Numerianus, Kaiser (283–284)  304 Nyssa, Stadt  481 Obodas I., König (ca. 96–85 v. Chr.)  616 Obodas II., König (62/1–60/59 v. Chr.)  229, 617 Octavian, Triumvir  118, 126 f., 133, 155, 162, 169, 295, 355, 388, 469, 617 Odainathos, Palmyrener  301 f., 410, 565, 623 Odeion, Konzerthalle  235, 354 Odysseus, mythischer Held  402 Oikumene  19, 66, 246, 281, 394 Oinoanda, Stadt  343, 420 f. Oinomaos von Gadara, Kyniker  360, 434 Öl (Oliven)  176, 178, 181 f., 278, 307 → Olivenplantagen  520; → Ölpressen 75, 231, 520 Olympia, Ort  350, 359, 370, 393 Olympios, dux  532 Omanos, Gott  105 Omri, König (zwischen 885 und 869 v. Chr.)  44 Onias, Hohepriester  91 Onomastikon, Lexikon biblischer Landeskunde  313, 406 Onomastikon des Pollux  372 Oppian von Apameia, Dichter  378

Oreibasios von Pergamon, Arzt  385, 387 Orestes, Präfekt  507–509 Orhai siehe Edessa Orientalisierende Epoche  54 Orientalism  18 Orientordnung des Pompeius  115 Orientpolitik  23, 110 Origenes von Alexandreia, Philosoph  363–366, 417, 442, 470, 483, 623 Orobazes, Gesandter  106 Orodes II., König (58/7-ca. 39 v. Chr.)  116–118, 617 Orophernes Nikephoros, König (ca. 160–155 v. Chr.)  100 Orpheus, mythischer Sänger und Dichter  209, 402 f., 510 Orthodoxie 166 f., 351, 356 f., 365 f., 422, 433, 439, 442, 479, 481, 483, 513, 550 Orthosia, Stadt  112 Osiris, Gott  73 Osmanen  492 Osrhoene, Land und Provinz  267, 280, 283– 285, 290, 299, 457, 539 Ostraka  205 Ostrakine, Stadt  459 Oxus, Fluss  530, 539 Oxyrrhynchos, Stadt  347, 459 Ozene, Land  178 Pachomios, Gründer einer Einsiedlergemeinschaft  504 f., 524, 625 Pacht/Pachtgesellschaften  73 f., 103, 175, 252, 257, 278, 318, 321 f., 330, 335 Pāikūlī, Inschrift von  486 Pakoros I., Kronprinz (ca. 63–38 v. Chr.)  89 Pakoros II. König (zwischen 77/8 und 114/5)  238, 333, 619 Palaestina, Provinz siehe Syria → Syria-­ Palaestina Palaestina salutaris, Provinz  458 Palamon, Eremit  504 Palast  21 f., 28 f., 39, 44, 48 f., 51 f., 54, 59, 79, 120, 122, 144, 161, 195 f., 200, 205 f., 218, 229, 232, 245, 262, 265, 280 f., 283, 300, 309, 315, 331, 429, 455, 464, 496, 516, 519, 544, 555, 557, 563

Register Palästina, Land  27, 32–35, 41, 43, 49, 54, 58, 76 f., 87, 91, 98, 110–113, 130, 151, 157, 167, 173 f., 177, 189, 197, 222, 268, 307, 317 f., 323, 330, 338, 340, 342, 368, 379, 405, 407, 416, 430, 433, 450, 454, 479, 481, 545, 552 f., 564, 612, 614 Palladas von Alexandreia, Epigrammdichter  505, 507 Palladios, Mönch und Bischof  521 Pallas, Quellennymphe  519 Palmyra, Stadt  15, 185, 222, 245, 270–279, 283, 301–303, 313, 323, 338, 345, 400, 411 f., 454, 544, 618, 620, 623 f., 628 Pamphilos von Berytos, Philosoph  365 Pamphyliarches  317 Pamphylien, Land  77, 210, 253, 299, 345, 371, 534 Panegyriarches, Festspielleiter  343  Panhellenion, Kongress in Athen  246, 328 Pannonien  265, 299, 325 Panopolis, Ort  342, 375 Pantainos, Philosoph  363 Pantheia, Geliebte des Lucius Verus  262 Pantomimen  249, 346–348 Papa, Sohn der Königinwitwe Pharanzdem  490 Paphlagonia, Provinz  151 f., 218, 298, 617, 622 Paphlagoniarches  317 Paphlagonien, Land  88, 104, 110 f., 116, 126, 130, 234, 245, 267, 358, 372, 378, 419, 422, 441, 512 Paphos, Stadt  166, 377 Papias, Schüler des Evangelisten Johannes  422 Pappos von Alexandreia, Mathematiker  383 Papyrus  15, 36, 58, 73, 75, 86, 176, 258, 338, 351 Paradeisoi, Wildparkanlagen  467 Parasit, Figur bei Lukian  395 Parion, Stadt  245 Paris, mythischer Königssohn  402 Parmenides von Elea, Philosoph  26 Parmenios, Sturzbach siehe Antiocheia → Onopniktes/Parmenios Parnassos, Stadt  475 Parner  88 paroikoi, Bürger minderer Rechte  328 Parsa Argada siehe Pasargadai

Parthamasiris, König (ca. 112–114)  238 f., 620 Parthamaspates, Klientelfürst in Edessa (121/2–125/6) 280  Parthamaspates, Prinz  241, 243, 262 Parthenon  99 Parther  35, 42, 89 f., 106–109, 111, 117–119, 121 f., 125 f., 133 f., 149 f., 152, 178, 186, 189, 191–194, 201, 207, 210 f., 218, 238, 240–244, 261–270, 276, 279 f., 296, 324, 333, 379, 437, 551, 563 f., 615–618, 620–622 Parthia, Land  88, 299 Pasargadai, Residenz  59, 64 Passio  214, 350, 432 Patara, Stadt  78, 107, 190, 239 Patrikios, Feldherr  533 Patroklos, epischer Held  31 Patronat  99, 106, 521, 529 Paulus, Apostel  159, 163–168, 190 f., 350, 418, 422, 424, 439, 470, 618 Paulus von Samosata, Bischof  453 f. Paulusbriefe  159, 439 Pausanias, Perieget  382 f., 588 Anm. 106 Pausanias von Kaisareia, Sophist  371 f. peculium, Sondervermögen siehe Sklaven/ Sklaverei → peculium Pedachthoe, Ort  432 Pedanius Secundus, Stadtpräfekt  336 Pella, Stadt  87, 112, 534 Pelusion, Stadt  459, 556 Penn, William, Quäker  76 Pennsylvania  76 Pentapolis  375 Pentarchie  450 Penthesileia, mythische Königin  374 Pepuza, Ort  441 f. Per-Ramses  34 Peraia, Land  114, 122, 155 f., 189, 199, 202, 617 Perdikkas, Reichsverweser (323–321 v. Chr.)  71 f., 235 peregrini, Nichtbürger  325, 328 Peregrinos Proteus, Guru und Schriftsteller  357, 360, 363, 393, 415 f., 419, 428, 528, 602 Anm. 260  Pergamon, Stadt  52, 79, 88, 96–101, 106 f., 130, 133, 250, 252, 342, 345 f., 355, 371, 379, 385, 464, 563, 615, 622

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Register Perge, Stadt  253, 371, 400, 534 Perinthos, Stadt  267, 304, 371 Periplus Maris Erythraei  149, 178 f., 181–184, 186, 275, 494, 514, 618 Peristylhäuser  79, 251, 273 Perlen  178, 278 Perlenlied  276, 283, 290–293, 366, 571 Peroz-Schapur, Stadtname  299 Perozes, Feldherr  535 Perpetua, Märtyrerin  417 Persepolis, Residenz  58–60, 64, 240, 296 Perser/Persien (Achaimeniden)  20–22, 29, 35 f., 41, 46, 48 f., 52–54, 58–62, 64, 85, 123, 220, 240, 296, 362, 365 Perser (Kaiserzeit)  184, 243 f., 270, 284, 289, 296–298, 300 f., 304, 352, 354, 387, 390, 440, 444, 455, 458–463, 466–468, 471, 479, 485 f., 488, 490 f., 499, 517, 529–539, 547, 551–556, 560, 563–565, 623–628 Perseus, König (179–168 v. Chr.)  98 f. Perseus Uranios, Heros  342 Persis, Land 59, 296, 298 f. Personennamen  187, 280, 329, 583 Anm. 229 Personifikationen  131 f., 402 Pescennius Niger, Statthalter und Usurpator  265, 621 Pesher Habakkuk, Kommentar  114 Pessinus, Stadt  87, 100, 464 Pessoa, Fernando, Schriftsteller  246 Pest siehe Epidemie Petra, Festung am Schwarzen Meer  218, 484 f. Petra, Stadt  93 f., 134, 171, 221 f., 225–234, 237, 259 f., 270, 274, 325, 343, 345, 411, 413, 459, 544–546, 563 Petra-Kirche siehe Kirche (Bauwerk) → Maria Theotokos-K. in Petra Petron, Satiriker  342 Petronius, Präfekt  493 Petros, Vorleser  509 Petros «der Walker» (fullo), Priester  515 Petros I. von Alexandreia, Bischof  431 Petros Patrikios, Historiker  305 Petrus, Apostel  159, 163–165, 337 Peutingerkarte  184, 406, 602 Anm. 245 Pfeffer, Gewürz  93, 178, 182, 185, 187 Pferdezucht und -haltung  475

Phaidra, tragische Heldin  408, 410 Phalaris von Akragas, Tyrann  395 Pharandzem, Königin, Gattin des Arsakes II.  490 Pharasmanes, König von Iberien (vor 75)  192 f. Pharasmanes II., König von Iberien (2. Jh.) 261 Pharnakes I., König (zwischen 196 und 155 v. Chr.)  100, 104 Pharnakes II., König (63–47 v. Chr.)  110 f., 119 Pharos, Leuchtturm  78 Phasael, Bruder des Herodes  121 Phasis, Festung  218 Phasis, Fluss 110, 484 f. Phaunitis, Land  90 Philadelpheia, Stadt in Arabien  76, 112, 235, 237, 310, 343, 345, 407, 457 Philadelpheia, Stadt in Lydien  165, 345, 442 Philagros, Kilikier, Sophist  371 philanthropia  414 f., 417, 419 Philipp II., König (359–336 v. Chr.)  62 f., 70 Philipp III. Arrhidaios, König (323–317 v. Chr.)  71 Philipp V., König (222/1–179 v. Chr.)  77, 95–98 Philippoi, Stadt  64, 119, 287 Philippopolis, Stadt  300 Philippos, Evangelist und Märtyrer  406, 422 Philippos, Schüler Bardaiṣans  283 Philippos, Tetrarch (4 v. Chr.–34 n. Chr.) 155, 189, 617 Philippos II., König (65–64 v. Chr.) 107, 112 Philippus Arabs, Kaiser (244–249)  298–300, 365 Philister  43 f., 612 philoi, Makedonen  84 Philologie  81, 83 Philon von Alexandreia, Schriftsteller  171, 173, 199, 352, 361, 416, 618 Philosophie  54, 61, 81, 171, 336, 353–369, 375, 382 f., 385 f., 393, 395 f., 398, 425, 433, 437, 483, 508, 548, 571 → Schulen: Akademie  79, 354, 375, 471, 508, 547; Garten (kepos) siehe auch Epikur  354; Peripatos  354; Stoa  67, 354 f., 375, 395 Philostorgios, Kirchenhistoriker  381, 549

Register Philostratos, Schriftsteller  354, 359, 368–373, 398 phlyarchos, Stammesführer  117, 546 Phoenice, Provinz siehe Syria → Syria P ­ hoenice Phoenice Libani, Provinz  457 Phoinikarches  317 Phoinikien/Phoinikier  26, 43 f., 54, 116, 162, 253, 299, 342, 357, 435, 576 Anm. 2 Phokaia, Stadt  54 Phokas, Kaiser (602–610)  552 Photios, Gelehrter und Patriarch  389, 394, 510 Phraata, Festung  126 Phraates III., König (71/0–58/7 v. Chr.)  109, 116 Phraates IV., König (ca. 40–3/2 v. Chr.)  133, 617 Phryger/Phrygien  52 f., 63, 87, 90, 95, 100, 103, 201, 268, 299, 333, 342, 400, 419, 420, 422, 437, 440 f., 451, 500, 612 f., 620 Phrygia, Provinz  151, 622 Physik  55 f., 357 f. Pilger  167, 195, 201, 231, 289, 293, 406 f., 435, 516, 524–526 pinakes, Schriftenkatalog  81 Pionius, Märtyrer  429, 622 Piraterie siehe Raub Pisidia, Provinz  151, 218 Pitḫana von Kussara, Eroberer von Kārum Kaneš  38 Pityus, Festung  218, 543 Plarasa, Ort  388 plateia, Säulenstraße  162, 229, 233, 235 f., 271, 273, 283, 406, 503, 516, 527, 562, 586 Anm. 40 Platon, Philosoph  26, 79, 212, 283, 354 f., 361– 368, 374, 377 f., 396, 469–471, 483, 508, 547, 566, 571 Plinius der Ältere, Schriftsteller  49, 51, 142, 157, 179, 181, 199, 575 Anm. 2 Plinius Caecilius Secundus aus Comum, der Jüngere, Statthalter und Schriftsteller  319–322, 333, 337, 343, 373, 419, 428, 595 Anm. 11, 619  Plotin, Neuplatoniker  354 f., 364–367, 399, 408, 598 Anm. 132, 623

Plutarch, Schriftsteller  117, 120, 343, 352, 444 Plutarchos, Neuplatoniker  375, 599 Anm. 161 Pluton, Gott 240 Pneumatomachen 456, 478, 500 Poblicius Marcellus, Statthalter  256 Polemon I. von Pontos, König (ca. 39– 8 v. Chr.)  120, 126, 152 Polemon II. von Pontos, König (37–64)  191, 208, 218 Polemon von Smyrna, Sophist  370 f., 392 Polis  62, 70, 85, 94, 112, 169, 172–174, 176, 188, 217, 235 f., 246, 248, 255, 267, 272, 280, 318, 328 f., 370, 415–417, 475, 501, 561 f., 595 Anm. 6 → Agora  72, 162, 177, 217, 229, 233, 235, 250 f., 273, 277, 283, 315, 340, 544, 562, 581 Anm. 156; → Bürger  22, 91, 103, 167, 172 f., 187, 322, 328, 343, 345 f., 349, 358, 428; → Bürgerrecht  154; → Dekurionen  326, 330; → Demen  176;→ Ephebie  91, 115, 563; → Gemeindestaat  21, 54, 93 f., 104, 169, 561, 581 Anm. 156; → gerusia  563; → Gründungen  64, 68, 72, 76, 78, 84 f., 91, 99, 244, 246, 279, 315 f., 329, 583 Anm. 206, 614, 620; → Gymnasium  86, 91, 105, 170, 235, 345, 562 f.; → Phylen  176, 246, 270 f.; → Rat  104, 172, 235, 259, 261, 266, 272, 276–278, 316, 318, 321 f., 326, 329 f., 424, 428, 583 Anm. 229, 621; → Rivalitäten  244, 252 f., 266; → Status  203, 233 f., 267, 278, 319, 322, 342, 388, 472, 479, 497; → Verfassung  91, 99, 280; → Vignetten  404–407, 527; → Volksversammlung  104, 163, 172, 235, 272, 322, 329, 583 Anm. 229; → Wahlen  321, 562 Pollux von Naukratis, Sophist und Lexikograph  334, 372 Polybios, Historiker  97, 101, 173, 199, 382, 581 Anm. 155 Polygamie  259 Polykarp von Smyrna, Bischof  165, 422, 429, 440, 620 Polykrates von Samos, Tyrann  179, 212 Pompeiopolis, Stadt in Kilikien 112 Pompeiopolis, Stadt in Paphlagonien  111

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Register Pompeius, Gnaeus, Politiker und Feldherr  68, 104, 109–122, 152, 208, 218, 222, 280, 563, 616 Pompeius Falco, Senator  224, 320 Pompeji, Stadt  64, 171, 226, 250, 351 Pontarches 317 Pontios, Architekt  171 Pontius Pilatus, Präfekt  22, 156, 160 f., 170, 195, 618 Pontos (Schwarzes Meer)  26, 88, 218 Pontos, Land und Königreich  88, 100, 104, 106–108, 110, 116, 120, 191, 201, 208, 217, 245, 304, 346, 350, 358, 365, 371, 381, 400, 422, 430, 437, 441, 474, 476, 484 Pontus et Bithynia, Doppelprovinz  105, 150, 261, 319, 371, 616, 619 Pontus Galaticus, Provinz  151, 345 Pontus Mediterraneus, Provinz  151, 253, 298, 620 Pontus Polemonianus, Provinz  151, 208, 484, 491, 619 Porcius Festus, Statthalter  191 Porphyr-Stein  177, 315 Porphyrios von Tyros, Philosoph  354 f., 363– 367, 399, 571, 624 Porphyrites-Berg  177 Porticus Vipsania, Halle  26 Portugiesen  514 f. Poseidon, Gott  20, 171, 408, 435, 495 Praisten, Volk  66 Prärogative, bei der Thronfolge  150, 194 Prediger  157, 159, 167, 203, 357, 414, 422, 475, 499 Preise siehe auch Maximalpreis  181 f., 187, 309, 465 f. Priene, Stadt  100, 129, 562 Priester  33, 35, 44, 54, 74, 76, 80, 85, 90–92, 100, 105, 113 f., 123–125, 152, 156, 158, 161, 163, 166, 170, 189, 197 f., 201–203, 233, 251, 270, 290, 293–295, 300, 317, 332, 348, 358 f., 367, 381, 416, 429, 434, 436, 479, 487, 495, 503, 511, 514 f., 530, 553, 591 Anm. 199, 615 f., 618 Primogenitur  89 Priscilla, Montanistin  441 f. Priscillianisten  500 Priscus, Philosoph  468

Priscus, Soldat  326 Priskos, Feldherr  552 Privilegien  85, 92, 172 f., 243, 246, 258, 307, 309, 322, 326, 330, 332, 343 f., 370, 399, 508, 561  Probus, Kaiser (276–282)  303 f., 488, 623 Procopius, Gegenkaiser  471 Proklos, Neuplatoniker  367, 626 Prokopios von Caesarea, Historiker  217, 302 f., 379, 516, 530, 536, 547, 593 Anm. 302 Propheten/Prophetie  22, 160, 164, 166, 397, 419, 422, 434, 441 f., 449, 475, 522 prostates siehe Patronat Protagoras von Abdera, Sophist  56 Protokoll  319, 336, 432 provincia  27, 104, 149, 215, 317, 319, 323, 337 Provinziallandtag siehe Landtag Prusa am Olympos, Stadt  98, 322, 355 f. Prusias am Hypios, Stadt  344 Prusias I., König (ca. 230–182 v. Chr.)  98 Prusias II., König (ca. 182–149 v. Chr.)  100 f. Pseudo-Longinos, Schriftsteller  377, 568 Pseudo-Sebeos, Geschichte Chosraus II. in armenischer Sprache  552 Psyche siehe Seele Ptolemaios, König von Kommagene (163/2– ca. 130 v. Chr.)  122 Ptolemaios, Klaudios, Astronom und Geograph  27, 222, 383, 387 Ptolemaios I. Soter, Satrap und König (323– 283, König ab 305 v. Chr.)  71–73, 75, 79 f., 84, 94, 614 Ptolemaios II. Philadelphos, König (285–246 v. Chr.)  71–73, 75 f., 78 f., 81, 614 Ptolemaios III. Euergetes, König (246–221 v. Chr.)  77, 82 f., 172, 494, 582 Anm. 177, 615 Ptolemaios IV. Philopator, König (221–204 v. Chr.)  72, 77, 615 Ptolemaios V. Epiphanes, König (204–180 v. Chr.)  615 Ptolemaios VI. Philometor, König (180–145 v. Chr.)  77 Ptolemaios VIII. Euergetes II., König (145–116 v. Chr.)  172 Ptolemaios X. Alexandros I., König (107–88 v. Chr.)  72

Register Ptolemaios XII. Theos Philopator Philadelphos Neos Dionysos, König (80–51 v. Chr.)  77, 616 Ptolemaios XIII., König (51–48 v. Chr.)  119 Ptolemaios Philadelphos, Sohn des Marcus Antonius und der Kleopatra  127 Ptolemais, Stadt  112, 169, 190, 203, 246, 328, 375, 600 Anm. 209 publicani siehe Steuer → Pacht Pulcheria, Tochter des Theodosius I.  481 Puzur Ištar, Zeuge in einem Kaufvertrag  270 Pyramiden  34, 37, 72, 611 Pythagoras, Bildhauer  212 Pythagoras, Philosoph  79, 212–214, 359, 367, 434 Qalʿat Semʿān siehe Kirche Qadeš, Schlacht bei (1274 v. Chr.)  35, 612 Qadisiyya, Schlacht bei (636)  555 Qarnawu, Stadt  50 Qaṣr al-Azraq, Fort  310 Qaṣr al-Bint Firʿawn, Tempel  231–233 Qaṣr-el-Hallabat, Fort  310, 533, 535, 557 Qaṣr Ḫarrāna, Wüstenschloss  557 Qaṣr ibn Wardan, justinianischer Komplex  542, 544 Qaṣr al-Mušattā, Umayyadenpalast  557 Qasrawet, Ort  413 Qat, Droge  138, 141 Qatabān, Reich  50 f., 148, 181 Quaden  497 Quadratus, Montanist  442 Quʾe, neohethitisches Fürstentum  41 Querelle des Anciens et des Modernes  377 Quietus, Usurpator  301 Quinctilius Varus, Statthalter  155 Quintilian, Rhetoriklehrer  320 Quintilla, Montanistin  441 f. Quintus von Smyrna, Ependichter  374 Quirinus von Nikomedeia, Sophist  371 Quirk Bize, Ort  450 Qumran, Ort  157 f., 161, 205, 503 Quṣeir Amra, umayyadischer Landsitz  557 f. Rabbat ʿAmmōn, Stadt  44, 76, 235 Rabbat-Moab, Ort  260 Rabbel I., König (ca. 85/4 v. Chr.)  616

Rabbel II., König (70/1–106)  224, 228 f., 233, 258, 564, 619 Rabulas, Bischof  345 Radermacher, Ludwig, Philologe  368 Raḥmānān, Gott  549 f. ramik, Unterschicht  488 Ramlat as-Sabʿatayn, Wüste  50 Ramsay, Sir William, Archäologe  423 Ramses II., Pharao (1270–1224 v. Chr.)  35, 171, 185, 612 Randeia, Ort  194 Rangprädikate  244 Raphaneai, Ort  163, 193, 215, 293, 325 Rathaus  162, 231, 251, 562, 581 Anm. 156 Raub/Beute/Piraterie  20, 39, 44, 47, 54, 88, 104, 108 f., 111 f., 116, 168, 189, 196, 202, 332, 347, 389–391, 453, 462, 522, 530, 536, 539, 547, 564, 605 Anm. 20 Rebellion siehe Aufstand Recht  30, 103, 112, 119, 170, 189, 220, 245, 254, 255, 258–260, 307, 317, 319, 322 f., 326, 328, 330, 332, 336, 387, 428, 455, 499, 546, 548, 567, 570 → Asylr.  333, 449; → Codex: C. Hammurapi  30; C. Justinianus  387; C. Theodosianus  387, 500, 508; → Digesten  387; → institutiones  387; → novellae  387; → sententiae Syriacae  387; → syrischrömisches R.-buch  387 Rede  70, 97, 127, 197, 206, 210 f., 253, 265, 334, 346, 353, 356, 358, 360, 369, 372 f., 375, 377 f., 380, 393, 396, 424, 428, 435, 449, 466, 469, 480 f., 516, 520, 552 → R.-freiheit  167; → R.-kunst  351, 369– 372, 377, 398; → Rhetorik  21, 103, 320, 334, 352 f., 368, 372 f., 382, 393–395, 449, 476, 478, 481, 520, 567 Refugien  473 Reich → R.-bewohner  21, 278, 328, 330, 561; → R.-einheit  248; → R.-gebiet  15, 111, 119, 191, 211, 238, 539, 542; → R.-gliederung  67; → R.-gott  295;→ R.-grenzen  134, 151, 276, 278, 305, 496, 500; → R.-münze  221, 305; → R.-sprache  29; → R.-straßen  323; → R.-teilung  11; → R.-verwaltung  85,

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Register 305; → R.-zentrum  34, 38, 89 f., 112, 315, 398; → Sonderreich  391–393 Reichtum  19, 75, 92, 100, 115, 117, 120, 175, 177, 221, 225, 248, 275, 283, 356, 396, 400, 415, 418 f., 453, 520, 565 f. Reimea, Dorf  237 Religion siehe auch Häresie, Sekten  15, 18, 22, 36 f., 41, 52, 60 f., 73, 89, 93, 122 f., 133, 151, 154, 157 f., 163 f., 203, 207, 253–255, 258, 285, 289, 295, 300, 310, 349, 355, 357, 360, 363, 367 f., 380, 393, 396, 420, 428, 433, 436 f., 445, 487, 489, 501, 507, 514, 529, 548 f., 556, 560, 567, 570 f. → R.-freiheit  92; → R.-kritik  360, 396; → R.-politik  481; → R.-verbot  92, 154; → Restauration  465, 469; → Welt­religion  36, 157, 444, 447, 450 Reliquien  286 f., 442, 465, 526, 553 Renan, Ernest, Orientalist  169, 210, 437 Rente  344 Resaina, Schlacht bei (243)  300, 466 Revolte siehe Aufstand Revolution  57, 528–530, 560, 566 Rhadamistos, König (51–54)  192 f. Rhakotis, Dorf  72 Rheia, Göttin  315, 346 Rhinokorura, Stadt  459 Rhinozerushorn  178, 494 Rhizus, Festung  218 Rhodanes, Romanheld  390 Rhodiapolis, Stadt  384 Rhodos, Inselstaat  77, 96, 98, 107, 154, 299, 356, 384, 389 Richthofen, Ferdinand, Geograph  187 Riedweg, Christoph, Philologe  364, 510, 571 Riggisberg, Ort  375 f. Rigorismus  441, 500, 570 Rilke, Rainer Maria, Schriftsteller  246 Roderich, Westgotenkönig (710–711)  558 Roma, Göttin  97, 99, 129 f., 155, 252 Romanos, comes Aegypti  507 Romanos Argyropulos, Kaiser (1228–1234)  286 Römer (Begriff)  23, 497, 550, 561  Rostovtzeff, Mikhail, Historiker  412 Rotes Meer  19 f., 49, 75, 77, 111, 116, 134, 138 f., 148 f., 177, 223, 237 f., 277, 494 f., 565 f.

Roxane, Gattin Alexanders des Großen  71 Rubʿ al-Ḫālī, Wüste  50, 138, 141, 147 Rufinus, Kirchenhistoriker  480, 486, 496, 505 Rusa II., König (nach 714 v. Chr.)  42 Russell, Bertrand, Philosoph  509 Rustam, General  556 Saba/Sabäer  20, 41, 44, 49–51, 141, 144, 549 f., 587 Anm. 88, 613 Sabina, Gattin Hadrians  245 Sabinianus, magister equitum  461 Sabinus, Procurator  155 Ṣabir-Kultur 50 Sabos, König (um 25 v. Chr.)  138 Sabus, Ort  217 Šabwat, Stadt  50, 142 Saʿda, Ort  144–146 Safawiden  492  Safran, Gewürz  76 Sahara, Wüste  26 f., 177, 271 Said, Edward, amerikanischer Literatur­ wissenschaftler  18 Sais, Ort  35 f. Salamis, Schlacht bei (480 v. Chr.)  20 Salamis, Stadt  166 Salmanassar III., König (859–824 v. Chr.)  44, 48 Salome, Tochter des Herodes Antipas  157 Salome Komaise, Jüdin  261  Salomon, König (ca. 970–930 v. Chr.)  44 f., 270, 361, 612 Salustios von Gadara, Kyniker  360 Salvia, Stadt  290 Salz  278, 431 Samal, neohethitisches Fürstentum  42 Samaria, Land  114, 121, 155 f., 189, 199, 617 f. Samaria, Stadt  44 f., 112 Samarkand, Ort  514, 531 Sambastrer  66 Sammuramat, Königin, Gemahlin Šamši Adads V.  48 Samos, Vasall der Seleukiden in Kommagene (ca. 260 v. Chr.)  122 Samosata, Residenz und Stadt  122, 125, 208, 210 f., 213, 215, 266, 301, 324, 391, 457, 463, 466, 589 Anm. 155 Šamši Adad V., König (823–811 v. Chr.)  48

Register Sanʿā, Stadt  142, 550 f. Sanherib, König (704–681 v. Chr.)  47 Sappho von Eresos, Dichterin  57, 180, 377 Saqqara, Grabstätte ägyptischer Herrscher  34 Sarapion, Sohn des Mara bar Sarapion  210 Sarapis, Gott  73, 163, 172, 433–435 Sarazenen siehe auch Nomaden  35, 222, 303, 468, 472, 538 Sarbug, Stadt  291 Sardeis, Stadt  52, 59, 63, 85, 88, 345, 373 Sardonyx, Edelstein  179 Sardonyx, Name  187  Sargon, König, Begründer der Dynastie von Akkade (2340–2284 v. Chr.)  29 Sarmaten 185, 497 Saros, Fluss  555 Sāsān, Dynastiegründer  296 Sasaniden, Dynastie  22, 35, 47, 61, 219, 244, 289, 292 f., 296, 298, 300–302, 304, 311, 328, 432, 446, 460 f., 471, 473, 484, 486, 491 f., 512, 529 f., 533, 535 f., 539, 547 f., 551 f., 555, 562, 564, 622 Sasima, Ort  480 Satala, Ort  208, 217, 239, 324 f., 543 Satala, Schlacht bei (531)  536 Satorneilos oder Satorneinos, Häretiker  164 Satrap/Satrapie  21, 36, 53, 60–67, 71–73, 85, 88–90, 96, 99, 107, 122, 264–266, 276, 293, 296, 334, 389 f., 474, 564, 614 saturae Menippeae  391 Satyros, Tanz  346 Säulen des Herakles  26 Säulenreden  480 Säulensteher/-stehen 350, 477, 516, 523–528, 567, 606 Säulenstraße siehe plateia Saulus siehe Paulus  Sauromakes, König (zweite Hälfte 4. Jh.)  490 scala santa, Reliquie  161 Scaliger, Joseph Justus, Gelehrter  160 Schahin Patgosapan, Feldherr  552, 555 Schahrbaraz, Feldherr  552, 554 Schamasch von Sippar, Gott  30 Schapur I., König (239/40–270/2)  289, 298– 301, 432, 446, 453, 467, 486, 488, 516, 537, 552, 564, 622 f.

Schapur II., König (309–379)  459–461, 469, 489–491, 624 f. Schapur III., König (383–388)  491 Schapuragān (Schapur-Buch), Schrift Manis  446 Scharrukin siehe Sargon Schildpatt  178 Schlösser, umayyadische  457, 557 Schöpfergott  366, 470 Schöpfungsmythen  56 Schreiber/Schreiberschulen  30, 32, 34, 48, 54, 260, 339, 503 Schrift  28, 32 f., 42, 50, 53, 336, 338 → Alphabetschrift  32 f., 42, 50, 52–54, 144, 492, 560, 611; → Estrangela  283; → Hieroglyphen  18, 32, 35, 42, 171, 611; → Keilschrift  18, 28–35, 42, 47, 49, 58, 270, 611; → Koptisch  339; → Schriftlichkeit  32, 576 Anm. 18 Schrott, Raoul, Literaturwissenschaftler  560 Schulen  67, 79–81, 86, 99, 165, 171, 213, 332, 335, 348, 354 f., 356, 358, 361, 363, 365, 367– 369, 384 f., 387 f., 395, 453–455, 482, 508, 511, 522, 535, 563, 567, 621 Schwarzes Meer  siehe auch Pontos  490, 500, 543, 554 Schweinehaltung  176  Scipio, Lucius Cornelius, Konsul  97, 563 Scipio, Publius Cornelius, Sieger über Han­ nibal  97, 261, 563 Scythopolis, Stadt  343 Śəʿazana, Bruder ʿEzānās des Sohnes  495 Sebaste, Stadt  491 Sebasteia, Stadt  543  Sebasteion, Kultstätte  130–132, 388, 428 Sebastis, Stadt  407 Sebastopolis (Suchumi), Festung und Stadt am Schwarzen Meer  218  Sebastopolis, Stadt in Pontos  152 Sedatius Severianus, Statthalter  262 Seele  21, 61, 123, 290, 292, 300, 358, 366, 377, 418 f., 430, 443, 446, 468, 477 f. Seevölker  35, 39, 43, 612 Seide  178, 187, 275, 278, 294, 310, 376, 555 → S.-funde 158 ; → S.-handel siehe Handel; → S.-straße  187, 447, 514, 566

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Register Seistan, Land  299 Sekten  154, 157 f., 160, 162 f., 205, 214, 258, 284, 360 f., 416, 422, 428, 433, 442, 448, 452, 475, 479, 522, 567, 620 → Apollinarier  500; → Apotaktitai  475; → Audianer  501; → Bogomilen  448; → Borborianer  401; → Donatisten  401; → Enkratiten  475, 503; → Enthusiasten  501; → Essener  157 f.; → Euchiten  501; → Eunomianer  500; → Hermetiker  367; → Hydroparastatae  501; → Hypsistarier  475, 479; → Jakobiten  515; → Markellianer  501; → Melchiten  515; → Messalianer  501; → Nikolaiten  433; → Novatianer  475, 599, 507; → Paulianer  501; → Pho­ tinianer  501; → Pneumatomachen  456, 478, 500; → Priscillianisten  500; → Ququianer  442; → Sabbatianer  500; → Sakkophoroi  475; → Tascodrogitae  501; → Therapeuten  361, 416; → Theurgen  367; → Valentinianer  442, 500 Selbstanzeige  429, 441 Selbstentmannung  290, 437 Selene, Göttin  86, 105, 433 Seleukeia am Belos, Stadt in Syrien  457 Seleukeia am Kalykadnos, Stadt in Kilikien  211, 357, 371, 480 Seleukeia am Tigris, Stadt in Mesopotamien  84, 89, 211, 241 f., 262, 267, 276, 304, 433, 445, 514 Seleukeia in Pieria, Stadt in Syrien  84, 214, 220, 402, 451 Seleukeia-Zeugma am Euphrat, Stadt  211, 214, 279, 324, 402, 425 Seleukos I. Nikator, Satrap und König (321– 281, König ab 305 v. Chr.)  71 f., 84 f., 87, 94, 117, 279, 614 Seleukos II. Kallinikos, König (246–226/5 v. Chr.)  84, 88 Seleukos IV. Philopator, König (187–175 v. Chr.)  91 Seleukos von Seleukeia, Gelehrter  82 Selinus, Ort  243, 265 Semiramis siehe Sammuramat Semiten  28, 33, 43, 50, 54 Sempronius Liberalis, Präfekt  318

senatus Constantinopolitanus  316 Senitam, Feldherr  552 Septimius Flaccus, Legionslegat  576 Anm. 4 Septimius Paniskos, Händler  184 Septimius Severus, Kaiser (193–211)  172, 253, 258, 265–268, 284, 293, 296, 315, 358, 363, 381, 386, 489, 495, 497, 621 Septimius Theron, Boxer  344 f. Septuaginta siehe Bibel → Septuaginta Serapeitis, Adelsfrau  219 Serenianus, Statthalter  475 Serer  185, 284, 588 Anm. 106 Sergiopolis, Stadt  451, 536, 539, 544, 547 f. Sergios, Heiliger  557 Sergios, Sklavenbesitzer  336 Sergius Paullus, Konsul (168)  386 Sergius Paullus, Proconsul von Zypern (ca. 46–48)  166 Sesshaftigkeit  42 f., 86, 92, 222, 271 f., 330, 563 Sethianismus  443 Seuche siehe Epidemie Seusamora, Festung  218, 486 f. Severianus, Kantor  432 Severus Alexander, Kaiser (222–235) 234, 289, 293, 295 f., 475, 622 Sextius Florentinus, Statthalter  229 Sextus, Patient Galens  386 Sextus, Philosoph  370 Shamash, Gott  242 Shelamzion, Stieftochter Babathas  259 f. Shiji, Hofschreiber  186 Sichem, biblischer Ort  406 Side, Stadt  253, 304 Sidon, Stadt  112, 355, 378, 405, 430, 457 Sidonius, Sklave  332, 334 f. Silber  20, 52 f., 67, 75, 116, 167, 178, 186, 188, 244, 261, 291, 305, 309, 530, 554 Silberschmiede  167 Silpios, Berg  84, 162 Silvester, Bischof von Rom  455 Simon, Hasmonäer  92 Simon, Rebell  201 Šimʿōn bar Kosība, Rebell siehe Bar Kochba Simon der Zauberer von Samaria, Häretiker  164, 166, 442 Simyafa Ashwaʿ, König (525–536)  550

Register Singara, Schlacht bei (348)  459, 462 Singara, Stadt  267, 278, 300, 459, 462, 471 Singidunum, Stadt  320 Sinonis, Romanheldin  390 Sinope, Stadt  73, 104, 110, 218, 318, 331, 345, 439 Ṣirwāḥ, Stadt  50, 142 Sisan, Dorf  524 Sius, indogermanische Gottheit  41 Skeptizismus  356 Sklaven/Sklaverei  21, 30, 100, 105, 125, 155, 187, 202, 204, 211, 257, 278, 284, 322, 330–337, 340, 347 f., 356, 384, 389 f., 397, 408, 414 f., 419, 430, 481, 484, 496, 519, 571, 596 Anm. 38 → Flucht  333, 336; → Freilassung  260, 332; → Hierodulen (Tempelsklaven)  105, 124, 330, 332; → Hörigkeit  330, 488; → Namen  187, 332 f.; → peculium  332; → Schuldknechtschaft  176, 330 Skopelianos von Klazomenai, Sophist  379 f., 392 Skylax, Fluß  152 Skylax von Karyanda, Seefahrer  26 Skythen  19, 184 f., 331, 349, 394, 584 Anm. 262 Skythopolis, Stadt  112 Slawen  553 Sloterdijk, Peter, Philosoph  444, 569 Smaragdos, Name  187 Smyrna, Stadt  96 f., 130, 165, 252, 262, 265, 340, 345, 355, 370 f., 374, 379, 385, 429, 432, 562, 620, 622 Soades, Palmyrener  276 Sodrer  66 Sohaimos, König (164-ca. 180)  262 Sohaimos von Emesa, Klientelfürst  197 f., 222 Sokotra, Insel  180, 184 Sokrates, Philosoph  212–214, 365, 395, 402, 416, 468 Sokrates Scholastikos, Kirchenhistoriker  381, 508 Sol Invictus, Staatsgott  15, 439 Soloi, Stadt  112, 253 Solon, Gesetzgeber  349, 577 Anm. 28 Sommer, Michael, Historiker  412 Sonntag  439 Sophisten (Indien)  86

Sophisten/Sophistik  251, 263–265, 331, 334, 351, 353–355, 368–373, 375, 378, 385 f., 390, 393, 396, 398, 414, 416, 422, 435, 454, 469, 482 f., 499, 562, 571, 621, 625 Sophronios, Patriarch  556 Soranos von Ephesos, Gynäkologe  384 f., 399 Sosibios, Stifter eines Wettkampfes  162 Sosipatra, Philosophin  508 Sostratos von Knidos, Stifter  78 Soura, Stadt  271, 278, 313, 536, 624 Sozomenos, Kirchenhistoriker  381 Spasinu Charax, Ort  241, 276 f. Speidel, Michael Alexander, Historiker  169, 187, 495 Spiritualisierung  571 Sprachen → Abchasisch  488; → Ägyptisch  338 f.; → Akkadisch  29–31, 35, 37; → Arabisch  282, 311, 338, 358, 378, 383, 387, 480, 501, 504, 546; → Aramäisch  30, 33, 90, 158 f., 165, 198, 205, 219, 242, 258, 279, 283, 338, 392; → Armenisch  90, 287, 338, 361, 381, 387, 438, 480, 488, 493, 509, 552; → Aserbaidschanisch  488; → Äthiopisch  339, 353, 418, 496; → Avestisch  61; → Baby­ lonisch  29–31, 35, 59; → Chinesisch  514; → Dagestanisch  488; → Eblaitisch  29; → Ergativsp.  576 Anm. 17; → Galatisch  338; → Georgisch  363, 480, 487 f., 504, 507, 527, 609 Anm. 187; → Griechisch  15, 19, 21 f., 56, 62, 69, 86 f., 90, 92, 98, 104, 106, 141, 151, 157, 159 f., 161, 167, 169–171, 173, 190, 219, 241, 255, 258, 270, 272, 278 f., 283, 285, 287 f., 290, 296, 298, 311, 319, 329, 338 f., 347, 352 f., 361, 371, 378, 387, 392, 394, 397, 418, 445, 494, 501, 505, 546, 552, 556, 560–562, 566, 581 Anm. 156, 583 Anm. 229, 594 Anm. 307, 609 Anm. 187; → Hattisch  37, 41; → Hebräisch  15, 29, 43, 157 f., 161, 190, 254, 338, 358, 561; → Hethitisch  35, 37; → Hurritisch  35, 42, 90; → Idumäisch  338; → Inguschisch  488; → Kanaanäisch  29, 43; → Kanzleisp.  58, 104; → Kappadokisch  338; → Kasachisch  488; → Keltisch  87; → Khotanesisch  514; → Kirchenslawisch  480;

713

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Register → Koptisch  159 f., 287, 339, 418, 443, 445, 480, 501, 503–505, 552, 561; → Korrespondenzsp.  104, 339; → Kurdisch  90, 488; → Lateinisch  15, 101, 161, 185, 279, 292, 311, 318 f., 326, 353, 358, 418, 445, 515; → Lazisch  488; → Liḥyānisch  338; → lingua franca  31, 35, 58, 515; → Lykaonisch  338; → Mittelpersisch (Pehlewi)  61, 90, 296, 298, 300, 383, 446, 486, 514; → Nabatäisch  92 f., 231, 258, 311, 338; → Ossetisch  488; → Palaisch  37; → Palmyrenisch  15, 270, 272, 278, 302, 338; → Paphlagonisch  338; → Parthisch  15, 296, 298, 338, 493, 514; → Pisidisch  338; → Russisch  488; → Sabäisch  339, 496; → Safaitisch  224, 311, 338; → Samaritanisch  338; → Sanskrit  61, 181, 383; → Semito-Hamitisch  33; → Sidetisch  338; → Sogdisch  514; → Sp.-geographie  48, 488; →   Sp.-verwirrung  48, 361; → Swanisch  488; → Syrisch  15, 159 f., 171, 210, 279 f., 282–285, 289, 290, 338, 353, 358, 360, 383, 387, 445, 480, 492 f., 501, 509 f., 514 f., 522, 561, 589 Anm. 155; → Talysisch  488; → Tatarisch  488; → Thamudisch  338; → Tibetisch  514; → Tscherkessisch  488; → Tschetschenisch  488; → Türkisch  445, 488; → Ugaritisch  29; → Uighurisch  445, 514; → Weltsprache  31 Sri Lanka 178, 514 Staatsarchiv  289 Stadt siehe Polis Stamm  29, 42–44, 58–60, 85, 87, 90, 92 f., 116 f., 133, 141, 151, 158, 162, 222, 237, 240, 254, 270–273, 296, 311, 327, 333, 338, 406, 458, 486, 494, 546 f., 549–551, 559, 565 → Albanoi  486; → Audēnoi  237; → bene Komarē  271; → bene Maʿziyan  271; → bene Mattabol  271; → bene Zabdibol  271; → Benjamin  406; → Chasetēnoi  237;→ Ghassāniden  327, 458, 531, 546 f., 557; → Dan  406; → Homonadeis  152; → Juda  406; → Laḥmiden  458, 531, 537, 556; → Reuben  313; → Rhammanitai  141; → Symeon 406; → Tektosagen  87; → Tolistoagier  87; → Trokmer 87

Standbilder  195, 235, 246, 262, 271, 273, 276 f., 290, 316, 358, 372, 375, 427, 516, 519 Statius Priscus, Statthalter  262 Statthalter siehe auch Funktionäre  22, 60, 106, 114, 118, 130, 150–152, 168, 170, 187–197, 203, 208, 224, 229, 233 f., 238, 241, 256, 259, 262, 264, 267, 276 f., 296, 301 f., 317–319, 321–324, 327, 336 f., 355 f., 372, 379, 428, 430, 432, 460, 475, 501, 550, 600 f. Anm. 209, 619, 621 Steinmetzmarken  338 Stele von Xi’an  514 f. Stendhal, Schriftsteller  397 Stephanos, Anhänger Jesu  162, 618 Stephanos, Sohn des Leontios, Prozessgegner des Archidiakons Theodoros  546 Stephanos I., König (ca. 590–627)  487 Stephanous, Tochter des Patrophilos, Ehefrau des Archidiakons Theodoros 546 Steppe 39, 64, 112, 117, 151, 214, 218, 222, 239, 241, 244, 262, 267, 269, 272, 277, 279, 296, 317, 338, 345, 405, 458, 521, 530, 536, 543 f., 558, 563–565, 568 Sterne  55, 61, 284, 361, 384, 460, 567, 571, 579 f. Anm. 118 Steuer  73 f., 85, 91, 99, 103, 114, 155, 170, 176, 188, 252, 260 f., 278, 281, 309, 317 f., 323, 334, 375, 388, 449, 453, 479, 501, 521 f., 534 → annona militaris  307; → aphorologesia  85; → Bezirke  114; → capitatio  307; → Eisenst.  260; → Erbschaftsst.  260; → Erhöhung  155, 479; → Erklärung  260; → fiscus Iudaicus 202, 260; → Freilassungsst.  260, 332; → indictiones  309; → iugatio  307; → Konfiskationen  309, 501; → Kopfsteuer  260, 207; → Kranzgold  260; → Pacht  103, 252, 278, 318; → syntaxeis (Sonderabgaben)  85; → Weidesteuer  260; → Zensusdeklaration  333 Stieropfer  438 Strabon von Amaseia, Geograph  20, 26 f., 78– 80, 90, 104, 134, 136, 139, 141 f., 148, 152, 162, 170 f., 199, 218, 352, 357, 381 f., 399, 475 f., 564 Strafen 30, 155, 197, 266, 281, 309, 336, 361, 381,

Register 386, 395, 397, 417, 426, 430, 439, 480, 489, 497 f., 500 f., 521, 525, 577 Anm. 28 → Folter  190, 336, 430–432, 489; → Konfis­kation  501; → Kreuzigung  161, 430; → Todesstrafe  30, 197, 309, 395, 430, 501; → Zahlungen  107, 501 Straßen  15, 78, 152, 177, 185, 188, 193, 215, 217– 221, 234 f., 249, 261, 266, 268, 279, 310, 313, 319, 323 f., 337, 406, 495, 586 Anm. 40 → Seidenst. siehe Seide; → St.-namen  79; → St.-netz  78, 130, 188; → strata Diocle­ tiana  313, 624; → via Traiana nova  237, 310, 619; → Weihrauchst. siehe Weihrauch Strategien, Bezirke  105, 475 Straton von Sardeis, Epigrammdichter  373 Stratonike, Stiefmutter des Antiochos I.  435 Stratonikeia am Kaikos, Stadt  87, 245 Strauß, David Friedrich, Theologe  452 Studium Biblicum Franciscanum  313 Styliten siehe Säulensteher Subatianus Aquila, Präfekt  257 Sudan, Land  26, 34, 49 Suetonius, Kaiserbiograph  585 Anm. 32 Suetonius Paulinus, römischer Heerführer in Mauretanien  576 Anm. 4 Suissa, Ort  217 Sulla, Lucius Cornelius, Politiker und Feldherr  106–108, 563 Sulpicius Quirinius, Statthalter  156 Sumerer  28 Super, Parteigänger des Pescennius Niger  266 Šuppiluliuma I., König (1355–1320 v. Chr.)  35, 39  Šuppiluliuma II., König (bis ca. 1190 v. Chr.)  39  Surenas, Feldherr  116 f. Susa, Residenz  58, 60, 63 f., 89 Sweti Zchoweli («Lebendige Säule»)  487 Syedra, Stadt  266 Syene, Ort  82 Syllaios, Höfling  136 Syme, Sir Ronald, Historiker  127, 564 Symeon Stylites der Ältere, Asket  350, 516, 521, 524–526, 626 Symeon Stylites der Jüngere, Asket  527 Symeonsberg  527

Syneisaktentum, keusches Zusammenleben unverheirateter Paare  500 Synesios von Kyrene, Philosoph  355, 367 f., 375, 506 Synkretismus  164, 437 Synode siehe Kirche → Synode Syrakus, Stadt  82, 388, 390 Syria → Syria Coele, Provinz  267, 301, 621; → Syria Phoenice, Provinz  267, 278, 621; → Syria-Palaestina, Provinz  257, 620 Syriarches  317 Szepter  125, 411, 436 Ta-Hsia, Reich  88 Tabal, neohethitisches Fürstentum  41, 48 Tacitus, Historiker  156, 160, 192, 195, 199, 201, 253, 336, 378 f. Tacitus, Kaiser (275–276)  304 Tadmor siehe Palmyra Taizong, Kaiser (626–649)  514 Taʿizz, Stadt  141 Takla Makan, Wüste  187 Tanais, Fluss  26 Tanit, Göttin  295 Taoismus  514 Taq-e Bostan, Ort  468 Tarʿaṯa, Göttin  283, 285, 290, 433, 435 Tarkondimotos Philantonios von Kastabala, Lokalfürst  152 Tarn, William Woodthorpe, Historiker  68 Taron, Land  489 Taronitis, Land  90 Tarsos, Stadt  63, 120, 163, 208, 245, 253, 265 f., 268, 300 f., 356, 370, 470, 491, 589 Anm. 152 Tatianos, Schriftsteller  360, 399, 621 Täufer  157–159, 203, 406, 445 f. Tauros, Gebirge  26 f., 37, 41, 63, 67, 84, 90, 105, 118, 152, 215, 245, 265 f., 279, 302, 307, 491 f., 592 Anm. 247, 615 Tavion, Stadt  87 tebennophorountes, Togaträger  103 Telanissos, Dorf  350, 516, 524, 526 Tempel  29, 35, 37, 39, 44, 46, 54, 72, 84, 86, 91 f., 105, 114, 130, 133, 142–144, 155 f., 161 f.,

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Register 167, 171 f., 195, 200, 202, 217, 225 f., 229– 232, 235, 246, 248, 251–255, 272–274, 276 f., 279, 285, 293 f., 303, 315, 339, 347, 373, 412 f., 427, 433–438, 448 f., 465, 479, 498, 503, 506, 512, 528, 549, 563, 569, 613, 618 f. → Artemision, in Ephesos  167, 372, 613; → in Gerasa  236; → ʾAwam-T. im Jemen  143, 549; → Barʾān-T. im Jemen  143; → Bel-T. in Edessa  283; → Bel-T. in Palmyra  271, 273 f.; → Ḥarun-T.  142; → Neokorie  252; → Podiumstempel  131, 155, 232, 243; T.-berg in Jerusalem  161, 196, 200– 202; → T.-grab siehe Grab → Tempelgrab; → T.-land  74, 85; → T.-prostitution  105; → T.-raub/räuber  168; → T.-reinigung (Jesus)  161, 167; → T.-schatz  114, 117, 155, 196, 201, 469; → T.-sklaven siehe Sklaven/ Sklaverei → Hierodulen; → T.-staat  105, 112, 188; → T.-zerstörungen  498, 500 Terentius, comes et dux  490 Termilen  53 Tertullian, Schriftsteller  349, 353, 360, 419, 431, 439, 442, 482, 570, 575 Anm. 12 Testimonium Flavianum  160, 214 Tetrapylon  271, 273 Tetrarchen/Tetrarchie, Judäa  114, 156, 189 Tetrarchen/Tetrarchie, Kaiser  305, 310, 313, 327, 338, 564 Tetrastylon  254, 503, Teufel  424 f., 427, 448, 504, 523, 568 Teukriden, Priester von Olba  152, 191 Textilien /Textilindustrie  176, 178, 185, 187, 275, 376 Textkritik  81 Thalassokratie  560 Thales von Milet, Philosoph  367, 579 Anm. 118, 613 Theagenes, Romanheld  390 Theater  79, 86, 162, 167 f., 171, 174 f., 184, 201, 217, 230 f., 233, 235–237, 248–250, 273, 283, 294, 300 f., 344–347, 350, 355, 375, 377, 399, 402, 454, 465, 519, 533, 543, 547, 562, 581 Anm. 156 → Amphitheater  162, 201, 207, 249, 309, 345

Thebais, Provinz  173, 307, 430 f., 459, 505 Theben, Stadt in Ägypten  34–36, 48, 459, 504, 613 Theben, Stadt in Boiotien  98, 322 Thekla-Kloster  480 Themen, Militärdistrikte  542 Themistios, Aristoteliker  358, 368 Theodora, Kaiserin, Gattin Constantius’ I.  463 f. Theodoret von Kyrrhos, Bischof und Kirchenhistoriker  350, 381, 521, 524 f. Theodoros siehe Gregor der Wunderwirker Theodoros anagnostes, Kirchenhistoriker  381  Theodoros, Feldherr, Bruder des Herakleios  555 Theodoros, Sohn des Obodianos, Archi­ diakon  545 f. Theodoros von Mopsuhestia, Schriftsteller  373 Theodoros von Tebennesi, Schüler des Pachomius  505 Theodoros Synkellos, Politiker und Schriftsteller  552 Theodoros Tiro, Märtyrer  305 Theodosiopolis, Stadt  451, 471, 531, 535, 552, 626 f. Theodosius I., Kaiser (379–395)  372 f., 480, 491, 497–499, 554, 625 Theodosius II., Kaiser (408–450) 387, 500, 506 f., 510–512, 516, 524 f., 535 Theognis von Nikaia, Arianer  454 Theokrit von Syrakus, Dichter  82 Theologie  56, 61, 162, 366–368, 383, 439, 447, 452, 470, 515, 567 Theon von Alexandreia, Mathematiker und Astronom  383, 508 Theon von Smyrna, Platoniker  355, 368 Theopaschitismus  515 Theophanes von Mytilene, Historiograph  115 Theophanes Confessor, Abt und Historiker  552 Theophilos, Missionar  549 Theophilos, Patriarch  500, 507 Theophilos von Antiocheia, Apologet  361 Theophrast von Athen, Philosoph  80 Theophylaktos Simokattea, Historiker  552

Register Theos Hypsistos, Gott  420 f., 479 Theriak, Heilmittel  386 Thermen siehe Bad/Bäder Theseus, mythischer König  322, 408 Thespiai, Stadt  402 Thiering, Barbara, Bibelforscherin  158 This, Grabstätte ägyptischer Herrscher  34 Thmuis, Stadt  459 Thomasakten siehe Bibel Thoth, Gott 367, 503 Thotmes III., Pharao (ca. 1486–1425 v. Chr.)  171 Thraker/Thrakien  27, 64, 71, 77, 98, 105, 267, 299, 304, 325, 327, 338, 371, 374, 449, 471 f., 492, 496 threptoi, Zöglinge  322, 337 Thukydides, Historiker  212 f., 374, 378 f., 380, 402, 482, 566, 577 Anm. 28, 581 Anm. 155 Thyateira, Stadt 345, 442 Tiberieum, Leuchtturm  155 Tiberius, Schwiegersohn des Augustus und Kaiser ( 14–37) 131, 149 f., 154, 157, 162 f., 164, 179, 188, 191, 195, 381, 427, 475 Tieion, Stadt  111 Tierhetzen  101, 345, 349, 351 Tiglatpileser III., König (744–727 v. Chr.)  48, 613 Tigranes, Sohn des Tigranes II. von Armenien  116 Tigranes II., König (95-ca. 55 v. Chr.)  107–109, 122 Tigranes III., König (20-vor 6 v. Chr.)  149 f. Tigranes IV., König (vor 6 v. Chr.-ca. 1 n. Chr.) 150 Tigranes VI., König (60/1)  193 Tigranes VII., König (ca. 337–358) 459 Tigranokerta, Stadt  107, 109, 192 f., 314 Tigris, Fluss  22, 31, 64, 66, 89, 108, 239–241, 267, 276, 279, 296, 304 f., 461–463, 467, 533, 535, 542, 547, 562, 627 Tihama, Land  50, 139, 144, 550 Tilouana, Insel  276 Timaios, Dialog Platons  355, 357, 366, 368, 437, 443 Timesitheos, Prätorianerpräfekt  300 Timna, Stadt  50, 148

Timon, Stoiker  397 Timon von Phlius, Dichter  80 Tiridates siehe auch Trdat Tiridates, parthischer Gegenkönig (36)  191 Tiridates, Thronprätendent  133 Tiridates I., König (52/3–60 und 61/6-ca. 75)  192–194, 208, 619 Tiridates II., König (217–252)  488  Titel → ‹apostelgleich›  425; corrector totius Orientis 302; → idios logos 170; → Kisra  548, 558; → König der Araber  242; → König/ Königin der Könige  89, 108, 127, 296, 302, 459, 496; → Metropolis  233, 252 f.; → Mukarrib  50, 613; → Negus  549, 551, 558; → neokoros  252; → philhellen  89, 93, 222, 563; → philokaisar  486; → philorhomaios  125, 486; → pitiaxes  219; → Schwester des Königs  223, 225 Titus, Kaiser (79–81)  201 f., 205, 213, 215, 256, 324, 553  Titus, Nichtbeschnittener in der christlichen Urgemeinde  163 f. Toland, John, Philosoph  509 Toleranz/Intoleranz  368, 448 f., 508, 514, 570 Tontafeln  31, 33, 35, 37, 48, 58 Töpferei  100 Tote Städte 521 Toynbee, Arnold, Historiker  68 Trachonitis, Land  237 Traian, Kaiser (98–117)  39, 93, 130, 133, 165, 170, 174, 198 f., 203, 217, 224, 237–244, 249, 252, 256, 261 f., 265, 271, 276, 280, 296, 317, 319–321, 324–326, 332 f., 337, 343, 356, 362, 371, 378 f., 385, 393, 421, 438 f., 464, 466, 517, 530, 543, 564, 602 Traianopolis, Stadt  243, 301 Tralleis, Stadt  165, 345 Translation  52, 286, 295, 465 Trapezus, Stadt  188, 214, 217 f., 245, 438 f., 484 Traumerscheinung  424 f. Trdat, erster christlicher König Armeniens (Ende 3./Anfang 4. Jh.?)  488 f. tres eparchiae, Provinz  253 Treueeid auf den Kaiser  321 Tribigild, gotischer Warlord  499

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Register Tribut  21, 46, 85, 214, 255, 296, 387, 531, 556 Triclinium  227 Trinität  292, 470, 478, 481, 496, 510, 515 Triphiodoros, Ependichter  374 Tripylon  271–273 Trishagion – dreimalige Anrufung der Gnade Gottes  515 Triumph  116, 127, 149, 202, 207, 222, 241, 263, 296, 555 Triumphbogen  245 Triumphwagen  224, 393 Triumvirat  119 Troas, Land  97, 165 Troja, Stadt  31, 97, 559 f. Trojaner  31, 559 Trophonios, Orakelgott  397 Tryphon, philosophischer Dialogpartner  360 Tübinger Theosophie  421 Tudḫaliya I., König (ca. 1420–1400 v. Chr.)  39 Tudḫaliya IV., König (ca. 1240–1215 v. Chr.)  38 Tuffstein  473 f. Turan, Land  299 Türken  241, 539, 551, 559 Türme  39, 78, 84, 86, 205 f., 242, 274, 303, 312 f., 436, 462, 485, 527, 537, 543 Türsteine  400 Tušpa, Ort in Ostanatolien  42 Tyana, Stadt  105, 243, 268, 290, 303 f., 359, 440, 475, 477, 528 Tyche, Göttin  84, 221, 315, 407, 503 Tymion, Ort  441 Tyrannen  59, 79, 155, 175, 179, 211, 356, 395, 469, 480 Tyros, Stadt  63, 112, 190, 253, 342, 354 f., 366, 372, 383, 386, 389–391, 405, 430, 450, 457, 495, 623 Tzani  484 Tzath I., König (ab 521/2)  484, 627 Überschwemmung  282, 285, 543, 622 Udruḥ, Ort  459 Ugarit, Stadt  29, 33, 39, 43, 612 Ulpius Traianus, Vater des Kaisers  199, 210, 244 ʿUmar bin al-Ḫaṭṭāb, Kalif  556 Umm al-Dschimal, Ort  311, 534

Umm ar-Raṣāṣ, Festung  313, 404 f., 407, 527 f., 557 Umm el-Walid, Siedlung  557 Ummidius Quadratus, Statthalter  190 Unionsformel  511 f. Unqi, neohethitisches Fürstentum  41 Unsterblichkeit  41, 358, 512 Untergang Mitanni  39; Hethiter  37; Urartu  43; ­Assyrerreich  46, 49; Lyderreich  58; Lysimachos  88; Caesarmörder  119; Königreich Kommagene  211; Palmyrenisches Reich  303; Römisches Reich  497, 555 f., 569; Sasanidenreich  552 Unzucht  164, 427 Ur, Stadt  29, 611 Ur-Namma, König (2112–2094 v. Chr.)  29 Urartäer/Urartu  41–43, 48, 58, 122, 613 Ursicinus, magister militum  457, 461 Ursulus, comes largitionum  463 Uruk, Stadt  28, 31, 611 Al-ʿUzza, Göttin  231 f., 547 Vaballathus, Sohn des Odainathos  302 f. Vahrīz, General  551 Valens, Kaiser (364–378)  379, 471 f., 477, 490, 496, 498, 516, 519, 532 Valentinian I., Kaiser (364–375)  430, 442, 471, 498, 516 Valentinianer, Sekte  442, 500  Valentinus, Häretiker  442 Valerian, Kaiser (253–260)  298 f., 301, 623 Valerius Gratus, Präfekt  160 Valéry, Paul, Schriftsteller  27 Vandalen  327, 380, 497, 536 Varius Avitus, Name Elagabals  293 Varus von Perge, Sophist  371 Vasco da Gama, Indienfahrer 514 Ventidius Bassus, Legat  122, 125 Veranius, Quintus, Senator  188 Vercingetorix, Rebell  207 Vergil, Dichter  31, 96, 353, 559 Verrat  107, 110, 126 f., 193, 199, 456, 491, 547 Verschmelzung  68 f. Vertrag siehe auch Frieden Hethiter und Ägypter (1259 v. Chr.)  35;

Register Tudḫaliya IV. und Kurunta von Tarḫuntassa (13. Jh. v. Chr.)  38; Antiochos III. und Philipp V. (201 v. Chr.)  96; Römer und Judäer (161–104 v. Chr.)  113; Lucullus und Parther (74–70 v. Chr.)  108; Caesar und Lykischer Bund (46 v. Chr.)  118; ­Römer und Narseh (299)  305, 459, 486, 488; Römer (Jovian) und Schapur II. (363)  471; Theodosius I. und Schapur III. (387)  491; Kapitulation Aegyptus (642)  556 Vespasian, Kaiser (69–79)  188, 198 f., 201 f., 208 f., 211, 213, 215, 218, 222, 324, 543 Veyne, Paul, Historiker  279 Vibia Aurelia Sabina, Tochter Marc Aurels  425 Viehzucht  43, 221, 271 Villen  354, 388, 402, 404, 519 Viriathus, Rebell  207 Vitellius, Kaiser (69)  199 Völkerwanderung siehe Migration Volksnamen  37, 49, 579 Anm. 100 Vologaises I., König (51–ca.76/80)  192–194, 238, 618 Vologaises II., König (77/8–78/9)  238 Vologaises III., Sohn des Sanatrukes, König (111–147)  241, 243 Vologaises IV., König (147/8–192/3)  261 f., 620 Vologaises V., König (190/1–206/7)  266 f. Vologesias, Ort  276 f. Voltaire, Philosoph  18, 398, 470, 509, 514 Vonones, König (16–17)  150 Vorod, König der Elymais (2. Jh.)  276 Wādī → Dana  141 f.; → Ǧawf  141; → el-Hol  577 Anm. 42; → Musa  226, 229, 232 f., 354; → Nadschran  144→ Rum  134, 568; → Sirḥān  310; → Surdūd  139 Wagenrennen siehe Zirkusrennen Wallace, Lew, Romanschriftsteller  198 Wandbehänge Abegg-Stiftung, Riggisberg  376 f. Wanderung siehe Migration Weh Antiok Kusrau, Stadt  537 Wei lüe, Dynastiegeschichte  186

Weidewirtschaft  100, 473, 565 Weihrauch siehe auch Handel  50, 76, 93, 123, 178 f., 181 f., 225, 278 → Land  134, 141 f., 181; → Straße  50 f., 181, 566, 587 Anm. 88 Wein  76, 86, 92, 124, 178, 181, 221 f., 307, 370, 372, 402, 404, 424, 438, 447, 458, 475, 477 f., 498, 519, 532, 546 Weisheit Salomons, philosophische Lobrede  361, 476 Weizen siehe auch Getreide  84, 176 Weltbild, antikes  25–28 Weltwunder  78, 167 Wettkampfwesen  80, 91, 105, 155, 249, 252, 322, 342–351, 386, 395, 520, 620 → Antinoos (Alexandreia)  246; → Ärztewettkampf  346; → Bildhauerwettkampf  346; → Hadrianeion-Antinoeion (Bithynion-Klaudiupolis)  246; → Olympien (Antiocheia am Orontes)  162; → Olympien (Griechenland)  359; → Panhellenios  248; → Periode  343; → Perseus Uranios (Panopolis)  342; → Ptolemaieia (Alexandreia) 75; → Severeia Olympia Epinikia  267 Wieland, Christoph Martin, Übersetzer ­Lukians  398 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von, Philologe  383, 398 Wilde, Oscar, Schriftsteller  246 Winkler, Heinrich August, Histo­riker  17 Wischmeyer, Wolfgang, Theologe  422 Wissenschaft, antike  26, 31, 55 f., 79, 83, 362, 368, 383–387, 418, 425, 477, 482 f., 508, 548, 566 f., 571 → Astronomie, Geometrie, Mathematik  383, 482; → Geographie  26, 381; → Geschichte  378–381; → Medizin  383–387; → Philologie  81; → Physik  55; → Recht  387, 567 Wohlstand  130, 244, 255, 281, 339, 415, 520, 566, 569 Wollproduktion  475 Wunderglauben /Wunderheilen /Wunderwirken  167, 287–289, 359, 397, 424 f., 434, 438, 440 f., 446, 475 f., 486, 522, 527, 529

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Register Wüste  33, 39, 49, 64, 92 f., 105, 134 f., 147, 151, 175, 198, 222, 237, 279, 305, 310, 505 f., 521, 544, 556, 565, 567–569 Wüstenpolizei  277, 323 Xanthias, Sklave  332, 334 f. Xenarchos von Seleukeia, Aristoteliker  357 Xenophon, Athener, Heerführer und Histo­ riker 58 f., 90, 245, 262 Xenophon von Ephesos, Romanschriftsteller  184, 389 Xepharnugos, König (1. Jh.)  219 Xerxene, Land  90 Xerxes I., König (486–465 v. Chr.)  20, 60 Yakto siehe Mosaik → Yakto Yamanat, Reich  549 f. Yarhai, Sohn des Nebozabad, Satrap  276 Yarhibol, Gottheit  274, 277 Yariri, Prinzregent  42 Yarmuk, Schlacht am (636)  556 Yaṯill siehe Athroula Yazdagird III., König (633–651)  555 f. Yazīd, Rebell  550 Yourcenar, Marguerite, Schriftstellerin  246 Ysiportus, Festung  218 Yūsuf, König (zwischen ca. 522 und 525)  549 f. Zabdas, General  302, 623 Zacharias, Patriarch  553 Ẓafār, Stadt  50–52, 549 f. Zagros, Gebirge  27 Zählmarken  28 Zalpa, Stadt  38 Zamasp, König (496–498)  531 Zamolxis, Gott  397 Zarathustra, Religionsgründer  61 Zariadris, Strategos  90, 107

Zauberei siehe Magie Zela, Stadt  105, 112, 119, 152, 438 Zeltbewohner siehe Nomaden Zenobia, Gattin des Königs Rhadamistos  192 Zenobia, Stadt  536, 544 Zenobia, Witwe des Odainathos und Gegenkaiserin (ca. 240–272)  302 f., 366, 565, 623 Zenodot von Ephesos, Gelehrter  81 Zenodotion, Ort  117 Zenon, magister militum per orientem und Kaiser (476–491)  515, 526 Zenon von Kition, Philosoph  354 Zephyrion, Stadt  245 Zeus, Gott  41, 57, 84, 86, 125, 133, 163, 396 f., 429, 433, 435–437, 495, 575 Anm. 2 → Bottios  84; → Olympios  92, 245, 479; → Oromasdes  123; → Philios  252 Ziehkinder siehe threptoi Zikkurat  29 Zimara, Ort  217 Zimt, Gewürz  76, 178, 181 Zipoites, König (ca. 315–280 v. Chr.)  87 f., 614 Zirkus  245, 250, 309, 345 Zirkusfaktionen  537 Zirkusrennen  351 Zoilos, Freigelassener Octavians  388 Zoll  99, 177, 251 f., 260, 271, 278, 319, 618, 620 → Gesetz  251 f., 278, 319; → Tarif  271 Zosime, Gattin des Tigranes II. von Armenien  116 Zoskales, Herrscher in Äthiopien, frühe ­Kaiserzeit  178, 494, 618 Zweinaturenlehre  512 Zwölftafelepos siehe Gilgameschepos Zypern  51, 59, 76, 151, 162 f., 166, 241, 243, 377, 618

Zum Buch Mit Christian Marek legt ein international renommierter Fachmann für die Alte Geschichte der Kulturen östlich des Mittelmeerraums eine meisterhafte, große, reich bebilderte Synthese seiner jahrzehntelangen Forschungen in Kleinasien, Syrien und Arabien vor. Er erzählt die Vorgeschichte dieser Weltgegenden von den frühen Hochkulturen des Orients bis zur Ausbreitung des Hellenismus, beschreibt die Konflikte Roms mit Potentaten wie Mithradates VI. und Völkern wie Persern und Juden. Er erläutert die Institutionen und Techniken römischer Herrschaft sowie die Integration der östlichen Kulturen in einer römischen Weltordnung. Schließlich verfolgt er den Aufstieg und Sieg des Christentums über andere neue Religionen in der Osthälfte des Imperium Romanum bis zum Vorabend des Islams. Eine Besonderheit seiner Darstellungsweise liegt darin, die historischen Vorgänge und Verhältnisse aus orientalischer Perspektive zu beschreiben. Er richtet den Fokus auf die lokalen und regionalen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die geistigen und religiösen Bewegungen, die Interessen und Konflikte der Akteure in den orientalischen Klientelreichen und Provinzen. Damit eröffnet der Autor einen anderen Blick auf die römische Geschichte und führt in eine weniger bekannte Welt ein. In jedem Falle legt er damit ein Buch über ein Thema vor, das so noch nicht beschrieben wurde!

Über den Autor Christian Marek ist Professor em. für Alte Geschichte an der Universität Zürich. Im Verlag C.H.Beck ist von demselben Autor lieferbar: Geschichte Kleinasiens in der Antike (Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung, 32017); Die Inschriften von Kaunos (VESTIGIA 55, 2006).