Geschichte der Entwickelungen der griechischen Philosophie und ihrer Nachwirkungen im römischen Reiche: 1. Hälfte 9783111593869, 9783111218984


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German Pages 593 [596] Year 1862

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Inhalt
Einleitung
Erste Periode der griechische Philosophie
Uebersicht und Gliederung derselben
Erster Abschnitt. Die ältere jonische Physiologie
Zweiter Abschnitt. Von der Seinslehre der Eleaten
Dritter Abschnitt. Die Versuche ein Unveränderliches als Grund der veränderlichen Natur in ihr selber nachzuweisen
Vierter Abschnitt. Die pythagorische Zahlenlehre
Sechster Abschnitt. Die Sophistik
Die zweite Entwickelungsperiode der griechischen Philosophie
Uebersicht und Gliederung derselben
Erster Abschnitt. Sokrates und die einseitigen Sokratiker
Zweiter Abschnitt. Plato und die Akademie
Dritter Abschnitt . Aristoteles und die älteren Peripatetiker
Einleitung
I. Das Leben des Aristoteles
II. Begriffsbestimmung und Eintheilung der Philosophie
III. Von der Aristotelischen Logik oder Wissenschaftslehre
IV. Die erste Philosophie des Aristoteles
V. Die aristotelische Physik
VI.Ethik und Politik
Die aristotelische Kunstlehre
Die älteren Peripatetiker
Verbesserungen
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Geschichte der Entwickelungen der griechischen Philosophie und ihrer Nachwirkungen im römischen Reiche: 1. Hälfte
 9783111593869, 9783111218984

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Gesrlnckte der

EiMoilkklllngen btt gricchischm PhilisiM und ihrer

McKwirKungen im römischen Jerche. von

LHristiau August BraudiS.

E rs te g r ö ß e r e

Hälfte.

-

Berliu bei G. R e i me r .

1862.

Herrn

Professor Dr. Adolf Treudelenburg, Secretär der philosophisch-historischen Abtheilung der M nig l. Preußisch« Akademie der Wisseuschaftm.

Weder um Ih re Kritik herauszufordern, mein verehrter Freund, noch mn sie zu bestechen, eigne ich Ih n en diese» Buch zu, sondern in der Ueberzeugung daß w ir auf gleichem G runde irnb Boden der Forschung stehn, und ran zu bezeich­ nen, welche A rt der Kritik ich m ir wünsche: eine, wie S ie sie üben, lediglich auf Ergründung der W ahrheit gerichtete. D a ß im Gebiete der Geschichte der alten Philosophie noch M a n ­ ches fraglich ist, weiß ich sehr wohl und könnte mich nur freuen, wenn die von m ir ausgesprochenen Annahmen zur Veranlassung würden durch Beleuchtung derselben da» Rich­ tigere zu finden. Wozu aber eine neue Geschichte der griechischen P h i­ losophie? werden S ie fragen mid habe ich selber g efrag t I n der Ausführlichkeit sie darzustellen, wie ich eS in mei­ nem Handbuche versuchte, würde ich mich nicht entschlossen haben, auch wenn die Exemplare desselben erschöpft wären. M it Zellers vorzüglichem Werke in W ettstreit zu treten,

würde ich nicht unternehmen, und was ich dagegen zu erinnent habe, ließe durch einzelne kritische Abhandlungen sich erledigen. N ur die Ueberzeugung daß es an einer aus den Quellen geschöpften übersichtlichen Darstellung deS Gegen­ standes noch fehle, und daß eine solche der Beschäftigung mit dem D etail zn Grunde gelegt werden müsse, hat mich bestimmt an der Aufgabe von neuem mich zu versuchen. Zunächst habe ich dabei Philologen und Theologen im Sinne gehabt, die das Bedürfniß fühlen mit diesem Zweige der Alterthumswissenschaften sich bekannt zu machen, sei cs daß sie entweder nicht M uße haben in die weitschichtigen Ein­ zelheiten der größer« Werke einzugehn, oder sich eine spätere Beschäftigung damit vorbehalten wollen. Und kann nicht auch eine gleich anfängliche Beschäftigung mit allen Einzel­ heiten dm S iim für die innere Gliederung der besonderen philosophisch« Theorien und für ihre Zusammmgehörigkeit trüben, oder die Neigung hervorrufen sie lediglich vorn literar­ historischen «der philologisch« Gesichtspunkte zu betracht«? — eine Neigung, wodurch allerdings der nächste und vorzüg­ lichste Zweck eines Studium s der Geschichte der Philosophie in hohem G rade gefährdet werden muß. M ein Angenmerk ist, wie gesagt, auf Studirende gerichtet, den« Beschäftigung m it der Geschichte der Philosophie vorzugsweise nahe liegt; es würde mich aber höchlich freuen, wenn mir es gelänge, wissenschaftlich Gebildete überhaupt für Einblick in die Ge­ schichte der Entwickelung« philosophischer Probleme und ihrer Lösungsversuche zu gewinnen. D ie Arbeit mußte natürlich zu sorgfältiger Revision meiner bisherigen Bestrebung« auf diesem Gebiete mich ver­ anlassen. Z ,mächst, jedoch nicht ausschließlich, mußte dabei Zellers Philosophie der Griechen berücksichtigt w erd«. Ich

hoffe der Rechthaberei nicht geziehen w erd« zu können, wenn ich, wie erfreut auch über manche Punkte der Einigung mit ihm, doch in andren wesentlichen Beziehungen, wie in der Anordnung der ersten Periode der griechischen Philosophie, über die Darstellungsweise der Lehrgebäude deS Plato und Aristoteles uni) über ihre obersten Principien meine früheren Ueberzeugungen festzuhalten mich gedrungen gesehn habe. I n der ersten Beziehung mußte ich an der Abfolge festhalten, wie ste meinem Dafürhalten nach zugleich auS bat inneren Beziehungen der verschiedenen Theorien und auS den Zeug­ nissen des Aristoteles sich ergibt. I n der Darstellung deS platonischen und aristotelischen Lehrgebäude- bin ich wiederum bestrebt gewesen, die Entwickelungsweise der Urheber, so weit eS die mir vorgezeichnete Kürze erlaubte, dmchfcheinen zu lassen; Anbequemung an unsre gegenwärtig übliche Gliede­ rung philosophischer Systeme scheint m ir, wenn vielleicht auch faßlicher, die Einsicht in die ursprüngliche Form zu gefährden. Rücksichtlich meiner Auffassungsweise der obersten Principien muß ich mich, zur Vermeidung lästiger Wiederholmigen, auf das Buch selber beziehen. Ich habe geschwankt, ob ich nicht der Verpflichtung mich entbinden dürfe, die in Ritters, ZellerS und meinen ausführlichen Werken enthaltenen Belegstellen anzuführen; doch schien mir eine Auswahl derselben erforderlich, theils zur Einleitung in die Quellenkunde, theils zur Rechtfertigung meiner Auffassung der Lehren. Hin und wieder habe ich mir erlaubt in den Anmerkungen über den Text hinüber zu greifen, um die Aufmerksamkeit auf einzelne in diesem nicht berührte Punkte vorläufig zu lenken. Obwohl ich der Kürze, soweit es ohne Beeinträchtitigung der Deutlichkeit geschehn konnte, mich befleißigt

habe, so ist eS mir doch nicht gelungen, wie ich gewünscht hatte, die dritte Entwickelungsperiode mit der Darstellung der beiden ersten zufannnenzubegreifen. Ich muß mir daher, um diesen Band nicht zu sehr anzuschwellen, ein zweites Bändchen vorbehalten, welches jedoch in kurzer Frist der ersten größeren H älfte folgen wird. B o n n , den 15. J u li 1862.

Inhalt. Seite E i n le it u n g . 1. Vorläufige Erört erungen. . . . . 2. D ie Wurzeln und Anfänge der griechischen Philosophie. D ie religiöse Grundanschaunng der Griechen . Hesiods Theogonie . . . . D ie sogenannten gemischten Theologen. PherekydeS . D ie sogenannten sieben Weisen. . . . . Solon und ältere oder gleichzeitige lyrische und gnomische Dichter

1 17 17 22 98 32

Erste P e r i o d e der griechischen P h i l o s o p h i e . Uebersicht und Gliederung derselben . E rster A b s c h n itt. D ie ältere jonische Physiologie Thales . . Anaximander . Anaximenes Heraklit . Z w e ite r A b sch n itt. Bon der Sein-lehre der Eleaten . LenophaneS ParmenideS MelissuS . Zeno . . . D r it t e r A b sch n itt. D ie Versuche ein Unveränderlichesals Grund der veräuderlichm " Natur in ihr selber nachzuweisen . .

40 46 46 50 56 60 80 80 87 94 97

1Ö2

Seite Empedokles . . . . . AnaxagoraS Die Atomistik des LeukippuS und D em okntus Anhang. Diogenes von Apollonia . . Archelaus . .

.

.

.

103

120 132 150 153

.

V i e r t e r Ab s c h n i t t . Die pythagoreische Zahlenlehre . D er Urheber und seine Schule D ie Zahlenlehre und ihre verschiedenen Aussassungsweijen Alkmaon, HippasuS, EtPhantuS D re Dichter unter dem Einflüsse der Philosophie . Epicharm us . P in d a r und AeschyluS . Sophokles und Euripides . . . . . .

.

156 157 167 190 192 193 196 200

F ü n f t e r Ab s c h n i t t . D ie S o p h i s t i k .................................................................................204 P ro tago ras . . . . . 207 G orgiaS . 210 D ie sophistische Eristik, Ethik und Rhetorik . . . 211 Stellung der Sophisten zur Philosophie . 217 D ie zweite E n t w i c k e l u n g s p e r i o d e der griechischen Philosophie . . . 220 Er st e r A b s c h n i t t . S o k r a t e s und die einseitigen Sokratiker . 222 S okrates; sein Leben und Tod . 222 D ie Quellen für Kenntniß seiner Lehren . . . . 229 Seine Lehren . . . . . . 232 S. D i e e i n s e i t i g e n S o k r a t i k e r . . • 245 1. Antisthenes und die Kyniker . . . . . 247 2. Aristipp und die Kyrenaiker . . . . . 251 Theodorus der Atheist . . . . . . 255 HegesiaS . . . . . . . 256 A n y i k e r i s ................................................................................ 257 9. Enklides, die Megariker und Eretrier . . . 359

In h a lt.

IX Seite

Z w e ite r A b sc h n itt. P l a t o u n d die A k a d em ie S e in Leben

.

.

.

.

.

Die platonischen Schriften .

.

. .

.

. .

.

Darstellungsweise des platonischen Lehrgebäude-

.

266

.

.

266

.

.

272

.

.

.

285

D ie G r u n d lin ie n de- p latonischen L eh rg e b ä u d e-

.

I.

B o r b e g r i f f e und mythische Andeutungen

.

II.

D ie p lato n isch e D ia le k tik A.

.

.

.

.

288 293

Einleitende Untersuchungen über da- Wissm und sein Objekt, das Seiende

.

.

.

.

.

293

B.

Die platonische Jdeenlehre und Dialektik

C.

Dialektische Ableitung der Principien der Ethik und Physik

III.

D ie p lato n isc h e P h y s ik

I V.

G ru n d lin ie n der p lato n isch en E th ik Die platonische Staatslehre Uebersicht

B)

.

288

.

.

.

.

.

.

.

. . .

.

362

.

Die ä l t e r e A k a d e m i e und ihre Richtung. .

337 350

.

.

LenokrateS u. A. .

. .

.

.

309 328

367

Speusippu-,

.

.

.

Fortbildung der platonischen Jdealzahlenlehre

376 379

I h r e E t h i k ...................................................................................................384 D r i t t e r A b sch n itt. A r is to te le s u n d die ä l t e r e n P e r i p a t e t i k e r I.

D a s Leben de- Aristoteles Seine Schriften

II.

.

.

.

.

.

.

.

.

. .

.

.

388 394

B e g riffs b e stim m u n g und E in th e ilu n g d e r P h i­ lo so p h ie

.

.

.

.

404

Begriff und Methode der Mathematik Die der Logik vorbehaltene Stelle III.

386

D i e aristo te lisc h e Logi k senschaft-lehre A.

.

. und

.

.

.

410 412

a n a ly tis c h e W is­

.

.

.

.

.

414

Einleitung und Dialektik .

.

.

.

.

414

Aristoteles' T o p i k ...................................................................... 423 Seine Kategorien

.

.

Seine Vierheit der Gegensätze B.

Die aristotelische Analytik, D a - Urtheil

.

.

. .

. .

.

426

.

432

.

a. Die Formenlehre .

.

.

434 .

434

D er S c h l u ß ..................................................................................... 438 b. Die analytische Wissenschast-lehre

442

Inhalt.

X

S eite 452

IV. D i e e rste P h i l o s o p h i e d e - A r i s t o t e l e s A.

Die Einleitung

.

B.

Die Ontologie

.

a) Die Deduktion der

. .

452

.

.

463

Form alprincipien

463

b) Die eigentliche Ontologie C. V.

Die Theologie

.

466

.

478

D ie a r i s t o t e l i s c h e P h y s i k A.

.

Die allgemeine Naturlehre, malprincipien .

.

. a) von ihren F o r­

.

486

b) von den Realprineipien der N atu r B.

486

.

489

D i e b e s o n d e r e P h y s i k , a) D ie Kosmologie

500

b) Grundlegung einer Physik der W elt de-Veränderlichen

503

o) D ie Meteorologie

508

.

d) D ie gleichwertigen Stoffe

. .

.

.

.

509

Zweiter Haupttheil der besonderen Physik; die L e h r e v o m o r g a n i s c h e n Le b e n .

1. D ie Seclenlehre

2. D ie Lehre von den organischen Wesen Vs. E t h i k u n d P o l i t i k . 2. D ie Politik

1. D ie Ethik

.

D ie aristotelische K u n s t l e h r e

512 526 536 553 559

Die alteren Peripatetiker .

566

(Subemus

566

Theophrast . HeraklideS .

568 .

.

Aristoxenus und DikoarchuS S tra to von Lampsakus

576 577 578—81

Einleitung. L

V o r l äusige

Erörterungen.

Wie weit sich auch unser Blick erweitern mag in der Länder­ und Völkerkunde, in der vergleichenden Sprachwissenschaft, in der Geschichte wie überhaupt, so durch Erforschung des hohen Alterthums, in der Mathematik, dm Naturwissenschaften und ihrer Anwendung: immer wenden wir uns wieder zurück zur Betrach­ tung einerseits des israelitischen, andrerseits des griechischen und rö­ mischen Alterthums, in der immer mehr sich befestigenden Ueber­ zeugung, daß die Wurzeln des religiösen, staatlichen, wissenschaft­ lichen und künstlerischen Lebens unsrer Welt zunächst und vorzüg­ lich innerhalb der kleinen Gebiete der Israeliten und Grieche» zu suchm sind, und daß sie durch Vermittelung der Römer über die neue Welt sich verbreitet haben. Bilden diese Völker auch nur Glie­ der in den unermeßlichen Cntwickelungsreihen des Menschengeschlechtes und setzt auch was sie geschaffen haben, vorangegangene Kulturstufen voraus: bei ihnen finden wir die Brennpunkte, in denm die Strahlm vorangegangmer Gesittung in solcher Weise sich koncentrirt, geläutert und vertieft haben, daß sie die gemeinsame Grundlage der folgenden Entwickelungsperioden der Welt werden konnten. Wenden wir uns unsrem Zwecke gemäß zu dm Griechen. Bei ihnen finden wir nicht etwa nur die Anfänge der Hauptrichtungm unsrer geistig sittlichen Bildung, sondern zugleich eine die Haupt­ richtungm des menschlichen Geisteslebens umfassende und sie in steter Wechselbeziehung unter einander fortbildende Entwickelungs­ geschichte. Kunst und Poesie, Wissenschaft und Staatsbildung schrei­ ten bei ihnen in solchem Einklänge unter einander fort, wie er nur da statt finden konnte, wo hohe geistige Begabung mit dem durch glückliche Verhältnisse geförderten Triebe zusammentraf, aus und durch denselben die dem Menschen verliehenen Gaben auszubilden. ES ist die schöne Aufgabe der griechischen AlterthumswissenGesch. d. griech. Philosophie.

1

schäften die verschiedenen Entwickelnngsreihcn des griechischen Geistes, in ihrer Bedingtheit durch einander, von den ersten An­ fängen bis zu ihren Höhepunkten, und darüber hinaus in ihrem Verfall und ihrem allmähligen Erlöschen zu verfolgen, und Einsicht, wenn auch nicht in die Gesetze, so doch in die Verhältnisse anzu­ bahnen, die dieser beispiellos vielseitigen und bis zu ihren Höhe­ punkten hin stetigen Entwickelung förderlich gewesen, und die ihnen wiederum ihr Ziel gesetzt und vom Wege des Fortschritts abgelenkt haben. Dieser ihrer Aufgabe kann aber die griechische Alterthumswissenschaft nur in dem Grade entsprechen, in welchem sie die verschiedenen Seiten und Richtungen der Entwickelung in ihrer Zusammengehörigkeit und in ihren Wechselbeziehungen auffaßt. Zu diesen Entwickelungsreihen gehört außer boten des Volks und Staatslebens, der Poesie und Kunst, der Geschichte und Be­ redsamkeit, die der Wissenschaft, d. h. der Philosophie; denn sie umfaßte im ganzen griechischen Alterthum die Gesammtheit der Wissenschaften, oder vielmehr diese haben als Zweige derselben ihr fortwährend angehört, und die Zweigwisscnschaften sind immer nur zu einer sehr bedingten Selbstständigkeit gelangt. Die Geschichte der griechischen Philosophie (die römische Philosophie ist nur ein Ableger derselben) ist daher in doppelter Beziehung von hoher Be­ deutung; sie ist zuvörderst die Grundlage aller späteren Philo­ sophie, der der neueren wie der des Mittclaltcrö. Plato und Aristoteles bleiben die Leitsterne, an denen der philosophirende Geist immer von neuem sich zu oricntircn hat. Die Geschichte der grie­ chischen Philosophie ist ferner ein wesentlicher und inlegrirender Bestandtheil der griechischen AltcrthumSwisscnschaften, und zwar nicht blos rücksichtlich der Sprache und Literaturgeschichte, sondern als Geschichte der Wissenschaften, wie sie aus dem reinen Triebe zu wissen um des Wissens willen hervorgegangen sind und sich ent­ wickelt haben. Sie steht auch in durchgängiger Wechselbeziehung mit der Geschichte der Poesie und Kunst, des Volks- und des Staatslebens der Griechen. Wer diese begreifen w ill, darf jene nicht außer Acht lassen. Auch kann ich nicht unerwähnt lassen, daß Geschichte der griechischen Philosophie, wenn Gegenstand eines ein-

dringlichen S tudiu m s, der Gefahr begegnet in den philologischen «Studien zn ausschließlich den Einzelheiten seine Aufmerksam­ keit zuzuwenden; ist ja die Philosophie vor Allem auf Verknüpfung de- Mannichfaltigen nach inneren Beziehungen gerichtet. 2. Ueber den Begriff der Philosophie haben wir uns hier nur so weit zu verständigen, so weit es für unsern Zweck erforderlich. Wie der Begriff zu allmählig nähern Bestimmungen gelangt ist, hat die Geschichte selber zu zeigen. D as W ort findet sich noch nicht in den ältesten Denkmälern der griechischen Sprache, sondern statt dessen Weiser und Sophist (aotpog und a o tp ia x ijs) zur B e ­ zeichnung all und jeder Geschicklichkeit und aller geistigen V orzüge'). Nach einer Erzählung des HeraklideS PontikuS, die Eicero uns wiedergiebt, soll Pythagoras zuerst des W orts zur Bezeichnung der von allem äußern Zweck unabhängigen Bettachtung der Dinge und des Lebens sich bedient haben5), und diesen ursprünglichen S in n halten auch Herodot, ThukydideS u. A. fest. Noch allgemeiner be­ zeichnen Andre, nachsinnen, Bücher lesen und überhaupt jede gei­ stige Beschäftigung durch das W o rtS). Zu einer Aussonderung der M ischen oder sogenannten positiven Wissenschaften kommt eS in keiner der verschiedenen alten Begriffsbestimmungen der Philoso­ phie. Plato bezeichnet die Geometrie als eine Philosophie und un­ terscheidet nicht Philosophie überhaupt, sondern die höchste philoso­ phische Wissenschaft von der ÜDiothcinotit4). Aristoteles befaßt diese, gleichwie die Naturwissenschaften in allen ihren Zweigen, unter den 1) Diog. L . prooem. 1-’. Stephani Thesaur. s. v. und Hahm in Ersch und GrubcrS allg. Eiicykiop. III, B. 24. 3 ff. 2) Cic. de finib. V, 3. vgl. Diog. L . prooem, 12. Jamblich, vita Pyth. 58. 3) Vergl. Z cller's Philosophie der Griechen. S . 2, 1. 2te Ausg. 4) Plat. Theactet. 143, X .Uni yfio u n n sa f »j xtva idXrjt’ tptXoOotplav — Rep. Vif, 533, c ttl U l ovxi ix /ui) iovrog olov n yCviü&at r i, ovriaXXo u iv oucftv io v , noXXüi ök / a u X X o v t o änXwg iov. Jenes Buch, o. 1. itxi yag anavra yiyoviv ifri f.ii) navra y dilv ft/u(poxiQ(og i£ ovdivog ytviadtti av avraiv (add. r«) yiyvo/uiva. 59) fr. 1. av^'/iüqiiKu yaQ xal t o v t o v j i o t w v (pvaixwv. 60) fr. 2. 9. 7. vgl. fr. 8 ä)J! woniQ iorlv aUC, ovr07rjj. fio vo v t o i t o j v d t 6 f u t v oua/nog a / r j f i a i o n v , ij

dta&tyij ra£tg, rj d t iQonij

xrX.

vgl. P h ys. I, 5 de

Gener. et Corr. I, 1. 3 14, 21. S tob. E cl. 364 (fr. II, 3 0 ) k'c r t o ty x Q /f i a r a xtyQüio&ai d taray ij t t x a l nva u to x a l tiq otq oti^ . vgl. 36 ) A lex . A phrod. Q uaest. nat. II , 23.

D io g .

A um . 37. erwähnt

IX , 47

einer eigene« S ch rift des Dem okrit über den M agnet. 37) Theophrast. de Sensu 63. 64 (fr. I I , 2o). Auf letztere (die fekondären) Eigenschaften sind w ohl zunächst, jedoch nicht ausschließlich die W . de- Dem okrit b. S ex t. E. M ath. VII, 136 fr. II, 1 zu beziehn: rju&e d t rtß fittv i o v r i o v d t p aTQtxtg i w i t / u w ,

y ttT a n im o v dt x a i d rt

oo)~

(narog dta&tyrjv, x a l tw v I s i t i a i o n w r xai i3) v g l. Zkllkr I. 7 0 8 f.

konnte, seiner zu mtrathm und alle Erscheinungen auf physische Ursachen zurückzuführen. Auf jeden Fall rechtfertigt sich die S te l­ lung die hier den Atomikern angewiesen ward; möchte auch Leukippus dem AnaxagoraS vorangegangen feilt, so doch, wie vollkom­ men fest steht, dieser um ein Beträchtliches dem Demokrit, und dem verdankt die Atomistik erst ihre wissenschaftliche Durchbildung. JÄoch auch in so fern rechtfertigt sich diese Anordnung, in wie fern die mit EmpedokleS beginnende mechanische Erklärung-weise, welche von AnaxagoraS mehr umgangen als beseitigt war, mit der Atomistik ihr Endziel erreichte. Schüler Demokrits wird NeffuS genannt, für uns ein bloßer Name; Schüler des NeffuS oder auch Demokrits selber, Metroboru» aus EhioS, der von der sinnlichen Unerkennbarkeit de- SeinS der Dinge auf Ohnmäglichkeit all und jeder Erkenntniß, selbst der des Nichtwissen- schloß"). Diese aus der Atomistik hervorge­ gangene Skepsis scheint durch MetrodorS Schüler, AnaxarchuS auf Pyrrho übergegangen zu sein. Ob auch MetrodorS Schüler NausiphaneS, der Lehrer des Epikur, dieser skeptischen Richtung der Atomistik sich angeschlossen habe, ist ungewiß. An h a n g . Nachträglich erwähnen wir noch eines oder zweier gleichwie Demokrits Atomistik, schon dem sokratischcn Zeitalter angehörigen Versuche, ohne Beachtung der elcatischen Forderung, ein schlechthin unveränderlich Seiendes vorauszusetzen, vom Standpunkte des Em­ pedokleS und AnaxagoraS zu dem der alten Ionier zurückzukehren und die Welt der Dinge aus einem, jedoch durch Jnwesenheit des Geiste- beseelten Urstoff abzuleiten. Denn daß D i o g e n e s von Apollonia:) in Kreta, den SimplieiuS, aller Wahrscheinlichkeit 94) Diog. L. IX, 58. Simpl, in Phyg. 7 u. A. 1) Schleiermacher über Diogenes von Apollonia v. I . 1811, wieder abgedruckt in f. sämmtlichen Werken III, 2, 149. Panzerbieter, Diogenes Apollonietes 1830. Mullach, fregm. ph. Greeo. I, 254.

nach auf Zeugniß de- Theophrast, den jüngst« der Physiker nennt *), später, nicht früher, wie Schleiennacher annahm, als Anaxagora» gefchrieben hatte, ergibt sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus Sprache und Halttmg feines Buche», wie sie in den Bruch­ stücken desselben nachweislich. S o fordert schon der Anfang des Buche» für jede Rede einen unabweislichen Anfang (Princip) und einfache und würdige Auslegung (Ausführung). Dann aber sucht es ausführlich zu zeigen daß alle Dinge von Demselben abgewan­ delt würd« und Dasselbe seien *), — was die früherm Physiolo. gm, so lange als die Eleatm ihre Forderung eine» unveränderlich Seienden noch nicht geltend gemacht und Empedokle» und Anaxagora» dasselbe in einer ursprünglich« Mehrheit de» Seiend« nachzuweism noch nicht versucht hatten, als selbstverständlich, still­ schweigend voraussetzt«. Ferner schloß e r 4) : nicht Alle» könne so nach M aß vertheilt und auf das schönste geordnet sein, wäre da» Princip der Erkenntniß nicht theilhast, und suchte dann zu zeig « 5) daß das ewige, unvergängliche, unmdliche und gewaltige, an Wissen reiche W es«, woraus Alles bestehe, die Luft sei, welche in a ll« athmend« Wesen Leben und Denken wirke und Alle» durchdringe und ordne. Ih re belebmde Kraft zeige sich schon in der luft2) Simpl, in Phyaioa f. 6. vgl. Zeller S . 202, 2. 3) fr. 2 ifiol 6k 6oxiei, ro /ukv Üu/uTtav einelv, ndvra ra lovra ano rov avrov ireqoiovo&ai xal ro avro eJvai. xal t o v t o ev6ijXov * el yccQ ra iv rip6e riß xoG/lko lovra vuv yrj xal v6wo xal raXXa, oaa ipalverai iv riß6e riß xoo/uq) iovra, ei rovriiov n yv ro eregov rov kriqov eregov iov rrj iSZy ipvaeC xal /utj ro avro iov fiexininre nokla^us xal krtQoioirto, ovda/jrj ovcf’ av obre (iloyea&ai dXXrjXotoi rj6vvctro, obre ibipiXrjae rw iriQw obre ßXdßrj {elvai ?). xrX, vgl. fr. 6 u. Arist. de Qener. et Corr. I, 6. 322, b, 12. 4) fr. 4 ov yag av ovrto 6e6do&at olov re rjv dvev vorjOioq, uore ndvriav fjiirqa i x €tV> X€,/Li(*>vog re xal öigeog xal vvxrog xal rfrut(jtjs xal vertov xal avipiav xal ev6itüv , xal ra dXXa et rex ßovXerai iv voieo&ai, evQiaxoi dy ovrio 6iaxe(peva ibg awarov xaXXiora. 5) ib. 5 h i 6k ttqos rovroig xal rd6e jueydXa arjjurj'Za * av&Qtonoi yaq xal ra aXXa £(ßa dvanviovra ftutt riß diqi, xal rovro avroioi xal

artigen N atur des Saam enS e). D ie Gefliffmtlichkeit, mit der D io ­ genes die Erkenntniß a ls der Lust einwohnend nachzuweisen sucht7), deutet schon auf eine sie dem Stoffe entgegensetzende Annahme, d. H. auf die deS AnaxagoraS. Die Seele hielt Diogenes für wanne Luft8), wodurch die irrige Angabe veranlaßt sein mag, fein Princip sei da- von Aristoteles erwähnte Mittelding zwischen Lust und Feuer gewesen8). I n der Ableitung der W elt der Dinge au feinem Princip geht er aus die altjonische Lehre von Verdichtung und Verflüchtigung de- Urstoffs zurück, so daß er sein Urwesen nur in Vergleich mit den Körpern der Welt der Erscheinungen als das feintheiligste und feinste10) bezeichnen konnte. F ü r die unerschöpf­ liche M annigfaltigkeit der Erscheinungen sieht er in den unendlichen A rt- und Gradverschiedenheiten der Lust, rücksichtlich der Wärme und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit, leichteren und schwereren Beweglichkeit u. s. w ., einen zureichenden Grund n ). I n seiner

t/fiyfij toxi xal rorjaii . .. xal ta v ro rro anaXXa/frfj ano&vrjaxti xal v6t)Ott i m l t l n t t . vgl. fr. 3 u. 5. 6) Simpllo-, aller Wahrscheinlichkeit nach, nach Theophrast, I. I.

17

7 ) fr. 6 x a l f i o t ä o x t u

x b r ß r v ö r jO tv X y o x

f i s v o g V7TO T oiv av& Q(o7T(or, x a l v n o n a v n o v x g a r ts tv . . . ta n v

xal

to v t o v

S tttT i& tr a t x a l t v

o i t i k \'v o Tt /uv] u tT ^ /o i Toirrov.

t l v a i o al]Q x a X t ö -

n a tr c t x a l x v ß fo v a o & a i x a l

avrl

tt

tv € ir a i. x a l o vx

Er bezeichnete dieses sein Urwesen

auch a ls die G otth eit, T heophr. de Sensu 30. 4t?.

vgl. Cic. de Nat.

D eo r. I, 12.

8) ib. xal anavrw v t io v d£ rj Vr>vyr] rb am o ta n , atjg &(qfiojtQog [ilv t o v t£(o lv at i a j i t v , t o v jutmoi naga reu r)X(o) noXXbv ipvxQOTeoog. 9) f. d. Widerlegung b. Schleiermacher S . 155. 10) T h eop h r. bei Sim plioius 1. 1.

P lut. b. E u seb . Pr. evan g. I,

8 , 2 2 11. A. — Arist. d e Anim a I, 2. 4 0 5 , 21.

11) fr. 6 . . /utTfysi 6k ov6k h>o/Ltofojg 70 (Tfoov r y krtgut, aXXa noXXol tqottoi xal avzov tov atnog xal rrjgrorjGiog e io (v ta n yag noXmgonog, xal S-fQfLioTfgog xal xpvxQortgog, xal grjgoTegog xal vygoTtgog, xal GTaaifMOTtQog xal d^mtgrjv xfvrjatv f / t o r , xal aXXat noXXal htQoi&aitg tvtiGi xa) Tf6r>vrjg xa) XQn,Vf antioot.

Kosmologie schließt er sich großenteils dem AnaxagoraS an ie), scheint aber in ohngleich weiterem Umfange, und sorgfältiger die Erscheinungen, besonders des organischen Gebiets, beachtet zu haben, die er gleich wie die im Anorganischen, auf Verschiedenheit der Be­ schaffenheit , Bewegung und Einwirkung der Luft zurückzuführen versuchte. D aß er einer späteren Zeit angehörte, ergibt sich auch aus seiner Beschreibung des AdersystemS, die ausführlich wie­ derzugeben Aristoteles der Mühe werth geachtet h a tIS). 2. Spuren eines solchen Rückgangs späterer Physiologen auf die früheren jonischen finden sich, wenngleich nicht so deutlich, in den dürftigen Mittheilungen aus der Theorie des A r c h e l a u s , Schü­ lers des Anaxqgoras. Zw ar nahm er gleichwie dieser eine unend­ liche Menge glcichtheiligcr, je qualitativ bestimmter Körperchen a n " ) , betrachtete jedoch als .das ihnen Gemeinsame die Lust15) und hielt den Geist für ursprünglich dem Stoffe beigemischt, so daß er ganz wohl das Ineinander von S toff und Geist als das G ött­ liche oder die Gottheit bezeichnen16) und rücksichtlich der den Ursaamen gemeinsamen Luft die Dinge durch Verdichtung und Ver­ dünnung 17) aus der ursprünglichen chaotischen Mischung ableiten s. Zeller S . 196 ff. 13) fr. 6 . . u j t oJi

12)

noliTQ Ö nov lovatjg rijs iiegoicboios 7toXv-

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r iQ a y p d -

7 (ov, ig iüv JgvvtüTu o xo o ju o g , 7(or 7 f n f o a i r o i v i o v x a i 7(or arrefotov.

27) Zeller S . 346. vgl. 251.

nem Wesm nach Zahl und Harmonie sei? Können wir ihnen aber die Bemerkung zutrauen, daß alle Erscheinungen nach Zahlen ge­ ordnet, daß namentlich die Verhältnisse der Himmelskörper und der Töne, überhaupt aber alle physischen Bestimmungen, von gewissen Zahlen und Zahlverhältnissen abhängig seien? Eine solche B e­ merkung setzt Beobachtungen voraus, wie sie jener Zeit noch durch­ aus fremd waren. — Anknüpfung an den uralten Gebrauch symbolischer Rundzahlen u. dgl. reicht dazu keineswegs aus. Ganz anders wenn die Ueberzeugung im voraus fest stand, daß die Zahl und ihre Verhältnisse der Täuschung nicht ausgesetzt seien, und mit einer dadurch geschärften Aufmerksamkeit man der Beobachtung der N atur der Dinge sich zuwendete und so zu Annahmen gelangte, die cbm auS M angel an Beobachtungen, wie sie einer ohngleich späteren Zeit vorbehalten waren, sehr willkürlich, nur für Anticipationen der Ahnung gelten können. Einen solchen Ausgangspunkt scheint auch schon Aristoteles anzudeuten, indem er zuerst hervorhebt daß die Pythagoreer in der Mathematik aufgenährt, die Principien derselben für Principien alles Seienden hielten, und dann erst, daß sie in dm Zahlen viel Aehnlichkeiten mit dem Seienden und W er­ denden zu finden geglaubt. Noch ohngleich bestimmter aber ergibt sich- daraus daß PhilolauS so geflissentlich und wiederholt von neuem einschärft, die Zahl und Harmonie seien dem Gebiete der Täuschung entrückt. D am it soll keineswegs behauptet werden, daß die Forschung der Pythagoreer nicht auf da- Wesen der Dinge, sondern auf die Bedingungen der Erkenntniß gerichtet gewesen; ich weiß sehr wohl daß eine solche Behauptung nicht nur den Zeug­ nissen des Aristoteles, sondern dem ganzen Geiste der vorsokratischen Philosophie widersprechen würde. Die Frage aber ist, wie komm sie dazu das Wesen der Dinge in der Zahl und Harmonie, und nicht etwa in einer Urstufe des materiellen D aseins, oder im unveränderlichen S e in , oder in der ewigen stetigen Bewegung zu suchen? Und da halte ich mich nach wie vor versichert, daß nicht irgend welche Wahrnehmungen, sondern das Innewerde» der un­ bedingten Gewißheit, mit welcher wir die mathematischen und zwar zunächst die Zahlverhältnisse zu bestimmen vermögen, sie zu jener

Annahme veranlaßte. W m n ich daher den Standpunkt der P ytha­ goreer dem der Eleaten gegenüber stelle (nicht entgegensetze), so ver­ halten sie sich nicht zu einander wie ein subjektiver Standpunkt zu dem objektiven, der Unterschied liegt vielmehr darin daß die Eleaten das Wesen der Welt im Begriff des realen S ein s unmittelbar zu ergreifen, die Pythagoreer es in vermittelnden Begriffen der Zahl und Harmonie zu finden glaubten. D a ich aber nicht behaupte daß die pythagorische Philosophie von einer Erkmntnißtheorie ausge­ gangen sei, sondern nur den Grund der Welt in dem gesucht habe, was sich ihr als das unbedingt Gewisse ergeben, so lehne ich auch die Einwendung ab, das ganze System hätte in Folge eüieS sol­ chen Ausgangspunktes einen dialektischen Charakter erhalten müssen. Dasselbe hätte mit größerem Rechte von den Eleaten erwartet wer­ den können; durchdrungen von der Denknothwendigkeit des S eins hatten sie es mit dem Denken identificirt und ihm die Realität der W elt der Erscheinungen zum Opfer gebracht; und doch finden wir bei ihnen, selbst noch bei Zeno, keine Untersuchungen über daS W e­ sen des Denkens und der durch dasselbe erzeugten Erkenntniß. S ie begnügen sich Anwendung von jenem Begriffe zur Erschütterung des Glaubens an die Wirklichkeit der Welt der Erscheinungen und an die Denkbarkeit der Grundbegriffe der Erfahrung zu machen. Aehnlich verfahren die Pythagoreer; zu der Ueberzeugung von der Un­ erschütterlichst der mathematischen Erkenntniß, und zwar zunächst in der Form der Zahlcnlehrc gelangt, schließen sie, wenn auch vor­ schnell, doch in sehr erklärlicher Weise, was sich als untrügliches Wissen ergeben habe, müsse auch den Grund der Welt der Dinge enthalten, und sind einzig und allein bemüht die neue Zahlenwis­ senschaft auszubauen, mit beständigem Hinblick auf dadurch zu er­ langende Erkenntniß von der Welt der Erscheinungen. S ie bewäh­ ren eben darin den durchaus objektiven Standpunkt der vorsokratischen Philosophie, ohne Untersuchungen über das Wissen und seine Entwickelungsformen vorzugreifen, welche Einkehr des Subjekts in sich selber, d. h. in daS^ihm Unveräußerlichste, voraussetzten. M ö­ gen wir uns immerhin wundern, daß die Eleaten und Pythagoreer zu Untersuchungen sich nicht angeregt fanden, die ans ihren Prin-

cipien unmittelbar sich hättm ergeben tonnen, bei näherer Erwägung wirb eben diese Schritt für Schritt ohne Uebereitung fortschreitende Entwickelung zur Ermittelung des dem menschlichen Geiste vorgezeichueten Ganges der Verständigung mit sich selber über die Fra­ gen und Probleme des philosophischen Denkens, uns sicherer leiten als allgemeine psychologisch dialektische Betrachtungen eS vermöch­ ten. Halten wir uns daher zu dem Ende an wohlbezengte That­ sachen. Warum jedoch sollen die. Zahlen, nicht Flächenfiguren oder Körperformen Principien der Welt der Dinge fein ? weil, wie Ari­ stoteles angibt, die Zahlen der Natur nach (im mathematischen Gebiete) das Erste sind, d. H., wie Spätere es weiter ausführen, das keiner Voraussetzung, wie Körper und Flächenfiguren, Bedürf­ tige. Auch wohl, wie gleichfalls Aristoteles andeutet, weil man nur auf Zahlen die harmonischen Verhältnisse zurückführen und ihrer in der Naturerklärnng nicht entbehren konnte **). 2. Wie aber sollen die Zahlen die Wesenheiten der Dinge fein? Aristoteles sagt bald, die mathematischen M) von den Dingen nicht getrennten Zahlen seien es und nennt sie Wesenheiten an sich, die nur nicht, gleich den Platonischen Ideen, als außer der S in ­ nenwelt vorhanden zu soffen feien, bald, sie seien Urbilder denen die Dinge nachgebildet würben80) : zwei Auffassung-weisen, die Ar. in den betreffenden S t. unbeschadet seines Zwecks, neben einander stellen konnte und die, wenngleich bei schärferer Auffassung nicht unwesentlich von einander verschieden, doch um so leichter in einan­ der übergehen mußten, je schwerer es war die erste für sich fest zu halten. Doch findet sich von der zweiten keine Spur bei Phi-

28)

f.

«N M .

20. 21.

29) Metaph. I, 8. 990 , 21 uQi&ftov cf' ullov fiq&fya tivai TjctQct lö s

« Q I & fA O V T O V T O V

OL' (T V )'^ (J T T jX fV

Ö X O O ftO S .

30) Metaph. 1,6.987, b, 11 ftifttfati r« om< tivai tü v agi9ftiöv. I, 5. 985, b, 27 iv Qovi]otg) , wodurch es von der bloßen Borstellung, dem bloßen D afürhalten bestimmt unterschieden wird. D ara u f geht denn auch die ihm beigelegte Beweisführung im p la­ tonischen P rotagoras und den sich ihm anschließenden kleinen D ia ­ logen : daS wahre sokratische Wissen wird den auf Abmessung von Lust und U nlust, Nutzen und Schaden sich beschränkenden vorgeb­ lichen Wissen der Sophisten entgegengesetzt, und keineswegs soll, wie Zeller an nim m t, die Id e n tität des Guten und Angenehmen, und zwar de» sinnlich Angenehmen, nachgewiesen werden. D ie Zusammengehörigkeit der kyrenaischen und sokratischen Ethik, oder vielmehr die Möglichkeit von letzterer auf erstere überzugehn, läßt sich genügend erklären, ohne Gleichheit der Standpunkte vorauszu­ setzen. W enn endlich Sokrates behauptete Endzweck unsre- Lebensei die Erlangung des in der Sittlichkeit unsrer Handlungen sich bewährenden Wissens und dieses falle mit der Glückseligkeit zusam­ men, so konnte er unter letzterer, auch nach der Anerkenutniß Te> 65) Xen. Mem. IV, 2, 14. — IV, 4, 19.

nophons “ ) , nicht das aus Gmuß und vermeintlichem Nutzen her­ vorgehende Wohlsein ( t r r v / / ti ) , sondern nur die kontinuirliche Reihe der auS jenem Wissen hervorspringenden sittlichen Handlun­ gen (crngu%i'a) verstehn; sie kann nicht, wie er bet lenophon sagt, auS zweifelhaftm Gütern ( e | ä(iq>ik6yo»v äyu9töv) bestehne7) : hat ja die Tugend ihren Lohn in sich selber **). D er Tugend­ hafte aber, der Lustreize und Begierden Herr, ist auch der wahren Freudigkeit theilhast, im Bewußtsein selber in der Bervollkommnung fortzuschreiten und Andrm dazu behülflich zu sein; er auch der Liebe der Götter und höherer Glückseligkett im zukünftigen Le­ ben versichert«'). Unglücklich dagegen in der inneren Zerrüttung seiner Seele, der Sklav der Begierden und Leidenschaften; auch kann ein solcher den nach der natürlichen Ordnung der Dinge an daS Böse geknüpften Strafen nicht entgehn"). J a , besser ist eS S trafe leiden für begangenes Unrecht als ungestraft, mithin ungebessert, bleiben, — so folgert Plato aus unzweifelhaft sokratischen Grundsätzen. 3. Als wesentliches Förderungsmittel der sittlichen Veredelung bettachtet SottateS die Liebe und Freundschaft, ganz im Einklang mit seiner Ueberzeugung daß Entwickelung des Wissens lebendiger Wechselbeziehung mit Andrm , eS gleichfalls ansttebmdm bedürfe. S o behauptet er denn auch bei Tenophon, wahre Liebe sei nur da vorhandm, wo man uneigennützig (unft(bsiig) das Beste des Geliebten anstrebe71). Und in Untersuchungen über die Liebe gingm 66) Mein, in , 9, 14. vgl. PUt. Euthyd. 281, b. 67) Memor. IV, 2, 34. 68) Mem. IV, 4, 16. III, 9, 11. 69) Nach

Jen. ist die Tugend

die wahreFreiheit

(Mem.IV,5 , 2)

und besteht in dem befriedigenden Gefühle der eignen Vervollkommnung, I, 6, 9. IV, 8, 6.

Nach Plato Qorg. 467, o. 474, o. 495, e. 499, o. Rep.

IV, 444, e. X, 612, d , ist d. Tugend da« an sich Mtzliche, weil sie mtl der Gesundheit der Seele unmittelbar zusammenfällt.

70) Xen. Mem. IV, 5, 5. 71) Xen. Symp. VIII, 12. 27. vgl.Memor.

II, 10. Plat. Sy mp

178, c. 180, o. 216, d. D esch. d. biiech. P h ilo s o p h ie _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 1 0

alle verschiedenen sokratischen Schulen ein; wie weit die platonischen Begriffsbestimmungen von Sokrates bereits eingeleitet waren, möchte sich nicht entscheiden lassen. 4. Auch von der Unentbehrlichkeit der Staatsgemeinschaft für die sittliche Entwickelung der Individuen war SvkratcS überzeugt ” ) und konnte in Folge seiner Grundnbcrzengung, nur diejenige als die richtige anerkennen, die von Wissenden geleitet werde. D aher sein Tadel der üblichen W ahl der Vorsteher und Verwalter des S ta a t- durch das LooS und sein Gegensatz gegen die unbeschränkte Demokratie. Nicht eine Aristokratie der Geschlechter (des Adels), wohl aber eine der Einsicht wollte er an die Stelle derselben ge­ setzt sehn, und wenngleich er schwerlich die hierauf beruhende Konftruttion de- platonischen S taates in seinen Einzelheiten gebilligt haben würde, dem zu Grunde liegenden Zwecke hätte er seine Z u­ stimmung nicht versagen können. 5. Gleichwie Sokrates von der Unbedingtheit der sittlichen Anforderungen, von unsrem Vermögen und unsrer Verpflichtung sie zur Bestimmtheit des Wissens zu erheben und von der unwider­ stehlichen Kraft dieses Wissens auf's lebendigste überzeugt w ar: so auch von der nothwendigen Zusammengehörigkeit des sittlichen und religiösen Bewußtseins. Vor Allem suchte er daher in denen, mit welchen er umging, den religiösen Glauben zu beleben und zu läutern, indem er theils als Grund des Unglaubens die Annahme bekämpfte, daß nur dem sinnlich Wahrnehmbaren Wirklichkeit zu­ komme, theils den allgemein verbreiteten eingeborenen Gottesglau­ ben geltend machte, theils die in der Weltordnung sich unö dar­ stellende durchgängige Zweckmäßigkeit veranschaulichte und den dar­ aus sich ergebenden Schluß aus einen nach Zwecken wirkenden in­ telligenten Urheber derselben zur Ueberzeugung zu erheben bestrebt war n). Wenn er auch in der Nachweisung der Zweckmäßigkeit zunächst und vorzüglich die Beziehungen der Dinge auf das Wohl 72) wie er c» namentlich im Platonischen Krito ausspricht, p. 50 sqq. 73) Xen. Mein. I, 4. IV, 3. Plat. Phaedo 96, a.

vgl. Magn. Mor. I,

1. 1183, l>, 9.

des Menschen hervorhob, so ließ er doch auch rücksichtlich deS M en­ schen die Zusammengehörigkeit seiner Anlagm nicht außer Acht74) und muß so, wie auch Plato im Phädon (63) anbeutet, als der Ur­ heber der teleologischen Weltdetrachtung bezeichnet werben, wenngleich er schwerlich schon das Verhältniß der Zweckursächlichkeit zu dm wirkendm Ursachen und den Unterschied der äußeren und inneren Zweckmäßigkeit näher zu bestimmen versucht hatte. Auch Vorzeichm und Weissagung machte er zur Belebung deS Götterglaubens geltend75). D ie Gottheit war ihm der durch bas All verbreitete, ihrer selber und aller Dinge mächtige, allgegenwärtige Geist, ver­ gleichbar der über dm menschlichen Körper herrschenden S eele7$). I n dieser Weise entschränkt er dm Begriff der Gottheit und hebt ihn aus der Sphäre vermenschlichender Vorstellungen, ohne jedoch dm Glauben an untergeordnete Götter aufheben zu wollen ” ). Sofern die menschliche Seele zum Wissen (zur Wahrheit) sich zu erheben vermag, muß sie, ist er überzeugt, am Göttlichm Theil haben 78), und er ermahnt zwar in der der menschlichen Einsicht angewiesenen Sphäre der Entscheidung unmittelbare Einwirkung der Götter nicht zu erwarten, wohl aber innere Eingebungen der­ selben und Belehrung durch Orakel nicht außer Acht zu lassen 79). Wie er sich daS Verhältniß göttlicher Eingebung zur freien Selbst­ bestimmung dachte, ergibt sich bestimmter aus seinem Glauben an eine warnmd rathende göttliche Stimme (äutfiöviov), die nicht über Sittlichkeit der Handlungen, wohl aber ihre Folgen und Zuträg­ lichkeit in Beziehung ans eigne und fremde Angelegenheiten, selbst über die des S ta a te s , von Zeit zu Zeit sich in ihm vernehmen

74) Xen. Mera. I, 4, 5. 7. 8. 12. 17. 75) Die Mantik al« Beweis der göttl. Vorsehung augef. Morn. IV, 3, 12. I, 4, 18.

Ueber Opfer und Gebet I, 3, 2. IV, 3, 17.

76) Mein. I, 4, 17. 18. I, 1, 19- IV,3, 13. 77) Mein. I, 1, 19. 3, 3. 4, 11. IV, 3, 3. 16. 78) Mein. IV, 3, 14. 79) s. vorzügl. ebenda I, 4, 17 f. vgl. 16.

lasse«"). Er betrachtete sie nicht als einen ihm eigenthümlichen Schutzgeist81), sondern gleichwie die Mantik, der er sie subsumirte, als eine Ergänzung des persönlichen Gewissens; wir können sie mit Schleiermacher als die noch unbestimmte Idee einer göttlichen Offenbarung bezeichnen. I n dem Glauben daran, wie an Träume und an Vorbedeutungen, spricht sich die Ueberzeugung aus, eine­ unmittelbaren göttlichen Beistandes zu bedürfen. 6. Nicht minder lebendig und als unmittelbar auf feinem sittlichen Bewußtsein beruhend spricht sich fein Glaube an Unsterb­ lichkeit der Seele aus. S o wenig wir die im platonischen Phaedon ihm beigelegte kunstvolle Beweisführung als von ihm, dem die platonische Jdemlehre fremd war, entwickelt betrachten dürfen, eben so wenig aus einer Aeußerung in feiner Vertheidigung-rede folgern, er habe zwischen den Möglichkeiten einer Vernichtung der Seele zugleich mit dem Körper und einer von diesem entfesselten Fort­ dauer derselben geschwankt82). Daß er vielmehr von der Fort­ dauer der Seele, als einer von den leiblichen Hemmungen befrei­ ten, der freieren Entfaltung de- Geistes günstigeren Existenz über­ zeugt war, scheint selbst in der verflachten Argumentation der xenophontifchen Kyropädie durch83).

80) Plato Apol. 40, b. 41, d u. A. beziehen das D äm on ion nur auf künftige E rfolge. Nach Xenophon M em . 1 ,1 , 6 sollte m an die G ötter nur befragen t h q I t u v a ö r jic jv o n u s unoßrjOotTO. § 9 d a t u o v q v xai TOVS /LtaVTiVO/LltVOUS

«

TOIS ((P&Q(ü7T0tS (J u X ttV o i d t o l /JCt&OVOl 6lttX Q (-

v€iv. Nach Lenophon soll das D ä m o n io n anzeigen fere noaTv xa\ « fiTj (Memor. IV, 3, 1 2 ), nach P la to nur letzteres, A p o l. 3 1 , d. — Xen. Memor. IV , 8, 5 . P la t. A p o l. 1 2 u. A . 8 1 ) Schon die Anklage beschuldigt S ok r. m p a xaiva Scu/uovta ein­ führen zu wollen und Kirchenväter und Neuplatoniker verstehn darunter einen persönlichen G en iu s, s. Zeller S . 6 2 f. — Ueber die verschiedenen Bezeich­ n u ngen, deren S ok rates sich bediente, s. Krisches Forschungen S . 2 2 9 . 82) PI. Apol. 4 0 , c. Zeller beruft sich auch aus Xenoph. Cyrop. V lir , 7 , 22. 27. 83) VIIl, 7, 19 ff.

Sokrates hatte eine neue Entwickclungsperiode der griechischm Philosophie begründet, indem er zeigte, daß dem Wissen um die Objekte Berständigung über den Begriff, als die Form wahrer Er» kenntniß, zu Grunde gelegt werden müsse und der Begriff Deutlich­ keit und Bestimmtheit deS Selbstbewußtseins, mithin Selbsterkenntniß voraussetze, diese daher Grundlage aller Erkenntniß sei. 2) daß der Begriff durch Induktion aus dem Besonderen abgeleitet und durch Definition festgestellt werden müsse. 3) daß die begriffliche Er­ kenntniß zunächst in Beziehung aus das sittliche Bewußtsein anzu» streben und in ihm ein unbedingte- Wissen erreichbar sei, welche» dadurch als solches sich bewähre, daß es die entsprechende sittliche Handlung zur unmittelbaren Folge habe, Tugend daher mit Wissen zusammenfalle und in dem Maße in welchem wir eS erreichten, Glückseligkeit, als Endzweck unsrer Bestrebungen, un« zu Theil werde. 4) daß unser sittliches mit dem religiösen Bewußtsein untrennbar verbunden und der Stärkung und Ergänzung sdurch göttliche Erleuchtung bedürftig sei. Aber ein wissenschaftlich gegliederte- und ausgeführte- Lehr­ gebäude seinen Freunden und Schülern mitzutheilen, unternahm Sokrates nicht; er wollte nur den Grund legen, wecken und anre­ gen , und ermahnte seine Freunde, ihn selber nur wenig, um so mehr aber die Wahrheit hochzuhalten84). B) D ie e i n s e i t i g e n S o k r a t i k e r . Unter denen die sich dem Sokrates anschlössen wurden die einen vorzugsweise durch die geistige Gewalt angezogen, die er über die Menschen übte85). Diese sich anzueignen, um Anwendung da­ von für Staatsangelegenheiten zu machen, mochte ihr nächster Zweck sein, wenn auch AlkibiadeS, der hier neben dem KritiaS genannt wird, durch Bewunderung der ganzen Persönlichkeit deS Sokrates unwiderstehlich sich angezogen fühlte. S ie blieben ihm ergeben bis 84) PUt. Phaedo 91, c. 85) Xcn. Mem. I, 2, 14 sq. Plat. Symp. 213, b,

Ehrgeiz und die Verwickelungen der Zeit sie in andre Bahnen rissen. Andre trugen das Bild des edlen M annes Zeit Lebens im Herzen, fanden sich auch wohl veranlaßt, wie Tenophon und AeschineS, darzustellen was sich ihnen davon eingeprägt hatte und klar geworden war. Noch Andre fühlten sich getrieben die G rund­ linien der sokratischen Lehre weiter auszubilden und kamen, je nach ihrer verschiedenen Richtung und Begabung und AuffaffungSweise, zu sehr verschiedenen Ergebnissen. Endlich fehlte eS auch nicht an solchen die eine Mittelstellung zwischen der zweiten und dritten Art der Sokratiker einnahmen, SimmiaS und KebeS, früher Schüler des Philolau-, und mehr noch Phaedo, scheinen dahin zu gehören. D ie jenen beiden beigelegten Schriften hatte schon PanätiuS als unächt verworfen, und auch Phaedo wird nur als S tifter einer Schule, nicht als Schriftsteller erwähnt. W ir haben mit denen uns zu beschäftigen, die Fortbildung der sokratischen Lehre versuchten. Diese an Geistesfähigkeit, S in ­ nesart und Lebensrichtung sehr verschieden von einander, scheinen sich alle in der Ueberzeugung vereinigt zu haben, die Werthbestimmung und Kraft des Sittlichen müsse im Gebiete des Wissens sich finden, und dieses durch Jnduktton und Definitton zu verwirkli­ chen waren sie mehr oder weniger bestrebt. Doch nur einem derselben, dem P lato, ist e- gelungen die sokratischen Principien ans ihnen selber zu entwickeln und zu ergänzen, um so aus ihnen ein in sich geschlossenes einhelliges Lehrgebäude abzuleiten, während die Andren aus Mangel an tieferer Auffassung derselben und an dem Geiste selbstthätiger Fortbildung nur zu einseitigen, durch fremd­ artige Bestandtheile mehr oder weniger ergänzten Theorien zu ge­ langen vermochten. An sich von geringer Erheblichkeit und freilich unS auch nicht genügend bekannt, behaupten diese ihre Stelle in der Geschichte der Philosophie nur sofern sic die Nothwendigkeit weiterer Fortbildung der sokratischen Lehren veranschaulichen und sofern einerseits die polemische Stellung gegen dieselben nicht ohne Einfluß auf die Gestaltung des platonischen Systems geblieben ist, andrerseits ihre Grundsätze auf die Lehrgebäude der dritten Entwickelungsperiode bedeutend eigewirkt haben.

W ir beginnen mit derjenigen Richtung, die sich den sokratischen Lehren am buchstäblichsten angeschlossen hatte und schließen mit derjenigen, die unter ihnen die nächste, wenngleich immer nur noch eine sehr entfernte Verwandtschaft mit der platonischen hat. 1. A n tis th e n e S und die K y n ik er. AutisthrneS'), früher Schüler deS GorgiaS, gegen den er je­ doch später geschrieben hatte*), behauptete, gleichwie Sokrates, die Tugend sei eine einige, zur Glückseligkeit zureichend und unzerstör­ bar, sie in ünS zu verwirklichen unser Endzweck, ihre Ringmauer die auf Schlüsse gebaute Einsicht ( f g o v r j o t g ) , d. H. Wissenschaft6). Nur die ans ihr, der Seelenthätigkeit, hervorgehende Luft habe Werth und die ihr dienende Arbeit fei ein G ut, wie er in feinen Dialogen Herakles und KyruS zu veranschaulichen gesucht hatte4). S o konnte denn auch er nur das Wohlverhalten ( tin g a & u ) , nicht das bloße Wohlsein, für den Zweck unsrer Bestrebungen halten. Nicht minder war auch ihm das Böse ein Fremdartiges6), auö der dem Menschen wahrhaft eigenthümlichen Thätigkeit des Geistes nicht abzuleiten; und für gleichgültig hielt er oder, hielten seine Nachfolger Alles was weder Tugend noch Laster fei6). 1) De Antistlienis Cynici vita et soriptis sor. Adolph. Müller. Marburg! 1860. Antisthenis fra gm ent a coll. Winckelmann. Turicil842. S) Athen. V, 220, d. 3) Diog. L. VI, 11 sqq. 8. vgl. Stob. Eclog. IV (Mein.) passim. 4) Diog. L. VI, 2. 8. IX , 101. vgl. Xenoph. Memorab. II, 5. Sext. Emp. Math. XI, 73. Fiat. Phileb. 44, b u. A .— Arist. Eth. X, 1. 1172, 27. — Diog. 2. Antistk. bei Stob. Floril. 29, 65 r^dovag Tag fiera rovg novovg du oxxiov , (dX’ ov^l rag ttqo tcjv tiovujv , und jene hielt er wohl für eine afx€TafiäXrjTog ijtfovij, Athen. XII, 513, a. 5) Daher da- W ort: ruyg imTQinsiv. Diog. 105. — Diog. L. 12 t u novTtfia v o ^ i navra frvixa. vgl. Flat. Sy mp. 205, e. Zel­ ler 214: „Das Gut für Jeden nur das was fein eigen ist.*' vgl. Xenoph. Symp. 4, 34. Epict. Dissert. Ill, 24, 68. 6) Diog. L. VI, 11. 12. 14. 104 sq.

Indern er aber diese svkratischen Grundlehrm nicht weiter ent­ wickelte, glitt er von ihnen durch die Behauptungen ab a) die T u ­ gend auf Werke gerichtet, werde lediglich durch sokratische Stärke in der Vermeidung des Böfen erlan gt7) ; daher durch möglichste Bedürfnißlosigkeit; b) gleichgültig seien all und jede aus den sinn­ lich organischen Thätigkeiten hervorgehenden oder darauf bezügli­ chen Verhältnisse, wie Ehe, Liebe zu Blutsverwandten u. f. w. ®). S o scheint er denn auch die Tugend fast ausschließlich als Gerechtigkett und Tapferkeit gefaßt zu haben ®), letzterer wahrschein­ lich die Mäßigkeit einordnend. D ie Weisheit war ihm dagegen, als Tugend an sich, die Selbstgenügsamkeit des Weisen. J e we­ niger er in Begriffsbestimmung des Wissens eingegangen war, um so mehr verkannte er die Begrenztheit desselben, welche Sokrates so entschieden hervorgehoben hatte. D a s wahrscheinlich mehr von feinen Nachfolgern als von AnttstheneS selber ausgeführte Bild von der Selbstgenügsamkeit des Weisen konnte durch seine Uebertrei­ bungen für die M ängel der einseitigen Theorie nicht entschädigen. 2. Auch in der Dialektik ist das Unvermögen des AntistheneS unverkennbar, die svkratischen Grundbestimmungen aus ihnen selber zu entwickeln. O b oder wie weit er über Induktion sich ausge­ sprochen, wissen wir nicht; die Nothwendigkeit der Definition aber als Angabe dessen was der Gegenstand gewesen oder sei, erkannte er zwar an 10), hob jedoch die Möglichkeit derselben, mit Polemik gegen die platonische Jdeenlehreu ) , durch die Behauptung auf, man könne von einem Gegenstände immer nur ihn selber, oder von

7) Diog. L. 8. 7. vgl. Anm. 4. 8) Diog. 11 ü. A. s. b. Belegstellen bei Zeller S . 223 f. 9) Unter s. Schriften wird angeführt negl Sixtuoovvtis xnl «icfpfse? nooTQtnjixbs 7iqühos, Sevie^os, Diog. 16. 10) Diog. L. 3. vgl. Alex, in Top. Schol. 256, b, 12. 11) SimpUo. in Categ. Schol. 66, b, 45. vg. 68, b, 26. 20, 2. Im Dialog Sathon halte Antisthene» seine Polemik gegen Plato geführt. Diog. III, 35. VI, 16. Athen. V, 220, d. XI, 507, a. vgl. Plat. Eut b y i l . 301, b.

je Einem Ein- au-sagm; nur durch Vergleichung könne man sich über die Dinge au-sprechen, so daß er den Begriff der Induktion zu dem der bloßm Vergleichung abgeschwächt haben muß. S o mußte sich, ihm da- Wirkliche auf da- schlechthin Individuelle beschränkm **), da- Allgemeine zu bloßer Abstraktion des verglei­ chenden Denkens werden 1S). Ging er dabei auch auf die eleatische Lehre vom einfachen Sein zurück, von weiteren Untersuchungen dar­ über findet sich keine S pur bei ihm. Die Schule der Antistheneer sprach sich entschieden gegen die Möglichkeit der Definition a u - lt) und folgerte, weil nur immer Eins von Einem ausgesagt werden könne, sei Widerspruch nutzlos und wahre Verständigung vhnmöglich -»). 3. Frömmigkeit und Gerechtigkeit warm auch dem AntisthmeS Korrelata 16) und gleichwie Sokrates, war er bestrebt dm Begriff der Gottheit zu mtschränkm, scheint jedoch noch entschiedener die Einheit derselben, im Gegmsatz gegm Vielgötterei, deren Annahmen er allegorisch erklärte, auSgesprochm zu haben" ). D er teleologi­ schen Beweisführung fürs Dasein Gottes aber schob er einen nicht-

12) Ar. Metapb. V, 29. 1024, b, 32 cfto u£vrio&£yt)s jUro evrftws firftkv aEiäiv Xiyta&m 7iltjv rtp olxi((p Xoyq> tv lq>' iv o s' i( wv a w ißaive /urj etvat avriXiyuv, ök pn^k Soph. el. o. 17. 175, b, 15. Phys. 1, 2. 185, b, 25. Plat. Soph. 251, b. rühr ytQovztav Tolg oipifiaMoi Phileb. 14, o. Theaet 201, e. \avto yaq xa&' airro ixaoxov ovofiaacu povov elrj. 18) Simpl, in Categ. Sohol. 66, b, 45. vgl. 20, 2. Diog. VI, 53. Plat. Parm. 132, b. Antieth. bei Epiot. Dias. I, 17, 12 «pjrt oi(ug i) rütv ovofiartay knlaxexpig. 14) Arist Metaph. V W , 3. 1043. b, 24 . . oVAvws^ivttoi xaX ol ovjbjg anaCüevroi rjnvqovv xrL 15) Arist. Top. I, 11. 104, b, 21. vgl. Metaph. V, 29 (12). P lat Euthyd. 285, e. 16) Diog. VI, 5. vgl. 72. 17) Cio. de Nat. Deor. I, 13. Clem. Alex. Strom. V, 601. Diog. 24 . 59. 60. 38. 42 aq. — Schol. in Hom. Odyas. 561. Buttin. vgl. Lo btt!, Agtaophamua 159.

svkratischen Begriff unter, wenn er sie auf die dem Weisen als einem Freunde Gottes eigenthümlichm Zwecke zurückführte"). 4. Die Kyniker, ein Name welchen die Antiftheneer theils vom KynofargeS, worin AntistheneS als nicht ebenbürtiger Athener leh­ ren mußte, theils zur Bezeichnung ihrer Lebensweise erhielten, glaubten durch Bedürfnißlosigkeit allein die zum sittlichen Leben erforderliche Selbständigkeit und diese wiederum durch Beschrän­ kung auf die Anforderungen des Naturtriebes erreichen zu können. Sie eiferten gegen künstlich erzeugte Begehrungen und Neigungen, wohin sie auch die auf Kunst und Wissenschaft als solche gerich­ teten Bestrebungen rechneten, ohne jedoch zu verkennen, daß es der klaren Einsicht, daher auch der Fertigkeit und Gewandtheit zur Befürwortung ihrer Lehren bedürfe. Nicht ohne Eitelkeit stellten sie die eigene Bedürfnißlosigkeit zur Schau, indem sie hervorhoben, wie den auf Befriedigung der Naturbedürfnisse sich Beschränkenden ein leichtes Leben beschieden sei. M it maßloser Uebertreibung schil­ derten sie die über alle LebenSfügungeu erhabene Selbständigkeit des Weisen, und wie nur das Bewußtsein dieser Selbständigkeit die wahre Lust mit sich führe. Die geistige Bildung, deren sie in nicht geringem Maße theilhast waren, hatte ihnen nur Werth, so­ fern sie die M ittel gewährte durch lebendige, überraschende und körnige Nede ihre Lehre geltend zu machen. Und ihrer bedienten sich denn auch die vorzüglicheren unter ihnen mündlich und schrift­ lich, in Prosa und in Bersen, kemeswegcs ohne Erfolg. Sic waren, wie Göttling sich ausdrückt, die Philosophen des griechischen Proletariats, und traten der verfeinerten Genußsucht der Zeit scharf entgegen. Der Kraft der Entsagungen des Di ogenes von Sinope" ) konnte selbst Alexander seine Bewunderung nicht versagen. Wie eindringlich sie ihre Ueberzeugungen auszusprechen wußten, zei­ gen die von KrateS, einem Schüler des Diogenes, und M o n i 18) Diog. 7*2. 19) s. Steinhart'S Diogenes in d. Allg. Encyit. I, x u , 301 ff. und Göttling, Diogenes der Cyniker, oder die Philosophie des griechischen Pro­ letariats, in j. Abhandl. I, 261 ff.

aufbehaltmm Bruchstücke. AuchFraum, w ie H ip p a rc h ia , die Genossin deS KrateS, wurden von ihrm Lehren ergriffen. Aber eben weil diese der wissenschaftlichen Begründung und Ausführung nicht fähig warm, arteten sie allmähig in Karrikatureu aus, wie sich ihrer bi- in die ersten Zeitm de- drittm Jahrhundert- n. Chr. findm und noch später mehrfach erneuert haben. Khnische Ue« Vertreibungen, ursprünglich dem verfeinerten Genuß entgegentretend, wurdm dann selber zu Reizen für dmselbm. Erst nachdem die S to a die kyuischm Lehren ermäßigt und wissenschaftlicher Bearbei­ tung zugänglich gemacht hatte, konnten sie für Bersittlichung der Gesinnung sich wirksam erweism. Wenn die K. unverholm ihre Geringschätzung der Staatsgemeinschafts «»-sprachen, die ihnen als Hemmung, nicht Förderung im Streben nach Selbständigkeit er­ schien, so konnte da- in Zeitm, in welchm die Selbständigkeit der griechischen Staaten mehr und mehr erlag, nicht sonderlich Wunder nehmen.

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2. A r i s t i p p ') der Kyrmaiker hatte, in seiner sinnlich reizbaren und beweglichen Natur ein Ge­ genfüßler de- starren unempfänglichen Antistheue-, mit gleicher Liebe dem Sokrates sich angeschlossen, ohne jedoch, wie wir schon bei Tenophon sehn, seiner Neigung zum Lebensgenuß entsagen zu können. Er meinte sie mit Unabhängigkeit und Selbständigkeit vereinigen zu können: E t mihi res, non me rebus subiungere conor. — Omnis Äristippum deeuit color et Status et res, Tentantem maiora, fere praesentibus aequum. S o schildert thnHoroj*),

sein Gesinnungsgenosse. Sich seine Selbständigkeit zg bewahren wollte schon er, wie die spätere Philosophie der. dritten Periode, vom Staate sich ablösen, ein weder dienende- noch herrschende1) H. d. Stein, de philosophia Cyrenaica. Pars prior. Qoet. ting. 1858. 2) Jlorat. Epist. I , 1, 18. I, 17. 17. vgl. Xcnoph. Memor. II, 11, 1. III, 8.

Leben der Freiheit führen5). Wenn er, wie wahrscheinlich, Schrift­ liche- hinterlassen hatte, so waren eö doch wohl nur D iatri. den, zum Theil in dialogischer F orm 4) , denen freilich schon früh Untergeschobenes sich beigemischt hatte. Ohne Zweifel aber hat er die Grundlinien der Hedonik bereit- gezogen, wie Plato im GorgiaS und Philebus sie berücksichtigt. D aß AristotelesB) nicht dessen, sondern EudoxuS' Lehre von der Lust widerlegt, spricht nicht dage­ gen, da der Peripatettker den Hedonismus in seiner reinsten Form zum Gegenstände seiner Kritik machen will. D ie entgegengesetzte Annahme de- AristokleS«) ist nicht entscheidend. Nur im augenscheinlichen Abfall von SokrateS konnte Aristipp die Lust für den Endzweck unsrer Bestrebungen halten und durch Mäßigung im Genuß nicht wahrhaft ihm sich annähern7). Dennoch hielt er sich und galt für einen Sokratiker, wahrscheinlich sofern auch er die sittlichen Bestimmungen im Gebiete deS Wissen- suchte, dann aber, geleitet durch seinen ursprünglichen Hang und im Rück­ gang auf Heraklit und ProtagoraS, mit deren Lehre er durch seine» LandSmann, dm Mathematiker Theodorus, sehr wohl be­ kannt geworden sein konnte, alles ruhende S ein läugnete und be­ hauptete, unser Wissen könne über daS Jnnewerdm der inneren Asfektionen nicht hinausreicheni ) ; innerhalb ihrer müßten daher auch

3) Xenoph. Memor. II, 1, 11. 4) Sotion und PunätiuS legten ihm eine Reihe von Schriften bei,

der Rhodier SositrateS hatte behauptet, er habe nichts Schriftliches hinterlas­ sen; Andre wollten nur sechs Diatriben als ächt anerkennen, Diog. L . II, 83 sqq.; letztere muß auch Theopompus für ächt gehalten haben, Athen. XI, 508, d. 5) Ar. Eth. X, 2. 6) ap. Euseb. Pr. Ev. XIV, 18. 764.

7) Schon Plato führt die Lustlehre auf das « fl u n u vn i «ytu re xal xttT(o pflv zurück, Phileb. 43. 45. 8) Aristool. bei Euseb. 1. 1. 19 ol X^yoweg uova t « mc&r] xctiaXrjTTTtt. Sext. E. Math. VII, 191 (pcto'ty ovy oi Kvyrirtäxol xonrjOKc et­ w a t a 7ra&v] xal p o v a xaraXafißaven&oi xal utitaxpevöTa rv y ^a ve tv. vgl. 195. VI, 53. Pyrrhon. H. I, 215. Diog. 92. Cic. Acad. II, 7 u. A.

die Zwecke und Bestimmungsgründe für unser Handeln sich finden. S ofen l nun unsre Empfindungen als innere Bewegungen zunächst unter den Gegensatz des «Sanften und Rauhen, d. h. Angenehmen und Widrigen fallen (das in der M itte liegende wollte er nicht als Empfindung gelten lassen) und unangenehme Empfindungen unmöglich anzustreben sein können: so hielt er eS für unzweifelhaft daß die sittlichen Bestimmungen innerhalb der angenehmen Em­ pfindungen sich finden müßten, d. H. daß die zum Bewußtsein ge­ langende sanfte Bewegung daS Ziel unsrer Bestrebungen fei9), zumal alle lebende Wesen von Natur zur Lust sich getrieben fühl­ ten 10). Wenngleich die methodische Entwickelung dieser Lehre der Schule des Aristipp angehören möchte, so schloß doch wahrscheinlich schon er selber aus seiner Grundvoraussetzung 1) daß die Gegenwart rein und frei zu genießen sei, d. H. daß Zweck an sich die jedes­ mahlige gegenwärtige Lustempfindung (ffSvna&ttu fiovoxQovo, xfxi'rijr«/ (SY, ähnlich an d. andren angef. St. des Sextu».

solches in einem früherm Moment möglich gewesen, so wäre Un­ mögliches aus dem Möglichen geworden,8) ; sein Schüler P h i l o nähert sich dagegen dem Aristoteles, indem er das für möglich hält, wozu die Fähigkeit vorhanden, auch wmn es durch die Verhältnisse von der Verwirklichung abgehalten werde80). I n ähnlicher Weise schwächt Philo auch die Behauptungen des Diodor über die W ahr­ heit hypothetischer Urtheile ab **). S t i l p o (er lebte noch zur Zeit der Eroberung M egara'S durch Demetrius PoliorketeS 01. 118, 2 — 306 v. Chr.) scheint ohne dem Standpunkte der Megariker zu entsagm, dm Kynikern sich angenähert und vorzugsweise der Ethik sich wiederum zuge­ wendet zu haben. Die Undenkbarkeit des Werdens, die Einfachheit des Seienden und den Gegensatz zwischen sinnlicher und Vernunft­ erkenntniß hielt er fest, verwarf aber, gleichwie AittistheneS; jede Verbindung von Subjekt und P rädikat2e), wir wissen jedoch nicht, ob oder wie weit es ihm damit Ernst w ar, und er steigerte den Begriff der Selbständigkeit des Weisen, indem er behauptete, auch nicht empfinden dürfe er die Uebel **). P h a e d o , der aus dem gleichnamigen platonischen Dialog bekannte Liebling des Sokrates, hatte nach der Rückkehr in seine Vaterstadt EliS, dort eine Schule eröffnet, von deren Richtung wir nichts Weiteres erfahren als daß sie durch M e n e d e m u » und A S k l e p i a d e S , Schüler zugleich der Elier M o s c h u s und A n c h i p y l u s , wie des MegarikerS S t i l p o , nach Eretria verpflanzt fei24) und wenngleich nicht ohne Theilnahme an der megarischen Dialektik, sich vorzugsweise der Ethik zugewendet 19) o xvQievbfV, Epiot. Diss. II, 19, 1. 20) Alex. Aphrod. in Anal. pr. Sohol. 163, b, 29. Simpl, in Ca­ teg. ib. 65, b, 5. 21) Sext. Pyrrhon. II, 110. Math. VIII, 113. I, 309. Cic. Aoad. II, 47. 22) Plut. adv. Col. o. 22. o. 23. Simpl, in Phys. 26. 23) Senec. Ep. 9, 1. 24) Diog. II, 125 s. vgl. 134 f.

habe. D ie vom M e n e d e m u S angeführte Lehre: alles Gute beruhe auf der da« Wahre ergreifenden Schärfe de« Geiste«*5), zeugt von Rückkehr zu dem ursprünglichen fokratifch-euklidifchen Aus­ gangspunkte. W ir können nicht behaupten daß die Entwickelung der fokratifchen Grundlehren durch die megarifch-eretrifche Schule entschie­ den gefördert worden fei, wohl aber daß sie durch Rückgang auf die Eleaten da« Problem bereit« deutlich und bestimmt bezeich­ net habe, an dessen Lösung dann Plato mit ohngleich umfas­ senderem Geiste sich versuchte, und ferner daß sie durch die Schärfe ihrer Kritik wesentlich und mehr als wir au« den dürf­ tigen Nachrichten e« nachzuweisen vermögen?6) , in die Gestal­ tung der platonischen, aristotelischen und stoischen Lehrgebäude eingriffem Noch weniger läßt sich sagen daß die Kyniker und Khrenaiker im Geiste de« Sokrate« fortgeschritten w ären, und die Bezeichnung, einseitige Sokratikcr, bedarf wohl kaum der wetteren Rechtfertigung. W a« aber war erforderlich, um die sokratischm Lehren zu ent­ wickeln und sie zu einem organisch gegliederten System zu erwei­ tern? E« mußte 1) die Unbediugtheit de« Wissens wie in Be­ ziehung auf die Thatsachen de« sittlichen Bewußtseins, so für E r­ kenntniß der Welt der Objekte, d. H. de« entsprechenden Sein«, festgestellt; 2) eben darum die Methode der Entwickelung desselben durch Induktion und Definition erweitert, ergänzt und im Einzel­ nen durchgeführt werden. 3) durfte die Vermittelung de« Wider­ streit« zwischen Sein und W erden, der durch die Lehren der Mc25) Cic. Acad. II, 42. Dam it hängt auch die unbedingte Sonde­ rung des Guten vom Nützlichen Diog. 1 3 4 , die Feststellung der Ein­ heit der Tugenden, Plut. de virtut. mor. o. 2. vgl. Diog. 129 und die Aushebung der nicht einfachen Urtheile zusammen, Diog. 135. Simpl, in Phys. f. 20. 26) Nicht blo» Stoiker, wie EhrysippuS und Antipatcr, sondern auch

Peripatctiker, wie Theophrast, waren in Polemik gegen die mcgarisch-eretrische Schule begriffen.

gariker noch bestimmter hervorgehoben war, nicht unversucht bleiben. 4 ) die Physik mußte wiederum als wesentlicher Bestandtheil der Philosophie anerkannt und neu begründet nnd endlich 5 ) die P h i­ losophie von ihrer idealen S eite als Dialektik, von ihrer realen als Physik und Ethik gefaßt, zu systematisch gegliederter Darstellung gelangen.

Zweiter Abschnitt.

P l a t o und die Akademie. Wie Mancherlei unS auch über die Lebensverhältnisse Plato's berichtet wird, dennoch kann es nicht nur nicht gelingen ein wohl« beglaubigtes Lebensbild daraus zusammenzusetzen, sondern auch sehr wesentliche Punkte lassen sich blos nach Wahrscheinlichkeit feststellen. I n seinen Dialogen tritt nirgend die Persönlichkeit des Verfassers hervor, und nur nach Muthmaßung können wir auf sic einzelne Züge im Bilde des Sokrates beziehen, oder auf Motive schließen, die ihn in bestimmten Lagen oder Ereignissen geleitet haben möchten. Die ihm beigelegte» Briefe, wenn auch kcineöwegcs «»bezweifelt ächt, ja größtentheils, wenn nicht gänzlich untergeschoben, würden immerhin rücksichtlich der thatsächlichen Angaben alle Beachtung ver­ dienen, da einige derselben vcrhältnißmüßig alt sein müssen, wenn sie nur solcher Angaben mehrere und wichtigere enthielten. S p c u s ippus soll mit Benutzung von Familicnpapicrcn über Plato be­ richtet und der Platonikcr HermodoruS über ihn geschrieben ha ben *); nur werden beide sehr selten angeführt, sei cs daß ihre hierher gehörigen Schriften früh sich verloren oder etwa als Gcdächtnißreden nur wenig Thatsächliches enthalten haben. Der Pcripatekiter A r is t ox en uS* ) und H e rmi pp uS, die häufiger an-

1) Apulej. dogm. Plat. 2.

Diog. —

Hermod. b. Diog. II, IO#!.

III, 6. 2) Ueber die Fahrläßigkeit seiner hierher gehörigen Angaben s. Mahne, de Ariatoxeuo p. 88 sqq.

gezogm werden, sind nicht eben zuverlässige Zeugen, noch weniger andre von Diogenes LaertinS benutzte. W ir beschränken uns hier auf Angabe der verhältnißmäßig feststehenden Thatsachen. P la to , S o h n des A r i s t o n und der P e r i k t i o n e , deren jener sein Geschlecht auf K o d r u S , diese daS ihrige auf S a ­ l o n zurückführte, ward nach der wahrscheinlichsten Rechnung 0 1 . 87, 3 (429 v. Chr.), im Todesjahr des PerikleS, geboren *) und sein G eburtstag, nach den Ueberlieferungen der S chule, auf den siebenten Thargelion (21. M ai) gesetzt *). Ursprünglich von seinem Großvater AristokleS geheißen, soll er später zur Bezeichnung der Breite seiner B ru st, wenn nicht des Flusses seiner Rede, den N a­ men P lato erhalten haben. W ie schon im Knabenalter die Schärfe seines Geistes, die M ilde und Anmuth seines G em üth- und seine Liebe zum Unterricht sich gezeigt habe, hatte SpeusippuS berichtet. D ie Angaben über seine Jugendlehrer sind sehr verdächtig und augenscheinlich auS Erwähnungen solcher M änner in seinen D ialo ­ gen grundlos gefolgert. N ur daß er in die heraklitische Lehre durch K r a t y l u ö eingeführt w a r , wird durch daS Zeugniß de- Aristo­ teles 5) bewährt und nicht unwahrscheinlich, daß er, wenngleich wohl schon in reiferem A lter, durch TheodoruS aus Kyrenä zu gründli­ cherer Beschäftigung mit der Mathematik veranlaßt ward. D en oller entschiedensten Einfluß ans seine geistige Ausbildung hatte ohn« streitig die Bekanntschaft mit S okrate«, die er nach Herm odorus' A ngabe6) in seinem zwanzigsten Ja h re gemacht hoben so ll; und sie mag ihn veranlaßt haben seinen früheren Versuchen in gymna­ stischen Kampfspielen und in verschiedenen Gattungen der Dichtkunst zu entsagen und sich gänzlich der Philosophie zu widmen. Fehlt 3) D ie verschiedenen auf G eburt-- und Todesjahr des P lato bezüg­ lichen Angaben und die Gründe die für das oben angegebene Jahr entschei­ den, s. bei Fr. Ueberweg, Untersuchungen über die Echtheit und Zeitfolge pla­ tonischer Schriften rc. W ien 1861, S . 113 ff. 4) Derselbe S . 117. 5) Metaph. I, ß u. A. 6) bei Diog. III, 6.

e« uns auch an aller näheren Kunde über solche ihm beigelegte dichterische Bestrebungen, seine Dialoge zeuge» von hevorragender dichterischer Begabung. S ie zeigen zugleich authentischer und an­ schaulicher als die daraus bezüglichen Anekdoten, wie innig sein Verhältniß zum Sokrates gewesen sein m u ß , den er in ihnen mit stets sich gleich bleibender Liebe und Begeisterung aufführt. M ag er daS B ild desselben in einzelnen Zügen idealisirt haben, die in­ nere Wesenheit des seltenen M annes spricht sich ohne Zweifel treuer und wahrer bei ihm aus als in den Photographien des Xenophon, die eben nur vereinzelte LebenSmomcnte auffaßten. O b Plato zu denen gehörte, welche die Bürgschaft für Sokrates zu übernehmen sich erboten hatten und ob er die Vertheidigung desselben habe ver­ suchen w ollen7) , mögen wir ohne wesentlichen Nachtheil dahin ge­ stellt sein lassen. An der letzten Unterredung des Sokrates mit seinen Freunden Theil zu nehmen ward er durch Krankheit abgehal­ ten ®). Nach erfolgter Hinrichtung desselben zog er sich mit an­ dren Sokratikern nach M egara zum EuklideS zurück, sicherlich nicht auS blos äußeren Gründen 9) , sondern mindestens eben so sehr durch Freundschaft zu dem M anne hingezogen, welcher er so ein­ fach schön im Eingänge zum TheaetetnS gedenkt. D aß diese Uebersiedelung nach M egara unmittelbar nach dem Tode des S ok ra­ tes erfolgt und ihr kein längerer oder kürzerer Aufenthalt in Athen vorangegangen sei, scheint aus dem Zeugniß des Hermodorus (9) sich zu ergeben. W ie lange er in M egara verweilte, ob er von dort aus oder nach zeitweiliger Rückkehr i» seine Vaterstadt die ferneren Reisen angetreten und ob er vor denselben eine Schule eröffnet habe, darüber schweigen unsre Nachrichten. D er siebente Brief (326, b) sagt nur daß P lato bereits vor seiner Reise die Ueberzeugung gehegt habe, die Menschheit werde von den Uebeln

7) f. Zeller S . 288 s. 294, 2. 8) PL Phaedo 59, b.

9) Nach Hermodorus bei D iog. II, 106 sollen sie sich freilich nach M egara gewendet haben, d i i a a v x t s xrjr touoTyxa x t i v xv n a r vio r .

nicht befreit werden, bis ein in W ahrheit philosophirendeS Geschlecht zur Herrschaft gelangen werde: woraus jedoch nicht zu folgern fein möchte, daß wenn so, er schon damals seine Bücher vom S taate (vgl. V, 473) verfaßt haben müsse10). Höchst mißlich daher durch Voraussetzungen die alles sicheren thatsächlichen Anhalts entbehren die schwierige Frage nach der Zeit der Abfassung platonischer D ia ­ logen entscheiden zu wollen. Wie förderlich ihm auch für E nt­ wickelung seines Lehrgebäudes der persönliche Verkehr mit Eukli­ de- gewesen sein mag, der aller Wahrscheinlichkeit zur Lösung eines der Hauptprobleme mit ihm auf demselben Wege zusammengetrof­ fen war, ohne jedoch ihn weit genug zu verfolgen: die Annahme, er sei durch diesen seinen Freund erst mit der eleatischen Lehre be­ kannt geworden, ist eine durchaus willkürliche und verkennt die Ueberlegenheit des platonischen Geistes. D aß er Aegypten, Kyrene und die griechischen Städte in Italien und Sicilien bereist habe, scheint fest zu stehn; in welcher Ordnung, und wie lange er in Aegypten und den andren Ländern verweilte, läßt sich nach den bebratrab von einander abweichenden Angaben nicht mit Sicherheit bestim­ men Am meisten Wahrscheinlichkeit scheint die Annahme Cicero'für sich zu haben, er habe zuerst nach Aegyptnz, dann nach I t a ­ lien und Sicilien sich gewendet"). Auch wie weit diese Reisen auf die Entwickelung seine- Lehrgebäude- einwirkten, ist fraglich. D aß er ägyptische Lehren nicht in dasselbe eingeflochten, ist sicher; auch redet er geringschätzig von der Wissenschaft der Aegyptier und er­ wähnt nur ihrer Kunstfertigkeit, des Alter- ihrer Kultur und eini­ ger ihrer Institutionen '*), ohne daß letztere jedoch irgend nachweis­ lichen Einfluß auf seine Staatstheorie gehabt hätten. D aß sein 10) vgl. Ueberweg a. a. O . 121. 11) Cic. de R ep. I, 10. de Fin. V, 39. vgl. Ueberweg S . 126 ff. Auch daß er in Kyrene gewesen (D iog. III, 6.), ist wahrscheinlich. 12) Rollt. 264, c. Rhaedrus 274, c. Tim. 21, e. Rep. IV, 435, e. Legg. II, 656, d (wo er jedoch da» Lob ägyptischer Einrichtungen durch d .W . erm äßigt: a l l ' trröm. Philosophie S. 164 ff.

vgl. Zeller II, Ucberweg S . 43 ff. und p a s s im . 32) Susemihl, die geuct. Entwickelung der platonischen Philosophie. 1*55 f. 2 Bde. 330 ff.

Erfolg seine Beziehungen zu andern auSzuniitkeln vermag, wie B o nitz in feinen Analysen des Gorgias undTheaetetuö, Euthydemus und Sophistes nachgewiesen hat33j. diene Wege zur Ermittelung der Reihenfolge der platonischen Dialogen habenSinfow34) und M u n k angebahnt; ersterer w ill im PhaedruS ein Kriterium zugleich für richtige Auslegung, für wissenschaftliche Anordnung und Aechtheit derselben entdeckt, Munk auSgemittelt haben, daß nach Ausscheidung der unächtcn, der Ju ­ gend- und einiger Gelegenheitsschriften, die platonischen Dialogen bestimmt gewesen ein vollständiges Bild von Sokrates' Person und Wirksamkell, seit seiner Weihe zur Philosophie, im ParmmideS, bis zu seinem Tode, im Phaedon, aufzustellen: so daß wir für jedes Gespräch nur die Zeit zu ermitteln hätten, in welche Plato es versetzt, um durch die auf solche Weise sich ergebende Reihe der­ selben die Ordnung zu ermitteln, in welcher nach Plato's Absicht sie gelesen werd«» sollten. Dazu wird vorausgesetzt daß er an die Entwickelungsgeschichte des Sokrates die seines eignen Bildungs­ ganges, oder vielmehr das Idealbild des ächten Philosophen ge knüpft habe und der philosophische Inhalt mit der poetischen Form zusammentreffe. Auf die Prüfung des ersteren Versuchs näher einzugehn, verzichten wir um so eher, da die Durchführung des Princips noch fehltS6), und rücksichtlich des zweiten beschränken wir uns aus die Frage, ob Plato habe beabsichtigen können, daß das Studium seiner Dialogen mit dem allerschwicrigstcn, dem Pannenides, beginne? S oll ich nun meine Ueberzeugung rücksichtlich der vorliegen­ den Frage aussprechen, so bin ich mit der Schlcicrniachcr'schen Un­ terscheidung dreier Reihen platonischer Dialogen vollkommen ein33) s. Sitzungsberichte d. kaiserl. Akad. d. W. X X V II, 241 ff. und X X X III, 247 ff. 34) Suckow, die wissenschaftliche und künstlerische Form der Platon. Schriften, 1855. vgl. Ueberweg S . 110. 35) Munk, die natürliche Ordnung d. Platon. Schriften, 1855. vgl. Ueberweg S . 102 ff. 110. 209. 36) vgl. Zeller 332, 1.

verstanden und glaube, daß der ersten derselben diejenigen angehö­ ren, in welchm er noch vorzugsweise den sokratischen Standpunkt festhält; daß aber bei Abfassung derselben, wie Hermann und die sich ihm anschließen, behaupten, die Plato eigenthümlichen und vom Sokrates unterscheidenden Kehren ihm noch fremd gewesen, ist nicht nachweislich; denn theils läßt sich nicht schließen, was bestimmt und ausdrücklich hervorzuheben er nicht Gelegenheit hatte, sei ihm auch selber noch nicht zum Bewußtsein gelangt, theils lassen im ProtagoraS, den daran sich schließenden drei kleinen Dialogen und im GorgiaS, der auch noch ausschließlich sokratisch sein soll, Bordeutungen auf die Jdeenlehre sich wohl nachweisen. Ob Plato den PhaedruS 37) vor dem ProtagoraS und jenen Heineren Dialogen verfaßt habe, oder nach ihnen, wage ich nicht zu bestimmen, halte mich jedoch versichert daß er dem TheaetetuS, SophisteS, auch wohl dem GorgiaS, vorangegangen, nicht blos wegen der schon im Alter­ thum hervorgehobenen Jugendlichkeit der Darstellung, sondern vor­ züglich weil ich nicht glauben kann daß der Verfasser sich veran­ laßt gefunden in mythischer Form, — um vorläufig die Aufmerk­ samkeit seiner Leser dafür zu gewinnen, Lehren auszusprechen, in deren wissenschaftlicher Erörterung wir ihn in jenen Dialogen be­ reits begriffen finden. Mag er auch später geschrieben sein als der ProtagoraS, Lysis und die drei andren kleinen Dialogen, so­ fern sie, vom sokratischen Standpunkte aus, und ohne mythische

37) Ohne auf die vielbesprochene Frage nach der Abfassungszeit des Phaedru» hier näher eingehn zu können, bemerke ich nur, daß ich mitSpengel (f. feine Abhandlung über Jsokrates und Platon, in d. Abh. der phi» losoph.- Philol. Klasse der K. Baierschen Akad. d. Wissenschaften V II, 3. 1855. ©. 729 ff.) es für höchst unwahrscheinlich halte, Plato habe nach der angeblich in seinem vierzigsten Jahre erfolgten Eröffnung seiner Schule so hoffnungsvoll über Jsokrates (p. 279, a ), den er höchst wahrscheinlich im Euthydemus (p. 305, o) al« einen zwischen Philosophie und Politik schwe­ benden Mann bezeichnet (s. Spengel S. 763 ff.), sich ausgesprochen, nachdem derselbe schon hinreichend seinen der Philosophie feindlichen Sinn beurkundet hatte, und daß ich UeberwegS Gegengründe (S. 255 ff.) nicht als stichhaltig gelten lasse» kann.

Hülle, die späteren Untersuchungen über Sittlichkeit und l'iebe ein­ zuleiten augenscheinlich bestimmt sind, jedenfalls steht er ihnen nä­ her als die die eigenthümlich platonischen kehren entwickelnden D ia­ logen. Dagegen muß ich aus Gründen, die erst später geltend gemacht werden können, den Parmenides ans der ersten in die zweite Reihe rücken ihm seine Stelle hinter mindestens demTheaetetuS und SophisteS wenn nicht auch sich ihnen wiederum anschlie­ ßenden Dialogm anweisen. I n der zweiten Abtheilung finde ich nicht Gründ zwischen dem Theaetetus **) und SophisteS den Menon, EuthydeinuS und KratyluS oder andre Dialogen einzuschic­ ken; möchte auch Plato, bevor er vom Theaetetus zum SophisteS fortschritt, einen oder einige andre auszuarbeiten sich veranlaßt ge­ funden haben, waS jedoch thatsächlich nicht nachzuweisen ist,— der in jenem geführten Untersuchung über Grund und Quelle des Wissens im Subjekte, schließt sich als ergänzende zweite Hälfte oder Seite, die in letzterem erörterte Frage nach dem Sein als dem Objekte des Wissen- unmittelbar an. Ohne läugnen zu wollen daß in den mitten eingeschobcnen Gesprächen Ergänzungen zu den Untersuchun­ gen, jedoch eben so wohl deö SophisteS als des Theaetettis sich finden, unterbrechen sie doch die Kontinuität der Untersuchung und sind zugleich bestimmt theils zu fernerer Entwickelung der Ideen lehre den Weg zu bahnen, theils ein Mittelglied zwischen den vorzugsweise dialektischen und vorzugsweise ethischen Dialogen zu bilden. Unmittelbar nach ihnen und jenen beiden die Wissenschafts­ lehre begründenden scheint mir der Parmenides seine geeignete Stelle zu finde». Wenn wir uns in der Darstellung des platoni­ schen Lehrgebäudes demnächst veranlaßt sehn werden, die vorzugsweise

38) D m Gründe», die Ueberweg (S. 228 f.) bestimmt haben das im Theaetetus erwähnte Treffen bei Korinth auf das erst 01. 102, 4 (368 t>. Chr.) stattgefunden: zu beziehn und damit die Abfaffmigszcit des Dialogs in das etwa jetzigste Lebensjahr Plato's ;» festen, vermag ich keine Beweis­ kraft zuzugestehn, und auch nicht feiner Annahme ( 2 . 281 ff.), der Phaedo fei ohngleich später als das Symposion und zwar nach dem TimäiiS aus­ gearbeitet worden.

dialektischen und die vorzugsweise ethischen Untersuchungen für sich in Erwägung zu ziehn und daher vom ProtagoraS zum GorgiaS und von da zum Philebus fortzuschreiten, so werben wir damit die Wechselbeziehungen, in denen jene beiden mit einander stehn, fei» neSweges außer Acht lassen dürfen und hervorzuheben haben, wie die Bermittelung zwischen diesen und den vorzugsweise dialektischen D ialogen, zuerst im Meno und demnächst in weiterem Fortschritt im PhilebuS nachweisbar ist. Die Zusammengehörigkeit des Gast­ mahls, Phaedon (SS) und PhilebuS kann kaum in Abrede gestellt werden und obgleich in ihnen der Abschluß der bis dahin geführ­ ten dialektischen wid ethischen Untersuchungen sich findet, so dürfen sie doch nicht mit den systematisch aufbauenden W erken, den B ü ­ chern vom S ta a te , dem TimäuS und den Gesetzen in eine Linie gestellt werden; je einer derselben bereitet den Abschluß eines be­ sonderen Zweiges der vorangegangenen Untersuchungen vor, ohne jedoch wie diese den Abschluß schon zu bringen oder doch ihn in seinen Beziehungen zu den verschiedenen Grundfäden des Systems nachzuweisen und den Aufbau der Lehren Plato'S über W ett, S ta a t und persönliches Leben darauf zu gründen. Auch dem zweiten zur AuSmittelung der Abfolge der plato­ nischen Dialogen eingeschlagenen Wege wollen wir in sofern seine Berechtigung keineswegeS absprechen, inwiefern der von Aristoteles bezeugte Uebergang von der Jdeenlehre zu der Idealzahlenlehre in de» Dialogen thatsächlich sich nachweisen lä ß t" ) und verschiedene Bersuche in ihnen sich finden ein und denselben Lehrpunkt zu grö­ ßerer Evidenz zu erheben; dagegen können wir nicht zugeben daß ein allmähliger Uebergang vom sokratischen Begriff zur Idee und stufenweis im Geiste Plato'S fortschreitende Entwickelung der Jdeenlehre aus dm Dialogen sich barthun lasse40). 39) Aristoteles will (Metoph. XIII, 4. 1078, b, 7) zuerst die Ideen» lehre für stch prüfen, p tjä lv a w t t m o v t a T tQ o g ri/v t i ö v Ü Q t& f tt o v ipvotv, tdX' tot vTtiXaßov ccQ^rjt ol nnujjot r a t tätet (ftjoavtet tlvai. vgl. Ueber »eg S . 91 ff. 40) Auch die aristotelischen dafür angeführten S t. (Metaph. l,i>.987,

3. W ie wichtig auch die Ausscheidung des Untergeschobenen vom Ursprünglichen in den Dialogen P la to 's, so dürfen wir doch sehr wohl deS EingehnS auf die daraus bezüglichen Untersuchun­ gen unS hier entschlagen, da die Aechtheit derer, aus denen wir fast ausschließlich die Kenntniß deS platonischen Lehrgebäudes zu schöpfen haben, kaum noch einem ernstlichen Zweifel unterworfen ist, zumahl sie großentheilS durch mittelbare oder unmittelbare Zeug­ nisse de- Aristoteles4') , andrer späterer Zeugnisse zu geschweigen, sich bewähren läßt. D ie Verdächtigung de« SophisteS, PolitikoS und KritiaS " ) (vom ParmenideS unten) ist längst als unbegründet zu­ rückgewiesen worden; ebenso die Zweifel an dem Euthydem, der Apo­ logie und dem T riton43). Bedeutender waren die gegen die B ü ­ cher von den Gesetzen erhobenen Bedenken; doch erkennt auch Zel­ ler 44) , der dieselben ant scharfsinnigsten durchgeführt und befür­ wortet hatte, nunmehr an, daß auch sie ihrem wesentlichen Inhalte nach als ein Werk aus P lato 's letzten Lebensjahren sich begreifen lassen. Schon dem Alterthum waren außer den nicht auf unS gekommenen verschiedene andre kleinere Schriften, die in den A us­ gaben als nothi bezeichnet zu werden pflegen, verdächtig, wie der zweite AlkibiadeS, die Auterasten, derHipparch. Die neuere Kritik bezweifelt außerdem die Aechtheit des TheageS, des Hipparch, M i­ n o s, Klitophon, der Briefe und der Definitionen, so wie auch deS ersten AlkibiadeS, deS größeren HippiaS, des Io n und auch des MenexemtS (2B). M ag immerhin für einige der letztge27. XIII, 4. 1078, b, 10. 9. 1086, b, 1) reben nicht vom allmähligcn Enttoidelungsfortjchtitt de- jugendlichen Plato zur Jbeenlchre. 41) Nach dem Vorgänge von Trendelenburg, Zeller, Suckow u. A. hat Ueberweg S . 131 ff. die Zeugnisse mit größter Sorgfalt von neuem zusammengestellt und geprüft. 42) Socher a. a. O. 268 ff. verdammt alle vier, Suckow (86 ff. it. 158 ff.) nur zwei derselben. Aus die auch von Ueberweg (176 ff.) beanstan­ dete Aechtheit des ParmenideS werden wir zurückkommen. 43) Ast o. a. O . S . 394 ff. 44) s. Zeller'S platonische Studien 45 ff. und gegenwärtig seine G e­ schichte der PH. d. Gr. II, 322 f. vgl. S . 618 ff.

nannten (jedoch schwerlich für drei der Briefe) noch einige- nicht Unerhebliche zur Rettung der Aechtheit sich sagen lassen, für die Kenntniß der platonischen Lehren sind sie von keinem erheblichen Gewicht4$). 4. Wie aber werden wir in der Darstellung de- platonischen Lehrgebäudes zu verfahren haben? ES durch die ganze Reihe der Dialogen zu verfolgen, kann nicht gelingen, mögen wir sie mit Schleiermacher als allmählig fortschreitende Entwickelung, oder mit Hermann u. A. als genetische Fortbildung desselben bettachten. Zu den gegen die folgerechte Durchführung der ersten und zweiten AuffaffungSweise geltend gemachten Einwendungen kommt noch die Ohnmöglichkeit, auf dem unS zugemessenen Raume eine solche Dar­ stellung auch nur in Umrissen zu unternehmen. Oder sollen wir ihr eine Eintheilung der Philosophie in Zweigwissenschaften zu Grunde legen? Natürlich dürste sie keine einer späteren Anschau­ ungsweise entlehnte, dem Plato aufgedrungene sein. Und in der That bettachtet schon das Alterthum ihn als den ersten Urheber der Eintheilung der Philosophie in Dialektik, Ethik und Physik “ ), — insofern auch mit Recht, daß obgleich die Eintheilung keineswegs in der Weise des Aristoteles und der Späteren dnrchgeführt ward, doch eine Anzahl von Dialogen vorzugsweise, nicht ausschließlich, mit dialektischen, ethischen und physischen Untersuchungen sich be­ schäftigt. So der TimäuS mit physischen, ProtagoraS, GorgiaS, PhilebuS, die Bücher vom Staate und von den Gesetzen mit ethi­ schen, die übrigen theils mit ausschließlich dialektischen, wie der TheaetetuS, SophisteS, Euthydemus, ParmenideS, theils mit sol45) f. namentlich Hermann'« Gesch. und S. d. pl. Philos. S . 412 ff. Zeller, in d. plat. Stud. 144 ff., in d. Zeitschrift f. AlterthumSwissensch. 1860. S. 256 ff. und s. Gesch. I I, 371 ff. Ueberweg in d. angef. Schrift paseim. 46) 8eit. Math. V II, 16 o>v ä w a fiti filv IIÄcxtujv ia rlv apyijyös . . . pijrdrar« ti u l a S ^ a i w g T tnbg t h u r o t t t r .

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würde ein Wissen des Wissens und Nichtwissens in's Unendliche hin vorauszusetzen sein, — und so auch Vorstellung der Vorstel­ lung in's Unendliche h in 90). Zudem widerlegt sich die Annahme, das Wissen bestehe in richtiger Vorstellung, durch die Thatsache, daß eine solche durch Reden vor Gericht und in Volksversammlun­ gen hervorgerufen werden kann, nicht wahres Wissen 91). Sollte aber 3) nicht richtige Vorstellung mit Erklärung (i ; ov statt finden, R ep . V , 4 7 8 , d , und diese« n u r m it der tUixon^q S w v o ia aufge­ fa ß t werden, Phaedo 6 6 , a. 1 3 6 ) P arm . 1 3 5 , b. 1 3 2 , a. Phaedo 7 4 , a. —

Ueber die Lehre von

der W ied ererinnerung f. außer Phaedrus (ob. S . 2 8 9 s.) Phaedo 7 2 , e u. A ., besonders Meno p. 8 0 , d sq q . , wo zunächst zur W iderlegung

des sophisti­

schen Satzes, der Mensch vermöge ohnmöglich zu fudjeu weder was er wisse, nod) w a s er nicht wisse, gezeigt w ird , wie das Denken mathematisdjc Satze aus sich selber erzeuge.

,

1 3 7 ) itltito i ovoi'ca, to ovrcjg ov x a iic t u v t o t X 0V

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« V r6 t X U O T O V , TO ( i V T 0 Z « //1 (IVTO. vgl. A n m . 1 3 5 u. 1 41 . v gl.

Z e lle r S . 4 2 0 , 2 u. m . Handbuch S . 2 2 3 .

lichkeit des Wissens aufheben, da ohne an sich feiende Begriffe we­ der ein wahres Wissen noch ein wahres Sein statt finden kann,$e). S o ergab sich ihm denn die Ueberzeugung von einer höheren der Welt der wechselnden Erscheinungen zu Grunde liegenden, aber nicht in sie eingehenden Welt der Ideen. 2. Die Ideen sind demnach das Beharrliche im Wechsel der Erscheinungen, das sich selber Gleiche, welches der Mannichfaltigkeit ähnlicher Dinge und Wesen als Grund ihrer Zusanunengehörigkeit vorauszusetzen ist, die ewigen Bestimmtheiten wonach die Veränderungen der Dinge und unser Wissen darum bedingt wer­ den, zunächst also das Allgemeine, oder die unveränderlichen Artund Gattungsbegriffe, das dem vielen Gleichnamigen Gemein­ same U9) ; jedoch nicht ausschließlich das Allgemeine der Art- und Gattungsbegriffe, sondern auch die die Bestimmtheit der Beziehun­ gen lenkenden Begriffe und Gesetze. Ob oder in welcher Weise Plato auch Idem des Einzelwesm angmommen, ist sehr zweifelhaft"9). S ie sind ferner unkörperliche, unräumliche, unveränderliche, unsinn­ liche, für sich bestehmde" ') Wesenheiten, weder hypostasirte Phontasiebilder, noch der Sinnenwelt analoge Substanzen, noch blos subjektiv gültige Begriffe "*). Ob oder wie Gedanken der Gott­ heit, darüber später. Von ihnen darf nur ausgeschlossen werd« was blos als Masse oder als Theil eines Ganzm aufgefaßt wird, d.h. so lange die betreffende Bestimmtheit noch nicht gefundm ist; sie zu finden bestrebt soll man jedoch Nichts für geringfügig hal­ ten "»). 138) Parm. 135, d. 139) da» IV iiü noXh5v, nach Aristotel. Metaph. I, 9. 990, b, 7. 991, 2. vgl. Plat. Rep. X, 596, a. 140) f. Zeller 422 f. 141) Arist. Metaph. I, 9. 991, b, 3. vgl. XIII, 4.1078, b, 30. 1079, a, 9. 22 u. a. S t. — Plat. Symp. 211, a. Phaed. 78, d fiovoetöfg, aiiT6 » «-' avrö. vgl. 100, b. Parm. 128, e sqq. Polit. VII, b eis tov votjTov JOTTOv xijs *I>VXW itvoöov Ti&elg xiX. 142) vgl. Zeller S . 425 ff. 143) Parm. 130, c. Nicht ganz richtig von Ebben, Platonie. idear. doetrina p. 14 erklärt.

3. Wie die platonische Jdcenlchre aus den vorangegangenm Theorien sich herausgebildet habt, ergibt sich aus der im TheaetetuS und SophisteS gegen diese gerichteten Polemik, und wird bestätigt durch die Angaben des Aristoteles 144). Diesem zufolge, vertraut mit Kratylus und der heraklitischen ^ehre, daß alles S in n ­ liche in stetem Flusse begriffen und kein Wissen davon möglich sei, blieb er dieser Ansicht auch in der Folge treu; zugleich aber wen­ dete er sich, im Anschluß an Sokrates, den Begriffsbestimmungen zur Festellung des Allgemeinen z u , und überzeugte sich, daß die allgemeinen Bestimmungen nicht die in beständiger Veränderung begriffenen sinnlichen Dinge zum Gegenstands haben könnten. S o nahm er diesen zu Grunde liegende, aber von ihnen gesonderte Arten deS Seienden an und nannte sie Ideen,— Angaben die nach Maßgabe jener beiden Dialogen dahin zu ergänzen sind, daß er in ihnen, den Ideen, das von den Eleaten und dem EuklideS, nur in verschiedener Weise der Zahl nach bestimmte, wahrhaft Seiende fand; jedoch darin über beide hinausging, daß er die von ihnen befestigte Kluft zwischen den Ideen und der Sinnenwclt zu beseiti­ gen sich vorsetzte. Wie weit die platonischen Ideen mit den pythagorischen Zahlen zusammentrafen, kann sich erst später ergeben. Aristoteles scheint schon die Zurücksührung jener auf diese im Sinne zu haben, wenn er sagt, Plato scheine in dm meisten Punkten den Pythagoreern sich angeschlossen zu haben. 4. Die Ideen sollen dem SophisteS zufolge nicht als bcwc gungslosc, auf die Welt der Veränderungen nicht einwirkende B e­ griffe gefaßt werden; sie sollen nicht ohne Geist und Vernunft sein und werden als unsinnliche, nur aus ihren Wirkungen erkennbare Kräfte bezeichnet'"). W orin also besteht ihre Kausalität? Z u ­ nächst nicht in der der bloßen der Wirksamkeit dienenden M ittel, sondern in der Selbstwirksamkeit der Zweck- oder Endursachen Uß). 144) M cteph. I, 6. vgl.

X III, 9. 1086, 35.

145) S op h . 247, o T C d -tp a i y a g o q o v ogC^etv r « o v r « , w g e a n v o v x alXo Ti TiXrjv S vva p ig . 2 4 8 , e (109). P haedo 99, c Tt]V . Philosophie der Griechen S . 124 ff. Bonitz, platonische Studien a. a. C . XXXIII, S . 325 ff.

ziel aller unsrer Bestrebungen184) , sie aber auch der letzte Grund zugleich der Erkenntniß und der Wahrheit ober des S einS , der Bernunft und des Vernommenen, daher selber über diese Unter­ schiede erhaben; beim wie die Lonne höher als Vicht und Auge steht, so auch sie höher als das Lein und das W issen,85j. Wenngleich im Philebus, woraus diese Erörterungen in dm Büchern vom S taate zurückweisen, die Idee des Guten zunächst nur als Ziel der menschlichen Thätigkeit gefaßt wird 186), so soll doch auch ihm zufolge die göttliche Vernunft nichts andres sein als das G ute187); eine Sonderung der Idee des Guten von der Gottheit läßt sich in den platonischen Dialogen nicht nachweisen und auch nicht im Ein­ klang mit seinen übrigen Lehren voraussetzen. I s t er ja überzeugt daß alle Entwickelung aus Verwirklichung des Guten gerichtet sei. I n seinen Vorträgen über das Gute hatte er im Rückgang auf die pythagorische Zahleulehre, die Idee des Guten als da- unbe­ dingte Eins bezeichnet188). Wie er aber ihre Kausalität und ihr 184) ri.it. Rep. Vi f, 5 1 7 , c t y xtp yvtoonp xtkivxaia fj xov aya&ov itiia xai /uoytg oQao&at (tu o i (fetsverett) , 6(f&(i(fa ), sah er sich veranlaßt in seinen Büchern von den Ge s e t z e n die Forderungen seines Jdealstaates wesentlich zu mildern. E r mußte sich entschließen die un­ bedingte Gemeinschaft und Einheit zu beschränken, daher die Stände nicht mehr schlechthin gesondert, die Gewalt der Herrscher an G e­ setze (voü diuvoftij) gebunden werden. Landdau und Gewerbe sol­ len durch Fremde und Sklaven besorgt, der dritte S tand zur Theil­ nahme an der Entscheidung herangezogen werden, der erste S tan d aus dem zweiten durch W ahl hervorgehn, die Verfassung aus M o ­ narchie und Demokratie gemischt, Freiheit mit Vernunft verbunden sein. Jedoch sollen dir dem Gemeinwohl dienenden Herrschenden als Diener des Gesetzes über die Unwissenden herrschen. Ih re Erziehung beschränkt sich auf Musik, Gymnastik und Mathematik. V or Allem soll sie von Gottesfurcht geleitet werden und das ganze StaatSwefm auf Religion sich gründen. An die Stelle der Weisheit tritt die Bernunftherrschaft, und der Tapferkeit zur Seite die Mäßigung. Die auf richtige Vorstellung sich gründende Tugend wird für ausreichend gehalten. Die Volksversammlung hat zu wählen, zu prüfen und über öffentliche Verbrechen zu richten. Ein vom Volke gewählter Staatsgerichtshof soll die Kandidaten prü­ fen und Rechenschaft abnehmen. Eine oberste Leitung der Erzie­ hung wird eingesetzt und als Schlußstein ein aus den bewährte­ sten Bürgern gewählter Ausschuß zur Fortbildung der Gesetze 356). D ie Ausführung eines dritten, den Verhältnissen noch bestimmter sich anschließenden S taa tes, scheint Plato nicht beabsichtigt zu haben 357). Ueber seine Lehren vom Schönen und der Kunst behalte ich der folgenden Uebersicht einige Bemerkungen vor. Die nicht sehr 355) L egg. X, 896, j iparvj rebv lv rjj ipvyg naihifiaiie hypothetische und disjunktive Form der Urtheile wie der Schlösse hat er noch nicht in dm Bereich seiner Untersuchun­ gen gezogen, wenngleich es nicht an Keimen für diese Lehrstücke bei ihm fehlt, die dann von Theophrast und EudernuS weiter, wenn auch immer noch unzureichend, mtwickelt wurden.

129) o. 7 I n l rcuv xct&oAou nno(pa(vto&ai xa&oAov und /Lirj xa&olov, letztere, die partikulären Urtheile, auch al- lv /u£qh oder xara piQog bezeichnet, Anal. pr. I, 1. 24, 17. c. 2. 25, 5 u. s. w. — ib. I, 1. 24, 16 u. s. w. tritt an die Stelle der einzelnen Urtheile die nQoraoig ct&toQiarog. 130) Anal. pr. I, 2 pr. n a a a nQOTttoCg l a r i v fj t o v v n a o ^ u v 5 to v

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t v ö t / e o d a i vn a Q x ttv,

131) Anal. pr. I, 13. 32, 28 . . ?, a W ov «ft xi Hto la d , toüto dntigor lortr. c. 7. 207, b, 35 «V€gov o n tos vkrj to dnttgov ia n v atnor, xal ou to /ukv ftrat airtg aiigijatg. 1. 14 ovdk ju iru rj dntigia dkkd ylvtTat. 309) ib. o. 7. 8. 310) d e Caelo I, 5. vgl. m. Handb. II, 2. 805 ff. 311) Phys. IV, 1. 208, b, 1 ort fjth> ovr to u r o Tonog, doxti drjkov tlv a i ix xtjg avrifitTaardattog. 1. 10 .. dkV ort xal t y u Ttvd dt)vttfiiv ' tp ig tra i yag exaarov (ig t o v k v t o v t o t i o v i.it) xojkvoutvov.

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Beharrendes sein, an die Stelle ein und desselben Raum es eine un­ endliche Vielheit desselben treten würde, oder auch leerer Raum, dessen Undenkbarkbarkeit demnächst nachgewiesen werden soll. Und doch würde er nicht sein, wenn ins Unendliche hin wiederum ein Raum des Raumes vorausgesetzt werden müßte. E r muß D asje­ nige umschließen dessen Raum er ist, weder kleiner noch größer als dieses und doch von ihm abtrennbar sein, auch ein ihm eigenthüm­ liches Oben und Unten habenS12). S o faßt ihn denn Aristoteles in der schon vorher angedeuteten Weise als die Grenze de« umschließenden Körpers, die in ihrem Mittelpunkte ruhe und im Um­ kreise in einer der Ruhe sich annähernden Gleichheit beharrem ). Auf die Weise soll er nicht mit den Dingen zu wachsen brauchen, keinen neuen Raum voraussetzen und der Wirtlichkeit nach nur da vorhanden sein, wo die von einander getrennten Theile sich bewe­ gen, dem Vermögen nach auch beim stetig Zusammenhängenden. I s t nun der allgemeine Raum (o n g iö io g oder xotyo; x o n o g ) die Grenze der Welt, so der besondere Raum (l'Siog tö n o g ) die Grenze de« umschließenden Körpers. Den Weg zu seiner Erklärung hatte Aristoteles durch eine ziemlich dunkel gehaltene Erörterung der ver­ schiedenen Bedeutungen des S ein s Eines im Andren («AAo iv ttAAy) anzubahnen versucht (IV , 3). 312) o. 2. 3. — c. 4 . . a& ovpiv dtj to v tottov tivai nQtüiov p t v itQ ifyo v txtivo ob iojios iarl, xal prjdtv tov nqäypaTog tivai, i n to v nQbhov 7 0 . 7 0 1 f t ’ fXdiioj ftt'jif pe(£m, i n anoXtCntafhu txäorov xal Xl) de An. II, 11.

vgl. de part. .Anim. II, 10. 656, b, 35. vgl.

Pliyaiogn. c. 3. 807, b, 2. 392) de An. II, 12. — p, 424, 26 . . . oi> /u yr to ye cdö&rjTixu) a ‘Ku, oveT t) (ii