Regelkonflikte in der römischen Republik. Geltung und Gewichtung von Normen in politischen Entscheidungsprozessen 3515099018, 9783515099011

Was passiert, wenn Normen im Widerspruch zueinander stehen? Christoph Lundgreen schlägt hier mit Hilfe eines theoriegele

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German Pages 375 [377] Year 2011

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InhaltsverzeichnIs
Dank
1 Einleitung
1.1 Fragestellung
1.2 Forschungsstand
1.3 Vorgehen und Aufbau der Arbeit
Erster Teil – Was sind Regelkonflikte?
2 Theoretische Vorbemerkungen
2.1 Regeln und Normen als Handlungsanleitungen und soziale Konstruktionen
Begrifflichkeit
Regeln als Handlungsanleitungen
Regeln als soziale Konstruktionen
„Regelfolge:“ Erziehung und Konsens
Regeln und Devianz
2.2 Hierarchien von Normen
H.L.A. Hart
R.M. Unger
2.3 Regeln und Prinzipien
Zweiter Teil … Regelkonflikte in Rom: Vier Fallklassen
3 Regelkonflikte bei Wahlen
3.1 Einleitung
3.2 Eine Skizze von Ämterstruktur und Wahlverfassung
3.3 Ein chronologischer Durchgang
3.4 Systematische Untersuchung
3.4.1 Die Qualifikation der Kandidaten
a) Das Alter der Kandidaten
b) Das vorausgegangene Amt
c) Kontinuation und Iteration
α) Konsuln
β) volkstribune
d) Besondere Eigenschaften der Kandidaten
α) patrizisch/plebejisch
β) unwürdig für ein amt
e) Anwesenheit in Rom (für Wahl und Bewerbung)
3.4.2 Die Kompetenz des Wahlleiters
a) Die Bevorzugung von Kandidaten
b) Die Verhinderung von Kandidaten
3.5 Wahlen im Spannungsfeld von Regeln und Prinzipien
3.6 Zusammenfassung
4 Regelkonflikte bei der Provinzvergabe und sortitio
4.1 Losungen in Rom
4.2 Ein chronologischer Durchgang
4.3 Systematische Untersuchung
4.3.1 sortitio als Verfahren: (k)ein Schema von Norm und Abweichung?
4.3.2 sortitio als Ergebnis: Änderung nach einer Losung
4.3.3 Was bedeutet eine Losung?
4.3.4 Muster und Strukturen
4.4 Zusammenfassung
5 Regelkonflikte und Sakralrecht
5.1 Einleitung
5.2 Religiöse Spezialisten in Rom
5.3 Regelkonflikte und Auguren
5.3.1 Ein chronologischer Durchgang
5.3.2 Systematische Untersuchung
5.4 Regelkonflikte und pontifices
5.4.1 Ein chronologischer Durchgang
5.4.2 Systematische Untersuchung
a) Konflikte der Institutionen
b) Personen und Kontext
c) Regelungen für die flamines und den pontifex maximus
5.5 Zusammenfassung
6 Regelkonflikte bei der Triumphvergabe
6.1 Einleitung
6.2 Der römische Triumph
6.2.1 Ablauf einer pompa triumphalis
6.2.2 Triumphvergabe im Spiegel der Forschung
6.2.3 Quellenlage
6.3 Ein chronologischer Durchgang
6.4 Systematische Untersuchung
6.4.1 Ein zweistufiges Verfahren? – Die Rolle der Volksversammlung
6.4.2 Kriterien in den Senatsdebatten
6.4.3 Eine Gewichtung der Kriterien
6.5 Regeln, Willkür oder Prinzipien?
6.5.1 Valerius Maximus und (s)ein ius triumphandi
(1) quinque milia hostes (Val. Max. 2,8,1)
(2) imperium auspiciumque (Val. Max. 2,8,2)
(3) der verbotene Verzicht (Val. Max. 2,8,3)
(4) Eroberung – pro aucto imperio (Val. Max. 2,8,4)
(5) nemo sine magistratu (Val. Max. 2,8,5)
(6) cena triumphalis (Val. Max. 2,8,6)
(7) bellum civile (Val. Max. 2,8,7)
Zwischenfazit
6.5.2 regeln und Prinzipien – ein neuer ansatz
6.6 Abweichungen
6.6.1 Sonderfälle
a) L. Furius Purpureo 200
b) Pompeius 81
6.6.2 Der Triumph gegen alle Regeln und Widerstände
a) Postumius 294
b) Ap. Claudius 143
c) Pomptinus 54 [?]
6.6.3 Ein möglicher Verzicht
6.6.4 Triumphe außerhalb Roms
a) Der triumphus in monte Albano
b) Albucius 107
6.6.5 Ungültige Triumphe?
6.7 Der historische Kontext
6.8 Zusammenfassung
Dritter Teil – Normen in Rom
7 Normen in Rom: Hierarchien und Geltungssphären
7.1 Kriterien-bezogene und Institutionen-bezogene Normen
7.2 Eine Metaregel in der römischen Republik
7.3 Argumente statt Regeln: die Rolle von exempla
7.4 Rom als Konsenssystem
8 Regelkonflikte und historischer Kontext
8.1 Eine Kernzeit zwischen 200 und 180
8.2 Von Stabilität durch Flexibilität zur Normverhärtung
9 Zusammenfassung
Resume
Abstract
Anhang
Die untersuchten Konflikte – eine Übersicht
Literaturverzeichnis
Abkürzungen
Quellenregister
Namensregister
Sachregister
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Regelkonflikte in der römischen Republik. Geltung und Gewichtung von Normen in politischen Entscheidungsprozessen
 3515099018, 9783515099011

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Christoph Lundgreen

Regelkonflikte in der römischen Republik Geltung und Gewichtung von Normen in politischen Entscheidungsprozessen

Geschichte Franz Steiner Verlag

Historia Einzelschriften - 221

Christoph Lundgreen Regelkonflikte in der römischen Republik

HISTORIA Zeitschrift für Alte Geschichte Revue d’histoire ancienne Journal of Ancient History Rivista di storia antica –––––––––––––––––– EINZELSCHRIFTEN Herausgegeben von Kai Brodersen/Erfurt Mortimer Chambers/Los Angeles Martin Jehne/Dresden François Paschoud/Genève Aloys Winterling/Berlin

HEFT 221

Christoph Lundgreen

Regelkonflikte in der römischen Republik Geltung und Gewichtung von Normen in politischen Entscheidungsprozessen

Franz Steiner Verlag Stuttgart 2011

Umschlagabbildung: Aureus, Rom 71 v. Chr. (RRC 402/1b) Revers: erster Triumphzug des Pompeius (vgl. Anm. 687) © Trustees of the British Museum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-09901-1 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 2011 Franz Steiner Verlag, Stuttgart Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Printed in Germany

Meinen Eltern

InhaltsvErzEIchnIs Dank ....................................................................................................... 11 1 1.1 1.2 1.3

Einleitung ............................................................................................... Fragestellung .......................................................................................... Forschungsstand ..................................................................................... vorgehen und aufbau der arbeit ............................................................



Erster Teil – Was sind Regelkonflikte?

2 2.1 2.2 2.3

theoretische vorbemerkungen ............................................................... regeln und normen als handlungsanleitungen und soziale Konstruktionen .................................................................... hierarchien von normen ........................................................................ regeln und Prinzipien ............................................................................



Zweiter Teil – Regelkonflikte in Rom: vier Fallklassen

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1

13 13 15 21

29 29 38 42

regelkonflikte bei Wahlen ...................................................................... 53 Einleitung ............................................................................................... 53 Eine skizze von Ämterstruktur und Wahlverfassung ............................. 54 Ein chronologischer Durchgang ............................................................. 62 systematische Untersuchung .................................................................. 73 Die Qualifikation der Kandidaten ........................................................... 74 a) Das alter der Kandidaten .................................................................. 74 b) Das vorausgegangene amt ................................................................ 78 c) Kontinuation und Iteration ................................................................ 85 α) Konsuln ....................................................................................... 86 β) volkstribune ................................................................................. 92 d) Besondere Eigenschaften der Kandidaten ......................................... 97 α) patrizisch/plebejisch .................................................................... 97 β) unwürdig für ein amt .................................................................. 99 e) anwesenheit in rom (für Wahl und Bewerbung) ............................. 100 3.4.2 Die Kompetenz des Wahlleiters ............................................................. 104 a) Die Bevorzugung von Kandidaten .................................................... 104 b) Die verhinderung von Kandidaten .................................................... 107 3.5 Wahlen im spannungsfeld von regeln und Prinzipien .......................... 115 3.6 zusammenfassung .................................................................................. 118

8 4 4.1 4.2 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.4

Inhaltsverzeichnis

regelkonflikte bei der Provinzvergabe und sortitio ............................... 121 losungen in rom ................................................................................... 121 Ein chronologischer Durchgang ............................................................. 122 systematische Untersuchung .................................................................. 128 sortitio als verfahren: (k)ein schema von norm und abweichung? ...... 128 sortitio als Ergebnis: Änderung nach einer losung ............................... 130 Was bedeutet eine losung? .................................................................... 131 Muster und strukturen ............................................................................ 134 zusammenfassung .................................................................................. 136

5 regelkonflikte und sakralrecht .............................................................. 137 5.1 Einleitung ............................................................................................... 137 5.2 religiöse spezialisten in rom ................................................................ 138 5.3 regelkonflikte und auguren ................................................................... 146 5.3.1 Ein chronologischer Durchgang ............................................................. 146 5.3.2 systematische Untersuchung .................................................................. 148 5.4 regelkonflikte und pontifices ................................................................. 158 5.4.1 Ein chronologischer Durchgang ............................................................. 158 5.4.2 systematische Untersuchung .................................................................. 163 a) Konflikte der Institutionen ................................................................ 163 b) Personen und Kontext ....................................................................... 169 c) regelungen für die flamines und den pontifex maximus ................... 171 5.5 zusammenfassung .................................................................................. 175 6 6.1 6.2 6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.3 6.4 6.4.1 6.4.2 6.4.3 6.5 6.5.1 6.5.2 6.6 6.6.1

regelkonflikte bei der triumphvergabe ................................................. 178 Einleitung ............................................................................................... 178 Der römische triumph ............................................................................ 179 ablauf einer pompa triumphalis ............................................................. 179 triumphvergabe im spiegel der Forschung ........................................... 184 Quellenlage ............................................................................................. 187 Ein chronologischer Durchgang ............................................................. 190 systematische Untersuchung .................................................................. 198 Ein zweistufiges verfahren? – Die rolle der volksversammlung .......... 198 Kriterien in den senatsdebatten .............................................................. 203 Eine Gewichtung der Kriterien ............................................................... 215 regeln, Willkür oder Prinzipien? ........................................................... 216 valerius Maximus und (s)ein ius triumphandi ....................................... 216 regeln und Prinzipien – ein neuer ansatz .............................................. 225 abweichungen ........................................................................................ 231 sonderfälle .............................................................................................. 232 a) l. Furius Purpureo 200 ...................................................................... 232 b) Pompeius 81 ...................................................................................... 233 6.6.2 Der triumph gegen alle regeln und Widerstände .................................. 236 a) Postumius 294 ................................................................................... 236 b) ap. claudius 143 ............................................................................... 239

Inhaltsverzeichnis

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c) Pomptinus 54 [?] ............................................................................... 243 6.6.3 Ein möglicher verzicht ........................................................................... 244 6.6.4 triumphe außerhalb roms ..................................................................... 246 a) Der triumphus in monte Albano ........................................................ 246 b) albucius 107 ..................................................................................... 249 6.6.5 Ungültige triumphe? .............................................................................. 250 6.7 Der historische Kontext .......................................................................... 251 6.8 zusammenfassung .................................................................................. 252

Dritter Teil – Normen in Rom

7 7.1 7.2 7.3 7.4

normen in rom: hierarchien und Geltungssphären .............................. 257 Kriterien-bezogene und Institutionen-bezogene normen ...................... 257 Eine Metaregel in der römischen republik? .......................................... 259 argumente statt regeln: Die rolle von exempla ................................... 273 rom als Konsenssystem ......................................................................... 277

8 8.1 8.2

regelkonflikte und historischer Kontext ................................................ 286 Eine Kernzeit zwischen 200 und 180 ..................................................... 286 von stabilität durch Flexibilität zur normverhärtung ............................ 294

9

zusammenfassung .................................................................................. 302 résumé ................................................................................................... 304 abstract .................................................................................................. 305



Anhang Die untersuchten Konflikte – eine Übersicht ......................................... 309 literaturverzeichnis ................................................................................ 320 abkürzungen .......................................................................................... 347 Quellenregister ....................................................................................... 348 namensregister ....................................................................................... 361 sachregister ............................................................................................ 370

DanK Die vorliegende arbeit ist die leicht überarbeitete version meiner Dissertation. Diese entstand im rahmen eines co-tutèlle-verfahrens und wurde im sommersemester 2009 an der Philosophischen Fakultät der technischen Universität Dresden und an der section des sciences historiques et philologiques der École Pratique des hautes Études (EPhE-sorbonne, Paris) eingereicht. Die verteidigung fand am 19. Dezember 2009 in Paris statt. am Ende einer längeren Forschungsarbeit, noch dazu einer Dissertation, steht die „regel“ der Danksagung, welche ich gerne befolge. Danken möchte ich zunächst für die aufnahme in das Europäische Graduiertenkolleg 625 „Institutionelle Ordnungen, schrift und symbole,“ in dessen inspirierendem Umfeld (auch mit den beiden sonderforschungsbereichen 537 „Institutionalität und Geschichtlichkeit“ sowie 804 „transzendenz und Gemeinsinn“) eine theoriegeleitete arbeit sich gut entfalten konnte. Mein größter Dank gebührt meinem Doktorvater Martin Jehne, der die arbeit umsichtig betreut, kritisch gefördert und stets bei auftauchenden Fragen zeit für eine antwort gehabt hat. Ebenfalls großer Dank ist abzustatten bei meinem zweiten Doktorvater, Jean-louis Ferrary in Paris, der meine ersten versuche, moderne rechtstheorie mit der römischen triumphvergabe zu verbinden, aufmerksam gelesen und fördernd kommentiert, der mein Jahr im 2e arrondissement mit großer zugewandtheit begleitet hat. Weiter ist es mir ein Bedürfnis, mich bei den anderen Mitgliedern der Jury meiner soutenance, Michael h. crawford, JeanMichael David, Michel humm und Fritz-heiner Mutschler, zu bedanken für kritische Fragen, hinweise auf lücken in der argumentation und vor allem für die Bereitschaft zum Dialog über die Dauer der Prüfung hinaus. neben Dresden und Paris ist ein weiterer Ort zu nennen, das Max-Weber-Kolleg in Erfurt. Für die aufnahme als Gastkollegiat und die intellektuell stets fordernde und anregende atmosphäre ist stellvertretend dem Dekan hans Joas herzlich zu danken. Gleiches gilt für die beiden Fellows, die meine arbeit dort betreut haben, zunächst Winfried Brugger, dem die arbeit durch seine hinweise auf alexy, Dworkin und Unger viel verdankt, und dann horst Dreier. Ebenfalls in Erfurt soll noch Jörg rüpke genannt werden, der für Fragen zum römischen triumph und zum sakralrecht (einem Begriff, den er nicht für gelungen hält) immer zur verfügung stand. Weiter danke ich der Kommission für alte Geschichte und Epigraphik für die aufnahme als Jacobi-stipendiat und damit für zwei produktive Forschungsmonate in München, für kritische anmerkungen zu einzelnen thesen der arbeit dort besonders rudolf haensch. Ergebnisse meiner arbeit konnte ich darüber hinaus an verschiedenen Universitäten zur Diskussion stellen, den Publica der althistorischen Kolloquien in Göttingen, Freiburg, Berlin und Bielefeld sei für freundliche und hilfreiche Diskussionen gedankt. Eine Dissertation schreibt niemand ohne vielfältige Unterstützung – um die Wichtigste zu nennen, sei Judith ganz herzlich gedankt: für aufmunterung bei Unsicherheit, Drängen bei zögern und rat bei Fragen aller art. zu danken ist ferner:

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Dank

Freunden, Kolleginnen und Kollegen, vor allem in Dresden, für anregungen und rat; Wolfgang Blösel, horst Dreier, Martin Jehne, christian Meier und Geo siegwart für das Überlassen unveröffentlichter Manuskripte; Margret Kraul für hinweise zu normen und Erziehung und dann besonders Peter lundgreen für mehrfache, akribische Korrektur von text und Gedankengang, intellektuellen wie persönlichen austausch sowie die stete Erinnerung an den Wert guter Gliederungen. Eine seiner anderen Maximen ist die lehre vom Grenznutzen: so wie jede historische arbeit spätestens seit Polybios einen klaren anfangspunkt braucht, der aber letztlich willkürlich gesetzt wird, so muss jede wissenschaftliche arbeit ebenso notwendig wie letztlich willkürlich die Beschäftigung mit der sekundärliteratur irgendwann beenden. Daher soll sie nun erscheinen, und ich danke den herausgebern der historia Einzelschriften sehr herzlich für die ehrenvolle aufnahme der arbeit wie auch dem anonymen Gutachter für zahlreiche verbesserungen. Das thema ist gleichwohl noch lange nicht abgeschlossen. Eine Promotion ist manchmal ein erster schritt, ein anfang. Dies mag (und soll) auch für diese arbeit gelten. Doch jede Promotion ist auch ein abschluss. Danken möchte ich daher auch meinen akademischen lehrern während des studiums: Michael crawford, ohne den ich nicht alte Geschichte studiert hätte, Wilfried nippel, dessen art, zu fragen und zu forschen, vorbild ist, und Dieter simon für im besten sinne bildende seminare in der Berlin-Brandenburgischen akademie. Geht man weiter zurück und bleibt doch in der Gegenwart, so müssen meine Eltern genannt werden – als vorbilder und dann Partner in Diskussion und wissenschaftlichem streit, als stete materielle wie ideelle Förderer meines Weges. Ihnen sei die arbeit von ganzem herzen gewidmet. Berlin, im März 2011 c. l.

1 EInlEItUnG 1.1 FraGEstEllUnG 215 bricht der Wahlleiter einer Konsulwahl die abstimmung nach den stimmen der centuria praerogativa ab, da ihm die Kandidaten nicht geeignet erscheinen; nach einer Wiederaufnahme der abstimmung wird er selber zum Konsul gewählt. 180 wird ein Gesetz verabschiedet, welches für die Bewerbung zum Konsulat in rom ein Mindestalter von 42 Jahren vorschreibt; 148 soll dennoch der zu junge scipio aemilianus gewählt werden. 131 verbietet der Konsul und pontifex maximus seinem Kollegen im Konsulat, der gleichzeitig flamen Martialis war, die abreise in die Provinz, um dann selber heer und Kommando zu übernehmen, obwohl er als pontifex maximus Italien nicht verlassen durfte. schließlich: Ein heimkehrender Feldherr beantragt einen triumph, doch hat er sein heer in der Provinz gelassen, der triumph wird abgelehnt; kurz darauf triumphiert ein anderer Feldherr, ohne dass das fehlende heer ein Problem ist. – Diese vier Beispiele, die z. t. hoch umstritten waren und alle später ausführlich besprochen werden, führen hinein in die Fragestellung dieser arbeit, der Frage nach normen und abweichungen, regeln und ausnahmen bzw. präziser: nach regeln und normen im Konflikt und damit nach der Geltung und Gewichtung von normen in politischen Entscheidungsprozessen. Dabei beschränkt sich mein Interesse auf die römische republik, noch genauer: auf den Bereich des staats- oder verfassungsrechts in rom.1 ausgangspunkt 1

Dass rom ein staatsrecht oder eine verfassung im modernen sinne gehabt habe, wird nicht behauptet, der Begriff wird hier weiter gefasst, etwa im sinne „rechtlich strukturierter herrschaft gemäß denjenigen regeln und strukturen, die ein Gemeinwesen prägen“ (Dreier 2010, s. 2867) oder der klassischen Definition der englischen „verfassung“ von Bolingbroke 1735 (s. 108 [letter X]): „By constitution We mean, whenever We speak with Propriety and Exactness, that assemblage of laws, Institutions and customs, derived from certain fixʼd Principles of reason directed to certain fixʼd objects of publick Good, that compose the general system, according to which the community hath agreed to be governed.“ zur Begriffsgeschichte wie -problematik von „verfassung“ vgl. generell Mohnhaupt 2002 (zu rom dort s. 10–12) sowie mit Bezug zur römische republik bes. Grziwotz 1985, s. 29 f. und s. 36–41. vgl. in diesem zusammenhang weiter die Bemerkungen zu dem „Begriff ‚staat‘ in seiner zeitlich gebundenen Eigenheit“ und ‚staatlichkeit‘ von Eder 1990, s. 20 f. und zur „stadtstaatlichkeit“ von hölkeskamp 2004 a, s. 66 ff.; gegen die verengung des Begriffs „staat“ auf die neuzeit siehe auch Behrends 1987, bes. anm. 1 und s. 119. vgl. aber auch die Bemerkungen von Meier 1978, s. 384 f. zu dem für rom ungünstigen, weil zu engem, Begriff einer „rechtsordnung,“ ähnlich auch Meier 1984 a, s. 64–66. In dieser arbeit wird daher versucht, die rechtsordnung von politischen Usancen und sozialen normen nicht zu scharf zu trennen. selbst „geradezu gegenstaatliche Institutionen“ (Eder 1990, s. 18) wie die patria potestas und die loyalität von Klienten gegenüber ihrem Patron werden mitgedacht und umfasst, wenn im Folgenden von der „öffentlich-rechtlichen Ordnung“ in rom die rede ist. auch erscheinen staatsrecht und verfassung(sgeschichte) in dieser weiten Fassung des Konzepts nicht als Gegensätze wie etwa bei täubler 1919, bes. s. 204–207.

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1 Einleitung

ist aber nicht, wie sonst häufig, die klassische trias von volksversammlung, senat und Magistratur, sondern die analyse von normen im Konflikt. Erst auf einer zweiten stufe soll dann das verhältnis der genannten Institutionen zueinander beleuchtet werden. Während von und seit Mommsen meistens versucht worden ist, in Überblicksdarstellungen zum staatsrecht oder in Einzeluntersuchungen zu Fragen einer römischen verfassung von den überlieferten normen selbst auszugehen, um einen „normalfall“ zu konstruieren, und abweichende Fälle die gewünschte (oder in Kauf genommene) systematik eher störten, soll hier die Fragestellung umgedreht, sollen normen und regeln im Konflikt betrachtet werden.2 thema dieser arbeit sind also regelkonflikte, d. h. Fälle, in denen zwei Konfliktparteien sich streiten und sich jeweils (explizit oder implizit) auf bestimmte normen berufen – ob es sich bei dieser Berufung um gesetztes recht (lex), tradition (mos), göttliches recht oder einen Präzedenzfall (exemplum) handelt, ist zunächst sekundär. auch geht es nicht immer darum zu überprüfen, inwieweit ein Präzedenzfall historisch zu verifizieren ist, entscheidend für die Qualität des arguments ist seine anerkennung. Diesem Phänomen von normen im Konflikt soll anhand von vier großen Feldern systematisch nachgegangen werden. Untersucht werden die Wahlen, die Provinzvergaben, das sakralrecht und die triumphzüge in rom. Dies sind Bereiche, in denen grundsätz2

Mommsen ist für seinen „versuch, ein system aufzustellen, das die allgemein gültigen normen herausarbeitete, ohne sich durch das überwuchernde rankenwerk der im einzelnen bemerkbaren abweichungen von der regel den Blick trüben zu lassen,“ gerade gelobt worden, so von arthur stein 1918 (stein, s. 70). Für die Bewunderung der Mommsenʼschen systematisierungsleistung im späten 19. Jahrhundert sowie dann für eine einsetzende, allmähliche Distanzierung vom staatsrecht, bis hin zum Dogmatismus-vorwurf siehe nippel 2005, s. 23–25 und s. 43 ff. Bei aller in teilen zutreffenden Kritik an einem ahistorischen und rigiden juristischen system muss festgestellt werden, dass Fortschritten im Detail und neueren Perspektiven zum trotz weder ein wirklicher Gegenentwurf zum staatsrecht geschaffen wurde noch wohl je die Kennerschaft der Materie und kongeniale verbindung von Philologie, historie und Jurisprudenz wieder erreicht werden dürfte. Fruchtbare neue Fragen und ansätze gibt es, doch wenn ihre autoren nicht in Mommsens schatten bleiben, so stehen sie doch auf seinen schultern; in den Worten von arnold toynbee gilt: „On almost any point of roman history that one takes up, one may agree with Mommsen or one may differ from him at oneʼs peril; but in either case his work will be the foundation of oneʼs own“ (toynbee 1965, s. v). Gerade wenn also in dieser arbeit die Perspektive auf normen umgedreht wird, so wäre doch ohne eine Grundlage wie die von Mommsen (und in seiner Folge vielen anderen) gar nicht zu beginnen gewesen und allzu häufig musste erkannt werden, dass alle vermeintlichen Entdeckungen, ausnahmen von der regel, abweichungen von der norm, die ganzen interessanten verstöße und sonderfälle allesamt von Mommsen selber auch schon gesehen, gekannt und in seinen anmerkungen behandelt worden sind. sich dies immer zu vergegenwärtigen ist wichtig, gerade wenn die vorliegende arbeit in Details zu abweichenden auffassungen kommt oder zuweilen eine andere terminologie und neue Modelle zur neuen Beschreibung bekannter Phänomene vorschlägt. – Die Idee eines Perspektivenwechsels ist freilich auch nicht ganz neu; schon 1854 (und damit vor Mommsens staatsrecht) findet sich bei rudolf von Jhering folgende anregung: „Es wäre ein verdienstliches Unternehmen, anstatt wie bisher bei der Bearbeitung des römischen staatsrechts sich durch den zweck leiten zu lassen, überall bestimmte und sichere Grundsätze zu gewinnen, umgekehrt einmal die controversen desselben zu constatieren“ (Jhering 1894, s. 280 anm. 444 [entspricht 11854, s. 291 f. anm. 444]).

1.2 Forschungsstand

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licher Konsens über „vergabe- und spielregeln“ und Dissens im konkreten Fall, homogenität der Gruppe und persönlicher Ehrgeiz spannungen und Konflikte erzeugen, besonders, wenn, wie im Fall der triumphe, Ehren „von der Elite für die Elite“ vergeben werden. Bei der analyse der einzelnen Fälle und Fallgruppen ergeben sich gewisse Muster und lösungsschemata, die es in einer systematischen zusammenschau am Ende ermöglichen, Fragen zu stellen nach einer hierarchie von normen oder Institutionen, nach historischen Bedingungen für Konflikte und besonders nach deren rückwirkungen auf die normen in rom, aber auch generell nach der art und Weise, wie in rom mit Konflikten umgegangen und Entscheidungen getroffen wurden. Im Ergebnis wird zu konstatieren sein, dass rom vor allem ein Konsenssystem war, dass Konflikte besonders zwischen verschiedenen Geltungssphären entstehen konnten und dann fast immer ad hoc als Einzelfrage gelöst wurden – und zwar meistens vom senat, der u. a. dadurch seine herausragende rolle in der res publica begründen konnte. Diese stellung des senats wurde dann aber, so die abschließende these, durch eine einsetzende normverhärtung stark geschwächt. 1.2 FOrschUnGsstanD Einen Forschungsstand zu den Fragen nach normen in rom ganz allgemein oder zu regeln, ausnahmen und Konflikten im römischen staatsrecht zu skizzieren, ist weder möglich noch sinnvoll – seit (und schon vor) Mommsen berührt jede Darstellung zur verfassung und jede spezialstudie zu einzelnen Institutionen die gewählte thematik, welche ihrerseits wiederum die Felder z. B. der exempla oder des mos maiorum streift. zu diesen und anderen Bereichen wird daher jeweils an Ort und stelle der Untersuchung ein Überblick über verschiedene Forschungspositionen gegeben. Das Gleiche gilt für die vier behandelten Felder Wahlen, Provinzvergaben, sakralrecht und triumphvergabe; auch dort findet sich der Forschungsstand in den betreffenden Kapiteln. hingewiesen werden soll an dieser stelle allerdings darauf, dass gerade die häufige verwendung der Begrifflichkeit von normen und regeln in studien jedweder art ein Problem in sich bildet, da diese verwendung zum einen nicht einheitlich und zum anderen selten reflektiert ist. so meinen „regeln zur Ämterbesetzung“ wie die altersvorschriften der lex Villia annalis von 180 etwas völlig anderes als etwa die von Bleicken konstatierten ‚spielregeln des sozialen comments,‘ die dafür sorgten, dass sich Gleichheit und abstufung (gradus dignitatis) in der aristokratie die Waage hielten.3 Das heißt nicht, dass es nicht auch Fälle einer überzeugenden analyse von regeln in rom gibt, wie z. B. bei den Passagen von Hölkeskamp zur Entstehung der nobilität,4 doch changiert auch hier 3 4

Bleicken 1995, s. 52–55; Bleicken spricht s. 52 von „verhaltensregeln“ und „Formen der Kommunikation“ und s. 55 vom „Funktionieren dieses sozialen Komments.“ – Eine ähnliche Bandbreite lässt sich auch bei der verwendung des Begriffs „Prinzip“ zeigen, vgl. dazu 2.3. vgl. hölkeskamp 1987; regeln sind dabei nicht nur teil des Unterkapitels „Politischer ausgleich und neue regeln,“ sondern erscheinen als zentrales Element für die ausbildung der neuen classe dirigeante. Dabei wird sowohl nach den „nicht ‚politisierbaren,‘ weil nicht-dispo-

16

1 Einleitung

der regelbegriff, wenn aus normen mit nur geringer verbindlichkeit „Durchbrechungen ohne aufgabe der regel“ werden.5 Dies ist für regeln eine äußerst problematische annahme, die in jedem Fall erklärt werden müsste. In dieser Untersuchung wird daher ein schwerpunkt darauf gelegt, dass mit der Gegenüberstellung von ‚harten regeln‘ und ‚weichen rechtsprinzipien‘ eine mögliche Differenzierung erreicht wird, die sowohl rechtstheoretisch problematische aussagen über „weiche regeln,“ die nicht immer gelten sollen, als auch schlicht Missverständnisse im Forschungsdiskurs über angeblich „vernachlässigte regeln“ vermeiden kann; letzteres wird sich besonders in 6.5.2 bei der triumphvergabe zeigen. Ein Beispiel für die Unterschiede in der Interpretation aufgrund verschiedener ausgangskonzepte findet sich auch im Exkurs zu den leges Liciniae Sextiae und der lex Genucia unter 3.2. Konzentriert man den Forschungsüberblick dagegen auf die hier zentralen regel- und normenkonflikte, ist vor allem auf die aufsätze „regel und ausnahme in der römischen republik“ (2008) und „Gesetze, verfassungskonventionen, Präzedenzfälle“ (2009) von Wilfried Nippel hinzuweisen.6 Nippel untersucht, ausgehend von den schriften Christian Meiers, die rolle der exempla als richtschnur für das Funktionieren der res publica und fragt, wie aus „Konflikten neue regeln erwachsen konnten.“7 Die untersuchten Fälle, meist aus der zeit des zweiten punischen Krieges, behandeln dabei Fragen der Geschäftsordnung des senats, der Wahl eines Wahlleiters, Beschränkungen der flamines und die Bewilligung von triumphen – die drei zuletzt genannten Bereiche werden in der vorliegenden arbeit nun systematisch auf regelkonflikte und ihre lösungen untersucht. Den Ergebnissen von Nippel, dass die rede von exempla eine zu große Eindeutigkeit suggeriere und man sich umgekehrt durchaus auf neue regeln verständigen konnte, „wenn über ihre angemessenheit Konsens im senat herrschte und volkstribune sie nicht blockierten,“8 wird am Ende der Untersuchung zugestimmt; dabei wird sowohl der aspekt des Konsenssystems als auch die notwendige abwesenheit von Wider-

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niblen institutionellen, politischen und moralische Fundamente[n] und sozialen Gegebenheiten“ (s. 15), als auch umgekehrt nach der historischen Entwicklung von normen und regeln gefragt. Der aspekt der Genese wird durchgängig betont, gerade die regeln und Konventionen, die später den Grundkonsens der patrizisch-plebejischen Elite ausmachen, sind am anfang flexibel und dehnbar, aber auch kontrovers und politisierbar (s. 61). Während die „Erkenntnis der regelbarkeit“ durch politische Entscheidungen immer auch Kontroversen und ablehnung auslösen kann, führt eine wiederholte anwendung zur verfestigung von regeln als Kriterien (vgl. bes. s. 246, siehe auch s. 94, s. 127, s. 136). hölkeskamp 1987, s. 135. seine these, dass der senat Garant für eine flexible handhabung der regeln war und darin und dadurch auch seine Machtposition erhielt (bes. s. 185 f. und s. 248 f.), wird am Ende dieser Untersuchung (8.2) aus umgekehrter Perspektive bestätigt. Darüber hinaus werden natürlich viele der hier behandelten Konfliktfälle entweder in studien zu den einzelnen Untersuchungsfeldern oder aber in abhandlungen zu bestimmten Epochen der römischen republik erwähnt, auf erstere wird an Ort und stelle verwiesen, für letztere wäre z. B. an schlag 1968 oder Feig vishnia 1996 zu denken. nippel 2008, s. 125; die schriften von Meier (besonders rPa, 1975, 1978, 1979, 1984 b) werden später an den einschlägigen stellen angeführt, vgl. darüber hinaus anm. 806 in 7.4. nippel 2008, s. 141 und s. 137; nippel 2009, s. 92 ff. listet einige Muster auf, wie „selektives heranziehen von exempla,“ „vermeidung einer Grundsatzentscheidung,“ „Erfindung alter re-

1.2 Forschungsstand

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spruch bei Entscheidungen noch schärfer herausgearbeitet, worin m. E. auch das Kriterium für die Unterscheidung von regel und ausnahme liegt. zusätzlich bietet hier aber noch der Begriff des rechtsprinzips ein heuristisches Instrument, den flexiblen Entscheidungen ad hoc besser gerecht zu werden als mit einem für die römische republik zu starren schema von regel und ausnahme. Nippel fordert des Weiteren eine grundsätzliche auseinandersetzung mit der Frage, ob das sakralrecht eine „allgemein akzeptierte schranke für Modifikationen der Ordnung“ gewesen sei.9 Dem versucht diese arbeit rechnung zu tragen, indem mit einem Modell verschiedener Geltungssphären sowohl die starke normative (und damit in rom auch politische) Wirkung eines sakralrechtlichen arguments herausgearbeitet als auch dessen letztliche abhängigkeit und rückbindung an eine Übertragung in die rein politische sphäre betont wird. an diesem Punkt wird Rüpkes these zur Divination als „Widerspruchsschleife“ aufgenommen und (mit hilfe von Sartori) erweitert durch die Feststellung, dass eine Entscheidung in rom nicht notwendig umfassenden Konsens, sondern vor allem die abwesenheit von Widerspruch voraussetzte.10 Das Problem eines rechtskonflikts ist den römern nicht unbekannt, man denke an die diskutierten Fälle beim Auctor ad Herennium und in ciceros de inventione.11 geln, um alte Konventionen zu bewahren,“ und „das Fehlen von regeln über das Obsoletwerden von regeln,“ die sich in meiner Untersuchung wieder finden. 9 nippel 2008, s. 139; vgl. 2009, s. 88. 10 rüpke 2005 a, s. 1450; siehe weiter unter 7.4. 11 so überlegt der Auctor der Rhetorica ad Herennium (1,20), was geschieht, wenn ein Gesetz etwas anordnet, was ein anderes verbietet – ex contrariis legibus controversia constat, cum alia lex iubet aut permittit, ali vetat quippiam fieri. Der folgende Beispielfall lautet: Gesetz 1 verbietet es einem wegen Gelderpressung verurteilten, in der volksversammlung zu sprechen. Gesetz 2 schreibt vor, dass der augur in der versammlung jemanden, der sich für einen verstorbenen bewirbt, namentlich nennt. Es kommt wie es kommen muss: „Ein wegen Gelderpressungen verurteilter augur hat einen Bewerber anstelle eines verstorbenen benannt; seine Bestrafung wird beantragt.“ Gelöst wird der Fall nicht, ob der augur verurteilt wird, bleibt offen; der Fall soll ein Beispiel geben für „eine auf einer gesetzlichen Bestimmung beruhende Begründungsform aufgrund gegensätzlicher Gesetze“ – constitutio legitima ex contrariis legibus. Die Episode ist eingebettet zwischen den Widerspruch von Wortlaut und sinn sowie streitigkeiten bei zweideutigkeiten im Erbrecht, vgl. für gewisse „Interpretationsprinzipien“ römischer Juristen hier Watson 1972, s. 216 sowie für strenge Beachtung der norm bei flexibler Interpretation des tatbestandes honsell 1982, s. 138 f. ziel ist es weiter, dem charakter eines rhetorischen handbuchs angemessen, den leser auf mögliche argumentationssituationen und streitfälle vorzubereiten. später (2,15) wird das Problem konkurrierender Gesetze abstrakt wieder aufgenommen. Es sei zu prüfen, ob eines der beiden aufgehoben worden sei, oder ob eines vielleicht zwingend vorschreibt, das andere dagegen nur freistellt; Kontext bleibt der Gerichtsprozess, und die rhetorische strategie sucht sich das passende Gesetz zum vorteil aus: deinde contrariae legis enodabimus voluntatem et eam trahemus ad nostrae causae commodum. Ein ähnliches Beispiel bietet cicero (inv. 2,144): Gesetz 1 besagt, dass ein tyrannenmörder alles als Belohnung fordern darf, was er will. Gesetz 2 ordnet nach dem tod eines tyrannen die tötung seiner fünf nächsten Blutsverwandten an. Die Gattin des tyrannen ermordet ihren Mann und fordert zur Belohnung ihr Kind. ausführlich diskutiert cicero im anschluss Möglichkeiten, die Gesetze in ein rangverhältnis zu bringen: Welches Gesetz müsse man am meisten beachten? Gewichtiger sei das später gegebene, dann die anordnung gegenüber der Erlaubnis und die höhe der strafe. Kontext dieser Überlegungen ist ebenfalls der Gerichtspro-

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1 Einleitung

allen diesen Fällen gemeinsam ist allerdings der Bezug auf ein Gerichtsverfahren, also die auflösung durch einen Prozess, die Entscheidung durch ein Urteil. Es geht damit zwar auch um Konflikte zwischen regeln, aber es gibt eine institutionalisierte Entscheidungspraxis. In dieser Untersuchung dagegen sollen gerade die Fälle untersucht werden, bei denen nicht vorgegeben ist, wer im Konfliktfall entscheiden kann.12 Es geht dabei sowohl um regelkonflikte auf gleicher Ebene, also z. B. zwischen senat und volksversammlung, als auch um Konflikte „between two rival authorities,“ „between two jurisdictions“,13 also verschiedener Geltungssphären wie zwischen einem Gesetz zur Ämterbewerbung (lex) und einer anders lautenden tradition (mos) oder einer sakralen norm. Für die sich hieran anschließende Frage nach einer hierarchie von normen sind interessanterweise kaum studien zu nennen – jedenfalls nicht für den Bereich öffentlich-rechtlicher normen.14 Eine auszess, die strategien zielen darauf ab, das jeweils günstige Gesetz herauszustellen und das andere zu schwächen – ideo quod uterque suam legem confirmare, contrariam infirmare debebit. 12 Diese unterschiedliche Fragestellung lässt sich gut an dem folgenden Fall von saturninus aus ad Herennium (1,21) illustrieren: lucius saturninus will mit einem Gesetz den Getreidepreis senken, der stadtquaestor caepio erklärt, die staatskasse könne dies nicht bezahlen, woraufhin der senat feststellt, saturninus würde ein solches Gesetz gegen das staatsinteresse einbringen – adversus rem publicam videri eum facere. als saturninus trotzdem das Gesetz einbringt und sich auch von der Interzession seiner Kollegen nicht stören lässt, zertrümmern der Quaestor caepio und andere die zugangsstege und stimmkästen und verhindern so die abstimmung. caepio wird wegen verletzung der staatshoheit angeklagt – accersitur Caepio maiestatis. nun lässt sich (2,17) sowohl argumentieren, dass caepio das stimmrecht des volkes missachtet, als auch, dass er die staatshoheit vor einem schlechten Beschluss bewahrt habe. Während hier caepio von einem Gerichtsverfahren verurteilt oder freigesprochen wird, wären die Fragen dieser arbeit eher darauf gerichtet, ob und wie ein volkstribun ein veto seiner Kollegen ignorieren kann und ob die Erklärung des senats rechtscharakter hat oder nicht. von Interesse wäre daher auch die Frage, ob beim verlesen eines Gesetzestextes durch einen volkstribun das vetorecht seiner Kollegen einschränkt war, ein Fall, der sowohl vor Gericht diskutiert (asc. 71–72 c, vgl. auch asc. 58–62 c, siehe Griffin 1973, s. 202, anm. 55, s. 211 ff.) als auch später (anm. 774 in 7.2) kurz gestreift wird. Etwas ausführlicher dagegen wird später (in 3.4.1.c und 7.2) auf den Konflikt zwischen dem volkstribunen Flaminius und seinem vater (cic. inv. 2,52; val. Max. 5,4,5) eingegangen, da hier zwei verschiedene Geltungssphären tangiert sind und der Konflikt über den Bereich der hier erwähnten Gerichtsfälle hinaus geht, vgl. weiter im text. 13 Daube 1956, s. 580 f. 14 Daube 1956 analysiert die verschiedenen varianten von cicero, dem Auctor und Quintilian, inwieweit man vor Gericht auf „superior orders“ verweisen kann und dies eine negierung des tatbestandes („shifting of the factum, the res ipsa;“ so cicero) oder bloße Entschuldigung („shifting […] only of the culpa or causa;“ so beim Auctor) darstellt (s. 586). Widersprüche zwischen normen kommen auch in Daubes abhandlung über „Greek and roman reflections on Impossible laws“ (Daube 1967) vor, doch stehen hier meistens auslegungs- und dann vor allem Umsetzungsprobleme und -unmöglichkeiten im Mittelpunkt. Bei Birks 1969 und 1974 geht es (anhand der lex Aebutia) um das problematische verhältnis von Gesetzesrecht und dem sich entwickelnden prätorischen Edikt, also um die Frage nach dem verhältnis von legis actio und formula; siehe für eine Entwicklung zweier getrennter, dann sich überschneidender Möglichkeiten und damit einer Konkurrenz (bis zu einer formellen aufhebung der legis actiones) bes. 1969, s. 366 f. vgl. für das nebeneinander von zivilem und honorarischem recht nur Dig. 1,1,7,1: Ius praetorium est, quod praetores introduxerunt adiuvandi vel supplendi vel corrigendi iuris civilis gratia propter utilitatem publicam. arangio-ruiz 1937, s. 166–169 hat hier-

1.2 Forschungsstand

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nahme ist Jörg Rüpke, der sich, vom tötungsverbot ausgehend, mit „hierarchies of norms in ancient rome“ beschäftigt hat. In der von ihm untersuchten legende des Kampfes zwischen horatiern und curiatiern sind die beiden Gruppen der Drillinge von rom und alba zum einen cousins und kämpfen trotzdem gegeneinander, zum anderen tötet der siegreiche und allein überlebende horatius bei der rückkehr für in seinem abschnitt „la molteplicità dei sistemi“ in anlehnung an Dantes comedia Divina (3. Gesang im Purgatorio) das Bild eines sonnensystems mit jeweils ganz eigenen rechtssphären benutzt: che lʼuno allʼaltro raggio non ingombra. Doch die rechtssphären in rom sind gerade miteinander verbunden, überschneiden und überdecken sich zum teil; vgl. die Kritik am Bild von arangio-ruiz von schwind 1948, s. 777 f., der selber von Erscheinungsformen unterschiedlicher Funktionen der rechtsordnung spricht, die dabei aber „jeweils ein selbständiges system“ ausbildeten, „das mit dem anderen nicht nur in Widerspruch treten kann, sondern bestimmungsgemäß in Widerspruch treten muss.“ Dulckeit/schwarz/Waldstein 1989, s. 141 f. sprechen von den „sich überschneidenden rechtsschichten“ ius civile, ius gentium und ius honorarium, und halten fest: „Insbesondere das funktionelle zusammenspiel und die historischen Wechselbeziehungen der drei rechtskreise erschweren uns die Übersicht.“ Diese ausführungen sind allein dem Privatrecht gewidmet, bieten aber doch ein Modell, welches auch für diese arbeit am Ende sinnvoll angewendet werden kann. – hingewiesen werden kann auch auf die Untersuchung von Kaser 1939 a über „ruhende und verdrängende hausgewalt,“ wo das Modell eines ruhenden, aber überdeckten Eigentumsrechts von Kindern bzw. Mündeln gegenüber ihrem pater familias bzw. tutor ein gutes Beispiel einer geregelten Konkurrenz gleichzeitig geltender normen, also einer hierarchie bildet. aber auch hier ist der Bezugspunkt, trotz einiger Bemerkungen über Grenzen der hausgewalt durch sakralrecht und sitte (s. 33), das zivilrecht. Und Gleiches gilt auch für die Konkurrenz von rechtsordnungen im Bereich des sog. „internationalen Privatrechts.“ hier wäre an den breit angelegten aufsatz von lewald 1946 zu denken, der in „conflits de lois dans le monde grec et romain“ das Phänomen der „diversité des systèmes législatifs en vigueur en même temps, autrement dit, la coexistence de différentes législations dans lʼespace“ als schon im klassischen Griechenland, im hellenismus und in der römischen Kaiserzeit bewusstes Problem aufgezeigt hat, ferner an die wichtige studie von Wolff 1979, der allerdings betont, dass sich nirgends „auch nur in ansätzen“ eine „lehre von der möglichen Konkurrenz von rechtsordnungen entwickelt hat“ und dass der rückgriff auf fremdes recht eher eine ausnahme und „verlegenheitslösung“ war (s. 74). Interessant ist es, dass Wolff das verhältnis von römischem reichsrecht zu provinzialen Institutionen gerade ausklammert, da es sich dort um Unterordnungen und nicht um eine Konkurrenz handele, welche nur zwischen prinzipiell gleichberechtigt zu denkenden rechtsordnungen vorliegen könne (s. 13, s. 66). zwischen römischem und provinzialem recht ließe sich also umgekehrt eine hierarchie ausmachen, zumindest im Konfliktfall – daran ändern auch die Ergebnisse von Galsterer 1986, s. 25 ff. nichts, der ausgeführt hat, dass auf der einen seite ausnahmen auftraten, rücksichten auf lokales recht genommen wurde und eine „interpretatio peregrina“ die anwendung römischer rechtsinstitutionen veränderte, und dass auf der anderen seite rom weder Interesse an, noch vorteile dank einer „unification of law“ gehabt habe. vgl. in der Folge dazu auch cotton 2007, s. 237, die Beispiele einer solchen „sort of negligent tolerance of local practice“ gibt; dass umgekehrt gerade die toleranz lokaler rechte ein stabilitätsfaktor für herrschaft sein kann, steht außer Frage, vgl. neben rom z. B. die ausführungen von Wiesehöfer 2008 über die rechtspolitik der achaimenidenkönige. Für die Frage einer hierarchie wäre nach dem zivilrecht, dem internationalen Privatrecht und der Frage von reichs- und Provinzrecht auch noch an internationales recht zu denken, wie an roms schiedsrichtersprüche in angelegenheiten griechischer stadtstaaten oder Bündnisse, vgl. dazu Marshall 1980; auch dies geht aber nicht in die richtung der hier (in 7.2) versuchten hierarchisierung von normen innerhalb der römischen republik.

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1 Einleitung

auch noch seine schwester, die, anstatt ihn zu preisen, ihren auf seiten der albaner gefallenen verlobten betrauert.15 nach Rüpke geht es hier nicht um die normen im Einzelfall, sondern um das generelle Prinzip, nicht (oder eben doch) zu töten: Während Gesellschaften im allgemeinen nach innen ein Friedensgebot haben, ist umgekehrt (jedenfalls in rom) das töten in einer schlacht für soldaten nicht nur erlaubt, sondern auf Befehl des Feldherren sogar geboten, der dann dafür aber auch die verantwortung trägt.16 Dieses Gebot war so stark, dass sogar die verwandtschaft der Protagonisten kein hindernis bildet: „glory is to be preferred over kinship.“17 Dass die tötung der schwester nicht bestraft wird, liegt zunächst an dem vater der beiden, der dies als nicht verwerflich und von seiner patria potestas gedeckt ansieht, und dann am Freispruch durch das volk – allerdings muss sich horatius wegen religiöser Bedenken entsühnen.18 auch wenn es hier nicht genuin um Fragen des römischen staatsrechts geht, welche Institution welche rechte (und Grenzen) hat, führt diese Episode, die durch die strafrechtliche thematik doch mittelbar zum (modern gesprochen) Öffentlichen recht gehört, mitten hinein in ein Problem, welches im laufe der arbeit häufiger auftauchen wird: verschiedene normative sphären stehen nebeneinander. Es gibt regeln (wie ein tötungsverbot) mit klaren ausnahmen (wie im Krieg), bei deren anwendung dann Probleme auftauchen können (verwandte als Gegner), die mit anderen Interessen (Wohl des staates) abgewogen werden müssen. Bei dem tod der schwester kommt hinzu, dass zum einen nicht die Gesellschaft (oder „der staat“), sondern der pater familias die strafgewalt hat, zum anderen aber seine Entscheidung, nicht zu bestrafen, wiederum die religiöse sphäre und damit die Gemeinschaft aller berührt. solche verschiedenen Geltungssphären auszumachen, ist – soviel sei hier schon gesagt – für rom sinnvoller als die Konstruktion einer idealtypischen normenhierarchie mit einer einzigen Grundnorm an der spitze einer (normen)-Pyramide.19

15 Die legende findet sich bei Dion. hal. ant. 3,12–23 und liv. 1,24–26. 16 rüpke 1992, s. 72, s. 66 und s. 59. 17 rüpke 1992, s. 59; das zitat bezieht sich bei rüpke darauf, dass die horatier nicht weniger mutig erscheinen wollen als ihre cousins, dennoch aber erst mit ihrem vater rücksprache halten. Einen höheren Wert als die verwandtschaft hat aber wohl nicht ruhm als solcher, sondern hier konkret das anliegen der eigenen Gemeinschaft, deren Geschick persönlichen Bindungen übergeordnet wird. 18 nach liv. 1,26,12 f. bringt zunächst der vater sühneopfer für seinen sohn dar, interessanter Weise auf „staatskosten“ (pecunia publica), und schickt horatius anschließend mit verhülltem haupt unter einem Balken wie einem Joch hindurch. Bei Dion. hal. ant. 3,22,6 f. lässt der König nach Priestern (τοὺς ἱεροφάντας) rufen, die horatius dann ebenfalls zur Entsühnung unter dem Joch hindurch schicken. 19 Dies gilt auch für den ansonsten rechtshistorisch-methodisch generell wie auch für rom speziell fruchtbaren typus der empirischen Grundnorm, der rule of recognition von hart, vgl. dafür 2.2.

1.3 vorgehen und aufbau der arbeit

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1.3 vOrGEhEn UnD aUFBaU DEr arBEIt Die vorliegende arbeit hat drei teile. Die auflistung und analyse von regelkonflikten erfolgt im zweiten teil, untergliedert in die vier Punkte „Wahlen,“ „Provinzvergabe,“ „sakralrecht“ und „triumphvergabe.“ Der (möglichen) Karriere eines römischen Magistraten folgend, wird mit den Wahlen begonnen und mit den triumphen geendet. allen diesen Bereiche ist gemeinsam, dass Institutionen wie Konsulwahlen oder triumphe allgemein akzeptiert und gewollt, ja nötig sind, ihre spezifische Konkretisierung aber bei der Frage, wer Konsul werden und wer triumphieren darf, umstritten ist.20 Ferner liegen alle diese Bereiche auf der schnittstelle zwischen recht und Politik, da die handelnden akteure sowohl regeln folgen als auch regeln aushandeln und setzen können – eine gute Konstellation für die Frage nach regelkonflikten, und zwar nicht nur für die genannten themen im Einzelnen, sondern auch für das verhältnis der daran beteiligten Institutionen (Magistratur, senat und volksversammlung) zueinander. Konkret wird für diesen schritt der analyse jeweils zwischen Kriterien-bezogenen Normen (für die einzelnen Kriterien bei Wahlen, triumphzügen etc.) und Institutionen-bezogenen Normen (für das verhältnis der Institutionen untereinander) differenziert.21 Die analyse von regelkonflikten ist dabei bewusst immer ähnlich aufgebaut: In allen ausgesuchten Feldern steht am anfang zunächst ein chronologischer Überblick, in dem sich anmerkungen eher auf unterschiedliche Überlieferungen beziehen und weniger auf verschiedene Interpretationen der Fälle. Danach wird jeweils systematisch überlegt, 20 auf alle Felder trifft die spezifische Komplementarität von hierarchie und homogenität der Elite zu (hölkeskamp 2009, s. 21 f.), was Konflikte wahrscheinlich und ihre lösungen interessant macht. – Es gibt darüber hinaus natürlich noch viele andere normenkonflikte, darunter so spannende wie die Einberufung des senats durch einen volkstribun 210 (liv. 27,5,16), den Konflikt der beiden zensoren 209 über die Benennung des princeps senatus (liv. 27,11,9–13) oder den streit zwischen dem praetor peregrinus und zwei volkstribunen über eine Kriegserklärung gegen die rhodier 167 (liv. 44,21); vgl. zu diesen und weiteren Fällen nippel 2008 und 2009. Einige weitere Konfliktfälle, besonders mit der Beteiligung von volkstribunen, werden später (u. a. 7.2 und 7.4) auch herangezogen, aber diese arbeit strebt grundsätzlich keine vollständige Darstellung aller normenkonflikte in rom an, sondern konzentriert sich mit Blick auf die Fragen nach (lösungs-)Mustern von normenkonflikten sowie nach strukturen und evtl. hierarchien von normen oder Institutionen auf die vier ausgewählten Bereiche, in denen sich besonders viele Konflikte ausmachen lassen. Kapitel 5 über das sakralrecht fällt dabei ein wenig aus der reihe, da hier z. t. gleiche aspekte wie Ämtervoraussetzungen oder Provinzvergabe nun aus der Perspektive des rekurses auf sakralrecht behandelt werden; genau dies zeigt aber, dass es notwendig ist, in rom von mehreren Geltungssphären zu sprechen (vgl. 7.2). Für dieses nebeneinander von Geltungssphären hätte es ebenfalls ein Kapitel über den pater familias geben können, für den sich ebenfalls eine eigene rechtssphäre ausmachen lässt. Doch dafür sind zu wenige normenkonflikte überliefert, es sei denn, man nähme die Bereiche des ius vitae necisque, der Möglichkeit von Freilassungen und anderes hinzu; vgl. hierzu aber anm. 763 in 7.2. 21 Um zwischen den Kriterien im jeweiligen sachgebiet und den auf einer anderen Ebene liegenden normen zwischen den Institutionen zu trennen, könnte man auch von „inneren und äußeren“ oder von „materiellen und prozeduralen“ normen sprechen. Keiner der Begriffe scheint mir für die beiden Bereiche wirklich adäquat; Kriterien-bezogene normen und Institutionenbezogene normen sind die relativ besten Begriffe.

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1 Einleitung

wer sich mit wem worüber und mit welchen argumenten streitet, dann ob sich lösungsmuster und mithin eine hierarchie von normen oder zumindest von argumenten erkennen lassen und schließlich ob die Konflikte und ihre lösungen, die ja durchaus auch einen regelbruch beinhalten können, rückwirkungen haben auf die zur verfügung stehenden regeln, also z. B. einen neuen Präzedenzfall schaffen. – Es gibt damit auch verschiedenen Möglichkeiten, diese arbeit zu lesen, als Detailanalyse bestimmter Konfliktfälle und -felder oder als Untersuchung von normen allgemein, anhand von Beispielen aus der römischen republik. Untersucht werden für die ausgewählten Bereiche alle relevanten Konfliktfälle der römischen republik, wobei sich am Ende ein schwerpunkt in der mittleren republik herauskristallisiert – spätestens ab dem Bürgerkrieg 49 und der herrschaft caesars werden Konfliktfälle auch nur noch punktuell und eher zur Kontrastierung herangezogen, liegen doch schon hier, wie später dann im Prinzipat, andere rahmenbedingungen für die Frage von norm und abweichung vor. Der Beginn der Untersuchung dagegen folgt schlicht dem jeweils ersten relevanten Konfliktfall der vier ausgewählten Felder.22 Eine authentizitätsprüfung der Fälle kann bei diesem vorgehen weitgehend beiseite bleiben, denn für die Frage nach der Geltung von regeln sind gerade deren Wahrnehmung sowie die Bewertung von Konflikten entscheidend, also auch die verinnerlichung und damit Erinnerung von normen, ausnahmen und Konflikten in der Überlieferung. Es ist dabei meine Überzeugung, dass auch erfundene Fälle (z. B. bei livius) in den dargestellten normativen strukturen nicht völlig frei erfunden werden (können) und dass umgekehrt gerade die rückprojektion der annalistik es doch wahrscheinlich macht, in den Fällen der Frühzeit spätere normen erkennen zu können. nur wenn eine Episode im ablauf oder Ergebnis aus dem rahmen eines sonst zu erkennenden Musters herausfällt, ist eine besondere Prüfung der historizität angebracht; denn es sollen ja allgemeine aussagen über normen der res publica getroffen werden, nicht die Einzelfälle als solche untersucht werden.23 Dass damit letztendlich nur etwas über spätrepublikanisches „regelempfinden“ ausgesagt werden kann, bleibt ein nicht zu umgehendes Problem unserer Quellenlage, die hier kaum aussagen über längerfristige Entwicklungen zulässt. Ein ebenfalls nicht zu vermeidendes Problem bildet weiterhin der immer am anfang vorausgesetzte und vorauszusetzende „normalfall,“ den es zum einen vielleicht so nie gegeben hat und der zum anderen aus genau denselben Quellenüberlieferungen und Forschungsmeinungen gebildet wird, die später möglicherweise dekonstruiert werden. Dies bedeutet auch, dass nicht ausschließlich regelkonflikte besprochen werden können, sondern auch abläufe ohne streit und Konflikt zu behandeln sind, welche wie eine Folie eine abweichung kenntlich machen. hier muss allerdings berücksichtigt werden, in welchem verhältnis die überlieferten Konflikte 22 Die Untersuchungszeiträume variieren damit leicht von Feld zu Feld. siehe für eine Übersicht die tabelle im anhang (s. 309–319). 23 Dieses vorgehen wird in den Bemerkungen zur Quellenlage für die triumphbewilligung (6.2.3), welche ein besonders kompaktes und gut einzugrenzendes Feld darstellt, weiter ausgeführt und an hand der spezifischen autoren verdeutlicht. auf weitere vorangestellte ausführungen zur Quellenproblematik, etwa wie bei lippold 1963, s. 1–71, wird dagegen verzichtet.

1.3 vorgehen und aufbau der arbeit

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zu dem „normalfall“ stehen bzw. ob sich ein solcher überhaupt konstruieren lässt. Eine rein statistische Unterscheidung von norm und ausnahme hilft hier nicht weiter; zum einen lässt die Quellenlage dies nicht zu und zum anderen kommt es bei einer regel und noch mehr bei einer regelverletzung vor allem auf das Bewusstsein dafür an. Rilinger hat von einer regel als einer „festen Erwartung“ und von einer ausnahme als einer „Erwartungsenttäuschung“ gesprochen.24 Es wird also zwar auch zu unterscheiden sein zwischen zu konstatierenden regelmäßigkeiten und wirklichen regeln; aber es kommt nicht nur auf die explizite nennung beispielsweise von Gesetzen, etwa in der literarischen Überlieferung, an, sondern immer auch auf die Praxis und ein Bewusstsein für die regel, welches sich vielleicht erst im Konfliktfall oder bei einer abweichung zeigt. Dabei muss – auch schon vor caesars Gang über den rubicon – beachtet werden, dass in zeiten militärischer Bedrohung oder innerer Unruhe manches, was man retrospektiv als regelverletzung kennzeichnen möchte, vielleicht einfach hingenommen wurde; wenn also vielleicht Proteste oder sanktionen nicht überliefert sind, ist im Einzelfall zu fragen, ob eine handlung überhaupt ein normbruch war, als Dehnung noch toleriert wurde oder schlicht in eine zeitspanne fiel, für die – wie beispielsweise unter Marius, cinna oder sulla – genau überlegt werden muss, ob und inwieweit ein schema von norm und abweichung überhaupt sinnvoll ist.25 Umgekehrt muss neben einer vielleicht fehlenden reaktion auf einen normbruch auch mit impliziten normen gerechnet werden: Dass normen nicht explizit in den Quellen auftauchen, kann jedenfalls nicht nur damit erklärt werden, dass es sie nicht gab, sondern auch damit, dass diese Materie nicht zur rechtssphäre gehörte (man denke an Bestrafungen innerhalb der Familie), oder aber damit, dass die norm als völlig selbstverständlich aufgefasst wurde und daher im normalfall keinerlei Erwähnung fand – ça va sans dire.26 Gerade Konflikte lassen ein regelbewusstsein explizit werden, sie scheinen 24 rilinger 1978, s. 275; vgl. auch Develin 1979, s. 95: „What oneʼs peers expected was a powerful force!“ vgl. hierzu 2.1; die dort angestellten Überlegungen finden sich knapp aber treffend auch in einem Punkt über „Praktiken der sozialisation“ bei Martin 2002 b, s. 155. 25 Die rechtliche Bewertung von sullas Diktatur bleibt umstritten, sie schwankt zwischen „aucune rupture avec la tradition républicaine“ (hurlet 1993, s. 170) und einem, vielleicht dem entscheidenden Einschnitt in der Geschichte der römischen republik, so Flower 2010, s. 22 f., s. 91–96, s. 120–134, s. 138, die völlig zu recht betont, die veränderungen von und unter sulla nicht zu unterschätzen. Diese arbeit will aber gerade nicht einzelne Episoden wie eben sulla oder auch die Gracchen en bloc untersuchen, sondern wagt aus der Perspektive von normenkonflikten einen längsschnitt in ausgewählten Feldern, wobei dann auf gewisse Besonderheiten innerhalb der einzelnen Fragestellungen natürlich rücksicht genommen werden muss; beispielsweise ist die Beobachtung, dass weniger senatsbeschlüsse durch eine volksversammlung ratifiziert werden, mit der unter sulla eingeschränkten rolle der volkstribune in Beziehung zu setzen, vgl. für zwei nicht ratifizierte (außenpolitische) verträge aus dieser zeit Ferrary 2003, s. 126–128. auch rückwirkungen auf die normen, im sinne von klaren veränderungen oder auch durch Präzedenzfälle, und sei es abstrakt als Ordnungsbruch, müssen beachtet werden. 26 vgl. Daube 1973, s. 3 ff.; diese Denkfigur wird an verschiedenen stellen später erneut aufgerufen (2.2, 3.5, 4.3.1, 8.2), strukturell vergleichbar sind die ausführungen des anthropologen Maurice Bloch über offensichtliche, aber eben selbstverständliche und daher nicht reflektierte

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1 Einleitung

mir daher ein guter Indikator zu sein für normen, deren anwendung und damit auch für ihren Wert (z. B. in einer hierarchie). Eingerahmt werden die vier analysen von theoretischen vorüberlegungen in dem ersten teil und von einer systematischen Interpretation in dem dritten teil. Die theoretischen vorbemerkungen sollen zunächst eine Definition des Begriffs regel bieten. ausgehend von der Begriffsgeschichte wird regel als handlungsanleitung und soziales Konstrukt aufgefasst, welches von gesellschaftlichem Konsens getragen und tradiert wird, daher aber auch gebrochen und verändert werden kann. Für die Frage nach der Geltung von regeln wird auf die Unterscheidung von sozialer und juristischer Geltung und dafür auf die Idee einer empirischen Grundnorm von Hart (secondary rule) hingewiesen. hauptpunkt ist die Erweiterung des analyseinstrumentariums durch das Konzept eines abzuwägenden „rechtsprinzips“ gerade im Gegensatz zu einer festen regel; im hintergrund stehen dabei Forschungen von Dworkin und Alexy. Während diese Unterscheidung von regel und (rechts-) Prinzip in drei der vier Fallklassen bereits ausführlich benutzt wird, sollen Fragen nach Grundnormen, Geltungssphären und dem verhältnis der römisch-republikanischen Institutionen zueinander erst im dritten teil untersucht werden, wenn die getrennt herausgearbeiteten strukturen und Muster zusammengeführt werden und Eigenarten des römischen „normsystems“ zur Debatte stehen (7.1). Die beiden hauptergebnisse sind die große normative Kraft des jeweils letzten volksversammlungsbeschlusses und die stellung des senats als Mittelpunkt und Entscheidungsorgan der meisten Konflikte. Beide Ergebnisse lassen sich in verschiedene richtungen ausbauen: Die rolle der volksversammlung führt (7.2) zu der Frage nach einer Meta-regel in rom, und die Beobachtung der Einzelfallentscheidungen des senats (7.3) zu einer relativierung der rolle von exempla. Die zu konstatierenden Ergebnisse von verschiedenen Geltungssphären und verhinderungsmöglichkeiten einerseits und von der notwendigen Diskussion und Entscheidung im Einzelfall andererseits führen zu meiner Interpretation von rom als einem Konsenssystem (7.4), wobei ich maßgeblich der theorie von Sartori über Kosten und risiken von Entscheidungen folge. Die rolle von Konsens in grundsätzlichen Fragen sowie eine „Disposition des nachgebens“ im politischen alltag zur senkung von Entscheidungskosten bedingen dabei eine hohe homogenität der Entscheidungsträger als Gruppe und untermauern mithin die rolle von Erziehung und normtradierung. Dieser aspekt steht im letzten Kapitel im Mittelpunkt, in welchem alle regelkonflikte zusammengenommen und in den historischen Kontext eingeordnet werden – einerseits (8.1) als Konsequenz der tatsache, dass sich die Elite nach den verlusten von cannae völlig neu konstituieren musste, und andererseits (8.2) selber als veränderung der res publica durch eine normverhärtung, die zunächst stabilität sicherte, langfristig aber sowohl Gelegenheit zur sichtbaren transgression von normen bot als auch, und vor allem, die stellung des senats schwächte, dessen Macht gerade in der ausnutzung diskretionärer spielräume bestanden hatte.

kulturelle verhaltensweisen am Beispiel der zafimaniry in Madagaskar, für welche er die Formulierung „what goes without saying“ benutzt (Bloch 1992).

1.3 vorgehen und aufbau der arbeit

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Diese studie steht in der Folge von vielen arbeiten, die sich nicht mit der Konstruktion eines staatsrechts, sondern mit der politischen Kultur der römischen republik befassen. Gelegentlich wird dabei das Konzept einer „Institutionalität“ fruchtbar gemacht, indem man die Institutionen der res publica nicht als unwandelbare, gar ahistorische Entitäten, sondern als Ordnungsmuster mit eigener Geschichtlichkeit und kontingenter Erscheinungsform begreift, die sich mit hilfe von symbolen und ritualen auf Dauer zu stellen und zu stabilisieren versuchen, also eben institutionalisieren. Dieses Konzept umfasst dabei sowohl „klassische“ Institutionen wie den senat oder die volksversammlung als auch z. B. Kommunikationsstrukturen zwischen redner und volk auf dem Forum. spannungslagen und Widersprüche zwischen den und innerhalb der Institutionen werden gerade nicht verdeckt oder aufgelöst, sondern als stabilisierendes Element herausgehoben.27 Und doch verfolgt meine studie auch das ziel, gerade für diese politische Kultur – neben ritualen, symbolen und Kommunikationsstrukturen – (das) recht als zusätzliche analysekategorie zurück in den altertumswissenschaftlichen Diskurs über die römische republik zu bringen und vor allem für die genauere Explikation und Definition der jeweiligen Konzepte von regeln zu werben.28 Wenn am Ende dennoch Fragen offen bleiben und nicht alle aspekte der römischen Ordnung bei den einzelnen Konflikten und in der zusammenschau geklärt werden (können), so mag für die römische Ordnung (wie auch diese arbeit) gelten, was Alfred Heuss 1975 wie folgt formuliert hat:29 aus Gründen, die hier nicht zu erörtern sind, muß jede gegenständliche Fixierung sozialen und politischen lebens an ihre Grenzen gelangen und weiße stellen enthalten, die sich nicht ausfüllen lassen, bevor der dafür zuständige in die hierzu nötigende situation versetzt wird. Jede Ordnung hat auch ihre offenen Fragen. Das ist selbst bei dem Perfektionismus moderner Gesetzestechnik so, trifft aber erst recht für eine ungeschriebene verfassung wie die römische zu, bei der vieles nicht nur auf Gewohnheitsrecht beruhte, sondern das Wichtigste überhaupt strikter regeln entbehrte und bloßer Gewohnheit gehorchte.

27 Grundlegend für die sog. taIM, die theorie und analyse institutioneller Mechanismen, sind insbesondere Melville 1992 und rehberg 1998 sowie 2001. Für den Bezug zur politischen Kultur der römischen republik vgl. hier nur hölkeskamp 2004 a, s. 67 ff.; 2005, s. 120 ff. und bes. Jehne 2005 b, s. 155 ff. 28 Erinnert sei nur an das Gebot von Max Weber (1904, s. 156), sich selbst und anderen „zum Bewußtsein zu bringen, welc hes die Maßstäbe sind, an denen die Wirklichkeit gemessen“ wird. Daneben kommt die arbeit auch der Forderung von Michael stolleis (2008, s. 46) für eine neue rechtsgeschichte nach, sich nicht länger auf die Privatrechtsgeschichte zu beschränken. 29 heuss 1975, s. 9.

ERsTER TEil WAs siND REgElkoNFlikTE?

2 thEOrEtIschE vOrBEMErKUnGEn Wie in der Einleitung angekündigt, sollen an dieser stelle der arbeit – vor den Untersuchungen der regelkonflikte in rom – einige theoretische Überlegungen angestellt werden. zum einen geht es um die Definition der beiden Begriffe regel und Prinzip, deren unterschiedliche und komplementäre Bedeutung sich fruchtbar auf die römische republik anwenden lässt. zum anderen kann aus meiner sicht überhaupt nur eine theoriegeleitete Interpretation neue Erkenntnis bringen, jedenfalls dann, wenn die Epoche der römischen republik untersucht wird und die untersuchten Einzelfälle alle schon seit Mommsen (oder eher) bekannt und häufig diskutiert worden sind, worauf in den zahlreichen anmerkungen verwiesen wird. „neues“ kann nur aus der Fragestellung kommen, mithin in der herangehensweise bestehen: Mein ausgangspunkt ist ein angebot von „regel-theorien,“ vor allem aus den rechts- und sozialwissenschaften. Im ersten anschnitt (2.1) wird, von der herkunft des Begriffs regel als „Maß“ und „Maßstab“ ausgehend, regel als eine handlungsanleitung begründet, welche Erwartbarkeit schafft. regeln werden als soziale Konstruktionen gefasst, auf die sich Gemeinschaften einigen (müssen). Gerade weil regeln wandelbar sind, hat Erziehung für die Frage der normtradierung eine große Bedeutung. Weiter wird (2.2) zwischen sozialer und juristischer Geltung unterschieden, und für die letztere werden vorschläge von Hart und Unger präsentiert. schließlich wird (2.3), mit Bezug auf Dworkin und Alexy, der Unterschied von regeln und Prinzipien eingeführt. Mit diesen Konzepten kann anschließend, so meine Überzeugung, aus bekannten Fällen und vertrauten Quellen doch neues herausgelesen werden; manche aspekte, wie die soziale Konstruktion der regeln (u. a. von Searle) oder das regelbewusstsein von Piaget, werden eher implizit mitlaufen, andere Konzepte, wie die von Hart und Unger, finden sich in extenso bei der analyse im dritten teil wieder. 2.1 rEGEln UnD nOrMEn als hanDlUnGsanlEItUnGEn UnD sOzIalE KOnstrUKtIOnEn Begrifflichkeit regel lässt sich zunächst auf regula (Maßstab, richtschnur) und etymologisch weiter auf regere (richten, lenken) zurückführen. Den Ursprung hat regula wie auch κανών (ursprünglich ein Maß gebendes schilfrohr) oder norma (Winkelmaß) im handwerk – als hilfsmittel, an denen sich handlungen ausrichten, also orientieren konnten.30 verbunden ist der Begriff von anfang an mit dem einer „richtigen“ 30 Interessant ist, dass regula in den decem libri de architectura von vitruv kein zentraler Begriff ist, in seinen „ästhetischen Grundbegriffen der Baukunst“ (1,2,1) nicht auftaucht und auch

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2 theoretische vorbemerkungen

handlung.31 Die richtschnur für eine gerade Mauer wird auch allgemein als richtschnur für „gute“ handlungen benutzt. so findet sich in ciceros schrift de legibus der Begriff regula bereits als oberstes Prinzip, welches Grundlage für einen staat mit geschriebenen Gesetzen, also für das recht selbst sein soll, weil es die vernunft und die Unterscheidung zwischen recht und Unrecht verkörpere.32 heute erscheint regel als ein Oberbegriff für ein reiches spektrum von verhaltensanweisungen und normen, welches dabei so Unterschiedliches umfasst wie kodifizierte Gesetze, allgemeine regeln der Ästhetik und des Benehmens, spielregeln und moralische Maximen, regeln der Mathematik und der logik, Ordensregeln, aber auch standards und schlicht häufig, eben „regelmäßig“ auftretendes. Daher stellen sich Fragen sowohl nach einem gemeinsamen nenner aller regeln als auch vielleicht nach verschiedenen Kategorien von regeln und Grenzen des Begriffs.33

sonst eher von norma (3,5,11) und häufig von symmetria und proportio (3,1,1) zu lesen ist, vgl. dazu zöllner 2004, s. 307–319. 31 Für den zusammenhang von „regel“ und „richtig“ siehe nur stolleis 2009, s. 534, der von den „homonyme[n] ‚recht‘ – ‚richtig‘ – ‚gerade‘ – ‚gerecht‘ (droit, diritto, right)“ spricht. Dies lässt sich bis in die mesopotamische terminologie für recht und Gerechtigkeit zurückverfolgen, wo das akkadische mīšarum wie das sumerische níĝ – s i – sá diese Konnotation haben: „mīšarum ist eine nominalbildung von ešērum – ‚gerade sein, und gerade aus gehen,‘ und impliziert als nomen instrumenti das Medium, entweder eine handlung oder ein Instrument, vermittels dessen etwas gerade gerichtet wird […], betreffs níĝ – s i – sá wird – im Blick auf die der Wendung zugrunde liegenden Einzelwörter – immer wieder auf die Metapher verwiesen: s i – sá – ‚das horn gerade richten‘, also eine ‚sache [níĝ, c.l.] wieder gerade richten‘,“ so lang 2008, s. 53. 32 cic. leg. 1,19: Ea est enim naturae vis, ea mens ratioque prudentis, ea iuris atque iniuriae regula – „Dieses verkörpert nämlich das Wesen der natur, dieses entspricht dem Geist und der vernunft des Klugen, dieses ist die richtschnur für recht und Unrecht.“ vgl. auch cic. fin. 1,63: regula, ad quam omnia iudicia rerum dirigentur oder off. 3,81: sed omnia una regula est. In den späteren schriften der Juristen dagegen werden meist rechtsgrundsätze, die sich aus Einzelfallentscheidungen zusammensetzen, als regulae bezeichnet, welche in den Digesten unter dem titel de diversis regulis iuris antiqui zusammengefasst sind (Dig. 50,17,1–211). siehe dazu Dulckeit/schwarz/Waldstein 1989, s. 167; vgl. als ein Beispiel Dig. 50,17,1: Regula est, quae rem quae est breviter enarrat. Non ex regula ius sumatur, sed ex iure quod est regula fiat. Per regulam igitur brevis rerum narratio traditur, et, ut ait Sabinus, quasi causae coniectio est, quae simul cum in aliquo vitiata est, perdit officium suum. Die aussagen bzw. Quellenstellen bleiben aber insgesamt zu dürftig und zu unbestimmt, als dass sich ein wirkliches Konzept oder eine theorie von regeln bei den römischen Juristen finden ließe, so schmidlin 1967, s. 91 ff. 33 vgl. für das breite spektrum nur die „interdisziplinäre Bestandsaufnahme“ zu „regel, norm, Gesetz“ von Iorio/reisenzein 2010. – In diesem Punkt 2.1 werden die Begriffe regel und norm beide in einem weiten, übergreifenden sinn, aber noch, den unterschiedlichen autoren folgend, alternierend benutzt; ein absatz zur weiteren Begrifflichkeit in dieser Untersuchung folgt am Ende von 2.3.

2.1 regeln und normen als handlungsanleitungen und soziale Konstruktionen

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Regeln als Handlungsanleitungen Ganz grundsätzlich, hier sind sich analytische Philosophie und soziologie einig, werden regeln als handlungsanleitungen aufgefasst, die zwar eine Entscheidung, der regel zu folgen, benötigen, diese aber erleichtern, sodann Erwartbarkeit kreieren und schließlich unser leben berechenbar machen.34 Diese Orientierung des Menschen sowohl am bereits geschehenen als auch (eben auf Grund von Erwartungen) am zukünftigen verhalten und handeln der anderen, bildet den ausgangspunkt der hier einschlägigen arbeiten von Heinrich Popitz.35 Popitz begreift normen als „das Basalfaktum der sozialen Existenz des Menschen;“36 und die Funktion von regeln liegt darin, verhaltensregelmäßigkeiten zu erzeugen. Damit Erwartungen keine bloßen Wünsche bleiben und sich die Wahrscheinlichkeit von abweichendem verhalten reduziert, wird „das Gewünschte […] gleichsam beschwert durch das Gewicht des sozialen sollens.“37 Die Erwartung zukünftigen verhaltens (a), welches bestimmten verhaltensregelmäßigkeiten (b) ebenso wie desiderativen Erwartungen (c) entspricht und daher mit einem sanktionsrisiko (d) bei abweichung verbunden ist, dies sind nach Popitz vier Kennzeichen einer sozialen norm.38 Dabei geht er davon aus, dass im menschlichen Miteinander verhalten immer standardisiert und bei entsprechender Wichtigkeit für das zusammenleben auch normativ aufgeladen wird – allerdings jeweils spezifisch, was die ungeheure 34 siegwart 2011, s. 3 sieht in regeln „allgemeine bedingte handlungsanleitungen,“ die angeben, „welchen agenten es in welcher situation erlaubt, geboten, verboten, empfohlen usw. ist, handlungen welcher art zu vollziehen.“ Es handelt sich also um eine Wenn-Dann-verknüpfung; im ersten teil, dem regelantezedens, wird die regelbedingung für den agenten bzw. adressaten und die situation artikuliert, im zweiten teil, dem regelsukzedens, folgt der regelakt bzw. die regelhandlungsformel, d. h. die Beschreibung der (nicht) auszuführenden handlung (s. 5 ff.). aufgabe von regeln bzw. regelwerken ist nach siegwart die Organisation des handelns: agenten werden entlastet, im Falle gebietender regeln zu überlegen, regeln erleichtern generell das Erlernen von Fähigkeiten, sie dienen zur Kontrolle und damit zur Beurteilung von handlungen und resultaten, sind im streitfall Berufungsinstanzen und haben somit durch regel-geleitetes und damit regelmäßiges handeln der agenten schließlich auch eine prognostische Funktion (s. 14 ff.). 35 Grundlegend für die folgenden ausführungen sind Popitz 1961 (soziale normen) und vor allem Popitz 1980 (Die normative Konstruktion von Gesellschaft); einige aspekte schließen eng an das Werk von theodor Geiger (vorstudien zu einer soziologie des rechts, 1947) an, welcher für die normentstehung ebenfalls stark die rolle von Erwartungen und dann positiver oder negativer reaktionen Dritter betont. Dieser Grundgedanke geht, so weit ich sehe, zurück auf die nach wie vor grundlegenden Passagen zur thematik von Max Weber (WuG, s. 21–27, s. 240–250). 36 so Pohlmann 2006, s. 31 f. über Popitz. vgl. auch niedenzu 2010, der allerdings den „Modus der normativität in seiner basalen Form“ nicht für ein „spezifikum der conditio humana“ hält, sondern diesen als Prozess der Evolution schon in schimpansengruppen für gegeben erachtet: „Der qualitative Bruch beginnt erst dort, wo das normative rekursiv als reflexiv-gestalterisches Konstruktionselement des sozialen […] zur anwendung kommt,“ s. 198. 37 Popitz, 1980, s. 7; schon bei Weber WuG, s. 246 findet sich der hinweis, dass „die bloße tatsache der regelmäßigen Wiederkehr von vorgängen […] diesen vorgängen äußerst leicht zur Dignität von etwas normativ Gebotenem“ verhilft. 38 Popitz, 1980, s. 10.

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2 theoretische vorbemerkungen

soziale Plastizität des Menschen zeigt. Dieser „normierungsoffenheit“ des Menschen entspricht auf der anderen seite eine gewisse normierungsbedürftigkeit, „verhalten als verhaltensregelmäßigkeit zu standardisieren, und zwar so, dass diese standardisierungen einerseits durch soziale Imperative festgestellt, stabilisiert sind und andererseits übertret- und veränderbar bleiben.“39 Regeln als soziale Konstruktionen regeln sind als soziale Konstrukte aufzufassen und damit keine natur-„Gesetze.“40 auch wenn regeln Erwartbarkeit im alltag erzeugen (sollen), wohnt ihnen kein absoluter zwang inne, man kann ihnen folgen, sie aber auch ignorieren oder brechen, dies gilt auch für sog. „universale normen,“ die im spezifischen Diskurs einer Kultur absolut unverletzlich erscheinen mögen, und sogar für göttliche Gebote.41 Eine relativitätserfahrung und Kulturgebundenheit wird spätestens mit herodot reflektiert: Inder und hellenen zeigen sich am hof des Perserkönigs Dareios jeweils völlig entsetzt über die sitte des totenkults der anderen, Endokannibalismus bzw. Kremation.42 Mit Searle gesprochen, sind regeln keine „brute facts,“ 39 Popitz, 1980, s. 18. nach Weber WuG, s. 242 „knüpft die Konzeption ‚verbindlicher regeln‘“ an „die von uns in ihrer psychophysischen realität hinzunehmenden, organisch bedingten regelmäßigkeiten“ an. 40 Für den Unterschied zwischen rechts- und naturgesetzen sowie umgekehrt aber die ‚unwiderstehliche semantische attraktivität‘ einer rede vom „Gesetz der natur“ in politischen auseinandersetzungen vgl. nur stolleis 2009, s. 540–545. Für unterschiedliche sichtweisen auf die naturgesetze siehe hüttemann 2010, s. 84–89, der darlegt, wie bei Descartes naturgesetze noch als präskriptive regeln Gottes gedeutet wurden, was sich erst mit dem Konzept newtons und einer mit Kräften ausgestatteten Materie änderte. 41 Klassischerweise wird in diesem zusammenhang auf das Inzestverbot verwiesen, vgl. dafür nur lévi-strauss 1993, passim und bes. s. 52 f., siehe dafür auch Popitz 1961, s. 62, der aber schon auf die Übertretbarkeit und vor allem auch suspendierbarkeit des Inzestverbotes hinweist. auch die spätestens durch Jan assmann und die these vom Monotheismus und der sprache der Gewalt (assmann 2007) wieder in den Blick gekommenen zahlreichen Gebote des israelitischen Gottes, gerade gegen heidnische Bräuche im eigenen volk scharf vorzugehen (vgl. nur Deuteronomium 13, bes. 7–18), bleiben zwar ungeheuer wirkmächtige, aber nichtsdestotrotz soziale Konstruktionen, bei denen prinzipiell immer eine Wahlmöglichkeit besteht. Die meist fatalen Konsequenzen bei einer verweigerung, der regel Folge zu leisten, ändern daran nichts. Für die schwierige und vor allem unterschiedliche menschliche ausdeutung des ius divinae vgl. weiter Graf 2006, bes. s. 22–32, s. 50–56. – Der Konstruktionscharakter von normen gilt selbstredend auch bzw. besonders für kodifiziertes recht und damit auch verfassungen, allen „Ewigkeitsgarantien“ wie art. 79 abs. 3 GG zum trotz, vgl. hierzu beispielsweise häberle 1986, Winterhoff 2007 oder Dreier 2009, dort vor allem die Diskussion einer möglichen neuen verfassung ohne „Bruch der rechtskontinuität“ dank art. 146 GG, s. 78–97, zitat s. 94; anders hierzu allerdings Winterhoff op. cit., s. 186 ff., s. 471. 42 hdt. 3,38,3–4. Die Episode endet mit dem berühmten satz, dass Pindar beizupflichten und die sitte König aller Dinge sei – καὶ ὀρθῶς μοι δοκέει Πίνδαρος ποιῆσαι ‘νόμον πάντων βασιλέαʼ φήσας εἶναι, vgl. dazu auch Pindar, frg. 169 a (snell, teubner): nόμος ὁ πάντων βασιλεύς. schwierig bleibt die Wiedergabe von νόμος, in der berühmten Übersetzung von hölderlin (1969, s. 671) heißt es: „Das Gesetz | von allen der König, […]“; bei herodot dage-

2.1 regeln und normen als handlungsanleitungen und soziale Konstruktionen

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sondern (wie Ehe oder Geld) „institutional“ oder „social facts,“ die aber eine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen normativ richtigem und falschem verhalten schaffen.43 nur an hand von regeln (und also auch nur nachträglich)44 lässt sich auch ein abweichen, eine Devianz definieren, was wieder der ursprünglichen Bedeutung von regula (als Maßstab oder richtschnur) entspricht. Umgekehrt bildet damit eine sanktionsmöglichkeit häufig ein notwendiges Element einer regel.45 „Regelfolge:“ Erziehung und Konsens Eine regel kann immer auch gebrochen werden. Der entscheidende Faktor dafür, dass dies nicht zu häufig passiert, liegt – neben einer sanktionsandrohung und bei den rechtsnormen einem „Erzwingungsstab“ – an dem allgemeinen Konsens über gen muss in der tat von sitte gesprochen werden; zu dieser Doppelbedeutung von νόμος im Griechischen vgl. später auch anm. 247 in 3.4.1c.β. – Für die Betonung der relativität von sitten vgl. Bettini 2000, bes. s. 303–313, der einen Durchgang von Michel de Montaigne über herodot zu cornelius nepos unternimmt. 43 searle 1995, s. 1–29, s. 31 ff., s. 153 ff.; vgl. auch schönrich 2004, s. 67, der über regeln ausführt: „Ihre prinzipielle verletzbarkeit definiert einen dem sein enthobenen Bereich des sollens. Wir haben die Freiheit, regeln zu folgen oder unter Inkaufnahme der sanktionen auch nicht zu folgen.“ anders Iorio 2010, s. 60 der explizit gegen searle ausführt, dass es nicht mehrere arten ontologischer tatsachen gäbe, sondern „nur solche tatsachen, in deren Genealogie Menschen irgendwie ihre Finger im spiel hatten, und solche, die nicht von Menschenhand stammen.“ aus meiner sicht bildet aber gerade diese anthropologische Komponente ein sinnvolles Unterscheidungsmerkmal. 44 vgl. Ortmann 2003, s. 54, s. 192 f.: „Der Pfiff des schiedsrichters, der erst den regelverstoß hervorbringt, erfüllt die heimtückische Bedeutung der Formel nach dem Gesetz.“ 45 Popitz 1961, s. 69 will einer norm überhaupt nur Geltung zuerkennen, wenn ein abweichen eine sanktion auslöst, von strafen bis hin zu (bloßer) sozialer Missbilligung. Die Grenze zwischen Brauch und norm bleibt aber fließend und lässt sich meist nur an hand ausgelöster reaktionen deuten, eine sanktion sollte jedenfalls für den Betroffenen erkennbar eine negative antwort auf sein verhalten sein. vgl. zur rolle solcher reaktionen anderer auch Geiger 1985, s. 58: „von da an ist ins Bewußtsein getreten, dass man von dem in s handelnden ein bestimmtes Gebaren, nämlich das gewohnte g erwartet, ja fordert […]. von nun an ist ḡ nicht nur eine Abweichung von bisheriger Praxis faktischer regelhaftigkeit, sondern Verletzung sozial geforderter regelmäßigkeit.“ Dieser Übergang entspricht in etwa dem (immer unscharfen und fließenden) Übergang von Brauch über sitte zu Konvention bei Max Weber; wird die Missbilligung der abweichung stark und allgemein, spricht Weber von Konvention, gibt es dazu noch einen Erzwingungsstab, nennt er es recht (Weber WuG, s. 21–25), vgl. hierzu auch die ausführungen zu Unger in 2.2. Ich vermag nicht genau zu sehen, inwieweit die Differenzierung von Kirov 2010, s. 299–302 zwischen normativität und Kognition als unterschiedlichen Erwartungsmodi hier noch weiterführt. Juristische normen und soziale Erwartungen teilen sich abweichungsmöglichkeiten bzw. Enttäuschungsrisiken, und normativität ist dabei konstitutiv für die Unterscheidung zwischen norm und abweichung, so auch Kirov selbst (s. 301). siehe dennoch für die Unterscheidung zwischen sozialer und juristischer Geltung die ausführungen in 2.2. – Diese ausführungen beziehen sich auf Gebots- bzw. verbotsregeln, es gibt daneben andere regelarten, die ohne sanktionen auskommen, wie Erlaubnisgesetze, secondary rules oder deskriptive regeln, vgl. dazu weiter unten anm. 67.

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2 theoretische vorbemerkungen

die regeln, mit dem man aufwächst und lernt, regeln zu (be)folgen.46 Popitz sieht auf Grund der normierbarkeit des Menschen eine entscheidende rolle in der Erziehung, in dem versuch der Kontinuitätswahrung durch tradierung von Werten und normen; er spricht umgekehrt vom risiko der Kontinuitätserhaltung beim Generationswechsel.47 Ein Kind wird Popitz zufolge in eine Integrationsstruktur hinein46 Eingeübtheit der handlung und tradition beeinflussen nach Weber WuG, s. 247 den Bestand einer rechtsordnung weitaus stärker als die rücksicht auf evtl. zwangsmittel. – Grundlegend für die thematik des Erlernens von regeln sind die Philosophischen Untersuchungen von ludwig Wittgenstein (Wittgenstein 1953). zwar geht es dort zunächst um ein sprachspiel, doch lassen sich die Bemerkungen über das Erlernen einer sprache durch nachsprechen und Benennen der Dinge verallgemeinern. ausgangspunkt ist die Frage, ob man die anwendung eines Wortes regeln könne, was Wittgenstein mit seinem berühmten hinweis beantwortet, dass eine regel da steht „wie ein Wegweiser,“ der zwar eine richtung anzeigt, aber nicht prinzipiell jeden zweifel nehmen kann, ob dieser richtung auch zu folgen ist, bzw. offen lässt, welcher richtung überhaupt gefolgt werden soll (§ 85). Daraus folgt sein berühmtes Paradox: „aber wie kann mich eine regel lehren, was ich an dieser stelle zu tun habe? Was immer ich tue, ist doch durch irgendeine Deutung mit der regel zu vereinbaren,“ welches gleich darauf dahingehend relativiert wird, dass Deutungen zwar nicht die Bedeutung bestimmen, aber man doch so reagiert, wie man „abgerichtet“ wurde, man sich also „nur insofern nach einem Wegweiser richtet, als es einen ständigen Gebrauch, eine Gepflogenheit gibt“ (§ 198); „darum ist der regel folgen eine Praxis“ (§ 202), und damit folgt die regel der Praxis und nicht umgekehrt. Man sieht zu und lernt, wendet an, wird korrigiert und kommt zu regelmäßigen, gleichförmigen handlungen (§ 208), reagiert auf eine regel sogar wie auf einen Befehl (§ 206). Man braucht nicht immer eine Begründung für seine handlungen zu suchen, man hat fast das Gefühl einer selbstverständlichket (§ 238) und kann sagen: „Wenn ich der regel folge, wähle ich nicht. Ich folge der regel blind“ (§ 219). Eine solche Gewöhnung und „abrichtung“ setzt also in der Erziehung an, das zeigen auch die vielen lehrer-schüler Beispiele. Damit geht es aber um die Genese von regeln, nicht um die Erklärung ihrer Geltung. Dafür ist etwas weiteres nötig: die Korrekturfunktion einer Gemeinschaft; so schon Wittgenstein selber in § 198, und hier setzt auch die lösung dieses Wittgensteinschen Paradox von saul a. Kripke an. so ist z. B. die Übereinstimmung der (meisten) rechenergebnisse die voraussetzung für die aufnahme in die Gemeinschaft der addierer. Eine abweichende antwort kann nicht als „falsch“ deklariert werden, aber dann verwendet der abweichende eine andere Methode, folgt einer anderen regel. Wer dauerhaft abweicht, wird ausgeschlossen; wer dauerhaft verhaltenserwartungen enttäuscht, kann am Gemeinschaftsleben nicht teilnehmen, so Kripke 1982, s. 116 ff. Dabei geht es nur um eine generelle Übereinstimmung, Fehler und Irrtümer können vorkommen. Diese lösung beruht auf „Übereinstimmung und nachprüfbarkeit,“ so Kripke 1982, s. 125; und dies erklärt auch Wittgensteins satz, dass man der regel nicht „privatim“ folgen kann (§ 202) und dass niemals nur ein Mensch einer regel gefolgt sein kann (§ 199). zu regelfolgen, Wittgenstein, Kripke und der weiteren Diskussion vgl. Baltzer 1999, für die Korrelation zwischen Korrektur und normativität dort bes. s. 204–234 sowie auch die weitere argumentation in diesem Punkt. siehe zu Wittgenstein und regeln in diesem zusammenhang auch Petersen 2010, Ortmann 2010 und Mahlmann 2010, letzterer weist auf die Möglichkeit „individueller regelkritik“ auf Grund einer „Universalgrammatik der Moral“ hin (s. 79 f.). Iorio 2010, s. 51 f. differenziert weiter zwischen anwenden, befolgen und folgen einer regel. Anwenden meint eine Entscheidung von Fall zu Fall, befolgen ein automatisches, fast (!) instinktives verhalten. Folgen kann man dagegen auch unbewussten und sogar unbekannten regeln, welche man weder anwenden noch befolgen kann. 47 Popitz 1980, s. 77; weiter heißt es: „alle Erwachsenen sind unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise, damit beschäftigt, Kinder an die Kontinuitätskette zu legen.“ Dies wird später unter 7.4 wieder aufgenommen. – Entscheidend ist der aspekt des versuchens, da normtradie-

2.1 regeln und normen als handlungsanleitungen und soziale Konstruktionen

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geboren, in welcher es verschiedene Menschen, akteure und Positionen „auf sich zu positionalisiert“ findet; umgekehrt legt „die Gesellschaft […] ihr normatives netz jedem über die Wiege.“48 Entscheidend ist also die Prägung des Einzelnen durch die Gesellschaft, die eine mögliche Korrekturfunktion ausüben kann.49 hier rung kontingent bleibt und individuell verschieden verläuft, umgekehrt aber ein Individuum in großem Maße durch vorhandene strukturen beeinflusst wird. Für sozialisation als „Prozeß der aktiven aneignung von Umweltbedingungen durch den Menschen,“ welcher zu normierungsanforderungen in einem spannungsverhältnis steht, siehe tillmann 1995, s. 12 f. vgl. dazu Bauer 2004 oder hurrelmann/Grundmann/Walper 2008, bes. s. 16 f., s. 24 f., die von einer „Doppelnatur“ der sozialisation sprechen, da individuelle akteure durch ihr handeln strukturen schaffen, die ihrerseits als sozialer rahmen für die akteure wiederum prägend wirken. neben sozialisation tritt der Begriff der Erziehung, womit eine soziale handlung bezeichnet wird, welche auf die psychischen Dispositionen bei anderen Menschen und damit nicht (nur) auf eine verhaltensänderung, sondern auf „verhaltens- und Erlebnisbereitschaften“ abzielt, so Brezinka 1990, s. 81. 48 Popitz, 1980, s. 78, s. 90. Wie Popitz geht auch Piaget 1932, s. 66 f. davon aus, dass Kinder generell regeln von den Eltern in fertiger Form „bekommen,“ denn schon bevor ein Kind sprechen kann, wird es dem rhythmus des menschlichen lebens, und damit geregeltem verhalten, unterworfen. Piaget nennt regelmäßigkeiten wie Mahlzeiten, schlaf und Waschen, zu denken wäre hier auch an die „Wiederholungsstrukturen in sprache und Geschichte“ von Koselleck 2006, s. 4 ff. oder an Karl Marx, wenn er 1852 schreibt: „Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen“ (Marx 1960, s. 115). Für Iorio 2010 ist die Frage der regelakzeptanz von neuankömmlingen in einer Gruppe daher überschätzt. nach einer Phase der Festlegung und Etablierung hätten regeln für ihre adressaten die gleiche ontologische Qualität wie „stühle, tische oder Berge“ (s. 59) und seien genauso zu berücksichtigen wie „klimatische verhältnisse und geographische Gegebenheiten“ (s. 65). letzteres geht aber m. E. zu weit, Konstruktionscharakter und Übertretbarkeit von regeln werden so nicht genügend betont (vgl. anm. 43). 49 zugespitzt formuliert: Erst eine Korrektur macht aus einer beliebigen handlung eine falsche anwendung einer spezifischen regel, vgl. dazu Baltzer 1999, s. 261 f., für den die Korrekturmöglichkeit eine voraussetzung für normativität und erst ein zusammenspiel von korrigierter und korrigierender handlung eine korrekte regelanwendung bedeutet. vgl. in diesem sinne auch Geiger 1987, s. 58: „Das vergehen ist früher als das verbot.“ Erst durch die Gemeinschaft kann also aus „anders“ „falsch“ werden. Ein Beispiel für die Korrektur von normverstößen durch spezifisch erlaubte und kontrollierte sanktionen, die ihrerseits im tatbestand normbrüche darstellen, sind die rügebräuche im archaischen Griechenland, deren ausübung durch junge Männer zusätzlich gerade dieser Gruppe die gesellschaftlichen normen deutlich werden ließ, vgl. dazu die Überlegungen von schmitz 2004, bes. s. 259–272 und 2008, bes. s. 161. Die Idee von normierung durch Belehrung und Übung bzw. durch zurechtweisung und strafe findet sich auch deutlich im Protagoras-Dialog von Platon, wenn zunächst am Ende des Mythos 323 d–324 b von einer sanktion „um der zukunft willen“ (ἀλλὰ τοῦ μέλλοντος χάριν) gesprochen wird und dann im verlauf die these der lehrbarkeit der arete dazu führt, die Erziehungsfunktion von recht und strafe zu betonen: Erst „belehren die väter ihre Kinder und weisen sie zurecht,“ biegen sie, wenn nötig, „wie ein verdrehtes und krummes stück holz durch Drohungen und schläge gerade“ (ὥσπερ ξύλον διαστρεφόμενον καὶ καμπτόμενον εὐθύνουσιν ἀπειλαῖς καὶ πληγαῖς, 325 d), dann wird den heranwachsenden von schule und lehrern anstand beigebracht (325 e) und schließlich „zwingt die Gemeinschaft der Bürger sie wiederum dazu, sich mit den Gesetzen vertraut zu machen und gemäß ihnen und gemäß dem von ihnen vorgegebenen Beispiel zu leben“ (ἐπειδὰν δὲ ἐκ διδασκάλων ἀπαλλαγῶσιν, ἡ πόλις αὖ τούς τε νόμους ἀναγκάζει μανθάνειν καὶ κατὰ τούτους ζῆν κατὰ παράδειγμα,

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2 theoretische vorbemerkungen

entscheidet sich auch, welche regel kaum oder gar nicht gilt, vielleicht nur pro forma behauptet, aber nicht wirklich befolgt wird, welche regeln zum standard gehören, sogar sanktionsbewehrt sind, und was als quasi „heilige“ regeln völlig außer Frage steht – es ist immer eine Frage der spezifischen Gesellschaft und ihres Grundkonsenses.50 Regeln und Devianz Der Konsens einer Gesellschaft ist natürlich veränderbar, ja sogar in stetem Wandel begriffen, und Gleiches gilt auch für die regeln einer Gesellschaft. Entscheidend ist das jeweilige Bewusstsein für solche regeln, die man als „unveränderlich“ oder aber als „selbstverständlich“ akzeptiert, und solche, die man als „gemacht“ und daher als grundsätzlich disponibel empfindet.51 letzteres ist im Übrigen ein Kenn326 c). zu denken ist auch an den vorgestellten Urzustand bei Polybios, wo es erst durch das zusammenleben der Menschen in einer Gemeinschaft (συντροφία καὶ συνήθεια) zu vorstellungen vom καλόν und δίκαιον kommt (6,5,10), und wo erst die Erziehung der nachkommen und dabei vor allem das Missfallen gegenüber handlungen oder Undankbarkeit dieser Gruppe zur Entstehung der δικαιοσύνη führt (6,6,8). 50 vgl. für den römischen mos maiorum, welcher erst dann einer inneren Einstellung entspricht, wenn er als Gewohnheit wahrgenommen wird, Bettini 2000, s. 315. Der Wert des Konsenses einer Gemeinschaft für die sozialen regeln schimmert auch bei Bettini 2008 durch, in einer studie über die autoritative sprechweise fari, welche nicht tatsachen verkündet, sondern – einem konstitutiven sprechakt vergleichbar – tatsachen schafft, wie bei der „Erschaffung“ eines templum durch die Worte der Weihung. Wenn nun jeder über bestimmte Dinge in gleicher Weise spricht, bekommt der soziale Diskurs fast den Wert der unwiderstehlichen (göttlichen) verkündung à la fari, da der Urheber der rede nicht in Frage gestellt wird, so Bettini 2008, passim und bes. s. 357 f.: „it is on fama that are founded the most venerable rules of social behaviour;“ er verweist dafür auf Platons nomoi 838 c–d, wo Megillos auf die Frage des atheners: „und rührt diese Wirkung nicht davon her, dass Keiner anders davon spricht, sondern dass Jeder von uns und überall diesen ausspruch hört […]?“, antwortet: „Du hast ganz recht darin, dass die öffentliche Meinung eine ganz wunderbare Gewalt in diesen Dingen erlangt hat (ὅτι τῆς φήμης θαυμαστήν τινα δύναμιν εἴληχεν), sofern doch wirklich niemand (mehr) unterfängt auch nur im herzen zu begehren, was dieses Gesetz ihm verbietet.“ Für die rolle der öffentlichen Meinung in rom als Messgrad von transgression von normen siehe auch David 1993, s. 226; darauf wird später (in 7 und 8.2) zurückgekommen. 51 Für das regelbewusstsein kann man auf die studie von Piaget 1932, s. 41–96 verweisen. auch wenn sich die Ergebnisse der verschiedenen stadien eines regelbewusstseins auf Kinder beim Murmelspiel beziehen, lassen sich die drei stadien generalisieren. zunächst werden spielregeln von Kleinstkindern als unverbindliche Beispiele wahrgenommen, im stadium des zusammenspielens mit anderen bekommen regeln dann einen heiligen, unantastbaren charakter, bis sie, bei fortschreitendem alter der Kinder, dann als ausprägungen möglicher vereinbarungen angesehen werden. Interessant – auch für rom – ist der hinweis, dass im stadium der heiligen achtung der regel regeländerungen durch ältere Mitspieler von jüngeren mit dem hinweis „dann habe es schon immer so gegolten“ akzeptiert werden. Diese Denkfigur entspricht Max Webers Kennzeichnung von der Entstehung neuer Ordnungen in Epochen des „strengen traditionalismus,“ welche nur möglich war, indem „diese als in Wahrheit von jeher geltend und nur noch nicht richtig erkannt oder zeitweise verdunkelt und nunmehr wiederentdeckt behandelt wurden“ (Weber WuG, s. 26 f.). Beispiel par exellence einer Institution in diesem sinne ist die

2.1 regeln und normen als handlungsanleitungen und soziale Konstruktionen

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zeichen von Modernität, insofern die immer zugrunde liegende soziale Konstruktion der normen auch reflektiert wird, dazu später mehr. Festzuhalten bleibt, dass regeln mit ihrer prinzipiellen veränderbarkeit und ihrem gleichzeitigen anspruch, umgekehrt als zeitlose normative Forderung die Gesellschaft zu prägen, eine fast paradigmatisch zu nennende Institution im sinne der Institutionalität sind. Das bedeutet aber auch, dass Devianz und abweichung nichts per se schlechtes sein müssen, sondern vielmehr zunächst bloße Indikatoren eines Wandels sind.52 römisch-katholische Kirche: „In ihren selbstreferentiellen theologischen sprachspielen ‚macht‘ die Kirche keinen neuen Gesetze, sondern weiß sich allein durch die Gnadengabe der Erleuchtung dazu befähig, das ewige Gesetz im Fluß der zeiten nach seinem bleibenden sinngehalt aktualisierend zu deuten,“ so Graf 2006, s. 55 (mit ironischer Kritik an einer „kreativhermeneutischen auslegung“ s. 56). 52 so schon Durkheim 1895 in seinen „regeln der soziologischen Methode,“ vgl. Durkheim 1999, s. 159: „Das verbrechen ist also eine notwendige Erscheinung; es ist mit den Grundbedingungen eines jeden sozialen lebens verbunden und damit zugleich nützlich. Denn die Bedingungen, an die es geknüpft ist, sind ihrerseits für eine normale Entwicklung des rechts und der Moral unentbehrlich.“ Dahinter steht die vorstellung des risikos eines erstarrten moralischen Bewusstseins einerseits und des verbrechens als einer möglichen antizipation zukünftiger Moral andererseits (s. 160 f.), wobei dies für Durkheim keineswegs bedeutet, das einzelne verbrechen sei nicht verabscheuenswert. Für das modernen strafrecht sei auf die spannende studie von hörnle 2005 hingewiesen, die „straftatbestände, die als moral-, gefühls- oder tabuschützend eingestuft werden“ aufheben will (s. 483), da es nicht zu begründen sei, „dass mehrheitlich (noch) geteilte moralische Überzeugungen gegen veränderungsversuche einer Minderheit absolut geschützt werden sollten“ (s. 470). Durkheims these gilt überhaupt um so mehr, als in modernen theorien abweichendes verhalten generell als (bloß) soziales Konstrukt vor der Folie eines ebenso konstruierten standards gesehen wird, so schwerhoff 2004, s. 9 f., der in der Konstruktion von Devianz „gleichsam die Kehrseite von Institutionalität“ sieht, welche der abweichung bedarf, um ihre normalität darzustellen. vgl. auch luhmann 1995, s. 304: „Illegal wollen wir ein verhalten nennen, das formale Erwartungen verletzt. Ein solches handeln kann gleichwohl brauchbar sein.“ siehe dazu die Bemerkungen von Ortmann 2003, s. 252 ff., bei dem sich auch (s. 198 ff.) eine Fülle von Beispielen für produktive regelverletzungen findet: Fluglotsen, die ohne verstöße gegen die sicherheitsvorschriften den Flugverkehr nicht aufrecht erhalten könnten, Montagearbeiter, die aus Gründen der Effizienz die sicherheitsvorkehrungen umgehen, und schließlich umgekehrt das Beispiel eines „Dienstes nach vorschrift“ als streikform. Dies alles findet im Bereich des nicht entdeckten normbruchs statt, wobei allerdings eine Kunst des Wegsehens hinzukommt, um die ganzen regelverletzungen als „schmiermittel des großen räderwerks“ zu etablieren. Umgekehrt hat Popitz 1968 auf die „Präventivwirkung des nichtwissens“ verwiesen und herausgearbeitet, dass normsysteme bei perfekter verhaltenstransparenz völlig überfordert wären und sich somit blamierten. Fünf Kategorien sind für Popitz von Interesse: neben normkonformem verhalten und abweichendem, aber sanktioniertem verhalten unterscheidet er drei Formen von „nichtgeltung,“ je nachdem, ob der normbruch bewusst nicht sanktioniert wird, der normbrecher unbekannt oder sogar der normbruch unentdeckt bleibt (s. 164). Diese letzte Kategorie entlastet die sanktionskomponente eines rechtssystems erheblich. Doch auch schon der verzicht auf strafe kann nicht nur als Wandel der normgeltung begriffen werden, sondern verhindert ein abstumpfen gegenüber der strafe, da diese ihr moralisches Gewicht und ihre soziale Wirksamkeit nur behält, wenn die „Mehrheit nicht bekommt, was sie verdient“ (s. 174). – auf theorien, die ausgehend von der unmöglichen reinen Wiederholung von handlungen in jeder einzelnen regelbefolgung gleichzeitig eine regelverletzung sehen, wird hier nicht eingegangen, siehe dazu (und besonders zur Différance der regelanwendung bei Derrida) Ortmann 2003, s. 175 f.; vgl. auch rehberg 1995,

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2 theoretische vorbemerkungen

2.2 hIErarchIEn vOn nOrMEn Die bisherigen ausführungen haben sich auf die „soziale Geltung“ von normen bezogen, welche sich auch als „tatsächliche Geltung“ oder „Effizienz des rechts“ anhand von normbefolgung und sanktionsbereitschaft bei nichtbefolgung beobachten (und messen) lässt. „Juristische Geltung“ gilt dagegen auf der einen seite immer und ohne ausnahme, auf der anderen seite aber nur in einem rechtssystem, ansonsten bleibt sie eine „soll-Geltung.“53 Geltung innerhalb des rechtssystems kann eine norm beanspruchen, wenn sie gültig verabschiedet wurde, was wiederum nur eine norm klären kann. Dieses Problem wiederholt sich bis hin zu einer Grundnorm, welche die Gültigkeit aller normen außer ihrer eigenen begründet, also selber von außen „gesetzt“ werden muss.54 Für eine rechtshistorische Untersus. 24 f. Dass kontinuierliche regelpraxis und vor allem regeltradierung die regel selbst langfristig verändern, steht außer Frage. 53 vgl. rüthers 2007, s. 209–312, hier s. 209 f. vgl. auch alexy 1994 b, s. 140 f., der für den Grad einer sozialen Geltung allerdings auch auf das Problem hinweist, wie zu differenzieren sei zwischen einer norm, die zu 85 % befolgt, deren nichtbefolgung aber nur zu 1 % sanktioniert werde, und umgekehrt einer norm, die nur zu 20 % befolgt, deren nichtbefolgung aber in 98 % der Fälle sanktioniert werde. Dass es aber in jedem Fall eine Differenz zwischen nichtbefolgung und sanktionierung gibt, und diese auch entlastend wirkt, darauf ist in der letzten anmerkung hingewiesen worden. Für die Idee der Messung siehe besonders die ausführungen von Geiger 1987, s. 165–250, der allerdings, so weit ich sehe, gerade ohne die Komplementarität von juristischer und sozialer Geltung auskommt, da es ihm immer nur um die empirisch überprüfbare sozialen Wirkungszusammenhänge, also um die soziale Geltung geht. Eine juristische Geltung dagegen kann nicht gemessen, sondern nur schlicht festgestellt bzw. postuliert werden. nach Möllers 2010, s. 322 zeichnet es rechtsordnungen gerade aus, „dass die Geltung der regel gegenüber der nichtbefolgung immunisiert wird.“ allerdings ist eine ganz strikte trennung von juristischer und sozialer Geltung problematisch, da letztere langfristig durchaus auswirkungen auf die erstere hat. vgl. dazu Weber WuG, s. 23 oder stolleis 2009, s. 545, der von dem Paradox spricht, dass sein und sollen zwar getrennt sind, aber „am schnittpunkt von ‚Geltung durch anerkennung‘ zusammentreffen.“ Dazu ist auch juristische Geltung historisch betrachtet unterschiedlich definiert worden, siehe für die Frühe neuzeit die Bemerkungen von simon 2005, bes. s. 100–102 und s. 112–116 über die umstrittene Frage, inwieweit Observanz von normen Geltungsgrund oder aber Geltungsziel war, also über den Konflikt zwischen Gewohnheitsrecht und neuem (Gesetzes-)recht, wobei hier das eo ipso observante Gewohnheitsrecht eben sowohl soziale als auch, eben dadurch, juristische Geltung aufwies. Dies bedeutet aber keinesfalls, eine verfassung nun nur noch als resultante und nicht mehr ebenso als Determinante politischer Prozesse aufzufassen, wovor Grziwotz 1985, s. 353 warnt. 54 Die Geltung der Grundnorm kann nicht im rechtssystem gelöst werden, hier muss nach luhmann 1993, s. 102 das Problem „gödelisiert,“ also auf einer anderen Ebene gelöst werden. vgl. leff 1979, s. 1230 ff., der ausführt, dass die Entscheidung, wer oder was dieser „unjudged judge“ oder „unruled legislator“ ist, letztlich willkürlich, jedenfalls nicht begründbar ist (s. 1140). vgl. auch stolleis 2009, s. 546: „Die Frage nach dem Ursprung der legitimationskette läuft auf einen akt der Dezision hinaus, der kraft seiner Durchsetzungsfähigkeit Macht in recht verwandelte.“ „Gelöst“ wird die Frage einer solchen Instanz heutzutage nicht mehr mit Gottes- oder naturrecht, sondern meist mit einer verfassung (vgl. stolleis loc. cit.), welche zunächst das souveränitätsproblem löst, dann aber auch das neue Problem einer auslegung schafft (vgl. vorländer 2000, s. 377 ff.), so dass es bei ganz grundsätzlichen Fragen der Geltung auch in modernen verfassungen zu einer Patt-situation kommen kann. leff 1979, s. 1245 er-

2.2 hierarchien von normen

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chung reicht es dagegen aus zu überprüfen, ob eine Grundnorm gegolten hat, und wenn ja, welche. hierzu sollen die Modelle von H.L.A. Hart und R.M. Unger vorgestellt werden.55 H.L.A. Hart hart unterscheidet zwischen primary und secondary rules: die ersten gebieten/erlauben/fordern handlungen, die zweiten erlauben, regeln des ersten typs zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben. In der Kombination und dem „interplay“ dieser beiden regeltypen liegt nach hart „the key to the science of jusriprudence.“56 Ein rechtssystem, welches nur aus regeln des ersten typs aufgebaut ist, weist nach hart einige Mängel auf: Es kann unsicher sein in dem sinne, dass z. B. nicht auf einen text oder eine Person verwiesen werden kann, es ist eher statisch und schließlich nicht effizient, da es keine (letzt-)Instanz gibt, die verstöße mit unbestrittener autorität feststellen kann (lack of final and authoritative determinations of klärt dies damit, dass verfassungen mehr als nur einer theorie folgen „as to where ultimate, unchallengeable normative power is to be placed.“ Ein Beispiel dafür bietet hart 1994, s. 122: „the beginning of such a split over the ultimate criteria to be used in identifying the law was seen in the constitutional troubles in south africa in 1954, which came before the courts in Harris vs. Dönges. here the legislature acted on a different view of its legal competence and powers from that taken by the courts, and enacted measures which the courts declared invalid. the response to this was the creation by the legislature of a special appellate ‚court‘ to hear appeals from judgments of the ordinary courts which invalidated the enactments of legislature. this court, in due course, heard such appeals and reversed judgments of the ordinary courts; in turn, the ordinary courts declared the legislature creating the special courts invalid and their judgments a legal nullity. had this process not been stopped (because Government found it unwise to pursue this means of getting its way), we should have had endless oscillation between two views of the competence of the legislature and so of the criteria of valid law. the normal conditions of official, and especially judicial, harmony, under which alone it is possible to identify the systemʼs rule of recognition, would have been suspended.“ – In der F.a.z. vom 13. august 2009 war im artikel von reinhard Müller (s. 1) davon zu lesen, dass nach dem „lissabon-Urteil“ des BverfG die dabei unterlegenen vertreter der Bundesregierung die rechte des BverfG nun per Gesetz einschränken wollen. vgl. dazu später 7.2. 55 Der einzige mir bekannte versuch, die Frage der Geltung von normen ganz anders zu stellen, kommt von Fögen 2007, der zufolge man vom Gesetz „singen“ müsste, statt es in Wort und schrift zu analysieren und damit zu hinterfragen, eine ingeniöse Idee, die allenfalls schon bei Daube 1973, s. 11 anklingt, der ausführt, dass unreflektierte normen sich der Wertung entziehen. 56 hart 1994, s. 81. hinzu kommt seine trennung von internen und externen Beschreibungen eines rechtssystems. Während ein Beobachter, soziologe oder rechtshistoriker, nur „regularities, predictions, probabilities and signs“ feststellt, kann er nie die wirkliche soziale Dimension erfassen, die z. B. eine rote ampel aus interner sicht hat, nämlich einen Grund, anstelle einer Wahrscheinlichkeit, anzuhalten (s. 88 ff.). als eine solche, messbare, Wahrscheinlichkeit einer normgemäßen, oder der norm zuwiderlaufenden handlung versteht dementsprechend (der beobachtende rechtssoziologe) Geiger 1987, s. 174 die verbindlichkeit einer norm. aus der internen Perspektive muss dagegen die Geltung einer norm von einer größeren Gruppe tatsächlich gewollt sein, damit die norm existiert, so Baurmann 2010, bes. s. 156–163.

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2 theoretische vorbemerkungen

deviations).57 Einer solchen „pre-legal world“ gegenüber sind die rechtssysteme heutzutage durch bestimmte secondary rules gekennzeichnet; die wichtigste ist die rule of recognition, welche Kriterien bietet, eine regel des ersten typs als rechtmäßig oder geltend zu identifizieren bzw. verschiedene regeln in eine rangfolge zu bringen.58 Mit dieser rule of recognition wird also die Geltungsproblematik von normen mit hilfe einer (im rechtssystem) nicht hintergehbaren Grundnorm zu lösen versucht. Dabei ist in Harts Konzept die Grundnorm erstens emprisch (und nicht wie bei Kelsen analytisch oder wie bei Kant normativ),59 zweitens inhaltlich völlig offen und drittens (meistens) nicht explizit formuliert.60 Hart spricht in diesem zusammenhang auch von einer spielregel, die allen teilnehmern klar ist, ohne besprochen zu werden, ja er geht soweit zu sagen: „no question can arise as to the validity of the rule of recognition, this is not valid nor invalid, this is simply accepted – the assertion that it exists can only be an external statement.“61 Es mag ausnahmen geben, aber generell ist die rule of recognition vor allem gleichbedeutend mit einem praktizierten standard der sog. officials, vor allem in der rechtsprechung.62 Harts Konstruktion lässt sich aber verallgemeinern und gerade aus rechtshistorischer sicht fruchtbar benutzen, mit der grundsätzlichen Einigkeit beteiligter Personen und Institutionen als Kriterium für die Geltung von normen. Eine solche empirische rule of recognition ist offen für veränderungen und damit auch brauchbar zur analyse von historischem Wandel. Werden „falsche“ Entscheidungen dauerhaft geduldet und schließlich überwiegend akzeptiert, hat sich eine neue rule of recognition etabliert.63 zu fragen wird sein, inwieweit man 57 hart 1994, s. 91 ff. 58 hart 1994, s. 94 ff.; hinzu kommen die rule of chance, die festlegt, wie Änderungen der regeln gemacht werden können, und die rule of adjudication, die festzustellen erlaubt, ob eine regel gebrochen wurde und ob sanktionen folgen. 59 siehe dazu alexy 1994b, s. 155 ff. und s. 186 ff. 60 hart 1994, s. 101: „For the most part of the rule of recognition is not stated, but itʼs existence is shown in the way in which particular rules are identified either by courts or other officials or private persons or their advisers.“ 61 hart 1994, s. 210, vgl. die Bemerkung eben in anm. 56. 62 hart 1994, s. 116 f.; hart scheint generell zu unterscheiden zwischen der Masse der Bevölkerung, die vor allem den primary rules zu folgen hat und den „officials,“ die besonders die secondary rules beachten müssen bzw. durch ihre gemeinsame Beachtung (in den weit überwiegenden Fällen) diese eben erst konstituieren. letzteres deckt sich mit der oben (anm. 53) erwähnten Beobachtung von simon 2005, s. 100–102, zur Frühen neuzeit, wenn die Gesetzgeber an die Gerichte schreiben, diese sollten die neuen normen nun auch „aller Orths ad observantiam“ bringen (so im trierer landrecht von 1668). Ähnlichkeiten gibt es aber auch in der heutigen verfassungslehre, wenn häberle 1986, s. 99 „ungeschriebene (von lehre und rechtsprechung geschaffene) ‚Ewigkeitsklauseln’“ behandelt. Bis auf die hier notwendig diskursive und damit wohl reflexive Komponente geht dies auch wieder ein stück in die richtung des „selbstverständlichen im recht“ (vgl. dazu anm. 26 in 1.3). 63 harts Beispiele reichen von einem spiel, das zunächst falsch gespielt wird und dann aber in dieser variante zu einem neuen spiel wird (1994, s. 144), bis zur Geschichte der Dekolonialisierung und der Entstehung eigener, gleichsam lokaler rules of recognitions in den Dominions ohne Bezug zum englischen recht (s. 120 f.). Für diese Denkfigur vgl. auch huizinga 2009, s. 20, der beschreibt, dass „spielverderber ihrerseits nun sogleich wieder eine neue Gemeinschaft mit neuen spielregeln bilden.“ vgl. weiter in anm. 67 in 2.3.

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für rom eine solche rule of recognition ausmachen kann – eine Möglichkeit liegt in dem Grundsatz der Gültigkeit des jeweils letzten volksbeschlusses, dies wird später (7.2) eingehend diskutiert. R.M. Unger Für die Frage der Entwicklung (und Modernität) von recht bietet Robert Mangabeira Unger ein noch differenzierteres Modell an. Unger unterscheidet zwischen drei stufen einer rechtsentwicklung: auf der ersten stufe – customary or interactional law – bilden regelmäßige handlungen Muster aus, die soziales verhalten erwartbar machen und dadurch ein normatives Gefühl von richtig und falsch ermöglichen. Obwohl solche verhaltensstandards präzise sein können, bleiben sie doch meistens unausgesprochen und implizit, was dazu führt, dass jede handlung sowohl einer regel folgt (oder nicht) als auch gleichzeitig den sozialen Prozess ausmacht, der die regel konstituiert: „therefore the distinction between the choice of rules and the making of decisions under the rules […] remains ill defined.“64 Ebenso ist zwischen Pflicht und Gewohnheit oder „regularity“ und norm keine klare Grenze zu ziehen: „the issue of what in fact happens can never be kept clearly separate from the question of what ought to be done.“ Die zweite stufe – bureaucratic or regulatory law – ist gekennzeichnet durch „explicit rules established and enforced by an identifiable government.“ Dies setzt nach Unger bereits eine trennung von staat und Gesellschaft ebenso wie zwischen „habits and duties, or between rule making and the application of rules“ voraus.65 Die dritte stufe – legal system – entspricht unserem modernen (westeuropäisch geprägten) staat mit einem ausdifferenzierten rechtssystem, einer trennung nicht nur von staat und Gesellschaft, sondern auch von staat und autonomem recht. nötig für die Entstehung öffentlicher und positivierter normen (public and positive rules) sind nach Unger „the separation of state and society, and the disintegration of community.“ Unter trennung von staat und Gesellschaft auf der zweiten stufe versteht Unger dabei m. E. keine komplette trennung, sondern eher eine Unterscheidungsmöglichkeit, ein Bewusstsein davon, dass soziale Beziehungen von Menschen gestaltet werden (können) und nicht einer vorgegebenen Ordnung entsprechen, zu denken ist an die ausführungen zum regelbewusstsein. In eine ähnliche richtung deutet die „auflösung der Gemeinschaft,“ womit Unger ein hinterfragen und damit wohl auch ein Infragestellen der regeln meint.66 hier wird für rom zu überlegen sein, ob die rö64 Unger 1976, s. 49 und weiter, s. 50: „law as interaction is neither public nor positive.“ Mit hart gesprochen gibt es auf dieser stufe nur primary rules; vgl. die ausführungen zur normentstehung in 2.1. 65 Unger 1976, s. 50 f. 66 Unger 1976, s. 58 ff. nach Unger entsteht positives recht daher zunächst in den Beziehungen zwischen Gruppen (s. 63). Da diese drei stufen bei Unger bewusst nicht trennscharf, sondern durchlässig sind, sind sie m. E. auch auf antike strukturen anwendbar. Für die Problematik, dass ansonsten in der modernen staatsrechtslehre staat und Gesellschaft aus sicht der antike zu sehr getrennt erscheinen siehe Eder 1990, s. 17; vgl. auch oben anm. 1 in 1.1.

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mische republik einer der genannten stufen entspricht oder eher eine Mischform bildet (7.2). 2.3 rEGEln UnD PrInzIPIEn Bisher ist konstatiert worden, dass regeln soziale Konstrukte sind, die rechtlich vielleicht aufgrund einer Grundnorm und sozial aufgrund des Konsenses der Gemeinschaft (inkl. sanktionsbereitschaft) gelten, aber auch immer gebrochen werden können und nicht zuletzt dadurch in einem Prozess stehen. Daneben gibt es verschiedene Kategorien, nach denen man regeln ordnen könnte, wie die Unterscheidung von regulativen und konstitutiven regeln von Searle67 oder die Begriffsraster unterschiedlicher normen von Popitz.68 sinnvoll – und darüber hinaus 67 Regulative regeln erscheinen in folgender Form: Wenn x gewollt ist, tue y; sie bilden die klassischen Gebots- und verbotsregeln. Dagegen bringen konstitutive regeln ihren Gegenstand selber erst hervor, wie ein DIn a4 standard und vor allem spielregeln, klassischerweise wird auf schachregeln rekurriert, ohne die es kein schachspiel gäbe, vgl. searle 1995, s. 27 ff., s. 43–52. Für spielregeln siehe auch huizinga 2009, s. 20: „Die regeln eines spiels sind unbedingt bindend […]. sobald die regel übertreten werden, stürzt die spielwelt ein.“ Es gibt viele weitere Ein- und Unterordnungen von regeln, die von hart ist im text vorgestellt worden, vgl. weiter schönrich 2004, s. 68 ff. und jüngst Iorio 2010, s. 47 ff., s. 67, der zunächst generell zwischen deskriptiven und präskriptiven regeln unterscheidet. Erstere beziehen sich auf feststellbare regularitäten und naturgesetze, letztere werden differenziert nach allgemeinen ratschlägen oder Faustregeln auf der einen seite und dann den sog. deontischen regeln auf der anderen seite, worunter Gebots- bzw. Verbotsregeln, Erlaubnisregeln, Vorkehrungsregeln und Verfahrensregeln fallen. Ersteren wird gefolgt, letztere können angewandt und befolgt werden, vgl. oben anm. 46 in 2.1. Die vorkehrungsregeln von Iorio entsprechen den konstitutiven regeln bei searle, vgl. Iorio op.cit., s. 48 f., dort auch m. w. v. dazu; vgl. ebenfalls siegwart 2010, s. 41 f. oder rüthers 2007, s. 97. Dabei ist die klare trennung zwischen konstitutiven und regulativen regeln nicht unumstritten, zumal nicht bei der Frage ihrer prinzipiellen verletzbarkeit, vgl. bes. schönrich 2004, s. 69 ff. nach schönrich führt ein transformationsmechanismus von präskriptiven regeln in konstitutive zu einer reduktion von Komplexität, da so statt sanktionsprozeduren und Korrekturversuchen ein einfacher ausschluss aus der regelbefolgungsgemeinschaft stattfindet: „Das ehemals Gesollte ist damit alternativenlos geworden, insofern sogar regelverletzungen unmöglich geworden sind. aus dem nicht-sein-sollenden hat die Gemeinschaft ein nicht-seiendes gemacht, aus einer möglichen inkorrekten Praxis eine nichtPraxis.“ In dieser „genetischen Perspektive“ sieht schönrich dann bei konstitutiven regeln eine „sedimentierte, präskriptive normativität“ (s. 73). vgl. Möllers 2010, s. 324 f. für das Problem einer Grenzziehung, bis wann man noch bloß regeln verletzt und dadurch ein spiel verliert und ab wann man gar nicht mehr mitspielt, also den Unterschied zwischen einer „bloßen“ sanktion innerhalb einer Ordnung und dem ausschluss aus derselben. strukturell verwandt ist die Unterscheidung zwischen einem Falschspieler und spielverderber [„spelbreker“] bei huizinga 2009, s. 20. Der Falschspieler erkennt „dem scheine nach den zauberkreis des spiels“ an und verletzt regeln nur heimlich. Daher wird ihm sein verhalten („sünde“) auch leichter verziehen, „als dem spielverderber, denn dieser zertrümmert ihre Welt selbst […] darum muss er vernichtet werden.“ Die Figur wird später (3.5, 7.2) wiederaufgenommen. 68 Popitz 1980, s. 37 ff. unterscheidet allgemeine, reziproke und nicht-reziproke Partikularnormen sowie dann Grenznormen und Sanktionsnormen. Während sich allgemeine normen an alle Mitglieder einer Gesellschaft richten, haben Partikularnormen mehrere adressaten, die

2.3 regeln und Prinzipien

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vor allem fruchtbar anzuwenden für die römische republik – ist aber vor allem die Unterscheidung von regeln und Prinzipien. Dies gilt besonders deshalb, weil die konstatierte Wandelbarkeit von regeln vor allem bei einer langfristigen Betrachtung zum vorschein kommt und nicht mit einer stets flexiblen abwägung von Fall zu Fall verwechselt werden darf, welche Prinzipien zukommt. ausgangspunkt für meine Unterscheidung sind die studien von Ronald Dworkin und Robert Alexy.69 vorauszuschicken ist dabei, dass diese Unterscheidung in der rechtswissenschaft selber nicht unumstritten ist; auf diesen Fachdiskurs wird hier nicht eingegangen, geschweige denn ein lösungsangebot formuliert.70 auch wird nicht dem z. B. nach Kategorien wie alter und Geschlecht unterscheiden. solche normen können dann sowohl auf reziprozität beruhen als auch Personen unterschiedlicher statusgruppen durch nicht-reziproke normen verklammern (Eltern-Kind-Beziehung). Grenznormen schließlich regeln die zulassungsbedingungen zu den verschiedenen sozialen Kreisen, an denen wir (überschneidend) teilhaben; Sanktionsnormen, wer im Falle von normbrüchen was (und wie) tun darf. Dabei können Normbündelungen auftreten, die durchaus zu rollenkonflikten führen können. hinzu kommen Normsender, die offen für die norm eintreten, ihr sehr bewusst folgen, Normhüter, die ausdrücklich die Einhaltung von normen überwachen sollen (Eltern, lehrer, Polizisten), und Normsetzer (Gesetzgeber). 69 Grundlegend für die thematik von Prinzipien im recht ist Dworkin (besonders mit the Model of rules I, in: ders., taking rights seriously von 1977), für den sie zentral in seiner Kritik am rechtspositivimus allgemein und speziell an seinem lehrstuhlvorgänger hart sind. Dworkin wendet sich gegen die vorstellung, ein rechtssystem könne aus bloßen regeln bestehen, die an ihrer herkunft als solcher identifiziert würden, dem richter aber trotzdem noch Ermessensspielräume (discretion) einräumten, der dann eine neue regel bilden müsse. Dagegen setzt Dworkin, da ein richter nichts erschaffe, sondern nur entdecke, seine „beste theorie der rechts“ (soundest theory of law), in deren rahmen nun Prinzipien die entscheidende rolle spielen, da sie die Maßstäbe bzw. argumente sind. abgegrenzt davon werden kollektive soziale ziele, die sog. „policies“. Meine ausführungen beruhen daneben hauptsächlich auf robert alexy (1994a, 1995), der dieses Konzept in Deutschland weiter entwickelt hat. 70 In Deutschland haben sich u. a. J. Esser, K. lahrenz und c.-W. canaris angeschlossen, allerdings z. t. mit einigen Modifikationen, so alexy 1994a, s. 186 f. Dagegen ist u. a. von r. Poscher oder M. Jestaedt z. t. scharfe Kritik formuliert worden, an einer angeblich „bundesverfassungsgerichtspositivistischen affirmation,“ die eine Dogmatik durch eine abwägung aller relevanten Umstände ersetze, so (horst) Dreier 2004, rn.79 (s. 87), bei dem man eine kurze Übersicht der Diskussion findet. nach (ralf) Dreier 1993, s. 269 liegt der charme des Prinzipienarguments dagegen gerade in einem „flexibilisiert[en] rechtsbegriff.“ In creifelds rechtswörterbuch (192007) gibt es zu Prinzip keinen Eintrag, umgekehrt wird in manchen studien die Unterscheidung regel – Prinzip beiläufig vorausgesetzt; interessant ist in diesem zusammenhang die fruchtbare anwendung dieser Unterscheidung für Konkurrenz und Kollision zwischen nationalem und europäischem recht bei Kadelbach 1999, s. 148 f. und s. 485–491, bes. s. 486. 2007 hat sich in Krakau beim „23rd World congress of the International association for Philsophy of law and social Philosophy“ ein „special workshop“ mit „the Principles theory“ befasst, die aufsätze sind jetzt veröffentlich in Borowski 2010a. Wie im text ausgeführt, berührt diese Diskussion aber nicht das im Folgenden explizierte Modell; Gleiches gilt auch für die Kontroverse zwischen Dworkin und seinem lehrstuhlvorgänger hart, gegen dessen thesen Dworkin seine Ideen entwickelt hat. Dass in dieser arbeit sowohl mit der Unterscheidung von regel und Prinzip als auch mit der rule of recognition von hart gearbeitet wird, führt m. E. nicht zu Problemen; in diese richtung deuten auch die Kommentare von hart 1994 selber, die posthum in der zweiten auflage von „the concept of law“ als Postcript erschienen sind, vgl. bes. s. 263–268.

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Prinzipienmodell von Alexy, von Dworkin oder einem anderen gefolgt. vielmehr möchte ich im Folgenden mit hilfe der genannten autoren eine Unterscheidung zwischen harten regeln und flexiblen Prinzipien entwickeln, die dann ohne weitere theoretische Implikationen an die Quellen als heuristisches analyseinstrument herangetragen werden kann.71 hinzuweisen ist nur darauf, dass in der rechtswissenschaft diskutiert wird, welches die zentralen Unterscheidungsmerkmale von regeln und Prinzipien sind. häufig wird nach der Generalität einer norm entschieden, wobei den Prinzipien eine höhere, den regeln eine geringe Generalität zugesprochen wird. Diesem, wie auch weiteren Kriterien, liegt die Frage zu Grunde, ob Prinzipien regeln ähneln, ob sie (nur) graduell anders oder kategorial verschieden sind.72 Entscheidend ist, dass nach Alexy Prinzipien Optimierungsgebote darstellen, d. h. gebieten, „daß etwas in einem relativ auf die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohen Maße realisiert wird.“73 Der Erfüllung stehen damit rechtliche und auch tatsächliche hürden entgegen. Prinzipien können meist nur in einem gewissen (wechselnden) Maß erfüllt werden, während regeln immer nur entweder erfüllt oder nicht erfüllt werden können. Prinzipien sollen die Entscheidung nicht vollständig festlegen, sondern nur Gründe liefern;74 in den Worten von Dworkin: „Principles have a dimension that rules do not – the dimension of weight or importance.“75 Durch diese Dimension des Gewichts haben Prinzipien keinen 71 Fritz schwind hat 1948, s. 763 gewarnt: „Die schlimmsten Feinde einer klaren Erfassung und Wiedergabe antiker rechtseinrichtungen sind die aus dem modernen rechtsleben entnommenen […] vorstellungen, die in die geschichtliche Forschung übertragen und dort leicht auf äußerlich ähnliche verhältnisse angewendet werden, deren innere struktur jedoch ganz anders ist.“ Es wird im Folgenden in der tat weder versucht, regeln und Prinzipien als Begriffe aus antiken Quellen herauszulesen, noch behauptet, man könne sie als implizit vorhandene, römische Unterscheidung entdecken (auch wenn sogar solches vertreten wird, vgl. Behrends 1990, mehr unten in anm. 93). aber moderne Begrifflichkeiten und Konzepte, die bewusst von außen an die Quellen herangetragen werden, können einen wertvollen Beitrag zum verständnis des Funktionierens einer vergangenen rechtsordnung beitragen. Die Dichotomie regel – Prinzip bietet hier ein Erklärungsmodell für die untersuchten normenkonflikte, ohne deshalb, wie schwind (loc. cit.) befürchtete, „historische rechtsgebilde auf dem Prokrustesbett eines modernen Begriffsschemas [zu] misshandeln.“ 72 siehe für einen Überblick zur Diskussion sieckmann 1990 und 2010 sowie Borowski 1998, s. 61–98 und 2010b (beides Doktoranden von robert alexy); vgl. weiter schilling 1994, s. 85– 91. schon bei Dworkin 1977, s. 27 f. selber findet sich die aussage: „sometimes a rule and a principle can play much the same role, and the difference betweem them is almost a matter of form alone.“ Dies bezieht sich auf Fälle, wenn eine regel Begriffe wie „reasonable,“ „negligent,“ „unjust,“ oder „significant“ enthält: „Each of the terms makes the application of the rule which containes it depend to some extent upon principles or policies lying beyond the rule, and in this way makes the rule itself more like a principle.“ Ein Unterschied bleibt nach Dworkin dennoch bestehen, genau das ist aber umstritten. vgl. auch, mit anderem Fokus, hüttemann 2010, s. 90 f. für das Problem von ceteris-paribus-vorbehalten bei regeln. 73 alexy 1994a, s. 75; vgl. auch alexy 1995, s. 204, der dort von Idealen spricht, die „in ihrer realisierung sowohl von den tatsächlichen als auch von den durch andere Prinzipien definierten rechtlichen Möglichkeiten abhängig“ sind. 74 Dworkin 1977, s. 36; alexy 1995, s. 182 ff. 75 Dworkin 1977, s. 26.

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definitiven charakter, sondern sind prima-facie-Gebote; dass sie einschlägig sind, bedeutet nicht, dass man ihnen zu folgen hat, sie stellen Gründe dar, für die es aber auch Gegengründe geben kann. Umgekehrt haben Prinzipien eine gewisse „argumentationslast,“ es ist zu begründen, warum ein Prinzip einschlägig ist und welches Gewicht es bekommen soll. Bei regeln dagegen spricht Dworkin von einer „all-or-nothing fashion:“ Entweder trifft die rechtsfolge zu – oder nicht.76 Dies bedeutet nicht, dass es nicht ausnahmen geben kann, nur müssen diese nach Dworkin zumindest theoretisch vollständig aufzählbar und somit in der regel enthalten sein; im hintergrund dieser Definition steht, dass ausnahmen als erlaubter regelbruch einen teil der regel bzw. selber eine regel bilden.77 Die genannten Unterschiede zwischen regeln und Prinzipien zeigen sich auch bei Konflikten und ihren lösungen. Ein regelkonflikt kann nur durch aufnahme einer ausnahmeklausel oder einer Ungültigkeitserklärung einer der beiden regeln gelöst werden, da zwei sich widersprechende sollensurteile, zumindest aus sicht einer juristischen Geltung, nicht denkbar sind.78 Konkret gelöst werden solche regelkonflikte z. t. durch „Metaregeln“ wie lex posterior derogat legi priori oder lex specialis derogat legi generali.79 Bei Prinzipien dagegen muss ständig eine neue 76 Dworkin 1977, s. 24 f: „the difference between legal principles and legal rules is a logical distinction. Both sets of standards point to particular decisions about legal obligation in particular circumstances, but they differ in the character of the direction they give. rules are applicable in an all-or-nothing fashion.“ 77 Dies folgt auch aus den Bemerkungen in 2.1. vgl. zu diesem verhältnis von regel und ausnahme auch die spannenden kunstsoziologischen anmerkungen von rehberg 1995, s. 11 und passim. 78 siehe allerdings die differenzierenden Bemerkungen von schilling 1994, s. 372–375, der darauf hinweist, dass dies erstens nicht der logik sondern vielmehr einem allgemeinen Gerechtigkeitspostulat und rechtsstaatsprinzip geschuldet sei und zweitens z. B. nach der englischen Doktrin des „free-standing act“ auch anders gehandhabt werden könne als in der deutschen rechtsordnung, wo die auflösung des Widerspruchs erforderlich sei, vgl. dazu auch die nächste anmerkung. 79 In creifelds rechtswörterbuch (192007) findet sich kein Eintrag für regelkonflikte, vergleichbar aber ist der Eintrag für eine normenkollision: „treffen auf denselben sachverhalt inhaltlich gegensätzliche rechtsnormen gleichen ranges zu, so muss der Widerstreit, sofern nicht eine Kollisionsnorm eingreift, im Wege der richterlicher rechtsfindung gelöst werden“ (s. 825). vgl. generell zu dieser thematik den abschnitt „Konfliktlösungsregeln“ von schilling 1994, s. 396–458, zu dem im text oben genannten vorrangsätzen bes. s. 447–450. Klassische Felder für ein kompliziertes system von regeln und ausnahmen bilden der straßenverkehr (mit der stvO) oder eine sprache (mit ihrer syntax), vgl. hier nur Müller 2002, der zwar mit Bezug zur stvO davon spricht, dass „regelkonflikte“ in diesen Feldern durch „regelgewichtung“ aufgelöst werden (s. 12, bes. s. 14 mit anm. 4 [s. 18]), damit aber nur der tatsache rechnung trägt, dass ausnahmeklauseln für alle Möglichkeiten zu unübersichtlich wären und es daher ein festes rangverhältnis von regeln gibt. Dies ist nichts anderes als ein regel-ausnahme-schema und bedeutet keine (ergebnisoffene) abwägung zwischen immer geltenden Prinzipien. Einer solchen regelgewichtung entspricht in der rechtsordnung – als Kompensation der inhärenten Dynamik einer Gesetzgebung – die rechtsfigur der leges fundamentales bzw. (historisch später) der verfassung als eine höhere Ordnung, vgl. starck 1987, s. 11 oder Winterhoff 2007, s. 8–50 sowie s. 470, wo er den „ausschluß der Geltung der lex-posterioriregel“ als typisches Merkmal einer verfassung benennt. Ein solcher vorrang der verfassung

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abwägung stattfinden, die mal das eine Prinzip und mal das andere Prinzip stärker gewichten kann – ohne in dem jeweiligen Fall die Geltung eines der beteiligten Prinzipien in Frage zu stellen oder aufzuheben. Mit Alexy gesprochen: „regelkonflikte spielen sich in der Dimension der Geltung ab, Prinzipienkollisionen finden, da nur geltende Prinzipien kollidieren können, jenseits der Dimension der Geltung in der Dimension des Gewichts statt.“80 – Für die römische republik kann man zwei mögliche anwendungen von Prinzipien unterscheiden. zum einen lassen sich konkret konkurrierende Prinzipien herausarbeiten, zwischen denen abgewogen wird. zu denken wäre z. B. bei der triumphvergabe an „militärische leistung“ und „Knappheit der Ehrung“ oder auf höherer Ebene an „Kohärenz der Elite“ und „dignitas des Einzelnen.“ zum anderen kann man Prinzip als eine abwägende, flexible normierung, als Entscheidungsmodus benutzten – und damit als Gegenbegriff zur regel. Diese zweite verwendung steht bei meiner Untersuchung im Mittelpunkt. Weiter wird davon ausgegangen, dass eine rechtsordnung mit mehr regeln fester, härter, aber auch sicherer und vorhersehbarer ist, wohingegen eine rechtsordnung mit mehr Prinzipien weicher, flexibler, aber auch unsicherer ist. Beide Modelle sind gleichberechtigt vorstellbar, keines ist a priori vorzuziehen.81 In der althistorischen Forschung wird der Begriff „Prinzip“ bereits verwendet, aber – wie der Begriff „regel“ – durchaus unterschiedlich. häufig geht es um etwas Unstrittiges, nicht-disponibles, allgemeines.82 so sollen z. B. annuität und Kollegialität Grundprinzipien der römischen Ordnung sein, im Gegensatz zu der eher umkämpften, häufig modifizierten und nicht unstrittigen Iteration. Und noch grundsätzlicher wird es, wenn allen regeln der Elite die Prinzipien von chancengleichheit und Machtbegrenzung oder allgemein der Konsenssuche zugrunde lieführt u. a. auch zu der klassischen regelgewichtung in art. 31 GG: „Bundesrecht bricht landesrecht.“ 80 alexy 1994a, s. 79. 81 vgl. Möllers 2010, s. 312: „Die Untersuchung des historischen Wandels der Gesetzgebungstechnik oder der vergleich zwischen verschiedenen rechtsordnungen dürfte zeigen, dass einige rechtsordnungen regelaffiner gestaltet sind als andere. Dafür mögen historische zufälle verantwortlich sein; vielleicht gibt es aber auch gute Gründe für oder gegen die regelaffinität einer Gesetzesordnung: versteht man recht als Form kontextsensibler lösung individueller Konflikte, dann mag eine auf Fallrecht beruhende rechtsordnung ohne regeln angemessen erscheinen. versteht man dagegen eine rechtsordnung als ein system prinzipieller Entscheidungen, die eine vorhersehbare anwendung erlauben, mag dies für eine regelaffine rechtsordnung sprechen. 82 Klassisch für die vorstellung von Grund- und strukturprinzipien der republik sind z. B. die ausführungen von täubler 1935 [1985], s. 23: „Gleich zu Beginn müssen die Prinzipien festgestellt worden sein, die das ordentliche amt im römischen und republikanischen sinn zur Magistratur machten: die Wahl durch das volk, die amtshoheit (imperium, potestas), die scheidung domi – militiae, die Kollegialität, die annuität.“ Bezogen auf den militärischen Gehorsam im Feld spricht von lübtow 1955, s. 103 z. B. von der Disziplin als einem „Grundgesetz.“ siehe auch Ducos 1984, s. 177–182 für sog. „lois fondamentales“ wie die Unverletzlichkeit der volkstribune oder die Provokation. Interessant ist, dass z. t. inhaltliche divergierende Meinungen diese terminologie spiegelbildlich beibehalten, so sieht Kloft 1977, s. 87 gerade „weder ahistorische noch unabänderlich geltende Prinzipien“ sondern spricht von, man möchte ergänzen: bloßen, „regulationsmechanismen“ der nobilität.

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gen sollen;83 die comitia centuriata nach David auf einem „principe dʼégalité géometrique“ beruht oder in Claudia Moattis raison à rome eben jenes Konzept der vernuft als „principe de pensée“ auftaucht.84 Wenn aber auf der anderen seite auch die annuität „flexibel gehandhabt werden kann“ und man ein „spannungsverhältnis zwischen Prinzip und Praxis“ aufmacht,85 deutet dies eher in richtung derjenigen „prinzipiellen Geltung,“ die umgangssprachlich eben „im Prinzip“ und damit nicht immer gilt. In Rüpkes Interpretation des tötens von cousins und der schwester in der legende der horatier heißt es: „norms were lifted on a level of general principles,“ was nichts anderes bedeutet, als dass vom konkreten Fall abstrahiert wird und „Prinzip“ als allgemeine, generalisierte norm verstanden wird.86 neben dem Begriff „regel“ bedarf also auch der Begriff „Prinzip“ einer jeweiligen Explikation. sinnvoll erscheint es mir, auf der einen seite von fundamentalen Grund- und strukturprinzipien zu sprechen, sofern damit wirklich tiefliegende strukturen (der comitia centuriata, der Ämter oder auch der ganzen Gesellschaft) gemeint sind.87 auf der anderen seite kann dann ein flexibler Prinzipienbegriff i. s. der vorgestellten rechtsprinzipien benutzt und, gerade in abgrenzung von, sowie im zusammenspiel mit einem spiegelbildlich definierten regelbegriff, fruchtbar auf normen des öffentlichen lebens der res publica angewandt werden. Dies ist bis jetzt noch kaum geschehen, auch nicht in der rechtshistorischen Forschung; die wenigen studien auf diesem Gebiet sollen kurz vorgestellt werden. In den vorlesungen von Fritz Schulz über „Prinzipien des römischen rechts“ geht es zunächst nicht darum, „die elementaren, leitenden normen des positiven römischen rechts“ darzulegen, sondern „die Grundanschauungen der an der rechtsbildung beteiligten römer von recht und Gerechtigkeit zu erkennen.“88 Die von Schulz untersuchten Prinzipien sind Gesetz und recht, Isolierung, abstraktion, Einfachheit, tradition, nation, Freiheit, autorität, humanität, treue und sicherheit.89 Der ansatz der studie reicht also weit über Konflikte im staatsrecht der republik hinaus. Schulzʼ ausführungen über recht und Gesetz sind hier allerdings von einigem Interesse, er führt aus, dass die römische auffassung eine Kodi83 vgl. für chancengleichheit und Machtbegrenzung nur hölkeskamp 1987, s. 247 oder Beck 2005, s. 50 und s. 406. scholz 2005, s. 147 spricht von „aristokratischen Prinzipien der sozialen Kooperation, der Konsenssuche und der Kontrolle der herrschaftsausübung zum nutzen der res publica.“ 84 David u. a. 2000, s. 21 f.; Moatti 1997, s. 14. 85 so beispielsweise Beck 2005a, s. 51 f. 86 rüpke 1992, s. 72. 87 Ein ähnlicher Gedanke findet sich, mit anderer terminologie, schon bei Jhering 1894, s. 276, der solche Grundsätze wie die nichtwählbarkeit von Frauen oder die zwingend erforderliche Beachtung der auspizien im Unterschied zur „bloßen staatsrechtlichen sitte und Praxis“ als „das eigentliche Gewohnheitsrecht“ im staatsrecht auffasst. 88 schulz 1934, s. 1. 89 Eine knappe zusammenfassung aller Prinzipien bietet Gelzer 1935, s. 284 f., der in seiner rezension die „außergewöhnliche Bedeutung“ des Werkes „für die gesamte altertumswissenschaft“ bekanntgeben möchte. Eine ähnliche liste übergeordneter „leitideen“ findet sich schon bei cicero selbst, der (inv. 2,65) davon spricht: ac naturae quidem ius esse, quod nobis non opinio, sed quaedam innata vis adferat, ut religionem, pietatem, gratiam, vindicationem, observantiam, veritatem.

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fikation grundsätzlich ablehne, aber auch bei der Einzelgesetzgebung eine „strenge zurückhaltung“ walten lasse: „Das volk des rechts ist nicht das volk des Gesetzes.“90 Er spricht weiter von einer leisen und „allmählichen Fortbildung an hand der Fälle und im Wege der juristischen Diskussion,“ was insgesamt zu der these führt: „Daß mit diesem ungemein elastischen, unstarren system eine große rechtsunsicherheit notwendig verbunden war, liegt auf der hand; die römer der republikanischen und klassischen zeit haben sie in Kauf genommen.“91 Beschränkt auf die rolle von richtlinien bei der Interpretation von normen tauchen Prinzipien auch bei Alan Watson auf, wobei sich solche Prinzipien wie „wörtliche Interpretation“ und „Wortsinn“ in rom auf die auslegung von testamenten und verbote beschränken, für Gesetze dagegen keine zu finden seien.92 anders Okko Behrends, der gerade auf den Unterschied von institutionellem Denken (was gesetzten regeln entspricht) und prinzipiellem Denken im römischen Privatrecht hingewiesen hat.93 Während im ersten Fall rechte und Pflichten völlig 90 schulz 1934, s. 4; ein solcher satz bleibt so abstrakt immer erklärungsbedürftig. starke Kritik kommt z. B. von Watson 1974, s. 61, der dies für „contrary both to what the romans themselves felt and to the truth“ hält. Mir geht es hier einfach um den Gegensatz zwischen festen Gesetzen und flexiblerem recht. Interessant ist der hinweis von schulz (s. 8 f.), dass die anschauungen über Kodifikationen prägend für savigny wurden: „als die angemessenste art der Entwicklung von rechtsnormen“ macht schulz die „normenbildung durch eine von der Jurisprudenz geleitet Praxis“ aus. Die Betonung der juristischen Praxis und damit die rolle der prätorischen edicta deckt sich dann mit Watson 1974, s. 61 f., der selber 1972, s. 225 ausführt: „where it seemed socially desirable the jurists of the late republic were prepared to be ruthless and make original and extreme interpretations.“ vgl. für das induktive verfahren der römer, das dem „Fall angemessene „Recht zu bilden,“ während heutzutage ein Fall in „das objektive system des rechts eingeordnet“ werde, schwind 1948, s. 767. 91 schulz 1934, s. 12; vgl. in dieser richtung auch die Bemerkung von schulz (s. 2), welche sich auf das hier explizierte Modell einer ständigen abwägung übertragen lässt: „Gegenüber den rechtsgeschichtlichen Einzeltatsachen erscheinen die Prinzipien in dem hier bezeichneten sinne als Konstantes, aber auch sie unterliegen natürlich dem Gesetz der Wandlung, auch sie haben eine Geschichte. Diese Wandlungen sind zu ermitteln und darzustellen; ja es liegt ein besonderer reiz in der Betrachtung des ringens um ein Prinzip, wie es sich seine anerkennung erkämpft, von den anderen Prinzipien gekreuzt und zurückgedrängt wird, auch wohl wieder ganz verblaßt und seine Gestaltungskraft einbüßt.“ Man fühlt sich, wenn auch mit anderer Konnotation, an das vielfach zitierte Diktum von Franz Wieacker erinnert: „so ist auch die römische verfassungsbildung ein beständiges muddle through, ein Improvisieren für den tag, ein anbauen und Flicken, das nicht von der Einheit der geistigen anschaung, sondern von der Einheit des handelns in der täglichen anforderung gelenkt wird und eben deshalb die verzweifelung der modernen staatstheoretischen Deutung ist“ (Wieacker 1944, s. 57). Diese arbeit teilt die Beschreibung des „muddle through,“ bietet aber mit Prinzipien dafür ein rechtliches Modell (und also sehr wohl eine mögliche „moderne staatstheoretische Deutung“) und sieht in der Flexibilität gerade den Grund für stabilität, siehe dazu 8.2. 92 vgl. Watson 1974, s. 123; daneben geht es noch um Fortbildung des rechts, wie durch den verkaufsvertrag (emptio venditio). 93 vgl. Behrends 1978. nach Behrends ist der Gegensatz zwischen institutionellem und prinzipiellem Denken vor allem eine Methodenfrage, nach welchem Grad rechte und Pflichten klar bestimmt sind. Während Institute „an hand präziser entweder gesetzlicher oder jurisprudentiell festgelegter Begriffsmerkmale“ definiert sind (s. 188), tritt ein Prinzip mit einer „gewissen notwendigen Unbestimmtheit“ auf (s. 190). Für das römische Privatrecht sieht Behrends die

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klar sind, kann solchen „präzisen rechtsinstituten“ u. a. das Prinzip der bona fides, das Prinzip von treu und Glauben (heutzutage § 242 BGB), entgegengesetzt werden. solche Prinzipien bleiben notwendig unscharf und sind im Ergebnis oft „schwankend und streitig“, da sie immer neu konkretisiert werden, dennoch aber durchaus die lebenswelt bestimmen.94 so wie Behrends zur verdeutlichung eine analogie vom BGB zum Grundgesetz zieht – wo fast alle unsere Grundrechte Prinzipien sind –,95 kann man auch, so meine Überzeugung und mein vorhaben, den Prinzipienbegriff fruchtbar für ein römisches staatsrecht verwenden. Ein letztes Wort zur terminologie, um Missverständnissen vorzubeugen und zur eingeforderten begrifflichen und konzeptuellen Klarheit beizutragen. regel und norm können beide als ein weiter und allgemeiner Begriff benutzt werden, wobei dafür – wie noch in diesem Kapitel, besonders in 2.1 – meistens eher der Begriff regel anwendung findet. allgemein betrachtet werden daher in dieser arbeit regelkonflikte untersucht (die genauso gut auch als „normenkonflikte“ bezeichnet werden könnten). Da aber im weiteren verlauf der arbeit bei der analyse eben diesabinianische rechtsschule mit Prinzipien-Denken als Gegenmodell zum (in der römischen Jurisprudenz vorherrschenden) Denken in Instituten der Prokulianischen rechtschule (s. 192 ff.), beide schulen werden als zwei Denkebenen angesehen (s. 196). hauptsächliches Beispiel ist dann der Kaufvertrag (ab s. 198); dem heutigen schuldrecht in Deutschland attestiert Behrends eine prokulianische oder klassisch institutionelle Kodifikation zu sein, daneben aber eine sabinianische Privatrechtsjurisprudenz zu haben, die das Gesetz überarbeitet (s. 202). Für rom zeigt Behrends weiter den Gegensatz zweier „rechtliche[r] Kulturanthropologien“ auf, zwischen einer festlegenden, durchgeplanten und abgeschlossenen Jurisprudenz als kunstvollem zivilisationsprodukt auf der eine seite und einer nicht vom leben getrennten rechtsfindung durch Prinzipien auf der anderen seite; vorgeführt wird es an der Klagbarkeit des tausches (s. 216 ff.): Während für die Prokulianer der tausch als vorzivilisatorisches Produkt nicht klagbar war, galt nach den sabinianern das Prinzip des „verantwortungsbegründenden vertrauens“ (s. 219). Interessant ist, dass nach Behrends zur zeit der republik die „prinzipielle richtung geherrscht habe“ (s. 219), und dass mit der Maxime der bona fides als „summa vis“ eine kooperative solidarität der Maßstab im recht gewesen sei (s. 222). Besonders aber die Unternehmer und ritter hätten dann ein berechenbareres recht, ohne eine solche „ungeheure Generalklausel,“ gewünscht (s. 222), was zu den fest umrissenen Instituten geführt habe, neben die dann in der Kaiserzeit das jurisprudentielle Prinzip der sabinianer nur noch ergänzend hinzutrat. (s. 230). Behrends hat seine Überlegungen 1990 mit verstärktem Fokus auf dem BGB fortgeführt; beide arbeiten sind 2004 dann erneut in einem auswahlband erschienen, der den bezeichnenden titel trägt: „Institut und Prinzip.“ Bei Behrends 1990 findet sich des Weiteren nicht nur die these, dass sich der „Prinzip-regel-Dualismus“ schon im Begriff des antiken civis finden lasse (s. 62), sondern auch der hinweis, wie eng sich das „privatrechtliche struktur-Wert-Modell“ mit dem „regel-Prinzipien-Modell“ von alexy berühre (s. 63). 94 Behrends 1978, s. 190. solche stark interpretationsoffenen termini wie treu und Glauben führen weiter auch teilweise zu einer Brechung der trennung von recht und sitte, wenn z. B. das „herkommen die richtschnur für die rechtliche Billigung“ wird und damit das recht „dem sittlichen Ideal der Gerechtigkeit, der aequitas, entspricht,“ so Kaser 1940, s. 139 f. 95 so will das Bundesverfassungsgericht z. B. den Begriff der Menschenwürde bzw. den tatbestand einer verletzung derselben nicht generell angeben, sondern „nur in ansehung des konkreten Falles“ entscheiden, so alexy 1994a, s. 79 ff., der einige analysen der höchstrichterlichen rechtsprechung bietet; u. a. in BverfGE 35 (202 ff.) ist von einer „spannungslage“ zwischen „schutz der Persönlichkeit und der Freiheit der Berichterstattung“ (s. 219) und einer „Güterabwägung im konkreten Fall“ (s. 222) die rede.

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ser Konflikte regeln als relativ feste vorschriften (evtl. zusammen mit klaren ausnahmen) eher flexiblen, immer abzuwägenden rechtsprinzipien sowie fundamentalen, teilweise unbewussten Grund- und strukturprinzipien gegenüberstellt werden, wird kontinuierlich zu differenzieren sein, ob regel als Oberbegriff im sinne von norm oder als spezifische (feste) ausformung einer norm gemeint ist. Da diese Begriffe alle in der Umgangssprache verschiedenen Konnotationen unterliegen, muss jeweils genau der Kontext der verwendung beachtet werden. Es werden also (im weiten sinn) regelkonflikte untersucht, die mit hilfe der Unterscheidung von erstens regeln (im engen sinn), zweitens rechtsprinzipien und drittens strukturprinzipien erklärt und gedeutet werden können. Gibt es abweichungen von einer norm, so kann es sich bei regelkonflikten (im engen sinne) um einen devianten regelbruch oder eine erlaubte ausnahme handeln, bei Prinzipienkollision um eine nötige abwägung zwischen rechtsprinzipien und bei abweichungen von fundamentalen strukturprinzipien entweder um eine Form von neuer normgenese oder um einen eklatanten Bruch stillschweigender spielregeln. am Ende werden aussagen über normen (oder regeln im weiten sinne) des verfassungsrechts in rom getroffen, wie beispielsweise über das nebeneinander verschiedener Geltungssphären oder den normwandel zwischen 200 und 180. – Dieses Begriffsraster kann und soll nicht mit Begriffen wie lex, mos oder ius gekoppelt werden; auch wenn Gesetze heute oder leges in rom vielleicht häufig eher eine klare und eindeutige norm i. s. einer regel (im engen sinn) darstellen, ist dies weder notwendig der Fall, noch erscheint es sinnvoll, die spezifische, aber auch kontingente Form römischer normen mit der modernen Unterscheidung von regeln und Prinzipien zu verklammern.

ZWEiTER TEil REgElkoNFlikTE iN Rom: viER FAllklAssEN

3 rEGElKOnFlIKtE BEI WahlEn 3.1 EInlEItUnG Das thema Wahlen greift die spannung zwischen Individuum und Gemeinschaft, zwischen ambitioniertem Kandidat und Elite vielleicht am prägnantesten auf. Ist doch gerade ein amt, ein honos, die Möglichkeit schlechthin, für ein Jahr eine herausgehobene stellung zu beanspruchen und danach mit höherem Prestige, in einer anderen rangklasse im senat, in die Gemeinschaft der nobiles zurückzukehren, welche sich wie wohl kaum eine andere adelsgesellschaft durch leistung in und an ihrer res publica identifizierte und definierte.96 auch wenn ein Magistrat immer lebenslang senator war, sind es doch die honores, die in besonderer Weise den Erwerb von ruhm und ansehen ermöglichen.97 auf der anderen seite steht das volk, welches bei Wahlen im Wortsinne entscheidend war, aber, mit Simmel gesprochen, die dem Wettbewerb selber fernstehende Instanz bildete, welche den Preis (das amt) vergibt, ohne diesen selbst zu bestimmen.98 Die Frage ist dann, ob das volk in den volksversammlungen auch über die regeln der Wahl selber entscheiden konnte oder auch hier auf die vorgaben und Entscheidungen der Elite angewiesen war. In jedem Fall waren die vorschriften, wer wann gewählt werden durfte, nicht immer klar und manchmal umstritten. Ein wirklicher normalfall lässt sich sogar nur schwer und auch nur zeitlich begrenzt konstatieren. Dennoch steht am anfang dieses Kapitels eine skizze von Ämterstruktur und Wahlverfassung, um die Grund96 vgl. das mittlerweile klassische Diktum von Meier rPa, s. 47: „Wer Politik trieb, gehörte zum adel, und wer zum adel gehörte, trieb Politik“, siehe dazu bestätigend hölkeskamp 2006b, s. 372 f., 2008, s. 88. Für das nebeneinander von kontinuierlichen rollen von Priester, Patron, senator und Magistraturen, nach deren ablauf man eben auch in den kollektiven rollen eine höhere rangstufe einnahm, vgl. Beck 2009, s. 63. 97 hölkeskamp 2005 s. 128 spricht in diesem zusammenhang von einer doppelseitigen Identität der Magistrate. vgl. für das Konsulat als „ticket into a permanent status group“ jetzt auch Jehne 2011a, s. 222. hinzu kommen dann die Möglichkeiten, durch ein großes Kommando, militärischen ruhm und evtl. sogar einen triumph zu erreichen. 98 zuletzt hat hölkeskamp 2004a, s. 85–92, 2006b, s. 377 ff., 2008, s. 89 gezeigt, wie sinnvoll sich das Konzept von Georg simmel auf die Formen von Konkurrenz und Konsens in der römischen republik anwenden lässt. Man kann die Idee, dass streit durch eine dritte Instanz geschlichtet wird, noch weiterspielen und Konkurrenz im sinne von simmel als produktives Element einer Gemeinschaft betrachten, so sie denn „subjektive Motive als Mittel darbietet, um objektive soziale Werte zu erzeugen“ (simmel 1999, s. 326). vgl. auch rosenstein 1993, bes. s. 335, der ausgeführt hat, dass selbst in militärischen notlagen starke Wahlkämpfe an der tagesordnung waren, aber dass die Wahl durch die comitia weitaus eher als eine senatsentscheidung von allen akzeptiert und so ein möglicher affront gegenüber den nicht ausgewählten vermieden wurde. – Für die späte republik geht Jehne 2009b sogar so weit, von einer fast zufälligen Entscheidung der Wähler ohne große Präferenzen auszugehen, was nur für die individuellen Kandidaten, aber auf Grund der annähernd gleichen Qualifikationen fast aller nicht für die Wähler oder die res publica einen großen Unterschied ausgemacht habe.

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strukturen darzulegen; dabei werden aber auch an einem Beispiel unklare regeln und vor allem verschiedene Interpretationen in der Forschung ausgeführt. Dann folgen die überlieferten regelkonflikte, zunächst chronologisch und dann systematisch, geordnet nach vorschriften und voraussetzungen für ein amt. 3.2 EInE sKIzzE vOn ÄMtErstrUKtUr UnD WahlvErFassUnG an dieser stelle kann unmöglich eine ausführliche Darstellung der ganzen „römischen Wahlverfassung“ stehen. Es sollen nur Grundlagen und spezifika, die für eine Untersuchung der Wahlen wichtig sind, kurz dargelegt werden: Welche Ämter galt es wann und durch wen zu besetzen? Und welche vorschriften (normativer und traditionaler art) waren dabei zu beachten? zu berücksichtigen ist, dass jede ausnahme regeln, jede abweichung eine norm voraussetzt, was bei der Frage nach regelkonflikten im Bereich der Wahlen ein besonderes Problem darstellt. Denn gerade hier sind die – auch ungeschriebenen – vorschriften und normen einem steten Wandel unterworfen: Gesetze sind meist eher nachträgliche Positivierung bereits geltender regelungen oder ausformulierungen von Gewohnheiten, die umstritten geworden waren und erst nach Konflikten formalisiert wurden, und umgekehrt braucht es manchmal längere zeit, bis sich die Geltung neuer normen tatsächlich durchsetzt;99 dies wird vorab mit einem kleinen Exkurs zu den leges Liciniae Sextiae sowie der lex Genucia exemplarisch vorgeführt. aber auch die Ämter selber, um die es bei einer Wahl geht, sind zum teil situativ entstanden.100 Für einen abriss von Ämterstruktur und Wahlverfassung ist daher zunächst 367/366 als anfang festzusetzen. hier beginnt die klassische Ordnung der römischen honores mit dem zweistelligen Konsulat und zunächst einer Prätur, der aedilität, Quästur und den zehn volkstribunen.101 zu beachten ist dann besonders die Entwicklung der Prätur mit der Einsetzung eines praetor peregrinus 242, der Erhöhung der amtsstellen auf zunächst vier (227) und dann auf sechs (197), wodurch sich auch 99 vgl. Beck 2005a, bes. s. 46 f. und s. 51, der bei rechtsvorschriften des 4. und 3. Jahrhunderts eine „spezifische[n] Deutungsebene von normativität und legalität“ konstatiert. Eder 1990, s. 31 spricht von einer „Dialektik von Genesis und Geltung.“ 100 vgl. Bleicken 1975, s. 347–377 und Beck 2005a, s. 33–36. Magdelain 1964, s. 308 f. weist darauf hin, dass die Ämter selber keine „charte initiale“ hatten, nicht durch Gesetz oder „sanction législative,“ sondern durch Kompromisse zwischen Patriziern und Plebejern entstanden sind. nach Magdelain liegt die amtsgewalt daher auch nicht im amt selbst begründet, sondern muss jedem amtsinhaber individuell durch ein Kuriengesetz übertragen werden. vgl. für diese Interpretation der lex curiata auch Magdelain 1968, wobei seine sicht umstritten ist; siehe für einen Überblick über die wenigen Quellenstellen und vielen Forschungsmeinungen stasse 2005. 101 zu diesen Ämtern vgl. die entsprechenden Passagen in Mommsen str, Kunkel/Wittmann 1995, für die Prätur darüber hinaus Brennan 2000. Die aedilität wie auch die Quästur reihen sich zwar in den entstehenden cursus honorum ein, werden aber nicht als notwendige stufen vor anderen Ämtern angesehen und sind daher auch nicht (oder nur sehr selten) Gegenstand von Konflikten oder regelkonflikten. siehe für einen Überblick aller dieser Entwicklungen jetzt Beck 2005a, s. 31–44. Für die hier nicht behandelte zeit vor 367 siehe u. a. die kurze, prägnante skizze von humm 2002, s. 148 f.

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die stellung des amtes selber verändert. zunächst (bis 336) sind nur Patrizier Prätoren, das amt erscheint als Kompensation für das nunmehr für Plebejer offene zweistellige Konsulat. auch wird die mit imperium versehene Prätur bis 242 (und dann teilweise wieder während der Bedrohung durch hannibal) noch von Konsularen besetzt.102 In späterer zeit sind umgekehrt die Konsuln meist durch ein sonderamt wie dictator, magister equitum oder durch ein prokonsularisches imperium ausgezeichnet, bevor seit 197 die Bekleidung der Prätur vor dem Konsulat „zur regel“ wird.103 neben einer klaren rangfolge entsteht damit gleichzeitig das Problem, dass nicht alle Prätoren auch Konsuln werden können, es kommt zu einer „zuspitzung des stellenkegels.“104 allen Magistraturen, von Konsulat bis volkstri102 vgl. u. a. Develin 1979, s. 16 f. für diese (sinnvolle) Entwicklung gerade bei einem Einsatz des Prätors als militärischer Befehlshaber sowie dann Beck 2005a, s. 63 ff. Für die zeit um 300 weist humm 2002, s. 149 f. in diesem zusammenhang zum einen auf die beiden Präturen von appius claudius caecus nach dessen Konsulaten von 307 und 296 und dann zum anderen auf die Kompetenz der prätorischen rechtsprechung hin, gegen die (bis auf wenige, von Gewalt begleitete ausnahmen) keine konsulare Interzession ausgeübt wurde. Gegen die Idee eines schon ursprünglichen rangverhältnisses zwischen Konsuln und Prätoren spricht auch, dass letztere dem auguren Messala zu Folge als Kollegen der Konsuln ebenfalls träger der auspicia maxima waren (Gell. 13,15,4) und unter den gleichen auspizien gewählt wurden (liv. 3,55,11; ein Beispiel ist die Wahl 295 bei liv. 10,22,9); schließlich kann man umgekehrt auf die Begriffe eines praetor maximus (liv. 7,3,5; Festus p. 152,28 ff. l) und die (mögliche) Entstehung des Begriffs consules von consulere (varro ling. 5,80), eben als der sich beratenden und damit zusammenarbeitenden Magistrate, hinweisen; siehe für diesen letzten Punkt und die rolle der sortitio dabei stewart 1998 (sowie zu stewart auch humm 2002). 103 Für die Frage, ob dies durch Gesetz geregelt war oder sich nur regelmäßig ergab, vgl. 3.4.1.b. 104 siehe für diese zuspitzung des stellenkegels besonders Beck 2005a, s. 36–39: Während die chance, ein amt cum imperio zu bekleiden, stieg, konnte nur noch jeder dritte Prätor auch wirklich Konsul werden, was zu einer Intensivierung der Wahlkämpfe führte. Eine gewisse linderung ist allenfalls bei extremen militärischen verlusten denkbar, nicht aber durch die statistische lebenserwartung. letztere lag nach scheidel 1999, s. 280 und 2001a, s. 25 (trotz rekonstruktionsproblemen und variationsmöglichkeiten) im Durchschnitt zwischen 20 und 30 Jahren, und dies interessanterweise bei angehörigen der Elite nicht anders, dort war sie sogar eher noch geringer, bedingt durch die lebensverhältnisse in einer großen stadt, vgl. scheidel 1999, s. 254–266 sowie s. 280, der ausführt, dass selbst die römischen Kaiser keine höhere lebenserwartung als ihre Untertanen hatten. Die angabe für das lebensdurchschnittsalter ist bedingt durch eine hohe Kindersterblichkeit; bei Walter scheidel bedanke ich mich an dieser stelle auch für den hinweis, dass in der lebensspanne zwischen 40 und 42 Jahren, also zwischen der Prätur und dem Konsulat, 4–5 % der jeweiligen alterskohorte für die Wahl ausfallen, was an dem stellenkegel aber nichts ändert, zumal pro Jahr und Wahl vier potentielle Kandidaten gleichsam übrig bleiben, der Bewerbungsdruck also stetig zunimmt. Konsequenzen des stellenkegels sind auch für die anderen Ämter wahrscheinlich, da nun einige Prätoren nicht die aedilität bekleiden konnten, wurde letzteres amt exklusiver und mussten jene umgekehrt sich anders, durch Gesandtschaften oder im volkstribunat, profilieren, vgl. dazu Bunse 2009, s. 135. Umgekehrt führt nach Bunse (op. cit. s. 139 ff.) die Erhöhung der Prätorenstellen 197 und die sich daraus ergebenen größeren anzahl plebejischer Kandidaten für das Konsulat schließlich zu der Öffnung des Konsulats 172. Die vorstellung aber, die tatsächlich erst Ende des zweiten Jahrhunderts einsetzende häufige(re) Bekleidung des Konsulats durch zwei Plebejer ausgerechnet an der lex Gabina von 139 festzumachen, überzeugt mich dagegen nicht; deren auswirkungen sind nicht nur hoch umstritten, sondern vermutlich auch stark überschätzt, vgl. so zuletzt, wenngleich mit unterschiedlichen schwerpunkten, Feig vishnia 2008 und lundgreen

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bunat, sind dabei zwei strukturprinzipien gemeinsam: Kollegialität und annuität – als ausprägung eines Kompromisses zwischen Effektivität und Kontrolle der handelnden. Gewählt werden alle (ordentlichen) Magistrate von den comitia populi Romani, den volksversammlungen. Dass es mehrere versammlungen in rom gab, mit sich z. t. überschneidenden Kompetenzen, ist allein schon eine große Besonderheit.105 Für die Wahlen sind hier nur die comitia centuriata und die comitia tributa bzw. für die plebejischen Magistrate das concilium plebis interessant. zu erwähnen sind die sehr unterschiedlichen strukturen beider versammlungen, wiewohl dies für die Frage der regelkonflikte nicht zentral ist. Die comitia centuriata gliederten sich in 193 zenturien, was ihre militärische struktur ebenso widerspiegelt wie der Campus Martius als ihr versammlungsort außerhalb des Pomeriums.106 Dagegen trafen sich die comitia tributa, die aus 35 tribus, vier städtischen und 31 ländlichen, bestand, meist auf dem Comitium oder dem capitol.107 Wichtig sind an dieser stelle nur zwei Besonderheiten. zum einen ist jeder männliche, erwachsene Bürger gleichermaßen zur abstimmung berechtigt. zum anderen sind aber für abstimmung und auszählung nicht die stimmen aller Bürger entscheidend, sondern die Mehrheiten der genannten stimmgruppen.108 Die auswirkungen dieser struktur werden erst deutlich, wenn man sich die comitia centuriata, in denen die Konsuln und Prätoren gewählt wurden, genauer ansieht, denn die 193 zenturien gliederten sich nach timokratischen Gesichtspunkten in fünf (Wahl-)Klassen sowie 18 zenturien der equites. Während alleine in der letzten, der 193. zenturie, fast die hälfte aller Bürger eingeschrieben gewesen sein soll, waren die sog. erste Wahlklasse mit 70 zenturien und die ritter mit 18 zenturien (bei Einigkeit) von der Mehrheit von 97

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2009b. Es bleibt bei der zuspitzung des stellenkegels für die verschiedenen Ämtern zu differenzieren, zwischen rechtlichen vorschriften und möglichen häufigen, aber nicht normierten Konsequenzen solcher vorschriften. vgl. nur Jehne 2005b, s. 143, s. 148. Ich gehe hier von den bereits reformierten zenturiatskomitien aus. Die genauen vorgänge und auswirkungen dieser reform sind unklar, ebenso der zeitpunkt, der wohl zwischen 241 und 218 anzusiedeln ist. auch ist nicht klar, wer eigentlich diese reform durchgesetzt hat. Für diesen abriss wird man aber festhalten können, dass a) die erste Klasse von 80 auf 70 zenturien reduziert wurde, und so für eine Mehrheit eine Partizipation zumindest auch der zweiten Klasse nötig war, und dass b) aus der ersten Klasse eine sog. centuria praerogativa ausgelost wurde, die einzeln als erste abstimmte. Damit verloren die ritter das vorrecht der ersten stimmabgabe, wobei sie mit der Position vor der zweiten Wahlklasse vielleicht auf diese weiterhin einen Einfluss ausübten. siehe dazu Grieve 1985, s. 309 (m. w. v. für die reichliche Forschungsliteratur auf s. 278). Diese anzahl wurde nach mehreren Erweiterungen 241 erreicht, siehe u. a. cornell 1995, s. 379; für die abstimmungsorte siehe taylor 1966a, s. 34–58; für eine Übersicht auch nicolet 1979, s. 308 f. Wahlen in den comitia tributa konnten in der späten republik auch auf dem Marsfeld stattfinden. vgl. hall 1964, s. 267 ff., die dabei auf einige Ähnlichkeit bei abstimmungen in sog. „interstate negotiations“ im griechischen raum hinweist (s. 286) sowie bes. Jehne 2003, der darüber hinaus ausführt, dass es nicht unbedingt um eine Mehrheitsfindung und Entscheidung, sondern (zumindest auch) um ein integratives ritual und schlicht ein Erlebnis ging.

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stimmeinheiten nicht weit entfernt.109 Für das hier untersuchte thema ist weiter auf ankündigungsfristen von Wahlen, die nur an dies comitiales stattfinden durften, sowie auf eine reihe von regeln und ritualen im vorfeld einer versammlung hinzuweisen, wie etwa das Einholen der auspizien oder das zusammenrufen der Bürgerschaft durch einen herold.110 Ein verstoß hiergegen oder ein Unterbleiben von solchen und anderen Präliminarien konnte dabei ein Grund für den abbruch der versammlung sein. so soll 63 der Prätor Metellus einen abbruch der comitia centuriata erzwungen haben, indem er die rote Fahne auf dem Janiculum einholte, die während einer abstimmung dort wehen musste.111 Interessant ist, dass dieses 109 Diese Darstellung müsste im Detail modifiziert werden. so bezieht sich die angabe über die 193. zenturie (von Dion. hal. ant. 4,18,2; 7,59,6) auf die Ordnung unter servius tullius. selbst wenn man der angabe glaubt, müsste die Bevölkerungsentwicklung berücksichtigt werden. Eine andere verhältnisangabe findet sich bei cicero (rep. 2,39), nach der in einer der unteren 96 zenturien mehr Bürger eingeschrieben sind als in der prima classis, vgl. dazu lintott 1999, s. 57 anm. 77. Entscheidend ist, dass so ‚keiner vom recht der stimmabgabe ausgeschlossen wurde,‘ aber doch ‚die abstimmungen nicht in der Macht der Masse waren‘ (cic. rep. 2,40 und 2,39). auch die Behauptung der fast zu erreichenden Mehrheit allein durch ritter und erster Wahlklasse ist zu hinterfragen. Die 70 Einheiten der ersten Wahlklasse gliederten sich in die seniores und iuniores der 35 tribus und zumindest für die vier städtischen tribus (also acht zenturien) ist das abstimmungsverhalten vielleicht nicht immer klar der ansonsten ländlich geprägten ersten Wahlklasse zuzurechnen; wobei dafür wiederum überlegt werden müsste, was eigentlich die genaue Qualifikation für die erste Klasse war, vermögen oder Grundbesitz. Problematisch sind auch Fragen des zuzugs und der registrierung sowie generell die natur der ersten Wahlklasse, konkret ob es sich um arme reiche handelt, die die Interessen „der Elite“ vertreten, oder eher um reiche arme, handwerker oder eine art „Mittelschicht,“ siehe dazu bes. Yakobson 1992, s. 43 ff. und 1999, s. 212. Ob auch die weiteren Klassen der comitia centuriata zusätzlich nach tribus gegliedert waren, ist eine der größeren Kontroversen der Forschung, siehe nur Grieve 1985, s. 279. Weiter muss noch darauf hingewiesen werden, dass diese Ungleichheit der zenturien nichts genuin Merkwürdiges oder Ungehöriges darstellte, in dieser extremen Form auch nicht von anfang geplant war, vgl. hier nur cornell 1991, s. 53 ff., bes. s. 57: „the idea of ‚proportional equality‘ was deeply rooted in the system. It was not invented later by a dominating rich class but kept unchanged although justification ceased;“ ähnlich schon hall 1964, s. 269 ff., staveley 1972, s. 72 oder zuletzt David 2000, s. 21, der von einem principe dʼégalité géométrique spricht, was bis zum Ende des zweiten punischen Kriegs durch die enormen Kontributionen der oberen Klassen auch nichts von seiner Geltung (valeur) eingebüßt habe; aber auch später wird ein solches Grund- bzw. strukturprinzip nie in Frage gestellt. als letztes soll das Problem der Beteiligung angerissen werden. Da sämtliche Wahlen (wie alle abstimmungen) in rom stattfanden, mussten abstimmungsberechtigte entweder z. t. längere Wege in Kauf nehmen oder aber den Wahlen fernbleiben. auf Grund der Bevölkerungsentwicklung und der Bürgerrechtsverleihungen einerseits und der räumlich begrenzten abstimmungsplätze andererseits sieht scheidel 2006, s. 218 f. die theoretische Beteiligungsmöglichkeit in den comitia centuriata von 346 bis 69 von 100 % auf weit unter 10 % fallen, schon für 225 werden nur noch gut 20 % angenommen. Für legislative comitien war die mögliche Partizipationsrate auf Grund der kleineren Plätze noch weit geringer. voraussetzungen aller Berechnungen, die nur richtwerte darstellen, ist das Bevölkerungsmodell der sog. lowcounter, im Gegenmodell der high-counter wäre die mögliche Partizipationsrate noch viel kleiner, vgl. für beide Modelle (mit argumenten für die low-counter) scheidel 2006, s. 208 ff. sowie ausführlich 2001b, siehe dazu aber auch crawford 2008, s. 639 ff. 110 vgl. nur Mommsen str III, s. 385 ff. 111 cass. Dio 37,27,3; im anschluss (37,28,1–4) erläutert Dio die Bewandtnis der Fahne, deren

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vorgehen keinen regelkonflikt bedeutet, da niemand gegen den abbruch auf Grund der aktion von Metellus protestiert, der abbruch als ordnungsgemäß oder zumindest nicht als „unnormal“ erscheint. Für die Frage nach (regel-)Konflikten ist es dagegen interessanter, die rolle des Wahlleiters zu untersuchen. Generell ist auf die Untersuchung von Rilinger hinzuweisen, der herausgearbeitet hat, dass den großen rechtlichen Möglichkeiten (abbruch einer Wahl, zurückweisung von Kandidaten, Bestimmung der zusammensetzung des Elektorats durch Festlegung des termins) eine nur geringe tatsächliche Einflussnahme gegenübersteht, da alle Kompetenzen des Wahlleiters nur im rahmen der Kompetenzen und Erwartungshaltungen seiner standesgenossen zu sehen sind.112 Wie die Kompetenzen des Wahlleiters gerade in Konfliktfällen genutzt werden können (oder nicht), wird später (3.4.2) behandelt. Für eine analyse der regelkonflikte muss neben dieser Grundstruktur von Ämtern und versammlungen aber auch bedacht werden, welche rahmenbedingungen für das Bekleiden der Ämter jeweils galten. Obwohl solche rahmenbedingungen und vorschriften gerade einen Gegenstand dieser Untersuchung ausmachen, sollen einige schon vorab genannt wie auch ihre rekonstruktion exemplarisch problematisiert werden. Wie in der Einleitung (1.3) angedeutet, gibt es verschiedene Möglichkeiten, vorschriften rechtshistorisch festzustellen, nämlich zum einen durch die Überlieferung der konkreten regel, zum anderen durch die Überprüfung der historischen Praxis. letzteres ist durch die fasti consulares verhältnismäßig gut möglich, darüber hinaus bieten die literarischen Quellen verschiedene „direkte“ regelungen, meist Gesetze, an, welche die Ämterbesetzung stark beeinflussten. so sind vor allem für die zeit der ständekämpfe Konflikte um die zulassung der Plebejer zu den Ämtern und dann seit dem zweiten Jahrhundert verschiedene leges annales für altersvorschriften und leges de ambitu gegen (Wähler-)Bestechung überliefert.113 In der späten republik ist die (neu-)Ordnung sullas zu beachten.114 Dabei ist im hintergrund immer der Grundkonflikt zwischen der ambition eines Einzelnen und den (standes-)Interessen der Gemeinschaft sichtbar. Würde man nun aber alle vorschriften zur Ämterbesetzung, Iterationsverbote, Öffnungen der Priesterschaften und ähnliches tabellarisch anordnen, so hätte man noch lange kein Bild einer „verfassungswirklichkeit.“ Ein solches Gerüst entspräche eher einem impresEinholen, als in älterer zeit noch Feinde im Umland lebten, Gefahr und damit das Ende der versammlung signalisierte. siehe dazu auch Mommsen str III, s. 387. Bei der abstimmung ging es um den Prozess gegen rabirius, also um eine juristische Entscheidung, was aber am Beispiel für die notwendigkeit von Formalia nichts ändert. 112 rilinger 1976, bes. s. 143 ff. 113 vgl. für die regelungen zur zeit der ständekämpfe bes. hölkeskamp 1987; vgl. für die leges annales bes. Bleicken 1975, s. 175 ff.; für die leges de ambitu siehe lintott 1990, Yakobson 1992 und nadig 1996. Für eine auflistung und kritische Kommentierung der bei livius (ab Buch XXI) überlieferten Gesetze siehe generell Ferrary 2003. 114 Für die reihenfolge der Ämter, den Eintritt in den senat nach Bekleidung einer der 20 Quästuren, die Iteration frühestens nach zehn Jahren und die Fristen zwischen dem amt in rom und einem promagistratischen Kommando in einer Provinz, die (70 von Pompeius wieder aufgehobene) Beschränkung der volkstribune u. a., siehe hantos 1988; für einen systematischen Überblick antiker zeugnisse siehe Greenidge/clay/Gray 1960, s. 212–222.

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sionistischen Gemälde, bei dem Details nicht wirklich zu erkennen sind, sich klare strukturen nur aus der Entfernung und einem bestimmten Betrachtungswinkel ergeben. Geht man näher heran, will man einzelne teile genauer überprüfen, verschwimmt das Bild, und es wird deutlich, dass in solcher Einfachheit vieles Konstruktion ist und die anwendung der regeln, die regelpraxis, komplizierter ist. letzteres gilt besonders dann, wenn die überlieferten regeln (aus den literarischen Quellen) mit der überlieferten regelpraxis (in den Fasten, aber auch in den literarischen Quellen) nur schwer in Einklang zu bringen sind.115 Bevor mit der Untersuchung der regelkonflikte begonnen wird, daher hier ein Beispiel, welches zeigt, dass schon die Konstatierung einer regel alles andere als einfach ist. Ein Paradefall für die Fragen nach Geltung und ausnahmen von regeln sind die verschiedenen Interpretationen der leges Liciniae Sextiae von 367 und der lex Genucia von 342. Folgt man der literarischen tradition (in diesem Fall livius), wurde 367 das Konsulat für die Plebejer geöffnet. 342 soll das Konsulat sogar für zwei Plebejer zugänglich geworden sein, dazu ein verbot einer kumulativen amtsausübung sowie ein Iterationsintervall von zehn Jahren verbindlich festgeschrieben worden sein.116 schaut man jedoch in die Fasten, stellt man mehrere rein patrizische Konsulpaare in den 350er Jahren, noch lange nach 342 eine wiederholte Bekleidung des Konsulats ohne eine Pause von zehn Jahren und erst 173 tatsächlich zwei plebejische Konsuln fest. Grundsätzlich sind zunächst zwei Optionen denkbar, nämlich jeweils die anzweifelung der einen oder der anderen Überlieferung. Pinsent und Elster z. B. haben die literarische Überlieferung in Frage gestellt, während diese von Mommsen und in seiner Folge vielen anderen als glaubwürdig angesehen wurde.117 Glaubt man aber der literarischen Überlieferung der regeln, müssen die sehr 115 Generell sollte man beides beachten, explizit formulierte normen wie auch die Praxis. nur aus den Fasten alle auftauchenden regelmäßigkeiten automatisch als geltende normen aufzufassen, verdeckt sonst Devianz wie Kontingenz, vom spezifischen Entstehungskontext der Fasten ganz abgesehen. Dennoch gibt es Beobachtungen von Mustern, wie das nichtvorkommen zweier Konsuln aus einer gleichen gens vor 367 bzw. nach 173. nimmt man hier die abweichenden Befunde bei anderen ordentlichen Ämtern, wie auch bei Konsulartribunen und schließlich entsprechende Gesetzgebung bezüglich der Mitglieder eines Priesterkollegiums hinzu, so wird man eine zumindest stillschweigend befolgte norm rekonstruieren dürfen. Konflikte sind für diesen speziellen Fall nicht bekannt, wohl aber einige „Dehnungen der norm“ im Falle von adoptionen. vgl. zu dieser Beobachtung Drummond 2008, s. 405 anm. 187, die regelung für Priesterschaften wird unter 5.2 wieder aufgenommen. 116 liv. 7,42,1–2: item aliis plebi scitis cautum, ne quis eundem magistratum intra decem annos caperet neu duos magistratus uno anno gereret utique liceret consules ambos plebeios creari, vgl. zon. 7,25. siehe dazu generell Elster 2003, s. 40 ff. und dann Beck 2005a, s. 47–51. livius selber findet diese Informationen „bei einigen“ (apud quosdam) und l. Genucius wird namentlich nur im Kontext eines zinsgesetzes erwähnt. Im anschluss berichtet livius über die weiteren Entscheidungen gegen die Iteration vor ablauf von zehn Jahren, gegen eine Kumulierung zweier Ämter und für die Möglichkeit zweier plebejischer Konsuln (bei zonaras in umgekehrter reihenfolge). Ob Genucius (bei zonaras nicht mehr erwähnt) hier auch der Urheber war, bleibt unklar, vgl. dazu Elster 2003, s. 41. auf Grund der vielen ausnahmen bzw. verstöße bleiben nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 7 zeitpunkt und sogar Existenz des Gesetzes fraglich, vgl. die argumentation im text. 117 Pinsent 1975, s. 64 f.; Elster 1976 s. 13, s. 29 f., s. 103. anders Mommsen str I, s. 519 ff., ihm

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vielen abweichungen erklärt werden: Dem Iterationsintervall von zehn Jahren stehen bis 152 nach Mommsen 57 (!) ausnahmen i. s. frühzeitiger Iterationen gegenüber, die er jeweils durch ein Dispensationsgesetz erklärt sieht.118 Ähnlich Develin, der für Kriegszeiten annimmt: „if necessary, the rule against repetition within ten years was neglected;“ darüber hinaus argumentiert er, dass von dem Iterationsverbot 342 keine Patrizier, sondern nur Plebejer betroffen gewesen seien, was zu dem gewünschten Effekt von mehr (und verschiedenen) plebejischen Familien im Konsulat geführt habe.119 auch wenn hier Fragen offen bleiben, von wem für wen evtl. ausnahmen erlaubt wurden oder was genau (eine zeitspanne, eine aufgabe oder eine Person) Gegenstand einer sonderbehandlung war,120 sind beide argumentationen möglich, und es kann nicht einfach die Fülle von ausnahmen per se als argument für Kritik an der literarischen Überlieferung genommen werden.121 zahlreiche Fußgänger, die bei rot über die ampel gehen, oder Fälle von steuerhinterziehung lassen alleine keine rückschlüsse auf die normen zu. Die Frage muss sein, wie umstritten ein abweichen war. Denn dass regeln auch befolgt werden müssen, wenn alle Beteiligten im konkreten Fall anderer ansicht sind, scheint eine sehr moderne, am genuinen Wert von verfahren orientierte sicht zu sein. Ob ein abweichen von einer regel im Falle von Konsens in rom ein Problem darstellte, ist zumindest erst zu folgen u. a. Develin 1979, s. 13–16 sowie 1985, s. 105–118 und hölkeskamp 1993, s. 24. 118 Mommsen str I, s. 519 ff. 119 Develin 1979, s. 16; spannend (wenn auch für regeln aus meiner sicht problematisch) ist die Idee einer schlichten vernachlässigung der regel (neglected) anstelle einer ausnahmegenehmigung, so auch der nachsatz: „there is no indication that legislation had permitted the suspension of the regulation on theses occasions“ und dann aber (s. 18): „there were enough serious situations to require a departure from normality.“ Für die nichtgeltung der vorschrift für Patrizier, s. 13 f., muss im hintergrund stehen, dass Develin Plebiszite vor der lex Hortensia 287 als nicht bindend für jene ansieht. 120 vgl. dafür schon rilinger 1978, s. 266 ff., bes. anm. 105 und 106. 121 Wenn Billows 1989, s. 113 feststellt: „the disjunction between the laws reported and the actual practice as recorded in the fasti is simply too radical,“ mag dies als argument für diesen speziellen Fall passen, doch bleibt fraglich, ob im römischen Denken oder „rechtssystem“ die vielen abweichungen als solche wirklich gegen die Existenz der norm sprechen und nicht bloß ein argument gegen eine starke Geltung sind. zurecht hat Develin 1979, s. 10 ausgeführt: „constitutionally one may remark on the nature of public law which contained no penal sanction and hence was open to contravention;“ vgl. auch Develin 1985, s. 105–118. Diese sicht hat sich aber nicht überall durchgesetzt, siehe neben Billows op. cit. zuletzt Brennan 2000, s. 649 f. für verschiedene zahlenspiele: Je nachdem, ob man Diktatorenjahre mitzählt oder nicht, liegt zwischen 330–318 die Quote von Iterationen unterhalb der Frist von zehn Jahren zwischen 64 % und 55 %, woraus folge „though one or two would be acceptable, it is hard to believe the sheer number of ad hoc exceptions which are necessary for the defenders of Mommsenʼs ten-year ‚rule‘“ und weiter „in short, it is difficult to recognize from the actual record any standing prohibition on iteration within ten years.“ Die Frage ist dabei natürlich immer auch, welche Untersuchungsintervalle festgelegt werden, Develin 1979 s. 16 nimmt z. B. die Jahre 287 bis 264 als Maßstab für die normalität: „these years reveal the prevailing custom.“ Dass in diesen Jahren die 24 Konsulate von 23 Patriziern und 20 Plebejern ausgeübt werden, kann aber auch besondere Gründe haben, dann zeigt eine solches Intervall nur einen vorher konstruierten normalfall.

3.2 Eine skizze von Ämterstruktur und Wahlverfassung

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prüfen. hinzu kommt im vorliegenden Beispiel noch das Problem, dass die römische historiographie eine „Fixierung auf schlüsseldaten“ aufweist und damit eine kontinuierliche Entwicklung eher verdeckt.122 Daher gibt es in der Forschung auch noch eine art Kompromiss, in dem die literarischen regeln zeitlich verlagert werden, wodurch die Mehrheit der „ausnahmen“ nicht mehr länger ausnahmen sind und nur noch einzelne Fälle nicht in das (neue) schema passen. so hat die Beobachtung, dass ein plebejischer Konsul nicht seit den leges Licinae Sextiae, aber doch ab 342 regelmäßig auftaucht, das Iterationsintervall dagegen nicht seit einer evtl. lex Genucia von 342, sondern seit ca. 200 beachtet wird, u. a. bei Billows zu der annahme geführt, dass der eigentliche Inhalt der lex Genucia die Festschreibung eines plebejischen Konsuls bedeutete, der in den leges Liciniae Sextiae nur erlaubt, aber nicht vorgeschrieben gewesen sei. Ähnlich soll die vorschrift eines Iterationsintervalls erst um 200 aufgekommen und dann auf die vorschrift von 342 zurückprojeziert worden sein.123 Dagegen kann Rilinger durchaus behaupten, dass die Forderung nach einer Iterationsbeschränkung von 342 „aller Wahrscheinlichkeit nach historisch“ sei, da er dies nicht als im modernen sinne bindendes Gesetz, sondern als eine politische Forderung begreift, die sehr wohl rückwirkungen auf die verfassungswirklichkeit hatte, da vorzeitige Iterationen immer mehr begründet werden mussten, sich im sinne ‚regelhafter Kriterien der ausnahme‘ bald auf militärische notlagen bezogen, dann auf das dritte Konsulat verdienter aristokraten beschränkten und schließlich ganz verschwanden.124 122 Beck 2005a, s. 46 ff. und s. 400 f. 123 Billows 1989, s. 113 und s. 125; für die Festschreibung eines plebejischen Konsuls 342 (statt 367/366) siehe schon Münzer 1920, s. 32; v. Fritz 1950, s. 25; richard 1979, s. 73 ff.; hölkeskamp 1987 s. 93, sowie dann cornell 1995, s. 337 f.; Kunkel/Wittmann 1995, s. 595 anm. 129 und Brennan 2000, s. 66. nach Billows taugt der Kontext des frühen zweiten Jahrhunderts sowohl als hintergrund einer Iterationsbeschränkung, um die Ämter auf die neuen, nach cannae in den senat eingerückten Personen zu verteilen (s. 126), als auch für die rückprojektion neuer vorschriften, die somit wie althergebrachtes wirken konnten. Billows vermutet den rechtsgelehrten sex. aelius Paetus catus als Urheber. Der rückbezug auf 342 bei Fällen wie z. B. 298 oder 210 spricht allerdings allenfalls für die Konsistenz des livianischen Werkes, nicht für eine historizität der vorschrift. Mommsen str I, s. 519 f. datiert sein Iterationsverbot (mit 57 ausnahmen) auf 330. Eine völlig andere auffassung zur Iteration vertritt Brennan 2000, s. 67 und s. 674, der die Beschränkung in der Ämterwiederholung intra decem annos auf die vorschrift selbst bezieht und sich diese auf zehn Jahre limitiert vorstellt. Damit entfällt 342 natürlich auch als Wendepunkt oder zumindest entscheidendes Datum, als welches es z. B. bei hölkeskamp 1987, s. 126–140 oder 1993, s. 24 f. (zu recht) erscheint. Unklar bleibt auch, wie dann z. B. bei dem erwähnten Bezug 298 (liv. 10,13,8) die Formel „intra decem annos“ zu übersetzen wäre. M. E. ist die einzige Unsicherheit bei intra decem annos die Frage, ob inklusive oder exklusive des amtsjahres gezählt wird, also wirklich zehn oder nur neun Jahre zwischen zwei Ämtern liegen sollen, so schon lange 1879 (ra II), s. 45, vgl. weiter unter 3.4.1.c.α. 124 rilinger 1978, bes. s. 309, s. 271 ff. rilinger liefert für seine these eine minutiöse Interpretation der jeweiligen Umstände der iterierten Konsulate von 366 bis 151, nimmt dabei eine Erhöhung „der schwelle zur Durchbrechung der vorschrift mit der Dauer ihrer Einhaltung“ an (s. 270) und entwickelt sukzessive die oben genannten Kriterien für ausnahmen, die aus seiner sicht die Grundspannung der römischen republik zeigen, zwischen herrschaftsbegrenzung (für die Gleichheit der aristokratie) und herrschaftsoptimierung (z. B. für eine effiziente Kriegsführung), s. 295. schon lange 1879 (ra II), s. 43 meint über die Forderung nach zwei

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3 regelkonflikte bei Wahlen

aus diesem Exkurs lassen sich zwei schlussfolgerungen ziehen. zum einen deutet sich hier, wie schon generell im Forschungsstand, an, dass der regelbegriff changiert. Das spektrum liegt dabei zwischen einer gesetzlichen vorschrift, die evtl. aber nicht beachtet wird, einer politischen Forderung, die sich erst durchsetzen muss, und geregelten ausnahmen in sondersituationen, die aber vielleicht den überwiegend großen teil der anwendungsfälle ausmachen. Gerade die Frage nach einer Iteration, soviel sei vorab gesagt, ließe sich besser mit einem Prinzipienbegriff darstellen: Mit einem Prinzip, welches vielleicht um 342 aufkommt und dann stetig an Gewicht gewinnt, aber flexibel bleibt, bis die Materie schließlich später klar geregelt wird, zu denken wäre hier an das verbot der Iteration 151 oder wieder die Frist von zehn Jahren im rahmen der sullanischen Ordnung.125 zum anderen hat der Exkurs deutlich gemacht, dass bei der analyse der nun folgenden regelkonflikte immer in zweifacher Weise der Kontext beachtet werden muss, nämlich sowohl hinsichtlich möglicher argumentativer Bezüge auf (angeblich) geltende vorschriften als auch hinsichtlich der Frage von etwaigen Präzedenzfällen oder gar Mustern in der regelpraxis. 3.3 EIn chrOnOlOGIschEr DUrchGanG • 4 60 soll der senat, so livius, beschlossen haben, dass höhere Ämter nicht ohne Unterbrechung auszuüben seien (magistratus continuari et eosdem tribunos refici iudicare senatum contra rem publicam esse); nachdem die tribune trotzdem wiedergewählt werden, erwägen auch die senatoren eine Wiederwahl des Konsuls l. Quinctius. Dieser selber hält den senatoren in einer flammenden rede daraufhin vor, dass sie sich nicht an ihre eigenen regeln hielten; er selbst und sein Kollege c. claudius, wohl der Wahlleiter, beschließen, dass sie stimmen für ihn, l. Quinctius, nicht gelten lassen würden: id suffragium non observaturos.126 • auch 449 geht es um das Problem einer Wiederwahl. Der Wahlleiter M. Duilius verhindert eine Wiederwahl der amtierenden volkstribune, da er, obwohl von den plebejischen Konsuln: „Uebrigens hatte er [der dritte artikel der lex Genucia, c. l.] mehr den Wert einer verständlichen Demonstration der plebejischen nobilität gegen die patricische, als den eines sofort anzuwendenden Gesetzes.“ Ähnlich auch hölkeskamp 1987, bes. s. 86 f., für den ein Iterationsverbot 342 sowohl ausdruck des plebejischen anspruchs auf Gleichberechtigung als auch i. s. der zweiten reihe der Plebejer gegen ihre (zu) erfolgreichen Exponenten c. Marcius rutilus und M. Popillius laenas gerichtet ist. vgl. für die Idee, dass das dritte Konsulat keinem Iterationsverbot unterlag, bereits calvert 1961, s. 23. 125 Evtl. geht Elster 2003 s. 43 ein stück in diese richtung, wenn sie schreibt, dass 342 keine verfahrensgrundsätze festgeschrieben, sondern verfahrensmöglichkeiten eingeführt werden. auch rilingers argumentation mit politischen Forderungen, die sich zu rechten hin verdichten, ist damit gut in Einklang zu bringen. 126 liv. 3,21,2–8; zitate aus 3,21,2 und 3,21,8. Unklar ist, ob der Beschluss, die stimmen nicht zählen zu lassen, ein Beschluss der beiden Konsuln oder eine Befugnis des Wahlleiters mit Einverständnis des Kandidaten ist. anscheinend hätte jedenfalls eine nicht-zulassung des Kandidaten oder dessen verzichtserklärung nicht gereicht.

3.3 Ein chronologischer Durchgang

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neuen Kandidaten nur fünf genügend stimmen bekommen, diese fünf auffordert, sich Kollegen zu ernennen.127 • 401 werden zunächst nicht genügend volkstribune gewählt; während dann zwar die Ernennung von Patriziern (!) verhindert worden sein soll, werden die weiteren tribune, trotz der Kritik des volkstribunen cn. trebonius, ernannt und nicht gewählt.128 Die nächsten Konflikte fallen in die zeit nach den leges Liciniae Sextiae, welche 367 das zweistellige Konsulat als oberstes amt einführen, eines davon wohl mit einem Plebejer zu besetzen. • 356 sollen nach einem Interregnum zwei Patrizier als Konsuln gewählt werden. auf den Einspruch der tribune hin verweist der Interrex M. Fabius ambustus auf eine Bestimmung der XII-tafeln, wonach das, was das volk zuletzt angeordnet habe, gültig sei und auch Wahlen eine Entscheidung des volkes seien. nach einem kurzen aufschub findet die Wahl dementsprechend statt, livius bemerkt dazu zwar, dass so den Plebejern das Konsulat wieder entrissen wurde, berichtet aber nicht von weiteren auseinandersetzungen.129 • Die Frage nach einem plebejischen Konsul ist auch anlass für größere streitigkeiten 353: volkstribune wollen auf dem licinischen Gesetz beharren, ein Diktator ist dagegen, es kommt zu einem Interregnum, bis schließlich der elfte Interrex dafür sorgt, dass c. Marcius rutilus plebejischer Konsul wird.130 • 352, also nur ein Jahr später, werden doch wieder zwei Patrizier als Konsuln gewählt – wohl ohne größere Konflikte.131 • 351 wird dagegen der erste plebejische zensor, c. Marcius rutilus, gewählt, obwohl ihn die beiden patrizischen Konsuln aus dem vorjahr nicht berücksichtigen wollten.132 • Proteste gegen zwei Patrizier im Konsulat gibt es, wenngleich vergeblich, wieder 350, wobei besonders kritisiert wird, dass der Wahlleiter-Diktator l. Furius camillus sich auch noch selbst hatte wählen lassen.133 • 337 wird Q. Publilius Philo als erster plebejischer Prätor gewählt, und zwar trotz des Widerstandes des Konsuls (und wohl Wahlleiters), der ihn zur Wahl nicht zulassen wollte (qui negabat rationem eius se habiturum).134 127 liv. 3,64,4–11; 3,64,10 f.: „si qui vos minus hodie decem tribunos plebei feceritis, tum ut ii quos hi sibi collegas cooptassint legitimi eadem lege tribuni plebei sint ut illi quos hodie tribunos plebei feceritis.“ Die Frage, ob die fünf Gewählten ihre vorgänger hätten ernennen können, ist offensichtlich nicht aufgekommen. Dion. hal. ant. 11,50 gibt die Befürchtung wieder, dass ohne eine Wiederwahl der tribune die Gesetze des valerius wieder aufgehoben würden. 128 liv. 5,11,1–3; 5,12,2. Für die Idee patrizischer volkstribune siehe anm. 238 in 3.4.1.c.β. 129 liv. 7,17,11–7,18,11. Der satz „quodcumque postremum populus iussisset, id ius ratumque esset; iussum populi et suffragia esse“ (liv. 7,17,12 f.) wird später (7.2) eingehend analysiert. 130 liv. 7,21,1–4. 131 liv. 7,22,2: ut ambo patricii consules crearentur. 132 liv. 7,22,8: patricii consules erant, qui rationem eius se habituros negabant. Wie erwähnt, war rutilus 353 bereits zum Konsul gewählt worden. 133 liv. 7,25,2 i. v. m. 7,24,11. Keine Konflikte sind überliefert bei cic. sen. 41. 134 liv. 8,15,9; wieso der Konsul sich nicht durchsetzt, ob er an fehlenden Kompetenzen oder mangelnder politischer rückendeckung scheitert, wird nicht deutlich. Q. Publilius Philo hatte

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3 regelkonflikte bei Wahlen

• 3 08 soll – livius berichtet aus einigen Geschichtswerken – der zensor appius claudius caecus erst zum Konsul gewählt worden sein, nachdem er seine zensur niedergelegt und der volkstribun l. Furius daraufhin seinen Widerstand aufgegeben hatte.135 • Ein Problem mit einem anderen amt ergibt sich 304, als der schreiber eben jenes appius claudius, cn. Flavius, bei der aedilwahl bemerkt, dass stimmen für ihn nicht zählen sollen (livius) bzw. der Wahlleiter Piso ihn nicht ernennen will, mit der Begründung, ein schreiber sei des amtes nicht würdig. Flavius legt daraufhin seine schreibtafeln nieder und schwört, nicht mehr zu schreiben.136 zu Beginn des dritten Jahrhunderts steht noch einmal das Problem patrizischer sonderrechte, dann aber erneut die Frage einer Iteration von Ämtern im raum. • 298 weigert sich angeblich der Interrex ap. claudius caecus, einen plebejischen Kandidaten zu berücksichtigen, worauf tribune einbringen, dass die auctoritas patrum in zukunft vor den Wahlen gegeben werden müsse.137 • auch soll 298 – Gerüchte über einen angriff der Etrusker mögen ursächlich gewesen sein – der schon alte Q. Fabius Maximus rullianus für 297 erneut zum Konsul gewählt werden, der sich zunächst sträubt, auch nicht offizieller Kandidat ist und dann schließlich selber das Gesetz verlesen lässt, welches ein zehnjähriges Intervall zwischen Konsulaten verlangt. Das angebot der volkstribune, ihn von solchen vorschriften entbinden zu lassen (ad populum laturos, uti legibus solveretur), lehnt er mit Blick auf den sinn solcher vorschriften ab und lässt sich in der Dramaturgie des livius erst umstimmen, als die erste zenturie nichtsdestotrotz seinen namen nennt.138

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339 bereits die Diktatur bekleidet, vgl. Broughton Mrr I, s. 137. zum Begriff rationem habere (im Unterschied zu nomen accipere) siehe rilinger 1976, s. 174 ff.; kritisch zu dieser Unterscheidung überhaupt: levick 1981. vgl. zu diesem Fall von 367 auch 3.4.2.b. liv. 9,42,3. zum verbietungsrecht der volkstribune siehe Kunkel/Wittmann 1995, s. 592 ff., sowie 7.2. liv. 9,46,2, calpurnius Piso Frh 7 F 30 = Gell. 7,9 sowie m. w. v. Broughton Mrr I, s. 168; gegen die Wahl als schreiber spricht licinius Macer (Frh 17 F 19 = liv. 9,46,3). zu einem solchen aufstieg eines schreibers siehe Kunkel/Wittmann 1995, s. 5 anm. 4. zur rolle des cn. Flavius, der angeblich die Klageformeln und den Kalender veröffentlichte (so u. a. liv. 9,46,5, cic. att. 6,1,8; Mur. 25, Plin. n.h. 33,17), siehe humm 2005, s. 441 ff., den Kommentar von Beck/Walter Frh I, s. 313 ff. sowie für mögliche rechts(system-)theoretische Interpretationen Fögen 2002, s. 125–165. zu ap. claudius caecus siehe Develin 1985, s. 215–224 sowie Beck 2005a, s. 159–187 und generell humm 2005. cic. Brut. 55: M. Curium, quod is tribunus plebis interrege Appio Caeco diserto homine comitia contra leges habente, cum de plebe consulem non accipiebat, patres ante auctores fieri coegerit, quod fuit permagnum nondum lege Maenia lata. siehe hierzu u. a. twyman 1984, der die lex Maenia überzeugend auf 338 datiert und herausarbeitet, dass diese regelung nicht während eines interregnum galt (vgl. dazu weiter unten die Diskussion im Fall von 217); zur Überlieferung zu ap. claudius an dieser stelle, die wohl sehr kritisch gesehen werden muss, vgl. nur hölkeskamp 1987, s. 191 und dann humm 2005, s. 102 ff. und s. 116 ff. siehe zur auctoritas patrum in diesem zusammenhang Giovannini 1985, s. 35 f. sowie mehr unter 7.2. liv. 10,13,5–11; 8: legem recitari iussit, qua intra decem annos eundem consulem refici non liceret (vgl. anm. 116 und 123 in 3.2), 10: Et ille quidem in recusando perstabat: quid ergo attineret leges ferri, quibus per eosdem, qui tulissent, fraus fieret. iam regi leges, non regere.“ Interessant ist die terminologie, denn die volkstribune hätten trotz der Formulierung oben (ad

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• Im nächsten Jahr 297 wiederholt er seine argumente und kündigt diesmal sogar an, dass er in seiner Funktion als Wahlleiter keine stimmen für sich berücksichtigen werde, „weil dieses gegen die Gesetze sei und er damit das schlimmste Beispiel abgeben würde“ – cum contra leges futurum sit, pessimo exemplo non habiturum.139 • 296 dagegen wird er wieder zum Konsul gewählt, trotz derselben rede wie in den Jahren zuvor „beugt er sich der einhelligen Meinung“ – vincebatur consensu.140 • 291 soll der die Wahl leitende Interrex l. Postumius Megellus zum Konsul gewählt worden sein.141 Eine ganze reihe von regelkonflikten oder zumindest Besonderheiten treten dann während des zweiten punischen Krieges auf. • 217 meinen zunächst die Konsuln cn. servilius Geminus und M. atilius regulus, für die abhaltung der Wahlen nicht nach rom kommen zu können, und schlagen ein Interregnum vor. Der senat dagegen lässt lieber einen Diktator ernennen, welcher aber zusammen mit seinem magister equitum auf Grund eines Formfehlers zurücktreten muss. In dem nun doch zustande kommenden Interregnum wird unter dem zweiten Interrex, P. cornelius asina, dann gewählt, allerdings nach livius zunächst Gaius terentius varro allein, obwohl es fünf andere Kandidaten gab, und angeblich, damit jener die versammlung zur Wahl seines amtsgenossen „in der hand habe,“ zumindest jedenfalls durchführe: C. Terentius Varro Consul unus creatur, ut in manu eius essent comitia rogando collegae. als Kollege wird ihm danach der angeblich unbeliebte lucius aemilius Paullus gegeben (collega datur consuli), da dessen Mitbewerber bei dieser nachwahl alle zurücktreten.142

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populum laturos) selber nur ein pl. sc. erwirken können (was allerdings vor 287 nicht unbedingt bindend gewesen wäre). alternativ bieten sie schlicht eine nicht-Interzession bei einem entsprechenden Beschluss von senat oder comitia an – eine Befreiung von Gesetzen setzt letzteres ja wohl voraus. liv. 10,15,7–11; den adel lässt livius (10,15,12) dem Fabius Maximus vorwerfen, dieser habe kein gemeinsames Konsulat mit dem ihm an Beredsamkeit und rechtskenntnis überlegenden ap. claudius führen wollen. nach Broughton 1991, s. 25 liegt der schwerpunkt des arguments darauf, dass Fabius Maximus nicht illegal stimmen für sich selber akzeptieren will. Obwohl eine solche selbstrenuntation erst seit 291 nicht mehr erlaubt scheint (hölkeskamp 1987, s. 136 anm. 69), aber auch hier schon als problematisch erachtet werden konnte, scheint mir eher das Iterationsproblem im vordergrund zu stehen. nach rilinger 1976, s. 177 ff. wird umgekehrt mit dem hinweis auf eine nicht zulässige selbstrenuntation der versuch des volkes, nicht aufgestellte Kandidaten zu wählen, geschickt unterlaufen, ohne diese Möglichkeit prinzipiell zu verweigern. Es bleibt das Problem, dass mit Fabius Maximus und appius claudius zwei Patrizier gewählt worden wären, wenn die anderen zenturien dem ersten votum gefolgt wären. liv. 10,22,1–9. liv. 27,6,8; Kontext ist die rechtfertigung einer Wahl des Wahlleiters 210, vgl. weiter im text sowie 3.4.1.c.α. liv. 22,33,9–35,4; val. Max. 3,4,4; bei Polyb. 3,106,1 und app. hann. 16 (74) wird erst l. aemilius, dann varro gewählt; siehe m. w. v. Broughton Mrr I, s. 247 f. Die Interpretation dieser Passage des livius ist stark umstritten, siehe für eine Übersicht Gruen 1978, s. 61–63,

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• 2 15 wird zunächst der Wahltag für M. claudius Marcellus bis zu dessen rückkehr verschoben, als dieser dann schließlich ingenti consensu gewählt wird, donnert es, und die auguren erklären die Wahl für fehlerhaft, woraufhin Marcellus sein amt zurückgibt und Q. Fabius Maximus nachgewählt wird.143 • Im gleichen Jahr 215 bricht eben jener Q. Fabius Maximus als Wahlleiter die Konsulwahlen für 214 nach dem votum der centuria praerogativa für titus Otacilius und Marcus aemilius regillus ab, verkündet, ein Konsul müsse hannibal gewachsen sein, und ruft die zenturie erneut auf. Proteste des Otacilius werden mit dem verweis auf die liktoren beendet, und Fabius Maximus selbst (als amtierender Konsul und Wahlleiter) wird, zusammen mit Marcellus, zum Konsul gewählt; die militärische situation verhindert ein nachprüfen der Wahl, wie livius anmerkt.144 Man scheint es Q. Fabius Maximus aber nicht sehr verübelt zu haben, wählt für 213 unter seiner Wahlleitung seinen sohn.145 welcher selber dem Bericht des livius am engsten folgt und, s. 63 ff., ausführt, dass beide Konsuln nach der Diktatur des Q. Fabius Maximus kaum amtszeit gehabt hätten und daher die Wahl verschleppen wollten, zunächst durch ihre Weigerung, einen Diktator zu ernennen, dann evtl. mit einer Intrige bei der abdankung des Diktators und schließlich durch eine stimmenaufsplittung bei so vielen Kandidaten. In der tat bekommen beide Konsuln ihre Kommanden zunächst verlängert, bevor dann aber doch relativ zügig zwei Kandidaten gewählt werden, die mit ihrer offensiven haltung auch eine andere strategie verfolgen. appian (hann. 16 [75–78]) beschreibt die stimmung im volk gegen eine verschleppung des Krieges und den Wunsch nach einer Entscheidung, dem wenigstens (der „Demagoge“) varro folgen will. Für ein solches referendum gegen die cunctatio-strategie siehe auch twyman 1984, s. 285 f., der dann aber, s. 292 ff., liv. 22,34,9 (ut interregnum iniretur, ut in patrum potestate comitia essent) folgend, Gruen dahingehend modifiziert, dass ein Interregnum durchaus gewollt war, da so die regelung der lex Maenia umgangen worden und die zustimmung der patres erst nach der Wahl nötig geworden wäre, womit diese einige tage nach der abstimmung die Wahl von varro hätten ablehnen können, was dann an dessen alleiniger Wahl (was wohl eine sofortige ablehnung nötig gemacht hätte) und dessen großer Popularität scheitert. staveley 1954, s. 205 ff. schreibt dem Interrex dennoch einen großen Einfluss zu, da dessen Person Grund für die Wahl von aemilius Paullus gewesen sei. Ganz anders sumner 1975, s. 252–258, der gegen den ganzen hergang der Geschichte bei livius argumentiert. nach sumner fand ein Interregnum, welches mit der Ernennung von Fabius Maximus und Minucius als dictator und magister equitum endetet, bereits am anfang des Jahres 217 statt und nicht am Ende dieses Jahres für die nächste Wahl, welche dann nach sumner von dem Diktator veturius (nicht vitio creatus) geleitet wurde und, den Fasten (Degrassi 1947, s. 444) sowie Polybios und appian entsprechend zunächst lucius aemilius Paullus und dann c. terentius varro als sieger sah. Dies letzte Ergebnis könnte auch (gegen livius) das Ergebnis der Wahl unter dem Interrex gewesen und damit eine verbindung von livius und Gruen mit den Fasten, Polybios, appian und sumner sein, was aber hier nicht entschieden werden muss, vielleicht letztlich auch unklar bleibt, so Develin 1985, s. 153 ff. und s. 329; zur problematischen Überlieferung von Polybios in diesem Fall siehe auch twyman 1987, s. 70 ff. – Unter der Frage nach regelkonflikten sind interessant die verweigerte Kooperation der Konsuln sowie für die rolle des Wahlleiters die vorstellung von livius, ein bereits gewählter Konsul könne bei der Wahl seiner Kollegen die versammlung stark beeinflussen, dazu mehr unter 3.4.2.a. 143 liv. 23,31,8–13; der Fall wird ebenfalls unter 5.3 behandelt. 144 liv. 24,7,10–9,11; der Fall wird ebenfalls unter 5.4 behandelt. 145 liv. 24,43,5.

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• 2 13 soll auch Publius cornelius scipio (der spätere africanus) aedil werden. als sich volkstribune widersetzen und darauf hinweisen, dass er noch nicht das vorgeschriebene alter erreicht habe und sie ihn daher nicht als Kandidaten zulassen wollten, lässt livius scipio antworten: „Wenn mich alle Bürger zum aedilen machen wollen, bin ich alt genug“ – si me omnes Quirites aedilem facere volunt, satis annorum habeo. Der einsetzenden begeisterten stimmabgabe für ihn setzen die volkstribune nichts entgegen.146 • 211 stimmt die centuria praerogativa für t. Manlius torquatus und t. Otacilius, Manlius aber lehnt ab, verweist auf sein augenleiden und, als das nicht ausreicht, auf die militärische lage. Daraufhin besprechen sich seniores und iuniores der zenturie und entscheiden sich schließlich für M. claudius Marcellus und M. valerius laevinus.147 • 210 stimmt die centuria praerogativa erneut für Q. Fabius Maximus und den die Wahl leitenden Diktator Q. Fulvius Flaccus, woraufhin die volkstribune c. und l. arrenius sowohl gegen eine Iteration von Ämtern als auch gegen die Wahl des Wahlleiters argumentieren und einzuschreiten drohen. Der Diktator rechtfertigt sich mit der autorität des senats, einem Beschluss des volkes und Beispielen aus der vergangenheit; konkret lässt livius ihn einmal einen Beschluss von 217 nennen, dem zufolge das volk, solange in Italien Krieg sei, aus dem Kreis der ehemaligen Konsuln jeden so oft wiederwählen könne, wie es wolle, dann die Wiederwahl des Interrex und Wahlleiters Postumius Megellus 291 und schließlich die gerade erwähnten Beispiele von Q. Fabius Maximus. Diktator und tribune beschließen aber, sich an den senat zu wenden, welcher Interesse an erfahrenen Feldherren hat und für eine Fortsetzung der Wahl votiert, an deren Ende Q. Fulvius und Q. Fabius Maximus zum vierten bzw. fünften Male gewählt werden.148 • 203 befreit c. servilius Geminus seinen vater aus der Kriegsgefangenschaft bei den Bojern, was nachträglich für seine Ämter rechtsprobleme aufwirft.149 • 199 bewirbt sich t. Quinctius Flamininus als Quästor um das Konsulat, wogegen volkstribune (M. Fulvius und Mʼ. curius) protestieren, da sie es nicht dulden wollen, dass Männer aus vornehmen Familien gleich nach dem niedrigsten amt das höchste besetzen, ohne auf den zwischenstufen der Ämterlaufbahn (gradus honorum) zu zeigen, was sie leisten können. Die angelegenheit kommt vor den senat, der der Meinung war, „wenn sich jemand um ein amt bewerbe, das er von den Gesetzen her erlangen dürfe, dann sei es nicht mehr als recht, dass das volk

146 liv. 25,2,6–8. 147 liv. 26,22; val. Max. 6,4,1b; zon. 9.5. Eigentlich leidtragender ist (bei livius) t. Otacilius, der hier – wie schon 215 – trotz der stimmen in der centuria praerogativa das amt nicht bekommt, was auch zu zweifeln an einer solchen Darstellung als „invenzione“ geführt hat, so de sanctis 1917 (III,2), s. 256 f. anm. 111 oder lehmann 1967, s. 30, der in dieser Episode eine Kopie von liv. 24,7,10–8,20 (215) sieht, wobei hier „eklatante Unsinnigkeiten“ vorlägen und in beiden Fällen nicht von historischer Glaubwürdigkeit die rede sein könne. Für die variante, wirklich an der Qualifikation von Otacilius zu zweifeln, siehe dagegen Develin 1985, s. 160. 148 liv. 27,6,3–11. 149 liv. 30,19,7–10; mehr unter 3.4.1.b.

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Gelegenheit erhalte, den zu wählen, den es wolle.“ Die tribune fügen sich diesem Entscheid.150 Die nächsten „heftigen auseinandersetzungen“ (magna contentio) werden für die Konsulwahl von 190 überliefert. M. aemilius lepidus hatte für seine Bewerbung seine Provinz verlassen, ohne den senat zu fragen, ob dies erlaubt sei. Gewählt wird allein M. Fulvius nobilior, die anderen drei Kandidaten, darunter lepidus, bekommen nicht genügend stimmen. am nächsten tag ruft Fulvius nobilior den cn. Manlius als seinen amtsgenossen aus (dixit collegam), da, so livius, M. valerius Messalla nicht gewählt worden war und Fulvius den lepidus verhindert hatte (Lepido deiecto).151 nur ein Jahr später, 189, verhindert eben jener M. Fulvius als Wahlleiter erneut die Wahl von aemilius lepidus, welcher erst im dritten anlauf 188 gewählt wird.152 Für 185 war eigentlich M. sempronius (durch los) bestimmt worden, die Wahlen zu leiten. Da jedoch einer der sieben Kandidaten P. claudius war, kam dessen Bruder, der amtierende Konsul ap. claudius, eher nach rom, um die Wahlleitung zu übernehmen. trotz (oder wegen?) störungen des ablaufs durch streitereien auch innerhalb des Kollegiums der volkstribune erzwang (pervicit) ap. claudius zur Überraschung aller die Wahl seines Bruders.153 184 gibt es eine nachwahl für den verstorbenen Prätor c. Decimius. hauptkonkurrenten sind der flamen dialis c. valerius und der amtierende aedil Q. Fulvius Flaccus, an dem sich der streit entzündet. Die einen meinen, man könne nicht zwei kurulische Ämter gleichzeitig ausüben, Flaccus dürfe also nicht als Kandidat berücksichtigt werden. Die anderen wollen ihn von den gesetzlichen Bestimmungen entbinden (pars legibus eum solvi aequum censere), damit das volk Gelegenheit erhalte, den zu wählen, den es wolle. Der Konsul l. Porcius licinus, der sich an die Gesetze halten und Flaccus nicht zulassen will, auch um ein „unerträgliches“ exemplum zu vermeiden, befragt den senat, der weitere verhandlungen empfiehlt. Flaccus antwortet, er werde nichts tun, was seiner unwürdig sei, und bewirbt sich weiter. Der Konsul sieht die Beliebtheit des Kandidaten beim volk, es kommt allerorts zum streit, bis der senat entscheidet, dass, da die Wahl nicht entsprechend der Gesetze durchgeführt werden könne, eben keine nachwahl stattfinden solle und man auch so genug Prätoren habe – senatum censere sati praetorum esse.154

150 liv. 32,7,8–12; 11: patres censuerunt qui honorem quem sibi capere per leges liceret peteret, in eo populo creandi quem velit potestatem fieri aequum esse; Plut. Flam. 2,1–2. Interessant ist, dass livius die aktivität der tribune als Erschwerung der Wahl kennzeichnet (tribunos plebis impediebantur). 151 liv. 37,47,4. nach Broughton 1991, s. 5 anm. 2 ging ein Interregnum voraus, so schon Mommsen str I, s. 217 anm. 4, dem rilinger 1976, s. 18 anm. 42 folgt, anders Briscoe 1981, s. 365, der weiter darauf hinweist, dass auch die Formulierung dixit collegam allenfalls die Ernennung nach einer Wahl, jedoch keine Kooptation bedeutet. 152 liv. 38,35,1–2 bzw. 38,42,2–3. In der gemeinsamen zensur folgt dann die versöhnung für das Wohl des staates, so liv. 40,45,7–46,16; vgl. cic. imp. Pomp. 20. 153 liv. 39,32,5–13. 154 liv. 39,39; zitat aus 39,39,14.

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• 1 82 entscheiden die Konsuln, dass cn. Baebius die Wahlen in rom leiten solle, da sein Bruder M. Baebius tamphilus kandidierte (und später auch gewählt wurde).155 • 152 wird Marcellus nach 166 und 155 zum dritten Mal Konsul – was zwar außergewöhnlich war, aber ohne Konflikte überliefert wird.156 • Ähnliches gilt für die Karriere des scipio aemilianus, wobei hier die Besonderheit aber explizit vermerkt wird. 148 bewirbt er sich für das Konsulat von 147, hat aber (mit 37 Jahren) nicht das erforderliche Mindestalter. Daraufhin wird er von den gesetzlichen Bestimmungen entbunden und gewählt – legibus solutus et consul creatus.157 auch für sein zweites, eigentlich gegen die regeln der Iteration verstoßendes Konsulat heißt es bei der Wahl 135: … sicut priori consulatu legibus solutus est.158 • als nächstes sind die tribunate der Gracchen interessant. zunächst scheitert 133 tiberius mit seinem Bemühen, das volkstribunat erneut zu bekleiden, nach appian wird der erste Wahlversuch nach den ersten stimmen für tiberius abgebrochen, weil sich die anderen volkstribune über die Wahlleitung nicht einig waren und damit auch nicht über die Frage, ob ti. Gracchus überhaupt wiedergewählt werden dürfe. Bei seinem zweiten versuch dagegen wird ihm dann die Wiederwahl klar verweigert, was zu tumulten und schließlich seiner Ermordung führt.159 • c. Gracchus dagegen gelingt 123 seine Wiederwahl, evtl. sogar ohne Kandidat gewesen zu sein, während seine zweite Wiederwahl 122 dann scheitert, obwohl er angeblich die meisten stimmen erreicht hatte.160 • Mit einem solchen versuch einer Wiederwahl scheitern 110 die volkstribune Publius licinius lucullus und lucius annius.161 • Es folgen zwischen 107 und 87 die sieben Konsulate des Marius, fünf davon sogar ohne Unterbrechung, von 104 bis 100.162 155 liv. 40,17,8. 156 Ohne hinweis auf Kontroversen überliefert von cic. div. 2,14; Fat. 33; Pis. 44. 157 liv. per. 50; cic. Phil. 11,7,17; amic. 11; app. lib. 112; Iber. 84; val. Max. 8,15,4. Unsicher ist, ob scipio gegen weitere Gesetz verstoßen hat, vgl. Diodorus 32,9a: μήτε τῆς ἡλικίας […] μήτε τῶν νόμων ἐπιτρεπόντων, skeptisch dazu aber Develin 1979, s. 84. nach livius wollen die Plebejer scipio, der eigentlich zur aedil-Wahl antrat (so auch valerius Maximus), zum Konsul wählen, während die Patrizier lange zögern, ihn von den hindernden vorschriften zu entbinden; siehe für eine analyse astin 1967, s. 61 ff. 158 liv. per. 56. app. Iber. 84 muss mit dem hinweis auf das zu geringe alter scipios dessen Konsulat von 148 meinen. nach val. Max. 8,15,4 wird scipio bei der Unterstützung seines neffen Q. Fabius Maximus allobrogicus vom volk zum zweiten Mal zum Konsul gewählt. Die aussage iterum consul absens aus cic. rep. 6,11 bezieht sich wohl auf eine nicht-offizielle Kandidatur, vgl. dazu weiter im text (3.4.1.e). siehe für die Wahl scipios m. w. v. Broughton Mrr I, s. 490. Interessant ist, dass diese zweite ausnahme – im Gegensatz zum Konsulat von 148 – von astin 1967, s. 135 anm. 5 nur erwähnt, aber nicht diskutiert wird. 159 app. b.c. 1,14–17; hier bes. 14 (60–62); Plut. ti. Gracch. 16–19; liv. per. 58; m. w. v. Broughton Mrr I, s. 494. 160 Für 122: app. b.c. 1,21 (90); Plut. c. Gracch. 8,2. Für 121: Plut. c. Gracch. 12. 161 sall. Iug. 37,2. Das scheitern ergibt sich aus dem Kontext, wird aber nicht explizit berichtet. 162 vgl. Broughton Mrr I sub annis. Bei dem ersten Konsulat 107 erwähnt Plutarch (Mar. 7–10) zwar die den Wahlkampf unterstützenden Briefe der soldaten, die schließlich zum amt und

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3 regelkonflikte bei Wahlen

• In der gleichen zeitspanne sind die Kandidatur eines vorgeblichen sohnes von ti. Gracchus 100 (?), die beiden Wiederwahlen von saturninus als volkstribun 100 und 99, bei der u. a. ein aussichtsreicher Gegenkandidat ermordet wird, und der versuch des servilius Glaucia zu nennen, direkt im anschluss an seine Prätur 99 das Konsulat zu bekleiden; ein versuch, an dessen Ende Glaucia (zusammen mit saturninus) von Marius festgesetzt und dann von einem Mob gelyncht wird.163 damit auch zur Übernahme des Kommandos von Metellus gegen Jughurta führen, doch ist das entweder normaler römischer Wahlkampf oder unter dem aspekt der Kommandovergabe zu betrachten, bietet jedoch für die Konsulwahl hier keine weiteren anhaltspunkte. am anderen Ende der skala steht das siebte Konsulat, welches Marius angeblich prophezeit worden war (Plut. Mar. 36) und welches er 86 kurz vor seinem tod antritt (Plut. Mar. 45). hier ist angesichts der zustände in rom von einer Wahl im eigentlichen sinne nicht mehr zu sprechen; so dass die Unterscheidung zwischen regelkonform oder -nonkonform keinen sinn hat. 163 vgl. generell cic. rab. perd. 19–21; vell. Pat. 2,12,6; Plut. Mar. 29–30; Oros. 5,17; sowie Broughton Mrr I, s. 571 f., s. 576 f. und III, s. 169. zu saturninus hier bes. val. Max. 9,7,3; appian b.c. 1,28; es wird später argumentiert werden, dass die tötung des Kandidaten nunnius eine voraussetzung für die Wiederwahl von saturninus 100 darstellte, vgl. 3.4.1.c.β. zu Glaucia siehe bes. cic. Brut. 224: is ex summis et fortunae et vitae sordibus in praetura consul factus esset, si rationem eius habere licere iudicatum esset; appian, b.c. 1,32. Badian 1984a, bes. s. 106 f. hat überzeugend dafür argumentiert, ciceros Darstellung, anstelle appians, zu folgen, und die am Ende tödlichen Unruhen nicht direkt auf die tribunenwahl, sondern auf die Konsulwahl folgen zu lassen. auslöser ist nach ihm, s. 115–121, der versuch von saturninus und Glaucia nach der Ermordung des Kandidaten Memmius und der damit unterbrochenen Konsulwahl, einen volksbeschluss zur legalisierung der Kandidatur von Glaucia auf dem daher zu besetzenden Kapitol einzuholen; anders, wenn auch mit dem hinweis auf die Bewaffnung ohne überzeugende Begründung, Burckhardt 1988, s. 147. In jedem Fall greift am Ende Marius, anders als noch im Jahr zuvor bei dem ähnlich gelagerten Fall des saturninus, ein; am Ende stehen zum ersten Mal der tod eines volkstribunen durch ein scU, aber dann auch zehn Jahren ruhe und Ordnung zu Buche, vgl. David 2000, s. 160. Gegen eine gezielte tötung von Memmius, die irgendwie vergleichbar wäre mit der des nunnius, um „Platz zu machen“ für Glaucia, siehe auch rilinger 1976, s. 184 f., der ausführt, dass vermutlich nicht die angst eines offiziellen Kandidaten Glaucia vor der niederlage sondern die zurückweisung seiner Kandidatur ohne professio durch den Wahlleiter Marius Grund für die tumulte waren. Gegen eine solche vorstellung einer förmlichen professio als Wahlvoraussetzung schon in dieser zeit siehe allerdings levick 1981. Für die Gründe von Marius vgl. Badian 1958, s. 209 f.; für die ernsthafte Bedrohung durch saturninus siehe Burckhardt op. cit., s. 148 f. – Für die volkstribunenwahl von 100, als ein angeblicher sohn des ti. Gracchus (sempronia erkennt ihn nicht als neffen an, so val. Max. 3,8,6) kandidiert, überliefert val. Max. 9,7,1: L. Equitium, qui se Ti. Gracchi filium simulabat tribunatumque adversus leges L. Saturnino petebat, a C. Mario quintum consulatum gerente in publicam custodiam. claustis carcerisein convulsis, raptum umeris suis per summam animorum alacritatem portavit; nicht ganz klar wird, gegen welche Gesetze lucius Equitius verstoßen haben soll, in Frage kommt hier nur die falsche Identität: app. b.c. 1,32 (141) spricht von einem flüchtigen sklaven, einem δραπέτης, und nach Flor. 2,4,1 war Equitius ein homine sine tribu, sine notore, sine nomine, was trotz gewisser anti-popularer rhetorik (vgl. dazu Beness/hillard 1990, s. 272) auf ein fehlendes Bürgerrecht hindeutet. Dann aber ist noch interessanter als die Frage einer rechtsgrundlage für die Festsetzung durch Marius und die anschließende Befreiung (die nach valerius Maximus auch schon 101 stattgefunden haben müsste) die offensichtliche Wahl von Equitius, der laut app. b.c. 1,33 (146) am ersten tag seines amtsantritts erschlagen wird (vgl. Broughton Mrr II, s. 1; Flor.

3.3 Ein chronologischer Durchgang

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• zehn Jahre später, 89 (?), versucht c. Iulius caesar strabo vopiscus, ohne die Prätur bekleidet zu haben, für das Konsulat zu kandidieren, was zunächst am Widerstand der volkstribune P. antistius und P. sulpicius rufus zu scheitern droht, dann aber vom senat erlaubt wird.164 • In den Wirren nach sullas aufbruch in den Osten sind die vier Konsulate von cinna 87–84, 86 (zusammen mit Marius cos.vII) sogar durch eigene Ernennung, die drei Konsulate des cn. Papirius carbo (85, 84, 82) sowie das Konsulat – ohne Ämter und zu jung – des sohnes von Marius 82 zu nennen.165 2,4,2 berichtet sogar von späteren Gesetzesinitiativen, die allerdings eine etwas längere amtsund lebensdauer voraussetzten). siehe insgesamt zur unsicheren chronologie twyman 1989 sowie Beness/hillard 1990. 164 cic. Phil. 11,11; har. resp. 43; Brut. 226–227; asc. 25 c; Diodor. 37,2,12; Quint. Inst. 6,3,75. zur Datierung auf 89: Badian 1969, s. 482 f., contra lintott 1971, s. 446–449 und Mitchell 1975, s. 201 f., aber wieder bestätigt von Katz 1977, s. 45–47, s. 62 und Keaveney 1979, s. 451 anm. 1. Die Episode endet mit dem angriff von sulpicius auf die Konsuln und dann wenig später, nach Übertragung des Kommandos gegen Mithridates von sulla auf Marius, mit dem Einmarsch sullas; eine mögliche Wahl von caesar strabo entfällt damit. Gegen die vorstellung, letzterer habe wirklich gegen Mithridates ziehen wollen, Keaveney 1979, s. 452 f., der im Gegenzug Marius nur an diesem Kommando und nicht an dem Konsulat interessiert sieht, anders lintott 1971, s. 450. Katz 1977, s. 50–55 weist sowohl auf die ambition von caesar strabo selber als auch auf das Interesse einiger principes (s. 54) hin, nach dem Weggang des princeps senatus M. aemilius scaurus nicht Marius oder sulla, sondern mit caesar strabo einen dritten Mann aufzuwerten, was dann (s. 59) eben zu einer der sondererlaubnis des senats führt, wobei unklar bleibt, worin diese genau bestand (vgl. unter 3.4.1.b). – Unter den Fragen nach normgenese und ausnahmen von regeln wäre schon die aedilität von caesar strabo untersuchenswert, welche dieser als Patrizier im Jahr 90 entgegen der aufteilung ungerader Jahre für Patrizier und gerader für Plebejer innehat, vgl. dazu Katz op. cit., s. 52 anm. 38; siehe für diese vorschrift Polyb. 10,4; liv. 7,1,6 bzw. mit verweis auf eben jene stellen Mommsen str I, s. 482. 165 vgl. generell Broughton Mrr II sub annis. Diese zeit wird hier aus zwei Gründen en bloc erwähnt. zum einen stellt sich die Frage, ob von regel und ausnahme innerhalb dieser zeit (wie auch später unter sulla) noch zu sprechen ist, zum anderen bedingen sich diese Ämter gegenseitig, handeln doch die Beteiligten als Gruppe. Diese ausklammerung ist zugegebener Maßen der langfristig ausgerichteten Frage nach norm und abweichung geschuldet, an der dann auch die relativierung der dominatio Cinnae durch lovano 2002 nichts ändert; dieser hat, bes. s. 68–77, auf die erfolgreiche Politik eines ausgleichs zwischen verschiedenen Gruppen, gerade auch durch eine verbesserung der wirtschaftlichen bzw. finanziellen situation, hingewiesen; statt anarchie und unberechenbarer Willkürherrschaft steht dann ciceros Einschätzung der zeit als triennium sine armis (cic. Brut. 308). anders z. B. liou-Gille 1999, s. 453 f., die auf die fehlenden auspizien bei selbsternennung hinweist und von einem „coup dʼÉtat permanent“ spricht, was sich im Übrigen ebenfalls mit cicero deckt, der die zeit nämlich auch als sine iure et dignitate kennzeichnet (Brut. 227). anzumerken ist in der tat aber, dass sich im Gegensatz zur „selbsternennung“ von cinna und Marius 86 (liv. per. 80: se ipsos renuntiaverunt; vir. ill. 69: iterum et tertium consulem se ipse fecit, während es bei app. b.c. 1,75 (345): όντος ἔτους ὕπατοι μὲν ᾕρηντο Κίννας τε αὖθις καὶ Μάριος ἕβδομον auf eine Wahl hinauszulaufen scheint) nur an der Kandidatur des c. Marius c. f. Protest entzündet, und dies auch nur von sertorius, welcher das Konsulat selber gerne bekleidet hätte, vgl. Plut. sert. 6,1 (dem zufolge das Konsulat gegen die Gesetze verstieß), und liv. per. 86: per vim creatus esset. vgl. dazu Konrad 1996, s. 104 f. und schon Gelzer 1984, s. 42, für den dieses Konsulat ein Kennzeichen der damaligen revolutionären zerrüttung ist. – Der vollständigkeit halber kann man

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3 regelkonflikte bei Wahlen

• nach der rückkehr von sulla lässt dieser 82 den eques Q. lucretius Ofella, der, nach durchaus verdienstvollen taten gegen Marius, aber noch als ritter versucht, Konsul zu werden, als illegalen Kandidaten auf dem Forum erschlagen.166 • 70 wird Pompeius dagegen, ohne je ein ordentliches amt bekleidet zu haben und mit nur 36 Jahren, Konsul.167 • 66 kündigt der Wahlleiter c. calpurnius Piso dem M. lollius Palicanus, der wohl sonst gute chancen gehabt hätte, im voraus an, dessen etwaige Ernennung nicht zu vollziehen (non renuntiabo). Die daraufhin gewählten Kandidaten P. cornelius sulla und P. autronius werden nach der Wahl allerdings wegen ambitus von den unterlegenen Kandidaten angeklagt und verurteilt, worauf dann eben jene l. aurelius cotta und l. Manlius torquatus bei einer nachwahl erfolgreich sind, für welche der neue Wahlleiter l. volcacius tullus eine Kandidatur catilinas nicht zugelassen hatte.168 • 55 kommt es bei der Prätorenwahl, bei der cato die besten aussichten hatte, zu einem abbruch der Wahl durch den Wahlleiter, Konsul und augur Pompeius, der bei blauem himmel und gutem Wetter einen Donner hört.169 Die Konsuln von 53 können ihr amt erst nach langen verzögerungen und einem großen Bestechungsskandal antreten, die Wahl ihrer nachfolger wird durch Unruhen verschleppt, das Jahr 52 sieht neben den ausschreitungen beim tode des clodius nach einem Interregnum am Ende Pompeius als consul sine collega, und schließlich ist es die Frage nach der Bewerbung für das Konsulat in abwesenheit, die 49 mit dem Übergang caesars über den rubikon beantwortet wird.170 – Unter anderen rahmenbedingungen verkündet antonius 44 dann alio die, um damit die Wahl von Dolabella zum suffektkonsul zu verhindern, und verzichtet auf eine

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noch auf die Karriere des M. Marius Gratidianus hinweisen, der wohl 87 (oder 86) volkstribun sowie dann 85 und 84 (oder 82) Prätor gewesen sein soll, vgl. nur Broughton Mrr III, s. 140 f. Broughtons Kommentar zur möglichen, direkten abfolge von tribunat und Prätur lautet treffend: „quiet irregular, but it was a stormy period.“ liv. per. 89; app. b.c. 1,101 (471–472); Plut. sull. 33,4. sumner 1973, s. 106 f., zweifelt an der Darstellung der Bewerbung eines eques (so appian [471]) und nimmt eine Karriere unter Marius und dann eine nichtbeachtung des Intervalls zwischen Prätur und Konsulat an. Bei livius und Plutarch wird der name als Ofella wiedergegeben, zum namen in der version afella siehe dagegen Badian 1967, s. 227 f. Bei Plutarch (comp. lys. sull. 2) wird die Ermordung Ofellas später als Beispiel für neid und Unrecht an Freunden kritisiert. appian b.c. 1,121 (560–561); liv. per. 97; cic. imp. Pomp. 62; val. Max. 8,15,8; Plut. Pomp. 54, vgl. m. w. v. Broughton Mrr II, s. 126; siehe dazu immer noch Gelzer 1943, s. 158 ff. Für lollius Palicanus: val. Max. 3,8,3; vgl. dazu cassolà 1962, s. 15. zur nachwahl von l. aurelius cotta und l. Manlius torquatus vgl. Broughton 1991, s. 7 f. Für die nicht-zulassung von catilina vgl. sall. cat. 18, wobei die stelle widersprüchlich ist, dazu später (3.4.1.e) mehr. Gegen irgendwelche Ideen einer ersten verschwörung catilinas (zu recht): seager 1964 oder sumner 1965, anders (wenn auch ohne direkte Beteiligung catilinas) z. B. christ 1979, s. 256 f. cic. Q. fr. 2,8(7),3; Plut. cat. min. 42, Pomp. 52,1–2; siehe dazu Fehrle 1983, s. 166–174. Für den Bestechungsskandal 54/53: cic. att. 4,15,7; 4,17,2; Q. fr. 3,1,6; 3,2,3; 3,3,2. Für die nicht mehr erfolgte Wahl 53 und die Unruhen 52: nippel 1988, s. 128–144. Für Pompeius vgl. die vielen angaben bei Broughton Mrr II, s. 233 f. Für caesars Übergang vgl. nur suet. Iul. 33,1; app. b.c. 2,35; Plut. caes. 32 (ἀνερρίφθω κύβος); Plut. Pomp. 50; siehe dazu Meier 2002, s. 11–26 oder Jehne 1997, s. 72–79 sowie 2005a.

3.4 systematische Untersuchung

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nachwahl eines verstorbenen volkstribunen, angeblich aus angst, es könne Oktavian gewählt werden.171 3.4 sYstEMatIschE UntErsUchUnG schaut man sich die dargestellten regelkonflikte genauer an, ergeben sich mehrere Möglichkeiten einer systematischen Gruppierung. Bleibt man bei einem chronologischen Ordnungsprinzip, fällt sofort auf, dass sich gewisse „nester“ oder Ballungen zeigen und zwar 356–350, 298–296, 217–210 und 190–184. solche häufungen legen den verdacht nahe, dass eine besondere historische Konstellation im hintergrund steht, und tatsächlich leuchtet sofort ein, dass die zeit nach den licinischsextischen Gesetzen (367 bis ca. 350) – nicht überraschend – Konfliktfälle bei der tatsächlichen Umsetzung eines plebejischen Konsuls aufweist, oder dass viele der zu verzeichnenden abweichungen von regelungen in die zeit des zweiten punischen Krieges fallen. Ungeachtet solcher Kontexte, die jeweils als Erklärung im hintergrund beachtet werden müssen, tauchen aber regelmäßig Konflikte und regelkonflikte auf, die sich um die Qualifikation und damit zulassung oder ablehnung des Kandidaten drehen. Dieses Merkmal lässt sich als hauptstreitpunkt ausmachen und dementsprechend weiter differenzieren und systematisch von mehreren seiten beleuchten. Bei einer Wahl sieht sich ein Kandidat in rom nicht nur seinen Konkurrenten gegenüber, sondern auch, zusammen mit diesen, dem volk in der versammlung und den Personen sowie Institutionen, die als Wahlleiter, Magistrate, volkstribune, Priester und senatoren jeweils eine teils bestimmte, teils unbestimmte Menge an Kompetenzen, vor allem aber an autorität beim verweisen auf vorschriften, herkommen oder Brauchtum für die Frage einer Qualifikation haben. Dies bedeutet zum einen, dass die Institutionen-bezogenen normen mit beachtet werden müssen, auch wenn sie erst im dritten teil analysiert werden. zum anderen muss man für eine Untersuchung der Kriterien-bezogenen normen der Wahl Untersuchungskategorien finden, die die in sich verschränkten aspekte herausarbeiten. Dies soll hier dadurch geschehen, dass zunächst (3.4.1) die Qualifikation des Kandidaten untersucht wird, dann aber die Frage nach Kompetenzen und Grenzen noch einmal (3.4.2) aus sicht seines Gegenüber, des Wahlleiters, gestellt werden soll: Kann dieser jemanden bevorzugen und – vielleicht noch wichtiger – kann er jemanden verhindern?

171 cic. Phil. 2,80–82 bzw. app. b.c. 3,31 (120–122); suet. aug. 10,2; cass. Dio 45,6,2–3; Plut. ant. 16,2; siehe für beide Fälle mehr unter 3.4.2.b.

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3 regelkonflikte bei Wahlen

3.4.1 Die Qualifikation der Kandidaten a) Das Alter der Kandidaten Das alter der Kandidaten ist in rom als voraussetzung für ein amt lange zeit nicht geregelt gewesen. Polybios überliefert die sitte, dass man vor einer politischen laufbahn an zehn Feldzügen teilgenommen, d. h. eine spanne von zehn Jahren Militärdienst geleistet haben soll, aber erst 180 wird ein Mindestalter für Konsulat und Prätur durch die lex Villia annalis festgelegt.172 Ein junges alter kann in den Quellen vermerkt werden, wie bei M. valerius corvus, der 349 mit 23 Jahren zum Konsul gewählt wurde,173 doch tauchen Konfliktfälle insgesamt nur selten und erst in späterer zeit auf, genauer gesagt, sie beschränken sich – da bei Flamininus die 172 Polyb. 6,19,4; Develin 1979, s. 58 sieht diese zehn Jahre als eine Erwartung an: „I say ‚expectation‘ because with Polybios we cannot insist that this refers to any hard and fast rule;“ so auch Beck 2005a, s. 57. siehe für ein späteres „außer-Gebrauch-Kommen“ dieser vorschrift wie auch die Möglichkeit eines „Karrierehindernis“ Blösel 2009, s. 477–498; zitate: s. 487, s. 493. zur lex Villia annalis, die als Mindest-lebensalter 30 Jahre für die Quästur, wohl 37 für die aedilität, 40 für die Prätur und 43 für das Konsulat festlegte, siehe bes. rögler 1962 sowie dann Beck 2005a, s. 51–61 (hier s. 58) und timmer 2008 s. 80–95; entscheidend ist vor allem, dass es sich bei den angaben um das lebensalter handelt; anders Mommsen str I, s. 565 ff. Die hintergründe der lex Villia annalis sind umstritten. scullard 1973, s. 174 will mit verweis auf cic. Phil. 5,48: autem memoria superior Africanus, T. Flamininus admodum adulescentes consules facti einen „speedy advance of ambitious young nobles“ verhindert wissen, was durchaus nicht unwahrscheinlich ist, obwohl Kleijwegt/Evans 1992, s. 184–187 darauf hingewiesen haben, dass ciceros Worte nicht zu modern gelesen werden dürfen und sich eher auf Personen eines „middle-age“ beziehen. hintergrund soll nach scullard sein, dass dieses Gesetz wie auch Maßnahmen gegen ambitus beschlossen wurde, als die plebejischen Konsuln „novi homines at least in the general sense“ waren, die zensur von cato ausgeübt wurde und schließlich die novi homines affinen Familien wie die scipionen und Fulvii größeren Einfluss hatten – skeptisch zu allen diesen Begründungen Develin 1979, s. 82 f., der abschließend ausführt: „one cannot find no group, party or social stratum which would benefit above others,“ so auch rögler 1962, s. 114, der aber immerhin annimmt, dass ein solches Gesetz gegen den Willen catos nicht beschlossen worden wäre. auch Kleijwegt/Evans loc. cit. stellen das Gesetz in den Kontext anderer Maßnahmen gegen ambitus, weisen aber vor allem auf die Entschärfung des politischen Wettbewerbs durch ein biennium hin; bei ihnen finden sich auch schon Gedanken zu einer längeren sozialisation („training-period“) der nachrückenden Generationen, was dann von timmer 2005, bes. s. 67 (allerdings zu lesen mit dem Kommentar von Eder 2005, s. 70–78 [im gleichen Band]) sowie timmer 2008, s. 308 ff. dahingehend ausgebaut wird, dass die lex Villia zu einem höheren alter der Entscheidungsträger führen und somit die Konsensfähigkeit erhöhen sollte. Für ein normales alter für politische Karrieren vor 180 von 27 (und während des zweiten punischen Krieges durch rekrutierungen von unter 17-jährigen sogar noch weniger) vgl. Feig vishnia 1996, s. 55. Für ein zusammenspiel bei der reglementierung des zugangs zum Konsulat von lex Baebia und lex Villia annalis siehe Brennan 2000, s. 169 ff.; für die überraschend dürftige Wiedergabe bei livius, der sich offensichtlich mehr für den senat als für die aktivität der volkstribune interessiert, siehe Ferrary 2003, s. 123. 173 liv. 7,26,12; 7,40,8; val. Max. 8,15,5; 8,13,1; dazu wurde valerius corvus nach Plin. n.h. 7,157 auch noch 100 Jahre alt. Das Durchschnittsalter von Konsuln betrug nach Develin 1979, s. 56–80, der 159 bekannte Fälle zwischen 366–180 untersucht, zunächst Mitte dann später Ende 30, häufig lag das alter auch weit darüber.

3.4 systematische Untersuchung

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Frage des vorherigen amtes im vordergrund steht, vgl. dazu 3.4.1.b – auf zwei der berühmtesten „großen römer“: auf den sieger von zama P. cornelius scipio africanus 213 und auf den späteren zerstörer von Karthago P. cornelius scipio aemilianus 148. Im ersten Fall verweisen volkstribune auf das zu geringe alter von scipio, wobei unklar ist, auf welche vorschrift genau sie rekurrieren.174 Im zweiten Fall dagegen, bei scipio aemilianus, gibt es die klaren, unmissverständlichen regeln der lex annalis, die ein alter von 43 Jahren vorschreiben. hinzu kommt noch die voraussetzung einer Prätur, welche scipio aemilianus ebenfalls nicht erfüllt, dazu später. In beiden Fällen allerdings werden die Kandidaten trotz des hinweises auf mangelnde Qualifikation am Ende gewählt, der eine zum aedil, der andere zum Konsul, dem maximus honos der republik. letzteres ist eine Begebenheit, die man nach Astin besonders herausheben muss: „scipioʼs election to the consulship of 147 is so familiar a fact that it is necessary to emphasize how truly extraordinary it was. It is not only that he was doubly unqualified and still a junior senator. the whole affair defied precedent.“175 Was aber wird hier als Präzedenz gemessen? Astin selber weist für ein Konsulat ohne Prätur auf Flamininus 199 hin und dann auch auf das dritte Konsulat des Marcellus 152 für die Maxime: „allowing the plea of expediency to override constitutional laws.“ Beide Fälle werden später untersucht; die eigentliche Parallele aber liegt in dem Fall von scipios namensvetter und adoptiv-Großvater 213, und die Präzedenz ist die Manifestation des volkswillen bzw. des Willen des anwesenden Wahlvolkes. Si me omnes Quirites aedilem facere volunt, satis annorum habeo – lässt livius (25,2,7) scipio 213 sagen, woraufhin die tribunen ihren Widerstand aufgeben. Die implizite hierarchie, die höhere Gewichtung des Wunsches des Wahlvolkes, die man darüber hinaus auf die bindende Kraft des jeweils letzten Beschlusses einer römischen volksversammlung zurückführen konnte, ist auch der schlüssel für die Episode von 148, für die appian (lib. 112) das Wahlvolk sogar auf die νόμοι von tullius und romulus verweisen lässt, nach denen das volk bei Wahlen frei entscheiden konnte.176 nur – und das ist der entscheidende Unterschied – war die (regel-)situation mittlerweile eine andere. Die lex Villia annalis hatte nicht nur die Idee eines Mindestalters an sich bekräftigt, die norm gleichsam durch Wiederholung gestärkt, sondern auch den Interpretationsspielraum durch die explizite Fassung von 43 Jahren auf null reduziert. Daher musste, um im Ergebnis die gleiche Flexibilität gewährleisten zu können, also scipio wählbar zu machen, dieser von der normerfüllung suspendiert werden. 174 Ein Mindestalter für die aedilität ist nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 48 zweifelhaft, zumal die aedilität darüber hinaus nicht notwendige stufe einer Karriere sein könne, da es seit 197 mehr Prätorenstellen als aedilstellen gab; für Karrieren ohne aedilität vgl. auch cic. Planc. 51. Ähnlich Feig vishnia 1996, s. 55 f., die dennoch meint: „this was an exception that proves the rule“ (s. 55), was (im Gegensatz zu 148) für 213 gerade nicht behauptet werden kann, vgl. weiter im text. 175 astin 1967, s. 62. 176 Es ist daher schwierig, wie astin 1967, s. 63 zu behaupten: „the idea was constitutionally outrageous, not to say absurd, yet it was accepted and acted upon by a large section of a notoriously conservative people,“ er selbst redet später (s. 67) von dem „basic principle“ der freien Entscheidung des volkes.

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3 regelkonflikte bei Wahlen

Während im ersten Fall volkstribune schlicht angesichts von Widerstand darauf verzichteten, als vorgebliche normhüter tätig zu werden, musste im zweiten Fall versucht werden, einen regelbruch bzw. einen (zu) offenen verzicht auf sanktion zu vermeiden. Wie geschieht dies genau? Astin weist darauf hin, dass das volk wohl nicht so spontan, wie in den Quellen suggeriert, agierte und scipio seine Wahl hatte vorbereiten lassen. nach Astin soll eine spontane Wahl schon daran scheitern, dass ohne eine professio und damit offizielle Kandidatur von scipio der Wahlleiter gar keine stimmen für scipio übermittelt bekam.177 Die Frage ist – abgesehen von der unklaren Institution einer professio –178, ob dies nicht zu legalistisch gedacht ist. zumindest müsste überlegt werden, bis wann (noch während einer abstimmung) ein name vom Wahlleiter akzeptiert oder auch nur wahrgenommen werden kann, damit dieser – so er denn will oder es ihm aus politischen Gründen sinnvoll erscheint – noch stimmen bei der Endauszählung für den neuen Kandidaten berücksichtigen kann.179 Develin hat den vorgang in diesem sinne rekonstruiert, dass zunächst die erste Wahlklasse scipio wählt und man dann, während der Wahl, plötzlich reagieren muss und sich dafür entscheidet, für diese Wahl die Gesetze aufzuheben.180 aber wie wird die alters-vorschrift genau umgangen? hier berichten die Quellen zwei durchaus unterschiedliche verfahren. Bei livius heißt es: legibus solutus et consul creatus, d. h. scipio wird von den vorschriften ausgenommen, es wird eine klare ausnahme zugelassen. appians Bericht ist komplizierter. Der senat erlaubt den volkstribunen, die lex annalis aufzuheben, um diese dann 177 nach astin kann eine stimmzählung für einen offiziell nicht zugelassenen Kandidaten nicht möglich sein, da die Wähler vielleicht dem rogator einen namen nennen konnten, der nicht auf der liste der Kandidaten stand, aber der rogator seinerseits vom Wahlleiter nicht nach dem Endergebnis, sondern nach den jeweiligen stimmen für jeden registrierten Kandidaten gefragt wurde, vgl. astin 1967, s. 66 sowie bes. astin 1962, s. 252 f. nimmt man die von livius wie von appian überlieferten turbulenzen hinzu, kann man evtl. an öffentlichen Druck vor Beginn der Wahl denken, scipio doch als Kandidaten zuzulassen, was am Ende durch einen volkstribun gelingt, der droht, eine Wahl ohne scipio mit seinem veto zu blockieren, so jedenfalls astin, 1967, s. 63 ff. 178 levick 1981 hat durchaus überzeugend dargelegt, dass es keine obligatorische ankündigung gegenüber dem Wahlleiter gab, welche dieser hätte annehmen müssen oder ablehnen können. sie sieht in dem ausdruck profiteri nur eine generelle öffentliche ankündigung eines Kandidaten (s. 380) und will daher den terminus professio nicht weiter verwenden, da dieser erst in flavischer zeit überhaupt in den Quellen auftauche (s. 385). 179 Für eine Kritik am professio-Modell von astin und die Möglichkeit einer Wahl auch nicht qualifizierter Kandidaten vgl. Earl 1965a und Develin 1979, s. 485 mit dem verweis auf Fulvius Flaccus 184, dazu mehr unter 3.4.1.b und 3.4.2.b. Die Frage, bis wann eine „last-minute“ Kandidatur noch für die stimmenauszählung angenommen werden konnte, stellt sich auch hall 1972, s. 19. Für generelle Kritik an der vorstellung einer professio vgl. die vorangegangene anmerkung. 180 vgl. Develin 1979, s. 486 ff.; der dazu auch auf die Familiengeschichte des scipio hinweist. so wurde nicht nur (wie ausgeführt) dessen adoptierter Großvater 213 ebenfalls gegen vorschriften gewählt, sondern auch der vater aemilius Paullus soll sein zweites Konsulat für 168 praktisch vom volk aufgedrängt bekommen haben, so jedenfalls Plut. aem. 10,1–3. Offen bleibt, ob ein solcher Prozess nicht auch schon nach der centuria praerogativa hätte beginnen können oder müssen, wie in den unter 3.3 erwähnten Fällen von 215 (liv. 24,7,12) und 211 (liv. 26,22,3 f.).

3.4 systematische Untersuchung

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aber für das folgende Jahr, also die nächsten Wahlen, wieder einzuführen: τοὺς δημάρχους λῦσαι τὸν τῆς ἡλικίας νόμον, καὶ τοῦ ἔπιόντος ἔτους αὖθις θέσθαι.181 Es wird also eine ausnahme von einer derweil geltenden regel vermieden. nun mögen weder livius noch appian hier auf solche verfassungstechnischen (oder regeltheoretischen) Feinheiten rücksicht genommen haben, auch bedeutet beides ja im Ergebnis dasselbe. Und doch wäre ein vorgehen im sinne von appians Darstellung behutsamer, da die regel zwar aufgehoben und wieder eingeführt wird, aber eben dadurch in der zwischenzeit, in der sie nicht gilt, nicht gebrochen wird.182 Die Geltungskraft wird also nicht beschädigt, ein Präzedenzfall entsteht nur (oder: allerdings) für die aufhebung einer regel, nicht für eine konkrete ausnahme von der altersvorschrift. In jedem Fall aber sieht man an hand des Unterschieds zu 213 die Problematik, die gewünschte Flexibilität trotz einer klaren vorschrift wie der lex Villia annalis zu erreichen.183 Immerhin, es bleibt eine seltene ausnahme, die 181 app. Pun. 112 (532), vgl. Iber. 84 (363–364). 182 vgl. schon Mommsen str III, s. 366 anm. 3, der von einer abrogation des annalgesetzes ausgeht. anders Bleicken 1975, s. 136 anm. 111: „Die von appian berichtete suspendierung und spätere Wiedereinführung der in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmung ist natürlich unsinnig; dieser ganz abwegige Gedanke ist wohl aus dem Wunsch appians entstanden, die Erzählung mit dem von ihm zur Erläuterung herangezogenen Ereignis der griechischen Geschichte zu verbinden, wobei die ‚Erläuterung‘ das zu Erläuternde völlig verzerrt hat.“ Damit bezieht sich Bleicken auf appians Parallele zu sparta, in der Gefangene von dem vorwurf der Ehrlosigkeit mit dem satz freigesprochen werden: lasst heute die Gesetze ruhen – κοιμάσθων οἱ νόμοι τήμερον. Dass eine solche Idee so unrömisch gedacht ist, wie Bleicken annimmt, ist zweifelhaft, siehe nur Meier rPa, s. 126 f. für den Gedanken eines von der legalität eingefangenen rechtsbruchs sowie erneut 2008, s. 281, wo Meier appian als „lectio difficilior“ den vorzug vor der livius-Epitome geben will. Kunkel/Wittmann 1995, s. 50 f. anm. 56 sehen durch dieses umständliche verfahren eine Demonstration des „extremen ausnahmecharakters des Dispenses.“ astin 1964, s. 440 sieht in hierin sogar den anlass zur verabschiedung der leges Aelia et Fufia, um solche erneuten ausnahme-Gesetze vor Wahlen zu untersagen, siehe zu diesen Gesetzen anm. 438 in 5.3.2. Eine andere Frage ist die nach dem technischen vorgehen bei einer aufhebung von Gesetzen, hier wäre eine derogatio wesentlich einfacher als eine abrogatio gewesen, vgl. nur die hinweise von richardson 1998. Dies könnte mit ein Grund dafür sein, dass Jean-louis Ferrary (mündliche Mitteilung) mit Bleicken davon ausgeht, dass appian das vorgehen falsch oder missverständlich wiedergibt, da statt der abrogatio des Gesetzes eine derogatio und damit eine erlaubte ausnahme vorgelegen haben soll. spezielle ausnahmen hat es jedenfalls häufiger gegeben, z. B. wenn es vor Wahlen einem Magistraten oder volkstribun noch ermöglicht werden sollte (was vermutlich nach der lex Fufia in der zeitspanne vor Wahlen gerade untersagt war, s. o.), Maßnahmen gegen ambitus einzubringen, vgl. nur cass. Dio 36,39,1 für 67 oder cic. att. 1,16,13 für 61: Lurco autem tribunus pl., qui magistratum simul cum lege Aelia iniit, solutus est et Aelia et Fufia; was dann bliebe ist das Problem des Privilegien-verbots, worauf ich hier aber nicht eingehe – zumindest die Formulierung von appian für 148 wäre allgemein genug. Ob wirklich durch eine regelaufhebung ein regelbruch vermieden wurde lässt sich aus den Quellen allein nicht entscheiden; die Idee einer suspendierung des rechts, um es zu bewahren, fasziniert dabei historiker wie Juristen (vgl. nur Beck 2005a, s. 407 bzw. nissen 1887, siehe dazu auch lundgreen 2009a, bes. s. 61 f.). 183 rögler 1962, s. 115 betont den großen Unterschied zwischen der Wahl von Flamininus 199 und der von scipio 148. Während im ersten Fall der senat die entscheidende Instanz gewesen sei, sehe man im zweiten Fall als Instanz das Gesetz und damit die volksversammlung, eine Entwicklung, die den senat zumindest eingeschränkt habe; mehr dazu unter 8.2.

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3 regelkonflikte bei Wahlen

nur für das erste Konsulat des Pompeius wieder „gebraucht“ wird – welcher aber ohnehin eine sonderstellung einnimmt.184 Generell lässt die geringe anzahl der Konflikte den schluss zu, dass die altersvorschriften in der römischen republik, wo es sie gegeben hat, nicht stark umstritten waren – das angesprochene Konsulat des M. valerius corvus 348 im alter von 23 Jahren z. B. taucht auch später als Präzedenzfall nicht wieder auf, obwohl livius in einer rede corvus rühmend auf sein alter hinweisen lässt (liv. 7,40,8). b) Das vorausgegangene Amt Eng mit der vorschrift über ein bestimmtes lebensalter verbunden ist – wenngleich nicht identisch oder parallel geregelt – die abfolge der Ämter. nun können solche vorstellungen frühestens Mitte des dritten Jahrhunderts entstehen, da sie eine Ämterpyramide mit dem Konsulat an der spitze und wenigstens auch zwei Präturen darunter voraussetzen. Doch ist hier noch nichts fest geregelt, spielräume sind noch offen. so ist der Fall von Flamininus 199 vor dem hintergrund einer solchen Mischung aus fehlenden expliziten regeln und doch regelmäßig anders liegenden Fällen zu betrachten. Die volkstribune wollen auf einer Beachtung einer Ämterlaufbahn (gradus honorum) bestehen, wofür es aber keine klare vorschrift gibt, wie aus der antwort des senats deutlich wird: Patres censuerunt, qui honorem, quem sibi capere per leges liceret, peteret, in eo populo creandi, quem velit, potestatem fieri aequum esse.185 Dem volk soll die auswahl nicht beschränkt werden, wenn der Bewerber das amt von den Gesetzen her erlangen durfte, was bei dem Quaestor Flamininus offensichtlich der Fall war. Dessen Wahl ist auch zunächst nichts völlig Ungewöhnliches, es hatte solche Fälle vorher und gerade in der jüngeren vergangenheit gegeben, es galten sogar gleiche voraussetzungen für seinen Kollegen im amt, sex. aelius Paetus catus, und auch für den Konsul des Folgejahres c. cornelius cethegus.186 nun hat Rögler herausgearbeitet, dass es für solche Fälle eines Konsulats ohne Prätur vor Flamininus z. t. gute Begründungen gab: P. cornelius scipio (cos. 205) war bereits Prokonsul in spanien, Q. caecilius Metellus (cos. 206) und M. servilius Geminus (cos. 202) waren magistri equitum gewesen, lentulus (cos. 201) hatte sich im Krieg besonders hervorgetan und bei sex. aelius Paetus (cos. 198) ist auf dessen große rechtskenntnis abzustellen; Rögler arbeitet hier ein Prinzip des Fähigkeitsnachweises heraus, der für ein amt, aber nicht not184 vgl. hier nur: cic. imp. Pomp. 62: ex senatus consulto legibus solutus consul ante fieret quam ullum alium magistratum per leges capere licuisset; diese sonderolle des Pompeius wird im text an verschiedenen stellen immer wieder aufgenommen, bis hin zur letzten anmerkung 850 in 8.2. Dass die Befreiung von den Gesetzen per s. c. erfolgte, lässt sich durch die besondere situation der seit sulla (bis 70) eingeschränkten volkstribune erklären, vgl. anm. 25 in 1.3. zur Frage, ob caesar das Konsulat zu früh bekleidete oder nicht, vgl. sumner 1973, s. 134 ff. und Develin 1979, s. 97 ff., die beide am Ende wohl Badians vorschlag zuneigen, dass für Patrizier zumindest seit sulla andere altersvorschriften galten und sie Magistraturen zwei Jahre früher innehaben durften, vgl. Badian 1959, s. 151 f. 185 liv. 32,7,11. 186 Broughton Mrr I, s. 330, s. 332 f.

3.4 systematische Untersuchung

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wendigerweise in einem amt erbracht werden musste.187 Fraglich ist nur, ob ein solcher nachweis von Flamininus wirklich nicht erbracht werden konnte, immerhin war dieser in tarent pro praetore tätig gewesen.188 Dennoch wurde wohl von Flamininus etwas gefordert, was zwar auf der einen seite zu begründen war und nichts genuin neues darstellte, auf der anderen seite aber eine Entwicklung fortsetzte, vielleicht auf die spitze trieb, die aus sicht einer um chancengleichheit bemühten Oligarchie nicht zu wünschen war. so wird seine Wahl allgemein und zu recht als auslöser gesehen, eine festere Karriereordnung einzuführen. Man könnte auch sagen: Bevor die im zweiten punischen Krieg geduldeten ausnahmen und abweichungen sich im sinne von konstruktiven Devianzen verfestigten, wurde vom senat gegengesteuert und eine straffere Ordnung eingeführt.189 Während c. cornelius cethegus 197 das Konsulat noch ohne die Prätur erreichte, ist letztere seit der sicherlich nicht zufällig eben 197 vorgenommenen Erhöhung der Prätorenstellen auf sechs als klare voraussetzung für ein Konsulat anzusehen. allein schon dadurch, dass es mehr stellen für Prätoren als für aedile gab, kann dagegen die aedilität (spätestens seit dieser zeit) nicht als voraussetzung zur Besetzung des Konsulats angesehen werden.190 auch von der Prätur als voraussetzung für das Konsulat ist aber wieder abgewichen oder zumindest abzuweichen versucht worden. schwierig einzuordnen ist dabei der Fall von scipio 148, der neben seinem zu geringem alter sein Konsulat auch ohne vorherige Prätur erlangte. 187 rögler 1962, s. 107. 188 nach röglers argumentation muss ein solcher nachweis fehlen. Der hinweis auf ein Kommando pro praetore kommt von liv. 29,13,6, der diese Entwicklung aber kaum beachtet und nichts weiteres überliefert. Badian 1971, s. 108 ff. hat behauptet, dass titus Quinctius Flamininus durchgehend von 205 bis 202 in tarent pro praetore agierte und sich nach Berufung in Kommissionen zur landverteilung und Koloniegründung zurecht gute chancen für die Konsulwahl 199 ausgerechnet hatte. Die rekonstruktion von Badian fußt allerdings auf z. t. fragwürdigen Prämissen, siehe dazu Pfeilschifter 2005, s. 35 ff., der auch die Bedeutung des propraetorischen imperium relativiert (s. 69), trotzdem gegen rögler das argument der Unerfahrenheit von Flamininus aber nicht gelten lassen will (s. 58). 189 Pfeilschifter 2005, s. 67 spricht zu recht von Flamininus als auslöser und nicht als Ursache der Debatte. rögler 1962, s. 105 betont vor allem die verärgerung bei anderen Prätoren, wobei er auch verärgerung über das Konsulat des sex. aelius Paetus annimmt, der doch eigentlich nach ihm eine „begründete ausnahme“ darstellt (s. 107). Es bleibt vor allem Missfallen an drei von vier Konsuln ohne Prätur in den Jahren 199 und 198. hinweisen kann man noch auf die zensur von P. licinius crassus 210, der vorher weder die Prätur noch das Konsulat innegehabt hatte, allerdings Pontifex maximus war (liv. 27,6,17), siehe dazu Bauman 1983, s. 93 ff. sowie später 5.4.2.b. 190 vgl. die Bemerkungen am anfang von 3.2; zu erwähnen sind hier nur die Fälle von Marius, sulla und ap. claudius Pulcher. Marius fällt bei den Wahlen zur aedilität gleich zweimal durch, um danach 115 Prätor zu werden, vgl. cic. Planc. 51; Plut. Mar. 5,1–2; kritisch dazu allerdings Evans 1994, s. 44 ff. Bei sullas erstem versuch, die Prätur zu erlangen, soll er laut eigener, von Plutarch bezweifelter aussage nicht gewählt worden sein, weil sich das volk ohne aedilität um schöne spiele gebracht sah, ein Jahr später allerdings ist, bei erfolgter Wahl, von der nicht bekleideten aedilität keine rede mehr, vgl. Plut. sull. 5,1–2; für die erste niederlage auch val. Max. 7,5,5. ap. claudius Pulcher versucht 57 die aedilität zu überspringen und sich gleich zum Prätor ausrufen zu lassen, vgl. cic. dom. 112; und siehe dazu lundgreen 2009 b, s. 45.

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3 regelkonflikte bei Wahlen

vermutlich wird die sondergenehmigung für sein alter ausgereicht haben, zumal zu dieser zeit mit den üblich gewordenen Intervallen zwischen den Ämtern beide regelungen eng miteinander verwoben waren. Eine ausnahmeregelung bezüglich der Prätur wird greifbar im Fall des c. Iulius caesar strabo vopiscus 89, der für sein vorhaben, consulatum ex aedilitate, eine Genehmigung des senats erlangt.191 Damit könnte eigentlich wie bei scipio eine ausnahme erlaubt werden, doch gibt sich der volkstribun sulpicius nicht zufrieden. Im Gegensatz zu dem senat, der bereit war, aus politischen Gründen die Kandidatur caesar strabos zu gestatten, wollte sulpicius an den alten, oligarchischen Prinzipien festhalten; mit Popitz gesprochen agiert der tribun als normhüter. Die Frage ist, ob er damit indirekt die Änderungskompetenz des senats in Frage stellt. Daneben ist zu überlegen, ob er sein veto gegen einen senatsentscheid oder gegen eine Entscheidung der volksversammlung einlegen will, ob also nur von tradition oder mittlerweile von einer gesetzlichen regelung abgewichen werden soll.192 hier hat ein senatsbeschluss of191 vgl. Mitchell 1975, bes. s. 199 f. mit dem verweis auf die sarkastische Bemerkung aus cic. Phil.11,11, ob sich l. Bestia als ein zweiter caesar vopiscus von Gesetzen befreien lassen wolle; ebenso astin 1957, s. 603 f. und Keaveney 1979, s. 451. Kunkel/Wittmann 1995, s. 50 anm. 53 sehen die Erlaubnis, die aus cic. Phil 11,11 folgt, nicht und listen caesar vopiscus zu Unrecht als gescheiterten versuch einer bloß versuchten Umgehung des annalgesetzes auf; so auch Develin 1979, s. 85, skeptisch zur Erlaubnis ebenfalls Katz 1977, s. 62. Ob caesar vopiscus dazu evtl. nicht alt genug für ein Konsulat war, wird bei sumner 1973, s. 106 diskutiert, aber als unwahrscheinlich angesehen; ebenso Katz 1977, s. 59, dem zu Folge das gravierende Problem für caesar strabo vopiscus die Beachtung des biennium war. 192 astin 1957, s. 604 f. leitet gerade aus dieser Episode einen klaren Beleg für ein Gesetz ab, welches die Prätur als voraussetzung des Konsulats beinhaltet. auch Brennan 2000, s. 170 geht von einer gesetzlichen regelung aus, nimmt dafür schon 196 als wahrscheinlichen zeitpunkt an, obwohl er an anderer stelle, s. 626, davon spricht, dass die lex Villia annalis die Prätur zu einem „prerequisite for the consulship“ machte. Explizit ist ein solches Gesetz nicht überliefert, daher sieht Develin 1979, s. 85: „no evidence“ für eine solche Gesetzgebung vor sulla, sondern eben bloß „custom;“ aemilianus und vopiscus sind nach ihm „transparently abnormal.“ Offensichtlich hat in diesem Fall ein senatsbeschluss gereicht, was gegen eine gesetzliche regelung spricht, wobei sulpicius genau diese alleinige Entscheidungskompetenz des senats in Frage stellt. Ob die beiden Positionen, so unterschiedlich sie rechtlich sind, im alltag römischer Politik einen großen Unterschied gemacht hätten, ist unsicher. selbst wenn man einer tradition weniger Geltung als einem Gesetz unterstellt, was in sich schon fraglich ist, bleibt es für jedes abweichen sinnvoll, zumindest auch einen senatsbeschluss als Erlaubnis oder Duldung anzustreben. Dass umgekehrt eine Umgehung fast jeder regel auch ohne senatserlaubnis möglich ist und sanktionsmöglichkeiten in rom begrenzt sind, ändert daran zunächst nichts. siehe jetzt überzeugend Beck 2005a, s. 54 f. für die Entwicklung der Prätur als vorstufe zum Konsulat als Konsequenz der Erhöhung der Prätorenstellen aber ohne spezifisches Gesetz. – Da sich sulpicius darüber hinaus durch diese politische niederlage in seiner dignitas verletzt sah, kam es nach Mitchell 1975, s. 201 erst zu der „volte-Face,“ an deren Ende er zwei Konsuln angegriffen hatte, sulla auf rom marschieren würde und von einer Wahl caesar strabos keine rede mehr war. nach Keaveney 1979, s. 457–460 agiert sulpicius vor allem zunächst im Interesse sullas, der eine Kandidatur von caesar strabo verhindern wollte; sulpicius selber hoffte auf die Unterstützung von sulla für seine Gesetzesanträge über die Freigelassenen. siehe Katz 1977, s. 60 f. für die rolle des zweite tribuns P. antistius. auf die unterschiedlichen Interpretationen dieses Falles von lintott, Katz, Mitchell und Keaveney braucht hier aber nicht weiter eingegangen zu werden.

3.4 systematische Untersuchung

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fensichtlich gereicht, was gegen eine gesetzliche regelung über die Prätur als voraussetzung für das Konsulat spricht. Die Episode zeigt aber umgekehrt auch die Dispensationsmöglichkeit von der tradition durch den senat; allerdings brauchte man dann gute Gründe, welche akzeptiert, aber auch zurückgewiesen werden konnten – gut zu sehen am versuch von Glaucia 99 und dann in aller Deutlichkeit am blutigen Ende des Q. lucretius Ofella 82, wobei eine solche fatale sanktion selber eine ausnahme bildet. sulla wollte vermutlich ein zeichen setzen, wie sehr in diesem Fall selbst verdiente anhänger von ihm seine (nun festen) regeln zu achten hatten; es wäre in der Geschichte, noch dazu in der römischen, nicht das erste Mal, dass an sich harmlose regelverletzungen als Infragestellung der Ordnung brutal bestraft werden – zu denken ist etwa an den Mythos des sprunges von remus über die von romulus gezogene stadtgrenze.193 auch wenn eine gesetzliche regelung für die Prätur vor sulla also nicht nachgewiesen werden kann, wird sich das Prinzip, zunächst die Prätur zu bekleiden, immer weiter durchgesetzt haben; es wurde nicht unmöglich, davon abzuweichen, musste aber begründet werden, was (offensichtlich) nur selten gelang.194 Ganz anders kann ein amt für das darauf folgende nicht nur eine Qualifikation oder voraussetzung, sondern auch ein hindernis sein – jedenfalls dann, wenn das erste weiterhin ausgeübt wird. hier ist zunächst an die Inhaber bestimmter religiössakraler Ämter zu denken, welche auf lebenszeit verliehen, also auch während einer Magistratur ausgeübt wurden. Diese Fälle werden bei der Frage nach sakralrechtlichen Einschränkungen bei den provinciae en bloc behandelt (in Kapitel 4). hier geht es dagegen weiter um die kumulative ausübung ordentlicher Magistraturen und in einem sonderfall um inner-familiäre Beschränkungen durch Ämter des vaters. – Bei der nachwahl für die Prätur 184 wird Q. Fulvius Flaccus vorgeworfen, er könne als aedil nicht kandidieren, da er im Falle des Wahlsiegs dann zwei kurulische Ämter ausübe. nun leuchtet auf den ersten Blick ein Doppelamt im von Kollegialität geprägten römischen system in der tat nicht ein. Dennoch findet sich bei livius eine vorschrift von 342, nach der niemand zwei Ämter bekleiden darf, was – so es historisch ist – doch auf einen gewissen regelungsbedarf schließen lässt.195 nach Mommsen stellt sich die ganze Problematik nicht, da die Wahlen ja 193 vgl. nur Ennius ann. 94 f. (skutsch) und liv. 1,7,2; siehe für die verschiedenen Quellenberichte Ogilvie 1965, s. 54, sowie für eine Übersicht verschiedener Diskussionen über griechische und israelitische Parallelen, indogermanische Ursprünge und gewalt-zivilisatorische ritualinterpretationen, die aber alle am enigmatischen charakter der Geschichte nichts ändern, Bremmer 1987, s. 34–38. Es bleibt eine deutliche Demonstration von regelsetzungs- und sanktionskompetenz. Eine Machtdemonstration sullas sieht vor allem appian b.c. 1,101 (472) mit seiner Parabel von dem Bauern, der zunächst die Flöhe zweimal aus seinem hemd schüttelt, dann aber, nach weiteren stichen, letzteres einfach verbrennt. 194 Der Fall von c. Marius c. f. ist durch die allgemeine ausnahmesituation bestimmt und kommt durch Gewalt (liv. per. 86) zu stande; Dolabella 44 (cass. Dio 42,33,3; 44,22; 44,53; appian b.c. 2,129 [540]) und der versuch von l. calpurnius Bestia [siehe auch anm. 191] 42 (cic. Phil. 11,11) liegen später und fallen mit den rahmenbedingungen von caesar und dann dem zweiten triumvirat genauso aus dem regel-ausnahme-raster wie auch Octavian, vgl. dazu Mommsen str I, s. s. 540 sowie Kunkel/Wittmann 1995, s. 50. 195 liv. 7,42,1–2; vgl. die Bemerkungen zur lex Genucia im Punkt 3.2. Für das verbot einer kumu-

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3 regelkonflikte bei Wahlen

sukzessiv und nicht simultan stattfanden,196 und vergleichbare Fälle sind in der tat selten. zu denken wäre an 308, als ap. claudius caecus für das Konsulat seine zensur niederlegen soll, obwohl hier unklar bleibt, ob er dies vor oder nach der Wahl tun soll.197 Der Fall von 184 bietet darüber hinaus noch einige andere schwierigkeiten. nach livius ist Q. Fulvius Flaccus aedilis curulis designatus, Flaccus wird aber nicht designierter, sondern amtierender aedil gewesen sein, der sich deshalb auch sine toga candida bewarb.198 Einen rücktritt vor der Wahl bietet er nicht an, wohl um seine sicherheit, sein amt, im Falle einer niederlage nicht verloren zu haben; sein angebot, im Falle eines Wahlsieges von der aedilität zurückzutreten, wird als lösung nicht akzeptiert, wobei es nach Rilinger die Proteste hätte entkräften sollen.199 Astin sieht hierin sogar eine Gesetzeslücke und den Grund für den Wahlleiter, sich an den senat zu wenden. nach ihm läuft die argumentation gerade so, dass Q. Fulvius nicht von Gesetzen hätte befreit, sondern umgekehrt mit seinem rücktrittsangebot sogar als Kandidat hätte akzeptiert werden müsse.200 Warum die Wahl schließlich abgebrochen wird, sagen die Quellen nicht, es wird vor allem um Konfliktvermeidung gegangen sein.201

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lativen Ämterausübung ist eher an die reaktion auf einen Einzelfall zu denken als an eine abstrakte regelung oder gar das verbot einer gängigen Praxis, vgl. hölkeskamp 1987, s. 94; anders lange 1879 (ra II), s. 44 und herzog 1884 (I), s. 252 (häufige Kumulation von Konsulat und Prätur). nach Elster 2003, s. 41 fand laut den Fasten eine Kumulation ständiger Wahlmagistraturen nie statt. Mommsen str I, s. 513. liv. 9,42,3 f.: Appium censorem petisse consulatum comitiaque eius ab L. Furio tribuno plebis interpellata, donec se censura abdicarit, in quibusdam annalibus invenio. zu denken ist auch an Pompeius, bei dem nippel 1988, s. 143 auf die „grundsätzlich nicht verfassungskonforme“ stellung 52 als consul sine collega (bis zur nachwahl seines Kollegen) und vor allem auf die Doppelrolle als Konsul und Prokonsul hinweist, siehe dazu app. b.c. 2,23 (85), vgl. auch lintott 1999, s. 201, der von einem Präzedenzfall „half way house along the road“ (hin zu augustus) spricht. nun mag dieser hinweis auf eine Kumulation von Kompetenzen, denkt man auch noch die zuständigkeit für Getreide, sachlich richtig sein, liegt aber rechtlich-formal betrachtet anders. Denn eine Promagistratur ist kein amt (vgl. nur Mommsen str I, s. 11), und dass Pompeius als Konsul 55 und 52 aus der stadt rom heraus seine Provinz spanien nur durch legaten verwalten lässt, ist Giovannini 1983, s. 90 zu Folge völlig normal für einen Konsul, der trotz sofortiger zuständigkeit für eine Provinz immer zunächst seine aufgaben in rom zu erledigen hat. Eine Kumulation im technischen sinne hat hier also nicht vorgelegen. siehe hierzu auch ridley 1983, s. 145 ff., der sogar ausführt, dass die procuratio spätestens mit dem Konsulat 55, das Prokonsulat dann mit dem Konsulat 52 geendet habe. vgl. dazu bes. Mommsen str I, s. 513 f. anm. 3, der darüber hinaus auf das plebejische Jahr 184 und die sonst sehr lange Designation vor antritt des amtes verweist. Den argumenten contra livius wird gefolgt, siehe m. w. v. Broughton 1991, s. 38; anders allerdings Develin 1979, s. 485 anm. 8, der damit auch erklärt, warum gar kein rücktrittsangebot von Fulvius kommen konnte, dazu weiter im text. rilinger 1976, s. 184; zur Diskussion, ob es sich um eine nichtannahme von stimmen gehandelt hat oder sich die auseinandersetzung schon bei der professio entzündete (so astin 1962, s. 254), siehe ebenfalls rilinger, op. cit. s. 183. Denkt man an levick 1981, kann es sich nur um eine evtl. nichtannahme von stimmen handeln. astin 1962, s. 254 f.; seine these, dass dementsprechend volkstribune eine Wahl ohne Fulvius als Kandidaten verhindern, ist möglich, kann aber nicht durch Quellen belegt werden. scullard 1973, s. 150 zieht aus dem abbruch der Wahl den – so in den Quellen nicht zu finden-

3.4 systematische Untersuchung

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203 ist das amt des vaters ein hindernis, denn, so behauptet livius, die Ämter des volkstribunen und des plebejischen aedilen waren nicht zu bekleiden, wenn der vater ein kurulisches amt innegehabt hatte. In dem konkreten Fall war c. servilius vor seinem Konsulat, nicht überraschend, volkstribun und aedil gewesen. sein vater hatte zwar ein kurulisches amt innegehabt, war aber dann in den Kriegen mit den Bojern verschollen. schon bei der Wahl von c. servilius zum aedil 208 wird nach livius festgestellt (constabat), dass dieses amt (wie auch das tribunat zuvor) nicht rechtens sei (negabant iure), da der vater in der Gewalt der Feinde noch lebe, ein Einwand, der aber an der Wahl offensichtlich nichts geändert hat.202 nachdem c. servilius als Konsul seinen eigenen vater nach insgesamt 16 Jahren Gefangenschaft befreit hat, wird die Frage wieder aktuell. nach livius wird (es bleibt unklar, von wem) ein antrag beim volk eingebracht, dass servilius, da er vom Überleben seines vaters nichts gewusst habe (cum id ignoraret), aus seinen Ämtern kein schaden entstehen solle (ne fraudi esset).203 abgesehen von der etwas merkwürdigen Behauptung des nichtwissens, da der sachverhalt nach livius selbst offenbar schon fünf Jahre vorher bekannt war, beschreibt livius hier keine nachträgliche ausnahmegenehmigung, sondern einen Beschluss, keine strafe zu verhängen. Es ist ein sanktionsverzicht, da der verstoß gegen die Gesetze (contra quam sanctum legibus esset) unwissentlich geschehen sei.204 Eine ganz andere den – schluss, der Wahlleiter Porcius habe den flamen valerius unterstützen wollen. scullard stellt dies in den zusammenhang der nächsten zensorwahl, bei der die Porcii und Valerii in rivalität zu den Fulvii gestanden hätten; so auch ausführlich Münzer 1920, s. 193 f. Merkwürdig bleibt, dass kein einziger der bei livius aufgeführten Kandidaten wirklich gut für das amt geeignet scheint, vgl. rögler 1962, s. 117–121 und rilinger 1976, s. 182 f. l. Pupius und cn. sicinius waren 185 aedilen gewesen, hätten auf ein Intervall achten müssen. Der wirkliche Konkurrent von Fulvius war c. valerius Flaccus, der flamen Dialis. Einem flamen ein amt mit imperium zu übertragen war mit schwierigkeiten verbunden. zwar handelte es sich um die Position des praetor urbanus, die auflage, rom nicht zu verlassen, wäre also kein Problem gewesen, doch hatte valerius Flaccus schon beim antritt als aedil die schwierigkeit gehabt, einen amtseid zu schwören, was einem flamen verboten war und dann von seinem Bruder übernommen werden musste, siehe dazu 5.4. noch merkwürdiger ist, dass diese liste nicht wenigstens von einem Bewerber ohne jeden Makel ergänzt wurde. rögler zieht daraus zunächst den schluss, es habe keine von der normalen Wahl übrig gebliebenen Kandidaten gegeben, und dann weiter, dass es generell nur so viele Kandidaten wie Ämter gegeben hätte. Beides ist möglich, wenngleich das erste viel wahrscheinlicher ist. nach rögler folgt daraus, gleichsam noch als dritter argumentationsschritt, dass die mangelnde anzahl von Bewerbern Grund für die lex Baebia von 181 gewesen sei, welche die Prätorenstellen in jedem zweiten Jahr reduzieren sollte. Im hintergrund nimmt er dabei aber an, dass eine situation, in der sich der senat nicht exakt auf alle Bewerber einigen konnte, zu ambitus führt, was als Ursache der lex Baebia (wie auch später der lex Villia annalis) angenommen wird. – Diesen Bemerkungen zum trotz werden alle drei Konkurrenten von Fulvius Flaccus 183 zu Prätoren gewählt, er selber erreicht 182 die Prätur und 179 das Konsulat, vgl. Broughton 1991, s. 38 f. 202 liv. 27,21,10; für die aedilität siehe Broughton Mrr I, s. 291. 203 liv. 30,19,9; Ferrary 2003, s. 111 geht trotz der Formulierung latum ad populum est von einem pl. sc. aus. 204 liv. 30,18,7; damit liegt keine heilung einer Unwirksamkeit vor, wie Kunkel/Wittmann 1995, s. 566 anm. 47 und s. 616 schreiben. Ein solches aus dem modernen zivil- und verwaltungsrecht genommenes Konzept einer (evtl. zu heilenden) Ungültigkeit passt auch nur schwer für

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3 regelkonflikte bei Wahlen

Frage ist der sinn und zweck einer solchen regel; hier leuchtet ein, dass ein Konflikt zwischen Interessenvertretung des amtsinhabers, z. B. in Form der tribunicia potestas, mit der patria potestas seines vaters und früheren kurulischen Magistrats (und d. h. wohl: senators) vermieden werden sollte.205 eine Willensäußerung des populus Romanus, die allenfalls durch verstöße gegen sakrales recht in Frage gestellt werden konnte, vgl. dazu 7.2. Ganz anders Mommsen str I, s. 487 anm. 2, dessen Idee aber nicht durch Quellen gestützt wird, vgl. die Kritik von aymard 1943, s. 204 f. und siehe dafür die nächste anmerkung. – Folgt man allerdings sherwin-White 1973, s. 35, s. 302 und bes. s. 292 f. (u. a. mit rekurs auf cic. Balb. 28 f.) über das Institut des postliminum, also der Möglichkeit von Kriegsgefangenen, bei ihrer rückkehr ihre alten Bürgerrechte wieder aufzunehmen, welche während ihrer (unfreiwilligen) abwesenheit temporär suspendiert waren, hätte die vorschrift über das amt des vaters erst nach dessen rückkehr in den Bürgerverband überhaupt wieder Geltung erlangen können, also nach allen Wahlen. nimmt man aber eine solche rechtliche Konsequenz der abwesenheit an, hätte die nachricht vom leben des vaters keine weiteren auswirkungen haben können, anders wohl Develin 1982, s. 114. auch bei livius bleibt das ignoraret sachlich i. s. von „nicht wissen“ wie rechtlich i. s. von „nicht wissen wollen“ merkwürdig, aber man muss auch damit rechnen, dass livius diese Episode schlicht nicht vollständig erfasst und nur fragmentarisch wiedergegeben hat. 205 so auch die analyse von aymard 1943, der gegen Mommsen (Übertritt des sohnes zum plebejischen stand ohne Erlaubnis) und Münzer (verlust des passiven Wahlrechts bei gefangenem vater) argumentiert, dass zwischen 323 und 178 dieses von livius beschriebene Gesetz gegolten haben wird, da nach dem ersten punischen Krieg eine senatsfeindliche schicht starkes Interesse daran haben musste, zu verhindern, dass (auch nur) einer der volkstribune auf Grund zu starker familiärer Bindungen nicht die Interessen des volkes, sondern „der Elite“ bzw. präziser des senats vertreten würde. In der tat bleibt aber offen, warum die restriktion auch für die kurulische aedilität gelten sollte, vgl. Develin 1982, s. 112 ff., dessen argument aber, es sei als ungehörig empfunden worden, wenn plebejische Magistrate auf diese Weise mit den auspizien ihrer „curule fathers“ in Kontakt gekommen wären, auch nicht völlig überzeugt. anders sieht es aus für die volkstribune: zu denken ist z. B. an die Episode von 232, wo gegen den volkstribunen Flaminius dessen vater auftritt und seine patria potestas gegen die tribunicia potestas seines sohnes ins Feld führt, was noch viel später diskutiert wurde, vgl. cic. inv. 2,52; val. Max. 5,4,5 (Dion. hal. ant. 2,26,5 deutet sogar an, dass es weitere Fälle gegeben hat). Für eine Datierung reicht Ferrary 2003, s. 115 anm. 25 diese Episode von Flaminius allerdings nicht aus, zumal unklar bleibe, ob der vater von Flaminius ehemaliger kurulischer Magistrat gewesen sei. nicht unwahrscheinlich scheint daher eine Datierung aus der zeit des plebejischen zugangs zu den Magistraturen nach 366, so, aus anderen Gründen, Develin 1986, s. 341 f. Es überwiegt in jedem Fall die ansicht, dass ein Unterlaufen der tribunizischen amtsführung durch die patria potestas verhindert werden sollte, siehe nur m. w. v. Ungern-sternberg 2005, s. 358 und anm. 11. Develin 1978b benutzt die gleiche argumentation, um in dem plebiscitum Atinium erst die Erlaubnis für senatoren zu sehen, überhaupt das volkstribunat bekleiden zu können, da auch hier Konflikte vermieden werden sollten; diese Interpretation bleibt aber umstritten, vgl. zuletzt tatum 2010 (mehr in anm. 825 in 8.1). Interessant bleibt für das diskutierte verhältnis zwischen vätern und söhnen die Beobachtung von Develin 1982, s. 114 ff., dass es sich um eine völlig unstrittige vorschrift mit langer Dauer, um ein „fundamental principle“ (s. 116) gehandelt habe. Dem ist insofern zuzustimmen, als man eine solche vorschrift nicht einfach aufheben konnte – aber auch nicht aufheben musste: Mit der vorschrift, die innerhalb der Elite zu einer streuung von Ämtern in verschiedenen Familien führte, wurde letztlich die Wahlfreiheit des populus Romanus tangiert, welcher sich aber im Konfliktfall sowieso darüber hinwegsetzen konnte. Es ist signifikant, dass an dieser stelle überhaupt nicht über die norm debattiert, sondern ein sanktionsverzicht im konkreten Fall beschlossen wird, obwohl das argument des nichtwissens normalerweise weder vor strafe schützt noch in diesem Fall glaub-

3.4 systematische Untersuchung

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c) Kontinuation und Iteration Kontinuation und Iteration sind Paradebeispiele für die Problematik, zwischen regel und ausnahme, zwischen norm und abweichung zu unterscheiden. Die bei livius die Iteration verbietende lex Genucia von 342 und das Problem der vielen abweichungen oder ausnahmen sind in Punkt 3.2 ausführlich diskutiert worden. hier sollen jetzt genau die Fälle untersucht werden, in denen ein abweichen als besonders strittig empfunden wird. Die Idee einer Kontinuation mag darüber hinaus auf den ersten Blick dem (vorausgesetzten) Grundsatz der annuität so eklatant widersprechen, dass regelkonflikte fast überraschen. abgesehen von der Genese auch solcher Grundsätze muss dazu überlegt werden, was eine Kontinuation meint. nach Mommsen ist diese in der frühen republik nicht illegal, aber doch grundsätzlich „gemissbilligt“ gewesen, verboten wird sie nach ihm erstmals 342.206 Dagegen hat Rilinger überzeugend argumentiert, dass eine Kontinuation (zumindest bis zu Q. Fabius Maximus 215/214) immer verboten war, allerdings nach römischer auffassung ein bloßer amtswechsel unter Beibehaltung eines imperium (also z. B. von Konsul zu Diktator und wieder zu Konsul) keine Kontinuation darstellte;207 auch abzugrenzen ist die Prorogation, welche nicht das amt sondern nur die Kompetenzen verlängerte.208 Für Iteration und Kontinuation beschränken sich die folgenden Bemerkungen auf die Wahlen für die Konsuln und die (obwohl streng betrachtet keine Magistrate) volkstribune, schlicht da nur für diese beiden Ämter genügend regelkonflikte überliefert sind. würdig ist. andererseits lag der verstoß, der ja in der Wahl zum volkstribunen und dann aedilen (und nicht zum Konsul) lag, auch schon länger zurück und hatte rechtlich in einer Grauzone gelegen bzw. war zum früheren zeitpunkt auf Grund der Kriegsgefangenenschaft des vaters und einer daher „ruhenden patria potestas“ noch kein verstoß gewesen, vgl. die vorherige anmerkung. – söhne mussten durch eine emancipatio erst sui iuris werden, ansonsten standen sie bis zum tod ihres vaters (oder Großvaters!) unter dessen potestas, vgl. Kaser 1955, s. 61 f. oder liebs 1999, s. 119 f. Dies schloss politische Karrieren aber nicht aus, vgl. nur Dig. 1,6,9: Filius familias in publicis causis loco patris familias habetur, veluti ut magistratum gerat, ut tutor detur. – „In öffentlichen angelegenheiten wird ein haussohn als hausvater angesehen, so dass er z. B. als Magistrat tätig sein oder zum vormund bestellt werden kann.“ auch im Bereich von straf-, sakral- und Personenrecht wurden „hauskinder als freie und voll verantwortliche Personen“ angesehen, so Kaser 1992, s. 279, doch blieben sie beispielsweise vermögensunfähig. Die rechtliche Unterordnung der söhne muss allerdings durch demographische Erkenntnisse (bzw. annahmen und Modelle) ergänzt werden, nach denen fast 60 % der 25-jährigen und 90 % der 40-jährigen vaterlos und damit sui iuris waren, so saller 1994, s. 52, gefolgt von scheidel 2009, bes. s. 32 (vgl. auch oben anm. 104 in 3.2 zur lebenserwartung). siehe zur rolle und Bedeutung der patria potestas weiter 7.2. 206 Mommsen str I, s. 517; für eine liste aller Fälle: Mommsen 1858, s. 571 f. Kunkel/Wittmann 1995, s. 7 anm. 8 rücken das verschwinden der Kontinuation im 4. Jh. in den Kontext des verschwindens der Militärtribune und der Etablierung des Konsulats. 207 rilinger 1978, s. 256–264; siehe z. B. für die faktische, aber nicht formale Kontinuation von l. Papirius cursor 320/319 auch hölkeskamp 1987, s. 124. 208 vgl. Kloft 1977, s. 11 f., s. 90; auf die Konsequenzen von Prorogationen wird an dieser stelle nicht eingegangen, da nicht die langfristige auswirkung auf die politische Balance der Elite, sondern deren regel- und normverständnis im Mittelpunkt steht; hier wurde auf Iterationen und Kontinuationen weitaus empfindlicher reagierte.

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3 regelkonflikte bei Wahlen α) Konsuln

Bei den Wahlen zum Konsulat ist unter dem stichwort Iteration der erste zu untersuchende Konflikt 298. Q. Fabius Maximus weist selbst auf ein Gesetz hin, welches eine erneute Bekleidung des Konsulats ohne Pause von zehn Jahren verbietet, und wird dennoch gewählt. Gemeint sein kann nur das bereits diskutierte Gesetz von 342. zu fragen, ob Fabius Maximus dafür wirklich, wie von den volkstribunen erwogen, von den gesetzlichen Bestimmungen befreit wird, also ordnungsgemäß kandidieren darf, oder gleichsam trotz der regeln gewählt wird, es sich also um eine ausnahme oder einen nicht sanktionierten regelbruch handelt, wäre interessant, scheint aber müßig, da er von dieser vorschrift gar nicht betroffen war: sein letztes Konsulat lag nämlich mehr als zehn Jahre zurück.209 Es bleibt die Interpretation, dass livius seinen Kandidaten sich besonders zieren und bitten lässt oder seine Quelle fälschlich eine spätrepublikanische regel zurückprojiziert. Wenn livius ein Jahr später Q. Fabius Maximus nun als Wahlleiter keine stimmen für seine Wiederwahl akzeptieren lässt, um ein negatives exemplum zu verhindern, wird die Iterationsregel dagegen beachtet, d. h. das vielleicht noch schlimmere exemplum einer Kontinuation vermieden. Die eigentliche unklare Episode ist dann 296, wo ein verstoß gegen ein mögliches Iterationsintervall vorliegt, auf den sich vielleicht auch die nachricht von 298 bezieht, da livius hier keine Details mehr überliefert, sondern nur die anscheinend große Entschlossenheit des Wahlvolkes sowie die abstimmung der centuria praerogativa, der Fabius sich beugt.210 Rilinger stellt heraus, dass hier trotz der prekären militärischen lage eine Kontinuation vermieden wird, allerdings nur durch den Wunsch des Fabius nach Decius Mus als seinem Kollegen.211 291 dagegen renuntiiert sich der Interrex l. Postumius selbst als Kon209 vgl. Elster 2003, s. 41, die allerdings auf 308 und liv. 9,41,1 als Beleg verweist. In liv. 9,41,1 wird Fabius das Konsulat verlängert (Fabio […] continuatur consulatus); wie auch immer man sich eine solche verlängerung (statt Wahl?) vorstellen muss, berichtet livius dies bereits für 310. 308 wird nach liv. 9,42,1 f. Fabius nur das Kommando verlängert: senatus (…) prorogavit (…) imperium. Das letzte Konsulat, wenn man diese verlängerung mitzählt, war 310, eine erneute Bewerbung damit ab dem Jahre 300 (für 299) möglich; vielleicht bei einer inklusiven zählung sogar schon ein Jahr eher, denkt man analog an die Möglichkeit, ein quinquennium sowohl für fünf als auch für vier Jahre anzusetzen, vgl. Gesche 1973, s. 195 ff. sowie die anm. 123 oben in 3.2. nur wenn man eine verlängerung des Kommandos als Fortführung des gleichen amtes ansähe, käme man auf ein Ende der offiziellen aufgaben im Jahre 307, dann wäre eine Bewerbung erst ab 296 zulässig. – zur rolle der volkstribune, die auch vielleicht statt einer Befreiung von vorschriften eine nicht-Interzession anbieten, um dem senat die Möglichkeit zu geben, auf erfahrene Feldherren zurückzugreifen, vgl. hölkeskamp 1987, s. 136. 210 Für die Beziehung von liv.10,22,2 auf 296 schon Botsford 1909, s. 307 f., dann rilinger 1978, s. 300 f. anm. 255 und hölkeskamp 1987, s. 136. Ducos 1984, s. 146, die bei 298 bleibt, sieht hier einen Beleg für eine vorrangstellung der Gesetze vor dem volkswillen in rom, was mir nicht einleuchtet, vgl. anm. 758 in 7.2. 211 vgl. rilinger 1978 s. 300 f., der ausführt, dass es der adel selber war, der die Einhaltung seiner regeln überwachte; die centuria praerogativa hatte nach liv. 10,22,1 neben Fabius den Wahlleiter und Konsul l. volumnius wählen wollen. Bemerkenswert ist die rede des Wahlleiters, der andeutet, bei geringerem vertrauen in die „richtige“ Wahl auch einen Diktator ernennen zu

3.4 systematische Untersuchung

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sul, was zwar ebenfalls technisch keine Kontinuation darstellt, aber doch von den anderen Fällen abweicht, allein schon deswegen, weil keine militärisch bedrohliche lage als rechtfertigung anzuführen war. allerdings ist auch dies kein völlig klarer Bruch von regeln oder Erwartungshaltungen, sondern eher eine ausdehnung. Bereits 296 wurde der Konsul appius claudius caecus zum Prätor gewählt, und 294 hatte sich der Wahlleiter M. atilius regulus selbst ebenfalls zum Prätor ernannt.212 Dennoch ist dies einer der wenigen Fälle, für die man vielleicht eine art sanktion erahnen kann, denn Postumius wird ein Jahr später in einem tribunizischen MultProzess zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.213 auf jeden Fall entstand 291 mit der Wahl des Wahlleiters zum Konsulat ein Präzedenzfall, der 297 noch vermieden wurde und dann 210, nicht überraschend, ein argument für Q. Fulvius bietet, der seine Wiederwahl damit wie auch mit der Wahl von 215 (dazu später mehr) rechtfertigt. allerdings kommt hier hinzu, dass er dazu auf eine vorschrift von 217 verweist, nach welcher das volk in Kriegszeiten Konsulare so oft wiederwählen könne, wie es wolle.214 Die Problematik dieses arguments ist von Elster gut herausgearbeitet worden. zum einen war die vorschrift von 342 schon häufiger vorher durchbrochen worden, so auch gerade 218, als Flaminius nach fünf Jahren Pause erneut Konsul wurde, dessen tod überhaupt erst zur schwierigen lage von 217 führte. zum anderen wird diese neuregelung, die in den folgenden Jahren des punischen Krieges offensichtlich angewandt wurde, von livius selber erst 210 erwähnt.215 hier aber steht im Mittelpunkt der vorwurf die selbstrenuntation des Wahlleiters, was unter 3.4.2 behandelt wird. nur als ein nebenpunkt erscheint der aspekt: neque magistratum continuari satis civile esse aie-

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wollen, was das Interesse der Elite an herausragenden Feldherren in dieser situation unterstrichen haben dürfte. Für 296: liv. 10,22,9; vgl. Broughton Mrr I, s. 178. Für 294: liv. 10,45,4; vgl. Broughton Mrr I, s. 180. hinzu kommt ebenfalls 293 die Wahl des Wahlleiters l. Papirius cursor zum Prätor (liv. 10,47,5), siehe dazu rilinger 1978, s. 301–305, der für 291 wie auch beim dritten Konsulat von curius Dentatus 274 (ohne militärische notlage) von einer „ausdehnung der ausnahme“ (s. 304) spricht. vgl. Dion. hal. ant. 17/18,5,4 sowie liv. per. 11, wo als Begründung allerdings der Einsatz von soldaten auf seinem landgut angegeben wird. hinzu kommt Postumiusʼ generell unbotmäßiges verhalten als Feldherr und später als triumphator gegen Widerstand, so dass unklar bleibt, wofür genau er bestraft wird; siehe mehr dazu unter 6.6.2.a. Problematisch für eine klare zuweisung der Mult als strafe für die selbstrenuntation ist auch, dass diese bei livius nur bei der Diskussion 210 en passant überliefert wird (27,6,8); siehe weiter auch gegen eine annalistische rückprojektion der Prozessform Bleicken 1968, s. 10. liv. 27,6,7: ex auctoritate patrum ad plebem latum plebemque scivisse ut, quoad bellum in Italia esset, ex iis qui consules fuissent quos et quotiens vellet reficiendi consules populo ius esset; nach Mommsen str I, s. 500 hat es sich entgegen diesem Wortlaut nicht um einen volksbeschluss sondern um einen senatsbeschluss gehandelt, so auch Elster 2003, s. 192. vgl. Elster 2003, s. 190 ff. Die ausnahme von Flaminius kann wie alle anderen ausnahmen vorher auch gegen die starke Geltung des Iterationsverbots sprechen, aber nicht zwangsläufig gegen eine solche regelung selbst; für eine vorschnelle Gleichsetzung eines evtl. regelbruchs oder einer ausnahme mit einem Beleg für die nicht-Existenz der regel siehe Brennan 2000, s. 651: „the case […] eloquently shows that there was no prohibition on iteration within ten years in effect when the law [of 217, c. l.] was passed.“

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bant. Dies mag sich auf die vorschrift von 342 beziehen, könnte sich aber auch nur (oder gerade) gegen einen direkten Übergang des Q. Fulvius von seiner Promagistratur 211–210 (nach dem Konsulat 212) in ein erneutes Konsulat für 209 richten.216 Dieser vorwurf hätte auch auf seinen Kollegen Q. Fabius Maximus zugetroffen, was aber nicht weiter thematisiert wird. Wenn die volkstribune also dem Diktator Fulvius zugestehen, bei stimmen für andere Personen die Wahl nicht zu blockieren, kann die Iterationsfrage nicht allzu wichtig sein; livius lässt die tribune von der selbstrenuntation als dem noch viel schlimmeren Beispiel sprechen.217 Beides – selbstwahl und Wiederwahl – trifft aber vor allem auch auf die Wahl von Q. Fabius Maximus 215 zu, der sich dafür allerdings nicht hatte rechtfertigen müssen, obwohl hier sogar eine wirkliche Kontinuation und mithin ein eklatanter verstoß gegen die Idee einer Machtkonzentration vorlag.218 Festzuhalten ist, dass die Interpretation der vorschrift von 217 stark von den jeweiligen voraussetzungen, den annahmen über 342 abhängt.219 Während Rögler den Beschluss von 217 schlicht für eine „Erfindung“ im Kontext einer „rhetorischen annalistik“ hält,220 ist doch zu überlegen, ob nicht vergrößerte Iterationsmöglichkeiten in der notsituation des zweiten punischen Krieges einleuchten, um einen leichteren rückgriff auf erfahrene Feldherren zu gewährleisten. Dann ist aber zu überlegen, ob dies nicht auch ohne das Gesetz von 217 gegangen wäre, bzw. zu fragen, was wirklich neues erlaubt wird. Immerhin wird zunächst die Geltung eines vorherigen Iterationsverbots bestätigt und jetzt mit einer ausnahme in Kriegszeiten für die spezielle Gruppe der Konsulare präzisiert. Damit würden z. B. die ausnahmegenehmigungen, wie die von Mommsen durchweg angenommenen „Dispensationsplebiszite,“221 im Einzelfall hinfällig. Doch wirklich neue Möglichkeiten entstünden so nicht. Für Rilinger dagegen geht es 217 nicht um eine teilweise Erlaubnis einer vorzeitigen Iteration, die ja ihm zufolge sowieso möglich gewesen wäre, sondern stattdessen um einen noch freieren rückgriff auf Feldherren inkl. einer „tolerierung der seit jeher als besonders unschicklich geltenden selbstrenuntation.“222 Ähnlich Brennan, der eine Erlaubnis einer sonst unüblich 216 vgl. Broughton Mrr I, s. 267–285. Gegen den Übergang von Wahldiktatur zum Konsulat kann sich der vorwurf in diesem Fall aber nicht gerichtet haben, sonst wäre er identisch mit der zusätzlich geäußerten Kritik an der Wahl des Wahlleiters. nach Kunkel 1971, s. 378 soll der hinweis des senats auf die zeitumstände trotz Erlaubnis der Wahl die Entstehung eines exemplum verhindern. 217 liv. 27,6,4 f.: … multo foedioris exempli eum ipsum creari qui comitia haberet. 218 nach Feig vishnia 1996, s. 53 bezieht sich der Protest der volkstribune c. und l. arrenius von 210 auf diese selbst- und vor allem Wiederwahl von Q. Fabius Maximus 215, was bei den involvierten Personen einerseits (man denke an die zweite amtszeit in Folge als Prätor für Q. Fulvius Flaccus 215) und der schwierigkeit, in der situation 215 Kritik an dem cunctator zu äußern (dazu mehr unter 3.4.2) andererseits, nicht unplausibel erscheint. 219 Für eine Übersicht siehe Ferrary 2003, s. 117; ein Interpretationszusammenhang gilt auch, wenn man wie Beck 2005a, s. 105 betont, dass beide vorschriften „nicht direkt und schon gar nicht bruchlos miteinander verbunden waren,“ da 217 alle möglichen Iterationsbeschränkungen aufgehoben wurden, nicht nur die von 342. 220 rögler 1962, s. 87. 221 Mommsen str I, s. 519 f. anm. 5. 222 rilinger 1978, s. 309; so auch Beck 2005a, s. 50 f. Dass die selbstrenuntation allerdings laut

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gewordenen dritten Wiederholung oder gar einer Kontinuation sieht.223 allen Interpretationen gemeinsam ist das Motiv des besseren rückgriffs auf militärisch erfahrene Kommandeure durch eine lockerung der regelung zur Konsulwahl. nimmt man jedoch hinzu, dass man seit Mommsen den Beschluss nicht als lex (oder Plebiszit), sondern als senatsbeschluss ansieht,224 ist noch eine andere Möglichkeit denkbar, die sich damit kombinieren ließe: vielleicht wollte der senat mit einer solchen Erlaubnis eine häufige Durchbrechung der regeln doppelt verhindern, indem ein vormals illegales, aber nicht zu verhinderndes verhalten zum einen nun erlaubt und zum anderen gleichzeitig eingehegt, nämlich beschränkt wurde auf das (sachliche) Merkmal einer militärischen notsituation und auf den (persönlichen) Kreis ehemaliger Konsuln.225 auch nach 217 bzw. 210 hört die Iterations-Problematik aber nicht auf; so tritt Marcellus 152 ein erneutes Konsulat nach nur zwei Jahren an, sein insgesamt drittes. Obwohl dies eigentlich gut in das von Rilinger freigelegte Muster passt, dass bei verdienten Feldherren gerade beim dritten Konsulat auf die Einhaltung der Iterationsfrist verzichtet werden konnte, zeigt die reaktion deutlich, wie sehr sich die Erwartungshaltungen und der normative rahmen seit dem Ende des 4. Jahrhunderts geändert hatten.226 seit Mommsen setzt man dieses dritte Konsulat des Marcellus nämlich in verbindung mit einem aus dieser zeit stammenden kompletten verbot einer mehrfachen ausübung des Konsulats, welches von cato eingebracht worden sein soll.227 Dabei war man kurz vorher noch großzügig gewesen, denn streng genommen hatten sich auch P. cornelius scipio nasica (cos.I 162, cos.II 155) und c. Marcius Figulus (cos.I 162, cos.II 156) nicht an die Frist gehalten.

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rilinger seit 291 „in zunehmendem Maße“ sanktionsbewehrt war, ist eine problematische Behauptung, siehe dazu 7.4. so Brennan 2000, s. 651 f., im Gegensatz zu einer bloßen Erlaubnis einer Unterschreitung der zehnjährigen Frist, welche nach Brennan erst um 196 eingeführt wurde; vgl. auch Ferrary 2003, s. 117 anm. 32. anders Kunkel/Wittmann s. 618, nach denen hier erst bzw. nur eine ausnahmeregelung für die lex Genucia von 342 vorliegt, deren Einschränkungen zwar nicht immer eingehalten, aber doch als hinderlich empfunden wurden. Mommsen str I, s. 500 anm. 1, so auch rögler 1962, s. 86; anders: Develin 1979, s. 16 und Feig vishnia 1996, s. 53, letztere nimmt eine zwischen 214 und 210 nachträglich vorgenommene gesetzliche Erlaubnis der Wiederwahl von Q. Fabius Maximus durch ihn oder seine anhänger an. rögler 1962, s. 86 schreibt als Begründung gegen ein Plebiszit: „Denn der Beschluß erlaubt dem volk nicht mehr, als was es ohne ihn auch durfte. Da ja bei Konsulatswahlen wie bei allen Magistratswahlen ein vorschlagsrecht des volkes nicht bestand, sondern die Wahl des volkes in der zustimmung oder ablehnung der vom Wahlleiter vorgeschlagenen Kandidaten erfolgte, ist dieser Beschluß als volksbeschluß wenig sinnvoll.“ Dies verkennt aber die vermeidung einer weiteren regeldurchbrechung durch eine dementsprechende Erlaubnis; vgl. für einen solchen Gedankengang z. B. Meier 1975. vgl. rilinger 1978, s. 298; für eine liste von vorzeitigen Iterationen des dritten Konsulats siehe dort anm. 242. cato p. 55 (Jordan); cato frg. 293 (schönberger); Fest. p. 282, 4–7 l; wohl auch bei Plut. cat. mai. 8,5 sowie im Umkehrschluss bei liv. per. 56: iterum consulem fieri, non liceret. vgl. neben Mommsen str I, s. 521 anm. 1; auch scullard 1973, s. 234 f. anm. 3.; Develin 1979, s. 94 und Elster 2003, s. 408 f.

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Doch kann man argumentieren, dass deren jeweils erstes Konsulat 162 nicht zählte bzw. gleichsam wiederholt werden durfte, da beide auf Grund sakraler Formfehler kurz nach amtsantritt zurücktreten mussten, weil der Wahlleiter und augur ti. sempronius Gracchus die auspizien nicht richtig eingeholt hatte.228 nach valerius Maximus (9,3,2) werden allerdings sehr wohl beide Konsulate des Figulus erinnert, zumindest von dessen sohn; auch in den Fasten tauchen die Konsulate auf und gehören gleichsam zum curriculum vitae der Magistrate. Dies könnte bedeuten, dass sich die Gewährleistung der Machtbegrenzung innerhalb der aristokratie durch die Iterationsbeschränkungen hier auf die tatsächliche Machtausübung und nicht auf das amt als honos bezieht. Das Iterationsverbot wird dann in jedem Fall für längere zeit befolgt, mit der einen ausnahme für scipio 135. so wie dieser schon von den vorschriften der lex annalis befreit worden war (s. o.), beschreibt der Epitomator von livius nun auch dessen zweites Konsulat: quem cum illi capere ob legem, quae vetabat quemquam iterum consulem fieri, non liceret, sicut priori consulatu legibus solutus est.229 Wie „schlimm“ ein solches vorgehen zu bewerten ist, ist fraglich. zum einen wird wiederum eine ausnahme erlaubt, wenn auch nicht so kompliziert (oder geschickt) wie nach appian 148 mit einer temporären regelaufhebung und Wiedereinführung, sondern schlicht mit einer ausnahmegenehmigung. zum anderen bleibt es aber bei dieser ausnahme – bis zu Marius. Bei dessen vielen, noch dazu kontinuierlich ausgeübten Konsulaten wird die Frage nach regel und ausnahme problematisch, wobei sich hier die Überlegungen alleine auf die konsekutiven Konsulate von 104–100 beziehen. Bei Marius zweitem Konsulat 104 weist Plutarch auf die verstöße gegen die Wahl in anwesenheit und das nicht ausreichend große Iterationsintervall hin. Doch soll das volk keinen Widerspruch geduldet und zudem auf den Präzedenzfall von scipio verwiesen haben, der Karthago hätte zerstören sollen, wohingegen es jetzt sogar um die heimat gehe.230 nun sind keine größeren Unruhen berichtet, so dass eher an eine starke stimmung im volk als an eine gewaltsame Durchsetzung von volksbeschlüssen zu denken ist, wie sie bald darauf, eben unter Marius, vorkommt. Und die argumentationsfigur mit dem volkswillen zur freien auswahl des heerführers ist von livius für 213 bzw. 148 bekannt, Plutarch gießt sie sogar in die Formel, dass sich „nicht zum ersten Mal das Gesetz dem staatswohl 228 cic. Q. fr. 2,2,1; div. 1,33; nat. deor. 2,11; val. Max. 1,1,3; Plut. Marc. 5,1–3; siehe dazu astin 1964, s. 434–436, vgl. auch 5.3. 229 liv. per. 56. 230 Plut. Mar. 12: „aber das volk jagte jeden, der Widerspruch wagte, vom Platz“ – τοῦ δέ δήμου τοὺς ἀντιλέγοντας ἐκβαλόντος. nach Mommsen str I, s. 521 anm. 1 hat Plutarch hier die Überlieferung entstellt, da Marius wie scipio bei seiner zweiten Wahl vom verbot der Iteration und nicht von der altersvorschrift befreit wurde, auf die Plutarch im Folgesatz mit der Wahl scipios gegen Karthago anspielt. Develin 1979, s. 94 anm. 78 überlegt, ob hier ein hinweis auf eine aufhebung des absoluten Iterationsverbotes (von 151) bei Wiedereinführung der zehnjährigen Frist vor der zeit von Marius zu sehen ist, so bereits astin 1964 s. 439 anm. 3; auch nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 70 anm. 57 weist Plutarch hier auf das Iterationsintervall von zehn Jahren hin. Brennan 2000, s. 652 nimmt darüber hinaus für Marius selber Genehmigungen durch eine Klausel wie 217 an, und führt dafür die offensichtlich ebenfalls erlaubte Kandidatur des Q. caecilius Metellus numidicus (Konsul von 109) für 101 an.

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beugen müsse“ – womit man statt einer aufhebung des Gesetzes oder einer ausnahme von einer geltenden regel nun eine genrelle Unterordnung des Gesetzes unter ein höheres Gut hätte.231 Die weiteren Konsulate von Marius finden – zumindest bei Plutarch – kaum Beachtung, sie werden beiläufig erwähnt; sein drittes erhält Marius wiederum in abwesenheit, für das vierte kommt er nach rom, das fünfte erreicht ihn im heerlager, direkt nach seinem sieg über die teutonen. neben der offensichtlichen tatsache, dass nach einem regelbruch oder einer ausnahme weitere Brüche und ausnahmen weniger ins Gewicht zu fallen scheinen, ist – neben der besonderen angst der römer vor den Galliern – ein entscheidender Gesichtspunkt, dass es sich immer um die gleiche aufgabe, also die abwehr der Kimbern (und später auch teutonen) handelt, der Kampf nur in den ersten Konsulaten schlicht nicht stattfindet.232 Inhaltlich liegt mit einer solchen speziellen aufgabe eine situation vor, die später vielleicht mit einem imperium extraordinarium gelöst worden wäre. Gegen die variante einer verlängerung eines prokonsularischen imperium hat Evans eingewandt, dass es gerade die mangelnde Kooperation zwischen Konsul und Prokonsuln gewesen sei, die zu dem Desaster mit 50.000 toten in arausio (105) und damit eben zu den vielen Konsulaten des Marius geführt habe – ähnlich den beiden Konsulaten von Q. Fabius Maximus cunctator nach cannae.233 Für das sechste Konsulat mag eine gewisse ruhmsucht des Marius hinzugekommen sein, welches bei Plutarch schon dadurch etwas aus der reihe fällt, dass Marius sich darum mit schmeicheleien und Bestechungen bemühen muss, vielleicht eben weil die eigentliche aufgabe seines Konsulats erfüllt ist.234 231 Plut. Mar. 12: „Es sei nicht das erste Mal, hieß es, dass sich das Gesetz dem staatswohl beugen müsse“ – ἡγοῦντο γἀρ οὔτε νῦν πρῶτον εἴξειν τῷ συμφέροντι τὸν νομόν. Weiter heißt es aber, dass ein antrag bewilligt und Marius gewählt wurde, was auf ein zweistufiges verfahren, zunächst mit einer Genehmigung und dann der Wahl deutet, und nicht einfach für eine Wahl trotz anderer vorschriften spricht. 232 Brennan 2000, s. 652 nimmt eine analoge ausnahmegenehmigung für Konsulate in Kontinuation wie in seiner Interpretation von 217 an. Für den metus Gallicus nach der traumatischen Erfahrung mit Brennus siehe nur Ungern–sternberg 2006. 233 Evans 2003, s. 30 f. anm. 66, der ansonsten gerade versucht, die militärischen taten des Marius in nordafrika und gegen die Kimbern zu relativieren (zusammenfassend s. 36), meint dennoch, dass die militärische lage keine alternative zu Marius als Konsul bot (s. 26). vgl. für die verluste und niederlagen gegen die Kimbern vor dem Kommando des Marius nur harris 1979, s. 245–247. Für den zusammenhang von ruhmsüchtigen Feldherren, wechselnden Kommanden von kurzer Dauer und verlustreichen schlachten siehe allgemein Bleckmann 2002, bes. 236 ff. und Brennan 2004, s. 41. vgl. auch Blösel 2009, s. 477–530, der umgekehrt die außerordentlichen Imperien Einzelner als reaktion auf eine Demilitarisierung der römischen nobiles und einen Mangel an fähigen Feldherren begreift; zu Mariusʼ Kommanden 104–101 und der für einen aufsteiger günstigen politischen stimmung in rom siehe dort s. 190–194. 234 Plut. Mar. 28,4–6; bei velleius Paterculus (2,12,6) dagegen erscheint das sechste Konsulat als Dank für die geleisteten Dienste, was sich dann auch auszahle, da Marius den Umtrieben von Glaucia und saturninus ein Ende bereitet: „consulatus veluti praemium ei meritorum datus.“ Unklar ist, wieso Brennan 2000, s. 652 dies eine „special dispensation“ nennt. schon beim vierten Konsulat von Marius gibt es hinweise, dass Unterstützung durch den volkstribunen saturninus nötig gewesen sein könnte, vgl. neben Plutarch auch liv. per. 67: quartum consulatum dissimulantur captans; siehe dazu Evans 2003, s. 29 anm. 63.

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Weiter ist das Kriterium der Iteration nicht zu verfolgen. Während man nach sullas erstem Marsch auf rom vielleicht noch von normalen Wahlen sprechen kann, gerade weil für 87 mit l. cornelius cinna ein Gegner sullas gewählt wurde, sind die dann folgenden Konsulate von cinna 86–84 wie auch die Konsulate von cn. Papirius carbo 85 und 84 mit Kategorien von norm und abweichung nicht zu erfassen.235 Für Mommsen sind diese Kontinuationen von Glaucia, cinna, carbo, aber auch schon von Marius bezeichnend für den anfang vom Ende (der republik).236 sulla, selber cos.I 88 und cos.II 80, führt wieder das zehnjährige Intervall ein, welches dann von Pompeius (cos.II 55, cos.III 52) unterlaufen wird, wobei die Entwicklungen von 52 mit den großen Unruhen und der Einigung auf Pompeius zunächst als consul sine collega sowieso einen sonderfall bieten.237 Die Iterationsbeschränkung erscheint somit als ein rechtsprinzip, welches vielleicht um 342 aufgekommen ist, an Gewicht gewinnt, 298 bzw. 296 und 210 eine argumentation für ein abweichen nötig macht, aber andere abweichungen verhindert hat. (Um) 217 wird es dann präzisiert, vermutlich werden eher bisherige Überschreitungen nun erlaubt als wirklich neue Möglichkeiten eingeführt. Insgesamt war es aber wohl auch gewünscht, eine verbreiterung des zugangs zum Konsulat zu bewirken, was die harte reaktion auf Marcellusʼ drittes Konsulat 152 und die anschließende verregelung des zugangs erklärt. Für scipio und Marius sind dann ausnahmen von einer klaren regel erlaubt worden – was 215 für den berühmten Cunctator noch nicht nötig war. β) volkstribune

Bei den versuchen einer Wiederwahl von volkstribunen kann man, obwohl es meistens sogar um Kontinuation geht, schon eher ein kohärentes Modell entwerfen. Während der senat (nach liv. 3,21,2) bereits 460 kundtut, dass eine Fortführung der Ämter der Magistrate, aber eben auch eine Wiederwahl der tribune gegen das staatswohl sei (magistratus continuari et eosdem tribunos refici iudicare senatum contra rem publicam esse), werden dennoch die volkstribune wiedergewählt. hier von einem klaren regelbruch zu sprechen, erscheint schwierig. zum einen handelt es sich um eine Meinung des senats, die je nachdem als gewichtiger oder aber auch als unverbindlicher angesehen werden kann als zum Beispiel ein Gesetz. zum anderen bedeutet im römischen system von akzeptanz durch Praxis eine sofortige 235 vgl. die Bemerkungen zu diesen Fällen unter 3.3; m. E. wird es hier auch schwierig, eine noch nicht erfüllte aufgabe als Begründung der Kontinuation anzuführen wie eben bei Marius vorgeschlagen; anders lovano 2002, s. 68, der (zu) allgemein formuliert: „like Marius two decades before, cinna and carbo could justify their continuatio as a military necessity.“ 236 Mommsen str I, s. 518; vgl. auch 1858, s. 570: „so ist in der zeit der freien republik Fabius der letzte geblieben, der zwei Jahre nacheinander das consulat bekleidet hat; erst in der revolutionszeit haben die Parteihäupter Marius 650–654, cinna 667–670, carbo 669, 670, cäsar 708–710, und später die Kaiser ihre monarchische Gewalt in diese Form gekleidet.“ 237 Für sulla: Broughton Mrr II, s. 39 f., s. 79; III, s. 73 ff.; für die Wiedereinführung eines zehnjährigen Intervalls siehe app. b.c. 1,100 (466) sowie caes. b.c. 1,32,2. Für Pompeius vgl. Broughton Mrr II, s. 214 f., s. 233 f.; III, s. 161 ff.

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handlung gegen eine neue vorschrift eine art Erklärung der nicht-anerkennung – dies gilt auch, wenn die Episode eine annalistische Erfindung ist; offen bleibt weiter, was der patrizische senat mit der Besetzung des „revolutionären“ amtes der volkstribune zu tun haben soll. Beim nächsten Fall, 449, wird der versuch, dieselben volkstribune wieder zu wählen, dadurch verhindert, dass der die Wahlen leitende tribun M. Duilius dies nicht will und auch die fünf Gewählten seinen Wunsch nicht unterlaufen. Ihre amtsgenossen, die sich erneut bewerben, werfen Duilius vor, die Wahlen nicht nach den Gesetzen, sondern nach dem Willen der Patrizier abzuhalten. Wohl auf Grund der Bewerbung der nicht unpopulären amtierenden tribune erreichen von den neuen Kandidaten nur fünf die erforderliche Mehrheit, worauf M. Duilius die Wahl für beendet erklärt und die Gewählten auffordert, sich Kollegen zu ernennen.238 Mit dieser Form der Kooptation statt Fortführung der Wahl umgeht er die Wünsche seiner Kollegen, deren ansprüche aber dadurch nicht generell bestritten werden. als Gesetze kommen für das argument dieser tribune nur die XII-tafeln in Frage, mit der Gültigkeit des jeweils letzten volksbeschlusses, was ja von livius an anderer stelle (für 356) erwähnt wird (siehe dazu 7.2). ansonsten scheint die Wiederwahl von tribunen wie 460 nicht erwünscht, aber auch nicht verboten gewesen zu sein.239 Der volkstribun l. trebonius, wohl einer der noch amtierenden, bei der Wiederwahl aber gescheiterten, bringt daraufhin ein Gesetz ein, dem zufolge bei einer Wahl der volkstribune so lange vorschläge gemacht werden sollten, bis auch wirklich zehn volkstribune gewählt seien, ein Gesetz, welches sich aus dem Kontext vor allem auf die Betonung der Wahl und damit verbot der erfolgten Kooptation bezieht.240 Ob historisch oder nicht, auf eine solche „lex Trebonia“ wird 401 jedenfalls vom volkstribunen cn. trebonius Bezug genommen, der sich, wenn auch im Ergebnis vergeblich, gegen eine Ernennung zweier volkstribunen wehrt.241 Umgekehrt ist es überraschend, dass nicht mehr Konflikte überliefert werden, nicht einmal bei den angeblich zehn (!) tribunaten 238 liv. 3,64; dass diese volkstribune dann mit sp. tarpejus und a. aternius angeblich sogar zwei Konsulare und Patrizier (!) ernennen (liv. 3,65,1), ist bemerkenswert bis zweifelhaft: In liv. 4,16,4 wird ein aus der späten republik von clodius bekanntes verhalten eines Übertritts vom Patriziat in den Plebejerstand als gänzlich unwahrscheinlich abgetan. In 5,10,11 werden dagegen zwei volkstribune (wohl entgegen der lex Trebonia) ernannt und nicht gewählt, Patrizier können dabei aber, so livius, verhindert werden, was umgekehrt deren potentielle amtsfähigkeit impliziert – allerdings nur nach livius. Für die Kooptation von Patriziern als annalistische Fälschung vgl. Kunkel/Wittmann 1995, s. 562. 239 siehe dazu Mommsen str I, s. 219, dem zufolge in liv. 4,16,4 ein solches Gesetz durch die Kooptation eines elften volkstribunen umgangen wurde, eine Begebenheit, die livius allerdings selbst bezweifelt. vgl. auch Kunkel/Wittmann 1995, s. 564 f. für ein explizites verbot einer Kontinuation (erst) nach der lex Genucia von 342. 240 liv. 3,65,3–4; die Frage nach der verbindlichkeit eines Plebiszits vor 287 stellt sich für die Wahl von volkstribunen, die vom concilium plebis vorgenommen wurde, nicht. 241 liv. 5,11,1–3 (Fors ita tulit, ut in eo anno tribunus plebis Cn. Trebonius esset, qui nomini ac familiae debitum praestare videretur Treboniae legis patrocinium…) und 5,12,2. Für das hier gut sichtbare verhaltensmuster römischer aristokraten, hinterlassenschaften der vorfahren bzw. wie hier (angebliche) Maßnahmen zu erhalten und zu verteidigen, siehe Walter 2004b, s. 415 f.

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von licinius und sextius zwischen 376 und 367 und auch nicht im Fall der letzten Iteration für lange zeit von M. Flavius 323.242 Erst 250 Jahre später folgt der nächste regelkonflikt mit dem gescheiterten versuch der Wiederwahl von ti. Gracchus 133, aber hier erscheint das recht zur Wiederwahl (und damit zur Kontinuation) umstritten und abhängig entweder von dem Wahlleiter oder aber sogar von allen Kollegen im tribunat. Diese Ungewissheit hat Taylor dahin gebracht zu erwägen, ob nicht die letzte versammlung von ti. Gracchus ein versuch gewesen sei, eine solche Wiederwahl erst erlauben zu lassen, was aber überwiegend abgelehnt wird.243 In diesem zusammenhang ist der Gesetzesvorschlag von c. Papirius carbo 131 zu nennen, der die Kontinuation des volkstribunats erlauben sollte, aber keine Mehrheit fand.244 nun bedeutet dies nur, dass keine explizite Erlaubnis einer Wiederwahl durchgekommen war, aber keine Änderung der rechtlichen situation; ob es für die nicht-Magistrate, was die volkstribune im strengen sinn waren, überhaupt von einer Iterationsbeschränkung auszugehen ist, bleibt weiter unklar. c. Gracchus wurde jedenfalls 123 erneut zum volkstribun gewählt, nach Plutarch ohne überhaupt Kandidat gewesen zu sein und nach appian auf Grund eines Gesetzes, welches die Wiederwahl bei weniger als zehn Kandidaten erlaubte.245 Dieser Wiederwahl für 122 folgte umgekehrt sein scheitern bei der zweiten Wiederwahl für 121, nun sogar trotz der angeblich meisten stimmen.246 110 wurden zwei volkstribune wieder von ihren Kollegen an einer erneuten Wahl gehindert (Genaues ist unklar); dann ist saturninus aber nach seinem tribunat 103 mit einer Iteration für 100 und einer Kontinuation für 99 erfolgreich. 242 Für eine Übersicht weiterer Iterationen in der Frühzeit (vor 376) siehe Kunkel/Wittmann 1995 s. 564; zu licinius und sextius vgl. Broughton Mrr I, s. 108–114. Der Fall von M. Flavius, tr. pl. 327, 323 (vgl. Broughton Mrr I, s. 146 und s. 149) ist besonders, da er nach der lex Genucia liegt, bei der unsicher ist, ob und wie stark sie überhaupt ein Iterationsverbot durchsetzte. nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 564 f. ist dieser Fall von 323 ein Beleg dafür, dass die danach nicht mehr vorkommende Iteration bzw. Kontinuation der tribunizischen Praxis entsprach, ohne gesetzlich geregelt zu sein. nun kann ein Fall einer abweichung nicht gegen die Existenz einer gesetzlichen regelung als solcher sprechen, nimmt man jedoch die lange zeitspanne hinzu, in der von Iterationen nichts weiter überliefert ist, und sieht dann die schwierigkeiten bei den Gracchen (dazu gleich), ist dieser auffassung zuzustimmen. 243 vgl. taylor 1963 und 1966b; hauptgründe sind die (vermutete) sukzessive abstimmung und der Ort, was für eine legislative bzw. gegen eine elektorale versammlung sprechen soll. Dagegen schon Earl 1965b; Badian 1972, s. 720 f.; Kunkel/Wittmann 1995, s. 565 anm. 45. nach christ 1979, s. 132 hätte sich Gracchus dagegen um einen Dispens des senats bemühen müssen, was für diese Materie aber nicht ausgereicht hätte, jedenfalls die rolle der Kollegen im tribunat unberücksichtigt lässt. 244 cic. amic. 96; nach liv. per. 59 ist vor allem scipio gegen den vorschlag. Die rogatio Papiria de tribunis plebis reficiendis gehört zu den ganz wenigen anträgen, die keinen Erfolg hatten; zur ansonsten fast unbegrenzten chance, einen eingebrachten antrag auch durchsetzen zu können, und der kleinen Gruppe der (nur zehn) ausnahmen siehe nippel 1988, s. 55 sowie Flaig 1995, s. 80 ff. und bes. 2003, s. 175 ff., der hieran u. a. sein argument festmacht, dass es sich bei den comitien eher um ein Konsensorgan als um ein Entscheidungsorgan gehandelt hat; vgl. dazu 7.4. 245 app. b.c. 1,21 (90); Plut. c. Gracch. 8,2. 246 Plut. c. Gracch. 12.

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Wie sind diese Fälle zu bewerten? Gab es bei c. Gracchus und saturninus nicht genügend Kandidaten oder ist das von appian für c. Gracchus erwähnte Gesetz anders zu verstehen? Ein überzeugendes Erklärungsmodell, wobei das Wort Modell betont werden muss, kommt von A. H. M. Jones, der darauf abstellt, dass das volk auch gewesene volkstribune wählen konnte, wenn nicht genügend Kandidaten (also weniger als zehn) eine Mehrheit (also 18 von 35 stimmkörperschaften des concilium plebis) erhielten – in so einem Fall hätte z. B. c. Gracchus wiedergewählt werden können, waren aber umgekehrt schon zehn (neue) Kandidaten gewählt, konnten Gracchus auch die absolut meisten stimmen nichts nützen, da kein Platz frei geblieben wäre.247 Dies Modell erklärt dann auch die vorgänge von 100, der zweiten Wahl von saturninus, die in den Quellen eher widersprüchlich erscheint. Im Modell von Jones hatte saturninus nur eine chance, wenn nicht zehn andere Kandidaten mindestens 18 stimmen erreichten; hier waren neun Kandidaten bereits gewählt und es drohte, dass als letzter auch a. nunnius eine Mehrheit der tribus erhielt, womit der letzte freie Platz vergeben gewesen wäre; daraufhin wurden die Wahl abgebrochen und nunnius erschlagen, bevor dann so saturninus gewählt werden bzw. nachrücken konnte.248 Eine wirkliche Erlaubnis der Kontinu247 Jones 1960, bes. s. 37–39; vgl. ähnlich schon Mommsen str I, s. 473 anm. 4 sowie s. 523 anm. 2, der bei den Fällen 110 und 100 entweder diese hier beschriebene ausnahmebestimmung bei mangelnden Kandidaten oder aber eine „Gesetzüberschreitung“ annimmt, die situation von c. Gracchus in diesem zusammenhang allerdings nicht kommentiert. nach Botsford 1909, s. 369 bezieht sich diese Möglichkeit jeweils nur auf die Wiederwahl eines einzigen populären volkstribunen, was sogar in die richtung einer Monarchie deuten soll. Mommsen, Botsford und Kunkel/Wittmann 1995, s. 49 sprechen allerdings nur allgemein von nicht genügend Kandidaten; nach Mommsen konnten nur ansonsten qualifizierte Kandidaten (Quaestorier) gewählt werden, nach Kunkel (und appian b.c. 1,21 [90]: ἐκ πάντων) eben jeder. Der clou von Jones aber ist, dass es nicht um nicht genügend Kandidaten, sondern um nicht genügend Kandidaten mit mindestens 18 stimmen geht. soweit das einzige kohärente Modell, welches auch die folgenden Wahlen erklärt, vgl. weiter im text; kritisch dennoch hall 1972, nach ihr stellt das Gesetz von appian allenfalls eine allgemeine Erlaubnis dar, auch nicht offizielle Kandidaten zu wählen (so appians ἐκ πάντων nicht sogar korrupt sei [s. 21–23]), ist aber keine spezielle regel zur tribunenwahl. c. Gracchus wurde nach ihr 122 wirklich ohne größere eigene Intentionen gewählt und 121 dann durch eine Manipulation bei der sukzessiven verkündung der simultan abgegebenen stimmen um den Wahlsieg gebracht; siehe für mögliche Manipulationen bei der auslosung der stimmverkündigung nur taylor 1966a, s. 70 ff. oder staveley 1972, s. 214 f. Für die erste Wiederwahl geht levick 1981, s. 387 anm. 29 in eine ähnliche richtung, sie weist darauf hin, dass νόμος genauso gut mos statt lex bedeuten kann (vgl. anm. 42 in 2.1), und meint, dass appian sich nicht auf ein (spezifisches) Gesetz zur tribunenwahl, sondern das „long established principle“ einer freien (aus-)Wahl des volkes bezieht, vgl. dazu weiter im text. 248 Jones, 1960 s. 38 f. zur tribunenwahl von 100 vgl. val. Max. 9,7,3: populus enim Nunnium conpetitorem Saturnini novem iam creatis tribunis unoque loco duobus candidatis restante; Plut. Mar. 29,1; Oros. 5,17,3. zum erschlagenen nunnius: Broughton 1991, s. 46 f. nach appian b.c. 1,28 (127–128) wird nunnius als tribunus designatus nach erfolgter Wahl erschlagen, was aber saturninus dann kaum den hier angenommenen vorteil gebracht hätte, es sei denn man nimmt ein automatisches nachrücken von saturninus auf Grund der bereits abgegebenen stimmen. Eine nachwahl hätte dagegen wiederum das risiko anderer, neuer Bewerber gehabt. auch das dritte tribunat von saturninus ist mit diesem Modell möglich, so nur wieder

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3 regelkonflikte bei Wahlen

ation lag nach Mommsen mit diesen Fällen aber nicht vor, nach ihm bleibt die Kontinuation „widerrechtlich und revolutionär,“ was aber vielleicht auch an seiner gleichlautenden Einschätzung der Gracchenzeit insgesamt liegen dürfte.249 Dennoch ist mit diesem Modell eher von einer Duldung auszugehen, und auch nur in einer situation mit nicht genügend neuen Kandidaten mit erforderlicher Mehrheit. Ein solches Modell einer Duldung statt regelung lässt dabei weiterhin Platz für das Missfallen gegenüber solchen versuchen, man denke an die Kritik von cicero an ti. Gracchus und dessen gescheiterten versuch einer Wiederwahl.250 von einer unwidersprochenen oder völlig akzeptierten Wiederwahl kann jedenfalls nicht gesprochen werden, dagegen spricht gar nicht einmal so sehr der Fall von ti. Gracchus, bei dem ja nicht genau klar ist, welche seiner handlungen letztendlich den großen Gegenschlag provozierten, sondern eher der versuch einer geregelten Erlaubnis von carbo – wobei es offen bleibt, ob hier wirklich „nur“ eine neue allgemeine Kontinuationsmöglichkeiten erlaubt werden sollte, oder nicht doch auch eine bekannte, beschränkte variante bekräftigt werden sollte, welche auf Grund langer nichtausübung an legitimation verloren hatte. Unklar bleibt in jedem Fall, warum (und wie) der versuch einer verlängerung der amtszeit von Publius lucullus und lucius annius 110 scheitert.251 Überraschend ist ferner, dass in diesen Fällen (bzw. den späteren Quellen, mit der evtl. ausnahme von appianʼs hinweis auf maximal neun andere Kandidaten mindestens 18 stimmen erhielten; vgl. schon Botsford 1909, s. 369 anm. 4 gegen vorstellungen von nur einer einzigen erlaubten Wiederwahl. 249 Mommsen str I, s. 523. 250 vgl. cic. cat. 4,2,4; kein wirklicher vorwurf gegen den versuch der Wiederwahl findet sich bei liv. per. 58 und app. b.c. 1,14–15. Badian 1972, s. 722 lässt die Frage der legalität einer Wiederwahl bei ti. Gracchus außen vor („whether reelection was legal, for a tribune, we simply cannot know“), stellt aber auf das Unkonventionelle ab: „It is obvious that tiberiusʼ attempt at least broke a convention of long standing and was in that sense as unconstitutional as the veto of Octavius had been: it simply asserted a right that had never occurred to anyone that it could be used.“ nach linderski 2002, s. 393 war „tiberiusʼ bid for re-election […] bold and novel,“ lag aber noch „within the boundaries of the constitution.“ 251 sallust (Iug. 37) berichtet, dass der versuch, ihre amtszeit zu verlängern, zu einem zerwürfnis mit ihren Kollegen führte, was die Wahlen des ganzen Jahres verhinderte: Ea tempestate Romae seditionibus tribuniciis atrociter res publica agitabatur. P. Lucullus et L. Annius tribuni plebis resistentibus conlegis continuare magistratum nitebatur quae dissensio totius anni comitia impediebat. Eine genaue rekonstruktion dieses vorganges ist leider nicht möglich, in Frage kommen nach Mommsen str I, s. 523 anm. 2 entweder die ausnahmeregelung bei nicht genügend Kandidaten oder eine Gesetzesüberschreitung. Da nichts weiteres berichtet wird, ist wohl letzteres anzunehmen; der ausgang der Episode wird bei sallust nicht berichtet. Da für 109 Magistrate bekannt sind, muss an eine verschiebung der Wahl bis in das neue amtsjahr gedacht werden. spannend ist die Frage, ob der versuch „continuare magistratum nitebantur“ nur der versuch einer Kontinuation war oder ob die beiden tribune durch den langen streit und die Blockade der versammlungen bis in das nächste amtsjahr der anderen Magistrate hinein über ihre normale amtsdauer hinweg im amt blieben und damit die Grenzen der annuität dehnten. als bloß zur erneuten, verspäteten Wahl stehende privati wäre bei den beiden jedenfalls keine Blockademöglichkeit ersichtlich. nimmt man den Widerstand ihrer Kollegen hinzu, setzt das eigentlich voraus, dass alle (!) volkstribune noch länger im amt waren. Wenn dies so gewesen wäre, ist die spärliche Überlieferung umso erstaunlicher; vielleicht ist die angabe totius anni comitia impediebat bei sallust schlicht übertrieben.

3.4 systematische Untersuchung

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νόμος) nicht mit der hoheit des populus Romanus bzw. dem letzten Beschluss einer versammlung argumentiert wird.252 Und interessant bleibt auch, dass dieses „Jones-Modell“ keine weiteren nachahmer fand.253 d) Besondere Eigenschaften der Kandidaten α) patrizisch/plebejisch

Die Frage nach einer Gleichberechtigung von plebejischen und patrizischen Kandidaten stellt sich nur 356, 352 und 350, wobei die Wahl zweier Patrizier 352 noch nicht einmal als umstritten erscheint. Dies mag auf den ersten Blick überraschen, aber es lassen sich noch weit mehr Konsulate zweier Patrizier nach 367 finden. zwei Erklärungen bieten sich an. zum einen kann man hier dem Modell von Hölkeskamp folgen, dass sich bei der Entstehung der nobilität in den ständekämpfen aufstieg der Plebejer und „patricische reaktion“ abwechseln, bestimmte Erfolge, wie die zulassung zu Ämtern, sich nicht sofort als klare rechte etablieren lassen, sondern unter Umständen auch wieder in Frage gestellt oder mit anderen restriktionen (z. B. bei der Wahlleitung) „beantwortet“ werden.254 abstrakt gesprochen ist gerade für das verhältnis von Patriziern und Plebejern eine Phase zwischen normsetzung und normgeltung zu konstatieren, die in einer Konsensgesellschaft auch nicht überraschen darf, zumal es sich hier nicht um verfassungsänderungen im modernen sinn, sondern um z. t. widerstrebend akzeptierte Ergebnisse eines politischen Konflikts handelt. zum anderen ist hinzuweisen auf das strukturelle Prob252 Kunkel/Wittmann 1995 s. 565 sind der Meinung, dass erstmalig mit der lex de tribunis plebis reficendis von c. Gracchus das Prinzip der freien (aus-)Wahl des volkes auf das concilium plebis übertragen worden sei, aber auch 110 ist ein solcher verweis auf die hoheit des volkes nicht überliefert. zusätzlich stellen Kunkel/Wittmann einen Bezug her zu ciceros aufforderung (leg. 3,9), das volk nicht ohne tribunen zu lassen, was aber hier nicht unbedingt passt, da man dann auch bei zehn Kandidaten auf eine Mehrheit von 18 stimmen hätte verzichten können oder eine Kooptation den gleichen Effekt gehabt hätte. Dazu ist es m. E. unwahrscheinlich, dass ein solches, tiefverankertes struktur- oder Grundprinzip der freien volkswahl per lex hätte übertragen werden müssen oder auch nur können. 253 Eine schwierigkeit könnte darin bestanden haben, dass Jonesʼ Modell voraussetzt, dass weitaus mehr als nur zehn Kandidaten antreten. Geht man davon aus, dass a) jeder Wähler so viele stimmen hat, wie Ämter zu vergeben sind, und dass b) stimmen bei einer abstimmung in Einheiten nicht verfallen können, da eine Einzelperson ausreicht, um dann evtl. doch alle zehn stimmen der tribus zu vergeben, sind bei der Wahl von volkstribunen zehn stimmen pro Einheit, also insgesamt 350, zu verteilen. Damit könnten theoretisch bis zu 19 Bewerber mit einer Mehrheit von 18 stimmen ausgestattet werden, umgekehrt muss man sich mindestens zwölf Kandidaten denken, damit neun mit großer Mehrheit gewählt sind, und sich weitere 35 stimmen so auf drei Kandidaten verteilen, dass niemand 18 stimmen hat. anders und leichter sieht es nur aus bei weniger als zehn Bewerbern, wobei dann aber dieses Modell von Jones gar nicht gebraucht wird, vgl. in dieser hinsicht auch hall 1972, s. 9 f. 254 vgl. hölkeskamp 1987, bes. s. 62–139; gegen eine sofortige „Gültigkeit“ von Gesetzen siehe auch oben 3.2. siehe herzog 1884, s. 253 für den verzicht der Plebejer auf die Besetzung beider Konsulatsstellen bis 172 als Gegenangebot für keine rein patrizischen Konsulate.

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lem, dass jede reservierung eines amtes für eine bestimmte Gruppe letztlich immer die freie Entscheidung der versammlung einengt und damit der autorität des populus Romanus entgegensteht. Was im politischen alltag kein Problem ist und die rolle des volkes als schiedsrichter zwischen konkurrierenden aristokraten zunächst nicht berührt, führt im Konfliktfall zu der Frage einer hierarchie zwischen regeln zur Ämterbesetzung und den beteiligten Institutionen (vgl. dazu 7.2). Insofern lässt livius den Interrex und Wahlleiter von 356 mit dem verweis auf die XIItafeln geschickt argumentieren. Umgekehrt hätte 352 eine Kritik an der einhelligen Wahl zweier Patrizier als Kritik an der (aus-)Wahl des populus Romanus verstanden werden können. Eine solche Kritik wird am deutlichsten 350 formuliert: nach livius schimpft (increpat) die (stadtrömische?) volksmenge während oder nach einem triumphzug auf den Diktator l. Furius camillus, der die licinisch-sextischen Gesetze missachtet habe. auch wird untereinander diskutiert, ob denn der plebejische Konsul schlecht gewesen wäre (mussantesque inter se rogitabant, num quem plebeii consulis paeniteret). Das Konsulat wird bei livius als lohn dafür präsentiert, dass l. Furius camillus jenes den Patriziern wieder verschafft habe, was merkwürdig anmutet, denn seine Wahl ist ja eben erst die Wiederbeschaffung und damit aber auch schon sein lohn.255 abgesehen davon wird zusätzlich seine selbstrenuntation als Wahlleiter und damit verbunden seine Gier, seine privata cupiditas, bemängelt, so dass die Kritik an seinem verhalten eher einen moralischen anstrich erhält als ein juristisches argument aufweist. Dies erklärt sich vielleicht auch aus der (noch) nicht starken Geltung der leges Liciniae Sextiae. Wenn umgekehrt nach 342 aber in den Fasten keine rein patrizischen Konsulpaare mehr auftauchen, zeigt dies, wie stark die Geltung der vorschrift ab dieser zeit zumindest bei der Kandidatenaufstellung gewesen sein wird.256 Exemplarisch sei verwiesen auf die suche der senatoren nach geeigneten Kandidaten für 207, bei der livius einfließen lässt, welche Kandidaten alle als Kollegen des Patriziers c. claudius nero nicht geeignet seien, 255 liv. 7,24,11 lässt die Patrizier von meritum und 7,25,2 die plebs von merces sprechen. Die Wiederbeschaffung des Konsulats ist erst durch den zweiten Patrizier abgeschlossen, den er nach seiner Wahl angeblich ernennt: consul collegam Ap. Claudium Crassum dixit (7,24,11); jetzt erst könnte eine Belohnung erfolgen. Berechtigt ist auch die Formulierung der Wiederbeschaffung (Camillus […] reddidit […] consulatus) nur teilweise. zwar amtierte 350 mit M. Popillius laenas ein plebejischer Konsul, aber Gleiches gilt dann auch schon wieder für 348, wo ebenfalls M. Popillius laenas Konsul war, vgl. Broughton Mrr I, s. 127 f. und s. 129 f. nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 569 anm. 130 besteht die Wiederbeschaffung in der nichtzulassung plebejischer Kandidaten; dann könnte in der tat seine Wahl eine Belohnung darstellen. Eigentlich verwendetes Mittel für den gewollten ausschluss der Plebejer stellt aber nicht die Diktatur, sondern das (ja rein patrizische) Interregnum dar, vgl. hölkeskamp 1987, s. 67 ff., der für diesen Fall 350 eine massive Unterstützung des Diktators durch den patrizisch-dominierten senat annimmt, als reaktion auf die Wahl des ersten plebejischen zensors 351, c. Marcius rutilius (vgl. zu diesem Broughton Mrr I, s. 127). 256 vgl. die ausführungen zu 342 im Punkt 3.2; evtl. ist 297 nur knapp eine ausnahme vermieden worden, da Q. Fabius Maximus stimmen für sich selbst nur deshalb nicht annehmen will, da er Wahlleiter war, nicht aber, weil dann mit ihm und dem ebenfalls genannten appius claudius zwei Patrizier gewählt worden wären.

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quia duos patricios creari non liceret.257 Gerade dass die Wahl hier als reine absprache unter den senatoren (patres) wiedergegeben wird, was man andernorts hinterfragen oder vertiefen könnte, zeigt den Unterschied: es geht um regeln, die innerhalb der Elite gelten und Bestand haben, nicht um die Frage, ob das volk in der versammlung – so es denn wollte – nicht auch anders entscheiden könne. auch eine Entscheidung des volkes muss aber nicht immer Bestand haben: Marcellus muss 215 abdizieren, weil es den Göttern (oder zumindest den auguren und dann dem senat) nicht gefiel, zwei Plebejer im Konsulat zu haben.258 β) unwürdig für ein amt

Eine anderes argument taucht auf, wenn zur Wahl stehende oder gewählte Personen als nicht würdig befunden wurden, so 304, als der schreiber cn. Flavius vor seiner Ernennung zum Magistraten erst demonstrativ seine tafeln niederlegen muss.259 Obwohl es sich nicht um eine Wahl handelt, lässt sich hier auch die Ernennung des Gerichtsdieners M. claudius Glicia 249 zum Diktator durch den Konsul P. claudius Pulcher anführen, was keinen Konflikt mit expliziten vorschriften, sondern augenscheinlich den Bruch einer unausgesprochenen regel bedeutet. Wie stark hier eine ungeschriebene spielregel verletzt wird, sieht man daran, dass der Diktator zur abdankung gezwungen wird.260 Der charakter einer Provokation bestätigt sich, indem Glicia noch nach der abdankung mit der toga praetexta die spiele anschaute.261 Während aber in diesem zweiten Fall die Gemeinschaft anscheinend genügend Druck ausübt, stellt sich im ersten Fall die Frage, was passiert wäre, wenn der schreiber sich den normen widersetzt hätte. Dies mag – gerade Ende des vierten Jahrhunderts – eine hypothetische Frage sein, kann aber doch in dem Kontext der verhinderung von Kandidaten erneut überlegt werden (vgl. 3.4.2).

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liv. 27,34,10. liv. 23,31,8 und 13; Plut. Marc. 12,1; für eine Diskussion dazu siehe 5.3.2. liv. 9,46,2; calpurnius Piso Frh 7 F 30 = Gell. 7,9. liv. per. 19: qui coactus abdicare se magistratu; vgl. suet. tib. 2. Bei Bleckmann 2002, s. 233 erscheint diese Episode als ein Beispiel für magistratischen Widerstand gegen senatsvorgaben. vgl. für solchen sozialen aufstieg Kunkel/Wittmann 1995, s. 5 anm. 4, die auch noch auf den Prätor cicereius 173, der schreiber des älteren scipios gewesen sein soll (val. Max. 3,5,1; weiter deutet 4,5,3 auf ein Klientelverhältnis hin), und einen unbekannten schreiber unter sulla, der unter caesar quaestor wurde (cic. off. 2,29), hinweisen; zu cicereius, der ein Jahr vor der hier erwähnten Prätur zu Gunsten des l. scipio verzichtet und später einen triumphus in monte Albano feiert, vgl. auch 3.4.2.a und 6.6.4.a. Für den Bruch der spielregel vgl. anm. 313 in 3.5. bzw. anm. 67 in 2.3. 261 liv. per. 19: ludos praetextatus spectavit. hinzu kommt generell die rolle des claudius Pulcher, der nach liv. per. 19 und suet. tib. 2 die heiligen hühner, die nicht fressen wollten, ins Meer geworfen und danach entweder die seeschlacht verloren (suet. tib. 2) oder nach der schlacht seinen Untergang gefunden haben soll. Kontext bei sueton sind allerdings die ansammlungen von regelübertretungen der claudier, siehe dazu Wiseman 1979, s. 57–103.

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e) Anwesenheit in Rom (für Wahl und Bewerbung) Während das aktive Wahlrecht nur in rom ausgeübt werden konnte, was bei fortschreitender ausweitung des Bürger- und damit Wahlrechts ja durchaus nebenfolgen hatte (vgl. 3.2), scheint in den hier untersuchten Fällen eine passive Wahl „in absentia“ (Mommsen) zunächst kein Problem gewesen zu sein. volkstribune (416, 328), Konsuln (349, 302, 296, 215, 214) und Prätoren (296, 216) werden in abwesenheit gewählt – ohne dass überhaupt Konflikte vorliegen. Dabei ist zu überlegen, was mit „abwesend“ genau gemeint ist. nach Kunkel/Wittmann konnte die Wahl eines abwesenden auch die Wahl eines nicht auf der offiziellen Kandidatenliste auftauchenden, also die Wahl eines nichtbewerbers bedeuten; was zumindest erklärt, warum 296 der Konsul Q. Fabius Maximus angeblich in abwesenheit gewählt wird, obwohl er am vortag noch eine rede an das volk gehalten hat.262 Dass ansonsten in der frühen republik generell Kandidaten bei der Wahl in rom anwesend waren, darf angenommen werden. Ebenso klar ist, dass sich die Frage einer regelung überhaupt erst bei den weiter entfernt liegenden Kriegsschauplätzen stellt, so es denn gewünscht war, dort agierende erneut für ein amt zu wählen. Für die Fälle einer solchen tatsächlichen abwesenheit in rom nehmen Kunkel/Wittmann während des zweiten punischen Krieges eine sondergenehmigung an, ähnlich der Iterationserlaubnis von 217. Die notwendigkeit einer solchen ausnahmeregelung setzt allerdings eine klare regel voraus, was hier implizit geschieht, weil die überwiegende anzahl der Bewerber in anwesenheit gewählt wird. Das aber ist kaum überraschend und reicht als Beleg einer Pflicht zur anwesenheit nicht aus. Ein hinweis auf eine anwesenheitspflicht lässt sich für die mittlere republik allenfalls aus der verschiebung des Wahltages 215 bis zur rückkehr des M. Marcellus konstruieren. Warum konnte dieser nicht, wie viele andere vorher und er selber ein Jahr später, in abwesenheit gewählt werden? Eine Erklärung, dass bestimmte befreundete Kreise die Wahlen verschieben und seine rückkehr abwarten wollten, weil Marcellus mit persönlicher Präsenz eine größere chance bei der Wahl hatte, ist möglich, wenngleich auch wenig wahrscheinlich, da er, vor seiner abdankung nach dem Donner, doch ingenti consensu gewählt wird, was nicht für die notwendigkeit eines großen Wahlkampfes spricht.263 Die Kritik 190 an M. aemilius lepidus entzündet sich ja umgekehrt an dessen rückkehr aus der Provinz für die Wahlen und unterstreicht den möglichen vorteil eines Kandidaten, persönlich in rom Wahlkampf machen zu können. Gerade wenn man aber auf Marcellus warten 262 liv. 10,22,1–9; vgl. Kunkel/Wittmann 1995, s. 66. Bei liv. 8,22,4 ist dagegen nicht sicher, ob tatsächliche oder rechtliche abwesenheit anzunehmen ist, in liv. 10,5,14 schließlich stehen nicht-Bewerbung und abwesenheit sogar nebeneinander: Non petentem atque adeo etiam absentem. Ob diese Interpretation auch die aussage von cic. leg. 6,11 erklärt, nach der scipio 135 iterum consul absens war, bleibt ebenfalls unsicher. Denn die ausnahme von dem Iterationsverbot für scipio macht doch – gerade nach der Erlaubnis – eine offizielle Kandidatur wahrscheinlich. 263 liv. 23,31,8–13; dem steht nicht entgegen, dass abstimmungen im römischen Wahlsystem häufig „einstimmig“ bzw. mit großem Konsens endeten, schon weil bei Erreichen der Mehrheit keine weitere Wahlklasse mehr aufgerufen wurde, vgl. nur Jehne 2003, s. 294.

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muss, kann also von einer sondergenehmigung keine rede sein; allenfalls könnte man die Fälle nach 215, also z. B. die erneute Wahl von Marcellus ein Jahr später, als nunmehr genehmigt und die Fälle vor Marcellus als hingenommene verstöße ansehen, aber die Belege bleiben dünn.264 Explizit wird erst beim zweiten Konsulat des Marius 104 in der abwesenheit ein hindernis gesehen. Doch bleibt auch hier unklar, auf welche Gesetze Plutarch (Mar. 12) verweist. Umgekehrt mag nun diese stelle dazu (ver)führen, ein verbot der Wahl in abwesenheit zu dieser zeit zu konstruieren, doch wiederholt Plutarch die Kritik bei den Konsulaten drei und fünf von Marius nicht.265 Kunkel/Wittmann geben als ausnahme noch den Fall von lucullus 80 an, der in abwesenheit zum aedil gewählt worden war, doch belegt dies eigentlich nur, dass der damals amtierende Diktator sulla darin keinen verstoß sah (wie etwa bei Q. lucretius Ofella 82).266 – Für eine Pflicht zur anwesenheit gibt es damit allenfalls für 104, von Plutarch, einen hinweis, und auch das nur in Form eines Berichts über einen folgenlosen verstoß.267 Interessanter ist die Frage nach einer anwesenheit unter dem Gesichtspunkt der Bewerbung. Denn während die Wahl, zumindest für die honores cum imperio, durch die comitia centuriata auf dem Marsfeld außerhalb der stadt stattfand, setzte eine Bewerbung, ob nun technisch als „professio“ bei dem Magistrat oder (wahrscheinlicher) als absichtserklärung vor dem volk, wohl traditionell anwesenheit auf dem Forum, also innerhalb des pomerium, voraus. hier sind zum einen generell Probleme für triumphaspiranten und andere Promagistrate denkbar, die ihr imperium beim Überschreiten der stadtgrenzen einbüßten. zum anderen ist es speziell diese Frage, an der sich am Ende der republik der Bürgerkrieg (mit) entzündet. Terminus ante quem für eine Bewerbung in anwesenheit ist caesars verzicht auf seinen triumph, um sich noch rechtzeitig für 59 als Konsul zu bewerben.268 Unsi264 Für 204 wird P. sempronius tuditanus in abwesenheit zum Konsul gewählt, da er als Proprätor in Griechenland tätig ist, ohne dass dieses von livius besonders kommentiert wird. Die Wahl des nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 68 „triumphi causa extra urbem“ weilenden Q. Fulvius Flaccus von 180 (liv. 40,43,4) ist kein Beleg, da die Wahl zum Konsul in den comitia centuriata eben dort, extra urbem, stattfand. 265 Für 104: Plut. Mar. 11,1 und 12,1, vgl. auch sall. Iug. 114,3. Für 103: Plut. Mar. 14. Für 101: Plut. Mar. 22. 266 cic. acad. 2,1 sowie Plut. luc. 1, wo lucullus zusammen mit seinem Bruder Marcus zum aedil gewählt wird, vgl. Broughton Mrr II, s. 83. Dass lucullus direkt darauf Prätor für 78 wurde, wäre eigentlich erklärungsbedürftiger, vgl. Broughton Mrr III, s. 121. 267 vgl. linderski 1966, s. 525. – aus cic. ad Brut. 1,5,3 ist zu erfahren, dass cicero die Kooptation seines sohnes als Priester wünscht, was auch, wie 97 bei Marius geschehen, in absentia möglich sein müsse, vgl. zu dieser stelle und den Wahlmodalitäten von Priestern Drummond 2008, s. 385 f. auch wenn man solche vorschriften bzw. Möglichkeiten nicht einfach auf den Bereich Magistratur wird übertragen können, passt diese Möglichkeit einer Wahl in abwesenheit dennoch gut zu dem hier vorgestellten Ergebnis, nicht nur speziell für Marius sondern auch für eine Wahl in absentia generell. siehe aber nippel 2009, s. 95, der hier ciceros versuch sieht, für seinen sohn einen Einzelfall nachträglich zu einem Präzedenzfall umzudeuten. 268 Für 59: suet. Iul. 18,2; app. b.c. 2,8 (28–30); Plut. caes. 13,1–2; cass. Dio 37,54; siehe zu den z. t. unterschiedlichen Quellenberichten Kunkel/Wittmann 1995, s. 79 anm. 86. nach Meier 1968a, s. 83 f. anm. 29 ist die vorschrift einer persönlichen Bewerbung klar als Maßnahme zur verhinderung von caesars Kandidatur für das Konsulat gedacht gewesen, skeptisch bleibt

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cher ist, ob schon 66 eine solche regel anzunehmen ist: Wenn der Wahlleiter l. volcacius tullus bei der nachwahl der Konsuln für 65 eine Kandidatur von catilina nicht zulässt, so liegt eine Besonderheit darin, dass der Wahlleiter die ursprüngliche Frist für die erste Wahl als referenz nahm, also für die nachwahl überhaupt keine neuen Kandidaten zugelassen waren.269 Dagegen spricht vor allem cicero, nach dem die persönliche Bewerbung 63 eingeführt wird: praesentem profiteri iubet, quod nulla alia in lege umquam fuit ne in eis quidem magistratibus quoJehne 2009a, s. 62. In jedem Fall hintertreibt nach appian und Plutarch vor allem cato eine etwaige sondergenehmigung einer Bewerbung in abwesenheit durch Filibustern; siehe für dieses Obstruktionsmittel der longae orationes de libero 1992, s. 15–22. Die Frage, ob der triumph für caesar bereits beschlossen oder aber erst noch verhandelt werden musste (so überzeugend Ehrhardt 1987, s. 51 gegen app. b.c. 2,8 und cass. Dio 37,54 bzw. 54,3 f.; siehe dazu mehr unter 6.5.1 und 6.6.3) spielt für die Frage der anwesenheit hier keine rolle. zur Entscheidung caesars siehe zuletzt Jehne op. cit. s. 65 f. 269 so jedenfalls die Interpretation von sall. cat. 18,3 durch sumner 1965, bes. s. 229 f.; vgl. für eine Diskussion, dass sich die Kandidatur post paulo auf die nachwahl bezieht, auch Marshall 1976/77, s. 130 anm. 9; anders John 1876 s. 416. Die herkömmliche Interpretation von sallust und asconius (66, 85, 89 c) ist dann weiter, dass catilina noch ein repetundenprozess drohte und der Wahlleiter (nach Beratung mit einem consilium) daher die Kandidatur nicht zulassen wollte, vgl. dafür Earl 1965a, s. 327 ff. Problematisch daran ist, dass in anderen Fällen eine drohende anklage kein ausschlussgrund war, zu denken ist an Milos anklage gegen clodius im vorfeld der aedilwahl von 56 (cic. att. 4,3,5; Q. fr. 2,1,2; cass. Dio 39,7,3–4) und die Kandidatur von M. aemilius scaurus zum Konsulat 54 trotz eines Prozesses (cic. att. 4,15,9; asc. 18–20 c); vgl. dazu auch Broughton 1991, s. 19 f. sowie für die Parallelen zu catilina Gruen 1995a, s. 336 f., der ausführt, dass die enorm große Unterstützung für scaurus (sogar von solch unterschiedlichen charakteren wie u. a. cicero und clodius) nur dadurch zu erklären sei, dass die Elite generell ein Interesse daran hatte, Wahlen gerade nicht durch Prozesse vorher beeinflussen zu lassen. vor allem aber reisen die ankläger gerade nicht nach sardinien und Korsika für eine Untersuchung, damit scaurus nicht in der zwischenzeit gewählt wird (asc. 19 c, 7–15: […] quod interea comitia consularia futura essent, timere ergo se ne Scaurus […] emeret consulatum et […] magistratum iniret…). Für die theorie, dass eine Kandidatur erst zurückgewiesen werden sollte, wenn eine Jury zusammengetreten war, siehe bereits John 1876, s. 426 f., so dann auch Marshall op. cit., s. 130 f., der weiter darauf hinweist, dass nach cic. att. 1,1,1; 1,2,1; cael. 10 der Prozess gegen catilina erst 65 stattfand, also eine Wahl 66 wohl möglich gewesen wäre. Generell erscheint es weiter ungewöhnlich, bei einer nachwahl keine neuen Kandidaten zuzulassen, denkt man an die nachträgliche Wahl des curio 51 zum volkstribunen (cic. fam. 8,4,2), den versuch von Flaccus 184 oder die zweifache nachwahl 215 zunächst nach dem tod von Postumius und dann nach dem rücktritt von dessen nachfolger Marcellus. 66 liegt der Grund (mit sumner op. cit. s. 230) für die nachwahl ohne neue Kandidaten hauptsächlich im Interesse der beiden zunächst unterlegenden Kandidaten, die sich nun das amt sichern wollten; hinzu kam nach Marshall op. cit., s. 134 f. politischer Einfluss einer Gruppe von Optimaten gegen einen vermeintlichen Kandidaten von crassus. Wie dem auch sei, eine drohende anklage gegen catilina mag, neben der Konstruktion einer ursprünglichen Frist, willkommener anlass (oder zumindest Grund für ein Missverständnis bei sallust, so John op. cit. s. 430 f.) für eine ablehnung seiner Kandidatur gewesen sein, was ohne gute Gründe nicht einfach von einem Wahlleiter durchgesetzt werden konnte, siehe dazu die ausführungen unter 3.4.2.b. – Ein klarer Bezug zu einer geregelten und vor allem persönlichen professio ist hier jedenfalls, wie auch ein Bezug zur Frage der anwesenheit generell, nicht ersichtlich.

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rum certus ordo est.270 Generell scheinen diese regeln dann beachtet zu werden – auch von caesar. Gerade das von allen volkstribunen 52 eingebrachte pl. sc. zur Genehmigung einer Bewerbung in absentia zeigt ja die notwendigkeit einer solchen ausnahmegenehmigung durch die volksversammlung.271 Mit der im gleichen Jahr ergangenen lex Pompeia de iure magistratuum allerdings wird wieder die anwesenheit der Kandidaten bei Bewerbung (und Wahl) erneuert und erforderlich. Interessanterweise entsteht nun gerade kein anhaltender Konflikt zweier sich widersprechender regeln, sondern es scheint ein Grundsatz der (modernen!) rechtswissenschaft zu gelten: lex posterior derogat legi priori. Die Debatte um einen nachträglich von Pompeius eingefügten zusatz, dass caesar von der (neuen) vorschrift ausgenommen sei, zeigt klar – neben vielen Problemen hinsichtlich der Gültigkeit einer solchen nachträglichen Änderung –, dass es einer erneuten ausnahmegenehmigung bedurft hätte;272 wie vielleicht auch für Pompeius selber zu Beginn des Jahres 52.273 auch die anwesenheit für Bewerbungen ist damit lange zeit nicht 270 cic. leg. agr. 2,24; vgl. Earl 1965a, s. 327, s. 331 anm. 28; dabei geht es hier um eine persönliche Bewerbung innerhalb einer bestimmten Frist, nicht um die (evtl. auch kurzfristig) bekanntzugebende Kandidatur, auf die sich die argumente zur stimmenauszählung nur für registrierte Kandidaten von astin 1962 beziehen. Für die Frage nach Bewerbung und anwesenheit vgl. auch linderski 1966, s. 525, der am Beispiel der Konsulate von Pompeius und crassus zeigt, wie diese für ihre Kandidatur 71 nicht selbst anwesend sein mussten, es aber auf dem Marsfeld während ihrer Wahl waren. Eine Dispensation für die Bewerbung in anwesenheit ist damit weder für lucullus noch für das erste Konsulat des Pompeius 70 nötig, so aber Kunkel/ Wittmann 1995, s. 68 und s. 79 anm. 85. 271 Ähnlich sieht es mit Fristen aus: Wenn sich nach cassius Dio (39,27,3–39,31,2) Pompeius und crassus 56 außerhalb der Fristen bewerben und deshalb die Wahlen bis 55 verzögern, haben sie zwar am Ende politisch betrachtet Erfolg, doch werden die Fristen gerade beachtet. 272 suet. 28,2; siehe dazu Kunkel/Wittmann 1995, s. 80 anm. 87. Ob ein Gesetz alle bis dahin geltenden und ihm widersprechenden normen aufhob, so deren Fortgeltung nicht explizit in dem neuen Gesetz geregelt war, wie Kunkel/Wittmann annehmen, ist fraglich; in der Frühen neuzeit beispielsweise hatten Gesetze teilweise spezielle Derogationsklauseln, um sich gegen anders lautendes Gewohnheitsrecht durchsetzen, vgl. simon 2005, s. 129. In rom sind umgekehrt auch zusätze und ganze Gesetze bekannt, die ihrerseits vor einer späteren veränderung und aufhebung geschützt sein sollten, vgl. richardson 1998. nach cassius Dio (40,56,3) führten die Klauseln von Pompeius in der politischen Praxis dazu, dass eine Bewerbung in abwesenheit überhaupt nicht verboten gewesen wäre, da Persönlichkeiten mit Einfluss sicherlich eine solche ausnahme bewilligt bekämen, eine Einschätzung, die aber immer noch rechtlich eine ausnahme voraussetzt – wie sie z. B., zumindest nach Dio (40,56,2 und schon 40,51,2), auch Pompeius für caesar vorsieht. 273 nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 68 konnte sich Pompeius als Promagistrat nicht persönlich bewerben. Dieser Einwand bezieht sich auf sein promagistratisches Imperium; selbst wenn man mit levick 1981 eine professio ablehnt, bleibt die Frage, ob Pompeius vielleicht für die Bekanntgabe seiner Bewerbung das pomerium übertreten hat. Jedenfalls wird das Kommando in spanien, obwohl noch für zwei Jahre gültig, dann erneut für fünf Jahre verlängert, vgl. in dieser richtung auch ridley 1983, s. 146 f.; anders Gesche 1973, s. 204 f., die für eine verlängerung nur um vier Jahre, aber erst ab 50 plädiert. Oder aber Pompeius ist von der vorschrift einer persönlichen Bewerbung befreit worden, wie es dann für caesar auch zunächst vorgesehen ist. verwundern dürfte dies, bei einer Einigung auf Pompeius als consul sine collega, nicht. ridley 1983, s. 145 (auf einem cicero Kommentar von Manutius aus dem 16. Jahrhundert basierend) geht schon während Pompeiusʼ procuratio 57 und 56 von einer sondergenehmigung

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klar geregelt. Dies ändert sich 63 offensichtlich mit einer expliziten regel, von der nur durch ausnahmebeschlüsse abgewichen werden konnte.274 3.4.2 Die Kompetenz des Wahlleiters nach diesem Durchgang durch die verschiedenen Kriterien für eine Wahl aus sicht der Kandidaten soll nun im Folgenden die Kompetenz des Wahlleiters hinterfragt werden. seine rolle ist ja (vgl. 3.2.) mit Rilinger dahingehend definiert, dass generell alle seine Kompetenzen nur im Kontext der jeweiligen Machtverhältnisse und Interessenkonstellationen seiner standesgenossen zu betrachten sind.275 Bei einer Untersuchung von regelkonflikten stehen darüber hinaus seine Kompetenzen aber gerade zur Debatte: Was darf er und, vielleicht noch wichtiger, was kann er davon „in der regel“ auch durchsetzen?276 Entscheidend dafür können nur situationen sein, in denen kein Konsens herrscht, d. h. entweder massiver Druck ausgeübt oder eben auf andere, seinem verhalten entgegenstehende regeln oder Prinzipien verwiesen wird. zwei generelle Möglichkeiten sind dafür indikativ, nämlich zum einen die Bevorzugung eines Kandidaten (inkl. seiner selbst) und zum anderen die verhinderung eines bestimmten Kandidaten. In beiden Fällen ist darüber hinaus kritisch zu überlegen, ob bei der „lösung“ eines Konfliktfalles spezifische Wahlleiter-Kompetenzen oder allgemeine Obstruktionsmittel, genereller magistratischer Einfluss, persönliche auctoritas oder anderes, gar Gewalt, eingesetzt werden. a) Die Bevorzugung von Kandidaten Für die Idee eines großen positiven Einflusses des Wahlleiters ist zunächst an die aussage von livius zu denken, dass 217 der allein gewählte Konsul c. terentius varro sich seinen amtsgenossen praktisch aussuchen konnte, dann an die Wahl des sohnes des Wahlleiters Q. Fabius Maximus 213 oder die Wahl des Bruders des Wahlleiters 185 und 182. Unter der Frage nach einer selbstrenuntation sind camillus 350, die Präturen von appius claudius caecus 296, M. atilius regulus 294 und l. Papirius cursor 293 sowie die Konsulate von Postumius 291, Q. Fabius Maxifür diesen aus, das pomerium überschreiten zu können. nach liv. per. 107 wird Pompeius nicht nur solus, sondern auch absens gewählt, was überrascht, denn anwesend wird er gewesen sein, zumal die Wahl wie auch die treffen mit dem senat nach dem tod des clodius in seinem theater außerhalb des pomerium stattfanden (cass. Dio 40,50,2). 274 anders levick s. 383 f. und anm. 17, deren these für eine geregelte anwesenheit erst ab 52 nicht überzeugt, zumal sie alle hier zitierten stellen, inkl. cic. leg. agr. 2,24, selber aufführt und trotzdem nur von mos sprechen will, was dann aber schon nicht mehr gebrochen werden konnte: „Mos remained, and the consul of 60 would not allow caesar to breach it“ – genau dies aber entspricht einer festen regel. 275 rilinger 1976, bes. s. 144, stichworte sind: Kollegialitätsprinzip, tribunizisches veto, herkommen und Erwartungshaltung von standesgenossen sowie Obstruktionsmittel. 276 vgl. z. B. Giovannini 1990, s. 418 für den Unterschied zwischen dem machtpolitischen und dem verfassungsrechtlichen „Ernennungsrecht“ des Wahlleiters.

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mus 215 und schließlich Q. Fulvius 210 zu nennen. Die meisten dieser Fälle aber können und müssen in anderem licht gesehen werden als unter der Frage des Einflusses des Wahlleiters. Der Fall von 217 fällt heraus, da der Einfluss des bereits gewählten und dann die weitere Wahl leitenden consul designatus kaum dem Einfluss eines „normalen“ Wahlleiters entsprechen dürfte, vor allem aber dies als politischer Einfluss, nicht als rechtliche Einwirkungsmöglichkeit erscheint. auch begründet livius seine Behauptung nicht, varro habe die volksversammlung in der hand, und hinzu kommt die abweichende Überlieferung bei Polybios und appian.277 Die Wahl des sohnes eines berühmten Feldherren (213) stellt ebenfalls keine Besonderheit dar, man denke nur an den verzicht des P. licinius calvus von 397, der stattdessen (und erfolgreich) seinen sohn – als effigiem atque imaginem eius, quem vos antea tribunum militum ex plebe primum fecistis – empfiehlt.278 auch ist eine solche Einflussnahme i. s. einer Empfehlung für verwandte wohl nicht nur geduldet, sondern aus römischer Perspektive sogar zu erwarten. Dass also 185 der Bruder des Kandidaten die ihm eigentlich nicht zugedachte Wahlleitung übernehmen will, darf kaum verwundern, dass es ihm trotz streit und Widerstand gelingt, seinen Bruder durchzusetzen, dagegen vielleicht schon. nur erlaubt hier die dürftige Überlieferung keine größeren (kontrafaktischen) schlüsse, zumal sich 182 die Konsuln ja einigen, dass cn. Baebius Wahlleiter sein soll, eben weil (quia) sich sein Bruder bewirbt, was entweder auf keinen allzu großen oder aber auf geduldeten Einfluss schließen lässt. 193 dagegen soll es der cornelische Wahlleiter weder geschafft haben, P. cornelius scipio noch laelius zum Konsulat zu verhelfen, was livius überrascht vermerkt.279 Eine Besonderheit stellt die selbstrenuntation des Wahlleiters dar. hier ist zunächst zu unterscheiden zwischen der Wahl eines ordentlichen Magistraten, die dann eher das Problem der Kontinuation berührt, und der Wahl eines Wahl-Diktators. In diesem Fall ist aber zu überlegen, dass auch ein dictator comitiorum habendorum causa ein beliebter oder gewünschter, in jedem Fall fähiger Kandidat sein 277 vgl. oben in 3.3. 278 liv. 5,18,1–5; zitat in 5. Gerade wenn livius sich die Geschichte ausgedacht hat, spricht es für seine vorstellung der Möglichkeit einer solchen „Wahlübertragung“ durch Empfehlung. Unabhängig von etwaigen zweifeln an der Episode kann auch der von valerius Maximus gelobte verzicht des schreibers cicereius auf eine Fortführung seiner Kandidatur für die Prätur während der abstimmung 175 und die gleichzeitige Empfehlung, doch seinen Konkurrenten, den sohn des scipio africanus, zu wählen, genannt werden (nam ut vidit omnibus se centuriis Scipioni anteferri, templo descendit abiectaque candida toga competitoris sui suffragatorem agere coepit, val. Max. 4,5,3). Das eigentlich interessante an diesen Fällen ist die juristische Frage, ob und wie abgegebene stimmen wirklich übertragen werden können oder nicht doch neu gewählt werden muss, was dann in den Quellen unterschlagen wird. Wenn Mommsen str III, s. 410 anm. 3 recht hat, dass vor der renuntation der stimmen diese noch geändert werden können, bleiben noch technisch-praktische Fragen offen (anwesenheit der stimmkörper, Ermittlung des Mehrheitswunsches, das Ergebnis wirklich zu ändern etc.), die sich vielleicht nur dann nicht gestellt haben, wenn man sich einen evidenten und manifesten Meinungsumschwung einer überschaubaren Gruppe von anwesenden vorstellt; hier wäre dann allerdings eine veränderung bei der abstimmung per tabellam möglich, übersehen von lundgreen 2009b, s. 15. 279 liv. 35,10,9–11, vgl. Broughton 1991, s. 11 f.

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konnte, also vielleicht ohnehin gewählt werden würde. Keine regelkonflikte oder auch nur Konflikte werden jedenfalls überliefert bei der Wahl des Wahlleiters zur Prätur 296, 294 und 293, ja nicht einmal die selbstrenuntation des Interrex Postumius Megellus 291 ist direkt anlass für streitigkeiten.280 Damit bleiben als Konfliktfälle 350, 215 und 210. Die Bewertung von 350 ist dabei am schwierigsten, schon weil sich die Frage der historizität und auch der Konsistenz des Berichts stellt. Immerhin wird dort weniger die Wahl zweier Patrizier als vielmehr die selbstrenuntation des Diktators kritisiert.281 selbst wenn dies also eine rückprojektion des livius wäre, ist es eine der wenigen klaren Kritiken an einer selbstrenuntation, allerdings ohne Konsequenzen wie die anfechtung der Wahl oder eine Beschwerde z. B. seitens der volkstribune. Die anderen zwei Fälle sind ambivalenter. Konzentriert man sich für 215 auf die Wahl des Wahlleiters und nicht auf den zwischenzeitlichen abbruch der versammlung, der im nächsten Punkt thematisiert wird, ist anzumerken, dass nach der niederlage von cannae die Wahl des erfahrenen Feldherren Q. Fabius Maximus alles andere als erklärungsbedürftig ist. auch wird dieser einstimmig gewählt, ja bis auf Otacilius protestiert niemand. Immerhin schimmert bei livius trotzdem durch, dass die situation nicht völlig klar war, so wird jedenfalls sein hinweis auf die fehlende Prüfung der sache zu verstehen sein.282 als völlig offen erscheint der Fall von 210. lässt man hier die Frage der Iteration beiseite, ist es fast überraschend, dass trotz der verweise von Q. Fulvius auf die Fälle 291 und 215 die selbstrenuntation weiterhin von volkstribunen als foedius exemplum gebrandmarkt, blockiert und dann vor den senat gebracht wird.283 Wenn dieser am Ende die Wahl erlaubt, wird dabei nicht die Gelegenheit für eine generelle Klärung dieser Frage genutzt, sondern eine Einzelfallentscheidung getroffen. ableitungen für oder gegen generelle Kompetenzen des Wahlleiters bezüglich seiner Wiederwahl bieten sich daher nicht an, eine solche scheint dann problemlos möglich zu sein, wenn niemand etwas dagegen hat. Umgekehrt scheint Kritik daran manchmal eher „moralischer“ natur zu sein, jedenfalls nicht auf die verhinderung des verhaltens angelegt. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass im Einzelfall die Quellen zwar einen Einfluss des Wahlleiters formulieren oder andeu280 Die Wahlen zur Prätur von appius claudius caecus (liv. 10,22,9), M. atilius regulus (liv. 10,45,4) und l. Papirius (liv. 10,47,5) werden von livius jeweils ohne Konflikte nur en passant erwähnt. zur selbstrenuntation von Postumius Megellus, die ja überhaupt nur als argument von Q. Fulvius 210 auftaucht (liv. 27,6,8), vgl. oben (3.4.1.c.α). 281 liv. 7,25,2; wobei mehr der persönliche Ehrgeiz als der normverstoß kritisiert wird: privata cupiditate quam publica iniuria foediorem cepisset, ut se ipse consulem dictator crearet. 282 liv. 24,9,10: „Tempus ac necessitas belli ac discrimen summae rerum faciebant ne quis aut exemplum exquireret aut suspectum cupiditatis imperii consulem haberet.“ Eine andere Besonderheit stellt die tatsache der Wahlleitung von Q. Fabius Maximus überhaupt dar, da er als suffektkonsul (für Marcellus) davon normalerweise ausgeschlossen gewesen wäre, so rilinger 1978, s. 263, s. 298 anm. 243. 283 liv. 27,6,4; Develin 1985 s. 162 nennt den Einspruch „a little silly,“ zumal auch gar keine anderen, annähernd gleich qualifizierten Kandidaten zur verfügung gestanden hätten. Dies mag auch der Grund (wiewohl kein argument) für die skepsis von lippold 1963, s. 191 an der Geschichte sein, der die historizität des Einspruches auch deshalb ablehnt, da die beiden volkstribune sonst unbekannt seien. Dagegen aber Jahn 1970 s. 131 sowie rilinger 1976, s. 181.

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ten, es aber unklar bleibt, wie groß ein solcher Einfluss gewesen ist und worin er bestanden haben soll. b) Die Verhinderung von Kandidaten neben der Bevorzugung von Kandidaten kann der Einfluss des Wahlleiters auch anhand der umgekehrten Frage untersucht werden, ob wenigstens ein bestimmter Kandidat verhindert werden konnte. zwei Episoden sprechen zunächst dagegen. 336 wird Q. Publilius Philo erster plebejischer Prätor, obwohl ihn der Wahlleiter 337 nicht hatte zulassen wollen.284 sulla schließlich, dem man über die spezifischen Kompetenzen eines Wahlleiters hinaus nicht nur autorität, sondern auch auf truppen basierende Durchsetzungsmacht wird attestieren dürfen, wertet die seinen vorstellungen zuwiderlaufende Wahl cinnas 87 im Bericht Plutarchs (ironisch?) als Beleg der Freiheit des volkes. anders 190 und 189, wobei allerdings nicht klar ist, wie M. Fulvius nobilior die Wahl von aemilius lepidus wirklich verhindert haben soll, und zumindest nicht ausgeschlossen werden sollte, dass livius diese Darstellung als dramaturgische steigerung des Konflikts der beiden Protagonisten vor der großen versöhnung während der gemeinsamen zensur benutzt.285 Welche Mittel aber kommen überhaupt in Frage für eine verhinderung von Kandidaten? zu prüfen sind hier die Unterbrechung einer abstimmung, der komplette verzicht auf eine abstimmung und die verweigerung der Ernennung. Für die Frage der verhinderung von Kandidaten durch die Unterbrechung einer versammlung ist der erneute aufruf der centuria praerogativa 215, da die genannten namen dem Wahlleiter Q. Fabius Maximus nicht passen, die wohl berühmteste Episode. selbst bei Rilinger, der ja maßgeblich (und zu recht) die vorstellung eines omnipotenten Wahlleiters revidiert hat, erscheint diese Episode als der Beleg für dessen Kompetenz, eine Wahl jederzeit abbrechen zu können.286 Doch wie häu284 Brennan 2000, s. 68 f. vermutet, dass der Konsul c. sulpicius longus diese Kandidatur als einen angriff auf den Kompromiss der licinisch-sextinischen Ordnung mit zwei Konsuln und einem patrizischen Prätor ansah, während dass eigentlich Entscheidende aber die mangelnde Unterstützung des senats für den Konsul gewesen sei; vgl. auch Badian 1990b, s. 473. 285 vgl. oben 3.3. nach Develin 1985 s. 167 anm. 90 wäre ein aussuchen des Kollegen für 189 zwar möglich gewesen, dennoch habe es eine zweite Wahl gegeben. auch für 188 sei kein Mittel „qua president“ ersichtlich, sondern nur unbestimmter Einfluss, der ja schließlich lepidus dann ein weiteres Jahr später auch nicht mehr am Konsulat hindern kann, was zu Develins Einschätzung führt: „not that competition was ruled out, but its aim generally was simply the determination of the year when a man would be elected“ (s. 169). 286 rilinger 1976, s. 146. alle seine Quellenverweise (liv. 10,22,1; 24,7–9; 26,22,3 f.; 43,16,9; 45,36,10; val. Max. 6,5,3; cic. Phil. 2,83) werden im Folgenden diskutiert, aber anders bewertet. Mommsen str III, s. 415 und anm. 4 stützt sich für seine generelle these, ein vorsitzender könne comitien nach seinem Willen abbrechen, „was ihm in jeder situation freisteht,“ vor allem auf den abbruch der verhandlung über den triumphzug des aem. Paullus 167 (liv. 43,16,9; Plut. Fab. 30) und ciceros aussage: propter dilationem comitiorum ter praetor primus centuriis cunctis renuntiatus sum (cic. imp. Pomp. 2); in beiden Fällen wird zumindest niemand verhindert, bei ciceros Wahl zum Prätor 67 ist darüber hinaus der Kontext nicht ganz klar: Fuhrmann 1999, s. 78 nimmt religiöse vorzeichen an, bei Gelzer 1969, s. 53 f. stehen

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fig kam dies vor, wie viele vergleichbare Fälle gibt es? vier Jahre später, 211, wird ebenfalls eine Wahl in derselben Weise abgebrochen und dann wiederholt, doch ist es diesmal der von der praerogativa benannte Kandidat, der mit hinweis auf sein augenleiden bittet, ihn nicht zu wählen. 296 ist es ebenfalls der Kandidat selber, der überredet werden muss – was auch ein literarischer topos sein könnte. lässt man den Fokus eng beim Wahlleiter, sind weitere Fälle nicht ersichtlich, bis auf den abbruch 55, der gleich behandelt wird. Für die Kompetenz eines versammlungsleiters allgemein bleiben zwei andere Fälle zu prüfen: die rogatio de bello Macedonico und die abstimmung über den triumph des aemilius Paullus. als 200 die kriegsmüden zenturien den makedonischen Krieg zunächst ablehnen, wird nach einer rede des Konsuls P. sulpicius die abstimmung wiederholt und der Krieg erklärt.287 Bei der verhandlung über den triumph des aemilius Paullus 167 wird die abstimmung zunächst von ser. sulpicius Galba verschleppt und dann am nächsten tag von volkstribunen nach den ersten ablehnenden stimmen abgebrochen, nach der rede des Konsulars M. servilius dann erneut durchgeführt.288 Da es aber in beiden Fällen nicht um Wahlen geht und darüber hinaus auch keine Beschlüsse verhindert, sondern diese gerade durch eine Wiederholung der abstimmung durchgesetzt werden, lassen sich für verhinderungskompetenzen des Wahlleiters keine weiteren schlussfolgerungen ziehen. Für eine Unterbrechung bei Wahlen muss in jedem Fall noch einmal kritisch überlegt werden, ob die Episode von 215 das Bild eines nur in sonderfällen zu nutzenden ausnahmerechts oder einer als normal zu erachtenden handlungsoption vermittelt. Glaubt man der rede bei livius, dann liegen die Gründe gegen die beiden gewählten Kandidaten in deren mangelnder militärischer Kompetenz – in einer für rom mehr als angespannten lage, nach den verlorenen schlachten vom trasimenischen see und cannae kein unwichtiges Kriterium. Besonders gegen seinen schwiegersohn, den Kandidaten t. Otacilius, führt Q. Fabius Maximus aus, dass dieser schon als Flottenkommandeur nicht erfolgreich gewesen und nun mit einer solchen aufgabe gegen hannibal schlicht überfordert sei.289 Gegen M. aemilius politische Wirren, konkret ein Konflikt zwischen dem volkstribunen c. cornelius und dem Konsul c. calpurnius Piso über eine ambitus-Gesetzgebung, im hintergrund. 287 liv. 31,6,3 und 31,8,1. nach Dreyer 2007, bes. s. 35 und s. 118 lagen allerdings mehrere Monate zwischen der ersten abstimmung im März und dem Kriegsbeschluss im sommer 200; die Gründe dafür lagen nach Feig vishnia 1998, s. 41 ff. nicht wirklich an Erschöpfung und „Kriegsmüdigkeit“ des volkes, sondern in einer Blockade der equites oder publicani, die durch den erneuten Krieg nicht ihre ausstehende dritte rate einer rückzahlung aus dem Krieg mit hannibal bekommen sollten und daher zunächst, durch die abstimmung gegen den Krieg, finanzielle sicherheiten in Form einer nutzung des ager publicus durchsetzten. anders, gegen eine lange zeit zwischen den beiden abstimmungen: Warrior 1996, s. 47 und s. 105. siehe für eine Bewertung des Kriegseintritts Eckstein 2006, s. 257–288, der ohne die tragweite der Entscheidung zu relativieren, den Kriegseintritt 200 gegen Makedonien inhaltlich doch als „nonexeptionalism“ innerhalb eines „anarchic interstate system“ bewertet. 288 liv. 45,36,9 f.; Plut. aem. 31. 289 Dass Fabius Maximus hier das staatswohl über familiäre Bindungen stellt, dürfte seinem argument besonders viel Gewicht gegeben haben, zusätzlich zu der gleichsam „fachmännischen“ Kompetenz, die er als dreimaliger Konsul besaß. hinzu kommen vielleicht tatsächliche zwei-

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regillus dagegen wird vor allem eingewandt, dass dieser flamen Quirinalis sei und somit rom nicht verlassen dürfe, ein umstrittenes, aber gewichtiges argument.290 Es fällt auf, dass es gegen die Entscheidung abzubrechen kaum Proteste gibt; um genau zu sein, nur Otacilius protestiert, fügt sich dann angesichts der secures in sein schicksal.291 Der Einsatz der liktoren ist aber signifikant, sie gehen ausschließlich gegen Otacilius vor, es gibt ansonsten keinerlei Drohgebärden etwa gegenüber dem volk, nicht einmal eine Ermahnung, vergleichbar mit der des M. servilius, das abstimmungsverhalten der Einzelnen bei der erneuten abstimmung über den triumphzug des aemilius Paullus 167 genau zu überprüfen.292 Man kann spekulieren, ob das Wahlvolk 215 bei der zweiten abstimmung nicht genauso hätte abstimmen können wie vorher bei der ersten, so es denn Interesse daran gehabt hätte. Doch die Bürger scheinen überzeugt, wählen die neuen Konsuln sine variatione. nun bleibt gerade für eine solche Interpretation das Problem der stilisierungen einer solchen rede bei livius. aber zumindest in dieser Fassung wirkt das vorgehen von Fabius Maximus eher wie ein vorschlag denn als Beleg für ein abbrechen nach Gutdünken.293 Dass hier eine volkswahl abgebrochen wird, ist wohl nur aus moderner, stark an verfahren orientierter Perspektive so eklatant. Dass die Wahl unterbrochen und nicht später ein (endgültiges) Ergebnis ignoriert wird, dürfte dagegen sehr wichtig sein.294

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fel an der militärischen Kompetenz, wird Otacilius doch auch später erneut nicht gewählt, wenn man liv. 26,22 glaubt, vgl. dazu aber oben 3.3. In liv. 29,38,6 wird regillus als flamen Martialis bezeichnet, was aber für das argument keinen Unterschied macht. vgl. Müller-seidel 1953, s. 279 ff. für die religiösen Gründe gegen regillus; siehe zu dieser Problematik ausführlich 5.4. Develin 1985, s. 161 weist zu recht darauf hin, dass die Beschwerde von Otacilius problematisch ist, da der Patrizier Fabius den Platz des aemilius regillus übernommen hätte und nicht die mögliche plebejische stelle für Otacilius. trotzdem wird dieser zumindest nach der livianischen argumentation Q. Fabius Maximus nicht zu Unrecht für seine nichtwahl verantwortlich machen. Plut. aem. 31,10; vgl. auch liv. 45,37–39, wobei der letzte satz fehlt. Flaig 2003a, s. 132 ist recht zu geben, die Bürger stimmen dann nicht widerwillig ab; und doch scheint es mir einen Unterschied zu machen, einen abgelehnten Gesetzesantrag erneut einzubringen und beim zweiten versuch an die Ehre der soldaten zu appellieren oder aber sachliche Gründe gegen zwei Kandidaten anzuführen. 215 ist festzuhalten, dass die Kompetenzen von Fabius Maximus außerhalb des pomerium denen eines Feldherren entsprechen, er seine Entscheidung aber eben nicht über die liktoren durchsetzt, anders Badian 1990b, s. 474. – Dass liktoren generell keine leibwache oder militärische Eingreiftruppe bilden, sondern letztlich auch auf akzeptanz ihrer handlungen angewiesen waren, steht außer Frage, vgl. nur nippel 1988, s. 23 f. oder Goltz 2000, u. a. s. 241 f. Für Fälle von Gewalt gegen liktoren denke man nur an asc. 58 c, wo den liktoren des Konsul c. calpurnius Piso 67 die fasces zerbrochen werden, oder an cass. Dio 38,6,3, wo Bibulus 59 ähnliches passiert. Für eine Überzeugung des volkes vgl. auch Giovannini 1990, s. 421; anders (im Kommentar dazu im gleichen Band) Badian 1990b, s. 472 anm. 21, dem zufolge diese stelle die „direct and brutal power“ des Wahlleiters zeigt. hier lässt Fabius aber weder klar durchblicken, dass er selbst gewählt werden möchte, noch nutzt er hier „rücksichtslos“ seine stellung als Wahlleiter aus, wie Müller-seidel 1953, s. 249 f. meint. Develin 1985 s. 160 f. hat zweifel, ob Q. Fabius Maximus die Wahl wirklich unterbricht und seine Präferenz nicht schon vorher deutlich macht, was aber voraussetzt, dass sich auch wirk-

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Für die Frage eines willkürlichen abbruchs muss hier abschließend der Fall von cato 55 untersucht werden. Im Gegensatz zu 215 ist der Kandidat hier äußerst beliebt, ja die stimmen der centuria praerogativa deuten, trotz der massiven Bestechungen gegen cato im vorfeld, zusammen mit der tatsache, dass cato nach der Wahl als verlierer laut Plutarch ein größeres Geleit als allen gewählten Prätoren gegeben wurde, auf einen sicheren Erfolg hin.295 Im Gegensatz zu 215 wird hier auch nicht mit argumenten überzeugt, sondern Pompeius hört bei „klarem himmel und guten Wetter,“ wie Plutarch anmerkt, einen Donner. Das Überraschende ist, dass der abbruch der Wahl durch Pompeius dann aber – nun genau wie 215 – akzeptiert wird, und zwar sogar so, dass Proteste ausbleiben und auch die neue abstimmung friedlich verläuft, allerdings auch weil cato, so cassius Dio (39,32,2), „einen Gewaltakt für unpassend hielt“ und auf größeren Einspruch verzichtete. Die tatsache, dass eine versammlung, die ja in großen teilen diesen Kandidaten wählen wollte, ein solches vorgehen hinnimmt, lässt sich m. E. vor allem damit erklären, dass Pompeius sich hier eines sakralrechtlichen arguments bedient, welches gar nicht diskutiert und damit kaum in Frage gestellt werden konnte. nach einem bösen omen kann schlicht nicht weitergemacht werden, die gesamte amtsführung wäre mit einem vitium behaftet gewesen. allerdings handelt Pompeius damit hier nicht in seiner Funktion als Wahlleiter oder Konsul, sondern in seiner rolle als augur.296 vergleichbar ist hier noch der Fall von 44, als antonius die Wahl von Dolabella zum suffektkonsul ebenfalls als augur verhinderte, indem er den himmel beobachtete und „alio die“ verkündete.297 allerdings werden hier, 215 (Fabius Maximus), 55 und 44, „nur“ Wahlprozesse unterbrochen bzw. unterbunden; es wird nicht wie 215 beim rücktritt von Marcellus nach einem Donner bei der aufnahme seiner auspizien (vgl. 5.3.2) eine Entscheidung des populus Romanus nachträglich geändert. nicht einschlägig für die Kompetenzen eines Wahlleiters sind die störungen einer Wahl durch tumulte oder das Einschreiten der volkstribune, wie bei den Unterbrechungen 210 oder 169.298 Gleiches gilt für den abbruch beim versuch der

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lich nur Otacilius und regillus bewarben, ihre Wahl also sicher vorauszusehen war. Jedenfalls handelt Q. Fabius Maximus (auch nach Develin) ohne wirkliche Kompetenz, aber noch im rahmen der Erwartungshaltungen seiner standesgenossen. Plut. cat. min. 42,6–7, vgl. Fehrle 1983, s. 168 f. Getreu nach dem von Mommsen 1907, s. 170 formulierten Motto, dass rechtlich nicht das sehen, sondern die Behauptung, gesehen zu haben, entscheidend sei. vgl. zur notwendigkeit eines solchen arguments gegen die dignitas eines cato bereits Badian 1990b, s. 474. Die große Geltungskraft eines solchen omen war schon bei Marcellus 215 (Plut. Marc. 12) zu sehen, vgl. oben 3.3 sowie für diese thematik generell 5.3 und für den Fall 55 bes. 5.3.2. vgl. cic. Phil. 2,80–82 (auch mit der technischen Kritik an dieser falschen ausübung auguraler Kompetenzen, da solche oblativen zeichen nicht wie eine impetrative himmelsbeobachtung angekündigt werden konnten, siehe dazu linderski 1971, s. 318). Für den Wahlleiter caesar, der sich am Ende nicht durchsetzen kann: cass. Dio 43,51,8; Plut. ant. 11. 210 muss sich, wie gesehen, Q. Fulvius nach den stimmen der centuria praerogativa für ihn (und Q. Maximus) erst vor dem senat mit volkstribunen auseinandersetzen, ob er als Wahldiktator überhaupt gewählt werden darf (liv. 27,6,3–11). 169 will sich der censor c. claudius durch einen herold ruhe verschaffen lassen, was den leitenden volkstribunen auf Grund dieser Einmischung in seine leitung zum verlassen der versammlung bringt (liv. 43,16,9–11, vgl.

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Wiederwahl von ti. Gracchus 133, da sich das Kollegium der tribune als ganzes nicht einig ist bzw. der streit sich an der Bestellung des Wahlleiters entzündet. ti. Gracchus muss aber in diesem Kontext mit noch einer weiteren Besonderheit erwähnt werden. sein angebot an den von seinem antrag mit amtsenthebung bedrohten volkstribun Octavius, vor der abstimmung der 18. tribus die abstimmung abzubrechen, wäre ein weiterer Beleg für eben diese Kompetenz des leitenden Magistraten.299 Doch handelt es sich wieder nicht um eine Wahl, und dass ein antragsteller seinen eigenen antrag zurückziehen kann, sollte nicht überraschen – abgesehen davon, dass 133 sowieso alles derart ungewöhnlich ist, dass es als Beleg für oder gegen etwas schwer einzuschätzen ist.300 Betrachten muss man dagegen noch Fälle, die statt einer bloßen Unterbrechung einen reinen abbruch, ein ausfallenlassen der Wahl zur Folge haben, wie angeblich 449 und 184. Gegen 449 mag man die unsichere historizität des Ereignisses anführen, noch schwerer aber wiegt, dass zum einen die Wahl nicht wirklich abgebrochen, sondern durch eine Kooptation ersetzt wird, und dies zum anderen auch noch höchst umstritten ist bzw. sofort im dazu auch val. Max. 6,5,3), angeblich weil er sich auf sein „recht, ungestört zum volk zu sprechen“, beruft, siehe dafür Kunkel/Wittmann 1995, s. 573. zu erwähnen ist auch die Prätorenwahl 66, die laut cicero zweimal abgebrochen wurde, wobei aber keine Motivation des Wahlleiters ersichtlich ist, vgl. cic. imp. Pomp. 2 sowie oben anm. 286. 299 Plut. ti. Gracch. 12; app. b.c. 1,12 (52–54); für die sukzessive abstimmung legislativer comitia tributa siehe taylor 1966a, s. 76, speziell zu Gracchus s. 78. Das gleiche argument lässt sich dann natürlich auch auf den Fall von 67 anwenden, als der volkstribun a. Gabinus ebenfalls droht, seinen Kollegen l. trebellius abzusetzen, und dieser nach der abstimmung von 17 tribus daraufhin tatsächlich sein veto gegen Pompeiusʼ Piratenkommando fallen lässt, vgl. cass. Dio 36,30,1–2; asc. 72 c. 300 Die Einschätzung dieser absetzung eines volkstribuns divergiert. nach Meier 1968b, s. 98 liegt von beiden seiten, also sowohl von Octavius mit seinem veto gegen einen populären vorschlag als auch von ti. Gracchus mit der absetzung seines Kollegen, ein „Mißbrauch der Kompetenz“ vor, die Frage bleibt aber offen, welches verhalten schlimmer war (anders noch Meier rPa, s. 129). Badian 1972, s. 712 gibt weiter zu bedenken, dass die anderen tribune die absetzung nicht mit einem veto blockieren, was gegen einen völligen Bruch mit der Ordnung spreche. Behrends 1980, s. 70–74, s. 81–83, bes. s. 85–97 konstruiert sogar eine mögliche juristische Begründung für die absetzung, als verwirkung des amtes wegen nicht-Erfüllung der amtspflichten, i. s. eines auftragsungehorsams gegen die Bindung aller herrschaft an die Bedürfnisse der allgemeinheit. siehe aber dagegen Bleicken 1988, s. 281–291, für den die absetzung eines volkstribunen der große Bruch der Ordnung bleibt; so schon Mommsen rG, s. 102, dem zufolge tiberius hier das „Korrektiv der staatsmaschine […] für alle Folgezeit zerstörte,“ bzw. „die revolution damit eröffnet hatte“ (str I, s. 630). Dieser sichtweise wird später aus sicht einer Konsensfindung durch Widerspruchsschleifen (7.4) zugestimmt. Weiter muss die Frage hier nicht erörtert werden, die überdies letztlich auf das generelle Problem hinausläuft, was die von Polyb. 6,16,5 behauptete Bindung der volkstribune an den (wie auch immer zu konstatierenden) Willen des volkes konkret bedeuten kann; rilinger 1989, s. 485 anm. 16 z. B. nimmt dies als ausgangspunkt, überzeugend sind aber eher die kritischen Bemerkungen von Beicken, op. cit., s. 286 f. Für die Frage nach der Kompetenz des Wahlleiters ist die Episode daher kaum zu gebrauchen, wohingegen das hier auftauchende Problem eines unsauberen und ungelösten verhältnisses zwischen kollegialer tribunizischer Gewalt sowie die starke rolle einer volksversammlung – die absetzung wurde ja nie angefochten (vgl. schon Mommsen str I, s. 630, anm. 3) – unter 7.2 wieder aufgegriffen werden; siehe für die Interpretationsproblematik auch Grziwotz 1985, s. 347.

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anschluss durch Gesetze für die zukunft anders geregelt wird. Es bleibt der verzicht auf die nachwahl 184, hier erscheint ein abbruch als einziger Weg, die Wahl von Fulvius Flaccus zu verhindern. Eine vergleichbare Episode gibt es nur noch 44: antonius befürchtet die Kandidatur des Oktavian bei der nachwahl eines verstorbenen volkstribunen. Octavian unterstützt zwar seinerseits eigentlich l. Flaminius, ist aber beim volk so beliebt, dass es, nach appian, durchaus chancen für einen eigenen Wahlsieg gegeben hätte. antonius kündigt als Konsul öffentlich an, Gesetzwidriges (παρανόμως) mit aller Macht zu verhindern; als sich die stimmung im volk nicht ändert, löst er die Komitien auf mit der an 449 und eben 184 erinnernden Erklärung, die zahl der volkstribune genüge (ihm?) bereits.301 nun liegt dieser Fall nach dem eigentlich zeitraum dieser Untersuchung und weist – nach der Ermordung caesars und nur ein Jahr vor den triumvirn lepidus, antonius und Octavian – viele Besonderheiten auf, doch läuft die verhinderung eines unliebsamem Kandidaten ja trotz dieser Unterschiede (jedenfalls bei appian) nach dem gleichen Muster ab: Ein Kandidat erscheint als so populär oder seine Wahlchance als so groß, dass man die Wahl ausfallen lassen muss, um ihn sicher zu verhindern.302

301 hier nach appian b.c. 3,31 (120–122); bei suet. aug. 10,2; cass. Dio 45,6,2–3 und Plut. ant. 16,2 ist Octavian wirklich Kandidat für das volkstribunat. Die eigentliche Frage ist, wie antonius die Komitien auflöst; als Konsul war er nicht für die Wahl der volkstribune zuständig, allenfalls konnte er als augur vielleicht den termin der nachwahl verhindern. siehe hierzu, mit umfassenden weiteren verweisen auf die Forschungslage, Matijević 2006, s. 159 und anm. 247. Dabei bleibt der genaue vorgang selbst in dieser detaillierten studie unklar, den postulierten zusammenhang mit der lex Antonia iudicaria und der lex Antonia de provocatione verstehe ich nicht. später heißt es, antonius opponierte „mit der Begründung, dass Octavian als Patrizier vom volkstribunat ausgeschlossen sei.“ Dass Octavian sich bewirbt, obwohl er Patrizier war, berichtet explizit nur sueton. Plutarch sagt nur, dass antonius Octavian hinderte (nach Dio sind es die anhänger von antonius) und bei appian steht die allgemeine Drohung, handlungen παρανόμως zu verhindern. Der hinweis gegen Patrizier im tribunat leuchtet natürlich ein, nur warum betont appian dann, dass antonius als Konsul handelt? Wieso bricht antonius die Komitien ab, auch noch mit der Begründung, „die zahl der restlichen volkstribunen genüge ihm bereits“ (O. veh) – τοῖς ὑπολοίποις τῶν δημάρχων ἀρκούμενον? Er hätte eine mögliche Wahl doch als augur leichter verhindert können. nach sueton erhoffte sich Octavian umgekehrt hilfe von antonius, die dieser verweigerte – diese variante ist eher glaubhaft, vor allem einleuchtender. Für eine sondergenehmigungen hätte ein augur und noch mehr ein Konsul, hilfreich sein können, da er den senat dazu hätte befragen können, welcher (nach appian) dem ansinnen von Octavian feindlich gegenüberstand. Interessant ist, dass 184 noch der senat entscheidet, dass genügend amtsträger vorhanden sind, während es hier der Konsul ist, vgl. dazu 8.2. 302 In der lex Osca aus Bantia finden sich sogar explizite vorschriften zum verbieten einer volksversammlung: Im Einverständnis mit einer Mehrheit des senats, mit über 40 anwesenden, muss vor tagesanbruch ein Eid geleistet werden, dass die versammlung weder auf Grund einer verpflichtung (gratia) noch einer Feindschaft (inmicitia) jemandem gegenüber, sondern nur aus dem Interesse der Gemeinschaft heraus (rei [publicae] causa) abgebrochen wird; vgl. rs I (13), lateinische Übersetzung auf s. 281. Eine solche vorkehrung, ein notwendiges zusammenspiel von Magistrat und qualifizierter senatsmehrheit sowie die Idee der ausnahme oder „staatsraison“ dürfte als lokale regelung in etwa die in diesem Punkt konstatierte soziale Praxis in rom widerspiegeln.

3.4 systematische Untersuchung

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Für die verhinderung eines Kandidaten bleibt als letztes noch die verweigerung der Ernennung zu untersuchen, denn ein Wahlleiter konnte nach Rilinger zu einer renuntatio rechtlich nicht gezwungen werden.303 allerdings sind Belege schwer zu finden. zu denken ist an die Erklärung suffragium non observaturos der Konsuln von 460, doch hier sind es (Fragen zur historizität wieder beiseite gelassen) die Konsuln, die im Einklang mit einem senatsbeschluss ihre eigene Wiederwahl ablehnen. Damit bleibt für die hier untersuchte zeit nur noch ein Fall übrig, die bei valerius Maximus überlieferte Episode von 66: Der Wahlleiter c. calpurnius Piso antwortet auf die Frage nach seinem verhalten bei einem evtl. Wahlsieg des von ihm nicht gewünschten Kandidaten M. lollius Palicanus: non renuntiabo – ich werde [ihn] nicht ernennen.304 Entscheidend ist, dass es hier bei einer Drohung bleibt bzw. bleiben kann, denn lollius Palicanus wird, wenn auch vielleicht auf Grund dieser aussage, nicht gewählt.305 Die Frage, was wäre wenn, bleibt hier damit ebenso unbeantwortet wie bei der Ernennung des schreibers cn. Flavius 304, der ja die schreibtafeln niederlegt. Dass 184 oder 55 solche ankündigungen nicht erfolgen, sondern die Wahl ausfallen muss bzw. auf ein sakralrechtliches ar303 rilinger 1976, s. 145. 304 val. Max. 3,8,3; es gibt weitere Fälle, wo eine Ernennung im vorfeld ausgeschlossen wird, der Kandidat, meist nach rücksprache mit dem senat, dann aber doch gewählt und auch ernannt wird, vgl. Giovannini 1990, s. 419–423. nach Kunkel/Wittmann 1995, s. 75 wird jedoch eine solche ankündigung der Ernennungsverweigerung in den meisten Fällen zum verzicht geführt haben. zu denken ist noch an eine Episode unter augustus: Der Konsul und Wahlleiter c. sentius saturninus will eine Ernennung des Kandidaten Egnatius rufus, den er schon vergeblich nicht hatte zulassen wollen, auch bei einem etwaigen Wahlsieg nicht vornehmen, so vell. Pat. 2,92,4; saturninus hatte bereits den aus seiner sicht unwürdigen Kandidaten für die Quästur mit seiner amtsgewalt gedroht, als diese sich gegen seinen Willen weiterhin bewerben wollten (vell. Pat. 2,92,3). Das Ende der Konsulwahl ist unklar: cass. Dio 54,10,1 berichtet von aufruhr und Mordtaten bei der Konsulwahl, was Kunkel/Wittmann 1995 s. 73 anm. 67 zu der vermutung veranlasst, der Konsul sentius habe dem beliebten und gewählten Egnatius tatsächlich die Ernennung verweigert; nach Phillips 1997, s. 111 und bes. anm. 23 reicht die androhung der nichternennung aus und es schließen sich daran direkt die Unruhen an. Gegen eine abgeschlossene Wahl spricht in der tat, dass augustus dann den Quintus lucretius vespillo als Konsul ernennt, so cass. Dio 54,10,2; siehe dazu auch Birley 2000, s. 716–719, der s. 746 ff. weiter ausführt, welche Gründe gerade für Q. lucretius vespillo sprachen, der nachfahre eines aedilen von 133 war, welcher die leiche des ti. Gracchus in den tiber geworfen hatte (vir. ill. 64,8: unde ille Vispillo dictus), und dessen Ernennung als „symbolic burial of the ultra-popularis position“ gesehen werden konnte. Für den zunächst durch erfolgreiche Brandbekämpfung mit einer truppe eigener sklaven sehr populären und dann aber (u. a. deswegen) später nach den erwähnten Unruhen als verräter hingerichteten Egnatius rufus siehe Dettenhofer 2000, s. 121–124. – Die these von levick 1981, s. 387, der Wahlleiter habe keinerlei recht, Bewerbungen zu akzeptieren oder zu verweigern, ändert an diesem Ergebnis nichts, es passt sogar gut zum von levick loc. cit. konstatierten charakter einer römischen Wahl: „a roman election sometimes recalls a riot more than the sedate procedures of the polling booth.“ 305 nach Badian 1990b, s. 474 hatte Piso bei dieser Entscheidung mit sicherheit die Mehrheit des senats hinter sich. Gruen 1968, s. 157–159 weist auf politische hintergründe hin, wonach c. Piso als Gegner des Pompeius in seiner amtszeit häufiger mit dessen anhängern in Konflikt geriet, vgl. in dieser richtung auch Griffin 1973, s. 203; lollius Palicanus hatte sich 71 mit für die aufhebung der sullanischen Einschränkung des volkstribunats eingesetzt, welche Pompeius dann 70 durchsetzen konnte, vgl. Ps.-asc. p. 189, 220 (stangl).

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3 regelkonflikte bei Wahlen

gument rekurriert wird und sulla keine alternative zu einer „finalen“ lösung durch physische vernichtung des Kandidaten sah, lässt die vermutung zu, dass es sich bei „non renuntiabo“ bloß um eine wirkmächtige, aber doch letztlich leere Drohung gehandelt haben wird, wie z. B. 337.306 Wobei sullas verhalten 82 im vergleich zu 55 den vorteil hatte, dass durch ausschaltung des Kandidaten der Konflikt zwischen verfahrensregeln und dem durch eine teil-abstimmung bereits manifestierten volkswillen vermieden wurde; so auch 184, wobei dafür die nachwahl als solche ausfallen musste, ein Durchsetzen der regeln also nicht geschah. Ein solcher verzicht auf eine nachwahl war (zumindest 184) darüber hinaus sicher nur mit rückendeckung des senats möglich, zeigt also gerade nicht die Macht, sondern die Ohnmacht des leitenden Magistrats, der auf akzeptanz seiner Entscheidungen angewiesen war. Pompeius wird umgekehrt gewusst haben, dass er als Wahlleiter mit einer einfachen Unterbrechung oder zurückweisung des Kandidaten cato – zumal bereits nach den ersten stimmen – dessen Wahl nicht wirklich hätte verhindern können, und greift daher zu einem sakralrechtlichen argument, welches einer Diskussion entzogen war und als nicht hinterfragbar erscheint. Ein Wahlleiter kann also einen ihm missliebigen Kandidaten nicht einfach zurückweisen oder ablehnen, wohl aber kann ein Wahlleiter-Magistrat-Priester-senator einen Kandidaten, der von vielen oder zumindest mehreren abgelehnt wurde, irgendwie verhindern. Der Wahlleiter in rom ist somit bei einer verhinderung (häufig) der ausführende, aber das recht liegt nicht in ihm, sondern er muss auf eines verweisen. Er ist normhüter, nicht jedoch normsetzer.307 – Ein Ergebnis, welches Rilingers these der nur limitierten Möglichkeiten des Wahlleiters bestätigt und noch verstärkt.308 306 In diese richtung gehen schon Kunkel/Wittmann 1995, s. 75, die schreiben, dass die bloße ankündigung der nichternennung in aller regel genügt haben werde, die Kandidaten zu einem verzicht zu bewegen, wenn nicht, sei es allerdings zu einer Kraftprobe gekommen. 307 Gegen ein recht des Wahlleiters, eine Ernennung wirklich zu verweigern Giovannini 1990, s. 425; dagegen (wieder im Kommentar genau dazu) Badian 1990b, s. 473, der (allerdings mit Bezug auf 337) darauf abstellt, dass man den Wahlleiter nicht hätte zwingen können: „We have no reason to believe (indeed, it is constitutionally nothing less than absurd) that the consul preserved his objection to the point of refusing the renuntatio. It is difficult to see how he could have been (literally) forced to do so if he had insisted.“ Die Frage ist, ob dies nicht zu legalistisch gedacht ist. zu recht weist Badian darauf hin, dass der verzicht auf ausübung eines rechts aus sozialen Gründen nicht die Existenz dieses rechts negiert. Doch als spezifische Wahlleiterkompetenz wird eine verhinderung durch nicht-Ernennung nicht möglich gewesen sein. Badian selbst verweist auf die rolle der Queen in England, die zwar seit über hundert Jahren jedes Gesetz unterschrieben habe, aber dennoch das recht habe, dieses auch zu verweigern. Genau dies könnte sie aber nur mit hilfe eines rekurses auf einen übergeordneten Wert, ein höheres rechtsgut, einer sehr guten Begründung, nicht aus sich selbst heraus, „nur“ als Königin. Für ein klares recht aber muss man nicht argumentieren. Daher kann Giovannini (loc. cit.) zu recht schreiben: „Der Wahlleiter kann ebenso wenig wie der senat, die auguren oder die volkstribunen einem Kandidaten nach freiem Ermessen die Ernennung verweigern. Die verweigerung der renuntation wird entweder unter Berufung auf Gesetze oder senatsbeschlüsse […] oder mit hinweis auf die Unwürdigkeit des Kandidaten begründet.“ 308 vgl. wieder Giovannini 1990, s. 425; letztlich trifft sich dies aber auch mit Badian 1990b, s. 473, der auf Mommsen („dass es unbillig erscheint und gefährlich erschien, das recht bis zu dieser letzten Konsequenz auszudehnen,“ str II, s. 726) und auf dessen theorie der römischen concordia verweist, welche eben voraussetzt, dass man sich nicht zu sehr auf das recht und

3.5 Wahlen im spannungsfeld von regeln und Prinzipien

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3.5 WahlEn IM sPannUnGsFElD vOn rEGEln UnD PrInzIPIEn Einer der ausgangspunkte dieser arbeit ist, wie unter 1.3 und 2.3 ausgeführt, die Überzeugung, dass die Unterscheidung von regeln und Prinzipien fruchtbar auf die zu rekonstruierenden normen in der römischen republik angewandt werden kann. Das soll an dieser stelle – nach der systematischen analyse der ersten Fallklasse – exemplarisch gezeigt werden, gerade aufgrund der Beobachtung, dass es sowohl überraschend viele versuche von regelungen gab als auch viele Umgehungen, ausnahmen und Brüche. Eine generelle Bewertung solcher ausnahmen bleibt schwierig, da sich soziale Geltung aus normbefolgung und sanktionen bestimmt (2.1), letztere aber für rom eine problematische Kategorie sind, und zudem zu beachten ist, dass auch regeln und Prinzipien eine Genese haben. Dieser aspekt der Genese einerseits und der Unterschied zwischen regeln und Prinzip andererseits, lassen sich beide am besten am Beispiel des iterationsintervalls zeigen, das schon bei der vorausgeschickten Darstellung der unterschiedlichen Interpretationen der lex Genucia (unter 3.2) behandelt wurde. Die analyse aller regelkonflikte bei der Frage der Iteration ergibt, dass es zwar möglich bleibt, aber nicht sinnvoll ist, die vielen meist konfliktlos und damit für uns geräuschlos ablaufenden verstöße als ausnahmen aufzufassen oder aber für sie jeweils ausnahmegenehmigungen anzunehmen, wie es Mommsen und in seiner Folge Develin tun. Beide Möglichkeiten arbeiten mit einem regelbegriff, der entweder klar „geregelte ausnahmen“ voraussetzt oder aber nicht benutzt werden sollte, da die regeln offensichtlich nicht gelten oder ignoriert werden. verwendet man hier nun, gleichsam als dritte Möglichkeit, den Prinzipienbegriff, wird man der eher weichen und fließenden Entwicklung einer Iterationsbeschränkung (vor 151) besser gerecht. Ein abweichen von der Beschränkung, die generell von allen gewünscht und anerkannt ist, muss konkret begründet werden. Dies kann besonders leicht in Kriegszeiten funktionieren, ebenso für eine bestimmte Gruppe (die zweifachen Konsulare) möglich sein, aber entschieden wird im Einzelfall. Wird das Prinzip der Ämterverteilung zu stark zurückgedrängt, wie bei Marcellus 152, ist umgekehrt eine reaktion, eine verregelung ersichtlich. Flexibilität im Einzelfall wird dann durch Klarheit und Berechenbarkeit ersetzt. Dementsprechend reicht bei scipio 135 eine argumentation nicht aus, sondern es wird eine sondererlaubnis nötig. Wie genau dies bei Marius vonstatten ging, ist hier nicht zu rekonstruieren. Wenn man die Konsulate als einen auftrag gegen die Kimbern auffasst oder jeweils Erlaubnisse einer Kontinuation annimmt, betrifft dies die rolle der volksversammlung, die später (7.1) diskutiert wird; Pompeius 52 schließlich bildet generell einen sonderfall. In jedem Fall ist zu konstatieren, dass es sich bei einer Iterationsbeschränkung eher um eine (moralisch konnotierte) spielregel der Elite selber und nicht um einen unabrückbaren Fundamentalgrundsatz des politischen lebens gehandelt hat. Da von einer Iterationsfrist relativ leicht abgewichen werden konnte, dürften die Gründe für das Prinzip häufig nicht sehr stark gewesen sein. schwer einzuschätzen ist das Gesetz von 217, da eine fledamit gegen die immer konsensual zu denkende verfassung bezieht; diese argumentation ist, mit Bezug auf Octavius und ti. Gracchus, weiter ausgeführt in Badian 1972, vgl. hier 7.4.

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3 regelkonflikte bei Wahlen

xible auswahl der Feldherren auch schon vorher möglich war – vermutlich wurden innerhalb der Elite bisherige Dehnungen der norm nun akzeptiert und damit auch versucht, diese einzuhegen.309 schaut man sich statt der Iteration die kontinuation an, wird das andere Potential der Begriffs Prinzip sichtbar, im sinne eines fundamentalen Grund- oder strukturprinzips. Denn offensichtlich läuft die Kontinuation – wenn auch manchmal nur technisch durch verschiedene konsekutive Ämter vermieden – der Idee von annuität zu stark zuwider. Man kann Mommsen folgen: „Im allgemeinen aber ist die ausschliessung der continuirung namentlich des höchsten Gemeindeamts mit derjenigen strenge festgehalten worden, welche der Wichtigkeit des Princips entspricht.“310 Mit „Wichtigkeit des Prinzips“ wird Mommsen hier genau die annuität als Grund- oder strukturprinzip meinen, die bemerkenswerterweise bei allem Kampf um die Magistraturen und damit um ruhm, Ehre und Macht nie in Frage stand. selbst bei Kontinuationen wie denen von Marius stehen immer wieder Wahlen an. Dabei hat es auch um die amtszeit regelkonflikte gegeben: 363 sollen volkstribune gegen den Diktator l. Manlius vorgegangen sein, der nach seiner aufgabe, einen nagel in den tempel des Jupiters einzuschlagen, nicht zurücktreten wollte. am Ende legt er sein amt nieder, da er „dem äußeren Druck oder seinem schamgefühl nachgab,“ so livius.311 anders appius claudius caecus, der trotz ablauf von 18 Monaten und rücktritt seines Kollegen seine zensur 310 angeblich nicht niederlegt312 – ein regelkonflikt par excellence. hier ist entscheidend, dass appius zwar die Geltung der regeln für ihn selber, nicht aber die regel als solche anzweifelt und am Ende nur durch drei volkstribune beschützt wird, dazu allgemeines Missfallen auslöst. Wenn man diese Geschichte glaubt, wird man natürlich erinnert an die Decemvirn, die 449 nicht zurücktreten wollten – interessant ist aber, dass es sich auf der einen seite bei allen drei Beispielen nicht um ordentliche Magistraturen gehandelt hat und auf der anderen seite jeweils großer Widerstand die „Umstrittenheit“ des verhaltens deutlich macht, der anspruch einer amtszeitbegrenzung somit bestätigt wird. Die Option einer Gemeinschaft, bei eklatanten verstößen gegen ungeschriebene spielregeln reagieren zu können, zeigt sich an der erzwungenen abdankung des M. claudius Glicia 249. selbst wenn dafür kein juristisch passender Grund gefunden worden wäre, war klar, dass hier normen verletzt (oder ignoriert) wurden, und das wurde nicht hingenommen. Ebenso wäre das der Fall gewesen, wenn andere ungeschriebene, weil völlig evidente regeln gebrochen worden wären, wie bei der Wahl (oder auch nur Ernennung) eines nichtbürgers (oder gar einer Frau). Dass dergleichen nicht explizit verboten war, liegt in der na309 vgl. Beck 2005a, s. 50: „In der konkreten situation wurde demnach eine stärkere Flexibilität der traditionellen Praktik der Ämterbesetzung verordnet, wobei die Grundprinzipien dieser Praktik – die Wahrung von amtsfrist und fristgerechtem amtswechsel – durch das Plebiszit de lege solvendis consularibus nicht in Frage gestellt, sondern lediglich situativ erweitert wurden.“ 310 Mommsen str I, s. 518. 311 vgl. liv. 7,3,5–9; zitat in 9: tandemque omnibus in eum tribunis plebis coortis seu vi seu verecundia victus dictatura abiit. 312 liv. 9,33,4–9,34,26. siehe die Diskussion weiter im text, sowie 7.2 und 7.4.

3.5 Wahlen im spannungsfeld von regeln und Prinzipien

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tur der sache, denn an was nicht gedacht wird, was nicht vorstellbar ist, wird auch nicht geregelt.313 als drittes und letztes kann man die Altersvorschriften nennen, für die umgekehrt der Begriff der regel besser geeignet ist. zunächst bietet sich ein Bild klassischer regelgenese: Militärzeiten und traditionelle Besetzung der Ämter verdichten sich zu einer regelmäßigkeit, die gewisse abweichungen nicht verhindert und auch nicht verhindern kann. Das argument der volkstribune gegen scipio 213 scheint eher ein moralisches denn ein juristisches zu sein; interessant ist allemal, dass eine schlichtung durch den senat gar nicht nötig ist oder gefordert wird, sondern scipios eigener verweis auf die volkswahl schon ausreicht. Umgekehrt werden im zuge einer verregelung der Karriere mit der lex Villia annalis klare altersgrenzen etabliert, was zu mehr sicherheit und Klarheit, aber auch zu weniger Flexibilität geführt hat. Der aufwand, den man für scipio aemilianus 148 treibt, führt dies deutlich vor augen – zumal bei appian mit einer temporären aufhebung der ganzen regel. aber selbst wenn man diese version anzweifelt, ist ein volksbeschluss nötig, da nicht abgewogen und herkommen gedehnt, sondern eine gesetzliche regelung umgangen wird: Während der letzte größere streitfall davor, Flamininus 199, zwar mit rekurs auf die freie Wahl des volkes, aber dennoch alleine von dem senat entschieden wurde, musste für scipio 148 auch ein Beschluss der volksversammlung getroffen werden, da nicht nur eine politische Erlaubnis getroffen, sondern eine ausnahme von einem Gesetz erwirkt werden musste. Gleiches gilt für die Feststellung, man habe genug amtsträger und könne daher die Wahl auch ausfallen lassen: Während die Entscheidung 184 vom senat getroffen wird, soll 44 antonius als Konsul entschieden haben. Dass der senat durch zu klare regelungen damit gerade seine rolle als hüter der regel(-anwendung) verliert und selbst ausnahmen nicht mehr alleine gestatten kann, wird unter 8.2 vertieft;314 hier bleibt 313 vgl. Daube 1973, s. 3 ff. Erst bei Ulpian (Dig. 50,17,2) findet sich ein ausschluss der Frauen von den öffentlichen angelegenheiten, was überraschend genug ist. vorgekommen dagegen ist die Wahl von sklaven: 38 zur Quästur und um diese zeit wohl sogar zur Prätur, sie werden aber nach Entdeckung abgeführt. Beiden wird zunächst die Freiheit geschenkt, der „Prätorier,“ der wirklich ein amt auch ausgeübt hatte, wird danach aber vom kapitolinischen Felsen gestürzt, vgl. cass. Dio 48,34,5. hier hätte man den seltenen Fall einer Ungültigkeit in rom, die renuntatio wird als nichtig angesehen (vgl. Mommsen str I, s. 484). Immerhin gehen Kunkel/Wittmann 1995, s. 53 f. anm. 4 mit Bezug auf Dig. 1,14,3 davon aus, dass im Interesse der rechtssicherheit alle handlungen dieses „Magistrats“ gültig blieben; dieses Ergebnis wird von Ulpian als menschlicher (humanius) bezeichnet, spannend ist die folgende Feststellung, dass die Wahl dem sklaven die Freiheit gebracht und auch das amt gültig übertragen hätte, wenn bekannt gewesen wäre, dass er ein sklave sei: „cum etiam potuit populus Romanus servo decernere hanc potestatem, sed et si scisset servum esse, liberum effecisset.“ siehe hierzu jetzt die ausführlichen anmerkungen von rampazzo 2008, s. 357–543. Das Wissen um den stand des sklaven muss hier auch die voraussetzung sein für ein gültiges amt, sonst passt die ganze Episode nicht zusammen. Es wäre ein starker, wenngleich hypothetischer Beleg für die Freiheit der versammlung, zu wählen, wen sie will. M. E. wäre dennoch eine abdankung erzwungen worden, wie bei Glicia 249. Man könnte in solchen Fällen an eine verletzung konstitutiver regeln oder an die reaktion der spielgemeinschaft auf spielverderber denken, vgl. oben anm. 67 in 2.3. 314 nach Beck 2005a, s. 52 f. beruhte die Macht des senats vor allem auf „diskretionären spielräu-

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anzumerken, dass die regeln der altersvorschriften außer von Marius c. f., einem Fall, der außerhalb der normalen Ordnung liegt, eingehalten werden, bis Pompeius wieder von der vorschrift befreit wird.315 3.6 zUsaMMEnFassUnG an Ergebnissen aus der analyse der Kriterien-bezogenen normen ist Folgendes festzuhalten: Ein mindestalter der Kandidaten ergibt sich zunächst aus dem Kontext und wird ab 180 explizit geregelt. Die festgelegte Reihenfolge der Ämter dagegen bleibt bis zu sulla ungeregelt, wenngleich die altersvorschriften eine indirekte regelmäßigkeit erzeugen. Für die Prätur als vorausgegangenes amt vor dem Konsulat ist ebenso wie für die iteration des maximus honos der republik das Modell eines flexiblen rechtsprinzips passender als ein Beschreibungsversuch mit regeln. Dies liegt nicht nur an abweichenden Fällen, an ausnahmen, denn solche waren – man denke nur an 148 – auch bei der altersvorschrift möglich. Es liegt vor allem an der ständigen abwägung und argumentation, wie bei der Iteration 210 oder der nicht vorhandenen Prätur 199 und 89, was eine spätere verregelung ebensowenig ausschließt wie dennoch auftretende ausnahmen – zu denken ist nur an Pompeius. Während die Anwesenheit bei einer Bewerbung erst ab 63 geregelt erscheint, wird sich für die anwesenheit bei der Wahl – trotz des hinweises 104 – die Frage einfach nicht gestellt haben; zu groß wird die Erwartungshaltung des volkes (zum vorteil des Kandidaten) gewesen sein, den Kandidaten im normalfall auch vor sich zu sehen. Die Frage von speziellen rechten oder Einschränkungen für Patrizier ist für regelkonflikte kaum relevant, allenfalls sind die ständekämpfe ein schöner Fall für das „sich Etablieren“ von politischen Erfolgen hin zu rechten; auch zeigen die Konflikte zunächst eine spannung zwischen regeln der Elite und dem Grund- oder strukturprinzip einer volkswahl, dann aber (bei Marcellus 215) auch zwischen einer volkswahl und sakralem recht. Im Großen und Ganzen ist damit ein system beschrieben, welches zunächst auf herkommen und tradition basiert, (aus-)Dehnungen (wie 199) zulässt, dann aber z. t. (wie 151) mit expliziten regelungen „antwortet,“ von denen weiterhin mit sondergenehmigungen abgewichen werden kann. Offen bleiben an dieser stelle die Fragen, wie genau die sondergenehmigungen funktionieren, d. h. wer sie wem und wofür erteilt,316 und welche auswirkungen die verstöße gegen die Ordnung men und auf seiner auctoritas als schiedsinstanz in Konfliktfällen.“ 315 vgl. Kunkel/Wittmann 1995, s. 50 f., die für scipio einen volksbeschluss und für Pompeius einen senatsbeschluss zur Befreiung von den vorschriften annehmen. Für Pompeius ist dies klar belegt durch cic. imp. Pomp. 62: ex senatus consulto legibus solutus; nach auc. ad herr. 3,2 könnte auch bei scipio ebenfalls eine Beratung im senat stattgefunden haben. Es ist allerdings wieder an den Kontext von 71 zu erinnern, daran, dass die volkstribune nicht mehr (oder noch nicht wieder) ihre Initiativrechte besaßen, der senat also automatisch mehr und auch mehr alleine beschließen musste. 316 vgl. 3.2, anm. 120 sowie Kunkel/Wittmann 1995, s. 52, die bezüglich der zulassung zur Magistratur feststellen: „Wieweit es sich in diesem Bereich um normen handelte, die als zwin-

3.6 zusammenfassung

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auf die Ordnung selber haben; letzteres wird unter 8.2 vertieft. Müsste man sich hier auf ein einziges Ergebnis beschränken, so ist die Wählbarkeit eines Kandidaten durch die versammlung trotz mangelnder Qualifikation festzuhalten – ein Ergebnis, das sich in der analyse der regelkonflikte bei dem Wahlleiter bestätigt. Dessen spezifische Möglichkeiten der Einflussnahme sind stark limitiert. zwar gibt es Fälle, wo ihm positiver oder negativer Einfluss unterstellt wird, aber zum einen halten sich hier unterschiedliche aussagen der Quellen die Waage und zum anderen wird nicht ersichtlich, worin der spezifische Einfluss des Wahlleiters liegen soll. Eine klare Möglichkeit, einen Kandidaten „sicher durchzubringen,“ ist jedenfalls nicht ersichtlich.317 Besonders indikativ ist, dass bei der Frage nach der verhinderungsmöglichkeit das gleiche Ergebnis zu konstatieren ist. Eine versammlung nach nicht erwünschten stimmen der centuria praerogativa einfach abzubrechen, erscheint als ausnahme, wird nicht als normale Option oder gängige Praxis hingenommen oder begründungslos akzeptiert. auch für das angebliche recht, die Ernennung zu verweigern, reichen die Belege nicht aus, es wird sich hier um eine vielleicht wirksame, aber doch letztlich leere Drohung gehandelt haben. nimmt man die Ergebnisse für Kandidaten und Wahlleiter zusammen, so scheint sich die rolle des senats als schlichter oder als schiedsrichter bei regelanwendungen und Prinzipienkollisionen herauszukristallisieren. Das ist gut zu sehen 210, als sich der Wahlleiter-Kandidat und die volkstribune beide dem Urteil des senats stellen. Daneben tritt die große normative Kraft eines volksbeschlusses. Man mag den satz: quodcumque postremum populus iussisset, id ius ratumque esset; iussum populi et suffragia esse als Bestandteil „authentischer XII-tafeln“ anzweifeln (wie es besonders Fögen tut);318 in den hier untersuchten Fällen ist allerdings nicht ersichtlich, dass Kandidaten, die zu jung, zu spät angemeldet oder sonst keine ordentlichen Kandidaten waren, nach einer trotz allem erfolgten Wahl ungültige Kandidaten gewesen wären. Wer will sich auch beschweren, wenn der populus Romanus entschieden hat? Es ist bezeichnend, dass abbrüche nur während (oder gend angesehen wurden, und wo der nicht unbedingt verbindliche Brauch begann, war vielleicht schon den römern selbst nicht immer klar.“ 317 Dass ein Wahlleiter in rom nicht in einem modernen sinne unparteiisch sein sollte, sondern dass es im Gegenteil (auch normative) Erwartungen der Unterstützung von Familienangehörigen gab, steht dem nicht entgegen. 318 vgl. für den rechtssatz selber liv. 7,17,12 f. (sowie 9,34,6 f.: nemo id ius esse, quo postremo populus iussisset, sciit? […] ubi duae contrariae leges sunt, semper antiquae obrogat nova) bzw. nach Flach 2004, s. 165: XII 5a, der die stelle allerdings überhaupt nicht (!) kommentiert. Fögen 2002, s. 61 ff.; 2005 und 2007, s. 55 ff. ist generell skeptisch, was die authentizität der XII-tafeln angeht, die sie als reine Konstruktion der römer begreift und die daher (2005, s. 61 ff.) durchaus überzeugend dafür plädiert, die einzelnen normen wieder in ihren Kontext der jeweiligen Überlieferung bei den verschiedenen autoren zu stellen. auch wenn Fögen (2005, s. 60 ff.) zum einen liv. 7,17,12 f. im Kontext der Wahl von 356 für „verquer“ hält, da jüngere Wahlen älteren immer vorgehen, wohingegen die „posteriori-regel“ aus liv. 9,34,7 im Kontext der Dauer der zensur von ap. claudius caecus 310 sinnvoll sei, und sie zum anderen darüber hinaus beide regeln im literarischen Kontext eines normbruchs „des Grundgesetzes der römer“ durch zwei Appii sieht, dürfte dies auch aus ihrer sicht nichts daran ändern, dass man diese Formulierung für ein unabhängig davon herauszulesendes Grund- oder strukturprinzip der römer benutzen kann, vgl. weiter unter 7.2.

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3 regelkonflikte bei Wahlen

vor) einer versammlung vorkommen, dies war sicher einfacher als ein späteres Ignorieren der Beschlüsse. hier genügt zunächst der hinweis, dass jede Festlegung von alter, vorausgegangenem amt, Patrizier oder Plebejer letztlich nur (oder zumindest auch) eine Einschränkung der freien auswahl bedeutet.319 Das argument der freien Wahl des volkes taucht – mit der interessanten ausnahme der Iterationsfrage beim volkstribunat – in Konfliktfällen durchgängig auf. Bei scipio 148 beruft man sich (nach appian) sogar auf die νόμοι von tullius und romulus, sulla lobt (wenn auch ironisch) die Wahl cinnas als zeichen der Freiheit des volkes, ähnlich lauten die Worte von scipio africanus 213, und umgekehrt verweist Fabius Maximus 215 sogar bei seinem abbruch auf die libertas des volkes bei der Konsulwahl. Und um ein Beispiel aus der Untersuchung des sakralrechts hinzuzunehmen: Bei der Frage nach einem plebejischen Curio maximus verweist der senat 209 die Entscheidung darüber an das volk.320 Es wird allerdings (in Kapitel 5) zu prüfen sein, inwieweit nicht doch zumindest sakralrechtliche Einwände gegenüber einer Entscheidung des populus Romanus Bestand haben konnten, wie 55 bei der verhinderung von cato und vor allem 215 bei dem rücktritt des Marcellus.

319 vergleichbar ist die Kritik von Flach 2004, s. 223 ff. an der angeblichen vorschrift aus den XIItafeln, welche die Ehe zwischen Patriziern und Plebejern einschränken sollte, was nur die verfügung des patrizischen pater familias eingeschränkt hätte, der ja sonst umgekehrt gar nicht hätte gezwungen werden können, seine tochter mit einem Plebejer zu verheiraten. Möglich bleibt die Interpretation von linderski 2005, s. 230, der dies als neuerung von „patrician purists and hardliners“ begreift, die gegen schwächere patrizische Familien gerichtet war, welche auf heiraten mit plebejischen Familien angewiesen waren. schon bei der dann raschen aufhebung 445 durch die lex Canuleia aber lässt sich das argument der Wahlfreiheit der patres wiederholen. 320 app. Pun. 112; Plut. sull. 10; liv. 25,2,7; liv. 24,8,1; liv. 27,8,3; vgl. dazu Kunkel/Wittmann 1995, s. 65 f., die u. a. auch noch zu Pompeiusʼ antwort auf das angebot Milos, seine Kandidatur für 51 zurückzuziehen, anführen, dass Pompeius nicht die potestas des populus Romanus durch Meinungsäußerungen habe behindern wolle, so asc. 35 c.

4 rEGElKOnFlIKtE BEI DEr PrOvInzvErGaBE UnD SORTITIO 4.1 lOsUnGEn In rOM Die Konstruktion der Kollegialität als Element der Magistratur in der römischen republik bedingt strukturell die notwendigkeit einer Entscheidung darüber, wer (meist von zweien) bestimmte aufgaben bekommt, übernimmt oder ausführt. Grundsätzlich bieten sich hier drei Möglichkeiten an: a) der regelmäßige Wechsel bei der ausführung (turnus), der sich z. B. am täglichen Wechsel des Oberbefehls zweier Konsuln zeigt, b) die aufteilung der aufgaben, wie sie z. B. mit der Entsendung verschiedener Feldherren vorkommt, und c) die jeweils ad hoc zu treffende Entscheidung, wer einmalig zu vollziehende akte übernimmt.321 solche einmaligen akte reichen z. B. bei den Konsuln von einer tempelweihung über die Einberufung des senats bis hin zur abhaltung der Wahlen. Eine aufgabenteilung erfolgt dagegen häufig bei einem militärischen Kommando und/oder einer Provinzverwaltung – und beides wird oft durch losung entschieden. Dies soll im Folgenden untersucht werden unter der Fragestellung, inwieweit sich dabei Konflikte, regelkonflikte und Prinzipienkollisionen, ergeben haben, also streitpotential besteht und ein solcher streit mit hinweis auf normen (der verteilung) geführt wird. Die sortitio ist in rom – auch wenn nicht wie z. B. in athen die Beamten gelost wurden – ein häufig auftretender Mechanismus, der aber nur relativ wenig untersucht worden ist.322 Die centuria praerogativa wird ausgelost, ebenso die reihenfolge von abstimmung und/oder auszählung in den comitia tributa, ja vielleicht 321 Dieses schema von drei Möglichkeiten folgt Ehrenberg 1927 (rE 13,2), sp. 1497 f., der in der rechtlich-logisch unmöglichen wiewohl durchweg praktizierten zusammenarbeit zweier Inhaber unbeschränkter amtsgewalt raum sieht für teilung nach zeit, Kompetenzen oder rechtsgeschäften. siehe auch Weber WuG, s. 202, für den die römische Kollegialität der ordentlichen Magistratur der wichtigste Fall seiner „Kassations-Kollegialität“ ist, und der bei „Konkurrenz um Erledigung der gleichen angelegenheiten“ nach „los, turnus, Orakel [und dem] Eingreifen von Kontrollinstanzen“ unterscheidet. 322 siehe für losungen in Griechenland respektive athen Ehrenberg 1927 (rE 13,2), sp. 1468– 1490. Für rom beschränkt sich die literatur neben der Erwähnung in standardwerken etwa von Mommsen str, taylor 1966a oder staveley 1972 und wieder Ehrenbergs rE-artikel im Wesentlichen auf rosenstein 1995, stewart 1998, Bunse 2002 sowie jetzt auch Buchstein 2009, s. 111–133, der einen Überblick über „das los als Entscheidungsinstrument von der antike bis zur EU“ liefert. – roberta stewart dreht in ihrer studie mein oben genanntes argument einer notwendigen Entscheidung auf Grund der Kollegialität um, und arbeitet die Bedeutung gerade der losung für die Entwicklung der Konsulartribune, der Entstehung des kollegialen Konsulats und der (dann und dadurch) abgesetzten Prätur heraus (vgl. 3.2); solche Konsequenzen von losungen gehen über meinen Fokus von möglichem streit und Konfliktpotential hinsichtlich der Geltung von losungen hinaus und werden daher nicht behandelt; sie sind darüber hinaus stark umstritten vgl. nur m. w. v. Blösel 2009, s. 36 anm. 82.

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4 regelkonflikte bei der Provinzvergabe und sortitio

sogar zwischen den Kandidaten bei stimmengleichstand. Die zuteilung von Quästoren und schreibern, die verteilung von soldaten, in der späten republik auch die zusammensetzung der Geschworenen in Kriminalprozessen sowie die auswahl der vestalinnen, dies alles wurde ebenso durch das los bestimmt wie die Einzelaufgaben einer tempelweihung oder manchmal die Entscheidung, welcher censor den princeps senatus bestimmen durfte.323 Und es wird – von alleinigem Interesse für die im Folgenden untersuchten regelkonflikte – die verteilung der provinciae für Prätoren (immer) und Konsuln (häufig) durch das los entschieden.324 Provincia bedeutet dabei zunächst einfach aufgabe, meist aber auch den Krieg gegen eine bestimmte volksgruppe und Geltungsgebiet des Kommandos, erst später dann die herrschaft oder verwaltung in einer Provinz.325 Wie der folgende chronologische Durchgang durch Konflikte bei der Provinzverteilung zeigt, ist die losung dafür zum einen als verfahren nur eine Möglichkeit und zum anderen ist ihr Ergebnis nicht vor Änderungen geschützt. 4.2 EIn chrOnOlOGIschEr DUrchGanG • 4 19 streiten sich drei Konsulartribune, wer alleine in rom bleiben und welche zwei auf senatsbeschluss gegen die lavici und aequer ziehen sollen. Gelöst wird der Konflikt durch Q. servilius Priscus, vater eines der Konsulartribune, den livius sagen lässt: „Da es vor dem stand wie vor dem staat keine achtung mehr gibt, soll die väterliche Gewalt dieses Gezänk beenden. Mein sohn wird, ohne zu losen, das Kommando in der stadt ausüben.“ Weiteres ist nicht überliefert, die patria potestas wird für den erwünschten verzicht des sohnes und damit eine Einigung gesorgt haben. Ob historisch oder nicht, schimmert hier die losung als ein angebliches normalverfahren durch; wieso statt dieser (mit einer zweidrittelchance für jeden Kandidaten) ein solcher streit ausbrach, bleibt unklar.326 323 Die ausführlichste auflistung von losungen für die römische republik findet sich bei Ehrenberg 1927 (rE 13,2) sp. 1493–1504, einen Überblick bietet auch staveley 1972, s. 230 ff. vgl. für die centuria praerogativa: cic. Phil. 2,82; liv. 24,7,12; 27,6,3; für die reihenfolge der renuntatio: lex Malacit. 57 (Ils 6089); für die losung bei Gleichstand, die allerdings nur für die aedilwahl überliefert ist: cic. Planc. 53 und lex Malacit. 56 (Ils 6089). hinzufügen kann man noch die auslosung der 17 tribus (von 35) für die Wahl des pontifex maximus, vgl. cic. leg. agr. 2,18. Für die verteilung der Quästoren siehe cic. div. in caec. 46; verr. 2,34; Mur. 18; vat. 12; Q. fr. 1,1,11; Plin. ep. 4,12,2. tempelweihungen überliefert liv. 2,8,6 (für 509) und 4,29,7 (für 431, hier allerdings sine sorte). 324 nach Mommsen str II, s. 208 f. war bei Prätoren (im Gegensatz zu den Konsuln) eine Einigung nicht statthaft, eine losung also nötig. Geändert werden konnte diese technisch dadurch, dass Prätoren ihre amtsgeschäfte auf einen Kollegen übertragen durften. – auf andere Fragen, wie die notwendigkeit eines imperium (militae) und damit auch einer lex curiata für die verwaltung einer Provinz wird nicht eingegangen, wenngleich z. B. die versuche von ap. claudius Pulcher, diese vorschrift evtl. zum umgehen, interessant sind und einige Bemerkungen wert wären, vgl. cic. fam. 1,9,25; att. 4,17,2; 4,18,4. 325 vgl. zuletzt richardson 2008, bes. s. 48 f. und s. 148 ff. 326 liv. 4,45,7–8; cass. Dio 6 frg. 23,4 berichtet allgemeiner, dass der staat schaden nahm, da das Gremium der Konsulartribune nicht mehr einhellig und gemeinsam arbeitete, sondern jeder im

4.2 Ein chronologischer Durchgang

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• 3 79 sorgen die senatoren dafür, dass die Konsulartribune P. Manlius capitolinus und c. Manlius das Kommando sine sorte, sine comparatione extra ordinem bekommen, da sie ihre plebejischen Kollegen an herkunft, ihren patrizischen Kollegen an Beliebtheit überragten.327 Ein Konflikt ist hier gar nicht ersichtlich, bloß die Bewertung des vorgehens bei livius als sonderfall, der abweicht sowohl von einer losung als auch von einer Einigung der Magistrate. • Ohne wirklichen Konflikt läuft es auch 335 ab: Man bittet die Konsuln, dass M. valerius corvus (als „der größte Feldherr dieser zeit“) seinen Bereich extra sortem bekomme.328 • Größerer streit entsteht dagegen 295: Die Patrizier wollen (wohl mit einer senatsentscheidung) für Q. Fabius Maximus Etrurien als aufgabengebiet extra ordinem durchsetzen, sein Kollege P. Decius Mus aber fordert (auf Druck der Plebejer?) eine Entscheidung per los, wie, so führt er in einer einberufenen contio aus, es alle Konsuln vorher auch gemacht hätten: omnes ante se consules sortitos provincias esse. Er weist auf den ruhm für rom hin, dass jeder gewählte Konsul Kriege führen könne, und hofft, dass ihm von Jupiter selbst beim los die gleiche chance gegeben werde wie seinem Kollegen. trotz aller dieser argumente und seiner Berufung auf verfahrensregeln wird Etrurien als Gebiet des Q. Fabius bestimmt, ohne zu losen und nec minore populi consensu quam senatus.329 • Während im letzten Fall eine Mehrheit im senat augenscheinlich bei Widerspruch nicht reichte, wird 215 allein durch den senat festgesetzt, dass der Prätor Q. Fulvius Flaccus während der abwesenheit der Konsuln extra ordinem in rom bleiben und als Kommandant fungieren solle.330 • 210 wird zunächst gelost, dann aber erreichen die sikuler, die sich gerade in rom über das letzte Kommando von Marcellus beklagen und ihn nun nicht erneut als ihren Oberbefehlshaber haben wollen, dass vor dem senat über einen tausch verhandelt werden soll. Marcellus ist zu einem solchen bereit, allerdings ohne (bzw. vor) einem senatsbeschluss, da er einen freiwilligen tausch für ehrenhafter als einen angeordneten hält.331 • 205 bekommt der mit großem Kriegsruhm aus spanien zurückgekehrte und frisch gewählte Konsul P. cornelius scipio (africanus) sizilien extra sortem, allerdings

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Wechsel und alleine das amt ausübte. nach stewart 1998, s. 62 ff. ist es für diese zeit typisch, mehrere Konsulartribune zu wählen, von denen dann einer in rom bleiben soll, bevor ab 406 zumindest die außerhalb roms agierenden immer paarweise auftreten. hier ist allein der Konfliktlösungsmechanismus interessant, der rekurs auf der patria potestas. liv. 6,30,1–3. liv. 8,16,5. liv. 10,24,3–18. Die Debatte findet bei livius zunächst im senat und dann in contione (10,24,4) statt, aus der dann aber (10,24,18) das volk zur stimmabgabe in den tribus aufgerufen wird; dessen Kompetenz klingt schon zu Beginn (10,24,4) durch, wenn es heißt revocata res ad populum est. – nach liv. 10,26,4 geht Decius später ebenfalls nach Etrurien, nach Broughton Mrr I, s. 179 anm. 1 werden beide sofort nach Etrurien geschickt, was sich auf eine Parallelüberlieferung bei liv. 10,26,5 f. bezieht. selbst wenn die streitigkeiten um die losung nicht historisch sind, bleiben die argumentationsfiguren interessant. liv. 24,9,5. liv. 26,29,1–9.

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auch concedente collega, da P. licinius crassus als pontifex maximus Italien nicht verlassen wollte oder durfte und daher das Gebiet der Bruttier bekam.332 Dann aber kommen die Gerüchte auf, scipio wolle auch nach afrika übersetzen; er selbst erklärt offen, er werde dies mit hilfe des volkes durchsetzen, wenn der senat sich dagegenstelle. Es folgt die berühmte rede des Q. Fabius Maximus, der scipio auf den vorrang des Gemeinwohls gegenüber persönlichem ruhm und auf die hoheit des senats hinweist, worauf scipio antwortet, welche strategische Bedeutung ein angriff in afrika habe. Unruhig, ob scipio nicht doch das volk befragen werde, fragt Q. Fulvius Flaccus, vierfacher Konsul und zensorier, ob scipio dem senat die Entscheidung über die aufgabenbereiche zugestehe. Dessen antwort, zu tun, was im Interesse des staates liegen werde, entschärft die situation nicht. Die volkstribune allerdings kündigen an, dass sie keinen Beschluss des volkes in der sache, die der senat beschließe, zuließen – am nächsten tag bekommt scipio sizilien mit der Erlaubnis, nach afrika überzusetzen.333 • 202 wünschen sich die Konsuln M. servilius Geminus und ti. claudius nero beide die Provinz afrika, sollen aber zunächst mit den volkstribunen verhandeln. Diese befragen das volk, und alle tribus entscheiden sich für scipio, worauf die Konsuln dann trotzdem (!) losen, da der senat es so beschlossen habe: nihilo minus consules provinciam Africam – ita enim senatus decreverat – in sortem coniecerunt; so bekommt doch ti. claudius afrika als Provinz.334 • 200 bestimmt ein volksbeschluss, dass cn. cornelius lentulus und l. stertinius als Prokonsuln nach spanien gehen sollen.335 • 197 werden die Konsuln c. cornelius cethegus und Q. Minucius rufus von zwei volkstribunen an der losung um Makedonien und Italien gehindert, da diese aus strategischen Gründen nicht schon wieder einen Kommandowechsel in der weit entfernten Provinz Makedonien hinnehmen wollen. Konsuln wie tribune unterwerfen sich aber der Entscheidung des senats, der nun für beide Konsuln Italien 332 liv. 28,38,12. alle sakralrechtlich relevanten Fälle in diesem absatz (205, 189, 184, 171) werden auch in 5.4 behandelt. 333 liv. 28,40–28,45,9; vgl. Plut. Fab. 25; app. hann. 55 (229–230); Pun. 7 (26–29); m. w. v. Broughton Mrr I, s. 301, III, s. 71. Die eigentliche lösung ist noch komplizierter: Die tribune kündigen (liv. 28,45,7) an, dass sie, wenn scipio als amtierender Konsul dem senat keine freie hand lasse, jedem senator, der sich weigere, seine Meinung zu sagen, beistünden. Wie hätte scipio die senatoren am schweigen hindern oder zu einem Beschluss zwingen können? 334 liv. 30,27,1–4; man kann hier allerdings auch an der Überlieferung zweifeln, vgl. de sanctis 1917 (III,2), s. 588, zumal bei Polybios im 14. Buch nichts über eine solche zurücksetzung des P. scipio zu finden ist und erst bei Plut. Fab. 26–27 ähnliche hinweise auftauchen. nach Weissenborn/Müller 1899, s. 135 hat livius den senatsbeschluss hier ungenau wiedergegeben, da nicht afrika, sondern das mare Africanum (mit der Flotte) für scipio bestimmt worden sei. nach liv. 30,27,5 erhält ti. claudius die gleiche Befehlsgewalt wie scipio, kommt aber in afrika gar nicht an, da er sich zunächst zu viel zeit lässt (auch weil der senat scipio bei Friedensverhandlungen wohl doch mehr Kompetenzen zubilligt, liv. 30,38,6–7) und dann nach zwei Unwettern und stürmen als Privatmann nach rom zurückkehrt (liv. 30,39,1–2; zon. 9,14). 335 liv. 31,50,11.

4.2 Ein chronologischer Durchgang



• •





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festsetzt (und das Kommando des t. Quinctius Flamininus in Makedonien verlängert, bis ein nachfolger komme).336 auch im nächsten Jahr, 196, wollen die Konsuln l. Furius Purpureo und M. claudius Marcellus, die beide Italien bekommen haben, über Makedonien losen, was erneut von volkstribunen verhindert wird, auf deren antrag hin alle 35 tribus für Frieden mit Philipp stimmen.337 194 wird ebenfalls und trotz des Wunsches von l. cornelius scipio, Makedonien zu bekommen, für beide Konsuln Italien als aufgabenbereich festgelegt.338 192 erlosen die Prätoren die aufgabenbereiche, wobei M. Baebius tamphilus und a. atilius serranus das diesseitige bzw. jenseitige spanien bekommen, was dann aber von senat und volksversammlung wieder geändert wird: Während den Feldherren in spanien das Kommando verlängert wird, bekommt Baebius wohl das Gebiet der Bruttier und atilius wohl die Flotte sowie Makedonien.339 190 möchten sowohl l. cornelius scipio als auch c. laelius als aufgabengebiet Griechenland bekommen. Der senat schlägt losung oder Einigung vor, laelius setzt dagegen einen senatsentscheid durch, ein verfahren, welches, so schreibt livius verblüffenderweise, „neuartig oder durch das alter der Beispiele schon in vergessenheit geraten“ war – res aut nova aut vetustate exemplorum memoriae iam exoletae. Da der große P. scipio africanus ankündigt, seinen Bruder nach Griechenland zu begleiten, bekommt laelius Italien und scipio asiaticus Griechenland.340 189 taucht ein neuer Konfliktfall auf: nach einer (wohl konfliktlosen) Provinzverteilung verbietet der pontifex maximus P. licinius crassus dem Prätor Q. Fabius Pictor, der zugleich flamen Quirinalis war, nach sardinien zu gehen. am

336 liv. 32,28,1–9. Der Widerspruch der volkstribune setzt vermutlich zunächst während einer senatsverhandlung über die auszulosenden Provinzen an, so auch Kunkel/Wittmann 1995, s. 222 f. anm. 424 und Pfeilschifter 2005, s. 331 anm. 13; die Konsuln wollen nicht ohne den senat alleine losen, so aber Mommsen str I, s. 55 anm. 2 und III, s. 1086 anm. 1. auf der anderen seite hatten sich um eine solche verlängerung für Flamininus dessen Freunde und verwandte mit aller Energie bemüht, so Polyb. 18,10–11; liv. 32,32,7; Plut. Flam. 7,3; siehe dazu Pfeilschifter 2005, s. 329 ff. Interessant ist, dass diese verlängerung nicht befristet ist, später für ein weiteres verbleiben in der Provinz ausreichen soll (liv. 33,25,11), dann aber doch wiederholt wird (liv. 33,43,6). 337 liv. 33,25,4; siehe für den Kontext von 196 Pfeilschifter 2005, s. 333 f. Im Gegensatz zu den Kriegserklärungen, die von den comitia centuriata vorgenommen wurden, konnten Friedensschlüsse auch durch pl. sc. erreicht werden, vgl. Mommsen str III, s. 344. Elster 2003, s. 273 und anm. 178 zweifelt sogar die Mitwirkung des volkes bei Friedensschlüssen generell an, dass scheint mir übertrieben, siehe für eine ausgewogene Einschätzung der politisch dominierenden rolle des senats schleussner 1978, s. 27–35. 338 liv. 34,43,3–9; siehe auch hier Pfeilschifter 2005, s. 334 f. 339 liv. 35,20,8–9. Direkt im anschluss (35,20,11–12 und 35,21,1) vertauscht livius die beiden aufteilungen, demnach soll Baebius die Flotte und atilius das Gebiet der Bruttier erhalten haben. 340 liv. 37,1,7–9. Die Mission der beiden scipionen wird auch bezeugt von zon. 9,20; cic. Mur. 31; nach cic. Phil. 11,17 soll scipio zunächst das Kommando erhalten haben, der senat dann eine Änderung zugunsten von laelius überlegt, schließlich aber verworfen haben.

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Ende einer längeren auseinandersetzung ändert die volksversammlung den Bereich und gibt ihm stattdessen die Fremdenprätur.341 187 bestimmt der senat auf Grund eines Kriegsgerüchts für beide Konsuln das Gebiet der ligurer, wogegen der Konsul M. aemilius lepidus erfolglos einwendet, dass man besser ein heer der immer verlängerten „Privatleute“ mit einem Konsul versehen solle.342 184 nimmt man auf die religiösen Pflichten des neugewählten Prätors und flamen Dialis c. valerius Flaccus rücksicht, indem man dafür sorgt, dass er eine der rechtsprechungsaufgaben in rom erlost.343 171 will dementsprechend der Konsul c. cassius longinus Makedonien als Provinz auswählen, mit der Begründung, dass sein Kollege P. licinius crassus nicht losen könne, da sich dieser als Prätor 176 aufgrund religiöser verpflichtungen geweigert hatte, in seine (erloste) Provinz zu gehen – und Gleiches nun auf dessen Konsulat zutreffen müsste. allerdings werde er, cassius, sich nach einem senatsentscheid richten. Der senat aber meint, dass man einem vom volk gewählten Konsul keine Provinz abschlagen dürfe, und ordnet die losung an mit dem Ergebnis, dass cassius Italien und licinius Makedonien bekommt.344 auch nach dem Ende der Überlieferung durch livius sind weitere Konfliktfälle oder zumindest Besonderheiten zu berichten, wie das Kommando von scipio 147, welches zur zerstörung von Karthago führte und durch volksbeschluss übertragen worden sein soll.345 144 gibt es die Debatte, wer spanien bekommen dürfe, was damit endet, dass niemand diese aufgabe erhält.346 107 kommt es zum Konflikt um numidien, was vom senat Q. caecilius Metellus zugesprochen, dann aber von der volksversammlung Marius gegeben wurde.347 74 ändert der senat auf Wunsch (und Intrigen) des l. licinius lucullus den losentscheid und bewilligt ihm – anstatt des erlosten diesseitigen Galliens – nach dem tod des Prokonsuls Octavius dessen Gebiet Kilikien und damit den Kampf gegen Mithridates.348

341 liv. 37,51,1–6; siehe dazu 5.4. 342 liv. 38,42,8–13. Obwohl hier bei livius der Begriff privatus auftaucht (10: consules iis potius quam privatos praeesse oportere), muss man mit der Begrifflichkeit aufpassen. Jüngst hat Blösel 2009, s. 41–54, bes. s. 44 f. überzeugend dafür argumentiert, den in der Forschung vielfach benutzen terminus privatus bzw. privati cum imperio als contradictio in adiecto nicht weiter zu verwenden, da amtlose oder privati nach Übertragung eines imperium eben nicht mehr als solche zu bezeichnen seien, siehe hierzu auch anm. 634 in 6.4.2. 343 liv. 39,45,4, siehe auch dazu 5.4. 344 liv. 42,32,1–5. crassus hatte 176 in der tat mit hinweis auf seine religiösen Pflichten eine aufgabe als Prätor abgelehnt, vgl. liv. 41,15,9–10; siehe ebenfalls 5.4. 345 vgl. nur cic. Phil. 11,7; liv. per. 51 (Africa provincia data erat); app. Pun. 112 (532). 346 val. Max. 6,4,2. 347 sall. Iug. 73,7. 348 Plut. luc. 5–6, m. w. v. Broughton Mrr II, s. 101, III, 121 f. und jetzt vervaet 2006, s. 639 f. und s. 644 f. lucullus bekam das Kommando zusammen mit seinem Kollegen M. aurelius cotta, der allerdings sowohl zu lande als zu Wasser nicht sehr erfolgreich agierte, vgl. cic. Mur. 33 und m. w. v. Broughton Mrr II, s. 101.

4.2 Ein chronologischer Durchgang

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zu nennen sind auch der Kampf von Pompeius gegen die seeräuber durch die lex Gabinia von 67, die Kommanden von caesar ab 59 in Gallien und weitere – die aber alle nicht erlost wurden.349 Generell wird man hier diese Phase der späten republik – wie immer bei der Frage nach regelkonflikten – mit besonderer vorsicht behandeln müssen. auf der einen seite erscheint die Kommandovergabe mehr reglementiert, denkt man an die Änderung schon durch c. Gracchus, dass Provinzen der Konsuln vor der Wahl festgelegt wurden,350 an zumindest die Konzeption der sullanischen lex Cornelia de provinciis ordinandis351 und dann später an die regelung des Pompeius mit einem Intervall von fünf Jahren zwischen amt und Promagistratur.352 auf der anderen seite nehmen die außerordentlichen Kommanden ebenso zu wie die generellen versuche, mit der volksversammlung am senat vorbei zu agieren.353

349 Für Pompeius 67: Broughton Mrr II, s. 146, III, s. 161 ff. Für caesar 59: Mrr II, s. 190, III, s. 105 ff. Für Piso und Gabinius 58: Mrr II, s. 193 f. Für Pompeius und crassus 55: Mrr II, s. 217, III, s. 161 f. 350 cic. dom. 24; prov. 17; Balb. 61; fam. 1,8(7),10; sall. Iug. 27,3; siehe dazu jetzt aber kritisch vervaet 2006, s. 632 ff., der zu recht auf die zahlreichen Gegenbeispiele von Marius bis caesar sowie auf die merkwürdige Idee hinweist, militärische Oberbefehlshaber im voraus zu binden. vervaet geht daher davon aus, dass nur tribunizische Interzessionen gegen eine Festlegung vor einer Wahl verboten wurden, im Gegensatz zu einer immer noch möglichen Änderung der Provinzen später, die aber auf einen Fall drohender Gefahr oder allgemeinen Konsenses eingeschränkt wurde (s. 642 ff.), vgl. dazu auch 7.4. siehe für diese reform des c. Gracchus auch schulz 1997, s. 42–45, der ausführt, dass es kein Gesetz gegen den Einfluss mächtiger gentes war, sondern vielmehr durch rechtzeitige Planung den konsularischen statthaltern mehr zeit zur (u. a. logistischen) vorbereitung ihres Kommandos geben sollte. 351 vgl. dazu schulz 1997, s. 48–51, der die Integration der Konsuln in die Provinzverwaltung und vor allem die Idee der amtsausübung zunächst in rom und dann erst nach einem Intervall in der Provinz betont, was, wie bereits die lex Sempronia de provinciis consularibus, einer längeren und damit besseren vorbereitung diente. siehe hierzu auch hantos 1988, s. 89–120, bes. 108 ff., die die auswirkungen einer neuen „Biennität“ mit einem rein zivilen Konsulat und einer militärischen Promagistratur sehr stark macht, vgl. dazu aber die ambivalenten Bemerkungen von christ 1993, s. 220 f., der sowohl von einem „Markstein in der verwaltungsgeschichte spricht,“ als auch die geringe Geltung hervorhebt, hierin Meyer folgend, welcher 1975, s. 321 ausführt: „Dabei ist allerdings zu betonen, daß das nur eine regel, keine gesetzliche vorschrift war, grundsätzlich neues recht wurde mit dieser sullanischen regelung nicht geschaffen. sowohl Konsuln wie Praetoren behielten nach wie vor das recht, auch in ihrem amtsjahr ein Provinzkommando und damit ein heereskommando zu übernehmen, was auch nach sulla noch oft genug vorkam.“ Ersetzt man Meyers „regel“ durch Prinzip, hat man ein schönes weiteres Beispiel einer flexiblen regelung, welche noch viele abweichungen zulässt, aber in späterer zeit an Gewicht gewinnt. siehe für die sich parallel entwickelnde Übertragung eines Imperiums Brennan 2004, s. 47–50. 352 vgl. nur cass. Dio 40,46,2 bzw. 53,14,2; siehe auch hier schulz 1999, s. 51 f., der eine versachlichung der Provinzvergabe ausmacht. 353 Für die zunahme der außerordentlichen Kommanden siehe jetzt Blösel 2009, s. 462–470.

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4.3 sYstEMatIschE UntErsUchUnG versucht man, die dargelegten Fälle näher zu untersuchen und vor allem zu systematisieren, fällt sofort auf, dass von einer losung recht häufig abgewichen wird, und zwar sowohl von einer sortitio als verfahren als auch hinterher von einem erlosten Ergebnis. Beides soll hier (4.3.1 und 4.3.2) untersucht, danach der charakter einer losung in rom näher bestimmt (4.3.3) und schließlich überlegt werden, ob sich (4.3.4) Muster ergeben oder strukturen erkennen lassen. 4.3.1 sortitio als verfahren: (k)ein schema von norm und abweichung? zunächst zu dem verzicht auf eine losung. Die Möglichkeit, statt einer sortitio anders zu entscheiden, bestätigt sich, wenn man das Geschichtswerk des livius als Ganzes durchgeht, ohne Beschränkung auf die Konfliktfälle. livius erwähnt eine losung nämlich mitnichten für jedes Jahr. lässt man Fragen der historizität beiseite und folgt einer aufstellung von Bunse, finden sich für Konsuln (zwischen 423 und 167) 43 losungen, für Prätoren (217 bis 167) 42 Fälle, also für Prätoren 86 % der möglichen Fälle, für die Konsuln aber nur knapp 15 %. Etwas anders sieht es aus, wenn man die zeitliche Einteilung berücksichtigt. Den nur elf losungen bei Konsuln im vierten Jahrhundert folgen von 218 bis 167 immerhin 27 losungen, was fast jedem zweiten Jahr entspricht.354 Bevor auf eine mögliche Erklärung eingegangen wird, sei angemerkt, dass im Gegensatz zu den Prätoren für die Konsuln auch dieses Ergebnis nicht norm und abweichung klar zutage treten lässt, jedenfalls nicht in quantitativer Weise. Der Duktus von livius dagegen spricht eine andere sprache: Wird nicht gelost, lesen wir von sine sorte (liv. 42,32,2) oder extra sortem (liv. 4,45,8; 7,25,12 [kein Konflikt]; 8,16,5 [kein Konflikt]; 10,24,18; 26,29,8; 28,38,12 [kein Konflikt]; 38,58,8). Während sine sorte noch eine einfache Beschreibung sein könnte, hat extra sortem klar den charakter einer abweichung. noch stärker ist dies bei der Formulierung extra ordinem (liv. 3,22; 6,22,6; 7,23,2; 10,24,3) bzw. bei der zusammenstellung sine sorte, sine comparatione extra ordinem (liv. 6,30,3).355 Obwohl livius also, trotz stetiger zunahme der losungen Ende des dritten und anfang des zweiten Jahrhunderts, eine sortitio nicht für jedes Jahr überliefert, wird anderes von ihm als abweichung gekennzeichnet. Wenn er P. Decius 295 argumentieren lässt, dass alle Konsuln vor ihm um die Provinzen gelost hätten, omnes ante se consules sortitos provincias esse, passt dies hierfür ebenso ins Bild wie umgekehrt die ansonsten merkwürdige Behauptung, dass laelius 190 mit seinem vorschlag eines senatsbeschlusses etwas neuartiges vorschlage.356 Doch liviusʼ Berichte sind nicht wirklich konsistent, denn in genügend an354 Für eine gute Übersicht aller Fälle siehe Bunse 2002, s. 417, der darüber hinaus zu recht darauf hinweist, dass die losung in frührepublikanischer zeit kaum historisch gewesen sein dürfte, allein schon die „nomenklatur die erst später entstandene ‚Konsulatsverfassung‘“ voraussetzte. 355 vgl. die liste bei Bunse 2002, s. 419 anm. 25. 356 liv. 10,24,10 f. bzw. liv. 37,1,9. noch weiter geht Ehrenberg 1927 (rE 13,2), sp. 1501, der

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deren Fällen werden ihm zufolge die Provinzen vom senat bestimmt. Man findet zwischen 213 und 172 viele Fälle einer einfachen zuteilung: liv. 24,43,9–44,1 (provinciae atque exercitus divisi); 25,3,3; 27,7,7 (provincia decreta); 28,10,9 (provincia decreta); 29,13,1 (provinciae decretae); 32,28,8 f. (patres […] provinciam decreverunt); 33,25,4 (provinciam senatus decerneret); 34,43,9 (Italiam provinciam esse); 37,1,10 (omnes […] decreverunt); 38,42,8 f. (senatus […] decrevit), 39,8,3 (quaestio […] decreta est); 39,38,1 f. (Ligures […] decreti); 39,45,4 (provincia decreta est); 40,35,8 (provinciam esse Ligures senatus iussit); 40,44,3; 42,1,2 (Ligures utrique decreti sunt); 42,10,11 (Ligures […] decernunt). Was bleibt festzuhalten? zunächst kann man eine Diskrepanz zwischen der normativen aufladung einer sortitio als normalfall und der Überlieferung der einzelnen Fälle feststellen. Dazu ist rechtstheoretisch zum einen anzumerken, dass die Geltung einer norm durch häufige Missachtung zwar geschwächt werden kann, aber nicht unbedingt aufgehoben ist. Ob hier aber überhaupt so viele abweichungen vorliegen, ist zweifelhaft. Denn man wird sich zum anderen vor augen halten müssen, dass selbstverständliches nicht erwähnenswert ist und nur schwerlich Eingang in die Quellen gefunden haben wird.357 Es ist also eher anzunehmen, dass häufiger gelost wurde, als es livius berichtet hat. trotz fehlender quantitativer Belege muss angenommen werden, dass die sortitio (Ende des dritten, anfang des zweiten Jahrhunderts) den normalfall für die vergabe der Provinzen bildete. aber – und dies steht dem nicht entgegen – man konnte von einer Entscheidungsfindung durch das los leicht abweichen, so man denn wollte. Die Unterscheidung von regel und Prinzip erlaubt es hier, die sortitio nicht als regel mit vielen ausnahmen und Brüchen zu betrachten, sondern die aus den Quellen herauszulesende Flexibilität mit einem rechtsprinzip adäquat zu beschreiben. Mit der sortitio als abzuwägendem rechtsprinzip kann man, dem normativen Duktus der livianischen Überlieferung rechnung tragend, die sortitio als normalfall ansehen, von dem dann allerdings, in abwägung mit anderen Gesichtspunkten, häufig und ohne Probleme abgewichen werden konnte. Beispiele dafür sind neben einer Einigung oder einer militärischen notlage auch der verzicht des pontifex maximus 205 und das Ergebnis der „gelenkten“ losung 184 mit der Fremdenprätur für den flamen Quirinalis.358 sors und provincia bei livius geradezu synonym verwendet sieht, wie z. B. bei liv. 9,42,1 f.: Fabius, alienae sortis victor belli, in suam provinciam exercitum reduxit. 357 vgl. generell Daube 1973, s. 3 ff. sowie hier die Bemerkungen von Badian 1996, s. 211 über die abwesenheit von Überlieferungen bei routinegesetzgebung. 358 In diesem Fall von 184 einen Beleg für eine von einer kleinen, eingeweihten Gruppe manipulierte losung zu sehen, halte ich für falsch (so aber schulz 1997, s. 56 anm. 18); die losung wird aus sakralrechtlichen Gründen flexibel gehandhabt, das Problem dabei pragmatisch und offen gelöst, vgl. dazu 4.3.4. Generell scheint mir die Idee einer Manipulation einen so großen Konsens der Beteiligten vorauszusetzen, dass gerade dann keine Manipulation nötig, sondern auch ein verzicht auf losung oder eine nachträgliche Änderung möglich gewesen wäre, vgl. dafür den folgenden Punkt. siehe dennoch für die Idee häufiger Manipulationen und den ausdruck sors opportuna Brennan 2004, s. 53; für die technische Frage von los-Manipulationen allgemein taylor 1966b, s. 70 ff. und staveley 1972, s. 214 f.

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4.3.2 sortitio als Ergebnis: Änderung nach einer losung neben der Frage, ob gelost wird, müssen für die Frage nach einer Geltung der losung die Fälle betrachtet werden, in denen das resultat einer losung nachträglich noch geändert wurde.359 Wie ist so etwas begründet, gar gerechtfertigt? Die Frage ist nicht nur ausdruck eines (verfahrensgläubigen) modernen Unverständnisses, sondern muss sich auch in rom vor dem hintergrund gestellt haben, dass man ebenso anstatt, also vor der losung ein anderes verfahren hätte wählen können. Bei nachträglichen Änderungen wird man weiterhin unterscheiden müssen, ob es sich um eine einvernehmliche Entscheidung handelt, die statt zu einer comparatio nun zu einem tausch der Provinzen im nachhinein führt, oder um eine angeordnete veränderung. Im letzten Fall stellt sich die Frage, wer dafür die Kompetenz hat und ob man sich dagegen wehren kann. 210 entscheidet sich Marcellus, einer nachträglichen Änderung zuzustimmen, bevor der senat einen entsprechenden Beschluss fasst. Dies lässt klar die Änderungskompetenz des senats hervortreten, die sich auch in vielen anderen Fällen zeigt. hinzu kommt die volksversammlung, die z. B. 295 und 192 zusammen mit dem senat eine Änderung beschließt; umgekehrt droht scipio 205, sich mit hilfe der volksversammlung gegen den senat ein Kommando für afrika zu beschaffen, wie es dann später (107 für Marius) auch geschieht. zu dem verhältnis zwischen senat und volksversammlung ist hier schon festzuhalten, dass letztere offensichtlich die Möglichkeit hatte, einen senatsbeschluss noch zu ändern.360 aus dem rahmen fällt nur der Fall von 202, als nach einem Beschluss des volkes noch gelost wird, was – so es denn stimmt – eine wirkliche ausnahme wäre. Die Frage, wann nur der senat und wann senat und volksversammlung eine losung ändern, wird (unter d) noch einmal aufgenommen. hier ist zu ergänzen, dass in rom auch andere Änderungen von losentscheiden auftauchen, z. B. bei einer Wahlleitung, wenn einer der Konsuln, dem die aufgabe zugefallen war, sich nicht in rom einfinden konnte wie 193 (liv. 35,6,1–7) und 187 (liv. 39,6,1) oder ein anderer seinen Bruder bei der Wahl unterstützen will wie 185 (liv. 39,32,5). In keinem Fall erscheint die losung bzw. ihr Ergebnis als endgültige Entscheidung. neben der Möglichkeit, eine sortitio von vornherein zu vermeiden oder zu umgehen, konnte also auch ihr resultat wieder verändert werden. Was aus sicht einer politischen verlässlichkeit problematisch anmutet, aus militärischer sicht vielleicht

359 vgl. nur luhmann 1978, s. 31 für den Unterschied zwischen „akzeptieren von Entscheidungsprämissen und akzeptieren von Entscheidungen selber.“ 360 so auch das Ergebnis von vervaet 2006, s. 647, mit Bezug in anm. 77 auf die gleiche ansicht von Fergus Millar per litteras und einer erstaunlich langen liste in anm. 78 für ansichten, dass solche Beschlüsse einer versammlung „‚unconstitutional‘ negations or violations of the sempronian law“ wären, denen er zu recht nicht zustimmt; wobei man durchaus im tatbestand verletzungen der vorschrift konstatieren oder auf eine Irregularität hinweisen kann (wie z. B. Ferrary 1977, s. 629 anm. 46 oder 2001, s. 104 f.), es ist nur damit noch keine „unconstitutional negation,“ sondern schlicht ein regelkonflikt oder aber, im sinne einer Institutionenhierarchie, ausprägung des vorrangs des letzten Beschlusses der volksversammlung, siehe dazu 7.2.

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wichtige Flexibilität betont,361 lässt auf jeden Fall generelle rückschlüsse auf den charakter einer losung in rom zu. 4.3.3 Was bedeutet eine losung? zunächst bedeutet eine losung – so nicht manipuliert – eine zufällige, von niemandem bestimmte, daher nicht von Interessen geleitete Entscheidung, Buchstein spricht von einem „neutralen Mechanismus.“362 Eine Entscheidung per los lässt also sämtliche Gründe für oder gegen etwas außen vor; statt durch argumente und Überzeugungen, Bestechungen und politischen Einfluss die chancen zu verändern, sind diese exakt gleich groß. A priori bedeutet eine losung damit auch, dass das Ergebnis relativ gleichgültig sein muss – nicht für die losenden, aber doch für die Gruppe, die eine losung beschlossen hat. Durchaus damit in verbindung stehen kann die Idee eines abgebens der Entscheidung an höhere Mächte, als deren antwort, Fingerzeig oder Präferenz die losung dann erscheint, was allerdings noch keine Gleichsetzung von losung mit göttlicher Offenbarung bedeutet, da in der weltlichen sphäre vor allem die Idee der Gleichheit entscheidend sein dürfte, entweder der losenden oder des auszulosenden.363 trotzdem ist bei einem solchen aspekt unklar, wie stark diese inhärente Komponente des zufalls bei einer losung religiös aufgeladen ist, ja die sortitio als „antwort“ der Götter gesehen werden kann. Während Ehrenberg trotz einer „sakralen herkunft“ der losung die religiöse Komponente im Ergebnis für rom klar verneint, haben sich in der Folge Taylor und andere dafür ausgesprochen.364 Beide thesen sind in jüngerer zeit erneut 361 Dies deckt sich mit den Ergebnissen von schulz 1997, s. 62–71, der auf die sachlichen Gesichtspunkte bei Provinzauswahl und Prorogationen (bis 81) hinweist. 362 Buchstein 2009, s. 133; informativ ist seine „septole von allokationsmöglichkeiten“ (s. 239), so treten nach Buchstein neben das (oder in Kombination zum) los: Wahl, Kooptation, rotation, Warten, autoritative zuteilung und auktion (s. 232–244). 363 Ehrenberg 1927 (rE 13,2), sp. 1451 f.: „Die losung als Mittel, den göttlichen Willen festzustellen, ist nahezu bei allen völkern nachzuweisen […]. Und zwar tritt sie in den beiden hierbei möglichen Formen auf, als Gottesurteil (Ordal) und Orakel,“ was dazu führt, „die losung in erster linie als religiöses Phänomen zu begreifen“ (sp. 1461) und „eine Erklärung der losung um eine mit der religiösen sphäre zusammenhängende tatsache nicht herumkommt, die (wenn auch unbewusste) Grundlage auch aller ‚profanen‘ anwendung der losung ist. Es ist das selbstverständliche voraussetzen eines blind waltenden schicksals, der Glaube an Moira und ananke.“ schon bei homer erscheint die losung von Grund und Boden (nach Eroberung oder Kolonisation) aber nicht als göttliches Wirken, sondern als ausformung der gleichen und unparteiischen Behandlung der losenden (sp. 1462 ff), was immer dann gilt, wenn jede andere Entscheidungsmöglichkeit fehlt, wie schon bei der verteilung der Welt zwischen zeus, Poseidon und hades (hom. Il. 15,187–193), womit Ehrenberg ein schönes Beispiel gibt, welches trotz religiöser thematik und rahmung die Komponente der Unparteilichkeit des verfahrens betont. auch in rom muss nach Ehrenberg zwischen einer religiösen und einer politischen losung strikt getrennt werden (sp. 1465). 364 vgl. taylor 1966a, s. 73 f. für die verbindung von religion und losung mit verweis auf Plaut. cas. 346–49, 382–83, 389–90, 402, 410, 417–18 sowie cic. div. 1,103 und Mur. 38, wo cicero das votum der centuria praerogativa als omen deutet. letztere betrachtet taylor (s. 111) als

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vertreten worden. zunächst hat Rosenstein eine sakrale Komponente der losung entschieden zurückgewiesen, diese sei vielmehr nur eine Entlastung des auf Konkurrenz aufgebauten systems durch eine neutrale Instanz, „to level the playing field.“365 sein argument geht dabei in zwei richtungen. zum einen grenzt er die sortitio von Prodigien, impetrativen auspizien und Omen ab, zum anderen sieht er – überzeugend, so meine ich – in den vielen anderen Fällen, sei es durch verzicht oder abänderungen, gute Gründe, die sortitio nicht als Bestandteil einer pax deorum aufzufassen. Dennoch hat dagegen Stewart darauf hingewiesen, wie rituell geprägt das vokabular für losungen sei, selbst in den Komödien des Plautus. Daraus leitet Stewart die losung als eine „auspicial permission“ ab, wodurch politisches handeln mit Jupiter verbunden sei.366

„chosen by lot and therefore thought to show the will of heaven,“ vgl. auch s. 91. Dieser Betrachtung der centuria praerogativa folgt auch Meier 1956 (rE suppl. 8), sp. 595 ff., dem zufolge ihr votum einem günstigen omen gleichkommt. Für weitere, die taylors these folgen, siehe rosenstein 1995, s. 45. – Die enorme Bedeutung der centuria praerogativa, deren stimmen dem zuerst Gewählten einen fast sicheren Wahlsieg brachten, so cic. Planc. 49, soll hier nicht bestritten werden, doch ob ihr votum wirklich ein omen im religiösen sinne war, ist zweifelhaft. Jehne 2000a, s. 666 f. hat darauf hingewiesen, dass cicero selber die Wirkung der praerogativa mit einem omen vergleicht, beides aber nicht gleichsetzt. Das votum wird eher als omen gewollt: „maiores omen iustorum comitiorum esse voluerunt“ (cic. div. 1,103; in 2,83 wird darüber hinaus alles auch noch in die nähe von superstitio gerückt). neben diesen Einwänden ist zu bedenken, dass bei Wahlen durchaus auch abweichungen, ja sogar abbrüche nach einem „unpassenden Ergebnis“ der centuria praerogativa bekannt sind, der Fall von 215 ist unter 3.4.2.b behandelt worden. zurecht ist nach Jehne (op. cit. s. 671) das votum der centuria praerogativa daher eher (im sinne Mommsens [str III, s. 595] „sich selten täuschenden vorboten des Wahlsiegs“ und gegen Meier) als „Entscheidungshilfe“ und „Orientierungsfunktion“ anzusehen. Diese Modifikation wird z. B. von Buchstein 2009, s. 120 ff. übersehen, welcher zu stark Meier op. cit. folgt. Eine ganz andere Frage ist es, wie man aus dieser Einschätzung der centuria praerogativa rückschlüsse auf den sakralen charakter der losung als verfahren allgemein ziehen will, zumal wenn in anderen Fällen noch viel häufiger Änderungen und Missachtungen auftreten. zumindest müsste man aussagen über den charakter von losungen für jedes anwendungsgebiet einzeln betrachten und dann auch historisieren. angemerkt sei abschließend, dass in der Plautus-Komödie casina (II,6; die relevanten verse sind 346, 383, 389, 402 417 f.) die Erwähnung eines omen eher humoristisch erscheint denn als ernste reflexion einer göttlichen Entscheidung. vgl. hier liebesschuetz 1979, s. 3: „the reader of latin literature feels that fear of divine displeasure was very rarely a motive when a roman decided on a course of action whether in a public or a private capacity; nor is there much evidence that a divine command was used as an excuse to justify any individualʼs behaviour retrospectively.“ taylors sichtweise ist darüber hinaus nicht leicht mit ihrer eigenen Einschätzung der römischen religion als Manipulationsinstrumentarium (taylor 1949, s. 76– 97, vgl. 5.2) zu vereinbaren. 365 rosenstein 1995, s. 46; vgl. ebenso s. 66–69; siehe gegen eine unumgängliche, sakrale losung auch Blösel 2009, s. 37. 366 stewart 1998, s. 51; weiter heißt es: „drawing the lots publicly directed the newly elected officials within the ritual and political traditions of the roman republic. allotment visibly represented Jupiterʼs historical patronage of rome.“ Diese religiöse Komponente einer losung geht zu weit, vgl. die anmerkung eben und weiter im text. siehe für Kritik an stewart auch Jehne 2000a, s. 667 f. anm. 31.

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Kann aber der Befund, dass sprache bzw. Wortwahl, die einen rituellen charakter haben und die sortitio damit vielleicht in die nähe von auspizien rücken, nicht auch mit einem durchweg profanen und politischen charakter dieser Einrichtung zusammengedacht werden? Es ist wohl nur ein hinweis auf den sakralen Ursprung der sortitio, was gut zu der historischen Entwicklung der losung passt, für die Robert Bunse ein überzeugendes Modell entworfen hat.367 nach den leges Liciniae Sextiae wird die losung als überparteiliches verfahren und wohl auch „göttliche“ antwort zunächst den streit zwischen patrizischen und plebejischen Konsuln um die Kommandoführung entschärft haben. später zeigt die comparatio eine wirkliche anerkennung der Plebejer durch die Patrizier als Kollegen pari potestate.368 Die sortitio konnte also durchaus als argument gleichsam sakral aufgeladen oder in religiösen Kontext gerückt werden, war aber (in unterschiedlichen Konstellationen) vor allem ein pazifizierendes Mittel, zum einen im Konfliktfall und zum anderen generell, da sie die gleiche Kompetenz beider Bewerber für die jeweiligen aufgaben suggeriert.369 Gerade bei dieser Konstruktion gleichberechtigter aktuere leuchtet es aber ein, dass bei einem Konflikt die Entscheidung einer anderen Instanz nötig war. Meistens war dies der senat, manchmal die volksversammlung, aber wie der Fall von 419 zeigt, konnte auch die patria potestas eine solche, notwendig von außen kommende lösung bieten. Der leicht mögliche verzicht auf eine losung und vor allem das relativ problemlose Ändern ihres Ergebnisses sprechen in jedem Fall stark gegen eine sakrale aufladung der sortitio.370 367 siehe für das Folgende Bunse 2002, s. 421–426. Der Kernsatz lautet (s. 426): „losung und comparatio boten der entstehenden nobilität, die aus zum teil verfeindeten lagern hervorging, die Möglichkeit, sich als gesellschaftliche Gruppe zu finden.“ 368 Eine comparatio bietet darüber hinaus noch einen vorteil: Während eine losung die inhärente Gleichberechtigung der beteiligten Parteien betont, aber eben durch die Fiktion der Gleichheit auch ein „Inkompetenz-risiko“ (sartori 1997, s. 219) aufweist, kann mit einer comparatio eine Gleichberechtigung pro forma anerkannt und trotzdem im Einzelfall flexibel entschieden werden; siehe aber dennoch für die Problematik der comparatio die argumentation von Blösel in der folgenden anmerkung. 369 aus diesem Grund soll nach vervaet 2006, s. 652 f. auch die lex Sempronia allgemein akzeptiert worden sein, wurde doch Flexibilität im notfall verbunden mit einer Idee von Fairness und Gleichheit im normalfall. auf der anderen seite führte genau diese Maßnahme bei denjenigen, die sich ein großes Kommando sichern wollten, zum rückgriff auf privilegia, so vervaet op. cit. s. 654. – an diesem Punkt der prinzipiellen Gleichheit wie chancengleichheit innerhalb der aristokratie setzt auch die argumentation von Blösel 2009 ein, der umgekehrt den verzicht auf eine losung bei den sog. imperia extraordinaria eben als das entscheidende Kriterium des außergewöhnlichen, des extra ordinem begreift, welches hier eine „massive verzerrung in den Bedingungen des aristokratischen Wettbewerbs“ markierte (s. 17) und allen Konzeptionen des aristokratischen Wettbewerbs und vorgeblicher chancengleichheit zum trotz Quereinsteigern eine Karrieremöglichkeit ohne „mühsamen, aufreibenden, kostspieligen und riskanten auftieg durch die einzelnen kurulischen Ämter“ ermöglichte (s. 50), siehe generell s. 21–54, bes. s. 25 f., s. 30 f., s. 39 f., s. 53; während Blösel von diesen „außerordenlichen Imperien“ damit bloße Prorogationen abgrenzt (bes. s. 19), ist der verzicht auf die losung der entscheidende Punkt sowohl für ehemalige Magistrate als auch für vorherige „privati.“ 370 Dies weiß auch cicero, der stolz an atticus schreibt (1,19,3), dass bei der auslosung einer Gesandtschaft zu den Galliern er selbst und Pompeius trotz losentscheid vom senat lieber in rom dabehalten worden seien: cum de consularibus mea prima sors exisset, una voce senatus

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4 regelkonflikte bei der Provinzvergabe und sortitio

4.3.4 Muster und strukturen abweichungen von der losung als verfahren waren ebenso möglich wie von dem erlosten Ergebnis, so das resultat. zu überlegen bleibt, ob sich in den untersuchten Konfliktfällen bestimmte Muster ableiten oder strukturen herauslesen lassen. Die Fälle des verzichts 205, der Änderungen 189 und 171 sowie der gelenkten losung 184 bilden eine sondergruppe, da hier die vergabe von (bzw. der aufbruch in) provinciae sakralrechtlichen Bestimmungen untergeordnet wird. Innerhalb dieser Gruppe gibt es 171 den sonderfall, wo der verweis auf die sakralen Beschränkungen offensichtlich nicht reicht, um gegen das Prinzip einer freien Entscheidung des volkes zu bestehen. Dies wird daran liegen, dass der verweis nicht autoritativ, z. B. durch den pontifex maximus, sondern durch den Kollegen im amt erfolgt und so eher den charakter eines hinweises auf eine Präzedenz (das verzichten fünf Jahre zuvor) als den eines sakralrechtlichen arguments hat (dazu mehr unter 7.3). Generell ist festzustellen, dass bei Änderungen und anordnungen des senats nur wenige Proteste überliefert sind und diese dann fast immer erfolglos bleiben – was bei der Wichtigkeit einer Provinz und den Möglichkeiten, neben zu erwerbenden reichtümern sich vor allem militärisch hervorzutun, überrascht. Erst in der späten republik, ab 107, beginnt sich ein Kampf um die großen Kommanden mit hilfe der volksversammlung zu entwickeln. vorher hat der senat offensichtlich eine klare und nicht in Frage stehende Kompetenz dafür, zu denken ist an die Fälle von 379, 335 sowie vor allem an das erste Jahrzehnt des zweiten Jahrhunderts: 197, 196, 194, 192 und 187 werden auf der einen seite die Wünsche von Feldherren durchgängig ignoriert, auf der anderen seite wird die Entscheidungshoheit des senats auch von den Konfliktparteien fast durchgängig betont. Dass 190 in einem angeblich neuen verfahren der senat über das Kommando in Griechenland entschied, passt gut in die zeit. spannend ist weiter (bei livius) zum einen der Einwand des Konsuls M. aemilius lepidus, der sich 187 über die verlängerung der Kommanden beschwert, und zum anderen die rolle der volkstribune, die eine solche Politik der Prorogation militärstrategisch argumentierend vertreten. Ebenso wie 205 erscheinen die volkstribune hier als Unterstützer und verfechter einer senatspolitik, die sich nicht den Interessen einzelner (Feldherren) beugen will.371 auch die rolle der volksversammlung verdient aufmerksamkeit. Im Konfliktfall war es hier, wie überall, möglich, den senat mit hilfe der volksversammlung frequens retinendum me in urbe censuit. vgl. die generelle Beurteilung von staveley 1972, s. 231: „Of course, although sortition became the accepted method of making theses decisions, it is probably correct to say that in none of these cases was its use more than an optional convenience.“ 371 anders wohl Pfeilschifter 2005, s. 329 f., der für 197 und die folgenden Jahre darauf abstellt, dass die tribune zwar auch sachliche Gründe haben, vor allem aber doch eine Politik für Flamininus betreiben, dessen ablösung sie verhindern. Darüber hinaus würden sie damit implizit den anspruch aller nobiles bestreiten, „wenigstens einmal im leben seine chance auf ruhm, Ehre und Beute zu nutzen.“ Ich bezweifele, dass man die Motivation (oder hintermänner) der tribune völlig wird klären können, die Frage bleibt, ob nicht strategische Überlegungen im senat doch stärker waren. vgl. in diesem Kontext z. B. Brennan 2004, s. 43 und s. 58 für die vergabe der Prorogationen durch den senat (ohne volksbeschluss) ab 171.

4.3 systematische Untersuchung

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zu umgehen; die langen warnenden reden, die livius für und gegen eine solche Überlegung von scipio 205 überliefert, zeigen dies eindringlich, und die Entwicklung in der späten republik ist bereits angedeutet worden. Interessanter aber erscheinen die Fälle, wo senat und volksversammlung zusammenarbeiten. Denn es stellt sich doch die Frage, warum die volksversammlung, so sie nicht von dem senatsbeschluss abweicht, überhaupt noch mit der gleichen Frage beschäftigt wird. Der einschlägige Fall ist 192, als erst der senat und dann die volksversammlung das resultat einer losung ändern und für die eigentlich erlosten beiden spanien stattdessen die Kommanden verlängern. Die antwort auf die Frage nach den Gründen für ein zusätzliches plebiscitum liegt nach Ferrary in dem status dieser beiden Provinzen begründet. Da die Erweiterung der Prätur von 198 direkt mit den beiden spanien als weiteren prätorischen Provinzen zusammenhing, musste ein verzicht auf eine losung bzw., wie hier, eine nachträgliche Änderung, die einem verzicht auf zulosung gleichkam, durch einen volksbeschluss bestätigt werden, da es sich technisch betrachtet um eine derogatio des Gesetzes von 198 handelte, der senat also nicht alleine entscheiden konnte.372 Der einzige andere Fall ist 295; nicht zufällig ist das einer der ganz wenigen Fälle mit einer längeren auseinandersetzung und Diskussion. Man mag darauf abstellen, dass es hier im Kern um einen Konflikt zwischen Patriziern und Plebejern ging und nicht um eine spezifische Frage der losung. auch ist der Fall vermutlich nicht historisch. Doch ist das Entscheidende, dass es laut der Überlieferung schon im senat selber streit gab, man daher für die Beschlussfassung eine klare Position von außen brauchte, ein Gedanke, der auch auf andere Fälle zutreffen dürfte. Dass bei besonders konfliktreichen Entscheidungen die volksversammlung zusätzlich ins spiel kommen konnte, erscheint einleuchtend. Man mag noch einmal an das oben Gesagte denken, dass besonders in den 190er Jahren volkstribune auftauchen und gegen die Wünsche der Konsuln und Feldherren nach Kommanden für Prorogationen argumentieren. vielleicht ist hier ein versteckter hinweis darauf zu sehen, dass der senat durchaus bereit gewesen wäre, im Falle von heftigem Widerspruch seine Entscheidung durch ein pl. sc. bestätigen zu lassen.373 372 Ferrary 2003, s. 139 f., bes. anm. 145 und 146; er geht davon aus, dass livius diesen tatbestand an anderen stellen einfach weggelassen hat. Dagegen waren Kommandoverlängerungen nicht zu bestätigen, wenn dadurch keine festgelegten Provinzen aus der losung fielen; so auch Brennan 2000, s. 187 ff. anders Elster 2003, s. 312 f., die wohl generell den senat entscheiden lassen will und keinen Grund für die Information von livius 192 sieht (bzw. von dem Plebiszit allenfalls als politischer zusatzmaßnahme aber nicht als staatsrechtlichem Gebot ausgeht). anders auch Mommsen str II, s. 214 anm. 1 und Bleicken 1968, s. 55 ff., die umgekehrt generell einen volksbeschluss voraussetzen. Für einen volksbeschluss bei konsularischen Provinzen, aber gegen einen grundsätzlich erforderlichen volksbeschluss bei prätorischen provinciae, siehe Kunkel/Wittmann 1995 s. 622 und anm. 211. Brennan (loc. cit.) geht davon aus, dass sich zwischen 218 und 166 die Praxis etabliert, dass der senat (wie bei Polybios 6,15,6 beschrieben) ohne die volksversammlung frei entscheidet, welchen Magistraten er das Kommando verlängert. Einen Einschnitt wird auf jeden Fall die lex Baebia von 180 gebildet haben, da mit alternierend sechs und nur vier Prätoren als indirekte Folge jedes zweite Jahr die Kommanden in spanien prorogiert und damit diese beiden Provinzen der sortitio entzogen wurden. 373 In diese richtung geht auch vervaet 2006, s. 629.

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4 regelkonflikte bei der Provinzvergabe und sortitio

4.4 zUsaMMEnFassUnG Die losung um Provinzen war in rom eine häufige und – dem hier zu folgenden livianischen Duktus entsprechend – „normale,“ aber damit noch keine stark normierte verfahrensweise. Mit diesem Ergebnis kann man Ehrenberg zustimmen: „niemals war die losung ein starres Prinzip, dem man die Forderungen des augenblicks hätte unterordnen müssen.“374 Dabei benutzt Ehrenberg „Prinzip“ i. s. eines Grund- oder strukturprinzips; man könnte die these aber mit der hier getroffenen Unterscheidung von regeln und Prinzipien umformulieren in dem sinne, dass mit (Gegen-)Gründen relativ leicht sowohl von dem rechtsprinzip „losung als verfahren“ als auch von dem Prinzip „Ergebnis einer losung“ abgewichen werden konnte. letzteres konnte offensichtlich im vergleich zu einem senatsbeschluss oder gar einer Entscheidung von comitia kein großes Eigengewicht beanspruchen. Dies zeigt zum einen, dass die von Ehrenberg, Rosenstein und Bunse vertretene auffassung, die sortitio in rom nicht als Empfehlung der Götter, sondern als profan-politischen Entscheidungsmodus zu betrachten, zu recht besteht, und dass von einer antwort der Götter keine rede sein kann. Die nachträglichen Änderungen wären sonst nicht zu erklären. Umgekehrt wird gerade auf sakrale Gründe rücksicht genommen, die eben schwerer wiegen als das Prinzip einer sortitio (sowohl als verfahren wie auch ihr resultat), vgl. nur die Fälle 205, 189 und 184. aber auch außenpolitische Gründe wie in den 190er Jahren sind gewichtiger als die losung. zum anderen lässt sich bei der losung wie auch bei einer abweichung meistens ein zweistufiges verhältnis zwischen senat und volksversammlung ausmachen, wobei der senat in der Mehrzahl der Fälle alleine entscheidet, aber ab und zu die volksversammlung braucht bzw. diese ihn sogar überstimmen kann. Ohne den Institutionen-bezogenen normen (siehe dazu 7.1) hier schon zu sehr vorzugreifen, sei doch angemerkt, dass weder diese Kompetenz der volksversammlung, die – wie im letzten Kapitel schon gezeigt – auf die Idee der verbindlichkeit des jeweils letzten Beschlusses zurückgeführt werden kann, noch die Änderungskompetenz des senats als des politischen zentrums wirklich überraschen. Beides zusammen belässt der sortitio jedoch keine große verbindlichkeit.

374 Ehrenberg 1927 (rE 13,2), sp. 1501.

5 rEGElKOnFlIKtE UnD saKralrEcht 5.1 EInlEItUnG Quod sequitur vero, non solum ad religionem pertinet, sed etiam ad civitatis statum – was nun folgt, hat nicht nur mit dem Götterkult, sondern auch mit der Ordnung des staates zu tun, so beginnt cicero in de legibus seinen abschnitt über rolle und aufgabe der Priester in rom,375 und das trifft auch auf dieses Kapitel zu. Es nimmt eine gewisse sonderstellung ein, weil es sich auf aspekte bezieht, die systematisch zu behandeln sind, also nicht thematisch (oder im Karriere-ablauf) zwischen Wahl und Provinzvergabe auf der einen und triumphdebatten auf der anderen seite liegen, sondern auch dort wichtig waren und werden. Konzentriert man sich jedoch auf die wichtigen regelkonflikte, lassen sich zwei große Gruppen ausmachen. zum einen gibt es, wenn die auguren einen Formfehler melden, nach erfolgter Wahl und Ernennung rücktritte von Magistraten oder nach erfolgter abstimmung die Möglichkeit für den senat, ein Gesetz zu kassieren. Denkt man an den rücktritt von Marcellus nach einem Donner im Jahr 215, schließt diese Gruppe thematisch nah an das Kapitel über die Wahlen an, hätte also auch schon vor der auswahl der Provinz behandelt werden können. zum anderen gibt es aber gerade nach der auswahl der aufgabe und beim verlassen der stadt rom Probleme mit sakralrechtlichen Beschränkungen für diejenigen Magistrate, die gleichzeitig noch ein Priesteramt bekleiden; einige Fälle der flamines und einer manchmal „gelenkten“ sortitio (189, 184) sind schon im letzten Kapitel behandelt worden.376 Für die thematik sind zunächst einige einleitende Bemerkungen erforderlich; ein detaillierter Überblick über „das römische sakralrecht“ und damit verbunden über „die römische religion“ würde allerdings den rahmen meiner Untersuchung sprengen, daher sollen im nächsten Punkt nur einige Grundstrukturen Erwähnung finden. Dazu ist schon der Begriff des sakralrechts, für den es keine lateinische Entsprechung gibt, problematisch. alle besprochenen Fälle gehören zu dem, was modern gesprochen „Öffentliches recht“ wäre, und sie bilden auch in rom keinen Gegensatz zu einem ius publicum, sondern eher eine Untergruppe.377 Besonders sind die Fälle, weil die 375 cic. leg. 2,30. 376 Mit diesen hauptgruppen ist der Fokus meiner Untersuchung wesentlich kleiner als beispielsweise bei der Untersuchung von scheid 1981 über den „délit religieux dans la rome tardorépublicaine.“ 377 vgl. hierzu bes. heuss 1978, u. a. s. 72 und s. 85 für die rolle des sakralen rechts in der teilhabe an (aber nichtidentität mit) dem öffentlichen recht. zum Begriff siehe auch s. 71: „Ius sacrum kam überhaupt nicht als feste Formel zustande, weil das schon die sprachlogik verbot bzw. die in ihr zu Wort kommende sachlogik. Man sprach stattdessen von ius sacrorum, oder, was als üblich anzusehen ist, von den einzelnen Disziplinen, etwa ius augurale oder pontificum.“ Man könnte dementsprechend hier von augural- bzw. Pontifikalrecht sprechen, da aber auch noch weiteres umfasst sein soll, wie die rolle der virgines vestae, der haruspices und anderes, soll diese sphäre einer „iurisprudence sacrée“ bzw. eines „droit sacré public“ (scheid

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akteure religiöse Ämter innehaben und sich auf vorschriften aus diesem Bereich beziehen; normen, die auf religiöse Werte und vorstellungen rekurrieren und dabei das öffentlich-politische wie auch das private oder inner-priesterliche leben mitbestimmen, sollen im Folgenden unter dem Begriff „sakralrecht“ subsumiert werden. Damit werden zwei aspekte umfasst, die in rom getrennt waren: omnis populi Romani religio in sacra et in auspicia divisa est – sacris pontifices … auspiciis augures praesunt heißt es bei cicero;378 dem wird hier insofern gefolgt, als die regelkonflikte getrennt nach augures und pontifices untersucht werden, beide jeweils zunächst mit einem chronologischen Durchgang und danach einer systematischen Betrachtung, bevor am Ende der charakter des sakralrechts allgemein aus einer regelorientierten Perspektive beleuchtet wird. 5.2 rElIGIÖsE sPEzIalIstEn In rOM Untersucht werden in den folgenden Punkten die pontifices und augures, welche zusammen mit den Quindecemviri sacris faciundis und den epulones die vier großen Priesterschaften bilden, die quattuor amplissima collegia, sowie die flamines, welche neben dem herausgehobenen pontifex maximus und dem rex sacrorum die wichtigsten Einzelpriester waren.379 Während man auf einer theoretischen Ebene 2005b, s. 279 bzw. s. 280) weiterhin als sakralrecht bezeichnet werden. – andere Untersuchungen mögen eine ähnliche Begrifflichkeit verwenden, so beschäftigt sich Düll 1972 in seinen „rechtsproblemen im Bereich des römischen sakralrechts“ mit der Freilassung von tempelsklaven und „tempelverfassungen,“ die u. a. für das Wirtschaften festlegten, wann Einkünfte des tempels res sacrae und wann res profanae waren; solches ist hier nicht gemeint, wenn von sakralrecht gesprochen wird. 378 cic. nat. deor. 3,5, vgl. auch die Gegenüberstellung „cur sacris pontifices, cur auspiciis augures praesunt“ in nat. deor. 1,122. auf diese trennung hat besonders linderski 1971, s. 446 f. und 1986, s. 2147 ff. immer wieder hingewiesen. 379 Grundlegend für die Priesterschaften und die religion in rom sind Georg Wissowa, religion und Kultus der römer 1902, und dann Kurt latte, religion der römer 1960. neuere Forschungen finden sich in north 1989 (cah2), Beard 1990, Beard/north/Price 1998 (siehe dazu auch Bendlin 2001), scheid 2001, rüpke 2001 sowie im companion to roman religion (rüpke 2007a). Für die „Mitglieder der Priesterschaften und das sakrale Funktionspersonal“ siehe die „Fasti sacerdotum“ von rüpke 2005 sowie sein „biographisches lexikon“ 2007b. zu den aufgaben und Bestellungen der Priester allgemein vgl. latte 1960, bes. s. 195 ff. und s. 394–411, szemler 1971, s. 103–115 und rüpke 2001, s. 208–226. vgl. darüber hinaus zum flamen Dialis vanggaard 1988 und simón 1996, zum auguralrecht neben den arbeiten von valeton 1889 f., 1891a, 1891b, 1892 ff. dann catalano 1960 und vor allem linderski 1986, zu den Priesterinnen der vesta Wildfang 2006 sowie zur rolle des pontifex maximus, der weder imperium auspiciumque noch eine potestas anderen Beamten gegenüber hatte und in seinem Kollegium zunächst der vornehmste unter Gleichen war, bes. Bleicken 1957a und latte 1960, s. 195 f., s. 402. taylor 1949, s. 91 stellt auf den rang in der römischen Gesellschaft ab und bezeichnet den Pontifex maximus sogar als „prince of the state,“ dem nur noch der princeps senatus im rang gleich gekommen wäre. von einem „haupt der ganzen römischen Priesterschaft“ zu reden (so Madvig 1882, s. 601) ist aber missverständlich, da so frühere Entwicklungsstufen sowohl im verhältnis der pontifices untereinander als auch vor allem in relation zu den (dem gleichem Kollegium angehörenden) rex sacrorum und flamen Dialis ebenso ausgeblendet wer-

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eine trennung zwischen dem, was wir politisch oder sakral nennen, in den Quellen finden kann,380 ist an dieser stelle eher auf die schnitt- oder nahtstellen zwischen politischen amsträgern und religiösen spezialisten in rom hinzuweisen. zum einen wurden alle offiziellen (wie auch wichtigen „privaten“) handlungen immer auspicato durchgeführt, die Magistrate selbst, zuweilen assistiert z. B. von den auguren, handelten also sowohl in einer religiösen als auch in einer politischen sphäre. zum anderen rekrutierten sich die jeweiligen amtsinhaber aus genau der gleichen schicht, wurden „weltliche“ und religiöse Ämter häufig in Personalunion ausgeübt.381 Die Doppelfunktion römischer nobiles führt dabei mitunter zu Problemen. zunächst ist an allerlei spezialvorschriften zu denken, die besonders für den flamen Dialis oder den rex sacrorum die ausübung einer Magistratur schwierig machten. neben Kleider- und Essensvorschriften durfte beispielsweise der flamen Dialis kein Pferd besteigen, nicht schwören, nicht länger als drei nächte außer haus schlafen, rom nicht verlassen und vor allem kein heer sehen. verschiedene verstöße führten (wie auch der tod seiner Frau, der flaminica) zum rücktritt vom

den wie mögliche Pattsituationen zwischen einem Pontifex maximus und z. B. einem augur wie 63, dazu mehr unter 5.4. 380 vgl. nur cic. att. 4,2,4: religionis iudices pontifices fuisse, legis se senatum (dazu später mehr), sowie Bleickens ausführungen über die ursprüngliche Kooptation statt Wahl bei den Priesterschaften (1957b, s. 465 f.). 381 vgl. Bleicken 1957b, s. 446, sowie bes. szemler 1972 und dann szemler 1986, s. 2316, der für die Identität zwischen „religious establishment“ und „political establishment“ darauf hinweist, dass nach ti. coruncanius kein anderer homo novus pontifex maximus wurde und die einzigen beiden homines novi unter den auguren c. Marius und M. tullius cicero waren. vgl. auch s. 2326 ff. für statistische Untersuchungen, die ergeben, dass (von der republik bis ins Kaiserreich) umgekehrt um die 80 % der bekannten Priester auch das Konsulat oder zumindest die Prätur bekleideten. so ist für szemler auch, s. 2324, die these einer Dichotomie zwischen magistratischer und priesterlicher aktivität bloße theorie. siehe Brennan 2004, s. 34 für die Kombination von pontifex maximus, censor und princeps senatus von M. aemilius lepidus 179. Für die späte republik stellt rüpke 2005a, s. 1578 darüber hinaus noch die klare Erwartungshaltung von söhnen von Priestern heraus, nach dem tod ihres vaters dessen Position zu übernehmen, eine Praxis, die schließlich in einen senatsbeschluss über die Erblichkeit von caesars Position des Pontifex maximus mündete (cass. Dio 44,5,3). sicher ist generell richtig, dass Priesterschaften sowohl Folge als auch voraussetzung einer Karriere sein konnten, wie szemler 1971, s. 118 schreibt, der sich dafür allerdings auf Münzer 1920, s. 2 beruft, wo Priesterschaften Folge und voraussetzungen von Parteizugehörigkeit und nicht (gleich) von Karriere sind. siehe auch lippold 1963, s. 306, der ausführt, dass die verkettung zwischen staatlichem und religiösem Bereich viel tiefer reiche, als es das Phänomen der Personalunion von Priestertum und Magistratur vermuten lasse, allein schon, weil (wie oben erwähnt) jede wichtige handlung (u. a. liv. 1,36,6) auspicato vorzunehmen gewesen sei; vgl. dafür zuletzt die Übersicht der aufgaben von Magistraten, Promagistraten und senatoren im Bereich einer religion public (zur zeit von republik und Kaiserzeit) von scheid 2007, der u. a. von den Magistraten mit imperium als den „vrais célébrants du culte“ spricht (s. 142), den Priesterschaften („prêtres“) umgekehrt die Kompetenz einer „jurisprudence en droit sacré“ zuspricht. zurecht tauchen daher die Priesterschaften neben Magistratur, senat und volksversammlung in den jüngeren Überblicken zu einer römischen verfassung bei Brennan 2004 und north 2006 auf.

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amt.382 hinzu kommen aber auch intra-rollenkonflikte, da die Interessen der Priesterschaften nicht mit denen „der Politik“ identisch sein mussten.383 aufgabe der Priesterschaften war vor allem die Entscheidung über die Einhaltung religiös-politischer spielregeln und damit verbunden die Divination, das Erkunden des Willens der Götter.384 Eine solche Kontrollfunktion jeder Entscheidung und politischen handlung konnte je nach sichtweise (und zeit) als sicherheitsventil, welches die Gemeinde vor schaden durch unüberlegtes handeln bewahrte, oder als Möglichkeit zur politischen Intrige gesehen werden. auf Grund allerdings der fast „Empirie-freien“ Divination auf der einen seite, bei der die Beobachtung, annahme und Interpretation der zeichen im Ermessen des handelnden lagen, und der starken politischen Konsequenzen auf der anderen seite, ist an dieser stelle in der älteren Forschung häufig, aber zu Unrecht, von einem inhaltsleeren Machtpotential der Elite, die bloß noch das volk zu disziplinieren sucht, und (zumindest für die späte republik) von einem verfall der römischen religion die rede. Dabei sollten die von den römern offensichtlich akzeptierten Praktiken der Divination nicht in erster linie als abweichung oder Degeneration einer (meist christlich geprägten) norm(al)vorstellung von „gutem“ religiösem verhalten angesehen werden, sondern vielmehr als solche erklärt werden, was dazu führt, in den riten eine stärkung 382 vgl. auch für weitere Einschränkungen des flamen Dialis (und auch seiner Frau) die ausführliche liste von aulus Gellius (10,15), siehe zu diesen tabus besonders die ausführungen von simón s. 77–139. nach liv. 5,52,13 darf der flamen Dialis dazu keine einzige nacht außerhalb von rom verbringen, das wird vor allem später in den hier untersuchten Konflikten relevant. so schwierig die ausübung eines amtes damit generell sein mag, so wird doch eine Wählbarkeit nirgends explizit untersagt, wie es die in diesem Punkt diskutierten Fälle ja auch zeigen; von einer Karriere-sackgasse kann also nicht die rede sein, vgl. vanggaard 1988, s. 12, s. 62 und s. 79–84, anders mag dies aussehen für den rex sacrorum. Unsicher ist weiter, ob sich alle diese Beschränkungen auch auf die anderen flamines (Martialis und Quirinalis) beziehen, für das verbot, rom zu verlassen, wird dies später verneint. Die Einschränkungen des flamen Dialis sind nach latte 1960, s. 402 f. keine erstarrten reste eines früheren, normalen lebenszustandes (wie umgekehrt verschiedene Kleidungs-, Ehe-, oder speisevorschriften, s. 202 f.), sondern kennzeichnen ihn als träger magischer Kräfte, die besonderen schutz bedürfen; vgl. auch Bleicken 1957b, s. 446–450. linke 2009, s. 349 f. anm. 48 dagegen betont die verbindung dieser vorschriften mit der archaischen Form des Jupiterkults, der eher auf Fruchtbarkeit als auf politische Funktionen ausgerichtet war. nach Wissowa 1883, I s. 668 musste der flamen Dialis darüber hinaus schon bei der Ernennung eine Person sui iuris sein, durfte eine patria potestas über ihn nicht mehr ausgeübt werden durfte. Generell stehen Beschränkungen für Priester aber auch Privilegien gegenüber, wie z. B. die Befreiung vom Militärdienst (vgl. dazu latte 1960, s. 394) oder die Befreiung von abgaben (zumindest bis 196, vgl. dazu rüpke 2005a, s. 1626 f.). 383 Ein Beispiel für einen abstrakten rollenkonflikt bietet linderski 1986, s. 2153, wenn er ausführt, dass die aufgabe der auguren darin bestand, die disciplina zu bewahren und damit genau die veränderungen zu verhindern, welche die gleichen Personen als Politiker und staatsmänner vornahmen. Ein individuelles Beispiel könnte scipio africanus sein, der 191 den vormarsch seines heeres unterbricht, um als angehöriger der Priesterschaft der salier in rom an Opfern teilzunehmen, vgl. Polyb. 21,13,7–14; liv. 37,33,6. 384 vgl. nur rüpke 2001, s. 213; für eine soziologische Übersicht der Funktionen siehe auch szemler 1986, s. 2318. latte 1960, s. 197 nennt die Mitglieder der Priesterschaften „Gutachter in allen angelegenheiten des sakralwesens.“

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des Gemeinschaftsgefühls und in der Divination eine institutionalisierte Möglichkeit von Widersprüchen gegen Entscheidungen zu sehen.385 Dass nicht das innere Gefühl oder das Denken, sondern allein die handlung Grundlage des römischen Kultes war, wird von Quellen stark betont, welche die Größe roms ja gerade in diesem Einklang mit der pax deorum sahen.386 ausübung von Kult, Opfer und auch das Erkunden des göttlichen Willens sind dabei vor allem eins: streng formalisiert, ein Fehler im ablauf zwang zur Wiederholung.387 John Scheid hat für die römische religion den schönen Begriff einer „Orthopraxie“ geprägt.388 Eine solche Disposition hat allerdings auch Konsequenzen. auf der einen 385 Funktion einer solchen Divination war also nicht in erster linie das treffen einer mehr oder weniger zufälligen Entscheidung, sondern viel eher die stärkung eines Gemeinschaftsgefühls (vgl. z. B. liebesschütz 1979, bes. s. 9 f. und s. 29) und spezifisch für rom eine Machtverteilung und ein treffen von Entscheidungen durch alle Gruppen, vgl. dazu bes. north 1990b, s. 62–71. In diese richtung geht auch rüpke 2005a, bes. s. 1448–1456, der ausführt, dass durch die im Divinationsverfahren enthaltenen Möglichkeiten, einen Widerspruch auszudrücken („Widerspruchsschleife“), der Entscheidungsprozess auf Konsens ausgerichtet wurde, siehe dazu mehr unter 7.4. anders z. B. noch taylor 1949, die in ihrem Kapitel mit dem sprechenden titel „Manipulating the state religion“ (s. 76–97) grob gesprochen die römische religion entweder mit rekurs auf die berühmte Passage Polyb. 6,56 als herrschaftsmittel der Elite gegenüber dem volk oder aber mit Bezug auf die späte republik als Manipulationsmittel für Kämpfe innerhalb der Elite sieht. Ohne die vielen Manipulation hier abstreiten zu wollen, verkennt dies die auch stabilisierende Wirkung der römischer religion und des römischen sakralrechts, vgl. die weitere argumentation im text. 386 Für die Größe roms durch die besondere verbindung zu und den respekt vor den Göttern: cic. nat. deor. 2,8; 3,5; har. resp. 19; für die genaue Beachtung der Gebote: val. Max. 1,1,8; umgekehrt für den verlust einer göttlichen Ordnung: sall. cat. 12,3 oder die aufforderung, zu Bräuchen und Ehrfurcht zurückzukehren beispielsweise liv. 5,16,12. vgl. dazu scheid 1981, s. 117 f., s. 167 f.: „la vérité théologique […] sʼappuyait sur des intérêts matériels contingents“ sowie linke 2000, s. 276 und s. 289: „In der akzeptanz dieser verbindung von exaktem ablauf und Wirkung liegt das Glaubenspotential der römischen religion.“ 387 vgl. latte 1960, s. 205 ff. für eine kasuistische ausdifferenzierung von Ämtern, Kalender, Gebetsformeln, Opfervorschriften sowie insgesamt rigorosen Formalismus statt „echter schöpferischer Kraft,“ der weiter ausführt: Die „Beziehung zu den unsichtbaren Mächten wird durch ein netz von Einzelvorschriften geregelt, die verraten, daß ein spontanes Bedürfnis für unmittelbare Beziehungen nicht bestand. Es entwickelte sich eine technik des verhaltens zu den Göttern, die in immer neuen variationen die alten riten wiederholt. Es geht nicht darum, sich den Göttern zu nähern, sondern ihnen ihr recht werden zu lassen, ihnen zu geben, was ihnen gebührt.“ (s. 211 f.). Während die Beschreibung der Kasuistik von latte zutrifft, ist die negative Konnotation ein gutes Beispiel der zu kritischen, älteren Forschung. north 1976, s. 10 f. und anm. 25 hat ausgeführt, dass bei latte christliche vorurteile vorherrschen, gegen den (an die rabbiner erinnernden) legalismus und gegen die (einer christlichen Idee von Wahrheit zuwider laufende) Innovationskraft bei den römern. Für den besonderen Formalismus der römer (im Unterschied zu „asiatischem Gepränge“ und „finstere[r] askese […] bei Egyptern oder Juden“) siehe schon Madvig 1882, s. 595. 388 scheid 1989, s. 129: „ce nʼest pas une foi qui était prescrite, mais un calendrier festif et un corpus de rites complexes et obligatoires: la religion romaine était une orthopraxie, et non une orthodoxie.“ Ähnlich prägnant ist der titel seiner studie über die Opferriten der römer: Quand faire, cʼest croire (scheid 2005a, umgekehrt lautet der titel von linder/scheid 1983: Quand croire, cʼest faire; siehe für Einbettung des ersten in den Forschungsdiskurs ando 2009). Für einen solchen vorrang der riten vor dem persönlichen Glauben vgl. auch scheid 2005b,

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seite bekommt das verhältnis zwischen Menschen und Göttern einen partnerschaftlichen charakter, wobei die Erwartungen, nach einem korrekten vollzug der riten das göttliche Wohlwollen auch zu bekommen, fast einem „do-ut-des“-Prinzip des zivilrechts entsprechen.389 Die Erwartung, das schicksal damit letztlich selbst steuern zu können, ist vielleicht mit ein Grund für die ausdauer und siegesgewissheit der römer selbst nach schlimmsten niederlagen; die Formen von gemeinschaftlichen ritualen und Festen sind jedenfalls ein wesentlicher stabilisierender Faktor des Gemeinwesens. auf der anderen seite wurde Devianz durch solche vorstellungen erschwert, da generell jeder römer Interesse daran haben musste, dass auch alle anderen sich „richtig“ verhielten und die pax deorum nicht störten.390 Dies mag auch erklären, warum in der späten republik ciceros Gegner aus seiner sicht nicht nur gegen die Interessen der res publica, sondern damit, gleichsam automatisch, auch gegen den Willen der Götter handelten, wobei die andere seite dies völlig anders sah, ja anders sehen musste.391 Dennoch sind veränderungen und abweichungen nie unmöglich, auch nicht in rom. Das sakralrecht war nach Rüpke sogar gerade ein Medium für (religiöse) Innovation, durch Devianz, konstruktive anpassung und Gesetzgebung war es trotz der starren rituellen vorschriften keine ahistorische Größe – dies wird später beim Umgang mit den regelkonflikten bestätigt werden.392 häufig werden in diesem zusammenhang die mysteriösen sibyllinischen Bücher genannt, welche von den decemviri nach Prodigien wie Blitzschlag,

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s. 278 f., wo es u. a. heißt: „les dieux regardaient les actes cultuels […], ils ne sondaient pas les cœurs. […] lorsquʼon fait le bilan de tout cela, on constate que dieux et magistrats ne sont censés sʼintéresser quʼà la règle“ (s. 278). siehe ebenfalls das vorwort zur zweiten auflage der „religion et piété,“ in dem scheid (2001, s. 17) rückblickend festhält „je conclus que cʼétait le culte collectif, notamment le culte public, et, dans celui-ci, la règle rituelle, qui constituaient lʼessence même de la religion romaine.“ auch wenn dadurch kein vertrag konstitutiert wird, wie u. a. linke 2000, s. 276 anmerkt, bleibt die Erwartungshaltung vergleichbar. linke selber (s. 288) weist auf die Interpretation der niederlage von cannae hin, als einem unrechtmäßigen Willkürakt der Götter nach den vielen (korrekten) riten auf Grund der niederlage ein Jahr zuvor. auch north 1976, s. 6 spricht immerhin von rechtlichen verhandlungen (legal business) mit den Göttern, obwohl er 1989, s. 593 die Götter nicht „under obligation,“ sondern allenfalls in einem reziprozitätsverhältnis sieht. Ähnlich scheid 1996, s. 655, der von Partnerschaft spricht bzw. 2005a, s. 275 ausführt, dass durch alle rituale eine hierarchie zwischen Göttern und Menschen geschaffen wurde „au cours dʼun partage alimentaire dont les hommes prennent lʼinitiative.“ stark zugespitzt liest man bei szemler 1971, s. 124 von „exercising force upon the divinity to assist and cooperate with the individual or community in return for some already justified or promised compensation.“ hier setzt im Kern die Erklärung der harten reaktion auf die Bacchanalien von linke 2000, bes. s. 286 ff. an, dem zufolge in der (kultischen) Organisation eines teilbereiches der Gesellschaft eine Bedrohung für das Gemeinwesen gesehen wurde; ähnlich verstehe ich auch scheid 1981, s. 158 f. Dabei ist, modern gesprochen, eine persönliche religionsfreiheit durchaus gewährleistet und toleriert worden, solange eben nicht die öffentliche Ordnung dadurch bedroht schien, vgl. dazu die Bemerkungen von scheid 1996. vgl. die Bemerkungen von Beard/crawford 1999, s. 32 f.; siehe z. B. taylor 1949, s. 87–90 für die „rivalry in piety between cicero and clodius“ (s. 89) und nippel 1988, s. 122 für den auch sakralrechtlichen Konflikt um ciceros haus bzw. Grundstück. rüpke 2005a, s. 1584 f. zuletzt hat linke 2009, bes. s. 345–347 unter rückgriff auf studien der religionssoziologie und -ethnologie auf den ambivalenten aspekt von religion hingewie-

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steinregen, Missgeburten und anderen „anormalen“ vorkommnissen konsultiert werden konnten und dann ratschläge enthielten.393 zentral ist dabei immer die rolle des senats. Er musste z. B. die eben genannten Prodigien erst einmal zulassen, konnte dann Priesterschaften mit der Deutung beauftragen, die Deutung selber wiederum ignorieren oder modifizieren. hier, wie überall, bedurfte es der Übertragung religiös-sakraler sprüche und Gutachten in die sphäre des Politischen – ohne dass zwei solche sphären in rom wirklich unverwoben existiert hätten.394 aber die Priester in rom waren vor allem spezialisten. sie deuteten den Willen der Götter, waren aber nicht deren sprachrohre; umgekehrt gesprochen waren sie eine Kontrollinstanz für spontan aufkommende Prophezeiungen oder vorzeichen.395 sie sorgten sich zwar um ein gutes verhältnis zwischen der Gemeinschaft und den Göttern, hatten aber keine direkten politischen handlungssen, nämlich auf die stabilisierung von gesellschaftlicher realität, speziell von herrschaft, einerseits und auf das Potential von neujustierungen und veränderungen andererseits. 393 siehe für solche Prodigien (und die Möglichkeit, durch deren Meldung und „Beantwortung“ zwischen rom und anderen Bürgern zu kommunizieren) rosenberger 1998 sowie 2007, bes. 295–298; vgl. für eine Übersicht auch den ersten, deskriptiven teil der studie von Günther 1964. Für die sibyllinischen Bücher als Möglichkeit für Flexibilität und Innovation vgl. linke 2000, s. 278 sowie schon north 1976, s. 9 – zumal nicht sätze, sondern eher Buchstabenkombinationen darin gefunden wurden, aus denen dann eine Prophezeiung erstellt wurde, siehe dazu scheid 1996, s. 655. siehe weiter linderski 1993, s. 613 f. für den wichtigen Unterschied zwischen einem auspicium oblativum, was sich auf eine konkrete, gerade vorgenommene handlung bezieht und wozu die auguren befragt werden, und einem prodigium, was auf den zustand der res publica allgemein und meist auf einen Fehler in der vergangenheit deutet, womit die auguren aber nie befasst werden; das Problem ist, dass ein zeichen gleichzeitig auspicium oblativum und prodigium sein konnte. 394 nach north 1989, s. 590 sind „religion and politics interlocked;“ vgl. ebenso 1990a, s. 527 f., dazu später mehr unter 7.2. – Für die Kompetenz des senats bei Prodigien siehe rosenberger 1998, s. 242 oder 2007, s. 293. Bei Kolb 1995, s. 213 findet sich der hinweis, dass patrizische landeigentümer, die sich gegen eine Enteignung für den Bau der aqua Marcia wehren wollten, in den sibyllinischen Büchern ein verbot von Wasser fanden, sich aber dennoch auch mit diesem argument nicht durchsetzen konnten. Einen interessanten aspekt betont Beard 1990, s. 32 f., die ausführt, dass senatssitzungen niemals auf Grund religiöser Gründe oder böser omen behindert worden wären, dies auch nicht denkbar gewesen sei, da der senat als Institution mit der zuständigkeit für eine Kommunikation zwischen Göttern und Gemeinschaft keine „schlechte“ Beziehung zu den Göttern hätte haben können. siehe allgemein heuss 1978, s. 81 f. für die Führungsrolle des staates bei der handhabung des sacrum und bes. scheid 2005b s. 274–277 für die Kontrolle der senatoren über die römische religion durch die vielfachen und von ihnen (bloß) als senator durchzuführenden riten: „presque toute la vie religieuse était célébrée et contrôlée par les sénateurs“ (s. 277). Komplementär hat rüpke 2005b, s. 292 darauf hingewiesen, dass die sichtbarkeit der priesterlichen Würde in einem umgekehrt proportionalen verhältnis zur Wahrscheinlichkeit stehe, zugleich eine hohe magistratische Position innezuhaben, was besonders für den flamen Dialis gelte; umgekehrt werden Priester nach rüpke (s. 290) in rom „in erster linie – und zumeist ausschließlich – als Magistrat oder Exmagistrat, sprich: senator“ wahrgenommen. 395 vgl. Bettini 2008, s. 362, der im Kontext des schillernden charakters von fari zwischen „unreliable hearsay“ und „divine speech“ weiter ausführt: „to such independent sources of divine insight, the state opposed the centrally controlled divinatory activities of the various priestly collegia.“

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möglichkeiten. auch Gutachten von augures und pontifices wurden zunächst von dem senat eingeholt und konnten danach bestätigt, modifiziert oder verworfen werden.396 auch wenn dieses teilweise durch die gleichen Personen geschah, wird die rechtliche trennung deutlich; so beschreibt cicero eine senatssitzung, in der diejenigen Mitglieder, die auch pontifices waren, nach ihren Gründen befragt werden, worauf M. lucullus antwortete: religionis iudices pontifices fuisse, legis se senatum; se et collegas suos de religione statuisse, in senatu de lege statuos cum senatu.397 Ein verstoß gegen sakrale vorschriften allein bedeutete noch keine (gleichsam automatische) Ungültigkeit. so blieb nach varro an einem tag, der nefas war, ein vom Prätor freigelassener sklave frei und ein gewählter Magistrat trotz eines schlechten omen (zunächst) im amt.398 zieht man aber die eingangs erwähnte soziale herkunft der Priester bzw. meistens sogar die Personalunion in Betracht (in dem sinne, dass fast alle religiösen spezialisten in rom zumindest auch senatoren waren), wird ihr großer indirekter Einfluss deutlich.399 hinzu kommen Entschei396 vgl. Mommsen str II, s. 18 f.: „sind (…) die Priester als solche ohne formelle Gewalt und ohne rechtliche stellung; sie sind zwar angewiesen, das Wohl der Gemeinde wie des einzelnen durch rathschlag und Warnung nach vermögen zu fördern, aber sie haben keine Gewalt, ihren spruch zur Geltung zu bringen.“ Gegen ein handeln „im namen der Gottheit“ siehe auch szemler 1971, s. 119 f., der allerdings ein decretum von auguren oder Pontifices als entscheidend ansieht, das Folgende s. c. nur als technische angelegenheit. Dagegen steht allerdings die mehr als häufige Übernahme der Gutachten, vgl. weiter im text sowie nippel 1988, s. 122: „für die Behörden war mit einem von den sachverständigen offiziell konstatierten sakrileg – was auch immer der einzelne senator davon halten mochte – nicht zu spaßen.“ Wie auch immer man dies politisch einschätzt, entscheidend ist doch, dass über die stellungnahmen der religiösen Experten immer am Ende der senat entschied, vgl. nur Beard 1990, s. 30 ff. oder north 1990b, s. 52, sowie ebenfalls weiter im text. Ein solcher senatsvorbehalt führt im Übrigen dazu, dass 172, als nach einem Gewitter mit Blitzschlag die Decemvirn einen Bittgang empfehlen, die haruspices aber Positives aus dem Unwetter herauslesen (liv. 42,20,1–4), kein Konflikt oder gar regelkonflikt entstehen kann, da beide ansichten sowieso vor einer „akzeptanz“ im senat diskutiert werden müssen. Erwähnenswert sind auch die aufforderungen des senats, solange zu opfern, bis günstige vorzeichen festgestellt werden könne, vgl. liv. 41,14,7; 41,15,4 oder das lob von cicero (cato 11) für Q. Fabius Maximus, der als augur gesagt haben soll: optumis auspiciis ea geri quae pro rei publicae salute gererentur; quae contra rem publicam ferrentur, contra auspicia ferri. auch an Marcellus in der sänfte ist zu denken (cic. div. 2,77), hier wird die Kommunikation mit den Göttern aktiv gestaltet bzw. eben verhindert. Für den durchaus pragmatischen Umgang der römer mit vorzeichen vgl. auch rosenberger 1998, s. 74–77. 397 cic. att. 4,2,4: „die Pontifices hätten über die religiöse seite der Frage zu befinden gehabt, die juristische sei sache des senats; er und seine Kollegen hätten über die religiöse seite entschieden, über die juristische würden sie als senatoren im senat mitentscheiden.“ 398 varro ling. 6,30: Quod si tum imprudens id verbum emisit ac quem manumisit, ille nihilo minus est liber, sed vitio, ut magistratus vitio creatus nihilo setius magistratus. Konsequenz für den Prätor war eine Entsühnung, so er nicht absichtlich gegen die vorschriften verstoßen hatte; Konsequenz für den Magistrat war der rücktritt, aber bloß um einer möglichen, nachträglichen Ungültigkeit seines amtes zuvorzukommen, vgl. dazu weiter im text. nach Mommsen str III, s. 364 gilt hier „der logisch unhaltbare, praktische unentbehrliche satz, dass auch der fehlerhafte volksschluss ein volksschluss ist.“ 399 zu denken ist an die oben zitierte stelle cic. att. 4,2,4. Dabei ist häufig ist in diesem zusam-

5.2 religiöse spezialisten in rom

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dungen, die direkte politische Konsequenzen hatten, zu denken ist an die verfügung der pontifices über den Kalender.400 so ist bei den Priesterschaften ein großes Potential für Macht und Prestige i. s. von dignitas zu erkennen, zumal diese Ämter – im Gegensatz zu den Magistraturen – auf lebenszeit vergeben wurden, und die Priester als gefragte spezialisten unter den senatoren eine herausgehobene rolle einnahmen.401 Während zunächst nur Patrizier die religiösen Ämter übernahmen und die Ergänzung der Kollegien durch Kooptation stattfand, waren seit der lex Ogulnia 300 auch Plebejer zugelassen und findet die Ergänzung seit der lex Domitia 104 durch eine besondere Wahl mit 17 tribus statt; der Pontifex maximus wurde bereits seit Mitte oder Ende des dritten Jahrhundert so gewählt.402 Während sulla für die anderen pontifices dann zunächst wieder die Kooptation einführte, wurde 63 von caesars Gefolgsman t. labienus erneut die Wahl durchgesetzt.403 vielleicht ab

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menhang von den Priestern als ständiger senatskommission zu lesen, was auf Mommsen zurückgeht, aber bes. von szemler (u. a. 1971, s. 106) als „permanent committee“ popularisiert wurde (vgl. ebenfalls taylor 1949, s. 90: „standing committees;“ leicht anders north 2006, s. 272: „constitutional advisory commitee“), siehe dazu rüpke 2005a, s. 1446, der zu recht auf die risiken hinweist, mit diesem Begriff eventuelle Intrarollenkonflikte zu überdecken (dazu unten im text) oder aufträge für ein Gutachten mit der Kompetenz, solche zu erstellen, zu verwechseln. nicht passend ist dagegen an dieser stelle rüpkes Einwand mit den (vorhandenen) Unterschieden zwischen Magistratur und Priesterschaft, da die Punkte volkswahl und annuität auch auf senatoren nicht zutreffen, vgl. dazu weiter im text. – Interessant ist, dass die Priesterschaften bei sallusts aufzählung von Machtressourcen nicht auftauchen, so zutreffend Drummond 2008, s. 378 anm. 51 mit verweis auf cat. 39,2 und (m. E. noch besser) Iug. 41,7. vgl. latte 1960, s. 400 f.; siehe zu dieser thematik rüpke 2001, s. 183–197; 2006b, s. 44–56 sowie ausführlich 1995a, bes. Kap. 8. Mommsen str II, s. 19 spricht mit Bezug auf die normalen Magistraturen und die lebenslangen Priesterämter von einem „diametralen Gegensatz,“ was nicht falsch ist, aber doch nicht berücksichtigt, dass alle (einjährigen) Magistrate natürlich gleichzeitig (lebenslange) senatoren waren. Festzuhalten ist aber, dass religiöse Ämter niemals eine rechtliche Qualifikation für eine Magistratur und damit teil des cursus honorum waren; sie wurden auch epigraphisch gesondert erinnert. Eine ausnahme bei den religiösen Ämtern bilden die virgines vestae, welche nach 30 Jahren Dienst ausscheiden konnten; nach Formfehlern konnten flamines zum rücktritt gezwungen werden, vgl. dazu weiter im text. Für die lex Domitia siehe bes. rüpke 2005a, s. 1636–1639; für das Wahlverfahren des Pontifex maximus: cic. leg. agr. 2,17–19; überliefert ist erst die Wahl von P. licinius crassus 212, siehe hierzu rüpke 2005a, s. 1623 f., der überzeugend für dieses Wahlverfahren nach dem Erreichen der 35 tribus (241) eintritt, anders latte 1960, s. 394 ff., der die Einführung der Wahl zwischen 292 und 216 offen lässt, sowie szemler 1972, s. 78, der bereits ti. coruncanius um 254 so gewählt wissen will. Grund für die Wahl mit nur 17 tribus, die darüber hinaus durch nomination und renuntation mit dem system der Kooptation verbunden wurde, ist nach Bleicken 1957b, s. 465 das vermeiden einer politischen Entscheidung der volkes. Für eine Einschränkung der „Wahlfreiheit“ des Pontifex maximus beim „Ergreifen“ der virgines vestales durch die lex Papia von 65 siehe rüpke 2005a, s. 1579–1584. Für den Unterschied zwischen der captio des Pontifex maximus hier und dem zweistufigen verfahren von Ernennung (auswahl) und Inauguration bei dem rex sacrorum oder dem flamen Dialis siehe Brassloff 1913 sowie in jüngerer zeit liou-Gille 1999, s. 446–452. liv. per. 89; cass. Dio 37,37,1; vgl. auch szemler 1971, s. 115. siehe für die tribunizische Gesetzgebung 63 generell Drummond 1999, der an dieser stelle labienus eine eigenständige Position und rolle zuspricht und das Gesetz über den zugang zu den pontifices zumindest auch

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104 (oder 63) galt auch, dass nur ein Familienmitglied zur gleichen zeit einem Kollegium angehören konnte.404 zulassungsregeln zu den Priesterschaften und verhinderung der vorherrschaft einzelner Geschlechter sind Indikatoren für eine politische auseinandersetzung, wer Priester werden und was dieser als solcher dann später bewirken durfte.405 Dass es trotz traditioneller aufgaben und regeln bei der ausübung von Kompetenzen dann auch zu Konflikten kam, überrascht nicht. 5.3 rEGElKOnFlIKtE UnD aUGUrEn 5.3.1 Ein chronologischer Durchgang • 4 44 sollen angeblich die ersten Militärtribune nach drei Monaten zurückgetreten sein, weil sie nach einem Dekret der auguren fehlerhaft gewählt worden waren, da der Wahlleiter c. curtius Philo den Platz nicht richtig ausgewählt hatte.406 als zustimmungsfähig für eine senatorische Elite deutet, die sich bei Wahlen (trotz nötiger vorheriger nominierung) größere chancen als bei reiner Kooptation ausrechnete (s. 165 f.) auch nach Drummond bleiben dabei in der Überlieferung von cassius Dio die politischen und chronologischen zusammenhänge zwischen dem Gesetz von labienus und der Wahl von caesar zum pontifex maximus letztlich unklar (s. 150 f.). 404 Belegt ist dies von cass. Dio 39,17,1 für 57; möglicherweise wurde eine solche regelung 104 durch die lex Domitia eingeführt, dann von sulla wieder aufgehoben und 63 mit der lex Labiena erneut eingeführt, so north 1990a, s. 531 und rüpke 2005a, s. 1636. anders jetzt Drummond 2008, s. 385, der von einem neuen zusatz des labienus bei der Wiedereinführung der Wahl ausgeht (so bereits angedeutet in Drummond 1999, s. 166 anm. 16); gegen die Geltung ab 104 spräche demnach die Mitgliedschaft zweier Cornelii bei den auguren (s. 399), wohingegen später durchaus eine Gruppe von Profiteuren der sullanischen Ordnung in den Kollegien auszumachen sei und eine populare rhetorik gegen den angeblichen Einfluss der pauci sowie auch die lex Papia von 65 gut in den Kontext einer regelung von 63 passten (s. 403 ff.). Diese Frage braucht hier nicht beantwortet zu werden, auch wenn die zugangsregeln eine eigene studie wert wären und vielleicht gerade mit der Unterscheidung von regeln und Prinzipien gut erklärt werden könnten; eine aufteilung wichtiger Positionen – mit z. t. starken „negative powers“ dazu unter 7.2 – auf verschiedenen Familien leuchtet jedenfalls aus sicht der Elite insgesamt ein, so schon north 1990a, s. 534. Für Fälle dann mehrerer Mitglieder einer gens in religiösen Kollegien ab 47 mit caesar und dann später unter augustus siehe Drummond 2008, s. 406 f. 405 Für eine Übersicht aller Gesetze, die in der republik Einrichtung und ausübung der Priesterschaften in rom betreffen, siehe rüpke 2005a, s. 1617–1650. – Unklar bleiben meines Wissens die genauen abstimmungs- bzw. Entscheidungsmodalitäten innerhalb der Kollegien wie z. B. der augures oder der pontifices. taylors these (1949, s. 84, s. 91, vgl. auch für den Fall 59 unter 5.3.2) einer wachsenden Uneinigkeit der auguren auf Grund der eben beschriebenen Wahl anstelle der Kooptation scheint Einstimmigkeit für Entscheidungen oder Gutachten vorauszusetzen. Konfliktfälle zwischen pontifex maximus und pontifices legen dagegen eher eine Entscheidung mit einfacher Mehrheit nahe, vgl. für den Fall 200 5.4.2.a. 406 liv. 4,7,3: augurum decreto perinde ac vitio creati, honore abiere, quod C. Curtius [zum namen siehe Broughton Mrr I, s. 52] qui comitiis eorum praefuerat parum recte tabernaculum cepisset; Dion. hal. ant. 11,61,3–62,1. aulus sempronius atratinus, lucius atilius luscus und titus cloelius siculus treten daraufhin nach drei Monaten (73 tage bei Dionysios) wohl freiwillig, jedenfalls ohne Proteste oder noch einen weiteren Beschluss, zurück.

5.3 regelkonflikte und auguren

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• nichts Genaues erfährt man über die religiösen Bedenken, die 341 zu einem Interregnum führen. Den Konsuln war ein früher rücktritt vom amt nahegelegt worden, um gegen die samniten möglichst schnell neue Oberbefehlshaber wählen zu können, wobei die zurückgesetzten Magistrate dann aus religiösen Gründen nicht selbst die Wahlen abhalten sollten. vermutlich wird dies auch in den Bereich der auguren gefallen sein; ob ein Gutachten vom senat eingeholt wurde oder einzelne senatoren, die gleichzeitig auguren waren, ihre Kollegen überzeugten, kann nicht beantwortet werden.407 • 337 sind es ebenfalls religiöse Bedenken und eine Erklärung der augures (wohl des Kollegiums), es habe einen Formfehler gegeben, woraufhin der gerade ernannte Diktator c. claudius Inregillensis und sein magister equitum c. claudius hortator ihre Ämter niederlegen.408 • 334 werden nur allgemein religiöse Bedenken überliefert, die zum rücktritt des Diktators P. cornelius rufinus und seines magister equitum M. antonius führen.409 • auch 327 kommt es zu einem solchen rücktritt, da es vermutungen eines Formfehlers bei der Ernennung des die Wahl leitenden Diktators M. claudius Marcellus gibt, was die auguren (wohl wieder als Kollegium) bestätigen. trotz der Einwände der volkstribune, die auguren in rom könnten von etwaigen Formfehlern im Feldlager gar nichts wissen (neque augures divinare Romae sedentes potuisse, quid in castris consuli vitii obvenisset), kommt es zu einem Interregnum.410 • 293 werden volkstribune gewählt, die aber als vitio creati zurücktreten, worauf nach fünf tagen neue volkstribune gewählt werden.411 • Ende des dritten Jahrhunderts soll 221 c. Flaminius als magister equitum auf Grund des Fiepsens einer spitzmaus (sorex) zurückgetreten sein.412 • anzuführen ist 202 der rücktritt zweier plebejischer aedile, welche vitio creati zurücktreten.413 • In dieser reihe sind nun auch die im vorherigen Kapitel bereits untersuchten Fälle von Marcellus 215, der nach einem Donner bei seinem amtsantritt zurück-

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liv. 8,3,4. liv. 8,15,6. liv. 8,17,4. liv. 8,23,14–17. liv. 10,47,1; es ist auch die zeit einer großen Pestilenz-Epidemie, in deren verlauf die sibyllinischen Bücher konsultiert und eine Gesandtschaft nach Delphi und dann Epidauros ausgesandt wird, um den schlangengott zu holen, vgl. Ov. Met. 15,626– 696 und Oros. 3,22,5. 412 nach val. Max. 1,1,5 soll Flaminius als magister equitum nach Ernennung durch Fabius Maximus zurückgetreten sein; nach Plut. Marc. 5,4 soll Flaminius von Minucius rufus ernannt worden sein, der ebenfalls zurücktrat. Für die Datierung und eine überzeugende Präferenz, valerius Maximus zu folgen, siehe m. w. v. Beck 2005a, s. 257 f. 413 liv. 30,39,8; siehe für die Dauer der amtszeit von P. aelius tubero und l. laetorius, in der sie vermutlich statt der epulum Iovi im november (so livius) vor ihrem rücktritt nur noch die ceralia ludos im april abhielten, die anmerkung von Broughton Mrr I, s. 318 f.; andere auffassungen in Mrr III, s. 195 f.

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trat, und cato 55, dessen Wahl zum Prätor ebenfalls durch einen Donner verhindert wurde, zu nennen.414 • Dazwischen liegt noch ein rücktritt beider Konsuln 162: P. cornelius scipio nasica und c. Marcius Figulus waren gewählt worden und bereits nach Korsika bzw. Gallien aufgebrochen, als der Wahlleiter ti. sempronius Gracchus sich erinnerte, die auspizen nicht richtig eingeholt zu haben, was zu einem rückruf und dem rücktritt der beiden Konsuln führte.415 • In den Wirren der späten republik sind weitere Fälle von Obnuntiationen anzuführen: 57 werden dadurch die Wahlen verhindert, 54 und 53 die Wahlen lange verschoben, und 44 schließlich will antonius so zunächst Dolabella verhindern.416 5.3.2 systematische Untersuchung so interessant diese Fälle sind, regelkonflikte liegen, streng genommen, nicht vor, zumindest wird einem auguralen Gutachten (fast) immer gefolgt, meist auch ohne Diskussion, was die enorme Geltungskraft solcher Gutachten und argumente zeigt.417 Einzig 327 wird von volkstribunen die Wahrnehmungsmöglichkeit eines 414 liv. 23,31,13; Plut. Marc. 12,1. vgl. die Bemerkungen unter 3.4.2.b bzw. weiter im text. 415 cic. Q. fr. 2,2,1; div. 1,33; nat. deor. 2,11; val. Max. 1,1,3; Plut. Marc. 5,1–3; vgl. dazu Broughton Mrr I, s. 441 f., astin, 1964, s. 434–436, Magdelain 1968, s. 46–48 und linderski 1986, s. 2159 anm. 37 sowie s. 2204; für die unterschiedlichen Berichte von Plutarch und cicero siehe vaahtera 2001, s. 149 ff. Folgt man cicero und valerius, zeigt sich ein fast idealtypischer ablauf: ti. Gracchus erinnert sich später, beim Übertreten des pomerium auf dem Weg zum campus Martius nicht erneut die auspizien eingeholt zu haben, daher scheinen ihm die Konsuln fehlerhaft gewählt, was die auguren bestätigen, woraufhin der senat ihren rücktritt beschließt und die Konsuln zurücktreten. nach Magdelain op. cit. s. 48 wäre eine erneute aufnahme der auszugsauspizien für eine neues imperium (militae) nötig gewesen, da ein solches auf dem Weg zum senat beim Übertreten des pomerium erloschen, umgekehrt aber für das zusammenrufen der comitia centuriata voraussetzung war. In jedem Fall gilt für den weiteren ablauf, in den Worten von cicero (nat. deor. 2,11),: itaque vitio creatos consules esse. augures rem ad senatum; senatus ut abdicarent consules; abdicaverunt. Die sache scheint nach der Erinnerung so klar gewesen zu sein, dass nach linderski 1986, s. 2159 anm. 37 kein decretum der auguren mehr nötig war, sondern es sich um eine bloße nuntatio sacerdotum im senat gehandelt habe, vgl. auch Mommsen str III, s. 958 f. – soweit eine sakralrechtliche Betrachtung, die politische folgt im nächsten Punkt. 416 Für 57: cic. att. 4,3,3 f. für die himmelsbeobachtung und zeichenmeldung von Milo; sest. 79 und 83 für die zeichenmeldung von sestius. Für 54: cic. Q. fr. 3,3,2; att. 4,17,4. Für 53: cass. Dio 40,45. Für 44: cic. Phil. 2,80; gegen den Umgang von antonius mit vorzeichen auch Phil.1,31;3,9;5,8–10. 417 Dieses Muster erscheint auf den ersten Blick so eindeutig, dass man fast von regeln einer höheren Ordnung, im sinne der regelgewichtung aus anm. 79 in 2.3, sprechen will, siehe dazu aber weiter im text, bes. 7.2. – Keine regelkonflikte sind aus dem Kernbereich des ius augurale überliefert, die ausführungen von linderski 1971, s. 449 über eine auspizienkollision zwischen einem träger von auspicia minora der ein auspicium maximum bekommt und einem träger der auspicia maxima, der nur ein schwächeres zeichen bekommt, bleiben theoretischer natur bzw. sind nicht überliefert. Dabei wird dieses Problem noch besonders verschärft, da die

5.3 regelkonflikte und auguren

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Fehlers bestritten und den auguren vorgeworfen, nur einen plebejischen Diktator verhindern zu wollen. Für eine größere politische Kontroverse sprechen die 14 (!) interreges, bevor wieder Konsuln gewählt wurden.418 an der absetzung des Diktators ändert dies aber nichts. Die politischen vorwürfe aus diesem Fall erscheinen in der Forschung eher als konstruierte oder zurück projizierte Präzedenz für den Fall von Marcellus 215: auch dort steht eine Frage nach der Befähigung von Plebejern im raum, hätten doch mit ti. sempronius Gracchus und M. claudius Marcellus, der für den in Gallien verstorbenen consul designatus l. Postumius albinus nachgewählt worden war, zum ersten Mal zwei Plebejer das Konsulat bekleidet.419 Doch beim amtsantritt des Marcellus donnert es, worauf die vocati augures einen Fehler in der Wahl vermuten und (bei livius) die Patrizier der ansicht sind, die Götter wollten keine zwei Plebejer als Konsuln haben. Bei Plutarch (Marc. 12) trauen sich die auguren gar nicht, ihr Gutachten zu verkünden, schließlich war Marcellus ein äußerst beliebter Kandidat, man hatte mit der Wahl extra auf seine rückkehr gewartet und er war ingenti consensu gewählt worden. Insofern man hier also einen vorwand annimmt, handeln die auguren gegen eine Mehrheit in den ersten Wahlklassen und wohl auch im senat.420 als Motivation kommt nur in Frage, dass die Öffnung des Konsulats für zwei Plebejer, wie sie dann 172 geschah, verhindert werden sollte, da dies den Patriziern insgesamt (statistisch) die chancen auf den höchsten honos geschmälert hätte. Dass dagegen Marcellus persönlich getroffen bzw. verhindert werden sollte, halte ich für unwahrscheinlich.421 Es ist dabei natür-

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stärksten zeichen, Blitz und Donner, für volksversammlungen ausschließlich negativ zu werten waren, vgl. cic. div. 2,18,42: Iove tonante fulgurante comitia populi habere nefas est, ganz ähnlich cic. vat. 8,20 und Phil. 5,7. hier wären also viele verhinderungen und damit Konflikte möglich gewesen. liv. 8,23,17; für die dann gewählten c. Poetelius libo visolus und l. Papirius cursor vgl. Broughton Mrr I, s. 146. vgl. nur Broughton Mrr I, s. 253 f. Die Ähnlichkeiten in der Überlieferung für 327 und 215 haben zu zweifeln an der historizität der Episode von 327 geführt, vgl. schon Münzer 1899 (rE 3,2), sp. 2737–2738 und linderski 1986, s. 2172, der von einem „excellent specimen of the augural lore of the annalists“ spricht. anders Jahn 1970, s. 88, der zu recht auf die Unterschiede (Fehler bei Ernennung eines Wahldiktators gegenüber schlechtem omen bei amtsantritt nach der Wahl) hinweist; vgl. Walter 2004b, s. 417 f. für das Problem eines evtl. zu kritischen Umgangs mit vermeintlichen Dubletten. Contra de sanctis 1917 (III,2), s. 248, der schreibt: „la nomina di due consoli plebei trovò opposizione nel senato.“ aus meiner sicht kann bei der Deutung einer verhinderung von zwei Plebejern nur der patrizische teil des senats daran interessiert gewesen sein, der sich hier noch einmal (bis 172) besser chancen auf den maximus honos der republik erhalten kann, vgl. weiter im text sowie die folgende anmerkung. cassolà 1968, s. 316 f. vermutet Gegner des Marcellus im Kollegium der auguren, was möglich ist, aber für eine solche aktion kaum ausreichen dürfte, zumal Marcellus selber ebenfalls augur war. Dass Fabius Maximus, auch augur und dann anstelle von Marcellus zum Konsul gewählt, aus militär-strategischen Gründen ein Konsulat von Marcellus verhindern wollte, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Gegen eine solche Idee von lippold 1963, s. 171 und s. 383, sprechen Marcellus prokonsularisches Imperium im gleichen, dann sein Konsulat (eben zusammen mit Fabius Maximus) im nächsten Jahr sowie seine (evtl.) Ernennung zum magister equitum eben durch Fabius Maximus, siehe dazu Beck 2005a, s. 257 ff. Ob die Bezeichnung der beiden als schwert (Marcellus) und schild (Fabius) von Plutarch (Marc. 9 und Fab. 19) gegen eine

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lich auch nicht auszuschließen, dass es tatsächlich gedonnert hat, was dann, gerade in der angespannten lage 215 und vor allem nach dem Ignorieren der auspizien durch Flaminius, auch nicht zu ignorieren gewesen wäre.422 allerdings hat Linderski auf den (zu) perfekt passenden zeitpunkt des Donners hingewiesen: Wäre dieser während oder vor der Wahl wahrgenommen worden, hätte das vorzeichen der Wahl an diesem tag gegolten, und man hätte diese verschieben müssen, was Marcellus chancen kaum beeinträchtigt hätte. so aber war der Bezug zur Person von Marcellus selbst bzw. zu seiner ersten auspizienaufnahme überhaupt nur allzu deutlich, was doch skepsis an dem naturphänomen erlaubt.423 Umso interessanter ist vielleicht, dass Marcellus in jedem Fall ohne Proteste von seinem amt wieder zurücktrat.424 nicht auszuschließen sind politische Beweggründe auch im Fall von 162. ti. sempronius Gracchus bekommt seine Bedenken als Prokonsul auf sardinien (cic. gute zusammenarbeit der beiden spricht, ist ebenfalls zweifelhaft; siehe dennoch für eine starke rivalität der beiden McDonnell 2006, s. 78–81. Unwahrscheinlich, wenngleich aus sicht von regelkonflikten mit einem Einschärfen von regeln durch einen kalkulierten und dann sanktionierten Bruch am interessantesten, ist die Deutung von scullard 1973, s. 57 f., nach der den Plebejern ihre nur eine Konsulatsstelle deutlich vor augen geführt werden sollte und Marcellus dabei gleichsam mitspielt und dafür später mit dem Konsulat entschädigt bzw. belohnt wird. Für eine Übersicht zu den verschiedenen Interpretationen siehe Beck 2005a, s. 309 f. 422 vgl. Beck 2005a, s. 310; linderski 1986, s. 2171; für wirkliche religiöse Bedenken siehe Müller-seidel 1953, s. 249 mit anm. 27. 423 vgl. linderski 1986, s. 2169 für die these, dass Marcellus gerade versucht, die durch seine renuntatio passiv bekommenen auspizien zu aktivieren. siehe für die generelle rolle solcher „auspices dʼentrée en charge“ auch Magdelain 1968, s. 43; diese besonderen auspizien gelten nach ihm nicht für eine konkrete amtshandlung, sondern die ganzen amtszeit; skeptisch dazu stasse 2005, s. 379 und 383. 424 Der rücktritt erfolgte allerdings nicht ganz allein, sondern nach einem Entscheid der auguren, zu denen Marcellus gehörte und die zunächst dass auspicium oblativum auch feststellen mussten, vgl. dazu Konrad 2004, s. 177. Unklar ist nur, ob der rücktritt dann ohne eine „Übertragung“ des auguralen Entscheids in die politische sphäre erfolgte, oder noch ein senatsbeschluss seine abdikation verlangte; letzteres sieht Müller-seidel 1953, s. 245 durch das „videri“ von „vocati augures vitio creatum videri pronuntiaverunt“ bei liv. 23,31,13 gewährleistet, ähnlich anscheinend rosenberger 2007, s. 299, bei dem zu lesen ist, dass der senat einverstanden war. hinzuweisen ist noch auf den Unterschied zwischen solchen „erzwungenen abdication“ und „directer abrogation“ (Mommsen str I, s. 629). Bei der Bewertung des sofortigen rücktritts von Marcellus dürfen sein prokonsularisches Imperium direkt im anschluss und sein Konsulat im nächsten Jahr in der tat nicht vergessen werden, wobei gerade sein prokonsularisches Imperium eine weitere Besonderheit darstellt, da unklar ist, ob ihm sein prätorisches imperium (von 216) trotz und nach der ungültigen Wahl nun noch vom senat verlängert werden konnte oder er ein neues imperium und damit (so Mommsen str II, s. 658) einen volksbeschluss brauchte; letzteres vertritt überzeugend Feig vishnia 1996, s. 62 f. mit dem rekurs auf die sonst unnötige Beteiligung des volkes in liv. 23,30,19 (M. Marcello pro consule imperium esse populus iussit) und der these, dass solches eigentlich nicht in der Kompetenz einer der verschiedenen versammlungen gelegen habe. – Eine besondere Pointe bleibt, dass der rücktritt nach einem schlechten vorzeichen ausgerechnet bei dem augur optimus Marcellus nötig wurde, der ansonsten (laut cic. div. 2,77) in einer geschlossenen sänfte reiste, um negative vorzeichen gar nicht erst wahrnehmen zu können.

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Q. fr. 2,2,1), woraufhin der Konsul scipio nasica aus Korsika (val. Max. 1,1,3) zurückkehren muss, so dass im hintergrund auch Kompetenzstreitigkeiten gestanden haben könnten.425 In jedem Fall wird dem hinweis ohne Kontroverse gefolgt. von allen diesen Fällen weicht die Prätorenwahl 55 ab, da dort nicht nachträglich ein Fehler festgestellt, sondern inter actionem ein (oblatives) zeichen gemeldet wird, was den abbruch der versammlung nach sich zieht. allerdings, wenn man an Marcellus 215 denkt, wird hier nur die versammlung abgebrochen, nicht die Person catos als solche diskreditiert. Bei der erneuten Wahl greifen dann aber die Bestechungsversuche, und cato wird nicht gewählt. Klar ist damit, dass Pompeius die Wahl als augur verhindert, nicht als Konsul oder Wahlleiter.426 auch wenn Gutachten der auguren keine sofortigen (öffentlich-) rechtlichen Konsequenzen hatten, sondern immer noch durch senatsbeschluss bestätigt werden mussten, was besonders Linderski immer wieder betont hat, haben solche Meldungen und Feststellungen eines vitium offensichtlich ein nicht zu unterschätzendes Machtpotential; wird ihnen doch immer gefolgt, was für ein sehr hohes (höchstes?) normatives Gewicht spricht.427 425 vgl. dazu Jahn 1970, s. 153–155, der auch darauf hinweist, dass nach dem tod des primus rogator während der Wahl der senat zunächst nicht die auguren, sondern die haruspices heranzog, welche antworteten: non fuisse iustum comitiorum rogatorem (cic. nat. deor. 2,10, vgl. div. 2,74), was ti. sempronius aber als Konsul und (dienstältester) augur bei cicero in scharfen Worten zurückwies (nat deor. 2,11: Itane vero? ego non iustus, qui et consul rogavi et augur et auspicato? an vos Tusci ac barbari auspicorum populi Romani ius tenetis et interpretes esse comitiorum potestis?), bevor er sich dann später anders entschied, was ebenfalls für eine zumindest politisch motivierte Erwägung spricht. anders wohl scheid 2001, s. 50, der gerade hierin ein Beispiel für wirkliche religiöse skrupel sieht und die handlung von Gracchus „par crainte de voir une souillure religieuse attachée à la république“ deutet. 426 Fragen nach der Grundlage für Obnuntiationen von Magistraten, die nach der Änderung der leges Aelia et Fufia durch clodius – dessen gesamte handlungen aber auf Grund der himmelsbeobachtung des Bibulus 59 am tag seines Übertritts zu den Plebejern, was ja die voraussetzung für sein volkstribunat und damit seine Gesetze bildete, schwer einzuschätzen sind – entfallen damit. siehe hierzu Bleicken 1957b, s. 472, der aber, anm. 1, nur auf die Obnuntiation von antonius gegen Dolabella 44 verweist und Pompeius 55 zu Unrecht als Konsul handeln lässt. als Konsul hätte Pompeius mit der spectio und einem negativen impetrativen zeichen die Wahl vor der abstimmung verschieben können, als augur konnte er sie durch ein auspicium oblativum auch nach dem votum der centuria praerogativa, also inter actionem, abbrechen. anders jetzt dagegen vaahtera 2001, s. 154, der Pompeius gerade nicht als augur, sondern als Wahlleiter handeln lassen will. Dies könnte man allenfalls so auffassen, dass Pompeius als Wahlleiter das vom augur Pompeius gemeldete zeichen als verbindlich ansieht, vgl. auch die nächste anmerkung. 427 Grundlegend für die notwendige Übernahme auguraler Gutachten durch senatsbeschluss sind die ausführungen von linderski 1971, s. 309; 1986, bes. s. 2162–2166, bes. anm. 54, s. 2187, s. 2211 f. zu den oblativen auspizien siehe ebenfalls linderski 1971, s. 316–319 und 1986, s. 2195 ff. Diese konnten, da sie grundsätzlich an alle gerichtet waren, auch von allen gemeldet werden. Ob dabei die Meldung von zeichen durch Private nur als nuntatio oder als obnuntiatio privata bezeichnet wird (vgl. Bleicken 1957b s. 470 anm. 1), ist irrelevant, die Frage ist, wie verbindlich diese zeichen sind. nach Plinius (n.h. 28,17) sollen vorzeichen diejenigen nicht betreffen, die erklären, sie nicht beachten zu wollen. Die Frage muss also dahingehend präzisiert werden, wie mit einer Meldung solcher vorzeichen durch andere umzugehen ist. In jedem Fall konnte ein Magistrat solche Meldungen von Privaten ignorieren, Gleiches gilt auch für

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allerdings gilt diese aussage zunächst nur für die hier untersuchten rücktritte nach Wahlen. Es ist an dieser stelle kurz darauf hinzuweisen, dass das Bild bei abstimmungen über Gesetze anders aussieht. Um welche Fälle geht es?428 • 100 wird gegen eine rogatio agraria von saturninus, nachdem die Interzession seiner Kollegen durch deren vertreibung verhindert worden war, von den versammelten (also von Privaten) ein Donner gemeldet, was saturninus nicht hindert, sein Gesetz trotzdem durchzubringen. auch bringt saturninus eine aquae et ignis interdictio gegen Metellus numidicus durch – wieder gegen eine Obnuntiation, ebenfalls von Privaten. solche Meldungen von zeichen durch Private wird man nicht als bindend ansehen können. • anders 99, der volkstribun sex. titius bringt eine rogatio de agris dividendis gegen Interzession und Obnuntiation seiner Kollegen durch; sein Gesetz wurde später, einem Gutachten der auguren folgend, von dem senat kassiert.429 • Für 91 ist nur sicher überliefert, dass die Gesetze von M. livius Drusus wohl wegen Missachtung von vorzeichen wieder aufgehoben wurden. • Unsicher bleibt, auf welcher Grundlage die Gesetze von P. sulpicius rufus durch sulla 88 wieder aufgehoben wurden. • 67/66 wird die lex Manilia de libertinorum suffragiis verabschiedet, aber vom senat am darauf folgenden tag, im nächsten Jahr, aufgehoben. • 59 schließlich ist der berühmte Fall von M. calpurnius Bibulus, der zunächst gehindert wird, mit einem kollegialen veto und einer Obnuntiation gegen caesar (und auch P. vatinius) vorzugehen, dann das restliche amtsjahr zu hause bleibt und ausrichten lässt, andauernd eine servatio des himmels vorzunehmen, was amtshandlungen also durchgängig unmöglich machte. caesars Gesetze wurden aber nicht vom senat kassiert. • 57 wird eine versammlung zur rückberufung ciceros von clodius gewaltsam gestört, da eine angekündigte himmelsbeobachtung und eine Obnuntiation ignoriert worden waren. • Wegen einer rogatio de provinciis consularibus für crassus und Pompeius wurde 55 versucht, zu interzedieren und dann zu obnuntiieren, das Gesetz wurde jedoch trotzdem verabschiedet.430 Meldungen von anderen Magistrate, so jedenfalls linderski 1971, s. 318 und 1986, s. 2195 f., dem zufolge ausschließlich die Meldung durch auguren bindend war; vgl. auch lintott 1999, s. 62, anders allerdings Bleicken 1957b, s. 469. 428 Die ab 100 auftretende Obnuntiation gegen Gesetze ist mehrfach in der jüngeren Forschung behandelt worden, siehe zuletzt Burckhardt 1988, s. 178–298; de libero 1992, s. 56–68 und heikkilä 1993, s. 133–142. Daher wird hier auf weitere angaben zum Forschungsstand zu den einzelnen Fällen weitestgehend verzichtet. 429 vgl. für die schwierige rekonstruktion dieses Falles mit verschiedenen vorzeichen und der rolle der haruspices bzw. der disciplina etrusca richard 1991, bes. s. 593 ff., der am Ende aber festhält: „Bref la rogatio Titia fut ultérieurement votée dans des conditions dont nous ignorons tout mais qui devaient justifier par la suite lʼintervention des augures avec les conséquence que lʼon sait“ (s. 602). 430 Für 100: app. b.c. 1,30; vir. ill. 73,5–9. Für 99: Obseq. 46 (mit verweis auf die haruspices); cic. leg. 2,31; val. Max. 8,1 damn.3. Für 91: asc. 68–69 c; cic. dom. 41; Diod. 37,10,3. Für 88: app. b.c. 1,73. Für 67: asc. 63 c; cass. Dio 36,42,2–3. Für 59: app. b.c. 2,1 (37–39); Dio

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auf den ersten Blick ist die Geltung sakralrechtlicher argumente hier bedeutend geringer. Dies führt zu der Einschätzung von de Libero, dass die sakrale Obstruktion nicht erfolgreich, leicht zu ignorieren und daher kein Ersatz für ein tribunizisches veto war, sondern eher einen „letzten, verzweifelten zug“ hatte.431 Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. zum einen zeigt ja gerade die versuchte (auch gewaltsame) verhinderung einer Obnuntiation, dass diese gefürchtet war, und zum anderen muss überlegt werden, was eigentlich unter „Erfolg“ einer Obnuntiation zu verstehen ist. Dies muss nicht immer der direkte abbruch einer versammlung sein; auch die spätere aufhebung eines Beschlusses bzw. schon seine aufhebbarkeit kann als ziel reichen. Und für die Kassation von Gesetzen durch den senat hat eine Obnuntiation oder überhaupt ein verstoß gegen augurales recht eine besondere Qualität. zuletzt hat Heikkilä dargelegt, dass eine aufhebung von Gesetzen durch den senat nur bei einem verstoß gegen sakrale vorschriften vorgenommen wurde bzw. werden konnte.432 Während also auf der einen seite eine Obnuntiation die rolle des senats durch die damit gegebene aufhebungsmöglichkeit stärkte, z. B. gegenüber einer nur noch schwer zu kontrollierenden volksversammlung, konnte man auf der anderen seite solche Einwürfe zunächst auch ignorieren und darauf hoffen, dass es bei der aufhebungsmöglichkeit blieb.433 Denn der senat musste 38,6; Plut. Pomp. 48,1–4; caes. 14,9 f.; suet. Iul. 20,1 f.; siehe auch u. a. cic. dom. 39 f.; har. resp. 48; att. 2,16,2. Für 57: cic. p. red. in sen. 22; sest. 75; Mil. 38; Plut. Pomp. 49; Dio 39,7,2. Für 55: Dio 39,35,5. Für weitere Obnuntiationen gegen Wahlen und anderes, die zum teil nur zu verschiebungen führen und hier nicht behandelt worden sind, wie etwa die Obnuntiation von Milo gegen die aedilwahlen von clodius 57, die daraufhin erst 56 stattfinden (cic. att. 4,3,3–5; Q. fr. 2,2,2), siehe die auflistung von thommen 1989, s. 247 f. 431 De libero 1992, s. 64 und s. 59 f.; gefolgt u. a. von timmer 2008, s. 30 f. 432 heikkilä 1993, s. 142; bes. wird ausgeführt, dass sich die verschiedenen vorwürfe, ein Gesetz sei per vim durchgebracht, auf Gewalt gegen religiöse vorschriften beziehen müssen, damit es wirklich ein lex iure non rogata ist. Das Gesetz des Manilius wird beispielsweise nach heikkilä (s. 139) aufgehoben worden sein, da es während der feriae eingebracht worden war und damit eine verletzung des religiösen Kalenders darstellte. Für eine nicht ungültige, aber angreifbare versammlung an einem mit N(efas) markierten tag siehe auch rüpke 2006b, s. 45 f. Für die Kassation von Gesetzen vgl. auch Burckhardt 1988, s. 228 ff. sowie s. 188 für den hinweis, dass eine Kassation wegen eines Übergehens einer tribunizischen Interzession nicht möglich sei. Das eigentlich Besondere ist, dass „die gewaltsame Durchsetzung eines Gesetzes als solche nicht als ausreichendes Kriterium für eine mögliche Ungültigkeits-Erklärung“ angesehen wurde, so nippel 1988, s. 64. lintott 1999, s. 62 zufolge besteht die Möglichkeit einer senatorischen Kassation von Gesetzen erst seit der lex Caecilia Didia von 98; anders offensichtlich richard 1991, s. 600 f., der über die Gegner des antrages von 99 ausführt: „lʼobjectif quʼils étaient fixé était donc de multiplier leurs chances dʼobtenir ultérieurement lʼannulation de la lex Titia en facilitant la besogne au collége augural qui devrait être consulté sur ce point,“ wobei hier nach einem Gutachten der auguren noch ein senatsbeschluss hinzugedacht werden muss. siehe generell auch Bleicken 1975, s. 463–473, der stark die soziale und politische rolle des senats bei der aufhebung von Gesetzen betont und sich gegen vorstellungen einer Kassation als „recht sbefugnis“ (s. 466) wendet. 433 so muss man ja im Umkehrschluss auch ciceros vorwurf gegen vatinius verstehen, welcher dieses verhalten angeblich gleich zu Beginn seines tribunats angekündigt hatte: initioque tribunatus tui senatui denuntiaris tuis actionibus augurum responsa atque eius conlegi adrogantiam impedimento non futura? (cic. vat. 14). – hinzu kommt noch die Funktion eines Äquiva-

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rechtlich keine Kassation vornehmen und konnte eine aufhebung häufig politisch auch nicht durchsetzen – der Fall von Bibulus bietet dafür das beste Beispiel. zunächst weigern sich die senatoren, caesars ackergesetz von 59 am folgenden tag aufzuheben, dann aber bietet die latente Ungültigkeit von caesars anderen Gesetzen auf Grund von Bibulusʼ permanenter spectio eine Grundlage für das „Kompromiss-angebot“ an caesar, seine Gesetze alle noch einmal einzubringen.434 Während man sich manchmal einer politischen Mehrheit oder auch gewaltsamem Druck beugen musste, blieb die Möglichkeit, in einer anderen situation die Maßnahmen wieder aufzuheben. Dies konnte sehr schnell gehen (wie 67/66 am nächsten tag) oder auch nie eintreten (wie bei caesar). nach Heftner konnte Marius auf Grund solcher verstöße bei der Gesetzgebung des saturninus 99 durch seinen vorbehalt in der Eides-Formel das „Damoklesschwert“ einer potentiellen Ungültigkeit der Maßnahmen über saturninus aufhängen.435 Klar scheint aber auch, dass ein solches verfahren bei Wahlen nicht anzuwenden war. Denn so leicht Gesetze und einzelne lents für das tribunizische veto, dessen ausübung einmal mit absetzung (133) und einmal mit drohender absetzung (67) abgewehrt worden war, vgl. dazu astin 1964, s. 442 und siehe auch anm. 798 in 7.4. 434 Für 59 siehe cass. Dio 38,6,4; für das Kompromiss-angebot an caesar nur den gleichnamigen artikel von Meier 1975, für die „pragmatische lösungsphantasie“ darin siehe auch hölkeskamp 2009, s. 9; anders de libero 1992, s. 75 anm. 37 (dort auch m. w. v. auf die Forschungsmeinungen), die sachlich keinen spielraum für ein solches angebot sieht. Ein wie auch immer geartetes Kompromissangebot mit zu wiederholender Gesetzgebung setzt dabei meist eine latente Ungültigkeit von caesars Gesetzen voraus, die allerdings nicht so eindeutig herzuleiten ist, wie manchmal angenommen wird. Die modernen Experten für auguralrecht, valeton (1891a, s. 82 f. sowie s. 101 f.) und linderski (1965, s. 425) haben unter rekurs auf cic. att. 4,3,3 f. dargelegt, dass eine gültige Obnuntiation, also die Äußerung fulmen vidisse, anwesenheit voraussetzte. Eine bloße ankündigung bzw. androhung se de caelo servare konnte dem in der Praxis zwar entsprechen, doch blieb dagegen immer noch die Möglichkeit einer physischen verhinderung, wie ja zu Beginn der Obstruktionen auch mit Bibulus geschehen (vgl. suet. Iul. 20: lege autem agraria promulgata obnuntiatem collegam armis foro expulit, vgl. cass. Dio loc. cit.). Dass die bloße ankündigung der himmelsbeobachtung von Bibulus demnach caesars Gesetze wirklich im strengen sinn mit einem auguralrechtlich relevanten Fehler behaftete, ist zweifelhaft – aber dies war in rom umstritten (vgl. mit Bezug auf cic. dom. 40; har. resp. 48 weiter im text) und bleibt es immer noch, vgl. nur die Bemerkungen in der kommentierten Bibliographie von linderski 1986, z. B. s. 2306 zu Meier rPa und 1975. Man wird diese Frage aus den Quellen heraus nicht lösen können, es hängt ab von modernen und römischen vorstellungen vom verhältnis zwischen legalität und legitimität, zwischen strikten, aber auch abstrakten normen und ihrer auslegung durch Experten auf der einen seite und Geltung von normen durch anerkennung bei den standesgenossen auf der anderen seite; eindeutig wird die situation nicht gewesen sein, so auch Mitchell 1986, s. 173 f.: „there was no undisputed basis in augural discipline, or in law or precedent, on which could be securely argued.“ Für den Gedanken eines möglichen Kompromisses mit caesar findet sich in jedem Fall schon bei appian (b.c. 2,11 [37–39]) bezüglich des Protestes gegen das ackergesetz der Gedanke, dass von anfang an intendiert war, mit dem Widerstand nicht caesars Maßnahmen zu verhindern, sondern diese durch eine gewaltsame niederlage der Gegner zu diskreditieren, und dies wird für die ganze Politik des Bibulus gelten, vgl. Gruen 1995a [1974], s. 256: „It was careful strategy designed to drive caesar to excess and discredit.“ 435 heftner 2005, s. 44; vgl. für den vorbehalt des Eides: app. b.c. 1,30 (136): ᾗ νόμος ἐστί und Plut. Mar. 29,6: εἴπερ ἔστι νόμος.

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Maßnahmen aufzuheben waren, so hätte dies bei der Ungültigkeit einer ganzen amtsführung alle Beteiligten vor große Probleme gestellt;436 ein Beispiel dafür ist der Fall von Marcellus 215. selbst wenn eine Mehrheit im senat den festgestellten Donner hätte ignorieren können, wäre doch zu späterer zeit und bei anderen Mehrheitsverhältnissen die ganze amtsführung rückwirkend anfechtbar gewesen, was offensichtlich nicht zu wollen war. Dies erklärt die Besonderheit der zuerst besprochenen Wahlen, in denen die große Geltung auguralen rechts deutlicher zu tage trat, wobei nach 162 allerdings kein weiterer Fall einer aufhebung von Wahl(ergebniss)en überliefert ist – die Gründe dafür bleiben unklar.437 Das gleiche Erklärungsmuster gilt aber immer noch für die verhinderung von cato 55, gerade auch im Kontrast zum schicksal des ignorierten Bibulus nur wenige Jahre zuvor. Und doch versuchte man aber auch abstimmungen über Gesetze vor etwaigen rechtlichen Makeln zu schützen, vor allem dadurch, dass die himmelsbeobachtung verboten wurde, etwa den niederen Beamten von den höheren, aber auch allgemein durch einen senatsbeschluss wie bei der rückberufung ciceros.438 In jedem Fall ist festzuhalten, dass es für politische Konsequenzen immer auch noch eines senatsbeschlusses bedurfte. Die Meinung von auguren alleine konnte allenfalls aus sakralrechtlicher sicht etwas konstatieren, was aber, solange es nicht vom senat übernommen wurde, kaum „realpolitische“ auswirkungen hatte. Die auguren, die in einer contio behaupten, sie würden caesars Gesetze als ungültig ansehen, aber man frage sie ja nicht offiziell, sind dafür ein treffendes Beispiel.439 436 vgl. rüpke 2005a, s. 1453. 437 so auch nippel 2009, s. 88. 438 cic. sest.129: ne quis de caelo servaret. Ich verzichte an dieser stelle darauf, länger auf die vielfältig diskutierten auswirkungen der lex Clodia von 58 und der damit verbundenen leges Aelia et Fufia einzugehen; wahrscheinlich ist, dass die lex Fufia Gesetzgebung im zeitraum zwischen ankündigung und abhaltung von Wahlen verbot und dass die lex Aelia Obstruktionen erlaubte bzw. regelte, die dann von clodius umgekehrt nach den Erfahrungen von 59 zumindest für Gesetzesanträge wiederum verboten wurden – siehe aus der Fülle von literatur vor allem sumner 1963 sowie aus neuerer zeit nur thommen 1989, s. 242 ff. und de libero 1992, s. 64–68, beide m. w. v. zur Forschungslage. – aus sicht von Gewichtung von normen erscheint es kaum vorstellbar, oblative auspizien, die spontan von einer Gottheit geschickt wurden, mit dem hinweis auf ein verbot von Beobachtungen zu ignorieren. Bei einer Beobachtung des himmels trotz verbot stellte sich dann die Frage, inwieweit durch das verbot die himmelsbeobachtung nichtig und die versammlung nicht gestört wird oder aber der himmelsbeobachter sich vielleicht „strafbar“ macht, aber seine rechtswidrige Beobachtung dennoch gültig ist und die versammlung nicht stattfinden kann, zumal nach cic. div. 1,29–30 ja nicht die zeichen eine negative Wirkung haben, welche man dann vielleicht durch ein Ignorieren der zeichen umgehen könnte, sondern zeichen vor einem drohenden Unglück warnen, welches unabhängig von Meldung oder Beachtung negativer auspizien droht. 439 cic. dom. 39 f.; har. resp. 48; vgl. hierzu Bleicken 1975, s. 472 f.; north 1990b, s. 52 f. und 2006, s. 272. taylor 1949, s. 95 folgert aus der Passivität der auguren, gegen caesars Gesetze vorzugehen: „the state religio […] was in a condition of anarchy;“ hintergrund ist dabei ihre annahme, dass das Kollegium der auguren in der späten republik keine Einigkeit mehr aufweisen oder herstellen konnte (s. 84). abgesehen von der postulierten Einstimmigkeit von Beschlüssen (vgl. anm. 405 unter 5.2) lässt dies die in jedem Fall nötige offizielle Befragung der auguren und vor allem die „politischen Übernahme“ eines möglichen Gutachtens durch den senat außen vor.

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Man wird ciceros Bild von den auguren als den mächtigsten akteuren der res publica, die jeden Beschluss aufheben und jede abstimmung unterbrechen konnten, daher zu recht bezweifeln, doch eine besondere Geltung auguraler Gutachten und Äußerungen ist nicht zu verkennen. Der Umstand, dass der senat meist (immer?) einem votum der auguren folgte, zeigt, dass das ius augurum in der tat cum auctoritate coniunctum war.440 Daneben sind noch verstöße überliefert, die aber alle auf der einen seite eher die hohe Geltung der vorschriften bestätigen (wie 177) oder als Erklärung für niederlagen herhalten und dann manchmal sogar, bei negativen Ergebnissen, auch zu politischen sanktionen für diese Konsequenzen führen.441 Dis440 cic. leg. 2,31; in diesem abschnitt spricht cicero über die ungeheuren vollmachten der auguren, Beschlüsse und Gesetze zu verhindern oder aufzuheben sowie Konsuln zum rücktritt zu bringen, vgl. auch asc. 69 c. Kritisch dazu linderski 1986, s. 2152, s. 2160 ff. Die tragende rolle der auguren wird auch sichtbar in den Erzählungen des livius (1,36,3–6) über den augur attus navius. nach Bleicken 1957b, s. 470 wird gerade die Obnuntiation zum „arcanum der politischen Intrige,“ zumal in der späten republik die Beobachtung des himmels geradezu synonym mit einem negativen zeichen werde, ein servare de caelo gleichbedeutend mit fulmen vidisse sei. vgl. u. a. cic. dom. 39: negant fas esse agi cum populo, cum de caelo servatum sit; siehe dazu aber auch die anm. 434 oben. zur negativen tendenz in der Bemerkung von Bleicken vgl. die ausführungen oben in 5.2; Gleiches gilt für latte 1960, s. 267, der in seinem Kapitel zum „verfall der altrömischen religion“ schreibt: „Das schlimmste an dieser situation war, daß man trotzdem den ganzen apparat von auspizien und Prodigien beibehielt und scheinbar ernst nahm.“ Dieser Deutung wird später (7.4) die Idee einer Konsensfindung durch Widerspruchsschleifen gegenübergestellt. 441 Während eine Missachtung oblativer auspizien über einen senatsbeschluss zum rücktritt oder einer aufhebung führen konnte, ist bei einer Missachtung, Ignorierung oder nicht-Einholung von impetrativen auspizien zunächst nur der einzelne handelnde in Gefahr einer göttlichen sanktion, was aber bei Feldherren auch für viele andere verheerend sein konnte. Dazu einige Beispiele: 293 soll der hühnerwärter, der erlogene, gute vorzeichen meldet, die schuld alleine auf sich nehmen, während der Konsul l. Papirius cursor weiterhin von den gemeldeten guten vorzeichen ausgeht und kämpft, vgl. liv. 10,40,12; siehe für diese zurechnung von auspicia ementita linderski 1993, s. 60 f. und Konrad 2004, s. 182 f. 249 lässt P. claudius Pulcher die heiligen hühner, die nicht fressen wollen, ertränken und „verursacht“ damit die niederlage bei Drepanum; vgl. cic. nat. deor. 2,7; div. 1,29; liv. per. 19; frg. 19 (= serv. aen. 6,198); val. Max. 1,4,3; 8,1, abs. 4; siehe dazu linderski 1986, s. 2176 f. 217 soll Flaminius, weil er rom ohne auspizien verlassen hatte (liv. 21,63,2 und 22,1,5–7) und dann trotz vieler schlechter omina (liv. 22,3,13 f.) gegen hannibal kämpfte, verantwortlich sein für den dies ater der römer am trasimenischen see; vgl. für eine Übersicht zur Forschung linke 2000, s. 278 anm. 38. 177 bricht der Konsul c. claudius Pulcher aus angst, sein Kommando noch zu verlieren, ohne Gelübde und ohne liktoren überstürzt auf. sein heer allerdings verweigert ihm den Gehorsam, solange er nicht more maiorum die Gelübde in rom ablege, worauf er schnell dorthin zurückkehrt, so liv. 41,10,5–13; vgl. Magdelain 1968, s. 42. 176 fällt der Konsul Q. Petillius spurinus in einer schlacht gegen die ligurer, der, so führen die auguren später aus, beim loswurf außerhalb des heiligen Bezirks gestanden hatte und des Weiteren, so einer der hühnerwärter, einen Fehler bei der vogelschau ignoriert hatte, vgl. liv. 41,18,8–15; siehe dazu und der doppeldeutigen Prophezeiung des Petillius, dass letum zu holen, linderski 1986, s. 2173 ff. 137 soll der Konsul c. hostilius Mancinus nach dem Ignorieren von schlechten vorzeichen eine große niederlage verschuldet haben, vgl. liv. per. 55; m. w. v. Broughton Mrr I, s. 484.

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kussionen scheint es in diesem Bereich selten gegeben zu haben; „echte“ regelkonflikte findet man dagegen im verhältnis zwischen dem Pontifex maximus und z. B. den flamines, die noch zusätzlich eine Magistratur bekleideten. auch ein streit zwischen einem augur und dem Pontifex maximus ist überliefert. Beides wird im nächsten Punkt behandelt.

53 wird crassusʼ verheerende niederlage bei carrhae gegen die Parther u. a. damit erklärt, dass er 55 die Warnung des (ihn allerdings vielleicht auch am Weggang durch einen Fluch hindern wollenden) auguren c. ateius nicht beachtet habe, vgl. vor allem cic. div. 1,29–30; app. b.c. 2,18 (65–67); Plut. crass. 16,4–8. cass. Dio 39,39,5–7 sowie auch cic. att. 4,3,2; fam. 1,9,20; div. 2,84; vell. Pat. 2,46,3; Flor. 1,46,3; siehe dazu nur Konrad 2004, s. 181–187 sowie zur Quellenkritik (und skeptisch zu dem Fluch) simpson 1938. Unter der rubrik von mangelnden auszugsauspizien führt Bleicken 1957b, s. 476 anm. 2 auch noch die Konsuln von 49 c. claudius Marcellus und l. lentulus crus, die gegen caesar vorgehen wollen (Plut. caes. 34,1, Pomp. 61,6; caes. b.c. 1,6; cass. Dio 41,43,3), und antonius 44 (cic. Phil. 5,24) an. Unklar ist, warum 217 bei Flaminius die soldaten und Unterfeldherren nicht ähnlich reagieren wie das heer von c. claudius 177. hannibal wird vermutlich eine zu direkte Bedrohung und Flaminius ein ansonsten geachteter Feldherr gewesen sein. Flaminius bietet darüber hinaus das Beispiel dafür, dass man auch ohne aupizien ausziehen und trotzdem erfolgreich kämpfen konnte. Denn, so wird überliefert, er habe bereits 223 als designierter Konsul, der verzögerungen und andere verhinderungen befürchtete, vor seinem amtsantritt rom verlassen. hintergrund waren streitigkeiten zwischen ihm und dem senat, die sich von seiner zeit als volkstribun bis über seine Konsulatswahl zogen. aufgebracht stimmten alle senatoren für eine rückkehr von Flaminius, der nicht die Feiertage bestimmt, dem Jupiter latiaris kein Opfer dargebracht und vor allem auch keine auspizien eingeholt hatte, sich aber weigerte, der aufforderung nachzukommen. Erst nach einem triumph, gegen den Wunsch des senats und auf Geheiß des volkes, dazu mehr unter 6.3, legen er und sein Kollege die Ämter nieder, vgl. liv. 21,63,7; Plut. Marc. 4,6; Oros. 4,13,14; zon. 8,20,5. siehe dazu aber Beck 2005a, bes. s. 245–256 für eine Kritik der durchgehend Flaminius-feindlichen Quellenberichte. hier ist allein entscheidend, dass man sich nach liviusʼ Bericht einer auf sakralen Gründen basierenden rücktrittsforderung des senats, die in so vielen Fällen immer befolgt wurde, auch, zumindest temporär, widersetzen konnte, was wohl am charakter einer solchen „erzwungenen abdication“ im Gegensatz zu einer tatsächlichen abrogation liegen wird (vgl. Mommsen str I, s. 629 anm. 3). Im hintergrund mag bei Flaminius auch eine sich verändernde auffassung über die Wichtigbzw. notwendigkeit der auspizien und damit die Frage stehen, ob über die Korrektheit eines imperium nur das volk oder auch noch Jupiter entscheiden solle, vgl. Magdelain 1968 s. 41: Flaminius „se faisait une conception purement laïque de lʼimperium. cette attitude nʼétait sans doute pas personnelle. a lʼépoque de la deuxième guerre punique, sʼamore avec cette anecdote le mouvement qui aboutira à la fin de la république au scepticisme sur les auspices de départ. le sens de lʼévolution est clair : la collation de lʼimperium par le peuple tend à éclipser sa collation par Jupiter. cependant, en 217, le sénat reste fidèle aux anciens principes, qui lui sont utiles pour critiquer son ennemi Flaminius.“ In der tat, auch wenn man der Überlieferung nicht glauben will, bilden allein die vorwürfe gleichsam negativ eine norm ab; es zeigt sich dabei auch, wie schwierig es ist, die Geltung von normen zu rekonstruieren: In diesem Fall konnte sowohl für die Kriegshandlung auf die auszugsauspizien (und damit auf ein [militärisches] imperium) verzichtet werden, umgekehrt konnte und wurde genau dies später zum vorwurf gemacht, was zusammen mit dem anderen ausgang des Falles von 177 vielleicht typisch ist für die unsichere situation eines normwandels. Immerhin soll Flaminius 221 ja auf Grund der sorex zurückgetreten sein.

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5.4 rEGElKOnFlIKtE UnD PONTIFICES 5.4.1 Ein chronologischer Durchgang • 2 42 wird der flamen Martialis a. Postumius albinus zum Konsul gewählt, aber vom Pontifex maximus l. caecilius Metellus am aufbruch in die Provinz gehindert, da er als flamen religiöse verpflichtungen in der stadt habe.442 • 223 muss der flamen Dialis M. cornelius cethegus sein amt aufgeben, zur gleichen zeit wohl auch der flamen Q. sulpicius, nachdem ihm seine rituelle Kopfbedeckung (apex) heruntergefallen war.443 • Erwähnt werden kann hier auch die Konsulwahl 215, bei der der Wahlleiter Q. Fabius Maximus (wie unter 3.4.2.b ausführlich behandelt) gegen den Kandidaten M. aemilius regillus einwendet, dass dieser als flamen Quirinalis rom nicht verlassen und somit nicht gegen hannibal kämpfen könne.444 • 211 tritt der flamen Dialis c. claudius nach einem falschen Opfer von seinem amt zurück, wohl auf Druck des Pontifex maximus.445 • Ein umgekehrter Konfliktfall ist für 209 überliefert. Der Pontifex maximus P. licinius crassus Dives zwingt c. valerius Flaccus, sich gegen dessen Willen zum flamen Dialis weihen zu lassen. valerius Flaccus erscheint in den Quellen zunächst als taugenichts und verschwender, der sich dann aber im amt mit großer sorgfalt der religiösen Pflichten annimmt. Dabei will er auch einen lange Jahre vergessenen Brauch (intermissus per multos annos) wieder beleben und beansprucht als flamen einen sitz im senat. Bei seinem ersten versuch wird er vom Prätor P. licinius wieder hinausgeführt, woraufhin Flaccus die volkstribune anruft. Während der Prätor anführt, dass in den letzten drei Generationen ein solches recht nicht mehr beansprucht worden sei, führen die volkstribune unter großer allgemeiner zustimmung Flaccus wieder in den senat.446 442 liv. per. 19, vgl. 37,51,1–2; val. Max. 1,1,2; tac. ann. 3,71. Dass der verzicht nach valerius Maximus dabei freiwillig geschah, bezweifele ich, so aber lippold 1963, s. 302. Bei valerius liest man ne a sacris discederet, multa dicta urbem egredi passus non est, und gerade die Mult deutet nicht nur auf einen Konflikt und eine anschließende Entscheidung sondern auf einen Konflikt, auf Widerstand und auf eine Entscheidung verbunden mit einer Drohung hin, wenn nicht gar auf schlichtung durch eine volksversammlung wie in den vergleichbaren Fällen 189 und 131, dazu mehr unter 5.4.2. 443 Plut. Marc. 5,3; val. Max. 1,1,5; welches Flaminat Q. sulpicius bekleidete ist unklar, vgl. rüpke 2005a, s. 1571 f. 444 liv. 24,7,10–24,9,11. 445 Bei livius (26,23,8) stellt der flamen sein amt zu verfügung: C. Claudius flamen Dialis quod extra perperam dederat, flamonio abiit. Bei valerius Maximus (1,1,4) liest man dagegen von flaminio abire iussi sunt coactique, was auf eine anordnung des Pontifex maximus P. licinius crassus Dives hindeutet, so auch die Interpretation von richard 1967, s. 787. 446 liv. 27,8,4–10; val. Max. 6,9,3; m. w. v. Broughton Mrr I, s. 289. Unklar ist, um wen es sich bei dem Prätor handelt, der valerius Flaccus zunächst wieder hinausführt. 208 waren zwei Licini Prätoren: Der pontifex maximus P. licinius crassus Dives bekleidete die Fremdenprätur und P. licinius varus die stelle des prätor urbanus, vgl. Broughton Mrr I, s. 291 sowie Brennan 2000, s. 325 anm. 27. Im Manuskript soll darüber hinaus noch l. (statt P.) licinius stehen, so Münzer 1920, s. 189. nach richard 1968, s. 798 und Bauman 1983, s. 99 ist cras-

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• Ebenfalls 209 kommt es zum streit bei der Wahl des curio maximus, da (nach livius) die Patrizier erklären, c. Mamilius atellus könne sich als Plebejer nicht bewerben, da das amt bis jetzt immer von Patriziern besetzt worden sei. Die angerufenen volkstribune verweisen die sache an den senat, der wiederum das volk entscheiden lassen will, was schließlich atellus wählt.447 • 200 gibt es einen Konflikt innerhalb der pontifices: Der Konsul P. sulpicius Galba soll vor seinem aufbruch gegen Makedonien noch dem Jupiter spiele geloben. Der pontifex maximus licinius crassus Dives weigert sich zunächst, dafür die Formel vorzusprechen, da man keinen unbestimmten Betrag geloben dürfe. auch wenn sein argument sowie seine Person nach livius Eindruck machten, wurde er aufgefordert, diese Frage ad collegium pontificum zu bringen, wo ein unbestimmtes Gelübde nicht nur für erlaubt, sondern sogar für besser gehalten wird: posse rectiusque etiam esse pontifices decreverunt.448 • 200 ist ein weiterer Konflikt überliefert, da der 209 gegen seinen Willen geweihte c. valerius Flaccus nun zum kurulischen aedil gewählt wird und daraufhin den senat um eine Dispensation von dem amtseid bitten muss, ohne den kein amt länger als fünf tage ausgeübt werden konnte, der aber einem flamen, der nicht schwören durfte, unmöglich war. nach verhandlungen von senat, Konsuln und volkstribunen ergeht ein plebiscitum, dass der Bruder des flamen den Eid leisten könne.449 • 189 will der Pontifex maximus P. licinius den Prätor und flamen Quirinalis Q. Fabius Pictor davon abhalten, nach sardinien zu gehen. nach größeren streitereien (magnae contentiones) will der Prätor kraft seines imperium den Pontifex dazu bringen, ihn nicht zu hindern. Beide verhängen Mult-strafen, am Ende appelliert der Prätor an die volkstribune und wendet sich mit einer provocatio ad populum. Das volk entscheidet, dass Fabius Pictor zwar die Mult-strafe nicht bezahlen, aber doch „aus rücksicht auf die religion“ dem Pontifex maximus gehorchen müsse. statt sardinien bekommt Fabius Pictor, nachdem er zunächst ganz auf die Prätur verzichten wollte, schließlich die Fremdenprätur.450

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sus gemeint, nach Willems 1883, II s. 163 anm. 4 (und in der Folge Broughton) handelte es sich um P. licinius varus als praetor urbanus, der auch den senatsvorsitz innehatte, was mehr überzeugt, denn die aktion des Prätors ist nur als leiter der senatssitzung denkbar, nicht aus einer amtsgewalt oder einem pontifikalen recht heraus. Die Karriere des c. valerius Flaccus führt im folgenden immer wieder zu Konflikten, die später unabhängig von einander analysiert werden, vgl. dazu weiter im text. zu valerius Flaccus siehe zuletzt linke 2009. liv. 27,8,1–3. liv. 31,9,6–10. liv. 31,50,7–10; für das verbot zu schwören vgl. Gell. 10,15,5; Festus p. 92,25 l. liv. 37,51,1–6; die etwaige Parallele zu 242 ist bereits erwähnt worden, vgl. dazu auch Broughton Mrr I, s. 361. zur Änderung der sortitio (liv. 37,50,8) vgl. 4.2. Für eine analyse der vielen streitigkeiten siehe bes. Bleicken 1957b, s. 451 f., der zu recht ausführt, dass eine etwaige Interzession der volkstribune kaum gegen sakrale vorschriften gegolten hätte; gerade auch die provocatio ad populum zeige, dass die Mult nicht durch eine Interzession kassiert worden war.

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• Um ein ähnliches Problem zu umgehen, wird 184 gleich beschlossen, so zu losen, dass der nun zum Prätor gewählte flamen Dialis c. valerius Flaccus ebenfalls die Fremdenprätur bekommt.451 • 180 muss der rex sacrorum nachgewählt werden, und der Pontifex maximus c. servilius Geminus will l. cornelius Dolabella weihen, welcher sich jedoch weigert, dafür, was notwendig wäre, sein Flottenkommando niederzulegen. Wieder sollen die comitia tributa entscheiden, und wieder läuft es auf einen verzicht auf strafe, aber Gehorsam gegenüber dem obersten Pontifex hinaus; erst ein Blitzzeichen lässt die pontifices auf eine Weihung von Dolabella verzichten.452 • 176 stehen ebenfalls religiöse Beschränkungen im Mittelpunkt, diesmal berufen sich Magistrate ihrerseits darauf: Der Prätor P. licinius crassus (nicht der Pontifex crassus Dives) will nicht nach Hispania citerior gehen und führt religiöse Pflichten in rom ins Feld, schwört darauf sogar einen Eid. Gleiches tut sein Kollege M. cornelius scipio Malugensis, der nach Hispania ulterior hätte gehen sollen.453 • 171 ist eben jener P. licinius crassus, jetzt zum Konsul gewählt, wieder betroffen: sein Kollege c. cassius longinus will auf die losung der Provinzen ver451 liv. 39,45,2–5; zur sortitio vgl. 4.2. 452 liv. 40,42,8–11. Für den amtscharakter von Dolabella als duumvir navalis auch ohne imperium siehe Bleicken 1957b, s. 452, der darüber hinaus darauf hinweist, dass eine verhängung der Mult voraussetze, dass Dolabella schon vorher nominiert und von den Kuriatskomitien gewählt worden sei und als Priester angesehen wurde, dem bloß noch die Inauguration fehle. siehe für eine stärkere trennung von Ernennung bzw. auswahl durch den Pontifex maximus und einer solchen Inauguration Brassloff 1913, nach dem dann Dolabella zu recht gegen die auf „freie[r] rechtsfindung“ beruhende Mult vorgeht, welche der Pontifex maximus nur in „ausdehnung des pontifikalen Befehlsrechtes“ vornehmen konnte, was inhaltlich der Pflicht zur annahme solcher Ämter praktische Geltung zu schaffen suchte, gleichwohl jedoch formal nicht gedeckt war (s. 462 f.). Gladigow 1970, s. 369 f. dagegen nimmt eine passive legitimation und damit auch Gehorsamspflicht sogar schon nach einer captio an. Eine andere Frage betrifft den genauen Wahlmodus des rex sacrorum. Während hier nur der pontifex maximus zu handeln scheint, man aber auch das Kollegium der pontifices als involviert ansehen darf, behauptet Dion. hal. ant. 5,1,4 im zuge der Einrichtung des amtes im 5. Jahrhundert eine Mitwahl oder -wirkung der auguren. siehe dazu rüpke 2005a, s. 1618 f., der auf die fehlende teilnahme der auguren bei der cena inauguralis hinweist und diese „Fehlinformation“ von Dionysios durch die tendenz einer „nivellierenden Gleichschaltung“ der Priestergemeinschaften im zuge der augusteischen religionspolitik erklärt. anders Brassloff op. cit. s. 459, der hier das gleiche verfahren wie bei der Ernennung des flamen Dialis annimmt und also auch eine Mitwirkung der auguren behauptet. Offen bleibt es bei catalano 1960, s. 224: „devo dunque concludere che se in un senso stretto il flamine o il re o il pontefice è inaugurato dallʼaugure […], in un altro senso è augurato dal p. m., e in un altro ancora dal collegio pontifico; eine Einschätzung, die gerade durch die juristische Unschärfe eines „senso stretto“ der römischen Praxis am ehesten gerecht wird. 453 liv. 41,15,9–11; nach liv. 41,27,2 wird scipio Malugensis zwei Jahre später aus dem senat ausgestoßen, nach dem er Prätor in spanien gewesen war, vermutlich reicht für diese nachricht die ursprüngliche zulosung der Provinz spanien. Unklar ist, welche religiösen Ämter die beiden gehabt haben, sie tauchen nicht bei rüpke 2005a auf, wo umgekehrt, s. 88, zu ersehen ist, dass 176 die Positionen der flamines durch c. valerius Flaccus (Dialis), P. Quinctilius varus (Martialis) und Q. Fabius Pictor (Quirinalis) besetzt waren.

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zichten und sich Makedonien aussuchen, bezieht sich dafür genau auf jenen Provinzverzicht von crassus aus dem Jahr 176. Die senatoren, die darüber verhandeln, meinen jedoch, wer vom volk gewählt werde, könne nicht bei der Provinzauswahl beschränkt werden. Bei der anschließenden sortitio bekommt – wie unter 4.2 gesehen – cassius Italien und licinius crassus Makedonien.454 • 159 wird dem Prätor cn. tremellius eine Geldbuße (multa) auferlegt, da er mit dem Pontifex maximus M. aemilius lepidus widerrechtlich, ja frevelhaft gestritten habe (iniuriose contenderat); weiter wird ausgeführt, dass sein recht schwächer sei als das des Pontifex: sacrorumque quam magistratuum ius potentius fuit.455 • 131 hält der Konsul und Pontifex maximus P. licinius crassus Dives Mucianus seinen Kollegen im Konsulat und flamen Martialis l. valerius Flaccus in rom zurück. Wie üblich scheint sich dieser gewehrt haben zu wollen, bis eine volksversammlung die vom Pontifex eingesetzte Mult erlässt, aber von valerius Flaccus Gehorsam einfordert. anders ist dann der weitere verlauf, da nämlich der Konsul und Pontifex maximus nun selbst das Kommando gegen aristonicus übernimmt.456 • Erwähnen kann man, dass caesar vor seiner Wahl zum pontifex maximus zunächst 84 als flamen Dialis auserkoren war, bevor er dieses amt unter sulla wieder verlor bzw. nicht mehr geweiht wurde, woraufhin das Flaminat viele Jahre lang unbesetzt blieb.457 454 liv. 42,32,1–5. crassus kämpft in Makedonien als Konsul und Prokonsul 170 nicht sehr erfolgreich, wird später sogar wegen Grausamkeiten bestraft. zu crassus siehe auch Gell. 1,13,9–13 sowie m. w. v. Broughton Mrr I, s. 500. 455 liv. per. 47. 456 cic. Phil. 11,18; liv. per. 59. 457 vell. Pat. 2,43,1; suet. Iul. 1,1–2. nach liou-Gille 1999, s. 438–442 wollte der sehr junge caesar, beeindruckt von dem selbstmord und Fluch gegen die anhänger cinnas des flamen Dialis l. cornelius Merula (vell. Pat. 2,22,2) bzw. dem sich anschließenden blutigen Ende erst von Marius und dann von cinna, mit dem Flaminat vielleicht religiösen schutz erlangen, für sich als neffen von Marius und für seine Frau cornelia als tochter cinnas. Dabei wird caesar zwar von Q. Mucius scaevola (pontifex maximus 89–82) ausgewählt, aber von dessen nachfolger Metellus Pius nicht inauguriert worden sein, so vanggaard 1988, s. 51 f. und bes. s. 84, dem Kleijwegt/Evans 1992, s. 195 und dann liou-Gille 1999, s. 452–456 folgen; letztere führt aus, dass die erforderlich Inauguration nur durch einen auguren geschehen konnte, der dafür aber vom Pontifex Maximus hätte aufgefordert werden müssen, wozu diesen wiederum aber niemand zwingen konnte, in diese richtung geht auch rawson 1974, s. 167. nach rüpke 2005a, s. 1575 dagegen soll caesar auch inauguriert worden sein, wofür vor allem der Kompromisscharakter des Falles spreche, da caesar zum einen gut zehn Jahre später bereits als pontifex kooptiert wurde, zum anderen das amt des flamen Dialis eben sehr lange unbesetzt blieb, vgl. hierzu (wie auch zu einer Übersicht weiterer Forschungsmeinungen) rüpke op. cit, s. 1574– 1579. Erst im Jahr 17 wird mit servius cornelius lentulus Maluginensis das amt des flamen Dialis wieder besetzt; vgl. dazu weiter im text. Diese lange Dauer einer nichtbesetzung führt auch bei liou-Gille 1999, s. 438 zu der these: „Que césar ait été dépossédé du flaminat dans des conditions qui restent mystérieuses a contribué probablement dans une bonne mesure à cette vacance sacerdotale;“ dass die lange vakanz als argument für eine gültige Inauguration ausreicht, bleibt aber zweifelhaft. Man kann Plut. caes. 1,3 (μετιὼν ἱερωσύνην εἰς τὸν δῆμον προῆλθεν) sogar so verstehen, dass caesar sich öffentlich um die Inauguration bemühte, was

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• 6 3 wollte der Pontifex maximus Q. caecilius Metellus Pius offenbar einen augur claudius dazu zwingen, ihm bei einer Inauguration zu assistieren. Dieser weigert sich mit dem verweis auf andere religiöse Pflichten (hier ein privates Opfer), wendet sich mit einer Provokation an das volk und muss am Ende weder eine strafe zahlen noch die assistenz ausüben.458 • als letztes, wenngleich nicht mehr in der zeit unserer Untersuchung, soll der versuch des flamen Dialis und suffektkonsuls von 10 n. chr. servius Maluginensis erwähnt werden, 22 n. Chr. gemäß der auslosung Prokonsul in asien zu werden. Er behauptet, dass die verbreitete ansicht, das verlassen Italiens sei den flamines Diales nicht gestattet, falsch sei und er umgekehrt die gleichen rechte habe wie die anderen flamines, die bereits Provinzen gehabt hätten. auch verweist er auf die vertretungen seines Opferdienstes bei Krankheit und die Phase von 75 Jahren ohne einen flamen Dialis vor seinem amtsantritt. Interessanterweise soll ein augur, lentulus, dagegen gewesen sein, vorgelegt wurde die Frage aber dem Pontifix maximus (und Kaiser) tiberius. Dieser lehnt das ansinnen ab, beruft sich dafür auf einen unter augustus ergangenen Beschluss der pontifices, dann erst ein Einschreiten sullas provozierte; in diese richtung geht wohl auch liou-Gille op. cit., s. 458. – sulla wollte dann vor allem die scheidung caesars und drohte mit einer pontifikalen Mult, die bereits nach nominatio und captio möglich war. Berufen konnte sich sulla vielleicht auf ein Problem bei caesars heirat mit cornelia (Plut. caes. 1), da bei der nötigen Eheschließung durch confarreatio wohl der flamen Dialis hätte mitwirken müssen, so jedenfalls laut serv. Georg. 1,31: farre, cum per pontificem maximum et Dialem flaminem per fruges et molam salsam coniungebatur – unde confarreatio apellabatur. Da das amt des flamen Dialis aber nach Merulas selbstmord unbesetzt war, konnte hier ein Formfehler bei der heirat ausgemacht werden, siehe dazu überzeugend rüpke 2005a, s. 1577. Diese Problematik der geforderten, komplizierten confarreatio-Ehe ist auch mit ein Grund, dass es später kaum noch die nötigen drei Kandidaten für das Flaminat des Jupiter gab, so jedenfalls tac. ann. 4,16; vgl. zur confarreatio generell vanggaard 1988, s. 50–54 sowie linderski 2005, der u. a. (in der Folge von Kaser) auf die interessante Konstruktion hinweist, dass eine sakrale zeremonie zivilrechtliche Wirkungen entfalten konnte, was allerdings gut in das Modell verschiedener, aber sich überschneidender rechtssphären passt (siehe 7.2). Unabhängig von der Eheform bleibt caesars Widerstand gegen die scheidung zu konstatieren, weder versprechungen noch Drohungen von sulla (οὔτʼ ἐλπίσιν οὔτε φόβῳ, Plut. caes. 1,1) waren erfolgreich; siehe für diesen ungewöhnlichen (vielleicht aus verpflichtungsgefühlen oder stolz motivierten) Widerstand zuletzt Jehne 2009a, s. 42–46, der für caesar generell ein abweichen von „etablierten verhaltenstraditionen“ (s. 33) sowie ein handeln „konträr zu den sachzwängen“ (s. 142) herausstreicht. Eine etwaige provocatio ad populum passte in einer solch verworrenen lage gut in das Bild ähnlich gelagerter Konfliktfälle, vgl. liou-Gille, op. cit. s. 457 anm. 148 und siehe hier weiter unter 5.4.2a. 458 Festus p. 464,28 ff. l, ergänzt von Mommsen str II, s. 35 anm. 1; vgl. Bleicken 1957b, s. 455 f., dort auch mit argumenten für die Datierung auf 63 und die Kontrahenten Q. caecilius Metellus und ap. claudius Pulcher, siehe weiter auch Gladigow 1970, s. 373 anm. 2, der die argumente für ap. claudius Pulcher noch ergänzt um dessen vergeblichen versuch, selbst auch das Pontifikat zu erringen, sowie den hinweis auf sein vorhandenes „sakralrechtliche[s] rüstzeug.“ Es wird eine der letzten amtshandlungen des Pontifex maximus gewesen sein, bevor nach seinem tod im gleichen Jahr dann caesar nachgewählt wurde, vgl. Broughton Mrr II, s. 171. Unsicher ist hier, ob der es eine Pflicht zur Mitwirkung von auguren bei einer Inauguration gab, wie z. B. in der letzten anmerkung erwogen bei einem flamen Dialis, dazu später mehr.

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demzufolge der flamen Dialis nur unter ganz bestimmten Bedingungen rom länger als zwei tage verlassen könne, und zusätzlich auf den allerersten hier beschriebenen Fall von 242.459 5.4.2 systematische Untersuchung Will man diese regelkonflikte interpretieren, lassen sich verschiedene Gruppen von Konflikten ausmachen. zunächst (a) handelt es sich bei den meisten Fällen um Konflikte zwischen dem Pontifex maximus und anderen Priestern als Institutionen. hier kann man grundsätzliche verlaufsmuster ausmachen, die Konflikte allerdings auch noch untergliedern nach dem (verhinderten) aufbruch in die Provinz, der Berufung auf religiöse Einschränkungen, der Weihung gegen Widerstand sowie weiteren (persönlichen?) streitpunkten. Dann lassen sich (b) die Konflikte, die in der großen Mehrheit alle ins zweite Jahrhundert fallen, in den historischen Kontext einordnen und an hand der (wenigen) handelnden Personen untersuchen. schließlich kann (c) nach „den regeln“ gefragt werden, die für flamines und Oberpontifex auszumachen sind, besonders unter der Frage, wer wann rom verlassen durfte. a) Konflikte der Institutionen Beginnt man mit den Fällen der Provinzvergabe bzw. Kommandoaufnahme, fällt sofort auf, dass die Fälle 242, 189 und 131 ähnlich abliefen: Immer wurde dem flamen zwar die verhängte multa erlassen, er dennoch gleichsam zur raison gebracht und auf den Willen des Pontifex maximus verpflichtet, und zwar durch einen volksbeschluss.460 Die lage verkompliziert sich jedoch, wenn man sich an die Konsulwahlen 215 erinnert. Ohne den abbruch durch den Wahlleiter Q. Fabius Maximus wäre wohl der flamen Quirinalis Marcus aemilius regillus zum Konsul gewählt und damit zum Feldherren gegen hannibal bestimmt worden.461 Unabhängig davon, ob 242 noch gemäß alter Praxis entschieden oder aber eine neue regel aufgestellt worden war (dazu mehr unter c), scheint die lösung für 215 nicht bindend gewesen zu sein. Dies erklärt die Diskussionen 189, da es für beide lösungen mit 242 und 215 vorbilder gab, die situation gleichsam offen war.462 Wendet man sich hingegen dem aspekt des verfahrens zu, kann man noch den Fall von 63 hin459 tac. ann. 3,58 f. und 3,71. Demnach könnte ein flamen Dialis im Krankheitsfall mit Genehmigung des pontifex maximus länger als zwei nächte abwesend sein, nicht jedoch häufiger als zweimal im Jahr und auch nicht an den tagen des staatsopfers. 460 Für 242 ist dies nicht überliefert, wäre aber gut möglich, vgl. anm. 442 in 5.4.1; weiter sagt liv. 37,51,1 f. über den Konflikt 189 explizit: quale patrum memoria inter L. Metellum et Postumium Albinum fuerat. siehe in dieser richtung auch Bleicken 1957b, s. 450 oder richard 1968, s. 787. 461 vgl. Müller-seidel 1953, s. 257 f. 462 vgl. nippel 2008, s. 130 f. Jörg rüpke hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen allen Fällen jeweils der zeitraum einer ganzen Generation liegt, was ebenfalls die offene situation erklären könnte. allerdings meine ich, dass eine klare lösung dieser Problematik auch

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zunehmen und mit Bleicken festhalten, dass es sich jeweils um „Provokationsprozesse gegen eine koerzitive Mult (im administrativverfahren des sakralen Bereichs)“ handelte.463 Bleicken hat darüber hinaus die Merkwürdigkeiten dieser Prozesse herausgearbeitet, die so wenig in die raster der Forschung passen wollen. zunächst konnte der Pontifex maximus nur eine koerzitive Mult erlassen, gegen die eine Provokation gar nicht möglich war, „die Provokation bedeutet hier also keineswegs die Einlegung eines normierten rechtsmittels, sondern den verzweifelten versuch, gegen ein inquisitorisches Urteil eine Instanz zu schaffen.“ Es wird also ein rechtsmittel quasi erfunden, zumindest sein Bereich stark ausdehnt und in analogie angewandt. Damit wird aber nach Bleicken auch der Bereich des sacrum beschnitten: „Die Unabänderlichkeit des pontifikalen spruchs wurde aufgehoben und für diesen der endgültige Entscheid einer zweiten, weltlichen Instanz übertragen.“464 nun ist es zweifelsohne richtig, dass in allen vier Fällen die religiöse Entscheidung des obersten Priesters der politischen Bestätigung einer der comitia populi Romani bedurfte, doch liegt dies daran, dass eben (auch) eine politische Konsequenz gewünscht wurde. Für tatsächliche reaktionen war die Übertragung in die politische sphäre immer nötig; auf eine solche „nécessité de la médiation sociale“ hat besonders John Scheid hingewiesen.465 Das eigentlich Überraschende ohne positivierten (und archivierten) Beschluss im kommunikativen Gedächtnis der mit exempla aus der vergangenheit zu argumentieren geübten Elite präsent gewesen wäre. 463 Bleicken 1957b, s. 461 f. 464 Bleicken 1957b, s. 464 und s. 465 (hervorhebung im Original). nach Bleicken akzeptiert der Pontifex diese politische Instanz, um die momentane Einhaltung der sakralen regeln zu gewährleisten und einer „offenen verachtung des sacrum in den Weg“ zu treten. zumindest das letzte überzeugt nicht, denn ohne ein Beharren auf den regeln wäre es gar nicht zum testfall gekommen. Bleicken selber spricht (s. 467 anm. 4) von der Möglichkeit, bei ‚gutem Willen‘ des Oberpontifex, Kollisionen zu vermeiden, indem dieser schlicht Übertretungen ritueller regeln übersah. auch wäre eine Dispens-regel denkbar gewesen, die wiederum den normalfall deutlich gemacht hätte. Überhaupt nicht passt dies argument auf den Fall von 131, wenn man auch den Pontifex maximus an ähnliche vorschriften gebunden sieht. Interessant ist, dass dies eine umgekehrte Denkfigur zu Meiers „Kompromiss-angebot“ des senats ist, welcher bereit sei, in der sache nachzugeben, um das Prinzip zu bewahren, vgl. nur Meier 1975. nach Bleicken ist die Kassation der Mult ein angriff auf die Kompetenz des Oberpontifex (op. cit., s. 467) und sind diese Prozesse – mehr noch als die zulassung der Plebejer um 300, welche nur den Kreis der spezialisten für die sakrale sphäre vergrößerte (so s. 465 anm. 1, leicht abweichend s. 478 anm. 1) – letztlich die „Kapitulation des sacrum vor dem Publicum“ (s. 480). Dem kann ich so nicht zustimmen, vgl. weiter im text sowie die folgende anmerkung. 465 scheid 1981, s. 166; speziell für die Fälle dieser „widerspenstigen Priester“ s. 129: „En effet le peuple ne tranchait pas du tout sur le plan religieux – ce pour quoi il nʼavait aucune compétence – mais sur un plan profane, celui de la violation dʼune prescription par le prêtre.“ Für die immer notwendige Übertragung eines Beschlusses siehe auch s. 130: „les infractions que le romain pouvait commettre […] sont tous matérielles et extérieures“ sowie „la catégorie du délit religieux en soi est inconnue du droit romain;“ damit sind (ausgeführt am Bona-Deaskandal, s. 133) Diskussionen und politische Manöver bei der Feststellung und Bewertung solcher Fälle nicht nur zu tolerieren, sondern völlig normal. Umgekehrt wird bei der tempelabdeckung von Q. Fulvius Flaccus 173 oder nach den großen verlusten der schlacht bei Drepanum 249 zwar eine Wiedergutmachung eingefordert, aber nicht der religiöse Frevel an sich bestraft: „lʼimpiété légendaire de claudius ne fut en revanche jamais jugée“ (s. 143); selbst ein

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aus meiner sicht ist, dass dies nicht durch eine senatsentscheidung (wie bei einem „zu übertragenden“ Beschluss der auguren), sondern (Mitte des dritten respektive anfang des zweiten Jahrhunderts) durch eine volksversammlung geschah; dies wird dem charakter eines rechtsstreits der beteiligten Parteien rechnung getragen haben, zu dem es kam, da die provocatio hier offensichtlich nicht als nicht einschlägig oder nicht zulässig angesehen wurde. Das Problem der Prozesse ist, jetzt wieder mit Bleicken gesprochen, dass die Gewalten „inkommensurabel“ waren.466 Die autorität des Pontifex maximus und das imperium eines Magistraten waren nicht vergleichbar, konnten auch nicht in einem rangverhältnis wie die potestates in rom stehen. Dies zeigt sich darüber hinaus auch in den merkwürdigen Urteilen, die ja jeweils einen Kompromiss darstellen, was in sich wiederum besonders ist, da eine volksversammlung eine Beschlussvorlage nur bejahen oder verneinen konnte, nicht aber verändern. Bei den Prozessen müsste also irgendjemand einen solchen Kompromissvorschlag unterbreitet haben.467 spannend ist der hinweis von livius (37,51,6) für 189, dass der Prätor abgehalten werden muss, nach der Entscheidung gegen sein Kommando dann völlig auf sein amt zu verzichten: Ira provinciae ereptae praetorem magistratu abdicare se conantem patres auctoritate sua deterruerunt et, ut ius inter peregrinos diceret, decreverunt. zwei Deutungen sind möglich. zum einen könnte der senat (patres) ein Interesse daran haben, dass Magistrate nicht einfach zurücktreten, wenn etwas ihren Wünschen nicht entspricht. zum anderen könnten hier aber auch nur die Patrizier (patres) handeln und dafür sorgen, dass ein flamen sich nicht jeder politischen tätigkeit entzieht, sondern sich zumindest einige Karrierechancen offenhält; in jedem Fall wird der Wunsch nach einem Kompromiss deutlich.468 Die religiösen Einschränkungen, auf die Bezug genommen wird, tauchen ansonsten unterschiedlich auf. In den Fällen 200 und 184 werden sie mit dem Eid des Bruders und der gezielten losung der Fremdenprätur pragmatisch gelöst bzw. umgangen;469 umge-

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Flaminius wäre nicht deswegen verurteilt worden. „Pour les auspices, pour les obnuntiationes, cʼest la volonté publique qui décide si au regard des intérêts de lʼÉtat lʼaction commise par lʼindividu constitue un délit, sans cette médiation lʼacte individuel reste indifférent“ (s. 144). Die Entscheidung, ob überhaupt eine regelverletzung vorlag, lag also immer bei der Gemeinschaft, vgl. auch s. 152, oder s. 165: „il apparaît que les romaines ne pouvaient concevoir lʼacte religieux quʼen tant que médiatisé par une communauté.“ Daher heißt es dann nach den verlusten von 249 bei cic. nat. deor. 2,8: Clodius a populo condemnatus est. vgl. zu diesem Punkt insgesamt die ausführungen oben zu den auguren sowie allgemein 2.1 vgl. nur Bleicken 1957a, s. 414, der ausführt wie diese schwierigkeit livius (37,51,4 für 189) dazu bringt, von „imperia“ zu sprechen, um zu zeigen, dass beide mit ihrer jeweils höchsten Kraft agieren. Bleicken 1957a, s. 420 denkt an kurulische aedile als versammlungsleiter. Gegen eine solche lösung Bauman 1983, s. 101, dessen Einwände allerdings nicht überzeugen. In die letzte richtung geht Müller-seidel 1953, s. 255 f. Unsicher scheint mir, ob die lösung mit dem Eid 200 wirklich der versuch von crassus Dives ist, valerius Flaccus steine in den Weg zu legen (so richard 1968, s. 789), oder nicht schon eine pragmatische lösung darstellt (so i. s. einer Umgehung eines tabus auch vanggaard 1988, s. 63). Dass alle Institutionen der res publica zusammenarbeiten (müssen?), senat, Konsuln, volkstribune und volksversammlung nötig sind oder für nötig erachtet werden, spricht für eine einvernehmliche abwägung zwischen religiösen regeln und politischer Partizipation. vgl. zu

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kehrt scheinen sie 176 eher ein vorwand zu sein, nicht nach spanien zu müssen.470 vermutlich sind es solche Einschränkungen, die dazu führen, dass sich 209 und 180 c. valerius Flaccus und l. cornelius Dolabella weigern wollen, überhaupt geweiht zu werden. sieht man davon ab, dass 180 das Ergebnis durch ein auspicium malum noch verhindert wurde, ist bei einem postulierten normalen verlauf das bekannte Muster mit der letztendlichen Entscheidungsmacht beim Pontifex maximus ersichtlich.471 Dass überhaupt versucht wird, sich einer Weihung zu entziehen, zeigt vielleicht exemplarisch, was in der Einleitung zu diesem Kapitel nur angedeutet wurde. auf der einen seite stehen die schwierigkeiten, trotz gewisser sakraler Beschränkungen als Magistrat oder Befehlshaber tätig zu werden, was ganz besonders für den rex sacrorum gegolten haben dürfte. auf der anderen seite zeigt ja gerade die Karriere des valerius Flaccus, wie die Bekleidung von Ämtern trotzdem möglich war und wie das Priesteramt eine Karriere (hier durch einen senatssitz) sogar fördern konnte. Daneben kann man noch auf das Interesse einer Familie abstellen. selbst wenn die Weihungen den Einzelnen einschränkten, musste es im Interesse einer Familie liegen, zumindest einige ihrer Mitglieder in verschiedenen Priesterschaften zu installieren.472 Ob also die Familie des Flaccus, noch dazu nach seiner Wandlung zu einem vorbildlichen römer, gegen seine Weihung oder mit dieser unzufrieden war, ist unsicher bis unwahrscheinlich.473

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diesem zusammenarbeiten auch 7.4. – Contra schlag 1968, s. 142, deren Bewertung, dass diese Entscheidung zeige, wie „wenig sinn für das Wohl des staates“ und „wie wenig verantwortungsbewußt für innerstaatliche angelegenheiten eine Majorität im senat im Jahre 200 handelte,“ ich nicht nachvollziehen kann. Bei dem freiwilligen verzicht 176 fällt auf, dass der hinweis auf religiöse Pflichten nicht ausreicht, sondern ein Eid gefordert wird. hintergrund sowohl für die geringe Motivation der beiden Protagonisten als auch für diese Forderung nach einem Eid könnte die rolle spaniens als unbeliebte, weil schwierige Provinz gewesen sein (vgl. 6.4.2). sollte dies als Drückebergerei empfunden worden sein, erklärt sich vielleicht auch die streichung von scipio Malugensis von der senatsliste durch die zensoren zwei Jahre später. vgl. Bleicken 1957b, s. 452 f., nach ihm wollten die damals stark dominierenden Servilii einen cornelier „aus der politischen arena hinausdrängen.“ anders rüpke 2005a, s. 1573, der den Fall auf Grund des Ergebnisses als Gegensatz zu 209 aufführt und die Ernennungsmöglichkeit gegen Widerstand „prekär“ nennt, was mich nicht überzeugt; rüpke stellt hier zu sehr auf das Ergebnis des scheiterns ab. Für seine (prinzipiell richtige) these gegen eine Karriere-sackgasse des Flaminats argumentiert vanggaard 1988, s. 81 f. u. a. damit, dass die meisten flamines zum zeitpunkt ihrer Weihung meist viele Familienmitglieder in mächtigen Positionen hatten, welche ein evtl. unerwünschtes Flaminat wohl hätten verhindern können. Diese argumentation verkennt aber gerade, dass es aus sicht einer gens eher sinnvoll gewesen wäre, neben politischen Ämtern durch ein Mitglied der Familie eben auch ein Flaminat zu besetzen, unabhängig von dort dann evtl. vorherrschenden Einschränkungen für diese eine Person. Für solche strategien spricht umgekehrt gerade die unter 5.2 kurz angerissene Frage nach der zulassung mehrerer Mitglieder einer gens in eine Priesterschaft; für das Interesse, verschiedene religiöse Positionen unter verschiedenen Familien aufzuteilen vgl. nur north 1990a, s. 534. Für die these, dass licinius den Valerii also sogar einen Gefallen getan hatte, siehe Müllerseidel 1953, s. 261. auch valerius Flaccus selber wird sich arrangiert haben, dafür sprechen nicht nur sein explizit beschriebener Wandel und seine spätere Karriere, sondern auch die tatsache, dass ja gerade durch ein falsches Opfer (wie 211) oder in einem verstoß gegen eines der

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neben diesen Konflikten um Provinzen und Weihungen sind noch die beiden etwas erratischen Fälle von 159 und 63 sowie die Diskussionen 209 und 200 zu untersuchen. Für 159 ist auf Grund der spärlichen Überlieferung kaum etwas zu sagen. Was genau der Prätor gemacht hat, so dass der oberste pontifex eine Mult aussprach, bleibt unklar; interessant ist dagegen der hinweis vom Epitomator des livius (liv. per. 47) auf den vorrang eines ius sacrorum.474 63 spielt sich der streit zwischen Pontifex maximus und augur als einziger Fall nur in der sphäre des sakralen rechts ab, bis auf die Entscheidung allerdings, die interessanterweise durch einen volksbeschluss getroffen wurde, also wie in den anderen streitfällen zuvor auch. Da der Pontifex maximus nicht qua amt Gehorsam von einem auguren erwarten konnte, war dies auch die einzige Möglichkeit, hätten doch sonst pontifices gegen augures gestanden und damit den Fall (auch) nicht lösen können.475 Dass kein senatsbeschluss erwirkt wurde, wird an der späten zeit liegen, 63 hatte die volksversammlung die rolle des schiedsrichters übernommen. allerdings wird hier eine lösung präsentiert, die von dem Muster abweicht: Dem augur wird nicht nur die strafe erlassen, sondern von ihm wird auch kein Gehorsam dem Pontifex maximus gegenüber eingefordert, vermutlich deswegen, weil bei der Kollision auf beiden seiten sakrale Gründe geltend gemacht werden konnten. Der Fall des plebejischen curio Maximus von 209 hätte – abgesehen davon, dass mit dem verfahren von 17 ausgelosten der 35 tribus eine „volks“-Wahl ja gerade vermieden werden sollte – schon bei den Wahlen behandelt werden können. Das Muster erscheint nunmehr bekannt, sowohl volkstribune als auch senat geben die Entscheidung an das volk weiter, und althergebrachte privilegierte patrizische rechte müssen der freien Entscheidung des volkes weichen.476 200 ist interessant vielen tabus (wie beim heruntergefallenen apex 209) man das amt des flamen auch wieder verlieren konnte. Eine solche Option deutet auch linke 2009, s. 343 anm. 25 an; problematisch wären sicherlich die sozialen Konsequenzen einer solchen verweigerung sakraler und damit stark Gemeinwohl relevanter tätigkeiten, von einer zustimmung zur „Entlassung“ von wohl mindestens dem pontifex maximus ganz zu schweigen. 474 zum Problem, dass der Oberpontifex eine Multierung nur gegenüber einem ihm untergebenen Priester aussprechen konnte, siehe Bleicken 1957b, s. 453 f. 475 stellt man allerdings darauf ab, dass die Mitwirkung der augures für die Inauguration zwingend erforderlich war, wie u. a. Brassloff 1913, s. 458, catalano 1960, s. 220 f. und dann (für die in gleicher Weise zu behandelnden flamines) liou-Gille 1999, s. 450 überzeugend ausführen, könnte man aus dem Konfliktfall 63 eine gewisse verfügungsgewalt des obersten Priesters auch über auguren annehmen, so valeton 1891b, s. 459, der über den Pontifex maximus ausführt: „is solus poterat augurem adesse et munere fungi iubere.“ Gegen eine verpflichtungsmöglichkeit siehe aber catalano 1960, s. 228 f. Differenzierter ist das lösungsangebot von Gladigow 1970, bes. 378, der eine „sakralrechtliche sonderregelung,“ eine „hilfskonstruktion“ für die Inauguration von Priestern annimmt, nach welcher der Pontifex maximus in der condictio eine „assistenzverpflichtung“ gegenüber den auguren besaß; gestützt wird das argument auf serv. aen. 3,117: hoc quidam iuxta speciem auguralem positum tradunt, quae appelatur condictio, id est denuntiatio, cum denuntiatur, ut ante diem tertium quis ad inaugurandum adsit. Im Konfliktfall wird dennoch eine lösung „von außen“ notwendig gewesen sein; das scheitern der Mult deutet gerade nicht auf ein weisungsgebundenes verhältnis, siehe dazu weiter im text. 476 Dabei wird mit der Wahl einer Person eine Erlaubnis der Kandidatur gleichsam rückwirkend

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zu beobachten, dass die pontifices als Kollegium die Position des pontifex maximus offensichtlich überstimmen.477 Unklar bleibt erstens, wie genau innerhalb der pontifices abgestimmt wurde (vgl. 3.2), wobei m. E. eine einfache Mehrheit ausgereicht haben wird, und zweitens, wer genau dafür sorgte, dass das ganze Kollegium entscheiden sollte, wobei hierfür, zumindest offiziell, nur der senat in Frage kommen kann. sicher ist dagegen, dass der Pontifex maximus daraufhin dem Konsul das Gelübde vorspricht – vovit in eadem verba consul praeeunte maximo pontifice –, nur eben, wie livius dann fortfährt, in einer veränderten Form, da anders als bei den acht ludi magni zuvor hier zum ersten Mal ein unbestimmter Betrag gelobt wird.478 Der Pontifex maximus fügt sich also der Entscheidung seines Kollegiums und dem Wunsch des Konsuls.479 hier haben wir damit eine veränderung und neuerung innerhalb der eigentlich so starren religiösen riten; dies ist besonders interessant, da niemand der argumentation von P. licinius crassus widerspricht und dieser alle Präzedenzfälle auf seiner seite hatte, wie die Gegenüberstellung von livius impliziert: octiens ante ludi magni de certa pecunia voti erant; hi primi de incerta. Entscheidend scheint zu sein, dass niemand die alte vorgehensweise bestreitet oder versucht, diesen Fall als besonders darzustellen, sondern dass die neue Möglichkeit neben die alte tritt, aber mit dem zusatz, dass die neue (offenbar von mehreren gewünschte) vorgehensweise sogar die bessere sei.480

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oder automatisch erfolgt sein. Für einen vermuteten zusammenhang mit dem Oberpontifikat des licinius crassus siehe rüpke 2005a, s. 1625 sowie weiter im text. Dass allerdings laut rüpke die „Beteiligten vom vorgehen einfach überfahren wurden“ und der Protest erst später einsetzte, kann ich nicht nachvollziehen. zunächst schildert livius (27,8,1–2) die Bedenken der Patrizier: patriciis negantibus C. Mamili Atelli, qui unus ex plebe petebat, habendam rationem esse, quia nemo ante eum nisi ex patribus id sacerdotium habuisset. Danach liest man: Tribuni appellati ad senatum [rem] reiecerunt, senatus populi potestatem fecit; nach der Wahl hingegen beginnt gleich die Episode von valerius Flaccus, weiterer Protest gegen atellus wird also nicht überliefert. Für eine politische Bewertung wäre es hingegen spannend zu wissen, ob atellus unus ex plebe i. s. des einzigen plebejischen Kandidaten neben vielleicht anderen, unbekannten patrizischen Gegenkandidaten war oder aber ob er unus ex plebe i. s. des überhaupt einzigen, allerdings plebejischen Kandidaten war. rüpke 2005a, s. 1629 weist daraufhin, dass die beiden 203 und 202 kooptierten Sulpicii Galbae in der auseinandersetzung mit P. sulpicius Galba sicher gegen den pontifex maximus stimmten, der offensichtlich um 200 keine Mehrheit im Kollegium erreichen konnte. zur zusammensetzung siehe auch schlag 1968, s. 150 f. oder szemler 1972, s. 110 f., für eine wahrscheinliche 5 zu 4 Mehrheit gegen crassus, siehe Bauman 1983, s. 105 anm. 85. liv. 31,9,9–10. Dass sich der Pontifex maximus in dieser angelegenheit „purely political“ verhält (Briscoe 1973, s. 80), bleibt möglich, ist aber schon auf Grund des Fehlens von weiterem Widerstand unwahrscheinlich. Motive, den Konsul Galba an der Überfahrt nach Griechenland zu hindern (scullard 1973, s. 87), kommen allenfalls hinzu. hauptsächlich wird crassusʼ Motivation sein großer respekt alter Ordnungen (siehe dazu den nächsten Punkt) gewesen sein, hier sprachen sowohl die anderslautende tradition als auch der analoge rechtscharakter eines Kaufvertrages für seine Position, vgl. Bauman 1983, s. 105 und anm. 83. vgl. zu diesem letzen aspekt bes. north 1976, s. 6 f. Dieser Fall zeigt eine normveränderung, nicht notwendigerweise ein abnehmen der religiösen Bindungen in rom; contra schlag 1968, s. 150, die eben dies nicht nur dem Konsul sondern auch den pontifices unterstellt. Dies verkennt, dass die traditionelle Bindung oder die religiöse Ehrfurcht eben in der formalen oder

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b) Personen und Kontext Man kann und muss die Konflikte noch unter einem anderen Gesichtspunkt untersuchen, nämlich nach den handelnden Personen. Ein großer teil der Konfliktfälle fällt in das Pontifikat des licinius crassus Dives, der mit 29 Jahren am längsten amtierte (212 bis 183).481 Es ist dieser Pontifex maximus, unter dem, wie gerade behandelt, 209 der erste plebejische curio Maximus gewählt wird, der im gleichen Jahr 209 c. valerius Flaccus gegen dessen Willen zum flamen weiht und vielleicht darauf achtet, dass jener als aedil 200 keinen Eid ablegen kann und 184 die Fremdenprätur zugelost bekommt. Dazu hat crassus Dives 211 den rücktritt des flamen Dialis claudius erwirkt und 189 den flamen Quirinalis von seinem Kommando in sardinien ferngehalten. In fast der hälfte aller untersuchten regelkonflikte ist licinius crassus Dives damit involviert. schon im vorherigen Kapitel hätte seine Wahl zum Pontifex maximus erwähnt werden können, bei der er sich, ohne selber ein kurulisches amt bekleidet zu haben, gegen die Konsulare und zensorier Q. Fulvius Flaccus und titus Manlius torquatus durchgesetzt hatte.482 Dazu war er erst der dritte Plebejer in diesem amt, beides wird dazu geführt haben, dass er besonders erpicht darauf war, sein amt aktiv und engagiert auszuüben.483 Das versuchte er, eng und streng orientiert an den sakralen vorschriften. so ließ er eine vestalin geißeln und machte einen Bittgang zum tempel der vesta, nachdem dort das heilige Feuer in einer nacht versehentlich erloschen war.484 194 moniert er, dass der heilige Frühling (ver sacrum) nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und wiederholt werden müsse. Dabei wird er manchmal auch über das ziel hinausgeschossen sein. sein zögern, 200 bei den Gelübden für die ludi Iovi mitzuwirken, da die summe für die spiele unbestimmt sei, wird – wie oben behandelt – von dem Kollegium der pontifices für überflüssig erachtet.485 Und doch erinnern ihn die Quellen als großen rechtsgelehrten, ja als iuris pontificii peritissimus.486 Insofern sind seine aktionen durch besonders strikte Observanz religiöser regelungen zu erklären und

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prozeduralen Bitte um ein Gutachten und nicht in materiell oder positiv fixierten Grundsätzen zu sehen ist. siehe bes. Bauman 1983, s. 92–110. vgl. zu dem folgenden absatz auch richard 1968, s. 798 f. liv. 25,5,2–4. vgl. nur richard 1968, s. 798: „Il se trouva donc placé dans la nécessité de justifier ce choix par une activité inlassable à la tête du collège pontifical.“ liv. 28,11,6–7; val. Max. 1,1,6. liv. 34,44,1–2 bzw. liv. 31,9,7–10. scullard 1973, s. 87 führt erneut politische Gründe ins Feld, die Wiederholung des ver sacrum sei für scipio gedacht und gegen cato und l. valerius Flaccus gerichtet gewesen. nach richard 1968, s. 798 f. dagegen ist 194 vor allem eine „revanche“ für die Entscheidung des Kollegiums, 200 crassusʼ autorität in Frage zu stellen. auf einen finanziellen aspekt weist rüpke 2005a, s. 1630 hin, dem zufolge hier Defizite des Kalenders gewinnbringend korrigiert wurden. Bauman 1983, s. 107 dagegen sieht wirklich religiösrituelle vorsicht am Werk – dem ist zuzustimmen, da gegen die suche nach spezifischen Gründen nur bei crassus allein liv. 34,44,2 berichtet, der Pontifex habe diese Entscheidung dem senat ex auctoritate collegii mitgeteilt. liv. 30,1,4–6; zitat in 5; vgl. zu P. licinius crassus Dives auch cic. de or. 3,134; sen. 50,61; Brut. 77. In seine amtszeit fällt 186 auch die Bacchanalien-affäre, in welcher der Pontifex maximus aber keine besondere rolle gespielt zu haben scheint. siehe zu den vorgängen von

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– zumal gegen c. valerius Flaccus – in sich durchaus konsistent; auch verzichtet crassus Dives aus den Gründen, die er gegen andere ins Feld führt, selbst 205 als Konsul auf die losung um die Provinz sizilien.487 natürlich schließt dies auch persönliche Motivationen in den einzelnen Fällen nicht aus, nur sind diese kaum dominant.488 Eher schon ist nach weiteren strukturellen politischen Gründen zu suchen. Wie gesehen, fällt in seine amtszeit die erste plebejische Besetzung des curio Maximus; hinzu nehmen muss man auch die Einrichtung der epulones. Rüpke hat überzeugend dargelegt, dass die schaffung einer weiteren Priesterschaft mit nahezu identischen aufgaben zu den pontifices vor allem eine Erhöhung der anzahl von stellen bedeutete, die ihrerseits ihren Inhabern wiederum Prestige und Karrieremöglichkeiten boten. nicht zufällig ist einer der ersten drei Epulonen, der antragsteller ihrer Einrichtung, ein licinier; umgekehrt wäre eine solche neuerung ohne und erst recht gegen den Willen des pontifex maximus kaum denkbar.489 Richard hat darauf aufmerksam gemacht, dass es sich nicht nur bei crassus Dives, sondern auch bei dem Oberpontifex caecilius Metellus im ersten Konflikt 242 um einen Plebejer, den ersten in diesem amt, gehandelt hat. In Metellus zeit fallen dabei das erste überlieferte „Provinzverbot“ und zwei rücktritte von flamines. Umgekehrt ist kein einziger Konflikt zwischen einem patrizischen Pontifex maximus und einem flamen überliefert; von dem patrizischen pontifex maximus l. cornelius lentulus caudinus ist 215 bei der anstehenden Wahl des flamen Quirinalis M. aemilius regillus z. B. nichts zu hören.490 Eine tendenz der plebejischen

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186 aus einer Fülle von arbeiten nur die große studie von Pailler 1988, sowie nippel 1997, linke 2000 und m. w. v. rüpke 2005a, s. 1631–1635. liv. 28,38,12; nach Plutarch (Fab. 25,3) gab es versuche von Fabius Maximus, licinius crassus von diesem verzicht abzubringen, damit sich dieser mit scipio um die Provinz und den Oberbefehl streiten solle. siehe dazu Müller-seidel 1953, s. 259 f. anm. 73 sowie s. 262 für die würdige Erfüllung der religiösen Pflichten durch crassus. Bauman 1983, s. 97 dagegen nennt crassusʼ Entscheidungen „by no means homogeneous,“ was allerdings schon seinen eigenen ausführungen widerspricht, siehe dazu die nächste anmerkung. Persönliche Gründe (privatis olim simultatibus effectum; aemulationi, odio, privatis adfectionibus) werden schon bei tacitus (ann. 3,58) im rückblick als Gründe für das verhalten der pontifices maximes angeführt, von denen ein kaiserlicher Oberpriester nun natürlich gefeit sei. siehe für eine zu starke Betonung persönlicher Gründe scullard 1973, z. B. für 198 (s. 136): „thus a friend of the scipios robbed a Fabius of a provincial command.“ hintergrund ist seine grundsätzliche annahme (s. 67), dass P. licinius crassus ein Unterstützer der „scipionic group“ war und diese von seinen Entscheidungen profitierte, dagegen lippold 1963, s. 301 ff. (differenzierter übrigens Münzer 1920, s. 261 f.). Gegen jede Form von rechtsmissbrauch durch crassus spricht sich Bauman 1983, s. 108 f. aus. vgl. rüpke 2005a, s. 1573. richard 1968, bes. s. 791: „cʼest dans leur qualité de plébéien quʼil faut chercher lʼexplication de lʼattitude des grands pontifes qui imposèrent brutalement leur autorité à certains flamines,“ vgl. auch s. 797. Dezidiert in diese richtung geht auch Münzer 1920, s. 261: „Die Macht des geistlichen Oberamtes diente den plebejischen Inhabern nur dazu, das vorrecht der Patricier, die ausschließliche Befähigung für den Flaminat, in eine politische zurücksetzung zu verwandeln.“ skeptisch, aber hier nicht überzeugend, zu der Interpretation einer „plebejischen“ linie ist Bauman 1983, s. 109 f. auch wenn im Einzelfall licinius crassus Dives eher „der tradition“ als plebejischer Politik verpflichtet war, sind damit die hinweise von richard nicht hinreichend entkräftet. auch dass das Flaminat im Gegensatz zum curio maximus patrizisch

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Oberpriester, die (patrizischen) flamines in die (allerdings vielleicht althergebrachten) schranken zu weisen und bei einer politischen Partizipation zu behindern, könnte auch in dem Widerstand gegen den versuch von Flaccus 209 gesehen werden, einen senatssitz zu beanspruchen.491 allerdings wird man auch bei caecilius Metellus eine hingabe an seine amtspflichten und die starke Observanz religiöser regeln nicht außer acht lassen dürfen, soll er doch die heiligtümer aus dem brennenden tempel der vesta gerettet haben.492 Umso mehr fällt der Fall 131 aus der reihe, wo die politischen aspekte die religiösen deutlich überwiegen; dieser Fall wird im nächsten abschnitt weiter behandelt. c) Regelungen für die flamines und den pontifex maximus hier soll noch einmal die zentrale vorschrift aus den untersuchten Fällen hinterfragt werden: Wer durfte für ein Kommando rom verlassen? War dies überhaupt geregelt? – Für den Oberpriester selbst ist der zu diskutierende Fall 131.493 Während bei cicero die Übertragung des Kommandos auf licinius crassus gegen aristonicus 131 als normal oder zumindest als problemlos erscheint (Phil. 11,18), wird in den periochae des livius (also im 4. Jahrhundert n. chr.) angemerkt, dass damit zum ersten Mal ein Pontifex maximus Italien verließ: numquam antea factum erat – was sich allerdings ebenso gut auch auf die folgende Information beziehen lässt, dass der Pontifex maximus danach im Krieg erschlagen wurde.494 helfen die anderen Fälle weiter? 205 hatte der Pontifex maximus und Konsul P. licinius crassus Dives auf ein losen mit seinem Kollegen im Konsulat, scipio africanus, noch ver-

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blieb, ist kein ausreichendes argument gegen evtl. versuche, dieses amt mit Einschränkungen zu belegen. Unter dieser Perspektive des verhältnisses von Patriziern und Plebejern erklärt sich vielleicht auch, warum der flamen Fabius Pictor in jedem Fall 189 abgehalten werden sollte, aus Protest ganz auf seine Prätur zu verzichten. Umgekehrt zeigt sich, wie stark ein argument des Patriziers Fabius Maximus 215 gegen regillus gewirkt haben muss, vgl. dazu schon Müller-seidel 1953, s. 257. cic. scaur. 48; liv. per. 19; Ov. Fast. 6,437–454; val. Max. 1,4,5; Dion. hal. ant. 2,66,4. vgl. nur Bleicken 1957b, s. 455 (und ähnlich s. 467) mit dem verweis auf den großen politischen Kampf um ein Kommando im reichen asien; siehe auch lippold 1963, s. 303 und richard 1968, s. 800. In cic. Phil. 11,18 findet sich der hinweis, dass bei der Übertragung des Kommandos an crassus zwei tribus für scipio africanus aemilianus stimmten. Dies soll nach Münzer 1920, s. 262 ein vermittlungsvorschlag gewesen sein, der davon ausging, dass der Pontifex maximus ebenfalls aus religiösen Gründen rom nicht verlassen könne. Mit dem hinweis auf den traum eines dictator rei publicae constituendae aus leg. 6,12 sollen hier Bestrebungen vorgelegen haben, scipio ein außerordentliches Kommando und eine Diktatur zu verschaffen, ähnlich wohl Bauman 1983, s. 311, dem zufolge sich der Pontifex maximus vielleicht erst als reaktion auf versuche von scipio bewirbt. nicht geklärt werden kann, ob der für seine rechtskenntnisse berühmte crassus Dives Mucianus (Gell. 1,13,10) seine handlung besonders begründet, vgl. nippel 2008, s. 131. liv. per. 59: P. Licinius Crassus cos., cum idem pontifex max., quod numquam antea factum erat, extra Italiam profectus proelio victus et occisus est.

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zichtet, quia sacrorum cura pontificem maximum in Italia retinebat, so livius.495 Der Pontifex maximus l. caecilius Metellus feierte zwar 242 einen triumph für taten in seinem Konsulat, hatte dieses aber vier Jahre vor seiner Weihung zum obersten Priester bekleidet.496 Entschieden wird diese Frage erst unter tiberius, allein schon der antrag von servilius Maluginensis aber zeigt, dass die Frage nicht völlig eindeutig geklärt war. auch kommen bei tacitus zunächst mehrere argumente pro Servilio, bevor tiberius am Ende anders entscheidet. Damit herrscht nun Klarheit, explizit wird dem flamen Dialis eine absentia annua und damit eine administratio provinciarum untersagt. Doch was ist dies? Eine Feststellung alten rechts? Eine neue Entscheidung, die erst ab hic et nunc gilt? vermutlich versteht sich der kaiserliche Erlass von tiberius als Bestätigung und Erläuterung des zitierten augusteischen Beschlusses. Es ist in jedem Fall kein rechtswissenschaftliches Gutachten, welches eine Geltung für frühere zeiten rekonstruiert, auch wenn sich der Kaiser und Pontifex maximus auf den Fall von 242 als exemplum beruft. Dass der pontifex maximus Italien nicht verlassen durfte, findet sich für den Fall von 131 erst bei Plutarch (Fab. 25,4): … τὰ δὲ καὶ νόμος θεῖος ἱερωσύνην ἔχοντα τὴν μεγίστην.497 Ob man aber wirklich vor tiberius oder zumindest vor augustus eine solche regel konstruieren kann, ist zweifelhaft. nach Mommsen beweist das verhalten eines „gewissenhaften“ Pontifex maximus „vielmehr, dass rechtlich seiner Entfernung nichts im Wege stand.“498 nun wäre zumindest mit einer Geltung durch herkommen zu rechnen. Nippel verweist in diesem zusammenhang aber noch auf die Gesandtschaft des pontifex maximus scipio nasica serapio nach Pergamon, die offensichtlich trotz seines amtes möglich war;499 auch bei caesars aufenthalt in Gallien scheint niemand ein Problem zu sehen. 495 liv. 28,38,12; auch 28,44,11; lippold 1963, s. 301 anm. 17 weist (gegen Münzer und Bleicken) darauf hin, dass sich aus den aktivitäten von licinius als cos. 205 und procos. 204 eine Beschränkung auf Italien, nicht aber auf die urbs Romana ergibt. 496 l. caecilius Metellus feiert 242 nach liv. per. 19 einen sieg über die Punier, was sich wohl auf sein Konsulat von 247 (vgl. Broughton Mrr I, s. 216) bezieht; Pontifex maximus wurde er erst 243, vgl. val. Max. 8,13,2 sowie Broughton Mrr I, s. 218. 497 Flacelière et chambry (Budé) übersetzen: „Quant à crassus, il resta en Italie, soit parce quʼil avait un caractère doux et nʼaimait pas les querelles, soit par respect de la loi religieuse, car il était souverain pontife.“ hier wird der respekt vor dem Gesetz betont, was besser passt als: „Und da er das oberste Priesteramt bekleidete, durfte er Italien aus religiösen Gründen Italien nicht verlassen“ von ziegler (tusculum). 498 Mommsen str I, s. 491 anm. 2; ähnlich Wissowa 1912, s. 506. 499 nippel 2008, s. 132; hintergrund ist die Entfernung von scipio nasica aus rom nach dem tod des ti. Gracchus. Wieder ist es Plutarch (ti. Gracch. 21,6) der darauf hinweist, dass nasica Italien verlies „obschon er durch die feierlichsten religiösen verpflichtungen gebunden war,“ da er das Priesteramt innehatte. aber das amt scheint in diesem Fall kein hindernis gewesen zu sein. nach Münzer 1920, s. 262 kann „die einer halben verbannung gleichende Mission“ kein argument für die rechte und Pflichten des pontifex maximus sein. Ähnlich Bauman 1983, s. 310, der trotzdem eher von einer Pflicht des Pontifex ausgeht, in rom zu bleiben. anders könnte dies aussehen, wenn man schleussner 1976, s. 98–103 und s. 122 anm. 63 folgt, der ausführt, dass innenpolitische Gründe allenfalls zusätzlich zum tragen kamen oder die abreise beschleunigten, die Gesandtschaft aber außenpolitisch wichtig war und die Provinz asia eingerichtet werden sollte. Fraglich ist, ob nicht trotzdem schnell die Gelegenheit ergriffen wurde,

5.4 regelkonflikte und pontifices

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Ein wirklicher regelbruch des P. licinius crassus ist für 131 damit nicht festzustellen, was aber auch daran liegt, dass im rom des Jahres 131 die Instanz fehlte, einen solchen regelverstoß anzumerken. Denn es reicht ja nicht aus, etwas gegen die regeln zu unternehmen, eine evtl. rechtswidrige handlung vorzunehmen. solange sich niemand beschwerte, gab es kein Problem, und bis jemand die Ungültigkeit oder ein verbot feststellte, war man „nur“ durch herkommen und moralischen Druck gehindert, und auch dass nur, wenn durch Missbilligung überhaupt eine Devianz der handlung entstand. Das Feststellen einer solchen handlung als regelverstoß aber oblag traditionell dem Pontifex maximus – verstieß dieser nun selber gegen die regeln, konnte niemand anderer diesen verstoß autoritativ kenntlich machen.500 Dies zeigt auch der Fall von 171, der hinweis des Konsuls auf den vormaligen los-verzicht seines Kollegen reicht nicht aus. neben dem sachlichen hinweis wird es auch entscheidend gewesen sein, von wem ein solcher hinweis kam. Daneben muss bei allen Fragen um den pontifex maximus bedacht werden, dass man in rom, nicht nur zur not, auch ohne ihn auskam, da die meisten Entscheidungen vom Kollegium der pontifices getroffen wurden (wie 200 sogar gegen den pontifex maximus); dies zeigt nicht zuletzt wieder caesar, der zwischen 63 und anfang 49 kaum mehr als zwei Jahre anwesend in rom bzw. von 50–58 durchgehend abwesend war. Wie sieht es umgekehrt mit den flamines aus? Die Beschränkungen für den flamen Dialis sind bekannt und im Wesentlichen unstrittig, fraglich ist dagegen, ob diese ohne Modifikation auf die anderen flamines zu übertragen sind. Die Passagen bei aulus Gellius beziehen sich ausschließlich auf den flamen Dialis, die Konfliktfälle 242, 189 und 131 aber betreffen gerade die anderen flamines. Dass überhaupt keine abstrakte, positiv-rechtliche regelung hierzu überliefert ist, muss eigentlich überraschen. Dass dann aber 242 ein erster Konfliktfall auftaucht, ohne dass älteres recht angeführt wird, und dass vor allem 215 ein solcher flamen fast Konsul geworden wäre, macht es wahrscheinlich, dass versucht wurde, Bestimmungen für den flamen Dialis auf andere flamines zu übertragen.501 nach Mommsen war den nasica zumindest temporär aus rom zu entfernen; über das Problem des Pontifex maximus, Italien zu verlassen, findet sich bei schleussner nichts. 500 anders Bauman 1983, s. 311: „Mucianus did exceed the bounds;“ was aber übersieht, dass regelverstöße immer auch festgestellt werden müssen. Im sinne einer hypothetischen Geschichtsschreibung kann allenfalls überlegt werden, wie eine solche hinderung denn hätte aussehen können. Das Kollegium der pontifices hätte, wie 200, gegen den Pontifex maximus entscheiden können. auch den auguren wäre vielleicht eine verhinderung möglich gewesen, zumindest ein verzögern des auszugs durch Meldung von mala auspicia oblativa. als letztes könnte man an volkstribune denken, die entweder eine aushebung verhindern oder ihrerseits Prodigien ankündigen und verwünschungen ausstoßen, wie gegen crassus 55 (cic. div. 1,29– 30; cass. Dio 39,39,9), was aber auch scheitert. Wahrscheinlich ist das alles nicht, zumal dann in dem Jahr beide Konsuln als Befehlshaber ausgefallen wären. nach scheid 1981, s. 129 kam niemand auch nur auf die Idee, crassus hindern zu wollen: „il ne vient à lʼidée de personne de protester.“ 501 richard 1986, s. 800 f.: „Il est certain, croyons-nous, que les grand pontifes plébéiens, par souci dʼimposer leur autorité, ont fait leur possible limiter au domaine religieux lʼactivité des flamines majeurs. Il est également probable quʼils ont durci le statut des flamines de Mars et de Quirinus, le rapprochant arbitrairement de celui du flamen Dialis.“

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5 regelkonflikte und sakralrecht

flamines Martiales und Quirinales zwar nicht das recht bestritten, eine Magistratur zu bekleiden (wie sich ja in den Fällen auch durchgängig gezeigt hat), aber doch, Italien zu verlassen. Die angeführten Quellen beziehen sich dabei alle auf die hier diskutierten Konflikte:502 valerius Maximus (1,1,2: ne a sacris discederet, multa dicta urbem egredi passus non est) und livius (per. 19: in urbe tenuit nec passus est a sacris recedere) auf 242, livius (37,51,2–3: ne in Sardiniam profisceretur) auf 189 und cicero (Phil. 11,18: multam dixit, si a sacris discessisset) auf 131. Dabei taucht Italien als referenzgröße noch nirgends auf, was vor dem bellum sociale als referenzgröße auch nicht zu erwarten war. Italien als regelbezug wird erst bei tacitus erwähnt, allerdings im hinweis des flamen, dass es gerade kein verbot gäbe (ann. 58: frustra vulgatum digitans non licere Dialibus egredi Italia). In diesem Fall aber geht es schon wieder um den flamen Dialis, für den ja eben Beschränkungen, nicht außerhalb der stadt zu nächtigen, auch positiv-rechtlich überliefert sind.503 Für die anderen flamines lässt sich eine ähnliche vorschrift nur aus der Gewohnheit heraus konstruieren oder aus ihrem Opferdienst ableiten.504 sind die aufenthaltspflichten aber nur durch Gewohnheit geregelt, stellt sich die Frage, wer bei den Konfliktfällen seit 242 etwas neues durchsetzen und wer auf altem beharren will. Während bei Münzer, Scullard und auch Richard die (plebejischen) pontifices maximi aktiv, durch eine ausweitung der anwesenheitspflicht die Möglichkeiten der (patrizischen) flamines einschränken, kann sich bei Latte das Pontifikalkollegium 189 z. B. „noch durchsetzen.“505 solche thesen sind schwer zu belegen und zu bewerten, da niemand den Faktor situativer Entscheidungen kennt, auch wenn ein gewisses Muster der plebejischen pontifices maximes plausibel erscheint. 502 Mommsen str I, s. 491 anm. 2; statt tac. ann. 71 müsste der verweis auf tac. ann. 58 erfolgen. 503 vgl. nur Gell. 10,15,14; sinnvoll erscheint es mir, in analogie zu den vorschriften der manusEhe in den drei nächten außerhalb roms ohne sondergenehmigung eine störung (aufhebung?) der quasi-potestas zwischen pontifex maximus und flamen zu sehen, vgl. Bauman 1983, s. 103; ähnlich auch vanggaard 1988, s. 66, wobei mir die leichte andeutung, der flamen Dialis könnte aus moderner Perspektive so evtl. die „potestas of the god“ verlassen, nicht einleuchtet. Interessant genug wäre die Frage, ob bei drei nächten außerhalb des hauses wirklich eine patria potestas gleichsam zu reaktivieren wäre, also die Kombination aus captio und vor allem inauguratio nicht doch stärkere Geltungskraft aufwiese als die einer manus-Ehe. – Den hinweis, dass Italien vor dem bellum sociale als regelbezug nicht zu erwarten ist, verdanke ich Jörg rüpke. 504 vgl. nur latte 1960, s. 403: „von Beschränkungen, wie sie dem Flamen Dialis auferlegt sind, hören wir nichts. Es war selbstverständlich, dass sie die stadt nicht verlassen durften, solange sie dauernden Dienst im tempel hatten.“ Gegen konkrete Beschränkungen auch richard 1978, s. 797 oder Bauman 1983, s. 103 f. 505 latte 1960, s. 276, wobei er kaum zufällig „Pontifikalkollegium“ benutzt, was dem Wortlaut der Quelle nicht entspricht, aber persönliche Motive des obersten Priesters verdeckt. Für latte ist die Entwicklung solcher ansprüche der flamines bereits Produkt des verfalls der römischen religion (vgl. s. 394). Ohne diese Konnotation, aber doch in die gleiche richtung geht vanggaard 1988, s. 64, nach dem die flamines Martiales und Quirinales irgendwann („we do not precisely know when“) von einer anwesenheitspflicht befreit werden. zur Frage, ob die pontifices maximi oder die flamines vom usus abweichen, siehe auch, allerdings ohne antwort, Müller-seidel 1953, s. 256.

5.5 zusammenfassung

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Konstatiert werden kann aber nur, dass gerade die umstrittene Deutung, wer abweicht, wer normales fordert oder Unbilliges verhindert, den Konflikt mit sicherheit verschärft hat. Umso überraschender mag es anmuten, dass man es immer bei Einzelfallentscheidungen belassen und eine klare Entscheidung vermieden hat.506 als letztes ist für die flamines zu fragen, ob sie ein recht auf einen senatssitz hatten, ob 209 also altes oder neues eingefordert wird. Willems zufolge hatte der flamen Dialis, und nur dieser, seit der Königszeit das recht, in den senat zu gehen, so auch Wissowa.507 Dies entspricht dem Bericht des livius, dass ein solches recht in vergessenheit geraten sei, da die flamines seit Generationen unwürdig (ob indignitatem flaminum) gewesen wären. Das ist natürlich ein schwieriges argument und würde, streng genommen, bedeuten, dass der senatssitz an der (würdigen) Person und nicht am Flaminat als amt hing. livius gibt freilich auch die etwas merkwürdige Begründung, dass der flamen mehr auf Grund seines lebenswandels als des rechts wieder hineingeführt wurde – omnibus ita existimantibus magis sanctitate vitae quam sacerdotii iure eam rem flaminem obinuisse. Damit wird keine klare Gewichtung zwischen dem vetustum ius und der recentissima consuetudo getroffen, denn es bleibt unklar, „welches der beiden Prinzipien sich durchsetzt,“ ein „uraltes, an eine Funktion geknüpftes recht“ oder eine „personenbezogene Ehrung,“ so Nippel.508 Es spricht allerdings einiges für die zweite variante, da auf diese Weise die Möglichkeit einer flexiblen Entscheidung im Einzelfall gewahrt blieb. Oder man muss sich eine doppelte Bedingung vorstellen: einen möglichen senatssitz für einen flamen Dialis, sofern dieser darüber hinaus eine würdige Person war – was ein flamen Dialis in rom ja auch sein sollte. 5.5 zUsaMMEnFassUnG Konzentriert man sich zunächst auf die Kriterien-bezogenen normen, also auf die Ergebnisse innerhalb der sakralen sphäre, lässt sich für die zuletzt diskutierten 506 vgl. zu diesem aspekt bes. nippel 2008, s. 130 f. sowie den nächsten Punkt 5.5. 507 Willems 1883, I s. 666 und II s. 162 anm. 4; Wissowa 1912, s. 507. Gespeist wird dieses recht nach Willems (op. cit. I, s. 667) aus dem symbol der sella curulis, wohingegen liktoren und die toga praetexta auch bei anderen flamines auftauchten; ursprünglich waren im senat nur senatoren zugelassen, selbst ihre söhne warteten vor der tür (Willems II, s. 163 anm. 8), wie ursprünglich auch die volkstribune, bevor diese als nicht-senatoren aus politischen Gründen an sitzungen teilnehmen durften (Willems I, s. 666) und später auch nach ihrem tribunat das ius sententiae dicendi bekamen (wohl durch das plebiscitum Atinium, so jedenfalls tatum 2010.) Die Frage ist hier, wie viele flamines Diales nicht sowieso auch senatoren waren. Interessant ist in diesem zusammenhang die Idee von Bauman 1983, s. 99, der dem Pontifex maximus crassus Dives, welchen er für den agierenden Prätor 209 hält (vgl. 5.4.1), unterstellt, die zulassungsfrage positiv klären zu wollen, um damit nach dem Widerstand des valerius Flaccus gegen die Weihung das Flaminat attraktiver zu gestalten. 508 nippel 2008, s. 133, vgl. nippel 2009, s. 93. Bei Kunkel 1971, s. 38 steht im vordergrund, dass das recht mit dem Priesteramt fest verbunden, daher nur bei bestimmten Personen aber nicht generell verwirkt werden konnte. – Der lebenswandel des valerius Flaccus muss sich im übrigen sehr schnell geändert haben.

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5 regelkonflikte und sakralrecht

rechte und Pflichten von flamines und des pontifex maximus festhalten, dass es für das verlassen von rom ursprünglich nur verbote für den flamen Dialis gab. Diese thematik ist darüber hinaus ein gutes Beispiel dafür, wie aus religiösen Pflichten, die anwesenheit voraussetzen, und einer äußeren Entwicklung, gekennzeichnet von Expansion und neuen magistratischen aufgaben auch der Priester, Konflikte entstehen können, die zunächst nicht geregelt sind, für die sich dann aber regeln finden lassen. Wahrscheinlich wurde versucht, Einschränkungen des flamen Dialis auf die flamines Martiales et Quirinales zu übertragen. Die volksversammlung entscheidet jedenfalls immer für den Pontifex maximus, der dadurch zumindest eine Bestätigung seiner regelauslegung erhält. somit lässt sich auch eine hierarchie im verhältnis zwischen dem Pontifex maximus und den flamines konstatieren, wobei letztere durchaus versuchen (können), trotzdem Widerstand zu leisten. Dass aber auch der Pontifex maximus keine unbeschränkte religiöse autorität hatte, zeigen der Widerspruch der pontifices als Kollegium 200 und der erfolgreiche Widerstand eines auguren 63, ebenso die auffällige tatsache, dass der pontifex maximus in allen Konfliktfällen auf die hilfe einer volksversammlung oder des senats angewiesen ist. Die Erklärung dafür liegt darin, dass der oberste pontifex alleine nur für den sakralen Bereich einen regelverstoß konstatieren konnte, für politische Konsequenzen aber eine „Übertragung“ seiner Entscheidung nötig war. Diese notwendigkeit einer Übertragung von Beschlüssen leitet über zu den Ergebnissen der regelkonflikte bei den augures, wo sich gezeigt hat, dass ein sakralrechtliches argument zwar keine unmittelbare Geltung, aber doch enormes Gewicht hatte.509 Ganz eindeutig ist das, wenn der senat die auguren um ein Gutachten bittet und dieses danach „natürlich“ auch übernimmt oder wenn selbst in strittigen Fällen (327, 215, 162) Proteste ausbleiben bzw. an der Entscheidung nichts ändern.510 ansonsten ist allgemein beim Umgang mit den sakralrechtlichen vorschriften eine erstaunliche Flexibilität festzustellen, man denke an die Möglichkeiten, rituelle schranken pro forma einzuhalten, de facto aber zu umgehen, wie bei der Karriere des c. valerius Flaccus, speziell beim Eid seines Bruders 200, an den momentanen, aber nicht prinzipiellen verzicht auf eine Provinz 176 und 171, an das FastKonsulat des aemilius regillus 215 und auch an den antrag, rom verlassen zu dürfen, von 22 n. chr. Offensichtlich konnte keine der ad-hoc-Entscheidungen für die zeitgenossen die offenen Fragen eindeutig klären, sonst wären die immer erneuten versuche und Diskussionen nicht zu verstehen. statt Grundsatzentscheidungen zu treffen, wurden immer Kompromisse geschlossen. Die Fragen bleiben bewusst offen, sind nicht durch tradition fixiert und damit je nach sichtweise unklar und unsicher oder aber flexibel zu handhaben. rechte und Möglichkeiten mussten immer wieder ausdiskutiert werden. Keine Diskussion gab es bei Konsens oder 509 Eine ausnahme mag Flaminius sein, der sich 223 zumindest kurzfristig weigern soll, sein Kommando niederzulegen, siehe aber die quellenkritischen Bemerkungen von Beck 2005a, s. 253 ff. Festhalten kann man nur, dass eine eventuelle Weigerung, sofort zurückzutreten, stark negativ konnotiert wird bzw. einen starken vorwurf bildet, vgl. anm. 441. 510 Die juristische argumentation von linderski 1986, der das durchgehend zweistufige verfahren betont, bleibt richtig, aber es gilt eben auch, was north 1989, s. 590 ausgeführt hat: „Once the senate had consulted them, it seems inconceivable that their advice should not be followed.“

5.5 zusammenfassung

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wenn, wie 131, gar keine Instanz vorhanden war, die einen vermeintlichen verstoß hätte anzeigen und damit feststellen können, oder wenn, wie 171, nicht die richtige autorität auf die regelverletzung hinwies. an dieser stelle ist abschließend auch festzuhalten, dass selbst bei der enormen Geltung auguraler vorbehalte zumindest in der Gesetzgebung der späten römischen republik Flexibilität auszumachen ist, da die Konsequenzen eines vitium oder einer obnuntiatio bei Wahlen noch deutlicher zu tage traten als bei einer rogatio, bei der eine eventuelle spätere Ungültigkeit leichter handhabbar gewesen wäre.511 – Die festzuhaltenden stichworte sind damit einerseits „normgenese“ und „Flexibilität von vorschriften“ und andererseits die verschränkung von sakraler und politischer sphäre (mehr dazu unter 7.2).

511 zu denken ist hier erneut an Dig. 1,14,3 und die Gültigkeit der amtshandlungen eines sklaven, der (38?) Prätor geworden war und nach Entdeckung sofort zurücktreten musste, so Kunkel/ Wittmann 1995, s. 53 f. anm. 4; vgl. dazu 3.6.

6 rEGElKOnFlIKtE BEI DEr trIUMPhvErGaBE 6.1 EInlEItUnG Polybios 6,15,7–8 καὶ μὴν τὰς ἐπιτυχίας τῶν ἡγουμένων ἐκτραγῳδῆσαι καὶ συναυξῆσαι καὶ πάλιν ἀμαυρῶσαι καὶ ταπεινῶσαι τὸ συνέδριον ἔχει τὴν δύναμιν˙ τοὺς γὰρ προσαγορευομένους παρ᾽αὐτοῖς θριάμβους, δι᾽ ὧν ὑπὸ τὴν ὄψιν ἄγεται τοῖς πολίταις ὑπὸ τῶν στρατηγῶν ἡ τῶν κατειργασμένων πραγμάτων ἐνάργεια τούτους οὐ δύνανται χερίζειν, ὡς πρέπει, ποτὲ δὲ τὸ παράπαν οὐδὲ συντελεῖν, ἐὰν μὴ τὸ συνέδριον συγκατάθηται καὶ δῷ τὴν εἰς ταῦτα δαπάνην. „Und auch die Erfolge der Feldherren großartig zu feiern und zusammen mit ihren namen hervorzuheben oder umgekehrt sie abzuschwächen und herabzusetzen, dazu hat der senat die Macht. Denn die ‚triumphe,‘ wie das Wort bei ihnen heißt, durch die die Feldherren den Bürgern ihre taten plastisch vor augen führen, können sie nicht feiern, wie es sich gehört, ja manchmal überhaupt nicht durchführen, wenn der senat nicht zustimmt und die dazu nötigen Mittel nicht zur verfügung stellt.“

soweit die Beschreibung der triumphvergabe in rom, wie sie der im zweiten Jahrhundert v. chr. dort lebende griechische staatsmann und historiker Polybios überliefert. Kontext der Passage sind seine ausführungen über die von ihm gerühmte römische Mischverfassung; in diesem speziellen abschnitt geht es um die Kompetenzen des senats, der laut Polybios auch über die triumphvergabe entscheidet. Oder doch nicht? vielleicht nur generell, im „normalfall?“ Es klingt zumindest schon an, dass man einen triumph auch anders feiern, auch ohne den senat durchführen kann: Gibt es einen triumph ὡς πρέπει (wie es sich gehört), wird es auch einen anderen geben (können).512 – Um diese Frage und andere soll es in diesem abschnitt gehen: Gab es in rom klare regeln für die triumphvergabe? Konnte jeder triumphieren, der wollte? War umgekehrt ein triumph überhaupt zu verhindern? Und wenn darüber entschieden wurde, geschah dies nach immer gleichen Kriterien oder war der ausgang einer Debatte unvorhersehbar und willkürlich? Kurz: Gab es ein ius triumphandi? zunächst (6.2.1) ist dabei zu überlegen, was ein triumphzug in und für rom eigentlich bedeutete. Erst wenn man sich den ablauf vergegenwärtigt und die symbolischen und rituellen Funktionen sieht, kann überlegt werden, wer an einem triumph Interesse hatte und was der soziale und politische rahmen einer Entscheidung über einen triumph war. Es folgt ein Überblick über den Forschungsstand (6.2.2) und die Quellenlage (6.2.3), wobei der schwerpunkt auf den Forschungen und Fragen zu einem ius triumphandi liegt, auf der Frage, wer wie triumphieren durfte. Dann sollen im anschluss (6.3) die Fälle vorgestellt werden, bei denen es 512 vgl. Itgenshorst 2005, s. 57, der auch in ihren kritischen Bemerkungen zur entsprechenden Kommentierung der Passage durch Walbank 1970 (hcP I), s. 689 zuzustimmen ist.

6.2 Der römische triumph

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streit und auseinandersetzungen gab. Diesem – wie immer – chronologisch aufgebauten Überblick folgt eine systematische Untersuchung (6.4) sowohl der rolle der volksversammlung als auch der in den senatsdebatten auftauchenden Kriterien. auch wenn das verhältnis von senat und volksversammlung grundsätzlich unter den Institutionen-bezogene normen gesondert behandelt wird (7.1), geht es hier direkt um die triumphvergabe selber, so dass eine Untersuchung schon bei den Kriterien-bezogenen normen der vergabepraxis sinnvoll ist. schließlich wird für den senat das gemischte Bild eines vergabesystems mit wenigen festen und vielen flexibel gehandhabten Kriterien herausgearbeitet, welches man am besten mit der Unterscheidung von regeln und Prinzipien beschreiben kann (6.5). vor den Ergebnissen dieses Kapitels (6.7) werden noch die abweichungen (6.6) behandelt, die gegen z. t. elementare spielregeln verstoßen und das system als Ganzes ignoriert (und vielleicht damit in Frage gestellt) haben. 6.2 DEr rÖMIschE trIUMPh 6.2.1 ablauf einer pompa triumphalis von den verschiedenen Prozessionen in rom ist die bekannteste und aufwändigste die sog. pompa triumphalis.513 Ursprünglich eine religiöse zeremonie, eine rituelle reinigung des heimkehrenden Bürgerheers (purificatio) und ein symbolischer ab513 zu den pompae allgemein: hölkeskamp 2007 und 2008, Beck 2005b sowie Flaig 2003a, s. 36, der darauf hinweist, dass sich jede pompa in einem doppelten Bezugsrahmen, in einer doppelten Konkurrenz befand, also die pompa triumphalis im verhältnis zu pompa funebris oder pompa circensis, aber auch jeder triumph im verhältnis zu allen vorangegangenen triumphen stand. Für die rolle des triumphs als verbindung von glorreicher Gegenwart mit glorreicher vergangenheit siehe Pittenger 2008, s. 280. Für die Besonderheit, da wir auf Grund der Überlieferungen eine serie individuell verschiedener triumphe rekonstruieren können, siehe Beard 2007, s. 59. Für spätere angleichungen der pompae vgl. Flower 1996, s. 107–109; zu den imagines und der pompa funebris siehe generell Flower 1996, s. 91–127, Bodel 1999, Flaig 2003a, s. 49–68, Walter 2003, s. 259–266 sowie jetzt auch die Überlegungen von rüpke 2008, s. 21 f., dem zufolge mit den Masken nicht die toten selber, sondern deren (mögliche) Ehrenstatuen verkörpert wurden, siehe dazu auch die übernächste anmerkung. aus rechtlicher sicht scheint ein großer Unterschied zwischen pompa triumphalis und pompa funebris in der Frage der Bewilligung zu liegen, da für letztere die Gemeinschaft nicht um Erlaubnis gefragt werden musste, sondern die Entscheidung allein bei der Familie lag. Ein Konflikt- und damit möglicher testfall ist mir hierfür allerdings nicht bekannt; anders sieht es nicht nur bei der Frage nach einem funus publicum oder gar einer Ehrenstatue (vgl. nur cic. Phil. 9,16 f., siehe dazu u. a. Wesch-Klein 1993, s. 83 f.) aus, sondern bereits die am Ende einer pompa funebris stehende lobrede von der rostra bedarf nach Dion. hal. ant. 9,54,5 einer Genehmigung (vgl. Flower 1996, s. 95 f.), wie aber wohl jede öffentliche rede eines nichtmagistraten. nun stellen die zuletzt genannten aspekte wie die laudatio den verstorbenen auch weit mehr heraus, als es ein Umzug mit vielen ahnenbildern tut, welche ab einer gewissen anzahl von vorfahren und den engen verwandtschaftlichen Beziehungen auch familienübergreifend und damit gemeinschaftsstiftend gelesen werden kann (zu denken wäre an Polyb. 6,52,10–6,54, dazu mehr unter 8.1) und also eher die rolle der adeligen innerhalb der römischen Gesellschaft allgemein betont anstatt einen von ihnen deutlich über alle anderen herauszuheben. Diese argumentation deutet

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

schluss des Feldzuges, handelt es sich um eine große siegesprozession (pompa), ja um um ein großes spektakel: an der spitze schreiten Magistrate des amtsjahres, gefolgt von senatoren, dann wird die Beute514 gezeigt: Waffen, Gold, silber, symbolische Darstellungen der besiegten städte, völker und länder; Opfertiere, schließlich Gefangene. Im zweiten abschnitt kommt der triumphator. vor ihm die liktoren mit ihren mit lorbeer umwickelten fasces. Dann er selber in einer Purpurtoga, mit einer palmenbestickten tunika, lorbeerkranz, Elfenbeinszepter und rotgefärbtem Gesicht.515 als letztes die soldaten, auch mit lorbeer bekränzt und rituelle spottlieder auf ihren Feldherren singend. – so stellt man sich einen triumph in rom idealtypisch vor.516 analysiert man die verschiedenen Elemente, stellt man im Umkehrschluss wiederum klar auf die wichtige rolle einer Genehmigung für die sonderstellung eines triumphators hin, vgl. weiter im text. 514 Eine immer noch ungeklärte Frage ist, wem die Beute eigentlich gehört, dem Feldherren oder der res publica. zusammen mit der ebenfalls unklaren abgrenzung zwischen praeda und manubiae ist hier eine größere Forschungskontroverse zu konstatieren, vgl. für einen Überblick über ältere literatur Pape 1975, s. 27–33; insgesamt lassen sich zwei Positionen zuspitzen: Während shatzman 1972 die private verfügungsgewalt des Feldherren über die Beute betont, vertritt churchill 1999 die these eines treuhandvermögens („custody, not ownership“). Da in beiden Fällen am Ende die Beute zumindest auch für Belange der Gemeinschaft verwendet werden soll, müsste überlegt werden, ob der juristische Unterschied beider Positionen in der sozialen Praxis ebenso groß wäre, ich hoffe, dies an anderer stelle weiter verfolgen zu können. an dieser stelle ist die Beute nur wichtig für den charakter des triumphs als spektakel und die rolle der zuschauer als rezipienten, wie sie etwa in liv. 45,39,5 f. zum ausdruck kommt, wenn gefragt wird, was denn im Falle einer ablehnung des triumphzuges mit der Beute geschehen soll, ob die kostbaren Bildwerke aus Gold, Marmor und Elfenbein nächtens wie Diebesgut in den staatsschatz gebracht werden sollten – quo signa aurea, marmorea, eburnea, tabulae pictae, textilia, tantum argenti caelati, tantum auri, tanta pecunia regia? an noctu tamquam furtiva in aerarium deportabuntur? auch wenn es hier (vor dem volk) als argument auftaucht, so war die Beute interessanterweise zwar ein Indikator für ruhm und Ehre innerhalb der Gruppe der triumphatoren – man denke an Marcellus 211, aemilius Paullus 167 und dann später Pompeius – aber kaum Kriterium (im senat) für die Frage, ob ein triumph gewährt werden soll; einer der ganz wenigen Fälle ist Dion. hal. ant. 6,30,2, wo 495 der Konsul seinem Kollegen servilius vorwirft, die Beute verteilt anstatt für das aerarium mitgebracht zu haben – ὅτι ἐκ τῶν τοῦ πολέμου λαφύρων οὐδεμίαν μοῖραν εἰς τὸ δημόσιον ἀνήνεγκεν, ἀλλʼ οἷς αὐτὸς ἐβούλετο κατεχαρίσατο. Für die versuche, durch Beuteangaben einen sieg „messbar“ zu machen, siehe dennoch Wolters 2008; dort auch zur wirtschaftliche Bedeutung der Beute, welche mit dem Beginn direkter herrschaft ab Mitte des zweiten Jahrhunderts zurückgeht. 515 Das rotgefärbte Gesicht ist für rüpke 2006a, s. 260 f. und 2008, s. 16 f. der hinweis darauf, dass der triumphator seine eigene, später aufzustellende terracotta-statue verkörperte. siehe dazu (freundlich-kritisch) Itgenshorst 2005, s. 38 und (ablehnend-kritisch) versnel 2006, bes. s. 304 ff.; vgl. generell für den zusammenhang von triumph und Ehrenstatuen sehlmeyer 1999, u. a. s. 112 ff., s. 134 ff. sowie zur Bedeutung von Monumenten im öffentlichen raum hölscher 2009, s. 161–165. 516 siehe z. B. app. Pun. 66 und zon. 7,21 für scipio 201 oder Plut. aem. 32–34 und Diod. 31,8,9– 12 für den dreitägigen triumph des aemilius Paullus 167; vgl. auch hölkeskamp 2006b. Itgenshorst 2005, s. 13 f. und s. 30 weist auf den idealtypischen charakter einer solchen späten Beschreibung insbesondere bei den griechischen autoren hin. ausführlich zu den verschiedenen Elementen siehe Bastien 2007, s. 251 ff. sowie zur rituellen Deutung (und der genauen reihenfolge) Flaig 2003a, s. 34 ff. Dabei bleiben einzelne Elemente umstritten, auch ist die

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eine Mischung religiöser und politischer Elemente fest. Der triumphzug ist eingebettet in die topographie der stadt: durch die porta triumphalis hindurch, über den circus Maximus, vielleicht am Palatin vorbei zum Forum romanum und von dort hinauf zum tempel des Jupiter Optimus Maximus auf dem Kapitol, der stelle, wo der Feldherr vor Beginn seines Feldzuges seine auspizien eingeholt hatte.517 Dies Ganze geschah vor den augen dessen, der den Feldherrn vorher überhaupt erst gewählt, den nobilis erst zu einem Magistrat und Feldherren gemacht hatte und nun dem symbolischen abschluss des Krieges beiwohnte: des populus Romanus. rituell betrachtet haben wir eine rite de passage vor uns; das heimkehrende heer wird „gereinigt,“ aus soldaten werden wieder Bürger.518 Daneben sollte man nicht den reinen Wert des schauspiels unterschätzen, welches den zuschauern geboten wurde. nimmt man noch die Geldgeschenke hinzu, die es nicht nur für soldaten, sondern auch für die Bevölkerung roms geben konnte, und nimmt man zur Kenntnis, dass auch alle anderen Magistrate und senatoren mitlaufen, also „mittriumphieren,“ ist klar, dass man bei allen folgenden Debatten durchaus ein allgemeines Interesse an einem triumph wird unterstellen dürfen – gleichgültig, wofür ein triumph letztlich genau war.519 allerdings muss man auf die exzeptionelle und exponierte stellung des triumphators hinweisen, der an diesem tag alle seine standesgenossen überragte.520 zwar gilt die Idee der rite de passage auch für ihn, er

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Beschreibung eher moderner (und schon) antiker systematisierung und Interpretation als „augenzeugen-Berichten“ zu verdanken, worauf gerade (und deutlich) Beard 2007, bes. s. 72–106 hingewiesen hat. zur Einbettung in die sakrale topographie, die durch neue Monumente und stiftungen auch und gerade von triumphatoren erweitert bzw. fortgeschrieben wurde, siehe nur hölkeskamp 2006b, s. 263 ff., vgl. für die verbindung von triumph und Errichtung von Gebäuden, besonders tempeln aberson 1994. schon in der antike wird der triumph als Inszenierung und Komposition gesehen; Diodor (31,8,13) lässt den sieger von Pydna, aemilius Paullus, schon über die in Griechenland stattgefunden habende Festspiele sagen, dass die abhaltung der spiele und Organisation des Festes die gleichen geistigen Fähigkeiten erfordere wie der Feldzug selber – ῞Οτι πρὸς τοὺς θαυμάζοντας τὴν ἐν τῷ θεάτρῳ ἐπιμέλειαν ὁ στρατηγὸς Αἰμίλιος ἀπεφήνατο τῆς αὐτῆς εἷναι ψυχῆς ἀγῶνάς τε τάξαι κατὰ τρόπον καὶ τὰ κατὰ πότον οἰκείως χειρίσαι καὶ παρατάξασθαι τοῖς ἀντιτεταγμένος στρατηγικῶς. Paullusʼ dreitägiger triumph 167 in rom wird ein höchstmaß an Planung erfordert haben, vgl. die Bemerkungen zur logistik von Beard 2007, s. 250. Die genaue route des triumphzuges, diskutiert bereits bei Gibbon 1796, s. 146–159, ist nach wie vor umstritten – und wird es auch bleiben, allen rekonstruktionsversuchen zum trotz, vgl. dennoch schipporeit 2008 und Martini 2008 sowie dazu jüngst auch Östenberg 2010, die ihrerseits ausführt, dass der triumphzug wohl dem Oval des circus Maximus folgte, aber danach diesen auch wieder im nordosten verließ und damit nicht noch den Palatin umrundete, was zwar weit in der Forschung verbreitet aber nicht durch Quellen zu belegen sei. vgl. zu den wahrscheinlichen Problemen, die ein solcher vorgang einer Wiedereingliederung mit sich gebracht haben wird, die Interpretation der Komödien des Plautus durch Itgenshorst 2005, s. 43 ff. Kritisch zu allen Interpretation von „zwecken“ und „zielen“ des triumphs ist Beard 2007, s. 332 f. Dass es sich mit der Fokussierung auf den triumphator, der damit allein im kollektiven Gedächtnis blieb, aber um eine politische und rituelle Enteignung der soldaten handelte, halte ich für übertrieben, siehe so jedoch Flaig 2003b und 2003a, s. 39 f., der noch einen schritt weiter-

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kehrt zurück in den zivilen Bereich, legt sein amt und seine Kompetenzen nieder, doch hat er für den tag des triumphs ein imperium – innerhalb des pomerium – und nähert sich mit schmuck und Insignien Jupiter selbst an.521 nicht umsonst soll ein sklave hinter ihm auf seinem Wagen gestanden haben, um ihm die berühmten Worte zuzuflüstern: Memento te hominem esse!522 Es handelt sich um eine der höchsten Ehrungen, die man in rom erringen konnte, für die einen als Krönung ihrer laufbahn, für andere als sprungbrett für die weitere Karriere.523 Während geht und behauptet, dass die triumphe gerade diejenigen „großen Einzelnen“ erzeugten, an denen die republik zu Grunde ging. nach Flaig ging der republik zur zeit des scipio der „semantische atem“ aus (s. 42), weil individuelle Feldherren einen Dank und mithin eine sonderstellung für ihre taten fordern konnte, der den semantischen rahmen der republik sprengte – zumindest seien versuche, umgekehrt die siege der res publica zuzueignen, nicht erfolgreich gewesen. auch nicolet 1979, s. 471 betont: „le lien civique entre le citoyen et la cité tend à disparaître au profit dʼune allégeance directe entre un homme et une masse qui voit en lui son sauveur personnel.“ Kritisch zu Flaig sind Itgenshorst 2008, s. 50 anm. 100 sowie hölkeskamp 2008, s. 119, der die „Bürger-soldaten“ als „‚Ko-akteure‘“ und teil des „‚ko-präsenten‘ populus Romanus“ begreift und insgesamt die Integrationswirkung des rituals triumph stärker betont. auch hölscher 2009 sieht eher ein „komplexes symbolisches system des Gebens und Empfangens“ (s. 169), welches sich erst durch die Übernahme der Kontrolle der öffentlichen räume ab Pompeius (und seinen Bauten) geändert habe (s. 170 f.). vergleichbar betont Bodel 1999, s. 261 einen „reciprocal exchange“ und eine aktive Partizipation der zuschauer bei einer pompa funebris. 521 Dabei war der triumphator keine verkörperung des höchsten Gottes, siehe hierzu bes. rüpke 1990 s. 230 ff., sowie 2006a, s. 256 f. oder Köves-zulauf 1998, s. 89, der auf die sehr sorgfältig dosierte angleichung an Jupiter hinweist, welche nicht (wie z. B. bei camillus) zu groß werden durfte; anders: versnel 1970, s. 78 ff., bes. s. 92. Entscheidend ist die Begrenzung auf den tag des triumphs; so spürt Marius, der nach seinem ersten triumph 104 mit der Kleidung des triumphators den senat zusammenruft, schnell den Missmut der senatoren und wechselt die Kleidung, vgl. Plut. Mar. 12,7. siehe zu dieser Episode aber auch die Interpretation der aktion als kalkulierte Provokation von hölscher 2004, s. 85. 522 vgl. hölkeskamp 2006b, s. 261; belegt ist der ausspruch bei tert. apo. 33,4, sinngemäß auch bei zon. 7,21; ausführlich zu den sätzen „Respice post te! Hominem te memento!“ Köves-zulauf 1998, s. 88–95, der ursprünglich von recipe (i. s. von „halte Deine Pferde zurück“) als regieanweisung eines langsamen triumphzuges ausgeht, was sich erst später (durch tertullian) zu respice („Blicke zurück“) gewandelt habe. rüpke 1990, s. 233 verweist in diesem zusammenhang auch auf die sitte des triumphators (wie des sklaven hinter ihm), nur einen ring aus Eisen zu tragen (Plin. n.h. 33,11), solches sollte atropäischen charakter haben, vgl. auch Bastien, 2007, s. 256 f. Der spruch des sklaven ist eher berühmt als historisch; der ganze ablauf wird sich kaum exakt so und sicher nie bei jedem triumph abgespielt haben, sondern ist eine moderne synthese verstreuter literarischer hinweise, vgl. die Bemerkungen von Beard, 2007, s. 85–96, zu tertullian bes. s. 88. 523 häufig wird von dem triumph als der höchsten Ehre überhaupt gesprochen, vgl. Künzl 1988, s. 7 (ohne jede Begründung), Weileder 1998, s. 289 ff. (mit Bezug auf valerius Maximus) oder Engels 2001, s. 152 (mit verweis auf liv. 30,15,12). Dies hat Itgenshorst 2005, bes. s. 218 überzeugend relativiert, in dem sie nachweist, dass sich nur „triumphatores novi“ epigraphisch ganz besonders auf ihren triumph berufen. Dass das römische system der Ehrungen nicht alternativlos auf den triumph ausgerichtet war, lässt sich eigentlich schon bei bei Polybios (6,53,7 f.) finden, der über die golddurchwirkte toga bei einem Begräbnis spricht, die jemand trug wenn er triumphiert oder (ἤ) etwas derartiges vollbracht hatte: ἐὰν δὲ καὶ τεθριαμβευκὼς ἤ τι τοιοῦτον κατειργασμένος, διαχρύσους. Eine entsprechende Übersetzung findet sich

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festzuhalten bleibt, dass man durchaus großes, allgemeines Interesse an einem triumph annehmen darf, ist auch klar, dass man sich gut überlegte, ob ein Feldherr einer solcher auszeichnung würdig war – dies gilt besonders für ein system, das sowieso auf Ehre und ansehen basierte und in dem ein triumph hohes symbolisches aber damit eben auch politisches Kapital war.524 nicht eingegangen wird hier auf die Diskussion über die verschiedenen Ursprünge dieser zeremonie.525 stattdessen ist anzumerken, dass bereits vor der rückkehr des Feldherren nach rom der senat dort eine supplicatio beschließen konnte, ein Bitt- bzw. hauptsächlich Dankfest für Erfolge und bei Kriegsende, bei dem die tempel der stadt zum Gebet geöffnet wurden. neben tatsächlicher Erleichterung und ritueller Dankbarkeit ist dies bereits auch als Ehrbeschluss (mit variabler Dauer) aufzufassen. Dabei war eine supplicatio, im Gegensatz zum triumph, immer ein direkter Dank an die Götter, im namen des Feldherren, für den sie beschlossen worden war.526 hinzuweisen ist auch auf die verschiedenen Forbei Paton (loeb), wohingegen Weil (Budé) und Drexler (artemis) von einem triumph „und“ entsprechenden taten sprechen, vgl. zu dieser stelle auch Itgenshorst 2005, s. 57 f.; was Polybios als alternative genau meint, bleibt aber unklar. hölscher 2009, s. 168 sieht z. B. in einer Ehrenstatue eine noch höhere Ehre. Der triumph ist in jedem Fall als eine der wichtigsten Ehren anzusehen, vgl. Bastien 2007, s. 276 ff. für „le rôle du triomphe dans les élection consulaire.“ Gerade durch „les clientèles triomphales“ und „les gratifications aux soldats et les jeux“ sieht Bastien im triumph ein Karriere-sprungbrett, besonders Prätoren hatten ihm zufolge nach einem triumph weit aus bessere chancen, das Konsulat zu erreichen – wobei seine tabelle 19 auf s. 286 andere Faktoren ausblendet und nur bedingt aussagekräftig ist. 524 Für die anwendung des Begriffs „symbolisches Kapital“ von Bourdieu für die römische republik siehe hölkeskamp 2004a, s. 93 ff. nach hölscher 2006 ist es für siegreiche Generäle (und später auch Kaiser) generell wichtig, den Moment des sieges in dauerhafte politische Macht zu überführen. Die vier angegebenen Wege dazu, rituale und Feste, siegesmonumente, öffentliche Bauten aus Beute sowie das Erzeugen einer passenden ideologische atmosphäre (s. 35 f.), lassen sich alle am Beispiel des römischen triumphzuges nachweisen. 525 zuletzt hat rüpke 2006a und 2008 die these vertreten, dass der triumphzug im vierten Jahrhundert entsteht und dabei Elemente der rückkehr eines siegreichen Feldherren einer Familie („gentilician warfare,“ 2006, s. 266), der pompa circensis und der evocatio vermischt werden Wie bei letzterer eine Gottheit als statue in die stadt gebracht wurde, so soll der reglos auf dem Wagen stehende Feldherr bereits seine folgende Ehrenstatue verkörpern (2008, s. 14 f. und s. 18 f.). Für einen generell sehr kritischen Überblick über versuche, einen Ursprung zu ergründen, siehe Beard 2007, s. 305 ff., die vor allem darauf hinweist, dass die Konstatierung eines anfangs immer auch gleich festlege, was anfängt, also was als triumph zähle oder nicht, und dass anfänge fast immer „historical retrojections“ (s. 312) seien. 526 rüpke 1990, s. 216 f., sieht die Funktion einer supplicatio in der Entladung einer aufgestauten spannung, die im Gegensatz zum triumph oder der ovatio keinen festen Formen oder voraussetzungen unterliegt, stellt aber fest, dass sich die supplicatio mit dem triumph zusammen verändert, zunächst die Dauer von ein bis drei tagen zum Ende der republik hin auf 15 tage steigt, und damit dann auch eher der Person des Feldherren als dem Erfolg im Feld rechnung getragen wird. vgl. zur supplicatio und ihrer Entwicklung in der Übergangszeit zum Prinzipat auch halkin 1953, s. 112 f. Geehrt wird ein Feldherr dadurch, dass der senat beschließt, in seinem namen den Göttern zu danken. Dies gilt noch nach dem tod caesars, zu sehen an dem Beschluss vom 1. 9. 44 im anschluss an die supplicatio von l. Munatius Plancus, den Göttern auch einen tag in namen caesars zu danken, siehe hierzu die ausführungen von Ferrary 1999, bes. s. 217–222.

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men, die ein triumph annehmen konnte. neben den gerade vorgestellten „klassischen“ triumph tritt der sog. kleine triumph, die ovatio. auch diese war ein triumphzug durch die stadt rom, doch betrat der Feldherr die stadt entweder zu Fuß oder ritt nur auf einem Pferd ein, trug dabei die toga praetexta und einen Myrtenkranz – im Gegensatz zu dem triumphator mit lorbeerkranz auf einer Quadriga. auch spielten statt trompeten Flöten, und statt der soldaten folgte der senat.527 Warum, für welche leistungen und ab wann dieser kleinere triumph – livius spricht von medius honos, Plinius von triumphus minor528– aufkam, wird später behandelt werden (6.4), ebenso der triumphus in monte Albano, ein triumphzug des Feldherren außerhalb der stadt roms auf dem albanerberg, der weder von senat noch von der volksversammlung genehmigt werden musste und so rechtlich wie räumlich etwas Besonderes darstellt (vgl. 6.6.4.a). 6.2.2 triumphvergabe im spiegel der Forschung Wie die Beschreibung dieses großen spektakels und heimkehrrituals vermuten lässt, hat der triumph in rom viele verschiedene Facetten. Ob höchste Ehre oder „nur“ Distinktionsmerkmal innerhalb der Elite, ob Motor der römischen Expansion und damit „la principale cause des grandeurs“ (Montesquieu) und „lockspeise zu auswärtigen Befehdungen und streifereien“ (Herder), ob als rein religiöse zeremonie, als buntes volksfest oder aber rite de passage, ob als „grande liturgie civique“ (Nicolet), als öffentliches theater zur Erhöhung des eigenen sieges und visuellen Erinnerung der taten529 – viele Fragen lassen sich stellen, von der genauen route innerhalb roms, über die (etruskischen?) Ursprünge des rituals bis hin zu den symbolischen Deutungen, die alle in der literatur erforscht werden, ja gerade in jüngerer und jüngster zeit offenbar neues Interesse wecken, aber nicht teil der hier diskutieren Fragestellung nach regeln für und beim triumph zur zeit

527 aulus Gellius (5,6,27) bietet beide varianten des Einzugs: mit einem Pferd oder (Masurius sabinus folgend) zu Fuß, mit dem senat als Gefolge. nach Dion. hal. ant. (5,47,3–5 und 9,71,4) betritt der triumphator die stadt zu Fuß, gefolgt von der armee, trägt eine weiße toga mit Purpurstreifen statt Goldverzierung und hat kein zepter. Für eine Beschreibung aller oben erwähnten Elemente siehe z. B. Plutarch, Marc. 22, der die friedlichere ausstattung eines solchen kleinen triumphs betont. Der Grund für die ovatio z. B. des Marcellus (anstelle des triumphes) war eben (nach liv. 26,21,1–6) das abwesende heer, vgl. dazu weiter im text. Die ovatio wird von den auch für den triumph anzuführenden Forschungen mit behandelt, welche in dem Überblick im nächsten Punkt aufgeführt sind. 528 liv. 39,29,5; Plin. n.h. 15,19. vgl. Dion. hal. ant. 8,67,10, der von δὲ τὸν ἐλάττονα θρίαμβον spricht, und siehe ebenfalls 5,47,2, wo die auszeichnung für einen Publius Postumius tubertus, cos. 503, im Gegensatz zum seinem Kollegen agrippa Menenius lanatus „nur in der kleineren und geringen ovatio bestand (Ποστόμιος δὲ τῷ ἐλάσσονι καὶ ὑποδεεστέρῳ, ὃν καλοῦσιν οὐαστήν), welche weiter (5,47,4) durch τῆς ἐλάττονος τιμῆς, also weniger Ehre charakterisiert wird. 529 Montesquieu 1755, s. 3: „voilà lʼorigine des triomphes, qui furent dans la suite la principale cause des grandeurs où cette ville parvint.“ herder 1787, s. 369; nicolet 1979, s. 467.

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der republik sind.530 Was (oder für was) der triumph war, wann und wo er begann, ist nicht teil der Frage, wer triumphieren durfte. Konzentriert man sich auf Probleme der triumphvergabe und Fragen eines ius triumphandi, sind an Forschungen zunennen: J. S. Richardson 1975, R. Develin 1978, T. C. Brennan 1996, A. Petrucci 1996, C. Auliard 2001, dann M. Beard 2007, M. Maiuro 2008, und M. R. P. Pittenger 2008 sowie – immer noch – Mommsen 1887. Und hinzunehmen kann man auch die Beobachtungen von Edward Gibbon, der neben einigen festen Kriterien eher die abwägung im senat und die anpassung an äußere veränderungen betont und daher vor allem im ritual der anfrage der Feldherren, den Göttern zu danken und ihnen selbst den triumph zu erlauben, die Bedingung für einen triumph sieht: „Je pense que cette condition, dont lʼinterprétation se prêtoit facilement à la prudence et lʼéquité des juges, étoit seule essentielle, quoique plusieurs écrivains y ayent substitué une multitude de petites loix, qui arrêtoient les délibérations du sénat, et le mettoient à chaque instant.“531 Der nachsatz, geschrieben im Winter 1764 in rom, macht deutlich, 530 siehe für die triumphe generell Ehlers rE-artikel (7, a1, 1939); Künzl, Der römische triumph (1988); kurz aber konzise: nicolet 1979, s. 467–472 sowie jüngst Bastien, le triomphe romain et son Utilisation Politique (2007); Beard, the roman triumph (2007) und Itgenshorst, tota illa pompa (2005), die in ihrer arbeit auch einen guten Überblick über die ältere literatur bietet. Eine umfassende, chronologische Bibliographie findet sich im von larocca und tortella herausgegebenen sammelband trionfi romani (2008), eine zusammenfassung der meisten oben erwähnten aspekte bei Pittenger 2008, s. 275–298. (Etruskische) Ursprünge sowie die rituelle Bedeutung werden diskutiert bei versnel, triumphus (1970) und 2006; l. Bonafante-Warren, roman triumphs and Etruscan Kings: the changing face of the triumph, 1970, s. 49–66 sowie rüpke, Domi Militae (1990), 2006a und 2008. Für die rituellen und symbolischen Deutungen der triumphzüge, für ihre Einbettung in die sakrale topographie roms siehe die arbeiten von hölkeskamp 2001, 2006, 2008; hölscher 2001, s. 94–198; Flaig 2003a, s. 32–48 sowie Martini 2008. vgl. dazu auch Beck, züge in die Ewigkeit, Prozessionen durch das republikanische rom (2005). zur performativen seite und der Darstellung von rom und den Besiegten siehe: Brilliant, „let the trumpets roar“ (2000) und Östenberg, staging the world, rome and the other in the triumphal procession (2003). Für eine sich auch beim triumph und seiner Inszenierung ergebende Möglichkeit, sich nicht nur über andere herauszuheben, sondern sich auch über allgemeine normen publikumswirksam hinwegzusetzen: hölscher 2004. Für die Erinnerung an den triumph in römischer Kunst: holliday, the Origins of roman historical commemoration in the the visual arts (2002), s. 22–62. Für die politische Bedeutung des triumphzuges für die nobiles: hölkeskamp 1987 und Bastien 2007, der den triumph als verfestigung politischen Kapitals begreift und ihn als Distinktionsmerkmal innerhalb der Elite herausarbeitet. Für skepsis allerorten vgl. Beard 2007, die u. a. darlegt, dass man gar nicht fragen könne, was während des triumphs geschah, sondern nur wie sich die römer selber den triumph vorstellten und erinnerten, als ein „ritual in ink“ (bes. s. 58 und s. 106). 531 Gibbon 1796, s. 131 f. In der benutzen ausgabe erscheint der text von Gibbon sowohl im französischen Original als auch in einer englischen Übersetzung; Gibbon selber soll lange zwischen beiden sprachen geschwankt haben, vgl. nippel 2003, s. 20. Die plusieurs écrivains und vertreter der vielen kleinen regelungen werden an dieser stelle leider nicht genannt; an späterer stelle lehnt Gibbon (op. cit., s. 139) die Idee eines „code des lois du triomphe“ ab, welche appian von alexandria und Onuphrius Panvinius kompiliert hätten. Dazu passt, dass sich nach nippel 2003, s. 18 anhand von tagebucheinträgen und Briefen rekonstruieren lässt, dass Gibbon wohl bei der Behandlung des römischen triumphs erkannte, gegenüber den von ihm herangezogenen Panvinius, nardini, Gruterius und Muratori kaum einen Fortschritt zu erreichen,

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dass die Frage nach einem ius triumphandi nicht unbedingt neu ist. Dabei hat man sich weit von der Flexibilität einer „loi vivante,“ wie es bei Gibbon heißt, entfernt und in der tat meistens eher versucht, verschiedene, feste regeln zu etablieren. Den besten Überblick dafür bietet nach wie vor Mommsen. Der triumph setzt nach ihm ein imperium zum zeitpunkt der Feier voraus, triumphieren kann „nach strengem recht nur der nach der verfassungsmäßigen Ordnung bestellte fungierende höchste Magistrat.“ Es folgt eine lange liste der von einem möglichen triumph ausgeschlossenen, wobei sich in den anmerkungen durchaus auch Gegen-Beispiele für die vielzahl von regeln finden lassen und von durch „spezielle volksbeschlüsse legalisierten anomalien“ die rede ist.532 Richardson dagegen, der als „corrective to the standard treatment of Th. Mommsen“ (so Develin) angesehen wird, sieht eine solche anzahl von klaren regeln, wenn überhaupt, erst ab ca. 170 gegeben, als reaktion auf eine enorm steigende anzahl von triumphen, vor allem auch von nicht-konsularischen triumphatoren in den ersten 30 Jahren nach dem zweiten punischen Krieg. Die Entscheidungskompetenz des senats beurteilt Richardson dazu eher skeptisch. zwar könne über das finanzielle Ermessen und auch über die volkstribune Einfluss ausgeübt werden, doch seien ja trotzdem triumphe auch gegen Widerstände möglich.533 Develin dagegen sieht den senat immer dann, wenn nötig, gute ad hoc-lösungen präsentieren, aber ansonsten regelorientiert und unpolitisch vorgehen – der tatsächliche militärische Erfolg ist seiner ansicht nach das schlichtweg entscheidende Kriterium für die schwankende anzahl von triumphen und auch die überwiegend hohe anzahl konsularischer triumphatoren.534 Brennan, obwohl hauptsächlich mit dem triumphus in monte albano beschäftigt, sieht im Gegensatz zu Develin gerade persönliche Gründe und gratia eine große rolle spielen und den senat seine eigenen regeln sehr flexibel handhaben.535 Eine solche Flexibilität aber ist umstritten und vor allem häufig stark nega-

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so dass er nach einem anderen Gegenstand seiner Geschichtsschreibung suchte – mit bekanntem ausgang. Interessant für die Frage von triumphregeln ist, dass Gibbon an keiner stelle valerius Maximus oder aulus Gellius zitiert, obwohl diese für die von Gibbon abgelehnten vorschriften von 5000 toten und Gebietserweiterungen wie umgekehrt für die von Gibbon bestätigte Klassifizierung von sklaven und Piraten sicherlich die Grundlage gebildet haben werden und Gibbon (nach nippel 2003, s. 168 bzw. s. 172) eine ausgabe von valerius Maximusʼ Libri novem factorum dictorumque memorabilium (leiden 1726) wie auch zwei ausgaben der noctes atticae von aulus Gellius sogar selbst besessen hat. allerdings schreibt Gibbon den text während seines aufenthaltes in rom 1764 und seine größeren Bücherkäufe fallen erst in die zeit nach 1770 (diesen hinweis verdanke ich Wilfried nippel). Interessant bleibt, dass Gibbon aber andere autoren, wie appian, livius, cicero oder Dionysios, zitiert. – Für die erwähnten festen Kriterien auch bei Gibbon sowie die „loi vivante“ (Gibbon op. cit., s. 140) siehe anm. 674 in 6.5.2. Mommsen str I, s. 126–136; hier s. 126 und s. 127 anm. 1. Mommsen begreift den triumph unter den angegebenen voraussetzungen als ein recht des Magistrats, vgl. auch 6.6.2.b. Diese auffassung ist für die hauptzeit der republik nicht zu teilen, vgl. nur Petrucci 1996, s. 260 f., siehe dazu jetzt auch Maiuro 2008, s. 22. richardson 1975, bes. s. 57 und s. 62 f.; zitat von Develin 1978a, s. 431 anm. 2. Develin 1978a, bes. s. 436 ff. und s. 429. zur Frage, inwieweit der triumph wirklich ein konsulares vorrecht darstellte, vgl. weiter im text. Brennan 1996, s. 317 f.

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tiv konnotiert, Brennan selber sieht die zeremonie auf dem albanerberg als reaktion gegen die Unsicherheit und Willkür bei der triumphvergabe an.536 zuletzt hat Auliard versucht, neun regeln systematisch nachzuzeichnen, welche die „theoretischen“ Überlegungen von valerius Maximus und aulus Gellius zum ausgangspunkt nehmen, dabei aber festgestellt: „lʼexamen des formes dʼapplications des neuf règles et traditions énoncées par les sources permet de mesurer lʼécart considérable séparant les tentatives de théorisation du droit triomphal de sa mise en pratique.“537 Gemeinsam ist allen ein Kreisen um regeln. Entweder wird ein weit verzweigtes regelgeäst konstruiert, welches alle sonderfälle und ausnahmen besonders der livianischen Debatten gleichsam enthalten kann, oder es stehen die überlieferten Einzelfälle im Mittelpunkt, dann beklagt man „un manque de cohérence“ (Bastien), spricht von „arbitrary and uncertain process“ (Brennan) oder willkürlicher triumphvergabe.538 aber auch in solchen Fällen bleibt Bezugspunkt ein geordnetes regelwerk, zumindest als Folie, von der dann eine abweichung konstatiert wird. Es ist zu überlegen, ob eine solche Fixierung auf regeln nicht an dem Wesen einer Ehrung vorbei geht, deren ganzer charakter ja darin bestand, außergewöhnliches zu belohnen, nie alle, aber auch nie zu wenige auszuzeichnen und daher vielleicht gar nicht allzu sehr geregelt sein konnte, dazu mehr unter 6.5.2. Für die beiden skizzierten richtungen einer eher willkürlichen Entscheidung oder einer geregelten vergabe stehen im Übrigen jeweils verschiedene Quellen im vordergrund, so dass es lohnend scheint, sich selbige schon hier genauer anzusehen. 6.2.3 Quellenlage Bei der Quellenlage für die Entscheidung über den triumph ist zunächst anzumerken, dass sich neben der eingangs erwähnten stelle von Polybios auch bei Dionysios und cicero Äußerungen finden lassen, die den senat als die entscheidende Instanz benennen. so schreibt cicero in einem Brief an cato, während er auf die eventuelle Gewährung eines triumphes wartet, dass er die Ehre erlangen will, die der senat verleihe: „eum honorem, qui a senatu tribui rebus bellicis solet.“ Und Dionysios lässt bei der Mitteilung über die siege von l. lucretius und t. veturius 462 gegen die aequer und volsker einfließen, dass beide triumphe, der große triumph für lucretius und die ovatio für veturius, den Feldherren vom senat erlaubt wurden: δύο γὰρ οὗτοι θρίαμβοι δίδονται τοῖς ἡγεμόσιν ὑπὸ βουλῆς.539 zonaras beschreibt gar ein dreistufiges verfahren: nach großem Erfolg wurde ein Feldherr von seinen truppen noch auf dem schlachtfeld zum imperator ausgeru536 Brennan 1996, s. 320. 537 auliard 2001, s. 169. Diese regeln sind auch der ausgangspunkt für den Überblick zu triumphregeln und Praxis von Maiuro 2008. 538 Bastien 2007, s. 287; Brennan 1996, s. 320. vgl. dafür auch Gruen 1995b, hier s. 63: „the patres followed no formula. […] Inconsistency and unpredictability marked these deliberations.“ Immerhin liest man aber auch: „the discrepancy evidently caused no misgivings.“ 539 cic. fam. 15,4,13; Dion. hal. ant. 9,71,4; siehe dazu richardson 1975, s. 58.

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fen, nach der rückkehr vor die tore roms konnte dieser nun den senat berufen. Wurde ihm von senat und volksversammlung sein Imperator-titel bestätigt, konnte er triumphieren – καὶ εἰ ἔτυχε ψήφου παρά τε τῆς βουλῆς καὶ τοῦ δήμου ἐβεβαιοῦτο αὐτῷ καὶ ἡ ἐπωνυμία τοῦ αὐτοκράτορος.540 hauptsächlich beschäftigen sich die Quellen dagegen mit der Frage, nach welchen Kriterien eine solche Entscheidung über einen triumph getroffen wurde. hier lassen sich zwei große Gruppen bilden. zum einen finden wir im Geschichtswerk des titus livius eine Überlieferung von verschiedenen triumphdebatten im senat, ob jemand einen triumph bekommt oder nicht, oder vielleicht doch nur einen kleinen triumph. Diese Debatten betreffen fundamental „den gesamten Bezugsrahmen für die Definition anerkennenswerter leistungen und damit das selbstverständnis der politischen Klasse“541 und bilden das herzstück dieser Untersuchung sowie den ausgangspunkt für den chronologischen Durchgang (3.3). zum anderen gibt es aus kaiserzeitlicher zeit schon versuche, verschiedene regelmäßigkeiten und vermeintliche vorschriften zusammenzufassen. Unter tiberius bietet valerius Maximus in seinem schon mit de iure triumphandi überschriebenen Kapitel eine sammlung von regeln zur Gewährung von triumphen, die jeweils anhand eines Beispiels ausgeführt werden.542 so soll es ein Gesetz mit einer Mindest-Quote von toten Feinden gegeben haben: Ein Feldherr musste 5000 Feinde in einer schlacht besiegt haben und seine angaben darüber beeiden. Dann geht es um die Konkurrenz-situation zwischen trägern verschiedener Imperien. hier wird klar dem höher gestellten Imperiumsträger der vorzug eingeräumt. Es folgt die merkwürdige Episode, dass ein Feldherr einen triumph verweigert habe, dann der hinweis, dass ein triumph die vergrößerung des römischen herrschaftsgebietes voraussetze, rückeroberungen oder einfache siege für einen triumph nicht ausreichten. auch seien triumphe für siege in Bürgerkriegen nicht erlaubt. Bei aulus Gellius (5,6,21) finden sich einige dieser vorschriften wieder: Ea utebantur imperatores, qui ovantes introibant urbem. Ovandi ac non triumphandi causa est, cum aut bella non rite indicta, neque cum iusto hoste gesta sunt, aut hostium nomen humile et non idoneum est, ut servorum piratarumque, aut, deditione repente facta ‚impulverea,‘ ut dici solet, incruentaque victoria obvenit. Gründe für die ovatio anstelle eines triumphes sind also ein Krieg, der nicht den regeln gemäß erklärt oder nicht gegen richtige Gegner, wie sklaven und Piraten, geführt worden war, ebenso nicht triumphwürdig sind zu leichte und unblutige siege. Es wird zu prüfen sein, inwieweit sich diese regeln wirklich alle erkennen lassen und ob nicht zumindest zeitlich differenziert werden müsste. Generell sind z. B. 540 zon. 7,21. nicht weiter eingegangen wird hier auf das verhältnis von imperator-titel und triumph, siehe dazu bes. combès 1966, s. 118–120, der allerdings eher den zusammenhang von imperator-titel und einer supplicatio betont. 541 Itgenshorst 2005, s. 206. 542 vgl., auch für das folgende, val. Max. 2,8. als titel des Kapitels finden sich sowohl „de iure triumphandi“ als auch „de iure triumphi,“ eine Entscheidung hier ist müßig, zumal diese Kapitelüberschriften gar nicht von valerius selber stammen sollen, vgl. dazu von albrecht 1994, s. 852.

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die Äußerungen von valerius Maxmius nur vorsichtig zu benutzen. zum einen hat Engels darauf hingewiesen, dass valerius z. t. anderweitig glaubwürdiger belegte sachverhalte verbiegt, um gravierende neuerungen des Prinzipats als rückehr zur „guten, alten Ordnung“ darstellen zu können. zum anderen ist der aussagewert von valerius über die triumphe der republikanischen zeit in jüngster zeit generell bestritten worden;543 daher werden die Passagen von valerius Maximus später (6.5.1) gesondert analysiert. natürlich bietet auch livius keine „objektiven“ Informationen an, und auch er berichtet über von ihm weit entfernte zeiten. Doch erscheint mir ein von livius wiedergegebenes argument, dass noch nie „ein Feldherr, der über seine Feinde einen entscheidenden sieg errungen, seinen auftrag durchgeführt und das heer zurückgeführt habe, ohne triumphwagen und lorbeerkranz als Privatmann und ungeehrt die stadt betreten habe,“ hilfreicher und „authentischer“ als die abstrakte vorschrift, dass für einen triumph das römische herrschaftsgebiet vergrößert worden sein müsste, für welche es keinen anderen Beleg als eben diese Erwähnung bei valerius Maximus gibt.544 auf der suche nach regeln und regelmäßigkeiten, nach vorschriften und strukturen, darf man jedenfalls nicht bei expliziten Überlieferungen von regeln in „systematischen“ Quellen stehen bleiben.545 Diese müssen vielmehr ergänzt werden um die regeln, die man in der vielzahl einzelner, umstrittener oder auch gerade nicht umstrittener Fälle präsentiert bekommt oder aus ihnen herauslesen kann.546 Dass eine Episode von livius keinen ernsthaften Erkenntniswert für das 4. Jahrhundert hat, ist eine sache, literarisch erinnerter Widerstand gegen triumph aber eine andere, die anlass bietet zu Interpretationen, vielleicht nur für spätrepublikanisches regelverständnis, aber doch völlig unabhängig davon, ob der triumph stattgefunden hat oder nicht.547 Einen sonderfall bilden Informationen über einen triumph, der nur gewünscht, aber nie gehalten wurde: an fast alle senatoren schreibt cicero einen Brief bei seinem versuch, erst eine supplicatio und dann einen triumph zu bekommen, in der 543 Engels 2001, s. 168; skeptisch zum aussagewert (und auch kritisch zur analyse von Engels) sind Goldbeck/Mittag 2008. 544 vgl. liv. 38,50,2–3; val. Max. 2,8,4; beide stellen werden später ausführlicher behandelt. 545 Der versuch von auliard 2001, s. 19 ff., nachzuvollziehen welche regeln mit juristischen vokabeln belegt werden, hat zu keinem Ergebnis geführt. 546 Für die auswahl der Fälle des chronologischen Durchgangs bedeutet dies, dass z. B. der versuch des ti. aemilius Mamercinus 339, ebenso wie sein Kollege im Konsulat, Q. Publilius Philo, zu triumphieren (liv. 8,12,9–11) auftaucht, obwohl kein triumph bewilligt wurde, da sich rückschlüsse auf die vergabepraxis ziehen lassen. Umgekehrt werden interessante Fälle ausgelassen, wenn sie keine hinweise auf die triumphvergabe bieten, wie etwa die Überlegung der iuniores bei dem (bewilligten) triumph des t. Manlius Imperiosus torquatus von 340, diesem nicht der sitte gemäß entgegen zu gehen, da Manlius im Feldzug seinen sohn hatte hinrichten lassen (val. Max. 9,3,4; Oros. 3,9,4; siehe für die tötung des sohnes auch cass. Dio 7 frg. 35,9; zon. 7,26). Der erste triumphus navalis 260 dagegen findet z. B. als neuerung (oder Erweiterung) Erwähnung, dass sich darüber keine Diskussionen nachvollziehen lassen ist als solches interessant und zeigt die stillschweigende anpassung an äußere veränderungen, vgl. beispielsweise anm. 632 in 6.4.2. 547 nach Pittenger 2008, s. 298 will livius allerdings einer durch den Bürgerkrieg traumatisierten Gesellschaft vorführen, dass eine Balance zwischen den Interessen Einzelner und der Gemeinschaft zu großen Erfolgen und dem „dauerhaften“ spektakel der triumphe geführt habe.

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hoffnung, die senatsentscheidung zu beeinflussen, was unter 6.4.2 weiter behandelt wird. Es bleibt das generelle Problem, dass alle zeugnisse aus relativ später zeit kommen, was im Übrigen auch für die Quelle der fasti triumphales gilt, einer am augustusbogen angebrachten Inschrift aller triumphatoren – vom ersten triumph des romulus 753 bis zu Balbus im Jahre 19.548 auch wenn wir hier auf den ersten Blick eine auflistung aller triumphatoren in stein gemeißelt vor uns haben, ist der augusteische Kontext der Fasten nicht zu vernachlässigen. Itgenshorst zufolge wurde durch die inszenierte Kontinuität von den siegreichen Feldherren der republik zu augustus gerade die Konfliktträchtigkeit des triumphes überdeckt, ein erlaubter triumph erschien neben bloßen ovationes, und auch der triumphus in monte Albano, der gar nicht gebilligt werden musste, taucht auf549 – eine tatsache, die für die Frage der Gültigkeit von triumphen später (6.6.5) wichtig wird. zuletzt hat Beard angemerkt, dass die Fasten nicht nur objektives rückgrat einer chronologie sind: „part of the point of the inscription was precisely to create such a public orthodoxie, to mask the conflicts and to exclude the variants.“550 6.3 EIn chrOnOlOGIschEr DUrchGanG Beginnt man den chronologischen Durchgang in der Frühzeit, fällt auf, dass von der bei Polybios, cicero und Dionysios geäußerten Beobachtung, dass über den triumph der senat entscheide, laut der annalistischen tradition, und auch bei Dionysios selber, gleich zu Beginn der republik abgewichen worden sein soll. • 495 will der Konsul P. servilius Priscus nach einem sieg gegen die volsker triumphieren, doch sein Kollege ap. claudius sabinus kann durch verschiedene vorwürfe und Beschuldigungen einen senatsbeschluss verhindern. als reaktion ruft servilius das volk (wohl auf dem Marsfeld) zusammen, zählt seine verdienst auf und feiert dann einen triumphzug durch die stadt.551 548 vgl. zu den Fasten Künzl 1988, s. 45 ff.; Itgenshorst 2004, s. 437 ff. sowie ausführlichst: Bastien 2007, s. 41 ff. Die maßgebliche Edition stammt von Degrassi (Inscriptiones Italicae 13,1, 1947), in dieser arbeit wird meist auf den „Katalog aller triumphe von 340 bis 19“ auf cDrom von Itgenshorst 2005 verwiesen (zitiert als Itgenshorst Katalog), dessen Grundlage Degrassis Edition ist. 549 vgl. Itgenshorst 2004, bes. s. 445 f. 550 Beard 2007, s. 80. hinzuweisen ist auch auf die Überlegungen von schipporeit 2008, s. 121 f., dem zufolge die fasti triumphales speziell für den Partherbogen, das zentrale augusteische Monument, erstellt wurden (s. 121 ff.). vgl. zu fasti allgemein rüpke 1995b, bes. s. 202, der feststellt, dass es sich nicht um Dokumentation, sondern um Konstruktion, nicht um Quellen der annalistik, sondern um deren Produkte gehandelt hat. 551 Dion. hal. ant. 6,30,2; unklar bleibt, ob sich Dionysios diesen triumph serviliusʼ mit oder ohne einen Beschluss der volksversammlung vorgestellt hat. auch wenn er keinen Beschluss direkt erwähnt, spricht doch einiges dafür, so wird servilius als volksfreund dargestellt, der gerade durch seinen triumph die sympathien der Plebejer gewinnt. auch dürften seine ja anwesenden soldaten mit sicherheit positiv abgestimmt haben, einer der vorwürfe des claudius war ja gerade das Überlassen der Beute an die soldaten. Ein förmlicher Beschluss des populus gegen den senat passt also durchaus in den charakter der Geschichte und wäre sicherlich pro-

6.3 Ein chronologischer Durchgang

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• 4 49 sollen die comitia tributa auf antrag des volkstribunen l. Icilius den beiden Konsuln l. valerius Potitus und M. horatius Barbatus einen triumph gegen den Willen des senats bewilligt haben,552 • 356 triumphiert der erste plebejische Diktator c. Marcius rutilius „sine auctoritate patrum populi iussu.“553 abgesehen von der Frage nach der historizität dieser ersten drei Episoden – eine rückspiegelung spätrepublikanischer Erfahrungen ist wahrscheinlich – geht es hier nicht primär um triumphkriterien, sondern um das verhältnis von senat und volksversammlung. • anders 339, hier soll der Konsul ti. aemilius Mamercinus vor Beendigung seines Feldzuges nach rom zurückgekehrt sein und einen triumph gefordert haben, da sein Kollege bereits triumphiert hatte; ein ansinnen, welches der senat nicht überraschend ablehnt, schließlich wird ein triumph gefordert, obwohl die eigentliche leistung des Kriegsführens (von einem sieg gar nicht zu reden) durch die rückkehr gerade unterlaufen wird.554 Was vielleicht erstaunt, ist, dass ti. aemilius Mamercinus, obwohl er laut livius sein Konsulat von da an „im Geist eines aufrührerischen tribunen“ führte – hinc alienatus ab senatu Aemilius seditiosis tribunatibus similem deinde consulatum gessit –, keinerlei anstalten unternahm, seinen Wunsch nach einem triumph gegen den Willen des senats durchzusetzen, dass so etwas prinzipiell möglich war, wird sich später zeigen. • seinem Kollegen, dem der triumph bewilligt worden war, Q. Publilius Philo, wird 326 dagegen nicht nur als erstem sein Kommando verlängert, sondern danach auch ein triumph nach ablauf seiner amtszeit gewährt.555 • 294 wird bei einem triumphgesuch die Qualität der vorausgegangenen Kämpfe betrachtet: Da der Konsul M. atilius regulus große verluste erlitten hatte und die Gefangenen eigenmächtig unter dem Joch hatte hindurchziehen lassen, bekommt er nach livius keinen triumph; in den Fasten wird er dagegen als triumphator geführt.556 • auch seinem amtskollegen l. Postumius Megellus soll – selbst nach livius ist die Überlieferung aber nicht einheitlich – 294 ein triumph verweigert werden. Ob historisch oder nicht, vermittelt diese Episode ein gutes Bild der senatsdebatten: neben Kritik an seinem verhalten, rom zu spät und dann samnium ohne auftrag verlassen zu haben, gibt es persönliche antipathien und Freunde seines Kollegen, die, um diesen zu trösten, die ihm verweigerte Ehrung nicht einem anderen zusprechen wollen. Die von livius präsentierte lösung bleibt rätselhaft: am Ende triumphiert Postumius gegen den Willen des senats, zur Freude des

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blemlos ergangen; dieser triumphzug wird also im folgenden in der Kategorie der triumphzüge iussu populi aufgeführt und nicht bei den triumphen gegen alle vorschriften (6.6.2). liv. 3,63,5–11; Dion. hal. ant. 11,49–50; zon. 7,19. liv. 7,17,6–9. liv. 8,12,9–11. liv. 8,26,7. liv. 10,36,19; für den triumph in den Fasten: Itgenshorst Katalog, s. 44 f.

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volkes, aber ohne Beschluss einer volksversammlung, und nur mit hilfe dreier tribune – was später ausführlicher behandelt wird.557 291 bekommt Fabius Gurges einen triumph, obwohl er nur siegt, weil sein vater Q. Fabius Maximus rullianus ihm hilft.558 263 darf von den beiden in sizilien kämpfenden Konsuln M. valerius Messala und Mʼ. Otacilius crassus nur der zuerst genannte triumphieren.559 260 notiert livius für c. Duilius den ersten triumph für einen sieg auf see – ohne Diskussionen oder weitere Besonderheiten;560 sechs Jahre später, 254, soll ser. Fulvius nobilior ebenfalls einen triumphus navalis gefeiert haben, trotz des verlustes fast seiner ganzen Flotte durch ein Unwetter.561 241 wollte laut valerius Maximus der Prätor Q. valerius Falto neben dem Konsul c. lutatius catulus triumphieren, da er den entscheidenden sieg errungen habe – ein ansinnen, welches der eingesetzte schlichter a. atilius calatinus mit dem hinweis auf imperium auspiciumque des Konsuls ablehnt und woraus valerius Maximus eine gleichlautende regel herausliest und dabei nur unterschlägt, dass der Prätor laut der Fasten nach seinem militärischen vorgesetzten immerhin einen triumphus navalis feiert.562 als der senat 231 dem c. Papirius Maso, der in Korsika gekämpft hatte, keinen triumph gewährt, triumphiert dieser außerhalb roms auf dem albanerberg. Damit setzt er ein exemplum für Feldherren, die trotz fehlender Gewährung eines triumphes durch den senat triumphieren wollen – wenn allerdings auch nicht in der stadt rom, dazu später mehr (6.6.4.a).563 Wieder, oder vielleicht auch zum ersten Mal tatsächlich, nur auf Beschluss des volkes sollen c. Flaminius und P. Furius Philo 223 triumphiert haben.564 Eine alternative zum triumph taucht wenig später auf: 211 beantragt M. claudius Marcellus, aus syrakus kommend, einen triumph, was abgelehnt wird mit

557 liv. 10,37,6–12; ausführlich unter 6.6.2.a. 558 vgl. liv. per. 11; Dion. hal. ant. 17/18,4; cass. Dio 8 frg. 36,31; val. Max. 5,7,1; Plut. Fab. 24,3; Eutrop. 2,9,2; zon. 8,1; Oros. 3,22,8–10; schön ist die Motivation des vaters bei valerius Maximus: idem triumphantem equo insidens sequi, quem ipse parvulum triumphis suis gestaverat, in maxima voluptate posuit, nec accessio gloriosae illus pompae sed auctor spectatus est. 559 Polyb. 1,16,1–17,1; zon. 8,9,10–8,10,1; Diod. 23,5. 560 liv. per. 17; cic. cato 44; val. Max. 3,6,4; Flor. 1,18,10. 561 Polyb. 1,37,4–38,1; liv. per. 18; Eutrop. 2,22; zon. 8,14; Oros. 4,9,5–8; Diod. 23,18,1; vgl. Itgenshorst Katalog, s. 101 f. 562 val. Max. 2,8,2; siehe mehr dazu unter 6.5.1. 563 val. Max. 6,5,3. 564 zon. 8.20; hinweise darauf auch bei liv. 21,63,2. Kritisch dazu allerdings Beck 2005a, s. 254 und bes. anm. 66. Die Fasten, die den triumph bezeugen, helfen hier nicht weiter. Während bei zonaras das volk gerne gegen den Wunsch des senats handelt, will es nach Plutarch (Marc. 4,6) Flaminius nicht begrüßen, verweigert fast den triumph und sorgt später nach dem triumph für seinen rücktritt vom amt. Bei Petrucci 1996, s. 256 erscheint Flaminius zwischen Postumius 294 und ap. claudius 143 als triumphator aus eigener Kraft. hier wird im Weiteren trotz der zweifel von einem triumph iussu populi ausgegangen; siehe weiter dazu anm. 700 in 6.6.2.a.

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der Begründung, dass das heer nicht mitgekommen, die aufgabe nicht beendet sei. Es wird ihm allerdings, zumal man in seiner abwesenheit Dankfeste abgehalten hatte, ein kleiner triumph erlaubt, die ovatio; zusätzlich triumphiert Marcellus einen tag vorher noch auf dem albanerberg.565 • 207 bekommen die beiden Konsuln M. livius salinator und c. claudius nero beide einen vollen triumph bewilligt, obwohl letzterer sein heer nicht mit heimgeführt hatte. Da sie aber zusammen gekämpft hatten und nun auch zusammen an einem tag triumphieren wollten, differenzierten sie unter sich nach den auspizien am tag der schlacht, welche M. livius gehabt hatte, in dessen Provinz die schlacht auch stattgefunden hatte. Während dieser also normal triumphiert, folgt ihm c. claudius nero ohne soldaten und nur auf einem Pferd.566 • Ein Jahr später, 206, kehrt der junge P. scipio nach rom zurück, berichtet im tempel der Bellona über seine taten, stellt aber keinen antrag auf einen triumph, da, so berichtet livius, noch nie jemand ohne amt triumphiert hatte.567 • Dieses argument taucht auch 200 auf, als dem aus spanien zurückkommenden Prokonsul l. cornelius lentulus bescheinigt wird, seine taten verdienten den triumph, es gäbe aber kein exemplum, dass jemand triumphiert habe, ohne Diktator, Konsul oder Prätor gewesen zu sein. Immerhin wird ihm der kleine triumph bewilligt, wobei auch diese lösung zunächst von einem volkstribun blockiert wird, der sich dann aber von der senatsmehrheit überzeugen lässt.568 565 liv. 26,21,1–6; zon. 9.6; Plut. Marc. 22; val. Max. 2,8,5. anzumerken ist die enorm große Beute und darunter die Menge an griechischer Kunst, siehe dafür nur McDonnell 2006, bes. s. 84: „Marcellusʼ display of the spoils of syraruse had cultural and political consequences of pivotal importance.“ 566 liv. 28,9; Enn. ann. 299 (skutsch); val. Max. 4,1,9; vir. ill. 44,5; 50,2. sowohl livius als auch valerius rühmen besonders die Bescheidenheit des c. claudius. siehe hierzu aber auch stewart 1998, s. 89, die im hinblick auf den Wunsch, gemeinsam zu triumphieren, ausführt: „the triumphal celebration of 207 suggests that roman military ritual had no recognized procedure to accommodate a joint succes of a shared command.“ Das lässt sich nur daraus ableiten, dass livius direkt an die triumph-Erlaubnis triumpho utrique decreto anschließt inter ipsos ne […] triumphum separarent. 567 liv. 28,38,1–4; val. Max. 2,8,5; 8,15,1; sil. Pun. 16,592–596; Plut. Fab. 25,1; vir. ill. 49,12; cass. Dio 17, frg. 57,56; dagegen deuten Polybios (11,33,7–8) und dann appian (Iber. 38 [155–156]: Σκιπίων μὲν θαυμαζόμενος ἐθριάμβευεν) auf einen triumph hin. siehe dazu Bastien 2007, s. 275 f.: „ces cérémonies victorieuses, en lʼhonneur de Jupiter, réalisées au capitole (hécatombe, remise de la couronne des ambassadeurs espagnols, jeux votifs) par scipion sont autant de substituts au triomphe.“ Er führt weiter aus, dass Polybios (dem appian folgt) hier besonders scipionen-freundlich berichtet und aus einer serie von erlaubten riten, wie der hecatombe, einen triumph konstruiert, es aber keinen gab. Dieser Darstellung wird hier gefolgt. Immerhin hat diese Überlieferung dazu geführt, dass Degrassi 1947, s. 551 („quamquam livius […] tacet, triumphos in monte albano agere potuit“) sowie scullard 1973, s. 75 anm. 2 sich einen triumph auf dem albanerberg und Broughton Mrr I, s. 299 (der aber dafür auf Degrassi verweist) sich eine ovatio vorstellen können, was natürlich nur vermutungen bleiben. siehe gegen die ovatio allerdings richardson 1975, s. 52, der auf liv. 31,20,5 hinweist, wonach lentulus die erste ovatio bekam – ein aus meiner sicht gutes argument, wiewohl eingewandt werden kann, dass dies nur für die Konsistenz des livianischen Berichts spricht. 568 liv. 31,20.

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• F ür 200 überliefert livius noch eine weitere interessante triumphdebatte: Der Prätor l. Furius Pupureo hat mit dem heer des Konsuls c. aurelius cotta in dessen Gebiet erfolgreich Krieg geführt und möchte nun triumphieren. Während die Älteren im senat dies ablehnen, da es ein fremdes heer gewesen sei, und vor allem die Konsulare einwenden, der Prätor hätte auf den Konsul warten können, stehen für die jüngeren senatoren eher die taten des Furius im vordergrund. schließlich bekommt Furius den triumph bewilligt, allerdings auch auf Grund seiner Beliebtheit und des Prestiges seiner Familie in den auseinandersetzungen mit den Galliern.569 Da 40 Jahre vorher Q. valerius Falto genau mit dem hinweis auf imperium auspiciumque des Konsuls ein triumph verweigert worden sein soll und auch sonst solche Fälle durchgängig anders entschieden werden, wird der Fall des l. Furius später als sonderfall untersucht (6.6.1.a). • zwei Jahre später, 198, wird in einer ganz ähnlichen situation wie bei lentulus 200 nun die vorgeschlagene ovatio des ebenfalls aus spanien kommenden Prokonsuls l. Manlius acidinus von einem volkstribun verhindert.570 • 197 wollen die beiden amtierenden Konsuln, ähnlich wie 207, gemeinsam über einen triumph verhandeln, doch zwei volkstribune setzen eine getrennte Beratung durch. Genehmigt wird dann nur der triumph für c. cornelius cethegus, sein Kollege Q. Minucius rufus sieht den Widerstand des senats und triumphiert auf dem albaner Berg.571 • 196 wird dem aus spanien zurückkommenden Prokonsul cn. cornelius Blasio eine ovatio ebenso gestattet, • wie 195 dem M. helvius, der ebenfalls in spanien erfolgreich, aber unter fremdem Oberbefehl gekämpft hatte.572 • 193 fordert der Konsul l. cornelius Merula vergeblich eine supplicatio und einen triumph; einer seiner legaten, allerdings: M. claudius Marcellus, hatte den senat durch Briefe über taktische versäumnisse des Feldherren informiert.573 • 191 kehrt P. cornelius scipio nasica die aus 197 bekannte argumentation einer Einzelfall-Betrachtung gegen einen volkstribunen um, der vergeblich fordert, nasica solle vor seinem triumph noch seinem Kollegen gegen die ligurer beistehen.574 • auch 190 und 188 finden triumphe statt, und das, obwohl der Prokonsul Mʼ. acilius Glabrio sein heer nicht mit heimgebracht und Q. Fabius labeo kaum leistung erbracht hatte.575 • Die nächste große Debatte wird 187 geführt und enthält beinahe idealtypisch fast alle argumente für und wider einen triumph: Der Prokonsul cn. Manlius vulso 569 liv. 31,47,4–49,3; zon. 9,15. Dieser triumph wird später ausführlich behandelt, vgl. hier nur Brennan 2000, s. 197 ff. 570 liv. 32,7,4. 571 liv. 33,22–23. 572 liv. 33,27,1–5 bzw. 33,34,10. 573 Für die Debatte, an deren Ende volkstribune einzuschreiten drohen: liv. 35,8; für die Briefe: liv. 35,6,8–10; für Marcellus siehe nur anm. 639 in 6.4. 574 liv. 36,39,3–40,10. 575 liv. 37,46,1–6 bzw. 37,60,6 i. v. m. 38,47,5.

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beantragt einen triumph, doch eine Mehrheit seiner zehn legati spricht sich in der Diskussion dagegen aus: sie werfen ihm zum einen vor, den Krieg mit fremden völkern ohne volksbeschluss angefangen, fast die vom „schicksal gesetzte“ Grenze des tauros überschritten und schließlich in der Kriegsführung selber versagt, auf ungünstigem Gelände gekämpft und nur durch Glück nicht verloren und schließlich beim rückmarsch Plünderungen der Beute durch die thraker nicht verhindert zu haben. Manlius selber weist dagegen darauf hin, dass er mit 100.000 der wildesten Feinde in offener Feldschlacht gekämpft, 40.000 Gefangene gemacht und alles befriedet zurückgelassen habe. auch seien die Kämpfe unvermeidlich gewesen, es habe kein anderes Gelände gegeben und er habe schließlich immerhin sowohl gegen Gallier als auch gegen thraker gesiegt. am nächsten tag wird Manlius – nach livius sind es besonders die älteren senatoren (auctoritas seniorum), die sich durchsetzen – ein triumph zugesprochen mit der Begründung, es gebe kein Beispiel, dass ein Feldherr, der den entscheidenden sieg errungen und sein heer heimgeführt habe, keinen triumph bekommen habe: „negantium exemplum proditum memoriae esse, ut imperator, qui devictis perduellibus, confecta provincia exercitum reportasset, sine curru et laurea privatus inhonoratusque urbem iniret.576 Im gleichen Jahr 187 triumphiert auch der Prokonsul M. Fulvius nobilior, obwohl ein volkstribun Bedenken anmeldet, da der amtierende Konsul M. aemilius lepidus sich gegen einen triumph ausgesprochen hatte und bei der Beratung anwesend sein wollte. Die leistung von Fulvius nobilior gibt den ausschlag, nicht die ankunft des mit ihm dazu stark verfeindeten Konsuls abzuwarten.577 Es folgen eine ovatio ohne heer für l. Manlius acidinus Fulvianus 185, ein triumph für P. cornelius cethegus und M. Baebius tamphilus 180 ganz ohne Krieg geführt zu haben, ein triumph ohne große militärische leistungen 179 für Q. Fulvius Flaccus, und schließlich 172 der letzte von vier triumphi in monte albano für c. cicereius – alle ohne Konflikte oder Diskussionen.578

576 liv. 38,44,9–50,3; Flor. 1,27,3; app. syr. 43; calpurnius Piso Frh 7 F 37 = Plin. n.h. 34,14. In dieser verzögerung der Debatte lag nach Pittenger 2008 bereits ein großer Erfolg der legaten, vgl. s. 221: „Far from spelling disaster for the legati, then, the fact that the debate ran over into a second day may even have held the key to their strategy, a measure not of their failure in the political arena but of their success.“ Dahinter steht die ansicht, dass es nicht nur das resultat, sondern die Debatte selber ankam, vgl. auch s. 222: „such closely matched negotiations put a terrible strain on the symbolic economy.“ Dass einer der hier agierenden legaten, l. aemilius Paullus, schwager des scipio africanus war, bildet für teile älterer literatur den ausgangspunkt, hier eine scipionisch-aemilische factio am Werke zu sehen, wofür bei der triumphdebatte die hinweise aber nicht ausreichen, siehe hierzu harders 2008, s. 105 f. 577 liv. 39,4–5; der triumph wird auch belegt von cic. Mur. 31 und Eutr. 4,5,1. vir. ill. 52,2 weist dagegen auf eine ovatio eines Quintus Fulvius nobilior hin, so damit Marcus gemeint wäre, eine nicht unplausible Idee, die aber sonst niemand überliefert. Für das verhältnis von M. Fulvius nobilior und M. aemilius siehe 3.3 und 3.4.2.b. aemilius lepidus selber errang keine größeren militärischen siege und dementsprechend auch keinen triumph, gelobte aber gleich zwei tempel während einer Unternehmung, siehe dazu Orlin 1997, s. 72 f. 578 Für 185: liv. 39,29,4–7. Für 180: liv. 40,38,9. Für 179: liv. 40,59,1. Für 172: liv. 42,21,6–7; val. Max. 3,5,1.

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

• E ine große Diskussion gibt es 167 bei der volksabstimmung über den triumph des l. aemilius Paullus. vom Kriegstribun ser. sulpicius Galba aufgestachelt, wollen die soldaten ihrem angeblich zu strengen Befehlshaber keinen triumph bewilligen. nach ablehnung durch die erste tribus schreiten angesehene senatoren ein, die volkstribune unterbrechen die versammlung, und der Konsular M. servilius Geminus hält eine eindringliche rede, zeigt seine narben, die er im Dienst an der res publica erworben hat und kündigt am Ende an, das abstimmungsverhalten der einzelnen nun genau zu überwachen, um zu sehen, wer im Feld verhätschelt werden wolle. nicht überraschend beschließen dann alle tribus den triumph, weswegen hier ein klassischer regelkonflikt für die triumphvergabe auch nicht vorliegt, sondern schlicht Institutionen-bezogene normen bzw. die comitien entscheiden.579 • als Konfliktfall spannend ist dagegen der Fall von 143, dessen Konflikt sich allerdings auch nicht im engen Bereich eines ius triumphandi, sondern zwischen den Institutionen volkstribun und Priesterin der vesta abspielt. Der amtierende Konsul ap. claudius Pulcher triumphiert gegen den Willen des senats und ohne Beschluss einer volksversammlung. als ein volkstribun versucht, das exemplum eines solchen triumphes zu verhindern und ap. claudius vom triumphwagen zu ziehen, stellt sich die tochter des appius, welche vestalin und als solche unantastbar war, neben ihren vater und hindert somit den volkstribunen einzugreifen.580 Die triumphvergabe wird sich im laufe der späten republik weiter verändert haben, doch bietet die Quellenlage kaum anhaltspunkte für genaue rückschlüsse. • zu nennen ist der Wunsch des Konsuls l. licinius crassus, 95 zu triumphieren, was aber von seinem Kollegen, dem Konsul (und pontifex) Q. Mucius scaevola verhindert wird.581 Weiter hören wir dann aber kaum von streitigkeiten, gleichwohl wäre es vorschnell, anzunehmen, dass es keine Konflikte mehr gegeben hat. Mehr und mehr sind viele triumphe, ebenso wie mehrere Konsulate hintereinander oder später die imperia extraordinaria, fester Bestandteil der „Großen Männer.“ • Marius soll 102 angeblich einen triumph bekommen haben, ohne überhaupt einen antrag gestellt zu haben, 579 liv. 45,35,4–39,20; Plut. aem. 31, für den anschließenden triumph: 32–33. siehe für eine Interpretation von rede und Gesten (Entblößen der narben) des servilius Flaig 2003a, s. 123 ff. 580 cic. cael. 34; suet. tib. 2,4; cass. Dio 22 frg. 74,2; val. Max. 5,4,6; Oros. 5,4,7. Der Fall wird unter 6.6.2.b ausführlich behandelt. 581 cic. inv. 2,11; Pis. 62; asc. 14–15 c. cicero (Pis. 62) betont den starken Wunsch des licinius crassus, zu triumphieren, gerade im Gegensatz zu Piso, der auf einen antrag verzichtet, vgl. dazu 6.6.3. Inv. 2,11 gibt einen hinweis auf nur leichte Kämpfe, da die Gegner nicht wirklich als Feinde des römischen volkes klassifiziert werden könnten. nach asconius wollte Q. Mucius scaevola verhindern, dass der senat crassus den triumph nur auf Grund dessen potestas und dignitas erlaubte; siehe dazu Brennan 2004, s. 42, der vermutet, scaevola habe seinem Kollegen nicht das Prestige eines triumphes im amtsjahr gönnen wollen. Die genauen hintergründe bleiben aber offen; der Fall gehört, wie 495, zu der kleinen Gruppe von Fällen, in denen ein Konsul (und nicht etwa ein volkstribun) erfolgreich einen senatsbeschluss über einen triumph verhindert.

6.3 Ein chronologischer Durchgang

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• u nd Pompeius schließlich triumphiert 81 als bloßer ritter, also ohne jedes amt.582 • Interessant ist noch der triumph des Pomptinus, der bereits 59 eine supplicatio für seine taten erhalten hatte, aber erst 54 mit hilfe des Prätors ser. sulpicius Galba und des Konsuls ap. claudius einen triumph feiern konnte, wobei es immer noch Einwände gegen den triumph gab; u. a. die Prätoren cato und P. servilius sowie der volkstribun Q. Mucius wollten den triumph verhindern und behaupteten, so schreibt es cicero in einem Brief an atticus, es läge kein Beschluss über ein imperium vor.583 spätestens aber mit den vier direkt aufeinander folgenden triumphen caesars im Jahre 46 wird das system ad absurdum geführt, wird die Idee eines Einzugs oder der rückkehr, also einer Wiedereingliederung wie auch der herausgehobenen großen Ehre unterlaufen. Bei der für caesar beschlossenen ovatio ist bereits überhaupt kein zusammenhang mehr zu erbrachten großen taten zu sehen, es ist ein reiner Ehrbeschluss.584 ab augustus ist der triumph (bis auf ganz wenige ausnahmen) dem Kaiser vorbehalten, wird diese herausragende Ehre gleichsam monopolisiert.585

582 siehe für Marius: Plut. Mar. 24,1; 26,2; 27,4–7; siehe dazu Itgenshorst Katalog, s. 316 f. Für Pompeius: val. Max. 8.15.8, Plut. Pomp. 14; liv. per. 89; zur Datierung siehe Badian 1955 und 1961, mehr dazu unter 6.6.1.b. 583 vgl. neben cic. att. 4,18,4 auch Q. fr. 3,4,6. hintergründe überliefert cass. Dio 39,65, so soll der Beschluss unter der leitung des Prätors servius Galba vor den Morgenstunden erfolgt und damit ungültig gewesen sein; volkstribune wollten daraufhin den triumphzug verhindern, bei dem es nach Dio zu Blutvergießen kam. vermutlich hatte sich Pomptinus auf Grund seiner Maßnahmen als Prätor bei der aufdeckung der catilinarischen verschwörung (sall. cat. 45) Feinde gemacht. vgl. für Pomptinus auch Fündling 2001 (DnP 10), sp. 128 f. und siehe 6.6.2.b. 584 vgl. Broughton Mrr II, s. 293; zur überdehnten und übersteigerten Pracht der triumphzüge von caesar siehe hölkeskamp 2006b, s. 269 und 2008, s. 110 f. vgl. z. B. für die ungeheuer große zahl der liktoren cass. Dio 43,19,2–4, siehe dazu auch Jehne 1987, s. 318. Diese triumphe werden in dieser arbeit nicht näher behandelt. 585 Die Monopolisierung liegt u. a. darin, dass alle legati Augusti formal unter dessen imperium kämpften; siehe dazu nur Engels 2001, s. 154 f. Für die weitere verbindung in diesem zusammenhang von triumphablehnung bei gleichzeitigem Gebrauch triumphaler symbolik durch Bögen, Münzen, supplicationes etc. siehe hickson 1991. triumphe konzentrierten sich dann auf Mitglieder der kaiserlichen Familie und demonstrierten so nicht mehr die herausgehobenheit des triumphators, sondern die des Princeps, so Itgenshorst 2008, s. 34 f., die sich aber s. 47 gegen eine Monopolisierung wendet, da sich der Princeps nicht als höchsten und ewigen triumphator verstanden habe. Wichtig ist Itgenshorsts these (s. 48 f.) einer zerstörung des triumphrituals durch augustus. Ähnlich, mit hinweisen auf eine neue triumph-route mit dem Partherbogen als Gründungsdenkmal des neuen rituals, schipporeit 2008, bes. s. 121–130. auch die neue semantik durch eine triumph-gleiche pompa funbebris des augustus kann hier Erwähnung finden, siehe nur hölkeskamp 2008, s. 112 f. Unter caesar dagegen war der triumph zumindest bis 45 nicht für ihn monopolisiert, vgl. Jehne 1987, s. 63 f. und s. 186 f. sowie Ferrary 1999, s. 216 ff., der ausführt, dass selbst nach caesars tod alte Formen noch gewahrt blieben, die hinzufügung eines weiteren tages beim Dankesfest 44 durch antonius nicht bezogen war à césar divinisé, sondern aux dieux au nom de césar.

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

6.4 sYstEMatIschE UntErsUchUnG aus den beschriebenen Fällen lassen sich verschiedene Punkte herausfiltern. Dabei kann man – wie immer – zwischen Kriterien- und Institutionen-bezogenen normen unterscheiden. Obwohl letztere erst später (7.1) behandelt werden, muss schon hier in diesem Kapitel die Frage gestellt werden, wie und von wem über einen triumph entschieden wurde und ob man sich über eine etwaige verweigerung hinwegsetzen konnte. Während die Frage eines hinwegsetzens, eines regelbruches im Punkt 6.6 gesondert behandelt wird, soll zunächst die Kompetenz zur Entscheidung über einen triumph unter der Frage nach der rolle der volksversammlung behandelt werden (6.4.1). Es wird zu zeigen sein, dass der senat nicht allein über einen triumph entschied, sondern immer auch ein volksbeschluss von nöten war. Im anschluss (6.4.2) geht es dann um die Kriterien und argumente für oder gegen einen triumph in den Beratungen im senat, die sich herausarbeiten und in verschiedene Kategorien einteilen lassen. Danach wird (6.5.2) zu zeigen sein, dass man mit der Unterscheidung von regel und Prinzip den Überlieferungen von livius und von valerius Maximus (sowie auch von cicero) gleichermaßen gerecht wird und so auch einen ausweg aufzeigen kann aus der Forschungskontroverse über die Frage eines ius triumphandi (6.8). 6.4.1 Ein zweistufiges verfahren? – Die rolle der volksversammlung Wer muss an der Entscheidung über einen triumph mitwirken, wer darf nichts dagegen haben? Wieder ist zunächst an Polybios, cicero und Dionysios zu denken, dass der senat über diese hohe Ehre entscheidet. Und in der tat, die Debatten, die wir haben, finden alle im senat statt. Problematisch sind hier drei liviusstellen. In einem Fall bekommt valerius corvus einen triumph, in den anderen bekommen lentulus und Blasio eine ovatio – alle ex senatus consulto.586 Bestätigt dies die eben angenommene regel? auf den ersten Blick ja, doch überlegt man sich den ansonsten durchaus schematischen aufbau der triumphnotizen bei livius, müsste es als teil einer Formel häufiger auftauchen.587 als alleiniger satz ist die Mitteilung ex senatus consulto nur sinnvoll, wenn es etwas Besonderes, also abweichendes bedeutet. nur was ist gemeint? In Frage kommt eigentlich nur ein volksbeschluss, und in der tat, wir haben ja auch Fälle, wo die volksversammlung einen 586 liv. 8,16,11; 31,20,6; 33,27,1. 587 vgl. Phillips 1974, bes. s. 273 f. für eine standardstruktur mit variationsmöglichkeiten, um Eintönigkeit zu vermeiden, aber die nachrichten in ihrer „uniformity“ den Fasten anzupassen und dem leser ein konstantes Muster anzubieten. neben den stellen mit ex senatus consulto gibt es nach Phillips, s. 268 noch 16 Fälle für decernere sowie sechs Fälle von consentire (in den Büchern 21–45). Interessant ist, dass das vokabular bei der Gewährung von ovationes laut Phillips abweicht, wobei von ihren drei Belegen nur liv. 39,29,5 f. (medius tamen honos Manlio habitus) wirklich passt, da nach liv. 26,21,5: medium visum est ut ovans urbem iniret direkt im anschluss folgt: Tribuni plebis ex auctoritate senatus ad populum tulerunt, und da nach dem decurrere aus liv. 31,20,5 in anschluss ex senatus consulto zu lesen ist.

6.4 systematische Untersuchung

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triumph beschließt. Doch sind diese triumphe iussu populi von 495, 449, 356 und 223 keine Fälle einer gemeinsamen Entscheidung, eines zweistufigen verfahrens, sondern situationen, in denen der senat seine zustimmung verweigert hat und die volksversammlung den Willen des senats überstimmt. Entscheidend ist aber, umgekehrt gefragt, ob der senat überhaupt auch alleine über einen triumph entscheiden konnte. zunächst ist an die Berichte über den Einfluss der volkstribune zu denken: 200 kann der senat einen volkstribunen dazu bewegen, seinen Einspruch gegen die ovatio von cornelius lentulus zurückzunehmen, 198 dagegen wird die ovatio von Manlius acidinus blockiert. 193 wird erfolgreich Widerstand angekündigt, 191 scheitert der volkstribun P. sempronius Blaesus mit dem Wunsch, den triumph zu verschieben, 187 kommt es zwischen den tribunen zum streit, ob man auf den Konsul warten müsse oder nicht – ob erfolgreicher oder nur angedrohter Widerstand, in jedem Fall lässt sich die große rolle bzw. potentielle Macht der volkstribune nicht übersehen. nun ist anzumerken, dass die tribune durchaus auch im senat Einflussmöglichkeiten hatten, mit einem veto ein senatus consultum zur bloßen senatus auctoritas abschwächen konnten.588 Doch es wäre ebenso denkbar, dass generell ein triumph auch von einer volksversammlung gleichsam bestätigt wurde. Dann wäre zu überlegen: a) warum und b) in welcher versammlung. Brennan geht unter verweis auf Mommsen davon aus, dass einem senatus consultum für einen triumph eine lex „passed by the People or Plebs“ folgte, um dem Feldherren für den tag seines triumphes ein imperium militiae zu verleihen. nun führt Mommsen aber gerade aus: „Es findet sich keine andeutung davon, dass für den sonst zum triumph berechtigten Magistrat es eines den triumph ausdrücklich gestattenden volksbeschlusses bedurft hätte, und wahrscheinlich ist es nicht, denn in diesem Fall hätte der triumph überhaupt nicht anders stattfinden können als nach Privilegium.“589 Ein „berechtigter Magistrat“ ist für Mommsen nur ein gewählter Magistrat mit imperium am tag des triumphes, wohingegen ein auf Prorogation beruhendes imperium beim Überschreiten aufhöre – allenfalls durch Gesetz bis zum Ende des tages verlängert werden konnte.590 auch wenn sich diese Gedanken von Mommsen zunächst nur auf Promagistrate beziehen, ist hier die stelle zu sehen, an der eine volksversammlung ins spiel kommt: zur notwendigen verlängerung des imperium bzw., korrekt formuliert, zur aufschiebung des Erlöschens des imperium durch bzw. nach Überschreiten des pomerium. nun ist in jüngerer zeit die Unterscheidung zwischen imperium militiae und imperium domi generell in Frage gestellt worden; nach Drogula soll es kein imperium domi, sondern einfach nur imperium und potestas gegeben haben, was dann bedeutete, dass alle triumphatoren (auch amtierende Magistrate) für den tag ihres triumphes ein imperium und also auch amtierende Magistrate für ihren triumph einen volksbeschluss brauchten.591 Wie auch immer man es terminologisch fassen 588 vgl. nur cic. fam. 1,2,4; 1,7,4; 8,8,6–8; siehe dazu Mommsen str II, s. 294 ff. 589 Brennan 1996, s. 316 mit direktem verweis auf das hier zitierte: Mommsen str I, s. 132 anm. 3. 590 Mommsen str I, s. 126 mit s. 128 f. und anm. 2, s. 639; ähnlich Magdelain 1968, s. 44 f. 591 vgl. Drogula 2007, s. 444; anders z. B. Develin 1978a, s. 437, der ausführt, dass nur promagi-

200

6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

möchte, es wird m. E. für das nicht-verlöschen eines imperium während eines triumphes ein volksbeschluss nötig – und zwar für jeden.592 Einig ist man sich in jedem Fall in der annahme, dass es sich bei dem pomerium um eine wichtige religiöse und damit auch rechtlich relevante Grenze gehandelt hat, die den Bereich der unbeschränkten militärischen Kommandogewalt vom zivilen Bereich der stadt rom trennte, und dessen Überschreitung zum Erlöschen des (militärischen) imperium führte.593 anders ließe sich auch schlecht erklären, warum lucullus, cicero, Pomptinus und andere z. t. jahrelang vor der stadt, also außerhalb des pomerium warten und umgekehrt caesar sich 60 gegen einen möglichen triumph und für die Kandidatur zum Konsulat entscheidet.594 auch finden genau deswegen ja die Beratungen über einen triumph außerhalb des pomerium, meist im tempel der Bellona stratische triumphatoren ein neues Imperium brauchten. Der Unterschied erklärt sich eben daraus, dass Develin (wie viele andere, u. a. Mommsen und Magdelain, vgl. die letzte anmerkung) von einem imperium domi für amtierende Magistrate ausgeht, siehe so zuletzt auch Bastien 2007, s. 201. Die these von Drogula ändert nichts an der prinzipiellen Unterscheidung eines zivilen und eines militärischen Bereichs, vgl. dafür nur (mit Bezug auf die unterschiedlichen auspizien für amtsaufnahme und auszug) Magdelain 1968, s. 42 oder rüpke 1990. 592 Warum nach Mommsen und Magdelain ein ordentliches imperium auch nach Überschreiten des pomerium noch einen tag anhalten soll, während ein promagistratisches imperium sofort erlischt, bleibt mir unklar. Mommsen selbst weist darauf hin, dass die liktoren die Beile in den fasces tragen (str I, s. 132), und sieht natürlich, dass auch normale Magistrate bis zum tag ihres triumphes mit dem Überschreiten warten (str I, s. 127 anm. 2). aus beiden Informationen zieht z. B. dann versnel 1970, s. 191 ff. und s. 305, den schluss, dass für den triumph ein imperium militiae nötig sei, was die Magistrate ohne volksbeschluss nicht gehabt hätten; vgl. Brennan 1996, s. 319 (im text oben zitiert). hinzuweisen ist auch darauf, dass – zumindest bei livius – schon bei triumphzügen von Diktatoren in der frühen republik das volk mit als eine Instanz genannt wird: liv. 4,20,1: dictator senatus consulto iussuque populi triumphans in urbem rediit; liv. 6,42,8: Dictatori consensu patrum plebisque triumphus decretus. 593 vgl. für die Grenze nur Mommsen str I, s. 66 f., Beard/north/Price 1998, s. 177–181, liouGille 1993 oder rüpke 1990, s. 35 f.; in diesem zusammenhang ist dessen verweis auf das Bestattungsverbot innerhalb des pomerium mit den ausnahmen für vestalin und triumphator interessant, wobei das aus der angeführten Passage cic. leg. 2,58 nicht direkt hervorgeht, da nur allgemein von ausnahmen virtutis causa gesprochen wird. Für das Erlöschen des imperium werden in diesem Punkt viele Beispiele genannt, vgl. noch das martialische Bild von cic. verr. 5,77: idemque dies et victoribus imperii et victis vitae finem facit; siehe generell (wenngleich allerdings wieder mit speziellem Fokus auf Promagistraten) Mommsen str I, s. 128 f. und Magdelain 1968, s. 43 ff.; zu ungenau ist Künzl 1988, s. 30, der meint, ein Feldherr verlöre bei Übertreten des pomerium sein amt. 594 lucullus soll nach seinem sieg gegen Mithridates 66 erst unter dem Konsulat ciceros triumphiert haben, da politische Gegner ihn drei Jahre lang hinderten, so cic. acad. 2,3. Bei Plutarch (luc. 37) überredet c. Memmius zwar zunächst das volk, lucullus keinen triumph zu gewähren, doch kann dieser die tribus schließlich umstimmen, von einer so langen zeit dazwischen berichtet Plutarch nichts; vgl. zu dieser unterschiedlichen Überlieferung Itgenshorst Katalog, s. 354. Für die Widerstände gegen Pomptinus siehe cass. Dio 39,65,2. Für cicero, der zweieinhalb Jahre mit lorbeergeschmückten liktoren nicht das pomerium überschritt, bis er die liktoren doch entließ, siehe m. w. v. Gelzer 1969, s. 239–263, Itgenshorst 2005, s. 67 ff. sowie die detaillierte studie von Wistrand 1979, bes. s. 200 ff., in der ciceros freiwilliger verzicht, unter caesar zu triumphieren, betont wird. zu caesar selbst siehe Gelzer 1960, s. 57 f., vgl. zu diesem verzicht auf einen möglichen triumph auch 6.6.3. – siehe zusätzlich für eine etwaige Wartezeit des Metellus creticus Itgenshorst Katalog, s. 356 f.

6.4 systematische Untersuchung

201

statt.595 Die Möglichkeit, innerhalb der stadt ein von den Beilen in den fasces symbolisiertes, genuin militärisches Kommando führen zu dürfen, an eine Duldung oder noch eher an eine explizite Erlaubnis der Gemeinde zu knüpfen, leuchtet hier durchaus ein, und als Mittel kommt aus meiner sicht nur ein volksbeschluss in Frage.596 Geht man von einer triumpherlaubnis als einer ausnahmegenehmigung für das Betreten der stadt mit imperium in Form eines Gesetzes aus, ist nun noch zu überlegen, in welcher versammlung abgestimmt wurde. Richardson und Develin weisen auf die comitia tributa hin, wofür in der tat einiges spräche, wenngleich die überlieferten Fälle eher an das concilium plebis denken lassen.597 Das wichtigste argument ist die häufige Beauftragung der volkstribune, einen entsprechenden Beschluss vor das volk zu bringen, wie z. B. bei der ovatio des Marcellus 211 oder bei dem triumphzug von aemilius Paulus 167.598 Ein Beschluss der comitia centuriata wird nicht nur weit aufwendiger, sondern vor allem nicht nötig gewesen sein, handelt sich ja eben nicht um ein neues Imperium, ja streng genommen noch nicht einmal um eine verlängerung desselben, sondern eigentlich nur um eine verzögerung der aufhebung, weswegen an dieser stelle auch keine erneuten auszugsauspizien oder eine lex curiata für dieses (in jedem Fall militärische) imperium diskutiert zu werden braucht. auch der von den Quellen vermerkte Einfluss 595 Für den tempel der Bellona als Ort der Debatten siehe u. a. liv. 26,21,1 (für Marcellus), liv. 31,47,6–7 (für l. Furius), liv. 38,44,9–10 (für cn. Manlius), vgl. die auflistung aller Orte für senatssitzungen bei triumphgesuchen von Bonnefond-coudry 1989, s. 144 f. Während vier sitzungen außerhalb des pomerium auch für Magistrate im amtsjahr belegt sind (207, 200, 197, 191), ist umgekehrt kein einziger Fall bekannt, wo ein triumphgesuch intra muros verhandelt worden wäre. 596 von den triumphzügen abgesehen, hat es die Möglichkeit, innerhalb des pomerium ein imperium zu dulden, wohl nur selten (und dann vor allem während des zweiten punischen Krieges) gegeben. zu denken ist vielleicht an für innere aufgaben bestellte Diktatoren aber vor allem an die etwas enigmatische stelle liv. 26,10,9, nach der alle gewesenen Konsuln, Diktatoren und zensoren ein imperium übertragen bekommen, sowie an den Prokonsul Q. Fulvius Flaccus, der durch senatsbeschluss den beiden Konsuln gleichgestellt wird, damit er durch das Überschreiten der stadtgrenze keine Einbuße seiner Befugnisse hätte, vgl. liv. 26,9,10, so man der Überlieferung glauben will; Blösel 2009, s. 458 hält eine annalistische Erfindung für möglich, um dem außerordentlichen Imperium des scipio 210 „den rang als erstes“ zu nehmen. hier ist interessant, dass in beiden letztgenannten Fällen das volk keinerlei rolle bei livius spielt, was schon Weissenborn/Müller 1909 im Kommentar zu den stellen angemerkt haben. 597 richardson 1975, s. 58; Develin 1978a, s. 437 mit anm. 69, in der er ansonsten zu recht gegen richardson ausführt, dass die comitia tributa kein imperium verleihen sondern allenfalls verlängern konnten. auch für eine bloße verlängerung wäre die Erlaubnis der ganzen Gemeinde einleuchtend, doch wird in den Quellen meist von den volkstribunen gesprochen, was also auf das concilium plebis hinweist vgl. dazu weiter im text sowie die nächste anmerkung. Magdelain 1968, s. 44 f. bleibt vage und spricht einfach von einer loi spéciale. 598 liv. 26,21,5: Tribuni plebis ex auctoritate senatus ad populum tulerunt, ut M. Marcello quo die urbem ovans iniret imperium esset. liv. 45,35,4 f. für aemilius Paullus, wo noch ein Prätor zwischengeschaltet wird: tribus iis omnibus decretus est ab senatu triumphus mandatumque Q. Cassio praetori, cum tribunis plebis ageret, ex auctoritate patrum rogationem ad plebem ferrent, ut iis, quo die urbem triumphantes inveherentur, imperium esset. Ebenfalls in diese richtung geht der angekündigte Widerstand gegen die verleihung eines imperium für Pomptinus bei cic. att. 4,18,4.

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

der evtl. gerade in rom präsenten soldaten lässt sich bei abstimmungen in beiden nach tribus gegliederten versammlungen leichter nachvollziehen als in den nach vermögen geordneten comitia centuriata.599 Festzuhalten ist damit, dass ein triumph generell in einem zweistufigen verfahren bewilligt wurde. nachdem der senat, mit hilfe von Kriterien, die nun im Folgenden besprochen werden, einem Feldherren einen triumph zuerkannte, brauchte dieser noch eine weitere Erlaubnis, mit Kriegsgewalt in die stadt einzuziehen, praktisch meist (immer?) durch einen Beschluss des concilium plebis.600 599 Für den Einfluss der soldaten lassen sich mindestens drei Episoden anführen: Erstens werden die soldaten des aemilius Paullus, die ihrem verhassten, strengen Feldherren einen triumph verweigern wollen, von den senatoren zur vernunft und erneut zur abstimmung gebracht, vgl. Plut. aem. 31. zweitens überlegt Marius nach dem sieg gegen die Kimbern besser mit seinem Kollegen catulus zusammen zu triumphieren, da er befürchtet, dessen soldaten würden sonst evtl. seinen triumph vereiteln, vgl. Plut. Mar. 27. Drittens steht bei der langen Diskussion um den triumph des lucullus (beantragt 66, gehalten 63) nicht der senat, sondern das volk im Mittelpunkt (und zwar ταῖς φυλαῖς), vgl. Plut. luc. 37,2–3 und cic. acad. 2,1,3. – Erklärbar ist der Einfluss der truppen vor allem durch den begrenzten raum zur abstimmung in rom, vgl. die Bemerkungen von taylor 1966a, s. 113; MacMullan 1980, s. 454 f.; lintott 1999, s. 203 oder Mouritsen 2001, s. 26 ff., die alle auch auf die abstimmungsorte der comitia tributa zu übertragen sind. Für eine normale abstimmung vielleicht ausreichend, konnten plötzlich anwesende soldaten einen abstimmungsplatz ziemlich sicher überfüllen. Gerade bei der erwähnten Debatte über den triumphzug des aemilius Paullus 167 sollen die soldaten in so großer anzahl auf das Kapitol geströmt sein, dass niemand sonst hingelangen konnten, um seine stimme abzugeben, so liv. 45,36,6. 600 Klar dazu Ferrary 2003, s. 125; so schon Willems 1883, II s. 672; dann versnel 1970, s. 191 ff.; Brennan 1996, s. 316. anders: Mommsen str I, s. 134 f., der zumindest für die ordentlichen Magistrate das recht zum triumph auch ohne volksversammlung betont. Unklar bleibt Bleicken 1975, s. 121 f. und anm. 47, der „im allgemeinen“ den senat das imperium gewähren lassen will, dann eine „Kompetenzkonkurrenz der comitien“ einräumt und schließlich meint, dass man keine regeln aufstellen könne, wann senat und versammlung hier zusammen oder alleine handeln. häufig wird diese Frage ignoriert oder umgangen; auch bei Itgenshorst scheint eine gewisse Überraschung oder zurückhaltung betreffend der rolle des volkes vorzuherrschen: zum einen überlegt sie zwar, ob liv. 8,16,11 (ex senatus consulto) auf ein anderes verfahren hindeuten könnte, meint dann aber eher einen hinweis auf eine besonders unstrittige senatsentscheidung zu sehen (Katalog, s. 16). zum anderen ist bei der Wiedergabe der Berichte über den triumph von lucullus dann, wenn Plutarch oder valerius von „dem volk“ reden, ein „sic“ eingefügt (Katalog, s. 354). verschwommen bleibt Künzl 1988, s. 31 mit der Formulierung: „außerdem mischten sich in der republik oft das volk oder die volkstribune in dieser oder jener Koalition mit oder gegen den senat in die verhandlungen mit ein.“ Beard 2007, s. 203 meint, dass ein solcher Beschluss in den nur drei Fällen der Überlieferung auch eine Besonderheit sein könnte. Gegen ein solches argumentum e silentio Ferrary loc. cit. Kein Wort zur volksversammlung bei rüpke 2008, wo im Gegenzug die rolle des senats bei der Entscheidung betont wird (s. 13, s. 16); ähnlich hölkeskamp 2006b, s. 262: „Mit der formellen Gewährung des triumphs durch den senat wurde das eiserne Prinzip, daß die militärische vollgewalt des Feldherrn mit dem Überschreiten des pomerium und dem Eintritt in den Bereich domi erlosch, für den tag des zuges aufgehoben.“ – Entscheidend ist die rolle der volksversammlung, nicht primär die rolle der volkstribune. Während diese zwar ein veto-recht haben, kann man für diese nicht (schon gar nicht angesichts der drei überlieferten Fälle) ein „right to authorize a triumph by a vote of the people“ konstatieren, so aber Feig vishnia 1996, s. 178; umgekehrt werden auch nicht bloß in der frühen republik, sondern grundsätzlich immer senat

6.4 systematische Untersuchung

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Offen bleibt, was man mit den beiden stellen von livius macht, nach denen ein triumph „ex senatus consulto“ gefeiert wurde. vermutlich wurde hier, wie wohl immer, wenngleich selten explizit erwähnt, einfach dem senat gefolgt. Dies erklärt vielleicht auch das schweigen der anderen Quellengruppe: Weder bei valerius Maximus noch bei aulus Gellius findet sich ein Wort zu einem zweistufigen verfahren oder gar zur Kompetenz des senats – diese wird wohl stillschweigend vorausgesetzt. abweichungen bestehen eher darin, dass die volksversammlung etwas erlaubt, was der senat vorher nicht erlaubt hatte, während umgekehrt volkstribune ihren Widerstand schon vorher ankündigen konnten. Im normalfall folgte also der Debatte (und Entscheidung) im senat ein entsprechender Beschluss einer versammlung – der aber auch entscheidend war.601 6.4.2 Kriterien in den senatsdebatten Wendet man sich den Debatten im senat zu, ergeben sich verschiedene aspekte und Kriterien, die immer wieder, wie aus einem argumentativen arsenal, auftauchen und die nun im Einzelnen untersucht werden. Grundsätzlich kann man hier zwei Gruppen bilden: auf der einen seite geht es um die militärischen Bedingungen, auf der anderen um die persönliche (d. h. vor allem rechtliche) stellung des Feldherren.602 In der ersten Gruppe sind zu nennen: stärke des Gegners, offene Feldschlacht, militärische leistung, d. h. die Kriegsführung insgesamt, die Befriedung des Gebietes und, damit verbunden, die rückführung des heeres nach rom. In die andere Gruppe fallen eigentlich nur der Oberbefehl über die armee (imperium auspiciumque) sowie die Frage nach der Magistratur sowohl während der Kriegshandlungen als auch während des triumphes und schließlich noch, auf einer anderen Ebene, der Einfluss von Familie oder Freunden. Eine schematische Übersicht zu den Kriterien sieht damit wie folgt aus: Gegner

militärische kriterien KriegsErfolg/sieg führung/ bellum iustum

Befrieimperium dung/ rückkehr des heeres

persönliche kriterien stellung amt Person/ Freunde/ Familie

und volksversammlung gemeinsam einen triumph beschlossen haben, anders Feig vishnia op. cit., s. 178 und bes. s. 198. 601 vgl. u. a. Flaig 2003a, s. 32: „Dem senat oblag die Entscheidung, ob ein sieg eines triumphes würdig war; und die volksversammlung fasste einen entsprechenden Beschluss.“ so schon Gibbon 1796, s. 126: „le consentement du sénat ouvroit les portes au char du triomphateur; mais il dépendoit encore du peuple de lʼarrêter.“ 602 Eine solche trennung wird fast idealtypisch bei lentulus 200 wiedergegeben (liv. 31,20,3–5): Es „entschied der senat, seine taten verdienten einen triumph, aber […] er habe in der Eigenschaft als Prokonsul spanien als amtsbereich gehabt, nicht als Konsul oder Prätor“ – res triumpho dignas esse censebat senatus, […] pro consule illum Hispaniam provinciam, non consulem aut praetorem obtinuisse.

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Die Kriterien der ersten Gruppe sind auf den ersten Blick geeignet zur Messung einer leistung und damit Bemessung einer besonderen Ehre. Eine andere Frage ist, wie man sie im Einzelnen überprüft und bewertet hat. hier ist auf das strukturelle Informationsdefizit des senats hinzuweisen, der für Berichte über einen Feldzug ebenso wie bei der Debatte um einen triumph auf angaben des Feldherren selbst angewiesen war. zudem sind stärke des Gegners und Kriegsführung abstrakte Kategorien, die im Einzelnen stark umstritten sein können, wohingegen ein sieg und die rückkehr des heeres einfach festgestellt werden können. Gleiches gilt auch für die Kriterien der zweiten Gruppe – mit ausnahme des Einflusses von Freunden. Ob ein Feldherr bereits ein amt und zur zeit der Kampfhandlungen ein imperium hatte, brauchte man nicht zu diskutieren, sondern wußte man. militärischer Erfolg mag zunächst als das selbstverständliche Kriterium, als völlig evident erscheinen. Doch ist es eine voraussetzung, die durchaus abgewogen werden kann. nicht überraschend soll der Konsul M. atilius 294 nach livius keinen triumph bekommen haben, weil er 7800 Gefallene zu verantworten hatte; auch bei Maso 231 wird auf die verluste hingewiesen.603 Umgekehrt kennt die literarische Überlieferung auch triumphatoren ohne größere leistung, z. B. 188, 180 oder 179, als Fulvius der triumph „mehr auf Grund seiner Beliebtheit als wegen der Größe seiner taten“ bewilligt wurde.604 sogar niederlagen sind kein ausschlusskriterium für einen triumph, wobei man beachten muss, dass militärische niederlagen für die Feldherren generell kaum negative auswirkungen auf eine weitere mögliche Karriere oder öffentliches ansehen hatten.605 von einer regelung, man 603 Dem steht nicht entgegen, dass beide in den Fasten auftauchen, Maso mit dem ersten triumphus in monte albano und atilius mit einem richtigen triumph (vgl. Itgenshorst Katalog, s. 44 f. bzw. s. 125 f.). Es geht hier nur darum, dass in literarischen Quellen verluste als ein Kriterium zur triumphverweigerung präsentiert werden; livius (10,37,13) schenkt der version des claudius Quadrigarius keinen Glauben, wonach doch ein triumph des atilius stattgefunden hat. 604 liv. 37,60,6 i. v. m. 38,47,5; liv. 40,38,9; liv. 40,59,1. neben diesen Fällen soll auch servilius Isauricus (triumph 74, vgl. Itgenshorst Katalog, s. 341) keine wirkliche leistung erbracht haben, vgl. nur app. Mithr. 93 (426). auliard 2001, s. 69–72 führt weitere triumphe ohne größere Kämpfe auf. zu denken ist auch an l. licinius crassus 95, an dessen leistungen durch cic. inv. 2,11 leichte zweifel bestehen, dessen triumph aber vielleicht trotzdem bewilligt worden wäre, nur durch den Einspruch seines Kollegen nicht zu stande kam. 605 rosenstein 1990 hat herausgearbeitet, dass – entgegen der anscheinsvermutung für ein auf Ehre und Erfolg basierendes Gemeinwesen – einer militärischen niederlage weder automatisch ein Karriereende (wie in athen) noch gar eine harte Bestrafung drohte (wie in Karthago mit der Kreuzigung), sondern dass glücklose römische Generäle (wie auch ihre söhne) weiter genauso um Ämter, Ehren und neue aufgaben konkurrieren konnten (siehe bes. s. 46 ff.); differenzierend dazu hölkeskamp 1994, anders, ohne Begründung, auliard 2001, s. 11, siehe weiter anm. 802 in 7.4. In rosensteins appendix der imperatores victi (s. 179 ff.) werden triumphzüge nach niederlagen erwähnt für M. claudius Marcellus 196, Postumius 194, D. Iunius Brutus 136 und l. licinius Murena 81. Postumius kann unter meiner Fragestellung nicht genannt werden, da ihm ja offiziell kein triumph bewilligt wurde. M. claudius Marcellus verliert gegen die Bojer, gewinnt dann gegen die Insubrer (liv. 33,36,4–5 bzw. 11–13), wobei eben die reihenfolge und „ob die gewonnene schlacht die verlorene in vergessenheit geraten ließ oder ob der sieg bei comum durch die niederlage im Gebiet der Bojer seinen Glanz verlor“ (liv. 33,36,15) unsicher ist. D. Iunius Brutus (Itgenshorst Katalog, s. 271 f. datiert den triumph auf ‚133?‘) triumphiert vielleicht auf Grund früherer Erfolge, vgl. vell. Pat. 2,5,1 und

6.4 systematische Untersuchung

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müsse mindestens 5000 Feinde erschlagen haben, ist hier noch nichts zu sehen, diese findet sich erst bei valerius Maximus, als abstrakte Information, und dann bei Orosius, der hier den Grund für die verweigerung des triumphgesuches von ap. claudius sieht. allerdings werden gerade die triumphe ohne leistung um 180 von der Forschung als argumente für die Einführung einer solchen regel gesehen.606 neben der anzahl der Feinde erscheint die Intensität der Kämpfe wichtig. Bei aulus Gellius ist das Kennzeichen einer ovatio ein unblutiger (incruentus) sieg, und dementsprechend ist der triumph laut Plutarch nach einer schlacht mit Blutvergießen und Gemetzel der Feinde (…μάχης καὶ φόνου τῶν πολεμίων) angemessen.607 Wird dagegen aus anderen Gründen kein triumph bewilligt, sind militärische Erfolge häufig ein argument, wenigstens eine ovatio zu gestatten.608 Dabei ist die Frage, wie der Erfolg errungen wurde, eher zweitrangig: Untergraben der Kriegsmoral, gebrochene versprechen, Massaker an der zivilbevölkerung und Brunnenvergiftung werden genannt, bemängelt und als „unrömisch“ kritisiert, sind aber im zweifelsfall keine Gründe, einen triumph zu verweigern.609 von einem bellum iustum als triumphkriterium ist hier keine rede, das taucht erst später – und

606 607 608 609

liv. per. 55. l. licinius Murena wurde nach einer herben niederlage gegen Mithridates (app. Mithr. 65–66 [275–276]) von sulla abberufen (cic. imp. Pomp. 8) und triumphierte dennoch (cic. Mur. 11, Gran. licin. 36,5 c), siehe dazu aber anm. 693 in 6.6.1.b für die Idee, dass der triumph von Pompeius durch andere triumphe abgeschwächt werden sollte. Die aufgeführten Fälle dieser imperatores victi sind also nur bedingt aussagekräftig, die these von rosenstein bleibt aber insgesamt bedenkenswert. – Einer der wenigen Fälle von „Bestrafung“ ist cn. Fulvius Flaccus (für seine niederlage gegen hannibal 212, liv. 26,2,7–3,12), der vor der verhandlung ins Exil geht. zu nennen ist natürlich auch Q. servilius caepio, der 105 bei arausio aus standesdünkel die nach cannae größte römische niederlage zu verantworten hatte (vgl. nur heuss rG, s. 251 oder Blösel 2009, s. 532) und dem als ersten überhaupt das militärische Kommando entzogen wurde (so Bauman 1968, s. 49 f.). In beiden Fällen war von einem triumph keine rede, aber solche vorgänge waren insgesamt auch selten, umgekehrt wird der verlierer von cannae, terentius varro, nach Plutarch (Fab. 18) am stadttor begrüßt, man dankt für seine rückkehr und belässt ihn wie selbstverständlich in seinem amt, vgl. dazu auch 8.2. selbst bei caepio ist der zweite Prozess 103 wegen angeblicher Beuteunterschlagung vor allem vor dem hintergrund einer Profilierung von saturninus zu sehen, vgl. heuss rG, s. 161. vor 325 sollen darüber hinaus allenfalls Geldstrafen in Betracht gekommen sein, so jedenfalls liv. 8,33,17. val. Max. 2,8,1; Oros. 5,4,7. siehe für die Einordnung dieser vorschrift u. a. richardson 1975, s. 63 und Develin 1978, s. 436; mehr dazu unter 6.5.1. Gell. 5,6,21; Plut. Marc. 22,4; siehe zu den unterschiedlichen anforderungen auliard 2001, s. 63 f. vgl. die Fälle 221 für Marcellus, 200 für lentulus, 169 für cn. cornelius Blasio und 185 für l. Manlius. neben allen anderen vorwürfen, die man ihm macht, soll Manlius vulso auch die Kriegszucht untergraben haben, an dem triumph hat es nichts geändert, vgl. liv. 39,6,3 und 39,7,3. Mʼ. aquillius soll als Konsul 129 beim Krieg gegen aristonicus Brunnen vergiftet haben, um städte zu erobern (Flor. 1,35,7), triumphiert aber 126, vgl. Itgenshorst Katalog, s. 279 ff. Für wortbrüchiges (oder taktisches?) verhalten zu lasten der zivilbevölkerung siehe z. B. appians Bericht über den Feldzug von lucullus und Galba 151 in spanien (bes. app. Iber. 51–52; 59– 60) oder die taten von titus Didius 97, der Einwohnern angeblich eine Kolonie zuweisen will, sie dann alle töten lässt und dafür einen triumph erhält, so app. Iber. 100. – Generell mag hier mit sen. ep. 87,23 gelten: nam sacrilegia minuta puniuntur, magna in triumphis feruntur.

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

nur – bei aulus Gellius auf, als Kennzeichen einer ovatio, … cum aut bella non rite indicta, neque cum iusto honeste gesta sunt.610 Generell scheint die Frage nach der kriegsführung schwer zu beantworten zu sein. Was ist schlecht? Was den Umständen angemessen? Und wer stellt das alles fest? Die Debatte über den triumph des Manlius vulso 187 zeigt exemplarisch das Problem, einen Bericht des Feldherren zu bewerten. Den vorwurf z. B., auf ungünstigem terrain gekämpft zu haben, kontert Manlius mit dem hinweis, es habe kein besseres gegeben. auch die angaben über die anzahl der Gegner, die zahl der Gefangenen, die offene Feldschlacht und über die Einnahme von zwei lagern (liv. 38,47,6) sind sicher kein zufall, sondern der versuch, Kriterien für den Erfolg anzubieten. Doch es bleibt schwierig, militärische leistung abstrakt zu bewerten, vor allem taktische Entscheidungen sind ex post kaum zu überprüfen, ebenso wie die Frage, inwieweit vor Ort Kämpfe beendet bzw. ausgedehnt werden dürfen, sollen oder müssen. hier wird man, wie oben angesprochen, auf ein generelles Informationsdefizit des senats hinweisen müssen, andererseits aber auch auf ein generelles vertrauen in seine heerführer, die aufgaben in seinem sinne zu lösen.611 Dem steht 610 Gell. 5,6,21; vgl. Goldbeck/Mittag 2008, s. 67 f., die überlegen, ob Gellius aus der regel, dass es für siege gegen sklaven und Piraten keinen triumph gab, vielleicht eine solche abstraktere vorschrift gebildet hat, schließlich konnte man Piraten und sklaven nicht offiziell Krieg erklären und diesen damit auch nicht (ge)recht führen, auch Eide ihnen gegenüber sollten ja nicht bindend sein, so cic. off. 3,107. als vorschrift für die triumphe kann man ein bellum iustum jedenfalls nicht ansehen, schon gar nicht als regel, vgl. Maiuro 2008 anm. 13: „tale regola è piuttosto dubbia e certamente molto poco rispettata.“ auch aus livius 38,47,5 lässt sich ein solches Kriterium nicht ableiten, so aber Eder 2002 (DnP 12,1), sp. 837. Manlius bezieht sich auf den triumph des Q. Fabius labeo, „der triumphiert habe, obwohl seine Gegner vorbrachten, nicht, dass er einen ungerechten Krieg geführt, sondern dass er den Feind überhaupt nicht gesehen habe“ – „quem non bellum iniustum gessisse, sed hostem omnino non vidisse inimici iactabant.“ zwar erscheint hier ein bellum iniustum als ein mögliches argument gegen einen triumph, doch war die fehlende leistung ein stärkeres argument, und labeo hat ja trotzdem triumphiert. In anderen Debatten taucht bellum iustum weder dem Begriff noch dem Konzept nach auf; trotzdem erscheint bellum iustum sehr häufig in Überblicken über das triumphritual als voraussetzung (siehe z. B. Künzl 1988, s. 30 oder hölkeskamp 2006b, s. 262). – Es bleibt das Problem, überhaupt zu definieren, was ein bellum iustum gewesen sein soll, siehe für die vergleichsweise späte, nicht vor Ende des zweiten Jahrhunderts einsetzende Entwicklung einer philosophisch-moralischen rechtfertigung von Kriegen rüpke 1990 s. 121 f.; für die römische Konstruktion eines defensiven Imperialismus und den römischen Diskurs über nur reagierende und Ordnung wiederherstellende militärische Gewaltanwendung harris 1979, s. 163 ff. und Eckstein 2006, s. 216–229, s. 238 f.; umgekehrt für die Problematik, einem siegreichen Feldherr kaum vorwerfen zu können, er habe den Krieg nicht ordnungsgemäß erklärt, auliard 2001, s. 22. Generell hat Botermann 2002, s. 284–293 betont, dass „die ganze bellum iustum-Doktrin […] nicht antik, sondern ein Konstrukt der Forschung“ (s. 285) und „rückprojektion der frühneuzeitlichen Diskussion“ (s. 292) sei, die römer schlicht, wie die Griechen auch und wohl alle, nicht nur antiken völker, Kriege, zumindest aus eigener Perspektive, nicht ohne Grund und anlass geführt hätten (bes. s. 298 f.). anders, aus meiner sicht hier zu formal-juristisch, liebs 2009. 611 Gegen die seit Mommsen verbreitete Einschätzung, die „außenpolitik“ sei fest in den händen des senats verankert, hat Eckstein 1987, s. 319–324 herausgearbeitet, dass Kontrolle und Einfluss des senats mit steigender Entfernung der Kriegsschauplätze von rom abnahmen. hinzu kommt allerdings, dass ein „mutual understanding“ (s. 323) vorherrschte, dass normalerweise

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nicht entgegen, dass der senat eigenmächtige Entscheidungen der Feldherren nicht auch sanktionieren bzw. zumindest mit triumphverweigerung darauf reagieren konnte, wie 339, zweimal 294 oder 223. Dass Manlius sich mit seiner argumentation durchsetzt, obwohl seine eigenen legaten widersprechen, ist bemerkenswert, denn es war einer der (wenigen?) Fälle, wo der senat Informationen aus erster hand hatte.612 193 dagegen reichen Briefe und vorwürfe des legaten Marcellus aus, dem Konsul l. cornelius Merula in rom den triumph (und die supplicatio) zu verweigern. 191 wird der Einspruch eines tribunen, der scipio nasica auffordert, vor seiner triumphverhandlung auch noch in der nachbarprovinz zu helfen, vom senat zurückgewiesen. hätte man dies für militärisch so wichtig gehalten, hätte man bedeutend eher handeln müssen, denn so waren die soldaten ja schon aus der Provinz fort und in rom angekommen. – Es bleibt unsicher, welche strategischen Forderungen oder Wünsche des senats ignoriert werden konnten. Eher zu messen oder zumindest festzulegen ist die Qualität der gegner. Manlius, um bei diesem Beispiel zu bleiben, beruft sich in der livianischen Überlieferung sicherlich nicht zufällig nicht nur auf anzahl, sondern auch auf Wildheit der Feinde (liv. 38,47,6: ego, qui cum centum milibus ferocissimorum hostium signis conlatis totiens pugnavi). aber es bleibt ein ähnliches Problem wie bei der Kriegsführung, vielleicht sogar noch verschärft durch ein mögliches Interpretationsparadoxon: denn je glanzvoller ein sieg ausfällt, umso schwächer erscheint ein Gegner – und umgekehrt. leichter war es, bestimmte Gruppen per se als Gegner zweiter Klasse einzustufen, wie sklaven oder Piraten, für deren Überwindung es entsprechend auch nur eine ovatio gab – 132 für Perperna und 71 für crassus nach seinem sieg gegen spartakus. Dass crassus versuchte, innerhalb der ovatio seine Ehre zu erhöhen und einen lorbeerkranz zu tragen, hatte vielleicht auch eine gewisse Berechtigung darin, dass spartakus eben kein so leichter Gegner gewesen war wie eigentlich gedacht; ähnliches gilt vielleicht auch für Pompeius, der in seinem dritten triumph 61 neben normalen hostes auch piratae angibt, die ja auch ein ernstzunehmender Gegner gewesen waren.613 Mitglieder der senatorischen Klasse keine Entscheidungen trafen, die einem unterstellten senatswillen diametral entgegenstanden. Dennoch muss bedacht werden, dass es aus persönlichen Erwägungen zu Friedensschlüssen oder Kriegshandlungen kommen konnten, die strategisch besser unterlassen oder erst von einem nachfolger unternommen worden wären, vgl. für solches „eigenständiges Denken“ der jeweiligen Feldherren schon im ersten punischen Krieg die Ergebnisse von Bleckmann 2002 und für die frühere zeit der sog. samniten-Kriege cornell 2004, s. 125 ff. Ein schönes Beispiel aus dem Kontext von triumphatoren ist der Fall von scipio asiaticus: zum einen wird vor seinem triumph 190 zumindest bei liv. 37,58,7 f. diskutiert, ob nicht entscheidendes bereits vorher von acilius Glabrio geleistet worden wäre, zum anderen schließt scipio nach zon. 9,20 mit antiochos einen milden Frieden, um den sieg nicht seinem nachfolger Manlius vulso zu überlassen. 612 zu rolle und Funktion solcher legaten als „sachverständige“ siehe schleussner 1978, hier s. 50. 613 Für Perperna: Flor. 2,7,8. Für crassus: Plut. crass. 11,8, der die ovatio als schmählich und unverdient bezeichnet; die corona laurea wird erwähnt bei cic. Pis. 58; Gell. 5,6,23 und Plin. n.h. 15,125; vgl. für die besondere Ehrung von crassus auch Marshall 1972, s. 672 f. Für Pompeius: Itgenshorst Katalog, s. 357; Plut. Pomp. 45,2.

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schwieriger wird es, wenn das Heer nicht mit heimgeführt wird und damit die aufgabe fernab von rom noch nicht erledigt scheint. Bei Marcellus 211 gibt livius das argument wieder, dass das heer als zeuge nicht dabei sei (exercitus testis meriti atque immeriti triumphi abessent), ein problematisches argument, denn Marcellus hatte sein heer gar nicht heimführen dürfen, sondern es dem nachfolger übergeben müssen – neben seiner unumstrittenen leistung vielleicht mit ein Grund, ihm wenigstens einen kleinen triumph zu gewähren.614 Man wird hier grundsätzlich unterscheiden müssen: auf der einen seite steht die ursprüngliche, rituelle rolle des heeres im triumphzug (und auch: des triumphzugs für das heer) im sinne von rückkehr, Entsühnung und Wiedereingliederung, wozu dann zeugenfunktion für Geleistetes und die tatsächliche Beendigung des Krieges treten (so bei Furius 200, liv. 31,49,9–11), aber auch eigene Ehre und Geldverteilung beim spektakel triumph zur Geltung kommen. auf der anderen seite stehen strategische Erwägungen, die sich erst im zuge der römischen Expansion ergaben. Erst wenn ein römisches heer länger als nur für einen Feldzug im Feld bleiben soll, mit seinem Feldherrn vorher aber Großes geleistet hat, entstehen für den triumph Probleme. hier sind weiter die Grenzen einer wirklichen oder nur vorgeblichen „Beendung“ der aufgabe oder konkret der Befriedung einer Provinz nur schwer zu ziehen. 177 erheben sich die ligurer, nachdem der Konsul c. claudius sie zunächst besiegt hatte und für einen triumphzug nach rom zurückgekehrt war, woraufhin der senat ihn schnell wieder in seine Provinz zurückschickte, zusammen mit den soldaten, die claudius gerade wegen des triumphzuges mit sich nach rom gebracht hatte.615 Ein Dilemma deutet sich an: Bleibt ein Feldherr in der Provinz, verhalten sich die Gegner ruhig und die aufgabe scheint beendet. sodann könnte er nach rom aufbrechen und einen triumph fordern, wozu er der tradition gemäß sein heer mitnimmt. Daraufhin aber können sich die besiegten (oder besiegt geglaubten) Feinde wieder erheben, und die aufgabe, ruhe und Frieden wiederherzustellen, ist „objektiv“ nicht erfüllt. versucht man diese situation zu vermeiden, bieten sich drei Möglichkeiten an: das verbot, das heer zurückzuführen (wie 211 bei Marcellus), der verzicht des Feldherren auf einen triumph (beides evtl. „versüßt“ durch eine ovatio) oder die Entkoppelung von rückführung des heeres und triumphvergabe. Das Problem taucht somit ähnlich wie die Frage eines triumphes „im amt“ (s. u.) erst mit der Expansion auf, und als reaktion bietet sich zunächst eine vermehrte vergabe eines kleinen triumphs an, was besonders für spanien gilt. von 200–170 sind von 36 gewährten triumphen 18 eine ovatio, 14 davon für Be614 Develin 1978, s. 434 sieht in der triumphverweigerung ein legitimes argument, seine abgrenzung zu richardson 1975, s. 61, der angeblich darin nur eine „technicality“ der politischen Feinde des Marcellus sieht, wirkt aber etwas konstruiert. Eckstein 1987, s. 169 f. weist daraufhin, dass in der tat noch starke karthagische verbände in sizilien standen, dass die Entscheidung, Marcellus sein heer nicht mitbringen zu lassen, also gute sachliche Gründe hatte. Umgekehrt findet sich bei Eckstein aber auch der hinweis auf den triumph des Q. Fabius Maximus, der für den sieg über tarent, der auch kein Ende der Kämpfe mit sich brachte, einen triumph bekam, und zwar ohne Diskussion oder Konflikte, was die Problematik dieses Kriteriums zeigt. 615 liv. 41,14,1–3; für die rückführung der soldaten: 41,14,6. Grund für den triumph waren vielleicht die 15.000 in offener Feldschlacht getöteten und 7000 gefangenen Feinde, vgl. liv. 41,12,8.

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fehlshaber der iberischen Provinzen.616 hier mag auch noch eine rolle spielen, dass es sich um nicht sehr beliebte Kommandostellen gehandelt hat.617 schon in diese zeit schließlich fällt aber auch der triumph des Prokonsuls Mʼ. acilius 190, obwohl sein heer nicht mit heimgekommen ist – eine tatsache, die umgekehrt aber noch 185 als Kriterium gegen einen triumph benutzt werden kann.618 auf der schnittstelle zwischen militärischen und persönlichen Kriterien kann man die supplicatio behandeln. In manchen Debatten taucht das argument auf, da man schon den Göttern Dank erwiesen habe, könne man doch jetzt den triumph nicht verweigern.619 Gerade die ambivalente natur zwischen Ehrbeschluss für den Feldherren und religiösem Dankfest gibt dem argument besondere Kraft, was aber auch für den triumph insgesamt gelten wird: 207 fordern (nach liv. 28,9,7) die Konsuln M. livius und c. claudius, weil sie die Interessen der Gemeinschaft tapfer und erfolgreich (fortiter feliciterque) wahrgenommen hätten, „den unsterblichen Göttern Ehre zu erweisen und ihnen selbst zu erlauben, im triumph in die stadt einzuziehen – „dies immortalibus haberetur honos et ipsis triumphantibus urbem inire liceret.“ Während es vor 211 nur fünf supplicationes gegeben haben soll, fallen in die zeit von 211 bis 168 gleich 28, Bastien sieht in dieser zeit die supplicatio fast wie eine vorbedingung (préalable) für einen triumph an.620 Die Bedeutung einer supplicatio für einen anschließenden triumph wird auch deutlich anhand der großen Bemühungen ciceros, zunächst für seine taten als statthalter in Kilikien eine supplicatio zu bekommen, ein ziel, für das er fast alle senatoren persönlich 616 richardson 1975, s. 54. 617 Der Grund dafür dürfte in den kontinuierlichen kriegerischen auseinandersetzungen in spanien bei nur geringer aussicht auf Beute zu sehen sein. Ganz abgesehen von der sondersituation des zweiten punischen Kriegs, als scipio 210 das Kommando als privatus bekommt, da sich sonst niemand dafür interessiert, die nachfolge der getöteten P. und cn. scipio anzutreten (liv. 26,18,5–9), ist hier z. B. an den verzicht des Prätor P. licinius crassus 176 auf ein Kommando in Hispania citerior zu denken (vgl. 5.4.2.a). Dass in einer solchen situation, wenn schon beim aufbruch klar war, dass das heer nicht mit nach rom zurückkäme, für mögliche triumphdebatten reagiert wurde, ist nachvollziehbar. vgl. zur römischen herrschaft(sentwicklung) in spanien, welche anders als im Osten ohne Diplomatie und ohne Kontrolle durch lokale verbündete größtenteils auf Militäraktionen basierte, richardson 1968; zur rolle außerordentlicher Imperien in spanien Blösel 2009, s. 460 sowie zu rom und spanien generell richardson 1996, s. 9–126. 618 Die letzte überlieferte heeresrückführung datiert rüpke 1990, s. 225 auf 167, die rückkehr des heeres von lucullus im Jahre 63 wird aber (als Faktor für die Wahl von Murena zum Konsul für 62) bestätigt von cic. Mur. 37. als argument dagegen taucht die heeresrückführung seit 185 nicht mehr auf. nach auliard 2001, s. 104–112, handelt es sich um die regel mit der kürzesten Geltungsdauer, die noch dazu direkt nach ihrer Entstehung (211 als argument gegen Marcellus) häufig umgangen wurde: „aucune autre règle ou tradition nʼaurait présenté un caractère aussi peu contraignant et aussi éphémère puisque, après les années 180–167, personne nʼy fait même allusion“ (s. 112). Dies kann man dann sagen, wenn man eine solche regel erst im Konfliktfall entstehen lässt und die ständige rückführung eines heeres in der Frühzeit als unbewusste regelmäßigkeit und nicht als regel auffasst; von der problematischen annahme häufiger Umgehungen abgesehen. 619 so bei Marcellus 211 (liv. 26,21,3) und bei Furius 200 (liv. 31,48,12). 620 Bastien 2007, s. 297; siehe s. 298 für eine tabelle aller supplicationes bis 163.

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anschreibt.621 aber, wie auch schon cato in seiner antwort an cicero bemerkt, es gibt keine zwangsläufige linie zwischen supplicatio und triumph: neque supplicationem sequitur semper triumphus; der Konsul Q. Minucius 197 z. B., für den zusammen mit seinem Kollegen mit vier tagen eines der längsten Dankfeste beschlossen worden war, bekommt später keinen triumph bewilligt.622 Eine supplicatio war damit zwar ein gutes und wichtiges argument, aber wie die anderen Kriterien auch nicht alleine entscheidend.623 Wie das vorliegen einer supplicatio, so waren auch die persönliche Qualifikation des Triumphaspiranten und seine rechtliche stellung allen bekannt. Es ist nun zu prüfen, welche Kriterien einzuhalten waren. regelmäßige voraussetzung für einen triumph war der Oberbefehl über die armee, also ein imperium. hier tauchen Konflikte nur dann auf, wenn mehrere gleichberechtigte Feldherren zusammen (zwei Konsuln) gekämpft haben oder der entscheidende sieg einem Untergebenen des Konsuls zu verdanken ist. Im ersten Fall wird sowohl beiden Konsuln ein triumph bewilligt (207) als auch nur einem (263 und 197), im letzteren Fall soll immer das höhere imperium den ausschlag geben, z. B. im verhältnis von Konsul zu Prätor oder Quästor (195, 187 und vielleicht auch 241). Problematisch wird es, wenn, wie 200 l. Furius Purpureo, ein Prätor mit dem heer des Konsuls einen sieg erringt. zwar hat er ein eigenes prätorisches imperium, dieses steht aber unter dem konsularischen. nach livius siegt am Ende der auseinandersetzung die Beliebtheit des anwesenden über den höheren rang des abwesenden – was stark nach einer ausnahme oder einer regeldehnung klingt.624 195 wird M. helvius nur ein kleiner triumph bewilligt, eben weil er im Bereich eines anderen gekämpft und nicht den Oberbefehl innegehabt hatte.625 Folgerichtig wird der triumph mit au621 cic. att. 7,1,8; mehr dazu im text. 622 Für catos Bemerkung: cic. fam. 15,5,2; für das Dankfest: liv. 32,31,6; für die ablehnung des triumphwunsches von Minucius: liv. 33,23,3. 623 allerdings weist halkin 1953, s. 111 darauf hin, dass es in der republik von 65 supplicationes nur bei zehn davon nicht später zu einem triumph kam. nach cic. Phil. 1,12 kommen senatoren zu Beratungen über eine supplicatio genauso zahlreich und zuverlässig wie zu Beratungen über einen triumphzug, um demjenigen, in dessen namen die Ehrung beschlossen werden soll, einen Gefallen zu tun, was die Bedeutung einer supplicatio unterstreicht. Beard 2007, s. 197 weist weiter darauf hin, dass an Feiertagen keine politischen Geschäfte stattfinden konnten, also allein die tatsache, mehrere tage mit einer supplicatio zu blockieren, auch anlass zu politischen Überlegungen bot. 624 liv. 31,49,1 f.: Huius generis orationibus ipsius amicorumque victa est praesentis gratia praetoris absentis consulis maiestas triumphumque frequentes L. Furio decreverunt. 625 Dass helvius überhaupt für seine kriegerischen aktionen auf seinem rückweg nach rom eine Belohnung einforderte mag ebenso wie die Gewährung der ovatio überraschen, an einem angedrohten triumphus in monte albano wird es nicht gelegen haben, so aber Brennan 2004, s. 44, siehe dazu 6.6.4.a. stewart 1998, s. 93 bespricht die Problematik einer klaren abgrenzung von provinciae, nach ihr zeigt die verweigerung eines triumphes für helvius „an augural argument about the impossibility of two officials holding the same lot.“ – Ein sonderfall liegt bei Konsulartribunen vor, die laut den Fasten sowie zon. 7,19 nie triumphierten, obwohl, wie zonaras betont, „viele von ihnen eine anzahl siege errangen.“ hier hat richard 1990, s. 245 darauf verwiesen, dass das unter mehr als zwei Personen aufgeteilte imperium dieser sondermagistratur geringer angesehen wurde oder zumindest angesehen werden konnte i. s. einer „incapacité

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gustus zum Monopol des Kaisers, besser gesagt, die tatsache, dass alle seine legati unter seinem obersten imperium kämpften, bot eine gute handhabe zur Monopolisierung des triumphes.626 nicht ausführlich eingegangen wird hier auf die Debatte zwischen Mommsen und Laqueur, ob nun imperium oder eher auspicium der entscheidende Begriff für ein eigenständiges Kommando und mithin voraussetzung für einen triumph war.627 Beides ist nicht sinnvoll zu trennen und wird von den römern nicht derartig abstrakt nebeneinander gedacht worden sein, wie es manche moderne Untersuchungen suggerieren. so lautet z. B. die Formulierung auf einer Inschrift am vom Eroberer Korinths, lucius Mummius, gestifteten tempel des hercules victor (wohl von 145 v. chr): L. Mummi L. f. cos. Duct. | auspicio imperioque | eius Achaia capt., Corinto | deleto Romam redieit | triumphans.628 auch für valerius Maximus und seinen schlichter atilius calatinus sind 241 imperium auspiciumque des Konsuls entscheidend; und M. livius und c. claudius, die beide ein imperium gehabt hatten, differenzieren 207 nur unter sich (!) nach den auspizien am tag der schlacht – was bei Mommsen dann zur regel wird.629 auch die Begriffe ductus und felicitas

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de droit“ für den triumph. stewart 1998 sieht die Gründe stattdessen im Bereich der auspizien, siehe dazu weiter unten. vgl. Engels s. 154 f. (wie schon oben); eine ausnahme bildet die ovatio des aulus Plautius 47 n. chr. unter Kaiser claudius nach der Eroberung Britanniens. laqueur 1909 sieht im Gegensatz zu Mommsen im auspicium die Grundlage des triumphs, bei welchem er eine Entwicklung von der sakralen Institution einer „vollendung eines im auftrag der Gemeinde geleisteten votums“ (s. 235) hin zu einer Ehrung des siegers oder gar helden ausmacht. zu dieser Debatte siehe versnel 1970, s. 164 ff., der eher Mommsen zuneigt und gegen laqueur mehr Einwände erhebt, im Ergebnis aber auch gegen eine ernsthafte trennung von imperium auspiciumque plädiert. Ils 20 = cIl I2 626 = cIl vI 331; vgl. dazu Kruschwitz 2002, s. 139–147. Ähnlich die Inschrift am tempel der Mater Matuta, angebracht 174 von ti. sempronius Gracchus, nach liv. 41,28,8–9: „Ti. Semproni Gracchi consulis imperio auspicioque legio exercitusque populi Romani Sardiniam subegit.“ combès 1966, s. 206 spricht für diese zusammensetzungen von „unisant les fonctions politiques, militaires et religieuses du chef dʼarmée.“ Deutlich gegen eine trennung auch Magdelain 1968, s. 41: „ces auspices et cet imperium sont inséparables ; ils sont acquis simultanément par le général grâce à la cérémonie auspiciale de départ sur le capitol.“ siehe weiter rüpke 1990, s. 44 f., der zwar nicht von einer Parallelisierung von imperium und auspicium sprechen will, aber doch den engen zusammenhang in den Quellen und die Komplementarität beider Begriffe betont, oder Brennan 2004, s. 36–42. nicht eingegangen wird hier auf die Problematik von Promagistraten, deren auspizien eigentlich nur gültig waren, so sie noch im Jahr ihrer Magistratur rom verließen, was mit der lex Pompeia von 52 unmöglich wurde, vgl. dazu die ausführungen von hurlet 2001, s. 160 ff. val. Max. 2,8,2; liv. 28,9; Mommsen str I, s. 128 und s. 127 anm. 2; die auspizien erscheinen bei Mommsen auch als Grund, bis zum tag des triumphs vor dem pomerium zu warten, da sie sonst verloren gehen würden. Folgt man aber Magdelain 1968, s. 40 f., dann sind die auszugsauspizien nötig für das militärische imperium, umgekehrt gehen dann bei den triumphdebatten die auspizien im Kriterium des imperium auf. allerdings sind geteilte auspizien gleichberechtigter Magistrate wie noch bei den Konsulartribunen in der frühen republik vielleicht ein Grund, warum diese keinen triumph feiern konnten, so jedenfalls stewart 1998, s. 79 f., s. 93 f.

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

tauchen in den Debatten auf, bilden für die triumphvergabe aber keine weitere Kategorie.630 Wichtig ist dagegen die voraussetzung eines Amtes. hier muss man unterscheiden zwischen der tatsache, dass zunächst nur im Amt triumphiert wird, und der abstrakten voraussetzung, dass triumphatoren schon einmal eine kurulische magistratur innegehabt haben sollen. Während die zweite voraussetzung sehr lange durchgehalten wird, passt sich die erste – nicht überraschend – im laufe der zeit den militärischen bzw. geostrategischen Entwicklungen, d. h. der Expansion und den größeren Entfernungen zwischen rom und den Kampfschauplätzen an. Wenn also zunächst nur Prätoren und Konsuln im amt triumphieren, ist das sicher eine regelmäßigkeit. Dass dies aber als bewusste regel gefasst worden ist, ist zu bezweifeln. so bemerkt livius zwar, dass 326 der erste triumph nach einer Kommandoverlängerung erfolgt, aber dies erscheint als klare Folge derselben.631 auch der erste seetriumph 260 findet Beachtung, aber vorher werden sich solche Fragen einfach nicht gestellt haben.632 Interessant ist eine art Übergangszeit: so werden zunächst triumphe gefeiert für leistungen, die im amt begonnen wurden. noch 211 zeigt Marcellus Bilder seiner Eroberung von syrakus, die er als Konsul drei Jahre zuvor begonnen hatte, und erst scipio africanus triumphiert 201 als Prokonsul für leistungen, die er nicht bereits als Konsul in angriff genommen hatte.633 hier scheint sich eine regelung entwickelt zu haben: Bei den Prokonsuln lentulus (200), acidinus (198), cornelius Blasio (196) und Manlius Fulvianus (185) wird nur über eine ovatio nachgedacht. Dagegen wird den Prokonsuln Mʼ. acilius (190) und Manlius vulso (187) ein triumph gestattet. Keinen triumph erhält scipio 206 nach seinem grandiosen Erfolg in spanien, da er noch überhaupt kein amt bekleidet hatte – eine voraussetzung, besser: eine regel, die erst 81 ignoriert oder gebrochen wird mit dem triumph des Pompeius. 630 Die verbindung „auspicio, imperio, felicitate, ductu“ taucht nur einmal auf, als Inschrift auf einem tempel des l. aemilius regillus, so liv. 40,52,5, wird aber als feststehende Formel wiedergegeben von Engels 2001, s. 153. Bastien 2007, s. 204 f. stuft die ersten beiden Kriterien als notwendig, die anderen beiden als sekundär ein. zu dem Begriff der felicitas siehe versnel 1970, s. 361 ff.; im Endeffekt scheint der triumphator ein vir felix zu sein, der dann auch der stadt rom Gutes bringt, so versnel. Wer aber triumphator wird, entscheidet sich nach imperium auspiciumque, nicht nach felicitas (s. 371). zu ductus siehe combès 1966, s. 205 f.; in den hier behandelten Fällen ist ductus, also die Führung der truppen, nicht sinnvoll zu trennen von imperium, also dem Befehl über die truppen. sogar im Fall des siegreichen Prätors und bettlägerigen Konsuls catulus lautet das argument bei val. Max. 2,8,2 auf imperium auspiciumque. Und selbst bei Furius 200 ist der Konflikt zwischen den imperia zu sehen, aber seine taten werden bewertet, ob sie in magistratu suisque auspiciis gessisset waren (liv. 31,48,6). 631 Es mag hinzu kommen, dass Q. Publilius Philo sowieso eine außerordentliche Karriere hatte, viermal Konsul, einmal zensor und Diktator sowie als erster Plebejer zum Prätor gewählt worden war, vgl. liv. 8,15,9, siehe zu Q. Publilius auch stewart 1998, s. 154 f. 632 vgl. die Bemerkungen für den Unterschied zwischen unreflektierten regelmäßigkeiten und bewusster regelhaftigkeit unter 2.1. Unabhängig davon können neuerungen und veränderungen wahrgenommen und – z. B. von livius – vermerkt werden, vgl. chaplin 2000, s. 140 f. 633 liv. 30,45,3; siehe dazu auch Develin 1978a, s. 433. Bei Marcellus kommt das ausmaß seiner Beute hinzu, die zu zeigen er allen Grund hatte.

6.4 systematische Untersuchung

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Bis dahin gilt, mit Mommsen gesprochen, dass der triumph nicht an der tatsache des militärischen Erfolges, sondern an dem recht des amtes hängt.634 aus genau dieser skizzierten anpassung an die Expansion kann aber von einer vorstellung des triumphs als rein konsulares (vor-)recht nicht gesprochen werden. Develin korrigiert eine solche auffassung zu recht dahingehend, dass vor 200 und nach 170 einfach nur wenige Prätoren aufgrund großer militärischer Erfolge einen antrag auf einen triumph überhaupt hätten stellen können.635 Dies schließt Bestrebungen nicht aus, vielleicht im zuge einer neuordnung römischer Karrieren um 180 auch die Gruppe der triumphatoren sozial auf Konsuln und Konsulare zu beschränken, nur würde dies über die Kommandovergabe laufen, also keine primäre Einschränkung innerhalb eines triumphrechts sein. Die „zufällige“ bzw. in der natur der sache liegende häufung von konsularischen triumphen ist jedenfalls nicht resultat einer bewussten oder reflektierten regel – dafür reicht eigentlich schon liv. 31,20,3, wo Konsuln und Prätoren gleichermaßen als mögliche vorauszusetzende Ämter für einen triumph genannt werden. noch ein drittes Kriterium muss unter dem stichwort der persönlichen Qualitäten behandelt werden: Die Beliebtheit der Person bzw. der Einfluss von Freunden und Familie auf die Entscheidung im senat. Explizit hören wir, dass Q. Fulvius seinen triumph 179 „mehr auf Grund seiner Beliebtheit als wegen der Größe seiner taten“ bekommt – magis gratiae quam rerum gestarum magnitudini; Ähnliches könnte für 188 gelten, und bei der großen Debatte über Manlius vulso 187 bemühen sich cognati amicique. Im gleichen Jahr kann umgekehrt M. Fulvius nobilior die persönliche Feindschaft zwischen ihm und dem abwesenden Konsul M. aemilius als argument gegen eine mögliche Blockade der verhandlung durch einen volkstribun benutzen.636 In dem großen Konflikt 200 bei l. Furius Pupureo siegt 634 Mommsen str I, s. 130. Für eine Übersicht über die Entwicklung des verhältnisses von Magistraten und Promagistraten siehe Bastien 2007, s. 215 ff. Ein imperium proconsulare (oder propraetore) hat rechtlich nichts mit einem ordentlichen amt zu tun, was allerdings häufig übersehen wird. Die Äußerung von val. Max. 2,8,5 über scipio und Marcellus, sie hätten Krieg geführt sine ullo erant missi magistratu ist also für scipio durchaus korrekt, contra themannsteinke 2008, s. 463 f. vgl. richardson 1986, s. 64–75 für die Kommandeure in spanien zwischen 206–197„‚cum imperio‘ but ‚sine magistratu;‘“ für eine liste der Prokonsuln, Proprätoren und ehemaligen privati in spanien siehe ebenfalls Jashemski 1966, s. 122 ff. vgl. auch Blösel 2009, s. 462; sein grundsätzliches Ergebnis, „daß die träger eines Imperiums, die es als amtlose erhalten hatten, keineswegs mehr während dessen Führung als privati angesehen wurden, sondern als solche offenbar in eine dritte Kategorie zwischen den beiden Polen magistratus einerseits und privatus andererseits fielen“ (s. 44) steht dabei der triumph-voraussetzung, einmal ein reguläres amt erhalten oder bekleidet zu haben, nicht entgegen. 635 Develin 1978a, s. 429 ff. gegen richardson 1975, s. 52: „thus it is clear that at the outbreak of the second Punic War the triumph was firmly established in roman thinking as a consular preserve.“ Der Widerspruch löst sich vermutlich auf, wenn man preserve im sinne einer sozialen Domäne anstatt eines vorrechts auffasst. siehe zu beiden Positionen jetzt Bastien 2007, s. 292 f., der allerdings bei Develin umgekehrt zu recht ein vernachlässigen der politischen Dimension von Entscheidungen in rom anmerkt (s. 293), vgl. dazu weiter im text sowie die nächste anmerkung. 636 liv. 38,50,2 und liv. 39,4,5–13. Die folgenden ausführungen gehen u. a. gegen Develin 1978a, s. 438 anm. 74, der die rolle persönlicher Faktoren zu niedrig einschätzt.

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

die Beliebtheit des Prätors gar über den rang des Konsuls (victa est praesentis gratia praetoris absentis consulis maiestas), hinzu kommt noch, so livius, das spezifische Familienprestige der Furier im Kampf gegen die Gallier.637 In anderen Fällen wird persönliche sympathie vielleicht hinzu gekommen, wird familiäre Unterstützung erfolgt sein, ohne deswegen gleich im Bericht eines livius vorzukommen. Diese vermutung kann nicht belegt werden, ist aber nicht allzu gewagt in einem Gemeinwesen, bei dem selbst vor Gericht die Persönlichkeit des angeklagten zuweilen wichtiger war als die anklagepunkte und eine juristische argumentation.638 Genauso aber konnte es umgekehrt gehen: nach den großen militärischen Erfolgen Marcellus 211 nur eine ovatio zu genehmigen, lässt sich mit dem verweis auf das fehlende heer zwar begründen, aber ohne die hinweise auf neid und Missgunst politischer Gegner gegenüber einem dritten triumph kaum erklären.639

637 zitat in liv. 31,49,1; vgl. für das Familienprestige liv. 31,48,12: dato fato etiam quodam Furiae genti Gallica bella. zum ahnherr der Furier, camillus, siehe Walter 2004a, s. 382 ff. 638 vgl. nur cic. inv. 2,35 f.; Bücher 2006, s. 74 spricht für Prozesse von einer „typisch römisch[en] Wertvorstellung, daß große verdienste einer Familie durchaus dazu führen dürfen, auch über bestimmte Delikte hinwegzusehen.“ 639 vgl. liv. 26,29,5 für die Klagen der sikuler, welche invidia gegen Marcellus entstehen lassen; Plut. Marc. 22,1 berichtet von neid gegenüber einem dritten triumph, was zwar problematisch ist, da nur für 222 ein weiterer triumph von Marcellus überliefert ist, aber dennoch eine Erklärung bietet, da die ablehnung ansonsten schwer nachzuvollziehen ist. Eckstein 1987, s. 170 meint: „their political success in blocking the award of a triumph for one of the greatest feats of arms in antiquity is still striking.“ Flower 2003 hat gezeigt, wie sehr sich die ambivalente rolle so erfolgreicher Feldherren auch in der damaligen Geschichtsschreibung niederschlägt, die zwischen Bewunderung von virtus und gloria des Marcellus auf der einen seite und abschwächung seiner taten (nota bene bei Polybios) auf der anderen seite einpendelt. Dies ist vielleicht der Grund, warum auliard 2001, s. 15 von „nur“ einer ovatio spricht, genauso gut könnte man von „immerhin“ einer ovatio sprechen, ist dies doch (nach langer zeit oder sogar überhaupt) die erste solche Ehrung. In die gleiche richtung geht richardson 1975, s. 55, der auch darauf hinweist, dass Marcellus für seinen sieg über die Gallier 222 nicht nur einen triumph sondern auch die spolia opima erhalten hatte, was vorher angeblich nur romulus und a. cornelius cossus Ende des 5. Jh. erreicht hatten, und Marcellus somit alle spielarten einer triumph-Ehrung bekommen hatte. auch sprechen vier Konsulate innerhalb von zehn Jahren nicht gegen politischen rückhalt von Marcellus, vgl. scullard 1973, s. 65 anm. 3. hinzu kommen mag noch, so stewart 1998, s. 86, dass Marcellus nach den nur vom volk bewilligten triumphen von Flaminius und Furius Philo 223 nun besonders herausgehoben werden sollte. nicht nachvollziehen kann ich aber, wenn sie im verlauf ihrer Diskussion der spolia opima (s. 79–87) behauptet: „subsequent political practice suggests that cossus established a comprehensible republican tradition“ (s. 85). abgesehen von den starken zweifeln an der historizität des Falles von cossus selber (vgl. nur die Bemerkungen von humm 2002, s. 151 und anm. 9), bestünde hier eine tradition in dem einen Fall von Marcellus – und wäre dieser als erster nicht noch mehr herausgehoben? siehe dazu das passende Korrektiv von Flower 2000, bes. s. 59, die umgekehrt herausarbeitet, dass es sich – mit hobsbawn 1983 gesprochen – bezüglich der spolia opima bei Marcellus um eine invention of tradition und bei augustus dann um eine reinvention of tradition handelte.

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6.4.3 Eine Gewichtung der Kriterien Was sind die schlüsse aus dem vorangegangen abschnitt? ausgangspunkt war eine schematische Übersicht über verschiedene militärische und persönliche Kriterien. nach dem Durchgang durch die überlieferten Debatten und Konfliktfälle stellt man fest, dass selten alle Kriterien vorliegen müssen, dass aber umgekehrt mit hinweis auf fast jedes Kriterium ein triumph untersagt werden kann. schaut man sich die Berufung auf die Kriterien und deren Gewichtung für die einzelnen Fälle an, lassen sich aber doch einige Muster erkennen: zunächst gibt es feste Kriterien wie die voraussetzung eines amtes oder imperium. Dann gibt es Kriterien, die sich im zuge der Expansion an die militärische Entwicklung anpassen, wie die rückkehr des heeres oder der triumph noch im amt. schwierig zu bewerten waren in rom und sind hier die Kriterien der Kriegsführung und sogar des Erfolges. Daneben scheint die persönliche Qualifikation des Feldherren wichtiger gewesen zu sein als die konkrete militärische leistung, so diese denn wenigstens minimal erfüllt war. Eine Übersicht sieht damit wie folgt aus: militärische kriterien persönliche kriterien kriegsfühErfolg/sieg Befriedung/ imperium stellung/ im Amt rung/ Rückkehr des ein Amt bellum iustum Heeres · kaum wichtig, · wird · wichtig bis · essentiell · essentiell · bis 326 kann präzise abgewogen 207 (aber auch · sonderfall 81 ausformung · argument bis immer · ab 200 ovatio haben 185 vorhanden) ohne amt · kein bellum möglich iustum nötig

anzumerken bleibt, dass die Qualität der Gegner nur bei Piraten und sklaven (abstrakt feststellbaren und zuzuordnenden Eigenschaften) und der entsprechenden triumph-versagung bzw. ovatio-Gewährung eine rolle spielt. Dagegen wird, obwohl schwer zu messen, der Einfluss von Familie und Freunden ein wichtiger Faktor gewesen sein, bleibt eine triumphvergabe doch stets eine Ermessensentscheidung des senats. Ein Ermessen bedeutet keine willkürliche oder rein politische Entscheidung, sondern setzt die Gewichtung von gewissen Kriterien voraus, keine reine Feststellung von vorliegenden oder fehlenden voraussetzungen. Eine supplicatio z. B. war ein gutes argument, aber weder notwendige voraussetzung noch sichere Garantie für einen triumph. Dabei ist zu bedenken, dass sich realiter die meisten Kriterien vermischt, sich z. B. militärischer Erfolg und persönliche Beliebtheit ergänzt haben und dann eine (immer) politische Entscheidung getroffen wurde. Bei dem versuch von cicero zu triumphieren haben wir genau so einen Prozess in nuce vor uns. cicero kehrt nach einigen militärisch unbedeutenden scharmützeln aus Kilikien zurück mit der hoffnung, dafür triumphieren zu dürfen. Er schreibt an alle außer zwei (!) senatoren, um zunächst eine supplicatio zugesprochen zu bekommen.640 Da dies erfolgreich 640 cicero schreibt ad atticum (7,1,8), er habe nur an hirrus und crassipes nicht geschrieben,

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ist, werden weitere Dankesbriefe und dann Bitten um einen triumph gefolgt sein, der aber nicht mehr verhandelt wird, da der Bürgerkrieg ausbricht. noch aufschlussreicher als ciceros versuche, seine taten durch persönliche Briefe bei den senatoren in das rechte licht zu rücken, ist der Brief seines Freundes caelius, der cicero vor dessen so ungeliebter statthalterschaft schreibt: „Ja, könnten wir die sache so deichseln, dass ein etwaiger Krieg Deinen Kräften entspräche, und gewännen wir gerade soviel Erfolg, wie für ruhm und triumph erforderlich ist, könnten wir einen gefährlichen, schweren Kampf vermeiden, dann wäre das alles, was wir wünschen können.“641 In verbindung mit ciceros Bemühungen, die senatoren zu überzeugen, erscheint der triumph kaum als Ergebnis einer einfachen regelanwendung, sondern vielmehr als das einer Entscheidung nach abwägung. Man kann vorwegnehmen, dass dieses Bild komplexer ist als die auflistung weniger, klarer regeln bei valerius Maximus oder aulus Gellius. Wie aber kann man ein solches flexibles system beschreiben? Der nächste Punkt gibt zunächst antike und moderne versuche einer systematisierung wieder, um dann einen neuen vorschlag zu machen – mit hilfe der Unterscheidung von regel und Prinzip. 6.5 rEGEln, WIllKÜr ODEr PrInzIPIEn? 6.5.1 valerius Maximus und (s)ein ius triumphandi Während sich bei livius keine systematische Betrachtung der triumphvergabe findet und die bei ihm überlieferten Fälle eher ein buntes als ein einheitliches Bild ergeben, bieten kaiserzeitliche Quellen eine erste systematisierung; bei valerius Maximus in Form von sieben exempla, die jeweils in Form einer Episode exemplarisch eine regel oder vorschrift enthalten.642 zur Quelle ist dabei vorauszuschicken, sonst an alle senatoren; c. lucilius hirrus hatte die Wahl in das Kollegium der auguren gegen cicero verloren, Furius crassipes war der vormalige verlobte von ciceros tochter tullia. Überliefert sind u. a. die Briefe an cato (fam. 15,4) und c. Marcellus (fam. 15,10); siehe dazu Wistrand 1979, s. 10–18 sowie Beard 2007, s. 187–196. Die Bemühung um cato ist besonders interessant, wenn man an dessen Gesetz über die Beeidung der Feindes-anzahl durch die Feldherren denkt, vgl. val. Max. 2,8,1. selbst wenn man die (nur) dort überlieferte vorschrift von 5000 toten Feinden ablehnt (dazu gleich im nächsten Punkt 6.5.1), wird cato vielleicht eine verschärfung von triumphvoraussetzungen durchgesetzt haben und mit sicherheit kein allzu großzügiger Befürworter einer solchen Ehre gewesen sein, man denke auch an seinen hinweis an cicero aus cic. fam. 15,5,2, dass einer supplicatio keineswegs immer ein triumph folge. 641 cic. fam. 8,5,1: Nam si hoc modo rem moderari possemus, ut pro viribus copiarum tuarum belli quoque exsisteret magnitudo et quantum gloriae triumphoque opus esset adsequeremur, periculosam et gravem illam dimicationem evitaremus, nihil tam esset optandum. 642 auliard 2001, s. 23 spricht zu Unrecht von einem „approche théorique“ bei valerius Maximus und aulus Gellius, die beide allenfalls versuchen, mit großem zeitlichen abstand vergangene Episoden zu systematisieren. Gerade für valerius stehen ästhetische Beschreibung und moralische Deutung im vordergrund, von albrecht 1994, s. 858 spricht von einem Moralist mit epideiktischem stil. Kontext der „triumphregeln“ ist das vorangehende Kapitel de disciplina militari, deren strikte Beachtung rom zu herrschaft und Größe geführt (ortumque e parvula Romuli casa totius terrarum orbis fecit columen) und damit erst die triumphe zur Folge gehabt

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dass valerius seine exempla nicht nur aus ihrem historischen Kontext isoliert, sondern sie manchmal auch, so Engels, der „freieren Parabel“ annähert, was dem charakter von exempla allerdings durchaus entspricht, bei denen es eher auf den rhetorisch-moralischen Wert als auf die „historische Wahrheit“ ankam.643 Darüber hinaus vertreten Goldbeck/Mittag die these, dass valerius Maximus durchweg kaiserzeitlich geprägt war und eher Kritik an den neuordnungen von augustus und tiberius äußern als die historische vergangenheit wiedergeben wollte, was den Wert der Quelle für die rekonstruktion der republikanischen triumphvergabe erheblich mindere.644 Um den Wert von valerius Maximus für (s)ein ius triumphandi zu prüfen, werden daher im Folgenden seine exempla vorgestellt, interpretiert und mit anderen Überlieferungen verglichen bzw. den Ergebnissen der untersuchten Debatten gegenübergestellt. (1) quinque milia hostes (Val. Max. 2,8,1) Ob levia proelia quidam imperatores triumphos sibi decerni desiderabant. Quibus ut occurreretur, lege cautum est ne quis triumpharet nisi qui quinque milia hostium una acie cecidisset. Es wird eine Mindest-Quote von zu tötenden Feinden eingeführt, und zwar durch Gesetz, um die vergabe von triumphen zu reglementieren und an eine gewisse leistung im Feld zu binden. Damit dies nicht durch falsche angaben des heerführers unterlaufen wird, spricht valerius von einem zweiten Gesetz: Ceterum ne tam praeclara lex cupiditate laurea oblitteraretur, legis alterius adiutorio fulta est, quam L. Mar(c?)ius et M. Cato tribuni plebei tulerunt. Diese lex besagte, dass die nach rom zurückkehrenden Generäle mit einem Eid zu beschwören hatten, dass sie im senat die richtigen angaben machten über die zahl der getöteten Feinde und der verloren gegangenen Bürger (aut hostium occisorum in proelio aut amissorum civium). Die regel von 5000 getöteten Feinden war in den triumphdebatten in dieser spezifischen Form nicht ersichtlich, auch wenn livius die Feldherren durchaus die zahl der getöteten Feinde angeben lässt. Bezeugt wird die regel ansonsten nur von habe: ex cuius sinu quoniam omnes triumphi manarunt, sequitur ut de triumphandi iure dicere incipiam, so val. Max. 2,8, praef.; vgl. dazu Itgenshorst 2005, s. 180 oder themann-steinke 2008, s. 444. 643 Engels 2001, s. 144 ff. vgl. von albrecht 1994, s. 853; Bastien 2007, s. 28 oder mit Bezug auf den angeblichen verzicht eines cn. Fulvius Flaccus auch themann-steinke 2008, s. 456. siehe generell zu dem Kapitel de iure triumphandi von valerius Maximus Engels 2001; bes. Itgenshorst 2005, s. 180 ff. sowie Goldbeck/Mittag 2008. Für eine analyse der triumphthematik überhaupt bei valerius Maximus (allerdings ohne ernsthafte auseinandersetzung mit den vergaberegeln) und die interessante sprachliche Gleichsetzung von sieg, Ehre und triumph, siehe Weileder 1998, s. 279–302. Der Kommentar von themann-steinke zum Kapitel de iure Triumphi (op. cit., s. 442–483) bleibt von ausnahmen abgesehen viel zu philologisch, vorschriften zur triumphvergabe werden zu unkritisch behandelt. Den neuesten Forschungsüberblick zum autor bietet – bei anderer thematik – lucarelli 2007. 644 Goldbeck/Mittag 2008, s. 64 und s. 71 f. Gleiches gilt demnach, trotz anderer Intention des autors, auch für aulus Gellius.

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Orosius, der diese regel für die nichtgenehmigung des „privaten“ triumphs von ap. claudius 143 anführt.645 Unsicher ist, ab wann – und m. E. auch ob – es diese vorschrift gegeben haben soll. Während man das zweite Gesetz über den bestätigenden Eid mit dem tribunat von cato und l. Marius auf 62 datieren kann, bleibt für die anzahl der Feinde nur 143 als terminus ante quem. In der Forschung wird meistens einleuchtend die zeit um 180 für eine solche vorschrift vermutet, als reaktion nicht nur auf die triumphe ohne größere leistung 188 und 179, sondern vor allem nach dem triumph ohne jede militärische Kampfhandlung 180.646 vielleicht nicht zufällig wird ja auch zur selben zeit der cursus honorum reglementiert.647 sinn und zweck der vorschrift werden jedenfalls genannt: triumphe sollen reduziert und nur für wirkliche leistungen vergeben werden: non enim numero sed gloria triumphorum excelsius urbis nostrae futurum decus maiores existimabant. schaut man sich die Entwicklung der triumphzüge nach 180 an, sieht man in der tat einen abfall – doch sind dafür ebenso (wenn nicht mehr) andere Faktoren, wie die anzahl geführter Kriege und damit überhaupt die zahl eventueller triumphaspiranten verantwortlich. Inwieweit die vorschrift als solche dazu beigetragen hat, bleibt fraglich. Das zweite überlieferte Gesetz von l. Marius und cato jedenfalls lässt im Umkehrschluss die vermutung zu, dass es streit über die angaben, oder sagen wir: Interpretationsspielraum gegeben hat – und vermutlich generell Probleme der Durchführung. Überraschend ist dies nicht, denn wie genau werden 5000 tote Feinde gemessen oder gezählt worden sein?648 lässt man solche anwendungs645 Oros. 5,4,7. 646 Für das tribunat von cato und Marius: Broughton Mrr II, s. 174 f.; das erste Gesetz datiert rotondi 1912, s. 279 (mit ?) auf 179; gefolgt von richardson 1975, s. 62; Develin 1978, s. 436; Bastien 2007, s. 294. Itgenshorst 2005, s. 188, sieht dagegen in dieser regelung ein „Phantom“ und weist völlig zu recht daraufhin, dass liv. 37,46,1–6 kein Beleg sei: Weder beim triumph für acilius Glabrio (ohne heer) noch bei der verweigerung des triumphs für Q. Minucius taucht diese Bestimmung als argument auf; wieso ausgerechnet die letzte stelle angeführt wird (so u. a. bei holliday 2002, s. 23) bleibt in der tat rätselhaft. auch die oben angeführten triumphe ohne militärische leistungen (liv. 40,38), die auch von rotondi aufgeführt werden, sind kein Beleg für die Frage ob es eine solche vorschrift gegeben hat, sondern nur ein anhaltspunkt, wenn, wann. Dass es diese regel mit einer solchen konkreten zahl gegeben hat, ist daher sehr unwahrscheinlich, vgl. weiter im text und in der übernächsten anmerkung. siehe zu beiden Gesetzen auch Beard 2007, s. 210: „In fact, neither rule is ever explicitly referred to in any account of triumphal debates by any surviving classical author whatsoever.“ Gut ist der hinweis von Beard, dass sich zu diesem Gesetz auch gerade in der erhaltenen Korrespondenz von cicero und cato nichts findet. Bei auliard 2001, s. 89 findet sich die Bemerkung, dass die fehlenden Bezüge auf diese vorschrift einen indirekten hinweis auf die geringe Beachtung der vorschrift darstellten. Dagegen geht Pittenger 2008, s. 112 ff. von einem wirklichen Gesetz aus, sieht sogar in der Orosiusstelle einen hinweis auf eine abwägung im senat. 647 zu denken ist nur an die lex Villa annalis von 180, dazu mehr unter 8.1. vgl. Bastien 2007, s. 295 f., der auch auf die ambitus-Gesetzgebung hinweist und meint: „il est donc logique que le sénat ait souhaité vérifier la justesse de lʼoctroi du triomphe et fixé des règles sur lʼimportance de la victoire (le nombre dʼennemis tués), et sans doute sur lʼéconomie de sang romain.“ 648 Unsicher ist, inwieweit die im zweiten Gesetz von 62 auftauchende Bestimmung, auch über die verluste angaben zu machen (aut amissorum civium; iurare de utroque numero), bereits im ersten Gesetz enthalten war. Doch was bedeutet es genau, wenn nicht nur die anzahl der Feinde, sondern auch die höhe der eigenen verluste bewertet wird? sicher erscheinen große

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probleme beiseite und stellt man eher auf den sinn als auf den Wortlaut einer solchen vorschrift ab, leuchtet ein, dass – wie anfangs erwähnt – der versuch gemacht wird, militärische leistung messbar (und damit vergleichbar) zu machen. Richardson hat darauf aufmerksam gemacht, dass sich diese regel, so man sie auf 179 datiert, anschließt an die letzten Fälle einer notwendigen rückführung des heeres – einem anderen messbaren Kriterium, welches nicht länger aufrecht erhalten werden konnte.649 (2) imperium auspiciumque (Val. Max. 2,8,2) Im nächsten Beispiel schildert valerius Maximus mit dem erwähnten Fall des Prätors Q. valerius von 241 den vorrang des höchsten imperium. Q. valerius möchte ebenso wie der Konsul lutatius catulus triumphieren, da er im entscheidenden Moment der schlacht das Kommando ausgeübt hatte. Der bestellte schlichter des streits, atilius calatinus, weist dagegen auf imperium auspiciumque hin, was auch allgemein akzeptiert wird: „Iam Hercules,“ inquit, „cum de imperio et auspicio inter vos disceptationem susceperim et tu utroque adversarium tuum superiorem fuisse fatearis, nihil est quod ulterius dubitem.“ zwar unterschlägt valerius Maximus hier, dass zwei tage später eben jener Prätor für genau die entsprechende schlacht einen triumphus navalis feiern darf, also beide triumphieren,650 doch die regel als solche zieht sich in der tat durch fast alle überlieferten Episoden – eine ausnahme mag Furius Pupureo 200 sein, vgl. dazu 6.6.1.a.651 verluste auf den ersten Blick nicht eines triumphes würdig, aber was, wenn damit ein großer sieg erkämpft wird? Und soll man sich eine aufrechnung vorstellen, so dass bei 100 toten römern und 5090 toten Feinden kein triumph erlaubt wäre? zählen verwundete dazu, die auf dem rückweg nach rom ihren verletzungen erliegen? solche Fragen sind vielleicht nur theoretischer natur, zeigen aber in nuce, dass man mitnichten mit einer regelung nur Klarheit schafft, sondern das sich (meistens) Folgeprobleme ergeben. ausgerechnet bei der Gewichtung eigener verluste will auliard 2001, s. 85 von einer abwägung von Fall zu Fall ausgehen. Für Orosius haben sich solche Probleme nicht gestellt, da in seinem Bericht praktischer Weise den 5000 von appius claudius getöteten Feinden genauso viele zuvor verlorene soldaten gegenüberstehen – was im übrigen dafür spricht, dass schon die erste version des Gesetzes diese Bestimmung enthielt; anders Bastien 2007, s. 294, der dafür die Erwähnung der eigenen verluste im Gesetz von 62 nehmen will, was nun gerade nicht einleuchtet, da hier doch der Punkt möglicher (rechen-)Kontroversen gelegen haben könnte. Dass die anzahl der toten nicht unbedingt mit der Größe des sieges korrespondiert, dass eine solche abstrakte vorschrift keine rücksicht auf die tatsächlichen militärischen Möglichkeiten zulässt und damit kein sinnvolles Kriterium zur Bewertung der Kriegsführung ist, hat bereits Gibbon 1796, s. 132 f. angemerkt. 649 richardson 1975, s. 62; unklar bleibt, warum er als „last known use of the deportatio provision“ liv. 40,38,9 angibt, also 180, wo doch gerade ein triumph bewilligt wird. Besser ist ein verweis auf 185, wo zum letzten Mal genau auf Grund des fehlenden heeres nur eine ovatio bewilligt wird (liv. 39,29,4–7), am argument ändert dies nichts; vgl. 6.4.2. 650 vgl. Itgenshorst Katalog, s. 114 sowie Engels 2001, s. 160 f. m. w. v. in anm. 53 und dem hinweis, dass auch Octavian vor actium 31 aus Krankheitsgründen den tatsächlichen Oberbefehl an agrippa abgegeben hatte. 651 Ein Bezug dieser Episode zur Problematik der Feldherren unter augustus und dessen imperium ist offensichtlich, vgl. in dieser richtung auch Engels s. 167 f.; Itgenshorst 2005, s. 184 sowie

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(3) der verbotene Verzicht (Val. Max. 2,8,3) Im dritten Fall berichtet valerius entrüstet davon, dass ein cn. Fulvius Flaccus auf einen ihm erlaubten triumph verzichtet habe, was, tatbestand eines religiösen Frevels, dazu geführt habe, ihn bei seiner ankunft in rom zu exilieren: Nam ut urbem intravit, continuo quaestione publica afflictus exsilio multatus est, ut si quid religionis insolentia commisisset, poena expiaret. Interessant ist der hinweis auf den religiösen charakter des triumphs, was wohl darauf zurückgeht, dass mit einem triumph zumindest in der frühen Form zu allererst den Göttern gedankt wurde. Problematisch ist hier, dass diese Episode nirgendwo anders erwähnt und daher zweifelhaft ist. Der einzig bekannte cn. Fulvius Flaccus wurde 212 als Prätor von hannibal in apulien besiegt, für seine Flucht wurde er tatsächlich später verurteilt und ging ins Exil; von einem triumph ist keine rede.652 Die Frage aber, was ein verzicht auf einen (gebilligten) triumph bedeutet haben könnte, ist spannend und wird später (6.6.3) gesondert behandelt, da wir bei livius durchaus einige Erwähnungen dazu finden. Gegenüberstellen müsste man hier aber schon den von valerius Maximus hochgelobten verzicht auf einen eigenen triumph von c. claudius nero, der seinem Kollegen 207 nur auf dem Pferd folgt.653 Goldbeck/Mittag 2008, s. 59 f.; letztere weisen für diese regel besonders auf die Kritik des valerius an der Monopolisierung des triumphs durch augustus hin und betonen den Fortgang der Episode: valerius führe aus, dass die tatsächliche leistung des Q. valerius dessen anfrage nach einem triumph entschuldige – sed ne Valerius quidem inprobe, quia fortis et prosperae pugnae ut non legitimum ita praemium petiit. Dies ist aber kein ‚implizites lob‘ und auch keine ‚rechtfertigung‘ (so aber s. 60 f.), sondern eben (bloß) eine Entschuldigung. valerius lobt damit nicht den Wunsch nach einem triumph, sondern nimmt diesen als normales römisches streben nach ruhm und Ehre hin. Für die these, valerius wolle hier besonders deutlich augusteische regelungen kritisieren, wäre auch der hinweis auf den triumphus navalis zu erwarten, der aber gerade ausgelassen wird. Eher kann man einen rückbezug zur vorher gelobten militärischen Disziplin, die auch die rangfolge der imperia beinhaltet, sehen, vgl. val. Max. 2,8 praef. bzw. oben anm. 642. 652 liv. 26,2,7–3,12; vgl. Elvers 1998 (DnP 4), sp. 703; Broughton Mrr I, s. 268. themannsteinke 2008, s. 455 f. zu Folge kombiniert valerius Maximus hier den seetriumph 228 eines cn. Fulvius centumalus (cos. 229, vgl. Broughton Mrr I, s. 229) mit dem Exil des oben im text erwähnten cn. Fulvius Flaccus, was im Interesse eines literarisch schönen Übergangs zum nächsten exemplum liege, wo mit Q. Fulvius Flaccus der Bruder des cn. Fulvius involviert ist. 653 val. Max. 4,1,9; Weileder 1998, s. 293 f., weist darauf hin, dass valerius hier die moderatio eines direkten vorfahren des tiberius preist, welcher sich gerade dieser tugend rühmt. auf jeden Fall geht es in diesem exemplum um die Frage eines verzichts bzw. die besondere, nicht abzulehnende Ehre eines triumphes, und nicht primär um die (besonders in den exempla vier und fünf herausgestellte) akzeptanz einer senatsentscheidung, anders: Engels 2001, s. 162 anm. 57. Dass valerius hier wahrscheinlich ein exemplum erfindet (erfinden muss?), spricht dafür, wie selten wirklich auf einen triumph verzichtet wurde bzw. dafür, dass es bei einem verzicht dann vielleicht gute Gründe gab oder man, wie oben erwähnt, im triumph des Kollegen ja doch auch triumphierte. Es geht valerius damit hier nicht bloß um die vermeidung eines (hier ja auch erfundenen) Präzedenzfalles, auch sehe ich weder eine gewisse ratlosigkeit oder eine verlegenheit bei ihm, wie Itgenshorst 2005, s. 181, s. 184 meint, sondern schlicht die Betonung der großen Wichtigkeit des triumphs durch die negative Folie einer ablehnung die

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(4) Eroberung – pro aucto imperio (Val. Max. 2,8,4) Im vierten Beispiel werden zunächst Q. Fulvius Flaccus und l. Opimius gelobt, die beide klaglos die verweigerung ihres triumphwunsches akzeptieren. Die Gründe dafür liegen in der Beachtung einer regel durch den senat, dass für einen triumph die vergrößerung des römischen reiches nötig sei, eine bloße rückeroberung dagegen nicht ausreiche: sed summa diligentia observandi iuris quo cautum erat ut pro aucto imperio, non † pro reciperata † quae populi Romani fuissent triumphus decerneretur. lässt man den angegebenen Fall beiseite, ist festzuhalten, dass sonst nicht auf diese vorschrift rekurriert wird. hier wird, so man diese regel für historisch hält,654 erneut der versuch vorliegen, militärische leistung messbar zu machen. Dieses Beispiel ist prägnant für die tendenz des valerius, die autorität des senats darzustellen, der frei von niederen Beweggründen aus reiner Pflicht und sorgfalt gegenüber dem recht urteilt, was die Feldherren dementsprechend widerspruchslos akzeptieren: non quidem invidia patrum conscriptorum, cui numquam aditum in curia esse voluerunt, sed summa diligentia obervandi iuris. (5) nemo sine magistratu (Val. Max. 2,8,5) Im fünften Beispiel wird die triumphregel benannt, dass niemand triumphieren könne, der kein amt bekleide, keine Magistratur ausübe. Diese regel sei so stark gewesen und immer beachtet worden, dass nicht einmal Marcellus 211 oder scipio 206 hätten triumphieren dürfen. Die Information stimmt, auch wenn Engels zu recht darauf hinweist, dass valerius hier wiederum einiges verschweigt, wie die ovatio und den triumphus in monte albano des Marcellus.655 hinzufügen könnte man den „triumphalen Empfang“ des scipio und vor allem die tatsache, dass dieser auch keinen antrag gestellt hat. aber im Mittelpunkt steht hier – wie eben im vierten Beispiel – die rolle des senats, der sich gleichsam die Ehrung versagen ohne gute Gründe einem affront gleicht, mehr dazu im text und unter 6.6.3. – Goldbeck/Mittag 2008, s. 62 diskutieren ausgerechnet dieses Beispiel als einen möglichen Fall eines verzichts; besser ist dagegen ihr verweis (s. 62 f.) auf die erste wirkliche ablehnung eines triumphs durch augustus, vgl. res. gest. 1,4, was in der tat ziel einer Kritik durch valerius Maximus gewesen sein könnte. Für diesen verzicht des Princeps siehe auch hickson 1991, Itgenshorst 2008, s. 36 f. und schipporeit 2008, s. 108 ff. 654 Es lassen sich viele triumphe finden, auf die dieses Kriterium nicht zutrifft, u. a. den von val. Max. selber (2,2,3; 3,6,6; 6,9,14; 8,15,7) erwähnten triumph von Marius über die Kimbern. auliard 2001, s. 90–104 weist auch auf die entstehenden Probleme für Doppeltriumphe oder umstrittene Gebiete wie spanien hin (s. 90). nach Weileder 1998, s. 289 geht es valerius Maximus, der tiberianischen Ideologie entsprechend, hier darum, „bewußt Expansion und triumph“ miteinander zu verknüpfen. Die vorschrift wird schon von Gibbon 1796, s. 134 f. zu recht abgelehnt. 655 vgl. Engels 2001, s. 163. nach liv. 26,21,1–4 war Marcellus Prokonsul, das Kriterium ‚ein amt gehabt zu haben‘ ist in jedem Fall erfüllt, da Marcellus 223 zum Konsul gewählt worden war und als solcher 222 auch bereits triumphiert hatte, vgl. Itgenshorst Katalog, s. 132–135. Begründung für die triumphverweigerung 211 war das abwesende heer, vgl. oben.

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muss und auf eine (noch) passendere Gelegenheit wartet: coronatus intueri senatus cupiebat, veriori reservandos laureae putavit. allerdings wird die regel vom amt als voraussetzung für einen triumph in der tat erst 81 mit Pompeius wirklich gebrochen bzw. ignoriert (vgl. 6.6.1.b). (6) cena triumphalis (Val. Max. 2,8,6) Dieser abschnitt fällt etwas aus der reihe, berichtet wird von der sitte der cena triumphalis, nach welcher der triumphator beide Konsuln zum Essen einladen soll, sie dann aber bittet, nicht zu kommen, damit beim Essen niemand mit höherer Ehre als der triumphator anwesend sei: Moris est ab imperatore ducturo triumphum consules invitari ad caenam, deinde rogari ut venire supersedeant, ne quis eo die quo ille triumpharit maioris in eodem convivio sit imperii.656 656 Itgenshorst 2005, s. 182 hebt zurecht hervor, dass es sich hier eigentlich nicht um ein Exemplum, sondern eine regel handelt. Das ritual wird auch bei Plutarch (Moral. 283a = Quaest. rom. 80) überliefert, neben einem Ehrenplatz beim Essen wird hier auch eine Eskorte nach dem Essen als wichtiges Distinktionsmerkmal angeben. siehe für die repräsentative und damit auch performative Funktion öffentlicher wie auch exklusiverer Bankette in rom Dʼarms 1999; hier finden sich auch Beobachtungen, die aus sicht von regeln und normen interessant sind: Wenn luxusgesetze durch Qualität und Quantität des Essens stark übertreten, bisweilen ad absurdum geführt werden, sich ein Gastgeber durch solche Devianz aber gerade profiliert (bes. s. 310), zeigt dies schon im Kleinen, was später (8.2) generell als risiko von regeln konstatiert wird, nämlich die publikumswirksame Überschreitung; vgl. für weitere „Überschreitungen im privaten raum“ hölscher 2009, s. 177–181 sowie die Bemerkung von hölkeskamp 2009, s. 5 f., bes. anm. 17. – nach Itgenshorst 2004, s. 440 anm. 17 wird durch val. Max. 2,8,6 belegt, dass der triumphator auch über die jeweils amtierenden Konsuln herausgehoben sei, das Gegenteil ist die aussage von valerius, die sie selbst, 2005, s. 182 richtig wiedergibt; unklar ist wieder ihr verweis 2008, s. 35, dass mit dieser regel darauf hingewiesen werde, dass die normalen hierarchien aufgehoben und der triumphator über alle standesgenossen herausgehoben sei. zutreffend Engels 2001, s. 164, der die Bedeutung der Konsuln betont sieht, vgl. Beard 2007, s. 262 f. Da valerius der früheste Beleg für eine solche regel, und auch kein ähnlicher Fall überliefert ist, gehen Goldbeck/Mittag 2008, s. 61 von einem Problem mit dem imperium proconsulare maius des Kaisers aus. Für eine spätere Entwicklung einer solchen tradition spricht vielleicht auch, dass zumindest in früherer zeit die meisten triumphatoren ja als Konsuln triumphierten, wobei in einer „zwischenzeit“ triumphierende Prokonsuln oder auch schon Prätoren einen geringeren rang hätten, so zutreffend themann-steinke 2008, s. 469. Denkt man also doch an republikanische Ursprünge, ist zu überlegen, ob es sich auf eine öffentliche speisung nach dem triumphzug bezogen hat, wo ein „Fehlen“ der Konsuln auch bemerkt worden wäre. Größere Festmähler für senatoren, volk und soldaten als Endpunkte eines triumphes sind häufig belegt, von romulus (Dion. hal. ant. 2,34,2), dem triumph des Diktators l. Quinctius cincinnatus 458 (liv. 3,29,5), von lucullus (Plut. luc. 37,6) und caesar (cass. Dio 43,42,1); ein Beispiel für kulinarische Exzesse in späterer zeit hat sueton (vit. 13,2). scipio africanus hat nach app. Pun. 66 (300) etwas exklusiver gefeiert und nur seine Freunde zu einem Bankett in einem tempel gebeten, auch bei liv. 45,39,13 klingt es eher nach einer geschlossenen veranstaltung der senatoren auf dem Kapitol. hier fiele ein Fehlen der Konsuln zwar auch auf, ist aber gerade auf Grund der religiösen Komponente unwahrscheinlich. Wirklich klar wird die vorschrift aus den knappen angaben nicht, es bleibt das rangver-

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(7) bellum civile (Val. Max. 2,8,7) als siebtes und letztes wird gesagt, dass für siege in Bürgerkriegen kein triumph (und auch keine ovatio) vergeben wird, eine auf den ersten Blick einleuchtende vorschrift – welche Gemeinschaft will schon die gewaltsame Entscheidung eines inneren zwistes feiern? Eine vorschrift, die aber auf den zweiten Blick Probleme aufwirft, wenn man sich die römische Geschichte im ersten Jahrhundert vor augen hält. allerdings reichen die Beispiele von valerius Maximus nur bis zu der catilinarischen verschwörung von 63, die jüngere, blutige vergangenheit von Octavian/ augustus wird ausgespart.657 Bürgerkriege sind, mit der ihnen eigenen FreundFeind-Unterscheidung, aber vor allem eine Definitionssache: augustus feiert seinen dreifachen triumph 29 über fremde, also „normale“ Gegner roms, und schon sulla hatte offiziell über Mithridates triumphiert und statt römischer Bürger in seinem triumph die Bilder griechischer und kleinasiatischer städte gezeigt.658 Die regel von valerius als solche wird allein schon aus politischen Erwägungen zumindest pro forma immer respektiert worden sein;659 umgekehrt ist eine situation undenkbar, einem militärischen sieger in einem Bürgerkrieg, wenn er denn will, einen triumph mit hinweis auf eine solche regel (oder auch auf die fehlende Eroberung) zu verweigern. Zwischenfazit Die sieben regeln des valerius Maximus ergeben ein Bild, das anders aussieht als die Untersuchung und systematisierung der Debatten bei livius. Darüber hinaus bleibt es schwierig einzuschätzen, inwieweit man „prinzipatsfreundliche Propaganda“ oder aber „Kritik an den Kaisern“ vor sich hat.660 Das Bild eines nur am ius

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hältnis von Konsuln über triumphatoren zu konstatieren, was in einem gewissen spannungsverhältnis zur herausgehobenheit des triumphators steht. siehe dazu Engels 2001 s. 164 ff. und Goldbeck/Mittag 2008, s. 61 f. vgl. eben val. Max. 2,8,7; für weitere Beispiele aus der späten republik siehe auliard 2001, s. 54 sowie s. 50 f. für die Problematik einer Feind-Definition bei verbündeten nicht-römern, wie den latinern. vgl. Gibbon 1796, s. 142 f.: „les vainqueurs des guèrres civiles pouvoient arracher au sénat les récompenses qui auroient le mieux flatté leur vanité; mais sʼils étoient maîtres des lois, ils respectoient lʼopinion publique, et des préjugés qui étoient peut-être encore les leurs. Ils auroient craint dʼavilir la dignité du nom romain, en traitant leurs concitoyens comme des rois vaincus.“ Für die these der freundlichen Propaganda vgl. Engels 2001, s. 159 und bes. s. 168 f. so soll die im ersten Beispiel geforderte restriktion der triumphe auch ein Kernpunkt augusteischer reformen gewesen sein, ebenso sei der vorrang des höchsten imperium auch ein hinweis auf die Monopolisierung der triumphzüge durch den Princeps. Den gleichen Befund interpretieren Goldbeck/Mittag 2008, bes. s. 63 als dezidierte Kritik am Prinzipat. Besonders in den regeln drei und fünf sehen sie Kritik an augustus, der keine ordentliche Magistratur bekleidete und auch noch auf einen triumph verzichtet hatte. Goldbeck/Mittag bieten mit ihrer sichtweise auch eine Gliederungsmöglichkeit der ansonsten etwas disparat wirkenden sieben regeln von valerius; so soll sich von der ersten bis zur dritten die Kritik steigern, um sich dann von der

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orientierten senats, der sich selbst den regeln beugt, ist an hand der Beispiele vier und fünf (und auch zwei) belegt worden. hier kann man sich Itgenshorst anschließen, die treffend zusammenfasst, dass valerius Maximus mit dem Bild einer nie uneinigen oder auch nur diskutierenden senatselite, die klaren und immer gleichen regeln folgt und deren Entscheidungen von allen widerspruchslos akzeptiert werden, ‚keine historische realität der triumphvergabe, sondern einen lieu de mémoire entwirft, um der unfehlbaren autorität und monolithischen Geschlossenheit des senats (und nicht primär dem triumph) ein Denkmal zu setzen.‘661 Dass valerius somit keine gute Quelle für einen diskussionsfreudigen senat ist, leuchtet ein. aber für ein ius triumphandi sind seine aussagen erneut zu überdenken. Der triumph erscheint als wertvolle, ja religiös aufgeladene Ehre, die man zu erlangen versuchte. Dass der senat streng auswählt, erhöht die schwierigkeit, aber damit auch die Ehre. Ein verzicht ist also geradezu undenkbar. Für die Entscheidung des senats aber stehen a) 5000 tote Feinde, b) imperium, c) eine neue Eroberung und d) ein amt, also auf der einen seite (in konkreter ausformulierung) militärischer Erfolg und auf der anderen seite die persönliche Qualifikation des Feldherren. selbst wenn valerius Maximus nur seine eigene und nicht die republikanische zeit im Kopf hatte, ist doch festzuhalten, dass das Ergebnis auf einer abstrakten Ebene nicht groß von der analyse der triumphdebatten bei livius divergiert. Dort geht es bunter zu, es sind weitaus mehr argumente zu berücksichtigen oder Kriterien für und gegen einen triumph auszumachen. nimmt man umgekehrt valerius wörtlich, fünften bis zur siebten wieder abzuschwächen (loc. cit.), was zwar etwas konstruiert, aber immerhin ein vorschlag ist. nach themann-steinke 2008, s. 482 werden abstrakte Bestimmungen (exempla eins und zwei) und konkrete Fälle (exempla zwei, vier und fünf) um den „dubiosen verzicht“ (exemplum drei) „herumkomponiert;“ diese Beobachtung leitet aber nicht zu einer Interpretation oder historischen Einordnung über. 661 Itgenshorst 2005, s. 186 f.; zu recht weist sie auch darauf hin, dass die einzige Diskussion bei valerius Maximus (im zweiten Beispiel) gerade nicht im senat stattfindet, sondern in der privatrechtlichen Form einer sponsio. Ihre analyse der rolle des senats aus val. Max. 2,8 deckt sich mit der von coudry 1998b, s. 131–144, die zum Bild des senats bei valerius Maxmius insgesamt (interessanterweise ohne auf de iure triumphandi einzugehen) ausführt: „le sénat de valère Maxime nʼa plus rien dʼune assemblée où se débattent des points de vue divergents et où sʼaffrontent des individus mus par des passion contradictoires. Il nʼest plus un espace politique, mais une entité abstraite et désincarnée, sʼexprimant dʼune seul voix et dont les jugement ne sont jamais guidés par lʼintérêt. Une entité intemporelle, aussi, car ce sénat idéal, malgré la diversité des époques où il est mis en scène, demeure parfaitement constant dans ses attitudes : Il ne faillit jamais à sa mission, sauf sous le poids de la fatalité“ (s. 144). Contra Goldbeck/Mittag 2008, s. 58 f. und anm. 19, die sich explizit gegen die Deutung von Itgenshorst wenden und sich u. a. dafür auf coudry 1998a, s. 50 f. berufen. Dort führt coudry zwar aus, dass valerius die senatsentscheidungen gegen triumphe von scipio und Marcellus als ungerecht empfindet, aber dies widerspricht nicht dem Bild eines einigen senats gegenüber Einzelnen, im Gegenteil: „le sénat entend encadrer la compétition aristocratique […] par le maintien scrupuleux des règles qui la régissaient traditionnellement.“ Konzedieren muss man Goldbeck/Mittag, dass eine regelung von 5000 toten Feinden bei einem einigen senat nicht nötig wäre, so auch schon Itgenshorst 2005, s. 183 selbst, doch wiegt dies allein die Äußerungen aus den Beispielen vier und fünf von valerius m. E. nicht auf. valerius Maximus mag vielleicht nicht generell die republikanischen Werte preisen (vgl. dazu jetzt lucarelli 2006), aber an dieser speziellen Interpretation der rolle des senats ändert dies nichts.

6.5 regeln, Willkür oder Prinzipien?

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stellt man fest, dass seine regeln in vielen Fällen nicht berücksichtigt wurden. Ob nun ein heer zurückgeführt werden muss (vor den großen Distanzen wahrscheinlich), viele Feinde getötet werden sollen (möglich) oder das Imperium Romanum wirklich vergrößert werden muss (zweifelhaft) – es sind immer ausprägungen des gleichen Prinzips: militärischer Erfolg. Gerade weil wir weder bei livius senatsprotokolle noch bei valerius Gesetzesauszüge vor uns haben, kann kaum eine einzelne regel mit sicherheit festgestellt, wohl aber ein übergeordnetes Prinzip erkannt werden, dessen ausformungen sich dann in argumentationssträngen niederschlagen. Genau hier aber liegt das Problem von valerius Maximus, dem „Mommsen avant la lettre“ (Beard) und seinen goldenen regeln eines vermeintlichen ius triumphandi.662 6.5.2 regeln und Prinzipien – ein neuer ansatz Und genau hier – um den letzten absatz fortzuschreiben – liegt auch das Problem der modernen Forschung, die, ob sie valerius Maximus folgt oder sich absetzt, seine Informationen mit denen von livius und anderen kombiniert und dann ein kompliziertes regelwerk zur triumphvergabe in rom konstruiert.663 Wie in dem kurzen Forschungsüberblick (6.2.2) angedeutet, steht bei einer Bewertung und Beschreibung des „triumphrechts“ mehr oder weniger explizit ein regelmodell im hintergrund – ansätze, die umgekehrt häufig in der Kritik stehen, der römischen Gesellschaft ein zu starres (und modernes) Konzept überzupfropfen. zuletzt hat Beard dazu bemerkt: „the arguments and counter-arguments produced in these narratives, combined with a few surviving discussions of ‚triumphal law‘ by scholars in antiquity itself, have been largely responsible for one of the most curious academic industries of the last century or so: the repeated attempts to say exactly what criteria the senate applied in deciding whose triumph to ratify and whose not. the industry is fueled, rather than dampened, by the evident contradictions in the decisions described […]. Only the occasional voice has ever suggested that these decisions were ad hoc, if not arbitrary; most have tried to detect the system, or at least the pattern, underlying the confusing evidence.“664 hingewiesen wird meist 662 Beard 2007, s. 123. Dass Mommsen diese aussage als schmeichelhaft empfunden hätte, steht zu bezweifeln. 663 so z. B. Engels 2001, s. 153 f.; siehe auch die erwähnten Überblicksdarstellungen von Künzl 1988, s. 30 f. oder hölkeskamp 2006, s. 261 f. Gleiches gilt (natürlich) auch für Ehlers 1939 (rE 7, a1) und Eder 2002 (DnP 12,1). 664 Beard 2007, s. 206 f.; sie weist dann für die „systemseite“ auf Petrucci 1996 und auliard 2001 hin, für die „occasional voice“ auf Gruen 1990, der in einem Kapitel über „Plautus and the public stage“ über die zeit ab Marcellus ausführt, dass der senat zwar Präzedenzfälle schuf, sich aber kein Muster erkennen lasse: „ad hoc circumstances governed decisions, creating confusion and unpredictability“ (s. 131) und weiter: „the senate was evidently grouping for ways to control the hunt for material honors without discouraging the hunt itself – a quest in which every nobilis had a stake (s. 132). Gruen sieht entgegen der Bemühungen von richardson und Develin keinerlei Möglichkeit, ein Muster oder eine regelmäßigkeit zu erkennen: „triumphs were sometimes awarded for merit, sometimes denied on technicalities, tribunician

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für diese sicht auf Mommsen – und neuerdings auf Auliard, deren Position hier kurz erläutert werden soll. Auliard geht am anfang von neun regeln aus, die vor allem am juristischen vokabular zu erkennen seien, und überprüft deren anwendung. nun kann man methodische vorbehalte gegen ihre Untersuchung haben,665 aber das Ergebnis differiert auf den ersten Blick nicht sehr von anderen Untersuchungen. von ihren neun regel sollen nur der status des Feindes und der Besitz des imperium essentiell gewesen sein, hinzu kommt noch der höchste rang. häufig umgangen dagegen wurden Gebietserweiterung und die rückführung des heeres, und kaum zu verifizieren seien die regeln der Kriegserklärung, des tatsächlichen Kampfes und der genauen Bilanz, hier hielten sich Belege und Widersprüche die Waage.666 Die triumphe werden dann entschieden zwischen den verschiedenen akteuren in rom, die Druck ausüben, Interessen verfolgen, allianzen bilden und damit die anwendung von tradition oder recht beeinflussen und die Möglichkeiten nutzen, welche die „lʼabsence dʼune réglementation structurante et rigoureusement appliqué“ ihnen bietet.667 hier sieht man auch, dass in Wirklichkeit der Graben zwischen den beiden Positionen nicht so tief ist, diesem Ergebnis einer politischen ad-hoc Entscheidung würden ja viele zustimmen.668 Und doch bleiben mehrere Probleme. zum einen geht eine von regeln ausgehende Untersuchung häufig von einer art Dekadenzmodell aus: regeln werden zunächst theoretisch vorausgesetzt und dann mit hinweis auf die Quellenlage gebrochen, ignoriert, umgangen und nicht mehr respektiert.669

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vetoes were occasionally upheld and occasionally overriden, ovationes were substituted for triumphs in certain situations but rejected in others. competition and dissent forestalled the establishment of any clear guidelines“ (s. 132 f.), vgl. ebenso Gruen 1995b sowie 2009, s. 219 in der rezension eben zu Beard 2007: „B.’s well-aimed barbs at the scholarly industry of seeking rules and regulations that governed the award of triumphs effectively hit their target. […] One may now hope that the modern obsession with finding a fixed formula for determining triumphs can finally be laid to rest.“ Diese Positionen sind zum einen überzogen und können (daher) zum anderen die Flexibilität der vergabe nicht wertschätzen. Eine sichtweise, die Entscheidungen des senats nur als arbiträre vergabe zu sehen, bei welcher regeln bewusst unterlaufen werden und politische Willkür nur als rechtsprinzip verkleidet wird (wie auch bei Beard op. cit., s. 212), geht zu weit und wird der vergabepraxis nicht besser gerecht als ein zu stark geregeltes Modell, vgl. dazu weiter im text. neben einem stark antiquarischen ansatz und fehlender Quellenkritik, einer vermischung von imperium im Feld, imperium in rom sowie der Kategorie ‚amt‘ ist vor allem die ausgangshypothese fragwürdig, die ausführungen von valerius Maximus als theoretisches Konzept aufzufassen und dann an der „realität“ zu überprüfen. Ihre Untersuchung von de iure triumphandi auf juristische Fachbegriffe hin (s. 21 f.) hat ergeben, dass die meisten regeln mit ius, mos, poena, iudicium in verbindung gebracht werden, anders sieht es nur aus für die heeresrückführung und den status des Gegners. so interessant die Beobachtung ist, sagt sie eher etwas über die verwendung der juristischen Begriffe als umgekehrt über den normativen status der vorschriften aus. auliard 2001, s. 170, vgl. s. 19. auliard 2001, s. 167, vgl. s. 133, s. 170. vgl. z. B. Beard 2007, s. 211 f. und s. 299 oder Itgenshorst 2005, s. 177. auliard 2001, s. 39 stellt für das zweite Jahrhundert fest: „il nʼy a plus dʼinnovations au sens institutionnel ou réglementaire, en revanche, les exemples dʼanomalies et de non-respect des traditions élaborées aux siècles précédents se multiplient.“ am Ende, s. 169, kommt sie zu dem

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M. E. sollte aber von dem Material ausgehend ein passendes Modell erstellt und nicht ein abstraktes Modell als ausgangspunkt für dann zu konstatierende abweichungen genommen werden. zum anderen stellt sich ein Geltungsproblem. Einige regeln sollen regelmäßig gelten, andere eher unregelmäßig, d. h. sie werden umgangen, gebrochen, ignoriert, und wieder andere sollen so gut wie gar nicht gegolten haben, wie z. B. die rückführung des heeres. Dennoch wird manchmal gerade die fehlende rückkehr der truppen als argument gegen einen triumph benutzt, was doch eine gewisse Geltung voraussetzt. Gleiches gilt für die angeblich notwendige Provinzerweiterung, die von senatoren als vorwand („un alibi dʼordre juridique ou traditionnel“)670 für ihre Entscheidung benutzt werden konnte, was ebenfalls eine gewisse Geltung voraussetzt, sonst könnte man sich auch nicht darauf berufen. Ich sehe aber große schwierigkeiten, den Begriff der regel zu verwenden, wenn man diese regelmäßig umgehen oder ignorieren kann. regeln können zwar gebrochen werden und unterliegen einer Evolution, ausnahmen können zwar vorkommen, entweder (rechtstheoretisch „sauber“) schon in der regel enthalten oder i. s. einer nicht sanktionierten, geduldeten Brechung, aber dies setzt entweder eine komplizierte verästelung von regeln mit allen sonderfällen als „geregelten ausnahmen“ voraus oder aber ein zumindest halbwegs eindeutiges verhältnis von norm und abweichung. Das letztere hat sich bei dieser Untersuchung nicht ergeben. Das erstere dagegen bleibt möglich und denkbar, am nächsten kommt dieser Idee der ansatz von Mommsen: Im text eine klare regel und in den Fußnoten Belege dafür, aber auch dagegen. ausnahmen werden dabei als „durch volksbeschlüsse legalisierte anomalien“ bezeichnet; bei den regeln selber taucht häufig die Formulierung „nach strengem recht“ oder „streng genommen“ auf, bis hin zur Formulierung beim eigentlich verbotenen triumph nach ablauf der amtszeit, dass „diese strenge consequenz praktisch vielleicht niemals gezogen worden ist.“671 Benutzt man an dieser stelle den Prinzipienbegriff, lassen sich viele dieser schwierigkeiten lösen. zur Erinnerung: Prinzipien sind Optimierungsgebote, die fordern, dass etwas in einem möglichst hohen Maße realisiert wird. Dabei geben Prinzipien keine Entscheidung vor, sondern nur Gründe an; jede Entscheidung ist somit eine abwägung zwischen (verschiedenen) Prinzipien, die immer gelten, aber mal mehr und mal weniger Gewicht haben.672 hier lassen sich die beiden abstrakErgebnis: „lʼexamen des formes dʼapplications des neuf règles et traditions énoncées par les sources permet de mesurer lʼécart considérable séparant les tentatives de théorisation du droit triomphal de sa mise en pratique. […] malgré lʼemploi dʼun vocabulaire relativement imprégné de références juridiques, le décalage persiste entre le droit annoncé et la pratique observée.“ 670 auliard 2001, s. 104. 671 Mommsen str I, s. 126–129; vgl. s. 127 anm. 1 für die „legalisierten anomalien.“ In diesem zusammenhang ist an die eingangs zitierte Würdigung des Mommsenschen staatsrechts von stein 1918, s. 70 zu denken, der ja gerade dieses abstrahieren von den überlieferten Einzelfällen bzw. deren relativieren und zurücktreten gegenüber zunächst einzelnen „normen und typen“ und dann dem „system“ lobt. 672 vgl. 2.3. vom Ergebnis her wird dies am ehesten von Brennan 1996, s. 318: gesehen: „it seems clear that the senateʼs attitude regarding the „rules“ for the triumph was rather flexible, and what regulations did exist had only so much force.“ Der Begriff Prinzip taucht häufiger auf, aber nicht in abgrenzung zu regel, siehe z. B. richardson 1975, s. 62, bei dem ad hoc Kom-

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ten Kriterien des militärischen Erfolges und der persönlichen Qualifikation als Grundprinzipien für einen triumph deuten, dagegen steht die Idee einer nur limitierten Ehrung. Im Gegensatz zu einem regelmodell hat man keinerlei schwierigkeiten damit, dass bei Manlius 185 seine leistungen nicht ausreichen, um das nicht vorhandene heer auszugleichen, und dass umgekehrt 207 bei claudius nero das fehlende heer kein großes Gewicht hatte. Für die ohnehin nur schwer zu definierenden Punkte von Kriegsführung und Erfolg, deren tatbestand für eine regel schon zu unpräzise ist, leuchtet eine solche abwägung besonders ein – diese Kriterien werden schon von Mommsen als „in sich selbst und noch mehr in ihrer anwendung auf den einzelnen Fall schwankende[n] Bestimmungen“ bezeichnet, bei denen sich die Frage nach der Definitionshoheit oder eben Gewichtung stellt.673 Man braucht sich in diesem Modell nicht a priori festzulegen, welche Faktoren immer wichtiger waren als andere, sondern lässt raum für eine abwägung von Fall zu Fall; einer solchen ständigen abwägung eines lebendigen Gesetzes steht nicht entgegen, dass manche Faktoren häufiger oder meistens ein höheres Gewicht haben als andere, gerade die Expansion führt dazu, dass ohne regeländerung oder -umgehung die Kriterien „im amt“ oder „mit heer“ an Gewicht verlieren können. Dies kann z. t. mit einer Präzedenzentscheidung geschehen aber auch längere zeit brauchen und sich erst langsam durchsetzen, immer mit dem risiko einer wieder anderen Entscheidung. In jedem Fall führt eine Entscheidung trotz fehlender Kriterien in einem konkreten Fall nicht gleich zu der Ungültigkeit oder einem festgelegten rangverhältnis von Kriterien (etwa im sinne einer strukturellen regelgewichtung). Diese Flexibilität im senat hat schon Gibbon erkannt: lʼesprit de ce corps habile, sur interprète de la justice et de la prudence, formoit une loi vivante, qui embrassoit toute cette variété de circonstances, sur lesquelles les lois écrites seroient muettes, imparfaites, ou contradictoire.674 Ein solches Modell mit einer loi vivante grenzt sich damit zum einen ab von der Idee einer art „check-liste,“ deren Kästchen am Ende alle ausgefüllt sein müssen, um dann aber auch, zwangsläufig, einen triumph zur Folge zu haben. Dieses Modell lässt zum anderen mit der jeweiligen Gewichpromisse des senats später zu Prinzipien verklärt werden, oder Beard 2007, s. 299, bei der der rückgriff auf Prinzipien getroffene politische Entscheidung nur erklären soll. 673 Mommsen str I, s. 134, für die Frage der Definitionshoheit ist allerdings der nachsatz interessant: „von rechts wegen stand diese ohne zweifel zunächst bei dem Feldherren selbst.“ Es wird dann nach Mommsen erst allmählich gebräuchlich, einen triumph nur nach der Billigung des senats abzuhalten. 674 Gibbon 1796, s. 139 f. Weiter heißt es: „Il combinoit lʼhabileté du Général avec la caractère de lʼennemi, lʼimportance de lʼacquisition avec la fortune qui avoit secondé la sagesse, et la facilité de la conquête avec les moyens quʼon y avoit employés.“ Was Gibbons ausführungen so treffend macht, ist, dass er (erstens) hieraus keine willkürliche vergabe ableitet, sondern (zweitens) ja auch feste Kriterien feststellt, und zwar nicht nur, wie er im Folgenden behauptet, den status der Feinde („je ne connois quʼune condition précise que le sénat paroît avoir toujours exigée, cʼest la qualité des ennemis“), sondern eben auch imperium (vgl. s. 127) und amt (vgl. s. 129). Wenn es dann noch über die vergabepraxis des senats während des zweiten punischen Kriegs heißt „sa conduite fut différente, mais ses principes étoient invariables,“ kommt dies dem hier angebotenen Modell von vielen flexiblen Prinzipien und wenigen festen regeln auch im Wortlaut nahe.

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tung auch raum für ein komplexeres verfahren als die reduzierung der Diskussion auf die Basis-Faktoren imperium, auspicium, ductus und felicitas (Develin) oder die abstrakt ebenfalls schwierige Unterscheidung zwischen bloßer „réglementation“ gegenüber einem „droit fundamental,“ wie es Bastien vorschlägt.675 Wobei Bastiens vorschlag mit Magistratur und imperium auspiciumque inhaltlich durchaus sinnvoll ist, denn gerade in abgrenzung zu dem flexiblen Prinzipienbegriff kann man „amt“ und „imperium“ als klare regeln definieren – eine Dehnung/ausnahme bei Furius Purpureo 200 und eine ausnahme bei Pompeius 81 stehen dem nicht entgegen, denn bei diesen Kriterien wurde nicht ständig abgewogen. In der abwägung der Kriterien lassen sich Muster und dementsprechend auch abweichungen erkennen, sonderfälle, die aus dem rahmen fallen. Im Großen und Ganzen aber wird ein solcher rahmen eingehalten, und genau hier liegt der rechtscharakter der Debatten, nämlich dass sie in einem von verschiedenen Prinzipien konstituierten rahmen ablaufen und am Ende keine rein willkürliche, arbiträre und nur persönliche Entscheidung steht, was nicht zuletzt mögliche ablehnungen mit dem hinweis auf objektive Gründe entschärft. Dies lässt raum für die persönlichen anstrengungen eines cicero und für die Einflussnahme von Freunden und verwandten, die sich gerade bei Ermessensentscheidungen immer ergeben. aber die Debatten verlaufen anhand nachvollziehbarer Kriterien. Konkrete ausformulierungen erscheinen als Beispiele, die einen anhaltspunkt bilden, inwieweit bestimmte voraussetzungen erfüllt sein können, die aber umgekehrt nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass wir es bei den Debatten im senat mit rechtsprinzipien zu tun haben und nicht mit (nicht abwägbaren) regeln. Eine solche abwägung bietet daneben durchaus die Möglichkeit, die anzahl der triumphe insgesamt zu steuern, was ein nicht zu unterschätzender aspekt ist für eine Ehre, die knapp sein soll, aber nie zu knapp sein darf. Das setzt Flexibilität voraus, die in einem regelsystem nicht enthalten sein kann. anstatt die Inkonsistenz der senatsentscheidungen also zu kritisieren und „un manque de cohérence“ (Bastien) festzustellen, muss betont werden, dass der senat es bewusst vermied, sich zu sehr festzulegen, es unterließ, die triumphvergabe zu sehr zu regeln, vgl. dafür schon Gibbon: „Je crois que ce sage conseil ne décida point dʼavance un cas qui nʼétoit pas arrivé.“676 675 Develin 1978a, s. 429; Bastien 2007, s. 206 f., nach ihm gehören in die erste Kategorie Gesetze und Dekrete des senats, beides seien regulationsmaßnahmen gegen den triumphmissbrauch der Generäle. Ein droit fundamental (oder auch: „ce ius triumphandi au sens le plus strict“) besteht dagegen aus Magistratur und imperium auspiciumque. Mit dieser Differenzierung wendet sich Bastien vor allem gegen auliard, die seiner ansicht nach nicht zwischen dieser fundamentalen Bedeutung einer Magistratur und anderen regeln differenziert, vgl. dazu weiter im text. Ein Modell mit flexiblen Prinzipien, deren abwägung auch politischen und rechtlichen Wandel reflektieren kann, hat darüber hinaus den vorteil, dass nicht wie bei Petrucci 1996 die triumphvergabe selber immer nur im rahmen einzelner „verfassungsepochen“ beschrieben werden kann; vgl. für einen solchen versuch auch schlag 1968, s. 69, die allein in der zeit 200–191 von verschiedenen zeitabschnitten spricht, „in denen besonders die tendenz a) zu Kompromißlösungen, b) zu einem strengen Befolgen der tradition oder c) zu ihrer negierung vorherrschte.“ 676 Bastien 2007, s. 287 ff.; Gibbon 1796, s. 130. vgl. zu dieser nicht-regelung interessanterweise gerade auliard 2001, s. 23: Il paraît assuré que, durant toute la conquête républicaine, les

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so wird bei Fulvius nobilior 187 nur entschieden, dass in diesem Fall nicht auf den Konsul gewartet wird, was nicht heißt, dass die Gelegenheit genutzt wurde, ein solches Problem für die zukunft zu regeln und festzulegen. Und die ausnahme für Furius 200 von der regel des imperium bildet kein exemplum, an welchem man sich direkt orientieren konnte, wie das Beispiel von M. helvius 195 zeigt.677 Umgekehrt konnte anhand jedes einzelnen Kriteriums ein triumph versagt werden, und da genau deswegen über den triumphzug im Konfliktfall diskutiert und abgewogen werden musste, behielt der senat als Institution die Entscheidungskompetenz. Dies deckt sich weiter auch mit der Untersuchung von Orlin, der das Geloben eines tempels durch Generäle untersucht hat. zum einen ist es der senat, der entscheidet, ob und wie ein versprechen als erfüllt angesehen wird, und zum anderen sind es ebenfalls Einzelfallentscheidungen: „decisions were made on an ad hoc basis, and while precedents could be cited in support of a position, they were not decisive.“678 abschließend sollen diesem flexiblen Modell einige regeln gegenübergestellt werden, die gerade vor diesem hintergrund besser konturiert werden können – erwähnt wurden schon amt und imperium.679 Dabei könnte man das letzte als so tenants du pouvoir ont évité de fixer un cadre juridique trop rigide aux conditions dʼaccession au triomphe. le glissement des critères identifiables dʼune catégorie à lʼautre pouvait donc sʼopérer sans difficultés, en adéquation avec les nécessités politiques ponctuelles et lʼévolution du contexte historique de la conquête.“ 677 vgl. zur rolle von exempla in den triumphdebatten bei livius auch chaplin 2000, s. 140–156; wobei sie mit ihrer sicht der rolle von exempla andere Faktoren in den Debatten überdeckt, vgl. nur s. 155: „an examination of these eleven debates over triumphs has shown a general desire, in a constitutional situation, to express arguments in terms of precedent.“ Die Frage muss doch sein, wofür ein exemplum gefunden werden konnte oder musste. In argumentationen taucht dabei sogar das Konstrukt eines negativen bzw. fehlenden exemplum auf wie bei scipio 206; gerade andersherum läuft die argumentation bei Manlius vulso, wo das fehlende exemplum zu einem triumph führt. hinzu kommen die rückprojektionen und Erfindungen von exempla; man denke etwa daran, dass die Geschichte von camillus, der als sieger über veji 396 auf einer Quadriga mit vier weißen Pferden durch rom gefahren sein soll (liv. 5,23,4; Plut. camil. 7), höchstwahrscheinlich eine solche rückprojektion darstellte, um einen „Präzedenzfall“ für caesar zu schaffen. 678 Orlin 1997, s. 74 f., zitat s. 75. Wobei nach Orlin, s. 67 ff., das Geloben eines tempels umgekehrt dazu führte, dass der Fokus des verdienstes und der leistung bei den Göttern und nicht mehr beim Feldherren lag, eine Möglichkeit, demonstrativ auf eigene gloria zu verzichten, die z. B. von cato gerne, nicht aber von den scipionen genutzt wurde, letztere gelobten lieber spiele. Ob Orlin hier nicht die Möglichkeit übersieht, auch und gerade durch Gebäude (und entsprechende Inschriften) gloria zu verstetigen, kann dahinstehen. Beliebt waren jedenfalls nach Orlin auf Grund der Entscheidungshoheit des senats bei tempeln daher gerade nicht-religiöse Bauwerke, bei denen der senat keine aufsicht ausübte (s. 71); dies deckt sich mit aberson 1994, s. 145, dem zufolge zwar nicht de iure aber doch de facto eine enge verbindung zwischen der Gewährung eines triumphs und der offiziellen Erlaubnis einer tempelweihung festzustellen ist, negatives Beispiel ist Marcellus, der nach der versagung eines triumphes 211 dann 208 auch – allerdings auf Grund religiöser Bedenken – an der Weihung des von ihm gelobten und errichteten tempel für honos und virtus gehindert wird (liv. 27,25,7–10). 679 vgl. Petrucci 1996, s. 258 – auch wenn er magistratus und imperium auspiciumque umgekehrt als „principi“ bezeichnet.

6.6 abweichungen

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selbstverständlich voraussetzen, dass es als Kriterium gar keinen sinn mehr hat, wie vielleicht andere unausgesprochene voraussetzungen. Dass ein Feldherr ein imperium (i. s. seines Oberbefehls über die truppen) hatte, war so nötig wie selbstverständlich, vergleichbar vielleicht der tatsache, dass er römischer Bürger war.680 auch dass der Ort des triumphs rom war, ist nicht als ein abzuwägendes rechtsprinzip, sondern als klare regel zu begreifen (die „geregelte“ ausnahme des albanerbergs steht dem ebenso wenig entgegen wie der regelbruch des albucius, 6.6.b). Dagegen hätte eine vorschrift von 5000 toten Feinden zwar den Beteiligten mehr sicherheit (auch i. s. von Planbarkeit) gegeben, aber auch eine Einschränkung der Entscheidungsmöglichkeit des senats bedeutet. Militärischer Erfolg kann gewichtet, 5000 tote können nur festgestellt werden; gerade aber bei Bewertung und anerkennung des militärischen verdienstes ist eine abwägung sinnvoll, wohingegen die persönlichen Kriterien durchweg fester erscheinen. – auch die verhältnisse von senat und volksversammlung, so viel sei an dieser stelle für die Institutionen-bezogenen normen nur aus sicht der triumphvergabe schon angemerkt, lassen sich ähnlich klar gegeneinander abgrenzen, da die volksversammlung zwar „in der regel“ nicht anders als der senat entschied, im Konfliktfall aber klar das letzte Wort hatte; zwischen den Institutionen wurde nicht abgewogen (vgl. 7.1 und 7.2). 6.6 aBWEIchUnGEn auch wenn für die triumphvergabe in rom mit hilfe des Prinzipienbegriffs ein flexibles und durchgängiges Modell erarbeitet worden ist, bleiben einige sonderfälle und ausnahmen. zunächst (6.6.1) sollen die sonderfälle untersucht werden, die eben „Besonderheiten“ innerhalb eines systems aufweisen, normen auslegen oder „dehnen“, wie crassus, der bei seiner ovatio einen lorbeerkranz trägt.681 nicht behandelt werden in diesem Punkt die triumphzüge iussu populi sine auctoritate senatu (495, 449, 356, 223), die – so sie überhaupt stattgefunden haben – streng genommen keine Besonderheit innerhalb der triumphvergabe darstellen, sondern nur Fälle sind, in denen die volksversammlung etwas gegen den Willen des senats beschließt, was also auf das generelle verhältnis von volksversammlung und senat rückschlüsse ermöglicht, aber über Kriterien für triumphe nichts aussagt.682 Dagegen sollen die Fälle behandelt werden, die z. B. mit einem triumph 680 Ganz klare und befolgte regeln könnte man auch mit der Kategorie der fundamentalen Grundund strukturprinzipien beschreiben; während dies für das römische Bürgerrecht sinnvoll ist, welches implizit durch Wahl und Kommando mit umfasst wird, wird das imperium als voraussetzung aber durchaus kommentiert und reflektiert (sowie bei Furius 200 zumindest „gedehnt“), so dass hier, gerade auch in abgrenzung zu den anderen voraussetzungen als rechtsprinzipien, der Begriff regel am besten ist. 681 Wobei anzumerken ist, dass schon nach cic. Pis. 58 und klar nach Gell. 5,6,23 crassus für den lorbeerkranz eine Erlaubnis des senats bekommen hatte, vgl. Marshall 1972, s. 673; vervaet 2009, s. 425 stellt dies in den Kontext des zweiten triumphs für den eques Pompeius. 682 Contra auliard 2001, s. 143–140, die alle Fälle mit und ohne volksbeschluss vermischt und die these vertritt, dass der triumphator selbst über seinen triumph entscheiden konnte.

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gegen alle Widerstände (6.6.2) das system einer triumphvergabe durch volk und senat komplett ignorieren und damit ebenso in Frage stellen wie ein möglicher verzicht auf einen triumph (6.6.3) oder eine Feier außerhalb der stadt roms (6.6.4). vorweg sei bemerkt, dass die geringe anzahl der nun folgenden Beispiele aus sicht eines „vergabesystems“ durchaus als Erfolg gesehen werden darf – allerdings wohl auch, weil einige der behandelten (und – was den triumphus in monte Albano angeht – auch der folgenden) Episoden i. s. einer konstruktiven Devianz normen veränderten und rückwirkungen auf die vergabepraxis hatten, so dass diese sich anpassen konnte. 6.6.1 sonderfälle Unter dem stichwort sonderfälle wäre zunächst an Marcellus oder lentulus, an cornelius Blasio oder Manlius vulso zu denken, also an Fälle, die zumindest flexible regelauslegungen bzw. regeldehnungen aufweisen. alle diese Fälle zeigen in der tat Besonderheiten, aber man kann mit ihnen besser eine Entwicklungslinie nachzeichnen statt sie zu singularisieren. M. E. hat es eher eine veränderung bei der Gewichtung von Kriterien gegeben als klare Wendepunkte.683 als sonderfall könnte man auch scipio 206 nennen, der zwar keinen offiziellen triumph feiert, aber sich fast wie ein triumphator aufführt. Doch zwei Fälle stechen heraus, die von den bisher genannten zu unterscheiden sind, Furius 200 und Pompeius 81. a) L. Furius Purpureo 200 200 bekommt der Prätor l. Furius einen triumph, obwohl er mit dem heer des Konsuls c. aurelius in dessen Provinz erfolgreich war. Die Konfliktlinie verläuft zwischen älteren und jüngeren senatoren; auf der einen seite stehen einem triumph der Kampf ohne den Konsul und dann das verlassen von Etrurien entgegen, auf der anderen seite sprechen für einen triumph der militärische Erfolg, die dreitägige supplicatio, die Beliebtheit seiner Person und das besondere Prestige seiner Familie.684 Die vergabe eines triumphes überrascht in der tat, gar nicht einmal wegen der schlacht ohne den Konsul, hier könnte man beide triumphieren lassen wie in den (halbwegs vergleichbaren) Fällen von 241 und 167, oder vielleicht auch mit verweis auf das imperium des Konsuls eine ovatio in Erwägung ziehen. Doch der Prätor verlässt zudem seine Provinz, um einen triumphzug zu bekommen. auch wenn dafür der letzte Fall länger zurück lag und 339 die Kriegshandlungen 683 richardson 1975, s. 52 f. nimmt lentulus und Purpureo als Wendepunkte, Bastien 2007 (u. a. s. 7; s. 287 ff.; bes. s. 293) findet Marcellus entscheidend, was mir mehr einleuchtet. Doch bleibt das Problem, dass die terminologie dieser Wendepunkte einem regelmodell i. s. eines klaren „vorher – nachher“ verhaftet bleibt und Entwicklungslinien überdeckt. auch tritt hier an keinem einzelnen Punkt eine so klare verregelung auf, die etwa mit dem Iterationsverbot nach dem drittem Konsulat von M. claudius Marcellus 152 (3.4.1.c) vergleichbar wäre. 684 vgl. 6.3.

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unterbrochen wurden, während 200 in Etrurien alles ruhig war (liv. 31,47,6: in Etruria nihil erat rei quod gereret), ist doch erstaunlich, dass dies nicht mehr Widerstände hervorgerufen hat. Wie dem auch sei, gesiegt haben letztlich mit Familienprestige und Beliebtheit eher „sachfremde“ Kriterien. allerdings ist darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidung nicht wie andere aus gleicher zeit die Kriterien selber verändert hat, sondern diese 195 bei helvius wieder betont wurden; vielleicht wurde schon damals, eben auf Grund solcher sachfremder Kriterien, der Fall als sonderfall gesehen.685 Brennan sieht in liv. 33,37,10 (Boiorum triumphi spem collegae reliquit) einen hinweis auf einen weiteren begründeten triumphwunsch von Furius als Konsul 196, der ihm dann wohl – die Fasten weisen ihn nicht als triumphator aus – versagt worden sei, da er eben schon 200 als erster Prätor in seinem amtsjahr triumphiert habe.686 b) Pompeius 81687 „hierauf bewarb sich Pompeius um einen triumph, aber sulla widersprach; denn nur einem Konsul oder Prätor, keinem anderen, gestattete ihn der Brauch. Daher hatte auch der ältere scipio nach größeren und bedeutungsvolleren Kämpfen, als er in spanien die Karthager besiegt hatte, keinen triumph erbeten; denn er war weder Konsul noch Prätor. Wenn nun Pompeius, dem noch kaum der Bart gewachsen war und wegen seiner Jugend der sitz im senat nicht zustand, triumphierend in die stadt einziehe, so werde das gegen seine, sullas, regierung und gegen die Pompeius erwiesene Ehrung schwere Missstimmung hervorrufen. Das sagte sulla zu Pompeius, um ihm zu erklären, dass er es nicht zulasse, sondern ihm entgegen treten und seinen Ehrgeiz, wenn er nicht gehorche, dämpfen würde. aber Pompeius ließ sich nicht abschrecken, sondern er sagte zu sulla, er möchte bedenken, dass vor der aufgehenden sonne mehr Menschen sich neigten als vor der untergehenden, um anzudeuten, dass seine Macht im steigen, sullas Macht dagegen im sinken und Welken sei. Das hatte sulla erst nicht deutlich verstanden, und da er aus den Mienen und Gebärden derer, die es gehört hatten, entnahm, dass sie höchlich erstaunt waren, fragte er,

685 Etwas vergleichbares kann man allenfalls für 91 konstatieren, als durch sulla bzw. offiziell durch König Bocchus von Mauretanien eine statuengruppe mit der auslieferung von Jughurta an sulla auf dem Kapitol aufgestellt wird, womit sulla Marius, unter dem er damals als Quaestor diente, den ruhm des sieges streitig macht, vgl. hölscher 2004, s. 89; 2009, s. 172. 686 Brennan 2000, s. 199 f. 687 Durchgängig wurde Pompeiusʼ erster triumph auf 79 datiert, vgl. u. a. Mommsen str I, s. 132; Degrassi 1947, s. 564; Itgenshorst Katalog, s. 335 ff.; Broughton Mrr II, s. 84 f.; Miltner 1952 (rE 21,2), sp. 2074. Dagegen hat Badian 1955 und erneut 1961 überzeugend argumentiert, dass 81 der wahrscheinlichste termin für den triumph gewesen ist. Obwohl sich dies nicht überall durchgesetzt hat (auliard 2001, s. 121 anm. 340; christ 2004, s. 36 und hölscher 2004, s. 83, bleiben bei 79; Broughton Mrr III, s. 161 hält dann 80 für wahrscheinlich, so auch twyman 1979, bes. s. 207 und vervaet 2009, s. 425 anm. 85), wird hier Badian gefolgt. Für die Fragestellung spielt die Diskussion keine rolle, außer für die Idee von Badian, dass sulla mit weiteren triumphen die Ehre von Pompeius schmälern wollte, vgl. weiter unten in diesem Punkt. – numismatisch wird an den triumph mit dem aureus rrc 402/1b von 71 erinnert, welcher auch den Einband dieser arbeit ziert, siehe zu dieser Prägung ausführlich hollstein 1993, s. 112–123.

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe was denn da gesagt worden sei; und als er es erfuhr, rief er, betroffen von der Dreistigkeit des Pompeius, zweimal hintereinander: ‚soll er triumphieren!‘“ (Plut. Pomp. 14, 1–5)688

Was bietet dieser schöne, plastische Bericht Plutarchs? hauptsächlich einen politischen Konflikt, eine Machtprobe zwischen sulla und Pompeius, wobei ersterer sich am anfang auf die regel oder voraussetzung eines amtes stützt. Ein regelkonflikt im strengen sinn liegt gar nicht vor, denn Pompeius kann sich seinerseits auf keine regel berufen, ja umgekehrt spricht der Präzedenzfall eines großen siegreichen Feldherren, der die formalen voraussetzungen für einen triumph nicht erfüllt, gegen ihn. Im Unterschied aber zu scipio 206, der nicht einmal einen antrag stellt (magis temptata est triumphi spes quam petita pertinaciter, liv. 28,38,4), besteht Pompeius gegen den Willen sullas auf einem triumph – „eine staatsrechtliche Frage, die zu einem Politikum ersten ranges werden sollte.“689 verschiedene Probleme kommen in Betracht, allen voran die Frage nach imperium und amt. seit seinen Kämpfen auf sizilien (82–81) kämpfte Pompeius, der vorher schon als privatus ein heer aufgestellt hatte, mit einem proprätorischen Imperium, verliehen vom senat auf Initiative sullas, so dass zumindest ein imperium vorhanden war.690 Was aber die Frage eines triumphes ohne amt angeht, so liegt hier nun tatsächlich ein novum vor. Pompeius selber war sich dessen klar bewusst und gefiel sich, nach Plutarch, gut in der rolle des geehrten außenseiters.691 Er strebte sogar noch eine steigerung an und wollte seinen Wagen anstatt von Pferden von Elephanten ziehen lassen, um die Empörten noch mehr zu kränken, was dann aber an der Größe der porta triumphalis scheiterte, so dass er „auf die Pferde zurückkam.“692 688 Ἐκ τούτου θρίαμβον ᾔτει Πομπήιος, ἀντέλεγε δὲ Σύλλας. ὑπάτῳ γὰρ ἢ στρατηγῷ μόνον, ἄλλῳ δὲ οὐδενὶ δίδωσιν ὁ νόμος. διὸ καὶ Σκηπίων ὁ πρῶτος ἀπὸ μειζόνων καὶ κρειττόνων ἀγώνων ἐν Ἰβηρίᾳ Καρχηδονίων κρατήσας οὐκ ᾔτησε θρίαμβον· ὕπατος γὰρ οὐκ ἦν οὐδὲ στρατηγός. εἰ δὲ Πομπήϊος οὔπω πάνυ γενειῶν εἰσελᾷ θριαμβεύων εἰς τὴν πόλιν, ᾧ βουλῆς διὰ τὴν ἡλικίαν οὐ μέτεστι, παντάπασιν ἐπίφθονον ἔσεσθαι καὶ τὴν ἀρχὴν ἑαυτῷ καὶ τὴν τιμὴν ἐκείνῳ. ταῦτα πρὸς Πομπήιον ὁ Σύλλας ἔλεγεν, ὡς οὐκ ἐάσων, ἀλλὰ ἐνστησόμενος αὐτῷ καὶ κωλύσων τὸ φιλόνεικον ἀπειθοῦντος. Ὁ δὲ Πομπήιος οὐχ ὑπέπτηξεν, ἀλλʼ ἐννοεῖν ἐκέλευσε τὸν Σύλλαν ὅτι τὸν ἥλιον ἀνατέλλοντα πλείονες ἢ δυόμενον προσκυνοῦσιν, ὡς αὐτῷ μὲν αὐξανομένης, μειουμένης δὲ καὶ μαραινομένης ἐκείνῳ τῆς δυνάμεως. ταῦτα ὁ Σύλλας οὐκ ἀκριβῶς ἐξακούσας, ὁρῶν δὲ τοὺς ἀκούσαντας ἀπὸ τοῦ προσώπου καὶ τοῦ σχήματος ἐν θαύματι ποιουμένους, ἤρετο τί τὸ λεχθὲν εἴη. πυθόμενος δὲ καὶ καταπλαγεὶς τοῦ Πομπηίου τὴν τόλμαν ἀνεβόησε δὶς ἐφεξῆς, „Θριαμβευσάτω.“ 689 christ 2004, s. 35. Für die Parallelen zu scipio siehe vervaet 2009, s. 429 f. 690 siehe für den „revolutionären vorgang,“ ein eigenes heer aufzustellen, Gelzer 1984, s. 36 f., der weiter ausführt, wie revolutionäre Befehlsgewalt durch das proprätorische imperium für die aufgabe in sizilien staatsrechtliche anerkennung erhielt (s. 39). 691 Plut. Pomp. 14,6: „Übrigens ist es sicher, dass er, wenn er gewollt hätte, damals auch mit leichtigkeit in den senat hätte kommen können. aber es heißt, dass er sich gar nicht darum bemühte, da er viel mehr seinen ruhm im außerordentlichen suchte. Denn es war nichts so gar Besonderes, wenn Pompeius vor dem üblichen alter senator wurde; aber eine überwältigende Ehre, dass er, ohne noch senator zu sein, triumphierte.“ 692 Plut. Pomp. 14,4; Plin. n.h. 8,2,4. nach christ 2004, s. 36 wird dieser gescheiterte versuch von Pompeius zum Gespött, wohingegen hölscher 2004, s. 83 f. zu recht eine wohlkalkulierte und „spektakuläre Manifestation seiner exzeptionellen stellung“ sieht.

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Wie genau Pompeius dabei seinen triumph bewilligt bekommen hat, bleibt unklar. Im Bericht von Plutarch gibt sulla seinen Widerstand nach Pompeiusʼ stolzer Bemerkung über ihn selbst als aufgehende sonne auf,693 über einen direkten senats- und versammlungsbeschluss hören wir nichts. allerdings soll (wieder nach Plutarch) der Konsul Publius servilius vatia seinen Widerstand aufgegeben haben, nachdem er sah, wie Pompeius sich nicht von seinen soldaten zu mehr Beuteverteilungen bewegen ließ; dies könnte hindeuten auf einen senatsbeschluss bzw. darauf, dass im senat ein Umschwung eintrat, so denn überhaupt ein Umschwung nötig bzw. eine andere Entscheidung (zumal nach sullas placet) möglich war. von einem volksbeschluss hören wir nichts, er wird problemlos ergangen sein.694 Genau deswegen fällt Pompeius auch in die Kategorie der besonderen Fälle (und nicht unter den folgenden Punkt der triumphe gegen Widerstand), denn mag es auch Unwillen auf seiten sullas und des senats gegeben haben, sie erlauben einen triumph. Es sind – formal betrachtet – sie, die auf die voraussetzung eines amtes verzichten, nicht Pompeius, der sich über regeln hinwegsetzt. Pompeius mag Druck ausgeübt habe, aber hat sich nichts genommen, was ihm rechtlich verweigert worden wäre – ein aspekt, der vielleicht für Pompeius zentral war.695 Dessen unbenommen darf die nahezu einhellig negative Bewertung dieser handlung erwähnt werden, wurden doch gerade erst wiederhergestellte normen unterlaufen bzw. sogar (im engen 693 Warum genau sulla dies tut, bleibt unklar. vielleicht ist es die angst vor einem Bürgerkrieg (so Miltner 1952 [rE 21,2], sp. 2074); in jedem Fall wird angenommen, er habe mit der Imperator-anrede versucht, eine andere Ehre anzubieten und sich dann nur widerwillig dem (politischen?, militärischen?) Druck des Pompeius gebeugt, vgl. u. a. Gelzer 1984, s. 43. hier ist die these von Badian 1955, s. 118 interessant, der im zuge seiner Datierung des triumphs auf 81 annimmt, sulla habe deswegen auch Murena einen (eigentlich unverdienten) triumph erlaubt: „In this way that of Pompey, so far from giving him unique distinction, might be made merely one of a series beginning with that of the Dictator himself, and, by emphasizing the return of peace at home and military achievements of sullaʼs general abroad, redound to the glory of the Dictator, while helping to reconcile the People to the loss of freedom.“ 694 Beard 2007, s. 200 lässt Pompeiusʼ triumph als Gefallen des Diktators sulla durchgehen. 695 Über die zuerkennung des Imperator-titels durch sulla schreibt Drumann 1964 [1908], s. 336, was ebenso für den triumph gelten kann: „Wie wir ihn [Pompeius, c. l.] hier finden, so zeigte er sich immer. voll verlangen nach dem verbotenen nahm er es nicht selbst, aber er wirkte dahin oder wußte es zu erzwingen, daß man es ihm antrug, denn er galt für um so größer, man mußte es ihm danken, daß er sich fügte, und der schein war gerettet.“ vgl. auch Meyer 1922, s. 117 f., der ein solches verhalten auf den ‚charakteristischen Grundzug des ersten Bürgers, der gebeten werden muss,‘ zurückführt – wobei Meyers Diktum einer „affektierten Bescheidenheit“ allerdings für die triumphepisode nicht passt; siehe für eine historiographische Einordnung beider Einschätzungen christ 2004, s. 187 ff. Gleiches gilt rein aus sicht der vergabevorschriften auch für den zweiten triumph 70, allem Druck seiner Äußerung, das heer erst nach einem triumph zu erlassen, zum trotz (Plut. Pomp. 21,4: Πομπήϊος προειπὼν ἀφήσειν τὸ στράτευμα μετὰ τὸν θρίαμβον); vgl. dennoch für die angespannte atmosphäre mit truppen von Pompeius und crassus vor rom vervaet 2009, s. 424 ff., der von „blatant insubordination and undiluted blackmail“ spricht (s. 426). truppen eines triumphaspiranten vor der stadt bilden genau einen der Grenzfälle, bei welchem die Frage nach regel und ausnahme schwierig wird; man denkt an Worte von Ferdinand lassalle, wenn dieser 1862 in Berlin die Gesetze mit den „tatsächlichen Machtverhältnissen“ kontrastiert: „ein König, dem das heer gehorcht und die Kanonen, – das ist ein stück verfassung! (lassalle 1862, s. 17).

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sinn) klare regeln durchbrochen; so bildete Pompeius, weithin sichtbar, eine ausnahmeerscheinung sowohl in der sullanischen Ordnung als auch in der römischen nobilität, vgl. dazu 8.2.696 Es ist allerdings festzuhalten, dass Pompeius gesamte Karriere eine einzige große ausnahme darstellt und daher sein triumph eher aussagen zulässt über seine Person und über die Möglichkeit in seiner zeit, regeln zu durchbrechen, als über die voraussetzungen bei triumphen.697 Bleibt man rein bei der Perspektive der triumphvergabe, blieb Pompeius jemand, der seine Ehre(n) und sonderstellung innerhalb der res publica suchte. Mag er durch seine ersten beiden triumphe ohne amt und die übergroße Pracht des dritten die triumphe selber nachhaltig verändert haben,698 so ging er doch nicht an der vergabe als solcher vorbei – z. B. mit einem triumph gegen erklärte Widerstände, einem verzicht oder gar dem Entwurf einer neuen Ehrung. 6.6.2 Der triumph gegen alle regeln und Widerstände a) Postumius 294 Bei l. Postumius Megellus liegt der Fall dagegen wohl (die Überlieferung ist problematisch) anders als bei Furius oder Pompeius. zwar geht es auch um Kriterien für oder besser: gegen einen triumph, zum einen bezüglich der Kriegsführung (spätes verlassen roms, Übergang von samnium nach Etrurien), zum anderen bezüglich politisch-persönlicher Gründe (Gleichbehandlung mit seinem Kollegen), doch wird nicht genau klar, warum Postumius keinen triumph bekommt. Er selbst dürfte kaum überrascht gewesen sein; livius (10,37,6) leitet den abschnitt mit der Bemerkung ein, dass Postumius den triumph beantragte „mehr weil es üblich war als in der hoffnung, ihn zu erlangen“ – moris magis causa quam spe. am Ende aber steht keine (ausnahme-)Entscheidung, sondern sein triumph ohne Beschluss 696 vgl. Gelzer 1984, s. 43: „Wenn das wiederhergestellte senatsregiment sogleich eine solche ausnahme zulassen mußte, zeigte sich mit aller Deutlichkeit, daß die staatskrise noch nicht überstanden war. Der jugendliche triumphator ragte als ein Fremdkörper in dem soeben aufgebauten sullanischen system.“ Ähnlich heuss 1963, s. 233, der schreibt, dass Pompeius sich hier daran gewöhnte, sich als einen sonderfall zu betrachten. 697 Für Pompeius als generelle ausnahme vgl. cic. imp. Pomp. 61 f.; mehr dazu unter 8.2. aufgenommen wird Pompeiusʼ sonderrolle von Mommsen str I, s. 132, der dessen beide ersten triumphe mit dem „nichtvorkommen derartiger Feldherrenstellungen unter dem voll entwickelten aristokratischen regiment“ erklärt. Für die (verletzten) triumphregeln bei Pompeius siehe Will 2001 (DnP 10), sp. 100 und christ 2004, s. 35, die beide auf das alter und die fehlende senatsmitgliedschaft des Pompeius hinweisen, was nicht falsch aber doch missverständlich ist, da es natürlich nie explizit voraussetzung für eine triumph war und auch nicht sein musste, wird doch beides von der voraussetzung „amt“ umfasst. 698 hölscher 2004, s. 95 f. hebt die große rolle von Pompeius als Protagonist einer provokativen transgression von normen hervor, der besonders mit seinem dritten triumph 61 und der verherrlichung seiner Person einen eklatanten Bruch mit fundamentalen Grundsätzen römischer Kriegsideologie vollzieht. siehe für diesen am besten dokumentierten triumph überhaupt auch Beard 2007, s. 7–18.

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und Erlaubnis, ja gegen Widerstände. Was passiert genau? Postumius beruft sich im senat zunächst auf seinen status als Konsul gegenüber der hoheit des senats und fügt dann an, dass er Kraft seines Kommandos triumphieren werde: „Eodem iure imperii, quod bella gessi, bellis feliciter gestis, Samnio atque Etruria subactis, victoria et pace parta triumphabo“ (liv. 10,37,8 f.) In einer Diskussion vor dem volk (ad populum) weist der Konsul auf die Fälle von 449 und 356 hin und erklärt, auch er hätte seinen antrag an das volk gerichtet, wenn er nicht wüsste, dass volkstribune, die sklaven des senatsadels seien, das Gesetz verhindern würden“ – adiciebat se quoque laturum fuisse ad populum, ni sciret mancipia nobilum, tribunos plebis, legem impedituros.699 Er stellt also keinen antrag bzw. lässt auch keinen stellen,700 sondern weist auf den Willen des einmütigen volkes hin, der für ihn wichtiger sei als Beschlüsse.701 Und dann triumphiert Postumius posteroque die nicht nur gegen den Willen des senats, sondern „auxilio tribunorum plebis trium adversus intercessionem septem tribunorum et consensum senatus“ (liv. 10,37,12).702 hier haben wir also einen triumph ohne Erlaubnis des senats, ohne Beschluss einer versammlung und sogar gegen den Willen von sieben volkstribunen. Wie muss man sich das vorstellen? Gegen den senat zu triumphieren erscheint – von politischen Konsequenzen abgesehen – durchaus möglich, Postumius selber erwähnt die Präzedenzfälle, hinzufügen könnte man noch 223. Ohne Beschluss einer versammlung aber ist nicht ersichtlich, wie Postumius für seinen triumph ein imperium haben bzw. wie der ablauf seines (unstrittigen) imperium für seine Feldzüge bei Überschreitung des pomerium aufgeschoben werden sollte.703 Inwieweit das pomerium hier schon eine große rolle spielt, bleibt unklar, wir erfahren bei 699 liv. 10,37,11; diese drastische Bezeichnung der volkstribune (mancipia nobilum) wird häufig zitiert, um die Entwicklung des volkstribunats hin zu einem Instrument der entstehenden patrizisch-plebejischen nobilität nachzuzeichnen, vgl. u. a. cornell 1995, s. 344. 700 Contra Feig vishnia 1996, s. 239 anm. 171, die in der gleichen anmerkung auch noch appius claudius 143 aufführt, und contra Itgenshorst Katalog, s. 44, die hier den ersten historischen triumph auf Beschluss des volkes sieht (vor Flaminius 223). Unklar bleiben richardson 1975, s. 58 und Develin 1978, s. 431 f., bei denen Postumius jeweils im Kontext eines triumphes gegen Widerstand genau zwischen den triumphen iussu populi und appius claudius erscheint, ohne dass deutlich wird, ob es für Postumius einen Beschluss gegeben hat oder nicht. Ähnlich bei Beard 2007, s. 83 mit anm. 25, wo Postumius sehr schnell triumphiert, weil er Widerstand befürchtet „after he had put his case to the senate.“ Klar dazu Brennan 1996, anm. 22 (s. 331) und Bastien 2007, s. 105, der darüber hinaus ausführt, dass gerade ein solches Betonen der Besonderheit (singularité) des Widerstandes gegen den triumph für die historische Überlieferung spricht: „Une tradition triomphale falsifiée nʼinsisterait pas sur ce que le triomphe a dʼextraordinaire.“ schon nach lange 1879 (ra II), s. 633 hat Postumius angst vor einer möglichen Interzession und stellt daher keinen antrag. 701 liv. 10,37,11: „voluntatem sibi ac favorem consentientis populi pro omnibus iussis esse ac futura“ – man kann sich die Berufung auf den „wahren Willen des volkes“ sowohl als eine rückprojektion aus der späten republik wie auch als ein universell einsetzbares rhetorisches argument denken. 702 Badian 1990b, s. 459 hat auf die livianische Ironie hingewiesen, dass also auch der Patrizier Postumius drei volkstribune „besitzt.“ 703 Diese argumentation folgt hier Drogula 2007.

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livius auch weder, wo die verhandlung mit dem senat, noch, wo die verhandlung mit dem volk stattfindet. Da aber auch die Präzedenzfälle einen volksbeschluss haben, ist es schwer zu begründen, dieser sei hier nicht nötig gewesen; Postumius wird vermutlich ohne (neues) imperium triumphiert haben. Bleiben die volkstribune. Fraglich ist, ob ihn eine rechtliche Interzession gehindert hätte, wo ihn ein fehlendes imperium nicht störte. Eher schon kann man sich physischen Widerstand der sakrosankten volkstribune vorstellen, vielleicht in Form einer Blockade der triumphroute? Es bleibt problematisch, denn weder gegen ein veto noch gegen eine Blockade hätten Postumius ‚seine‘ drei tribune helfen können, wo also lag ihre hilfe? vielleicht boten sie ihm umgekehrt durch ihre Unverletzlichkeit schutz vor einer attacke auf seinem triumphwagen, wie in der im nächsten Punkt (6.6.2.b) behandelten Episode von appius claudius.704 Problematisch ist neben diesen spekulationen, die hier nicht aufgelöst werden (können), dass sich für Postumius sehr verschiedene Überlieferungen finden lassen.705 so gibt es neben dem triumph (Fasten) gegen den Willen des senats (livius) auch die variante, er habe 294 überhaupt nicht triumphiert (claudius Quadrigarius, so liv. 10,37,13 f.). Umgekehrt soll er nach livius (9,44) zusammen mit ti. Minucius 305 über die samniten triumphiert haben, was die Fasten wiederum M. Fulvius zuschreiben. Und 291 schließlich ist sein dritter triumph wieder umstritten; livius (per. 11) erwähnt nur den als Prokonsul kämpfenden Q. Fabius Maximus Gurges, während hier jetzt Dionysios (17/18,5,4) einen triumph des Postumius gegen den Willen des senats anbietet. Die Fasten schweigen für 291, sie weisen eine lacuna auf, die groß genug für einen Eintrag wäre;706 beide Episoden von livius und Dionysios sind sich aber so ähnlich, dass man nur von einem triumph gegen Widerstand wird ausgehen können.707 Ähnlich schwierig ist die Frage nach Grund und anlass seiner sanktion: Bereits kurz nach ablauf seines Konsulats 291 wird er angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt, worin vielleicht eine (späte 704 Graeber 2001, s. 126 nimmt an, dass eine Interzession im Gegensatz zum ius auxilii zu der zeit von Postumius noch keine rechtsqualität hatte. zum einen aber wäre dies für die hier überlegte Form einer physischen Blockade ohne Belang, da die Unverletzlichkeit der volkstribunen außer Frage stand, zum anderen aber ist dann der verzicht von Postumius auf einen antrag in einer volksversammlung nicht zu erklären (vgl. die argumentation oben). 705 vgl. für das Folgende: liv. per. 11; Dion. hal. ant. 17/18,5,4; cass. Dio 8 frg. 36,32; hinzu kommt ein Papyrus-Fragment des 11. Buches von livius, ediert und interpretiert von Bravo/ Griffin 1988, in dem sowohl der Einsatz der soldaten auf dem landgut (ansonsten liv. per. 11) als auch der Konflikt mit Fabius Maximus Gurges (ansonsten Dion. hal. ant. 17/18,4,4–5) geschildert wird. Die Passagen von Griffin bieten auch den besten Überblick über die verschiedenen Überlieferungen, vgl. Bravo/Griffin op. cit., s. 496–514; siehe aber auch Bastien 2007, s. 102–108. hier dagegen geht es nur um die große anzahl der verschiedentlich überlieferten regelverstöße neben dem triumphzug gegen Widerstand. 706 Degrassi 1947, s. 426 bzw. s. 544 f. 707 Da sie allen Quellen glaubt, geht auliard 2001, u. a. s. 140, s. 157, hier von zwei triumphen aus. Dezidiert anders Mommsen 1864 (rF I), s. 214 anm. 72; offen bleibt es bei Beloch 1926, s. 450. zu belegen ist keine ansicht, zu folgen Mommsen. sollte es dennoch zwei triumphe gegeben haben, erklärt Bastien 2007, s. 102–108 die versuchte Unterschlagung eines davon damit, dass Postumius in kurzer zeit fast alle gegen sich aufgebracht hatte, vgl. dazu weiter im text.

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und indirekte) sanktion für sein verhalten insgesamt zu sehen ist. Wie (unter 3.4.1.c.α) erwähnt, ist nicht klar, für welches verhalten genau Postumius bestraft wird, direkter anlass soll der Einsatz von soldaten auf seinem landgut (in agro suo) gewesen sein, so jedenfalls liv. per. 11. Dazu hatte Postumius sich angeblich, wie erwähnt, als interrex selbst zum neuen Konsul für 291 ausgerufen (liv. 27,6,8). hinzu kommen weitere normverletzungen: zum einen hatte er den klaren Willen des senats, dessen anweisungen und Briefe ignoriert und den Prokonsul Fabius gezwungen, sich aus samnium zurückzuziehen und ihm das Gebiet zu überlassen (Dion. hal. ant. 17/18,4,4–5),708 zum anderen hatte er dann als Feldherr „iniussu senatus“ seine Provinz verlassen (liv. 10,37,7), später die komplette Beute an seine soldaten verteilt und diese danach entlassen, bevor sein nachfolger eingetroffen war (Dion. hal. ant. 17/18,5,3); schließlich deutet cassius Dio (8 frg. 36,32) noch auf einen religionsfrevel hin, da ein von seinen soldaten abgeholzter hain (auf dem Feldzug oder aber in agro suo) wohl heilig gewesen war.709 nimmt man den triumph gegen Widerstand hinzu, hat sich Postumius in den verschiedensten Gebieten nicht an regeln gehalten.710 Da mag die geringe sanktion in Form einer Geldstrafe überraschen, ebenso wie vielleicht umgekehrt die leitung der römischen Gesandtschaft nach tarent 282.711 b) Ap. Claudius 143 Der Fall von ap. claudius weist zu dem eben behandelten viele Parallelen auf. Ein siegreicher Konsul kehrt nach rom zurück, bekommt keinen triumph erlaubt und triumphiert dennoch, ohne Beschluss einer versammlung und trotz tribunizischen Widerstandes. Warum genau appius claudius keinen triumph bewilligt bekommt, 708 siehe gerade für das verhältnis des Prokonsuls Fabius und des Konsuls Postumius aber die Bemerkungen von Griffin (Bravo/Griffin 1988, s. 504–507 und s. 511–513); das Fragment des 11. Buches von livius deutet an, dass ohne eine Duldung des Postumius die anwesenheit von Fabius in der Provinz problematisch war, vgl. s. 511, bzw. s. 427: „quoa[d in-] iussu suo in pr[oui(n)-] cia maneat“ (B, col. II, 5–7). 709 Griffin setzt das abholzen der hains in verbindung mit der arbeit der soldaten auf dem landgut von Postumius, Bravo/Griffin 1988, s. 499, s. 503. 710 nach Dion. hal. ant. 17/18,5,4 wird Postumius (m. E. überzeugend) für alles zusammen (ἐφʼ οἷς ἅπασιν) bestraft. Das verbindende Glied aller normverstöße ist der versuch, seine autorität als Konsul ohne rücksichten und Kompromisse durchzusetzen, so auch Bravo/Griffin 1988, s. 513; vgl. zur besonderen stellung von Postumius auch cassolà 1968, s. 196: „Da tutto ciò risulta che il Megello, pur essendo uno degli uomini piú autorevoli nella sua generazione, non aderiva ad alcuno die gruppi dominanti.“ Für hölkeskamp 1987, s. 187 f. ist der Prozess am Ende der „letzte akt einer Machtprobe zwischen einem Magistrat und dem senat,“ wobei der vorgang von 291, also die selbstrenuntation des Wahlleiters, der Grund für die Disziplinierung durch den senat gewesen sein soll (s. 189; vgl. hier 3.4.1.c.α). Was auch immer Grund, was anlass war, der entscheidende Punkt ist, dass Postumius insgesamt zu viele regeln verletzt hat und daher sanktioniert wird – ein vorgang, der selten genug vorkommt. 711 M. w. v. Müller 2001 (DnP 10), sp. 225; diese Gesandtschaft wurde später bei ihrer Forderung nach Genugtuung für einen Überfall auf römische schiffe so beleidigt, dass sie tarent den Krieg erklärte.

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ist unklar. Er hat als amtierender Konsul gegen die salasser (liv. per. 53; cass. Dio 22 frg. 74,1) gekämpft und zunächst herbe verluste einstecken müssen, bevor er später siegreich war; nach Orosius hatte er dabei 5000 Feinde erschlagen, aber auch vorher ebenso viele römische soldaten verloren. Dies soll wohl – so wird aus notizen über eine Gesandtschaft von Priestern an appius rekonstruiert – an religiösen Formfehlern gelegen haben.712 Dann kommt er nach rom zurück und fragt, anstatt um einen triumph zu bitten, direkt und nur um dessen Finanzierung durch den senat an (cass. Dio 22 frg. 74,2). Er bekommt (daher?) keine Unterstützung und triumphiert dennoch, worauf ihn ein volkstribun von seinem triumphwagen ziehen will, was nur daran scheitert, dass sich seine tochter, eine vestalin, zu ihm auf den Wagen stellt. Es folgt der triumph iniussi populi (suet. tib. 2,4).713 Damit triumphiert ap. claudius wie Postumius weder mit Erlaubnis des senats noch durch einen Beschluss einer versammlung und auch gegen tribunizischen Widerstand. Warum er keinen richtigen antrag stellt, bleibt unsicher. Entweder war ihm ein tribunizisches veto gewiss oder er suchte einen kalkulierten normbruch.714 In jedem Fall bleibt wieder das Problem mit dem imperium; auch hier ist zu vermuten, dass dieses Problem einfach ignoriert wurde, handelt es sich doch um einen anormalen triumph.715 Mommsen dreht die sache um und begreift generell die 712 nach astin 1967, s. 106 intervenieren die decemviri für claudius und ersehen aus den sibyllinischen Büchern, dass in den Grenzen Galliens geopfert werden müsse, was auf cass. Dio 22 frg. 74,1 und bes. Obseq. 21 zurück geht: Cum a Salassis illata clades esset Romanis, decemviri pronuntiaverunt se invenisse in Sibyllinis, quotiens bellum Gallis illaturi essent, sacrificari in eorum finibus oportere. 713 siehe hierzu vor allem McDougall 1992, der die claudier-feindliche Überlieferung anzweifelt und an hand von strabon 4,6,7 die these aufstellt, dass die salasser Kontrolle über einige alpenpässe und sogar Goldminen (χρυσεῖα) ausübten sowie über letztere häufig mit ihren nachbarn stritten, also die res publica sehr wohl Interesse (strabon bleibt bei πρόφᾶσις) an einer Intervention haben konnte, sodass appius claudius nicht verzweifelt einen triumph suchte, sondern diesen vielleicht auch verdient hatte (s. 454 ff.). Die sich anschließende aktion von ap. claudius bewertet McDougall als (allerdings fehlgeschlagenen) versuch, sich im Wahlkampf um die zensur von 142 gegen scipio aemilianus zu profilieren. Das eigentlich Überraschende und Besondere ist für McDougall in dieser Episode die physische aktion des tribunen, nicht jedoch die Entscheidung zum triumph ohne Erlaubnis (s. 458); Gleiches gilt für McDougall offenbar für die aktion oder Instrumentalisierung der wie auch immer verwandten vestalin, so dass auf den eigentlichen normenkonflikt nicht eingegangen wird. auch auliard 2001, s. 167, betont die lʼagression physique des tribunen, im Gegensatz zu sonst verbalen verhinderungen, dies lässt sich aber dadurch erklären, dass appius claudius dem tribunen keine Möglichkeit lässt, sein vorhaben institutionell zu blockieren. 714 In die erste richtung geht Brennan 1996, s. 319, der meint, dass ap. claudius vielleicht hoffte, im senat genügend rückhalt für finanzielle Unterstützung zu finden, wenn auch nicht genug, um evtl. störende tribune zurückzuhalten. Fraglich ist, ob der senat Mittel für einen von tribunen gehinderten und doch gehaltenen triumph hätte bereitstellen können oder wollen. vielleicht soll in dem Bericht von cassius Dio das verhalten von ap. claudius als von anfang an überheblich erscheinen, spricht Dio doch auch von einem angefangenen Krieg als vorwand für einen triumph. Wäre es ein geplanter normbruch, könnte es ein weiteres Beispiel für das sein, was hölscher 2004 „transgression von normen als politischer habitus“ nennt. 715 Brennan 1996, s. 319, überlegt, ob appius claudius sich vielleicht um ein decretum der auguren bemüht habe, um sein imperium militiae zu behalten – wobei sich, wie Brennan selber sagt,

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triumphe ursprünglich als magistratisches recht, jeden Beschluss der Komitien umgekehrt als bloße (zusätzliche) Billigung und als die Konstatierung des nichtEintretens eines veto. Erst mit sulla, so Mommsen, und der Bindung des imperium an eine Promagistratur wird aus einem magistratischen recht „eine durch besonderen volks-, späterhin durch besonderen senatsbeschluss dem einzelnen Feldherrn ertheilte vergünstigung.“716 hier wird m. E. ein recht zu sehr konstruiert. schon die ersten triumphe brauchen in der historiographie einen volksbeschluss, selbst wenn dies „nur“ Konvention und kein „strenges recht“ gewesen sein soll, bedeutet doch gerade die starke normative aufladung des mos in rom, dass man nicht ohne rechtliche rechtfertigung davon abweichen kann – davon unbenommen kann natürlich jedes recht gebrochen, jede regel unterlaufen werden, so wie in diesem Fall. Unter der Frage nach externen Faktoren kann man (schon hier) festhalten, dass tribune prinzipiell durchaus in der lage sind, einem triumphator paroli zu bieten, der sich alleine nicht gegen sie durchsetzen kann;717 umgekehrt können tribune aber sowohl von ihresgleichen als auch von den ebenfalls „unverletzlichen“ vestalinnen gehindert werden.718 schließlich ist die Erinnerung an den triumph interesz. B. in den arbeiten von linderski dazu nichts findet. Es ist in der tat kein Mittel ersichtlich, wie die auguren (bei denen immerhin der vater des appius claudius, c. claudius, bis 167 Mitglied gewesen war) den ablauf eines imperium hätten verhindern können, aber auch das wäre vor allem noch keine „Erlaubnis“ des triumphs gewesen. allenfalls könnte man erwägen, dass appius claudius als „Kenner des sakralrechts“ auf die Idee mit seiner tochter auf dem Wagen gekommen sei und letztere alles andere als spontan gehandelt habe. 716 Mommsen str I, s. 134 f.; appius claudius hat also „rechtsgültig“ triumphiert. vgl. noch ausführlicher Mommsen 1864 (rF I), s. 214 f.; dabei sind für Mommsen die triumphe von Postumius und ap. claudius gleichzusetzen mit dem des Maso auf dem albanerberg – eine Einschätzung, der ich ebenso wenig folgen kann wie dem einfachen hinweis auf die Erwähnung aller dieser triumphe in den Fasten als Beleg ihrer Gültigkeit, vgl. dazu 6.6.5. 717 rüpke 1990, s. 233 leitet aus dieser Episode einen niedrigen sakralen status des triumphators ab, da dieser den schutz einer vestalin gegen die tribune brauche. In der tat ist es interessant, dass der vor (und von) allen so herausgehobene triumphator keinen geschützten status vergleichbar eben mit einem volkstribun oder einer vestalin hatte (vgl. dazu die nächste anmerkung), nur ist in diesem Fall der triumph gar nicht genehmigt, ap. claudius rechtlich (zumindest während der aktion) gar kein triumphator, so dass diese Episode für den status eines triumphators generell kaum aussagekräftig ist. 718 strack 1939, s. 368 hat darauf hingewiesen, dass sich sacrosanctus in den Quellen nur auf volkstribune und plebejische Magistrate bezieht, wohingegen die virgines Vestales bei liv. 1,20,3 als sanctas bezeichnet werden, vgl. dazu auch Bauman 1981, bes. s. 175 f. und 1992, s. 47. hinzunehmen müsste man noch inviolatus, auch scheint liv. 3,55,6–12 zwischen rechtlicher und tatsächlicher Unverletzlichkeit zu differenzieren, dem wird hier aber nicht weiter nachgegangen; für den Unterschied zwischen „‚geheiligt‘ (sanctum) und ‚durch Eidschwur geheiligt‘ (sacro sanctum)“ siehe Mommsen str I, s. 236 und anm. 2, dort erscheint letzteres als steigerung oder verstärkung des ersten, als „‚heiliger als heilig.‘“ Im hintergrund stehen mit Gesetz und Eid aber unterschiedliche Geltungsgründe, welche nach Mommsen inkommensurabel sind und die rede von sacrosanctus verwirrend machen (str II, s. 286 und anm. 1), über diesen Eid führt Mommsen weiter aus, dass den „religiösen schimmer oder, wenn man will, heiligen nebel, der denselben umgiebt […] die revolution aller Epochen für sich ausgebeutet, und noch augustus die sinnverwirrende Macht des demokratischen schlagworts seinen zwecken dienstbar gemacht“ habe (str II, s. 304). Dass also die „Überlegenheit der tribunicis-

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sant: nur bei sueton wird – allerdings im rahmen seiner negativen charakterisierung der claudier allgemein – wirklich Kritik geäußert, aber vor allem an der schwester (sueton ändert hier die Familienverhältnisse ab), welche einem namenlos bleibenden claudier hilft und durch ihren status als vestalin möglichen tribunizischen Widerstand ausbremst.719 Dagegen wird in den Berichten von cicero und valerius Maximus die tochter für ihr verhalten sogar gelobt, wird die Episode also eher unter dem stichwort „Familiensolidarität“ als unter „Ignorierung von triumph-regeln“ erinnert.720 appius claudius jedenfalls scheint sein eigenmächtiges verhalten nicht wirklich geschadet zu haben, zwar verliert er die Wahl zum zensor 142 gegen scipio aemilianus, doch schafft er es 136 und wird censor sowie princeps senatus.721 Diese tatsache leitet sowohl über zu einer erneuten Bemerkung über die überraschend gering ausgeprägte neigung zur sanktion in rom, die bis jetzt nur von Hölscher plausibel erklärt wird, als auch zur Frage nach der Gül-

chen über jede andere Form der Unverletzlichkeit als Überzeugung der caesarisch-augusteischen zeit“ anzusehen ist, wie strack 1939, s. 269 meint, mag sein, doch unterstreicht die Episode von 143 dies zumindest nicht. nach Graeber 2001, s. 128 wird umgekehrt deutlich, dass die „Unberührbarkeit der Priesterin im normengeflecht der res publica mehr galt, als das ius prohibendi“ der volkstribune. Dem ist für diese Episode zuzustimmen, doch bleibt eine verallgemeinerung schwierig, zumindest ebenso wichtig erscheint mir die Frage, wer passiv verhindert und wer sich aktiv durchsetzen will. so bleib unsicher, wie ein triumphwagen mit einer vestalin auf eine, wie bei Postumius erwogene, physische straßensperre von tribunen hätte reagieren können, in beiden Fällen wären ja die triumphatoren mit ihrer Begleitung die aktiven und damit die die Unverletzlichkeit der Gegenseite verletzende Kraft gewesen, vgl. dazu 7.2, bes. anm. 773. – Für das handeln der vestalin werden neben einer angenommen solidarität zu ihrer Familie (vgl. dazu weiter im text) teilweise auch politische Motive angenommen, so soll sie nach Bauman 1992, s. 47 auf Grund ihrer „legal expertise“ die situation genutzt haben, das tribunizisches veto zu umgehen: „sanctity […] was given an extended meaning, it was being used as an constitutional, or would-be-constitutional, weapon in the game of politics.“ In eine ähnliche richtung geht Wildfang 2006, s. 92 f., aber während Bauman die Protagonisten in den Kontext einer politischen vorläuferbewegung der Gracchen und einen zeitgeist, regeln und Konventionen zu hinterfragen, einordnet, stellt Wildfang eher darauf ab, dass die vestalin die Bedeutung und rolle ihrer Priesterschaft erhöhen wollte, was auch erfolgreich gewesen sei, da vestalinnen danach tatsächlicher häufiger aktiv in der Öffentlichkeit auftraten, vgl. hierfür Wildfang op. cit., s. 92–106. Ob letzteres nicht auch eine unintendierte Konsequenz bzw. kontingente Entwicklung gewesen sein kann, braucht hier nicht diskutiert werden. 719 suet. tib. 2,4; für die kritische haltung suetons zum julisch-claudischen herrscherhaus siehe u. a. Weileder 1998, s. 292; zu dem Bild der claudier vgl. Wiseman 1979, s. 77–139, bes. s. 101–103 und Walter 2004a, s. 121–130. 720 cic. cael. 34; val. Max. 5,4,6. vielleicht ist die tochter des ap. claudius fast 100 Jahre später (41) auch zu numismatischen Ehren gekommen, vgl. rrc 512/1 und 512/2. aber diese Interpretation der Münzen ist umstritten, und in der sitzenden Figur auf den jeweiligen rückseiten wird in jüngerer zeit überwiegend nicht mehr die vestalin claudia (so crawford rrc, s. 521), sondern die Göttin vesta selbst gesehen, vgl. m. w. v. Woytek 2003, s. 433 und anm. 546. Eine anspielung des Münzmeisters auf die Ereignisse 143 bliebe möglich; für hinweise zu diesem Punkt bedanke ich mich bei Wilhelm hollstein. 721 Broughton Mrr I, s. 486; astin 1967, s. 111–114.

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tigkeit der beiden zuletzt untersuchten triumphe, die unter 6.6.5 wieder aufgegriffen wird.722 c) Pomptinus 54 [?] Fraglich ist, ob man hier als dritten Fall Pomptinus nennen muss, wofür es auf den ersten Blick aber gute Gründe gibt. so kam es 54 – zumindest von seiten der Prätoren M. Porcius cato und P. servilius Isauricus – zu großen Protesten gegen den Beschluss, der Pomptinus seinen triumph erlaubte. nach cicero (explizit) und cassius Dio (implizit) muss es um die verleihung des imperium für den tag des triumphs gegangen sein. nach Dio fand die versammlung dafür vor tagesanbruch statt, was eigentlich nicht zulässig war. Ein regelkonflikt par exellence deutet sich an – war die Übertragung eines imperium durch solch einen Formfehler nur rechtswidrig oder schon ungültig? Im laufe dieser Untersuchung ist ein Konzept von Ungültigkeit bisher nur im Kontext eines verstoßes gegen sakralrecht vorgekommen, fraglich ist, ob dies hier einschlägig sein kann. Der einzige hinweis darauf kommt von cicero (Pis. 58), der später Pomptinusʼ Wunsch nach einem triumph lobt, aber auch religiöse Bedenken erwähnt; das alleine reicht m. E. für einen verstoß gegen sakrales recht nicht aus. Das Überschreiten der religiösen Grenze des pomerium bietet auch keinen anhaltspunkt. Daher wird die triumpherlaubnis (in Form eines aufschubs des sonst erlöschenden imperium) zwar vielleicht nicht ordnungsgemäß zu stande gekommen, aber dennoch gültig gewesen sein; auch Gewalt zur Durchsetzung eines Beschlusses ist ja kein Grund für Ungültigkeit.723 Dann aber wäre der triumph vielleicht nicht legitim, aber formal betrachtet legal gewesen, also hier auch nicht als „triumph gegen alle regeln und Widerstände“ zu betrachten. Politisch war der triumph in jedem Fall hoch umstritten, sonst hätte Pomptinus kaum fünf Jahr lang gewartet, und es wäre auch nicht zu so großen auseinandersetzungen bei dem triumph selber gekommen. Diese störungen des triumphzugs sind allemal interessant, denn wie bei Postumius stehen sich volkstribune gegenüber: nach cicero (Q. fr. 3,4,6) sind volkstribune auf der seite von Pomptinus, nach Dio (39,40,2) machen ihm andere volkstribune schwierigkeiten, „so dass es selbst zu Blutvergießen (σφαγή) kam.“ Während sich 294 und 143 die Konzepte der Unverletzlichkeit schon gegenüberstanden, kollidierten sie nun gewaltsam. Ob dies ein Kennzeichen der späten republik ist oder an einem Detail dieses Konflikts liegt, bleibt offen. In jedem Fall kann abschließend erneut betont werden, dass es überrascht, nur so wenige Fälle dieser art überhaupt gefunden zu haben, dass also offenbar mehr Feldherren eine ablehnung hingenommen als einen triumph gegen Widerstand 722 hölscher 2004, s. 98 sieht im mos maiorum nicht unbedingt einen zwingenden Maßstab, sondern eher die Markierung eines standards, welcher „die transgression [von normen, c. l.] als solche erst sichtbar und insofern erst möglich – und in diesem sinne sogar akzeptabel machte: als Maßstab der außerordentlichkeit.“ vgl. ebenfalls hölscher 2009, s. 176 f.; siehe dazu und zu meiner eigenen Erklärung von rom als Konsenssystem 7.4. 723 vgl. nippel 1988, s. 64.

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versucht haben – man denke noch einmal an ti. aemilius Mamercinus, der, obwohl er laut livius (8,12,11) sein Konsulat nach der ablehnung seines triumphgesuches „im Geist eines aufrührerischen tribunen“ führte, 339 keinerlei anstalten unternahm, seinen Wunsch nach einem triumph gegen den Willen des senats durchzusetzen, oder an Minucius, der 197 „nur“ einen triumph auf dem albanerberg unternimmt. Diese geringe anzahl von „triumphen gegen alle regeln und Widerstände“ erklärt sich für mich durch den Erfolg der flexiblen triumphvergabe.724 6.6.3 Ein möglicher verzicht neben den Fällen, wo man sich über Widerstände hinwegsetzt, sich gleichsam die Ehre selber holt, die man nicht bekommen soll, liegt die zweite große Bedrohung eines systems, welches Ehre(n) distribuiert, am anderen Ende der skala: im verzicht auf eine zustehende Ehrung. Ernsthaft wird die triumphvergabe in der republik hier aber nicht in Frage gestellt. Es findet sich nur eine Episode, die wirklich in diese richtung weist. 191 deutet Publius cornelius scipio nasica an, dass er als „bester Mann des staates“ bereits genügend ruhm gesammelt habe, den triumph nur für seine soldaten wolle, selber aber keinen brauche.725 Unklar bleibt, wie viel bloße rhetorik ist, wie ernst die Äußerungen zu nehmen sind. Gerade aber wenn es eine rhetorische taktik war, ging sie auf, ja musste funktionieren. hätten sich Einzelne, gar seine (berühmte) Familie angeschlossen und für sich andere Ehren vorgezogen, hätte die triumphvergabe und damit auch die Macht des senats, Ehren zu vergeben, schaden genommen.726 nur so erklärt sich auch die merkwürdige Parabel von valerius Maximus, sein entrüsteter Bericht über den angeblichen verzicht eines cn. Fulvius Flaccus (vgl. 6.5.1). Der einzige „normale“ verzicht findet laut livius 480 statt. nach hartem Kampf und einem sieg mit großen verlusten beschließt der senat für den Konsul M. Fa724 Pittenger 2008, s. 51 ff. weist darauf hin, dass die triumphe iussu populi und die triumphe gegen Widerstand immer in politisch unruhigen zeiten erfolgten: 449 nach den decemviri, 336 nach dem ersten plebejischen Diktator, 294 nach dem höhepunkt der samnitenkriege und 143 kurz vor den Gracchen, so dass vielleicht eine spannungslage im Gefüge der res publica anlass für die Überlieferungen ist: „it might reflect a systematic bias in the literary sources“ (s. 52). an der Überzeugung der römer, dass ein triumph auch ohne und gegen den senat immer möglich war, änderte das aber nichts – und an den dennoch insgesamt wenigen Fällen auch nicht. 725 P. cornelius war als junger Mann vom senat ausgewählt worden, die mater magna in Empfang zu nehmen (liv. 29,14,6–9), worauf er sich jetzt (liv. 36,40,8–9) bezieht. zur Magna Mater und rom siehe Gruen 1990, s. 5–33. Inwieweit scipio wirklich der beste Mann war bzw. den höchsten Gipfel des ruhms erreicht hatte, ist fraglich, denn er bewarb sich zweimal (189, 184) erfolglos um die zensur, vgl. Broughton 1991, s. 32. 726 vgl. Itgenshorst 2005, s. 169, s. 179 sowie jetzt vor allem Beard 2007, s. 218: „For all the elegant denial of excessive desire for such rewards that cicero and others might on occasion display, the shared goal of triumphal glory was one of the mechanisms through which the ambitions of the elite were framed and regulated. a rash of trivial triumph-hunting was much less dangerous to the collectivity than a rash of men choosing to disdain the traditional goals and the procedures through which they were policed.“

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bius einen triumph, worauf dieser antwortet, „wenn das volk ohne seinen Feldherren triumphieren könne, werde er das bei dem außerordentlichen Einsatz in diesem Krieg gerne zulassen. Weil aber seine Familie durch den tod des Bruders Q. Fabius in trauer und der staat durch den verlust des einen Konsuls zu einem teil verwaist sei, werde er den lorbeer, der durch öffentliche und private trauer seinen Glanz verloren habe, nicht annehmen.“727 Gerade durch beides, die trauer der Person und des staates, wird der verzicht verständlich gemacht, als ausnahme annehmbar und dann sogar umgedeutet, denn livius fährt fort: Omni acto triumphus depositus triumphus clarior fuit.728 auch in anderen bisweilen angeführten Fällen kann nicht von einem verzicht aus Desinteresse ausgegangen werden. P. cornelius scipio nasica corculum soll auf einen triumph verzichtet haben, aber wohl weil sein Konsulat (und somit auch der Feldzug) fehlerhaft gewesen war.729 Bei Marius findet man 102 nur eine verschiebung seines triumphes nach seinem sieg gegen die teutonen, um ins Feld zurückzukehren und seinem Kollegen catulus gegen die Kimbern beizustehen; dazu war er zu diesem zeitpunkt bereits triumphator gewesen.730 als bloße Polemik wird man ciceros vorwürfe gegen l. calpurnius Piso abtun dürfen, den er 55 scharf angreift, ja wüst beschimpft, da dieser angeblich kein Interesse an einem triumph gezeigt habe. cicero konzediert selber am Ende seiner tirade, dass Piso wohl einfach eine abfuhr seines triumphwunsches vermeiden wollte,731 etwas für das sich viele Präzedenzfälle finden lassen dürften. Einen antrag nicht zu stellen, vielleicht weil die chancen nicht gut sind, ist aber etwas völlig anderes, als nach zuteilung auf einen bewilligten triumph zu verzichten. nicht kritisiert, sondern eher ob der Entscheidung bewundert wird der angebliche verzicht caesars 60, wobei hier mit Ehrhardt davon ausgegangen wird, dass caesar auf den antrag, auf die Diskussionsmöglichkeit verzichtet, da der triumph für ihn noch gar nicht bewillig worden war.732 – Im Prinzipat kehrt sich die rolle eines etwaigen ver727 liv. 2,47,10: si exercitus sine imperatore triumphare possit, pro eximia eo bello opera facile passurum respondit; se familia funesta Q. Fabi fratris morte, re publica ex parte orba [consule altero amisso] publico privatoque deformem luctu lauream non accepturum. 728 anders auliard 2001, s. 140 f., die darauf abstellt, dass Fabius vermeiden wollte, dass seine soldaten gegen den triumph stimmen, wofür aber nichts spricht außer dem angeblich schlechten verhältnis der Fabii zu den soldaten zu der zeit. Und selbst dann wäre es kein verzicht, der das system in Frage stellt. 729 val. Max. 1,1,3; vir. ill. 44,5; ampel. 19,11; vgl. die ausführungen unter 3.4.1.c.α und 5.3.2. 730 Plut. Mar. 24; triumphiert hat Marius bereits über Jughurta (Plut. Mar. 12). Mit eine rolle für den verzicht mag spielen, dass das heer nicht dabei war. 731 cic. Pis. 56–63. nichtsdestotrotz hat Beard 2007, s. 217, recht, dass wir hier (neben val. Max.) den einzigen hinweis für eine sichtweise auf einen „triumphal refusenik“ haben, dessen verhalten offensichtlich Protest hervorruft. Inwieweit Piso wirklich ein skandalöses Desinteresse an der hohen Ehrung hat oder nicht doch vielmehr seine chancen realistisch eingeschätzt und daher (wie z. B. scipio 206 vor ihm auch) auf einen antrag verzichtet, kann auf Grund der Quellenlage nicht ernsthaft beantwortet werden, wobei ich zur letzteren variante tendieren. siehe zu dieser Passage auch Itgenshorst 2005, s. 82–88, die eine analyse bietet, was sich aus der Kritik ciceros ex negativo für den normalfall eines spätrepublikanischen triumphs ableiten lässt. 732 Ehrhardt 1987 kommt zu diesem Ergebnis gegen die anders lautenden zeugnisse von app. b.c. 2,8 und cass. Dio 37,54,3. hauptargumente sind das schweigen der Biographen sueton und

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zichts auf diese Ehre zum teil um, augustus kann sowohl aus der Monopolisierung der triumphe für die herrscherfamilie als auch aus der ablehnung der triumphe politischen Profit schlagen; Gleiches gilt für agrippa (cass. Dio 48,49,2–52).733 caligula lehnt später eine solche Ehrung durch den senat ganz ab (mehr dazu unter 6.6.4.b). 6.6.4 triumphe außerhalb roms a) Der triumphus in monte Albano Bei dem sog. triumphus in monte Albano triumphiert ein siegreicher Feldherr auf dem 20 Meilen südöstlich von rom, zwischen der via latina und der via appia gelegenen albanerberg, heimstätte des Jupiter latiaris, auf welchem im Frühjahr die feriae Latinae, das wichtige Bündnisritual aller latinischen städte, stattfanden. Über den genauen ablauf des triumphs dort wissen wir nichts, das Entscheidende ist, dass der Feldherr nach livius allein kraft seines imperium triumphieren konnte, sich also genau die bis hierhin immer wieder diskutierten Probleme eines notwendigen Beschlusses von senat und versammlung nicht stellen und auch kein risiko eines tribunizischen veto vorliegt, da der albanerberg weit hinter dem ersten Meilenstein der stadt lag; Brennan jedenfalls lobt Maso für seine Ortswahl: „it lent a considerably religious aura to Masoʼs ceremony as well as tremendous practical advantage – freedom from tribunician veto.“734 Wer war dieser Maso? Papirius Maso wurde 231 der triumph in rom verweigert, vermutlich auf Grund seiner verluste in Korsika, wobei ein gewisser militärischer Erfolg vorher nicht auszuschließen ist.735 Daraufhin triumphiert Maso laut den Fasten „primus in monte Albano.“ Wie genau er darauf gekommen ist, bleibt unklar; vermutlich war Plutarch, die nur geringe zahl (und damit eher geringe chance) von prätorischen triumphatoren, die gerade in jener zeit zum teil sehr lange Wartezeit auf einen triumph (vgl. 6.4.1) sowie die nicht geringe anzahl von Feinden, die sich caesar bereits gemacht hatte. 733 Für den verzicht des Princeps vgl. hickson 1991 und Itgenshorst 2008. Im Gegensatz zu caesar, so hickson, op. cit, s. 137, beschränkt sich augustus auch deswegen auf drei triumphe, da mehr als drei triumphe nur von Diktatoren gefeiert worden waren (außer caesar noch M. Furius camillus und M. valerius corvus). 734 Brennan 1996, s. 320 mit verweis auf liv. 33,23,3 (iure imperii consularis), liv. 42,21,7 (hier allerdings nur sine publica auctoritate) und de vir. ill. 45,6 (de sua sententia); alle diese Belege haben das Problem, dass sie nicht eine generelle norm, sondern zwei der nur vier Fälle wiedergeben. Was das volk für einen triumphus in monte albano beschließen sollte, so auliard 2001, s. 15, sehe ich nicht. Maiuro 2008, s. 22 spricht zu recht von einer „forma di autocelebrazione.“ – zur verschiedenen reichweite der Geltung des tribunizischen veto, welches aber sicher nicht über den ersten Meilenstein vor der stadt hinaus reichte, siehe Mommsen str I, s. 67 f. 735 Für die verluste, auch durch Wassermangel, vgl. zon. 8,18,14; laut val. Max. 3,6,5 trug Maso bei spielen anstatt eines Kranzes aus lorbeer einen aus Myrte, was auf seinen sieg auf einem Myrtenfeld zurückgehen soll, vgl. Festus p. 131,7–8 l; calpurnius Piso Frh 7 F 34 = Plin. n. h. 15,126. auliard 2001, s. 76 vermutet, die vielen triumphe direkt vorher (236–233) hätten den senat zu einer strengeren auswahl veranlasst.

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es eher seine eigene Idee als die Wiederaufnahme eines archaischen rituals.736 Man kann Brennan darin folgen, dass diese alternative nicht sofort anerkannt war – feiern doch Flaminius und Furius Philo ihren triumph 223 lieber gegen den Willen des senats iussu populi in rom als draußen auf dem albanerberg (so denn die Überlieferung bei zonaras 8,20 stimmt, vgl. oben). Und Marcellus, der 20 Jahre nach Maso wieder einen triumphus in monte albano feiert, tut dies zusätzlich, einen tag vor seiner bewilligten ovatio. hier erscheint der triumph auf dem albanerberg also nur als zusatz für einen Mann, der für ansonsten große verdienste „nur“ eine ovatio bekommen hatte.737 Wirklicher Ersatz für einen triumph bietet der mons Albanus erst 197 für Minucius, der trotz seiner Erfolge gegen die ligurer und einer der längsten supplicationes den tribunizischen Widerstand sieht und daher dorthin ausweicht, um einen triumph abzuhalten, der „an Feldzeichen, Wagen und erbeuteten Waffen“ wie auch in der Geldsumme dem seines amtskollegen glich.738 vielleicht wurde eine solche Möglichkeit dem senat nun doch unlieb und führte zu einer lockerung der triumphanforderungen. Im darauf folgenden Jahr schon wird jedenfalls cornelius Blasio eine ovatio gewährt, obwohl dieser kein amt bekleidet hat. allerdings kommt er auch aus spanien, was zusätzlich eine Erklärung für seine großzügige Behandlung darstellt. trotzdem wird man einer solchen eher geduldeten als gewollten alternative zubilligen müssen, dass sie – zusammen mit einer größeren nachfrage und der besonderen rolle der spanischen Provinzen – zu einer lockerung der triumphanforderungen und damit einer steigenden anzahl von triumphen beigetragen hat. Dann hätte der triumphus in monte Albano, für den Maso 231 laut valerius Maximus (3,6,5) das exemplum gesetzt hatte, durchaus eine rückwirkung auf die weitere triumphvergabe gehabt.739 Eine zugrunde liegende Duldung des triumphs schimmert jedenfalls durch, wenn livius den triumph des cicereius 172 mit den Worten einleitet, dieser triumphiere der sitte gemäß: in monte Albano, quod iam in morem venerat, ut sine publica auctoritate fieret, triumphavit; eine Äußerung, die aber überrascht, ist doch genau dieser triumph – mit der ausnahme von caesar – der letzte uns überlieferte auf dem albanerberg.740 Dafür las736 niebuhr meinte, Maso würde nicht als römischer Konsul sondern als latinischer Feldherr triumphieren, so Brennan 1996, s. 321; bei versnel 1970, s. 166 findet sich der hinweis auf die these von h. a. Goell, De triumphi Romani origine, permissu, apparatu, via, schleize 1854, dass Papirius vielleicht als Priester eine ältere Form des triumphs auf dem albanerberg aus den libri pontificales kannte. Dagegen argumentiert Brennan 1996, s. 322, dass besonders der tag des triumphs, der 5. März, ein hinweis auf den berühmten Familienahn c. Papirius cursor sei, der am gleichen tag 324 als erster der Familie triumphiert habe. 737 rosenberger 2009, s. 32 hat auf den großen Beutezug mit Wurfmaschinen, statuen und Elephanten hingewiesen, was alles schon aus technischen Gründen kaum binnen eines tages vom albaner Berg nach rom hätte gebracht werden können, dort also gefehlt haben muss und damit darauf hindeutet, dass Marcellusʼ hauptaugenmerk auf der ovatio lag. 738 liv. 33,23,8–9. rosenberger 2009, s. 33 weist daraufhin, dass im vergleich zum triumph seines Kollegen in rom edle Gefangene und Klienten fehlten. Ein Grund für die ablehnung kann in einer negativen Kompensation für seine Prorogation von 193 bis 190 in ligurien gesehen werden, vgl. Gruen 1995b, s. 68. 739 vgl. Brennan 1996, s. 327 und s. 329. 740 liv. 42,21,6–7; dass es seit 231 üblich wurde, nach ablehnung in rom auf dem albanerberg einen „Ersatztriumph“ zu halten, kann man bei nur vier überlieferten triumphen nicht sagen,

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

sen sich durchaus auch Gründe in der Person des ehemaligen schreibers cicereius (val. Max. 3,5,1) selber sehen. Brennan führt cicereiusʼ geringes soziales Prestige ins Feld: Während für cicereius nach längeren Bemühungen ein solcher triumph einen großen Erfolg darstellte, wird sein triumphus in monte albano die Institution als solche eher unattraktiv gemacht haben.741 Insgesamt kann die geringe anzahl von lediglich vier (überlieferten) triumphen nur bedeuten, dass dieser sich nicht als wirkliche alternative hat durchsetzen lassen.742 Rosenberger weist darauf hin, dass Maso, Minucius und cicereius jeweils die ersten in ihren Familien waren, die triumphierten.743 Es war eine Möglichkeit, eine Ehrung am senat und an den tribunen vorbei zu erlangen, vielleicht damit auch eine art ventil oder Gradmesser, inwieweit „genug“ triumphe bewilligt wurden, aber keine ernsthafte Bedrohung der triumphvergabe und damit der verteilung von Ehre – was auch einleuchtet, denn unterzieht man sich nicht den Befragungen und Debatten im senat und damit dem risiko einer abschlägigen Entscheidung, kann die Ehre niemals mit derjenigen konkurrieren, die man erlangt, wenn man genau dieses unternommen hat.744 selbst eine ovatio wird also höher

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so aber latte 1960, s. 153; ebenfalls zu allgemein bleibt hülsen 1893 (rE 1,1), sp. 1310 f.: „Beim tempel des Iuppiter latiaris triumphierten diejenigen Feldherren, welchen diese Ehre in rom versagt worden war.“ Eder 2002 (DnP 12,1), sp. 837 bezeichnet den triumphus in monte Albano sogar als „gleichwertig.“ siehe für einen Überblick über die verschiedenen Bewertungen jetzt rosenberger 2009, s. 30, der selber den triumphus in monte albano zutreffend als dem triumph gegenüber „eindeutig nachgeordnet“ (s. 30) und „zweite Wahl“ (s. 38) bezeichnet. – Die ovatio des Diktators caesar 44, laut Fasten ex [!] monte Albano (vgl. Itgenshorst Katalog, s. 379 f.), welche von cass. Dio 44,4,3 noch mit den feriae Latinae in verbindung gebracht wird (μετά τε τὰς ἀνοχὰς τὰς Λατίνας ἐπὶ κέλητος ἐς τὴν πόλιν ἐκ τοῦ Ἀλβανοῦ ἐσελαύνειν ἔδοσαν), und mit der caesar dann, wie Marcellus, alle spielarten von triumphen, inkl. der spolia opima (Dio loc. cit.), und dazu mit insgesamt sechs triumphen auch die meisten Ehrungen dieser art vorweisen konnte, spielt für die Fragestellung von triumphvergabe und alternativen zu einer Ehrung durch den senat keine rolle (mehr), siehe dazu jüngst rosenberger 2009, s. 33 f. und s. 38. Brennan 1996, s. 327 f. meint sogar: „the sucessful completion of an alban triumph was an extraordinary accomplishment for a former scribe; henceforth, however, the honor was probably regarded as so debased that no future commander considered it an option.“ Ein, wie Beard 2007, s. 291 bemerkt, „reasonable guess, but no more than that.“ vgl. aber ähnlich rosenberger 2009, s. 33. Immerhin hat cicereius 173 die Prätur bekleidet und hätte diese, laut val. Max. 4,5,3, ohne eigenen verzicht bereits ein Jahr zuvor und gegen cn. scipio errungen, vgl. anm. 278 in 3.4.2.a, allerdings ersetzt Beliebtheit oder Erfolg beim Wahlvolk noch keine illustre herkunft. Für Develin 1978, s. 436 sind diese wenigen Belege nicht überraschend, handele es sich doch um „a two-edged device which might highlight the unworthiness of the celebrant“ – wobei dies dann nicht nur zu wenigen belegten, sondern auch zu wenigen realen Fällen geführt haben dürfte. viel zu große Bedeutung wird dem triumphus in monte albano von auliard 2001, zugemessen, wenn sie meint: „à partir de cette date, on peut affirmer que la maîtrise de la décision est passée du sénat au général.“ auch will sie, s. 158, mit verweis auf app. Iber. 38 (die Idee von scullard 1973, s. 75 anm. 2 aufgreifend) auch noch scipio 206 auf dem albanerberg triumphiert haben lassen, wofür diese stelle aber keinen anlass bietet. vgl. rosenberger 2009, s. 34. Ähnlich sieht dies Pittenger 2008, s. 295–298, wenn sie für den aspekt der Ehre einer triumphbewilligung zu recht genau auf die situation des antrags hinweist, in welcher der Ein-

6.6 abweichungen

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angesehen gewesen sein als ein triumph auf dem albanerberg, und noch viel mehr galt dies für den triumph. nur so lässt sich auch erklären, dass lucullus, Mettelus creticus und andere z. t. jahrelang vor dem pomerium warten, wie auch cicero, bevor er nach zweieinhalb Jahren aufgibt. Und für die wirklich auf ihren triumph erpichten Postumius oder appius claudius stellte der triumphus in monte albano keinerlei alternative dar, wenngleich er doch vielleicht mit dafür sorgte, dass es eben so wenige Fälle eines unerlaubten triumphes gab. b) Albucius 107 neben dem institutionalisierten sonderfall des triumphus in monte albano als eines triumphes außerhalb von rom ist der Fall von albucius 107 (?) zu nennen: Der Proprätor t. albucius triumphiert direkt in seiner Provinz sardinien – ein vorgehen, für das er „bestraft“ wird, so gut man in rom einen solchen regelbruch bestrafen kann: zum einen wird in rom die supplicatio versagt und (natürlich) auch kein triumph gewährt, zum anderen wird er später angeklagt und geht nach athen ins Exil.745 Weitere versuche, gleichsam an rom vorbei zu triumphieren, sind nicht bekannt;746 der triumph in rom wurde also nie derart in Frage gestellt wie später bei dem großen schauspiel im Golf von Baiae, als Kaiser caligula sich und sein heer über eine schiffsbrücke übersetzen ließ und so absichtlich die Ehre des senats unterlief.747 zelne der „critical audience of his peers as a body“ gegenüberstand (s. 296). siehe auch Orlin 1997, s. 66 f., der aus der Perspektive der Errichtung von tempeln zu dem gleichen Ergebnis kommt, dass die gloria größer war, wenn der senat die Wünsche oder Ideen der Generäle bestätigte als wenn diese alleine handelten. 745 vgl. cic. prov. 15 f., Pis. 92, scaur. 40, tusc. 5,108. alexander 1990, s. 34 f., der alle Quellen hierzu auflistet, datiert den Prozess auf 103; Brennan 1996, anm. 86 (s. 337) nimmt 105, was mir wahrscheinlicher erscheint. Möglich erscheint auch eine Prätur 105/4 (Broughton Mrr I, s. 560, III, s. 14; Elvers 1996 [DnP 1], sp. 442), dann würde ein Prozess 103 passen. vgl. jedenfalls Maiuro 2008, anm. 23: „Il magistrato è accusato de repetundis su testimonianza dei provincali, ma in realtà colpito anche per aver trionfato in provincia.“ 746 Der verweis von Florus (1,37,6) auf die Errichtung von steinernen türmen, geschmückt mit den erbeuteten Waffen auf dem schlachtfeld nach dem sieg durch cn. Domitius ahenobarbus und Q. Maximus allbrogius gegen die allobroger 121 (vgl. Broughton Mrr I, s. 516, 520 f.) reicht dafür nicht aus, zumal bei liv. per. 61; val. Max. 9,6,3 und vell. Pat. 2,10,2 von einem triumph keine rede ist. Denken könnte man noch an den (angeblichen) triumphus castrensis von Decius Mus 343, doch ist der Kern der Geschichte eben eine heraushebung eines tribunen für seine verdienste in einer schlacht und nicht ein Feldherr, der seinen abschluss der aufgabe außerhalb roms gewürdigt sehen will. Was genau man darunter verstehen muss, bleibt außerdem offen, vgl. Oakley 1998, s. 349: „castrensis triumphus is an easily understood concept, but one which I have been unable to parallel elsewhere.“ Maiuro 2008, anm. 23 verweist noch auf liv. 3,29,3–5, dort wird aber nur eine corona aurea im lager vergeben. Die rückkehr des Flamininus 194, der sich rom propre triumphantes nähert (liv. 34,52,2), ist rhetorisch ebenso ausgeschmückt wie der triumphale zug (θριαμβικῆς πομπῆς) nach rom von aemilius Paullus (Plut. aem. 30,1–3), generell müssen ja die große Beute, Geld und Gefangene irgendwie nach rom gebracht werden, dass dies selbst schon ein spektakel darstellt, überrascht nicht. 747 zur Brücke vgl. suet. cal. 19; zur Intention von caligula vgl. cass. Dio 59,23,3: „Denn alle

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

6.6.5 Ungültige triumphe? an dieser stelle soll keine zusammenfassung der sonderfälle und ausnahmen erfolgen, sondern die Frage der Gültigkeit bzw. Ungültigkeit von triumphen behandelt werden, die an mehreren stellen aufkam. In der Forschung überwiegt die ansicht, dass es in der republik keinen triumph gegeben hat, der nicht auch als ein legitimer triumph galt.748 Die Frage bleibt, wie dies zu begründen ist, zumal ein Konzept von „Ungültigkeit“ durchaus in rom bekannt war, wie die ausführungen zu dem sakralen recht gezeigt haben. Meist wird bei dem versuch, eine „Gültigkeit“ der triumphzüge positiv zu begründen, auf die Fasten verwiesen, so z. B. Auliard, die ausführt: „le caractère très officiel des actes impose dʼadmettre que la procédure permettant de triompher sans lʼautorisation du sénat nʼavait rien dʼillégal et quʼun magistrat pouvait effectivement se dispenser de lʼaccord sénatorial. aucun auteur dʼailleurs nʼidentifie un triomphe non autorisé à une pratique illicite; il est vécu comme anormal au regard des pratiques habituelles, mais nullement usurpé.“749 Das aber verkennt den charakter der Fasten, die eben kein historisches Dokument i. s. einer korrekten Widerspiegelung republikanischer triumphe, sondern immer auch propagandistisches Monument vergangener Größe waren, welches den Princeps sowohl mit den heroen der republik in Kontinuität als auch ihn selbst als abschluss sah.750 M. E. bleibt anstelle einer rechtshistorischen Begründung von Gültigkeit nur die einfache Erklärung, dass ein einmal gehaltener triumph nicht rückgängig geihm jeweils gewährten auszeichnungen achtete er für nichts, und er ärgerte sich […]. Denn er wünschte ganz und gar nicht den Eindruck zu erwecken, daß irgend etwas, was ihm Ehre bringe, in den händen der senatoren liege; man könne sonst glauben, sie seien seine vorgesetzten und in der lage, ihm als ihrem Untergebenen Gefälligkeiten zu erweisen.“ siehe dazu Winterling 2003, s. 118–124, der ausführt: „Die Ereignisse am Golf von Baiae […] bedeuten eine zeremonielle Manifestation kaiserlicher Größe, die das übliche römische zeichensystem bei der Darstellung sozialer rangverhältnisse durchbrach. […] Bemerkenswert ist somit, daß caligula hier erstmals außerhalb der stadt rom und unabhängig vom senat und der römischen Bürgerlichkeit auf neue art vor einer großen Öffentlichkeit seine allen überlegene kaiserliche stellung demonstrierte“ (s. 123 f.). vgl. für die Demonstration eigener Macht bei der Durchbrechung von (hier: triumph-) normen auch hölscher 2004, s. 103. – In einer ganz anderen Weise unterläuft der triumph neros für seine „Erfolge“ bei den spielen in Griechenland (suet. ner. 23–24) die militärische Grundidee des triumph, vgl. Beard 2007, s. 269, doch bleibt rom der Bezugspunkt, zumindest als Endpunkt seiner rückkehr nach Italien, die auch festliche Einzüge in neapel, antium und albanum beinhaltete (suet. ner. 25). 748 siehe nur richardson 1975, s. 58; Brennan 1996, s. 321 oder Beard 2007, s. 200. 749 auliard 2001, s. 138, vgl. auch s. 146 f.; sie überzieht dieses argument, wenn sie daraus folgert, dass man, da in den Fasten triumphe ohne Bewilligung des senats keinerlei Markierung haben, den Eindruck habe, comme si le rôle du sénat dans la procédure dʼattribution du triomphe, nʼétait ni statuaire, ni réglementaire (s. 17). auch bei Mommsen str I, s. 134 anm. 2 findet sich der satz: „Die rechtsgültigkeit derselben bezeugen die Fasten,“ aber diese aussage bezieht sich ausschließlich auf den triumphus in monte Albano. 750 hinzu kommt ein epigraphisches Problem: Für 291 und 143 fehlen die Fasten, so dass nicht sicher ist, ob und wie Postumius und ap. claudius in stein erinnert worden wären. nicht überraschend ist es aus meiner sicht, dass es 107 in den Fasten keinen Eintrag zu albucius gibt, vgl. Degrassi 1947, s. 561.

6.7 Der historische Kontext

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macht werden konnte und somit – zumindest in der Erinnerung – gültig sein musste.751 Daneben sollte man nicht übersehen, dass sich diese Frage schlicht nur bei zwei wirklichen Durchbrechungen der triumphordnung, 294 und 143, gestellt haben dürfte, da die triumphe iussu populi zwar als unrechtmäßig, aber sicher als gültig angesehen wurden, schon weil der Primat der volksversammlung gegenüber dem senat im Konfliktfall selber nicht in Frage stand. somit blieb die triumphvergabe zwar Gegenstand vieler und heißer Debatten, aber der triumph selber stand nicht in Frage. streit enstand um den triumph, nicht über ihn. auch der triumphus in monte Albano war keine ernsthafte alternative (oder gar Bedrohung) für das system, sorgte allenfalls für eine großzügigere vergabe, ähnlich wie die ovatio, die als anpassung an die verstärkte militärische aktivität und das größere, begründete Interesse an einer Ehrung gesehen werden muss, dazu weiter im nächsten Punkt. 6.7 DEr hIstOrIschE KOntEXt auf den ersten Blick scheinen sich die untersuchten regelkonflikte bei der triumphvergabe durch die gesamte römische republik zu ziehen, von den Decemvirn bis zu Pompeius. Die behandelten Fälle betreffen die Jahre 495, 449, 356, 339, 326, 294 (atilius), 294 (Postumius), 263, 241, 231, 223, 211, 206, 200 (lentulus), 200 (Furius Purpureo), 198, 197, 196, 195, 191, 190, 188, 187 (Manlius), 187 (Fulvius nobilior), 185, 172, 143, 102, 95, 81 und 54. Konzentriert man sich aber nur auf die Konflikte im senat, lässt also die triumphe iussu populi (495, 449, 356, 223), die unerlaubten triumphe von 294 und 143 (und 54) sowie umgekehrt die z. t. aufgenommenen unstrittigen Fälle unberücksichtigt, ergibt sich folgendes Bild: 241, 231, 211, 200, 200, 197, 196, 195, 190, 187, 187, 185, 172, 142, 81. nimmt man noch die ovationes (360, 211, 200, 196, 195, 191, 185, 182, 174) hinzu und lässt Pompeius als generellen sonderfall außer Betracht, ergibt sich, dass sich die große Mehrheit der konflikte bei der Triumphvergabe zwischen 200 und 185 abgespielt hat, also in den ersten beiden Jahrzehnten des zweiten Jahrhunderts, mithin die zeit nach dem Ende des zweiten punischen Krieges, also der vorherrschaft im westlichen Mittelmeer und der beginnenden Expansion richtung Osten, mit den Kriegen gegen die Makedonen und antiochos. Der zusammenhang zwischen Expansion und damit steigender Gelegenheit für triumphe und triumphwünschen kann nicht stark genug betont werden.752 Dass dies rückwirkungen auch auf die vergabe hatte, dürfte nicht überraschen, und so ist die ovatio, was auch immer die historischen Ursprünge sind, klar als ein Kompromiss anzusehen, der den triumph knapp genug, aber auch nicht zu knapp hielt. sie ist eine anpassung an eine neue lage, kein aufweichen einer triumphvergabe.753 Das Gleiche gilt für den versuch, 751 Für Brennan 1996, s. 319 war z. B. der triumph des claudius „though tactless […] certainly accepted as legitimate;“ er stellt dabei darauf ab, dass der triumphzug „sucessfully completed“ war. 752 vgl. Gruen 1995b, s. 66 ff. 753 siehe u. a. für die these eines „Mittelweges“ auliard, 2001 s. 159 f. Dagegen rüpke 1990, s. 228: „Mit der ovatio wird schlaglichtartig die beginnende auflösung der rituellen struktur

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6 regelkonflikte bei der triumphvergabe

die vergabekriterien fester und berechenbarer zu machen, allerdings mit dem risiko, damit die vergabe auch unflexibel werden zu lassen, da dem senat möglicher Entscheidungsspielraum verloren ging. vgl. zu diesen beiden aspekten, dem historischen Kontext einer Kernzeit und den möglichen Konsequenzen einer verregelung Kapitel 8. 6.8 zUsaMMEnFassUnG Die Diskussionen im senat zur triumphbewilligung zeigen, dass es sich um eine Gesamtwürdigung von Person und situation gehandelt hat. Während nur wenige Kriterien (wie amt und imperium) als feste regel vorliegen mussten, wurde zwischen den anderen Kriterien abgewogen und flexibel ad hoc, aber deswegen doch nicht willkürlich oder zufällig entschieden. Damit wurde zum einen erreicht, dass die große Ehre nicht zu häufig vergeben wurde, aber große leistungen belohnt werden konnten, dass der Kreis der triumphatoren exklusiv blieb und sich die vergabe trotzdem den militärischen Entwicklungen anpassen konnte. zum anderen bedeutet dies, dass die Entscheidung über die große Ehre immer beim senat verblieb – daran ändern weder die nur wenigen ausnahmen und triumphe gegen Widerstand etwas noch die rolle der volksversammlung, die jeden triumph bestätigen musste. Gerade aufgrund dieser beiden Faktoren, welche die Möglichkeit, am senat vorbei zu triumphieren, aufzeigen, wird dessen kluge Politik deutlich, deren Kern eben in der „Un-Geregeltheit“ bestand, welche stabilität durch Flexibilität versprach, gerade vor dem hintergrund der herausgestellten historischen veränderungen. Dass sich der Bezugspunkt der streitigkeiten nicht veränderte, sondern der triumph als solcher akzeptiert blieb, ist durchaus ein Erfolg der vergabepraxis, der darüber hinaus allerdings auch auf einem hohen Maß an Konsens beruhte, sich einer senatsentscheidung zu unterwerfen und diese hinzunehmen. versuche, die triumphvergabe berechenbarer zu machen und z. B. für militärische leistungen Bewertungsmaßstäbe einzuführen, deuten allerdings darauf hin, dass der Konsens nicht immer gleich stark war. Und nimmt man die Entwicklung der triumphzüge selber hinzu, die immer größer und prächtiger wurden, markiert Pompeius sowohl mit seinem ersten triumph ohne amt als auch mit seinem dritten triumph und dessen ungeheurer Pracht einen Punkt, der das spannungsfeld zwischen herausgehobener Ehrung und egalitärer aristokratie in einem doppelten sinne ausgereizt hatte. Gab es in rom ein ius triumphandi? Die antwort auf diese Frage, welche so viele Forschungskontroversen am leben erhält, bleibt – wie so häufig – eine Defides triumphes sichtbar,“ wobei sich dies nur auf eine nicht genau definierte rituelle ausgangsform des triumphs beziehen kann. nicht nachvollziehen kann ich die these von Künzl 1988, s. 100: „Manche heerführer zogen aus politischer Kalkulation die unauffälligere ovatio dem triumph vor. Marcellus, der Eroberer von syrakus, machte es perfekt: er triumphierte auf dem albanerberg und ließ sich für rom die ovatio bewilligen […], auf diese Weise eine doppelte Ehrung erwerbend.“ auch ist die ovatio kein Gegengewicht der republik gegenüber „dem in der etruskischen Königszeit wurzelnden“ triumph (Künzl op. cit., s. 101), obwohl dies vielleicht in die richtung von rüpke geht.

6.8 zusammenfassung

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nitionssache: versteht man ius hier i. s. eines regelbegriffs, bleibt nur die Möglichkeit, ein ius triumphandi mit geringer sozialer Geltung zu konstruieren oder dieses Konzept zu verwerfen. anders, und auch sinnvoller ist es, wenn man in dem zusammenspiel von klaren voraussetzungen (amt und imperium) und weichen, abzuwägenden Kriterien ein vergabesystem des senats ausmacht, welches flexibel, aber nicht willkürlich war. Das wird den römern selber sehr wohl bewusst gewesen sein; eine these dieses Kapitels ist ja, dass das Modell einer ständigen abwägung verschiedener Prinzipien sowohl zu dem charakter der senatsentscheidungen bei livius als auch zu den kaiserzeitlichen systematisierungsversuchen von valerius Maximus passt, zu ciceros Briefen ohnehin. Mit der „triumphvergabe nach verschiedenen (weichen) Prinzipien und wenigen (festen) regeln“ wird ein Modell zwischen einem ritual mit sicherem und einem willkürlichem verfahren mit völlig offenem Ergebnis angeboten. Im sinne dieser skizzierten triumphvergabe – mit senatsdebatten in einem vorgegebenen rahmen durch zu gewichtene Prinzipien – kann und sollte man sehr wohl von einem ius triumphandi sprechen.754

754 Das Modell mit Prinzipien ist auf der einen seite einfacher und vielleicht schon dadurch „besser“ als eine komplizierte verästelung von regeln. Dazu ist das Modell auf der anderen seite offen für weitere, noch unbekannte triumphkonflikte, welche (im wenig wahrscheinlichen Falle ihres auftretens) nicht als gleichberechtigte Fälle in ein präzises regelwerk integriert werden müssten, sondern als bloß weitere konkrete ausprägungen gut mit dem vorhandenen Modell beschrieben werden könnten.

DRiTTER TEil NoRmEN iN Rom

7 nOrMEn In rOM: hIErarchIEn UnD GEltUnGssPhÄrEn 7.1 KrItErIEn-BEzOGEnE UnD InstItUtIOnEn-BEzOGEnE nOrMEn Bei der Untersuchung der Wahlen wurde deutlich, dass die Wahl durch eine versammlung ein sehr starkes Gewicht hat und sich fast immer gegen mögliche Widersprüche durchsetzt. allenfalls sakralrechtliche Einwände können eine Wahl wirklich ungültig machen, wenn der senat einen solchen hinweis in die politische sphäre überträgt. Ein bloßer verstoß gegen die Formalia, die für sich genommen einen Kandidaten hätten unwählbar erscheinen lassen, wie mangelnde vorherige Ämter oder zu geringes alter, war für die Frage der Gültigkeit der Wahl irrelevant. Dies mag daran liegen, dass die Wahl einer Person quasi die Erlaubnis zur Wahl, die Konstatierung der Wählbarkeit durch Gesetz miteinschließt. Das führt sogar dazu, dass eine Wahl evtl. ausfallen musste, wenn ein aussichtsreicher Kandidat nicht zum verzicht überredet werden konnte, und bestimmte vorschriften zur Ämterbesetzung für sich als nicht bindend ansah. solche vorschriften waren der abstimmung gleichsam vorgelagert, sie waren formuliert von und für die Elite. Und hier lässt sich weiter festhalten, dass es nur wenig klare regeln und mehr ad hoc Entscheidungen gab: Die vorschriften zur Wählbarkeit erscheinen zunächst als tradierte normen, dann als ausformungen verschiedener rechtsprinzipien (wie die Iteration) und politischer Möglichkeiten (wie zwei plebejische Konsuln), die erst im laufe der zeit an Gewicht gewannen oder realisiert wurden. später lässt sich bei der Frage der altersvorschrift wie auch bei der Iterationsbeschränkung, 180 und 151, eine verregelung konstatieren, welche eine abwägung von Fall zu Fall durch klare und unmissverständliche regeln ersetzte. Dementsprechend machten die dann immer noch gewünschten oder geduldeten ausnahmen nunmehr klare (und sichtbare) sondergenehmigungen erforderlich, wie z. B. bei scipio 148. Eine abweichung von regeln war jedenfalls weiterhin möglich, was auch bei der Untersuchung der Provinzvergabe durch sortitio zu sehen war, da zum einen auf sie verzichtet und zum anderen ihr Ergebnis ignoriert und geändert werden konnte und wurde. Eine solche Änderung geschah meistens durch Konsens der Beteiligten oder durch den senat, manchmal auch durch die volksversammlung, die involviert war, wenn entweder die Entscheidung sehr umstritten war oder wenn die Änderung volksbeschlüsse (wie bei denjenigen Provinzen, die mit einer Prätur verbunden waren) betraf. hier wurde erneut deutlich, dass die volksversammlungsentscheidung höheres Gewicht beanspruchen konnte, was sich noch bestätigt durch die Möglichkeit, auch gegen den senat zu entscheiden, wie häufig geschehen in der späten republik, beginnend 107 bei Marius, aber auch schon angedroht bei scipio 205 (4.3.2); das verweist auf die noch auszuführende Institutionenhierarchie. Interessant ist der aspekt der nachträglichen Änderung, die dazu als solche nie selber

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7 normen in rom: hierarchien und Geltungssphären

Gegenstand der Diskussion und damit einer Kritik war, während umgekehrt das verfahren einer losung als solches keinen positiven Wert an sich gehabt zu haben scheint. Bei der Untersuchung zum sakralrecht wurde deutlich, dass die Entscheidung über religiös-politische spielregeln nicht allein den Priestern oder auguren oblag; ihre Gutachten bedurften immer einer Bestätigung durch den senat, was aber im normalfall auch erfolgte bzw. für eine Kassation von Gesetzen immer möglich blieb. Ebenso konnte sich der pontifex maximus zwar gegenüber Priester-Magistraten mit seinen restriktiven regelauslegungen inhaltlich durchsetzen, bedurfte aber auch der Bestätigung seitens der comitia. In allen Fällen ist also die Übertragung in die politische sphäre rechtlich notwendig gewesen. Dass diese aber sehr häufig erfolgte, zeigt die hohe Geltungskraft eines sakralrechtlichen arguments, dessen Wert in der politischen Debatte jedenfalls ein sehr hoher, nach Bestätigung durch den senat dann vielleicht der höchste war. Während bei der Übernahme eines sakralrechtlichen Entscheids der auguren durch einen senatsbeschluss die Debatten im senat oder zumindest mit ihm geführt wurden, stand bei den eher einem Prozess nachgebildeten auseinandersetzungen zwischen Pontifex maximus und flamines dagegen die volksversammlung als Entscheidungsinstanz im Mittelpunkt. Inwieweit diese hier wirklich freies Ermessen hatte, muss allerdings offen bleiben, denn zumindest in der hauptstreitfrage wurde immer der Position des Priesters gefolgt. Bei der Untersuchung der Triumphzüge schließlich setzt sich dieses Bild fort: Die volksversammlung musste regelmäßig einen senatsentscheid über einen triumph bestätigen bzw. konnte selbst einen Beschluss fassen. Die vorentscheidung über die vergabe traf der senat dagegen weitgehend ad hoc (oder ad personam), er wog ab, inwieweit bestimmte Kriterien erfüllt waren oder nicht. Das system scheint dabei flexibel genug gewesen zu sein, so dass es nur wenige ausnahmen gegeben hat, welche dann aber auch nicht verhindert werden konnten. Die volksversammlung erscheint damit durchgehend als die Instanz im hintergrund, die im zweifelsfall eine senatsentscheidung bestätigen musste oder konnte, im Konfliktfall aber auch einen anderen Beschluss fassen und damit die senatsentscheidung überstimmen, einen Kandidaten wählen, eine Provinz vergeben und einen triumph erlauben konnte. Mit hilfe der volksversammlungen wurden auch regeln geändert, d. h. normen positiviert, was anstelle einer flexiblen abwägung im senat zu einer präziseren Fassung von regeln führte, wie bei der lex Villia annalis von 180 oder dem Iterationsverbot 151. Dennoch steht bei der Diskussion und Entscheidung von Konfliktfällen der senat klar im zentrum, was wohl auch seiner eigenen auffassung entsprach – selbst wenn manchmal (wie 209 bei der Frage eines plebejischen curio maximus, vgl. 5.4) die konkrete Entscheidung an das volk verwiesen wurde, bedeutet doch dieses verweisen eine gedachte Metazuständigkeit. Umgekehrt bilden die insgesamt nur wenigen Fälle einer handlung ohne oder gegen den senat, wie die versuchte Kandidatur 184 oder die triumphzüge iussu populi, eher die ausnahmen, die die regel bestätigen. Dabei ist auffällig, dass die Konfliktfälle in der überwiegenden Mehrzahl als Einzelfälle entschieden wurden und nicht der abstrakte Konflikt gleich für die zukunft mit geregelt wurde: Dies gilt bei der Frage, wann und wie Kriterien für einen triumph erfüllt

7.2 Eine Metaregel in der römischen republik?

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werden, ebenso 200 bei der Entscheidung, ob bei einer triumphdebatte auf einen Konsul gewartet werden soll, sowie bei den Fragen nach den Pflichten der flamines. spannend wäre es an dieser stelle, die Rolle der magistrate und besonders der volkstribune genauer zu untersuchen, wobei ich mich hier aber auf ganz wenige Bemerkungen zu letzteren beschränke, sie als Institution in 7.2 dann erneut aufnehme. Die volkstribune verhalten sich bei den Wahlen 210 und vor allem bei den triumphdebatten als konservative normhüter gegenüber einem großzügigen senat (200 Duldung einer ovatio bei anfänglichem Protest, 198 verhinderung einer ovatio, 197 Durchsetzen der getrennten verhandlung für zwei heerführer), aber dann auch umgekehrt durch ihre anträge als treibende Kraft für Änderungen. hier wäre es allerdings nötig, die historizität der behandelten Fälle viel sorgfältiger zu prüfen, um dann im Einzelfall sehen zu können, wer genau, und vermutlich: in wessen auftrag oder Interesse, handelt bzw. bei welchem antiken autor die tribune wie behandelt werden. Dass z. B. wirklich einzelne volkstribune in den 190er Jahren die Prorogationen der Kommanden durchsetzen, ist eher fraglich, wird aber im Einzelfall schwer nachzuweisen sein.755 hingewiesen werden soll an dieser stelle nur noch auf die Besonderheit, gleich zehn amtsträger mit einem Widerspruchsinstrument auszustatten, ohne dessen häufige nicht-Wahrnehmung politisches leben zum stillstand kommen musste – dieser aspekt wird in den folgenden Punkten weiter ausgeführt unter den stichworten „negative powers,“ „abwesenheit von Widerspruch“ und „Disposition des nachgebens.“ 7.2 EInE MEtarEGEl In DEr rÖMIschEn rEPUBlIK? lässt man die behandelten Konflikte nicht nur in ihrem Ergebnis, sondern auch in ihrem ablauf noch einmal revue passieren, stellt man fest, dass die meisten Konflikte innerhalb der untersuchten Felder nicht durch den verweis auf eine höhere norm, sondern durch eine abwägung zwischen normen entschieden werden. hinzu kommt, dass manchmal das Ergebnis eines verfahrens (wie bei einer Wahl) wichtiger war, als etwaige Mängel der Kandidaten: nicht das lebensalter oder das vorherige amt sind per se (ge)wichtiger als die anwesenheit oder ein korrektes Prozedere, sondern die Wahl als solche ist entscheidend. Umgekehrt konnte die (verfahrens-)tatsache, dass ausgelost worden war, allein keine stärkere normative Gültigkeit aufweisen als der Wunsch, nun doch anders zu entscheiden. selbst in Fragen des sakralrechts deuten die zahlreichen Diskussionen darauf hin, dass eben nicht regeln „blind“ gefolgt, sondern im Einzelfall argumentiert und entschieden wurde. auch bei der triumphvergabe wurde flexibel abgewogen. Eine aussage, eine lex sei generell höher als mos oder ein senatsbeschluss aufzufassen, bleibt daher zu pauschal und zieht nicht in Betracht, dass ein senatsbeschluss eine losung und Provinzvergabe wieder ändern, dass ein Gesetz zur altersgrenze wieder 755 Kloft 1977, s. 37 z. B. sieht hier (mit einigen vorbehalten und in der Folge von toynbee) eine „administrative ‚antwort‘ (response) auf die Erfordernisse eines sich entwickelnden Weltreiches.“

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aufgehoben werden konnte. Ein Gesetz war also nicht unbedingt abstrakt stärker oder höher anzusehen als der verweis auf sitte oder tradition; entscheidend war vielmehr auch, wer und mit welchen argumenten darauf verwies. Ein Gesetz war vor allem anders, nämlich präziser, was bei Dissens z. B. eine kompliziertere und offensichtliche abweichung bedeutete. aber auch ein Gesetz konnte weiterhin umgangen, aufgehoben und abgeändert werden; man kann sogar behaupten, dass gerade die abstrakte Geltung des jeweils letzten Beschlusses einer versammlung die normative Kraft eines konkreten Beschlusses schwächte, der immer nur bis auf Widerruf galt.756 vielleicht muss hier das Element des „Momentanen“ besonders betont werden, denn während ein jüngeres Gesetz nicht per se ein älteres aufhob, wird dem gerade konstituierten volkswillen ein höheres Gewicht beigemessen, aber nur im momentanen Konflikt und nur solange, bis für den manifest gewordenen Beschluss dasselbe galt wie für alle Beschlüsse, nämlich die aufhebbarkeit eines jeden Beschlusses durch die versammlung.757 Überlegt man ex negativo, was eigentlich in allen Konfliktfällen nie in Frage stand, so ist es gerade diese Geltung des jeweils letzten volksbeschlusses, daran hat auch ein Eid, keinen antrag auf Änderung einzubringen, nichts geändert – anders mag es vielleicht mit impliziten Beschränkungen aussehen, wie mit einer möglichen (Wieder-)Einführung des Königtums, die ja jede weitere Entscheidungsmöglichkeit auch beendet hätte.758 Unklar bleibt, ob dies in 756 vgl. nur Mommsen str III, s. 361 f.; die Modernität einer solchen Konstruktion illustriert ein zitat von luhmann 1970, s. 197: „recht, das jeweils gilt, hat sein recht zu gelten daraus, daß es geändert werden könnte. aus der verfügbarkeit anderer Möglichkeiten ergibt sich erst die überzeugende Begründung für die jeweils gewählte norm. Wenn man die Bedingungen sinnvoller Änderung erfassen kann, kann man erklären, weshalb die gegenwärtig geltende Problemlösung unter den gegebenen Umständen bis auf weiteres die beste ist. Das recht gilt dann als momentan eingefrorene Präferenz.“ Gleichwohl resultiert genau hieraus das „aeternitätsparadoxon moderner verfassungsgebung“ (Graf 2006, s. 74); dies soll hier nicht weiter ausgeführt werden, vgl. für rom aber die übernächste anmerkung (758). 757 Die Problematik dieser struktur zeigt sich z. B. an Idee und Umsetzung einer Festlegung der Provinzen vor der Konsulwahl, wie in der lex Sempronia von 123 angedacht, siehe dazu vervaet 2006, s. 642. zu denken ist in diesem zusammenhang vielleicht auch an die Bestrafung eines Diebstahls oder des Ehebruchs in flagranti, bei welcher ebenfalls der momentane Eindruck zählte und die Idee eines noch vor-zuschaltenden verfahrens der römischen Gesellschaft sehr fremd gewesen wäre, vgl. für den Diebstahl nur Daube 1967, s. 1156 f. 758 hart 1994, s. 149 f. unterscheidet zwischen „continuing omnipotence“ und „self-embracing omnipotence.“ Die erste variante entspricht der modernen auffassung einer „souveränen“ Gesetzgebung, wie z. B. der „English doctrine of the sovereignty of Parliament,“ nach der ein Gesetzgeber auch die vorherige Gesetzgebung verändern kann, diese Änderungskompetenz allerdings der veränderung entzogen ist. Denkbar ist nach hart aber auch, als zweite Form, eine sich selbst umfassende allmacht, bei der dann allerdings gilt: it „can only be enjoyed once.“ Für die Eide der Magistrate auf die bestehenden Gesetze (iurare in leges) vgl. Mommsen str I, s. 620–622 oder Bleicken 1975, s. 226, für die Eide in Gesetzen selber zur sicherung ihrer Befolgung und nichtabschaffung vgl. ebenfalls Bleicken op. cit., s. 227–232 und siehe exemplarisch dazu anm. 435 in 5.3.2. Dabei bedeutet eine solche Maßnahme praktisch nur ein besonderes risiko für einen antragsteller im Fall des scheiterns einer Gesetzesänderung und keine Einschränkung der volksversammlung als Institution, da mit einem neuen Gesetz auch die alte schutzklausel hinfällig wäre, so jedenfalls cic. att. 3,23,2: sed cum lex abro-

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gleichem Maße für das concilium plebis gilt; die Diskussion über die Wiederwahl der volkstribune (3.4.1.c.β) sowie die verschiedenen sonderrollen der Patrizier noch in der späten republik sprechen jedenfalls dagegen. Ein weiteres Beispiel für tiefliegende struktur- oder Grundprinzipien ist die annuität, die, obwohl sie durch Kontinuation verschiedener Ämter oder sogar desselben amtes (wie bei Marius) umgangen und vielleicht geschwächt wurde, nie wirklich in Frage stand. Gerade die offensichtlich nötigen Wiederwahlen von Marius bezeugen eben die Gültigkeit gatur, illud ipsum abrogatur, quo non eam abrogari oporteat. In rom hat also klar die variante einer „continuing omnipotence“ gegolten, wie nicht nur der bei livius überlieferte, sondern auch im rahmen dieser Untersuchung herausgearbeitete Grundsatz der jeweils letzten Entscheidung des volkes zeigt, vgl. Mommsen 1907, s. 254 und weiter im text. anders Ducos 1984, s. 146 f., s. 151, nach der die römer an ihre Gesetze gebunden waren, da Gesetze gegenüber dem volkswillen eine lʼautorité supérieure (s. 147) besessen hätten; eine Einschätzung, die ich nicht teilen kann, vgl. gegen jede Form eines „Gesetzespositivismus“ der römer auch honsell 1982, s. 145 ff. Dennoch bleibt es mit Fögen 2005, s. 61 merkwürdig, „dass bereits die erste Gesetzgebung der römer eine vorkehrung für den Fall ihrer eigenen abschaffung durch spätere Gesetze getroffen haben soll,“ vgl. für ihre skepsis gegenüber den zwölftafeln generell 3.6. an dem Befund einer solchen Grundregel ändert dies aber nichts. Der Punkt ist, dass die „continuing sovereignty“ wohl auch die Grundstruktur von senat – Magistratur – volksversammlung voraussetzte und diese damit, wenn auch vielleicht nicht rechtssystematisch (siehe aber weiter unten), so doch faktisch einer abschaffung entzog, vgl. Badian 1984b, s. 399 und siehe auch Jehne 2005b, s. 140. schon bei Mommsen 1907, s. 252 wird die rechtsordnung als „nicht durch die comitien geschaffen“ und damit „auch nicht als von ihrem Belieben abhängig, vielmehr als ewig und unabänderlich“ betrachtet, woran sich aber anschließt, dass diese Ewigkeit „ein Ideal oder eine Fiction“ war, neuerungen statthaft schienen und nur „generelle und fundamentale Umgestaltung ausgeschlossen blieb“ (s. 253 f.). nicht eingegangen wird hier auf vorstellungen von leges sacratae zur sicherung plebejischer Einrichtungen oder gar einer lex publica sacrata für den Übergang vom Königtum zum Konsulat, vgl. für beides die Bemerkungen von Bleicken 1975, s. 88–90, bes. anm. 10. nach Bleicken bedeutet umgekehrt eine lex publica allgemein durch die Übernahme einer vielleicht privaten oder sakralen Gewohnheit hinein in den öffentlich-rechtlichen Bereich eine „außergewöhnliche verdichtung der ‚staatlichkeit‘“ und damit eine Erweiterung des politischen rahmens, da nun nicht mehr nur Politik innerhalb einer Ordnung, sondern auch zur Änderung der Ordnung betrieben werden konnte (s. 98, s. 220 f.). Die Frage nach den Grenzen von veränderbarkeit aber bleibt; m. E. wird man letztlich für die römische Ordnung verallgemeinern müssen, was von Jhering 1894, s. 267 über die tribunizische Gewalt schreibt: „Die stillschweigende Bedingung für die ausübung aller jener Befugnisse ist das Dasein der voraussetzungen, welche ihre Gebrauch rechtfertigen.“ Ähnlich im Ergebnis übrigens Bleicken op. cit., s. 338–347 der den schutz der Grundordnung nicht in irgendwelchen speziellen oder generellen Klauseln (mit Bezug auf sacrum sanctum oder ius allgemein), sondern schlicht im Bewusstsein der römer sieht; das verbot des regnum nennt er beispielsweise „eine bewußte Grundnorm.“ rechtssystematisch (nun doch) könnte man mit häberle 1986 von einer „ungeschriebenen Identitätsgarantie“ sprechen. Bezeichnend ist, dass häberle zu Folge im Gegensatz zu vielen anderen staaten die schweiz heutzutage auf Grund ihrer „verfassungskultur“ keinerlei Bedürfnis nach einer ausdrücklichen „Ewigkeitsklausel“ habe (s. 83, s. 95). Eine solche Figur der „verfassungskultur“ kann man sicher auch auf die römische republik übertragen und diese arbeit trägt dieser Problematik insofern rechnung, als neben regeln und Prinzipien auch noch von vielleicht bewussten, aber nicht diskutierten oder in Frage stehenden Grund- und strukturprinzipien gesprochen wird, vgl. exemplarisch dazu die nächste anmerkung. Das hier aufgeworfene Problem reicht thematisch zurück bis zur Diskussion der konstitutiven regeln in 2.3 (anm. 67).

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dieser Idee, die (zusammen mit der Kollegialität) zu recht als ein fundamentales strukturprinzip der römischen republik gelten darf; Gleiches gilt sogar noch für die zehnjährige Diktatur caesars, welche immer nach einem Jahr niedergelegt und dann wieder aufgenommen werden sollte – im Umkehrschluss zeigt sich dann, was für einen Bruch mit der überkommenden Ordnung caesars dictatura perpetua bedeutete.759 Ein hierarchisches Muster verschiedener normen ergibt sich erst, wenn man die bisher immer nur en passant erwähnten Institutionen-bezogenen normen und das verhältnis der Institutionen zueinander betrachtet. Dann fällt auf, dass der senat auch gegen Kriterien oder tradition frei entscheiden konnte; dass volkstribune überall mit einem veto drohen konnten; und vor allem, dass es zwei rekurse mit durchschlagender Wirkung gab: zum einen den verweis auf die hoheit des populus Romanus bzw. auf einen Beschluss einer der comitia Romana und zum anderen den verweis auf die göttliche Ordnung bzw. das, was hier als sakralrecht bezeichnet worden ist. Betrachtet man zunächst den volksbeschluss, so ist zu fragen, ob die tatsache, dass jeder senatsbeschluss aufgehoben werden konnte, mit dem Begriff normenhierarchie adäquat bezeichnet wird. Da ja keine materiell zu bestimmenden normen vorliegen, müsste präziser von einer Institutionenhierarchie gesprochen werden. Dies würde aber reichen, um in dem satz quodcumque postremum populus iussisset, id ius ratumque esset (mit Hart gesprochen) eine mögliche rule of recognition für die römische republik zu sehen, in dem sinne, dass im Konfliktfall eine volksversammlung entscheiden konnte.760 Mögliche hinweise auf die proze759 vgl. für die annuität als „Grundprinzip“ der Ämterbesetzung nur Beck 2005a, s. 50 und s. 106. vgl. für die Kollegialität nur Kunkel/Wittmann 1995, s. 9 anm. 15: „Daß im J. 52 Pompeius und im J. 45 cäsar als Konsuln sine collega gewählt wurden, gehört zu den deutlichsten anzeichen für den zusammenbruch der republikanischen verfassung.“ Für caesars „reservierung einer reihe von zehn aufeinanderfolgenden Jahresdiktaturen,“ welche noch die alte rechtsstruktur wahrte und sich von sullas souveräner Diktatur abgrenzte, siehe vor allem heuss rG, s. 213; für die dictatura perpetua siehe Jehne 1987, s. 32–38, hier s. 38: „Die dictatura perpetua signalisierte die dauerhafte Umformung [der res publica, c.l.] in ein autokratisches system,“ sowie noch zugespitzter Jehne 1997, s. 114: „Die Übernahme der lebenslänglichen Dictatur kam einer förmlichen Proklamation der Monarchie und damit des Endes der republik gleich.“ Ähnlich dann Dahlheim 2005, s. 239 f. Man kann vielleicht sagen, dass caesar hier zum spielverderber wurde (vgl. anm. 67 in 2.3). – zu prüfen bliebe generell für die Frage nach Grund- und strukturnormen die these von Magdelain 1964, der „la loi curiate des magistrats“ im sinne eines „loi dʼinvestiture“ auffasst und vom „pièce maîtresse du régime républicain“ spricht (s. 309). nach einer Wahl wäre demnach für die wirkliche Übernahme von amtsgewalt noch eine zweifache Investitur nötig, eine sakral(rechtlich)e durch die erste aufnahme von auspizien und eine zivile durch einen Beschluss der comitia curiata. letzterer übertrage nicht nur die amtsgewalt sondern auch „republikanische Ordnungsbegrenzungen“ („…une investiture par les curies, qui enferme le magistrat dans les restrictions constitutionnelle. Pour sauvegarder la liberté républicaine…“), wie gerade die annuität, die schlicht zu den inhärenten Modalitäten eines amtes dazugehöre (s. 310). Wie eingangs unter 3.2 erwähnt, ist diese Konzeption nicht unumstritten, siehe dazu stasse 2005, s. 383, s. 390, s. 397, der selber in der lex curiata nur ein „surplus de légitimté“ sehen will (s. 400). 760 vgl. für diesen angeblichen satz aus den XII-tafeln liv. 7,17,12 f. sowie anm. 318 in 3.6. Es geht bei der Frage einer normenhierarchie ausschließlich um den Konfliktfall. Dass der senat politisch in vielem die Initiative hatte und umgekehrt auch ohne jeden Konflikt etwas der ver-

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durale abhängigkeit der versammlung von einem versammlungsleiter, die nur geringe rolle des volkes in der volksversammlung oder Ähnliches tangieren dieses Ergebnis nicht. Der treffende Einwand dagegen liegt darin, dass auch eine römische volksversammlung nicht über „alles“ bestimmen konnte, jedenfalls schlicht nicht „alles“ bestimmte. Damit sind an dieser stelle nicht zuerst eine (rechtlich nicht präzise zu fassende, obgleich starke) Bindung an tradition und Gewohnheit im sinne gewisser konstitutiver Überzeugungen, die jede Gesellschaft hat, oder ein im Diskurs limitierter Denkhorizont gemeint. stattdessen ist einerseits auf die starke rechtliche stellung des pater familias und andererseits auf sakralrechtliche normen hinzuweisen, welche beide jeweils eigene Geltungssphären konstituierten.761 auf den ersten Punkt ist in dieser Untersuchung nicht ausführlich eingegangen worden. Die Fälle von c. servilius 203 mit dem Problem des amtes seines vaters (auch mit dem verweis auf Flaminius 232, vgl. für beide 3.4.1.c.α) und der sortitio von Q. servilius 419 (vgl. 4.2) haben aber die normative Kraft der patria potestas gezeigt; umgekehrt wurde von einem Konsul erwartet, dass er seinen pater familias vom Pferd absteigen und sich als Magistrat respekt erweisen ließ.762 Die Geltungssphäre der patria potestas ist somit dem zwischen senat und volksversammlung gespannten rechtlichen Kräfteverhältnis nicht über- oder unter-, sondern nebengeordnet.763 sammlung vorlegen konnte – und sei es, um sich durch eine doppelte Bestätigung und dadurch größere legitimität abzusichern –, steht dem nicht entgegen. auch zweifel an dem satz als Bestandteil der zwölftafeln (wie von Kunkel 1971, s. 369 und Fögen 2005, vgl. ebenfalls 3.6), sind hier nicht relevant. 761 hinzu kommt die rolle der Magistratur insgesamt und die von auspizien im besonderen, auf die bes. Badian 1996, s. 209 hingewiesen hat, was aber beides hier nicht weiter ausgeführt werden kann. vgl. für eine mögliche argumentationsrichtung die Bemerkungen zu Magdelain 1964 in der vorletzten anmerkung (759). 762 val. Max. 2,2,4; Gell. 2,2,13. allerdings stellt Gellius diese Episode gerade dem Gespräch des statthalters von Kreta und seinem vater bei dem Philosophen taurus in athen gegenüber, in dem zuerst dem vater und dann dem amtsträger ein stuhl gebracht wird (2,2,1–11), was erklärt wird mit der Unterscheidung des verhältnisses der beiden in öffentlichen angelegenheiten einerseits (2,2,9) und einem Besuch, der als privata actio klassifiziert ist, andererseits (2,2,10); dies wäre eine mögliche systematisierung, da die rechte des vaters zwar generell in den hintergrund treten, aber nicht extra rem publicam in domestica re atque vita (2,2,9); siehe dafür auch die folgende anmerkung. 763 vgl. für den pater familias und seine patria potestas Martin 2002a, s. 18 ff., für den die patres die res publica gleichsam als agenten repräsentieren; hier bes. s. 19: „alle patres besitzen gleiche potestas und sind sui iuris. Gegenüber ihrer jeweiligen familia repräsentieren sie die res publica und umgekehrt gegenüber dieser die familia. In die einzelnen familiae kann weder von Magistraten noch von anderen patres hineinregiert werden. Man könnte also den pater familias als einen Magistrat verstehen, dessen amtsbereich (provincia) die familia ist.“ zweck ist nach Martin die „gesellschaftlich-politische zuverlässigkeit von Gewaltunterworfenen zu garantieren“ (s. 20). zu denken wäre in diesem zusammenhang an die tötung des spurius cassius durch dessen vater, nachdem jener versucht hatte, König zu werden, vgl. Plin. n.h. 34,15, sowie mit m. w. v. linke 2006, s. 82 und anm. 46. siehe zur thematik generell ebenfalls linke 2006, s. 74 ff., der die Besonderheit nicht allein in der starken stellung des pater familias sieht, sondern darin, dass die stellung im öffentlichen raum zum tragen kam, z. B. in der „fast hoheitlich zu nennenden Qualität,“ durch Freilassungen die Gemeinde der Bürger zu ver-

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7 normen in rom: hierarchien und Geltungssphären größern (s. 79). nach linke steht die ausübung der patria potestas in dezentralen herrschaftsverbänden der nur geringen staatlichen Organisation komplementär gegenüber; die im engeren sozialen Umfeld autonome stellung der patres familias ist nach ihm ein Kernelement des Kompromisses im verlaufe des ständeausgleichs gewesen, welcher die breite militärische Partizipation und damit Integration weiter Bevölkerungsteile (später auch Besiegter) sicherte (s. 85–89). Für die prägende rolle der väter vgl. thomas 1996, der von den „väter[n] als Bürger in einer stadt der väter“ spricht, siehe dazu mehr in 8.1. Kernthema und -problem einer auseinandersetzung mit der patria potestas bildet deren absolute Gewalt über die söhne, bis hin zur verfügung über leben und tod in der vitae necisque potestas. hier ist sicherlich zu trennen zwischen „prinzipiellem recht“ und sozialer realität: hölkeskamp hat 2004c, s. 122– 130 in seinen abschnitten „the letter of the law“ und „rules and realities“ auf die Diskrepanz zwischen vermeintlichen, althergebrachten aber nicht mehr ausgeübten rechten eines Familienpatriarchen auf der einen seite und sozialer Praxis und Konventionen sowie schlicht demographischen Gründen auf der anderen seite hingewiesen. In eine ähnliche richtung geht schon harris 1986, s. 88 f., der ein etwaiges tötungsrecht angesichts der nur ganz wenigen Fälle eher im sinne einer legende als eines juristischen tatbestandes versteht, welche aber durchaus wirkmächtig und vorteilhaft gewesen sei, erstens für die herrschaft des senats insgesamt, zweitens für die etwaige Bestrafung devianter abweichler ohne klaren tatbestand und drittens für die ruhmvolle Möglichkeit, die Belange des staates über die Bindung an eigene Kinder zu stellen. neben eher rechtssoziologischen Fragen nach etwaigen auswirkungen eines nur latent vorhanden Konzeptes bleibt aus rechtstheoretischer sicht die absolutheit einer solchen Macht festzuhalten, da es sich nicht um eine strafe (mit einem tatbestand vor der rechtsfolge), sondern um ein voraussetzungsloses vermögen des vaters handelt, vgl. generell thomas 1984, hier bes. s. 526: „la patria potestas […] est une puissance pleine et entière;“ 1990, s. 449 spricht er von „une sorte de souveraineté primordiale.“ hier sind Konflikte zwischen vätern und ihren söhnen als Magistraten oder, abstrakt gesprochen, mit einer „öffentlich-rechtlichen sphäre“ denkbar; vgl. weiter thomas 1984, s. 528: „Il faudrait ici ouvrir tout un chapitre sur le contenu politique de la patria potestas : la vitae necisque potestas ne peut sʼinterpréter en dehors dʼun droit paternel que est public autant quʼil est privé, et qui transcende les division de la pensée juridique moderne.“ hinzu kommt noch die nach thomas 1990 nicht hiermit zu verwechselnde generelle „jurisdiction domestique“ innerhalb der Familie, bei der teilweise in Form einberufener consilia eine art verbindung zur Gemeinschaft hergestellt wurde (vgl. bes. s. 464–473); für die rechtliche situation (in) einer römischen Familie vgl. auch harders 2008, s. 71–86. alle diese Beobachtungen stützen meine vorstellung verschiedener, aber nicht trennscharfer rechtssphären; offen bleibt die Frage nach einem etwaigen rangverhältnis. Im hinblick auf die in dieser arbeit diskutierten Konfliktfälle zwischen vätern und Magistraten hält Martin 2002b es „für wahrscheinlich, daß das verhältnis zwischen beiden Gewalten nie systematisch reflektiert wurde.“ Die Frage ist, was eine systematische reflexion bedeutet, denn die Konfliktfälle bzw. vorschriften bezüglich des amtes des vaters für eine Wahl machen ein Bewusstsein zumindest für potentielle Konflikte deutlich, und der (wohl fiktive) Fall von c. Flaminius taucht bei cicero (inv. 2,52) gerade als rhetorischer lehrfall auf. Die in der letzten anmerkung erwähnte stelle von aulus Gellius bietet ebenfalls eine mögliche systematisierung, allerdings anhand der Unterscheidungslinie öffentlich – privat, was über den Konfliktfall im öffentlichen Bereich nichts sagt bzw. einen klaren vorrang des Magistrats suggeriert, der dem Ergebnis der hier untersuchten Konfliktfällen klar zuwiderläuft. Kunkel/Wittmann 1995, s. 571 lesen dennoch aus Gell. 2,2,13 einen generellen vorrang aller magistratischen potestates vor der patria potestas heraus; fraglich ist dann aber, wieso sie (s. 49 anm. 51 und s. 566 anm. 47) der these von aymard über einen möglichen Konflikt zwischen der patria potestas und der tribunicia potestas folgen (vgl. 3.4.1.b). M. E. ist, und dies mag gegen eine systematik sprechen, schlicht keine Entscheidung getroffen worden über ein rangverhältnis zweier verschiedener Geltungssphären, vgl. dazu weiter die ausführungen zum sakralrecht im text. siehe für die grundsätzliche Unterscheidung der beiden sphären privatus/domus und publicus/res publica, gerade im Kontrast zu den sich verändernden auffassung in der späten republik und

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Ebenso kann man für das sakralrecht argumentieren: Die Fälle haben zwar gezeigt, wie stark man bereit war, einem argument aus dieser rechtssphäre zu folgen, aber eben auch, dass ein sakralrechtlicher verstoß per se zunächst nur in der sakralen sphäre galt und erst durch einen senatsbeschluss in den teil des römischen ius publicum übersetzt werden musste, den wir heute als öffentlich-rechtlichen Bereich bezeichneten. Erinnert sei an die Befragung der auguren in einer contio (bei cic. dom. 39 f.; har. resp. 48), nach der caesars Gesetze aus sakralrechtlicher sicht ungültig sind, aber ohne Beschluss des senats weiterhin Bestand haben. Ähnliches galt auch für die rechtsprechung eines Prätors an einem tag, der nefas war, und auch für die Wahl eines Magistrats trotz eines omen: Beide hatten zunächst einmal Bestand.764 Die Konstatierung eines regelbruchs im sakralrecht hat so lange keine direkte Konsequenz, wie der Befund nicht von der weltlichrechtlichen sphäre (i. s. eines re-entry) übernommen, die Entscheidung damit ein senatsbeschluss wird. Diese Beobachtung zeigt klar, dass das sakralrecht als solches nicht als ein höheres oder gar höchstes recht angesehen werden kann, etwa im sinne einer regelgewichtung (oder eines allgemeinen vorranges wie in art. 31 GG), sondern dass man vielmehr von einer sakralen Geltungssphäre ausgehen muss, die neben den Geltungssphären des pater familias einerseits und der Beschlüsse von senat oder volksversammlung andererseits lag.765 dem Prinzipat, Winterling 2005, bes. s. 223–226. – Wie eingangs erwähnt, hätte man für ein eigenes Kapitel zur Geltungssphäre der Familie oder auch nur der patria potestas weitere Konfliktfälle hinzunehmen müssen, umgekehrt wäre eine inhaltliche Entfaltung dieses Feldes der patres familias in Beziehung zu ihren söhnen, ihren Familien, untereinander und damit zur res publica allgemein eine eigene studie wert. 764 vgl. varro ling. 6,30; hier gilt mit linderski 1986, s. 2165 anm. 54: „a vitiated act was nevertheless a valid act.“ Während sich der Prätor selbst entsühnen musste, treten die Magistrate in den untersuchten Fällen immer zurück, was damit erklärt wurde, dass eine potentielle Ungültigkeit einer ganzen amtszeit kaum rückgängig zu machen und daher nicht hinnehmbar wäre. Bei einzelnen Maßnahmen wie Gesetzesvorschlägen sah die Bereitschaft, einen möglichen Konflikt mit sakralen vorschriften zunächst erst einmal auszuhalten, dagegen anders aus, vgl. 5.2 und 5.3.2. – zu denken ist auch an liv. 42,3, wo 173 die frevelhafte (sacrilegium) abdeckung des tempels der Juno lacinia in Bruttium durch den zensor Q. Fulvius Flaccus vom senat gerügt wird: Man wirft Fulvius vor, dass er das römische volk durch seine Baumaßnahmen in religiöse schuld verstricke (obstringere religione populum Romanum ruinis templorum templa aedificantem [42,3,9]) und ordnet daher sühneopfer sowie die rückführung der Dachziegel an – alles, ohne dass eine der Priesterschaften dabei involviert gewesen wäre. 765 Denkbar wäre umgekehrt auch eine Unterordnung des sakralrechts; heuss 1978, s. 82 hat betont, dass der römische staat in der „handhabung des sacrum die Führung hat.“ zu recht weist schon Madvig 1882, s. 597 f. auf die rolle des volkes für die Einrichtung oder Änderung von Kulten, Festen oder Priesterschaften hin. Es ist allerdings zu unterscheiden zwischen der tatsache, dass die römische Gesellschaft nicht von gleichsam fremden religiösen regeln beherrscht wurde, sondern diese regeln selbst gestaltet und bei Konsens geändert werden konnten, und dem jeweiligen rekurs auf sakralrecht im Konfliktfall, der als argument kaum zu entkräften war. – letztlich berührt eine solche suche nach dem höchsten recht mit generellen vorrang das immerwährende Problem der souveränität. Bezeichnend sind an dieser stelle die ausführungen von Mommsen str III, s. 358–368, der der souveränen Macht der Gemeinde (s. 358, s. 360) unterstellt, dass sie „wohl Unrecht thun kann, aber niemals Unrecht thut“ (s. 362), und weiter schreibt: „Dass es in historischer zeit keinen geordneten rechtsweg gab,

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Für die Behauptung einer Institutionenhierarchie müsste eine rule of recognition daher lauten: Die volksversammlung kann sich mit ihrer unbegrenzten Beschlussfähigkeit über jeden Entscheid und jede Empfehlung des senats hinwegsetzen, solange dabei nicht Grenzen des sakralen rechts verletzt werden, was es dem senat, nach Konsultierung von spezialisten, erlaubt, seinerseits wieder den Beschluss der volksversammlung aufzuheben.766 Dies scheint auf den ersten Blick ein unsauberes verhältnis zu sein, was in eine art schleife mündet; genau dies ist aber so zunächst zu konstatieren und sollte Grundlage der weiteren Interpretation werden. anstelle eines systematisierungsversuches auf dieser Ebene sollen gerade die herausgearbeiteten verschränkungen ausgangspunkt der weiteren Überlegungen sein. zusätzlich darf angemerkt werden, dass selbst heutzutage rechtsverhältnisse, so sie grundsätzliche Ordnungsstrukturen betreffen, selten völlig klar und widerspruchsfrei sind.767 Das verfassungsrecht in rom ist nach diesen ausführungen um, wenn einem volksschluss die Gültigkeit bestritten ward, diese Frage zu entscheiden, führte zu einem theoretisch üblen und praktisch verderblichen Dilemma“ (s. 363). Gelöst wird dieses Dilemma nach Mommsen dadurch, dass „die des formellen rechtsgrunds entbehrende, aber thatsächlich massgebende nomophylakie des patricisch-plebejischen senats, in gewissem sinn eine Fortsetzung oder Wiederaufnahme der alten patrum auctoritas, für die Gültigkeit oder Ungültigkeit der volksbeschlüsse die letzte Instanz gebildet“ hat (s. 367); siehe zu dieser Problematik auch nippel 2005, s. 58 anm. 189 und für den letzten Gedanken auch die nächste anmerkung. In der sache ähnlich nur vordergründig präzise bleibt heuss 1963, s. 199, der davon spricht, dass „das objektive staatsrecht die souveränität des volkes formal anerkannte.“ Dass hier souveränität definiert werden müsste, hat bereits Meier rPa, s. 118 gefordert, vgl. auch die kritischen Bemerkungen zu diesem für die antike fremden Konzept von Badian 1984b, s. 397–402. siehe zu souveränität und volksversammlungen bei Mommsen Behrends 1987, s. 64–68 und Jehne 2005b, s. 134–149. Wenn es bei von lübtow 1955, s. 475 dann heißt: „souverän ist allein der populus Romanus, die volkseinheit, bestehend aus senat, Magistratur und den Bürgern der jetzigen, früheren und künftigen Generationen,“ wird das Problem, innerhalb der öffentlich-rechtlichen Ordnung eine Entscheidungshierarchie auszumachen, auch nicht gelöst. Mein vorschlag ist stattdessen ein Modell mit verschiedenen Geltungssphären, vgl. dazu weiter im text. 766 Meiner ansicht nach müsste durchaus erneut überlegt werden, ob dies nicht doch dem aus früherer zeit unter dem stichwort auctoritas patrum bekannten Phänomen (vgl. 3.2 mit dem verweis auf cic. Brut. 55 nach der Wahl 298) eines vorbehalts entspricht. so (wie gerade erwähnt) Mommsen str III, s. 367 f. und m. E. im Ergebnis auch Giovannini 1985, s. 35; dezidiert anders Burckhardt 1988, s. 233, wobei seine trennung von inhaltlichem vorbehalt (bei der auctoritas patrum) und formaler Prüfung (bei dem sakralrecht) dem charakter einer Übereinstimmung einer regel mit dem ius sacrum nicht gerecht wird. selbst wenn, was man bezweifeln könnte, das sakralrecht dem senat keine generelle „Kontrollbefugnis“ bot, war es mitnichten auf einen rein formellen Prüfungsaspekt beschränkt, sondern eben auch materielle Grenze für veränderungen. siehe für einen Forschungsüberblick zu dieser Frage heikkilä 1993, s. 119, für die auctoritas patrum Giovannini 1985 und Graeber 2001, für die senatorische Kassation Bleicken 1975, s. 463–473 (vgl. anm. 432 in 5.3.2) sowie für die Behandlung des Problems bei Mommsen und die spannungslage zwischen juristischer und historischer Konzeption hölkeskamp 2005, s. 95–108. 767 Erinnert sei an den zitierten Fall Harris vs. Dönges (anm. 54 in 2.2), bei der Frage nach der Kompetenz für Änderungen der Änderungsregeln würde sich auch in rom eine solche schleife bilden, da zwar eine volksversammlung eine Änderung gegen den senat hätte durchsetzen können, dieser aber auch die Gültigkeit einer Meta-Entscheidung über die Änderungsbefugnis

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kein reines vormodernes recht, sondern weist durchaus formalisierte verfahren und abläufe auf, nach denen Beschlüsse gefasst werden, die dann als „korrekt“ oder „geltend“ angesehen werden können – nur gibt es dafür eben nicht nur eine Instanz, sondern verschiedene Möglichkeiten.768 Die römische verfassung ist davon gekennzeichnet, dass es nicht nur verschiedene rechtsformen wie tradition, exempla und kodifizierte leges gibt, sondern dass vor allem verschiedene rechtsebenen nebeneinander stehen, zumindest sind neben einem Kernbereich dessen, was modern gesprochen Öffentliches recht heißt noch die sphären des pater familias sowie des sakralrechts zu nennen. Diese rechtsebenen oder -sphären stehen dabei nicht nur ohne klare rangfolge nebeneinander, sondern sind vor allem auch nicht trennscharf; sie bilden zusammen, mit Unger gesprochen, einen typus zwischen customary law und regulatory law.769 letztlich wieder in Frage hätte stellen können. Für eine unklare Institutionenhierarchie kann man des Weiteren festhalten, dass das verhältnis in rom mit verschiedenen normativen Geltungssphären nicht weniger klar war, als es heutzutage das komplizierte verhältnis zwischen EuGh und BverfG ist, in welchem das BverfG dem EuGh durchaus einen vorrang einräumt, so lange eben nicht „elementare Grundwerte und Prinzipien“ des GG verletzt werden, was wiederum nur das BverfG feststellen kann, vgl. nur die sog. solange-I- und -II-Beschlüsse des BverfG (BverfGE 37 [271 ff.] und 73 [339 ff.]) sowie die „lissabon-Entscheidung“ vom 30.6.2009 (BverfGE 123 [267 ff.]), welche die schwierigkeiten zeigen, zwei prinzipiell souveräne Gebilde zu verbinden; siehe dazu z. B. Kadelbach 1999, s. 23–38 und vgl. allgemein die Bemerkung in anm. 54 in 2.2. Für hinweise zu diesem Punkt bedanke ich mich bei horst Dreier. – Dass (und inwiefern) ein realistisches Bild moderner verfassungen mit ihren Widersprüchen und Interpretationsmöglichkeiten für die Beschäftigung auch mit der römischen verfassung hilfreich ist, findet sich treffend bei Grziwotz 1985, s. 343 ff. und s. 348. 768 Es gibt also nur bedingt den von hart 1994, s. 93 als Kennzeichen einer pre-legal world festgestellten „lack of final and authoritative determination of deviation,“ sondern mehrere Institutionen, von denen evtl. aber einige gleichzeitig oder auch gar keine tätig wird. schwierig wird es, wenn gerade die Instanz einer Geltungssphäre „eigentlich“ gegen regeln verstößt, die sonst einen solchen verstoß überhaupt erst anzeigen und damit konstituieren kann, wie im Fall des pontifex maximus 131, oder wenn offenbar nicht die richtige Instanz auf den verstoß hinweist, wie 171 (vgl. für beide Fälle 5.5). 769 Unger 1976, s. 51 ff. selbst stellt bereits für seine Beispiele des Islam, des hinduismus und des römischen ius civile gegenüber einem pontifikalen fas eine doppelte Begrenzung fest, nämlich auf der einen seite von „custom“ und auf der anderen von „sacred law.“ M. E. passt diese Beschreibung aber noch besser für den Bereich des römischen staatsrechts; neben den hier diskutierten Fällen sind viele weitere zu nennen, welche die verwobenheit gerade von öffentlichem recht und religion zeigen, vgl. nur rawson 1974. Generell betrachtet Unger die griechischrömische variante als einen sonderfall zwischen einer ablehnung (wie in china) und einer akzeptanz (wie in Westeuropa heute) der rule of law, von welcher es nach Unger zumindest Elemente in rom gab, gerade in der republik mit dem aufkommen der Juristen (s. 120–126); siehe für diesen letzten aspekt auch Moatti 1997, s. 186: „Dans cet ‚horizon dʼincertitude,‘ qui est le propre dʼune jurisprudence laïque et personnalisée, le débat, la contradiction deviennent ainsi une part intégrante de la science juridique, au point que lʼinterprétation des prudents a pris le nom de ius controversum.“ vgl. in dieser richtung auch coudry 2004, s. 169, die für die zeit unter tiberius festhält: „lʼhistoire de la législation somptuaire constitue donc un cas, unique à rome à notre connaissance, dʼécart croissant, et finalement de quasi-rupture, entre la société et la loi.“ Dass recht durch bewusste setzung zustande kommt, ist jedenfalls nicht erst ein resultat der Krise der Ordnung im 16. Jahrhundert, die Grimm 2001, s. 13–17 als Ur-

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Ein solches „unsauberes“ verhältnis verschiedener Potenzen zueinander wiederholt sich in rom eine Ebene tiefer bei der Institution des volkstribunats. so bleibt beispielsweise unsicher, ob die Behauptung der annalistischen Geschichtsschreibung, ein tribunizisches veto könne nicht gegen einen Diktator benutzt werden, wirklich i. s. eines normativen rangverhältnisses aufzufassen ist, oder ob ein solcher Fall schlicht nicht vorkam, da der meist im Feld eingesetzte Diktator und der im Bereich domi agierende tribun zwei unverbundene, eigene Wirkungskreise besetzten.770 nicht geregelt erscheint (im livianischen rückblick) auch das verhältnis von Diktator und volkstribunen im direkten Konflikt: 385 wagen es volkstribune nicht, gegen die Gewalt (vis) des Diktators vorzugehen, wohingegen sie einen anderen Diktator 363 zum rücktritt zwingen können – hier werden statt sprung der Politisierung des rechts beschreibt. – Dieses Modell dreier rechtssphären ist nicht gleichzusetzen mit verschiedenen rechtsschichten im ius civile, eher mit der Konstruktion von ruhenden und verdrängen rechten, vgl. dazu die Bemerkungen in 1.2; auch ein teilweise verschränktes nebeneinander von recht und sitte, wie beispielsweise bei Kasers „rechtswidrigkeit und sittenwidrigkeit“ (Kaser 1940), ist nicht mit diesem engeren Modell dreier rechtssphären für die „staatsordnung“ der res publica identisch. Umgekehrt beschränkt sich das Phänomen verschiedener rechtssphären generell natürlich nicht auf die römische republik, gerade was das verhältnis von recht und religion als den „beiden großen gesellschaftlich-normativen steuerungsmitteln schon vor dem Entstehen von herrschaft und staat“ betrifft, „die das zusammenleben von Menschen – ordnend, sinngebend und befriedend – möglich machen“ so Barta 2008, s. 11, der beide als „nomologisches Wissen“ und ursprünglich als „teile einer einheitlichen normmasse“ begreift, deren verbindung unterschiedlich stark und teilweise bis in die Gegenwart nicht völlig getrennt ist (s. 15 f.). hier wäre nicht nur etwa an islamische Gesellschaften zu denken, sondern ebenso an mehrere studien zum schwierigen und häufig ungeklärten verhältnis von recht und religion in der Geschichte der vereinigten staaten von amerika, u. a. mit den Interpretationsschwierigkeiten des First amendement, welche in numen 43 (1996, s. 125 ff.) erschienen sind, Besonders zu verweisen ist auf die Einleitungen von Kippenberg und sullivan: Ersterer beschreibt die heiligsprechung eines angehörigen einer japanischen spezialeinheit durch den supreme court in Japan (Kippenberg 1996, s. 126), letzterer stellt generell fest: „religion and law are cultural features of all societies and their interaction almost always problematic, no matter how you define religion and law“ (sullivan 1996, s. 130); vgl. auch stolleis 2009, s. 534. Dennoch scheint mir die rolle des sakralrechts in der römischen republik als teil der öffentlich-rechtlichen Ordnung im vergleich zu anderen (zumindest antiken) Ordnungen spezifisch zu sein, da sie über klassische verbindungen von recht und religion in Eidesformeln, Fluchtafeln, Gottesurteilen oder einer allgemeinen rechtfertigung der herrschenden Ordnung hinausgeht; vgl. für solche zuletzt genannten verbindungen z. B. die Beiträge im sammelband „recht und religion. Menschliche und göttliche Gerechtigkeitsvorstellungen in den antiken Welten“ (Barta/rollinger/lang 2008), wo sich allerdings interessanterweise gerade zu rom kein Beitrag findet. Mag nun diese römische Besonderheit der sakralen rechtssphäre aus sicht einer normenhierarchie zu Überschneidungen und Konflikten führen, so bildet nach linke gerade die „untrennbare Einheit [von] Gesellschaft und Kult“ politisch betrachtet einen schutz gegen die Domination Einzelner und durch die derart geförderte „Pluralität im politischen raum“ sogar eine voraussetzung für die (ansonsten strukturell unwahrscheinliche) politische Ordnung in Form der republik, vgl. linke 2009, s. 354–358, zitate s. 357. 770 vgl. nippel 2000, s. 7, der weiter darauf hinweist, dass ein Diktator im Inneren durch seine sonderstellung besonders für truppenaushebungen prädestiniert war, aber kein einziger Fall bekannt sei, wo der Diktator bei einer solchen aushebung seine großen Kompetenzen auch eingesetzt habe. siehe für Grenzen der tribunizischen Interzession Mommsen 1907, s. 100 f.

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abstrakter regeln aber konkreter Kontext und das amtsverständnis der beteiligten Personen eine große rolle gespielt haben.771 Gleiches gilt für das Problem der unbeschränkten tribunizischen Gewalt gegenüber sich selbst; zu denken ist an die Querelen bei der versuchten Wiederwahl von Publius lucullus und lucius annius 110 (vgl. 3.4.1.c.β) und an den triumphzug von Postumius 294 (vgl. 6.6.2.a), bei dem sich drei und sieben volkstribune gegenüberstehen. Ein einziger tribun müsste eigentlich alles verhindern können, unabhängig von der ansicht seiner neun Kollegen. Wie und wieso sich drei volkstribune dann durchsetzen können, bleibt offen – und selten. 310, bei der Frage, ob gemäß neuer Gesetzgebung appius claudius caecus seine zensur fristgerecht niederlegt und nicht, noch dazu ohne Kollegen, länger im amt bleibt, helfen ihm drei volkstribune gegen einen ihrer Kollegen, der (mit dem Konsens der übrigen sechs tribune) ap. claudius caecus ins Gefängnis werfen lassen will, so dass dieser zum höchsten verdruss aller stände die zensur weiter ausüben kann – summaque invidia omnium ordinum solus censuram gessit.772 Und beim triumphzug von ap. claudius 143 (vgl. 6.6.2.b) muss man wohl eine Patt-situation konstruieren in dem sinne, dass die Unverletzlichkeit einer vestalin zumindest ebenso hoch, vielleicht noch höher einzuschätzen war als die der tribune, jedenfalls ein triumphzug mit ihr nicht zu verhindern war.773 54 dagegen 771 Für 385: liv. 6,16,3 f.: nec adversus dictatoriam vim aut tribuni plebis aut ipsa plebs attollere oculos aut hiscere audebant. Für 363: liv. 7,3,9: tandemque omnibus in eum tribunis plebis coortis seu vi seu verecundia victus dictatura abiit. Eine rolle mögen jeweils die äußeren Umstände gespielt haben, vielleicht hatten 385 die tribune angst oder persönliche Gründe, kein veto einzulegen. 363 dagegen war die allgemeine stimmung gegen den Diktator, der nach Beendigung seiner aufgabe, einen nagel in einen tempel einzuschlagen, entgegen dem herkommen zunächst nicht von seinem amt zurücktreten wollte. Entscheidend bleibt, dass das verhältnis der beiden Institutionen nicht wirklich geregelt war, dass von Fall zu Fall entschieden werden konnte und m. E. auch musste. Darüber hinaus scheinen regeln hier vom amtsverständnis der amtsträger abhängig zu sein, zu denken ist auch an den Fall von ap. claudius caecus 310, vgl. dazu weiter im text. 772 liv. 9,33–34; hier 9,34,26; siehe zu diesem Fall auch die Bemerkungen unter 3.5. Das Muster, dass wenige volkstribune die handlungen eines oder mehrerer Kollegen verhindern können, kristallisiert sich als „normal“ oder „regelkonform“ heraus, zu denken ist weiter an die gescheiterten versuche von c. atinius labeo Marcerio, den zensor Q. caecilius Metellus Macedonicus 131 vom tarpeischen Felsen zu stürzen (liv. per. 59; Plin. n.h. 7,143 f.), von P. vatinius, Bibulus 59 zu verhaften (cic. vat. 21; cass. Dio 38,6,6) und von c. ateius, crassus 55 ins Gefängnis zu werfen und so am aufbruch zu hindern (cass. Dio 39,39,7; Plut. crass. 16,6 f.; gegen diese Episode, da sie nur bei solchen späten autoren überliefert wird, simpson 1938). In allen Fällen werden die vorhaben von volkstribunen von anderen volkstribunen verhindert. 773 vgl. anm. 718 in 6.6.2.b; für eine höhere stellung der vestalin spricht aus sicht dieser arbeit, dass für eine politische Übertragung einer Entscheidung des Pontifex maximus zwar die volksversammlung oder der senat tätig werden mussten, umgekehrt die volkstribune aber keinen direkten Einfluss auf eine sakralrechtliche Entscheidung hatten: zu denken ist an die streitfälle zwischen pontifex maximus und flamines, besonders an 189, wo die tribunizische Interzession nicht verhindert, dass über die Mult in einer volksversammlung entschieden wird, die Interzession also offensichtlich keine auswirkungen gegen den pontifikalen spruch als solchen hatte. In diese richtung wohl auch Kunkel/Wittmann 1995, s. 579, allerdings nur mit dem verweis auf die Episode von 143; dafür noch mit dem hinweis auf val. Max. 6,5,4 und 6,1,7, dass auch volkstribune nicht vor Gläubigern oder strafverfolgung wegen gemeiner verbrechen geschützt

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eskaliert eine solche situation abstrakter Gleichgewichte, und es kommt trotz (oder wegen?) einer Kollision von sacrosanctitas auf beiden seiten zu Blutvergießen (vgl. 6.6.2.c). – hier muss auch die amtsenthebung des Octavius durch tiberius Gracchus Erwähnung finden (vgl. 3.4.2.b), die in nuce sowohl Konflikte zwischen volkstribunen als auch zwischen den verschiedenen rechtssphären, der hoheit des volkes und der sakral geschützten sacrosanctitas, zeigt; die letztgenannten prallten hier in den Worten Linderskis in einem „cosmic clash“ aufeinander.774 auch soll, ganz handfest, bei der späteren tötung des sakrosankten volkstribuns tiberius Gracchus der erste schlag gerade von einem anderen volkstribunen gekommen sein, bevor die anderen folgten, als sei so die Unverletzlichkeit des ersten aufgehoben worden, so Flaig. Weiterhin setzte der pontifex maximus scipio nasica der sacrosanctitas des Gracchus durch das verhüllen seines hauptes eine consecratio gegenüber, d. h. er weihte seinen Gegner den Göttern der Unterwelt, der damit sacer, also heilig und straflos zu töten wurde – was später wiederum aber als Frevel des nasica ausgelegt werden konnte.775 waren. val. Max. 6,1,7 ist eine unproblematische stelle, die tribune weigern sich schlicht, ihrem vom aedilen M. claudius Marcellus vor Gericht gestellten Kollegen c. scantinius capitolinus beizustehen; siehe aber Broughton Mrr I, s. 30. schwieriger ist val. Max. 6,5,4, wo die anderen volkstribune den Gläubigern ihres Kollegen gegen diesen zu hilfe zu kommen drohen, was ein hinweis auf eine Mehrheitshierarchie innerhalb der tribune sein könnte, dann allerdings dem triumphzug von Postumius 294 widerspräche, aber doch zusammen mit jener Episode die Frage aufwirft, ob sich tribune an die Unverletzlichkeit ihrer Kollegen gebunden fühlten oder nicht, vgl. dazu auch die vorangegangene sowie die folgende anmerkung. 774 linderski 2002, s. 339: „But the constitution, civil and divine, was shattered when tiberius had his fellow tribune Marcus Octavius deposed from office. It was a cosmic clash that was to reverberate through ages: one tribune claiming the will of the people, the other the protection of the gods, of his sacrosancta potestas. the will of the people prevailed, for a moment, but after that time nothing remained safe, sacred or secure.“ In diesem zusammenhang müsste für die volkstribune untereinander generell die Problematik des vetorechts diskutiert werden: zum einen, wann es eingebracht werden konnte, was konkret auch das normative rangverhältnis des ius agendi cum plebe gegenüber einer möglichen Interzession betraf – zu denken ist an die Konflikte zwischen c. cornelius und P. servilius Globulus 67 (asc. 58 c) sowie zwischen Q. caecilius Metellus nepos und M. Porcius cato 62 (Plut. cat. min. 27–28; cass. Dio 37,43,2 f.) – und zum anderen, ob es ungeschriebene Grenzen und soziale Bedingungen gab, die auch ein vetorecht einschränkten. Für beide Fälle kann an dieser stelle auf die studien von Meier 1968b und rilinger 1989 verwiesen werden. Meier op. cit., s. 98 f. schildert, wie die Interzession, indem sie als recht anerkannt wurde, gleichzeitig auch gewissen inhärenten Grenzen unterlag und umgekehrt im augenblick ihrer ausdehnung und unbegrenzten anwendung nur durch Missachtung im konkreten Fall erträglich blieb, vgl. zu diesen Gedanken auch anm. 806 in 7.4, siehe aber für eine Modifikation bei der Interpretation der konkreten Konfliktfälle rilinger op. cit., s. 494 f., der davon ausgeht, dass im Fall von 67 nur noch während der rezitation des Gesetzes überhaupt interzediert werden konnte. Bei rilinger findet sich auch die Bemerkung, dass der senat später eine gesetzliche regelung dieser Frage bewusst vermied, um seine spielräume nicht zu begrenzen (s. 498), ein Gedanke, der verallgemeinert in 8.2 wieder aufgenommen wird. 775 app. b.c. 1,16 (68); Plut. ti. Gracch. 19, dort (19,10) auch der hinweis auf den ersten schlag des Kollegen von Gracchus, Publius satureius. Für die symbolische Deutung von Flaig 2003a, s. 220 f. gibt es rechtlich allerdings kein argument außer der Gleichsetzung einer (zunächst) unsanktionierten normverletzung mit einer normaufhebung, aber rechtlich war und ist diese

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Dieses nunmehr im Großen wie im Kleinen konstatierte unscharfe, fließende verhältnis verschiedener Geltungssphären von normen, auch mit dem Potential zu Patt-situationen, tangiert neben der Frage einer hierarchie (vgl. oben) aus juristischer Perspektive auch die Frage nach dem verhältnis von rechtswidrigkeit und nichtigkeit.776 aus politischer Perspektive trägt das gleiche Phänomen der tatsache rechnung, dass sich immer die gleichen akteure in verschiedenen rollen gegenüberstehen. Da die volksversammlung nicht die agenda mitbestimmen, sondern nur entscheiden konnte, was Mitglieder der Elite ihr vorsetzten,777 welche ihrerseits im senat saßen und – in anderer Funktion, aber meist Personalunion – auch die „religiöse Gültigkeit“ mitentschieden, muss man also gerade in den vorbehalten des sakralrechts institutionelle schranken für die Elite selber (oder teile von situation auch kaum ganz zu erfassen; zu den Maßnahmen gegen die Gracchen und die unterschiedlichen rechtsinterpretationen dabei siehe generell nippel 1988, s. 71–79. zur consecratio als antwort auf die verletzung der sacrosanctitas durch die absetzung seines Kollegen und den angeblichen versuch, die Königsherrschaft einzuführen, siehe bes. linderski 2002 und ebenfalls Flaig loc. cit., vorsichtiger ist nippel op. cit., s. 73, der nur von einem hinweis des scipio nasica auf seine Eigenschaft als Priester ausgeht, was dessen verhalten eine „besondere solemnität verliehen“ habe. vgl. weiter spaeth 1990, die u. a. darauf hinweist, dass nach dem gewaltsamen tod von Gracchus der vorwurf der verletzung der sacrosanctitas zurücktreten musste und man sich deshalb auf das tyrannenmotiv konzentrierte. Für die anschließende Begräbnisverweigerung und das trauerverbot, womit ebenfalls auf hochverrat angespielt werden sollte, siehe nippel 2000, s. 16, der auch auf die an eine evocatio erinnernde Formel von scipio nasica bei val. Max. 3,2,17 (qui rem publicam salvam esse volunt, me sequantur) hinweist (s. 14). Für das recht eines jeden privaten Bürgers, das staatswohl zu verteidigen, vgl. Ungern-sternberg 1970, s. 62; für das im zusammenhang mit der consecratio häufig genannte Konzept des homo sacer siehe jetzt auch agamben 2002, s. 81–124. – Für weitere zusammenstöße zwischen tribunen selbst (bei gegenseitiger Missachtung der Interzession wie zweimal 67, vgl. auch die vorherige anmerkung) und tribunen und Konsuln (bei der Drohung mit Gefängnis wie 119 und 60) siehe die Bemerkungen von David 1993, bes. s. 224, der ausführt, wie sich jeder Fall auf den vorherigen stützte, diesen aber noch zu übertreffen suchte – ob eine solche transgression zu einer akzeptierten Innovation wurde, hing nach David von der öffentlichen Meinung ab; vgl. für die rolle der Gemeinschaft bei der Konstatierung einer normverletzung generell die ausführungen in 2.1. zu denken ist neben den hier diskutierten Fällen mit volkstribunen ebenso auch an andere Blockadefälle, wie etwa zwischen Konsuln und senat 173 beim streit über M. Popillius laenas (liv. 42,10,9–15, vgl. north 2006, s. 271). 776 vgl. für die Differenz zwischen rechtswidrigkeit und nichtigkeit den ausgedachten Fall einer rechtswidrigen aber gültigen bzw. einer nichtigen himmelsbeobachtung (5.3.2). auch wenn die römer „die Unwirksamkeit […] wenig durchgebildet“ haben, so Kaser 1992, s. 57, wird doch im zivilrecht z. B. zwischen anfechtbarkeit und Unwirksamkeit durchaus differenziert. Kaiserzeitliche Juristen unterschieden zwischen leges perfectae, leges minus quam perfectae und leges imperfectae gerade anhand des Kriteriums, ob die verbotene handlung nichtig wurde, bloß strafbedroht oder keines von beiden war. Einen Überblick (aus moderner Perspektive einer allgemeinen Untersuchung der rechtsfolgen von nichtigkeitsvorschriften im zivilrecht) über „differenzierte Ungültigkeitssanktionen im römischen [Privat-] recht“ gibt Beckmann 1998, s. 33–46. Die Frage bleibt, wie dies im Bereich des staatsrechts aussieht, im verhältnis der verschiedenen rechtssphären zueinander; die anwendung des schemas von leges perfectae etc. ist nach Bleicken 1975, s. 217–220 jedenfalls „zur Beschreibung der Effektivität des republikanischen Gesetzes ungeeignet“ (s. 220). 777 vgl. nur Pina Polo 1996, s. 16.

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ihr) sehen. solche schranken leiten über zu einem weiteren Problem bei einer klaren hierarchisierung von Institutionen in der römischen republik: dem Phänomen der negative powers, womit ich das große Potential zur verhinderung von Beschlüssen bezeichnen möchte.778 Es reicht nicht festzustellen, dass die volksversammlung notfalls auch ohne und gegen den senat einen Beschluss fassen konnte, ohne darauf hinzuweisen, dass – neben der Möglichkeit einer nachträglichen aufhebung – die Intervention eines einzigen der zehn volkstribune genügte, einen solchen Beschluss zu verhindern. Während man im normalfall eine hierarchie erkennen kann, auf die rhetorisch im sinne der hoheit des volkes (in den versammlungen) auch immer rücksicht genommen wurde,779 ist zu beachten, dass für den Konfliktfall die Frage einer normen- oder Institutionenhierarchie falsch gestellt ist, da keine Institution eine unbegrenzte chance hatte, einen Beschluss sicher durchzubekommen – von der rolle der Magistrate, die Beschlüsse hinterher auch ausführen mussten, noch gar nicht zu reden. Die vielfältigen verhinderungsinstanzen werden vielleicht e contrario besonders deutlich, wenn der senat die Konsuln beauftragt, mit den volkstribunen zu verhandeln, um beim volk einen vorschlag einzubringen (wie 200 bei dem Eid des flamen durch dessen Bruder), also alle Institutionen zusammenarbeiten; und eben das ist gemeint, wenn Loewenstein „checks & balances“ feststellt, die nirgends „wirkungsvoller realisiert wurde[n] als in der römischen republik.“780 Dem inhärent dynamischen Element der Geltung des jeweils letzten Beschlusses einer versammlung werden institutionelle schranken in der Beschlussfassung gegenübergestellt. solche checks & balances oder negative 778 Der Begriff bleibt englisch, da power zwischen Macht und Kraft changiert und gerade diese Unbestimmtheit des Begriffs dem großen Potential von verhinderungsmöglichkeiten gerecht wird. Bezogen nur auf die volkstribune findet sich der Begriff „negative power“ schon bei Brennan 2004, s. 56 und bei Eder 1986, s. 277, vgl. für den Gedanken in einem allgemeinen sinne für die römische republik schon heuss rG, s. 37, wo es u. a. heißt: „Das verbot war immer stärker als das Gebot.“ 779 vgl. dazu u. a. hölkeskamp 1995, bes. s. 36 ff.; Jehne 2000b, s. 216 ff.; Bücher 2006, s. 45; siehe jetzt auch Jehne 2011b, wo ausgeführt wird, dass man als redner zwar vorsichtige und implizite Kritik an teilen des volkes üben konnte, aber sich generell jovial zeigen musste, nur gemeinschaftliche und keine persönlichen ziele verfolgen durfte und bei allem immer die Entscheidungsinstanz des volkes respektieren musste (s. 119); sehr gut ist der verweis auf das schicksal von Bibulus (s. 117), dem nach seiner ankündigung einer kategorischen verhinderung von caesars ackergesetz – „Ihr werdet dieses Gesetz im laufenden Jahr nicht bekommen, selbst wenn ihr alle es wollt“ (cass. Dio 38,4,2–3) – später sogar die fasces zerbrochen werden (vgl. nur Dio 38,6,3), was Jehne als Konsequenz für den Bruch mit der Konvention deutet, die hoheit des populus Romanus nie in Frage zu stellen. 780 loewenstein 1971, s. 12; verstärkt wird das Phänomen noch durch seine zweite Feststellung (s. 13), das „Fehlen einer Gewaltenteilung.“ Die Beobachtung, dass alle Institutionen fast durchgängig in Personalunion besetzt waren und sich Magistrate, volkstribune und Priester als antragsteller, normenhüter, versammlungsleiter und senatoren (von der Patronagefunktion ganz zu schweigen) fortlaufend in verschiedenen rollen begegnen, ändert daran nichts, sondern kann bei Dissens die Blockademöglichkeiten noch verstärken. vgl. auch Martin 2002a, s. 20, der von einem umfangreichen repertoire von „verhinderungskompetenzen“ spricht, oder linke 2006, s. 68, der „institutionelle Blockademechanismen“ betont. – Im Bereich der sakralen Obstruktion ist es bezeichnend, dass die stärksten zeichen negativer natur waren, vgl. anm. 417 in 5.3.2.

7.3 argumente statt regeln: Die rolle von exempla

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powers bedeuten aber, dass die beteiligten politischen Institutionen und Personen nicht nur regelmäßig auf die ausübung ihrer Macht verzichten müssen, sondern ihre Kompetenzen grundsätzlich nicht absolut und nur im zusammenspiel mit anderen Institutionen verstehen dürfen – sonst droht die Blockade (fast) aller durch einen einzigen.781 Dies funktioniert konkret durch eine homogene Führungsschicht und durch eine überzeugende argumentation im Einzelfall, zwei aspekte, die im nächsten Punkt weiter verfolgt werden. 7.3 arGUMEntE statt rEGEln: DIE rOllE vOn ExEMPLA Während bei der Frage, ob einer regel (und vor allem welcher) zu folgen ist, eine Diskussion zu erwarten ist, muss die vielzahl der Diskussionen bei der regelanwendung in rom überraschen. Eine Erklärung dafür ist in dieser arbeit mit dem Modell von gegeneinander zu gewichtenden Prinzipien gegeben worden. legt man aber ein solches Modell zu Grunde, muss die Frage nach der rolle der das öffentliche leben angeblich so stark bestimmenden exempla gestellt werden. Ohne hier ausführlich auf exempla ganz allgemein in der römischen republik oder auf das noch weitere Feld der mores maiorum eingehen zu können,782 ist zumindest für die 781 heuss rG, s. 37 f. sieht die Möglichkeit einer „grundsätzlichen anarchie“ nur gebannt durch den „Korpsgeist“ der oberen schichten, „um persönliche Gegensätze in einem ausbalancierten zusammenspiel aufzuheben.“ so auch, bezogen nur auf das volkstribunat, von lübtow 1955, s. 103: „Durch ein einfaches, unmotiviertes und von jeder rechenschaft befreites veto konnten die volkstribunen jeden akt der adligen staatsleiter […] verhindern und so die staatsmaschine zum stillstand bringen;“ vgl. auch anm. 798 im nächsten Punkt 7.4. – Die hier konzipierten negative powers gehen einerseits über das volkstribunat hinaus, beziehen sich andererseits hier und im Folgenden aber nur auf dem politisch-rechtlichen system inhärente schranken und institutionalisierte Blockademechanismen innerhalb der Elite, nicht etwa auf eine Blockademacht der Plebs, die Flaig 2003a, s. 222 f. m. E. etwas zu stark macht. Unsicher bin ich in diesem zusammenhang, inwieweit die „opinion publique,“ die bei David 1993, s. 224 über die legitimität von Innovationen (am Beispiel der Interzessionsausübung und -ignorierung) entscheidet, die öffentliche Meinung der Elite, i. s. der Entscheidungsträger, nur der plebs als große Masse oder aber aller widerspiegelt. 782 Für die verwendung von exempla in der späten republik siehe Bücher 2000. Für die sitte der Älteren „als Paradigma, dem sich das verhalten der minores, der nachkommen, anzupassen hat,“ siehe Bettini 2000, s. 322, der allerdings s. 350 f. auch die abhängigkeit der exempla von der auctoritas des auf sie verweisenden betont. vgl. weiter Blösel 2000, s. 87, der herausstellt, dass der mos maiorum ein Elitenethos und keine richtschnur für einfache Bürger war. zum verhältnis zwischen exempla und mos maiorum siehe David 1980, bes. s. 86: „les chaines dʼexempla qui réduisent les individus à des comportements répétitifs, sont autant de précédents qui fixent le mos maiorum et lʼorganisent en un système conceptuel et mnémonique;“ dann stemmler 2000, der ebenfalls die exempla als „regulativ für Gedanken“ betont (s. 194), sowie hölkeskamp 1996 (= 2004b, s. 169–198) für die these, dass exempla die zulässigkeit einer handlung begründen (1996, s. 317), und hölscher 2001. Klassisch hat heuss hier die „spielregel“ und das „regulationsvermögen“ der römischen republik festgemacht, dem folgt u. a. Meier rPa, s. 50. Eine neue Interpretation bietet hölscher 2004, bes. s. 98 ff., der zufolge der mos maiorum nicht eine richtschnur war, die verhalten begrenzen sollte, sondern eine Möglichkeit bot, transgressionen sichtbar und damit aber akzeptabel zu machen, als „Maßstab der

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exempla in den untersuchten Konfliktfällen zu konstatieren, dass deren verwendung sehr variabel und auf Grund von Präzedenzfällen einerseits und exempla-hegung andererseits ambivalent bleibt. zunächst bilden exempla einen wichtigen Bewertungsmaßstab für handlungen, wobei aber im Einzelfall die Bewertung offen bleibt. Je nach sichtweise reiht sich z. B. das Konsulat von Flamininus in eine reihe von hingenommenen kleinen regelbrüchen bzw. regeldehnungen ein oder aber bringt „das Fass zum Überlaufen.“783 auf handlungen, die als (potentielle) mala exempla wahrgenommen werden, kann scharf reagiert werden, wie mit dem verbot der Iteration 151 nach Marcellusʼ drittem Konsulat, und exempla bleiben – zumindest in den schriften der späteren autoren – häufig Bezugspunkt für gewünschte handlungen, wie bei der Wahl des Wahlleiters Q. Fulvius 210, den livius (26,22) auf 217 und 291 verweisen lässt, oder bei einem volksbeschluss für Marius, den doch scipio 148 auch bekommen habe (Plut. Mar. 12). Damit sind exempla gute argumente, aber während ihnen wie in den oben genannten Fällen gefolgt werden kann, ist der rekurs auf ein exemplum mitnichten immer von Erfolg gekrönt, ist der ausgang eines Konflikts durch ein exemplum nicht determiniert. Die wiederholten versuche der flamines, doch in eine Provinz zu gehen, zeigen dies deutlich, auch bei der Wahl 210 wird trotz der exempla der senat als schiedsrichter angerufen, und 200 hat der Pontifex Maximus für seine verweigerung, eine Formel mit unbestimmtem Gelübde vorzusprechen, alle exempla auf seiner seite, aber kann sich trotzdem nicht durchsetzen (vgl. 3.4.1.c.α und 5.4.2.a). Es wird auch nicht jedes verhalten im sinne einer konstruktiven Devianz oder einer neujustierung der regel überhaupt zu einem exemplum, wie die nur einmalige ausnahme vom Kriterium des imperium für den triumph des Furius Purpureo außerordentlichkeit.“ siehe ebenfalls hölscher 2009, s. 176 f.; ein stück in diese richtung geht schon David 1993, s. 225 ff., bei dem zu lesen ist, dass Innovationen von der öffentlichen Meinung angenommene transgressionen der tradition seien und umgekehrt die annalistik durch die Konstruktion von Präzedenzfällen die transgression in Konformismus umzudeuten versuchte. zur rolle der Geschichtsschreibung für die Erinnerung und abbildung von Werten, die so (teilweise) im sinne einer selbstverpflichtung auch normiert werden siehe Mutschler 2000; Pina Polo 2004 betont neben einer allgemeinen Identitätsstiftung durch mos maiorum und Geschichtsschreibung vor allem die rechtfertigung der aristokratischen vormachtstellung. zum verhältnis zwischen ius und mos im römischen Privatrecht siehe jetzt schanbacher 2000, dem zufolge (u. a. gegen Kaser 1939b) das verhältnis beider ambivalent bleibt, da sie z. t. übereinstimmen und sich z. t. widersprechen. Überzeugend ist dazu nach wie vor die Bemerkung von Kunkel 1971, s. 381: „Welcher natur die daraus abgeleiteten normen sind, hängt allein von der Frage ab, die man an das verhalten der vorfahren stellt. Ist es eine rechtsfrage, so ist die aus dem mos maiorum gewonnene norm eine rechtsnorm.“ 783 hinzu kommt etwas was man in analogie zum sog. haufen- bzw. sorites-Paradox setzen kann, also die Unmöglichkeit, logisch zu entscheiden, ab wie vielen sandkörnern ein haufen entsteht bzw. nicht mehr vorhanden ist: Ob das Konsulat von Flamininus 199 als „noch im rahmen“ angesehen werden konnte oder schon klar gegen die Konvention verstieß, konnte nicht vorher abzusehen sein, sondern entschied sich durch die normvorstellungen der standesgenossen und damit erst hinterher. vgl. dazu die Bemerkung in 2.1, dass regelverstöße immer Feststellungen ex post sind, sowie für die aktualität der haufenparadoxie in rechtsfragen und das Problem unscharfer Grenzen in ethischen Debatten beispielsweise Pardey 2006, s. 16–38, hier bes. s. 31 f.

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200 zeigt. Umgekehrt kann sogar ein fehlendes exemplum als Grund für eine Entscheidung genannt werden, wie bei dem verzicht auf den antrag für einen triumph bei scipio 206 und umgekehrt bei der Bewilligung eines triumphes für den „siegreichen Feldherren“ Manlius 187. Dabei wird man die rhetorik eines fehlenden exemplum nicht zu ernst nehmen dürfen. Denkt man die argumentation zu Ende, könnte nie etwas neues entschieden werden, was selbst den traditionsbewussten römern zu viel gewesen wäre; locus classicus dafür ist cicero imp. Pomp. 60: „Ich will an dieser stelle nicht erwähnen, dass sich unsere vorfahren im Frieden stets vom herkommen (consuetudo), jedoch im Kriege von der zweckmäßigkeit (utilitas) haben leiten lassen, dass sie die Grundsätze für neue Entschlüsse stets von neuen zeitereignissen abhängig machten.“784 auch wenn cicero hier zwischen Friedenszeiten und Kriegszeiten differenziert, wird man die Möglichkeit der römer, flexibel reagieren zu können, gerade nach Durchsicht der regelkonflikte verallgemeinern dürfen. Einzelfälle wie vorbilder bleiben prinzipiell interpretationsoffen, und mit der Entstehung der römischen Geschichtsschreibung kommen neue „alte Fälle“ hinzu.785 Damit sind und bleiben exempla wichtige argumente, aber eben auch nur dies: argumente. von diesem Ergebnis ausgehend, ist es daher zumindest missverständlich, die rolle der tradition und der exempla für ein verfassungsrecht allzu stark zu betonen. natürlich beruhte das recht in rom (wie fast alles in antiken Gesellschaften) zum großen teil auf tradition, aber ein exemplum bedeutete keineswegs einen zwang zu gleichlautender Entscheidung, zumal man zu jedem exemplum für etwas auch ein exemplum dagegen finden konnte. Dies deckt sich mit Nippel, der ausgeführt hat, dass es „regeln in dem sinne: ältere Praxis schlägt jüngere oder: jüngerer Präzedenzfall hebt älteren auf“ nicht gab und dass „die – wie willkürlich auch immer rekonstruierte – gesamte Geschichte als ein arsenal von Präzedenzfällen be784 Non dicam hoc loco maiores nostros semper in pace consuetudini, in bello utilitati paruisse, semper ad novos casus temporum novorum consiliorum rationes accommodasse. zu denken ist auch an liv. 4,4,1 f.: Nullane res nova institui debet? et quod nondum est factum – multa enim nondum sunt facta in novo populo – ea ne si utilia quidem sunt fieri oportet? – „Darf man keine neuerung einführen, darf das, was noch nicht vorgekommen ist – und bei einem jungen volk ist vieles noch nicht vorgekommen –, nicht einmal dann geschehen, wenn es nützlich ist?“ Kirov 2010, s. 309 f. und passim hat demgegenüber die negative Konnotation von allem neuen in der römischen republik sehr stark gemacht, die sich besonders in den Bereichen recht und Politik noch hielt, während in den Bereichen von Kunst, literatur u. a. die toleranz gegenüber neuerungen schon stieg (s. 311). zum einen scheint mir dies für das (bei Kirov im Mittelpunkt stehende) zivilrecht mehr zu gelten als für den Bereich der Politik (und damit auch des „staatsrechts“), zum anderen betont Kirov selbst (s. 318 ff.), dass die einsetzende ausdifferenzierung des rechts nicht zu größerer toleranz von Innovation, sondern zu einer Umdeutung derselben i. s. einer unterschiedlichen Interpretation und damit sogar Fortsetzung der guten vergangenheit führte. Diese Denkfigur deckt sich mit der hier dargelegten Flexibilität in der lösung von normenkonflikten durch argumentation im Einzelfall und sie passt sehr gut zu einer abwägung zwischen Prinzipien, in der eine negative Konnotation von neuheit keineswegs Innovationen oder Flexibilität behinderte, vgl. generell die Denkfigur der „Wiederentdeckung alten rechts“ in anm. 51 in 2.1. 785 vgl. hier nur David 1993, s. 225, der von einem „mécanisme de lʼinnovation en construisant dans le passé lʼacte symétrique qui permettait de la neutraliser“ spricht.

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trachtet werden konnte,“ deren jeweilige auslegung aber frei und unverbindlich war.786 Die Behauptung, dass z. B. das alter einer regel ihren Wert bestimmt, lässt sich nicht wirklich belegen.787 In dem Konflikt über den senatssitz des flamen va786 nippel 2008, s. 139 f. von einer „zwingende[n] Wirkung von exempla“ kann daher nicht mehr gesprochen werden, so akzeptiert Meier 2008, s. 280 f. (im Kommentar zu nippel 2008) dieses Ergebnis, möchte aber dennoch weiterhin an der großen Bedeutung von exempla festhalten, welche er als „funktionale Äquivalente für unsere Gesetze“ (s. 285) ansieht, weil sie die römer von Entscheidungsschwierigkeiten entlastet und daher verhalten erwartbar gemacht hätten. Die rolle von exempla als argumente innerhalb einer abwägung mit Prinzipien dürfte demnach etwas weniger stark sein als die von Meier 1978, s. 383 (gegen Bleicken) betonte „unentbehrliche richtschnur,“ welche ihm zufolge allerdings schon „immer noch spielraum“ (s. 386) lässt; vgl. dazu nippel 2008, s. 123 ff. auch verweist Meier 2008, s. 280 f. auf die Ergebnisse von Kornhardt, wo man bereits lesen könne, dass in streitfällen exempla für jede lösung zur verfügung standen [Kornhardt 1936, s. 67], und schreibt über die exempla, dass ihre Wichtigkeit situationsbedingt variieren konnte, was sich mit meiner Einschätzung hier deckt, dass exempla zwar ein Maßstab für Geltung (so auch heuss 1978, s. 85 f.) sind, dass aber der mos maiorum eben keine feste, starre schablone, sondern „resultat einer Interpretation“ ist, so haltenhoff 2000, s. 216 und für livius speziell auch chaplin 2000, s. 167. Etwas zu stark wird die Bedeutung von exempla von hölkeskamp 1996, s. 317 f. betont, siehe dazu unten anm. 789; gegen den mos maiorum als „Bollwerk gegen […] Umdeutungen und anpassungen“ vgl. zuletzt Walter 2009, s. 46. – Bei der Frage einer rangordnung (oder regelgewichtung) von älteren und neueren Gesetzen kommt erneut die Problematik zum tragen, dass neue Gesetze ältere nicht automatisch ersetzten, wirkliche aufhebungen schwierig waren und stattdessen häufiger mehrere vorschriften parallel existierten, vgl. dazu nur richardson 1998, zusammenfassend s. 56: „old statutes indeed never simply passed away into desuetude and died.“ Die von honsell 1982, s. 137 dagegen konstatierte „gewohnheitsrechtliche Derogation“ (vgl. auch s. 145 für eine „gewohnheitsrechtliche{n} abrogation“) ist als Phänomen interessant sowie als Erklärung für neuerungen und anpassungen wichtig, ändert aber in der situation von Konfliktfällen nichts; auch seine weitere these, dass desuetudo „nicht ein nur faktisches aus-der-Übung-kommen, sondern ein normatives aus-der-Geltung-kommen“ bedeutet habe (s. 138), führt für den hier untersuchten Bereich nicht weiter, insofern es entweder, ganz abstrakt, universell zutrifft oder aber man für die römische republik nur das ausbleiben von Widerspruch und allgemeinen Konsens nachvollziehen kann, wohingegen in jedem konkreten Konfliktfall ja gerade Dissens über die Geltung verschiedener normen herrschte und dann ein „aus-der-Übung-gekommen-sein“ nicht mehr als ein argument gewesen sein wird, vgl. weiter die nächsten beiden anmerkungen. Für die Komplexität der normgeltungsbeendigung auch im heutigen recht sei auf heckmann 1997 verwiesen. 787 siehe für diese these aber schon cic. inv. 2,67: Consuetudine autem ius esse putatur id, quod voluntate omnium sine lege vetustas comprobarit. Und weiter: In ea autem quaedam sunt iura ipsa iam certa propter vetustatem. vgl. in der modernen Forschung z. B. Moatti 1997, s. 166, die ihre Frage „Mais quʼétait le mos?“ wie folgt beantwortet: „Un ensemble de traditions et de décisions dont la validité reposait sur leur ancienneté et le consentement de tous.“ Unklar bleibt schulz 1934, s. 4, wenn er schreibt, dass „freilich das alter der gewohnten regel e in gewichtiges argument für ihre richtigkeit ist.“ In diesem zusammenhang ist das Ergebnis von Bücher 2006, s. 155–161 wichtig, dass zwar in der theorie, also ciceros rhetorischen schriften, die exempla vetera am interessantesten sind, in ciceros eigener rhetorischer Praxis allerdings der schwerpunkt auf der jüngeren vergangenheit, auf den exempla des kommunikativen Gedächtnisses liegt. Das hohe alter einer regel hat allenfalls den potentiellen vorteil von bereits mehreren anwendungsfällen; das aber betont nicht per se das alter der regel, sondern ihre Iteration. Wird z. B. einem Gesetz lange nicht gefolgt, kann es umgekehrt in vergessenheit geraten und wird vielleicht erneut erlassen; siehe für diese Denkfigur eines „vieillissement et […]

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lerius Flaccus 209 ist – abgesehen von der wahrscheinlichen Ehrung des flamen als Person – das Entscheidende nicht, dass sich das vetustum ius durchsetzt, sondern dass livius den Prätor überhaupt dagegen mit der recentissima consuetudo argumentieren lässt.788 Man konnte sich also auf verschiedene exempla berufen und damit auch von manchen abweichen. Dies deckt sich im Übrigen mit ciceros Einschätzung (inv. 1,49): Exemplum est, quod rem auctoritate aut casu alicuius hominis aut negotii confirmat aut infirmat – „ein Beispiel ist das, was eine sache durch Gewicht oder den Fall irgendeines Menschen oder eines Geschäfts bekräftigt oder entkräftigt.“789 Es deckt sich weiter mit der these von Scholz, dass in rom „die väter der nachfolgenden Generation immer einen spielraum zur Interpretation“ zubilligten, und dass sich umgekehrt die (jeweilige) senatsaristokratie „in schwierigen Entscheidungs- und Krisensituationen grundsätzlich offen“ verhielt.790 Und es passt gut für ein Modell von Prinzipien, in welchem nicht die exempla selber den handlungsrahmen oder die Praxis bestimmen, sondern sie den Prinzipien ihr Gewicht geben und als argumente bei der abwägung fungieren. Während in einem Modell mit klaren regeln, denen man folgt oder nicht, für lange abwägungen und Diskussionen kein Platz ist, allenfalls auf „den“ Präzedenzfall verwiesen wird, bringt der Prinzipienbegriff die notwendigkeit einer argumentation zur Entscheidungsfindung in rom deutlich zur anschauung. 7.4 rOM als KOnsEnssYstEM Während bei allgemeinem Konsens nicht überzeugt und daher kaum argumentiert werden muss, steigt die notwendigkeit einer argumentation bei Dissens stark an. Diese an sich triviale Beobachtung führt in rom allerdings zu besonders hohen renouvellement“ im römischen Diskurs coudry 2004, s. 166 f., vgl. hierzu auch die nächste anmerkung. 788 Ähnlich, wenn auch innerhalb der eigenen Darstellung inkonsequent, ist die Bemerkung von livius (37,1,9), dass die Provinzvergabe 190 durch senatsbeschluss ein neues verfahren darstellte, vgl. dazu 4.2; siehe für beide Fälle auch die Diskussion bei chaplin 2000, s. 156 ff. – Der Fall 209 zeigt, dass die Konsequenz einer langen nichtanwendung unklar bzw. nicht festgelegt war. Eine Differenzierung – wie von Juristen in der Frühen neuzeit – zwischen einem bloßen nichtgebrauch einer vorschrift und einer bewussten nichtanwendung sehe ich in der römischen republik nicht, vgl. für diese „feine Unterscheidung zwischen desuetudo und consuetudo“ simon 2005, s. 128. 789 vgl. auch die ausführungen über die freie verwendung von exempla in den Gerichtsreden der späten republik, die Bücher 2006, s. 322 ff. statistisch konstatiert hat („kein exemplum ist tabu“), die aber auch von cicero (top. 45) schon angegeben (zugegeben?) wird: ficta etiam exempla similitudinis habent vim. Dass exempla ein Beweis vor Gericht sind, worauf sich hölkeskamp 1996, s. 317 stützt, bedeutet noch keine allgemeine „Gültigkeit“ der handlung. 790 scholz 2005, s. 135; weiter unterstreicht er (s. 136), wie historisch einmalig es sei, dass die gesamte Oberschicht in schwierigen situationen habituell Unwägbarkeiten in Kauf nahm und zukunftsoffen handelte. In diesem habitus liegt im Übrigen, so scholzʼ spannende these, die affinität römischer senatoren zu griechischen Dichtern und Philosophen begründet, da erstere „ihren eigenen selbstbewußten habitus in dem der literaten und freien Denker gespiegelt fanden“ (s. 139).

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„Entscheidungskosten,“ da nicht nur eine Mehrheit (der Elite) gewonnen werden musste, sondern die Gesamtheit aller derer, die mit verhinderungskompetenzen ausgestattet waren. Dieser aspekt soll im Folgenden unter rückgriff auf die „Entscheidungstheorie“ von Giovanni Sartori weiter verfolgt werden.791 Sartori unterscheidet zunächst zwischen individuellen, Gruppen- und kollektiven Entscheidungen auf der einen seite und sog. „kollektivierten Entscheidungen“ auf der anderen, um die es im Folgenden ausschließlich geht und bei denen sich die Entscheidung nicht nur auf die die Entscheidung treffenden akteure, sondern eben auch auf andere bezieht. Entscheidungen bedeuten nach Sartori für die Entscheidenden bei der Entscheidungsfindung „interne Kosten“ (zeit, arbeit, Ermüdung) und für die Entscheidungsbetroffenen (die adressaten, die nicht an der Entscheidung mitgewirkt haben) „externe risiken“ (eines positiven oder negativen ausgangs). Je größer die anzahl der Entscheidenden, desto höher sind die internen Kosten einer Entscheidung, desto niedriger aber auch deren externe risiken; Entscheidungskosten und externe risiken verhalten sich damit umgekehrt proportional zueinander. Externe risiken können weiterhin durch die (repräsentative) auswahl der Entscheidungsbeteiligten, interne Kosten durch verschiedene Entscheidungsregeln (zumindest ein wenig) gesenkt werden. Bei Entscheidungsregeln unterscheidet Sartori (a) zwischen „nullsummenspielen,“ in denen einige Beteiligte genau das gewinnen (können), was andere verlieren, was auf einen unversönlichen Kampf hinausläuft, und „Positivsummenspielen,“ in denen alle Beteiligten gewinnen (können) und nur über die verteilung des Kuchens verhandelt wird. Prägend ist weiter (b) der Entscheidungskontext, welcher bei einem zusammenhang zwischen fortwährenden Entscheidungen „kontinuierlich“ und bei Entscheidungen über vereinzelte Fragen „diskret“ oder „diskontinuierlich“ sein kann. schließlich kommt es (c) auf die „Intensität der individuellen Präferenz“ der Beteiligten an: Bei der reinen anwendung einer Mehrheitsregel werden solche Präferenzen nicht beachtet und eingeebnet, was zur Kritik an dem verfahren überhaupt führt.792 auf der anderen 791 Die weiteren ausführungen folgen im Inhalt und aufbau im Wesentlichen der konzisen Darstellung bei sartori 1984, s. 83–96; die gleiche argumentation findet sich ausführlicher und mit mehr anmerkungen auch in sartori 1997, s. 212–231. Für hinweise auf weitere politikwissenschaftliche literatur siehe timmer 2008, s. 273 ff., der ebenfalls mit der Unterscheidung zwischen Mehrheitssystem und Konsenssystem operiert und entlang seiner Frage nach den altersgrenzen bei politischer Partizipation zu dem Ergebnis kommt, dass das Mehrheitssystem in athen eine geringere Exklusion aufwies als das Konsenssystem in rom, was (wie unter 3.4.1.a erwähnt) nach timmer dazu führte, dass durch die lex Villia annalis das alter der Magistrate erhöht werden sollte, um diese länger an ein Konzept von kontinuierlicher Entscheidungsfindung zu gewöhnen, vgl. schon timmer 2005, s. 64–67. 792 vgl. hier auch Guggenberger 1984, s. 216, dessen ausführungen sich auf die Moderne beziehen, aber ebenso für die römische republik (und besonders für ihr Ende) gelten können: „als Brecheisen gegenüber abweichenden Minderheiten eignet sich die Mehrheitsregel nicht. Grundkonflikte, die nicht befriedbar, Wertkonflikte, die nicht kompromissfähig sind, lassen sich durch Mehrheitsberufungen nicht aus der Welt schaffen. Im Extremfall bedeutet das den rückfall hinter die symbolische sublimierung arithmetischer stärkeermittlung, welche abstimmung und Mehrheitsvotum im Funktionszusammenhang des demokratischen verfassungsstaates verkörpern, – den rückfall in die meist blutige Unmittelbarkeit realen Kräftemessens.

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seite bildet eine Einstimmigkeitsregel zwar Präferenzen optimal ab, treibt aber durch die veto-Möglichkeiten jedes Einzelnen die Entscheidungskosten enorm in die höhe bis hin zu einer Entscheidungsblockade. an dieser stelle kommt Sartori auf die Funktion von Gremien (oder ausschüssen) zu sprechen, die er als kleine, institutionalisierte (also zumindest im eigenen zeithorizont auf Dauer gestellte) Entscheidungskörperschaften definiert, welche in einem fließenden Prozess Entscheidungen treffen. Da Gremien in dieser Definition immer einen kontinuierlichen Entscheidungskontext haben (und Positivsummen-Entscheidungen treffen), können sie aus den nachteilen einer unterschiedlichen Intensität von Präferenzen einen vorteil machen, indem sie dem Prinzip einer vertagten äquivalenten Gegenleistung folgen, d. h. eine intertemporale tauschbeziehung bieten; an anderer stelle spricht Sartori von dem „Mechanismus der zeitverschobenen gegenseitigen Kompensation.“793 Die Idee von reziproken zugeständnissen i. s. eines do ut des wird dabei stillschweigend als operative regel anerkannt. Ein solches Modell schließt harte Konfrontationen mit Mehrheitsentscheidungen nicht aus, zeigt aber, wie in der regel durch eine „Disposition des nachgebens“ innerhalb eines Gremiums Entscheidungen pro forma durch Mehrheit oder sogar einstimmig, aber dennoch mit rücksicht auf die Intensität der Präferenzen getroffen werden können. Ob nun beispielsweise der senat in rom ein Gremium im sinne Sartoris war – er geht von einer „kleinen interagierenden Gruppe“ mit ungefähr zwischen drei und dreißig Personen aus –, ist fraglich.794 stellt man mit Christian Meier auf die rolle der Konsulare als principes civitatis und generell auf die verfahrensweise im senat mit der abstufung von zeitpunkt und Dauer der rede nach rangklassen ab, so könnte der Begriff „Gremium“ vielleicht angewandt werden.795 Man sollte sich […] nur zweit- und drittrangige Konflikte sind über geregelte, konstitutionell gefaßte Entscheidungsprozeduren zu überwinden. Die Mehrheitsregel vermag nur unter den Bedingungen des politischen normalzustandes, in der atmosphäre der rechtlich-befriedeten „pouvoir constitué,“ ihre legitimierende Wirkung zu entfalten. In der situation der umkämpften „pouvoir constituant,“ wenn die ultima ratio des Bürgerkriegs den Friedensrahmen der verfassung verblassen lässt, läuft sie leer.“ Eine lösungsmöglichkeit für Konflikte solch tiefgreifender art boten am Ende der römischen republik die legionen. 793 sartori 1997, s. 229; das Gegenmodell ist das „rationale nachgeben“ nach Kalkulation der Macht- und stimmenverhältnisse in einem reinen Mehrheitssystem, vgl. dafür luhmann 1978, s. 176, der Begriff „Machtsummenkonstanz“ von luhmann dürfte dabei sartoris „nullsummenspiel“ entsprechen. 794 sartori 1997, s. 227 f. 795 vgl. Meier 1984b, der dem senat ein „ausgeprägtes Einigungsvermögen“ (s. 186) bescheinigt und dies vor allem daran festmacht, dass im „Kreis der Ersten des senats“ ein übergeordnetes Interesse des standes vertreten werden konnte (s. 187) und sich so „Elastizität im einzelnen und Einigkeit im ganzen ergänzten“ (s. 190); vgl. auch Meier rPa, s. XXvII und erneut 2008, s. 282. zu den Konsularen siehe jetzt auch Jehne 2011a, der die Konsulare als Institution erst Ende des dritten Jahrhundert aufkommen sieht, als der senat (vor allem durch Kontakte mit der griechischen Welt und Gesandtschaften) mehr zu tun bekam, häufiger für Entscheidungen zusammentrat und sich auch hierarchische Karrieremuster ausprägten. Die entscheidende aufgabe kommt den Konsularen – welche diese rolle nach Jehne op. cit. als Kompensation für fehlende weitere militärische aufgaben und Möglichkeiten annehmen – nach den verlusten im punischen Krieg als Orientierungspunkt der neuen senatoren zu; ein aspekt der im nächsten

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aber weder nur auf die Entscheidungsstruktur im senat konzentrieren noch auch nur eine einzelne Institution der römischen republik herausnehmen. nach meiner Überzeugung kann viel eher das römische system als Ganzes, also auch und gerade mit den Beziehungen der Institutionen untereinander, als ein vom Konsens geprägtes system aufgefasst werden; die beiden Bedingungen für ein „vertagen von Gegenleistungen,“ nämlich die „ungleiche verteilung der Intensität von Präferenzen und ein kontinuierlicher strom von Entscheidungen,“ sehe ich jedenfalls innerhalb der römischen Elite als gegeben an.796 auch wenn die zukunft nicht mit Gesetzen abstrakt geregelt werden sollte (vgl. dazu 8.1), ist doch ein kontinuierlicher Entscheidungskontext anzunehmen, gerade bei den Fragen, wer wann und wie ein amt besetzen, eine Provinz bekommen oder einen triumph feiern darf. hinzu kommt jetzt das Element der Blockademöglichkeiten, welche (mit Sartori gesprochen) die externen risiken weiter senken, aber die internen Kosten stark erhöhen. auf rüpkes Deutung der Divinationsmechanismen in rom ist bereits hingewiesen worden: als „Widerspruchsschleife,“ die „den Entscheidungsprozess in richtung Konsens optimiert.“797 Man kann diese these aber auch verallgemeinern und aus der vielzahl von Blockademöglichkeiten (durch religiöse vorzeichen, Filibustern, kollegiale Interzession und veto-Möglichkeiten der zehn volkstribune) ein system erkennen, welches nicht unbedingt auf vollständige „Einstimmigkeit“ abzielt, aber durch die notwendige abwesenheit von Widerspruch einen möglichst hohen Konsens erreichen will.798 Umgekehrt kann man aber auch von einer hohen akzeptanz Kapitel weiter ausgeführt wird. Für den senat als Gremium weist weiterhin timmer 2008, s. 299 f. zu recht darauf hin, dass die art und Weise der Entscheidungsfindung im senat durch discessio nicht gegen ein Konsenssystem spricht – zumal senatsabstimmungen nach timmer 2009, bes. s. 394–396, auch nicht dazu dienten, abweichende Meinungen darzustellen, die discessio gerade keine Mehrheitsverhältnisse produzierte, sondern, im Gegenteil, vorher verhandelt und dann mit dem auseinandertreten Einigkeit dargestellt bzw. sogar verstärkt wurde (s. 403). 796 sartori 1984, s. 95. Im Folgenden geht es, wie bei den Blockademechanismen, nur um eine Betrachtung der Elite, auf die sich meine weiteren ausführungen beziehen. Der Betrachtungsfokus ist damit enger als z. B. bei Flaig 1995, der eine „konsensualistische Politik“ in rom konstatiert, sich damit aber auf die symbolischen Kommunikationsformen zwischen adel und volk bezieht (s. 100 ff.) und z. B. im zusammenhang von politischer Kohäsion und sozialem Konsens auf die große rolle der ludi hinweist, welche nach dem zweiten punischen Krieg „explosionsartig zunahmen“ (s. 102) und für die Kommunikation zwischen aristokratie und plebs immer wichtiger wurden. auch darf man das Konsenssystem als Mechanismus nicht mit allgemeinem Konsens in der sache verwechseln, siehe dazu mehr in anm. 799. 797 rüpke 2005, s. 1450. 798 sartori 1997, s. 220 f. betont, dass immer zwischen Praktikabilität (also verringerung der Entscheidungskosten) und sicherheit (verringerung der äußeren risiken) abgewogen werden muss und der ausgleich bei verschiedenen „Mehrheitsschwellen“ (qualifiziert, absolut, relativ) liegt. In rom hat die abwägung zugunsten der sicherheit stattgefunden; und wenn sicherheit zunächst keine veränderung i. s. von keiner Entscheidung bedeutet, erklärt sich gerade die hohe anzahl von volkstribunen oder z. B. auguren, von denen man nur einen „gewinnen“ musste. zu denken wäre etwa an sallusts Bemerkung, dass Jughurta sich in rom sicherheitshalber die Dienste eines volkstribunen erkauft, um durch cuius inpudentia contra ius et iniurias omnis munitus foret (sall. Iug. 33,2). Für die strukturelle Ähnlichkeit von kollegialer Interzession, tribunizischer Interzession und Obnuntiation siehe schon heuss rG, s. 37: „Be-

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einer einmal getroffenen Entscheidung ausgehen – und hierin lag der große vorteil dieses systems. Dieses Ergebnis für die Entscheidungsprozesse allgemein innerhalb der Elite wird flankiert von den teilweise schon angesprochenen resultaten der neueren Forschung mit einem weiteren Fokus zu den volksversammlungen als „Konsensorgan“ (Flaig), bei denen abstimmungen nach Erreichen der Mehrheit abgebrochen und nur das resultat, nicht jedoch die stimmverteilung verkündet wurde, was zu einem „Konsensklima“ (Jehne) führte und in welchen so gut wie kein antrag einmal nicht angenommen wurde.799 all dies zusammen mag auch als Erklärung gelten für die im Bereich des öffentlich-rechtlichen lebens so gering ausgeprägte neidenkt man ferner, daß die volkstribune innerhalb der stadt ein durchgängiges veto gegen jeden Beamten besaßen und obendrein ein dichtes netzwerk von Kautelen des sakralrechts bestand, dann scheinen die äußeren verfassungsbedingungen lediglich den einen zug zum ausdruck zubringen, einheitliche aktionen von vornherein lahmzulegen, wenn nicht gar diese negation zu einer grundsätzlichen anarchie zu treiben.“ Für die Idee, dass zumindest die Obnuntiation im politischen spiel der Kräfte eine art ausgleich („certain équilibre“) erzeugte, vgl. scheid 2001, s. 50. – Während man, zugespitzt formuliert, eine Obstruktion durch schlechte omen ruhig ignorieren durfte, da man dafür eine latente Ungültigkeit seiner Maßnahmen in Kauf nahm (vgl. 5.3.2), ist schon das Ignorieren eines tribunizischen veto problematischer, da dies ohne klare (negative) Konsequenz blieb. sieht man aber die negative powers als konstitutiv für die spezifische Entscheidungsmodalität der römer an, wird deutlich, dass ein versuchtes ausschalten dieser Möglichkeit z. B. durch absetzung eines Protagonisten eine eklatante verletzung der spielregeln, eines fundamentalen strukturprinzips war; daher ist Bleickens Deutung zu folgen, dass die absetzung des Octavius durch ti. Gracchus ein größerer verstoß gegen die Ordnung war als dessen veto zuvor (siehe dazu anm. 300 in 3.4.2.b). 799 vgl. für die „comitien als Konsensorgan“ Flaig 1995, s. 77–100 sowie 2003, s. 167 ff. und s. 224 f., der stattdessen den Entscheidungsprozess in den contiones stärker betont; für das Konsensklima innerhalb der abstimmungen Jehne 2003, s. 293 f. sowie für die kaum begrenzte chance, einen antrag auch zu verabschieden nippel 1988, s. 55 und Flaig 2003a, s. 155 ff., s. 175 f. an dieser stelle setzt auch hölkeskamps rückgriff auf simmel und die Interpretation der Wahlen als ringen der Kontrahenten um denselben Kampfpreis an, vgl. hölkeskamp 2006b, s. 377 ff., bes. s. 388. Für eine Übersicht zur Debatte um Konsens siehe zuletzt timmer 2009, s. 386; timmer selber konstatiert 2008, s. 295 ff. anhand der gleichen Faktoren wie in dieser Untersuchung ein Konsenssystem, nur werden die „verhinderungsmöglichkeiten“ nicht ausreichend betont. Für die these eines Konsenssystem könnte dagegen das Fehlen einer zwangsvollstreckung im zivilprozess ausgebaut werden, vgl. nur Wesel 2006, s. 184, worauf hier aber nicht weiter eingegangen wird. Weiter müsste die Konsensthese auch zu Kirovs Untersuchung der Gesetze in der rechtsordnung passen, vgl. Kirov 2005, s. 57: „Daß sie [die Gesetze, c.l.] befolgt wurden, verdankte sich ihrer Publizität und nicht einem exekutiven staatsapparat. Die Gemeinschaft identifizierte sich als solche mit ihren eigenen Gesetzen, so daß ein verstoß dagegen einen verstoß gegen das zusammenleben bedeutete.“ Während nach Kirov op. cit., s. 52 die Wirksamkeit eines Gesetzes von der politischen Mehrheit abhing, bleibt aus meiner sicht für ein öffentlich-rechtliches handeln und damit für die anwendung und auch schaffung einer regel die abwesenheit von Einspruch noch wichtiger. – Die Bemerkungen über ein Konsenssystem stehen der Beobachtung einer teilweise harten Konkurrenz einzelner Individuen, wie sie etwas Bleckmann 2002 für die römischen heerführer im ersten punischen Krieg gezeigt hat oder wie sie in römischen Wahlkämpfen deutlich wird, nicht entgegen. Umgekehrt kann man den Grundkonsens einer Gesellschaft generell bzw. das Fehlen desselben am Ende der republik etwa im sinne des „verlust[s] der Eindeutigkeit“ (vgl. Gotter 1996, s. 233–266, hier s. 259) auch nicht automatisch mit dem hier vorgestellten spezifischen

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gung zur sanktion, welche im normalfall wohl nicht nötig, aber auch nicht möglich war.800 Die (vielen) Blockademöglichkeiten setzten einen häufigen verzicht auf ihre ausübung oder zumindest die angesprochene „Disposition des nachgebens“ in einem sehr hohen Maß voraus. Gerade ein solches am Konsens orientiertes politisches Modell betont auch die konstatierte rolle der exempla, die nicht determinieren, sondern eine Orientierungsfunktion bieten, die immer abhängig bleiben von ihrer akzeptanz und damit die notwendigkeit unterstreichen, durch argumente zu überzeugen, Präferenzen auszutauschen und schließlich Kompromisse zu schließen. Die Kompromissfähigkeit der römer hat sich in den hier behandelten Fälle ja durchaus gezeigt.801 auch inhärente Grenzen des aristokratischen Wettbewerbs, etwa dem militärisch Besiegten seine niederlage nicht vorzuwerfen, was Rosenstein herausgestellt hat, deuten in diese richtung.802 Umgekehrt wird Flexibilität Modus politischer Entscheidungsfindung i. s. der theorie der Entscheidungskosten von sartori gleichsetzen. 800 Die tatsache, dass die römische republik keine Polizei hatte, spricht gerade für die Fähigkeit der Gesellschaft, auch mit potentiell gewaltsamen störungen der Ordnung fertig zu werden, vgl. nippel 1988 sowie bestätigend Gruen 1995a [1974], s. xvi. Gewalt zur schlichtung von streit innerhalb der Elite hätte den streit vielleicht nur verschärft. Bestes Beispiel für die schwache sanktionskomponente ist Postumius 291: auf der einen seite ist dies einer der wenigen Fälle, wo überhaupt eine sanktion greifbar wird, auf der anderen seite hatte Postumius aber auch in fast allen hier untersuchten Feldern gegen normen verstoßen, als Feldherr und triumphator mehrfach den Willen des senats verletzt sowie volkstribune ignoriert, und wird dennoch nur zu einer Geldstrafe verurteilt sowie wenig später leiter einer Gesandtschaft; vgl. die ausführungen unter 6.6.2.a. 801 am besten findet man dies bei heuss rG, s. 37: „Es ist klar, daß hierfür der ‚Buchstabe‘ der verfassung nicht ausreichte. Er besagte, für sich genommen, eher das Gegenteil. also mußte hinter ihm eine ordnende und ausrichtende Kraft stehen, welche einem unsichtbaren Gesetz gehorchte und den ‚richtigen‘ Gebrauch der an sich höchst unvollkommenen äußeren verfassungsapparatur gewährleistete. Dem war in der tat so, und das ‚Geheimnis‘ der römischen Größe beruht ausschließlich auf diesem inneren Element, keinesfalls auf der technischen zubereitung des staates. Es war das nichts anderes als der Organismus des sozialen lebens in rom, kurz gesagt, die römische Gesellschaft mit dem ihr innewohnenden regulationsvermögen.“ vgl. hierzu auch (die komparativ völkerpsychologistische Bemerkung von) loewenstein 1971, s. 11: „Der römer war kein Prinzipienreiter, wie es etwa der traditionelle Deutsche und erst recht der Franzose ist, in der inneren Politik war er jederzeit zu Kompromissen geneigt, und statt, wie die Griechen, ihr seelenheil in agonistik suchend, war die bis ins 2. Jahrhundert hinein mehr oder minder homogen gebliebene patrizisch-plebejische adelsklasse durchaus bereit, sich mit einem halben laib Brot zu begnügen, wenn der ganze nicht zu bekommen war.“ siehe darüber hinaus Kloft 1977, s. 91 anm. 25 für einen interessanten hinweis auf verfassungsgeschichtliche Berührungspunkte zum Kompromiss als Entscheidungsmodalität im Konstitutionalismus der neuzeit. 802 rosenstein 1990, s. 153 ff. (vgl. anm. 605 in 6.4.2). Der Befund variiert nach ihm zeitlich kaum; während im fünften Jahrhundert militärische niederlagen auch politische waren, ändert sich das schema nach der Eroberung roms durch die Gallier 387, und es etabliert sich ein Konsens, dass, von ausnahmen abgesehen, für niederlagen religiöse Fehler oder aber die legionäre, nicht aber die Feldherren verantwortlich waren, solange diese dem Ethos der virtus verhaftet blieben. Durch diesen verzicht auf Kritik an Einzelnen wurde nach rosenstein nicht nur eine unabhängige Kriegsführung ermöglicht, sondern vor allem auch die kollektive autorität der aristokratie nicht geschwächt („myth of universal aristocratic competence“, s. 172), da

7.4 rom als Konsenssystem

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deutlich, wenn z. B. von einer sortitio wieder abgewichen oder eine Wahl kurzer hand unterbrochen wird, weil momentaner Konsens dafür spricht – und das, obwohl rom ja durchaus die Idee von Formfehlern bei ritualen und verfahren kennt, die dann vielleicht zum abbruch einer versammlung führen (erinnert sei noch einmal an den Prätor Metellus celer 63, der die Fahne einholt [cass. Dio 37,27,3]). hier ist wieder an Unger und die Mischung aus customary law und regulatory law zu denken; in rom kreuzen sich Elemente des modernen rechts und (vormoderner?) Pragmatismus einer face-to-face-society, bei der kein verfahren um seiner selbst willen angewandt wird. stabilitätsbemühung und anpassungsmöglichkeit bilden ein spannungsfeld: Die verhinderungsmechanismen werden flankiert von einer immer neuen Entscheidungsmöglichkeit durch den jeweils letzten Beschluss einer versammlung und den Konsens aller Beteiligten. Dies führt bei allzu krassen verstößen gegen den common sense der res publica dazu, dass unabhängig von recht oder Geltungssphären reagiert werden kann, wie bei der absetzung oder dem erzwungenen rücktritt von Glicia 249; umgekehrt wird Flexibilität in notsituationen gewährleistet, wie bei den ausnahme-Diktaturen 217 und 216.803 solche Extremfälle dürften von einem großen Konsens aller Beteiligten gekennzeichnet gewesen sein; im normalfall des politischen alltags mit widerstreitenden Interessen war ein solcher erst herzustellen. Die hier skizzierte Disposition eine immer auch irrationale Kritik am schlachtenglück nicht als ebenso irrationaler Bewertungsmaßstab in die politische arena übertragen wurde (s. 177 f.). trotz der berechtigten Kritik von hölkeskamp 1994, bes. s. 333 ff., an verschiedenen methodischen Prämissen und der verallgemeinerung von Einzelfällen bei fehlender zeitlicher Differenzierung, bleibt die Beobachtung der römischen Besonderheit bestehen, dass eine militärische niederlage für Feldherren nicht automatisch ein Karriereende (oder schlimmeres) nach sich zog. 803 vgl. 3.4.1.d.β; 217 wird nach der verlorenen schlacht am trasimenischen see der Diktator Q. Fabius Maximus nicht vom Konsul ernannt, sondern vom volk gewählt (liv. 22,8,5–6), 216 wird zur senatsergänzung nach den verlusten von cannae M. Fabius Buteo als Diktator ohne magister equitum und mit zensorischen vollmachten ernannt (liv. 23,23,2), siehe dazu stein 2007, s. 145 ff., der von einem „véritable monstre institutionnel“ spricht. Diese senatsergänzung wird gleich unter 8.1 weiter thematisiert. zu denken wäre bei flexiblen regeldehnungen auch noch an die erlaubten imperia im Bereich domi für den Prokonsul Q. Fulvius und dann sogar für alle gewesenen Magistrate 211 (liv. 26,9,10 und 26,10,9) oder die Wirren einer Diktatorbestellung 210, wo ein volkstribun den senat befragt haben soll (liv. 27,5,16). siehe für solche „constitutional anomalies“ während des zweiten punischen Krieges generell das gleichlautende Kapitel von Feig vishnia 1996, s. 50–73. Umgekehrt ist für abgewehrte Änderungsversuche von fundamentalen Grundstrukturen auch zu denken an die angebliche Wahl von sklaven 38 (cass. Dio 48,34,5; vgl. 3.6), die verweigerung des Gehorsams gegenüber c. claudius Pulcher, der 177 ohne Gelübde rom verlassen hatte (liv. 41,10,5–13), der starken Missbilligung der Bezeichnung pro praetore des nur vom heer in spanien gewählten Feldherren L. Marcius Septimi filius eques Romanus 211 (vgl. liv. 25,37,5 für seine „Wahl;“ liv. 26,2,1–6 für die Diskussion in rom und liv. 26,17,3 für die abgabe seines Kommandos), sowie an die volksversammlung außerhalb roms im heerlager 357 (liv. 7,16,8). letzteres war ein vorfall, der sofort von den volkstribunen erfolgreich verboten und eben nicht zu einem Präzedenzfall wurde; man kann daher diesen vorfall sehr wohl als „verfassungswidrig“ bezeichnen, es sei denn, man will diesen Begriff ganz und gar vermeiden, was aber nicht nötig ist (vgl. anm. 1 in 1.1), siehe aber dagegen, auch mit weiterer Diskussion, hölkeskamp 1987, s. 96 anm. 38.

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des nachgebens bedingt dabei eine annähernd egalitäre struktur der herrschenden Gruppe mit zumindest vergleichbaren (also eintauschbaren) Präferenzen, was unter den Bedingungen von historischem Wandel auch (bzw. gerade) im antiken rom nur durch eine spezifische Form von sozialisation und Erziehung erreicht worden sein wird, z. B. im cursus honorum, denn: „Im konkreten austrag der Konkurrenz durfte der Konsens über die regeln der Konkurrenz selbst grundsätzlich nicht zur Disposition stehen,“ oder in den Worten von Syme: „no oligarchy could survive if its members refused to abide by the rules.“804 zu denken ist daher an die eingangs erwähnte rolle der sozialisation für die normtradierung und an das Diktum von Popitz: „Die risikoschwelle der Kontinuitätserhaltung ist der Generationswechsel, die aufzucht und Erziehung der neugeborenen, der ‚endogenen neuankömmlinge‘ der Gesellschaft. […] alle Erwachsenen sind unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise, damit beschäftigt, Kinder an die Kontinuitätskette zu legen.“805 Diese allgemeine aussage scheint mir für rom besonders zu gelten – nicht einmal primär auf Grund der herausforderungen durch die enormen äußeren Eroberungen, die den ruhm und die Machtmittel der Einzelnen stark erhöhten, sondern vor allem unter dem skizzierten aspekt des Konsenssystems und des strukturell-notwendigen verzichts des Einzelnen, jede seiner Möglichkeiten wahrzunehmen, alle seine „rechte“ durchzusetzen.806 Die Frage muss nun sein, ob eine „Disposition des 804 hölkeskamp 2006b, s. 383; syme 1939, s. 57 f. Positiv formuliert Moatti 2001, s. 822 f.: „aussi ce qui fondait la légitimité, cʼétait surtout le consensus sur une pratique, la référence au mos, lʼaccord sur lʼintérêt public… et donc en partie les rapports de force, ce que les anciens appelaient la concorde. Mais cette concorde, un des fondements de la respublica, nʼétait pas une norme extérieure; elle jouait le rôle de ciment en tant que reflet de lʼéquilibre des volontés et de lʼéquilibre conjoncturel des pouvoirs.“ 805 Popitz 1980, s. 77. 806 Dieser strukturelle verzicht auf die konkrete Durchsetzung prinzipiell unbegrenzten rechts ist einer der Kerngedanken von christian Meier zur politischen Ordnung der römischen republik, an den sich meine ausführungen in mehrfacher hinsicht anschließen lassen. Im hintergrund steht bei Meier sein Modell eines Kompetenzkerns mit unscharfen und sich überschneidenden rändern für die tatsächliche ausübung der verschiedenen Kompetenzen, ein Modell in dem politische Machtverhältnisse und soziale Grunddispositionen teil der verfassungswirklichkeit werden, vgl. Meier 1978, s. 387 f. und vor allem 1984a, bes. s. 78–81. Dies kulminiert in der Definition der römischen verfassung als die jeweilige politische und soziale Ordnung abzüglich des Umstrittenen, so Meier 1984a, s. 79; vgl. schon Meier 1979, s. 46 f. und s. 53 f.: „rechtmäßige Ordnung in rom war die tatsächliche Ordnung abzüglich dessen, was daran als gefährlich oder mißbräuchlich bekämpft wurde.“ 1984a heißt es weiter: „cʼétait la communauté des citoyens elle-même qui, dans son fonctionnement correct, constituait lʼordre,“ was zurückweist auf meine Passagen über die Korrekturfunktion der Gemeinschaft als Kriterium von normativität und den evolutionären charakter von normen (2.1); an anderer stelle betont Meier 1968b, s. 94 ebenfalls die rolle der Gesellschaft als „respektierte und funktionsfähige Urteilsinstanz.“ neben dieser Funktion der Mehrheit (zur Konstatierung der regeln der Gemeinschaft) finden sich aber auch die in 7.2 entwickelte vorstellung der verhinderungsmöglichkeiten einer Minderheit und des verzichts darauf, welcher hier in 7.4 als „Disposition des nachgebens“ benannt worden ist. Das klassische Beispiel von Meier für einen solchen notwendigen verzicht auf ausübung aller Kompetenzen ist die nirgends definierte und prinzipiell unbegrenzte tribunizische Interzession; vgl. neben 1979, s. 46 f. und 1984, s. 67–69 vor allem 1968b. Dort (s. 94) führt Meier aus, dass der „sinn für das angebrachte in der regel stärker

7.4 rom als Konsenssystem

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nachgebens,“ Kompromissfähigkeit und die ständige abwägung in einem vorgegebenen rahmen zur lösung von Konfliktfällen zu allen zeiten gleichermaßen galten oder inwieweit sich – an hand der untersuchten regelkonflikte – Unterschiede ausmachen und Entwicklungen aufzeigen lassen.

gewesen sein muß als die politische leidenschaft, der letztlich jedes Mittel recht sein kann.“ Diese argumentation mit dem sinn für das angebrachte oder auch die ‚Wirklichkeitsverhaftung‘ der volkstribune – was in der tradition von Jherings steht, vgl. anm. 758 in 7.2 –, verweist zum einen zurück auf die notwendigkeit einer argumentation und Begründung von handlungen (7.3) und wird zum anderen unter dem aspekt von Erziehung und normtradierung im nächsten Punkt (8.1) weiter ausgeführt.

8 rEGElKOnFlIKtE UnD hIstOrIschEr KOntEXt 8.1 EInE KErnzEIt zWIschEn 200 UnD 180 Man könnte an dieser stelle in einer Gesamtübersicht alle behandelten regelkonflikte in einer großen tabelle chronologisch aufführen, doch scheinen mir die Erkenntnismöglichkeiten einer rein quantitativen analyse der verteilung von vornherein begrenzt. zum einen ist die abhängigkeit von der Überlieferungslage dafür zu groß; hätten wir z. B. mehr Bücher von livius überliefert, wären vielleicht mehr regelkonflikte auch in späterer zeit zu konstatieren. hinzu kommt die abhängigkeit der Konflikte von äußeren Gegebenheiten, also z. B. bei der triumphvergabe von den Möglichkeiten, Krieg zu führen und so überhaupt erst einen antrag auf einen triumph stellen zu können. zum anderen müsste für eine solche Fragestellung dann doch in jedem Einzelfall die historizität des Falles entschieden werden, was bei einer suche nach Konflikt- und lösungsmustern gerade nicht nötig war. Dennoch soll hier versucht werden, die Ergebnisse für das verhältnis der Institutionen zueinander und den charakter von normen in rom zu historisieren. Es bietet sich daher an, die einzelnen Fallklassen zunächst danach zu untersuchen, ob die Konflikte nur zeitweise oder aber durchgängig überliefert werden. Kann man bei den Konflikten eine gewisse Kernzeit ausmachen, so lässt dies – unabhängig von weiteren Konfliktnestern und evtl. übersehenen oder nicht überlieferten Konflikten – durchaus aussagen zumindest für diese eine belegbare Kernzeit zu. Für eine historisierung der regelkonflikte erscheint mir weiter die Betrachtung einer Phase oder Kernzeit generell besser geeignet als die jeweilige Erklärung einer einzelnen spezifischen veränderung, die über vermutungen von anlässen und hintergründen nicht hinauskommen kann.807 Bei den Wahlen ist bereits erwähnt worden, dass sich bestimmte nester ausmachen lassen: Die Konflikte zwischen Patriziern und Plebejern (356–350), die Wiederwahlen von Q. Fabius Maximus (298–296), die Konflikte während des zweiten punischen Kriegs (217–210) und dann von 190–184, von den Konflikten bei den „großen Einzelnen“ wie den Gracchen, Marius oder Pompeius hier einmal abgesehen.808 aus der rein chronologischen aufreihung der Konfliktfälle bei der vergabe der Provinzen ergibt sich eine gewisse häufung zwischen 205 und 807 zu überlegen, warum eine lex Villia annalis genau 180 durchkam oder warum (vermutlich) gerade die Karriere des Flamininus 199 eine reaktion und verhärtung des Wettbewerbs zur Folge hatte, kann im Einzelfall sinnvoll sein, bleibt aber immer „Konstruktion von plausiblen zusammenhängen“ und niemals präzise angabe einer Kausalität, vgl. anm. 783 sowie generell die ausführungen von Koselleck 2006, bes. s. 4 und von von Glasersfeld 2004, s. 19 ff. für die vorstellungen von rekonstruktionen, die allenfalls passen, aber nicht stimmen (müssen). In vielen anderen Fällen werden die Quellen nicht einmal vermutungen zulassen. 808 Insgesamt sind Konflikte bei Wahlen in folgenden Jahren untersucht worden: 460, 449, 401, 356, 353, 352, 351, 350, 336, 308, 304, 298, 297, 296, 291, 217, 215 (Marcellus), 215 (Fabius

8.1 Eine Kernzeit zwischen 200 und 180

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183.809 Dies mag, wie eingangs angesprochen, ein reiner (Überlieferungs-) zufall sein, aber es sind zum einen die Fälle, die auch im abschnitt über das sakralrecht behandelt wurden, also die Konflikte zwischen den Priester-Magistraten und dem pontifex maximus. zum anderen ist auffällig, dass sich gerade in den 190er Jahren, also nach dem Ende des zweiten punischen Krieges und zu Beginn der weiteren Expansion nach Osten, offensichtlich erfolgreich eine neue strategie der verlängerten Kommanden durchsetzt. Das Muster wird aus dem zweiten punischen Krieg übernommen und für sinnvoll erachtet worden sein; umgekehrt ist Widerstand der neu gewählten amtsinhaber gegen die Prorogationen, da sie so kein Kommando (oder nicht ihr gewünschtes) antreten konnten, keine große Überraschung. hier lässt sich also durchaus die zeit anfang des zweiten Jahrhunderts als eine Periode der neufassung von Konventionen und regeln sehen. Bei dem sakralrecht muss unterschieden werden zwischen den Fällen mit auguren und den Fällen mit pontifices. Während erstere sich durch die ganze zeit hindurchziehen, aber streng genommen keine regelkonflikte sind und in die Untersuchung nur aufgenommen wurden, weil sie durchgängig die argumentationskraft sakralrechtlicher verweise zeigen, lässt sich bei den pontifices wieder deutlich eine zeit herausheben: Die schon angesprochenen Konflikte zwischen pontifex maximus und den flamines häufen sich zwischen 211 und 171.810 Für die regelkonflikte bei der Triumphvergabe ist (6.7) bereits ausgeführt worden, dass die meisten normalen Konfliktfälle, also nicht die triumphe iussu populi oder gegen Widerstand, in die zeit von 200–185, nach dem Ende des zweiten punischen Krieges und der beginnenden Expansion nach Osten, fallen.811 Damit lässt sich feststellen, dass alle Konflikte – zumindest auch – zu Beginn des zweiten Jahrhunderts auftreten, grob gesprochen in der Phase von 200–180. Eine ansammlung so vieler und verschiedener regelkonflikte im zeitraum einer Generation verdient in jedem Fall aufmerksamkeit. Das gilt besonders, da in genau diesem zeitraum eine vielzahl anderer regelungen und normierungen nicht nur des politischen Wettbewerbs, sondern des öffentlichen lebens ganz allgemein zu verzeichnen ist: neben die mehrfach betonte Fixierung der altersvorschriften durch die lex Villia annalis 180 oder die alternierende anzahl der Prätoren durch die lex Baebia 181 treten Gesetze gegen und für eine Beschränkung von Kleidung (lex Valeria Fundiania 195, aufhebung der lex Oppia de mulieribus von 215), gegen zu Maximus), 213, 211, 210, 203, 199, 190, 189, 185, 184, 182, 152, 148, 136, 133, 122, 121, 110, 100, 99, 89, 82, 70, 66, 55, 52 und 44 (zweimal antonius). 809 Insgesamt sind Konflikte bei der sortitio in folgenden Jahren untersucht worden: 419, 379, 335, 295, 215, 205, 202, 200, 197, 196, 194, 190, 189, 187, 183, 171, 147, 144, 107, 74 und 67. 810 Insgesamt sind Konflikte mit den pontifices in folgenden Jahren untersucht worden: 242, 223, 215, 211, 209, 200, 189, 184, 180, 176, 171, 159, 131, 84, 63 und 22 n. chr. Mit den augures sind folgende Jahre untersucht worden für die rücktritt nach Wahlen: 444, 341, 337, 334, 327, 293, 221, 215, 162, 57, 54, 55, 53; für versuche, Gesetze zu verhindern: 100, 99, 91, 88, 67, 59, 57; für Missachtung von eingeholten auspizien sind in anmerkung 441 unter 5.3.2 erwähnt worden: 293, 249, 223, 217, 177, 167, 137, 53, 49, 44. 811 Die behandelten Fälle sind: 495, 449, 356, 339, 326, 294 (atilius), 294 (Postumius), 263, 241, 231, 223, 211, 206, 200 (lentulus), 200 (Furius), 198, 197, 196, 195, 191, 190, 188, 187 (Manlius), 187 (Fulvius), 185, 172, 143, 102, 95, 81 und 54; vgl. aber die ausführungen unter 6.7.

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8 regelkonflikte und historischer Kontext

hohen tafelluxus (lex Orchia de cenis 182) und gegen die annahme von Geschenken (lex Cincia 204), dann Gesetze gegen Provinzausbeutung (lex Porcia de sumptu provincali 195), zinsgesetze gegen Wucher (lex Sempronia de pecunia credita 193, evtl. lex Iunia de feneratione 192), Bürgerrechtsverleihungen (lex Terentia de libertinorum liberis 189, lex Valeria de civitate cum suffragio 188) sowie die ambitusGesetzgebung der lex Baebia 181. Ein gutes Beispiel von regelung bildet das Dekret zur Finanzierung der ludi publici von 182, mit dem auf die ungeheuer großen und teuren spiele des aedilen ti. sempronius Gracchus reagiert und die eigentlich nur ad hoc und spezifisch für Manlius vulso angesetzte Fixsumme aus dem Jahre 187 zur Obergrenze erklärt wurde.812 Das Jahr 180 bildet hier bloß meinen Einschnitt der konstatierten Kernzeit von 200–180 für die regelkonflikte ab, auch danach hören regelungen und Gesetzgebung keineswegs auf. so soll die lex Baebia de praetoribus bald darauf wieder aufgehoben worden sein (was sich mit der Überlieferung der Fasten deckt), und 177 soll (vergeblich) versucht worden sein, eine bereits beschlossene Prorogation des Kommandos für Manlius vulso durch einen volksbeschluss wieder aufzuheben.813 Ohne diese Gesetze hier interpretieren zu wollen, ist die auflistung als solche bereits ein guter Indikator für ein Krisenbewusstsein, da Gesetze in der antike generell nicht die zukunft abstrakt regeln, sondern Missstände in der Gegenwart beheben sollten.814 Für das recht insgesamt bedeutet nach Watson die zeit zu Beginn des zweiten Jahrhunderts einen entscheidenden Einschnitt, niemals sonst seien so viele regelungen (statutes) im Privatrecht auszumachen, hinzu kämen die ersten weitreichenden edicta von Prätoren und aedilen sowie die Tripertita von sextus aelius catus.815 Die Probleme, zwischen verschiedenen Interessen einen ausgleich 812 liv. 40,44,10–12; siehe dazu Beck 2005a, s. 395 ff. 813 vgl. zu allen erwähnten Gesetzen Elster 2003; zur Einbettung der lex Villia annalis in den Kontext weiterer Gesetze, welche die wirtschaftliche Differenzierung der Oberschicht verhindern sollten, vgl. auch Eder 2005, s. 77. Kolb 1995, s. 221 merkt an, dass diese luxusgesetze „wie meist in der Menschheitsgeschichte“ wirkungslos waren. Für die lex Baebia siehe Beck 2005a, s. 56 f.; für den regelungsbedarf auf Grund der sich intensivierenden Wahlkämpfe seit 197 siehe auch Bunse 2009, s. 135–139. Für eine ausführliche Darstellung, auflistung und Ordnung dieser „normativen“ Gesetzesmaterie vgl. darüber hinaus generell Bleicken 1975, s. 137–177 und Botsford 1909, s. 346–412. 814 vgl. schwind 1948, der deswegen dem volksbeschluss in rom aus moderner sicht eher die Bedeutung eines referendums als die von ordentlicher Gesetzgebung zuweisen will (s. 773), dann Eder 1996, s. 148 und 2005, s. 73 sowie coudry 2004, s. 163. Für die situationsbezogenheit der Gesetze vgl. ebenfalls Kunkel 1971, s. 372; Bleicken 1975, s. 186; nörr 1977, s. 325 f., s. 328; honsell 1982, s. 134 f. und bes. Wieacker 1988, s. 421 f.: „Das volksgesetz war tagesaktion, nicht nachhaltige regelung auf lange sicht; die rogatio oft politische Kampfhandlung und daher stets bedroht durch die Gegenwirkung anderer Gruppen. […] Unter diesen Umständen blieb die Gesetzgebung meist Improvisation;“ so jetzt auch Kirov 2005, u. a. s. 57 und s. 191. – Dies gilt nach Ducos 1984, s. 32 ebenso für die lex Villia annalis, welche kein klares und präzises system in ihrem Bereich bewirkt haben soll. selbst wenn man dem folgt, wogegen einiges spricht, ändert dies nichts an den weitreichenden Konsequenzen des Gesetzes von 180. 815 Watson 1974, s. 1 f.; das Jahr 200 erscheint aus der Perspektive römischer rechtsentwicklung als Einschnitt zwischen den Phasen „archaic“ und „formative,“ so alexander 2006, s. 237.

8.1 Eine Kernzeit zwischen 200 und 180

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zu erreichen, zeigen sich vor allem an den versuchen, die im zweiten punischen Krieg vorgenommenen sondergenehmigungen oder erlaubten ausnahmen wieder zurückzuführen, wobei sich aus militärischer sicht die Prorogation von Kommanden bewährt hatte, so dass ein ausgleich im politischen Wettbewerb um Ämter schwierig und die spannung zwischen einer breiten Ämtervergabe und großen Kommanden Einzelner bestehen blieb.816 nimmt man nur den Bacchanalien-skandal 186, den aufkommenden streit über Beuteverteilungen und die scipionenprozesse 187 hinzu,817 sieht man, in was für eine bewegte zeit die Mehrzahl der regelkonflikte fällt, welche wohl nicht überraschend gerade dann vermehrt auftreten, wenn versucht wird, politisches leben in rom (neu) zu regeln.818 816 so sieht z. B. Billows 1989, s. 126 im Kontext von cannae und des frühen zweiten Jahrhunderts anlässe für die Iterationsbeschränkung, vgl. 3.2. vgl. auch rosenstein 1990, s. 170: „Yet what was necessary for the stability of the system of competition, for harmony and cooperation among the ruling class, and the preservation of senatorial authority was fundamentally at odds with the republicʼs practice of sending at least one army to war almost every year.“ Für die militärischen nachteile dieses systems siehe ebenfalls rosenstein op. cit, s. 171 und linke 2006, s. 65 ff. zu der langfristigen Problematik der Prorogationen vgl. Beck 2005a, s. 113: „Die aporie ist mit händen zu greifen: Einerseits dienten Prorogationen und private Imperien der ausdehnung und (impliziten) Einschärfung der Magistratur. andererseits wurde die ausdehnung so weit getrieben, daß sie ihrerseits Möglichkeiten für Karrieren bereithielt, die den rahmen der Magistratur schließlich sprengen sollten“ (s. 113), vgl. ebenso Kloft 1977, s. 85– 94. solche neuen Möglichkeiten stehen im hintergrund, wenn im 2. und 1. Jahrhundert nach Beck 2009, s. 59–71 ein zurücktreten verschiedener adeliger Prominenzrollen und die Konzentration auf die leistung als Feldherr zu beobachten ist, sein Paradebeispiel dafür ist scipio africanus, der zehn Jahre lang cum imperio agiert, als Priester oder senator aber kaum in Erscheinung tritt (s. 69 f.). zu den imperia extraordinaria ist jetzt auch die studie von Blösel 2009 heranzuziehen, der eine wirkliche Gefährdung des politischen Gleichgewichts hierdurch aber erst in der späten republik (und besonders seit 67) sieht (s. 462–470) und entgegen der vorherschenden ansicht in eben diesen außerordentlichen Imperien die Ursache der großen Eroberungen ausmacht und nicht, umgekehrt, in ihnen ein notwendig werdendes herrschaftsinstrument annimt (vgl. nur s. 535). 817 vgl. für hinweise zu den Bacchanalien anm. 486 in 5.4.2.b; für einen Überblick über die scipionenprozesse und mögliche Interpretationen siehe Bauman 1983, s. 192–200 und in diesem Kontext hier bes. Gruen 1995b, der von einem „fundamental readjustement of political conventions to the tensions between personal aspirations and the corporate interests of the ruling class“ (s. 60) spricht (was nicht dadurch geändert wird, dass es nach Gruen nur einen einzigen Prozess gegen l. scipio gegeben hat, s. 86). Für die streitigkeiten bei der verteilung von Kriegsbeute und triumphzügen in diesem Kontext vgl. Pittenger 2008, s. 216 ff. 818 vgl. crawford 1992, s. 71 f.: „the roman oligarchyʼs awareness of a deteriorating balance within the group and of a growing involvement of the people in political struggles is clear from the actions they took to reverse these trends.“ crawford sieht die Gesetze als „number of steps which may be seen as attempts [of the elite, c.l.] to police its own conduct.“ In eine ähnliche richtung weist Kunkels analyse der Gesetzgebung (1971, s. 369 ff.); siehe auch heuss rG, s. 136, der die reformen ab 180 als „versuch einer selbstkontrolle der aristokratie zum schutze gegen die auswüchse in den eigenen reihen“ ansieht. vgl. Gruen 1995b, s. 89: „the years after the hannibalic war saw awkward attempts to define the limits of achievements on the one hand without undermining the ambition for achievement on the other.“ siehe für die skizzierten Entwicklungen allgemein und speziell für den Kampf um chancengleichheit zwischen altadligen Familien und anderen senatoren auch Dreyer 2007, bes. s. 39–53. Ebenfalls hinweisen kann man für die these, gerade zu Beginn des zweiten Jahrhunderts „die wenigen

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8 regelkonflikte und historischer Kontext

soweit eine Beschreibung; die Frage muss jetzt sein, was aus sicht der hier vorgestellten Ergebnisse – und damit aus der Perspektive einer rechtshistorischen arbeit – als Erklärung taugt für etwas, was sicherlich als regelungsaktivität konstatiert und als Krisenbewusstsein interpretiert werden kann. allein die tatsache, dass etwas überhaupt explizit geregelt wird, deutet auf streit und Dissens, zumindest auf Interpretationsdiskrepanzen hin, denn was klar und unstrittig war oder ist, braucht(e) man überhaupt nicht zu regeln. Erinnert man sich an die nötige Disposition zum nachgeben und in diesem zusammenhang an den kontinuierlichen Entscheidungskontext der Entscheidungsträger, der nur durch einen starken Prozess von Erziehung und sozialisation (i. s. von normtradierung bzw. der „Kontinuitätskette“ von Popitz) möglich wurde, aber auch langes lernen erforderte, kann eine „ein-Wort-antwort“ auf die Frage nach einem entscheidenden Ereignis als „Ursache“ lauten: cannae. cannae meint hier pars pro toto die großen verluste im zweiten punischen Krieg, die auch die oberste Führungsschicht im senatorenstand betrafen.819 nach livius ernennt der Diktator Fabius Buteo 177 neue senatoren; bei nur nominell 300 Mitgliedern wurde also über die hälfte (60 %) des senats neu besetzt;820 hier kann und muss die Frage nach den möglichen auswirkungen auf festen Bestimmungen des mos in leges zu fassen,“ auf schlag 1968 (hier s. 15, vgl. s. 161), auch wenn die Konstatierung eines normwandels dort stark überlagert wird von ihrer Bewertung desselben als einer Maßnahme gegen schlechte Devianz im sinne einer rückkehr zur guten alten Ordnung, d. h. gegen die von ihr konstatierten schlechten, individualistischen tendenzen innerhalb der römischen Oberschicht, angeblich festzumachen an triumphanträgen gegen den mos, am schwindenden respekt vor der religion und am vergeblichen Protest einer kleinen Gruppe wirklich um das staatswesen bemühter viri gegen eine neue und zu expansive außenpolitik. – Jüngst hat Flower 2010 einen neuen und (bis auf die Einschätzung der lex Gabina) interessanten versuch einer Periodisierung der römischen republik unternommen. statt früher, mittlerer und später republik sieht sie eine serie von insgesamt sechs republiken und mindestens sieben Übergangsphasen. Dabei bildet 180 den Endpunkt ihrer „dritten republik,“ was gut zu meinen ausführungen passt, zumal sich ihre (an dieser stelle allerdings recht knappe) Begründung auf den cursus honorum seit der lex Villia annalis stützt (s. 65 f.). zu recht weist Flower zu Beginn ihrer studie (s. 3–17, bes. s. 5 ff.) auf eine reflexion von Periodisierungen hin, die immer Wertungen implizieren und die nur sinnvoll sind, wenn ihnen eine Fragestellung zu Grunde liegt, was überhaupt gemessen werden soll. aus sicht dieser Untersuchung bildet die zeit um 180 mit neuen regulierungsmaßnahmen und Gesetzen einen Wendepunkt, hin zu mehr verregelung und weg von flexiblen Prinzipien, vgl. dazu mehr unter 8.2. 819 vgl. für die verschiedenen Überlieferungen der truppenstärke und damit auch der stark variierenden höhe der verluste, der Gefangenen und der Flüchtigen seibert 1993, s. 228 f. und 231 f. Für mein argument an dieser stelle bedarf es keiner genauen angaben, es genügt eine verheerende niederlage des zahlenmäßig überlegenen römischen heeres festzuhalten. verluste hatte wohl fast jede Familie zu beklagen, so Beck 2006, s. 205 f., der von cannae als einer „tragödie für nahezu alle Menschen in Italien“ spricht, durch die ein regelrechtes trauma entstanden sein soll. vgl. heuss rG, s. 90, der neben den enormen „physischen anstrengungen“ auch die „ungeheure nervenbelastung“ unterstreicht. Entscheidend für die weitere argumentation ist dagegen vor allem der große verlust von Mitgliedern der Elite im zweiten punischen Krieg: allein in cannae sollen nach liv. 22,49,15–17 neben Konsularen, Prätoren, aedilen und Quästoren auch 29 Militärtribune und 80 senatoren gefallen sein. 820 liv. 23,23,7: Ita centum septuaginta septem cum ingenti adprobatione hominum in senatum lectis. Dabei hat sich Jehne 2011a, s. 222 anm. 53 gegen einen numerus clausus von exakt 300 Mitgliedern ausgesprochen, was dann sogar für einen proportional höheren anteil der neuen,

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das norm-verständnis bzw. nach den Möglichkeiten und Grenzen von normtradierung einer sich so neu formierenden Elite gestellt werden. Eine pointierte Position vertritt Walter Eder, wenn er nicht nur auf den „ungeheuren Blutzoll“ der Elite hinweist, sondern vor allem darauf abstellt, dass deren Plätze im senat meist mit neulingen besetzt wurden, die über keine „dem habitus eines senators angemessene, über Generationen reichende sozialisation“ verfügten.821 Dieses Bild ist in teilen zu hinterfragen, sprechen doch die lange sozialisation römischer nobiles, ihre spezifische Erziehung (vor allem durch ihre väter bzw. Familien) und frühe teilhabe am politischen alltag der res publica gegen ein Bild unerfahrener, politisch völlig unbeleckter neulinge.822 Doch setzt gerade die Entalso einen noch größeren Bruch spricht. stein 2007, s. 158 spricht von einer „douloureuse parenthèse pour la société romaine, et singulièrement pour le group sénatorial.“ 821 Eder 2005, s. 77 f.; etwas neutraler, aber dennoch nachdrücklich meint Feig vishnia 1996, s. 101: „apart from the loss of a ‚middle Generation‘ […] it has not been sufficiently stressed that two generations of future magistrates had been wiped out.“ 822 Man denke nur an die Mitnahme der söhne durch ihre väter zu allen öffentlichen und privaten angelegenheiten oder auch an den zehn Jahre währenden Militärdienst vor einer politischen laufbahn in rom (Polyb. 6,19,4). vgl. für einen guten Überblick über Erziehung wie auch sozialisation der römischen Führungsschicht durch unmittelbare „teilhabe an der ausübung der täglichen politischen Geschäfte“ (wie Opfer, Feste, Gespräche auf dem Forum, rechtsberatungen etc.) scholz 2005, s. 128–136 (zitat auf s. 126); thomas 1996, s. 325 nennt diese vorbereitung der söhne auf das politische leben „abrichtung der Bürger.“ so sehr begrifflich zwischen sozialisation (als den, zwar individuell zu verarbeitenden, aber doch strukturellen und damit meistens unkontrollierbaren Einflüssen der Gesellschaft) und Erziehung (als zielgerichtetem handeln mit dem Fokus auf der Einwirkung auf die psychischen Dispositionen anderer Menschen, vgl. nur Brezinka 1990, s. 70–79) getrennt werden kann, so ist doch beides in rom, jedenfalls für die Elite, zusammenzudenken. – nach Walter 2004b, s. 410 „dürfte eine kontinuierliche und daher gelingende Prägung freilich keineswegs die regel gewesen sein, da ihr viele kontingente und strukturelle Faktoren wie ein früher tod des vaters oder scheidung und neuverheiratung mit den sich daraus ergebenden familiären Umgruppierungen gegenüberstanden;“ vgl. zur rolle von adoptionen und scheidungen für eine wechselhafte und variable Familiensituation hölkeskamp 2004c, s. 132–135 oder thomas 1996, s. 307–320. Dies kann zwar für ein Individuum interessant sein, trifft aber auf den aspekt der hier behandelten sozialisation nicht zu, die – aus der vogelperspektive betrachtet – ja auch eine erstaunliche Kontinuität i. s. eines lange zeit kohärenten Elite-Ethos erkennen lässt, welche über die Disposition vor-moderner Gesellschaften weit hinausgeht und die dementsprechend auch vielfach bewundert wurde. herder 1787, s. 372 beispielsweise schreibt dem römischen Geist im vergleich zu anderen völkern zu „auf einer härtern natur, auf älterer Gewohnheit, auf festern Grundsätzen“ zu ruhen. Und schon bei Polybios findet man nicht nur ausschließlich die spezifische Form der (Misch-)verfassung als αἰτία der großen römischen Eroberungen (vgl. u. a. 1,1,5; 3,2,6; 6,2,3), sondern daneben auch aspekte wie den reichtum Italiens (6,50,6) sowie dann körperliche stärke, Mut und eben die Ermunterung der jungen leute durch Bräuche – μεγάλην δὲ καὶ διὰ τῶν ἐθισμῶν πρὸς τοῦτο τὸ μέρος ποιοῦνται τῶν νέων παρόρμησιν (6,52,10). Die berühmte schilderung der pompa funebris (6,53) wird eingeleitet als Beispiel „für die anstrengungen, die der staat unternimmt, um solche Männer heranzubilden, die alles auf sich nehmen, um in ihrem vaterland sich den ruhm der tapferkeit zu erwerben“ (6,52,11) – ἓν δὲ ῥηθὲν ἱκανὸν ἔσται σημεῖον τῆς τοῦ πολιτεύματος σπουδῆς, ἣν ποιεῖ(ται) περὶ τὸ τοιούτους ἀποτελεῖν ἄνδρας ὥστε πᾶν ὑπομένειν χάριν τοῦ τυχεῖν ἐν τῇ πατρίδι τῆς ἐπʼ ἀρετῇ φήμης; vgl. hierzu Mutschler 2000, s. 104 f., gerade für den Kontext von normtradierung durch selbstvergewisserung und öffentliche Erinnerung von tugenden. andere Faktoren müs-

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wicklung des römisch-aristokratischen habitus die Orientierung an praktischen vorbildern maßgeblich voraus, Scholz spricht hier im Gegensatz zu einer „griechischen pädagogisch-philosophisch orientierten“ von einer „römischen mimetisch-familiären Kultur.“823 Und hier werden sich die verluste von cannae dann doch ausgewirkt haben, nicht unmittelbar – man denke an die attitüde gegenüber dem verlierer von cannae, c. terentius varro, und den erfolgreich fortgesetzten Kampf –824 und auch nicht auf allen Ebenen, aber doch mittelfristig für das politische verständnis der folgenden Generation(en).825 Während jeder Generationswechsel das risiko (positiv oder negativ) einer neuen und anderen norminterpretaste man hinzunehmen, doch soll nur noch die rolle von verwandtschaft abschließend erwähnt werden: Martin 2002b, s. 160 f. z. B. verweist auf ein weitreichendes heiratsverbot (bis zum sechsten Grad cognatischer verwandtschaft), worin eine sicherung von Integration und sozialer (bzw. in meiner terminologie: normativer) Kontrolle gelegen habe; vgl. für die wichtige rolle der verwandtschaft (neben Patronage und Freundschaft) zur stabilisierung der römischen Oberschicht auch harders 2008, s. 318. siehe umgekehrt für die erschwerten Bedingungen einer sozialisation in der Moderne nur die ausführungen von veith, s. 32–36. Dennoch bleiben sozialisation und normtradierung auch in rom immer prekär und werden zu bestimmten zeiten leichter oder schwieriger bzw. mehr oder weniger „erfolgreich“ gewesen sein, vgl. die weitere argumentation im text. 823 scholz 2005, s. 136; vgl. auch Walter 2004a, s. 42–51, der ebenfalls die „sozialmimetische und ethische Erziehung durch exempla“ betont (s. 44). Für die abhängigkeit der söhne vom vater, die Enge des zusammenlebens und, dadurch bedingt, teilweise gar ödipaler tendenzen siehe thomas 1996, s. 297–307. 824 zum Empfang varros, dem gedankt wird, dass er die republik nicht ganz aufgegeben habe (quod de republica non desperasset, liv. 22,61,14; ähnlich schon bei coelius antipater [Frh 11 F 23]), vgl. nur heuss rG, s. 88 f., Beck 2006, s. 208 f. und Dreyer 2007, s. 33. allerdings hat Beck 2006, s. 211–214 darauf hingewiesen, dass der respekt vor allem dem Konsul als amtsträger galt, während varro als Person politisch am Ende war, kein weiteres Kommando bekam und in der historiographie sukzessive als „heißsporn“ und immer negativer dargestellt wurde, gerade auch um die senatsaristokratie insgesamt zu entlasten. 825 Für die generelle Frage nach dem zusammenhalt eben jener Elite gilt, gerade nach Überwindung der unmittelbaren Gefahren, gemäß stein 2007, s. 159: „cette hétérogénéité a peut-être été relativement masquée dans un premier temps par le fait que tous les sénateurs étaient alors des anciens combattants. Il nʼen reste pas moins que très vite la solidarité classique de ceux qui ont fait la guerre ensemble dans de conditions difficiles a dû progressivement sʼeffacer, en particulier quand la génération dʼaprès a pris la relève.“ – an dieser stelle ist die historische Einordnung einiger der in dieser arbeit diskutierten regelkonflikte durch Feig vishnia 1996, s. 99–108 interessant. so sollen die Bevorzugung von P. licinius crassus 212 vor zwei älteren und distinguierteren Kandidaten als pontifex maximus, die versuche, 209 Marcellus sein imperium zu entziehen, und weitere Konflikte (wie einige streitpunkte bezüglich der flamines) ausdruck eines Konfliktes der nach cannae zunächst dominierenden „old guard“, wie Fabius Maximus, Q. Fulvius Flaccus oder claudius Marcellus, und Jüngeren gewesen sein, die nachrücken wollten, aber nicht konnten, da die Positionen und Ämter besetzt blieben. Kulminationspunkt eines solchen Konflikts waren dann die auseinandersetzungen um die bessere taktik zur Beendigung des Krieges gegen hannibal, siehe dazu gleich mehr unter 8.2. Develin 1978b sieht das plebiscitum Atinium, was nach ihm senatoren erlaubte, das volkstribunat zu bekleiden, als Konsequenz dieser lectio von 216, da sonst zu vielen neuen plebejischen senatoren das volkstribunat versperrt gewesen wäre; siehe dagegen aber tatum 2010, bes. s. 207, der überzeugend nur ein ius sententiae dicendi für ehemalige tribune als Inhalt des atinischen Plebiszits annimmt.

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tion bietet, da jede Generation ihr eigenes regelbewusstsein hat bzw. entwickelt, muss ein so plötzlicher und großer austausch innerhalb einer Führungsschicht, die noch dazu Entscheidungen im Konsens zu treffen gewohnt war, in jedem Fall ein Problem gewesen sein. Die tatsache, dass jede römische Familie neben verlusten auch noch Überlebende aufweisen konnte, ist an dieser stelle kein Einwand. Es braucht für die these einer erschwerten normtradierung keine prosopographische auflistung, wieviele väter (oder männliche verwandte) doch noch zurückkehrten, sondern es geht schlicht darum, dass für die Erziehung Einzelner wie aber auch für die sozialisation der Elite insgesamt auf einen schlag viele Personen fehlten und so bei der anstehenden Besetzung von Ämtern weniger direkte vorbilder vorhanden waren, was eine (ohnehin immer prekäre) kontinuierliche normtradierung oder habitus-ausbildung vor allem bei noch jüngeren bzw. der dann folgenden Generation, also den Enkeln von cannae, nicht erleichtert, abweichungen und variationen dagegen eher gefördert haben dürfte.826 verschärft wurde dieser Prozess noch dadurch, dass neue plebejische Familien nachrückten: livius zufolge soll Buteo zunächst ehemalige amtsträger, dann aber auch im Kampf verdiente soldaten aufgenommen haben – qui non magistratus cepissent, qui spolia ex hoste fixa domi haberent aut civicam coronam accepissent.827 auch wenn dies eher eine Erweiterung und keine komplette aufgabe alter aufnahmekriterien darstellt, ist die Gewichtung meritokratischer verdienste ein nicht zu übersehender Unterschied, Stein spricht von einem „acte fondateur ou plutôt refondateur.“828 Dass im Ergebnis eine neue und stabile 826 reines Wissen kann mit hilfe von schriften i. s. von anleitungen oder kanonischen texten sowie speziellen normsendern und -hütern (wie lehrer) auch über größere zeitliche Distanzen und vor allem auch durch wenige(r) Personen vermittelt werden. Die Entwicklung eines habitus in dem hier vorgestellten sinn eines „learning by doing“ braucht dagegen mehr direkte Bezugspersonen und vorbilder; dass sich neue (also neutral gesprochen: deviante) Entwicklungen besonders bei der erst wenig (vor-)geprägten Enkelgeneration einstellen, darf dabei nicht überraschen. Wenn weiterhin scholzʼ Beobachtung stimmt, dass man der nachfolgenden Generation immer auch eigenen spielraum ließ (2005, s. 134), was sich mit meiner Interpretation der exampla in 7.3 deckt, und dass Mitglieder der Elite „in besonderem Maße zukunftsoffen“ handelten und „Unwägbarkeiten in Kauf zu nehmen“ wussten, setzt gerade dies ein besonders hohes Maß an innerer, habitueller sicherheit voraus, deren evtl. verlust nun mehr explizite regeln erforderte. – statt einer prosopographischen Untersuchung für einzelne Familien, wäre also eher an einen vergleich zu der neukonstituierung der Elite und ihres normverständnisses unter bzw. nach sulla zu denken, wo die hier konstatierten auswirkungen noch weit verschärft aufgetreten sein müssen, vgl. Flower 2010, s. 121 f. für die rekrutierung neuer senatoren unter sulla und s. 129 für das revolutionäre einer rein auf Gesetzen und expliziten normen beruhenden herrschaftsorganisation. 827 liv. 23,23,5 f.: Recitato vetere senatu, inde primos in demortuorum locum legit qui post L. Aemilium C. Flaminium censores curulem magistratum cepissent necdum in senatum lecti essent, ut quisque eorum primus creatus erat; tum legit qui aediles, tribuni plebis, quaestoresue fuerant; tum ex iis qui magistratus cepissent, qui spolia ex hoste fixa domi haberent aut civicam coronam accepissent. 828 stein 2007, s. 143; er streicht die meritokratischen aufnahmekriterien besonders heraus (s. 154), die nach ihm auch noch bei den lectiones 214, 209, 204 und 199 weiter gegolten haben sollen (s. 156 f.), was die these einer besonderen Integrationsnotwendigkeit noch verstärkt. Interessanterweise sieht stein darin ein Manöver von Q. Fabius Maximus (s. 149). –

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8 regelkonflikte und historischer Kontext

Elite stand, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine neue Gruppe homogenisiert werden musste, die dabei nur noch von Wenigen angeleitet werden konnte und die sich vielleicht in ihrem verständnis politischer spielregeln von ihren vorfahren unterscheiden sollte.829 hier steht zu vermuten, dass 200 bis 180 – mit dem definitiven Ende der punischen Kriegsgefahr bei gleichzeitig großer Kriegserfahrung und dem Beginn der Expansion nach Osten, bei dem versuch der verringerung von sonderkommanden und mit einem sich gleichzeitig intensivierenden Konkurrenzkampf z. t. neuer, aufstrebender nobiles – eine ständige abwägung zwischen rechtsprinzipien aufgegeben und durch klare(re) regeln ersetzt wurde, was sowohl den Bestrebungen einer Einhegung allzu eigenständiger Individuen als auch umgekehrt manchem individuellen Bedürfnis nach Planungssicherheit i. s. einer „Karriereoptimierung“ entsprochen haben mag. Wenn man dieser Deutung folgt und die verluste des zweiten punischen Kriegs mit den veränderungen des normcharakters in rom in Beziehung setzt, hätte man hier – mit Toynbee gesprochen – einen weiteren aspekt von „hannibalʼs legacy.“ 8.2 vOn staBIlItÄt DUrch FlEXIBIlItÄt zUr nOrMvErhÄrtUnG Im vorhergehenden Punkt ist eine mögliche Erklärung dafür gegeben worden, warum es in der Phase von 200 bis 180 zu einer vielzahl von regelkonflikten und auch schlicht regelungen gekommen ist, ausgehend davon, dass letztere meist auf etwas reagieren, also ein Indikator für Dissens oder Wandel sind. abschließend soll überlegt werden, was diese regelungen umgekehrt selber für aus- oder rückwirkungen auf die römische republik bzw. ihre normen gehabt haben. Dabei erlauben weder die Quellenlage noch der Umfang meiner Untersuchung eine umfassende und vollständigkeit anstrebende analyse von regeln, regelkonfliken, Geltungssphären und der rolle des rechts in rom von 180 bis zum Ende der republik. Es kann also nicht um eine möglichst genaue und kleinschrittige nachzeichnung eines Der entscheidende Punkt ist schlicht die Quantität, die Inklusion einer so großen anzahl neuer senatoren, denn auch vorher wird der senat schon allein aus demographischen Gründen kein hermetisch geschlossenes Gebilde gewesen sein, vgl. für die demographischen (und teilweise finanziellen Gründe) schon hopkins/Burton 1983, s. 31–119, die zu dem Ergebnis gekommen sind: „the oligarchic structure of government was stable, yet sufficiently flexible to allow a gradual but continuous turnover in the membership of the senate,“ (s. 117). vgl. für eine „constant slippage between the senatorial and equestrian order“ in den letzten zwei Jahrhunderten der republik auch Beard/crawford 1999, s. 45 f. und siehe für den „immer signifikanten Prozentsatz von ‚neuen Männern‘ im Oberamt,“ der nicht überraschend zwischen 200 und 180 besonders groß war, dann aber wieder abflaute, Beck 2005a, s. 114 ff. und s. 405, der sowohl eine „fortschreitende Exklusivierung“ als eben auch eine prinzipielle Offenheit herausarbeitet (s. 149). Dies alles bezieht sich auf den senat, nicht auf die von Badian 1990a (allerdings auch für den zeitraum von 179 bis 49) konstatierte relative Exklusivität des Konsulats. 829 Für die nur kleine Gruppe der erfahrenen senatoren siehe jetzt Jehne 2011a, s. 226, der erst hier ein Betätigungsfeld für die jetzt wichtig werdende Gruppe der Konsulare sieht; vgl. weiter in anm. 841.

8.2 von stabilität durch Flexibilität zur normverhärtung

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möglichen historischen verlaufs gehen, sondern es soll – ausgehend von den behandelten regelkonflikten und ihren lösungsmustern – ein aspekt herausgenommen und dessen (wahrscheinliche) Folgen mit einer gewissen historischen Unschärfe skizziert werden: der Prozess der normverhärtung. Dabei sind die Eckpunkte von der Geschichte vorgegeben: Der Positivierung tradierter normen oder „Juridifizierung des mos“ (Bleicken)830 folgen zunächst stabilität und (weitere) Expansion und dann die Konflikte zwischen senat und den „großen Männern.“ Weder dieses Ende noch der ausgangspunkt einer neujustierung der Beziehungen innerhalb der Oberschicht sollen dabei als solche behandelt oder bewertet werden; vermutlich gilt hier, dass gerade bei neuen Mitgliedern in der Elite nur durch veränderungen eine gewisse stabilität erreicht werden konnte; mit Koselleck gesprochen: „Gerade wenn eine lage stabil gehalten werden soll, müssen – soweit das überhaupt möglich ist – die Bedingungen geändert werden, unter denen sie zustande gekommen war. Und umgekehrt erweist sich, daß sich eine lage um so schneller ändert, wenn die sie bedingenden voraussetzungen gleich bleiben.“831 zu überlegen ist hingegen, inwieweit eine Untersuchung von regelkonflikten mögliche, auch nicht-intendierte Folgen dieser Entwicklung beleuchten kann; konkret soll gefragt werden, welche Folgen eine verregelung des öffentlich-rechtlichen raumes hatte und was die Konsequenzen der vielen Gesetze gewesen sein könnten. zunächst ist festzuhalten, dass keine regel so stark sein kann wie eine unausgesprochene, die von allen implizit befolgt wird.832 Eine explizite regel schafft dagegen Klarheit und lässt abweichung zumindest leichter erkennen, weist aber eo ipso auch auf die regelbarkeit des sachverhaltes hin und damit auf die Kontingenz 830 Bleicken 1975, s. 387. 831 Koselleck 2006, s. 11. 832 vgl. für das „selbstverständliche in der rechtsgeschichte“ nur Daube 1973, s. 10: „Je tiefer im Gefüge einer Gemeinschaft eine rechtsinstitution verwurzelt ist, desto größer ist die chance, daß sie unbesehen hingenommen wird und ius non scriptum bleibt;“ wobei das Kriterium der schriftlichkeit missverständlich bleibt (siehe dazu simon 2005, s. 106–110), gemeint ist hier etwas Unreflektiertes, Implizites, vergleichbar Maurice Blochs „what goes without saying“ (anm. 26 in 1.3); siehe umgekehrt starck 1987, s. 9: „sobald eine frühzeitlich bestehende sittenordnung – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr als verpflichtend empfunden wird, entsteht das Bedürfnis nach anordnung, setzung, Festlegung (lex, law, Gesetz).“ Für den zusammenhang zwischen Kodifikation und Krise vgl. auch Eder 1986, bes. s. 272 ff.; für die politische Einbindung von großen (und auch neuen) teilen der Bevölkerung gerade durch Gesetzgebungsprozesse, die durch die volksversammlungen zu stande kamen, „as a means for devoloping community consensus“ siehe andererseits Williamson 2005, s. 416, vgl. s. 432 f. neben Gesetzen galt aber gerade für die römische republik nach heuss rG, s. 137: „Das soziale Gefüge roms beruhte stärker als jedes andere auf der freiwilligen anerkennung bestimmter spielregeln, und es mußte in heillose verwirrung geraten, wenn die selbstverständlichkeit ihrer Beobachtung fraglich wurde.“ siehe für die Frage von normativität in diesem zusammenhang zuletzt Kirov 2010, s. 306–314, der – von Bleickens these (1975) des ursprünglich nicht-normativen charakters einer lex ausgehend – den geringen anlass zur normierung in rom mit einer nur geringen Kontingenzerfahrung, einem spezifischen zeitverständnis und einem dichten Erwartungsnetz in Beziehung setzt, während erst normative setzungen normverletzungen möglich sowie dann wiederum deren Bekämpfungen nötig machten.

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8 regelkonflikte und historischer Kontext

der regel. Diese Feststellung müsste für eine antike Gesellschaft, die das Gesetz als nachträgliche Korrektur und nicht als Planungsinstrument auffasst (vgl. 8.1), besonders gelten.833 nicht zufällig steht am Ende der republik die Klage des tacitus: ex corruptissima re publica plurimae leges;834 doch liegen zwischen der Kernzeit der Konflikte und der Klage des tacitus fast zwei Jahrhunderte, und zumindest bis sulla stehen einer solchen theoretischen Bemerkung über regeln der lange Erfolg i. s. von Dauer und von Expansion der römischen republik gegenüber. auch sind nach 180 in den untersuchten Feldern zunächst weniger Konflikte zu verzeichnen als in den zwei Dekaden zuvor, was nicht nur an der Quellenlage, sondern auch an den neuen regelungen liegen dürfte. sollte stabilität das ziel gewesen sein, muss in der tat festgestellt werden, dass der senat die Magistratur nach dem zweiten punischen Krieg zunächst wieder unter seine Kontrolle bekam.835 Und doch hatte eine solche verhärtung der normen (zumindest langfristig) weitere Konsequenzen. In einem zweiten schritt ist daher darauf hinzuweisen, dass bei der Betrachtung der einzelnen Bereiche durchaus Unterschiede bei der lösung von Konfliktfällen zwischen einer flexiblen abwägung mit (expliziten oder impliziten) Prinzipien und klaren regeln deutlich wurden. Positiv betrachtet boten regeln sicherheit und Entscheidungsentlastung, negativ betrachtet wurde durch sie Flexibilität erschwert bzw. erst durch Umgehung oder verstöße gleichsam wieder erkauft. Um diese beiden aspekte, „verregelung“ und (mögliche) regelbrüche, soll es im weiteren ausschließlich gehen. Beispiele einer verregelung oder normverhärtung sind das Mindestalter für die Ämter (180) und das verbot der Iteration (151) bzw. die entsprechenden Konfliktfälle bei den Konsulaten von scipio aemilianus (148 und 135). Wie auch immer eine lex Villia annalis den politischen Wettbewerb entzerren oder aber die soziali833 vgl. weiter auch die Bemerkungen von Fögen 2002, s. 132–143 über die Geheimhaltung von (schriftlich fixiertem) recht zur Wahrung der stabilität, da es so einer Interpretation und damit Diskussion entzogen blieb. 834 tac. ann. 3,27,3; vgl. zu diesem Punkt auch Kirov 2005, s. 58 f. Für die zeit nach 133, als bröckelnder Konsens der Elite zur dauernden Positivierung von normen führte, spricht Bleicken 1978, s. 154 ff., von einer „Gesetzesflut,“ wodurch das Gesetz „hilfsmittel für alles und gegen alles“ und damit überfordert wurde. siehe auch Williamson 2005, s. 416: „the final year of the ‚free‘ republic, 44, […] saw more reported lawmaking activity than any earlier single year.“ nach Ducos 1984, s. 161 änderte sich vor allem der charakter der Gesetze, von einem reformmittel zu einem Instrument persönlicher Interessen. 835 vgl. Meier rPa, s. 62: „aber wenn es ihr [der republik, c.l.] auch zunehmend schwerer wurde, mit ausnahmen fertig zu werden, so funktionierte sie doch in der regel bis in die späte republik hinein so gut, daß fast keiner einen anlaß dazu sah, sie zu ändern.“ vgl. auch Brennan 2004, s. 57 f. mit schwerpunkt auf der stärkeren senatorischen Kontrolle der Feldherren ab 170. – hinzuweisen ist allerdings darauf, dass, nachdem rom ihre große Machtposition zu Beginn des zweiten Jahrhunderts errungen hatte, keine politischen zugeständnisse an alliierte und soldaten gemacht wurden, vgl. dafür bes. Brunt 1988, s. 68–82, hier s. 81: „thus in the changed conditions created by imperial expansion the senatorial aristocracy, blinded in part at least by short-term views of its own political and economic advantange, failed by timely concessions to satisfy the needs or aspirations of the Italian allies, the best-organized Equites, the urban plebs, the peasantry, and the soldiers.“ vgl. in diesem sinne einer „legitimitätskrise“ der nobilität für die zeit ab 133 auch Ungern-sternberg 1998.

8.2 von stabilität durch Flexibilität zur normverhärtung

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sationszeit innerhalb der Elite verlängern sollte, wie es Timmer vorschlägt, sie bedeutet in der Frage des alters eine „verrechtlichung der Magistratur“ und „Festschreibung objektiver Kriterien,“836 also eine klare regelung anstelle einer jeweiligen Prüfung, abwägung und Entscheidung im Einzelfall. Der Unterschied wird vor allem bei einer gewünschten abweichung deutlich. Während dem Konsulat von Flamininus 199 zumindest rechtlich nichts im Wege stand, musste für scipio 148 eine ausnahme erlaubt werden. Rögler hat zu recht darauf hingewiesen, dass im ersten Fall der senat die entscheidende Instanz gewesen sei, wohingegen jener im zweiten Fall eingeschränkt war.837 Während eine versammlung im Konfliktfall sowieso jeden Kandidaten wählen konnte, war der senat durch eine solche positivrechtliche norm in seiner eigenen Freiheit, abzuwägen, eingeschränkt; Gleiches gilt für das klare Iterationsverbot von 151 – nach Meier nahmen sowohl die lex annalis als auch das Iterationsverbot der „politischen Ordnung ihre Elastizität.“838 Dem ist generell zuzustimmen, auch über die speziellen Maßnahmen hinaus. Denn die Kompetenz des senats, der ja politische und weniger rechtliche Macht besaß, bestand gerade darin, Konflikte aufzulösen und dadurch zu entscheiden839 – wie es ihm m. E. bei der triumphvergabe auch gut gelang.840 Man wird vielleicht sagen können, dass die klaren regeln eine gute lösung waren, bis sie entweder vom senat selber umgangen oder aber von anderen gebrochen wurden. Dies heißt nicht, dass nicht auch vorher stillschweigende regeln und traditionen so gedehnt wurden, dass es einem Bruch gleichkam. Es heißt auch 836 Beck 2005a, s. 52; nach ihm wurde eine gesetzliche regulierung schon deshalb zum Desiderat, weil tradierte normen für den erhöhten Konkurrenzdruck im sich zuspitzenden stellenkegel nicht mehr adäquat waren (s. 398). vgl. für die Entzerrung des Wettbewerbs hier nur Jehne 2006, s. 75 und timmer 2005, s. 67 sowie 2008, s. 312 ff. 837 rögler 1962, s. 115; vgl. 3.4.1.a. Eine andere zeitliche spanne machen Kunkel/Wittmann 1995, s. 69 f. auf, die darauf verweisen, dass bei hannibal noch der senat, bei Marius dagegen das volk und die Demagogen über die Kommanden entschieden hätte. 838 Meier rPa, s. 62; vgl. auch rögler 1962, s. 122, für den die lex Villia annalis ein symbol für eine gewisse „Erstarrung der ‚res publica‘“ ist sowie für diesen Gedanken rilinger 1989, s. 489, der die „Kapazität der gewachsenen verfassung“ durch den „legalismus in der späten republik“ gesprengt sieht. 839 Für die rolle des senats als schiedsrichter vgl. nur hölkeskamp 2005, s. 126 ff. oder Beck 2005a, s. 52 f.; in diesem sinne verstehe ich auch Kunkel 1971, s. 382: „träger der verfassungsrechtlichen tradition war in erster linie der senat, dessen eigene rechtsstellung durchaus auf dem mos maiorum beruhte und von gesetzlichen Beschränkungen fast ganz frei war.“ vgl. auch die ausführungen unter 3.6. 840 Contra Gruen 1995b, der – wie unter 6.2.2 und 6.5.2 erwähnt – schon speziell die triumphvergabe zu negativ, als inkonsistent und unberechenbar darstellt (s. 63), und im anschluss daran generell für die zeit zwischen cannae und den scipionenprozessen über die Elite bemerkt: „they struggled to find a balance between the rewards of merit of the opportunities for distinction available to individuals within their ranks and the need to maintain an equilibrium in the corporate entity of the ruling class. hence, as so often in roman history, compromise and hybrid solutions emerged from a series of ad hoc decisions“ (s. 87); und weiter, s. 89: „the balance [was, c.l.] almost impossible to get right“. aus meiner sicht profitierte der senat – und zu dieser zeit auch das ganze politische system der res publica – gerade davon, dass kein Gleichgewicht gefunden wurde und statt stabilem stillstand produktives suchen und ringen herrschte. Das „muddle through“ der römer war höchst erfolgreich, vgl. anm. 91 in 2.3.

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8 regelkonflikte und historischer Kontext

nicht, dass die tatsache einer normverhärtung und -Positivierung per se schlecht war oder ist. Man kann sogar mit guten Gründen umgekehrt argumentieren, dass der „klassische“ senat mit den Konsularen an der spitze erst gerade zu jener zeit entstand, in der die beschriebene neujustierung der normen durch Gesetze stattfand.841 Und gerade neue senatoren hatten aus ihrer sicht als potentielle Magistrate auch ein Interesse an einem „objektiven Korrektiv“ gegenüber einer vielleicht symbolisches Kapitel altadliger Familien bevorzugenden senatspolitik;842 selbst im Fall einer verweigerung (z. B. eines amtes) bieten verweise auf feste regeln ja durchaus Entlastung. Generell ist hier an Steins these einer „refondation du contrat social et politique républicain“ zu folgen; für die Entstehung einer neuen Elite waren neue normen also konstitutiv.843 aber eine ver-regelung hat(te) auch nebenwirkungen: Während regeln einer Mehrheit vielleicht helfen oder auch für Einzelne angenehm sind, können sich Mächtige umgekehrt von ihnen eingeengt fühlen – was solange kein Problem sein dürfte, solange diese sich einengen lassen. Bei einer transgression von regeln aber sieht man, dass mit der sichtbarkeit der norm auch die sichtbarkeit der ausnahme steigt: an die stelle der stillschweigenden Dehnung einer Konvention trat entweder ein klares Privileg oder ein offener Bruch. Blieb letzteres bei einem bloßen versuch, bot es zunächst noch die Möglichkeit einer skandalisierung und damit Einschärfung der norm, konnte umgekehrt ein Bruch der regel nicht mehr verhindert, sondern nur noch hingenommen werden, war dies für den senat riskant, da er keine (oder kaum) Möglichkeiten einer sanktion hatte – und zwar weder als Institution noch von der Konzeption eines Konsenssystems her. Damit ist zu konstatieren, dass der senat, indem er versuchte, den Konkurrenzkampf der individuellen Bewerber zu entschärfen, indem er ihn „verregelte“ und damit objektiver und berechenbar machte, sich langfristig selber schwächte. Die verregelung bedeutete eine verringerung der diskretionären spielräume, auf denen seine Macht beruhte, kontingente Probleme zu lösen und ad hoc Entscheidungen mit der auctoritas senatus zu treffen.844 Überhaupt ließ sich gerade der auctoritas der einzelnen Mitglieder der nobilität in einem system ständiger

841 vgl. Jehne 2011a, s. 230 f.: „the result of the victory of the consulares over the consules was a decreasing world of roman politics as the other side of an increasing roman empire.“ 842 vgl. in dieser richtung Beck 2005a, s. 60 und Dreyer 2007, s. 392. 843 stein 2007, s. 150 ff., zitat s. 150; vgl. die Bewertung zur neukonstitutierung des senats in 8.1 sowie weiter s. 157: „le sénat de 200 devait paraître infiniment plus légitime aux yeux des romains grâce à 20 ans de recrutement fondé sur un mérite qui paraissait indiscutable.“ sehr negativ (oder zu sehr am späteren Ende der republik orientiert) klingt es, wenn Feig vishnia 1996, s. 203 schreibt: „not only were the rules of fair competition unsettled, but the social structure which supported the oligarchyʼs rule began to disintegrate. the resilient nobiles, however, believed that they had solved both problems; laws now enforced the traditional patterns of office-holding and ethics. these measures, however, proved ineffective.“ 844 vgl. – nur auf die lex Villia annalis bezogen – auch rögler 1962, s. 123: „neben die traditionelle auctoritas senatus trat das recht der positiven norm. schließich war es dieses recht, das als erfolgreichstes Kampfmittel gegen die gewohnheitsrechtliche allmacht des senats in anwendung kam.“

8.2 von stabilität durch Flexibilität zur normverhärtung

299

abwägung zwischen rechtsprinzipien besser rechnung tragen, als bei dem rekurs auf starre regeln.845 Weiter boten erst klare regeln die Möglichkeit zu offener Devianz und damit auch dem, was man in anlehnung an Hölscher mit „Devianz als politischer habitus“ bezeichnen kann und was den Protagonisten ermöglichte, Prestige durch normverstöße zu erwerben.846 Während ich Hölscher darin folge, dass die staatsmänner in der späten römischen republik mit öffentlichen Bauten und privatem lebensstil untereinander konkurrierten, den rahmen der herkömmlichen Ordnung dehnten und am Ende brachen, so bin ich doch skeptisch, inwieweit die sichtbarkeit der transgression von normen diese wirklich akzeptabel machte. Die versuche des Pompeius, mit Elephanten seinen ohnehin schon ungewöhnlichen und hervorstechenden triumph noch weiter zu steigern, sollten ja laut Plutarch (Pomp. 14,4) die Empörten weiter kränken, was zeigt, dass die markante leistung gerade in einer noch tolerierten, aber eben nicht akzeptierten Dreistigkeit lag. Es bleibt hier auch das Problem, wie man eine akzeptable normüberschreitung „messen“ sollte; der klassische Indikator einer sanktionshöhe und -bereitschaft ist für die römische republik nicht gut anwendbar, da sanktionen, wie gesehen, nur äußerst selten vorkamen. auch wenn es kein sauberes Kriterium ist, wird man um „den Konsens der Mehrheit inklusive der abwesenheit von Widerspruch“ nicht herumkommen, durch den eine handlung als ordnungsgemäß oder unangemessen bewerten werden konnte.847 Bei der seltenen verhängung einer sanktion kamen dagegen wieder die Blockademöglichkeiten der verschiedenen Institutionen zum tragen, so dass eben auch für eine sanktion fast „Einstimmigkeit“ erzielt werden musste. Besser war es also, Grenzüberschreitungen von vornherein zu verhindern. 845 Damit bietet das Modell eines Übergangs von Prinzipien hin zu regeln eine mögliche antwort auf die von hölkeskamp 2009 aufgeworfenen Fragen nach Ursachen und Bedingungen für eine geringere Flexibilität und anpassung in der römischen republik (s. 8–11) und damit die geringere Kapazität zur regulierung inhärenter und unvermeidlicher Kollisionen (s. 25). – stabilität durch Flexibilität ist für rechtsordnungen keine grundsätzlich widersinnige Konstruktion; vgl. beispielsweise Dreier 2009, der in modernen verfassungen die notwendigkeit von Änderungsmöglichkeiten betont und einer verfassung erst nach ihrer „‚auslieferung‘ an die amending power“ zugesteht, „veränderungen nunmehr als inneren adaptionsprozeß, als internen Konfliktverarbeitungsmechanismus“ zu begreifen und so „selbstreflexiv“ zu werden (s. 46), was dann evolutionäre verfassunsgsveränderung anstelle revolutionärer verfassungsdurchbrechung ermögliche (s. 76); daran schließen sich s. 92 f. seine Bemerkungen zu den Möglichkeiten durch art. 146 GG an (vgl. anm. 41 in 2.1). 846 hölscher 2004, s. 83 und passim, spricht von transgression als politischer habitus; 2009, s. 176 spricht er vom „habitus der Provokation etablierter normen und verhaltensmuster.“ Dabei sieht hölscher im dem „‚system‘ von Provokation und akzeptanz des scheiterns“ durchaus eine „ – wenngleich labile – Kohärenz;“ und damit neben einer „Kultur in der Krise“ auch eine „Kultur der Krise“ (s. 181), was durchaus für eine neue auffassung von normen spricht. 847 vgl. in dieser richtung schon rögler 1962, s. 98: „Es lag somit in der Geschlossenheit des senats und der in ihm verkörperten herrschenden Gesellschaft die einzige rechtfertigung der ausnahme, die spätere Generationen und die moderne Konzeption des römischen ‚staatsrechts‘ als verfassungswidrig bezeichneten.“ vgl. die Überlegungen von David 1993, s. 224, wobei die rolle der opinion publique wohl über die Geschlossenheit des senats hinausgeht.

300

8 regelkonflikte und historischer Kontext

Das austesten von Grenzen ist kein Phänomen allein der späten republik: 210 zieht es Marcellus vor, sein Kommando vor einem entsprechenden senatsbeschluss freiwillig zu tauschen (liv. 24,9,5). auch wenn er so nach außen hin eigenständig handelt, tritt im hintergrund klar die Kompetenz des senats zutage. Man könnte auch argumentieren, dass er dem senat abnahm, einen erfolgreichen Feldherren zu einem tausch der Provinzen zwingen zu müssen. Ganz anders der Fall von scipio africanus nur fünf Jahre später. Im Bericht von livius (26,29,1–9) reichen die langen reden von Q. Fabius Maximus und Q. Fulvius Flaccus, zwei der berühmtesten römer der damaligen zeit, nicht aus, es bedarf vermutlich noch der Drohung der volkstribunen, einen volksbeschluss effektiv zu verhindern, bevor scipio nachgibt und den senatsbeschluss formal akzeptiert. Im hintergrund der Episode 205 erscheint damit (jedenfalls bei livius) nicht die Kompetenz der senats, sondern der versammlung. Unklar ist, ob scipio am Ende mit der Erlaubnis, wenn es die staatsraison gebiete, nach afrika übersetzen zu dürfen, nun eine Belohnung seiner Forderung erhält oder der senat nicht schon hier eine regeldehnung erlaubt, um einen offenen Bruch der regel zu vermeiden, ein nachgeben in der sache zur Wahrung der Form – ein verhalten, das Christian Meier exempla-hegung genannt hat.848 Dass eine solche Politik im laufe der republik immer schwieriger wurde, ist eine andere sache. regelverständnis und Konsens veränderten sich.849 Während nach Beck schon ein Fabius Maximus für die Erfahrung stand, dass in militärischen situationen regeln gedehnt oder suspendiert werden mussten, was die Ordnung im Ergebnis aber aushielt, ist der hauptprotagonist für Hölschers transgression von normen als politischer habitus (nicht überraschend) Pompeius Magnus, dessen ganze laufbahn von cicero zu recht als ausnahme beschrieben wird und dessen sondergenehmigungen und angetragene Ehrungen (nicht nur in rom, sondern im Imperium) seinem ziel, „immer der Erste zu sein,“ dienten, aber dabei den leistungsrahmen der res publica sprengten.850 848 Meier 1979, s. 54 (siehe dazu auch nippel 2008, s. 124) sowie bes. Meier 1975. vgl. für den Kompromiss am Ende dieser Episode bei livius auch Feig vishnia 1996, s. 69. Bereits am Beginn seiner „laufbahn“ verhielt sich scipio mit seiner stark ausgeprägten verwandtschaftlichen Großzügigkeit und beispielsweise Jagdausflügen anstelle von Gerichtspatronaten und ständiger Präsenz auf dem Forum eher nonkonform, vgl. harders 2008, s. 121–128, die für scipio vom „Erfolg trotz der Devianz von der norm“ spricht (s. 127). – Für das risiko eines (unsanktionierten) regelbruchs als argument für weitere transgressionen von normen bis hin zur Entstehung neuer regeln vgl. generell Kapitel 2; für Webers ‚normative Dignität von regelmäßigem‘ anm. 37, für möglichen normwandel bei Popitz oder Durkheim anm. 52, für eine neu entstehende rule of recognition von hart oder eine neue spielgemeinschaft bei huizinga anm. 63. 849 vgl. hierzu crawford 1976, s. 216: „an important part of the history of transition from republic to Empire is the history of the breakdown of one consensus and the emergence of another. Both consensuses were those of the well-to-do, in whose hands lay much of the power, however they chose to use it.“ Contra Gruen 1995a [1974], s. 500. 850 Beck 2005a, s. 407; nach hölscher 2004, s. 103 wird durch die anrede von Pompeius als „Magnus“ durch sulla die größte Ungesetzlichkeit des unerhörten Kommandos von Pompeius mit Bewunderung ausgezeichnet anstatt mit einer eigentlich fälligen sanktionierung belegt. zur ausnahme-Karriere: cic. imp. Pomp. 62: Quid tamen singulare quam ut ex senatus consulto legibus solutus consul ante fieret quam ullum alium magistratum per leges capere licuisset?

8.2 von stabilität durch Flexibilität zur normverhärtung

301

Mit dieser Einschätzung von normverhärtung als ausgangspunkt von ständiger Diskussion um neujustierung bei gleichzeitiger Unflexibilität und möglicher sichtbarer Devianz wird nicht behauptet, dass hier ein Prozess beginnt, an dem die republik letztlich scheitern musste. Die analyse der regelkonflikte bietet aber doch das Bild einer Gruppe von Entscheidungsträgern, deren Konflikte nicht mehr flexibel gelöst, sondern eher ge- und verregelt werden, deren Disposition zum nachgeben geringer wird und deren inhärente verhinderungsmechanismen sowohl für Blockaden sorgen als auch (z. t. gewaltsam) übergangen werden. Dass normverhärtung als reaktion auf regelkonflikte nicht nur eine lösung war, sondern teil des Problem wurde, dürfte deutlich geworden sein. zugleich war diese Entwicklung mit sicherheit mehr als nur ein stein im Mosaik des langfristigen niedergangs der senatsherrschaft. Eine feste norm mag für jeden Einzelnen rechtssicherheit und Planbarkeit bieten sowie vielleicht die sichtbare transgression erlauben; aus sicht des senats (wie wohl jeder aristokratischen oder oligarchischen herrschaft) war eine verringerung diskretionärer spielräume ein Machtverlust. Ob dies aus sicht der res publica insgesamt gut oder schlecht war, kann nicht abschließend gesagt werden, denn das hieße genau zu wissen (oder zumindest festzulegen), was die römische republik sein sollte.

quid tam incredibile quam ut iterum eques Romanus ex senatus consulto triumpharet? Quae in omnibus hominibus nova post hominum memoriam constituta sunt, ea tam multa non sunt quam haec quae in hoc uno homine vidimus. zu den Ehrungen von Pompeius und seinen reichtümern, welche den rahmen der republik sprengten und vorbild und anreiz für caesar wurden, vgl. u. a. crawford 1976, s. 216. Für die Besonderheiten bei Pompeius gerade schon vor 70 siehe jetzt, entgegen älteren auffassungen, vervaet 2009, bes. s. 430 ff., der dessen Karriere von „spectacular irregularities, stunning presumption and outright ursupation“ (s. 430) gekennzeichnet sieht. Für das Motiv, immer der Erste sein zu wollen, vgl. Dahlheim 2000, s. 230 (mit dem Bezug auf hom. Il. 11,783 f.: „Peleus, der Greis, ermahnte den sohn und riet dem achilleus | Immer der erste zu sein, und sich auszuzeichnen vor allen.“). Umgekehrt hat Flower 2010, s. 31 erneut unterstrichen, wie viele chancen für politische reformen Pompeius ausließ. hier ist an das Diktum von heuss 1963, s. 237 zu erinnern, dass Pompeius „sein leben lang nicht begriff, wo in Wirklichkeit sein Platz war, und deshalb zum eigentlichen totengräber der republik wurde.“

9 zUsaMMEnFassUnG ausgangspunkt dieser arbeit war (und ist) die Überzeugung, mit hilfe eines theoriegeleiteten regelbegriffs und einer Fragestellung nach normen im Konflikt neue Ergebnisse aus bekannten Fällen und Quellen der römischen republik gewinnen zu können. Untersucht worden sind regelkonflikte – also streitfälle mit jeweiligem Bezug auf ein recht, eine regel – anhand vier großer Felder: der Wahlen, der Provinzvergabe, des sakralrechts und der triumphvergabe. In allen Bereichen werden Ehren „von der Elite für die Elite“ vergeben, was im normalfall nach regeln erfolgte, um die aber auch konkurriert und damit gestritten wurde. Besonders die Unterscheidung von regel und Prinzip konnte in diesen Fallstudien fruchtbar gemacht werden; während regeln klar und fest sein sollen, muss bei Prinzipien immer abgewogen und die Entscheidung im Einzelfall getroffen werden. viele der „Kriterien-bezogenen normen“ in rom – wie die vorschriften zur Wahl, die sortitio als Mechanismus zur Provinzvergabe und besonders die Kriterien für die triumphvergabe – lassen sich am besten als flexible Prinzipien auffassen. andere, wenige Kriterien lassen sich dagegen als feste regel konturieren, wie die regelung des Mindestalters für das Konsulat durch die lex Villia annalis 180 oder aber das Kriterium „amt“ für einen triumphzug. solche festen regeln konnten allenfalls gebrochen oder durch eine ausnahmegenehmigung umgangen werden, wurden aber nicht ständig gegen andere Kriterien abgewogen, wie das bei der Mehrheit der Kriterien der Fall war. In dieser flexiblen abwägung von Fall zu Fall war die starke stellung der senats begründet, der in solchen Fällen das zentrum der Diskussionen bildete und ad hoc Entscheidungen traf. Betrachtet man allerdings die „Institutionen-bezogenen normen,“ so steht dieser politischen rolle des senats die große normative Kraft des jeweils letzten Beschlusses der volksversammlung gegenüber, die sich – das haben alle Untersuchungen gezeigt – im Konfliktfall immer durchsetzen konnte. Da neben senat und volksversammlung noch die Bereiche des pater familias und des sakralrechts treten, führen Fragen nach einer normen- oder Institutionenhierarchie aber nicht weiter. stattdessen muss von einem nebeneinander verschiedener Geltungssphären in rom ausgegangen werden. Diese Beobachtung korrespondiert zunächst mit der flexiblen abwägung von Fall zu Fall bei regelkonflikten, impliziert aber auch inhärente Blockademechanismen. Entscheidungen lassen sich in rom fast nur im Konsens treffen, zumindest darf es gegen eine Entscheidung keinen Widerspruch geben. Gesenkt werden diese sehr hohen Entscheidungskosten durch eine große homogenität der Gruppe der Entscheidungsträger – was die rolle von sozialisation und normtradierung betont. Ein entscheidendes Ereignis ist daher die neue zusammensetzung der Elite nach den schweren verlusten durch cannae. Die Einschärfung und Positivierung von normen, die Fixierung von traditionen bei der Etablierung einer neuen Führungsschicht ist sowohl eine Erklärung für die vielen verschiedenen Gesetze, die anfang des zweiten Jahrhunderts politisches und privates

leben zu regeln beginnen, als auch für die zur gleichen zeit vermehrt auftretenden regelkonflikte. an die stelle von stabilität durch Flexibilität tritt eine verhärtung der normen, was zunächst zu einer erfolgreichen regelung des politischen Wettbewerbs und zu stabilität im Inneren bei gleichzeitig weiterer Expansion führt. Eine solche normverhärtung bedeutet aber auch, dass Devianz stärker sichtbar wurde, dass eine transgression von normen sogar die Profilierung ermöglichte und vor allem, dass in Einzelfällen seltener flexibel abgewogen wurde. Das schwächte die stellung des senats entscheidend, da seine diskretionären spielräume zunehmend geringer wurden.

rÉsUMÉ les Conflits des Règles à Rome. validité et pondération des normes dans la Rome républicaine lʼélément central de cette étude tient dans le concept de conflit de règles dans la république romaine et se penche sur les quatre champs de recherche suivants : les élections, la distribution des provinces, les règles religieuses et enfin lʼoctroi du triomphe. ce travail se base sur une approche théorique des règles et montre quʼà rome, les normes ne peuvent être considérées comme des règles fixes, mais bien plus comme des principes flexibles. la continuelle pondération (ou bien évaluation) de ces principes et dʼailleurs lʼensemble des discussions sur les normes en vigueur à rome se font au sénat qui occupe ainsi un puissant rôle dʼarbitrage. cependant, si lʼon prend en considération la force normative des décisions des assemblées populaires, tout comme le rôle du pater familias ou encore les très particuliers règles religieuses, on en conclue quʼil ne peut être question dʼune hiérarchie de normes ou dʼinstitutions, mais plutôt dʼune coexistence de sphères différentes de validité. celles-ci ont comme conséquence une grande flexibilité mais peuvent engendrer de nombreux mécanismes dʼobstruction. seul le grand consensus des décisionnaires évite des situations de blocage. cʼest la bataille de cannae qui constitue un tournant. En effet, les fortes pertes humaines entraînent la formation dʼune nouvelle élite dont la socialisation a pour conséquence une positivation et ainsi une plus forte rigidité des normes : il y a de plus en plus de règles et de moins en moins de décisions sont prises cas par cas. Bien que ce développement permette de conserver la stabilité politique, il implique, à long terme, un affaiblissement important du rôle du sénat qui perd de sa capacité dʼaction discrétionnaire.

aBstract Rules in Conflict. validity and Evaluation of Norms in the Roman Republic the key element in this study is the concept of conflicting rules in the roman republic. the study focusses on four major institutions: elections, allocation of provinces by lot, religion-related norms and the awarding of triumphs. Drawing on a theory-based approach to the concept of rules, it will be argued that the majority of norms in rome are not to be understood as strict rules but rather as flexible principles, thus necessitating constant consideration and evaluation. this process of discussion and subsequent decision took place above all in the senate, which in due course acted as a powerful arbitrator. Given the enormous normative power of the latest relevant vote of a roman assembly on the one hand, and of religion-related norms on the other hand, one can, however, neither speak of a hierarchy of norms nor of a hierarchy of institutions. Instead, different spheres of norms and validity emerge, which create a situation where decisions can only be made based on a broad consensus and where the risk of a political stalemate always prevails. Because of the formation of a new elite in the wake of the devastating loss at cannae, when new men entered the senate on a large scale, the emergence of this elite was enhanced by means of legislation, which transformed custom and implicit norms into regulations which were explicit but also more rigid. More and more rules were followed and complied with, less was decided case by case. although this development led to success in terms of stability and further expansion, it turned out to be fatal in the long run for the senate as the decision-making institution, which lost its position as the arbitrator in cases of conflicts.

ANHANg

DIE UntErsUchtEn KOnFlIKtE – EInE ÜBErsIcht Die tabelle enthält alle Konflikte, die in der arbeit in den vier ausgewählten Bereichen – Wahlen, Provinzvergabe, sakralrecht, triumphvergabe – diskutiert und dabei immer eingangs chronologisch aufgelistet werden. zusätzlich sind noch einige Fälle aufgenommen, die im verlauf der arbeit an späterer stelle thematisiert werden, etwa für weitere aspekte im Bereich des sakralrechts (5.3.2) oder für das Phänomen der ungeklärten rechtsverhältnisse und negative powers (7.2). Für nur kursorisch gestreifte und exemplarisch erwähnte Fälle zur Erläuterung einer diskutierten norm oder normtransgressionen in anderen Bereichen sei auf die weiteren Indices verwiesen. Die erste spalte der tabelle gibt die auch in der arbeit durchgängig als Kennung benutzte Jahreszahl an, die zweite das Gebiet des Konflikts, wobei mitunter mehrere Bereiche tangiert sind. sakralr (a) und (b) folgt der Unterteilung zwischen Konflikten, zumeist Formfehlern, im auguralrecht (a) und den Konflikten mit pontifices (b). vier sterne bedeuten, dass der Konflikt außerhalb der vier großen Felder liegt, zusätzlich sind Bezüge zum Bereich des pater familias vermerkt. Die genannten akteure können miteinander oder gegeneinander streiten, hier geht es nach Bekanntheitsgrad und Überlieferung. Der Inhalt ist bewusst knapp gehalten, er dient mehr der schnellen suche als der Information; für letztere sei auf die chronologischen Durchgänge verwiesen. Bei den stellen sind im Gegensatz zu den anderen Indices anmerkungen nur dann aufgeführt, wenn nicht auch die entsprechenden seiten genannt sind. Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

460

Wahlen

abgelehnte Wiederwahl des Konsuls.

62; 92 f.; 113

449

Wahlen

l. Quinctius cincinnatus

449

triumphe

444

sakralr (a) c. curtius Philo

419

sortitio/ pater familias

495

triumphe

P. servilius Priscus/ ap. claudius sabinus

M. Duilius

l. valerius Potitus/ M. horatius Barbatus

triumph auf Beschluss des volkes, nachdem der Kollege im Konsulat einen Beschluss im senat blockiert.

verhinderung der Wiederwahl von volkstribunen.

triumph gegen den Willen des senats.

Formfehler bei der Wahlvorbereitung führt zu rücktritt der Militärtribune.

a. 514; 190; a. 581; 199; 231; 251

62 f.; 93; 111 f.; 116

191; 199; 231; 237; a. 724; 251 146

Q. servilius Priscus

vater setzt für seinen sohn verzicht auf losung fest.

122; 133; 263

trotz Kritik werden volkstribune ernannt und nicht gewählt.

63; 93

401

Wahlen

cn. trebonius

385

****

a. cornelius cossus/ M. Manlius

volkstribunen wagen es nicht, sich einem Diktator zu widersetzen.

268 f.

310

anhang

Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

363

****

l. Manlius capitolinus Imperiosus

116; 268 f.

357

****

volkstribune bringen Diktator, der nach dem Einschlagen eines nagels noch im amt bleiben wollte, zum niederlegen seiner Diktatur.

356

Wahlen

zwei pat. Konsuln.

63; 97 f.

353

Wahlen

c. Marcius rutilius

streit um pleb. Konsul.

63

351

Wahlen

c. Marcius rutilus

379

356

352

sortitio

triumphe

Wahlen

P. Manlius capitolinus/c. Manlius

cn. Manlius capitolinus Imperiosus M. Fabius ambustus c. Marcius rutilius



350

Wahlen

341

sakralr (a) –

339

triumphe

337

sakralr (a) c. claudius Inregillensis/c. claudius hortator

337

l. Furius camillus

t. aemilius Mamercinus

Kommando sine sorte extra ordinem – kein Konflikt.

verbot einer volksversammlung außerhalb der stadt rom.

a. 803

Der erste pleb. Diktator triumphiert sine auctoritate patrum populi iussu.

191; 199; 231; 237; 251

zwei pat. Konsuln – kein Konflikt. Wahl eines pleb. Konsul nach Widerstand. zwei pat. Konsuln.

Interregnum nach religiösen Bedenken.

ablehnung eines triumphwunsches. Diktator und mag. equ. treten nach einem Formfehler zurück.

Wahlen

Q. Pubilius Philo

Erster pleb. Prätor trotz Widerstand.

335

sortitio

M. valerius corvus

334

sakralr (a) P. cornelius rufinus/ M. antonius

Bereich extra ordinem – kein Konflikt.

327 326

sakralr (a) M. claudius Marcellus triumphe

Q. Publilius Philo

310

****

ap. claudius caecus

308

Wahlen

ap. claudius caecus

304

Wahlen

cn. Flavius

298

Wahlen

ap. claudius caecus

298

Wahlen

Q. Fabius Maximus rullianus

123; 134

63; 97 f. 63

63; 97 f.; 104; 106 147

a. 546; 191; 207; 232; 244; 251 147

63; 107; 114; a. 631 123; 134

Diktator und mag. equ. treten nach einem Formfehler zurück.

147

Erster triumph nach Ende der amtszeit.

191; 251

Diktator tritt nach Formfehler zurück. 147–149; 176

Der zensor führt seine zensur über die Frist hinaus und ohne Kollegen weiter; drei volkstribune helfen ihm gegen andere volkstribune, die einschreiten wollen.

116; a. 318; 269

schreiber legt seine schreibtafeln ab, um ernannt zu werden.

64; 99; 113

Erneutes Konsulat für Fabius Maximus.

64; 86; 92

Wahl zum Konsul erst nach aufgabe der zensur.

64; 82

Pleb. Kandidat wird nicht berücksich- 64 tigt.

311

Die untersuchten Konflikte – eine Übersicht Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

296

Wahlen

295

sortitio

Q. Fabius Maximus rullianus

Erneutes Konsulat für Fabius Maximus.

65; 86; 92; 100; 108

294

triumphe

M. atilius regulus

294

triumphe

l. Postumius Megellus

293

sakralr (a) –

293

sakralr (a) l. Papirius cursor Wahlen

l. Postumius Megellus

291

triumphe

263

triumphe

Q. Fabius Maximus Gurges

260

triumphe

254

triumphe

249

sakralr (a) P. claudius Pulcher

249

****

242

sakralr (b) a. Postumius albinus/ l. caecilius Metellus

241

297

291

Wahlen

Q. Fabius Maximus rullianus

P. Decius Mus

Fabius Maximus nimmt keine stimmen für sich an.

Konsul fordert vergeblich eine losung ein.

Kein triumph auf Grund zu großer verluste.

triumph gegen den senat und ohne volksbeschluss, mit hilfe dreier volkstribune gegen sieben. volkstribune treten vitio creati zurück.

65; 86 f.; a. 256

123; 128; 130; 135 191; 204; 207; 251

191 f.; a. 605; 207; 236– 239; a. 716; 243 f.; 249–251; 269 147

Falsche Meldung guter auspizien.

a. 441

triumph nach hilfe des vaters.

192

M. valerius Messala/ Mʼ. Otacilius crassus

von zwei Konsuln darf nur einer triumphieren.

192; 210; 251

ser. Fulvius nobilior

Triumphus navalis trotz des fast vollständigen verlusts der Flotte.

192

c. Duilius

Der Interrex und Wahlleiter wird als Konsul gewählt.

Erster triumphus navalis.

Missachtung der auspizien (Ertränken der hühner).

65; 86 f.; 104 f.; 239; 274

a. 546; 192; 212

a. 261; a. 441

P. claudius Pulcher/ claudius Glicia

Der zum Diktator ernannte Gerichtsdiener Glicia muss zurücktreten.

99; 116 f.; 283

triumphe

c. lutatius catulus/ Q. valerius Falto/ atilius calatinus

Der eingesetzte schlichter gewichtet das imperium des Konsuls höher als das des Prätors.

232

****/pater familias

c. Flaminius

231

triumphe

c. Papirius Maso

Der vater des amtierenden volkstribunen Flaminius führt diesen Kraft seiner patria potestas von der rednerbühne weg.

192; 194; 210; a. 630; 219; a. 661; 232; 251

223

sakralr (b) M. cornelius cethegus/Q. sulpicius

223

sakralr (a) c. Flaminius

Der pont. max. hindert den flamen Dialis daran, rom zu verlassen.

158; 163– 165; 170; 172–174

a. 12; a. 205; 263

nach ablehnung des triumphwunsches erster triumphus in monte Albano.

192; 204; a. 716; 246; 248; 251

Keine auspizien in rom eingeholt.

a. 441; a. 509

rücktritte von flamines.

158

312

anhang

Jahr

Bereich

221

sakralr (a) c. Flaminius

217

Wahlen

217

sakralr (a) c. Flaminius

215

sakralr (a) M. claudius Marcellus

223

215

triumphe

Akteur(e)

c. Flaminius/P. Furius Philo

c. terentius varro

sortitio

Q. Fulvius Flaccus

215

Wahlen

Q. Fabius Maximus

215

sakralr (b) Q. Fabius Maximus/ M. aemilius regillus

213

inhalt

triumph auf Beschluss der volksversammlung. rücktritt nach Fiepsen einer spitzmaus.

65; 104 f.

Prätor bleibt extra ordinem in rom.

123

Keine auspizien in rom eingeholt.

a. 441

rücktritt nach Donner bei der aufnahme der auspizien.

65; 99–101; a. 269; 110; 118; 120; 137; 147– 150; 155; 176

Unterbrechung nach der centuria pra- 13; 66; 85; erogativa; amtierender Konsul und 88; 104–110; Wahlleiter wird gewählt. 120 Bei der Wahl (s. o.) wird u. a. der flamen Quirinalis verhindert.

158; 163; 170; 173; 176

Wahl zum aedil trotz vorgeblich zu geringen alters.

67; 75–77; 90; 117; 120

Flamen Dialis tritt nach falschem Opfer zurück.

158; 169

123; 130; 300

Q. Fabius Maximus

213

Wahlen

211

Wahlen

P. cornelius scipio (africanus)

211

sakralr (b) c. claudius

211

triumphe

M. claudius Marcellus

Kein triumph auf Grund des fehlenden heeres; dafür eine ovatio.

210

sortitio

M. claudius Marcellus

210

Wahlen

Q. Fulvius Flaccus/ Q. Fabius Maximus

Marcellus bietet nach Protesten der sikuler einen tausch seines Bereichs an.

209

sakralr (b) P. licinius crassus Dives/c. valerius Flaccus

209

sakralr (b) c. Mamilius atellus

147; a. 441

Konsulwahl nach rücktritt des Diktators und Interregnum.

Wahlen

t. Manlius torquatus

stellen

192; 199; 207; 231; 237; 247; 251

Der sohn von Q. Fabius Maximus wird unter dessen Wahlleitung gewählt.

Manlius verweist auf sein augenleiden und empfiehlt seinen sohn.

Wahl von Wahlleiter und amtsinhaber trotz großer Proteste. Der pont. max. zwingt valerius Flaccus, sich zum flamen Dialis weihen zu lassen.

streit um Wahl eines pleb. curio maximus.

66; 104 f.

67; 108

a. 514; a. 527; 192 f.; 201; 208; 212–214; 221; a. 661; 232; 247; a. 753; 251

67; 87 f.; 92; 105–107; 110; 119; 259; 274

158; 166; 169; 171; 175; 277

120; 159; 167; 169; 258

313

Die untersuchten Konflikte – eine Übersicht Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

206

triumphe

P. cornelius scipio (africanus)

Kein triumph, da noch kein amt.

205

sortitio

P. cornelius scipio (africanus)

sizilien extra ordinem; streit um Erlaubnis, nach afrika überzusetzen.

193; 212 f.; 221; a. 661; 232; 234; a. 731; a. 742; 251; 275

203

Wahlen/ pater familias

c. servilius Geminus

nachträglich rechtliche Probleme mit Ämtern nach der Befreiung des vaters aus Kriegsgefangenschaft.

207

202 202

triumphe

sortitio

M. livius salinator/ c. claudius nero

M. servilius Geminus/ ti. claudius nero

losung um africa, trotz vorherigem Entscheid der tribus für P. scipio.

193; 209– 211; 220; 228

123 f.; 129 f.; 134–136; 170–172; 257; 300

67; 83 f.; 263 124; 130

rücktritt zweier aedile als vitio creati.

147

sakralr (b) licinius crassus Dives/P. sulpicius Galba

streit um ein Gelübde von spielen.

159; 167– 169; 173; 176; 274

200

triumphe

l. cornelius lentulus

Kein triumph, da noch kein amt; dafür eine ovatio.

200

triumphe

l. Furius Purpureo/ c. aurelius cotta

Prätor bekommt einen triumph, obwohl er mit dem heer des Konsuls und in dessen Provinz Krieg geführt hat.

199

Wahlen

t. Quinctius Flamininus

Konsulat direkt nach der Quästur.

198

triumphe

l. Manlius acidinus

197

sortitio

c. cornelius cethegus/ Q. Minucius rufus

triumph ohne amt nicht möglich; volkstribun verhindert eine ovatio.

197

triumphe

c. cornelius cethegus/ Q. Minucius rufus

200 200 200

sakralr (a) P. aelius tubero/ l. laetorius

Beide Konsuln bekommen einen triumph; Problem einer gemeinsamen Feier.

sortitio

cn. cornelius lentulus/ volksbeschluss statt losung. l. stertinius

sakralr (b) c. valerius Flaccus

Bruder schwört für den flamen Dialis und aedilen dessen amtseid.

volkstribune hindern die Konsuln an der losung, der senat setzt für beide Italien fest; Kommando von Flamininus wird verlängert. nur einer der beiden Konsuln darf triumphieren; Minucius triumphiert auf dem albaner Berg.

124

159; 165; 169; 176; 272

193; 198 f.; a. 602; 212; 232; 251; 259 194; 208; a. 619; 210; 213 f.; 219; 229 f.; 232 f.; 251; 259; 274 f.

67 f.; 75; a. 183; 78 f.; 117 f.; a. 783; a. 807; 297

194; 199; 212; 251; 259 124 f.; 134

194; 210; a. 646; 244; 247 f.; 251; 259

314

anhang

Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

196

triumphe

cn. cornelius Blasio

Prokonsul bekommt eine ovatio.

195

triumphe

M. helvius

194; 198; 212; 232; 247; 251

194

sortitio

l. cornelius scipio

193

triumphe

l. cornelius Merula

191

triumphe

190

sortitio

P. cornelius scipio nasica

190

Wahlen

M. aemilius lepidus/ M. Fulvius nobilior

190

triumphe

Mʼ. acilius Glabrio

189

sakralr (b) P. licinius crassus Dives/Q. Fabius Pictor

189

sortitio

Q. Fabius Pictor

189

Wahlen triumphe

Q. Fabius labeo

angeblich erneute verhinderung des ersteren durch letzteren (wie 190).

68; 107

188

M. aemilius lepidus/ M. Fulvius nobilior

187

sortitio

M. aemilius lepidus

126; 134

187

triumphe

cn. Manlius vulso

senat bestimmt für beide Konsuln, trotz deren Proteste, das Gebiet der ligurer.

187

triumphe

M. Fulvius nobilior

triumphdebatte ohne Warten auf den Konsul.

185

Wahlen

P. claudius Pulcher

Wahlleitung durch den Bruder des Kandidaten.

196

192

sortitio

sortitio

l. Furius Purpureo/ M. claudius Marcellus

M. Baebius tamphilus

l. cornelius scipio/ c. laelius

volkstribune verhindern eine losung der Konsuln über Makedonien.

Ovatio trotz Kampfes unter fremdem Oberbefehl. senat legt erneut für beide Konsuln Italien fest.

125; 134

194; 210; 230; 233; 251 125; 134

triumphwunsch wird abgelehnt.

194; 199; 207

triumph trotz Einwände eines volkstribunen.

194; 199; 207; 244; 251

Ersterer hat seine Provinz verlassen; letzterer soll diesen als zunächst allein gewählter Konsul verhindert haben.

68; 100; 107

Der pont. max. verbietet dem Prätor und flamen Quirinalis den aufbruch in die Provinz.

159; 163– 165; 169; 173 f.; a. 773

senat und volksversammlung ändern die losung, um das spanische Kommando zu verlängern.

streit um Griechenland als Bereich, statt losung entscheidet der senat.

triumph ohne heer.

nach dem verbot (s. o.), gibt die volksversammlung dem Prätor und flamen Quirinalis nachträglich die Fremdenprätur.

triumph fast ohne leistung.

Große Debatte um den triumph, der am Ende bewilligt wird.

125; 130; 134 f.

125; 128; 134; a. 788

194; a. 611; 209; 212; a. 646; 251

125 f.; 134; 136 f.

194; 204; 213; 218

194 f.; a. 609; 206 f., 212 f.; a. 677; 232; 251; 275 195; 199; 210; 213; 230; 251

68; 104 f.; 130; 251

315

Die untersuchten Konflikte – eine Übersicht Jahr

Bereich

184

sortitio⁄ c. valerius Flaccus sakralr (b)

184

Wahlen

Q. Fulvius Flaccus

182

Wahlen

180

cn. und M. Baebius tamphilus

sakralr (b) c. servilius Geminus/ l. cornelius Dolabella

185

180

triumphe

triumphe

Akteur(e)

l. Manlius acidinus Fulvianus

P. cornelius cethegus/ M. Baebius tamphilus Q. Fulvius Flaccus

inhalt

stellen

Für den neugewählten Prätor und flamen Dialis wird die rechtsprechung in rom erlost.

126; 129; 134; 136 f.; 160; 165; 169

Ovatio ohne heer.

nach langem streit um die Kandidatur des amtierenden aedilen wird auf die nachwahl zur Prätur komplett verzichtet. Konsul kommt als Wahlleiter nach rom, da sein Bruder kandidiert.

195; 209; 212; a. 649; 228

68; 81 f.; a. 269; 111–114; 117; 258 69; 104 f.

Dolabella soll rex sacrorum werden.

160; 166

triumph ohne Krieg.

195; 204; 218 f.

179

triumphe

triumph ohne große leistung.

177

sakralr (a) c. claudius Pulcher

Keine auspizien in rom eingeholt.

176

sakralr (b) P. licinius crassus/ M. cornelius scipio Malugensis

zwei Prätoren verzichten aus religiösen Gründen darauf, nach spanien zu gehen.

195; 204; 213; 218 f.

156; a. 441; a. 803 160 f.; 166; 176; a. 617

176

sakralr (a) Q. Petillius spurinus ****

Q. Fulvius Flaccus

Fehler bei der vogelschau.

a. 441

172

triumphe

c. cicereius

171

sortitio/ P. licinius crassus/ sakralr (b) c. cassius longinus

vierter und (bis zu caesar) letzter triumphus in monte Albano.

195; 247 f.; 251

167

triumphe

Große Debatte um den volksbeschluss für den triumph.

162

sakralr (a) ti. sempronius Gracchus/P. cornelius scipio nasica/ c. Marcius Figulus

108 f.; a. 514; a. 516 f.; 196; 201; a. 599; a. 746

173

159

aemilius Paullus/ servilius Galba/ M. servilius

zensor wird für die abdeckung eines tempels vom senat gerügt.

senat ordnet nach streit (mit Bezug auf 176) die losung an.

Wahlleiter erinnert sich im nachhinein an einen Formfehler; Konsuln werden zurückgerufen und treten zurück.

a. 764

126; 134; 160 f.; 173; 176 f.; a. 768

90; 148; 150 f.; 176

152

sakralr (b) cn. tremellius/ M. aemilius lepidus

Wahlen

M. claudius Marcellus

Prätor muss nach streit mit dem pont. 161; 167 max. Geldstrafe zahlen.

148

Wahlen

P. cornelius scipio aemilianus

Konsul trotz zu geringen alters.

Drittes Konsulat – keine Konflikte.

69; 75; 89; 92; 115; 274

13; 69; 75–78; 79 f.; 90; 92; 117 f.; 120; 257; 274; 296 f.

316

anhang

Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

144

sortitio



streit um spanien als Provinz.

126

137

sakralr (a) c. hostilius Mancinus

Ignorieren schlechter vorzeichen.

a. 441

133

Wahlen

133

****

versuch, das volkstribunat erneut zu bekleiden.

69; 94; 96; 111

131

sakralr (b) P. licinius crassus Dives Mucianus/ l. valerius Flaccus

131

****

123

Wahlen

122

Wahlen

110

Wahlen

107

sortitio

107

147

143

135

sortitio

triumphe

Wahlen

P. cornelius scipio aemilianus ap. claudius Pulcher

P. cornelius scipio aemilianus ti. sempronius Gracchus

ti. sempronius Gracchus/M. Octavius

volk überträgt scipio das Kommando 126 gegen Karthago.

triumph gegen senat und ohne a. 564; 196; volksbeschluss, mit hilfe einer vesta- 218; a. 700; lin auch gegen einen volkstribunen. 238–244; 249–251; 269 zweites Konsulat, entgegen der Iterationsvorschriften.

Der volkstribun ti. Gracchus lässt seinen Kollegen durch Beschluss des concilum plebis absetzen.

69; 90; 115; 296

111; a. 300; a. 774; a. 798

Der Konsul und pont. max. verbietet seinem Kollegen und flamen Martialis, rom zu verlassen und übernimmt selbst das heer.

13; 161; 163–165; 171–174; 177; a. 768

c. atinius labeo Marcerio/Q. caecilius Metellus Macedonicus

volkstribun wird von seinen Kollegen a. 772 daran gehindert, den zensor vom tarpeischen Felsen zu stürzen. Wiederwahl als volkstribun.

69; 94 f.

c. sempronius Gracchus

Wiederwahl als volkstribun scheitert.

69; 94 f.

P. licinius lucullus/ lucius annius

Q. caecilius Metellus/ c. Marius

Wiederwahl als volkstribune scheitert.

volksversammlung überträgt Marius das Kommando des Metellus.

69; 94; 96 f.; 269

triumph

t. albucius

104– 100

Wahlen

c. Marius

t. albucius „triumphiert“ als Proprätor in seiner Provinz.

231; 249; a. 750

102

triumph

c. Marius

196; 245; 251

100

Wahlen

lucius Equitius

angeblich ein triumph ohne antrag; triumph wird verschoben auf 101.

100

Wahlen

100

l. appuleius saturninus

99 99

c. sempronius Gracchus

Fünf Konsulate ohne Unterbrechung.

126; 130; 134; 257; a. 837

69; 90–92; 101; 115; 118; 261

angeblicher sohn von ti. Gracchus soll als volkstribun kandidiert haben.

70

Wiederwahl als volkstribun.

70; 94 f.

sakralr (a) l. appuleius saturninus

Rogationes trotz Interzession und Meldung eines Donners.

152

Wiederwahl als volkstribun.

70; 94

Wahlen

versuch, direkt nach Prätur das Konsulat zu erringen.

70; 81

Wahlen

l. appuleius saturninus

c. servilius Glaucia

317

Die untersuchten Konflikte – eine Übersicht Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

95

triumphe

91

l. licinius crassus/ Q. Mucius scaevola

sakralr (a) M. livius Drusus

Konsul und pont. max. verhindert triumph seines Kollegen.

196; a. 604; 251

89

Wahlen

71; 80; 118

88

sakralr (a) P. sulpicius rufus

Erlaubte Kandidatur für das Konsulat ohne vorherige Prätur.

Wahlen

l. cornelius cinna

vier Konsulate ohne Unterbrechung.

71; 92; 107

85, 84, 82

Wahlen

cn. Papirius carbo

82

99

87– 84

sakralr (a) sex. titius

c. Iulius caesar strabo vopiscus

Rogatio trotz Interzession und Obuntation; spätere aufhebung.

aufhebung der Gesetze, wohl auf Grund der nichtbeachtung von vorzeichen.

152; 154

152

aufhebung von Gesetzen.

152

Drei Konsulate.

71; 92

84

sakralr (b) c. Iulius caesar Wahlen

c. Marius c. f.

caesar soll flamen Dialis werden.

161

82

Wahlen

Q. lucretius Ofella

81

triumphe

cn. Pompeius

sulla lässt Kandidaten erschlagen, der als ritter Konsul werden wollte.

triumph ohne amt.

72; 81; 101; 113 f.

74

sortitio

l. licinius lucullus

71

triumph

M. licinius crassus

senat ändert den losentscheid und bewilligt lucullus Kilikien (und damit das Kommando gegen Mithridates).

70

Wahlen

cn. Pompeius

67

****

67

****

c. cornelius/ P. servilius Globulus

l. trebellius

67

sortitio

cn. Pompeius

66

Wahlen

66

Wahlen

M. lollius Palicanus/ c. calpurnius Piso

63

sakralr (b) Q. caecilius Metellus Pius

67/66 sakralr (a) c. Manilius crispus

l. sergius catilina/ l. volcacius tullus

Konsul ohne vorherige Ämter und trotz zu geringen alters.

71; a. 194; 118

197; 212; 222; 229; 233–236; 251 f.; 299 126

crassus trägt während einer ovatio einen lorbeerkranz.

207; 231

volkstribun verhindert das verlesen eines Gesetzesantrags.

a. 12; a. 774

Konsul ohne vorherige Ämter und trotz zu geringen alters.

72; 78; a. 270; 118

trebellius entgeht einer drohenden amtsenthebung durch rückzug seines veto.

a. 299

aufhebung eines Gesetzes am Folgetag im nächsten Jahr.

152; a. 432; 154

Kommando gegen die seeräuber.

127

Wahlleiter kündigt dem Kandidaten an, ihn nicht zu ernennen.

72; 113

Bei einer nachwahl wird catilina nicht als Kandidat zugelassen.

Der pont. max. will vergeblich einen augur zur hilfeleistung verpflichten.

72; 102 162–164; 167; 176

318

anhang

Jahr

Bereich

Akteur(e)

inhalt

stellen

62

**** sortitio

streit um das verlesen eines Gesetzesantrags.

a. 774

59

Q. caecilius Metellus nepos/cato

Permanente servatio des Bibulus.

59

****

a. 426; 152; 154 f.

57

Wahlen/ – sakralr (a)

verhinderung der Wahlen durch Obnuntiationen.

148

55

Wahlen/ M. Porcius cato/ sakralr (a) cn. Pompeius

abbruch der Prätorenwahl auf Grund eines Donners.

55

sakralr (a) M. licinius crassus/ cn. Pompeius

72; 110; 113 f.; 120; 148; 151; 154

63

59

57

55

****

Q. caecilius Metellus celer

caesar

sakralr (a) M. calpurnius Bibulus M. calpurnius Bibulus/ P. vatinius

sakralr (a) P. clodius Pulcher

Einholen der Fahne auf dem Janiculum führt zum abbruch einer volksversammlung.

57; a. 111; 283

Kommanden in Gallien.

127

volkstribunen verhindern, dass ihr Kollege, P. vatinius, Bibulus verhaften lässt.

a. 405; a. 772

tumulte nach Ignorierung von Interzession und Obnuntiation während der rückberufung ciceros.

152

Rogatio de provinciis consularibus trotz Interzession und Obuntation.

152

****

Warnungen und vorzeichen beim verlassen roms.

a. 441

55

sakralr (a) M. licinius crassus/ c. ateius

54

Wahlen/ – sakralr (a)

54 53

triumphe

M. licinius crassus/ c. ateius

c. Pomptinus

volkstribunen verhindern, dass ihr Kollege crassus verhaften lässt.

a. 772

verzögerung der Wahlen.

148; 251

Umstrittener triumph, Blutvergießen unter volkstribunen.

197; 199; a. 598; 243 f.; 269 f.

Wahlen/ – sakralr (a)

verzögerung der Wahlen.

Wahlen

cn. Pompeius

Consul sine collega.

49

Wahlen

c. Iulius caesar

Keine Bewerbung in abwesenheit.

46

triumphe

c. Iulius caesar

vier aufeinander folgende triumphe.

197

antonius will Dolabellas Wahl verhindern und verkündet alio die.

72 f.; a. 194; 110; 148; a. 426

52

49

44 44

sakralr (a) c. claudius Marcellus/ l. lentulus crus sakralr (a) M. antonius

Wahlen/ M. antonius/ sakralr (a) P. cornelius Dolabella

44

Wahlen

M. antonius

38

Wahlen



Mangelnde auszugsauspizien.

Mangelnde auszugsauspizien.

verzicht auf eine nachwahl eines verstorbenen volkstribunen.

angebliche Wahl von sklaven zur Quästur und zur Prätur; sofortige rücktritte.

72; 148

72; a. 197; 92; 103; 115 72

a. 441

a. 441

72 f.; 112; 117 a. 313; a. 511; a. 803

319

Die untersuchten Konflikte – eine Übersicht Jahr

Bereich

22 n. chr.

sakralr (b) servius Maluginensis

19

Wahlen

Akteur(e)

c. sentius saturninus/ Egnatius rufus

inhalt

stellen

Der flamen Dialis möchte in seine Provinz asien aufbrechen, was der pont. max. (und Kaiser) tiberius ablehnt.

162 f.; 172; 176

Wahlleiter verweigert die Ernennung des Egnatius rufus.

a. 304

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aBKÜrzUnGEn Übersetzungen stammen, so nicht anders angegeben, aus den einschlägigen Bänden der tusculum-reihe; antike autorennamen und Werktitel sowie zeitschriften sind im allgemeinen nach dem neuen Pauly bzw. der lʼannée philologique abgekürzt, des Weiteren finden folgende abkürzungen verwendung: a. / anm. aed. art. BGB BverG BverfGE bzw. cos. cos. des. cos. suff. dic. EuGh frg. Fs GG i. s. loc. cit. mag. equ. m. E. m. w. v. mil. tr. c. p. nD op. cit. pat. pleb. pl. sc. pont. pont. max. pr. quaest. stvO rez. s. c. suppl. tr. pl. u. a. urspr. z. B.

anmerkung aedil artikel Bürgerliches Gesetzbuch Bundesverfassungsgericht Bundesverfassungsgerichtsentscheidung beziehungsweise consul consul designatus consul suffectus dictator Europäischer Gerichtshof Fragment Festschrift Grundgesetz im sinne loco citato magister equitum meines Erachtens mit weiteren verweisen tribunus militium consulari potestate neudruck opus citatum patrizisch plebejisch plebiscitum pontifex Pontifex maximus praetor quaestor straßenverkehrsordnung rezension senatus consultum supplement tribunus plebis unter anderem / und andere ursprünglich zum Beispiel

QUEllEnrEGIstEr Ampelius 19,11

a. 729

Appian b.c. 1,12 (52–54) 1,14–17 1,14–15 1,14 (60–62) 1,16 (68) 1,21 (90) 1,28 1,28 (127–128) 1,30 1,30 (136) 1,32 1,32 (141) 1,33 (146) 1,73 1,75 (345) 1,100 (466) 1,101 (471–472) 1,101 (472) 1,121 (560–561)

a. 299 a. 159 a. 250 a. 159 a. 775 a. 160; a. 245; a. 247 a. 163 a. 248 a. 430 a. 435 a. 163 a. 163 a. 163 a. 430 a. 165 a. 237 a. 166 a. 193 a. 167

2,1 (37–39) 2,8 2,8 (28–30) 2,11 (37–39) 2,18 (65–67) 2,23 (85) 2,35 2,129 (540)

a. 430 a. 268; a. 732 a. 268 a. 434 a. 441 a. 197 a. 170 a. 194

3,31 (120–122)

a. 171; a. 301

Hann. 16 (74) 16 (75–78) 55 (229–230)

a. 142 a. 142 a. 333

Iber. 38 38 (155–156) 51–52 59–60 84

a. 742 a. 567 a. 609 a. 609 a. 157; a. 158

84 (363–364) 100

a. 181 a. 609

Lib. 112

a. 157; s.75

Mithr. 65–66 (275–276) 93 (426)

a. 605 a. 604

Pun. 7 (26–29) 66 66 (300) 112 112 (532)

a. 333 a. 516 a. 656 a. 320 a. 181; a. 345

Syr. 43

a. 576

Asconius (Clark) 14–15 18–20 19,7–15 25 35 58–62 63 58 66 68–69 69 71–72 72 85 89

a. 581 a. 269 a. 269 a. 164 a. 320 a. 12 a. 430 a. 292; a. 774 a. 269 a. 430 a. 440 a. 12 a. 299 a. 269 a. 269

Ps.-Asconius (stangl) p. 189, 220 a. 305 Auctor ad Herrenium 1,20 1,21 2,17 3,2

a. 11 a. 12 a. 12 a. 315

349

Quellenregister Augustus res. gest. 1,4

a. 653

Caesar b.c. 1,6 1,32,2

a. 441 a. 237

Calpurnius Piso (Frh 7) F 30 a. 136; a. 259 F 34 a. 735 F 37 a. 576 Cassius Dio 6 frg. 23,4 7 frg. 35,9 8 frg. 36,31 8 frg. 36,32 17 frg. 57,56 22 frg. 74,1 22 frg. 74,2 36,30,1–2 36,39,1 36,42,2–3 37,27,3 37,28,1–4 37,37,1 37,43,2 f. 37,54 37,54,3–4 37,54,3 38,4,2–3 38,6 38,6,3 38,6,4 38,6,6 39,7,2 39,7,3–4 39,17,1 39,27,3–31,2 39,32,2 39,39,5–7 39,35,5 39,39,7 39,39,9 39,40,2 39,65 39,65,2 40,45 40,46,2 40,50,2 40,51,2

a. 326 a. 546 a. 558 a. 705; s. 239 a. 567 s. 240; a. 712 a. 580; s. 240 a. 299 a. 182 a. 430 a. 111; s. 283 a. 111 a. 403 a. 774 a. 268 a. 268 a. 732 a. 779 a. 430 a. 292; a. 779 a. 434 a. 772 a. 430 a. 269 a. 404 a. 271 s. 110 a. 441 a. 430 a. 772 a. 500 s. 243 a. 583 a. 594 a. 416 a. 352 a. 273 a. 272

40,56,2 40,56,3 41,43,3 42,33,3 43,19,2–4 43,42,1 43,51,8 44,4,3 44,5,3 44,22 45,6,2–3 45,53 48,34,5 48,49,2–52 53,14,2 54,10,1 54,10,2 59,23,3

a. 272 a. 272 a. 441 a. 194 a. 583 a. 656 a. 297 a. 740 a. 381 a. 194 a. 171; a. 301 a. 194 a. 313; a. 803 s. 246 a. 352 a. 304 a. 304 a. 747

Cato p. 55 (Jordan) a. 227 frg. 293 (schönberger) a. 227 Cicero acad. 2,1 2,1,3 2,3

a. 266 a. 599 a. 594

ad Brut. 1,5,3

a. 267

amic. 11 96

a. 157 a. 244

Att. 1,1,1 1,2,1 1,16,13 1,19,3 2,16,2 3,23,2 4,2,4 4,3,2 4,3,3–5 4,3,3 f. 4,3,5 4,15,7 4,15,9 4,17,2 4,17,4 4,18,4

a. 269 a. 269 a. 182 a. 370 a. 430 a. 758 a. 380; a. 397; a. 399 a. 441 a. 430 a. 416; a. 434 a. 269 a. 170 a. 269 a. 170; a. 324 a. 416 a. 324; a. 583; a. 598

350

anhang

6,1,8 7,1,8

a. 136 a. 621; a. 640

Balb. 28 f. 61

a. 204 a. 350

Brut. 55 77 224 226–227 227 308

a. 136; a. 766 a. 486 a. 163 a. 164 a. 165 a. 165

Cael. 10 34

a. 269 a. 580; a. 720

Cat. 4,2,4

a. 250

Cato 11 44

a. 396 a. 560

div. 1,29–30 1,29 1,33 1,103 2,14 2,18,42 2,74 2,77 2,83 2,84

a. 438; a. 441; a. 500 a. 441 a. 228; a. 415 a. 364 a. 156 a. 417 a. 425 a. 396; a. 424 a. 364 a. 441

div. in. Caec. 46

a. 323

dom. 24 39 f. 39 40 41 112 fam. 1,2,4 1,7,4 1,9,20

1,9,25 1,8(7),10 8,4,2 8,5,1 8,8,6–8 15,5,2 15,4 15,4,13 15,10

a. 324 a. 350 a. 269 a. 641 a. 588 a. 622; a. 640 a. 640 a. 539 a. 640

Fat. 33

a. 156

fin. 1,63

a. 32

har. resp. 19 43 48 imp. Pomp. 2 8 20 60 61 f. 62

a. 386 a. 164 a. 430; a. 434; a. 439; s. 265 a. 286; a. 298 a. 605 a. 152 s. 275 a. 697 a. 167; a. 184; a. 315; a. 850

inv. 1,49 2,11 2,35 f. 2,52 2,65 2,67 2,144

s. 277 a. 581; a. 604 a. 638 a. 12; a. 205; a. 763 a. 89 a. 787 a. 11

a. 350 a. 430; a. 439; s. 265 a. 440 a. 434 a. 430 a. 190

leg. 1,19 2,30 2,31 2,58 3,9 6,11 6,12

a. 32 a. 375 a. 430; a. 440 a. 593 a. 252 a. 262 a. 493

a. 588 a. 588 a. 441

leg. agr. 2,17–19 2,18 2,24

a. 402 a. 323 a. 270; a. 274

351

Quellenregister Mil. 38

a. 430

Mur. 11 18 25 31 33 37 38

a. 605 a. 323 a. 136 a. 340; a. 577 a. 348 a. 618 a. 364

nat. deor. 1,122 2,7 2,8 2,10 2,11 3,5

a. 378 a. 441 a. 386; a. 465 a. 425 a. 228; a. 415; a. 425 a. 378; a. 386

off. 2,29 3,81 3,107 or. 3,134 Phil. 1,12 1,31 2,80–82 2,80 2,82 2,83 3,9 5,7 5,8–10 5,24 5,48 9,16 f. 11,7 11,7,17 11,11 11,17 11,18 Planc. 49 51 53

Pis. 44 56–63 58 62 92

a. 156 a. 731 a. 613; a. 681; s. 243 a. 581 a. 745

p. red. in sen. 22

a. 430

prov. 15 f. 17

a. 745 a. 350

a. 260 a. 32 a. 610

Q. fr. 1,1,11 2,1,2 2,2,1 2,2,2 2,8(7),3 3,1,6 3,2,3 3,3,2 3,4,6

a. 323 a. 269 a. 228; a. 415; s. 151 a. 430 a. 169 a. 170 a. 170 a. 170; a. 416 a. 583; s. 243

a. 486

rab. perd. 19–21

a. 163

rep. 2,39 2,40 6,11

a. 109 a. 109 a. 158

Scaur. 40 48

a. 745 a. 492

Sen. 50,61

a. 486

Sest. 75 79 83 129

a. 430 a. 416 a. 416 a. 438

top. 45

a. 789

Tusc. 5,108

a. 745

a. 623 a. 416 a. 171; a. 297 a. 416 a. 323 a. 286 a. 416 a. 417 a. 416 a. 441 a. 172 a. 513 a. 345 a. 157 a. 164; a. 191; a. 194 a. 340 a. 456; s. 171; a. 493; s. 174 a. 364 a. 174; a. 190 a. 323

352

anhang

Vat. 8,20 12 14 21

a. 417 a. 323 a. 430 a. 772

Verr. 2,34 5,77

a. 323 a. 593

Cil I2 626 vI 331

a. 628 a. 628

Coelius Antipater (Frh 11) F 23 a. 824

5,1,4 5,47,2 5,47,3–5 5,47,4 6,30,2 7,59,6 8,67,10 9,54,5 9,71,4 11,49–50 11,50 11,61,3–62,1 17/18,4 17/18,4,4–5 17/18,5,3 17/18,5,4

a. 452 a. 528 a. 527 a. 528 a. 514; a. 551 a. 109 a. 528 a. 513 a. 527; a. 539 a. 552 a. 127 a. 406 a. 558 a. 705; s. 239 s. 239 a. 213; s. 238; a. 705; a. 710

Crawford, RRC 402/1b 512/1 512/2

a. 687 a. 720 a. 720

Crawford, Rs I,13 (lex Osca)

Ennius (skutsch) Ann. 94 f. 299

a. 193 a. 566

a. 302

Eutropius 2,2,2 2,9,2 4,5,1

a. 561 a. 558 a. 577

Festus (lindsay) p. 92,25 p. 131,7–8 p. 152,28 ff. p. 282,4–7 p. 464,28 ff.

a. 449 a. 735 a. 102 a. 227 a. 458

Florus 1,18,10 1,27,3 1,35,7 1,37,6 1,46,3 2,4,1 2,4,2 2,7,8

a. 560 a. 576 a. 609 a. 746 a. 441 a. 163 a. 163 a. 613

gellius 1,13,9–13 1,13,10 2,2,1–11 2,2,9 2,2,10 2,2,13 5,6,21

a. 454 a. 493 a. 762 a. 762 a. 762 a. 762; a. 763 s. 188; a. 607; a. 610

Deuteronomium (luther-Bibel 1984) 13,7–18 a. 41 Digesten 1,1,7,1 1,9,6 1,14,3 50,17,1–211 50,17,1 50,17,2

a. 14 a. 205 a. 313; a. 511 a. 32 a. 32 a. 313

Diodorus 23,5 23,18,1 31,8,9–12 31,8,13 32,9a 37,2,12 37,10,3

a. 559 a. 561 a. 516 a. 517 a. 157 a. 164 a. 430

Dionysios von Halikarnassos ant. 2,26,5 a. 205 2,34,2 a. 656 2,66,4 a. 492 3,12–23 a. 15 3,22,6 a. 18 4,18,2 a. 109

353

Quellenregister 5,6,23 5,6,27 7,9 10,15 10,15,5 10,15,14 13,15,4

a. 613; a. 681 a. 527 a. 136; a. 259 a. 382 a. 449 a. 503 a. 102

granius licianus 36,5 c

a. 605

Herodot 3,38,3–4

a. 42

Homer Il. 11,783 f. 15,187–193

a. 850 a. 363

ils 20 a. 628 6089 (lex Malacitana) a. 323 licinius macer (Frh 17) F 19 a. 136 livius 1,7,2 1,20,3 1,24–26 1,36,3–6 1,36,6

a. 193 a. 718 a. 15 a. 440 a. 381

2,8,6 2,47,10

a. 323 a. 727

3,21,2–8 3,21,2 3,22 3,29,3–5 3,29,5 3,55,6–12 3,55,11 3,63,5–11 3,64 3,64,4–11 3,65,1 3,65,3–4

a. 126 s. 92 s. 128 a. 746 a. 656 a. 718 a. 102 a. 522 a. 238 a. 127 a. 238 a. 240

4,4,1 f. 4,7,3 4,16,4 4,20,1

a. 784 a. 406 a. 238; a. 239 a. 592

4,29,7 4,45,7–8 4,45,8

a. 323 a. 326 s. 128

5,10,11 5,11,1–3 5,12,2 5,16,12 5,18,1–5 5,23,4 5,52,13

a. 238 a. 128; a. 240 a. 128; a. 240 a. 386 a. 278 a. 677 a. 382

6,16,3 f. 6,22,6 6,30,1–3 6,30,3 6,42,8

a. 771 s. 128 a. 327 s. 128 a. 592

7,1,6 7,3,5–9 7,3,5 7,3,9 7,16,8 7,17,6–9 7,17,11–18,11 7,17,12 f. 7,21,1–4 7,22,2 7,22,8 7,23,2 7,24,11 7,25,2 7,25,12 7,26,12 7,40,8 7,41,1–2

a. 164 a. 311 a. 102 a. 771 a. 803 a. 553 a. 129 a. 129; a. 318; a. 760 a. 130 a. 131 a. 132 s. 128 a. 133; a. 255 a. 133; a. 255; a. 281 s. 128 a. 173 a. 173; s. 78 a. 116; a. 195

8,3,4 8,12,9–11 8,12,11 8,15,6 8,15,9 8,16,5 8,16,11 8,17,4 8,22,4 8,23,14–17 8,23,17 8,26,7 8,33,17

a. 407 a. 546; a. 554 s. 244 a. 408 a. 134; a. 631 a. 328; s. 128 a. 586; a. 600 a. 409 a. 262 a. 410 a. 418 a. 555 a. 605

9,33–34 9,33,4–34,26

a. 772 a. 312

354

anhang

9,34,6 f. 9,34,7 9,34,26 9,41,1 9,42,1 f. 9,42,3 f. 9,42,3 9,44 9,46,2 9,46,3 9,46,5

a. 318 a. 318 a. 772 a. 209 a. 209; a. 356 a. 197 a. 135 s. 238 a. 136; a. 259 a. 136 a. 136

10,5,14 10,13,5–11 10,15,7–11 10,15,12 10,22,1–9 10,22,1 10,22,9 10,24,3–18 10,24,3 10,24,4 10,24,10 f. 10,24,18 10,26,4 10,26,5 f. 10,36,19 10,37,6–12 10,37,6 10,37,7 10,37,8 f. 10,37,11 10,37,12 10,37,13 10,37,13 f. 10,40,12 10,45,4 10,47,1 10,47,5

a. 262 a. 138 a. 139 a. 139 a. 140; a. 262 a. 211; a. 286 a. 102; a. 212; a. 280 a. 329 s. 128 a. 329 a. 356 a. 329; s. 128 a. 329 a. 329 a. 556 a. 557 s. 236 s. 239 s. 237 a. 699; a. 701 s. 237 a. 603 s. 238 a. 441 a. 212; a. 280 a. 411 a. 212; a. 280

11 frg. a. 705 11 frg. (B, col. II, 5–7) a. 708 19 frg.

a. 441

21,63,2 21,63,7

a. 441; a. 564 a. 441

22,1,5–7 22,3,13 f. 22,8,5–6 22,33,9–35,4 22,34,9

a. 441 a. 441 a. 803 a. 142 a. 142

22,49,15–17 22,61,14

a. 819 a. 824

23,23,2 23,23,5 f. 23,23,7 23,30,19 23,31,8–13 23,31,13

a. 803 a. 827 a. 820 a. 424 a. 143; a. 258; a. 263 a. 414; a. 424

24,7–9 24,7,10–9 24,7,10–9,11 24,7,12 24,8,1 24,9,5 24,9,10 24,43,5 24,43,9–44,1

a. 286 a. 147 a. 144 a. 180; 323 a. 320 a. 330; s. 300 a. 282 a. 145 s. 129

25,2,6–8 25,2,7 25,3,3 25,5,2–4 25,37,5

a. 146 s. 75; a. 320 s. 129 a. 482 a. 803

26,2,1–6 26,2,7–3,12 26,9,10 26,10,9 26,17,3 26,18,5–9 26,21,1–6 26,21,1–4 26,21,1 26,21,3 26,21,5 26,22 26,22,3 f. 26,23,8 26,29,1–9 26,29,5 26,29,8

a. 803 a. 605; a. 652 a. 596; a. 803 a. 596; a. 803 a. 803 a. 617 a. 527; a. 565 a. 655 a. 595 a. 619 a. 587; a. 598 a. 147; a. 289 a. 180; a. 286 a. 445 a. 331; s. 300 a. 639 s. 128

27,5,16 27,6,3–11 27,6,3 27,6,4 f. 27,6,4 27,6,7 27,6,8

a. 20; a. 803 a. 148; a. 298 a. 323 a. 217 a. 283 a. 214 a. 141; a. 213; a. 280; s. 239 a. 189

27,6,17

355

Quellenregister 27,7,7 27,8,1–3 27,8,1–2 27,8,3 27,8,4–10 27,11,9–13 27,21,10 27,25,7–10 27,34,10

s. 129 a. 447 a. 476 a. 320 a. 446 a. 20 a. 202 a. 678 a. 257

28,9 28,9,7 28,10,9 28,11,6–7 28,38,1–4 28,38,4 28,38,12 28,40–45,9 28,44,11 28,45,7

a. 566; a. 629 s. 209 s. 129 a. 484 a. 567 s. 234 a. 332; s. 128; a. 487; a. 495 a. 333 a. 495 a. 333

29,13,1 29,13,6 29,14,6–9 29,38,6

s. 129 a. 188 a. 725 a. 290

30,1,4–6 30,15,12 30,18,7 30,19,7–10 30,19,9 30,27,1–4 30,27,5 30,38,6–7 30,39,1–2 30,39,8 30,45,3

a. 486 a. 523 a. 204 a. 149 a. 203 a. 334 a. 334 a. 334 a. 334 a. 413 a. 633

31,6,3 31,8,1 31,9,6–10 31,9,7–10 31,9,9–10 31,20 31,20,3–5 31,20,3 31,20,5 31,20,6 31,47,4–49,3 31,47,6–7 31,47,6 31,48,6

a. 287 a. 287 a. 448 a. 485 a. 478 a. 568 a. 602 s. 213 a. 567; a. 587 a. 586 a. 569 a. 595 s. 233 a. 630

31,48,12 31,49,1 f. 31,49,1 31,49,9–11 31,50,7–10 31,50,11

a. 619; a. 637 a. 624 a. 637 s. 208 a. 449 a. 335

32,7,4 32,7,8–12 32,7,11 32,28,1–9 32,28,8 f. 32,31,6 32,32,7

a. 570 a. 150 a. 185 a. 336 s. 129 a. 622 a. 336

33,22–23 33,23,3 33,23,8–9 33,25,4 33,25,11 33,27,1–5 33,27,1 33,34,10 33,36,4–5 33,36,11–13 33,36,15 33,37,10 33,43,6

a. 571 a. 622; a. 734 a. 738 a. 337; s. 129 a. 336 a. 572 a. 586 a. 572 a. 605 a. 605 a. 605 s. 233 a. 336

34,43,3–9 34,43,9 34,44,1–2 34,44,2 34,52,2

a. 338 s. 129 a. 485 a. 485 a. 746

35,6,1–7 35,6,8–10 35,8 35,10,9–11 35,20,8–9 35,20,11–12 35,21,1

s. 130 a. 573 a. 573 a. 279 a. 339 a. 339 a. 339

36,39,3–40,10 36,40,8–9

a. 547 a. 725

37,1,7–9 37,1,9 37,1,10 37,33,6 37,46,1–6 37,47,4 37,50,8

a. 340 a. 356; a. 788 s. 129 a. 383 a. 575; a. 646 a. 151 a. 450

356

anhang

37,51,1–6 37,51,1–2 37,51,2–3 37,51,4 37,51,6 37,58,7 f. 37,60,6

a. 341; a. 450 a. 442; a. 460 s. 174 a. 466 s. 165 a. 611 a. 575; a. 604

38,35,1–2 38,42,2–3 38,42,8–13 38,42,8 f. 38,42,10 38,44,9–50,3 38,44,9–10 38,47,5 38,47,6 38,50,2–3 38,50,2 38,58,8

a. 152 a. 152 a. 342 s. 129 a. 342 a. 576 a. 595 a. 575; a. 604; a. 610 s. 206; s. 207 a. 544 a. 636 s. 128

39,4–5 39,4,5–13 39,6,1 39,6,3 39,7,3 39,8,3 39,29,4–7 39,29,5 f. 39,29,5 39,32,5–13 39,32,5 39,38,1 f. 39,39 39,39,14 39,45,2–5 39,45,4

a. 577 a. 636 s. 130 a. 609 a. 609 s. 129 a. 578; a. 649 a. 587 a. 528 a. 153 s. 130 s. 129 a. 154 a. 154 a. 451 a. 343; s. 129

40,17,8 40,35,8 40,38 40,38,9 40,42,8–11 40,43,4 40,44,3 40,44,10–12 40,45,7–46,16 40,52,5 40,59,1

a. 155 s. 129 a. 646 a. 578; a. 604; a. 649 a. 452 a. 264 s. 129 a. 812 a. 152 a. 630 a. 578; a. 604

41,10,5–13 41,12,8 41,14,1–3

a. 441; a. 803 a. 615 a. 615

41,14,6 41,14,7 41,15,4 41,15,9–10 41,15,9–11 41,18,8–15 41,27,2 41,28,8–9

a. 615 a. 396 a. 396 a. 344 a. 453 a. 441 a. 453 a. 628

42,1,2 42,3 42,3,9 42,10,9–15 42,10,11 42,20,1–4 42,21,6–7 42,21,7 42,32,1–5 42,32,2

s. 129 a. 764 a. 764 a. 775 s. 129 a. 396 a. 578; a. 740 a. 734 a. 344; a. 454 s. 128

43,16,9 43,16,9–11

a. 286 a. 298

44,21

a. 20

45,35,4–39,20 45,35,4 f. 45,36,6 45,36,9–10 45,36,10 45,37–39 45,39,5 f. 45,39,13

a. 579 a. 598 a. 599 a. 288 a. 286 a. 292 a. 514 a. 656

livius per. 11 17 18 19 47 50 51 53 55 56 58 59 61 67

a. 213; a. 558; s. 238; a. 705; s. 239 a. 560 a. 561 a. 260; a. 261; a. 441; a. 442; a. 492; a. 496; s. 174 a. 455; s. 167 a. 157 a. 345 s. 240 a. 441; a. 605 a. 158; a. 227; a. 229 a. 159; a. 250 a. 244; a. 456; a. 494; a. 772 a. 746 a. 234

357

Quellenregister 80 86 89 97 107

a. 165 a. 165; a. 194 a. 166; a. 403; a. 582 a. 167 a. 273

obsequens 21 46

a. 712 a. 430

orosius 3,9,4 3,22,5 3,22,8–10 4,9,5–8 4,13,14 5,4,7 5,17 5,17,3

a. 546 a. 411 a. 558 a. 561 a. 441 a. 580; a. 606; a. 645 a. 163 a. 248

ovid Fast. 6,437–454

a. 492

Met. 15,626–696

a. 411

Pindar frg. 169a

a. 42

Platon nomoi 838 c–d

a. 50

Prot. 323d–324b 325 d 325 e 326 c

a. 49 a. 49 a. 49 a. 49

Plautus Cas. 346 346–49 382–83 383 389–90 402 410 417–18

a. 364 a. 364 a. 364 a. 364 a. 364 a. 364 a. 364 a. 364

Plinius ep. 4,12,2

a. 323

n.h. 7,143 f. 7,157 8,2,4 15,19 15,125 15,126 28,17 33,11 33,17 34,14 34,15

a. 772 a. 173 a. 692 a. 528 a. 613 a. 735 a. 427 a. 522 a. 136 a. 576 a. 763

Plutarch Aem. 10,1–3 30,1–3 31 31,10 32–34 32–33

a. 180 a. 746 a. 288; a. 579; a. 599 a. 292 a. 516 a. 579

Ant. 11 16,2

a. 297 a. 171; a. 301

Caes. 1 1,1 1,3 13,1–2 14,9 f. 32 34,1

a. 457 a. 457 a. 457 a. 268 a. 430 a. 170 a. 441

Camil. 7

a. 677

Cat. mai. 8,5

a. 227

Cat. min. 27–28 42 42,6–7

a. 774 a. 169 a. 295

comp. Lys. Sull. 2

a. 166

358

anhang

Crass. 11,8 16,4–8 16,6 f.

a. 613 a. 441 a. 772

Fab. 18 19 24,3 25 25,1 25,3 25,4 26–27 30

a. 605 a. 421 a. 558 a. 333 a. 567 a. 487 s. 172 a. 334 a. 286

Flam. 2,1–2 7,3

a. 150 a. 336

C. Gracch. 8,2 12

a. 160; a. 245 a. 160; a. 246

Ti. Gracch. 12 16–19 19 19,10 21,6

a. 299 a. 159 a. 775 a. 775 a. 499

Luc. 1 5–6 37 37,2–3 37,6

a. 266 a. 348 a. 594 a. 599 a. 656

Marc. 4,6 5,1–3 5,3 5,4 9 12 12,1 22 22,1 22,4

a. 441; a. 564 a. 228; a. 415 a. 443 a. 412 a. 421 a. 296; s. 149 a. 258; a. 414 a. 527; a. 565 a. 639 a. 607

Mar. 5,1–2 7–10

a. 190 a. 162

11,1 12 12,1 12,7 14 22 24 24,1 26,2 27 27,4–7 28,4–6 29–30 29,1 29,6 36 45 Moralia 238 a (= Quaest. Rom. 80)

a. 265 a. 230; a. 231; a. 730; s. 274 a. 265 a. 521 a. 265 a. 265 a. 730 a. 582 a. 582 a. 599 a. 582 a. 234 a. 163 a. 248 a. 435 a. 162 a. 162 a. 656

Pomp. 14 14,1–5 14,4 14,6 21,4 45,2 48,1–4 49 50 52,1–2 54 61,6

a. 582 s. 234 a. 692; s. 299 a. 691 a. 695 a. 613 a. 430 a. 430 a. 170 a. 169 a. 167 a. 441

Sert. 6,1

a. 165

Sull. 5,1–2 10 33,4

a. 190 a. 320 a. 166

Quaest. Rom. 80 (= Moralia 238 a) Polybios 1,1,5 1,16,1–17,1 1,37,4–38,1

a. 656

a. 822 a. 559 a. 561

359

Quellenregister 3,2,6 3,106,1 6,2,3 6,5,10 6,6,8 6,15,6 6,15,7–8 6,16,5 6,19,4 6,50,6 6,52,10–6,54 6,52,10 6,52,11 6,53 6,53,7 f. 6,56 10,4 11,33,7–8 18,10,11 21,13,7–14

a. 822 a. 142 a. 822 a. 49 a. 49 a. 372 s. 178 a. 300 a. 172; a. 822 a. 822 a. 513 a. 822 a. 822 a. 822 a. 523 a. 385 a. 164 a. 567 a. 336 a. 383

Quintilian Inst. 6,3,75

a. 164

sallust Cat. 12,3 18 18,3 39,2 45

a. 386 a. 168 a. 269 a. 399 a. 583

Iug. 27,3 33,2 37 37,2 41,7 73,7 114,3

a. 350 a. 798 a. 251 a. 161 a. 399 a. 347 a. 265

silus italicus Pun. 16,592–596

a. 567

strabon 4,6,7

a. 713

sueton Iul. 1,1–2 18,2 20 20,1 f. 33,1

a. 457 a. 268 a. 434 a. 430 a. 170

Aug. 10,2

a. 171; a. 301

Tib. 2 2,4

a. 260; a. 261 a. 580; s. 240; a. 719

Cal. 19

a. 747

Ner. 23–24 25

a. 747 a. 747

Vit. 13,2

a. 656

Tacitus Ann. 3,27,3 3,58 3,58 f. 3,71 4,16

a. 834 a. 488; s. 174; a. 502 a. 459 a. 442; a. 459; a. 502 a. 457

Tertullian Apo. 33,4

a. 522

seneca ep. 87,23

a. 609

servius Aen. 3,117 6,198

valerius maximus 1,1,2 1,1,3

a. 475 a. 441

Georg. 1,31

a. 457

1,1,4 1,1,5 1,1,6 1,1,8 1,4,3

a. 442; s. 174 a. 228; a. 415; s. 151; a. 729 a. 445 a. 412; a. 443 a. 484 a. 386 a. 441

360 1,4,5 2,2,3 2,2,4 2,8 2,8, praef. 2,8,1

anhang

2,8,6 2,8,7 3,2,17 3,4,4 3,5,1 3,6,4 3,6,5 3,6,6 3,8,3 3,8,6 4,1,9 4,5,3 5,4,5 5,4,6 5,7,1 6,1,7 6,4,1b 6,4,2 6,5,3 6,5,4 6,9,3 6,9,14 7,5,5 8,1, damn. 3 8,1, abs. 4 8,13,1 8,13,2 8,15,1 8,15,4 8,15,5 8,15,7 8,15,8 9,3,4 9,6,3 9,7,1 9,7,3

a. 492 a. 654 a. 762 a. 542; a. 661 a. 642; a. 651 a. 606; a. 640, s. 217 f. a. 562; a. 629; a. 630, s. 219 s. 220 a. 544; s. 221 a. 565; a. 567; a. 634; s. 221 f. a. 656; s. 222 a. 658; s. 223 a. 775 a. 142 a. 260; a. 578; s. 248 a. 560 a. 735; s. 247 a. 654 a. 168; a. 304 a. 163 a. 566; a. 653 a. 260; a. 278; a. 741 a. 12; a. 205 a. 580; a. 720 a. 558 a. 773 a. 147 a. 346 a. 286; a. 298; a. 563 a. 773 a. 446 a. 654 a. 190 a. 430 a. 441 a. 173 a. 496 a. 567 a. 157, a. 158 a. 173 a. 654 a. 167; a. 582 a. 546 a. 746 a. 163 a. 163; a. 248

varro ling. 5,80

a. 102

2,8,2 2,8,3 2,8,4 2,8,5

6,30

a. 398; a. 764

velleius Paterculus 2,5,1 2,10,2 2,12,6 2,22,2 2,43,1 2,46,3 2,92,3 2,92,4

a. 605 a. 746 a. 163; a. 234 a. 457 a. 457 a. 441 a. 304 a. 304

de viris illustribus 44,5 45,6 49,12 50,2 52,2 64,8 69 73,5–9

a. 566; a. 729 a. 734 a. 567 a. 566 a. 577 a. 304 a. 165 a. 430

vitruv 1,2,1 3,1,1 3,5,11

a. 30 a. 30 a. 30

Zonaras 7,6 7,19 7,21 7,25 8,1 8,9,10–10,1 8,14 8,18,14 8,20 8,20,5 9,5 9,6 9,14 9,15 9,20

a. 546 a. 552; a. 625 a. 516; a. 522; a. 540 a. 116 a. 558 a. 559 a. 561 a. 735 a. 564; s. 247 a. 441 a. 147 a. 565 a. 334 a. 569 a. 340; a. 611

naMEnsrEGIstEr Mʼ. acilius Glabrio (cos. 191) P. aelius tubero (pr. 201) sex. aelius Paetus catus (cos. 198) l. aemilius Papus (cos. 225) l. aemilius Paullus (cos. 219) l. aemilius Paullus (cos. 182) l. aemilius regillus (pr. 190) M. aemilius lepidus (cos.187) M. aemilius lepidus (cos. 46) M. aemilius regillus (pr. 217) M. aemilius scaurus (cos. 115) M. aemilius scaurus (pr. 56) ti. aemilius Mamercinus (cos. 339) M. (vipsanius) agrippa (cos. 37) t. albucius (pr. 107) l. annius (tr. pl. 110) t. annius Milo (pr. 55) P. antistius (tr. pl. 88) antiochos M. antonius (mag. equ. 334) M. antonius (cos. 44) l. appuleius saturninus (tr. pl. 103) Mʼ. aquillius (cos. 129) aristonicus c. arrenius (tr. pl. 211) l. arrenius (tr. pl. 211) c. ateius capito (tr. pl. 55) a. aternius (cos. 454) l. atilius luscus (mil. tr. c. p. 444) M. atilius regulus (cos. 294) M. atilius regulus (cos. 227) a. atilius serranus (cos. 170) c. atinius labeo Macerio (tr. pl. 131) attus navius M. aufidius lurco (tr. pl. 61) augustus (siehe ebenfalls: Octavian) c. aurelius cotta (cos. 200) l. aurelius cotta (cos. 65) M. aurelius cotta (cos. 74) P. autronius Paetus (cos. des. 65)

194; a. 611; 209; 212; a. 646 a. 413 a. 123; 78; a. 189; 288 a. 827 65; a. 142 a. 180; a. 268; 108 f.; a. 514; a. 516 f.; a. 576; 196; 201; a. 598 f.; a. 746 a. 630 68; 100; 107; a. 285; 126; 134; a. 381; 161; 195; a. 577; 213 112 66; 108 f.; a. 290 f.; a. 294; 158; 163; 170; a. 491; 176 a. 164 a. 269 a. 546; 191; 244 a. 650; 246 231; 249; a. 750 69; 96; a. 251; 269 a. 269; a. 320; a. 416; a. 430 71; a. 192 251 147 72; a. 194; 110; 112; a. 301; 117; 148; a. 416; a. 426; a. 585; a. 808 a. 12; 70; a. 163; a. 234; 94 f.; a. 248; 152; 154; a. 605 a. 609 161; 171; a. 609 67; a. 218 67; a. 218 a. 441; a. 772 a. 238 a. 406 87; 104; a. 280; 191; 204; a. 603; 251; a. 811 65 125; a. 339 a. 772 a. 440 a. 182 a. 304; a. 404; 172; 190; 197; a. 585; 210 f.; a. 639 217; a. 651; a. 653; 223; a. 718; 246; a. 733 194; 232 72; a. 168 a. 348 72

362

anhang

cn. Baebius tamphilus (cos. 182) M. Baebius tamphilus (cos. 181) Bocchus

69; 105 69; 125; a. 339; 195 a. 685

l. caecilius Metellus (cos. 251) Q. caecilius Metellus (cos. 206) Q. caecilius Metellus celer (cos. 60) Q. caecilius Metellus creticus (cos. 69) Q. caecilius Metellus Macedonicus (cos. 143) Q. caecilius Metellus nepos (cos. 57) Q. caecilius Metellus numidicus (cos. 109) Q. caecilius Metellus Pius (cos. 80) M. caelius rufus (pr. 48) caligula (Kaiser) c. calpurnius Piso (cos. 67) l. calpurnius Piso caesoninus (cos. 58) l. calpurnius Bestia (pl. aed. 57) M. calpurnius Bibulus (cos. 59) c. cassius longinus (cos. 171) Q. cassius londinus (cos. 164) sp. cassius vicellinus (cos. 502) a. calatinus (cos. 258) c. cicereius (pr. 173) claudia claudius (Kaiser) ap. claudius crassus Inregillensis (cos. 349) ap. claudius caecus (cos. 307)

158; a. 460; 170–172; a. 496 78 57; 283 a. 594; 249 a. 772 a. 774 a. 162; a. 230; 126; 152 a. 457; 162; a. 458 216 246; a. 249; a. 747 72; a. 286; a. 292; 113; a. 305 a. 349; a. 581; 245; a. 731 a. 191; a. 194 a. 292; a. 426; 152; 154 f.; a. 434; a. 772; 779 126; 160 f. a. 598 a. 763 192; 211; 219 a. 260; a. 278; 195; 247 f.; a. 741 a. 720 a. 625 255 a. 102; 64; a. 136 f.; a. 139; 82; a. 197; 87; a. 256; 104; a. 280; 116; a. 318; 269; a. 771 68 a. 564; 196; 205; 218; a. 646; a. 700; 238–240; a. 712–a. 717; 242; a. 720; 249; a. 750 f.; 269 a. 190; a. 324; 162; a. 458; 197 190; a. 551 158; a. 445; 169 62 147 147 a. 640 a. 441 98; 193; a. 566; 209; 211; 220; 228 a. 298; a. 441; 208; a. 715; a. 803 99, a. 261; a. 441 68 99; 116; a. 313; 283 147 66; 67; 100; 101; a. 269; a. 282; 110; a. 296; 115; 118; 120; 123; 125; 130; 137; a. 396; 147; 149 f.; a. 421; a. 423 f.; 151; 155; a. 514; a. 527; 192 f.; a. 565; 194; a. 595; 201; a. 598; a. 605; a. 608; 208; a. 614; a. 618 f.; 212; a. 633 f.; 214; a. 639; 221; a. 655; a. 661; a. 664; a. 678; 232; a. 683; 247; a. 737; a. 740; a. 753; a. 773; a. 808; a. 825; 300

ap. claudius Pulcher (cos. 185) ap. claudius Pulcher (cos. 143) ap. claudius Pulcher (cos. 54) ap. claudius sabinus Inregillensis (cos. 495) c. claudius (flamen 211) c. claudius Inrigillensis sabinus (cos. 460) c. claudius Inregillensis (dict. 337) c. claudius hortator (mag. equ. 337) c. claudius Marcellus (cos. 50) c. claudius Marcellus (cos. 49) c. claudius nero (cos. 207) c. claudius Pulcher (cos. 177) P. claudius Pulcher (cos. 249) P. claudius Pulcher (cos. 184) M. claudius Glicia (dic. 249) M. claudius Marcellus (cos. 331) M. claudius Marcellus (cos. 222)

namensregister M. claudius Marcellus (cos. 166) ti. claudius nero (cos. 202) P. clodius Pulcher (tr. pl. 58)

363

69; 75; 89; 92; 99; a. 683; 274 124; a. 334 72; a. 238; a. 269; a. 273; a. 391; a. 426; 152; a. 430; a. 438 t. cloelius siculus (mil. tr. c. p. 444) a. 406 cornelia (tochter von cinna) a. 457 a. cornelius cossus (cos. 428) a. 639 c. cornelius (tr. pl. 67) a. 286; a. 774 c. cornelius cethegus (cos. 197) 78 f.; 124; 194 cn. cornelius Blasio (pr. 194) 194; 198; a. 608; 212; 232; 247 cn. cornelius lentulus (cos. 201) 78; 124 cn. cornelius lentulus (augur 10 n.) 162 cn. cornelius scipio calvus (cos. 222) a. 617 l. cornelius Balbus (procos. 20) 190 l. cornelius cinna (cos. 87) 23; 71; a. 165; 92; a. 235 f.; 107; 120; a. 457 l. cornelius Dolabella (duumvir navalis 180) 160; a. 452; 166 l. cornelius lentulus (cos. 199) 193; a. 567; 198 f.; a. 602; a. 608; 212; 232; a. 683; 251; a. 811 l. cornelius lentulus caudinus (cos. 237) 170 l. cornelius lentulus crus (cos. 49) a. 441 l. cornelius Merula (cos. 193) 194; 207 l. cornelius Merula (cos. suff. 87) a. 457 l. cornelius scipio (pr. 174) a. 260 l. cornelius scipio asiaticus (cos. 190) 125; a. 340; a. 611; a. 817 l. cornelius sulla 23; a. 25; 58; a. 164; a. 165; 72; a. 184; a. 190; a. 192 f.; 81; 92; a. 237; 101; 107; 114; 118; 120; 145; a. 404; 161; a. 457; a. 605; 223; a. 685; a. 687; 233 f.; a. 693–a. 695; 235; 241; a. 759; a. 826 M. cornelius cethegus (cos. 204) 158 M. cornelius scipio Malugensis (pr. 176) 160; a. 453; a. 470 P. cornelius cethegus (cos. 181) 195 P. cornelius Dolabella (cos. 44) 72; a. 194; 110; 148; a. 426 P. cornelius rufinus (dict. 334) 147 P. cornelius scipio (cos. 218) a. 617 P. cornelius scipio asina (cos. 221) 65 P. cornelius scipio africanus (cos. 205) 67; 75; 78; a. 260; a. 278; 117; 120; 123–125; a. 333; a. 334; 130; 135; a. 383; a. 485; a. 487; 171; a. 516; a. 520; 193; a. 567; a. 576; a. 596; a. 617; 212; a. 634; 221; a. 656; a. 661; a. 677; 232–234; a. 689; a. 731; a. 742; 257; 275; a. 816; 300; a. 848 P. cornelius scipio aemilianus (cos. 147) 13; 69; a. 157 f.; 75 f.; a. 177; a. 180; a. 183, 79 f.; a. 192; 90; a. 230; 92; a. 244; a. 262; 115; 117; a. 315; 120; 126; a. 493; a. 713; 242; 257; 274; 296 f. P. cornelius scipio nasica (cos. 191) 105; 194; 207; 244; a. 725 P. cornelius scipio nasica corculum (cos. 162) 89; 148; 151; a. 245 P. cornelius scipio nasica serapio (cos. 138) 172; a. 499; 270; a. 755 P. cornelius sulla (cos. des. 65) 72 ser. cornelius lentulus Maluginensis a. 457; 162; 172 (cos. suff. 10 n.) ti. coruncanius (cos. 280) a. 381; a. 404

364

anhang

Mʼ. curius (tr. pl. 198) c. curtius Philo (cos. 445)

67 146; a. 406

Dareios c. Decimius Flavus (pr. 184) P. Decius Mus (cos. 340) P. Decius Mus (cos. 312) t. Didius (cos. 98) cn. Domitius ahenobarbus (cos. 122) c. Duilius (cos. 260) M. Duilius (tr. pl. 449)

32 68 a. 746 86; 123; a. 329; 128 a. 609 a. 746 192 62; 93

M. Egnatius rufus (pr. 21) l. Equitius

a. 304 a. 163

M. Fabius ambustus (cos. 360) M. Fabius Buteo (cos. 245) M. Fabius vibulanus (cos. 480) Q. Fabius labeo (cos. 183) Q. Fabius Maximus Gurges (cos. 292) Q. Fabius Maximus rullianus (cos. 322)

63 a. 803; 290; 293 244 f. 194; a. 610 192; 238 f.; a. 705; a. 708 64; a. 139; 86; a. 209; a. 211; a. 256; 100; 123; a. 356; 192; 286 66 f.; a. 142; 85; 88; a. 218; a. 224; 91 f.; a. 236; 104; 106–109.; a. 282; a. 289; a. 291–a. 294; 110; a. 298; 120; 124; a. 396; a. 412; a. 421; 158; 163; a. 487; a. 491; a. 614; a. 803; a. 808; a. 825; a. 828; 300 a. 158; a. 746 125; 159; a. 453; a. 491 245; a. 727 a. 12; a. 205; 87; a. 215; 147; a. 412; 150; a. 441; a. 465; a. 509; 192; a. 564; a. 639; 247; 263; a. 763; a. 827 63; a. 136; 99; 113 94; a. 242 a. 652 a. 643; 220; 244 a. 605; 220; a. 652 67 238 68; 107; 195; a. 577; 213; 230; 251; a. 811 67; 87 f.; a. 218; 105 f.; a. 280; a. 298; 123 f.; 169; a. 596; a. 652; 221; 274; a. 803; a. 825; 300 68; a. 179; 81 f.; a. 198; a. 200; a. 264; a. 269; 112; 117; a. 465; 195; 204; 213; a. 764 a. 577 192 a. 640 63; 98; a. 255; 104 64; a. 197

Q. Fabius Maximus verrucosus (cos. 233)

Q. Fabius Maximus allobrogicus (cos.121) Q. Fabius Pictor (pr. 189) Q. Fabius vibulanus (cos. 485) c. Flaminius (cos. 223) cn. Flavius (aed. 304) M. Flavius (tr. pl. 327) cn. Fulvius centumalus (cos. 229) cn. Fulvius Flaccus cn. Fulvius Flaccus (pr. 212) M. Fulvius (tr. pl. 198) M. Fulvius curvus Paetinus (cos. suff. 305) M. Fulvius nobilior (cos. 189) Q. Fulvius Flaccus (cos. 237) Q. Fulvius Flaccus (cos. 179) Q. Fulvius nobilior ser. Fulvius Paetinus nobilior (cos. 255) Furius crassipes (quaest. 51) l. Furius camillus (cos. 349) l. Furius (tr. pl. 308)

namensregister l. Furius Purpureo (cos. 196)

365

M. Furius camillus (mil. tr. c. p. 401) P. Furius Philo (cos. 223)

125; 194; a. 595; 208; a. 619; 210; a. 624; a. 630; 213; 219; 229 f.; 232 f.; a. 683; 236; 251; 274; a. 811 a. 521; a. 637; a. 677; a. 733 192; a. 639; 247

a. Gabinus (cos. 58) l. Genucius (tr. pl. 342)

a. 299; a. 349 a. 116

hannibal M. helvius (pr. 197) M. horatius Barbatus (cos. 449) P. horatius c. hostilius Mancinus (cos. 137)

55; a. 441; 158; 163; a. 605; a. 837 194; 210; a. 625; 230; 233 191 19; a. 18 a. 441

l. Icilius (tr. pl. 449) c. Iulius caesar

c. Iulius caesar strabo vopiscus (aed. 90) D. Iunius Brutus callaicus (138)

191 22 f.; 72; a. 170; a. 184; a. 194; a. 236; 101; a. 268; 103; a. 272; a. 273; a. 297; 112; 127; a. 349 f.; a. 381; 145; a. 403 f.; 152; 154; a. 434; 155; 161; a. 457 f.; 172 f.; a. 526; 197; a. 548; a. 585; 200; a. 594; a. 656; a. 677; 245; a. 732 f.; 247; a. 740; 262; a. 759; 265; a. 779; a. 850 71; a. 164; 80; a. 191 f. a. 605

Jughurta

a. 685; a. 730; a. 798

t. labienus (tr. pl. 63) c. laelius (cos. 190) l. laetorius (aed. 202) c. licinius stolo (cos. 364) l. licinius crassus (cos. 95) l. licinius lucullus (cos. 151) l. licinius lucullus (cos. 74)

145; a. 403 f. 105; 125; a. 340; 190 a. 413 94; a. 242 196; a. 581; a. 604 a. 609 101; a. 266; a. 270; 126; a. 348; 200; a. 594; a. 599; a. 600; a. 618; a. 656; 249 l. licinius Murena (propr. 81) a. 605; a. 693 l. licinius Murena (cos. 62) a. 618 M. licinius crassus Dives (cos. 70) a. 269–a. 271; a. 349; 152; a. 441; a. 500; 207; a. 613; 231; a. 681; a. 695; a. 772 P. licinius calvus Esquilinus (mil. tr. c. p. 400) 105 P. licinius crassus (cos. 171) 126; a. 344; 160 f.; a. 454; a. 617 P. licinius crassus Dives (cos. 205) 79; 124 f.;a. 404; 158–160; a. 445 f.; a. 469; a. 473; a. 476; 168; a. 479; 169–171.; a. 486– a. 489; a. 507; a. 825 P. licinius crassus Dives Mucianus (cos. 131) 161; 171; a. 493; a. 494; a. 497; 173; a. 500 P. licinius lucullus (tr. pl. 110) 69; 96; a. 251; 269 P. licinius varus (pr. 208) 158; a. 446 M. livius Drusus (tr. pl. 91) 152 M. livius salinator (cos. 219) 193; 209; 211 M. lollius Palicanus (pr. 69) 72; a. 168; 113; a. 305 c. lucilius hirrus (tr. pl. 53) a. 640 l. lucretius tricipitinus (cos. 462) 187

366

anhang

Q. lucretius Ofella Q. lucretius vespillo (cos. 19) c. lutatius catulus (cos. 242) Q. lutatius catulus (cos. 102)

72; 81; 101 a. 304 192; a. 630; 219 a. 245; a. 599

c. Mamilius atellus (pr. 207) c. Manilius crispus (tr. pl. 66) c. Manlius (mil. tr. c. p. 379) cn. Manlius vulso (cos. 189)

c. Marius (cos. 82) l. Marius (tr. pl. 62) M. Marius Gratidianus (pr. 85) Megillos c. Memmius (pr. 104) c. Memmius (pr. 58) agrippa Menenius lanatus (cos. 503) M. Minucius rufus (cos. 221) Q. Minucius rufus (cos. 197) ti. Minucius augurinus (cos. 305) Mithridates Q. Mucius scaevola (cos. 95) Q. Mucius scaevola (tr. pl. 54) l. Mummius (cos. 146) l. Munatius Plancus (cos. 45)

159; 476 a. 432 123 68; 194 f.; a. 595; a. 609 f.; 206; a. 611; 207; 212 f.; a. 677; 232; 251; 275; a. 811; 288 194; 212 195; a. 608; 212; 228 116 72; a. 168 123 a. 546 67; 169 89 f.; 148 a. 124; 63; a. 255; 191 a. 803 23; 69–71; a. 162–a. 166; a. 190; 90–92.; a. 230 f. a. 233–236; 101; a. 267; 115 f.; 126; a. 350; 130; a. 381; 154; a. 457; a. 521; 196; a. 582; a. 599; a. 685; 245; a. 730; 257; a. 261; 274; 286; a. 837 71; a. 165; a. 194; 118 217 f.; a. 646 a. 165 a. 50 a. 163 a. 594 a. 528 a. 142; a. 412 124; 194; 210; a. 622 ; a. 646; 244; 247 f. 238 a. 164; 126; a. 605; 223 a. 457; 196; a. 581 197 211 a. 526

nero (Kaiser) a. nunnius

a. 747 a. 163; 95; a. 248

Octavian (siehe ebenfalls: augustus) l. Octavius (procos. 74) M. Octavius (tr. pl. 133) l. Opimius (cos. 121) Mʼ. Otacilius crassus (cos. 263) t. Otacilius crassus (pr. 217)

a. 194; 112; a. 301; a. 650; 223 126 96; 111; a. 300; a. 308; 270; a. 774; a. 798 221 192 66 f.; a. 147; 106; 108 f.; a. 289; a. 291; a. 294

c. Papirius carbo (cos. 120) c. Papirius cursor (cos. 326)

94; 96 a. 736

l. Manlius acidinus (pr. 210) l. Manlius acidinus Fulvianus (cos. 179) l. Manlius capitolinus Imperiosus (dict. 363) l. Manlius torquatus (cos. 65) P. Manlius capitolinus (mil. tr. c. p. 379) t. Manlius Imperiosus torquatus (cos. 347) t. Manlius torquatus (cos. 235) c. Marcius Figulus (cos. 162) c. Marcius rutilus (cos. 357) l. Marcius septimius (mil. tr. 211) c. Marius (cos. 107)

namensregister c. Papirius Maso (cos. 231) cn. Papirius carbo (cos. 85) l. Papirius cursor (cos. 326) l. Papirius cursor (cos. 293) Q. Petillius spurinus (cos. 176) M. Perperna (cos. 130) a. Plautius (cos. suff. 29 n.) c. Poetelius libo visolus (cos. 360) cn. Pompeius (cos. 70)

367

P. Postumius tubertus (cos. 505) Q. Publilius Philo (cos. 339) l. Pupius (pr. 183)

192; 204; a. 603; a. 716; 246–248; a. 735 f. 71; 92; a. 235 f. a. 207; a. 418 104; a. 280; a. 441 a. 441 207; a. 613 a. 626 a. 418 a. 114; 72; a. 170; 78; a. 184; a. 197; 92; a. 237; 103; a. 270–273; 110; a. 305; 114 f.; a. 315; a. 320; 127; a. 349; 151 f.; a. 426; a. 514; a. 520; 197; a. 582; 207; 212; 222; 229; a. 680 f.; 232–236; a. 687; a. 691–698; 251 f.; a. 759; 286; 299; 300; a. 850 197; a. 583; 200; a. 594; a. 598; 243 a. 124; a. 255 a. 755 89; a. 485; a. 678 72; a. 268; 110; a. 296; 114; 120; 148; 151; 155; 197; 210; a. 622; a. 640; 217 f.; a. 646; 243; a. 774 68; a. 201 158; a. 460 a. 269; 149 65; 67; 86 f.; a. 213; 104; 106; a. 280; 191; a. 564; a. 605; 236–240; a. 700; a. 702; a. 704; a. 707–a. 710; a. 716; a. 718; 243; 249; a. 750; 251; 269; a. 772; a. 800; a. 811 a. 528 63; a. 134; 107; a. 546; 191; a. 631 a. 201

remus romulus

81 75; 81; 120; 190; a. 639; a. 656

P. satureius (tr. pl. 133) c. scantinius capitolinus (tr. pl. / aed. 226) c. scribonius curio (tr. pl. 50) sempronia a. sempronius atratinus (mil. tr. c. p. 444) c. sempronius Gracchus (tr. pl. 123) M. sempronius tuditanus (cos. 185) P. sempronius tuditanus (cos. 204) P. sempronius Blaesus (tr. pl.) ti. sempronius Gracchus (cos. 215) ti. sempronius Gracchus (cos. 177) ti. sempronius Gracchus (tr. pl. 133)

a. 755 a. 773 a. 269 a. 163 a. 406 69; 94 f.; a. 247; a. 252; 127; a. 350 68 a. 264 199 149 148; a. 415; 150; a. 425; a. 628; 288; 69; 94; a. 243; 96; a. 250; 111; a. 299 f.; a. 304; a. 308; 172; 270; a. 774 f.; a. 798 a. 304 72; a. 168; 102; a. 269 a. 165 67; 83; 160; 263 70; a. 163; 81; a. 234; 92

c. Pomptinus (pr. 63) M. Popillius laenas (cos. 359) M. Popillius laenas (cos. 173) M. Porcius cato censorius (cos.195) M. Porcius cato Uticensis (pr. 54) l. Porcius licinus (cos.184) a. Postumius albinus (cos. 242) l. Postumius albinus (cos. 234) l. Postumius Megellus (cos. 305)

c. sentius saturninus (cos. 19) l. sergius catilina (pr. 68) Q. sertorius (pr. 83) c. servilius Geminus (cos. 203) c. servilius Glaucia (pr.100)

368

anhang

cn. servilius Geminus (cos. 217) M. servilius Pulex Geminus (cos. 202) P. servilius Globulus (pr. 64) P. servilius Priscus structus (cos. 495) P. servilius vatia Isauricus (cos. 79) P. servilius Isauricus (cos. 48) Q. servilius caepio (cos. 106) Q. servilius caepio (quaest. 100) Q. servilius Priscus Fidenas (dict. 435) servius tullius P. sestius (pr. 55) l. sextius sextinus lateranus (cos. 366) cn. sicinius (pr. 183) spartakus l. stertinius c. sulpicius Galba (pont. 202) c. sulpicius longus (cos. 337) P. sulpicius Galba Maximus (cos. 211) P. sulpicius rufus (tr. pl. 88) ser. sulpicius Galba (pont. 203) ser. sulpicius Galba (cos. 144) ser. sulpicius Galba (pr. 61) Q. sulpicius (flamen 230)

65 78; 108 f.; 124; 196 a. 774 a. 514; 190; a. 551 a. 604; 235 197; 243 a. 605 a. 12 122; 263 a. 109; 75; 120 a. 416 94; a. 242 a. 201 207 124 a. 477 a. 284 108; 159; a. 477; a. 479 71; a. 164; 80; a. 192; 152 a. 477 108; 196; a. 609 197; a. 583 158; a. 443

sp. tarpeius (cos. 454) sex. titius (tr. pl. 99) c. terentius varro (cos. 216) M. terentius varro lucullus (cos. 73) tiberius (Kaiser) l. trebellius (tr. pl. 67) cn. trebonius (tr. pl. 401) l. trebonius asper (tr. pl. 448) cn. tremellius (pr. 159) M. tullius cicero

a. 238 152 65; a. 142; 104 f.; a. 605; 292; a. 824 a. 266 162; 172; 188; 217; a. 653 a. 299 63; 93; a. 241 93 161 96; a. 267 f.; a. 298; a. 370; a. 381; 142; a. 391; 152; 155; 189; 200; a. 594; 209 f.; 215 f.; a. 640; a. 646; 229; a. 726; 245; 249; a. 787 a. 640

tullia P. Quinctilius varus (pr. 203) l. Quinctius cincinnatus (cos. suff. 460) t. Quinctius Flamininus (cos. 198)

a. 453 62; a. 656 67; a. 172; 74; 75; a. 183; 78 f.; a. 188 f.; 117; 125; a. 336; a. 371; a. 746; 274; a. 783; a. 807; 297

c. valerius Flaccus (pr. 183)

68; a. 201; 158; a. 446; 159 f.; a. 453; a. 469; 166; a. 473; a. 476; 169–171; a. 507 f.; 176; 277 a. 485 161 191 74; a. 173; 78; 123; 198; a. 733 67 192 68

l. valerius Flaccus (cos. 195) l. valerius Flaccus (cos. 131) l. valerius Potitus (cos. 449) M. valerius corvus (cos. 348) M. valerius laevinus (cos. 220) Mʼ. valerius Maximus Messala (cos. 263) M. valerius Messalla (pr. 193)

namensregister M. valerius Messala rufus (cos. 53) Q. valerius Falto (cos. 239) P. vatinius (cos. 47) l. veturius Philo (cos. 220) t. veturius Geminus cicurinus (cos. 462) l. volcacius tullus (cos. 66) l. volumnius Flamma violens (cos. 307)

a. 102 192; 194; 219; a. 651 152; a. 433; a. 772 a. 142 187 72; 102 a. 211

369

sachrEGIstEr nicht aufgenommen als lemmata sind die themen der vier untersuchten Fallklassen (Wahlen, sortitio, sakralrecht, triumphe) und die gesamte arbeit durchziehende Begriffe wie etwa regelkonflikt. Für in einzelnen Unterpunkten untersuchte aspekte, die auch in Überschriften auftauchen, sei weiter auch auf das Inhaltsverzeichnis verwiesen. ambitus

72; a. 172; a. 182; a. 201; a. 286; a. 647; 288

annuität

46; a. 82; 47; 56; 85; a. 251; 116; 399; 261; 759

auctoritas - patrum - senatus

104; a. 782; 298 64; a. 765 f. a. 314; 199; 298; a. 844

Ausnahme(n)

a. 1; 17; 20; 22 f.; 38; 40; 45; a. 79; 50; 59; a. 116; 60–62; a. 124; a. 158; a. 164 f.; 76–80; a. 182; a. 189; a. 194; 85–92; a. 215; a. 223; a. 244; 96; a. 256; a. 262; 101; a. 272; a. 302; 115; 117–120; 129 f.; a. 401; a. 509; 187; 197; a. 593; 210; a. 626; 219; 227; 229–231; a. 695 f.; 236; a. 697; 245; 250; 252; 257 f.; 274; 283; 289; a. 835; 297 f.; 300; a. 847; a. 850 a. 212 104 a. 247 a. 119; 83; 88; 90; a. 223; 103; 115; 201 45; a. 79 108 80; a. 223; a. 251; 100 a. 194

- ausdehnung der -beschlüsse -bestimmungen -genehmigung(en) -klausel -recht -regelung -situation Auspizien / auspicia - auszugsauspizien - ementita - impetrativa - maxima - minor - oblativa -kollision Blockade / -mechanismen

a. 87; a. 102; 57; a. 165; a. 205; 90; 110; 133; a. 415; 115 a. 423; a. 440 f.; a. 591; 211; a. 628 f.; a. 759; a. 761; a. 810 a. 415; a. 441; a. 628; 181; a. 591; 201 a. 441 132 a. 102; a. 417 a. 417 a. 427; a. 438; a. 441; a. 500 a. 417 a. 251; a. 287; 213; 238; a. 704; a. 775; a. 780 f.; 273; 279 f.; a. 796; 282; 299; 301

sachregister

371

cannae

24; a. 123; 106; 108; a. 389; a. 605; a. 803; a. 816; 290; a. 819; 292; a. 825; 293; a. 840

centuria praerogativa

13; a. 106; 66 f.; a. 147; a. 180; 86; a. 211; 107; 108; 110; a. 298; 119; 121; a. 323; a. 364; a. 426

comitia - centuriata - tributa

47; 56; 57; a. 106; a. 109; 101; a. 264; a. 337; a. 415; 201; 202 56; a. 107; a. 299; 121; 160; 191; 201; a. 597; a. 599

concilium plebis

56; a. 240; 95; a. 252; 201; a. 597; 202; 261

Devianz

33; 37; a. 52; a. 115; 142; a. 656; a. 818; 299; a. 848; 301 79; 232; 274

- konstruktive exempla - hegung - triumph-exempla

15 f.; a. 8; 24; 267; 273–275; a. 782; a. 786 f.; 277; a. 789; 282; a. 823 274; 300 216 f.; a. 653; a. 660; a. 677

fas - nefas

a. 769 144; a. 417; a. 440; 265

flamen / flamines

a. 201; 139; a. 382; a. 401; 157; 163–177; a. 490; a. 501; a. 505; 258 f.; a. 773; 272; 274; 276 f.; 287; a. 825 a. 379; a. 394; a. 402; 158–177; a. 452; a. 457– 459; a. 472 f.; a. 503 f.; a. 507 158; 161; 174; 209 158 f.; 163; 169 f.; 174; 209

- Dialis - Martialis - Quirinalis iteration(s) - beschränkung - intervall - verbote ius - agendi cum plebe - augurale / augurum - auxilii - civile - divinae - gentium - honorarium - pontificum - publicum

46; a. 121; 62; a. 139; 85–97; a. 208; a. 242; 115; 118; 120 61; a. 123; a. 219; a. 230; 115; 258 a. 114; 59–61.; a. 116; a. 230; 115 58; 60; a. 123 f.; 62; a. 215; a. 242; a. 683; 258; 274; 296 f. a. 32; a. 89; 50; a. 129; a. 214; 119; a. 318; a. 425; 175; 223; 252 f.; a. 758; 262; a. 769; a. 782; a. 787; 277; a. 798; a. 832 a. 774 a. 377; a. 417; 156 a. 704 a. 14; a. 769; a. 782 a. 41 a. 14 a. 14 a. 377 137; 265

372

anhang

- sacrum / sacrorum - sententiae dicendi - triumphandi - vitae necisque

a. 377; 161; 167; a. 776 a. 825 s. u. triumph a. 20; a. 763

Kollegialität

46; a. 82; 56; 81; a. 275; 121; a. 321 f.; 262; a. 759

Kontinuation

85–97; a. 206; a. 208; a. 235; a. 239; a. 242; a. 251; 105; 115 f.; 261

lex, leges - Aebutia - Aelia - Aelia et Fufia - Antonia iudicaria - Antonia de provocatione - Baebia - Caecilia Didia - Canuleia - Cincia - Clodia - Cornelia de provinciis ordinandis - curiata - de tribunis plebis reficendis - Domitia - Fufia - Gabina - Gabinia - Genucia

14; 18; 50 14 a. 438 a. 426; a. 438 a. 301 a. 301 a. 172; a. 201; a. 372; 287 f.; a. 813 a. 432 a. 319 288 a. 438 127 a. 100; a. 324; 201; a. 759 a. 252 145; a. 402; a. 404 a. 182; a. 438 a. 104; a. 818 127 16; 54; 59; 61; a. 124; a. 195; 85; a. 223; a. 239; 115 288 a. 119 a. 404 16; 59; 61; 63; 98; 133 a. 137; a. 142 a. 323 152 145 287 288 a. 302 a. 402; a. 404 103; a. 628 288 45; a. 79; 103; 318 a. 758 a. 351; 369; a. 757 288 288 a. 432 93; a. 238 288

- Iunia de feneratione - Hortensia - Labiena - Liciniae Sextiae - Maenia - Malacitana - Manilia de libertinorum suffragiis - Ogulnia - Oppia de mulieribus - Orchia de cenis - Osca - Papia - Pompeia de iure magistratuum - Porcia de sumptu provincali - posteriori - sacratae - Sempronia de provinciis consularibus - Sempronia de pecunia credita - Terentia de libertinorum liberis - Titia - Trebonia - Valeria de civitate cum suffragio

sachregister

373

- Valeria Fundiania - Villia annalis

287 15; 74; a. 172; 75; 77; a. 192; a. 201; 117; 258; a. 791; a. 807; 287; a. 813 f.; a. 818; 296; a. 838; a. 844

mos - maiorum

18; 14; 50; a. 247; a. 274; 241; a. 782; a. 818 15; a. 50; a. 722; 259; a. 782; a. 786; a. 839

Norm(en) -bruch -dehnung - Grundnorm -hierarchie -kollision - Kriterien-bezogene - Institutionen-bezogene - normalfall -tradierung

s. u. regelbruch s. u. regeldehnung 20; a. 19; 24; 38–40; a. 54; 42; a. 758 18; 20; 262; a. 760; a. 769 a. 79 21; a. 21; 73; 118; 175; 179; 198 21; a. 21; 73; 136; 179; 196; 198; 262 14; 22 f.; 53; a. 121; 118; 129; a. 369; a. 464; 178; 203; a. 731; 258; 272; 282 f. 24; 29; 284; a. 806; 290; a. 822; 293

pater familias

a. 14; 20; a. 20; a. 319; 263; a. 763; 265; 267

patria potestas

a. 1; 20; 84; a. 205; a. 326; 133; a. 382; a. 503; 263; a. 763

pomerium

56; 101; a. 273; a. 292; a. 415; 182; 199 f.; a. 592–a. 596; a. 600; a. 629; 237; 243; 249

Obnuntiation

148; a. 426; 152 f.; a. 427 f.; a. 430; a. 434; a. 440; a. 465; 177; a. 798

Obstruktion

a. 268; 104; a. 275; a. 434; a. 780; a. 798

ovatio

a. 526–528; 188; 205; 207; a. 626; 212; a. 639; 215; 231; 247 f.; a. 753

Plebiszit / plebiscitum

a. 138; a. 203; a. 225; a. 240; 103; a. 337; 135; a. 372; 159 a. 205; a. 507; a. 825 a. 209

- Atinium - de lege solvendis consularibus Prinzip(ien) - Grund- und strukturprinzip(ien) -kollision - rechtsprinzip

a. 82; 47; 50; 56; a. 109; 116; 118; a. 318; 136; a. 680; a. 758 f. 46; 50; 119; 121 16 f.; 24; 47, 50; 92; 118; 129; 136; a. 664; 231; a. 680; 257; 294; 299

rechtsordnung

a. 1; a. 14; a. 46; a. 53; a. 71; a. 78 f.; 46; a. 81; a. 758; a. 799; a. 845

rechtswidrigkeit / rechtswidrig

a. 438; 173; a. 769; 271; a. 776

374 Regel(n) -arten -bruch / normbruch

-dehnung / normdehnung - deskriptive regeln -gewichtung -mäßig(keit)

- präskriptive regeln -verstoß - spielregel -werk sanktion(s)

anhang

a. 45 (mit verweis auf a. 67) 22–24; 33; a. 52; a. 58; 42; 50; 76 f.; a. 182; 86; a. 215; 89; 91 f.; a. 274; 116; a. 318; 129; a. 423; 173; 198; 212; 226 f.; 231; 236; a. 680; 240 f.; a. 714; 249; 265; a. 848 23; a. 115; 87; a. 212; 116; 118; a. 452; 210; 229; a. 680; 232; 274; a. 803; 298; 300 a. 45; a. 67 a. 79; a. 417; 228; 265 23; 30–32; a. 34; a. 37; a. 39; a. 45 f.; a. 48; 41; a. 103; a. 115; 61; 73; 78; a. 213; 117 f.; 188 f.; a. 618; 210; 212; a. 632; a. 664; 227; 258; 273; a. 848 a. 40; a. 67 a. 44; 173; 176 s. u. spiel a. 34; 187; 225; a. 754

- göttliche -androhung -bereitschaft -bewehrt -kompetenz -komponente -möglichkeit -risiko -neigung -verzicht

23; a. 43; a. 45; a. 49; a. 52 f.; a. 58; a. 67 f.; 81; 86 f.; 115; a. 423; 156; 238 f.; a. 710; a. 775 f.; a. 800; 298 f.; a. 848; a. 850 a. 441 33 38; 42; 299 36; a. 222 a. 193 a. 52; a. 800 33; a. 192 31 242; 281 f. 76; 83; a. 205; 227

schiedsrichter

a. 44; 98; 119; 167; 274; a. 839

spiel -regel -verderber staat(s) -raison -recht (allgemein) -recht (römisch)

11; 30; 40; a. 63; a. 67; 50; 99; a. 260; 115 f.; 140; 179; 258; a. 798; 294; a. 832 a. 63; a. 67; a. 313; a. 759

-recht (Mommsen) -wohl

a. 302; 300 a. 66; a. 91; a. 847 13–15; a. 1; 20; 25; 47; a. 87; a. 91; 49; a. 372; 234; a. 690; a. 765; a. 769; a. 775 f.; a. 784; a. 847 a. 2; a. 671 20; 90; a. 231; 92; a. 289; a. 469; a. 775

Tempel - der Bellona - Geloben / Weihung von tempeln - des hercules victor

193; 200; a. 595 121 f.; a. 323; a. 517; a. 577; 230; a. 678; a. 744 211

sachregister

375

- von honos und virtus - der Juno lacinia (abdeckung) - des Jupiter latiaris - des Jupiter Optimus Maximus - der Mater Matuta - der vesta

a. 678 a. 465; a. 764 a. 740 181 a. 628 169; 171

tribunicia potestas

84; a. 205; a. 763

tribunizisches veto

a. 12; a. 177; 80; a. 250; a. 275; a. 299 f.; a. 152 f.; a. 433; 199; a. 600; a. 664; 238; 240 f.; a. 718; 246; a. 734; 262; 268; a. 771; a. 774; a. 781; 279 f.; a. 798

Triumph - exempla - ius triumphandi -route - triumphus in monte albano Ungültigkeit / ungültig

verfassung - (allgemein / modern) - (römisch) - verfassungswidrig

s. u. exempla 178; 185 f.; 188; a. 542; 196; 198; 216 f.; a. 643; 224 f.; a. 661; a. 665; a. 675; 252 f. a. 517; a. 585; 238 184; 190; 232; 244; 246–249; a. 740–744; a. 749; 251 45; a. 204; a. 313; 144; a. 398; a. 424; a. 432; 154 f.; a. 434; 173; 177; a. 583; 228; 243; 250 f.; 257; 265; a. 765; a. 776; a. 798 a. 41; a. 53 f.; a. 79; 266; a. 767; a. 792; a. 845 13–15; a. 1; 25; a. 308; a. 381; a. 267; 266 f.; a. 768 f.; a. 608 a. 803; a. 847

vestalin

122; a. 377; a. 379; a. 401 f.; 169; 196; a. 593; 240–242.; a. 713; a. 717 f.; a. 720; a. 773

Widerspruchsschleife

17; a. 300; a. 385; a. 440; 266; a. 767; 280

zwölf-tafel-Gesetz(e)

63; 93; 98; 119; a. 318 f.; a. 758; a. 760

Was passiert, wenn Normen im Widerspruch zueinander stehen? Christoph Lundgreen schlägt hier mit Hilfe eines theoriegeleiteten Ansatzes, der Regelkonzeptionen verschiedener Disziplinen berücksichtigt, eine neue Lesart des „Staatsrechts“ der römischen Republik vor. Er untersucht dabei Konfliktfälle aus den Bereichen Wahlen, Provinzvergabe, Sakralrecht und Triumphbewilligung; im Mittelpunkt steht die Gegenüberstellung von festen Regeln und weichen Prinzipien, deren Zusammenspiel ein Schlüssel für die Rekonstruktion römischer Normen ist.

Gerade abzuwägende Prinzipien bieten eine Möglichkeit, die Flexibilität in der Sache ohne politische Willkür oder Devianz zu erklären und damit auch zu würdigen. Dies gilt zumindest für die Schiedsrichterrolle des Senats, bis dann zu Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. – im Zuge einer Neukonstituierung der Elite nach den Verlusten von Cannae – eine Verregelung der Normen und damit eine Normenverhärtung eintritt.

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isbn 978-3-515-09901-1