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German Pages 276 [284] Year 2002
POESIA CANTATA 2
Bereits erschienen: Frank Baasner (Hg.): POESIA CANTATA. Die Textmusik der italienischen Cantautori
Frank Baasner (Hg.)
POESIA CANTATA 2 Die italienischen Cantautori zwischen Engagement und Kommerz
Max Niemeyer Verlag Tübingen 2002
Die Deutsche Bibliothek - C IP-Einheitsaufnahme Poesia cantata / Frank Baasner (Hg.). - Tübingen : Niemeyer 2. Die italienischen Cantautori zwischen Engagement und Kommerz. - 2002 ISBN 3-484-50387-4 © Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 2002 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung aifßerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Satz: Lorenzo Frau, Icking Druck: Weihert-Drack GmbH, Darmstadt Umschlag: Guide Druck, Tübingen Einband: Industriebuchbinderei Hugo Nadele, Nehren
Inhalt
Frank Baasner Einleitung
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Ruedi Ankli Das Autorenlied 1985-2000. Von „Washington" zu „Ciao" und „Addio".
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Valdo Gamberutti La metamorfosi del cantautore: I segni di una crisi?
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Alberto Mompellio Giorgio Gaber e Sandro Luporini: II Teatro-Canzone
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Catherine Danielopol „Parole (non) son parole" - La poetica di Francesco Guccini
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Stefanie Stix „Ritornero sui miei passi di ieri": Pippo Pollina - un siciliano di cuore ritorna a casa
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Katrin Mailänder Tra meravigliosa creatura e malafemmina - Der Feminismus in den Liedern Gianna Nanninis
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Jessica Thorns Luciano Ligabue: un cantante tra palco e realtä
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Marcello Aprile „Qui fra non molto poc'anzi moriremo": le storie tese di Elio
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Petra Burgstaller La nuova canzone d'autore: Konventionelles und Unkonventionelles im italienischen Rock der 90er Jahre
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Iris Nagl „Potere alla parola" - Eine textorientierte Betrachtung des Rap Italiano
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Arno Scholz Un caso di prestito a livello di genere testuale: il rap in Italia
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Anhang Liedtexte
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Frank Baasner Einleitung I. Vorgeschichte Als vor 4 Jahren der erste Band mit dem Titel Poesia cantata. Die Textmusik der italienischen Cantautori bei Niemeyer erschien, war die Fachbibliographie mit italienischen oder deutschen Titeln zu diesem Thema vergleichsweise kurz Ohne behaupten zu wollen, dass wir mit diesem Büchlein damals eine Entwicklung in der Forschung haben beeinflussen können, ist es doch eine auffällige Tatsache, dass nach den Pionierarbeiten eines Borgna oder Baldazzi eine schier nicht mehr zu überschauende Vielfalt an Arbeiten (vorwiegend in Italien) erschienen ist. Der Weg der traditionellen Cantautori in den Parnass scheint ebenso wenig aufzuhalten wie die weiterhin ansteigende Bedeutung, die der Canzone d'autore im öffentlichen kulturellen Bewusstsein Italiens beigemessen wird. Betrachtet man die zahlreichen Neuerscheinungen der letzten Jahre, von deren Menge die Bibliographien der hier versammelten Beiträge beredtes Zeugnis ablegen, so lassen sich verschiedene Typen unterscheiden. Es gibt eine ganze Serie monographischer Bücher zu einzelnen Cantautori bzw. Gruppen. Ziel ist hier, mit durchaus auch sehr kommerziellen Interessen, die Vermarktung des großen, dauerhaften Erfolgs einzelner Interpreten im Medium des Buches. In solchen Fällen wird meist sehr biographisch und chronistisch gearbeitet, die Analyse einzelner Stile oder Texte steht nicht im Vordergrund. Eine zweite Kategorie bilden die historisch panoramischen Darstellungen, die sich (mehr oder minder akademisch) den mittlerweile immens großen Gegenstand anzueignen, ihn zu ordnen versuchen. Und schließlich gibt es eine dritte Form, die ich als akademische Ausdifferenzierung des Forschungsinteresses bezeichnen würde; sprachwissenschaftliche Arbeiten gehören hierzu ebenso wie diejenigen, die eher die Textseite oder auch die Intermedialität zwischen Wort und Klang in den Mittelpunkt stellen. Die Cantautori als ein prägender, ganz wesentlicher Teil der zeitgenössischen Kultur (nicht nur Italiens) sind nicht mehr ein Kuriosum der Forschung, sondern stehen - wissenschaftlich gesehen - gleichberechtigt neben anderen Kunstformen wie Lyrik, Roman, Comics oder Film. Wenn wir diesen zweiten Band veröffentlichen, so gibt es dafür mehrere Gründe. Zunächst gilt es festzustellen, dass im deutschsprachigen Markt sehr wenige Publikationen erschienen sind, die sowohl für das Fachpublikum als auch für jene Leser konzipiert sind, die ein großes Interesse an der aktuellen italienischen Kultur haben, ohne selbst sehr gut Italienisch zu können oder eine spezifische akademische Ausbildung zu haben. Die Mischung von deutschsprachigen
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und italienischen Beiträgen soll zudem der Tatsache Rechnung tragen, dass in Italien selbst wenig Bewusstsein darüber besteht, wie sehr sich das Forschungsinteresse an deutschen (aber nicht nur deutschen) Universitäten verschoben hat: Nicht mehr allein die großen Kulturepochen des Trecento oder der Renaissance beschäftigen die italianistischen Institute, sondern zunehmend auch die neue und neueste italienische Kultur. Dabei ist sowohl der diachrone Aspekt interessant (Verschiebung hin zur Gegenwart) als auch die Veränderung in einem synchronen Horizont: Hochkultur und populäre Kultur stehen seit einigen Jahren nebeneinander und die Zeit, als die Relevanz von Grenzgebieten wie populäre Literatur (z.B. Comics) oder populäre Musik (wie die Cantautori) infrage gestellt wurde, ist offenbar vorbei. Damit fugt sich dieser Band in eine Entwicklung der Italianistik hin zu breiteren Fragestellungen zur italienischen Gegenwartskultur ein, wie sie vorbildlich seit vielen Jahren durch die Zeitschrift Zibaldone repräsentiert wird. Bevor der Aufbau und die interne Struktur des vorliegenden Buches erläutert werden, seien einige Beobachtungen zur Frage der Spezies „Cantautore" vorausgeschickt.
II. Eingrenzungen des Gegenstands: verschiedene Definitionsansätze Die Frage nach dem Gegenstand, mit dem wir uns befassen, drängt sich immer wieder und unaufhaltsam in den Blick. Zunächst scheinbar evident, verwässert sich der Begriff mit zunehmender Arbeit an dem sehr weiten und vielseitigen Korpus möglicher Kandidaten zu einem Sammelbecken, in dem so gegensätzliche und in sich divergierende Phänomene Platz finden wie Milva und Gianna Nannini, wie Jovanotti und Paolo Conte. Auch wenn es den addetti al lavoro unsinnig erscheinen mag, die Frage nach einer möglichen eingrenzenden Definition des kulturellen Phänomens des Cantautore soll hier (noch einmal) gestellt werden. Ich werde mich einer möglichen Definition auf verschiedenen Wegen nähern. Da ist zunächst der pragmatische Weg („Was wir als Cantautore wahrnehmen, ist auch einer"), dann der historisch-normative („Was in der großen Zeit der Cantautori geprägt wurde ist verbindlich") und schließlich der medientheoretische („Konstitutiv fur die Definition des Cantautore sind die spezifischen medialen Produktions- und Wirkungsmechanismen").
II. 1. Pragmatik Immer wenn die schwierige Frage nach der Definition von Literatur gestellt wird, entrinnen die mit dieser Frage professionell (oder professoral) Betrauten
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dem Problem mit dem schlagenden Argument, das da heißt: Literatur ist, was zu einem bestimmten historischen Moment von den Teilnehmern am literarischen Leben dafür gehalten wird. Ein weiter und pragmatischer Literaturbegriff also, der als solcher funktionsfähig, aber schwach ist. Schwach deshalb, weil mit diesem Definitionsversuch jede Diskussion um die Grenzen dessen, was Literatur sinnvoll sein könne, schon unterbunden ist. Der Verzicht auf jede Form von Norm relativiert die Gattungsfrage zurecht, birgt aber wiederum den Verzicht auf durchaus mögliche fruchtbare Diskussionen um literarische Kunstformen in sich, eine Diskussion, die notwendig normative Aspekte einschließt. So soll denn der pragmatische Zugang zum Phänomen des Cantautore im Bewußtsein dieser Beschränkung versucht werden. Ein Cantautore ist somit deijenige, der vom (zeitgenössischen oder nachgeborenen) Publikum für einen gehalten wird. Soweit so gut. Sicherheitshalber schauen wir auf die italienische und nicht die deutsche Realität, denn schon die Übersetzung von Cantautore zu „Liedermacher" bringt eine Beschränkung mit sich. Denn Cantautore umfasst in der Wahrnehmung der Italiener ein weit größeres Spektrum, als es der im deutschen Sprachgebrauch notwendig politische Liedermacher (Wolf Biermann und Hannes Wader etwa) je bieten wird. Schon Udo Lindenberg würde sich dem Etikett Liedermacher kaum unterordnen. Cantautore soll also in erster Linie aus italienischer Wahrnehmung heraus eingegrenzt werden und erst zweitrangig kann die Frage nach der ausländischen Wirkung des Gattungsnamens angeschlossen werden. Im italienischen Begriff des „Cantautore" steckt einerseits der Sänger, andererseits der Autor. Somit sind zwei Elemente der idealen Einheit von Komponist, Interpret und Texter erfüllt. Der deutsche Begriff „Liedermacher" hingegen ist hier weniger deutlich. Auf jeden Fall markiert der Begriff „Cantautore" den Autor-Aspekt und weist somit dem Text eine gewisse Bedeutung zu. Diese Akzentuierung des Textes findet sich in den praktischen Verwendungen des Begriffs ebenfalls. Italienische Darstellungen der Geschichte des Liedes (Gianni Borgna: Storia della canzone italiana, Milano: Mondadori 1992) räumen den Cantautori zwar einen relativ großen Raum ein, trennen sie aber nicht scharf von anderen Formen wie dem San-Remo-Schlager. Hier versandet also jeder definitorische Versuch oder anders gesagt: Borgna liegt nicht an einer Gattungsabgrenzung, sondern an historischen Zusammenhängen, die sich insgesamt um das italienischsprachige populäre Lied drehen. Anders sieht es mit denjenigen Publikationen aus, die schon im Titel die Canzone d'autore tragen. 1 Hier wird stillschweigend ein Konsens über mögliche Defini1
Drei der wichtigen Titel sind in chronologischer Reihenfolge Baldazzi, G./ Clarotti, L. / Rocco, A. (Hg ): I nostri cantautori. Storia - musica - poesia, Bologna 1990; Coveri, L.
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tionen von „Cantautore" vorausgesetzt, ein Konsens, der praktisch zu bestehen scheint, ohne dass ihn jemand präzise definieren könnte. Interessant sind die Randphänomene: In dem von Coveri herausgegebenen Sammelband werden Elio e le storie tese behandelt (wie in unserem Band), in der langen Liste von Jachia fehlt dieser Name. Eros Ramazzotti hingegen (den wir absichtlich nicht behandelt haben) findet sich bei Jachia, nicht aber bei Coveri. Eine der (vergleichsweise wenigen) Vertreterinnen des Rock italiano, Gianna Nannini, findet sich bei beiden Autoren. Je nach wissenschaftlichem Zuschnitt der Abhandlungen (Jachia gehört in die eingangs erwähnte Kategorie 2, Coveri in die Kategorie 3) beschränkt man sich in der Darstellung auf den unbestrittenen Kernbereich (so bei Jachia) oder sucht nach den Grenzbereichen in sprachlicher, kultureller oder musikalischer Hinsicht. Etwas enger sind die Definitionen des Cantautore in einigen Publikationen außerhalb Italiens - viele gibt es davon allerdings nicht. So wählt Ruedi Ankli, der sehr enge Beziehungen zur Szene der Cantautori hatte und hat, für sein grundlegendes Werk aus dem Jahre 1985 einen kuriosen Titel, der einen politischen Begriff und eine musikalische Richtung verbindet: Cantautore Republic. Die italienischen Rockpoeten. Damit erfolgt vor allem eine Abgrenzung gegenüber der „hohen Musik"; es ist wohl eher ein Hinweis auf populäre Musik als auf einen strengen Rock'n' Roll, denn ein strenges musikalisches Kriterium „Rock'n' Roll" würde bei einigen der behandelten Autoren (angefangen bei Lucio Dalla) nicht zutreffen. Aus dieser kurzen Sichtung des Begriffsgebrauchs in der Musik- und Literaturkritik läßt sich festhalten: Einen engen definitorischen Ansatz gibt es nicht. Die Negativabgrenzung erfolgt gegenüber der klassischen Musik (nach oben) und der gedankenlosen Schnulze (Liebe und rote Rosen) nach unten. Ansonsten werden weder Musikstil (Rock, Soul, Blues, Volkstänze usw.) noch Inhalte normativ vorgegeben. Stillschweigend bleiben allerdings die politisch engagierten Cantautori der späten 60er und vor allem 70er Jahre normbildend, d.h. ein Cantautore wird als solcher wahrgenommen, wenn er eine politische Botschaft zu übermitteln hat. Negativ ausgedrückt: Wer in seinen Texten keine Sozialkritik, keine politischen Themen, keine moralischen Fragen aufwirft, sondern nur die Schönheit von Wein, Weib und Gesang würdigt, der ist kein Cantautore. Eine implizite Definition, die sich wesentlich auf die Liedtexte bezieht. Und zudem: Ebenfalls implizit werden diejenigen Cantautori ins Zentrum gestellt, die als Einheit von compositeur - auteur - interprete wahrgenommen werden. Allerdings nicht in Reinkultur, denn ein Fall wie Dalla zeigt, dass durchaus die Funktion „autore" durch eine andere Person ausgefüllt werden kann, ohne dass deshalb der Cantautore aus der Gattung herausfallen würde.
(Hg.): Parole in musica. Lingua e poesia nella canzone d'autore italiana. Novara 1996 und Jachia, P.: La canzone d'autore italiana 1958-1997. Milano 1998.
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Aber es läßt sich immerhin soviel sagen: Die Cantautori sind nicht Komponisten von Liedern, die notiert werden und die dann jede geschulte Stimme singen kann, sondern diese Lieder sind in der Wahrnehmung notwendig an bestimmte Stimmen gebunden (siehe wiederum Dalla, aber auch de Andre, Gaber, Guccini, vor allem Conte). Cantautori hinterlassen also kein Werk im musikwissenschaftlichen Sinne, das in Form von Partituren lebt, sondern nur Lieder, die als Stimme leben, auch wenn sie notierbar sind.
II. 2. Die Normativität der 70er Jahre Nun zu den historischen und damit „klassisch"-normativen Definitionen. So wie für Frankreich Georges Brassens, Leo Ferre und der Belgier Jacques Brei in den 50er und 60er Jahren eine frühe und sofort als Klassik definierte Blüte hervorgebracht haben, so ist auch die Gattungskonstitution des Cantautore mit einer großen Zeit der Canzone d'autore in einem ebenfalls bedeutenden politischen Kontext untrennbar verbunden. Schon die Durchsicht der pragmatischen Zugänge fuhrt immer wieder zu einigen Namen zurück, die in Ermangelung abstrakter Definitionen als Maßstab dienen. Die Jahre zwischen 1964 und 1978 (circa) sind die Geburtsstunde von Stars, die aus einem quasi privaten Kontext heraus zu politischen Leitfiguren wurden - manche vielleicht gegen ihren Willen. Dieser Weg vom „Genossen aus unserer Mitte" zum umjubelten Star, der Stadien zu füllen in der Lage war, ist für die Geburt des Massenphänomens der Cantautori prägend. Natürlich gab es auch vorher vergleichbare Künstler, aber erst nach dieser Phase wurden diese in eine Entwicklungslinie der CantautoreBewegung gestellt. Es fuhrt also kein Weg daran vorbei, dass der Begriff „Cantautore" untrennbar mit Namen wie Dalla, de Gregori, de Andre und Guccini verbunden ist. Die Einbindung des musikalisch-literarischen Werks in eine bestimmte politisch-soziale Situation und in eine daraus resultierende Rezeptions- und Erwartungshaltung beim Publikum scheint daher für einen „echten" Cantautore charakteristisch zu sein. Diese Definition setzt natürlich ein bestimmtes Selbstverständnis und auch inhaltliche Schwerpunkte als Norm. An dieser Norm haben sich nicht nur spätere Autoren messen lassen müssen, sondern an ihr „leiden" auch diejenigen Cantautori, deren Name mit dieser klassischen Phase verbunden ist. Wer heute in ein Guccini-Konzert geht - und die Sportpaläste sind bei seinen wenigen Auftrittsterminen ausgebucht - der will zwar Francesco Guccini sehen und hören, vor allem aber das Denkmal Guccini, so wie es seit den 70er Jahren zur lebendigen Legende geworden ist. Kein Konzert ohne „La Locomotiva" und kein Konzert, an dem das Publikum nicht „L'awelenata" einfordert, so als habe es ein Recht darauf, das schwerer wiegt als das Recht des Cantautore, sein aktuelles Werk vorzustellen. Aus dieser Pro-
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blematik können sich weder die Handelnden, noch die Hörenden noch die literaturkritisch Arbeitenden befreien. Daher schleichen sich bei den Definitionsversuchen immer wieder diese normativen Elemente ein. Wer nach der Zugehörigkeit einzelner Interpreten zur Cantautori-Gruppe fragt, tut dies unwillkürlich durch Analogiebildung. Capossela ist „wie" Guccini, nur 30 Jahre jünger und so weiter. Problematisch wird es, wenn nicht ein Individuum in Erscheinung tritt, sondern eine Gruppe, die andererseits alle Kriterien erfüllt. Warum sollten die Modena City Rambiers nicht als Cantautori gelten? Oder andersherum gefragt: Kann Jovanotti, der verehrt wird wie einst die Großen der Studentenrevolten, mit seinen minimalistischen Raptexten als Cantautore gelten? Wie man die Sache auch dreht und wendet, es stellt sich schnell heraus, dass die historisch klassischen und daher oft normativen Kriterien einer wiederum historischen Relativierung bedürfen, um noch mit der pragmatischen Wahrnehmung in zumindest weitgehenden Einklang gebracht werden zu können. Einiges kann auch hier, bei der historischen Kerndefinition, festgehalten werden: Die musikalischen Stile sind ebenso wenig Ausschlusskriterium wie die verwendeten Instrumente. Inhalte spielen hingegen eine zentrale Rolle, d.h. sowohl die politisch-sozialen Botschaften als auch der literarische Anspruch der Texte (graduell variierend). Dieser historisch gewachsene Begriff „Cantautore" kann durchaus aktualisiert werden, wenn man die zeithistorische Bindung der Inhalte sieht und in die Gegenwart übersetzt. Ein unbestrittenes Beispiel für eine solche Aktualisierung der engagierten Inhalte bietet Vasco Rossi, aber auch die Posse-Bewegung. Damit wäre als ein verbindendes Element das Engagement benannt, wobei dieser Begriff als ein weiter verstanden werden sollte, um nicht erneut das spezifisch links-politische Engagement der 70er Jahre als normativ anzusetzen. Gemeinsam ist den beiden definitorischen Zugängen ein relativ weiter Begriff des Cantautore, wobei im zweiten, historischen Zugang das normative Element unverkennbar ist. Inhaltlich hat sich die Zentrierung auf den Text, und zwar auf engagierte Textinhalte, bestätigt, womit eine gewisse Vernachlässigung der musikalischen Frage einhergeht.
II.3. Medientheoretische Überlegungen Bei den beiden bislang diskutierten definitorischen Ansätzen steht die Beschaffenheit des Textes im Vordergrund, neben der politisch-sozialen Funktion des Cantautore. Dabei wird stillschweigend vorausgesetzt, dass die Musik für sich genommen wertlos und zudem ihre Funktion eine dekorative, untermalende sei. Hier sind erhebliche Zweifel anzumelden. Denn auch wenn es aus musikwissenschaftlicher Perspektive zutreffen mag, dass wir es hier in aller Regel nicht mit einem notierten Werk zu tun haben, handelt es sich doch nicht um „irgendwie"
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vertonte Texte. Also fragen wir uns zunächst, welche Spezifik der Canzone d'autore aufgrund ihres hybriden Charakters eigen ist, die sie von einem rein melodiösen Lied ebenso abhebt wie von einem rein textuellen Gedicht. Für eine Canzone d'autore ist konstitutiv, dass sie von einem Cantautore gemacht und auch vorgetragen wird - das klingt banal, heißt aber, dass das Kunstprodukt, mit dem wir uns befassen, von der Intention her ein Hybridum ist. Dabei ist die Frage, welches Gewicht Text und Musik beim Schöpfüngsakt der einzelnen Cantautori gehabt haben mag, zweitrangig (Paolo Conte denkt zunächst an Musik, Francesco Guccini zuallererst an den Text, o.ä ). Ein Text also, der nicht als Gedicht verfaßt und dann vertont wird, sondern ein Text, der seine Musik implicite in sich trägt, oder eine Melodie, die ihre textuelle Botschaft antizipieren muss. Dieser Aspekt betrifft die Faktur des Kunstwerks selbst. Ein anderes Element ist ebenso konstitutiv, betrifft aber eher den Kontext des einzelnen Werkes. Denn wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass ein Cantautore in früheren Jahrhunderten erhebliche Schwierigkeiten gehabt hätte, überhaupt ein Publikumsphänomen zu werden. Denn wenn wir als ein wichtiges, wenn auch nicht exklusives Kriterium die Einheit von Autor-Komponist-Interpret annehmen, dann ist die mediale Verfügbarkeit des Cantautore für seine Rezipienten entscheidend. Ein Schubertlied lebt auch ohne Schubert und lebte auch zu Lebzeiten Schuberts ohne ihn. Eine Oper wird von vielen Stimmen gesungen und bleibt doch dieselbe Oper. Ein Lied eines Cantautore ist in einem viel höheren Maße an seine eigene Stimme und an das physische Erscheinungsbild gebunden. Das bedeutet positiv, dass seit der Erfindung des Radios und früher noch durch die Erfindung des Films eine Form der Präsenz von Gesichtern in Zusammenspiel von Text und Musik möglich wurde, die es vorher nie gegeben hatte. Ein historisches Beispiel mag das verdeutlichen: Die italienischen Cantautori werden bisweilen mit den mittelalterlichen Bänkelsängern verglichen, ein Vergleich, der übrigens seinerseits von der historisch-normativen Idee herrührt. Sozialhistorisch mag die Parallele ja stimmen, aber es reicht schon, sich vor Augen zu führen, dass die Bänkelsänger eben gerade nicht individuell wahrgenommen wurden, sondern die „anonymen" Träger von Satire, Karikatur, spöttischem Gesang waren, der als Ausdruck einer Gemeinsamkeit empfunden wurde, um den grundlegenden Unterschied zu erkennen. Mit der medialen Präsenz steigt die Bindung des Publikums an die Person des Cantautore. Wie weit diese Identifikation mit der Person (nicht nur mit der Musik) gehen kann, mag ein kurioses Beispiel aus der Rezeptionsgeschichte von Georges Brassens belegen. Es gibt einen Übersetzer der Chansons des Altmeisters, der die Texte nicht nur übersetzt und die Musik nachspielt, sondern der auch die Stimme so perfekt zu imitieren versteht, dass man als Hörer, der des Deutschen und Französischen mächtig ist, kaum einen Unterschied erkennen kann - Brassens hat lange nach seinem Tod offenbar Deutsch gelernt. Der deutschsprachige Brassens heißt Peter Blaikner und ist von Hause aus Österrei-
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eher Die Tatsache, dass er die Eindeutschung nach dem Prinzip der vollständigen Imitation vornimmt, zeigt plastisch, wie sehr alle Elemente des melodischsprachlichen Vortrags zur Wiedererkennung gehören. Ein weiteres, sich aus der medialen Vermittlung ergebendes Element ist die Frage der Ökonomisierung. Das Beispiel Giorgio Gabers zeigt, dass einige derjenigen, die aus der oppositionellen und ökonomisch eben gerade nicht erfolgreichen Zeit der 60er Jahre herausgewachsen sind, Wert darauf gelegt haben, sich dem Markt weitgehend zu entziehen: Gaber bestand auf der Theaterbühne als Hauptauftrittsort. Andere sind den Weg in die Stadien gegangen und haben sich damit in die Zwickmühle zwischen oppositionellem Anspruch, Massenwirkung und reinem ökonomischem Erfolg begeben. Dieser Widerspruch wird in einigen der hier versammelten Beiträge eine wichtige Rolle spielen. Vielleicht ist der Hinweis auf den Fall Jovanotti besonders aufschlussreich: Während die Cantautori der 70er Jahre aus der Kneipe um die Ecke nur langsam in die Top Ten aufgestiegen sind, hat Jovanotti (und andere seiner Generation) den umgekehrten Weg absolviert. Er ist, überspitzt formuliert, ein synthetisches Produkt. Und als er den übermäßigen Erfolg sah und den Widerspruch zu seinem eigentlichen Anspruch spürte, begann er sich dem Marktmechanismus, soweit dies möglich war, zu entziehen. Die Texte wurden anders, anspruchsvoller, selbstreflexiver und sein öffentliches Image veränderte sich. Natürlich entkommt niemand, der im Showbusiness bleiben will, dem Mechanismus eines durch und durch ökonomisch regierten Marktes - aber es gibt Variationsmöglichkeiten, die fur unser Thema wichtig sind. Aber kommen wir noch einmal zurück zu der Rolle der medialen Vermittlung. Seit den 60er und 70er Jahren haben sich die technischen Möglichkeiten und damit auch die Rezeptionsbedingungen erheblich verändert. Sowohl die erschwingliche Schallplatte als auch später das omnipräsente Radio, dann die CD und der Videoclip im (privaten) Fernsehen ermöglichen erst die Fixierung auf eine physisch in Erscheinung tretende Person. Was Ligabue als sukzessive Konstitution des Stars auf der Bühne durch das Publikum besingt (siehe den Beitrag von Jessica Thoms), ist ein Effekt dieser Form von Mediatisierung - der Cantautore wird zur Ikone. Wie bei dem Phänomen der Ökonomisierung gilt auch hier, dass sich niemand diesem Gesetz entziehen kann. Allerdings kann man gerade von denjenigen Stars, die an sich selbst einen gewissen Anspruch stellen, erwarten, dass sie diesen Zustand zumindest reflektieren und damit eine gewisse Form der Distanzierung ausüben. Diese Ebene der Selbstreflexion könnte sogar als ein Definitionskriterium gelten: Durch die Herstellung einer Metaebene markieren die Cantautori eine Distanz zu den rein ökonomisch motivierten Stars. Damit kommen wir zu einem zentralen Punkt bei der Definition des Cantautore, der schon angesprochen wurde: zu der Frage nach dem Anspruch, den die Autoren an sich selbst haben und den das Publikum an sie stellt. Ich möchte
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diese Frage mit einem anderen zentralen Punkt verknüpfen, nämlich mit der Frage nach dem Text-Musik-Verhältnis. Welche Rolle spielt die Musik im Verhältnis zum Text? Eine einfache Antwort greift natürlich zu kurz, aber allen Bedenken zum Trotz möchte ich eine stark vereinfachte, schematische Kategorisierung versuchen - und sei es nur, um die Problematik plastisch zum Ausdruck zu bringen. Versuchen wir, die verschiedenen Gattungen und Traditionen, bei denen das Musik-Text-Verhältnis eine Rolle spielt, Revue passieren zu lassen. Die Canzone d'autore ist kein Volkslied alten Stils, das mündlich und gewissermaßen anonym überliefert wird, sie ist aber nachsingbar. Sie benötigt keine umständliche Instrumentalisierung, ist dafür aber an die Stimme des mit ihr untrennbar verbundenen Cantautore geknüpft. Die Spezialität liegt nicht (zumindest nicht vorwiegend) in der Musik, aber auch nicht allein im Text, sondern in einer spezifischen Mischung. Eine denkbare Typologie der unterschiedlichen Gattungen, die auf einem Zusammenwirken von Text und Musik beruhen, könnte so aussehen: Text Text Text Text
flach, Musik populär flach, Musik anspruchsvoll dicht, Musik anspruchsvoll dicht, Musik populär
Schlager, Volkslied Operette, Oper Kunstlied bzw. vertontes Gedicht Canzone d'autore
Diese Schematisierung ist - wie jede Typologie - natürlich angreifbar, bietet jedoch eine Annäherung an den Themenbereich. Als dritte und weiterhin differenzierende Ebene wäre zudem die soeben ausgeführte Problematik der medialen Präsenz zu berücksichtigen. Bei aller Vorsicht kann an diesem Schema zumindest abgelesen werden, dass sich die Canzone d'autore von anderen TextMusik-Gattungen signifikant unterscheidet und dass es Sinn macht, an dem Begriff „Cantautore" trotz der nicht zu leugnenden Ausweitung und damit Inflation seines Gebrauchs festzuhalten. Das Themenspektrum des vorliegenden Bandes spiegelt die Ausweitung seit den 70er Jahren wider.
III. Zu diesem Band Ruedi Ankli bietet mit seinem breiten, kenntnisreichen und souveränen Überblick eine Orientierung im kaum mehr zu überschauenden Markt der italienischen Textmusik der letzten 15 Jahre. Während Ankli von Zäsuren, mehr oder minder epochalen Schritten spricht, nähert sich Valdo Gamberutti in seinem engagierten und mit viel Verve vorgetragenen Essay den Veränderungen der letzten Jahrzehnte von einer anderen, eher persönlichen Seite. Es klingt wie die Empörung eines aktiven, überzeugten Hörers der 70er Jahre, wenn er die große Zeit des Engagements im Rückblick heroisiert, um gleichzeitig eine neue Reali-
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sierung des notwendig Vergangenen einzufordern. Liest man Gamberuttis Seiten im Vergleich mit den Beiträgen zum neuesten Rock und Rap, so wird deutlich, dass in der Tat zwischen den engagierten 70er Jahren und den neuesten Entwicklungen enge Bezüge bestehen. Die Beiträge von Alberto Mompellio, Catherine Danielopol, Stefanie Stix, Katrin Mailänder, Jessica Thoms und Marcello Aprile sind jeweils monographische Untersuchungen, die sich einer Person bzw. Gruppe widmen. Bei allen Einzelfallen wird trotz der offensichtlichen musikalischen Differenzen eines deutlich: Die Cantautori sind zu einem erheblichen Teil über ihre stets dichten Texte definiert - und dies gilt von Giorgio Gaber bis zu Elio e le storie tese. Petra Burgstaller und Iris Nagl widmen sich in eher panoramischen Studien respektive dem Rock italiano und dem Rap. Arno Scholz, einer der besten Kenner der neuesten Musik Italiens und in diesem Gebiet ausgewiesener Linguist, schließt mit seiner aufmerksamen, mikro- und makroskopischen Studie des Rap italiano den Band ab, der somit eine Mischung aus überblicksartigen Artikeln und detaillierten Einzeluntersuchungen darstellt, die den Bogen von den Anfangen der 60er Jahre bis in die jüngste Gegenwart spannen. Trotz aller Unterschiede, die erkennbar sind, lassen sich einige durchlaufende Themen und Problemstellungen festhalten. Ein grundsätzlicher Konflikt, von Gaber bis zu den Posse, ergibt sich aus dem nicht auflösbaren Widerspruch zwischen einem oppositionellen (wenn nicht sogar revolutionären) Anspruch und der ökonomischen Realität des Marktes. Was als Empörungsschrei aus dem sozialen Elend entsteht, wird in der gierigen Maschinerie der Produktionsfirmen zum Star fortentwickelt. Dieser Widerspruch - das kann man vielen der Cantautori zugute halten - wird erkannt, reflektiert, analysiert und soweit wie möglich auch umgangen. Das zweite Element, das ich als für alle Cantautori verbindend nennen möchte, ist die Tatsache, dass sie alle zu ihrer jeweiligen Epoche in sehr hohem Maße Stimme der wichtigsten sozialen, politischen oder kulturellen Krisenphänomene sind. In diesem Sinne transportieren sie ein großes Potenzial an sozialer Energie, sind somit nicht nur flüchtige Erscheinungen eines schnellen Marktes, sondern tatsächlich Ausdruck kultureller Zustände, die auch im Rückblick durch die Analyse ihrer Werke klarer erkennbar sind, als sie es ohne das Zeugnis der Cantautori wären.
Ruedi Ankli
Das Autorenlied 1985-2000 Yon „Washington" zu „Ciao" und „Addio" Im Sommer 1985 erschien Ccmtautore Republic, die erste deutschsprachige Anthologie der Canzone d'autore, die ich gemeinsam mit Peter Burri herausgegeben hatte.1 In einem Bogen, der vom Partisanenlied „Bella ciao" bis „Washington", Dallas Antikriegslied im Dance-Flor von 1984 ging, versuchte ich in der Einleitung („Von 'Bella ciao' zu 'Washington'") die Entwicklung des Autorenliedes bis zum Frühjahr 1985 kurz darzustellen. Seither sind fünfzehn Jahre vergangen. Im September 1999 hat Lucio Dalla seinen Abschied vom Jahrtausend mit der CD Ciao markiert, anfangs 2000 zieht Francesco Guccini auf Stagioni Bilanz, mit dem Lied „Addio" als Finale. Wie hat sich die Bewegung der Cantautori in diesem Zeitraum entwickelt, welche Tendenzen haben sich durchgesetzt, welche Entwicklungen sind zu Beginn des Jahres 2000 zu beobachten? Ich möchte im folgenden versuchen, einige Hauptlinien der Entwicklung herauszuarbeiten, die Werke der wichtigsten Vertreter der Generation der Cantautori in ihrer Kontinuität zu erfassen und auf neue Künstler und Bewegungen hinweisen.
1.1. „Ein abgeschlossenes Epos"? Ich beginne mit einer Vorbemerkung bezüglich des Stichdatums, denn erst im Nachhinein lässt sich feststellen, dass das Buch zu einem Zeitpunkt erschien, der tatsächlich einen ersten panoramischen Rückblick erlaubte. Zur Erinnerung: Die Hauptkriterien für die Übersetzungen war die Einheit von Autor, Komponist und Interpret. Es gab damals Journalisten, die sich vom Elfenbeinturm herab beklagten, das Buch käme fünf bis sechs Jahre zu spät, oder die bedauerten, dass es nicht zum Zeitpunkt des großen Booms der Cantautori von 1975-80 herausgekommen war. Nun, tatsächlich hätte man auch 1980 eine - rückblickend betrachtet - fast puristische Zäsur setzen können, mit einer Tour durch die Welt der vorwiegend reinen Singer-Songwriter dylanscher Prägung. Man hätte damit aber ganz wesentliche Etappen verpasst: Die Wende, welche De Andres nachträglich als Indiani bezeichnetes Album von 1981 und noch viel
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Ruedi Ankli, Peter Burri, Cantautore Republic. Die italienischen Rockpoeten. Ihre Geschichte, ihre Texte mit über 120 Liedern italienisch/deutsch, Lenos, Basel 1985.
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deutlicher Creuza de Mä 1984 bedeuteten, sowie den internationalen Durchbruch von Paolo Conte mit dem Album Paolo Conte von 1984.2 In zahlreichen Interviews nach 1985 versuchte ich die hauptsächlichen Vertreter der Cantautori auf ihren Status und die Zukunft des Autorenliedes anzusprechen. Für Francesco De Gregori war es 1986 denkbar, dass sich nur einige wenige der damals bekannten Cantautori dauerhaft halten würden. 3 Lucio Dalla, der sich 1984 als Dissident der Cantautori deklariert hatte4, sprach 1988 von der Suche nach einer neuen Sprache, rüttelte aber nicht im geringsten an folgender Tatsache: „Die Canzone ist eine Botschaft von Inhalten. Ich habe etwas zu sagen, also sage ich es in der Canzone".5 Ganz anders ging Francesco Guccini mit demselben Problem um. Am Tage nach dem Erscheinen seines ersten Romans Crdniche epafaniche antwortete er mir auf die Frage, ob er das Autorenlied zugunsten der Literatur verlassen würde: „Ich denke, solange es mir gelingt und mir die Lust nicht vergeht, werde ich weiterhin Lieder schreiben, auch wenn sich diese Form kultureller Betätigung dann erschöpfen könnte, wenn du entdeckst, dass das Höchste, was du erreichen konntest, schon hinter dir liegt. Jedenfalls wird es nie Lieder von mir geben, von deren Botschaft mein persönliches Engagement ausgeschlossen wäre". 6 Die Folge hat gezeigt, dass Guccini 1990, 1993, 1996 und 2000 nochmals etwas zu berichten hatte, und parallel dazu noch drei weitere Romane (zwei darunter Krimis in Zusammenarbeit mit Loriano Machiavelli) und einige Erzählungen publiziert hat. 7 Interessant ist auch die Aussage von Paolo Conte, die er anfangs 1989 anlässlich seines 2
Zu einem Zeitpunkt, als Dalla als erster die Cantautori ins Visier nehmen wollte, setzte sich mit Conte ironischerweise jener Musiker über Frankreich weltweit durch, der zwar gemeinhin zur Elite der Cantautori gezählt wird, sich selber aber nie als solchen betrachtet hatte. Natürlich sind auch die Karrieren von Gianna Nannini, Eros Ramazzotti und Zucchero durchaus sehr international geworden, nur sind sie vorwiegend auf die Jugendszene bezogene Phänomene und vor allem nicht geographisch so umfassend wie der Erfolg von Paolo Conte, der zwar nie ein Massenphänomen war, dafür aber beispielsweise in Tokio, Amsterdam und New York ein Begriff ist. Gianna Nanninis Erfolg blieb im übrigen auch innerhalb Europas auf einige Länder wie die Schweiz, Deutschland oder Österreich beschränkt. Was Zucchero betrifft, so sagte er mir in einem Interview 1987, er sei weder Cantautore noch Blues-Botschafter, sondern er wolle ganz einfach der Zunft der Musiker zugerechnet werden (Nordschweiz, 5.12.1987, Kulturspiegel).
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Solothurner Zeitung, 5.2.1985, Panorama und Nordschweiz, 8.2.86, Kulturspiegel. Interview mit Peter Burri in Zürich im Frühling 1985, vgl. Cantautore Republic, a.a.O., S. 24: „Ich spürte, dass die Welt der Cantautori in eine Endphase gelangt war und versuchte als erster, auf sie zu schießen, ich als erster.". Vgl. mein Interview mit Lucio Dalla in „Motor für das Jahr 2000", in Basler Zeitung, „Basier Magazin", 46, 12.11.1988, S. 4. Vgl. mein Interview mit Francesco Guccini, in Basler Zeitung, „Basler Magazin", 26, 30.6.1990, S. 3. Vgl. dazu infra. II.5., S. 32.
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triumphalen zweiwöchigen Gastspiels im Pariser Olympia machte: „Die Blütezeit des Autorenliedes habe ich selbst ja nicht aktiv miterlebt. Es war aber das wichtigste musikalische Ereignis jener Jahre. Dieses ist vorbei, ein abgeschlossenes Epos. Es bleiben große Künstler wie Lucio Dalla, Enzo Jannacci, Francesco Guccini, Francesco De Gregori etc. Seltsamerweise aber, und das mag paradox erscheinen, ist es gar nicht wünschbar, dass ein neuer großer Cantautore aufkommt, sondern wichtiger wäre es, das Niveau des Routineliedes zu verbessern. Denn das Autorenlied ist leider limitiert. Vor allem in der Musik. Die Bewegung der Cantautori ist eigentlich jung, und typisch fur junge Phänomene dieser Art ist, dass wir in Italien keine ruhmreiche Vergangenheit in Sachen Lieder haben, weil immer der literarische Aspekt bevorzugt wird. Es fehlt etwas. Die Bilanz stimmt noch nicht zwischen Text und Musik. Der Text wird bevorzugt, weil viele Cantautori zuerst Dichter sein wollen, und dann erst Musiker. Vielleicht muss in naher Zukunft das typische Autorenlied mit anderen Elementen vermischt werden. Vielleicht kommt dabei etwas inhaltlich Wichtigeres heraus". 8 Diese vier erwähnten Signale aus solch kompetentem Mund sprechen eine klare Sprache bezüglich der Blütezeit der (politischen) Cantautori. Conte sollte recht behalten, denn - mit Ausnahme der Rap-Bewegung der neunziger Jahre, die den Text privilegierte - wurden vor allem auf der Ebene der Musik Fortschritte gemacht, was wir am Beispiel von Fabrizio De Andre und Ivano Fossati noch näher erläutern werden. Tatsächlich lässt sich auch an den Fakten ablesen, dass die politisch inspirierte Bewegung der siebziger-achtziger Jahre eine Art „abgeschlossenes Epos" ist. Dalla setzt zwei Jahre nach dem gemeinsamen Projekt mit Gianni Morandi 1990 mit Cambio schon im Titel erneut ein Zeichen der Erneuerung, Guccini verfolgt eine Doppelkarriere als Cantautore und Schriftsteller und markiert 1990 ebenfalls schon im Titel Quello che non ... eine gewisse Wende, De Gregori überschwemmt nach 1989 in plötzlicher Ratlosigkeit den Markt mit einer überdurchschnittlichen Menge an Live-Alben, während neue Canzoni - mit Ausnahme jener der CD Canzoni d'cttnore von 1993 - nur noch vereinzelt (und nicht selten in Zusammenarbeit mit Kollegen oder Freunden wie Mimmo Locasciulli)9 eingestreut werden; und Paolo Conte verfolgt unbeirrt seinen längst autonomen Weg, mit immer kürzeren Texten und dafür raffinierteren Arrangements. 10
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Vgl. mein Interview mit Paolo Conte, in Basler Zeitung, „Basler Magazin", 13, 1.4.89, S. 3. Z. Bsp. „II suono delle campane", eines der schönsten Beispiele der Zusammenarbeit der beiden Cantautori auf Uomini 1995; De Gregori hat dieses Lied seinerseits als einen der vier neuen Titel auf der Doppel-CD La valigia delt 'attore von 1987 eingereiht. Vgl. dazu die exemplarischen Bemerkungen über die musikalische „Botschaft" in „Max" von Paolo Jachia, La canzone d'autore italiana 1958-1997, Feltrinelli. Milano 1998, S. 104-105.
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1.2. Eine mögliche Periodisierung (1984 - 1990 - 1996) Das Jahr 1984 ist nicht nur die arithmetische Mitte zwischen dem Jahr 1968 (Fo-Jannacci: „Vengo anch'io, no tu no") und dem Jahr 2000, sondern vielleicht auch die wichtigste Schnittstelle in diesem Zeitraum. Daneben stellt das Jahr 1990 eine weitere Zäsur dar: Zunächst von den oben erwähnten diskographischen Fakten (De Andre: Le nuvole, Fossati: Disccmto, Dalla: Cambio) her, dann tauchen am Horizont neue Namen wie Vinicio Capossela auf, oder Künstler, die wie Mimmo Locasciulli trotz langer Karriere erst auf ein relativ bescheidenes Publikumsecho gestoßen waren. Zunächst schien auch Francesco Baccini mit seinen frechen und humorvoll inszenierten Canzoni ein Versprechen für die neunziger Jahre abzugeben, schon bald zeichnete sich aber ab, dass ein Konzept, das vor allem auf comichafte Effekte aus war, keinen dauerhaften Erfolg garantieren konnte. 1990 ist aber vor allem auch das Jahr, in dem die ersten alternativen CDs des Rap und der Hip-Hop Bewegung, die von den autonomen Kultur· und Jugendzentren ausging, erschienen. Dieser neuen, ausnahmslos stadtbezogenen Subkultur, die ganz eindeutig das Wort gegenüber der Musik privilegierte und so auch an den Grundfesten der politischen Cantautori nagte, steht zunehmend auch eine andere Bewegung entgegen, die aus den regionalen Traditionen heraus schöpfte und - wohl im Sog von De Andres Dialektalisierung und beeinflusst von der langjährigen Arbeit von Roberto De Simone und der Nuova Compagnia di Canto Popolare - die Wurzeln italienischer Traditionen erforschte (Tazenda, Agricantus, Mau Mau). Sie verlieh der Canzone eine neue Dimension, die nichts mehr mit dem angloamerikanischen Folkrock zu tun hatte, der noch in den sechziger und siebziger Jahren sehr einflussreich war. Die Anerkennung für beide Strömungen liest sich auch an den Preisverleihungen des Club Tenco von Sanremo ab, 11 durch welche der städtische Rap in 99 Posse,
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Der Club Tenco wurde 1971 von Amilcare Rambaldi gegründet, der übrigens schon 1950 geistiger Vater des Festivals der Canzone gewesen war. Luigi Tenco hatte 1967 am Festival della Canzone Italiana in Sanremo Selbstmord verübt. Der Name des Clubs wurde in Erinnerung an diesen Cantautore der ersten Generation gewählt. Ab 1974 fand jeweils im Herbst ebenfalls im Teatro Ariston die Rassegna della Canzone Italiana statt, eine Art Gegenveranstaltung des zu reinem Kommerz verkommenen Festivals, das im Februar durchgeführt wird. Seit der ersten Rassegna vergaben die Mitglieder des Clubs Preise für Künstler und „operatori culturali". Ab 1984 wurden die Targhe verliehen (bestes Lied, bestes Album, bestes Newcomeralbum, beste Interpretation, bestes Dialektlied beziehungsweise bestes Dialektalbum seit 1996). Die Targhe werden von einer Jury, bestehend aus den Fachjournalisten und einigen wenigen Mitgliedern des Clubs bestimmt. Der Club Tenco hat es verstanden, über all die Jahre kommerziell unabhängig zu bleiben und Qualität vor Trends zu setzten. Eine kleine Geschichte des Clubs enthält das Booklet, das der CD Roba di Amilcare beigelegt ist, die 1999 zur Erinnerung an den 1995 verstoibenen Gründervater erschienen war. Auf die Targhe der erwähnten Dialektgruppen kommen wir im letzten Kapitel zurück.
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Almamegretta (beide Neapel) und Sensasciou (Genua), die eher ländliche Version in Tazenda (Sardinien) und Agricantus (Sizilien) sowie die Fusion beider Stränge in Mau Mau (Piemont) und vor allem Daniele Sepe (Neapel) geehrt wurden. Als weitere Zäsur könnte das Jahr 1996 betrachtet werden, das mit Anime salve die Früchte der jahrelangen Zusammenarbeit von De Andre und Fossati hervorbrachte. Im gleichen Jahr war übrigens auch Fossatis Macrame erschienen. Vielleicht könnte auch - wir sind für eine definitive Beurteilung wohl noch zu nah daran - das Album Ciao, das Lucio Dalla zum Ausklang des Jahrtausends exakt auf den 9.9.99 herausgab, eine gewisse Bedeutung erlangen. Doch wichtiger als solche Spekulationen scheint mir eine andere, positive Tatsache zu sein: Die neunziger Jahre haben zwar keinen neuen Cantautore von Klasse hervorgebracht, so wie auch die internationale Popwelt keine neuen Beatles, keinen neuen Bob Marley oder Bob Dylan gebar, dennoch ist die Bilanz alles andere als negativ, denn die letzten zehn Jahre brachten in Italien eine große Fülle an Experimenten auf allen Ebenen hervor, an denen die Bannerträger der Cantautori der siebziger und achtziger Jahre zwar nicht unbeteiligt waren, aber längst nicht mehr die einzigen Protagonisten. Das fur seine Unabhängigkeit von kommerziellen Kriterien bekannte Festival des Club Tenco in Sanremo ist dafür ein Spiegel geworden: Dass dort neben Guccini und Vecchioni auch selbstverständlich Almamegretta, 99 Posse, Sensasciou, Daniele Sepe und Frankie Hi-Nrg MC, wie auch die Ahnen der Cantautori wie Nicola Arigliano oder Renato Carosone in den neunziger Jahren eine Plattform gefunden haben, zeigt die Bereitschaft, die Canzone d'autore nicht auf das enge Korsett einer mehr oder weniger literarischen Form zu beschränken. Vielmehr ist die Bereitschaft erkennbar, die Canzone in ihrer ganzen Tragweite erfassen zu wollen. Neben dem Autoren und dem Komponisten finden dabei auch musikalische Experimente und vor allem die Interpretation immer mehr Anerkennung. Wenn es einen bedeutungsvollen Wandel in der Rezeption des Autorenliedes der letzten fünfzehn Jahre festzustellen gibt, so ist es das zunehmende Gewicht und Prestige, das der Interpretation zukommt. Die von allen Cantautori am meisten geschätzte Interpretin Fiorella Mannoia bestätigt dies mit bestechender Regelmäßigkeit im Wettbewerb des Club Tenco. 12 Durch die große Bereitschaft für Experimente in den neunziger Jahren wird das hagiographische Element massiv begrenzt, und es überlebt nur, wer wirklich Ideen hat. Da nützen alle Förderungspreise, die der Club Tenco wie das Festival 12
Targa Tenco 1988, 1990. 1992, 1995 und 1999. Fiorella Mannoia ist gewissermaßen die Muse der Cantautori, so wie Juliette Greco einst die Muse der Existentialisten von SaintGermain war. Sie ist auch die große Ausnahme innerhalb der an weiblichen Stimmen kargen Szene des Autorenliedes. Ein großes Lob des Talents von Fiorella Mannoia macht Ivano Fossati in Per niente facile, Ivano Fossati si racconta a Massimo Cotto, Arcana, Milano 1994, S. 163-164.
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von Recanati immer wieder vergeben, nur wenig, denn es setzt sich durch, wer Ideen hat, wer etwas zu sagen hat und wer sein Publikum überzeugt; und dies kann, aber muss sich nicht in kommerziellem Erfolg niederschlagen. Nach dieser notwendigen Abgrenzung chronologischer Natur dürfte es leichter fallen, einzelne Gestalten, die uns aus dem Cantautore Republic wohlbekannt sind, auf dem Weg ihrer Entwicklung zu verfolgen. Daneben möchte ich auch einige neue vorstellen und vor allem der Kernbewegung der Experimentierfreudigkeit der 90er Jahre, den Rapautori, separat eine kurze Darstellung widmen. Im folgenden werde ich versuchen, jeweils die wesentlichen Momente der vergangenen fünfzehn Jahre hervorzuheben, indem ich die Produktionen einzelner Künstler prospektiv und ev. auch retrospektiv betrachte, wodurch das chronologische Vorgehen ab und an durchbrochen wird. 13
II. 1. Fabrizio De Andre: Dialekt und Mittelmeerkultur Am 11. Januar 1999 starb Fabrizio De Andre, und mit ihm schien die Welt der Cantautori einen ihrer wesentlichen Bezugspunkte zu verlieren. Tatsächlich hatte De Andre etwas geschafft, was ausser ihm keiner seiner Zunftgenossen in solch eindrücklicher Art und Weise fertig gebracht hatte: eine Art zweite Karriere, oder zumindest eine komplette Erneuerung.14 Eigentlich war De Andre mit Indiani und Creuza de Mä bereits in die dritte wesentliche Epoche eingetreten.15 Wir hatten bereits in der Anthologie Cantautore Republic Gelegenheit, De Andres frühe, vom Einfluss der französischen Chansonniers 13
Ich werde nicht auf musiksoziologisch durchaus interessante Musiker wie Lucio Battisti, Claudio Baglioni oder Eros Ramazzotti eingehen, was nicht heißt, dass es um eine kategorische Ausschliessung gehen muss. Eine Neuausgabe des Cantautore Republic müsste zum Beispiel einige Texte von Battisti-Mogol und Baglioni aus den siebziger Jahren nachtragen, ebenso sind verschiedene Lieder von Ramazzotti aus den späten achtziger Jahren sehr interessant, nicht nur weil sie ihre hohe Akzeptanz auch aus Qualitätsgründen erreichten („Adesso tu", „Terra promessa", „Emozione dopo emozione"), sondern weil sie auf die Bedürfnisse der Jugend zugeschnitten waren. Ich werde im folgenden einen einzigen der sogenannten Schlagersänger in Betracht ziehen, Gianni Morandi, einerseits wegen seinem Projekt mit Dalla (1988), andererseits weil er schon früh Überschneidungen mit der Welt der Cantautori vorzuweisen hatte.
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Mauro Pagani, der den Wandel von Fabrizio De Andre nach Rimini (1978) miterlebt und aktiv mitbestimmt hatte, thematisierte anlässlich eines Seminars des Club Tenco 1998 in Sanremo die Schwierigkeit eines Cantautore, seiner bereits erlangten Identität zu entfliehen und etwas gänzlich Neues zu gestalten. Er erwähnte dabei explizit Ivano Fossati, dem dies bereits einmal gelungen ist, und der in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre ganz intensiv nach neuen (Aus-)Wegen suchte.
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Die erste Periode umfasst demnach die ersten Lieder bis La buona novella (1970), das als das erste italienische Konzeptalbum gilt.
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geprägten, zum Teil anarchistischen Lieder über die Konzeptalben der siebziger Jahre bis zur Wende von Indiani und definitiv von Creuza de Mä zu verfolgen. Mit diesem letzten Album hatte er einen fundamentalen Grundstein für die beeindruckende Entwicklung des Autorenliedes dialektaler Ausprägung vorgegeben. Creuza de Mä war nicht einfach ein Genua und seinem Dialekt gewidmetes Dialektalbum, sondern ein Kollektivwerk, das den Horizont weit über Genua und Sardinien in den kulturellen und musikalischen Raum des Mittelmeeres öffnete. Dass diese LP ein Ereignis wurde, dazu trugen auch die eigens für dieses Projekt beigezogenen, typisch mediterranen Instrumente wie Hirtenflöte und Mandolinen oder die mittelalterlichen Oud und Saz bei. Sechs Jahre später wurde diese Arbeit konsequent weitergeführt und ging auf Nuvole mit „Don Raffae" auch in Neapel vor Anker. De Andre hatte einen Teil seiner Jugendzeit in Neapel verbracht und verstand es ganz hervorragend, sich im Idiom dieser Stadt auszudrücken. Wie Creuza de Mä war Le nuvole in Zusammenarbeit mit Mauro Pagani entstanden. Der Titel stammt von einer Komödie des Aristophanes, der unter „Nuvole" die Sophisten verstand, jene Meister der Rhetorik, die fähig waren, ihr Publikum zu verzaubern und es dazu zu bringen, alles zu glauben. Die „Nuvole" De Andres sind die Puppenspieler, die die Fäden der Gesellschaft ziehen, ohne zu erscheinen, quasi „fatti di fumo, contrapposti ai piccoli personaggi che vivono sotto di loro: secondini, cuochi ο cantautori, che rimangono Ii ad aspettare, soli con la loro ,voglia di pioggia'". 1 6 Der Titelsong ist gleichsam Schlüssel für das ganze Werk, rezitiert von zwei sardischen Frauen, einer älteren und einer jüngeren Stimme. Der erste Teil der CD ist der Macht gewidmet, während der zweite dem Volk zugeeignet ist, jenen, die die Wolken nur aus der Ferne betrachten können. Als Meisterwerk darf „La domenica delle salme" gelten, ein Lied, das den ersten Teil beschließt und schmerzhaft in Erinnerung rief, wie wenig ernsthaft sich manche Cantautori in den vergangenen Jahren mit politischen Themen auseinandergesetzt hatten. Jedenfalls dürfen folgende Zeilen als direkte Kritik an gewissen Kollegen gewertet werden: „Voi che avete cantato per i Longobardi e per i centralisti / per l'Amazzonia e per la pecunia". Die jahrelange Arbeit am letzten Album, Anime Salve (1996; Targa Tenco 1997) profitierte unter anderem auch von der nach Le Nuvole massgeblich erweiterten Zusammenarbeit mit Ivano Fossati, unter dessen Einfluss De Andre in die Welt des Balkans und bis nach Bahia vordrang. 17 Anime Salve ist zum Vermächtnis De Andres geworden, ein in jeder Beziehung reifes, mutiges und wegweisendes Album. De Andre: „Questo Anime
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Matteo Borsani und Luca Maciacchini, Anima satva. Le canzoni di Fabrizio De Andre, TreLune, Mantova 1999. S. 143. Die intensive Zusammenarbeit mit Ivano Fossati hatte bereits auf Le Nuvole begonnen, wo dieser Co-Autor von „Megu Megün" war.
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Salve e un disco il cui significato deriva dall'etimologia delle due parole: vuol dire spiriti solitari. Ε un elogio alia solitudine".18 Einmal mehr bleibt De Andre seinem Prinzip „io sto con chi perde" treu: „Princesa" (Targa Tenco fur das beste Lied 1997) eröffnet das Album mit Straßenlärm, um die Atmosphäre wiederzugeben, die um ein transsexuelles Straßenkind in Bahia herrscht: „sono la pecora sono la vacca / che gli animali si vuol giocare / sono la femmina camicia aperta / piccole tette da succhiare". Auf den brüsken Schluss mit dem enigmatisch stehengelassenen Verb „vivere" folgt „Khorakane" („A forza di essere vento"), und damit ein Wechsel zurück auf den europäischen Kontinent. Das Lied handelt von den Roma und ihren Erlebnissen in zweitausend Jahren Emargination. Die ersten zwei Verse geben geradezu eine Anweisung zur kontemplativen Dimension, in die man eintauchen muss, um dieses Werk besser genießen und verstehen zu können: „II cuore rallenta la testa cammina". De Andre selbst sagte zu diesem Lied: „Non e soltanto un discorso sull'emarginazione delle minoranze. Le persone ο i gruppi di persone che difendono la propria identitä con orgoglio, difendono il loro diritto ad assomigliare a se stessi. „Khorakhane" e anche una canzone sulla libertä conquistata attraverso la prova dell' emarginazione".19 Die Arbeit an diesem Werk hatte Jahre gedauert, nicht nur, weil die beiden komplexen Persönlichkeiten De Andre und Fossati immer wieder in interne Auseinandersetzungen gerieten. Fossatis Handschrift zieht sich jedenfalls unzweifelhaft durch das ganze Werk, und bezieht sich nicht nur auf das Titellied, in dem Fossati mit De Andre im Duett singt. Text und Musik sind von beiden geschrieben worden. Bei aller Achtung vor De Andres künstlerischer Autorität darf nicht vergessen werden, dass die vier Meisterwerke, die er in den achtziger und neunziger Jahren vorlegte, allesamt Produkte intensiver Zusammenarbeit mit anderen Musikern wie Massimo Bubola, Mauro Pagani und eben Ivano Fossati waren.20 Während die ersten beiden hervorragende Musiker sind, deren Einzelkarrieren eher im Schatten dieser Mitarbeit standen, ist Fossati eine Persönlichkeit, die als Musiker, Komponist und Autor von außerordentlichen Texten unter die fuhrenden Köpfe der letzten zwanzig Jahre zu zählen ist.
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Das Zitat von De Andre findet sich in M. Borsani und L. Maciacchini, Anima salva. a.a.O., S. 154. Vgl. dazu Borsani und Maciacchini, Anima salva, a.a.O., S. 159. Mauro Pagani war einer der fuhrenden Köpfe von PFM, jener Gruppe, die De Andre 1979 live begleitete und in den siebziger Jahren die italienische Rockband par excellence war. Massimo Bubola verfolgt seit Jahren ziemlich erfolgreich eine eigene Karriere als Rockautore.
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II. 2. Ivano Fossati: Neue Sprache, neue Musik, neue Inhalte Ivano Fossatis künstlerischer Durchbruch kam kurz nach der Publikation des Ccintautore Republic. 1986 erhielt er für 700 giorni die Targa für das beste Album am Festival des Club Tenco. Diesen Preis erhielt er als einziger Musiker seit der Erfindung der Targhe im Jahre 1984 viermal, nämlich 1990 für Discanto, 1992 für Lindbergh und 1996 für Macrame. Das Lied „Questi posti davanti al mare" aus dem Album La pianta del te erhielt 1988 den Preis für das beste Lied. Wie Fabrizio De Andre stammt auch Ivano Fossati aus Ligurien. Fossati gehörte bereits in den siebziger Jahren zu den führenden Rockmusikern Italiens.21 Sein erstes Album spielte er 1971 mit der damals sehr erfolgreichen Avantgarde-Rockband Delirium ein. Der Erfolg von 700 giorni zementierte, was sich bereits im 84er Album Ventilazione, dem immerhin schon siebten Album in eigener Regie, angekündigt hatte: eine große künstlerische Autonomie und eine äußerst glückliche Hand bei den Arrangements, dazu Texte, die sich wohltuend von der Konkurrenz abhoben. Fossati selbst gibt das Jahr 1984 als eine Art Wende in seiner Karriere: „Nel 1984 smetto dunque di fare il professionista di canzoni e vado alia ricerca della mia vita artistica."22 Für ihn ist Ventilazione damit das wichtigste Album seiner Karriere, und „Cow boys" das Lied, mit dem er sich endlich von den angloamerikanischen Illusionen entfernte. De Andres Creuza de Mä war ein wichtiges Signal in einem Jahr, als Fossati selber seine „ricerche fino in fondo" treiben wollte. Ventilazione ist die Metapher für eine totale Durchlüftung, sozusagen eine Zwangsentlüftung. Eines der Lieder dieses Albums, „II pilota", kreist wie auch „Viaggiatori d'occidente" um das Thema der Reise, das eines der wichtigsten in Fossatis Gesamtwerk ist.23 1992 wird er mit Lindbergh ein ganzes Album dem Thema der Flugreise widmen. „II pilota" ist leicht melancholisch angesichts der Tatsache, dass man innerhalb eines Tages jeden Punkt der Erde per Flugzeug erreichen kann: „la terra non finisce mai troppo lontano". Obwohl Fossati sehr fasziniert vom Fliegen ist, weiß er, dass nur der Fußgänger die Gerüche eines Ortes von jenen eines anderen unterscheiden kann. Und er kommt immer wieder nach Hause zurück, in den Küstenstreifen östlich von Genua, wo er seine wahre Heimat hat. Sehr schön ausgedrückt hat dies Massimo Cotto in den letzten Zeilen seines bemerkenswerten Interview-Buches über Fossati: „Per la coscienza d'oggi, il viaggio e un'odissea senza fine tutta protesa 21
Fossati hatte bereits 1972 eine erste Anerkennung am anderen Festival von Sanremo erhalten, („Jesahel", bester Text), so auch 1982 („E non finisce mica il cielo", interpretiert von Mia Martini, Preis der Kritik) und 1987 („Le notti di maggio", interpretiert von Fiorella Mannoia, Preis der Kritik).
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Ibid.. S. 60 ff.
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in avanti; per la coscienza antica, il viaggio e soprattutto un nostos, un ritorno a casa. Ivano Fossati, con un solo genovese ο con molti fratelli d'acqua, sta impegnandosi nella mirabile impresa di fondere le due concezioni, il classico e il moderno, protendendosi per guadagnare centimetri in avanti e contemporaneamente recuperando il proprio patrimonio di valori, tradizioni, umori, suoni. Dunque, tornando a casa". 24 Im Rhythmus von zwei Jahren erscheinen nach Ventilazione (1984) und 700 giorni (1986) mit dem ausdrucksstarken „Una notte in Italia", La pianta del te (1988) und Discanto (1990), wohl eines der eindrücklichsten Alben der letzten dreißig Jahre überhaupt. 25 Fossati meinte dazu: „II titolo e polisemico: descrive tanto la formula musicale discantica, che di per se e una fuga dall'interno verso l'esterno (dal punto di vista della struttura delle note), che la mia voglia di giocare con due parole: incanto e disincanto" 26 Alle Lieder sollen Verzauberungen wie „Unica rosa" oder Entzauberungen wie „Passalento" widerspiegeln. „Lusitania" eröffnet den Reigen der zehn Lieder ins lateinische Mediterraneum mit einem Ausflug nach Portugal. Die weitere Reise geht sogar bis nach Argentinien: „Italiani d'Argentina" ist den Kindern der Auswanderer gewidmet, die in der dritten Generation weder Argentinier noch Italiener sind und in einer Identitätskrise stecken. Aber auch in die Vergangenheit geht die Reise: Historisch geht Fossati - in Zusammenarbeit mit Anna Lamberti Bocconi - den Akten eines Hexenprozesses von 1647 nach, und literarisch schreibt er mit derselben Co-Autorin eine neue Rolle fur Don Chisciotte in „Confessione di Alonso Chisciano". Die beiden gehen nicht einig mit Cervantes und lassen Don Chisciotte in seinem Bekenntnis gegen seinen Erzähler protestieren, dass er in seinem selbstgewählten Wahnsinn bleiben will. Ivano Fossati hat als Musiker eine eigene poetische Welt geschaffen, die überaus reich ist an Originalität. Wie De Andre blickt Fossati - „Questi posti davanti al mare" - weit über den Horizont des Mittelmeeres hinaus. Seine musikalischen Schiffe gehen über Lusitanien nach Argentinien oder Brasilien (vgl. auch Anime salve). Immer wieder thematisiert Fossati den Menschen in den Lüften, ganz besonders auf Lindbergh von 1992. Auf diesem Album legt er zwei kleine Edelsteine des Autorenliedes vor, das eine, „Mio fratello che guardi il mondo", nimmt den Blick eines Emigranten über das Meer nach Afrika ein, das andere, „La canzone popolare", ist eine Art Manifest für das Autorenlied der neunziger Jahre schlechthin. Nicht zufällig sollte es das symbolhafte Lied par excellence fur die
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25 26
Ibid., S. 177 (Kommentar von Cotto). Vgl. dazu auch das Zitat aus dem gleichen Kontext im nächsten Kapitel über Conte, das sich auf einen wesentlichen Unterschied zwischen diesen beiden kreativen Künstlern bezieht. Ibid., S. 140: „forse il mio lavoro piü costniito, piü pensato". Id., S. 140-141.
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Mobilisierung der politischen Formierung von Prodis Ulivo im Jahre 1996 werden: „Alzati che si sta alzando, la canzone popolare". Dennoch, Fossati lebt seine Krisen als Cantautore deutlich aus und sucht immer wieder nach Erneuerung. Was in dem Zusammenhang vielleicht nicht erstaunt, ist die Ankündigung, demnächst neben einem Album mit neuen Autorenliedern auch ein rein instrumentales Piano-Album herauszugeben.27 Ende Januar 2000 erschien vier Jahre nach Macrame das Album La disciplina della terra, ein wahrlich mit großer persönlicher Disziplin erarbeitetes Werk. Die elf Titel des Albums sind alles andere als leichte Kost, inhaltlich und kompositorisch, poetisch, musikalisch und vor allem auch rhythmisch. Das Album wird kaum die Hitparaden erstürmen, ich würde aber nicht ausschließen, dass es innerhalb der Szene der Cantautori nachhaltigen Einfluss ausüben dürfte. Bemerkenswert ist neben anderen namhaften Musikern auch die Präsenz von Jazztrompeter Enrico Rava, der Fossatis längst erklärte Affinität zum Jazz mehr als nur untermauert. Darf man der Tageszeitung la Repubblica glauben, so war es das Ziel Fossatis, ein Album zu gestalten, bei dem Text wie Musik voneinander unabhängig zu betrachten sein sollen. Kein leichtes Unterfangen, meines Erachtens eine fast unlösbare Aufgabe, denn selbst wenn die Musik hier weder Kommentar noch lediglich Begleitung der Texte ist, ist die Verbundenheit der beiden Elemente sehr eindringlich und höchst gelungen. Solange Texte von der Qualität des Titelsongs „La disciplina della terra" oder von der brisanten Aktualität eines „Iubilaeum bolero" geschrieben werden, darf auf die Zukunft der Canzone d'autore gewettet werden. Eine letzte Bemerkung: Wie Guccini, der wenige Tage nach La disciplina della terra das Album Stagioni herausgab, bezieht sich auch Fossati in einem Text auf Don Quijote. Guccini tut dies in einem überraschenden Duett mit seinem Gitarristen Flaco Biondini, Fossati im „Iubilaeum bolero" mit folgenden deutlichen Versen: „Io sono devoto alia Logica / sono devoto a San Giorgio e al suo cavallo / ecco „l'ingegnoso cavaliere" e il suo scudiero / a noi tre sarebbe bastato per esempio / essere immortali." Das Zitat im dritten Vers ist eine direkte Anspielung auf„Confessione di Don Alonso Chisciano" aus Di,scan to. Ivano Fossati ist nicht nur der einzige neue Name, der unbedingt auf die gleiche Stufe mit den wichtigsten Protagonisten der im Cantautore Republic vorgestellten Cantautori zu stellen ist. Fossati ist zudem ein Musiker und Komponist, der ähnlich wie Lucio Dalla die Zusammenarbeit mit Musikern und Musikerin-
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L'lsola che non c'era, IV, gennaio 1999, Vittorio Pio, „Verba volant, Fossati resta", S. 5-7. Erwähnenswert sind die zwei einzigen existierenden Live-Alben Dal vivo Volume 1: Buontempo und Dal vivo 2: Carte da decifrare (Cremona, 2. Und 4. März 1993). sowie die einzige Compilation Canzoni a raccolta (Time and silence) mit einem einzigen neuen Song, „II talento delle donne (Time and silence)" von 1998.
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nen ganz verschiedener Herkunft pflegte, von Mina über Mia Martini bis zur großartigen Fiorella Mannoia, für die er wohl am meisten Lieder schrieb.28
II.3. Paolo Conte: Ferne Welten in der Provinz Worin liegt der Unterschied zwischen den imaginären Reisen eines Fossati und jenen eines Paolo Conte? Dazu hat Cotto in seinem Buch über Fossati eine klare Formel gefunden: „Non e fascino dell'esotismo e non e neanche quello che i francesi chiamano ailleurs, l'altrove, un malessere tipico di molti artisti del Novecento, e che da noi ha colpito piü di tutti Paolo Conte, owero la voglia di teatralizzare in luoghi lontanissimi e sconosciuti storie che potrebbero tranquillamente accadere dietro l'angolo di casa tua. Ε invece il tentativo di allargare i confini dell'esistente in cui sei immerso fino a farlo confinare con la geografia in cui vorresti immergerti".29 Diese überaus treffende Bezeichnung weist Fossati klar eine Rückkehr in die eigene Geographie zu, während bei Conte schon seit seinen ersten Texten in den sechziger Jahren vieles auf ein ailleurs hinweist, dessen Erschließung durch die Phantasie das erste Anliegen ist. Paolo Conte war gewissermaßen die Entdeckung des Cantautore Republic. In Italien war er anfangs 1985 noch immer ein Geheimtip, in Frankreich sichtlich im Kommen, in Deutschland schlicht ein Unbekannter. Kurz nach dem Erscheinen von Cantautore Republic gab Paolo Conte sein erstes Live-Album Concerti heraus, auf dem zum ersten Mal seine eigene Interpretation von „Azzurro" zu hören war, das Adriano Celentano 1967 so berühmt gemacht hatte. Auf die Frage, ob Celentano denn den exotischen Touch in diesem Lied („cerco un po' di Africa nel giardino") begriffen habe, gibt Conte eine klare Antwort: „Als ich „Azzurro" geschrieben hatte, war es genau auf ihn als idealen
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Um sich eine Idee vom Einfluss eines Fossati auf die ganze Szene der Cantautori zu machen, erwähne ich noch Folgendes: 1985 produziert er das Album Scacchi e tarocchi von De Gregori mit. Fossati hat viele Lieder für andere Interpreten und Interpretinnen geschrieben, die er nie selber aufnahm oder spielte. Darunter finden wir Namen wie Loredana Berte, Fabrizio De Andre, Fiorella Mannoia, Marcella, Mia Martini, Gianni Morandi, Anna Oxa, Patty Pravo und Ornella Vannoni. Weiter sind zahlreiche Lieder von Fossati von anderen Interpreten eingespielt worden: Berte. Lauzi, Mannoia, Martini, Mina, Morandi, Oxa, Pravo, Ricchi e Poveri, Ruggeri, Stadio, Vanoni, Crus, Mau Mau, Paolo Fresü Quintett, Modena City Ramblers, Yo Yo Mundi etc. Dazu kommt Fossatis Aktivität als Komponist für Theater, Filme, Hörbücher. Ein einzigartiges Unternehmen ist auch das Album I disertori, ein Werk der Hommage an Fossati, wie es bis dahin nur De Andre zugeeignet wurde, auf dem wir Interpretationen von Mau Mau, Crus, Paolo Fresü, Diaframma, Yo Yo Mundi, den Modena City Rambiers und anderen finden.
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Interpreten zugeschrieben und er sang es genau so, wie ich das erwartete". 30 Das Lied von Celentano kann also nicht identisch sein mit Contes eigener Interpretation, und die ist bei ihm jedes Mal eine andere. Die Suche nach der Exotik im eigenen Garten, die den Kern des Liedes ausmachen, bringt Contes enigmatische Welt der Mini-Mythen auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner. Die Reise scheint das große Thema des Advokaten aus der piemontesischen Provinz zu sein, doch diese Reisen finden in seiner Phantasie statt, so wie er mit viel rhythmischer Kreativität den swingenden Jazz der dreißiger Jahre zu neuem Leben erweckt. Einundzwanzig neue Titel enthält das Doppelalbum Agiiaplano von 1987 (Targa Tenco desselben Jahres), ein wahres Meisterwerk von mysteriösen Atmosphären, vertrackten Rhythmen und melancholischer Ironie. Wir finden das Bild des Ratafiä, dieses Likörs aus den Großelternzeiten von „Diavolo rosso" (1982) im Lied „Ratafiä" wieder, daneben das praktisch nur aus Anspielungen bestehende „Max" und eines der wenigen leicht autobiographisch kodierten Lieder Contes, „Jimmy Ballando", das seinem damaligen Gitarristen gewidmete Finale des Albums. Zwei Jahre später folgte ein weiteres Live-Album, dann Parole d'amore scritte a macchina (1990), mit einer vagen Anspielung auf seine Aktivität als Advokat. „II maestro" oder „Happy feet", „Ho ballato di tutto" oder „Mister Jive" dürften sich aus diesem Album für jede Anthologie empfehlen. Ein weiteres Juwel wurde Novecento (1992; Targa Tenco für das beste Album 1993): Es ist eine Art Manifest fur die Art, wie Conte mit Stimmungsbildern und kleinen persönlichen Mythen, die er liebevoll in swingende Rhythmen und gefühlvoll schleppende Balladen verkleidet, nostalgische Retrospektive auf höchstem Niveau betreibt. Una faccia in prestito, das vorläufig letzte Studioalbum von 1995, entbot nicht weniger als siebzehn neue Titel. Auffallend sind die immer kürzeren Textfragmente, die makellos swingende Rhythmik und die immer suggestiveren Melodien, von denen „Una faccia in prestito" oder „Vita da sosia" ebenso überzeugen wie das enigmatische „Elisir". 1993 folgte Τοιιηιέβ 1 mit neunzehn Live-Aufnahmen aus den Jahren 1991-93, das im Herbst 1998 mit Tournee 2 seine Fortsetzung fand, unter dem bedeutungsvollen Miteinbezug eines der persönlichsten Lieder, das Conte je geschrieben hat: „Roba di Amilcare". Es wurde am 25. Oktober 1997, am letzten Abend des Festivals des Club Tenco, uraufgeführt. Schon die Proben fanden hinter verschlossenen Türen statt, und während der Uraufführung mussten die TVKameras in den Ausstand treten In dieser Komposition brachte Conte dem 1995 verstorbenen Gründer des Festivals, Amilcare Rambaldi und Renzo „Bigi" Barbieri, seinem engsten Weggefährten bis zu dessen Tod im Jahr 1989, eine Hommage, die den Leuten reihenweise die Tränen in die Augen trieb und zu längeren stehenden Ovationen führte. Wenn es ein Lied gibt, das den unglaublichen Willen und die beseelte Aktivität Rambaldis und seiner Freunde ebenso 30
Vgl. mein Interview mit Paolo Conte, a.a.O., S. 3.
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poetisch wie emotional verkörpert, dann ist es dieses, selbst ein perfektes Stück „roba di Amilcare". Dasselbe Lied war auch der Titel und das Herzstück der 1999 erschienenen CD-Hommage, die Rambaldis Erben ihrem Gründervater zueigneten.31 Das Lied ist mehr als nostalgische Hommage, fuhrt es doch noch einmal zurück auf das Wesen des Autorenliedes, jener Art Lied, das Leute wie Rambaldi und Bigi ein Leben lang hegten und pflegten, eben „roba di Amilcare". Conte stattete nicht nur dem verstorbenen Rambaldi einen posthumen Dank dafür ab, dass er ihm damals, als er längst seine Karriere als Liedermacher an den Nagel hängen wollte, ermuntert hatte, weiterzumachen, er erinnerte damit auch an die alte Würde der Canzone d'autore. Es war 1978, als Conte sich ebenso weit entfernt vom Erfolg wie von der Welt der Cantautori wähnte, in der er doch ebenfalls groß wurde und die er selber mit seinen Kompositionen schon seit Jahren fruchtbar bereichert hatte. Nicht auszudenken, welchen Reichtum an großartigen Liedern nie geschrieben - oder nie veröffentlicht - worden wären, hätte Conte damals nicht Unterstützung von Rambaldi und den Freunden des Tenco erhalten. „Roba di Amilcare" wird zum ethischen Imperativ fur das Autorenlied. Es steht für jene Canzone, die aus „ricerca" entsteht, aus einer künstlerisch inspirierten Herausforderung zur Selbstfindung. Bliebe noch anzufügen, dass Paolo Conte 1991 eine wichtige Anerkennung für seine Liedtexte erhielt, war er doch der erste Musiker, der den für Lyriker reservierten Premio Montale entgegennehmen durfte.
II.4. Lucio Dalla: Kommunikator und Knotenpunkt Die relative Autorität eines Cantautore wurde bereits in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre von den Protagonisten selbst in Frage gestellt, etwa von Bennato in „Cantautore" oder noch deutlicher von Vecchioni in „Vaudeville", der den sogenannten „Schuss auf die Cantautori" bereits 1977 thematisiert hatte. 32 Eine 31
Die beim kleinen Label Alabianca erschienene CD Roba di Amilcare enthält 21 unveröffentlichte Interpretationen, die an der Rassegna des Club Tenco aufgezeichnet wurden (Paolo und Giorgio Conte, Fabrizio und Cristiano De Andre, Francesco Guccini, Roberto Benigni, Luciano Ligabue, Ornella Vanoni, Eugenio Finardi, Roberto Vecchioni, Ivano Fossati, Giovanna Marini, Vinicio Capossela. Gino Paoli, Angelo Branduardi, Jovanotti, Gianni Siviero, Francesco Baccini, David Riondino sowie Chico Buarque de Hollanda und Sergio Godinho mit italienisch gesungenen Liedern). Die CD enthält ein 79-seitiges Booklet, das einen wesentlichen Einblick in Geist, Geschichte und Wirken des Club Tenco vermittelt.
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Siehe dazu Ruedi Ankli, „Von .Bella ciao' zu .Washington'", in Cantautore Republic, a.a.O., s. S. 17-18, dann in thematisierter Form Frank Baasner, „Sono solo canzonette? Selbstreflexion bei einigen cantautori", in Poesia cantata. Die Textmusik der italienischen Cantautori, hrsg. von Frank Baasner, Niemeyer. Tübingen 1997, S. 17-27.
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Art autoläsionistische Weiterentwicklung der in diesen beiden Liedern evozierten Problematik bot 1984 Lucio Dalla mit seinem bereits zitierten Kommentar zu „Washington", dem Antikriegslied im Disco-Look. Dass er dabei in seiner nicht unbescheidenen Art der Wegbereiter einer neuen Welle sein wollte, liegt auf der Hand. Dalla ist und bleibt zu Beginn des Jahres 2000 jedoch noch immer der einzige Vertreter seiner Zunft, der in den letzten drei Jahrzehnten nahezu alle Entwicklungen in und um die Canzone d'autore in seinen Sounds verarbeitet hat. Dalla selbst hatte ja die Szene der Cantautori wesentlich mitgeprägt, als er sich in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre daran machte, seine Lieder autonom zu schreiben. Dallas Vorgeschichte ist allerdings nicht von Pappe. Im Alter von siebzehn Jahren spielte er schon mit einigen Jazzgrößen33 und war über lange Jahre als Multiinstrumentalist tätig. Seine ersten Lieder fallen in die mittsechziger Jahre, sein erstes Album in eigener Regie erscheint 1966. Was die Cantautori von Dallas Generation wesentlich prägte, ist stark in den sechziger, wenn nicht sogar in den fünfziger Jahren verankert.34 Unübersehbar bei Dalla ist sein Geschick, immer wieder nach vorne zu weisen, ohne dabei zu vergessen, was es in die Zukunft zu retten gilt. Ab 1986 wird Dalla zum großen Integrator der Vorgeschichte des Autorenliedes.35 Eine deutliche Brücke weit zurück in die Vergangenheit schlug Dalla 1986 nicht etwa auf seinem Album Bugie, das in seiner fröhlich-ironischen Art überaus zuversichtlich in die Zukunft verwies, sondern mit dem einfühlsamen „Caruso", dem einzigen neuen Lied auf einem für die USA konzipierten Best-of-Album (Targa Tenco für das beste Lied). Und als wäre es ein Vorspiel gewesen, lancierte er zusammen mit einem der größten Sänger-Stars der sechziger Jahre, Gianni Morandi, ein gemeinsames Projekt, das weit mehr als die Summe der Zusammenarbeit von zwei Ausnahmekönnern war. Am Projekt mitbeteiligt waren etwa auch - zum Teil als Autoren, zum Teil als Stimmen - Francesco Guccini, Franco Battiato, Riccardo Cocciante, die Songwriter Mogol, Lavezzi, Malavasi, Migliacci, Lusini, Roversi, Curreri, Bardotti,
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Vgl. Alberto Bazzurro, „Enzo e il jazz", in L'isola che non c'era, IV, 14, luglio 1999, S. 28: Dalla spielte bereits in den fünfziger Jahren mit Charles Mingus, Eric Dolphy und Bud Powell am Jazzfestivel von Antibes. Vgl. dazu die Kapitel zu Modugno und Dalla in Paolo Jachia, La canzone d'autore italiana 1958-1997, Feltrinelli, Milano 1998. In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden, dass Edoardo Bennato auf seinen drei thematisch ausgerichteten Alben Burattino senza flli (1977), Sono solo canzonette (1980) und Ε arrivato un bastimento (1983) hier schon einiges vorausgenommen hat, was Dalla in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre praktizierte. Auf den drei erwähnten Alben von Bennato haben wir das breiteste stilistische Spektrum, das ein Cantautore bis dahin vorweisen konnte: Rock'n'Roll der flinfziger und sechziger Jahre, Blues, Reggae, Opera buffa napoletana z. Bsp. dienten dazu, den verschiedenen Stimmen seiner als Märchen aufgezogenen Alben jeweils den entsprechenden Hintergrund zu verleihen.
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Reverberi, D'Onghia, Cellamare, Tirinelli, Mariani, ja sogar der geniale JazzExzentriker Monk fand seinen Platz in diesem multi-stilistischen Reigen.36 Die Absicht war, verschiedene Schichten von Zuhörern für ein einziges Projekt zu interessieren. Wer eines der Konzerte, die die beiden im Sommer 1988 auf den großen Plätzen und in den großen Stadien Italiens zum besten gaben, miterleben konnte, bekam einen Eindruck dessen, was diese Vereinigung verschiedener Publikumsschichten bedeutete. Insbesondere bei den als Medleys inszenierten Schlussphasen standen bei den Morandi-Hits aus den sechziger Jahren die über Vierzigjährigen auf und sangen mit, bei den Liedern Dallas die unter Vierzigjährigen. Dabei interpretierte nicht nur Morandi alte Dalla-Songs, sondern Dalla sang auch Texte, die Morandi berühmt gemacht hatten. 37 Ein wichtiges Moment dabei war die Aufwertung der sechziger Jahre mit ihren zahlreichen Cover-Versionen von anglo-amerikanischen Hits, die für die frühe Entwicklung der Cantautori-Szene nicht unwesentlich waren. 38 Damit wurde auch erstmals ein Zeichen gesetzt, das für die Entwicklung der neunziger Jahre fundamental war: die Rehabilitierung der Interpretation. Live zeigte sich dies mit den wunderbaren Interpretationen Morandis (bspw. „Cade la pioggia" für „Elenor Rigby"). Welch gute Nase Dalla dabei hatte, zeigte die Entwicklung der neunziger Jahre, als Interpretationen der Cantautori immer häufiger wurden. 39 Neu war die Art, wie Dalla und Morandi mit dem gesamten Repertoire der vergangenen zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre umgingen und gleichzeitig neue Perspektiven entwarfen, was Lieder wie „Felicitä" und vor allem „II motore del 2000" - auch dies wieder übrigens eines mit Verankerung in der nahen Vergangenheit - verdeutlichen.40
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Auch hier war Dalla nicht unbedingt der erste, der ein solches Projekt realisierte, denn Francesco Guccini hatte zu seinem 20-jährigen Bühnenjubiläum im Jahre 1984 bereits eine breite Palette von Freunden und Kollegen auf die Piazza von Bologna geholt, allerdings blieb das ganze Projekt auf sein persönliches Jubiläum beschränkt. Neu bei Dalla ist die in verschiedene Richtung zielende Ausrichtung von Dalla-Morandi.
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Dies war zwar alles an und für sich auch nicht neu, hatte doch schon 1975 De Andre Lieder von De Gregori eingespielt, allerdings jene, die dieser nicht hatte aufnehmen dürfen, vgl. dazu Cantautore Republic, a.a.O., S. 170 und S. 190. Dies ist auch der grosse Unterschied zu den drei erwähnten Märchen-Alben Bennatos, die ausschließlich Autorenlieder enthielten, während hier bei Dalla-Morandi die Funktion der Cover-Versionen aufgewertet wurde. Ich denke zum Beispiel an die im Kapitel über Fossati erwähnten Musiker, die das Album I disertori zusammenstellten, aber auch an das kreative Gespann Fossati-Mannoia sowie an die CD Canti randagi (1995) mit Interpretationen der Lieder von De Andre in verschiedenen Dialekten. Wir haben übrigens in diesem Beitrag überaus populäre Sänger wie Eros Ramazzotti, Lucio Battisti, Claudio Baglioni oder Zucchero Fornaciari bewusst ausgeklammert, wobei wir an dieser Stelle betonen möchten, dass die Wechselwirkungen zwischen Cantautori und Canzonettieri häufiger sind, als man das annehmen könnte, wie gerade
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Das Album Cambio (1990) war die logische Fortsetzung einer auf stetigen Wandel ausgerichteten Haltung, und bald schon sollten auch vermehrt RapElemente mitschwingen, und mit Henna mochte man erstmals das Gefühl haben, Dalla habe bei aller Seriosität sein Pulver vielleicht verschossen. 41 Das schlicht und einfach Canzoni benannte nächste Album brachte aber erneut eine positive Wende, denn hinter dem populär aufgemachten Titelsong verbargen sich anspruchsvolle Texte und Songs, deren Reize sich nicht bereits beim ersten Anhören offenbarten. Am 9.9.99 schließlich setzte Dalla mit dem Album Ciao ein weiteres Zeichen im gleichen Geiste. Wieder blickt er zunächst zurück: „Ich bin allein / in einer Welt, die schweigt / endlich ist der Frieden ausgebrochen". So träumte Lucio Dalla 1966 in seinem mit den Idoli eingespielten Lied „1999" von der Zukunft, die nun noch nicht Gegenwart geworden ist. Wie schon auf Canzoni legt Dalla wieder nachdrücklich Wert auf die Texte. Das Album ist mit wenigen Ausnahmen - nicht auf Anhieb leicht zugänglich. Die Lieder brauchen Zeit. All dies steht der fast manisch publizitätssüchtigen Werbekampagne entgegen, die das Erscheinen des Albums begleiteten.42 Allerdings ist es Dalla gelungen, dem Medium Canzone durch den ironischen, ja autoironischen Clip einen neuen Bedeutungshorizont zu verleihen. Klug lässt er die Bilder und den Text auseinanderdriften, ohne damit in eine beliebige Ambiguität abzugleiten. Dalla hatte für den Titelsong Ciao den Strand von Rimini als Aufhänger ausgewählt, als Kulisse, an deren Horizont die Feuer des Krieges in Ex-Jugoslawien aufleuchteten.43 Im Video-Clip hingegen hat er den Strand von Rimini mit einem alten Schiff aus der ehemaligen Sowjetunion vertauscht. In der Konfusion am Ende eines von Kriegen nach wie vor gezeichneten Jahrhunderts drängt Dalla sich selber zwar immer wieder zur Veränderung, rät seinem Nächsten aber liebevoll, so zu bleiben, wie er ist („Non vergognarti mai"), freut sich am Leben in einem epikuräischen Carpe diem („What a beautiful day"), will aber - welche Ironie in der Reihenfolge der Titel - „in den Himmel kommen" falls er bei einer Transplantation sterben sollte („Tra-
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der Fall von Gianni Morandi beweist, der nicht nur von Dalla, sondern gemeinhin von den Cantautori hoch geschätzt wird. Zu erwähnen wäre noch das Album Amen von 1992, mit dem Titelsong als einziger neuer Einspielung neben einer Zusammenstellung von Liedern, die bis in die frühen siebziger Jahre zurückreichen. Gute Bemerkungen dazu macht Peter Burri in der zum 50. Geburtstag Dallas erschienenen Neuausgabe von Lucio Dalla. Liedtexte 1977-1992, herausgegeben von Peter Burri, Basel, Lenos 1993, S. 225-228. Alle Lieder waren schon Tage vor dem Erscheinen der CD in Mimportionen auf zehn verschiedenen Webseiten via Internet abrufbar. Ausserdem hatte Dalla die Kritikerschar an den Strand von Rimini eingeladen, wo er für sein neues Album warb. Hinter der plakativen Art steckt ein unverkennbar ironischer, ja sogar autoironischer Witz, auch wenn wir weit entfernt sind von De Andres tiefgründigem Rimini von 1978. Er hatte Rimini als Beispiel fiir ein miefiges kleinbürgerlich-faschistoides Klima ausgewählt.
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piantoperso"). Mit einem beeindruckenden Triptychon schliesst das Album: Zwischen einer neuen Version von „1999" und der ursprünglichen knüpft Dalla an seine Jugend an, die mit dem Aufkommen der Juke-Boxes zusammenfiel („Born to be alone"): geboren zwar, alleine zu sein, aber noch immer mit der Hoffnung, es mindestens zu Beginn des neuen Jahrtausends nicht zu bleiben. Die elf Texte von Ciao sind vom inneren Zusammenhalt bestimmt und vermitteln viel Stoff zum Nachdenken. Nicht weniger gäbe es über die wunderbaren musikalischen Arrangements zu schreiben, die, ebenso melodiös wie rhythmisch komplex, geprägt sind von einem großen Teamwork mit Musikern, die Dalla zum Teil seit zwanzig Jahren begleiten, wie der Produzent und Keyboarder Mauro Malavasi. Es scheint, als ob Dalla auch die Widersprüche der heutigen Musikszene vereinen kann. Er benutzt die ganze Maschinerie moderner Medien inklusive Internet als Propaganda für seine Alben, und dies seit 1988 mit einer gut einstudierten Marketingstrategie. Hinter einem leicht zugänglichen Referenzlied (1990 war es das von Ron geschriebene „Attenti al lupo", 1996 „Canzoni" und 1999 „Ciao"), das zum Hit wird, verbergen sich Kompositionen und Texte von Format. Dalla beweist, dass man mit anspruchsvollen Texten und populären Aufhängern genau den Balance-Akt zwischen industriellem Erfolgszwang und künstlerischer Ambition würdevoll ausleben kann. Bliebe noch nachzutragen, dass Dalla im Sommer 1999 als erster Cantautore den Ehrendoktor der Universität Bologna in „Lettere e filosofia" entgegennehmen durfte. 44
II.5. Kontinuität und Autorität: De Gregori, Vecchioni, Guccini, Jannacci, Gaber, Battiato, Bennato, Locasciulli Mit De Andre, Fossati, Conte und Dalla haben wir vier wesentliche Gestalten des Zeitraums 1984-2000 in einem ihrer Bedeutung angemessenen Überblick darstellen wollen. Wir möchten im folgenden versuchen, den Spuren weiterer Künstler, die die Zeit vor 1985 maßgeblich mitgestaltet hatten, zu folgen. Dazu gehen wir jeweils vom ersten wichtigen Datum seit Frühling 1985 aus 4 5 44
Vgl. Gino Castaldo, „Non separate le parole dalla magia di una voce", la Repubblica. 9. Juli 1999, S. 43.
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Eigentlich müsste auch ein Antonello Venditti in diesem Kapitel behandelt werden. Einige seiner nach 1985 erschienenen Alben enthalten durchaus Lieder, die ihre Zeit geprägt haben, wie „In questo mondo di Iadri" (1988). Vendittis enorme Popularität, insbesondere in seiner Heimatstadt Rom, hat allerdings dazu gefuhrt, dass seine CDs nach 1985 sich immer deutlicher der gehobenen Unterhaltungsmusik annäherten. Als jüngstes Beispiel dafür höre man sich das im Oktober 1999 erschienene Goodbye Novecento im Vergleich zur kurz vorher erschienenen CD Ciao von Lucio Dalla an. Ein besonderes Erlebnis sind allerdings die Live-Konzerte Vendittis: An seinen Konzerten singen Scharen Jugendlicher Dutzende seiner Lieder wie Hymnen im Chor mit.
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Das Jahr 1985 erlebte im Herbst einen Paukenschlag durch einen der wesentlichen Protagonisten der siebziger und achtziger Jahre: Francesco De Gregori gibt drei Jahre nach seinem epochemachenden Titanic das Album Scacchi e tarocchi heraus. Auf diesem von Ivano Fossati mitproduzierten Album ragt neben dem Titellied „La storia", eine bittere Abrechnung mit dem Terrorismus, heraus. De Gregori verglich die Metapher des LP-Titels mit jener von Titanic. „Sie steht im Zusammenhang mit den einzelnen Liedern der ganzen LP, nimmt aber doch im Titelsong genau Bezug auf die verworrene Situation des italienischen Terrorismus".46 Beeindruckend ist auch „A pä", eine Hommage an Pier Paolo Pasolini im zehnten Todesjahr. Die Texte wirken noch radikaler als auf Titanic. In einem Interview beklagte sich De Gregori allerdings darüber, dass das Publikum immer weniger aufmerksam sei. Er war sich nicht einmal mehr sicher, ob ihm die Leute zuhörten, weil er De Gregori war, oder ob sie kamen, um ganz einfach Musik zu hören. Für die Zukunft machte er sich insofern Sorgen, dass er das Gefühl hatte, immer deutlicher in einer von Bildern dominierten Welt zu leben. Dennoch geht er unbeirrt seinen Weg, und im Abstand von jeweils zwei Jahren erscheinen weitere Marksteine aus seiner Feder: Auf Terra di nessuno (1987, 1988 Targa Tenco) knüpft er an Titanic an, privilegiert diesmal aber das Thema „Reise" und stellt in „Vecchia valigia" die Frage, ob wir überhaupt zu reisen verstehen, auf MiraMare 19.4.89 (1989, Targa Tenco im gleichen Jahr) sind mindestens „Bambini venite parvulos", „Miramare" und „Dr. Dobermann", stark metaphorisch geprägte Texte mit unverkennbar politischem Hintergrund, Pflicht fur jede weiterführende Anthologie des Autorenliedes. De Gregori blieb in den neunziger Jahren weiterhin populär und gewann ein jüngeres Publikum dazu, was vielleicht die Produktion von zahlreichen Live-Alben erklären würde (1990 waren es gleich drei, die alle einzeln auf dem Markt kamen). Provokativ nannte De Gregori sein nächstes Album Canzoni d'amore (1992), was seiner zeitkritischen Art keinen Abbruch tat („Chi ruba nei supermercati?" oder „La ballata dell'uomo ragno"). Doch die Abstände von einem inhaltlich neuen Album zum andern werden immer größer und durch Live-Alben und Samplers überbrückt: 1993 erschienen gleich zwei Live-Alben, Bootleg und II bandito e il campione, dessen Titelsong als einziges neues Lied aus der Feder von Bruder Luigi Grechi stammte. Erst auf Prendere e lasciare (1996) meldet sich De Gregori wieder zu Wort und wird gleich in einer (übertrieben) großen Polemik des Plagiats bezichtigt. Nur ein Jahr später folgt ein weiteres Live-Album, La vali46
Vgl. dazu mein Interview in der Solothurner Zeitung, 5.2.1986. Auf die Frage, ob er auch auf die erschütternde Tatsache anspiele, dass der italienische Geheimdienst als Drahtzieher hinter gewissen Attentaten stehe, meinte er: „Genau das. Es ist so schwierig, da noch klar zu sehen. Und da waren auch junge Leute mit dem Kopf voller ideologischer Überzeugungen zum Morden unterwegs, ohne zu wissen, in wessen Auftrag sie wirklich handelten und dass sie mitunter gegen ihre eigenen Ideale wirksam wurden."
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gia dell'attore, das immerhin vier neue Titel enthält, darunter den für den Schauspieler Alessandro Haber geschriebenen, eindrücklichen Titel-Song. 47 Ebenfalls im Herbst 1985 erscheint Bei tempi von Roberto Vecchioni, der einmal mehr seine eigene Dichterrolle hinterfragt („La mia ragazza") und in „1099" eine gewagte Kreuzzugsgeschichte verfasst hat, die er zusammen mit Ornella Vanoni interpretiert. Die ins Mittelalter projizierte Fabel könnte sehr wohl mit Zeitgeschichte zu tun haben: Der laizistische Materialist Gastone und der Katholik Astolfo verlieben sich während eines Kreuzzuges. Nach der Rückkehr passt sich Gastone dem gesellschaftlichen Druck an und heiratet, während Astolfo ein tragisches Ende sucht. Vecchioni bleibt nicht nur über all die Jahre hinweg sich selber treu, sondern gibt auch mit pünktlicher Regelmäßigkeit neue Alben hinaus: Ippopotami (1986), Milady (1989), dessen Titelsong ein beeindruckender weiterer Beitrag zur autopoetologischen Selbstfindung ist, Per amore mio (1991), die Doppel-Live-CD Camper (1991), Blumun (1993), II
cielo capovolto (1995), El bandolero stanco (1997) und Sogna ragazzo sogna (1999), auf dem er den Traum, eines der Leitthemen seiner über zwanzig Alben, fokalisiert. Vecchionis Werk bleibt durch seine konsequente literar-poetisch orientierte Art interessant, während sich die Bereitschaft zu musikalischer Erneuerung in Grenzen hält. Wer Vecchioni, der auch interessante Erzählungen publiziert hat, auf seinem Weg durch die Literatur folgt, der wird erbauliche Begegnungen machen, von Ariost über Rimbaud bis Pessoa. 48 Seit kurzem ist Vecchioni der erste staatlich nominierte Lehrstuhlinhaber für Geschichte und Theorie der Canzone. So wird er nun seine Aktivität als Latein- und Griechischlehrer mit Vorträgen an Gymnasien und Universitäten tauschen. Er zeichnet auch verantwortlich für den Artikel „Canzone" der im Jahre 2000 neu aufgelegten Enciclopedia Treccani. 49 Francesco Guccini bringt - drei Jahre nach seiner Werkrückschau mit dem Doppellivealbum Tra la via Emilia e il West und vier Jahre nach Guccini - 1987 47
Sowohl „II bandito e il campione" als auch „La valigia dell'attore" wurden übrigens mit einer Targa Tenco fiir das beste Lied ausgezeichnet. Letzteres Lied interpretierte Haber persönlich am Tenco, das erste Mal 1996, das zweite Mal 1998, als er im Namen De Gregoris die Targa fur das beste Lied entgegennehmen durfte.
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Zur Vertiefung vgl. das Dossier zu Vecchioni in L 'isola che non c 'era, IV, 15, ottobre 1999, S. 24-32, darunter ein Interview von Paolo Jachia mit dem Cantautore. Weitere Literatur in Anna Caterina Bellati und Paolo Jachia, Roberto Vecchioni. Le Canzoni, Lombardi, Milano 1992. Vecchioni selbst hat 1996 einen Band mit Erzählungen publiziert, Viaggi del tempo immobile, Einaudi, Torino 1996. Vgl. auch die Einleitung von Vecchioni zu Parole in musica. Lingua e poesia nella canzone d'autore italiana, Hg. von Lorenzo Coveri, Interlinea, Novara 1996, S. 9-12.
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Vgl. dazu Gino Castaldo, „La Treccani apre ai cantautori e al rock" und „L'imbarazzo di parlare dei colleghi", in la Repubblica, 13.2.2000, S. 37.
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mit Signora Bovary ein neues Album heraus. Auffallend ist die musikalische Erneuerung. Guccini überlässt seiner Band immer mehr gestalterische Freiheiten. Der argentinische Gitarrist Flaco Biondini ist der Co-Autor von „Scirocco", das 1987 vom Club Tenco prämiert wird. Neben diesem Lied wären das Titellied, „Keaton", „Van Loon" und die goliardische „Canzone di notte n. 3" zweifellos anthologiereif. Nach einem Intermezzo mit dem Live-Album .... quasi come Dumas (ein weiterer, allerdings themenbezogener Rückblick auf die sechziger Jahre) erscheint im September 1990 Quello che non...., ein Album der Reife und der Kontinuität, mit dem eindriicklichen Porträt einer unabhängigen Frau („Canzone per Anna"), sowie „Aemilia", eine Hommage an die Emilia Romagna, die er bereits 1988 für das Projekt von Dalla und Morandi geschrieben hatte.50 Pamassius Guccinii (1993, Targa Tenco fur das beste Album 1994) und D 'amore, di morte e di altre sciocchezze (1996) sind reich befrachtet mit sehr persönlich gefärbten Liedern, Spiegelbilder von Krisen und Ausdruck von Trauer um verstorbene Freunde. Im Februar 2000 erscheint nur wenige Tage nach Fossatis La disciplina della terra mit dem Album Stagioni auch ein neuer, retrospektiver Liederreigen des grossen Alten vom Berge. Die Lektion von Contes „Roba di Amilcare" und die bereits im Album von 1996 erkennbare Trauer über den Verlust nahestehender Personen wird in diesem „frühen Alterswerk" von Guccini vertieft, allerdings ohne hörbare Anstrengungen auf der Ebene der musikalischen Arrangements sowie in der Variation der Melodien. Auf Stagioni thematisiert Guccini das eigene Älterwerden. Er zieht - in allerdings mehrheitlich farblos arrangierten Liedern - schonungslos Bilanz und lässt seiner offensichtlich jahrelang angestauten Wut über die Entwicklung in Italien freien Lauf. Das einzig wirklich herausragende Lied ist „Addio", das an die berühmte „Awelenata" von 1976 erinnert. Guccini entschuldigt sich darin vordergründig dafür, dass er in seinem Metier manchmal für Missverständnisse gesorgt hat und droht seinen Rückzug an, vermutlich in seinen Geburtsort Pävana im toskanischen Appennin von Pistoia, wo es noch „quattro soldi di civilta" gebe, dort, wo er einst aufgewachsen war, „tra i saggi ignoranti della montagna, che sapevano recitare Dante a memoria e improwisare poesie". „Addio" beschließt das Album, die ersten Verse werden aber sozusagen als Motto den andern Liedern vorangestellt: „Neil'anno '99 di nostra vita / io, Francesco Guccini, eterno studente / perche la materia di studio sarebbe infinita / e soprattutto perche so di non sapere niente / io chierico vagante / bandito di strada, / io non artista, solo piccolo baccelliere, / perche per colpa d'altri, vada come vada / a volte mi vergogno di fare il mio mestiere". Nach einer von „parolacce" durchsetzten Schmähtirade auf Politik und Medien und einer
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Für einen Überblick bis 1990 vgl. Ruedi Ankli, „Francesco Guccini: Der Nabel der Welt ist an der Peripherie zu suchen", in Basler Zeitung, „Basler Magazin", 18, 5.5.1990. S. 1-3.
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scharfen Kritik am „trasformismo" der Achtundsechziger („chi non si schiera ο si dichiara di sinistra e democratico / pero e amico di tutti perche non si sa mai / e poi anche chi e di destra e simpatico e ha i suoi pregi") nimmt er selbstironisch und fast schon versöhnlich die ersten Verse wieder auf: „Nell'anno '99 di nostra vita / io, giullare da niente, ma indignato, / anch'io qui canto, con parola sfinita / con un ruggito che diventa belato / ma a te dedico queste parole da poco / che sottendono solo un vizio antico / sperando pero che tu non le prenda come un gioco / tu, ipocrita uditore, mio simile, mio amico". Es scheint, als schließe sich ein Zyklus, zumindest für Guccini, der immer schon die natürlich gegebenen Zeitraster bevorzugt hatte, ich denke dabei etwa an sein „brindisi" auf Cenne und Folgöre in der „Canzone dei dodici mesi". Ich möchte hier wegen der unerschöpflichen Dichte und Breite von Guccinis Liedern zwischen 1986 und 2000 auf eine weitere Vertiefung verzichten beziehungsweise auf einen anderen Beitrag verschieben, weil sie den Rahmen eines Überblicks, der vor allem neue Tendenzen und Entwicklungen aufzeigen möchte, sprengen würde. 51 Das ändert nichts daran, dass gerade Guccini zu jenen Cantautori gehört, die jenseits von Trends, Entwicklungen und Moden zu einem Fels in der Brandung italienischer Unterhaltungsindustrie geworden sind, ein Bezugspunkt nicht nur für die Freunde des anspruchsvollen Autorenliedes, sondern auch für die sich immer wieder verjüngenden Generationen, die Jahr für Jahr Guccinis Konzerte bevölkern. Guccini wurde vom Über-Vater der Cantautori zusehends zu deren Über-Großvater... 52 Im übrigen darf Guccini für sich in Anspruch nehmen, der einzige wirkliche Schriftsteller unter den Cantautori zu sein.53 Könnte es sein, dass er sich nun definitiv der Schriftstellerei widmen wird? 51
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Vgl. Ruedi Ankli, „Guccini e De Andre: continuity letteraria tra medioevo e canzone d'autore", in Bollettino '900, 4-5, maggio 1996, S. 19-21; „Radici e continuita: La ,funzione medioevo' nelle canzoni di Guccini, De Andre e Branduardi", Rivista Franco Italica, 12, 1997, S. 63-81; letztere Studie ist eine Vertiefung des im erstgenannten aufgeworfenen Themas. Am 21. Februar 2000 startete Guccini in Perugia seine Tournee, am gleichen Abend, als das Festival von Sanremo begann, wo er - nota bene - als „superospite" eingeladen worden war... In Perugia sangen 5000 Jugendliche mit Guccini im Chor „Canzone per un'amica". Wie Curzio Maltese in seinem Artikel „La rabbia antica di babbo Guccini" in la Repubblica, 24.2.2000, S. 42 bemerkt, ist das Lied älter als die meisten der Anwesenden Mitsingenden. Vgl. auch die jüngste Publikation Un altro giorno έ andato. Francesco Guccini si racconta a Massimo Cotto, Giunti, Firenze 1999. 1 989 hat Guccini bei Feltrinelli den sprachlich nicht leicht zugänglichen, stark autobiographischen Roman Cröniche epafäniche herausgegeben. Er nimmt dabei die auf den LPs Radici und Amerigo vorgezeichneten Linien auf. In makkaroneskem Stile, der einem Carlo Emilio Gadda gefallen hätte, verarbeitet er die Kindheit im pistoiesischen Appennin. 1993 erschien ebenfalls bei Feltrinelli Vacca d'un cane, eine Art Fortsetzung des ersten Romans, der sich auch sprachlich der neuen Umgebung anpasst und die Jugendjahre umfasst. Den Kriminalroman Maccheroni, Mondadori, Milano 1997,
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von D e Gregori und
Agtiaplano von Paolo Conte wurde das Jahr 1987 zu einem fruchtbaren Jahrgang dank £nzo Jannacci, einem der Dienstältesten unter den Cantautori, und dem äusserst luziden Album Pariare con i limoni54 In seiner gewohnten (Selbst-)Ironie meint er in „Poveri cantautori", im nächsten Leben wolle er als Star geboren werden, damit er nicht mehr gezwungen sei, seine eigenen Platten zu kaufen, um ein wenig Erfolg zu haben. In die gleiche Richtung zielt „Senza parole": Es ist die nüchterne Standortbestimmung eines Cantautore, der weiss, welchen Schweiss ein gelungenes Lied abverlangt, während die sogenannten „manager-stars" spielend ihren Erfolg gemessen können. Jannacci bleibt auch im Dialog mit seinen Kollegen und mit seiner Zeit. So gibt er mit „La fine della storia" eine Replik auf De Gregoris „La storia" oder macht eine Parodie von „Si puö dare di piü", das, gesungen von Morandi, Tozzi und Ruggeri im gleichen Jahr am Schlagerfestival von Sanremo gewonnen hatte. 1989 fugt Jannacci in seine erste retrospektive Sammlung auf CD den Titel „Se me lo dicevi prima" ein, ein nachdenklich stimmendes Lied, das an die Zeit der Zusammenarbeit mit Dario Fo in den sechziger Jahren erinnert Der Titelsong fand prompt klare Zustimmung an der Rassegna des Club Tenco (Targa 1989 für das beste Lied). 1991 macht es Jannacci - wie De Andre ein Jahr zuvor in Le nuvole - noch einmal denjenigen unter seinen Zunftgenossen, die sich immer deutlicher um eine politische Auseinandersetzung drückten, vor, und dies mit einem Album, das keinen Zweifel über die ungebrochene Kraft der Texte des Mailänder Arztes aufkommen lässt. Guarda lafotograßa dürfte auch den Kassandrarufen all jener Journalisten, die immer wieder in ebenso leerer wie mechanischer Selbstbestätigung vom Tod der Cantautori glaubten berichten zu müssen, den Boden entzogen haben. Auf „La fotografia", das er übrigens am anderen, kommerziellen Festival von Sanremo provokativ im Duo mit Ute Lemper präsentierte und prompt den Kritikerpreis erhielt, heißt es etwa: „Guarda la fotografia / sembra neanche un ragazzino / io, io son quello senza motorino / cosi adesso che e finito tutto e sono andati via ...", später dann, über den totgefahrenen Jugendlichen: „Era il solo a non voler capire d'esser stato sfortunato / nascere in un paese dove i fiori han paura e il sole e awelenato...". 55
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schrieb Guccini gemeinsam mit Loriano Machiavelli. 1998 folgte die Fortsetzung Un disco dei Platters, Mondadori, Milano 1998. Ein dritter Band ist geplant. Kürzlich wurde Guccini auch als Schauspieler entdeckt. In Ligabues Film Radiofreccia von 1998 interpretiert er den Barmann. Pariare con i limoni erschien als LP, der Titelsong und „Poveri cantautori" wurden 1989 im ersten CD-Album Jannaccis Se me lo dicevi prima integriert. Jannacci hatte früher beteuert, wie dement das Festival doch sei. Auf die Frage, warum er 1989 dennoch nach Sanremo ging, antwortete er, dass es ihm darum ging, das Problem der Drogentoten gerade an diesem Ort zu thematisieren; vgl. dazu das Interview von Andrea Pedrinelli in L 'isola che non c 'era, IV, 14, Iuglio 1999, S. 22-26.
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Rätselhaft wie immer, aber auch zusehends pessimistischer wirkt Jannacci in „L'alfabeto muore": „Quando un muratore muore / quando l'alfabeto muore / quando il socialismo muore / non fare un figlio / potrebbe chiederti da dove viene / il dolore..." Das Schlüsselwort „dolore", das nahezu sein ganzes Repertoire durchzieht, scheint noch nie so eindringlich gesetzt worden zu sein wie in diesem Lied. I solid accordi bringt 1994 Lieder, die zum Teil aus seiner gemeinsamen Arbeit mit dem Komiker Paolo Rossi heraus entstanden waren, aber auch einige Reprisen aus der Zeit mit Dario Fo. Auf derselben Linie ist auch Quando un musicista ride, das Jannaccis Sohn Paolo 1998 neu arrangiert hatte, ein abendfüllendes Programm durch die über vierzig Jahre Bühnenpräsenz seines Vaters. Wenn man von Jannacci spricht, sollte man auch seinen langjährigen Freund Giorgio Gaber nicht vergessen, der sein „teatro canzone" in Zusammenarbeit mit Sandro Luporini bis heute verfeinert hat und immer wieder mit hervorragenden und provokanten Texten aufgewartet hat, in den neunziger Jahren etwa mit „Qualcuno era comunista" oder „Pensare che c'era il pensiero", mit denen er nicht nur die Rechte attackiert, sondern längst auch - aber das ist nicht neu bei Gaber, der schon in den siebziger Jahren eine eigenständige, kritische Linie hatte der Linken ihren Spiegel vorhält und auch sich selbst und damit den Dialogpartner Sandro Luporini nicht von der Kritik ausschließt.56 Blenden wir nochmals zurück in das Jahr 1988, das in verschiedener Hinsicht im Zeichen von Lucio Dalla und Gianni Morandi und ihrem gemeinsamen Projekt stand. An diesem Projekt nahm auch Franco Battiato teil, der sich im gleichen Jahr mit Fisiognomica von der Arbeit an seiner ersten Oper Genesi zurückmeldete. „F" wie „Franco" oder Fisiognomica steht auf der Hülle eines der wohl reifsten Alben in der langen Diskographie des Sizilianers. Battiatos Auseinandersetzung mit der Oper ist spürbar, aber es gibt für ihn keine Kompromisse. Battiato kehrt zurück zu seinen Maghreb-Erfahrungen von 1980 und veröffentlicht seine ersten Lieder in sizilianischem Dialekt, „Veni l'autunnu" und in „Zai saman". Beide Titel enthalten übrigens auch arabische Textstellen, im ersten Fall allerdings eher ironisch zusammengeschnittene Phrasen aus der BourghibaSchule von Tunis. Erstmals vertont Battiato auch eine Poesie von Fleur Jaeggy, „L'oceano di silenzio", aus der Sammlung Wasserstatuen. Battiatos weitere, heterogenen Werke finden in der italienischen Kritik zunehmend Beachtung, 56
Sämtliche Produktionen Gabers seit 1970 sind beim Mailänder Label Carosello erschienen; hier die Titel seit 1985: Io sefossi Gaber (1985), Pariami d'amore Mariü (1987), Piccoli spostamenti del cuore (1987), II grigio (1989), Io come persona (1994), das „La strana famiglia" enthält, das auch Jannacci auf seinem Album Guarda la fotografia aufgenommen hatte, II teatro canzone (1992), Ε pensare che c'era il pensiero (1995), Gaber 96/97 (1997), Un 'idiozia conquistata a fatica (1998).
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wobei auffallend ist, wie selten eigentlich Battiatos eigene Texte geworden sind. So erscheint 1989 das erste Live-Album Giubbe rosse mit dem Titelsong als einziger Neuigkeit. Nach einem Filmmusikintervall folgt 1991 Come un cammello in una grondaia, aus dem neben „Povera patria"57 „L'ombra della luce" herausragt.58 1 993 gab Battiato Caffe de lapaix heraus, 1994 das zweite LiveAlbum Unprotected. Aus der Zusammenarbeit mit dem Philosophen Manlio Sgalambro entsteht L 'ombrello e la macchina da cucire (1995), auf dem Battiato jedoch nur für Musik und Arrangements zuständig ist, während alle Texte aus der Feder Sgalambros stammen. Auf L'imboscata (1996) sind immerhin auch die Texte „Di passaggio" und das bemerkenswerte „La cura" aus Battiatos Feder. Gommalacca (1998; Targa Tenco für das beste Album 1989) enthält nur noch Texte, die Battiato gemeinsam mit Sgalambro geschrieben hatte, und das zuletzt erschienene Fleurs (1999) ist Battiatos persönliche Anthologie mit Liedern von De Andre, Brei, Aznavour, Trenet, Jagger-Richards und anderen, ergänzt durch zwei weitere Kollaborationen Sgalambros. Die Zusammenarbeit mit Sgalambro scheint jedoch nicht in jeder Beziehung zu befriedigen.59 Der bisweilen ziemlich abgehoben wirkende Esoterismus scheint ganz allmählich nicht nur den Boden zur Realität, sondern auch zur gelungenen Ambiguität der Battiato-Lieder der achtziger Jahre zu verlieren. Dennoch gibt sich Battiato immer wieder Mühe, Veränderungen zu markieren: Im Februar 2000 zeichnete er verantwortlich für eine Inszenierung von L 'histoire du soldat (Strawinsky-Ramuz) in Rom. Das Jahr 1989 brachte ausser den bereits erwähnten Alben von De Gregori, Guccini und Vecchioni relativ wenig Neues, sieht man von Edoardo Bennato ab, der mit Abbi dubbi ein weiteres Zeichen seiner ungebrochenen Vitalität setzte. Bennato hatte 1985 mit Kaiwanna Kontinuität in seinen politischen Anliegen bekundet, allerdings mit elektronisch verschärftem Geschütz. Ausgewogener und von glücklicher Kreativität war das Album OK Italia, dass Ben57
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„Povera patria" (Targa Tenco fiir das beste Lied 1992) steht in der Tradition politischer Lieder, die sozusagen einen Befindlichkeitsspiegei der Landes darstellen. Diese Art Liedertradition wurde in der ganzen hier besprochenen Periode nie unterbrochen und fand mit Guccinis „Addio" wohl auch noch keinen definitiven Abschluss. Sowohl „L'ombra della luce" als auch die 1994 erschienene „Messa arcaica", eine religiöse Summa des „inspirierten" Sizilianers, die in verschiedenen Kathedralen Urauffiihrung war am 23. Oktober 1993 in L'Aquila - inszeniert wurde, finden wir auf der internationalen Compilation spitirueller Werke Battiatos Shadow, Light von 1995. 1992 hatte Battiato übrigens die Fortsetzung der Oper Genesi herausgegeben, 1994 folgte 11 cavaliere dell'intelletto, eine Oper zur Jahrhundertfeier Friedrichs des II., die Battiato im Auftrag der Regione Sicilia gemeinsam mit dem Philosophen Manlio Sgalambro verfasst hatte. In diesem Zusammenhang ist eine interessante Publikation zu erwähnen: Manlio Sgalambro, Teoria della canzone, Bompiani, Milano 1997, Franco Battiato gewidmet.
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nato 1987 herausgab, mit einer ironischen Liebeshymne auf Italien und dem glücklichen Beispiel einer Verknüpfung von Text und Rockrhythmen im Titelsong. II gioco contirrua von 1988 war ein Album, das im Titelsong einmal mehr einen gegenüber den Plattenfirmen äußerst kritischen Bennato sah. Bennato blieb sich jedenfalls in seiner politischen Abgrenzung treu und verfolgte nach Abbi dubbi auch in den neunziger Jahren, als seine Popularität doch entschieden zurückging, dennoch seinen Weg. Zunächst überraschte er mit Edo rinnegato, einem rein akustischen Gitarrenalbum mit älteren Liedern, dann 1992 mit dem Album Ε asciutto pazzo ο padrone, das er unter dem Pseudonym Joe Sarnataro e i Blue Staff herausgab und auf dem er in origineller Art waschechten Blues und neapolitanischen Dialekt vereinte. Im gleichen Jahr erschien auch II paese
dei balocchi, 1994 Se son roseßoriranno, 1995 Le ragazze fanno grandi sogni, das einen neuen, von Trauer geprägten Bennato offenbarte. 1997 produzierte er mit dem Solis String Quartett Rocklassik, ein Album mit einer weiteren Wiederaufnahme älterer Titel zwar, aber in völlig neuer Verkleidung. 1998 kam das letzte Album Sbandato heraus, auf einem neuen Label und von einem Bennato, der fast schon wieder am Rande der Szene anzutreffen ist, dort, wo er einst gestartet war, aber noch immer voll ungebrochenem Elan, was ich im Herbst 1999 an einem Live-Konzert bestätigt erhielt. Das Jahr 1989 bringt auch eine große Wende in der Karriere des Arztes und Cantautore Mimmo Locasciulli, der lange eher unverdient im Schatten seines Freundes De Gregori gestanden hatte. 60 Im komplexen Album Clandestina (1987) gab er in „Niente di piü" ein feinfühliges Porträt seines Künstlerlebens: „Canzoni vecchie e un po' dimenticate / fotografie sbiadite e un po' ingiallite / lettere antiche chiuse nel cassetto di un como .... niente di piü niente di piü / era tutta la mia vita", dann ein ehrliches Bekenntnis zu seiner Art, Lieder zu schreiben: „io chiudo gli occhi e poi mi lascio andare / scelgo una pagina da raccontare / cerco un'immagine che sia soltanto mia". Zusammen mit dem Bassisten und Jazzavantgardisten Greg Cohen, den er an der Rassegna des Club Tenco anlässlich des Auftritts von Tom Waits 1986 kennengelernt hatte, spielte er 1988 das Album (Adesso glielo dico) ein, auf dem er sich in melancholischer Nostalgie deutlich von jenem Stil zu lösen begann, der
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De Gregori hatte 1983 das Album Sognadoro produziert. 1985 erscheint Mimmo Locasciulli, im gleichen Jahr auch die Live-LP Confusi in un playback, mit Enrico Ruggeri als Gastsänger. Vor allem die älteren Cds Locasciullis sind nicht mehr zugänglich. Immerhin ist das Album von 1978 Quelle che ci resta zusammen mit der Qdisc von 1980 Quattro canzoni als Cd erschienen. Die Alben der achtziger Jahre wie Confusi in un playback oder Clandestina hingegen sind bestenfalls noch als Audiokassetten zu finden. Neben den hier erwähnten Cds der Zeit nach 1989 bietet das Sammelalbum I musicisti son cosi von 1995 einen repräsentativen Querschnitt durch das Werk des originellen Cantautore.
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ihn seit seinem ersten Auftritt im Römer Folk Studio Mitte der siebziger Jahre geprägt hatte. Besonders nennenswerte Titel aus diesem Album sind „Ballando" (von De Gregori geschrieben), „Vienna 1936", „Blu" und „Stupida luna". 1990 spielte er in den USA das von urbaneren Klängen geprägte Album Tango dietro 1 'cmgolo ein, das - auf halbem Weg zwischen Conte und Waits - von knapp gezeichneter, aber tiefgründiger Menschlichkeit geprägter Poesie lebt. Mit Conte verbindet ihn die Liebe zu antiken Gegenständen und Konzepten, sowie die provinzielle Herkunft. Conte kommt aus dem piemontesischen Asti, Locasciulli aus Pescara in den Abruzzen: „Die Tatsache, dass man aus der Provinz kommt, bringt es mit sich, dass man auch auf kleinste Details achtet... Dann liebe ich es auch, gewisse Rhythmen vergangener Stilepochen in meine Lieder einfließen zu lassen, wie etwa den Cha-Cha-Cha. Im meinem Alter liegt mir das Kleid des Rock'n'Roll doch etwas zu eng auf, während mir andererseits die „antike Musik" alleine zu weit auftragen würde. Ich bin noch in einer Phase, in der ich mit dem Rock, und einer, ich möchte nicht unbedingt sagen „ruhigeren" Musik zusammenlebe. Aber immer deutlicher dringt eine starke Liebe zum Jazz durch; und das hat nicht zuletzt mit dem Background meiner aktuellen Mitmusiker zu tun". 61 Von Tango dietro l'angolo haben neben dem Titelsong Lieder wie „Avrö diamanti", „II giorno piü difficile" und „Luna vagabonda" Bestand. 1992 spielt Locasciulli, wieder zusammen mit Cohen, auf Delitti perfetti auch einige ältere Songs ein, darunter „Intorno a trent'anni", „Povero me", ein Lied, das auch De Gregori 62 im Repertoire fuhrt, „II treno della notte" und „Natalina", im Duo mit Greg Cohen an der Handharmonika. Locasciulli ist ein Musiker, der in seiner Entwicklung nie stehengeblieben ist und in den neunziger Jahren seine ganze Reife und Menschlichkeit ausspielt. Auf Uomini (1995) besinnt er sich wieder zu seinen rockigen Wurzeln zurück. Von bleibendem Wert sind das gemeinsam mit De Gregori geschriebene „II suono delle campane", aber auch „L'inganno del tempo" und „Qualcosa farö". Locasciulli ist mit Conte und Capossela einer jener Cantautori, die sich in nächtlicher Umgebung und Atmosphäre mit typischer Barstimmung sehr wohl fühlen. Er zieht sich nicht zurück wie Conte, um das altrove zu suchen, er ist auch kein weltfremder Sonderling wie Capossela, sondern steht als Chirurg in einem Römer Spital im Einsatz und schreibt seine Texte meist nachts, einem Romantiker gleich. Locasciulli ist in jeder Beziehung unabhängig, seit einigen Jahren hat er sogar sein eigenes Studio, in dem er für sein Label HOBO andere Musiker (Claudio Lolli: Viaggio in Italia, Stefano Delacroix: La legge non vale,
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Das Interview hatte ich mit Locasciulli 1992 gefuhrt. Es wurde publiziert in der Berner Zeitung, 112, 14. Mai 1992. Gleich vier Lieder dieses Albums hat Locasciulli gemeinsam mit De Gregori geschrieben, eines mit Enrico Ruggeri.
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beide 1998) produziert. 1997 erscheint in eigener Regie IIfuturo, ein Album mit zwei neuen Liedern und neun höchst gelungenen Coversongs von Cohen, Waits, Newman und anderen, wohl ein persönlicher Rückblick und gleichzeitig das Signal eines Übergangs.
III. 1. „Neue", „ironische" und „sanfte" Cantautori der neunziger Jahre 63 Die wichtigen Erscheinungen des Jahres 1990 haben wir bereits gestreift: De Andre: Le nuvole, Fossati: Discanto und Dalla: Cambio. Im gleichen Jahr macht an der Rassegna des Tenco das vielleicht größte neue Talent auf sich aufmerksam: Vinicio Capossela. Auf All 'una e trentacinque circa (Targa Tenco für das beste neue Album 1991) entpuppt sich das dritte Pferd im Bologneser Stall von Renzo Fantini - neben Conte und Guccini - als ein Nachtwandler, ebenso „lunare" wie lunatisch. Die Musik des in Deutschland aufgewachsenen Capossela lässt sich in vielerlei Hinsicht mit jener Locasciullis und Contes vergleichen. Mit Conte verbindet ihn eine Affinität zum rhythmisch Raffinierten, mit Locasciulli die Mondthematik und eine unüberhörbare Nähe zu Tom Waits. Während Locasciulli aber nur gelegentlich an den amerikanischen Kultsänger erinnert und sehr wohl zwischen der Realität und der künstlerischen Identität unterscheiden kann, scheint Caposselas Leben und künstlerische Boheme jener von Waits auch vom existentiellen Ansatz sehr verwandt zu sein. Zudem will Capossela als Schriftsteller verstanden werden, der Lieder singt.64 Erzählerisches Talent hat er zweifellos, und dazu die Fähigkeit zu poetischer Introspektion, was von „All'una e trentacinque circa" über „Modi" bis „Che cosse l'amor" oder „Ultimo amore" nachvollziehbar wird.65 Welches Potential Capossela besitzt, verrät das zweite Album Modi, dessen Titelsong über den Maler Modigliani ein kleines Meisterwerk darstellt. Bei seinem Talent zum Erzähler vernachlässigt aber Capossela den musikalischen Aspekt nicht. Im Gegenteil, er ist wohl einer der ausgelassensten Experimentalisten unter den jüngeren Cantautori. Dies zeigte auch seine wechselhafte Entwicklung in den 63
Einen interessanten kursorischen Überblick über die neunziger Jahre (bis 1997) gibt Jean Guichard. „Qu'ecouter? Que lire? Petit portrait desordonne de la chanson italienne actuelle", in Franco Italica, 12 (1997), S. 239-252.
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Vgl. dazu Vinicio Capossela. Notturne Canzoni dentro a un bar, herausgegeben von Anna Caterina Bellati, Lombardi, Milano 1993, S. 96: „Credo di essere un musicistascrittore. Non un cantante e nenvmeno un cantautore."
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„Ultimo amore" stammt wie „Modi" vom Album Modi (1991), „Che cosse l'amor" finden wir auf Camera a sud (1993). Die weiteren Alben sind II ballo di San Vito (1996), Live in Volvo (1998), das wegen des Erfolges von Caposselas „Che cosse l'amor" im Film Tre uomini e una gamba einem größeren Publikum bekannt wurde.
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neunziger Jahren, die immer geprägt war von persönlicher Recherche und dem Versuch, jeder Art von Fixierung durch ein Cliche zu entgehen. So präsentierte er sich am Tenco 1998 mit einer lebensfreudigen Bläsertruppe aus dem Balkan, 1999 als existentialistischer Tango-Kreativist. Treu blieb sich Capossela in seiner Nachtschattenpose, die wohl nicht gestellt ist, sondern ganz einfach seinem Naturell entsprechen dürfte. Dennoch bleibt die Frage, ob und wie dieses stilistische Chamäleon überhaupt fassbar ist. Denn seltsam ist es schon, dass aus seinen schillernden Aktivitäten seit 1996 nur gerade das Album Live in Volvo (1998) resultierte. Ein bisher leider nur in Insiderkreisen bekannter Cantautore ist Davide Riondino. Im Jahre 1994 erhielt er mit seiner Chronologie des Aufstiegs von Forza Italia, der „Ballata del si e del no", zu Recht den Preis für das beste Lied am Tenco. 66 Riondino ist politisch pointiert, rhetorisch anspruchsvoll und von äußerst bissiger Ironie. Er ist ein Jahr jünger als Francesco De Gregori und hat trotz langer Karriere erst wenige Alben veröffentlicht. Puristen des Autorenliedes in Sanremo bezeichneten den Dauergast gerne als das Feigenblatt des Club Tenco, als sich dieser avantgardistischeren Tendenzen öffnete. Von hohem Unterhaltungswert sind seine Parodien von berühmten Cantautori auf Temporale. „Giuseppina che cammina sul filo" (De Gregori), „Lo Gnegnio" (Branduardi), „Mistici digiuni" (Battiato), „Divano caimano" (Conte) und „Lo sguarguariello" (Murolo). 67 Über zehn Jahre älter als Riondino ist Giorgio Conte, der jüngere Bruder von Paolo, Autor und Co-Autor zahlreicher noch heute beliebter Lieder der späten sechziger und siebziger Jahre. In den neunziger Jahren hängte auch er den Beruf des Advokaten an den Nagel und konzentrierte sich auf seine Karriere als Cantautore in der Tradition französischer Chansonniers. Gerade in französischsprachigen Gegenden, wo er angenehm an Georges Brassens erinnert, hat er seit dem Album Giorgo Conte von 1993 zunehmend Erfolg, nicht aber in Italien. Dabei enthält das erwähnte Album Lieder von bleibendem Wert wie „Cose che si dicono" (im Duett mit Ornella Vanoni") oder „La giostra di Bastian". Ein Jahr später folgte ein weiteres, Giorgio Conte betiteltes Live66
Das Lied stammt aus dem Album Temporale. Der Florentiner Riondino war in der Szene des Protestliedes und der politischen Militanz der siebziger Jahre groß geworden. 1979 lernte er Nanni Ricordi kennen, der ihm die Produktion einer ersten LP ermöglichte. Es folgte Boulevard, ein Album fur RCA, aber noch im gleichen Jahr kehrte er wieder zu Ricordi zurück und zog in der Folge alleine und mit der Gitarre auftretend durch die italienischen Theater. 1986 gab er eine LP heraus, die zusammen mit einem Buch in den italienischen Kiosken erfolgreich verkauft wurde. 1990 erschien Racconti picareschi, 1991 Non s\>egliate l'amore, 1994 Temporale. Riondino ist auch als Komponist im Filmwesen tätig (La notte di San Lorenzo), dreht eigene Filme und ist vor allem ein sehr aktiver Theatermann.
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Empfehlenswert als geistreiche Lektüre: David Riondino, Rombi e milonghe, Feltrinelli, Milano 1993.
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Album, das aber auf einem anderen Label erschien. Die Aufnahmen von November 1994 enthalten seine großen Erfolge „Non sono Maddalena", „L'erba di San Pietro" oder „De profundis". 1996 erscheint La vita fasse, 1999 Eccomi qua..., beides Alben, die außerhalb Italiens beachtet wurden, seltsamerweise in seiner Heimat aber außerhalb der Rassegna des Club Tenco kaum. Mit viel Scherz, Ironie und Satire im Programm war Francesco Baccini, ein weiterer Cantautore aus Genua, in die neunziger Jahre gestartet, unterstützt von Giorgio Conte. Er erhielt zunächst viel Aufmerksamkeit, insbesondere von illustren älteren Kollegen wie De Andre oder Jannacci.68 Mit viel Humor gelang ihm eine Art Verbindung von Comic Strips und Canzone d'autore. Die beiden ersten Alben Cartoons (1989) und II pianoforte non e il mio forte (1990) sind bemerkenswert und enthalten einige intelligente und spritzige Texte. Aus dem Alleinunterhalter am Piano sollte jedoch kein italienischer Georg Kreisler werden. Nach diesem verheißungsvollen Start und politisch immer ä jour gehaltenen Texten verflachte die Karriere des allzu histrionischen Genuesers, der sich etwa an den Rassegne des Tenco 1998 und 1999 leider nur noch als Kopie seiner selbst wahrnehmen ließ.69 Einen längeren Atem als Baccini hat Luca Carboni, der wohl sanfteste unter den Cantautori. Sein Start unter der Obhut von Lucio Dalla führte bereits in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre zu kontinuierlichem Erfolg. Bereits 1984 hatte er mit Ε intanto Dustin Hoffman non sbaglia un film... einen vielversprechenden Einstieg gehabt, den das nachfolgende Album Forever bestätigte. 1987 setzt er sich mit dem Album Luca Carboni landesweit durch, unter anderem mit der präzisen Fotografie einer Generation von Jugendlichen in „Silvia lo sai". Erstaunlicherweise bewahrte sich Carboni viel gestalterische Freiheit und ließ sich vom Erfolg nicht irritieren. Sein wohl bestes Album, Persone silenziose, erschien 1989: eine mutige Verteidigungsrede fur jene, die nichts zählen und keine Macht haben. Von beachtlicher Qualität war auch das Album Carboni (1992), auf dem das zu sprichwörtlicher Popularität gewordene „Ci vuole un fisico bestiale" enthalten ist. Ein Jahr darauf erschien Diario, das in Zusammenarbeit mit Jovanotti entstanden war. Zusammen mit diesem war er auch auf Tournee in Italien und im Ausland (einige Aufnahmen von Diario sind LiveMitschnitte). Damit schien aber Carboni seinen Höhepunkt bereits überschritten zu haben. Auf dem Album Mondo von 1995 reagiert er auf die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in Italien mit dem überraschenden Vorschlag für einen
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Auf dem Sammelalbum Baccini and „Best" Friends (1997) lässt Baccini seine Zusammenarbeit mit Branduardi, Conte (Giorgio), De Andre, Jannacci, Ladri di Biciclette und Nomadi Revue passieren. Lebte Nomi e cognomi von 1992 noch vom Schwung der ersten Alben, war Nudo 1993 bereits ein Rückschritt und Baccini a colori 1995 völlig ohne Inspiration. 1999 versuchte Baccini sein wenig erfolgreiches Comeback mit Madonna degli autogrill.
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neuen „Inno nazionale", eine kosmopolitische Richtung, die er auch auf Carovcma (1998) beibehielt. Am Tenco 1996 erhielt Claudio Sanfilippo für Stile libero den Preis für das beste Erstlingswerk. Tatsächlich war hier ein Musiker prämiert worden, der schon ein gutes Jahrzehnt Zusammenarbeit mit bekannten Musikern wie Eugenio Finardi hinter sich hatte. Wesentlich an seinem Stil ist das feine Gespür für brasilianisch gefärbte Phrasierungen, ein Unikum in der italienischen Szene.70 Noch zu keiner Targa Tenco brachte es hingegen der Piemontese Gianmaria Testa. Wie sein großes Vorbild Paolo Conte hat er es in Frankreich, wo er auch seine Alben herausgibt, zu einer gewissen Anerkennung gebracht. Mit Talent gelingt es ihm, die kleine Welt der Provinz von Cuneo, wo er Bahnhofsvorsteher ist, in ansprechende Mini-Mythen umzusetzen. Sieht man über die etwa im melodischen Sax-Refrain von „Cittä lunga" unüberhörbare Präsenz des großen Vorbilds aus der piemontesischen Provinz hinweg, war das 1995 erschienene Album Montgolfleres ein wirkliches Versprechen. Oder anders gesagt: Noch kein Musiker hat in der Richtung von Conte ähnlich überzeugende Resultate hervorgebracht. 1996 folgte Extra Muros, 1999 Lampo, mit dem Testa nun auch in Italien die Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Die Gruppe Avion Travel darf auch nach zwölf Jahren Diskographie und noch längerer Bühnenpräsenz als großes Versprechen für die Zukunft des Autorenliedes betrachtet werden. Selten hat eine Gruppe als Kollektiv mit so viel Konstanz und Kohärenz am Autorenlied gearbeitet wie dieses Quintett aus Caserta mit der Stimme von Giuseppe Servillo im Vordergrund.71 Ein Aufsehen erregendes Ereignis war die Produktion La guerra vista dalla luna, das die Gruppe zusammen mit Fabrizio Bentivoglio 1995 geschrieben und im Theater aufgeführt hatte.72 Das letzte Album Cirano, das für den deutschen Markt mit Übersetzungen versehen wurde, enthält als Bonus-Track das wunderschöne Lied „Dormi e sogna".73 Es hatte 1998 in Sanremo am Schlagerfestival den 70
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1 999 erschien das Nachfolgeralbum Isoie nella corrente, das ganz auf der Linie des Debutalbums liegt. Vgl. die Biographie der Gruppe durch Gianfranco Salvatore, Avion Travel. Vivo di canzoni, Giunti, Firenze 1999. Das Werk wurde am 22. Januar 2000 in einer neuen Inszenierung auf Rai 2 übertragen, in einer aktuellen Aufzeichnung aus dem Jugendzentrum Leoncavallo in Mailand: „II libretto dell'operina (disponibile sul sito www.cosedimusica.it) fa leva sui dialoghi neoariosteschi di due soldati di Ventura uccisi per contrabbando, Gaetano (Peppe Servillo) e il capitano Manidori (Bentivoglio), il viaggio delle cui anime fa scaturire moniti contro la guerra". (la Repubblica, 22. 1. 2000). Avion Travel weist eine beachtliche Diskographie vor: Perdo tempo (1988); In una notte di chiaro di luna (1989); Bellosguardo (1990); ΟρρΙά (1993); Finalmente fiori (1995); La guerra vista dalla luna (1996, zusammen mit Fabrizio Bentivoglio); Hotel paura e altre storie. Musiche da film della Piccola Orchestra Avion Travel (1996); Vivo di canzoni (1997) und Cirano (1998).
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Kritikerpreis zugesprochen erhalten (was beweist, dass sogar an diesem Treffen „nationaler Demenz" - laut Jannacci - als Ausnahme auch anspruchsvolle Autorenlieder zu Ehren kommen). Zum großen Erstaunen aller durfte Avion Travel am Samstag, 26. Februar 2000 den Kritikerpreis wie auch den Hauptpreis des 50. Festivals von Sanremo entgegennehmen. Das überhaupt nicht angepasste Lied „Sentimento" lässt annehmen, dass sich selbst an diesem Festial etwas bewegt, was nur zu einer guten Entwicklung der Canzone beitragen kann.74 Mit Avion Travel nähert sich das Autorenlied dem Jazz. Immer wieder gibt es gerade im reichhaltigen Angebot der Rassegne des Club Tenco interessante Versuche, die beiden Richtungen einander anzunähern. So spielte 1997 Enrico Rava mit Enrico Pieranunzi und Ada Montellanico in einer Hommage an Luigi Tenco. Ein Jahr darauf präsentierte sich die Gruppe Tetes de Bois, die ein interessantes Gleichgewicht zwischen Interpretation und jazzverwandter Instrumentierung vorführte. Aus ihrem Album von 1997 Pezzi di ricambio ragt eine Interpretation von Luigi Tencos „Un giorno dopo l'altro" heraus. Stefano Belluzz! ist nicht ein Cantautore, der mit dem Jazz kokettiert, sondern ein waschechter Jazzmusiker, der sich zumindest vorübergehend mit qualitativ ansprechenden Resultaten im Umfeld des Autorenliedes bewegte. Der von Luciano Ligabue geförderte Jazzbassist machte 1994 am Tenco mit seinem Debutalbum Sono note inutili? auf sich aufmerksam.75 1996 folgte Rosso di nascita, doch seither scheint es leider wieder ruhig geworden zu sein um Belluzzi. Ich führe die fünf letztgenannten Musiker und Gruppen hier stellvertretend für viele nahezu unbekannt gebliebene Cantautori auf, die sich in jahrelanger Kleinarbeit mit Würde der Canzone d'autore verschrieben haben und die - vielleicht mit Ausnahme von Avion Travel - trotz vervielfältigter medialer Möglichkeiten, ausserhalb der Rassegna des Club Tenco in Sanremo nur bedingt Öffentlichkeit erhalten.
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Wie wir bereits oben gesehen haben, ist Jannacci selbst auf diese Aussage zurückgekommen... 75 Sono note inutili? ist ein Album, das hohen Ansprüchen genügt, musikalisch wie inhaltlich. Die meisten Texte sind Meditationen über das Leben eines Mittdreißigers, dessen Gedanken gerne nostalgisch zurückschweifen: „Es sind nur Lieder, die gesungen werden, um von Nostalgie zu leben", meinte der Bassist selbstironisch zum Thema Liebe in „Muoviti" anlässlich eines Konzertes in Basel am 19.12.1994. Ergreifend ist auch die Geschichte von „Admira und Bosko" und der Unmöglichkeit, eine ethnisch verschiedene Person zu lieben, wenn der Krieg einmal explodiert ist wie in Sarajevo. Dieses Lied erinnert übrigens in zweierlei Hinsicht deutlich an den Stil von Paolo Conte, einmal durch die Saxophonsoli von Alberto Marangolo, Arrangeur dieses Albums und in den achtziger Jahren langjähriger Partner von Conte, ein zweites Mal, weil die ganze Streichersektion identisch ist mit jener, die Conte 1992 auf Novecento begleitete.
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III. 2. Die „wilden" neunziger Jahre: Rapautori und Rockautori Die markante „mediale" Erneuerung der neunziger Jahre war ohne Zweifel die im Umfeld der Jugendzentren entstandene Rap- und Hip-Hop-Szene, insbesondere die dialektal gefärbte: Mit dieser möchte ich den Überblick beschließen. Wenn die Rassegna des Club Tenco auch in den neunziger Jahren so etwas wie der moralische Tempel des Autorenliedes - „Roba di Amilcare" - blieb, so wurden doch unter der neuen Direktion von Enrico De Angelis seit 1993 auch zunehmend die Pforten fur grenzverwandte Phänomene geöffnet. Eine der erfolgreichsten und schillerndsten Figuren der neunziger Jahre, Lorenzo Cherubini, genannt Jovanotti, machte dort 1995 eine beeindruckende Aufwartung, als er, schlicht und einfach mit Trommel um den Bauch provokativ sein Lied „L'ombelico del mondo" auf die Bühne des Ariston brachte, als würde er auf der Piazza zu einer Veranstaltung aufrufen. Jovanotti darf als der intellektuelle Leader der jüngeren Generation bezeichnet werden. Bald nach seinem fulminanten ersten Auftritt Ende der achtziger Jahre konvertierte er zum Rap, ohne sich damit der Bewegung der Sozialzentren anzubiedern. Kein Dialekt, keine ideologischen Inhalte unterstützten seine Jahr für Jahr intensiver geführten Auseinandersetzungen mit der italienischen Realität. In einem gewissen Sinne darf er auch als der führende Kopf der Generation der Post-Cantautori bezeichnet werden. 1999 publizierte er, parallel zu seinem letzten gleichnamigen Album das Buch „Capo Horn" und stand damit wochenlang ganz oben auf den Bücherverkaufslisten. 76 „Penso positivo" sang er auf Lorenzo 1994, dazu „Piove" und „Serenata rap". Mindestens diese drei Lieder gehören zu jenen, die wohl in keiner Anthologie zu diesem letzten Jahrzehnt des Novecento fehlen dürften. Daneben verrät vieles, was Jovanotti produzierte, durchaus eine gewisse Neigung zur Plauderei und lässt in musikalischer Hinsicht nicht unbedingt nur innovative Originalität durchschimmern. Die Stärke Jovanottis ist seine ehrliche direkte Art, die gerade bei Live-Auftritten voll zur Geltung kommt, was er am Eröffnungsabend des Schlagerfestivals von Sanremo als Gast am 21. Februar 2000 wieder einmal eindrücklich unter Beweis stellte, als er in einem Rap Premierminister D'Alema von der Bühne zu mehr Engagement gegenüber der Dritten Welt aufforderte. Der Zufall wollte es, dass Daniele Silvestri im gleichen Jahr, als Jovanotti den Tenco mit seiner Trommel um den Bauch durcheinanderbrachte, für sein Lied „Le cose in comune" den Preis für das beste neue Album erhielt. Der damals Fünfundzwanzigjährige hatte ein beachtliches Album mit dezentem Rock produziert, das ein Zeugnis für die neue Sensibilität der Jugendlichen war und die Hoffnung auf eine neue Generation von Cantautori aufkeimen ließ. Silvestri
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Die Zahl der verkauften Bücher von Capo Horn ist beeindruckend: 650 000 bis Ende Januar 2000.
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ist, was viele Musiker seiner Generation kennzeichnet, bereits auf den nachfolgenden CDs II dado und Sig. Dapatas leicht ins Stottern geraten, doch dürften von ihm durchaus weitere Impulse zu erwarten sein. Wohl auch kein Zufall war 1996 der eindeutige Zuspruch der Tenco-Jury für „Certe notti", ein Lied des populären Rockmusikers Luciano Ligabue, das als eines der schönsten und typischsten Autorenlieder für die neunziger Jahre in Erinnerung bleiben wird. 77 Die nachfolgenden Jahre standen bei den Erstlingswerken im Zeichen einer neuen Hoffnung für die immer noch dünn besetzte Szene der Cantautrici mit dem Preis für Tregtia (1997) von Cristina Donä, während die Meinungen über den Preis für Elisa und ihr Album Pipes & Flowers gespalten waren, fand doch erstmals ein Album ohne italienische Texte die Gunst der Kritiker. Ligabue und Donä sind eindeutig Vertreter einer Sparte, die wir in diesem Überblick bisher nahezu ausgeklammert haben: die Rockszene Dass von Edoardo Bennato bis Gianna Nannini 78 immer wieder hervorragende Lieder geschrieben und veröffentlicht wurden, ist eine Tatsache, an der es nichts zu rütteln gibt. Dennoch gibt es weder bei Bennato, noch bei Nannini noch etwa bei Vasco Rossi stilistisch seit 1985 wesentliche Veränderungen zu vermelden. Am erstaunlichsten war noch Rossis Liberi liberi von 1989, in dem er einige überzeugend ehrliche Texte zum Altern eines Rockstars brachte. 1998 erhielt er für Canzoni per me sogar die Targa Tenco für das beste Album. 79 Ein Rockautore, der hervorragende Texte mit einem Flair für raffinierte Sounds verbindet, ist Enrico Ruggeri. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre produzierte 77
Ligabue gehörte eigentlich in die Kategorie „Rockautori", die wir hier nur streifen können. Seine interessanten und ausdrucksstarken Texte verdienten eine nähere Betrachtung, die hier leider den Rahmen sprengen würde, denn sie wären in ihr Umfeld zu setzen, also in den Vergleich mit den Liedern von Vasco Rossi, Mara Redeghieri, Gianna Nannini, Litfiba, Skiantos, Modena City Ramblers und anderen Gruppen und Künstlern. Ligabue ist mit seiner geradlinigen Art neben Jovanotti zu einer der wichtigsten Bezugsfiguren der Jugend der zweiten Hälfte der neunziger Jahre geworden. Er ist auch Autor des autobiographischen Buches Fuori e dentro il borgo, Milano, Baldini & Castoldi 1996 und dem daraus entstandenen Kultfilm Radiofreccia (1998). Zu den wichtigsten CDs von Ligabue gehören Ligabue (1990), Lambrusco coltelli rose & popcorn (1991), Soprawissuti e soprawiventi (1993), Buon complecmno Elvis (1995), Su e giü dal palco (1997) und Missmondo (1999).
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Besonders erwähnenswert sind die Texte der 1995er CD Dispetto, die Gianna Nannini in Zusammenarbeit mit Mara Redeghieri, der Sängerin von Üstmamö geschrieben hat; ein fast einmaliges Beispiel der Co-Autorenschaft von zwei Frauen. Ein Preis wie jener an Vasco Rossi von 1998 zeigt die Relativität einer Targa Tenco, denn wäre beispielsweise in jenem Jahr ein neues Album von Fossati oder Conte erschienen, so hätte Rossi wohl kaum eine Chance gehabt. Diese Bemerkung soll die Qualitäten des prämierten Albums Canzoni per me nicht schmälern. Rossi erhielt übrigens weitere Auszeichnungen, 1999 sogar eine flir seine poetischen Qualitäten, was ihn sichtlich amüsierte, weil er selber sehr wohl weiß, wo seine wirklichen Stärken sind.
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er beachtliche Alben wie Difesa francese (1986) oder II falco e il gabbiano (1990) und auch in den neunziger Jahren folgten diverse phantasievolle CDs, darunter das inspirierte Märchenalbum Peter Pan (1991). Interessant wäre auch eine Analyse der zahlreichen CDs der Gruppe Litfiba, die seit Herbst 1999 ohne ihren charismatischen Sänger Piero Pelü die Fortsetzung einer brillanten Karriere im Umfeld des mediterranen Rock versucht.80 Im Gegensatz etwa zur germanisch-internationalen Rockmaschinerie, die eine Gianna Nannini seit den achtziger Jahren im Schlepptau führte, war der oft gewollt diabolisch inszenierte Sound von Litfiba immer geprägt von mediterran gefärbter Melodiosität, mit intelligenten und engagierten Texten. Heavy Metal Rock und Autorenlied müssen einander nicht ausschließen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Mini-Protest-CD, die Ligabue, Piero Pelü und Jovanotti anlässlich des Krieges im Kosovo 1999 aufgenommen haben.81 Eine äußerst wilde, stilistisch schwer einzuordnende Gruppe sind Elio e le Storie Tese. Hinter diesem Mailänder Quintett, das seit den frühen achtziger Jahren sein Unwesen treibt und noch vor der ersten LP 1988 eine Kultband war, versteckt sich sehr viel Humor, Ironie und musikalische Phantasie. Das Ensemble wurde mit Italyan, Rum Casusu gikti weit über die Mailänder Szene hinaus ein Begriff. 1999 erschien Craccracriccrecr, auf dem die Gruppe spielerisch zwischen traditionellem Chanson und Jazz hin und her pendelt.82 Fehlte zum Abschluss noch ein Musiker, der auch außerhalb Italiens zu großer Bekanntheit gelangte: Zucchero Fornaciari. Eigentlich müsste man den Liedern Zuccheros vor seinem kometenhaften Aufstieg zum internationalen Star mehr Aufmerksamkeit widmen, denn auf Blue (1987) finden wir unter anderen originellen Liedern eines, das in seiner Metrik einzigartig ist und erst noch einen nonkonformistischen Inhalt verbreitet: „Solo una sana e consapevole libidine salva i giovani dallo stress e dall'azione cattolica" ist wohl der einzige Song, der mit 16- und 18-Silbern operiert. Leider ist die Qualität der Lieder Zuccheros in den neunziger Jahren nicht proportional zu seiner Popularität gestiegen. Daran können auch die zahlreichen Duette mit internationalen Stars nichts ändern, im Gegenteil, sie zeigen auf, wie schnell eine originelle Formel verflachen kann.
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Elettromacumba heißt das anfangs 2000 erschienene Album, das erste ohne Pelü. Die CD Single 11 mio nome e mai piü ist die Antwort von Ligabue, Jovanotti und Pelü unter dem Kürzel Ligajovapelü auf den Krieg im Kosovo. Der Reinerlös der Single ist für die Kriegsopfer bestimmt. Vgl. dazu Massimo Depaoli, „I provocautori: Dagli Skiantos a Elio e le Storie Tese", in Parole in musica, a.a.O., S. 167-173.
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III.3. Die Politisierung des Dialekts: Neues Text-Musik-Verhältnis Der Einfluss von De Andres Creuza De Mä von 1984 war derart groß, dass die Gralshüter der Canzone d'autore, die Mitglieder des Club Tenco, 1984 beschlossen, mit der Einfuhrung der Targhe auch das beste Dialektlied zu prämieren.83 Insbesondere in den neunziger Jahren nimmt Neapel eine Art Sonderposition ein, was nur wenig erstaunt. Großes Vorbild fur die zahlreichen neapolitanischen Gruppen war seit den siebziger Jahren Pino Daniele, der für seine Lieder „Schizzechea" (1989) und „Sicily" (1993) je eine Targa erhielt.84 Der Dialekt bekam noch größere Bedeutung durch die Bewegung der Jugendzentren in den neunziger Jahren und die damit einhergehende Entwicklung des Rap und des Hip-Hop. So verwandelten 99 Posse aus Neapel anlässlich der Preisverleihung für ihr Lied „Curre curre guagliö" das Teatro Ariston anno 1994 in einen Tempel der Rapautori.85 Tatsächlich sind es Vertreter der Bewegung der autonomen Jugendzentren wie 99 Posse, Bisca, Sud Sound System, Pitura Freska, Mitiii MFK, Assalti Frontali86 und andere, die sich als klar erkennbare Erben der politischen Cantautori erweisen.87 Was für die Cantautori die „piazza" war, mit ihren „feste", „comizi" etc., das sind die autonomen Jugendzentren für diese Gruppen, die auch gleich eigene Vertriebsnetze für die meist in 83
Den ersten Preis für das erst seit 1996 eingeführte beste Dialektalbum durfte Agricantus aus Sizilien fur Tuareg entgegennehmen. 1997 erhielt diesen die Genueser Gruppe Sensasciou fur Generazione con Ια χ.
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„Sicily" ist eine Kollaboration von Pino Daniele mit dem Jazzpianisten Chick Corea. Daniele hat seit dem Erscheinen des Cantautore Republic über ein Dutzend Alben verschiedener Qualität produziert, ist sich aber im wesentlichen treu geblieben und hat nicht nur immer wieder gute Texte präsentiert, sondern darf auch als Kopf der mediterranen Salsa gelten, die weit über den Blues und Rock hinaus Anerkennung im Jazz fand. Das Lied, das nationale Popularität erlangt hatte, nachdem es in Gabriele Salvatores Film Sud zu hören war, ist auf dem gleichnamigen Album Curre curre guagliö zu finden. Eine Live-Version finden wir auf der Doppel CD der fusionierten Gruppe Bisca99Posse Incredibile Opposizione Tour (1994). Kaum in traditionellen Plattengeschäften zu kaufen ist der Sampler Canta Napoli Antifascista, eine kleine Anthologie weiterer Gruppen aus der lebhaften Bewegung der neapolitanischen autonomen Jugendzentren wie Bisca, Inta Capanna Saund Sistem, Galen, Daniele Sepe, D.D.D., Ε Zezi, Speaker Zou, Maurizio Capone, No Domo und natürlich 99 Posse. Letztere Gruppe schaffte 1996 den Sprung auf ein Major Label und gab Cerco tiempo und Corto circuito (1998) heraus.
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Die Liste von Dialektgruppen ist viel länger als es diese Beispiele vermuten ließen, aber jede Region scheint ihre eigenen Bands hervorzubringen, von Pitura freska über Mau Mau und Sensasciou bis Mitiii MFK; eine provisorische Liste gibt Lorenzo Coveri in „Per una storia linguistica della canzone italiana", in Parole in musica, a.a.O., S. 13—24. Nicht in diese Gruppe gehört hingegen Edoardo Bennato, der 1992 unter dem Pseudonym Joe Sarnataro einen interessanten Versuch von Rhythm'n'Blues und neapolitanischem Dialekt unternahm.
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eigener Regie produzierten CDs aufbauen. 88 Ganz deutlich wird das Erbe der Cantautori bei Frankie Hi-NRG MC, einem blendenden Einzelgänger der HipHop-Bewegung, der es in poetischer und rhetorischer Ausdruckskraft mit den „klassischen" Cantautori aufnehmen kann. Sein Album La morte dei miracoli von 1997 ist ein positives Beispiel für intelligenten Rap und Hip-Hop Ein Text wie „Quelli che benpensano" dürfte in keiner Anthologie fehlen.89 Im gleichen Jahr wie 99 Posse (1994) wurde auch Almamegretta für das beste Erstlingswerk ausgezeichnet. Ein Jahr darauf erhielt ihr Lied „Sanacore" aus der gleichnamigen CD am Tenco die meisten Stimmen. Ganz deutlich tritt bei dieser Gruppe auch eine Art indirekte Politik zutage. Hier wird weniger als bei anderen Gruppen mit direkten Forderungen aufgefahren als der Rückzug in eine typisch in Neapel und in der Campania verankerte spirituelle Dimension vollzogen. Aufbauend auf der Musik, die seit James Senese, Pino Daniele und Enzo Avitabile ihren eigenen Weg genommen hatte, gehen sie in Richtung einer Verbindung süditalienischer (vorwiegend magischer) Folklore mit Reggae, Ragamuffin und Dub. Die Rapautori widerspiegelten nichts weniger als die soziale Entwicklung der letzten Jahrzehnte mit der Landflucht und der Industrialisierung großer städtischer Zentren. Mit Gruppen wie Almamegretta kommt der allgemein esoterischmagische Trend der neunziger Jahre dazu. Interessant ist dabei die Wirkung der Neapolitaner, die mit großem Selbstbewusstsein in der eigenen Tradition schöpfen, wobei die Qualität der musikalischen Experimente der Gruppe bei weitem jene der Texte übersteigt. Es ist ganz allgemein zu beobachten, dass die Musik der meisten Dialektformationen eine enorme Reduktion in Bezug auf die expressive Vielfalt der drei letzten Alben von De Andre sind. Das ist ja der große Vorwurf, den man den Cantautori oft auch gemacht hat, so etwa De Gregori und Guccini, die eindeutig im Zeichen der unter Bob Dylans stehenden Generation von mit Gitarre und Politsongs aufgewachsenen Singer-Songwriter standen. Der Rap und der Hip-Hop reduzieren die musikalische Vielfalt zugunsten des Textes, was auch den gut gewählten Titel der Anthologie Potere alla parola bestätigt. Natürlich gibt es Ausnahmen, etwa Agricantus aus Sizilien, die friulanischen Mitiii MFK, die noch wenig bekannten Funambolici Vargas aus Apulien, die alle betont Wert legen auf das musikalische Arrangement.
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Unverzichtbar dazu die Anthologie Potere alla parola, Feltrinelli, Milano 1996, herausgegeben von Pierfrancesco Pacoda, mit einer Einleitung von Jovanotti, wo sich auch eine wegweisende Discographie findet (S. 205-208). Unter den zahlreichen Alben, die selbst in Italien nur schwer aufzutreiben sind, sind einige wenigstens per Korrespondenz oder Internet bestellbar, zum Beispiel zwei von Sud Sound System aus Apulien: '91 '96 Tradizione, Comu Na Petra (beide vertrieben von der Römer Zeitung il manifesto).
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Der in Cittä di Castello (Umbrien) lebende Sizilianer gehört zu jenen Rappern. die sich ausschließlich der Standardsprache bedienen. Er ist weniger bekannt als etwa Articolo 31, dafür werden wohl seine Texte Bestand haben.
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In dieser Beziehung ist die herausragende und zukunftsweisende Figur dieser Bewegung Daniele Sepe, der als Frank Zappa des italienischen Folk bezeichnet wird. 90 1998 wurde er für Lavorare stanca am Tenco in Sanremo preisgekrönt. Das Album verdient Aufmerksamkeit, weil es eine Art Summa der Entwicklung des politisch inspirierten Autorenliedes darstellt und musikalisch gleich noch Maßstäbe setzt. Die CD ist als gebundenes Buch aufgemacht, das Titelfoto zeigt drei Arbeiter der neapolitanischen Italsider-Werke aus den fünfziger Jahren. Die ersten 21 Seiten sind einer Darstellung der Verteilung von Reichtum, Arbeit und Bildung im Italien der neunziger Jahre gewidmet, Datenaufarbeitung mit politisch-didaktischer Absicht, um die Realität hinter den Liedtexten zu erhellen. Die Lieder - die meisten aus der Feder von Sepe, auch wenn er sich zunächst als Musiker, nicht als Liedermacher versteht 91 - illustrieren diese Daten auf ganz eigentümliche Art. Einige stammen aus dem großen europäischen und amerikanischen Songbook (Joe Zawinuls „Black Market", Kurt Weills „Kanonensong", Goran Bregovics „Ederlezi"). Bemerkenswert ist die „Storia della musica popolare": Sepe fragt sich in der Einleitung, was denn der Arbeiter tut, wenn er von den Fiat-Werken in Melfi am Abend in sein Heim in der ländlichen Basilicata um den Vulkan Vulture zurückkehrt. Er wird wohl kaum ein Instrument hervorholen und eine Tarantella anstimmen, sondern eher in sein Auto steigen, losbrausen und das Autoradio laut anstellen. Sepe denunziert damit den vereinfachenden Blick vieler Nordländer auf die süditalienische Folklore, die in dieser Form definitiv passee ist und vielleicht so gar nie existiert hat. Gleichzeitig arbeitet Sepe aber gerade diese falsch perzipierte Tradition wieder auf, um sie erneuert und in packender(er) Form darzubieten. Sepe gibt dabei auch Lösungsvorschläge: „Arbeite langsamer, denn Arbeiten macht müde", sagt er in Anlehnung an den berühmten Gedichtband von Cesare Pavese. Die CD ist eine Art Oper, Musical, Konzeptalbum oder alles gleichzeitig. So wie Sepe Pavese aufnimmt, verweist er auf eine sozialkritische Dimension, die er nicht ausklammern will, sondern thematisieren, um die dramatische Situation des Südens zu verdeutlichen. Dass er dabei auf Weill, die mittelalterlichen Carmina Burana, die Tarantella aus Kalabrien und eine „Serenata" aus Apulien zurückgreift, zeigt auf, wie der Intellektuelle, der er letzten Endes ist, die Tradition tatsächlich neu beleben kann und in neue Zusammenhänge stellt. Nichts erinnert dabei an verstaubte Weisen oder zwanghaft revitalisierte Folklore. Sepe bedient sich aller möglichen musikalischen Formen wie Rap, Reggae, 90
Die CDs von Daniele Sepe sind außer der nachfolgend ausfuhrlich besprochenen kaum im Handel erhältlich. Ausnahmen bilden Viaggifuori dai paraggi und die Compilation Trasmigrazione, beide 1996 bei il manifesto erschienen, sowie Malamusica (1991). Weitere Alben sind L'uscita dei gladiatori (1992), Plavs standards and more (1993), Vite perdite (1994), Spiritus Mundi (1996), Totosketches (1999).
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Vgl. das Interview von Enrico Deregibus in L 'isola che non c 'era, IV, 12, gennaio 1999, S. 54-56.
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Punk, Jazz, deutsche Lied-Tradition etc. Auch ein Lied - eigentlich eine Poesie von Ignazio Buttita findet sich unter den neunzehn Titeln mit über einer Stunde erstklassiger Musik voller Abwechslung. Während die in den Jugendzentren beheimateten Rap-Bands eine eigene Funktion und damit eine eindeutige Stoßrichtung hatten, wirft Sepe Licht auf die dramatische Situation Süditaliens und schöpft gleichzeitig in dessen unermesslichem musikalischem Reichtum. Trotz Rückständigkeit zeigt der Mezzogiorno immer wieder große Weltoffenheit, was vor allem in der neapolitanischen Szene zu beobachten ist. Wer Sepe auf der Bühne gesehen hat, der weiß, wieviel Energie, Phantasie und hohes technisches und musikalisches Können sich da entfalten. Es wäre zu wünschen, dass das neue Jahrtausend mehr Aufmerksamkeit fur Musiker wie Daniele Sepe bringen würde, diesseits und jenseits der Alpen. NB. Im September 2000 löst Vinicio Capossela sein Versprechen nach vier Jahren Experimenten (vgl. III. 1., S. 38) mit dem bemerkenswerten und sehr innovativen Album Canzoni a manovella endlich ein. Das Resultat verdient Aufmerksamkeit. Ein neues Kapitel schlägt im Oktober Paolo Conte auf, der sich mit Razmataz einen alten Traum, ein Musical, erfüllt hat. Die Jury des Tenco 2000 zieht in der Kategorie der besten Alben mit einer Stimme den talentierten Samuele Bersani mit L 'oroscopo speciale Fossatis La disciplina della terra vor. Mit ebenfalls nur einer Stimme Vorsprung auf Fossatis gleichnamigen Titelsong und Bersanis „Replay" werden Guccini und Ligabue für das gemeinsam geschriebene „Ho ancora la forza" prämiert. In der Kategorie der Dialektalben siegen 99 Posse mit „La vida que vendra", als bester Interpret Franco Battiato mit Fleurs und bei den Erstlingsalben Ginevra di Marco mit Trama tenue . Hinweisen möchte ich auch auf die neue Serie „Stile libero" des Verlags Einaudi: Hip hop italiano. La Cnn deipoveri, a cura di Pierfrancesco Pacoda ist eine Hip-Hop-Anthologie mit CD (mit Liedern von Articolo 31, Assalti Frontali, Frankie Hi-Nrg, Ice One, La Pina, Neffa, 99 Posse, Sud Sound System und anderen). In der gleichen Serie ist ein Buch mit 118 Liedtexten sowie einer Video-Kassette mit Live-Aufzeichnungen von Francesco Guccini erschienen.
Valdo Gamberutti
La metamorfosi del cantautore: I segni di una crisi? Chi e il cantautore? Ο meglio: a cosa pensate quando sentite, ο leggete, da qualche parte, la parola cantautore? Perche e cosa diversa dire autore (e non importa se canta anche le proprie canzoni): allora ci vengono in mente Brei, Brassens, e, per l'ltalia, Paoli, Bindi, Tenco. Un forte odore di fumo, amori irrisolti, disperazione, fatica di vivere, gli anni '60... Ma quando pensiamo al tipico cantautore italiano, al suo stereotipo, qual'e il nostro riferimento immediato? Crediamo che sia fatale trovarsi a pensare agli anni '70, all'impegno politico, alle schitarrate in cantina, agli Eskimi, alle canzoni - proclami, all'intreccio tra folk-song dylaniana e canzone popolare e, per fare dei norni, a Guccini (che pure aveva iniziato molto prima), a Vecchioni, a Venditti e a De Gregori. Per tacere di Pietrangeli, Lolli, ο del Teatro canzone di Giorgio Gaber che proprio nei '70 raggiungeva la sua piena maturitä espressiva. Gli anni '70 sono stati anche gli anni di Renato Zero, di Claudio Baglioni, oltre che di Lucio Battisti e Mogol e delle prime esperienze avanguardistiche di Franco Battiato. Eppure, la parola cantautore non aderisce completamente alle loro figure. Perche? Troppo musicisti? Troppo interpreti? Troppo eclettici? Anche, ma soprattutto troppo disimpegnati, troppo sganciati da un contesto politico, da un preciso milieu ideologico. Ε giä, perche, giusto ο sbagliato che sia, alia parola cantautore si associa ancora il luogo comune, ο il mito, del suo impegno politico. Ε quasi una pregiudiziale: per poter fregiarsi del titolo di cantautore bisogna essere stati apertamente schierati politicamente ed aver fatto musica etichettabile come non commerciale (a prescindere dalle vendite ingenti). Sulla definizione cantautore, poi, aleggia, nel nostro paese, una nube di noia, di ballate interminabili, di musiche arronzate alia meno peggio („musiche di fil di ferro e spago", come canta Guccini in „Parole", 1993), di precedenza del contenuto rispetto alia forma... Certo e una semplificazione, la scoperta ricerca di un archetipo, ma vicina, forse, alia precezione popolare. AJtrimenti, e vero, ogni cantautore ha la sua storia, la sua provenienza, il suo percorso specifico. Guccini nasce dalla scena Beat degli anni '60 come autore per Nomadi ed Equipe 84, Vecchioni dall'ambiente musicale milanese post-sessantottino, De Gregori e Venditti dalla fucina romana del Folkstudio. Se si volesse seguire rigidamente l'obiettivitä del giudizio, si arriverebbe a concludere che, forse, il tipo standard del cantautore non e mai esistito. E, allora, come si fa a ragionare su una sua metamorfosi?
La metamorfosi del Cantautore: I segni di una crisi?
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Ε perö innegabile che, analizzando nel particolare le carriere, le evoluzioni e le cadute, di alcuni cantautori impegnati degli anni '70, attraverso gli '80, fino ai nostri anni, si noteranno inevitabili cambiamenti e trasformazioni che, salvo eccezioni, vanno in una direzione precisa e riconoscibile. La messa in rilievo di tale orientamento e cio che ci proponiamo di fare, brevemente, in queste righe, anticipando che ci distaccheremo dall'abusato paradigma: „impegnati prima, disimpegnati poi". Poiche le critiche che muoveremo ai nostri cantauori non contempleranno pareri sulla qualitä del loro impegno politico. Cominciamo ad inquadrare storicamente l'inizio di una metamorfosi e identifichiamo come momento cruciale il passaggio dagli anni '70 agli anni '80. In quel periodo si verified in Italia una fortissima crisi dell'industria del disco, e le case discografiche fiirono costrette a serrare i ranghi e a puntare su iniziative che avessero una buona possibilitä di imporsi su un mercato ormai ristretto, evitando cosi le sperimentazioni, i salti nel vuoto e i prodotti di nicchia. In questa prospettiva, i cantautori giä affermatisi negli anni '70, nomi conosciuti e apprezzati dal pubblico, interessavano le case discografiche come garanzie commerciali, come limoni da spremere, nel tentativo di fargli raggiungere non solo i loro ascoltatori abituali, ma anche, se possibile, di allargarne la cerchia degli estimatori (leggi: acquirenti). L'impegno politico poteva tornare buono come specchietto per le allodole, come ingrediente utile per condire il personaggio (il duro epuro, quello che non si e mai piegato a certi giochi...). II riflesso di questo tipo di atmosfera di stallo, di imperio della legge dei mercati, in un'Italia svegliatasi di botto dall'incubo degli anni dipiombo, si pereepisee in un testo di Pierangelo Bertoli, datato proprio 1980. La canzone si intitola A muso duro e recita tra l'altro: Ε adesso non lo so, non so che dire fa freddo come quando stavo solo ho sempre scritto i dischi con la penna non ordini precisi di lavoro. (...)
Adesso dovrei fare le canzoni con i dosaggi esatti degli esperti magari poi vestirmi come un fesso per fare il deficiente nei concerti....
Bertoli tira fuori le unghie, proprio perche pereepisee che qualcuno gliele vorrebbe spuntare. Non era una questione di censura linguistica ο politica, le preoccupazioni delle etichette discografiche erano diverse: cercare di fare un prodotto vendibile. Owero un prodotto che tenesse botta con le levigate e accattivanti musiche d'oltreoceano (il 1982 sarä l'anno del trionfo patinato di Michael Jackson con Thriller) e che potesse raggiungere e interessare il folto popolo degli ascoltatori radiofonici. La radio: anche questa era irrimediabilmen-
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te cambiata alia fine degli anni '70. Alle radio libere veramente, alle radio strumenti per pensare, si sostituiscono le radio private (gli anni '80 saranno anche i primi anni dell'adrenalinica e discotecara Radio Dee Jai), in cui la tavola rotonda su temi di stretta attualitä politica ο il dibattito con gli ascolatori, lasciano il posto alle telefonate per i saluti, al cazzeggio a ruota libera, e soprattutto a tanta, tanta musica: martellante, straniera, sparata a tutto volume, scacciapensieri. Era quindi difficile per le esili armonie di un Guccini ο di un Vecchioni soprawivere in mezzo a quel mare di frequenze pulsanti, di bassi potenti e ipnotici. Da qui nasce l'esigenza nelle case discografiche di concepire un vestito musicale per le canzoni dei cantautori che, proprio dal punto di vista tecnico, riuscisse ad essere al passo con i tempi. Un disco doveva essere tollerabile anche da una radio privata e percio non poteva essere tutto suonato con una chitarra ο un'armonica (come era stato, ad esempio, Due anni dopo di Guccini, del 1972). Inoltre, cominciava ad affermarsi prepotentemente il Videoclip come fiinzionante veicolo promozionale per la musica leggera. Risultato: anche l'immagine, l'aspetto estetico di un artista diveniva uno degli ingredient! necessari per vendere un prodotto. Sara un caso ma, nel corso degli anni '80, molti cantautori storici aggiornano la loro immagine. Vecchioni accantona la barba incolta, gli stropicciati maglioni blu e lo sguardo da cane bastonato, e passa ai jeans giovanili e disinvolti, alle camicie a mezze maniche, al sigaro in bocca, alle t-shirt colorate. Guccini passa dal barbiere per accorciare l'ormai anacronistica chioma Beat, nonche per spuntare il nero barbone anarchico, cercando di assomigliare sempre meno a Rasputin. Anche De Gregori cambia, e abbandona il tranquillo abbigliamento da ragazzone della buona borghesia romana (maglioncini a V, sciarpette, giacchette di velluto poco appariscenti) per incarnare un personaggio meno rassicurante e piu misterioso: il Bob Dylan all'amatriciana, con cappelone da cowboy, occhiali scuri, chitarra a tracolla e stivaloni con lo sperone. Venditti non e da meno e anche lui si dä una ritoccata: via quel look da idealista disperato, meglio coprire i capelli, pochi e disordinati, con un elegante panama e inorniciare il volto con dei leggerissimi Ray Ban dalle lenti fiime. Diversa gestione della propria immagine e diverso uso dell'accompagnamento musicale: ecco due punti fermi di quella che abbiamo definito la metamorfosi del cantautore. Tale metamorfosi risulta essere, quindi, prima che contenutistica, soprattutto formale. Ε sarä proprio la superficialitä della forma che, in molti casi, contaminerä anche la qualitä letteraria dei testi delle canzoni. Non c'entrano i temi in esse trattate. Se si vanno ad analizzare i temi del Venditti anni '80 e '90, per esempio, vi si scorgono spesso tracce di canzone sociale ο arrabbiata e dichiaratamente politica: si va dalla critica al rampantismo socialista („L'ottimista") ο a quella dei falsi miti importati dagli Stati Uniti („Rocky, Rambo e Sting"), alia denuncia della generale corruzione politica („In questo
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mondo di ladri", „Tutti all'inferno"), ai riferimenti alia guerra civile in Eritrea („21 modi per dire ti amo'V, ο a quelli alia seconda guerra mondiale („Stukas"), nonche ad un bilancio dei trascorsi anni di piombo („Sotto la pioggia"), e, ancora, c'e spazio per la questione palestinese („Esterina"), per la memoria del P.C.I. („Dolce Enrico") e per la perdita di valori da parte delle ultime generazioni („Dimmi che credi"). Ma non c'e niente da fare: la furbizia della musica adoperata, l'attenta confezione dei brani, soffocano la rabbia, tolgono credibilitä alle idee espresse. II tentativo di difendersi dai lussureggianti e awolgenti arrangiamenti del Pop americano ha portato verso l'omogeneitä, la pulizia e la precisione dei suoni; e questo inseguire le tenderize del momento ha reso difficile, a volte, distinguere un prodotto dall'altro. A questa situazione ha contribuito anche il sempre piü sistematico e massiccio uso dei tumisti, che prima erano appannaggio della musica dichiaratamente commerciale, mentre i cantautori facevano il disco con amici e collaboratori stretti, quasi in famiglia, senza ricorrere a grandi solisti. Questa differenza negli anni '80 sparisce: arrivano per tutti i tumisti e gli arrangiatori professionisti. Ma chi sono i tumisti! Sono dei musicisti, sempre gli stessi tra l'altro, professionisti affidabili e infallibili capaci di garantire un'ottima qualitä tecnica a colpo sicuro (in pochi turni di registrazione), senza stare a provare troppo. Qualche esempio: Ellade Bandini, fedele batterista di Guccini, che perö ha suonato, negli anni '80, dawero con tutti, da De Andre, a Branduardi, a Concato, fino a Nino D'Angelo. Stesso discorso vale per Vince Tempera: arrangiatore e tastierista di Guccini ma anche di Laura Pausini, di Siria e direttore d'orchestra tra i piü usati a San Remo. Andrea Braido: fiinambolico chitarrista di Branduardi, di Vasco Rossi, di Zucchero. Corrado Rustici: produttore dell'ultimo lavoro di De Gregori, ma prima arrangiatore e chitarrista di Zucchero e di Enzo Avitabile. Alberto Tafuri, tastierista che ha suonato con Finardi, con Enrico Ruggeri e con gli 883. Elio Rivagli, altro batterista, che ha suonato con Fossati, De Gregori e Claudio Baglioni. Fio Zanotti che ha arrangiato sia i dischi dei Pooh che quelli di De Gregori... Ε si potrebbe continuare per molto ancora. Da questa rassegna di nomi emerge che la circolazione di apporti creativi in stili e generi molto diversi e distanti tra loro (Guccini e Nino D'Angelo!), forniti ad artisti, spesso di storia e caratteristiche opposte, da un ristretto numero di musicisti, produttori e arrangiatori, ha contribuito al livellamento cui abbiamo accennato. Negli anni '70 era difficile che il disco di un artista cosiddetto commerciale (Baglioni ο Cocciante), suonasse simile a quello di un cantautore cosiddetto impegnato (Guccini ο Vecchioni). Perche Baglioni usava un grande arrangiatore come Vangelis e Guccini si faceva accompagnare con la chitarra dalla studentessa americana e sua amica (nonche illustre sconosciuta) Deborah Kooperman.
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Negli anni '80 e cosi iniziato un processo di spersonalizzazione che ha coinvolto le forme musicali (gli arrangiamenti, il modo di suonare) di tutta la musica leggera italiana, cantautori compresi. Un altro elemento caratterizzante della metamorfosi che stiamo cercando di definire, e quello che potremmo chiamare celebrativo: i cantautori diventano artisti con qualche anno di esperienza sulle spalle, con un repertorio decennale, e in alcuni casi ventennale, da sfruttare e da celebrare. Ecco quindi, che le case discografiche esaltano un tipo di produzione che giä nella metä degli anni '70, soprattutto in America, aveva avuto il suo discreto successo: il Disco dal vivo ο Live. Negli anni '80 ogni interprete e cantante, ogni nome piü ο meno popolare in Italia, ha avuto il suo bei disco dal vivo. Possibilmente doppio ο triplo, con foto di folia plaudente, cori e titoli didascalici ο glorificanti. L'anno di grazia e il 1980. E' l'anno dell 'In concerto di De Andre con la PFM, άύΥ Album concerto di Guccini con i Nomadi, del triplo disco di Angelo Branduardi Concerto, del trionfo di Baglioni in Ale - ό - ό e di quello di Dalla e De Gregori in Banana Republic. Seguirä, di li ad una anno, Icaro di Renato Zero. Comincia una moda, ed e la gallina dalle uova d'oro: prendere una tournee fortunata, fatta nel momento di massimo successo di un artista, riprodurla pari pari sul disco, magari ripulendo il tutto con qualche sovraincisione fatta bene, presentare il risultato come „la fotografia fedele di un momento irripetibile", e infilare una dietro l'altra le canzoni piü conosciute. Un Greatest hits ο un II meglio di..., una semplice antologia, insomma, ma piü appetitosa, mascherata con il pretesto del concerto. Ε il Live e trasversale, lo fanno dawero tutti, proprio a riconfermare un processo di cancellazione di una netta demarcazione tra musica leggera e musica d'autore. Le due categorie si attraggono e sono attratte dal buco nero, dal grande centro del Pop all'italiana. Fanno dischi dal vivo Cocciante, Umberto Tozzi e Franco Califano, ma anche Guccini, Venditti, Vecchioni. .. Ε piü il decennio degli '80 passa, piü si awicina il successivo, e piü le case discografiche e gli stessi interpreti ci prendono gusto e si scatenano incontenibili. Tutti bissano, ο trissano, volentieri il disco dal vivo (come Guccini con lo storico, nel 1984, Fra la via Emilia e il West e, nel 1987, con Quasi come Dumas), alcuni esagerano e vanno oltre: Venditti dopo il trionfale Circo Massimo, da alle stampe, nemmeno tre anni dopo, il doppio Centocitta e, infine, all'inizio degli anni '90, un altro doppio: L 'amore insegna agli uomini. Ε Claudio Baglioni, incerto e tormentato nel suo stare a metä tra canzone impegnata e canzonetta per innamorati, si edita e si riedita per tutti gli anni '80 e '90, in sempre piü imponenti lavori dal vivo: nell'80, lo abbiamo ricordato, il celebre Ale - ό - ό, nell'87 e la volta dell'ambizioso triplo Assolo, poi, nel '90 i due dischi gemelli Assieme e Ancorassieme, nel '95 il doppio Attori e spettatori, per finire nel '98 con il triplo Antologia dal vivo. Niente male. Ma c'e chi lo supera: e Francesco De Gregori, che, dal 1990 al 1997, in soli sette anni, ha pubblicato ben quattro
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lavori registrati dal vivo, tra cui un triplo e tre doppi. Spesso, come nel caso di De Gregori, si giustifica l'uscita di un ennesimo disco dal vivo, con la presenza di un inedito (trappola per topi) che traina il disco. Una canzone nuova che funziona, su cui magari non si e riusciti a costruire un disco intero in studio, e spesso il motivo attorno al quale si imbastisce il Live (cosi e stato per Caruso di Dalla, per gli ultimi due doppi di De Gregori, e per molti altri, Venditti compreso). Una canzone nuova per due ore e passa di vecchio materiale piü ο meno ringiovanito, truccato e tirato a nuovo. Del resto i dischi dal vivo vendono benissimo e sostituiscono perfettamente le vecchie raccolte de I piü grandi successi di..., fiinzionando meglio di quelle, perche non solo attirano il curioso (colui che e al suo primo approccio con un certo artista, voglioso di ascoltarne subito, e in fila, le canzoni piü famose), ma vanno bene anche per i fans, per i fedelissimi, che vogliono sentire come suonano le nuove versioni dei pezzi dei loro idoli, ο ascoltarne l'ultimo inedito. Fatalmente, se un artista sforna cinque ο sei Live nella sua camera, dentro ci si troveranno sempre le stesse canzoni. II Live e il simbolo perfetto di un'industria discografica incline al riciclaggio creativo, alia logica del non si butta via niente. Ci attende un futuro, nemmeno troppo distante, in cui al disco in studio seguirä direttamente il disco dal vivo che ne riproporrä i pezzi in un'altra (leggermente diversa) versione. Poi sara la volta di un altro Live, questa volta perö acustico e con mezzo inedito dentro, poi, subito dopo, un album doppio dal vivo, ma questa volta di cover (versioni di canzoni altrui), cui si aggiungerä, infine, l'antologia dei migliori dischi dal vivo. Ε poprio questa l'ultima tendenza: il meglio del meglio dal vivo. Lo ha fatto Baglioni, lo ha imitato Guccini, e state certi che si accoderanno in molti. Ε sarä una dolce cascata di cofanetti, pacchi regalo con videocassetta inclusa, di prendi cinque e porta via died, di rivisitazioni, di ultime versioni, di remix, duetti, omaggi, 20 anni di carriera, 25 anni di concerti, 30 anni di musica, e via andando .... Un meccanismo fisso, preordinato, implacabile, un modo per far respirare meglio il boccheggiante mercato discografico, riempiendolo, perö, di paccottiglia, di gadgets inversibili, di celebrazioni sterili. La catena di montaggio e uguale per tutti: disco, promozione, video, tournee, disco dal vivo, e di nuovo disco, promozione, video, tournee. Bene: i primi a rimanere fatti a pezzi da questo tritacame micidiale sono stati proprio i cantautori degli anni '70. Vivi e vegeti, se andiamo a vedere le classifiche di vendita, completamente risucchiati dalla macchina produttiva e dal loro stesso mito, se andiamo ad analizzarne i risultati creativi. Anche quando non hanno perso completamente la faccia e hanno composto canzoni piacevoli all'ascolto e ben scritte, danno sempre l'impressione di ripercorrere una formula, di girare intorno ad un'intuizione. Ci capita cosi di ascoltare: canzoni alia Guccini, alia De Gregori, alia Vecchioni. Marchi di fabbrica, modi di cantare che anche il
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peggiore imitatore. delle feste di paese sa riprodurre, e da cui e lontanissima, ormai, un'impressione di novitä. Ε stato un percorso rapido e prevedibile: da studentelli con la chitarra, i cantautori sono diventati ricchi signori, personaggi pubblici, ospiti di salotti televisivi, oggetti di saggi, di libri, di dibattiti e di incontri, di tavole rotonde e di riscoperte. Guardandosi nelle tasche piene (ci si perdoni la rozzezza), e facile trovare poco da dire e da raccontare. Restano i propri narcisistici lamenti (povero me, povero me, povero me. De Gregori, 1993), le autocitazioni (to che cercavo un amico, guarda quanti ce η'ho, Venditti, 1985), e sbilanciati scivoloni verso il cattivo gusto (voglio una donna, donna, donna, donna con la gonna, Vecchioni, 1992). Probabilmente e un processo normale, sicuramente e il semplice, normalissimo, effetto degli anni che passano. Del resto non si puo restare al massimo, sempre alio stesso livello (il compianto Fabrizio De Andre e forse l'unico ad esserci riuscito, nascondendosi tenacemente dal circo promozionale e facendo pochi dischi e pochi concerti, tutti, ο quasi tutti, necessari). Sappiamo anche che non si puo continuare a giocare ai rivoluzionari con i miliardi in banca. Tutto giusto, tutto logico, tutto naturale: registriamo solo una piccola alterazione genetica, o, piu semplicemente, la fine di un modo di fare musica. Crediamo che sia interessante, prima di concludere il nostra discorso, rendere conto di un fatto recente, passato abbastanza sotto silenzio, come ultimo e rivelatore indizio della mutazione che abbiamo cercato di porre in evidenza: nel suo penultimo lavoro discografico (D 'amore, di morte e di altre sciocchezze, 1996), Guccini ha cantato quella che molti si sono affrettati a definire come I'Awelenata del duemila. „Cirano". Canzone di protesta contra tutto e tutti (laici e religiosi, politici e musicisti, televisone e societa), grido libertario e, insieme, difesa del diverso e della fantasia creatrice (il personaggio di Cirano, appunto). Un piccolo problema: la canzone non e stata scritta dal solo Guccini, ma anche da Giancarlo Bigazzi e Giuseppe Dati. Chi sono costoro? Un famigerato duo di autori che ha firmato testi e musiche di gente come Umberto Tozzi, Aleandro Baldi, Marco Masini, Paolo Vallesi. Autori di brani come: ,,Ti amo", „Gloria", „Le persone inutili", „Malinconoia", „Perche lo fai?", „Vaffanculo", „Bella stronza". Autori dichiaratamente commerciali e poco inclini alle sottigliezze. Iniziatori della moda del neopietismo, che ha in Masini il principale alfiere. Parliamo di brani colmi di artefatta disperazione adolescenziale, di lacrime a buon mercato, di problemi sociali (droga, aids, povertä) frullati insieme con singhiozzi e parolacce, canzoni di sfiga, fatte per vendere, per speculare allegramente sulle disgrazie della gente, come direbbe Giorgio Gaber (La strana famiglia, 1994). Canzoni che portano la firma: Bigazzi - Dati. Proprio loro, gli autori di versi mirabili come: ,,Ti vorrei anche se fossi un Gay", ο come, per rimanere in tema, „Stella stai, come lei, meno donna e un po'piü Gay", ο ancora: „Perche ti fai? Perche ti fai del male? Perche ce Thai con te?", e, per finire: „Un ritardo di
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sei giorni che non sai se dirlo a lui, avrai voglia di pensarmi, tu che adesso non mi vuoi". Ebbene, questi signori hanno scritto una canzone per e con Guccini, autore, quanto meno, diverso da loro e, diciamolo, di altro spessore. Fin qui siamo di fronte ad un normale paradosso. Ma c'e di piü: andiamo avanti. In „Cirano" Guccini inveisce anche contro una precisa categoria, gli „inutili cantanti di giorni sciagurati". Avete indovinato? Sono proprio i Masini, i Vallesi, i Baldi e compagnia bella, prodotti e sponsorizzati da Bigazzi e Dati! Guccini, quindi, spara a zero, con poca credibilitä, ci verrebbe da aggiungere, contro la moda canzonettistica inaugurata e perpetrata dal famigerato duo Bigazzi - Dati, persone che, presumibilmente, stima e rispetta al punto da intraprendere con loro una collaborazione artistica. Un vero capolavoro di ambiguitä, un contorsionismo ideologico e musicale da oro olimpico. Ciliegina sulla torta: il giro di accordi di „Cirano" e, in tutto e per tutto, uguale (anche nella scansione) a quello, celeberrimo, della battistiana „Canzone del sole". Cosi, alia fine degli anni novanta, due mondi, un tempo lontanissimi (Battisti e Guccini) si awicinano e, sorprendentemente, si toccano. Ε il segno di una musica senza frontiere ο un pericoloso pastrocchio? Per concludere dawero, vogliamo solo aggiungere che, elencati tutti questi indizi di metamorfosi, appare chiara soprattutto una cosa: la vera, grande, differenza tra il prima e il dopo, tra gli anni settanta e i decenni successivi, consiste, a conti fatti, in uno spirito diverso. Ε una difFerenza emotiva, sentimentale. Ε venuta cioe a mancare, nel corso degli anni, una necessitä esistenziale. Spieghiamoci meglio: la luce che animava le canzoni di Guccini, di Vecchioni e degli altri negli anni '70, era proprio una percepibilissima necessitä esistenziale, un'urgenza espressiva, che contava piü del resto. Piü di ogni cosa: piü della musica, deH'arrangiamento e della copertina del disco. II problema non e quello del venir meno dell'impegno politico. L'opposizione da mettere in risalto non e quella tra impegno nei '70 e disimpegno negli '80 e seguenti. Ma piuttosto: necessitä esistenziale contro futilitä. Canzoni di cui non si poteva fare a meno, contro canzoni di cui si puo benissimo fare a meno. L'assenza di questo morso vitale, di questo bisogno di dire ogni cosa e subito, ha mostrato il re nudo: melodie ripetitive, arrangiamenti standard, orizzonti poetici limitati, voci strascicate ο parlanti. Perche a rendere unica e notevole la produzione di certi cantautori erano la freschezza e la forza della loro proposta, quell'impudica voglia di giocarsi tutto, di mettersi in piazza con il proprio privato e con le proprie idee, senza vergogne, senza nascondersi mai. Ε questo, piü che la patina politica o, per carita, Pelemento melodico-musicale, a rendere grandi canzoni come „Lud a san Siro" e „L'awelenata", come „Rimmel" e „Compagno di scuola". Gli anni hanno giocato un ruolo pessimo: l'intuizione e diventata stile, il brivido si e trasformato in un piccolo sussulto controllabile, le urla sono sfumate in
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suoni correttamente modulati, le chitarre scordate sono state messe da parte per nuove e lucide sei corde, la passione ha lasciato il passo al mestiere. II nuovo, se c'e, gira libera e indisturbato da qualche altra parte, dove impazzano caos, movimento, disagio, bisogno di esprimersi e di comunicare. Andiamolo a cercare.
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Giorgio Gaber, e Sandro Luporini: II Teatro-Canzone Giorgio Gaber1 nasce a Trieste nel 1939 con il cognome di Gaberscik, ma si considera milanese da sempre. Da ragazzo incomincia a suonare la chitarra: „... la mia passione era la musica jazz, ma con il jazz non si guadagnava niente, mentre con la musica da ballo era piü facile. Sui diciotto-diciannove lavoravo al Santa Tecla (un locale di Milano assai in voga) (...) a quei tempi, diplomato ragioniere, mi ero iscritto alia Bocconi e con il lavoro di chitarrista e cantante mi pagavo gli studi. Li al Santa Tecla bazzicava anche Celentano con cui ogni tanto mi capitava di suonare e anche di sostituirlo nelle prove come cantante, perche lui aveva sempre qualche guaio con la voce. Una sera ricevo un biglietto da un signore giovane che mi invitava alia Ricordi per un'audizione. Quel signore sui venticinque anni si chiamava Mogol."2 Era l'anno 1959; presso la famosa casa di edizioni musicali Ricordi, che da un anno appena si era aperta alia discografia, si andava raccogliendo un gruppo di sconosciuti: Gino Paoli, Luigi Tenco, Sergio Endrigo, Enzo Jannacci, e appunto Giorgio Gaber. Un giovane Nanni Ricordi li riteneva di assoluto talento e con qualcosa di nuovo da dire. Erano quelli gli anni in cui era appena cominciata la moda degli „urlatori" nella scia del successo che la musica rock americana stava riscuotendo anche in Italia. II rock era divenuto il simbolo della voglia di vivere e di divertirsi della generazione che era nata durante la guerra e che, avendo della stessa una memoria confusa, non si sentiva appagata dal mito della ricostruzione. II rock era simbolo di anticonformismo, era una scelta istintiva di novitä, e anche di insofferenza verso il vecchiume melodico e la retorica dei buoni sentimenti che dominavano la scena italiana: solo da un anno il „ciclone" Modugno l'aveva sconvolta con la canzone „Volare". Cosi il primo 45 giri di Gaber „Ciao ti dirö" e una canzone rock e cosi continua con la sua band „Rolling Crew": e in coppia con Enzo Jannacci, „I due corsari", registrerä un LP sempre dello stesso genere. Ma molto presto appare evidente la volontä di distaccarsi da un genere che non sente suo. Cosi racconta Umberto Simonetta, coautore dei primi successi: ,,Ιο mi ricordo che il mio primo testo per canzone di Gaber l'ho scritto per un motivo ben preciso (...) 1
Volendo esaminare piü da vicino il percorso artistico compiuto da Gaber, sono stati di grande utilitä i libri La canzone d'autore italiana 1958-1997 di Paolo Jachia (Milano, 1998) e Giorgio Gaber - La canzone a teatro di Michele Serra (Milano. 1982). Quest'ultimo in particolare e stato ampiamente citato: probabilmente e il contributo, e il tributo, piü originate apparso fino ad oggi. Le citazioni di Gaber-Luporini non precisate nelle note sono state tratte dal libro stesso.
2
Jachia op.cit, p. 78s.
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faceva un repertorio che riecheggiava quello di Celentano. Lo vedevo piü fragile di Celentano, ma soprattutto piü pensoso. Giorgo e sempre stato un ragazzo serio, al contrario di Celentano: gli davano fastidio le improwisazioni estemporanee. (...) Allora io ho pensato che a Giorgio occorresse un repertorio, e ho cominciato a scrivergli „La ballata del Cerutti": il suo nome era Cerutti Gino / ma lo chiamavan drago gli amici al bar del Giambellino / dicevan che era un mago. che e stato un grande successo (...) e questo instradava Gaber su quella che sarebbe stata la sua vena milanese."3 Seguono altri motivi di grande presa popolare: „Trani a gogö", „Porta Romana", „Le nostre serate", „II Riccardo"; e a queste canzoni „milanesi" affianca prodotti piü di serie quali „Non arrossire", „Torpedo blu", „E allora dai". Con la collaborazione di Maria Monti porta a San Remo „Benzina e cerini" in cui prende in giro umoristicamente i consueti stereotipi amorosi: II mio destino e di morire bruciato / la mia ragazza deve averlo proprio giurato ha inventato un nuovo gioco / mi cosparge di benzina e mi da fuoco e io brucio (...) brucio d'amor! Ε contemporaneamente, dice lo stesso Gaber: „Giravo caroselli (spot pubblicitari), partecipavo a un sacco di trasmissioni, facevo il conduttore, mi barcamenavo tra l'essere cantante e fare l'intrattenitore."4 A giudicare da questo primo periodo, Gaber sembrerebbe un cantante di sicura popolaritä nel cui repertorio convivono e si alternano apparizioni televisive garbatamente intelligenti e di basso profilo, brani di facile consumo e spunti „strani", anticonvenzionali, caratterizzati da interpretazioni molto personalizzate, quasi tutte ironiche ο grottesche: un artista in bilico fra una normale routine di successo, consacrata nel 1969 da una tournee con Mina, e un desiderio di fiiga dal banale condito da una certa dose di provocazione. II suo accostarsi a una Milano ormai cancellata dall'industrializzazione e piü che un nostalgico omaggio alia memoria; e un tentativo di recuperare valori „veri", candido ma sincero: e un bisogno di realtä e di storie reali da narrare, anche se basate su una romantica finzione. Ε la sua vocazione, forse non ancora scoperta, ad interrogarsi, ad approfondire, a tentare di capire: il suo primo „teatro cantato". Di sicuro gia risalta un tratto inconfondibile, fisicamente inconfondibile, ed e la sua interpretazione, la sua presenza scenica diversa, con il suo modo sornione di muoversi e ironico di scandire le parole: si intrawede appunto un bisogno di
3 4
ibid., p. 79. ibid., p. 80.
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Giorgio Gaber, e Sandro Luporini: II Teatro-Canzone
„altro", un desiderio di andare oltre lo spazio
ristretto
della formula „ c a n z o -
netta" allora imperante. Gaber stesso dirä poi, riferendosi a quel primo p e r i o d o : Andavo alia televisione, cantavo una canzone, facevo un beH'inchino. Poi mi guardavo e mi facevo schifo. Allora decisi che non ne potevo piü dei festival e delle interviste scandalistiche (...) Era un ambiente pesante, difficile, dove eri costretto a dire cose che non ti appartenevano. Ero come sdoppiato (...). Ο riuscivo ad andare avanti come volevo io, oppure basta. Non volevo fare piü il buffone (...). Contemporaneamente esplode il caso Fo, il famoso circuito alternativo, io scopro con Fo un altro tipo di pubblico, scopro con il Piccolo Teatro (Strehler), che mi propone un recital, il palcoscenico e a quel punto nasce l'esperienza teatrale. 5 D a questa insofferenza per questo tipico m o d o di lavorare, televisione-festivalserate intesi c o m e solo p r o d o t t o di consumo, nasce l'idea del „ T e a t r o z o n e " . N e l 1970 debutta con il primo spettacolo teatrale: II Signor
Can-
G. R a c c o n t a
Gaber: Sapevo che la dimensione teatrale era quella che mi interessava di piü, perche mi avrebbe consentito di avere un rapporto piu diretto con il pubblico: gia nelle balere, nei locali dove facevo le serate, mi accorgevo che comunicare con la gente era il mio mestiere. Si trattava allora di renderlo piü esplicito, piü stimolante: il disco, tra 1'altro, mi sembrava fin da allora un veicolo di comodo, e non sono mai stato un maniaco dei suoni, uno di quelli che in sala d'incisione si divertono e si appassionano. Cosi decisi di buttarmi (...) Progettai II Signer
G attorno a una piccola
trama. molto esile ma giä una trama. Ε una scelta artistica precisa e probabilmente non ideologica, c i o e non direttamente motivata dagli a w e n i m e n t i che agitavano la societä, e non solo italiana, in quegli anni. Ε una scelta radicale dettata unicamente da un b i s o g n o espressivo ( e che precede il futuro arrivo in scena dei cantautori impegnati): il teatro c o m e unica via d'uscita per realizzare le proprie capacitä e le proprie
esigenze
d'interprete, alia ricerca di un'identitä piu ampia e di una comunicazione piü sincera. D a quel m o m e n t o „ l ' a n t i d i v o " Gaber scomparirä dagli schermi televisivi, con l ' e c c e z i o n e di una breve insoddisfacente apparizione nel 1980; un cambiamento
rischioso
per un personaggio che d o v e v a alle apparizioni televisive
una buona parte della propria fama. II Signor G e uno spettacolo fatto di canzoni intervallate da m o n o l o g h i m o l t o brevi. Ε la storia di un u o m o qualunque (di lui si ha soltanto l'iniziale) che nasce, lavora, si innamora, si diverte, e muore; un u o m o pieno di contraddizioni, insoddisfatto e frustrato, attratto e respinto dalla societa in cui e suo m a l g r a d o c o i n v o l t o e a cui non sa c o m e reagire, ma con il bisogno di riflettere sul m o n d o e di farsi un'opinione e anche, amaramente, di criticarlo: Si muove l'uomo / salta, rimbalza / cade, si rialza / oscilla, saltella / scivola, ondeggia / s'immerge, galleggia, si gonfia, si dilata / si schiaccia, si comprime 5
ibid.
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e inutile, inutile / rotola, rotola inutile. Com'e vuoto e grande - e docile e fragile / ubbidiente eriflessivo- indifeso, inoffensivo / debole, meschino - vigliacco, inchinato - prostrato, sudato / consenziente, affaticato. Inutile, inutile - rotola inutile / un uomo inutile - una vita inutile da „L'uomo sfera" di Tarozzi-Gaber La tournee (organizzata dal maestro G. Casellato, amico ed arrangiatore) parte con difficolta; il peso economico-organizzativo e tutto sulle spalle della compagnia e i teatri all'inizio sono semivuoti. Una proposta cosi diversa coglie di sorpresa il vecchio pubblico, e Gaber deve inventarsene uno nuovo. Ma lentamente il passaparola funziona e il finale di stagione e in crescendo. Ε questi segnali incoraggianti spingono Gaber ad insistere l'anno dopo. Storie vecchie e miove del signor G (1971-72) ha una struttura simile alio spettacolo precedente: le canzoni occupano un'importanza decisamente superiore ai monologhi e c'e ancora un certo spazio per non lontani successi televisivi (come „II tic" scritta da Walter Valdi). Recita il programme di sala: „ (...) la parola non e declamata ne vittima di assurde leggi ritmiche, ma detta con intelligenza, per raccontare qualcosa, per descrivere, sostenuta soltanto - come scriveva acutamente su II Giorno il critico musicale Lorenzo Arruga - da un raccolto giro melodico e dal fluire del ritmo, che da semplicemente il clima ed il colore del momento espressivo, su un testo tradizionale e funzionale, tra la canzone di protesta e il valzer musette. Nulla di straordinario, ma e un canto che risponde alle forme della comunicazione d'oggi, senz'enfasi, e con tono parlato." II signor G continua nella sua fatica di vivere perche i Miti e gli Ideali mostrano limiti evidenti e offrono risposte schizofreniche, e comunque per lui hanno perso quel valore assoluto di coordinate esistenziali. Ε sempre alia ricerca di una sua identitä umana e sociale. ed io / che ho lavorato, lavorato, lavorato ora mi fermo un momento a guardare quel seguirsi di errori e il mio passato e quella vita / che mi avete rubato da „II signor G incontra un albero" II mondo ha fretta / continua a cambiare chi vuol restare a galla / si deve aggiomare e la chiesa si rinnova / per la nuova societa e la chiesa sirinnova/ per salvar l'umanita da „La chiesa si rinnova" ma un gesto naturale / il piü normale / che fatica da „Un gesto naturale" Se entrambi i recital sono incentrati per la gran parte su temi esistenziali, anche intimisti, con il terzo, Dialogo tra un impegnato e un non so (1972-73), Gaber s'inserisce nel dibattito politico del momento, e questo cambiamento appare
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evidente fin dal titolo. Ε incominciano i „tutto esaurito" a dimostrare che il pubblico si e ormai abituato, e appassionato, a quell'insolita forma di spettacolo musicale. Fa anche la scelta definitiva di collaborare solo con Sandro Luporini, un pittore anarchico toscano suo vecchio amico. „Sandro ed io ci conosciamo dal 1959 (...) abitavamo vicini (...) e la nostra collaborazione nacque subito piü per divertimento che per altro. „Cosi felice" e „Barbera e champagne", anche se non firmate da lui, sono i primi risultati evidenti della nostra collaborazione." 6 In questo nuovo spettacolo ci sono canzoni come „Gli operai", „I borghesi", „La libertä", „La presa del potere" che si fanno notare e accendono discussioni. In sala c ' e u n pubblico attento e politicamente coinvolto e i testi, in qualche m o d o „militanti", ο, per l'evidente presa di posizione degli autori, comunque di sinistra, lanciano messaggi precisi ma anche ironici e provocatori. Gli operai sono gente come noi e non e vero che hanno l'esclusiva dello sfruttamento Gli operai sono anche peggio di noi / perche non ne hanno coscienza non se ne rendono conto / e non sanno mai niente e fan discorsi grossolani che non si possono sentire / gli operai. Gli operai sono immaturi e impreparati / leggono poco e non si fidano della cultura. Gli operai sono troppo ignoranti / hanno poca fantasia, sono antiestetici e pesanti e non sanno parlare e fanno gesti volgari che non si possono vedere / gli operai. Gli operai non hanno il senso del bello e della poesia / e gente terribile che vomita addosso agli oggetti che noi custodiamo con cura. da „Gli operai" Sul palcoscenico l'impegnato e il non so rappresentano in realtä il dialogo che si svolge internamente alio stesso Gaber: disegnano le incertezze e la disperante tensione di chi si sta interrogando per arrivare ad una relativa „certezza" personale e sociale. Spesso la realtä e una cosa diversa dai discorsi sulla realtä e altro e capire le idee, e cambiarle, altro e assimilarle completamente: Un'idea, un concetto, un'idea, finche resta un'idea e soltanto un'astrazione, se potessi mangiare un'idea avrei fatto la mia rivoluzione. da „Un'idea" Affermazione importante, „una vera e propria dichiarazione di principio: non c ' e argomento importante, non c ' e interrogativo comune in quegli anni che non passi attraverso questa pubblica metabolizzazione, drammatizzazione sul palcoscenico. Ε un ricondurre le cose alia loro dimensione corporea (teatrale, appunto), un contraddire la progressiva espropriazione e ideologizzazione del sentire da parte di una 'societä dello spettacolo' dove tutto sembra ormai definito soprattutto in termini simbolici e indiretti"
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ibid. p. 81.
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Ma c'e anche l'affermazione positiva di quanto possiamo fare da e per noi stessi prendendo coscienza del nostro ruolo nella realta: La libertä non e star sopra un albero / non e neanche avere un'opinione la libertä non e uno spazio libero / libertä e partecipazione da „La libertä" Nella stagione successiva arriva Far finta di essere sani (1973-74), ispirato come si vede gia nel titolo al tema dell'alienazione e alle teorie antipsichiatriche di Laing e Cooper. Ormai un largo pubblico di sinistra vede in Gaber un artista „impegnato", un referente di valore, critico e rigoroso, con cui confrontarsi. „Gaber e Luporini concentrano i loro sforzi sul cosiddetto 'privato', considerato come il solo possibile tessuto connettivo del 'politico'... canzoni come „L'elastico", „Un gesto naturale", „II narciso", „Dall'altra parte del cancello", „Un'emozione", denunciano la predilezione dei due autori per un'analisi rigorosamente 'personalizzata' dei problemi che allora, appartenendo a molti, venivano affrontati in chiave rozzamente sociologica". Cerco un gesto, un gesto naturale / intero come il nostro io. Ε invece non so niente, sono a pezzi, non so piü chi sono capisco solo che continuamente mi condiziono (...) chissä nella mia vita quante maschere ho costruito queste maschere ormai sono una cosa mia che dolore, che fatica buttarle via da „Un gesto naturale" Ε in una canzone in particolare viene chiarito quanto il 'privato' sia importante: Quando dico parlare di Maria / voglio dirvi una cosa che conosco bene certamente non e un tema appassionante / in un mondo cosi pieno di tensione certamente siamo vicini alia pazzia / ma e piü giusto che io vi parli di Maria, la libertä, Maria, la rivoluzione Maria, il Vietnam la Cambogia / Maria, la realtä. Non e facile parlare di Maria / ci sono cose che sembrano piu important! mi interesso di politica e di sociologia / per trovare gli strumenti e andare avanti mi interesso di qualsiasi ideologia / ma mi e difficile parlare di Maria, la libertä (...)
Se sapessi parlare di Maria / se sapessi dawero capire la sua esistenza avrei capita esattamente la realtä / la paura, la tensione, la violenza. Avrei capita il capitale e la borghesia / ma la mia rabbia e che non so parlare di Maria, la libertä da „Chiedo scusa se parlo di Maria" Con Anche per oggi non si vola (1974-75) Gaber e Luporini incominciano a interrogarsi sulla reale consistenza e sui limiti di quell' 'ottimismo della volontä' che e stato la fideistica energia di tanta parte della sinistra, cioe quell'insieme di
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speranze e Utopie che ha accompagnato il loro pubblico, e piu in generale una buona parte di italiani, ad una grande affermazione elettorale della sinistra, proprio in quell'anno. 'Stare dalla parte della ragione' non e consolante e neanche sufFiciente a esaurire tutte le domande: bisogna indagare su altri conformismi, comunque rifiutarli, e ragionare sul traumatico rapporto tra cultura-convinzioni e corpo-sensazioni. Dal monologo „II coniglio": Guai a raccontare la propria storia personale, guai a presentarsi (...) sei bloccato (...). Si potrebbe quasi dire che e impossibile sfiiggire al destino di essere congelati nei pensieri degli altri. Piu avanti nella canzone „II corpo stupido": Com'e corretta l'ideologia / com'e ignorante la simpatia. Com'e corretto il suo intervento / com'e ignorante l'arrapamento (I'eccitarsi sessnalmente).
Com'e corretta l'introspezione / com'e ignorante la mia erezione. Dal finale della prima parte: Anche per oggi non si vola. Una cassa enorme / che mi porto sulla schiena / che mi schiaccia una cassa tutta piena / di libri / di oggetti accatastati / di libri ingialliti di carta stampata / ci ho una cassa sulle spalle / che palle! Questo pacco di coscienza / ingombrante / c ' e proprio tutto c'e proprio tutto / dalla logica alia scienza / da Marcuse fino a Dante / c'e anche Fellini / com'e pesante! / No, no, no! da „Op op op" Dalla conclusione del monologo „Giotto da Bondone": Capire che non c'e niente da capire (...) ma non e ancora capire? Ε da „La strada", la canzone che chiude la serata: C'e solo la strada su cui puoi contare / la strada e Tunica salvezza c'e solo la voglia e il bisogno di uscire / di esporsi nella strada, nella piazza perche il giudizio universale / non passa per le case le case dove noi ci nascondiamo bisogna ritornare nella strada / nella strada per conoscere chi siamo. La chiara metafora della strada sottolinea quanto sia necessario il non sentirsi appagati dalle certezze a cui siamo ancorati e quanto sia decisivo affrontare la realtä per quella che e, cioe 'vivere' la vita senza paura dei lati oscuri. I due autori dunque prendono le distanze dall'euforia del momento aprendo un fronte critico dall'interno, sereno ma anche amaro; e questo porterä a delle prime
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accuse di 'qualunquismo'. Ma Gaber non se ne cura e, dopo una stagione in cui ripropone un spettacolo riassuntivo dei precedenti, insiste. Obiettivo del nuovo lavoro, Liberia obbligatoria (1976-77), non e piu la cronaca contingente, anche se ci sono ancora punzecchiature ironiche al sistema politico. Interessa adesso ampliare il discorso portandolo su un piano piu generale della condizione umana: presa di mira e la difficoltä di riconoscimento e di scelta che il modello occidentale nel suo incessante bisogno di autoalimentarsi impone all'individuo. In apertura c'e una triste riflessione su quello che e stato il '68, „I reduci": Ε allora e venuta la voglia di rompere tutto (...) e tutto saltava in aria / e c'era un senso di vittoria come se tenesse conto del coraggio / la storia. (...)
Ε allora e venuto il momento dei lunghi discorsi (...)
e c'era l'orgoglio di capire / e c'era la certezza di una svolta come se capir la crisi voglia dire / che la crisi e risolta. Ε allora ti toma la voglia di fare un'azione (...) ma il fatto di avere la coscienza / che sei nella merda piü totale e Tunica sostanziale differenza / da un borghese normale. Ε allora ci siamo sentiti insicuri e stravolti (...) noi buttavamo tutto in aria / e c'era un senso di vittoria come se tenesse conto del coraggio / la storia. Ε comunque sempre presente il desiderio disperato di avere qualcosa di importante in cui credere, qualcosa di estremo e decisivo a cui attaccarsi: Se si vivesse a lungo / non si saprebbe piu dove andare / per rifarsi una felicitä dovunque abbiamo abbandonato / degli aborti di felicitä a marcire negli angoli delle strade (...)
Se si vivesse a lungo / non si saprebbe piu come fare / Per rifarsi una rabbia giusta si, perche anche di rabbia / anche di odio / noi lasciamo troppi aborti in giro. (...)
Bisogna essere piu precisi / anche nell'odio, nell'eresia nell'indirizzare la rabbia, la follia la nostra impotenza, la nostra incertezza ci limita ad odiare senza nessuna esattezza. Ci vuole un odio, un odio che rimane / non basta sapere che abbiamo cominciato bene (...)
e un uomo rabbioso che odia da solo / ma ormai non fa niente di male abbaia alia luna, non morde nessuno / persino il delirio diventa una cosa normale.
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Ho bisogno di un delino / che sia ancora ρίύ forte ma abbia un senso di vita / e non di morte. da „II delirio" M a anche si deve ammettere amaramente che: non si riesce nemmeno ad avere abbastanza coscienza per piangere di noi (...) per piangere di noi. Di noi cosi ribelli, cosi devoti / di noi cosi folli, cosi massificati (...)
noi cosi originali e spappolati / creiamo saltando liberi come pidocchi coi nostri gesti schifosi accumulati / fra la testa e gli occhi. Ormai sei soggetto a una forza / che ti e sconosciuta ormai sei libera e schiavo / ormai sei coinvolto e di colpo ti viene il sospetto / che in tutta la vita non hai mai scelto da „Quando lo vedi anche" Ε questa mancanza di libera scelta e motivo di ironia: Si puö / si puo / si puö, siamo liberi come l'aria si puö / si puö, siamo noi che facciam la storia / si puö (...) si puö, liberta, liberta, libertä / libertä obbligatoria. Come?! Con tutte le liberta che avete volete anche la libertä di.cambiare? Utopia (...) Utopia (...) Utopia (...) da „Si puö" Anche l'idea di liberta, uno dei pilastri ideologici piu cari all'Occidente, puo risultare fortemente e ambiguamente illusoria. Ε la „discesa agli inferi", come l'ha felicemente definita Michele Serra, continua. Infatti lo spettacolo successivo, Polli d'allevamento (1978-79), scava nella stessa direzione, con ancora piü amarezza. „Cari, cari polli d'allevamento..." ingabbiati in rituali fasulli, prigionieri di una situazione senza vie d'uscita: non solo gli ex compagni di strada, la sinistra in genere, ma l'intera societä del benessere e contagiata da questa incapacitä di fermarsi a riflettere, accerchiata da miti mistificanti. E poi mi sono alzato quasi bene / con un'allegria molto cittadina con quegli strani struggimenti / da domenica mattina l'odore del giornale e sempre un'emozione / non leggo le notizie, non ci ho testa aspetto il pomeriggio con furore / del resto anche aspettare / fa parte della festa e questa allegria solitaria / si espande alia gente alle cose / si mescola all'aria. Son proprio dei poeti gli uomini / son proprio teneri e incantati non riesci piu a strapparli alle loro speranze / ci sono ipcollati (...) tutto ritorna fiiori / sono rutti di gioia le feste. Sono pieni di energia gli uomini / sono proprio sani e scatenati non riesci piü a strapparli alia loro allegria / ci sono incollati. Ε poi c'e l'orgia delle discoteche / dove ti butti e balli come un matto
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la musica da ballo / e l'unico linguaggio che riunisce il mondo c'e chi ci gode smisuratamente / e c'e chi si lamenta della vita / sgambettando e oltre le note si awerte / il senso dell'aria senza note / che e l'aria della morte. Son pieni di risorse gli uomini / sono animali liberati non riesci piü a strapparli alle loro emozioni / ci sono incollati. Ε poi c'e il salariato del piacere / che propina storie colorate e grasse un bei film con dentro tutti gli ingredienti / che piacciono alle masse che stanno Ii inchiodate / e si divorano tutto senza protestare (...) Son proprio deficienti gli uomini / ormai son proprio devastati non riesci piü a strapparli alia loro idiozia / ci sono incollati. da „La festa" II rifiuto e adesso totale e questo provoca pesanti polemiche: dopotutto Gaber, per quanto critico, era sempre stato un artista 'di sinistra'. Ma l'ultimo brano dello spettacolo, „Quando e moda e moda", mostra un distacco pienamente e ferocemente consumato, e infatti in tanti teatri sarä spesso contestato e fischiato. Mi ricordo la mia meraviglia e forse l'allegria di guardare a quei pochi che rifiutavano tutto mi ricordo certi atteggiamenti e certe faccie giuste che si univano come un'ondata che rifiuta e che resiste. Ora il mondo e pieno di queste facce / e veramente troppo pieno (...)
Io per me se ci avessi la forza e l'arroganza direi che sono diverso e quasi certamente solo direi che non riesco a sopportare le vecchie assurde istituzioni e le vostre manie creative, le vostre innovazioni (...)
Io per me se ci avessi la forza e l'arroganza direi che non e piü il tempo di fare mischiamenti che e il momenta di prendere le distanze / che non voglio inventarmi piü amori che non voglio piü avervi come amici, come interlocutori. Sono diverso e certamente solo sono diverso perche non sopporto il buon senso comune (...)
ma non sopporto neanche la legge dilagante / del 'fatti i cazzi tuoi' (...) Sono diverso, sono polemico e violento / non ho nessun rispetto per la democrazia sono diverso perche quando e merda e merda / non ha importanza la specificazione (...)
Quando e moda e moda, quando e moda e moda. (e chiude con un breve monologo finale ) Nella penombra della scena l'attore prosegue, senza intaccare minimamente l'ordine prestabilito. Avrebbe voglia di rovesciare tutto, di introdurre qua e la un'invenzione,
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uno sfasamento (...) Α metä di una frase l'attore si arresta. Bisognerebbe ora fare qualcosa. Dire una parola. Una parola qualunque che non sia scritta nel copione. In una retrospettiva successive „Quando e moda e moda" verrä sostituito con un altro brano, „Non e piu il momento", in cui Gaber non e certo meno tenero: Razza giä finita senza neanche cominciare / razza disossata giä in attesa di morire no, non fa male credere / fa molto male / credere male. II fondo e stato toccato. „Tutto e stato assaggiato e tutto rifiutato, tranne il diritto di assaggiare e rifiutare." Dopo una stagione di pausa e di riflessione Gaber riparte con Anni affollati (1981-82). II brano di apertura e ancora una volta una dichiarazione di disgusto e di ripulsa per le mode illusorie e per i miti inseguiti acriticamente e suona come un definitivo addio agli anni '70. Anni affollati degli ultimi dieci anni non riesco piu a smaltirvi, c'e troppo poco oblio anni affollati di gente che ha pensato a tutto senza mai pensare a un Dio (...)
Anni affollati / anni affollati anni affollati per fortuna siete giä passati. da „Anni affollati" Nello spettacolo e anche inserita la canzone „Io se fossi Dio", composta l'anno precedente: e un violento e ancora piü esplicito attacco alia mediocritä della scena italiana e non aggiunge nulla di nuovo a quanto espresso in precedenza. Ma il brano desta scalpore per il passaggio riguardante Aldo Moro, lo statista a capo della Democrazia cristiana ucciso dalle Brigate Rosse dopo una lunga prigionia: Gaber infatti si scaglia contro la retorica istituzionale che ha beatificato quel morto ammazzato, trasformandolo cosi in un' icona intoccabile. Io se fossi Dio / e io potrei anche esserlo, so no non vedo chi (...) Io se fossi Dio / non mi farei fregare dai modi furbetti della gente, non sarei mica un dilettante sarei sempre presente, / sarei dawero in ogni luogo a spiare ο meglio ancora a criticare, appunto.. / come fa la gente. Per esempio il piccolo borghese, com'e noioso / non commette mai peccati grossi non e mai intensamente peccaminoso (...) Io se fossi Dio / non sarei stato mica a risparmiare / avrei fatto un uomo migliore. Si, va be' lo ammetto / non mi e venuto tanto bene ed e per questo, per predicare il giusto / che io ogni tanto mando giü qualcuno ma poi alia gente piace interpretare / e fa ancora piu casino. Io se fossi Dio / maledirei dawero i giomalisti che certamente non sono brave persone / e dove cogli, cogli sempre bene (...) Io se fossi Dio / naturalmente, io chiuderei la bocca a tanta gente
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e tutti quelli che fanno questo gioco / ci hanno certe facce che a vederle fanno schifo, che siano untuosi democristiani / ο grigi compagni del P.C.I., son nati proprio brutti o, perlomeno, tutti / finiscono cosi (...) Io se fossi Dio / non avrei proprio ρίύ pazienza inventerei di nuovo una morale / e farei suonare le trombe per il Giudizio universale. Voi mi direte perche e cosi parziale / il mio personalissimo Giudizio universale, perche non suonano le mie trombe per gli attentati, i rapimenti, i giovani drogati / e per le bombe (...) Io, come Dio, non e che non ne ho voglia (...) ma come uomo, come sono e fui, / ho parlato di noi comuni mortali; quegli altri non li capisco, mi spavento, / non mi sembrano uguali (...) Io, come uomo, posso solo dire cio che sento: cioe solo l'immagine del grande smarrimento (...) di fronte al terrorismo e a chi si uccide / c'e solo sgomento. Io se fossi Dio / quel Dio di cui ho bisogno come di un miraggio ci avrei anche il coraggio / di continuare a dire che Aldo Moro, insieme a tutta la Democrazia Cristiana e il responsabile maggiore / di trent'anni di cancrena italiana (...) Ma in fondo tutto questo e stupido perche, logicamente.. Io se fossi Dio / la terra la vedrei piuttosto da lontano e forse non ce la farei ad accalorarmi in questo scontro quotidiano. 10 se fossi Dio / non mi interesserei di odio e di vendetta e neanche di perdono perche la lontananza e l'unica vendetta e 1'unico perdono e allora va a finire che se fossi Dio / io mi ritirerei in campagna, / come ho fatto io. da „Io se fossi Dio" Commenta Gaber: „Certe volte mi chiedo perche non me ne resto piu tranquillo, perche non mi metto a scrivere cosette rasserenanti, magari gioiose. Poi mi guardo intorno, vedo che ci stiamo tutti abituando al grigiore, alia piattezza, alia rassegnazione, e mi accorgo che il mio compito, il mio lavoro, e quello di dire le cose che gli altri non dicono. Le cose che voi giornalisti non avete piu il coraggio di scrivere...". Nel nuovo spettacolo si colgono pero per la prima volta anche segnali diversi: C'e un momento in cui si e veramente soli. Quando si arriva in fondo a ciö che siamo di orrendo. Ma in fondo proprio in fondo in fondo. Ecco, deve essere quello li 11 termine del mondo. II dolore stesso, il vostro dolore non vi risponde piü (...) allora
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bisogna tomare indietro (...) tra gli uomini (...) Non c'e niente da fare. Bisogna tornare con gli uomini (...) anche per piangere. da „La masturbazione" Segnali che suonano come un possibile nuovo punto di partenza, visto che l'artista e ormai solo e isolato alia fine di questa ricerca massacrante e dissacrante dentro se stesso: Ma al termine del mondo per fortuna / le strade sono sempre piü di una. Ma prima di ammazzare un uomo ce ne vuole mettiamoci ogni giorno alia finestra col fucile e I'ultimo bagliore che vedremo bene / non sarä certo il colpo di fucile della fine. da „Al termine del mondo" non lo so se mi conviene / ma sto bene, che vergogna! io sto bene / proprio ora, proprio qui. Non e mica colpa mia / se mi capita cosi: e come un'illogica allegria / di cui non so il motivo, / non so che cosa sia; e come se improwisamente / mi fossi preso il diritto di vivere il presente. da „L'illogica allegria" Ha comunque voglia e bisogno di credere. Dice Luporini: „Quando parlo di aspirazione alia veritä una metto l'accento non tanto sulla veritä stessa, quanto sull'aspirazione ad arrivarci. Ambire alia veritä e in palese contrasto con la 'concorrenza di opinioni' dominante: mi sembra che si sia passati dai vecchi moralismi ad una nuova amoralita. Dall'antico dogmatismo ad un atteggiamento di indifferente accettazione di qualunque cosa (...) termini come 'morale' e come 'fede' sono pericolosissimi, perche assumono subito il sapore di nuovi moralismi, di una visione nuovamente ideologica e dogmatica del mondo. Nello spettacolo non sarä facile spiegare cosa intendiamo quando parliamo di D i o . " Ε commenta Gaber: „Cercheremo di spiegare che questa voglia di Dio e soprattutto una voglia di avere una spinta, un desiderio morale. Voglia di credere, voglia di esistere (...) Se non si lotta per cercare una ragione, per inseguire la chiarezza, tanto vale crepare." Deve accadere qualcosa, poträ accadere. Per il momento e solo una sensazione nascente, indecifrabile e inspiegabile: in silenzio e con pazienza bisogna umilmente ritrovare la concentrazione necessaria ad interpretare questo vago segnale. Ε con le ultime due canzoni, inframezzate da un brevissimo monologo, 'l'illogica allegria' diventa un segno di speranza. Ma la storia lasciö l'uomo al numero 1981 e l'uomo come congelato non intrawedeva il suo destino non era il capolinea / qualcosa doveva accadere lo suggeriva una fede spontanea che non era ancora il tempo di morire (...)
cerco solo di capire / di capire come fa la gente a vivere contenta senza la forza vitale di una spinta
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di capire come fa la gente che vive / senza correr dietro a niente. e vero, sono un po' anarcoide e pieno di livore ma in questo mondo troppo sazio di analisi brillant! e di torpore ci sarä pure un po' di spazio per chi si vuole sputtanare perche piuttosto che giocare / con le piü acute e raffinate astuzie del cervello e meglio ricoprirsi di merda fino al collo e tirar fuori la rabbia spudorata di chi e stupido ma crede e urla il suo bisogno disperato di una fede. Perche Dio c'e ancora / Dio c'e ancora, io insisto Dio c'e ancora / altrimenti non esisto. e un Dio inconsueto che non ha niente di assoluto e un Dio che non conosce il bene e il male figuriamoci il sociale (...) ma e l'unica mia spinta in questo mondo di infedeli. Signore Iddio / non so se faccia bene ο faccia male assistere ogni tanto / al tuo definitivo e ricorrente funerale (...) Confronto a questi ironici infedeli senza il minimo spessore e molto meglio la mancanza piü assoluta di pudore (...) e molto meglio l'urlo disperato di un coglione che muore e che ha bisogno / di una nuova religione (...) Signore Iddio / non so se e irriverente ο se e normale dover ricominciare / dal tuo definitivo e ricorrente funerale. da „1981" L'argomento e ripreso nel monologo „II fiituro": Credo sia giunto il momento di non parlarvi piü di niente. Come conclusione mi piaceva un discorso sul futuro. Purtroppo ho pochissimo da dire sul füturo (...) Davanti c'e soltanto uno spazio vuoto. L'importante e guardarlo attentamente questo spazio vuoto come se da un momento all'altro le cose potessero uscire dal silenzio e rivelarsi. No, non muovetevi / c'e un'aria stranamente tesa e un gran bisogno di silenzio / siamo come in attesa no, non parlatemi / bisognerebbe ritrovare le giuste solitudini stare in silenzio ad ascoltare (...)
perche l'attesa e il destino di chi osserva il mondo con la curiosa sensazione di aver toccato il fondo senza sapere se sarä il momento / della sua fine ο di un neo rinascimento. Non disturbatemi / sono attirato da un brusio che non riesco a penetrare / non e ancora mio (...) un senso quieto e religioso / in cui ti viene da pensare e lo confesso ci ho pensato anch'io / al gusto della morte e dell'oblio.
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No, non muovetevi / c'e un'aria stranamente tesa e un gran bisogno di silenzio / siamo tutti in attesa. da „L'attesa"
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Dice Gaber: „In teatro ogni canzone e, musicalmente, un'awentura inedita. II disco per sua natura si presta a diversi ascolti e dunque a diverse letture. Sul palcoscenico, invece, il problema fondamentale e che devi fare colpo subito, devi importi a tutti i costi all'attenzione della platea, altrimenti e un guaio (...)". In una visione strategica dello spettacolo cosi concepito, la canzone e vissuta come mezzo, non piu come fine: quindi non rientra piü nella normale logica della produzione discografica. In quegli anni la canzone era ancora un prodotto owiamente limitato dal punto di vista tecnico, essendo il disco a 45 giri il re del mercato: era cosi costretta, per intrinseca tradizione culturale e per necessita pratica, in schemi estetico-formali piuttosto rigidi e ripetitivi. Raramente si superavano i 3 minuti, 3 minuti e mezzo, pena uno scadimento della qualitä. In altre parole, fare il cantante significava innanzitutto produrre dischi in quel certo modo. Gaber rompe questa logica, perche, a cominciare dal Signer G, non scrive piü canzoni per il mercato discografico, ma canzoni appositamente concepite per un preciso progetto teatrale. Perche in teatro la canzone puö, ο deve, essere interrotta a causa di un parlato; perche un'idea musicale puö non essere piu in consonanza metrica e melodica con lo sviluppo 'drammatico' del testo (e allora magari niente refrain); perche le sequenze armoniche piü tradizionali, quindi piü usate, ο abusate, possono non accordarsi con le suggestioni emotive che lo stesso testo, non 'tradizionale', vuole evocare. II suo spettacolo in teatro non e piu la naturale estensione economica-artistica di un successo discografico: piuttosto i dischi, owiamente non a 45 giri, sono la memoria documentata di esso. In questo modo, a fronte di un affluenza record di pubblico, le vendite dei dischi si sono decisamente ridotte, mentre i libretti contenenti i testi degli spettacoli hanno venduto al di sopra di ogni aspettativa, a conferma dell'interesse suscitato per lo spettacolo nel suo complesso. Ma il risvolto commerciale e solamente il lato piü esteriore di un profondo mutamento del rapporto fra l'artista e il pubblico: assente ormai dalla televisione, dalle riviste e dalle classifiche, Gaber offre se stesso ,,e fa le sue affermazioni e le sue negazioni solo 'in presa diretta', in teatro, filtrando ogni segnale attraverso la sua presenza fisica. Le enormi deformazioni dello specchio massmediale restano escluse dal palcoscenico, e il pubblico si sente sempre piü coinvolto dalla (sua) concretissima fisicitä" e ,,gli riconosce tutto il coraggio di chi 'rischia in prima persona', e insieme coglie Pimportanza eversiva di un artista che, anziehe rassegnarsi a 'riflettere' i segnali esterni e alimentäre l'infinito
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gioco dei rimbalzi e dei riferimenti, Ii 'blocca' dentro di se, Ii ferma e Ii sopporta, a costo di mandare in cortocircuito il sistema della comunicazione. (...) La stessa maschera di sofferenza che sta di fronte al pubblico appare la visibile testimonianza di uno 'sforzo fisico', di una prova umana durissima e prostrante; usando se stesso come banco di prova, come cavia, l'attore si sottopone a un esperimento esaltante, ma estremamente pericoloso, al termine del quale potrebbe ritrovarsi travolto e sconfitto". Ε questo riportare alla materialitä della persona la verifica della realtä affiora sovente nella sua produzione: Cerco un gesto, un gesto naturale / per essere sicuro che questo corpo e mio. da „Un gesto naturale" oppure: e tante cose belle / che ho nella testa / ma non ho ancora nella pelle. da „Un'idea" In „Corpo stupido" il testo recita: (...) Io purtroppo non riesco a istruire il mio tatto / non riesco a politicizzare l'olfatto. / Se insegno qualcosa al mio sesso / diventa tiepido, ci ho il corpo stupido. Ma si rende conto anche che non ce la fa a star dietro a tutti i cambiamenti, le nuove mode, i nuovi miti, che la societä accetta e digerisce cosi facilmente e rapidamente: Io sono diverso / io cambio poco, cambio molto lentamente. da „Quando e moda e moda" Nel suo ruolo di cavia e troppo lento: il suo metodo introspettivo, „il linguaggio selezionato in tanti anni di teatro, reagisce negativamente a sollecitazioni che non sono ne 'a misura d'uomo' ne 'a ritmo d'uomo'": di troppe cose non so cosa fame / per me che avrei bisogno / di poche immagini ma eterne da „Anni affollati" „Finche restano, confiisi e infiniti, sul grande grande schermo deH'immaginario collettivo, i segnali e gli stimoli dell'epoca possono sembrarci compatibili tra loro e accettabili da noi; ma non appena Ii si fa passare attraverso la strettoia materiale costituita dai nostri limiti fisici, c'e il black-out": ogni domanda al corpo / puo essere una breccia un inizio di inquietudini e di ossessioni da „La smorfia" II corpo non consola, non mente, anzi reagisce, „non tollera metamorfosi indotte senza entrare in contraddizione".
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Ma se e vero che il tratto dominante del Teatro canzone di Gaber e una „appassionata - ma al tempo stesso calcolata - freddezza intellettuale" di ispirazione ideologica e politica, non si deve pensare che la performance si riduca ad un rabbioso, ο deprimente, amaro soliloquio. Le tante lucide analisi, che includono anche „argomenti privati e individuali come la morte e la malattia, ο le piu dolenti e le piü gioiose esperienze corporali", non generano solo sgradevoli affermazioni ο sofferte provocazioni. Ε sempre presente una sottile ironia, che talvolta sfocia in aperto umorismo. Si pensi ad esempio a canzoni come „Lo shampoo", „Madonnina dei dolori", „Quello che perde i pezzi", „La nave", „Dove l'ho messa", „L'odore", ο a monologhi come „Nixon", „Giotto da Bondone", „II sogno di Gesü", „II sogno di Marx". Cosi Gaber, con Luporini fuori scena, ha portato avanti la sua indagine con rigore e coerenza, meritando comunque attenzione e rispetto, quando non gratitudine, al di lä dei risultati negativi raggiunti e di ogni facile, piü ο meno fondata, obiezione ideologica. Perche in tutti questi anni hanno cercato un fondamento alia loro Utopia terrena, una morale diversa, una verita piü 'umana', ο 'umanistica', sostenuti da una disperata speranza e da un appassionato pessimismo. Nella loro ricerca non c'e mai stato nichilismo ο cinico individualismo, ma lucido coraggio intellettuale, onestä metodologica e il rifiuto di ogni compromesso. II mestiere di vivere, quindi il pubblico e il privato, il personale e il sociale, merita obiettivi ambiziosi e migliori, necessita di un agire morale responsabile e concreto: troppa ipocrisia, troppa incapacity ο rifiuto di analisi non solo a livello sociale ma anche nei rapporti personali. Occorre una nuova 'teologia atea' intensa e vitale, una spinta verso qualcosa di nuovo, la necessita di una morale diversa, una forza, un sogno, un volo, un desiderio di cambiare le cose, di cambiare la vita da „Qualcuno era comunista" perche la realtä e un uccello che non ha memoria / devi immaginare da che parte va e noi siamo sempre indietro, la realtä e piü avanti da „La realtä e un uccello" Spiega Luporini: Ci sentiamo in polemica con una certa cultura oggi dominante. Quella cultura asettica e distaccata che capisce tutto e non giudica nulla, che interpreta senza mai prendere posizione. Solo che la discussione, oggi, e per noi piu rischiosa di una volta: perche prima eravamo noi a far la parte dei critici dei falsi miti e delle false morali; mentre adesso (...) rischiamo di passare per moralisti, per sorpassati. Ε penso che non ci sarä facile chiarire il senso di questa nuova ricerca. Ma ci proviamo (...) Borges, per esempio, viene molto spesso presentato come un campione di quella cultura, come un intellettuale (...) geniale descrittore del caos. II 'nostro' Borges, invece, ci appare come una sorta di grande teologo ateo, di instancabile
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ricercatore di veritä. Ecco, nell'incessante interrogarsi di Borges, nella continua formulazione di nuove domande, noi troviamo la sua grande moralita. Ε in Anni affollati rendono omaggio a J.L.Borges con la canzone „II sosia", direttamente ispirata da un suo racconto, e „morire e far morire e un'antica usanza che suole avere la gente" (da „II dilemma") e la citazione di un suo verso. Ma il letterato argentino non e il loro solo ispiratore. „II finale di Polli d'allevamento - continua Luporini - e abbondantemente ispirato da Robbe-Grillet". Ε la lista potrebbe allungarsi citando Adorno e Pasolini {Liberia obbligatoria e Polli d'allevamento), Sartre, Beckett, Leopardi, Lautreamont: lo stesso titolo „Far finta di essere sani" e una citazione testuale da Laing, e Le voyage an boui de la nuit di Celine e stato „letteralmente saccheggiato". „Copiamo, copiamo proprio" dicono, sottolineando quanto le fonti letterarie siano importanti per loro. Ε conclude Luporini: La poesia e un linguaggio troppo specifico e sublimate. Noi abbiamo bisogno di material! piü spurii, piü manipolabili: nel nostro lavoro e'e un po' di tutto, costume, sociologia, politica, cronaca, e non possiamo fermarci aH'immagine pura, alia stilizzazione. Direi che nessuna delle nostre canzoni si limita alia descrizione poetica di una situazione senza cercare anche appigli di un altro genere. L'unica eccezione e „L'illogica allegria" (...) „nel nostro lavoro (...) non e'e posto per l'autobiografia, per lo sfogo personale; anzi uno dei vantaggi principali di lavorare in due sta proprio in questo: che l'altro costituisce un continuo elemento di freno al rischio di parlarsi addosso, all'insidia dell'autocompiacimento."7 Ma vediamo piü da vicino come funziona il lavoro della coppia nelle parole degli stessi autori. Per i monologhi il lavoro e relativamente semplice, almeno da un punto di vista formale. Spiega Gaber: „I monologhi sono venuti iuori per cercare di evitare la falsa improwisazione di certe frasi che si e soliti pronunciare, tra un brano e l'altro, davanti al pubblico. Abbiamo pensato che tanto valeva metter nero su bianco (...) mano mano che si andava avanti, Luporini prendeva gusto nello scrivere e io nel recitare, e i monologhi assumevano una dignitä teatrale vera e propria. Ε siamo passati dalle 'gag' dei primi spettacoli, che duravano al massimo due ο tre minuti, agli attuali pezzi di teatro, che durano anche una decina di minuti e non sono direttamente legati alia necessitä di 'spiegare' una canzone ο introdurne un'altra." Maggiori difficoltä si presentano invece nella stesura delle canzoni a causa della loro maggiore complessita formale. Dice Luporini: Schematizzando direi che abbiamo tre diversi modi per scrivere le canzoni. II primo, quello che ci ha dato i risultati piü importanti, e questo: individuiamo, parlando tra di noi, un argomento sul quale ci piacerebbe fare una canzone. Su questa base io scrivo un vero e proprio tema, cinque ο sei pagine di prosa, magari giä arricchite da 7
ibid. p. 82.
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qualche nma occasional ο da qualche verso accennato. Poi rileggiamo insieme questa specie di canovaccio e cerchiamo di tirarne fuon i punti piu interessanti (.. .) una volta individuate le parti da mettere in musica, Giorgio si mette al lavoro (...) credo di poter dire che Giorgio riesce a venire a capo di qualunque testo, anche il piii complicato, anche il meno ritmico, proprio perche considera la musica in modo del tutto subordinato a quello che gli preme dire. A lui importa soprattutto affermare con precisione una serie di cose, e farlo in modo drammatico, teatrale, recitando in musica. Ε ci riesce. Un secondo metodo di lavoro e questo: uno di noi due 'trova' una firase, un verso, una battuta, una sequenza di parole che ci sembrano un punto di partenza ideale per una canzone (...) a quel punto Giorgio cerca subito una veste musicale adatta al tipo di atmosfera che si vuole creare, e a partire da questo piccolo scheletro di note e parole ci mettiamo a lavorare insieme, ricostruendo l'intera vicenda. In questo modo sono nate quasi tutte le nostre canzoni ironiche, le canzoni-sketches come ,,Lo shampoo" ο „Chissä nel socialismo". II terzo metodo e anche quello piü raro e piü arduo, e spesso non siamo riusciti a metterlo in pratica. Mi riferisco alle occasioni in cui Giorgio ha giä nella chitarra un motivo, un'atmosfera musicale. Me lo fa ascoltare e mi chiede se mi ispira qualcosa di preciso, ma e raro che questo awenga. La musica e una gabbia molto piu rigida delle parole. Eppure, qualche volta, abbiamo scritto canzoni proprio partendo da quattro note messe in fila. Un piccolo miracolo, in questo senso, e „Si puö", una delle canzoni piü importanti di Liberia obbligatoria, scritta a partire da un motivetto che perseguitava Gaber. II quale interviene: „Una delle regole fondamentali, per esempio, e la necessitä di usare diversi 'archi' espressivi anche all'interno di una canzone breve: per questo il 'crescendo' e una pratica ricorrente nel mio teatro, mentre e rarissimo che io mantenga per tre ο quattro minuti consecutivi un clima teso, fermo, immobile. Ecco, direi che il teatro ti costringe a 'muoverti', e a permeare di questo movimento anche la musica" Ε aggiunge: „L'importante e avere le idee chiare su quello che si vuole dire (. . .). Per questo e molto raro che si parta dalla musica: mettere i testi sopra una melodia giä esistente e proibitivo, quasi impossibile, perche la musica e troppo invadente, tanto come rigiditä metrica quanto come sentimenti che suggerisce, anzi impone. Direi, in sostanza, che io non faccio musica, dico delle cose con accompagnamento di note. Al punto che, ormai, mi sarebbe molto difficile scrivere canzoni per altre persone." Ε aggiunge a proposito della sua preparazione musicale: „Certo dopo trent'anni che suono quotidianamente uno strumento e inevitabile che qualcosa abbia imparato (...) il pianoforte mi avrebbe offerto piü possibilitä: e uno strumento che ti permette di uscire giä in partenza dalla ristretta dimensione voce-chitarra, fatta di minime alchimie che poi, quando passi all'orchestrazione, vengono inevitabilmente distorte (...). Da questo punto di vista preparare le basi dei miei spettacoli in sala d'incisione e dawero un lavoro ingrato (...). II problema e sempre stato quello di 'semplificare' il piu possibile, appunto per tentare di recuperare l'emozione ini-
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ziale, lo spunto di partenza (...). Solo che (...) alia fine rischi di ritrovarti con una base musicale troppo povera, sempre i soliti chitarra, contrabbasso e batteria " Nei primi spettacoli „Brei mi ha molto influenzato; non a caso, tra l'altro, e l'interprete che piü di ogni altro ha cercato di fare teatro con le sue canzoni (. . .). Mi affascinavano le sue sfiiriate anarcoidi, la sua indignazione, dietro le quali si intuisce tutto intero l'ideale deH'uomo autentico, dell'individuo ribelle ma positivo. Ma giä in Far finta di essere sani il filone 'francese' era esaurito. Mi interessava di piü, a quel punto, un'idea di canzone piü vicina alle ballate americane, alia Dylan. Mi sembrava che Dylan e soci avessero allargato le possibilitä comunicative della canzone, Γ avessero portata, come dire, in mezzo alle strade, mentre nello spirito 'francese' c'e il grosso rischio di cantarsi addosso, la tendenza a rinchiudersi, a esaurirsi alPinterno di un manierismo bohemien che cominciava a sapere di vecchio. Naturalmente mi chiedevo se l'influenza americana non fosse troppo ingombrante, troppo 'alia moda'. Ma un certo tipo di resistenza ai linguaggi correnti, in fin dei conti, ha un senso solo se sei in grado di rispondere in termini altrettanto efficaci, altrimenti rischi di diventare patetico e ottuso: se un linguaggio viene parlato da tutti, significa che non puoi far finta di niente, che devi provare a parlarlo anche tu. Fino a Polli d'allevamento dove ho cercato di uscirne e inventare, anche con l'aiuto di Battiato, qualcosa di nuovo " Si puö individuare questa ambientazione 'francese' in alcune canzoni del primo periodo quali „II mestiere di padre", ,,Ci sono dei momenti", „Un'emozione", „II guarito", ed in altre ancora, soprattutto per il largo uso, abbastanza tipico, del 'crescendo': cioe questo salire colla voce a note piü alte, con enfasi graduale, talvolta in affanno per l'incalzare del testo che preme, sottolineandolo magari con un 'accelerando' ritmico. Ci sono i brani che si rifanno alia ballata americana: „Un'idea", „Un gesto naturale", „Chiedo scusa se parlo di Maria", „I reduci", „La festa". Ε questa ispirazione spunta anche episodicamente, come in „La libertä", „Polli di allevamento", la prima parte di „II cancro". Ma queste infiuenze francesi ο americane sono solo una componente della produzione di Gaber: altre se ne possono notare, di chiara matrice pop, „Quando e moda e moda", la seconda parte di „II comportamento", ο la dimensione 'easy listening' di „Anni afFollati", ο orientaleggianti, „L'uomo non e fatto per stare solo". Ε troviamo la marcetta con fräse Strumentale felliniana, „I colitici", lo swing di „La nave", „II bloccato", i richiami blues e rythm & blues, „II sosia", „1981", ο sudamericani, „La solitudine". Ε come esattamente definire brani come „Lo shampoo", „Op, op, op", „L'elastico", ,,E' sabato", „Si puö"? Ο „L'uomo muore", dove a un corto episodio ricorrente di vago sapore modale, arrangiato con un 'finto' coro gregoriano, segue un tipico giro rock fine anni '60, il tutto interrotto da monologhi? Ε si potrebbe anche rilevare che questa riconoscibilitä stilistica e nelle maggior parte dei casi riconducibile piü all'arrangiamento strumentale, ο ad una molto breve sequenza armonica, che non alio stesso materiale melodico.
Giorgio Gaber, e Sandro Luporini: 11 Teatro-Canzone
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Gaber e andato sviluppando un suo discorso compositivo personale, alia ricerca di forme musicali che fossero sempre piü elastiche e compatibili con i testi, a loro volta sempre piü lontani dalle rime e dalle topografie ufficiali. Sovente la melodia di Gaber e di genere cantautorale, arricchita di 'recitar cantando' e drammatizzata con il crescendo 'alia francese'. (Aprendo una breve parentesi, va specificato che una caratteristica tipica della maggior parte dei cantautori italiani negli anni '70, su modello americano, e stata quella di costruire melodie a nota piü ο meno ribattuta che seguono, sovente per grado congiunto, lo svolgersi degli accordi base della tonalitä, con scarsa propensione per i grandi salti intervallari.) Ε una melodia basata su strutture armoniche semplificate, non semplicistiche, prive di modulazioni e lontane da quelle del 'recitar cantando', con stilemi tipici del pop. 1° esempio: la canzone „L'elastico" (da Far flnta di essere sani) in tempo 4/4 2 battute introduttive di chitarra arpeggiata sull'accordo di E, quindi: E5-1 E4 I Ε I (la melodia si muove tra E2 e G#2) A 16 battute E5-1 E4 I Ε j
C 8 battute
Β 8 battute
C 4 battute Β 17 battute
F# I A I Ε I (la melodia raggiunge H2 e C#3) F# I AI A stop I Edim.| A I Ε I (la voce solista e rinforzata dal coro: C ha la fiinzione di hookline) Edim. I A I Ε I E5-1 E4 Ε I (la melodia scende cromaticaticamente: G#2 G2 F#2 E2) E5- E 4 E E5- E 4 E D I E I (la melodia sale alia terza sopra: H2 A#2 A2 G#2) Edim. I A I Ε I (sempre con il rinforzo del coro) E5-1 E4 Ε I Ε I E5-1 E4 I Ε I (la melodia riparte da G#2 G2 F#2 E2) E5- E4 Ε I D ,I E | E5- E 4 I E I (la melodia sale alia terza sopra: H2 A#2 A2 G#2) I Ε I E5-1| 2/4 E 4 I4/4 E4 stop || Ε |
Su quest'ultima battuta c ' e l'esplosione della ritmica: la melodia tocca la Ε dell'ottava alta. D 16 battute | E7 Edim.| Am Ε | E7 Edim.| Am Ε | (la melodia sale a D3 C#3 C3 B3 ) I E 7 I Edim. I A | Ε | (la melodia oscilla tra D3 e H2) j E7 I Edim. j A j Ε | I Edim. I A | Ε | Ε | ( l a melodia scende una terza sotto:
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H2 A#2 A2 G#2, la ritmica si ferma sul primo dei due Ε) (si riparte come all'inizio: la melodia scende cromaticamente: G#2 G2 F#2 E2)
Β 8 battute
| Ε | E5-1 E4 Ε |
C 16 battute
I Ε I E5-1 E4 Ε I I Ε I E5-1 E4 Ε I D I Ε I (la melodia sale alia terza sopra: H2 A#2 A2 G#2) | Ε | Edim.| A | Ε | (sempre con il rinforzo del coro) I Ε I Edim.| A | E | I Ε I Edim.| A | E | I Ε I Edim.| A | Ε ||
Qui si puö vedere applicata la tecnica del 'crescendo'. La melodia si svolge nell'arco di una ottava+una quarta (da HI a E3): la prima nota della melodia sale regolarmente di una terza a partire da B, ma le semifrasi melodiche sono sviluppate con moto cromatico discendente e questa tensione armonico-melodica risolve sempre sulla tonica. Questa ci viene riconfermata dalla hookline che intervalla strategicamente le sezioni. La sequenza armonica si ripete sempre uguale, essendo inawertibile una reale difFerenza tra l'accordo di E5- e quello di Edim.(semplicemente in E5- non viene suonato il 6° suono dell'accordo): la tensione psico-acustica si tende e si allenta ininterrotta, come una molla, e l'unico accordo estraneo significativo e quello di E7 che compare a D. Ma questa 7a di dominante sulla tonica non risolve al IV° grado, e solo una finta modulazione: infatti si porta su Edim., insistendo cosi nel riproporre il modello precedente. La band segue il 'crescendo' raggiungendo l'acme a D, dove alia 5a misura il canto si confonde in un 'gridato' su nota quasi fissa: alia 13a battuta la sequenza armonica 'rompe' la simmetria a quattro battute anticipando l'accordo diminuito in coincidenza con le parole „mi sento fuori di me". L'atmosfera poi si placa ma lo stato di tensione armonica rimane a esaltare il significato del testo. 2° esempio: la canzone „II delirio" (da Liberia obbligatoria) in tempo 4/4 2 battute introduttive di chitarra arpeggiata sull'accordo di A7/9, quindi: A 17 battute | A7/9 | D9 | A7/9 | D9 | I C I Hmin.| Amin.| G | (parlato) | A7/9 | D9 | A7/9 | D9 | (cantato) j C7+ | Hmin.| Amin. 9 | G F | Emin. Β monologo di ca. 14" C 31 battute: uno Strumentale piu veloce cresce sotto la voce Hmin. I D7+ I Hmin. I D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin.| (cantato) | D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin.| (il canto inizia sulla nota Al) I D7+ I Hmin. I D7+ | Hmin.| (il canto sale alia nota D2) I D7+ I Hmin. I D7+ | Hmin.| (il canto sale alia nota F#2)
Giorgio Gaber, e Sandro Luporini: II Teatro-Canzone
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I D7+ I Hmin.| D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin | (il canto sale alia nota A2) I D7+ I Hmin. I D7+ | Hmin.| (il canto sale alia nota C#3 e scende a H2) I D7+ I Hmin. I D | (strumentale, diminuendo, per innestarsi sull'accordo d i ) A 17 battute | A7/9 | D9 | A7/9 | D9 | I C I Hmin.I Amin.| G | (parlato) | A7/9 | D9 | A7/9 | D9 | (cantato) | C7+ | Hmin.| Amin.9 | G F | Emin. Β monologo di ca. 33" C 32 battute: ritorna lo strumentale piu veloce, crescendo sotto la voce I D7+ I Hmin. I D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin. I (cantato) | D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin.| (il canto inizia sulla nota A l ) I D7+ I Hmin. I D7+ | Hmin.| (il canto sale alia nota D2) j D7+ j Hmin.ID7+ | Hmin.| (il canto sale alia nota F#2) I D7+ j Hmin. j D7+ j Hmin.| D7+ | Hmin. | (il canto sale alia nota A2) D7+ I Hmin. I D7+ | Hmin.| (il canto sale alia nota C#3 e scende a H2) C' 26 battute | D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin.| (il canto riparte dalla nota D2) I D7+ I Hmin. j D7+ | Hmin.| D7+ | Hmin.| (il canto sale alia nota F#2) ||: D7+ I Hmin.I D7+ | Hmin.:|| (ritornellato 3 volte) I D7+ I Hmin. I D | Hmin.| (strumentale in mp che si ferma in sospeso) La canzone e divisa in due parti (A e C) intervallate da un monologo. A si snoda su uno schema tipo ballata, con una melodia che, modellata sugli accordi, parte da G2 e raggiunge B1 praticamente per grado congiunto discendente. Ε composta da due semifrasi che si ripetono con una diversa risoluzione alia seconda volta. A C l'accordo di D, dominante della tonalitä precedente G, assume la fiinzione di tonica, fiinzione rafforzata dalla 7magg.: questa breve sequenza (I - VI) insistemente reiterata e la base su cui la voce costruisce il 'crescendo'. La voce si arrampica sulle note che compongono la triade della tonica per toccare il C#3, raggiungendo cosi la vetta melodica del brano; e su C#3 - H2 si trova la parola chiave '(...) il delirio'. Nel secondo C questa ascesa al C#3 si ripete con una introduzione piu lunga di quattro misure. A C' riprende ancora la voce da D2 per fermarsi quasi subito a F#2 dove la frase chiave „Ho bisogno di un delirio che sia ancora piu forte / ma abbia un senso di vita e non di morte" viene ritornellata 3 volte.
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Anche l'arrangiamento contribuisce: nella prima parte, A, la voce e sostenuta da un arpeggio di chitarra acustica e da un basso semplice e discreto. Nella terza semifrase, in coincidenza con il parlato, si aggiunge nello sfondo un controcanto di chitarra elettrica: nella quarta semifrase un violino la sostituisce con una corta melodia di sei note che si ripete sempre uguale. II tono generale e riflessivo e melanconico. Nella seconda parte, C, l'atmosfera del 'delirio' non viene realizzata banalmente con un appesantimento di sonoritä. II metronomo corre piü veloce e l'incalzare del ritmo e affidato alla chitarra e ad un vibrafono dal disegno sincopato. Si aggiunge poi un piano Fender che parte sul levare del primo quarto di D7+ con un disegno ritmico basato su una cellula in 3/8. Questa sovrapposizione di ritmi che giocano sui sedicesimi e saldamente ancorata a terra da una cassa in quattro, cioe che batte tutti i quarti. L'insieme suona come un meccanismo dal moto ineluttabile, come uno stato febbrile che consuma dal di dentro. Solamente alia 1 la misura di C' una chitarra elettrica solista interviene a enfatizzare il significato del testo. Questi due esempi mostrano efficacemente come Gaber non componga seguendo le proporzioni delle topografie ufficiali: il testo, ο meglio la drammatizzazione del testo, e l'elemento fondante del suo discorso musicale. Un numero pari di battute all'interno di una sezione ο di come le stesse sezioni si alternino tra di loro non sono presupposti essenziali; anche il ritornello, nel senso classico della parola, in questi due casi e assente. Le soluzioni adottate nello scrivere la musica per i testi elaborati con Luporini, e nel realizzarla poi in studio con i suoi collaboratori variano di volta in volta. Sono, appunto, canzoni scritte per il teatro. 'Filosofi ignoranti' si definiscono Gaber e Luporini: e come ignoranti scandagliano il loro profondo per decifrare gli impulsi piü reconditi, e come filosofi cercano una nuova morale che Ii salvi da quell'insieme di stimoli, di dati, di modelli, di sovrimpressioni che si riversano su di loro, e su tutti noi, confondendoci nei modi piü svariati. „Non siamo certo due superintellettuali perö possiamo offrire una garanzia di serietä a prova di bomba" dice Gaber. „Incerti in mezzo alle certezze" aspirano a farsi un'idea propria del grande magma quotidiano, restando fedeli a se stessi, ai loro dubbi, al loro umorismo, anticonformisti e sgradevoli, teneri e disperati, ironici e provocatori, ma sempre e soprattutto umani.
Giorgio Gaber, e Sandro Luporini: II Teatro-Canzone
Discografia 1959 1960 1964 1964 1964 1965 1968 1967 1969 1970 1971 1972 1972 1974 1975 1976 1978 1980 1980 1981 1983 1984 1985 1987 1987 1989 1994 1995 1997 1998 1999
G.Gaber - E.Jannacci (Idue corsari), Ricordi Giorgio Gaber, Ricordi Le camoni di Giorgio Gaber, Ricordi Tutti i successi di Giorgio Gaber 1, Ricordi Tutti i successi di Giorgio Gaber 2, Ricordi Minae Gaber, RiFi L 'asse di equilibrio, RiFi Gaber sai com 'e, Vedette II signor G, Carosello Sexus et politico, Carosello I borghesi, Carosello Barbera e champagne, VDS Dialogo tra un impiegato e un non so, Carosello Far finta di essere sani, Carosello Anche per oggi non si vola, Carosello Liberia obbligatoria, Carosello Polli d'allevamento, Carosello Pressione bassa, Carosello Io se fossi Dio, Fl Team Anni affollati, Carosello Ja-Ga Brothers, CGD (con Enzo Jannacci) Gaber, Carosello Io se fossi Gaber, Carosell Parlami d'amore Mariii, Carosello Piccoli spostamenti del cuore, Carosello II grigio, Carosello Io come persona, Carosello Ε pensare che c 'era ilpensiero, Carosello Gaber '96-'97 Un 'idiozia conquistata a fatica '97- '98, (in studio) Un 'idiozia conquistata a fatica '98- '99, (live)
Catherine
Danielopol
„Parole (non) son parole" La poetica di Francesco Guccini
I. Dati biografici Parole, son parole, e quante mai ne ho adoperate e quante ancora lette e poi sentite, a raffica, trasmesse, a mano tesa, sussurrate, sputate, a tanti gin, riverite, adatte alla mattina, messe in abito da sera, all'osteria citabili ο a Cortina, ο a Marghera. (Auto)ironico, provocante, impegnato e soprattutto poetico - cosi si presenta Francesco Guccini, che con le parole sa giocare come pochi altri. I suoi testi meritano una particolare attenzione proprio perche non si esauriscono nel primo ascolto ma si aprono a prospettive diverse proponendo via via nuove siumature di senso, allusioni e finezze linguistiche. Le sue canzoni, pur narrando spesso storie individual!, sono entrate a far parte della memoria collettiva e scuotono l'attenzione dei giovani cosi come quella dei loro genitori. Conferma l'autore stesso: „II pubblico e numeroso (...) e ha questa fascia enorme di etä, cioe dai miei coetanei a quelli giovanissimi ed e meglio cosi perche questa e una spinta in piü per me."1 Francesco Guccini nasce il 14 giugno 1940 a Modena e passa i primi anni dell'infanzia nella casa paterna a Pävana, un paese nell'Appennino Tosco-Emiliano. Dopo la guerra torna a Modena e vi trascorre l'adolescenza. Giä allora sente un forte interesse per la letteratura e sorge in lui il desiderio di dedicarsi alla scrittura. Io nasco soprattutto come scrittore perche quando ero ragazzino sognavo di fare lo scrittore, non avrei mai pensato di scrivere delle canzoni, era completamente al di fiiori delle mie idee ο di quello che pensavo, le canzoni sono capitate per una serie di motivi ma ho sempre continuato a scrivere.2 Prima di esordire come scrittore passeranno molti anni: nel 1989 Guccini pubblica il suo primo romanzo autobiografico Crdniche epafäniche, seguito da Vacca d'un carte (1993), dalla raccolta di storie comiche La legge del bar (1996) e dai gialli scritti „a quattro mani" con Loriano Macchiavelli Maccarotii (1997) e Un disco dei Platters (1998). 1 2
Danielopol, intervista 15/07/98. Danielopol, intervista 15/07/98.
„Parole (non) son parole " - La poetica di Francesco Guccini
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Nel frattempo Guccini imbocca la strada del cantautore: trasferitosi a Bologna nel 1960, a metä degli anni sessanta scopre la musica di Bob Dylan che lo ispira a scrivere canzoni di forte carica sociale come Noi non ci saremo e Dio e morto che in seguito interpreta insieme ai Nomadi. All'inizio e quindi cantante in un gruppo piuttosto che cantautore. II suo primo album in proprio esce nel 1967 e raccoglie i brani scritti nel decennio precedente. Da allora la produzione musicale del cantautore emiliano comprende diciotto album e un altro sta per uscire. Quali sono, quindi, gli elementi con cui Guccini riesce a coinvolgere e ad affascinare il suo pubblico? Le prime canzoni, come „Auschwitz" ο „Dio e morto", sono fortemente impegnate. In esse Guccini esprime la sua rabbia contro la politica e la societa irrigidita in vecchi valori immobili, rabbia che condivide con molti giovani della sua generazione. Nel corso degli anni si nota una certa diminuzione dell'atteggiamento di protesta ma in linea generale gli argomenti di Guccini rimangono gli stessi e anche negli anni novanta continua a manifestare il suo malessere nei confronti della politica e della societä attuale con brani come „Nostra Signora dell'Ipocrisia", „Parole" ο „Cirano". Non a caso Guccini spesso viene considerato un cantautore politico, ma senz'altro non lo si puö limitare a questo aspetto. Ciö che lo caratterizza in maniera evidente e il modo di elaborare i testi. II cantautore passa da una scrittura molto spontanea, e centrata innanzitutto sul messaggio, a uno stile ricercato in cui si nota la maggior attenzione dedicata alle singole parole, ai singoli suoni e al rapporto che si instaura fra di loro. Attraverso l'intenso confronto con il linguaggio, la cosciente elaborazione dei versi e la costante ricerca di forme nuove, Guccini riesce a creare testi di alto valore poetico-letterario. „I brani di Guccini certamente si distinguono sia per la ricercatezza formale (ci si imbatte spesso in figure retoriche) che per la ricercatezza fonetica (segnalata dalla presenza di ritmo, rime e assonanze) e lessicale (segnalata dall'uso di diversi registri). Guccini adotta elementi giä esistenti nella tradizione letteraria ο in quella popolare, Ii intreccia e Ii modifica fino a trasformarli in ciö che si puö definire Ίο stile gucciniano'."3
II. La poetica di Francesco Guccini Tre aspetti caratterizzano in maniera determinate la poetica di Francesco Guccini: innanzitutto la particolare attenzione dedicata all'abbinamento delle parole, in secondo luogo l'abilitä di cogliere la poesia all'interno della quotidia-
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Danielopol 1999, p. 22.
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nitä e infine la tendenza a mettere a confronto concetti antitetici. In seguito cerchero di evidenziare sulla base di esempi alcune di queste particolaritä.
II. 1. II gioco con rime e assonanze Nella scelta del lessico, Guccini mostra una predilezione per l'accostamento di parole in rima ο in assonanza. II suo gusto di giocare con le rime e fortemente influenzato dalla cultura popolare toscana che gli e famigliare sin da bambino. La rima e per me molto importante. e anche Γ assonanza, e mi vengono, direi, in maniera molto spontanea, non e che le stia a calcolare. Probabilmente anche perche qua siamo in Toscana, nonostante tutto, e la cultura toscana ha una cultura di canti improwisati in ottava rima. Anch'io ho cantato in ottava rima, (...) e quindi c'e un bagaglio di rime che ognuno si porta in testa.4 A differenza dei canti popolari, „in Guccini il procedimento di accostare parole foneticamente simili e molto complesso e va oltre la rima in posizione finale di verso: compare piü frequentemente la rima interna, la cui funzione non e solo mnemotecnica, in quanto crea una musicalitä interna che va al di lä della melodia e che contribuisce a strutturare il brano mettendo in relazione diverse parole e generando cosi, per associazione di idee, nuovi significati " 5 Un esempio e „Autogrill", un brano di atmosfera crepuscolare in cui Guccini usa rime inconsuete per ottenere un preciso effetto sul piano semantico. NeH'anonimo ambiente di un autogrill l'io narrante confronta la propria solitudine con quella della cameriera dietro al banco. Sentendo una certa affinitä spirituale, gli viene voglia di prenderla per mano e scappare via insieme a lei. Ma nel gioco avrei dovuto dirle: „Senti, senti ti vorrei parlare... " Poi, prendendo la sua mano sopra al banco: „Non so come cominciare: non la vedi, non la tocchi oggi la malinconia? Non lasciamo che trabocchi, vieni, andiamo, andiamo via..." In questo contesto compare la rima Juke-box" - „Fox". I termini „Fox", cioe la casa cinematografica americana, e Juke-box", macchina proveniente sempre dagli Stati Uniti, per associazione di idee rafforzano l'atmosfera di anonimitä dell'area di servizio autostradale. L'arredamento piuttosto squallido e in stile americano come lo si trova in molti posti del genere, con la soda-fountain, le tendine in nylon rosa, l'illuminazione al neon e infine il juke-box la cui musica
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Danielopol, intervista 15/07/98. Danielopol 1999, p. 26.
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nonostante tutto non riesce a dissolvere la solitudine. L e chimere del protagonista vengono interrotte dall'entrata di una coppia che rompe l'incanto creatosi in un momento di meditazione. Con una serie di rime quasi crepuscolari 6 si annuncia l ' i m p r o w i s o risveglio del protagonista dai suoi sogni. Terminö in un cigolio il mio disco d'atmosfera, si senti uno sgocciolio in quell'aria al neon e pesa, sovrastö l'acciottolio quella mia fräse sospesa, ed io... ma poi arrivo una coppia di sorpresa „Acque" e un altro brano in cui si puö individuare la rilevanza del piano fonetico. In „Acque" il cantautore riprende il tema del tempo, un argomento che sin dagli esordi e presente nei suoi testi. A differenza di altri brani, questo non ha una vera e propria trama ma e una metafora suggestiva del tempo che passa inesorabilmente. Con un minuzioso gioco di rime, assonanze e la ripetizione quasi onomatopeica di vibranti, palatali e sibilanti, Guccini rende evidente il carattere fluido dell'acqua che - come il tempo - non si puö afferrare e nel suo passaggio lascia dietro a se un amaro senso di vanitä e di insoddisfazione. L'acqua che passa fra il fango di certi canali tra ratti sapienti e pneumatici e ruggine e vetri chissä se e la stessa lucente di sole ο fanali che guardo oleosa passare rinchiusa in tre metri. Si puö stare ore a cercare se c'e in qualche fosso quell'acqua bevuta di sete ο che lava te stesso ο se c'e nel suo correre un segno od un suo filo rosso che leghi un qualcosa a qualcosa, un pensiero a un riflesso. Ma l'acqua gira e passa e non sa dirmi niente di gente, me, ο di quest'aria bassa; ottusa e indifferente cammina e corre via lascia una scia e non gliene frega niente. Ε cade su me che la prendo e la sento filtrare. leggera infeltrisce i vestiti e intristisce i giardini
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La rima „cigolio"- „sgocciolio" - „acciottolio" fa pensare a Guido Gozzano che ne La signorina Felicita owero la felicitä usa la rima „brontolio" - „acciottolio": „Maddalena con sordo brontolio / disponeva gli arredi ben detersi, / rigovernava lentamente ed io, / giä smarrito nei sogni piü diversi, / accordavo le sillabe dei versi / sul ritmo eguale dell'acciottolio." In ambedue i testi la rilevanza dei rumori quotidiani έ sottolineata dalle rime e alio stesso tempo il momento poetico viene relativizzato ironicamente
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Nello stesso brano Guccini rivela il suo piacere di giocare con termini somiglianti e di abbinare parole per il loro valore ritmico e musicale. Nella descrizione dell'acqua riprende foneticamente il verbo „diventa" trasformandolo, quasi senza alterarlo, in due parole distinte: „diventa di terra, di vento, di sangue e pensiero". In questo modo suggerisce ancora il senso di malessere e di vuoto che il passare dell'acqua - cioe del tempo - fa sorgere in lui. Un altro gioco di significanti si riscontra in „Parole", un confronto critico ed ironico con la comunicazione verbale. La maggior parte di quello che si dice e si sente si riduce a vuote chiacchiere, fatte piuttosto per il piacere di (sentirsi) parlare che per esprimere qualcosa di essenziale. Con gioia di parole ci riempiamo le mascelle e in aria le facciamo nmbalzare e se le cento usate sono in fondo sempre quelle non e importante poi comunicare, e come l'uomo solo chefischiettadal terrore e vuole nel silenzio udire un suono, far rumore. La critica espressa nella canzone e indirizzata soprattutto ai mass-media, in special modo alla televisione, che offre al pubblico quasi esclusivamente trasmissioni di intrattenimento di scarso valore culturale e influisce negativamente su una generazione che conosce sempre meno la cultura classica: „chi sia Voltaire mi dite? va be', dopo ve lo spiego." II brano finisce con uno sberleffo basato sull'omofonia di „fra", preposizione, e „fra" nel senso di 'frate': „Fra Mina e fra Mercuzio son parole, e non son frati". Son quelli che distinguono parole da parole e sanno sceglier fra Mercuzio e Mina, che fanno i giocolieri fra le verita e le mode, i Franti che sghignazzano a dottrina, che irridono ai proverbi e berceran disincantati: 'Fra Mina e fra Mercuzio son parole, e non son frati!' Spiega Guccini: „C'e un gioco di parole, 'fra Mina e fra Mercuzio' - le due preposizioni si possono leggere perö anche come 'frate Mina e frate Mercuzio', anche se sono parole e non sono frati."7 Si rivela in modo evidente, per chi la sa cogliere, la differenza fra chi, come il personaggio di Shakespeare, ha qualcosa da dire e chi, come la cantante italiana, dice solo „Parole, parole, parole,...".
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Danielopol, intetvista 24/08/98.
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II.2. L'abilita nel cogliere la poesia all'interno di situazioni e oggetti quotidiani Nel confronto con la realtä, sono spesso le situazioni e gli oggetti quotidiani che destano l'interesse di Guccini e dei quali rivela la poesia. Nella sua abilitä di cogliere la poesia all'interno delle piccole cose, si awerte chiara l'impronta dei poeti crepuscolari. II loro tentativo di prendere le distanze dalla poesia tradizionale Ii porta appunto a rinunciare alla distinzione fra fatti poetici, degni di essere soggetto della lirica, e fatti non poetici. Come i crepuscolari, anche per Guccini e essenziale mettere in luce la valenza poetica degli oggetti comuni e delle situazioni apparentemente banali. Cio awiene da un lato attraverso la scelta dei soggetti: in „Vorrei" l'incanto dell'amore appena nato e il desiderio di conoscere fino in fondo la persona cara sono resi tramite il gusto quasi consolatorio degli odori umili e casalinghi. Vorrei conoscer l'odore del tuo paese, camminare di casa nel tuo giardino, respirare nell'aria sale e maggese, gli aromi della tua salvia e del rosmarino Tale immagine si riscontra anche in molti testi crepuscolari.8 Dall'altro e soprattutto attraverso il linguaggio che la poesia diventa piü immediata. La „conquista linguistica del mondo quotidiano"9 permette di accogliere tratti tipici del registro parlato e spesso aumenta l'espressivitä del testo. In „Samantha", ad esempio, la protagonista proviene da una famiglia non agiata. Samantha scende le scale di un policentro attrezzato comunale, 30 anni e poi l'appartamento sarä suo, ο meglio, dei suoi genitori che ogni mese devono strappare il mutuo da uno stipendio da fame Per poter pagare le rate dell'appartamento, i genitori di Samantha devono fronteggiare considerevoli difficoltä economiche. Guccini lo fa intendere tramite l'accostamento espressivo di „strappare" e „mutuo". Inoltre, usando l'espressione popolare „stipendio da fame" rafforza l'idea del sacrificio in modo piü immediato di quanto non potrebbe fare con un equivalente in italiano Standard. Un altro modo di accentuare l'andamento discorsivo e l'impiego della congiunziune „ma" oppure „e" in apertura di brano. Ciö si verifica ad esempio in 8
Ad esempio in „La signorina Felicita owero la Felicitä": „M'era piü dolce starmene in cucina / tra le stoviglie a vividi colon: / tu tacevi, tacevo, Signorina: / godevo quel silenzio e quegli odori / tanto tanto per me consolatori, / di basilico d'aglio di cedrina..." (Gozzano 1976, p. 112).
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Ferroni 1992. p. 863.
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„Farewell", presa di coscienza di un rapporto che sta finendo: „... Ε sorridevi e sapevi sorridere / coi tuoi vent'anni portati cosi / come si porta un maglione sformato su un paio di jeans". Tale incipit crea l'impressione che 1'autore stia pensando a qualcosa accaduto in passato ο addirittura ne stia parlando, quando aH'improwiso inizia la canzone: il richiamo a pensieri precedenti rende piü immediata la vicenda narrata. Altri esempi in cui l'ascoltatore viene portato in medias res sono: „Ma che piccola storia ignobile mi tocca a raccontare" („Piccola storia ignobile"), „Ma se io avessi previsto tutto questo" („L'awelenata"), „Ma come vorrei avere i tuoi occhi" („Culodritto"), „Ma dove sono andate le piogge d'aprile" („Le piogge d'aprile"), „E un'altra volta e notte e suono" („Canzone di notte n. 2"), „E guardo fuori dalla finestra e vedo quel muro solito che tu sai" („Quattro stracci").
II.3. II gioco con contrasti e opposizioni Un principio essenziale della poetica gucciniana e il confronto di concetti antitetici. Molti brani sono impostati proprio suH'alternarsi di elementi contrastanti che si ridimensionano e si cancellano a vicenda. In tale procedimento, sul piano sintattico Guccini usa spesso una congiunzione per collegare due frasi contraddittorie: „come vedi tutto e normale / in questa inutile sarabanda / ma nell'intreccio di vita uguale / punge un rovaio di un dubbio eterno" („Lettera"), „la vita che buffa cosa / ma se lo dici nessuno ride" („Tango per due"), „E si son tanti gli anni, ma se guardo ancora pochi" („Parole"). Le congiunzioni in tale contesto assumono una fiinzione awersativa per esprimere i dubbi e il continuo interrogarsi dell'autore. A questo proposito Guccini stesso spiega: „Io uso spessissimo il 'ma', affermo una cosa e dopo averla affermata la modifico, la tempero, dico 'ma', 'oppure', 'forse': le mie sono raramente dichiarazioni, sono piuttosto pensieri suscettibili di interpretazioni diverse."10 Quando il ,,ma" introduce una considerazione che ridimensiona l'affermazione precedente si puo anche creare un effetto di ironia: „Vergognandomi ma solo un poco appena" („Autogrill"), „ogni giomo e un buco nero da riempire, / ma, per quanto, non l'ho mai visto colmato" („Canzone di notte n. 3"), „abbiamo fisso in testa un nostra piano / se e quando moriremo / (ma la cosa e insicura) / avremo un paradiso su misura / in tutto somigliante / al solito locale / ma il bere non si paga e non fa male" („Gli amici"). II confronto - spesso sorprendente di due fatti contraddittori esprime a volte sarcastica provocazione - „Venite pure avanti poeti sgangherati, / inutili 10
Bernieri 1978, p. 75.
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cantanti di giorni sciagurati, / buffoni che campate di versi senza forza / avrete soldi e gloria ma non avete scorza" („Cirano") - oppure amara rassegnazione: „Stefania non stava mai male / ma e morta di parto gridando / in un letto sudato di un grande ospedale" („Venezia"), „E fuori c'e una strada all'infinito, lunga come la speranza, / . . . / m a attorno alia prigione c'e un deserto dove spesso il vento danza" („Canzone per Silvia").
II.3.1. Accostamento di aulico e colloquiale Sul piano stilistico e la commistione di vari registri che in molti brani accentua l'espressivitä testuale. L'accostamento immediato di termini presi dal registro alto e da quello basso, che normalmente non verrebbero associati l'uno all'altro, mette in risalto ambedue e determina un effetto di continua tensione. In „Canzone di notte n. 3", ad esempio, Guccini evoca l'atmosfera di un locale notturno, dove il contrasto fra il pontificare e il bestemmiare esprime una condizione esistenziale che diventa metafora della vita. La vita e concepita come un gioco in cui c'e sempre il rischio di perdere ma non bisogna mai arrendersi. In questo brano Guccini intreccia modi di dire aulici con modi di dire volgari e con espressioni prese dal lessico dei giocatori a carte, legandoli ulteriormente con l'uso della rima. I termini prendono reciprocamente forza dalla loro vicinanza e creano un sapiente effetto di equilibrio: Ogni etä chiude in se i crismi11 dello sbando, sbaglio β intuire, coi suoi giochi di carambola12 e rimando, prendere e offiire13, (...)
Lo capisco se mi prendi per le mele14 ma ci passo sopra, gioco e non mi arrendo15 ogni giorno riapro i vetri e alzo le vele,'6 se posso, prendo.
„crismi": originariamente έ un termine ecclesiastico, significa anche 'approvazione' o, come in questo caso, 'segno caratteristico'. „carambola": gioco di biliardo, lessico adoperato dai giocatori a carte. „prendere e offrire": da notare l'accostamento ossimorico dei verbi, attuato anche nelle strofe successive. „mi prendi per le mele": modo di dire volgare toscano per 'prendere in giro', contrasta con il successive modo di dire aulico „mandar giü fiele", „non mi arrendo": lessico adoperato dai giocatori a carte, „alzo le vele": lessico adoperato dai marinai per dire 'salutare'.
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Catherine Danielopol Quando perdo non sto li a mandar giu fiele17 e non mi svendo perche perdere ogni tanto ci ha il suo miele e se dicono che vinco, stan mentendo. Perche quelle poche volte che busso a bastoni mi rispondono con spade ο denari, 18 la ragione diamo, e il vincere, ai coglioni19 oppure ai ban, 2 0 resteremo sempre a un punto dai campioni, (tredici e pari) 21 ma si perda perche siam tre volte buoni 22 e si vinca solo in sogni straordinari. (...) Quello che mi gira in testa 23 questa notte son tomato, incerta arnica, a riferire; noi emergenti, noi con fedi ed ossa rotte, lasciamo dire, ne abbiam visti geni e maghi uscire a frotte24 per scomparire; noi, se si muore solo un po', chi se ne fotte ma sia molto tardi che si va a morire.
Anche „Canzone quasi d'amore" e impostata sulla continua dicotomia fra elementi contrastanti. Una prima opposizione e espressa nel titolo: inserendo „quasi" l'autore rivela la voglia di giocare con le aspettative generali nei confronti di una canzone d'amore. Questa canzone d'amore, contrariamente a molte altre, non ha niente di sentimentale. Con la sottile ironia contenuta nel titolo Guccini prende le distanze da frasi sentimental! e retoriche, tipiche di molte poesie d'amore.
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„mandar giü fiele": modo di dire aulico per 'mandar giü qualcosa, anche se non lo si vuole'. „... busso a bastoni... mi rispondono con spade ο denari": lessico adoperato dai giocatori a carte: Guccini e ironico perche quando un giocatore a carte 'bussa a bastoni', gli altri dovrebbero rispondergli sempre con bastoni; chi, invece, risponde con spade ο con denari, dimostra di non aver capito le regole del gioco. „coglioni": registro volgare. „bari": lessico adoperato dai giocatori a carte. „tredici e pari": esprime che va tutto bene, per Guccini έ pari anche il numero dispari tredici. „tre volte buoni": modo di dire popolare per 'fesso'. „mi gira in testa": modo di dire popolare. „uscire a frotte": modo di dire aulico per 'uscire in tanti di corsa', contrasta con il volgare modo di dire successivo „chi se ne fotte".
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A livello stilistico l'opposizione e resa tramite l'uso di diversi registri. Cosi, ad esempio, mentre la presenza di verbi apocopati e l'impiego di parole antiquate e scelte („menar vanto", „abiti lisi", „il tedio") dä al testo un'impronta aulica, questa e subito ridimensionata dal richiamo di dettagli atipici per una poesia d'amore. Soprattutto nell'asindeto finale sono elencate azioni che fanno parte della vita quotidiana: „fingo d'aver capito / che vivere e incontrarsi / aver sonno, appetito, / far dei figli, mangiare, / bere, leggere, amare, / grattarsi." Menzionando tali atti scontati, che normalmente non si considererebbero degni di essere richiamati in un testo poetico, Guccini ottiene un effetto sorprendente da cui scaturisce un'amara ironia. „E interessante osservare che l'elenco delle azioni materiali, quali 'aver sonno, appetito, far dei figli, mangiare, bere, leggere', e brevemente sospeso dal verbo 'amare', piü usato in contesti poetici. Questa interruzione contribuisce a mettere in evidenza il culmine dell'abbassamento tonale, raggiunto con 'grattarsi'. Si potrebbe parlare di un passaggio immediato e imprevisto, al livello di 'basso corporeo', inteso nel senso di Bachtin, 25 come intreccio della sfera intima con il mondo esterno e dell'annullamento di confini ben definiti fra spirituale e corporale, fra linguaggio considerato poetico e linguaggio considerato non poetico." 26
II.3.2. Capovolgimento di frasi fatte Una caratteristica spiccata di Guccini e il suo particolare approccio alle frasi fatte. Nell'uso quotidiano della lingua „determinate espressioni entrano a far parte, a livello inconscio, della lingua corrente tramite i mass-media ο un certo tipo di letture. Alcune frasi ο accostamenti di parole diventano cosi di uso collettivo e di conseguenza si rischia di assumere una tipologia di espressione che, invece di rispecchiare l'individualitä di chi parla, e comune a tutti." 27 Le frasi che possono sembrare originali a chi le dice, sono spesso in veritä degli automatismi. Guccini ama giocare proprio con questi moduli linguistici usuali, ama modificarli, ambientarli in un contesto diverso, invertirne il significato per decontestualizzarli al fine di ottenere un effetto ironico. L'uso intenzionale di frasi fatte, attribuite ad un'altra persona e riportate quasi fossero un discorso diretto, mettono a nudo la ripetitivitä di chi parla: e il caso dei „tornei 'del secolo'" a cui partecipava il gruppo di amici in „Cencio" Ci sarä forse ancora, appesa in qualche angolo, ο a macchiare di ricordi un muro dell'Associazione Bocciofila Modenese, fra mucchi di coppe e trofei, vinti in tornei ogni volta „del secolo",
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cfr. Bachtin 1990, p. 17. Danielopol 1999, p. 40. Danielopol 1999, p. 48.
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(glorie oscure di eroi dell'a punto, del volo, delle bocciate secche e tese) quella foto sul pallaio, presa una sera di quasi estate Samantha, la protagonista dell'omonimo brano, ancora non e sicura di se stessa e non si rende conto di aver quasi raggiunto il periodo della vita in cui una donna e al massimo del suo splendore. Come molte adolescenti pensa di essere imperfetta mentre in verita e molto bella. ma Samantha saltella, non sa d'avere lunghe gambe da cervo e il seno, come si dice, in fiore, teso, sopra a un corpo ancora acerbo e Samantha, Samantha ancora non sa d'avere un destino da modella e corre allegra lungo i graffiti osceni delle scale quasi donna, quasi bella. Per la descrizione della bellezza Guccini gioca con la banalitä dei modi di dire e dei cliche applicati a ciö che viene considerato bello. „Lunghe gambe da cervo" e il „seno in fiore" sono immagini stereotipate, ma Guccini con l'aggiunta di tre parole - „come si dice" - le smaschera e prende le distanze da questo linguaggio sfruttato. In altri brani, invece, i cliche assumono un aspetto ironico per la banalitä dell'azione, come ad esempio la corsa lungo la spiaggia in „Inutile". II brano e un ricordo di una giornata al mare passata insieme a una donna. Ε la fine di una storia d'amore vissuta con la passione di chi vuole vivere appieno ogni momento ma di cui alia fine resta solo la consapevolezza dell'inutilita. Nella descrizione della corsa lungo la spiaggia l'ironia e generata dall'accostamento di due aggettivi presi da campi semantici diversi: „Compiendo poi quel rito inevitabile e abusato / corremmo coraggiosi e scalzi / lungo la battigia." Accostando i due aggettivi „coraggiosi" e „scalzi" Guccini suggerisce ironicamente e con un certo sarcasmo verso i luoghi comuni dei miti americani, che entrambi siano condizioni indispensabili per una corsa sulla spiaggia. In „Nostra Signora dell'Ipocrisia" si sente un tono fortemente sarcastico nei confronti dei politici, che spesso hanno un'altra attivita considerata piü importante di quella politica: e i cavalieri di tigri a ore e i trombettieri senza ritegno inamidarono un nuovo pudore misero a lucido un nuovo sdegno Prendendo come spunto il modo di dire „cavalcare la tigre" che significa „assumersi un impegno gravoso", Guccini, gioca con l'assonanza e il ritmo della lingua e sostituisce il verbo con il soprannome di Silvio Berlusconi. Aggiun-
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gendo „a ore" attribuisce alia fräse una connotazione di „lavoro mercenario" denunciando la poca serietä con cui spesso si fa politica in Italia. Bersaglio dell'ironia sono anche alcuni luoghi comuni creati dai mass-media e atteggiamenti imposti dalla pubblicitä. Chi conosce il mondo in assoluta armonia con il campo di grano dorato sul quale corre una famiglia felice verso un mulino immacolato propostoci da una ben nota pubblicitä, capira il sarcasmo celato dal verso „mulini bianchi tornaron grigi" in „Nostra Signora dell'Ipocrisia . stelle comete ed altri prodigi facilitarono le conversion!, mulini bianchi tornaron grigi candidi agnelli certi ex-leoni. I mulini bianchi della pubblicitä tornano grigi come i mulini che Guccini conosce sin da bambino: „Io poi ce l'ho con i mulini bianchi perche, dato che sono nipote di mugnai, mi dä fastidio l'immagine del mulino bianco. II mulino non e mai stato bianco, il mulino e sempre stato grigio, e sporco perche c'e la polvere, la farina, .,.". 28 Ε evidente qui lo scontro, tipico della canzone gucciniana, fra il sistema di valori consumistici del mondo attuale, enfatizzato dai mass-media, e i valori della memoria e della civiltä contadina a cui l'autore e legato.
III. Conclusione In conclusione si puö dire che i testi di Francesco Guccini sono di alto valore poetico-letterario. La tensione testuale nasce, innanzitutto, dalla continua dialettica di elementi che si intrecciano e si condizionano a vicenda. Da un lato, ciö si nota nel piacere di abbinare termini foneticamente simili con l'intenzione di creare nuove sfumature di senso. Dall'altro, c'e una forte tendenza a relativizzare concetti esistenti, che possono essere le sue opinioni ο anche atteggiamenti imposti dall'esterno. Guccini lo realizza tramite il gioco di contrasti e opposizioni, che si dipana come un filo rosso in tutta la sua produzione: l'impiego di contraddizioni paradossali, l'accostamento di parole auliche e prosaiche - che richiama fortemente la poesia crepuscolare e il capovolgimento di frasi fatte scuotono l'attenzione di chi ascolta. La sottile ironia che si individua in molti brani gli permette ulteriormente di prendere le distanze da concetti stereotipati e di sdrammatizzare impegnative tematiche esistenziali. Attraverso un'accurata elaborazione dei testi, Guccini ci mostra che nelle sue canzoni „parole non sono solo parole".
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Danielopol, intervista 25/01/99.
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Catherine Danielopol
Bibliografia Accademia degli Scrausi: Versi Rock. La lingua della canzone italiana negli anni '80 e '90. Rizzoli, Milano 1996. Ankli, Ruedi e Peter Burn: Cantautore Republic. Die italienischen Rockpoeten, ihre Geschichte, ihre Texte. Lenos, Basel 1985. Bachtin, Michail: Literatur und Karneval. Zur Romantheorie und Lachkultur. Fischer, Frankfurt a. M. 1990. Baldazzi, Gianfranco et. al.: 1 nostri cantautori. Storia, musica, poesia. Fuori Thema, Torino 1991. Baldazzi, Gianfranco: La canzone italiana del Novecento. Newton Compton, Roma 1989. Bellati, Anna Caterina (a cura di): Francesco Guccini. Dietro a frasi di canzoni. Claudio Lombardi, Milano 1993. Bernardini, Massimo: Guccini. Muzzio, Padova 1987. Bernieri, Claudio: Non sparate std cantautore. Padri, padroni, leaders carismatici: i cantautori della scuola di Bologna. Mazzotta, Milano 1978. Coveri, Lorenzo (a cura di): Parole in musica. Lingua e poesia nella canzone d'autore italiana. Interlinea, Novara 1996. Danielopol, Catherine: Burattinaio di parole. (Tesi di laurea), Salisburgo 1999. De Luigi, Mario e Michele Straniero: Musica eparole. Gammalibri, Milano 1978. Ferroni, Giulio: Profllo storico della letteratura italiana. Einaudi scuola, Milano 1992. Fiori, Umberto: „'In un supremo anelito'. L'idea di poesia nella canzone italiana", in: Analisi e canzoni. (Convegno di studio 12-14 maggio 1995), Dipartimento di Scienze Filologiche e Storiche, Trento 1996, p. 145-161. Gozzano, Guido: Le poesie. Garzanti, Milano 1976. Jachia, Paolo: La canzone d'autore italiana 1958-1997. Awenture della parola cantata. Feltrinelli, Milano 1998.
Internste Danielopol, Catherine: Intervista α Francesco Guccini, Pävana, 15 luglio 1998 (non pubblicata). Danielopol, Catherine: Intervista α Francesco Guccini, Bologna, 24 agosto 1998 (non pubblicata). Danielopol, Catherine: Intervista α Francesco Guccini, Bologna, 25 gennaio 1999 (non pubblicata).
Stefanie Stix
„Ritornerö sui miei passi di ieri": Pippo Pollina un siciliano di cuore ritorna a casa
I. „Camminando" - ein sizilianischer Liedermacher geht seinen Weg Camminando, camminando troverai la tua strada sarä come la volevi e non e poi lontana camminando, camminando scoprirai d'essere uomo forse non sarä domani ma di certo avrä luogo. Ein Blick auf die in den letzten Jahren geradezu explosionsartig angestiegene Menge an Publikationen zur italienischen Musik (sei es zur Tradition der Cantautori, zum Nuovo Rock Italieno oder zur Rap-Szene) macht eine Antwort auf die Frage, was mit einem „cantautore" gemeint ist, nicht eben leicht. Aber in einem Punkt scheinen sich alle einig zu sein: ein italienischer Cantautore lebt in Italien, auch wenn er mehr oder minder große Teile seines Erfolgs auf ausländischen Bühnen erlangt haben mag. Was fur die Literatur in italienischer Sprache längst unstrittig ist, nämlich dass es italienische Literatur außerhalb Italiens geben kann, 1 scheint für die Musikszene noch nicht evident. Insofern stellt der im nachfolgenden Artikel vorgestellte Cantautore Pippo Pollina einen Sonderfall dar - und gleichzeitig mag er als ein (mittlerweile berühmtes) Beispiel für viele weniger bekannte Musiker/Sänger/Dichter gelten, die ihre Sprache und Kultur in einem (zunächst) fremden Kontext lebendig halten. Der sizilianische Liedermacher Pippo Pollina konnte einen seiner größten Erfolge mit dem Lied „Camminando" feiern, welches gleichzeitig zum Synonym für sein Leben und seine musikalische Entwicklung werden sollte. Mit seinem Weggang als Jugendlicher aus seiner Heimat Sizilien entschied er sich für ein neues, zunächst unbequemeres Leben als Straßenmusiker, in einer ihm fremden Welt, voller Überraschungen und ständig neuen Herausforderungen. Zuvor hatte er, sehr zum Mißfallen seiner Eltern, das bereits begonnene Studium der Rechtswissenschaften kurzerhand abgebrochen. Ed io penso a mia madre e con lei i suoi sorrisi mi vedeva dottore nei suoi sogni ormai in crisi ed io penso alle sue carezze e al suo pianto salato quando venne il giorno triste in cui me ne sono andato.
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Siehe hierzu den von Caroline Lüderssen und Salvatore A. Sanna herausgegebenen Band Letteratura de-centrata. Italienische Autorinnen und Autoren in Deutschland, Frankfurt 1995.
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Stefanie Stix
Doch vor allem sein Erfolg in den deutschsprachigen Ländern Schweiz, Deutschland und Österreich, aber auch seine derzeit zunehmende Anerkennung in seinem Heimatland Italien, haben ihn mittlerweile davon überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben und ihn fur den festen Glauben an seine Musik belohnt. Seit 14 Jahren lebt er nunmehr mit seiner Familie in Zürich und hat sich inzwischen vor allem in der schweizerischen Musikszene etabliert. Dort, und überhaupt im deutschsprachigen Raum, zieht der sympathische Liedermacher seine Zuhörer sowohl bei großen Festivals als auch bei familiären Konzerten in seinen Bann und begeistert sein Publikum nicht nur durch seine Musik und seine gefühlvolle und starke Stimme, sondern auch durch seine enorme Ausstrahlung und Ausdruckskraft. Die quirlige und spitzbübische Art des Sizilianers sind längst zu seinem Markenzeichen geworden: Während seiner Auftritte beschränkt er sich nicht alleine auf die musikalische Darbietung, sondern sucht pausenlos den Kontakt mit dem Publikum und integriert es in sein Programm. Dabei plaudert er aus seinem Leben, erzählt kleine Anekdoten oder wie im Rahmen seiner letzten Tournee - liest aus seinem 1997 veröffentlichten Buch Camminando camminando vor und kommuniziert so auf unkomplizierte Weise mit seinem Publikum.
II. Stationen eines Liedermachers - von der Straßenmusik zu den europäischen Bühnen In dem autobiographischen Buch Camminando camminando spricht Pippo Pollina mit dem Musikkritiker des Zürcher-Tagesanzeiger Benedetto Vigne unter anderem über seine Musik, über seine eigentliche Heimat Sizilien, seine Wahlheimat Schweiz und über die Mafia, und schildert dabei impulsiv, unterhaltsam und nicht selten etwas nostalgisch sein Leben. Dabei kann er eine ziemlich erfolgreiche Bilanz seiner Karriere ziehen: In über 2000 Live-Auftritten hat er sechs Programme vorgestellt, ebenso viele Alben und drei Singles veröffentlicht und 200.000 Alben verkauft. Der am 18. Mai 1963 in Palermo geborene Giuseppe Pollina entdeckte bereits als Kind seine Liebe zur Musik, die sich im Laufe der Zeit weiter vertiefte. Im Jahre 1979 gründete er zusammen mit einigen Freunden die Gruppe Agricantus, welche sich zunächst dem südamerikanischen Stil verschrieben hatte, bevor sie sich in den 80er Jahren der sizilianischen Musik zuwandte. Ihrem sozialen und politischen Engagement für ein besseres Leben in ihrer Heimat und ihrem Kampf gegen die Mafia verliehen sie nicht nur in ihrer Musik Ausdruck, sondern auch in verschiedenen politischen Aktionen. Im Jahre 1983 setzte Pippo Pollina ein weiteres Zeichen seiner Auflehnung gegen die Mafia und die Korruption innerhalb Siziliens, als er die Zeitung I Siciliani mitbegründete und zusammen mit anderen Studenten den Journalisten Fava bei der Ein-
„Ritomerö sui miei passi": Pippo Pollina
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richtung einer Redaktion in Palermo unterstützte. Nach der Ermordung Favas durch die Mafia im Jahre 1984 waren sie während einer Recherche flir die Zeitung I Siciliani Giovani einer Verschwendung von Steuergeldern in der Gemeindeverwaltung auf die Spur gekommen. Bald bemerkten sie, dass sie sich hier auf einem gefahrlichen Terrain bewegten, so dass Pippo Pollina sich kurzerhand entschloss, dem Leben in Palermo für einige Zeit zu entfliehen. Auf der Suche nach neuen Erfahrungen und neugierig, andere Menschen und fremde Welten kennenzulernen, verließ er am 15. Oktober 1985 Sizilien in Richtung Norden. Es verschlug ihn zunächst nach Wien, wo er sich der sizilianischen Gruppe Alcantara anschließen wollte, um mit ihnen quer durch Europa zu ziehen. Diese war jedoch bereits nach Luzern weitergereist, so dass er sein Ziel änderte und für kurze Zeit mit ihnen durch das Land zog, bevor er sich entschied, alleine sein Glück als Straßenmusiker zu versuchen. Wegweisend für seine weitere Zukunft als Musiker sollte die Begegnung mit dem rätoromanischen Liedermacher und Schriftsteller Linard Bardill im März 1986 und die sich daraus entwickelnde Freundschaft zwischen den beiden sein. Bardill schlug ihm nicht nur eine gemeinsame Tournee vor, er ermutigte ihn außerdem, seine erste eigene Kassette mit dem Titel Aspettando che sia mattino aufzunehmen und gab ihm Ratschläge für eine professionellere Organisation seiner Musik. Tatsächlich ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten und Pippo Pollina konnte innerhalb von zwei Jahren 4000 Kassetten seines ersten Albums absetzen. Die auf dem Album enthaltenen Lieder sprechen überwiegend vom Alltag in Palermo und dem Warten vor der großen Abreise, da sie zu einem Zeitpunkt entstanden sind, als der Liedermacher sich bereits mit dem Weggang aus Sizilien beschäftigte. Bis zu diesem Moment war die Musik für ihn lediglich ein Ausdrucksmittel gewesen, deren positiver Nebeneffekt den kommerziellen Erfolg und die Finanzierung seines Lebens mit sich brachte. Diese idealistischnaive Einstellung war sicher auch der Grund dafür, dass es noch einige Zeit dauerte, bis er an Professionalität gewann und erkannte, dass auch die Straßenmusik im Wandel begriffen war und zunehmend der kommerzielle Aspekt in den Vordergrund rückte. In den daraufFolgenden Jahren gelang es ihm jedoch trotz intensiver Bemühungen zunächst nicht, sich als professioneller Musiker in der Schweizer Musikszene zu etablieren. Erst mit der Verleihung eines Förderpreises, in Form einer unentgeltlichen Plattenaufnahme durch das deutschschweizer Radio, wurde es ihm 1989 ermöglicht, sein zweites Album mit dem Titel Sülle orme del re Minosse aufzunehmen. Der relativ geringe Erfolg des Albums läßt sich wohl auf die ungewöhnliche Thematik der Lieder zurückführen: diese stellen vornehmlich Reisen zu den Plätzen der Mythologie und der Geschichte dar und wurden nur
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von wenigen Leuten verstanden.2 Nach der Wut und der Enttäuschung über die Ignoranz der großen Verlagshäuser EMI, WEA und CBS in Italien, bei denen er zwischenzeitlich ohne Erfolg „angeklopft" hatte, stellte sich aber doch noch ein kleiner Erfolg ein: mit dem Zytglogge-Verlag hatte er zumindest einen Vertrieb für seine Alben gefunden. Seine dritte Produktion, das Album Nuovi giorni di settembre, erschien 1991 und war aufgrund der Beteiligung verschiedener ausländischer Musiker aus Sicht des sizilianischen Liedermachers zwar ein gelungenes Album, avancierte jedoch mangels angemessener Werbung zunächst zum Flop. Ungeachtet dessen stellte es für den Liedermacher persönlich keine Enttäuschung dar, da er sich sehr stark mit dem Album verbunden fühlte. Denn in den Liedern des Albums werden die 5 Jahre seiner Abwesenheit von Palermo resümiert und Erinnerungen an seine Heimat Sizilien, verbunden mit dem Gefühl des Heimwehs, das er nicht selten verspürte, ausgedrückt. Während der anschließenden Tournee mit der Sängerin Tamara de Vito konnte er das Album rund 5000 mal verkaufen. Im Jahre 1992 sollte Pippo Pollina eine weitere, für seine Karriere wichtige Begegnung machen: Er begab sich in die Obhut des Managers Franz Bachmann, der aufgrund seiner Arbeit mit Stars wie Alice und Angelo Branduardi ein Experte auf dem Gebiet der professionellen Vermarktung war. Ihm verdankt der Musiker auch seinen ersten Kontakt mit deutscher Musik in Gestalt des Liedermachers Konstantin Wecker, mit dem ihn bis heute eine enge Freundschaft verbindet, die sich neben gemeinsam produzierten Liedern auch in einer gemeinsamen Tournee manifestierte. Vor dem Tourneebeginn veröffentlichte er im März 1993 das engagierte und erstmals auch im Ausland veröffentlichte vierte Album Le pietre di Montsegur, auf dem nicht nur Konstantin Wecker und andere externe Coautoren mitwirkten, sondern auch Stücke von Vera Kaa und Linard Bardill und erneut Lieder über seine Heimat zu finden sind. Nach der äußerst erfolgreichen Tournee mit Konstantin Wecker folgte eine weitere Tournee mit seinem alten Freund Salvo Costumati, bei der er unter anderem auch die Bekanntschaft Georges Moustakis machte. Dieser wirkte auch auf seinem fünften, musikalisch und aufnahmetechnisch ausgefeilten Album Dodici lettere d'amore im Jahre 1995 mit. Neben der beruflichen Bereicherung waren die zahlreichen Begegnungen mit anderen Künstlern auch Ausdruck von Pippo Pollinas Lebensgefühl. Er versucht, durch gegenseitigen Austausch so viele Welten wie möglich miteinander zu vereinen. Zu Beginn des Jahres 1997 erschien sein vorerst letztes und von den Medien als frischestes und rockigstes Werk bezeichnetes Album II giorno del falco. Ohne Zweifel ein Album mit Liedern großen Engagements, die sich mit der lange geplanten Rückkehr des 2
Auch der Liedermacher selbst bezeichnete es trotz der professionellen Produktion als „esoterisches, unreifes und konfuses Werk mit seltsamen Stücken".
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Liedermachers in seine Heimat Sizilien befassen, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft äußern und eine gewisse Angst vor der Konfrontation mit einer ihm unbekannten Welt ausdrücken. Das Durchlaufen der „Lebensschule Straßenmusik" hat sowohl Pippo Pollinas Charakter als auch seine Musik geprägt und ihm den Weg zu den europäischen Konzertbühnen geebnet. Am 30. Oktober 1997 wurde die bisher exotische Vorstellung, einmal in seiner Heimatstadt Palermo zu spielen, endlich Wirklichkeit. Nicht nur seine Eltern, sondern auch Italiens Presse und der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, waren zu seinem ersten heimatlichen Auftritt erschienen und zollten dem verlorenen Sohn Respekt und Applaus.
III. Pippo Pollina - „Un cantautore impegnato"? Pippo Pollina versteht sich selbst nicht als cantautore impegnato, da er der festen Überzeugung ist „che non si puo cambiare qualcosa con la musica".3 Er charakterisiert sich vielmehr als einen Individualisten, der seine persönlichen Ideen und Vorstellungen dem Publikum exponiert. Dies geschieht aber nicht mit der Absicht, die Menschen von etwas zu überzeugen, da es vielmehr sein Anliegen ist, seinen Zuhörern gewisse Botschaften zu vermitteln, die ihnen die Möglichkeit geben, ihre eigenen Vorstellungen und Meinungen zu entwickeln. Seines Erachtens handelte es sich bei der Vorstellung, man könne mit Musik etwas verändern, um eine Illusion, der auch die italienischen cantautori impegnati der 60er und 70er Jahre erlagen. Zwar waren diese die ersten Musiker, die ihr musikalisches und dichterisches Schaffen mit sozialen und politischen Bewegungen ihrer eigenen Zeit verknüpften, aber die Tatsache, dass auch in der heutigen Zeit Kriege überall auf der Welt immer noch andauern, bestätigt ihn in seiner Auffassung, dass man durch Musik alleine nichts verändern kann. Das Phänomen der cantautori impegnati würde er deshalb eher als eine Trenderscheinung der damaligen Zeit bezeichnen, nach deren Abflauen die älteren Cantautori wie Lucio Dalla oder Francesco Guccini heute zunehmend aus der Mode gekommen sind bzw. ihre Funktion, der Radikalopposition eine Stimme zu verleihen, auf andere Kulturphänomene übergegangen ist. La definizione del cantautore e legata ad un tempo storico, cioe agli anni 60/70. Oggi non esistono piu cantautori della mia eta in Italia che fanno musica solo per piacere, come arte e non per guadagnare soldi....*
3
Im Februar 1998 hatte ich die Gelegenheit, Pippo Pollina bei einem seiner Konzerte persönlich kennenzulernen und ein kurzes Interview mit ihm zu fuhren. Hierbei konnte ich ihm unter anderem auch einige Fragen hinsichtlich seiner Beziehung zu Sizilien und seiner Selbsteinschätzung als cantautore impegnato stellen. Die Aussagen des Interviews fließen in den Text mit ein und werden mit dem Zeichen * gekennzeichnet.
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Zugegebenermaßen eine etwas gewagte Aussage, die man jedoch durchaus nachvollziehen kann, wenn man die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte betrachtet, in denen das politische und soziale Engagement zunehmend dem kommerziellen Aspekt untergeordnet wurde. Dennoch würde ich, entgegen seiner Selbsteinschätzung, das Phänomen des cantautore impegnato im Hinblick auf Pippo Pollina nicht vollkommen von der Hand weisen, da er bis heute politisches Engagement und Leidenschaft für die Musik in seinen Liedern verbindet. Seine anspruchsvollen, poetischen und häufig auch sozialkritischen Texte setzen sich neben alltäglichen Ereignissen auch immer wieder mit politischen und sozialen Problemen auseinander, so dass man ihn durchaus als cantautore impegnato im Sinne der heutigen Zeit betrachten kann. Und dass er mit einer gewissen Nostalgie von den „guten alten Zeiten" der engagierten Liedermacher spricht, mag ein weiteres Indiz dafür sein, dass er sich selbst in diese Tradition stellen möchte. Kennzeichnend für sein sowohl politisches als auch soziales Engagement und gleichzeitig Musterstücke seines musikalischen Schaffens sind beispielsweise die beiden Lieder „Signore, da qui si domina la valle" und „II giorno del falco" aus seinem gleichnamigen Album II giorno del falco. Während er in dem Lied „Signore, da qui si domina la valle" den Bürgerkrieg in ExJugoslawien thematisiert, greift er in „II giorno del falco" den Militärputsch in Chile von 1973 und die damit verbundene Gewalt auf. Signore, da qui si domina la valle e a cento e a mille ne vedo di Cristi distesi sul selciato all'ombra d'alberi stizziti (...) Signore, da qui si sentono le voci le grida invincibili della vita fermi quest'odio, questa partita questa maledetta follia infinita
Ε venne il giorno del falco una mattina di settembre spalancarono il giorno ne squartarono il ventre (...)
e sul far della sera spensero i fuochi nello stadio datemi un fiore per non morire e una bandiera per morire Ε venne il giorno del falco sotto l'artiglieria dei traditori al soldo di un padrone di polizia e venne scivolando a valle sulle piazze e sulla Moneda mentre Victor cantava vide il falco sulla preda
Die Liste seiner engagierten und sozialkritischen Lieder läßt sich unter anderem mit dem ironischen Lied „Seconda Repubblica" fortsetzen, in welchem er seine Beziehung zur italienischen Nation thematisiert und die politischen Verhältnisse
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Italiens und das Medium Fernsehen kritisiert. Die in Italien herrschende Korruption, die Politiker, der Papst, die Mafia und die Verantwortlichen des Atomunfalls in Tschernobyl sind einige weitere Themen, die man beispielsweise in den Liedern „Ci vorrebbe un'idea" und „Chernobyl, dieci anni dopo" vorfindet. Nicht zuletzt äußerte sich das Engagement des Liedermachers auch während der gemeinsamen Tournee mit Konstantin Wecker, die laut eigener Aussagen der beiden Künstler ein Zeichen der Auflehnung gegenüber den Brandanschlägen von Neonazis auf Asylantenheime in Deutschland setzen sollte. In diesem Zusammenhang entstand auch das gemeinsame Lied „Questa nuova realta", ein hoffnungsvolles und optimistisches Duett, in welchem die Menschen aufgerufen werden, sich dem „fascismo che ritorna" und der „Dummheit", die sich wieder einmal breit macht, zu widersetzen. Die Aufforderung „Laßt uns miteinander reden und umarmen wir jetzt jeden der uns braucht in dieser bitterkalten Zeit", widerlegt meines Erachtens definitiv Pippo Pollinas Selbsteinschätzung als nicht engagierter Cantautore.
IV. Heimat, Herkunft, Hoffnung und Liebe: zentrale Themen seiner Musik Ein weiterer dominanter Themenkomplex innerhalb seiner Musik bildet neben den engagierten Liedern auch die Frage nach den eigenen Wurzeln, die Beziehung zu seiner Heimat und der Gedanke der Rückkehr dorthin. Vergleicht man die verschiedenen, im Laufe seiner Karriere entstandenen Lieder zu dieser Thematik, so wird deutlich, dass sich seine Beziehung zu Sizilien und speziell zu seiner Heimatstadt Palermo im Laufe der Jahre entwickelt hat und förmlich gereift ist. „Terra", „Per un amico", „Per amare Palermo" und „Una canzone di notti", sind nur einige wenige von zahlreichen Liedern, die sich mit den Themen Heimat und Herkunft befassen. Innerhalb dieses Themenkomplexes befinden sich auch Lieder, in denen er seinen Hoffnungen Ausdruck gibt, dass sich positive Veränderungen in Sizilien vollziehen werden, wie etwa „Camminando", „Cambierä" oder „Buona fortuna" und wiederum solche, die die Vision der Heimkehr thematisieren, wie die beiden Lieder „Questa sera" und „Confessioni". „Madre", „Quando la luna costava dieci lire", „Nuovi giomi di settembre" und „Al crepuscolo" hingegen schildern seine mit Sizilien verbundenen Kindheitserinnerungen. Einen weiteren thematischen Schwerpunkt seines musikalischen Repertoires verkörpern die zahlreichen nostalgisch-melancholischen Liebeslieder, wie etwa „Luntanu", „Amici di ieri", „Vorrei dirti" und „Dimenticare Marina". Außerdem das autobiographische Liebeslied „Pagine di mare", welches von einer nicht vergessenen Jugendliebe handelt und die Lieder „Malatesta", „Julian" oder „Leo", die Liebeserklärungen oder Widmungen an Menschen darstellen, die ihm
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nahe stehen. Dabei gleiten seine Liebeslieder jedoch niemals in die Banalität ab und verfallen auch nicht dem Klischee, das bei in Deutschland populären italienischen Musikern häufig anzutreffen ist, wenn es darum geht, das Stereotyp des italienischen Lebensgefühls in Form von amore, sole, mare e belcanto zu verkaufen. Seine Liebeslieder zeichnen sich vielmehr durch sehr poetische und einfühlsame Texte aus. Ferner räumt er dem Phänomen der Mafia eine nicht unbedeutende Rolle in seinen Liedern ein, wobei er dieses zwar nur selten explizit erwähnt, dafür aber indirekt, gewissermaßen zwischen den Zeilen darauf anspielt und somit den Eindruck erweckt, dass das Problem Mafia nicht nur in seinen Liedern, sondern auch in der sizilianischen Realität allgegenwärtig ist. In dem Lied „Elegia ai caduti" gedenkt er beispielsweise den zahlreichen Opfern der Mafia, die aufgrund von deren Machenschaften sterben mussten. Diese intensive und scheinbar permanente Auseinandersetzung mit der Mafia lässt sich wohl auf die Tatsache zurückfuhren, dass er bereits als Jugendlicher mit mafiosen und korrupten Strukturen innerhalb Siziliens in Berührung gekommen ist. In den Liedern „SIM", „Sülle orme del re Minosse" oder „Et in arcadia ego" hingegen schildert er historische Ereignisse und mythologische Plätze. Lieder, die von alltäglichen Dingen erzählen, wie „Oh merci" und „Semiseria proposta di matrimonio" oder Lieder über seine Zeit in der Fremde („Questa nuova realtä"), über Freundschaft („Insieme") oder aber auch Lieder, die Kritik am technischen Fortschritt und der Schnellebigkeit unserer Gesellschaft üben („Ehi che stress!"), runden die umfangreiche Bandbreite seines Themenrepertoires ab.
V. Die Canzone d'autore bei Pippo Pollina: das Text-Musik-Verhältnis Bei der Canzone d'autore handelt es sich um eine Form, die stilistische Freiheiten zulässt und über keine für sie typische Stilvorgaben und formale Regeln verfugt. Dadurch bietet sich dem Autor die Möglichkeit, sich verschiedener musikalischer Stile zu bedienen, was wiederum dazu fuhrt, dass große stilistische Unterschiede und Brüche innerhalb des Repertoires eines Cantautore entstehen. Dazu äußerte der italienische Musikwissenschaftler und Gitarrist Franco Fabbri folgendes: „Ihre (Canzone d'autore) ästhetische Struktur und die Bedeutung des Textes erlauben dem Autor, häufige Anleihen bei verschiedenen Stilen zu machen, häufig absichtlich bizarr, bis zu dem Punkt, an dem auf eine typisch selbstreflektierende Art ein parodistischer Tonfall eingeschlagen wird."4
4
Vgl. Kreutziger-Herr, Annette: „Poetische Bilder? Poetische Musik? Anmerkungen zur canzone d'autore", in: Baasner, Frank (Hg.): Poesia cantata, Tübingen 1997, S. 32.
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Eine Beeinflussung durch die unterschiedlichsten Musikstile lässt sich auch bei Pippo Pollina ausmachen: Durch die Vermischung verschiedener Stilrichtungen weichen nicht nur die Melodien seiner Lieder häufig von der klassischen italienischen Melodie ab, sondern er entzieht seine Musik durch die nicht gegebene Homogenität auch jedem Versuch einer Kategorisierung. Aufgrund seines Jugendmythos Südamerika und seiner Liebe zu Frankreich ist seine Musik sowohl auf der sprachlichen als auch auf der inhaltlichen Ebene primär durch französische und südamerikanische Einflüsse und Bezüge geprägt. Charakteristisch fiir die Anlehnung an das französische Chanson ist etwa in einigen Liedern auch die Verwendung des Schifferklaviers. Seine Texte sind durch den verstärkten Einsatz von Sprachmischungen gekennzeichnet: französische, deutsche, spanische und englische Lexeme oder komplette Verse fließen häufig in seine Texte mit ein. Beispiele, die französische Textelemente aufweisen, sind etwa die Lieder „Trotzdem 9a va!", „Leo" und „Oh merci", oder „Dopo il concerto", in welches mehrere englische Verse eingefugt sind. Ein Wechselspiel zwischen deutschen und italienischen Versen stellen die beiden im Duett mit Konstantin Wecker gesungenen Lieder „Terra" und „Questa nuova realtä" dar. Die beträchtliche Präsenz fremdsprachlicher Elemente erklärt sich zweifellos durch seine musikalischen Vorbilder: die chilenische Gruppe Inti-Illimani, der chilenische Liedermacher Victor Jara - das Lied „II giorno del falco" schrieb er zu seinem Andenken - und die französischen Chansonniers - das Lied „Leo" widmete er dem französischen Liedermacher Leo Ferre. Neben seinen südamerikanischen und französischen Vorbildern wurde seine Musik jedoch auch von italienischen Liedermachern wie De Andre, De Gregori, Guccini und Tenco beeinflußt. Die Musik des emigrierten Cantautore ist weitgehend von akustischen Elementen geprägt und verzichtet auf die Verwendung von Spezialeffekten und übermäßiger Technik, da der Liedermacher der Meinung ist, Technik raube seiner Musik jegliche Kreativität. „Und dann habe ich begriffen, dass die Technik nicht mein Beruf ist. Mein Beruf ist das Schreiben; Ideen sammeln, Lieder schreiben, Melodien, Harmonien, Texte." Der Text und die Musik seiner Lieder entstehen üblicherweise gleichzeitig, es bleibt aber auch nicht aus, dass er zuerst einen Text schreibt und diesen dann im Nachhinein vertont. Das perfekte Lied ist dasjenige, das in seiner Gesamtheit entsteht; dasselbe Gefühl, das dir ein bestimmtes Wort einflößt, vermittelt dir auch den passenden Ton dazu. 5
Beim Schreiben seiner Texte versucht er nicht, eine Einheitssprache zu finden, die von möglichst vielen Menschen verstanden wird und mit der er möglichst viele Menschen erreicht, sondern stellt ganz und gar die Musik in den Vordergrund. Das Zusammenspiel der Musik und des Textes innerhalb seiner Lieder ist 5
Vgl. Benedetto Vigne (Hg ): Camminando camminando, Besigheim 1997, S. 84 und 93.
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daher durch eine enge Verbindung gekennzeichnet: Musik und Text bilden eine unzertrennliche Einheit und hätten alleine betrachtet nicht die Aussagekraft, die sie gemeinsam haben. Dabei werden dramatische und traurige, heitere und unbeschwerte Inhalte und Stimmungen sowohl auf der sprachlichen als auch auf der musikalischen Ebene - zum Beispiel durch den Einsatz bestimmter Instrumente - vermittelt. Der Liedermacher verwendet hierzu überwiegend das Klavier, die akustische Gitarre und das Tamburin, greift aber teilweise auch auf die EGitarre, das Schlagzeug, Bongos, die Flöte, das Saxophon, das Cello, den elektrischen Bass und den Synthesizer zurück. Hinsichtlich der Struktur seiner Lieder lässt sich feststellen, dass sie weder über einen typischen oder traditionellen Aufbau noch über einen regelmäßigen Gebrauch eines Refrains verfugen und somit dem lyrischen Gedicht näher stehen, als dem klassischen Volkslied, das ja gemeinhin von einer traditionellen Struktur und dem Refrain lebt. Auch wenn sich nicht immer ein durchgehendes Reimschema erkennen läßt, gleichen seine Lieder Poesien und seine Sprache zeichnet sich durch Bildhaftigkeit und Metaphernreichtum aus. Der Cantautore verdreht dabei teilweise die eigentliche Funktion der Metapher, einen komplexen Zusammenhang durch etwas Bekanntes zu veranschaulichen, indem er das Bekannte durch phantasievolle Bilder ersetzt.
VI. „Per un amico", „Per amare Palermo" und „Cambierä" drei Lieder als Ausdruck seiner sicilianitä Pippo Pollinas regionale Prägung, seine sicilianitä, manifestiert sich in zahlreichen Liedern, die er im Laufe seiner Musikerkarriere seiner Heimat Sizilien, vor allem aber auch seiner Heimatstadt Palermo gewidmet hat, und könnte daher auch genauso gut als eine palermitanita bezeichnet werden. Im Gegensatz zu dem neapolitanischen Liedermacher Pino Daniele, der den Großteil seiner Lieder im neapolitanischen Dialekt schreibt und damit nicht nur seine Identität als Neapolitaner unterstreicht, sondern durch die Verwendung der gesprochenen und einfachen Sprache auch die soziale Realität Neapels widerspiegelt,6 vermittelt Pippo Pollina seine sizilianische Identität fast ausnahmslos auf der inhaltlichen und weniger auf der sprachlichen Ebene. Lediglich drei seiner Lieder sind im sizilianischen Idiom verfaßt und nur eines davon wurde auch veröffentlicht. Ein beträchtlicher Anteil seiner Lieder beschäftigt sich jedoch inhaltlich mit dem Thema Herkunft und seiner Heimatstadt Palermo. Die Tatsache, dass er seine
6
Zu Pino Daniele siehe den Beitrag von Feiice Balletta: „So' venuto all'uso antico pe' cantä: Pino Daniele im literarisch-musikalischen Kontext der canzone napoletana", in: Baasner, Frank (Hg.): Poesia cantata: die Textmusik der italienischen Cantautori, Tübingen 1997.
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Texte nicht im sizilianischen Dialekt schreibt, liegt weniger darin begründet, dass er nicht gerne in seinem Dialekt schreiben würde, sondern vielmehr darin, dass er das Sizilianische nicht besonders gut beherrscht. Ich habe mich vom Dialekt entfernt, ich spreche ihn nicht mehr, seit ich weggezogen bin, fur mich ist das Sizilianische eine passive Sprache geworden. Ich habe es zwar einige Male versucht, aber es kommt nichts Gutes dabei heraus.7 Seine Beziehung zu seiner Heimat Sizilien und seiner Heimatstadt Palermo charakterisiert er selbst als eine „sana relazione d'odio e d'amore",* da er sich neben den Sonnenseiten und den Vorzügen seiner Heimat sehr wohl auch deren Schattenseiten bewusst ist und diese auch in seinen Liedern anspricht. Palermo, ein Schmelztiegel der unterschiedlichsten Kulturen, die alle mehr oder weniger ihre Spuren hinterlassen haben, definiert er als eine Stadt der Abreisenden und die Auswanderung als das Schicksal der Sizilianer: Das große Thema der Sizilianer war eben schon immer die Auswanderung; manchmal ging man auch nur weg, um gleich wieder zurückzukehren. Sizilien ist ein Terminal. Hier wird nur konsumiert; wer immer etwas produzieren wollte in diesem 20. Jahrhundert, der mußte zwangsläufig auswandern.8 Obwohl sich seine sicilianita in einem ganz alltäglichen Zugehörigkeitsgefuhl ausdrückt, stellt sie für ihn dennoch eine sicilianita particolare dar, die sich nur speziell auf seine Person bezieht und keineswegs allgemeingültig für jeden Sizilianer sein kann. Diese seine sicilianita bringt er im Ausland vor, wehrt sich aber gegen eine häufig stattfindende Romantisierung in Form von Klischees, die die Nordeuropäer gegenüber den (Süd-)Italienern entwickelt haben und verweist auch auf vorhandene negative Züge der Sizilianer * Deren vermeintliche Fröhlichkeit ist in der Realität nicht selten der exzessive Versuch, ein negatives Lebensgefühl zu überspielen. Denn in Wirklichkeit ist in der Mentalität der Süditaliener der Hang zum Pessimismus aufgrund jahrhundertelanger Fremdherrschaft tief verwurzelt: Demut und Ausdauer im Ertragen auch des schwersten Schicksals einerseits, Skepsis und Widerstand gegenüber jeder Form von Autorität andererseits, haben ihren Charakter nachhaltig geprägt. 9 Um so erfreuter nimmt er die sich in den letzten Jahren vollziehenden positiven Veränderungen in Sizilien und in Palermo wahr und thematisiert diese natürlich auch in seinen Liedern. Das Lied „Per un amico" befindet sich auf dem 1986 erschienen Album Aspettando che sia mattino und stellt den Auftakt einer ganzen Reihe von Liedern dar, in denen er sich mit seiner Heimatstadt Palermo auseinandersetzt und seine Identität als Süditaliener thematisiert. In „Per un amico" wird in der Form 7 8 9
Vgl. Vigne (1997), S.99. Vgl. Vigne (1997), S.30. Vgl. Balletta (1997), S.67.
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eines imaginären Dialogs der Abschied von der Stadt Palermo metaphorisch auf die Figur eines Freundes übertragen. Gleichzeitig handelt es sich bei dem Lied jedoch auch um eine wahre Geschichte, da dieser Freund tatsächlich existiert und man das Lied gleichzeitig auch als seine eigene Geschichte lesen muß, da er sich laut eigener Aussage unbewußt in das Lied hineinprojiziert hat. Der Zurückbleibende kann die Entscheidung seines Freundes wegzugehen nicht teilen und verfällt in eine nostalgische Stimmung: Mit flehenden Worten und der Erinnerung an vergangene, glückliche Zeiten, versucht er seinen aufbrechenden Freund von seinem Vorhaben abzubringen. Posa un momento la tua valigia e ferma un attimo quell'orologio si, si lo so che adesso e tardi e che tra un poco dovrai partire ma cio che mi spinge ancora a parlare non e ragione non e virtü. In seiner Verzweiflung und seiner Angst, den Freund zu verlieren, bezieht er sich auf frühere Aussagen des Freundes und die Gespräche zwischen den beiden, in denen sie sich ihrer Identität als Süditaliener und den damit auftretenden Schwierigkeiten und Vorurteilen bewußt wurden. Nicht genug, dass sie Menschen ihrer Zeit sind, sie sind auch noch Süditaliener, „e come se non bastasse siamo meridionali". In diesem Vers spiegelt sich der schon lange andauernde und jüngst mit dem Aufbegehren der Lega Nord neu entflammte Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden Italiens wider: Die Süditaliener, die von den eigenen Landsleuten aus dem Norden als Schmarotzer und terroni betrachtet werden, da sie aus deren Sicht keinen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg Italiens leisten und zusätzlich noch Millionen an Subventionen verschlingen, die auf (un)erklärliche Weise verschwinden. Und die Norditaliener, die nicht mehr länger bereit sind, die Verschwendung ihrer Steuern an den ihrer Meinung nach unterentwickelten Süden zu dulden. Es ist also nicht immer einfach, sich als Süditaliener gegen diese festgefahrenen Bilder zu behaupten und zu seiner Identität zu stehen. Ε solo l'ombra di quei gesti tuoi e solo il fiimo delle tue parole tu ti ricordi tutte quelle sere a rimembrare che siamo uomini del nostro tempo e del nostra spazio e come se non bastasse siamo meridionali. Dennoch versucht der Zurückbleibende verzweifelt, seinen Freund davon zu überzeugen, dass er vor seiner Identität und den Problemen seiner Heimat nicht davonlaufen kann und sich für seine Herkunft nicht zu schämen braucht, indem er ihm dessen eigene Worte ins Gedächtnis ruft, mit denen er ihn damals ermu-
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tigte, dass man mit Mut und Kraft einen neuen, besseren Süden aufbauen könnte, einen Süden ohne Herren, Elend und Mafia. Fast vorwurfsvoll erinnert der Zurückbleibende ihn an den Idealismus, den sie in ihrer Jugend besaßen und mit dessen Hilfe sie an einen besseren Süden ohne korrupte Strukturen und ohne die Mafia glaubten. Nun scheint es ihm, als ob sein Freund ihn im Stich lassen würde und vor der Verantwortung, in Sizilien etwas ändern zu wollen, davonliefe. Mi sembra un secolo quando mi dicevi ch'esser del sud non e un peccato anzi e la forza anzi e il coraggio di costruircene uno nuovo senza padroni e senza miserie senza la mafia di potere. An dieser Stelle des Liedes beginnt er konkret über Palermo zu sprechen, und die bisher durch Nostalgie und Melancholie gekennzeichnete Musik wird etwas versöhnlicher. Fast trotzig gesteht er seinem Freund die ausweglos scheinende Situation Palermos ein, die es fur die Menschen nicht einfach macht, dort zu leben. In seiner Wortwahl und der Aufzählung der überwiegend negativen Seiten der Stadt spiegelt sich seine zwiespältige Beziehung zu dieser wider und vermittelt nicht nur das Gefühl einer Hassliebe zwischen ihm und der Stadt, sondern auch zwischen den anderen Bewohnern Palermos und ihrer Stadt. Im Zusammenhang mit dem Gefühl der Hassliebe könnte man beispielsweise den Vers „...di grida e di calore" lesen, der eine gewisse Doppeldeutigkeit ausdrückt. Einesteils könnte der Vers als Ausdruck für das warme Klima, die gastfreundliche Atmosphäre, das alltägliche Verkehrschaos und das bunte Treiben auf den Märkten und innerhalb der Stadt stehen: eben alles das, was es für einen Nordeuropäer so liebenswürdig macht. Andererseits läßt sich der Vers aber auch ins Negative umkehren, nämlich dann, wenn man als Einwohner Palermos tagtäglich mit dem (Verkehrs-)Chaos, dem Lärm und dem Gestank konfrontiert wird. Auch den Vers „Palermo, solamente un porto di sole" könnte man zunächst durchaus positiv konnotieren, da die Sonne im allgemeinen als etwas positives, Leben spendendes empfünden wird. Doch bereits im nachfolgenden Vers „dove la luce e la follia fanno a pugni per mangiare", wird der zuvor geschaffene positive Eindruck wieder dementiert. Va bene si! Palermo e un fosso, un deserto in mezzo al mare. Palermo, solamente un porto di sole dove la luce e la follia fanno a pugni per mangiare. Palermo si! In questa cittä da un momento all'altro si puo impazzire. Palermo e un buco di colori
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un cumulo di errori di grida e di calore. Nach diesem verzweifelten Versuch, dem abreisenden Freund Gründe zu nennen, die für sein Bleiben sprechen könnten, verfällt der Cantaurore erneut in die nostalgisch-melancholische Stimmung von zuvor, da er spürt, dass der Freund seine Entscheidung, Palermo den Rücken zu kehren, nicht rückgängig machen wird. Dabei wird deutlich, dass die Entscheidung aus einer gewissen Notwendigkeit heraus getroffen wurde und ihm keineswegs leichtfallt: „Dentro i tuoi occhi neri come la notte leggo una lagrima che scende via". Möglicherweise sieht er für sich in Sizilien keine Zukunft, so dass ihm keine andere Wahl bleibt, als seine Heimat zu verlassen. Dieses Bild von Sizilien, als eine Region Italiens, aus der schon seit Jahrzehnten Tausende von Migranten aufgrund der schwierigen und scheinbar ausweglosen Situation in den Norden des Landes oder ins Ausland ausgewandert sind, zeichnet Pippo Pollina in subtiler Weise in seinen Liedern über Sizilien nach. Hier ist es „quel bambino che gioca ancora con le immondizie", das die Probleme Süditaliens oder speziell der Stadt Palermo implizit thematisiert: extrem hohe Arbeitslosigkeit, Armut, Korruption, das Phänomen der Mafia. Alles das lässt den Alltag für die meisten Menschen in Palermo zu einem unendlichen Überlebenskampf werden, dem man sich teilwiese entziehen kann, wenn man beispielsweise das Glück hatte, in den wohlhabenderen Vierteln der Stadt aufgewachsen zu sein und aufgrund der vorhandenen, aber immer wieder verleugneten „raccomandazione" über einen sicheren Arbeitsplatz verfügt. Dentro i tuoi occhi neri come la notte leggo una lagrima che scende via ma nulla ormai ti puo legare a quelle mura, a quei palazzi e ai capelli di quel bambino che gioca ancora con le immondizie. Der folgende Vers „racconterai la nostra storia" impliziert erneut eine mögliche doppelte Bedeutung: Zum einen könnte er für die Geschichte des sizilianischen Volkes im allgemeinen stehen, dessen Identität durch die zahlreichen Fremdherrschaften und Eroberer geprägt wurde und wodurch jedes Gebäude in Palermo und in Sizilien über seine eigene Geschichte verfügt; zum anderen könnte er ebenso für die persönliche Geschichte der beiden Freunde und damit indirekt auch für das heutige Leben der Menschen in Palermo stehen, von dem Außenstehende, welche die Stadt nicht kennen, nichts wissen oder nichts wissen wollen. Auch hier trifft man wieder auf den Zwiespalt, dem die Menschen in Palermo ausgesetzt sind: Sie würden gerne in ihrer Heimat leben, aber sind aufgrund wirtschaftlicher Gründe oft dazu gezwungen, diese zu verlassen. Erneut blickt der Liedermacher auf seine Jugend zurück, in der das Meer für ihn und
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seine Freunde Freiheit verkörperte: „un po' di libertä in fondo al mare". Alltägliche Probleme wie die Arbeitslosigkeit, die Korruption und die Mafia verlieren in den Tiefen des Meeres ihre Bedeutung und lassen es somit zum Symbol für die Freiheit, zu einer Art Zufluchtsort werden. Amico mio mi scriverai racconterai la nostra storia a chi non vuole, non puö capire le notti insonm a ricercare tra lettere puniche ed aria salmastra un po' di libertä in fondo al mare. Die letzten Verse verweisen erneut auf das Schlüsselelement des gesamten Liedes: das Element der Migration, der Flucht. Denn im Grunde genommen ist auch Pippo Pollina damals aus Palermo geflohen, auch wenn er nicht die Absicht hatte, für immer fortzubleiben, sondern nach kurzer Zeit wieder nach Hause zurückkehren wollte. Aber ich hätte nie gedacht von Palermo fern zu bleiben. Die Stadt war fur mich alles, sie war Symbol des Kampfes, sie war ich selbst, ich hatte einen gefährlichen Grad der Identifikation mit ihr erreicht. Für mich war der Stolz eine Lebensnotwendigkeit geworden - der Stolz, sagen zu können: „Ich bin Palermitaner, Palermitaner in einer Scheißstadt, in der alle Widerlichkeiten der Welt passieren."10 Diese zum Sinnbild Siziliens gewordene Flucht beschäftigte auch den Liedermacher Pippo Pollina, als dieser das Lied Per un amico schrieb und tief in seinem Inneren bereits mit dem Gedanken spielte, eines Tages in die Fremde zu ziehen. In der Schlusszeile des Liedes greift er erneut das Bild des Meeres auf, aber nunmehr nicht nur als Symbol für die Freiheit, sondern in seiner Funktion als Bezugspunkt für seine Jugend und seine Heimat. Aufgrund der mehrmaligen Wiederholung des letzten Verses „non dimenticare il mare", untermalt durch den Klang des Klaviers und der Flöte, nimmt der Vers die Gestalt einer Beschwörung an, die den Freund ermahnt, in der Ferne niemals das Meer, niemals seine Heimat zu vergessen. Amico mio dentro quel treno di miserie ci sono anch'io. Se parti per un altra primavera spero che il tuo cammino sia cosparso di rugiada amico mio ovunque vada spero che un giorno ti raggiungerö ma nelle notti e se non piove esci e guarda la luna 10
Vgl. Vigne (1997), S.31.
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perö non dimenticare non dimenticare il mare. Ein weiteres Lied, in welchem er sich mit seiner Heimatstadt Palermo auseinandersetzt, ist „Per amare Palermo" aus dem 1995 erschienen Album Dodici fettere d'amore. Etwa zehn Jahre liegen zwischen den beiden Liedern „Per un amico" und „Per amare Palermo", und mit seiner räumlichen Distanz zu Palermo scheint auch seine Beziehung zu der Stadt mit den Jahren gereift zu sein. Dieser Reifeprozess drückt sich in seinen Liedern durch eine positivere und optimistischere Darstellung seiner Heimatstadt aus, wenn auch noch immer ein gewisser Zwiespalt zu spüren ist. Das Lied „Per amare Palermo" stellt eine Personifizierung der Stadt Palermo dar: ihr werden menschliche Attribute wie „il tuo sguardo febbrile", „sulla tua fronte", „il viso", „che di notte aspetti seduta" zugewiesen. Dabei täuscht er jedoch nicht mit Schönfärberei über die Missstände seiner Stadt hinweg, sondern zeichnet ein realistisches, leidenschaftliches und häufig auch trauriges Bild. Die kontinuierliche Wiederholung der ersten Zeile „Se sapessi come parlano male di te" in etwas abgewandelter Form, lässt ihn jedoch als einen Verbündeten erscheinen, als einen Fürsprecher Palermos, der die Würde der Stadt gegenüber denen verteidigt, die sie schlecht machen, indem er auf ihr Schicksal verweist und die Menschen auffordert, nicht immer nur das Negative, sondern auch das Außergewöhnliche und die Schönheiten Palermos zu sehen. Dabei bezieht er sich bei seiner positiven Darstellung der Stadt fast immer auf die Natur in ihren unterschiedlichsten Erscheinungsformen: Die Beschwörung „delle primavere i fiori e dei fiori d'aprile", „i tuoi tramonti d'inverno" oder „mare d'ottobre profuma d'agosto" sind der Versuch, die Menschen von der Schönheit Palermos zu überzeugen. Se sapessi come parlano male di te senza avere mai visto il tuo sguardo febbrile la magia che veste le tue ceneri impazzite delle primavere i fiori e dei fiori l'aprile. Dabei besteht sein Anliegen weniger darin, die Menschen, die Palermo nicht kennen, aber dennoch schlecht darüber reden, zu verurteilen, sondern vielmehr stellt es den Versuch dar, bei ihnen um Verständnis und Menschlichkeit zu werben, indem er nach den Ursachen für das negative Bild Palermos sucht. Auch die Problematik der vergebenen Hoffnungen wird erneut angesprochen: „senza sapere il rigore delle tue vane speranze, dei tuoi figli lontani e di quelli perduti" betrifft alle Sizilianer, die auf der Suche nach ihren Träumen ihre Heimat verlassen haben und irgendwann vielleicht wieder zurückkehren werden oder fur immer anderswo ihre Heimat gefunden haben. In dem Vers „i tuoi giardini vuoti il tuo paradiso-inferno" spiegelt das Oxymoron des Höllenparadieses die beiden Gesichter der Stadt Palermo wider: zum einen die zahlreichen historisch und kulturell bedeutenden Bauwerke, die bezaubernden Parkanlagen, die Hebens-
„Ritornerö sui miei passi": Pippo Pollina
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würdigen und gastfreundlichen Einwohner der Stadt und seine natürliche Schönheit, die es nicht nur für Touristen zu einem Paradies machen; zum anderen das Phänomen der Mafia, der Kriminalität, der Arbeitslosigkeit, der Armut und des Zerfalls, die das Bild der Stadt nicht nur im Ausland, sondern auch im eigenen Land geprägt haben und die meisten Menschen davon abhalten, sich vom Gegenteil zu überzeugen und sich auf die Suche nach den reizvollen Seiten der Stadt zu machen. Seines Erachtens wird den Schönheiten der Stadt weder von den Palermitanern selbst noch von den eigenen Landsleuten und dem europäischen Ausland die angemessene Beachtung zuteil, so dass die „giardini vuoti" und zahlreiche andere Bauwerke verkümmern und zerfallen, weil niemand daran interessiert ist oder vielleicht auch, weil die Menschen in Palermo zu sehr damit beschäftigt sind, ihr Leben zu bestreiten und ihnen dabei das Bewußtsein fur die Reize der Stadt verloren geht. Ungeachtet dessen gelingt es Palermo immer wieder, die Schatten zu verscheuchen und auf wundersame Weise zu überleben. Im letzten Drittel des Liedes spielt Pippo Pollina verdeckt auf die politischen Ereignisse der Jahre 1993 und 1994 an und bringt seine Besorgnis zum Ausdruck, dass die „redenzione improwisa" vielleicht doch nicht die erhoffte Erlösung bringen könnte. Mit dem „Aufflackern" ist die sogenannte Primavera di Palermo gemeint: Nach den Ermordungen von Giovanni Falcone und Paolo Borsellino durch das organisierte Verbrechen kam es in Palermo bei den Kommunalwahlen im Herbst 1993 durch die Auflehnung der Wähler zu einer politischen Wende. Der Leader der Anti-Mafia-Bewegung Rete, Leoluca Orlando, wurde mit 80 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt. Doch bereits mit den nationalen Wahlen Ende März 1994 wurden die Lega Nord, die Neofaschisten und Silvio Berlusconis Forza Italia in Rom an die Macht gespült, wodurch auch die linksliberale Mehrheit in Palermo zugunsten von Berlusconis „Pol der Freiheit" wieder zerfiel. Viele Menschen dachten nach den Kommunalwahlen, es würde sich etwas verändern und verbessern in der Stadt, doch bereits kurze Zeit später mußten sie feststellen, dass es sich nur um ein kurzes „Aufflackern" handelte und danach alles beim Alten blieb. Der Cantautore nimmt dies mit Bestürzung wahr und kehrt, getrieben von der Sorge um Palermos Zukunft, in seine Heimatstadt zurück, um ihr zu sagen, wie sehr er sie trotz allem geliebt hat und dass er sie auch während seiner Abwesenheit nie vergessen hat. Aber er ist auch nach Hause gekommen, um zu erfahren, ob sich wirklich etwas ändern wird in Sizilien oder ob die Menschen diese Veränderung nur wollen, damit alles beim Alten bleibt, gemäß dem Schlüsselsatz des Gattopardo von Tommaso di Lampedusa: „Man muß alles verändern, damit es so bleibt, wie es war." Dove hai rubato il trionfo delle luci awolgenti che ti sfiorano il viso che regali alle tue genti
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e dove te ne andrai se a nulla sarä servita questa redenzione improwisa questa vita non vita. Di nuovo a casa. Per dirti quanto ti ho amata. Di nuovo a casa. Che non ti ho mai dimenticata. Per sapere se e vero che di notte aspetti seduta aggrappata al mistero della tua sofferenza muta. Mit dem Lied „Cambiera" aus dem 1997 erschienen Album II giorno del falco drückt der Cantautore Optimismus und Zuversicht aus, dass sich vieles verändern wird in Palermo und in Sizilien oder bereits im Begriff ist, sich zu ändern. Die in den vorhergehenden Liedern aufgezeigten Schwierigkeiten, die in seiner Beziehung zu Palermo existierten und die Machtlosigkeit, die er verspürte, scheinen endlich überwunden. Nach langen Jahren, die er im Ausland, fern von seiner Heimat verbracht hat, schreibt er dieses Lied der Hoffnung in der Zukunftsform und unterstreicht damit nicht nur seine nunmehr positive Einstellung gegenüber Palermo, sondern auch seinen Glauben daran, dass die Stadt und ihre Menschen fähig sind, etwas zu bewegen. Das Lied thematisiert seine Vision von einer besseren Zukunft, in der die bereits tot geglaubte Stimmung, der Wille der Auflehnung des sizilianischen Volkes gegen die Mafia neu erwachen wird und die Gefühllosigkeit und Resignation ablösen: die Menschen werden wieder glücklich sein und lachen können. Cambierä ti prometto che cambiera quest'umore si risveglierä dal torpore che sai e allora tutto sarä... Ci sarä vento nuovo sulla cittä quanta voglia di stringerci e riderci adosso di felicitä. Die Unterdrückung und die Gewalt durch die Mafia wird seines Erachtens von den Palermitanern und den Sizilianern nicht mehr länger als gegeben hingenommen werden. Anstatt zu resignieren, werden die Leute ihren Mut zum Leben wieder entdecken und sich für ein lebenswertes Palermo einsetzen. Die Ängste des Volkes sind verflogen und mit Falcone und Borsellino wurden nicht nur die Helden der Wende geschaffen, ihre Ermordungen haben auch dazu gefuhrt, dass die Menschen zusammenhalten und gemeinsam gegen das organisierte Verbrechen vorgehen wollen. Erste Erfolge zeichnen sich mit den Festnahmen zahlreicher „mafiosi", darunter auch der Mafiaboss Salvatore Riina, ab. Dieser Glaube an eine verheißungsvollere Zukunft geht auf eigene Erfahrungen des Liederma-
„Ritomerd sui miei passi": Pippo Pollina
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chers zurück, die er während seiner zahlreichen Besuche in Palermo gesammelt hat. Tatsächlich lässt sich als Außenstehender, der Palermo kennt und dessen Entwicklung in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verfolgt hat, ein „vento nuovo" in der Stadt feststellen, der auf eine generelle Umwandlung der italienischen Gesellschaft zurückgeht. Die Stimmung ist besser geworden, die Menschen haben keine Angst mehr, sich auf der Straße zu treffen und fühlen sich wieder sicher. Das kulturelle Angebot der Stadt ist - unter anderem auch durch die Wiedereröffnung des Teatro Massimo nach 25 Jahren andauernder Restaurierung - vielseitiger und weltstädtischer geworden, die Eröffnung neuer Lokale, die Einrichtung verkehrsberuhigter Zonen in der Innenstadt und das Schaffen kultureller Treffpunkte, etwa in zuvor ungenutzten Fabrikgebäuden, symbolisieren eine Aufbruchstimmung unter den Palermitanern. Auch der Gedanke des vereinten Europas hat Palermo erreicht und nahezu jeder möchte dabei sein, wenn es darum geht, die Stadt zu „europäisieren". Aber etwas verändert sich schon hier auf Sizilien, das spüre ich. Die Rückkehr hat fur mich jedenfalls vor allem gefühlsmäßige Gründe; ich komme nicht zurück, weil ich besser leben möchte, sondern weil ich von hier stamme; im Grunde habe ich mich nie wirklich von hier trennen können.11
Diskographie Aspettando che sia mattino (1986) Sülle orme del Re minosse (1989) Nuovi giorni a settembre (1991) Le pietre di Montsegur (1993) Dodici lettere d'amore (1995) II giorno del falco (1997)
Ken (1999) - CD-Single
Bibliographie Baasner, Frank (Hg ): Poesia cantata: die Textmusik der italienischen
Tübingen 1997. Vigne, Benedetto: Camminando camminando, Besigheim 1997.
11
Vgl. Vigne (1997), S.29.
Cantautori,
Katrin Mailänder
Tra meravigliosa creatura e malafemmina Der Feminismus in den Liedern Gianna Nanninis Gianna Nannini - die italienische 'Rockröhre', die Frau mit der Reibeisenstimme. Mit zotteligen Haaren, in zerrissenen Jeans, Turnschuhen und einer abgewetzten Jacke stürmt sie auf die Bühne, packt das Mikrophon und beginnt zu singen, als ginge es ums nackte Überleben. Sie wirbelt über die Plattform, tanzt, springt, macht immer wieder skurrile, provozierende Gesten, baut Tai Chi-Übungen in ihren 'Tanz auf dem Vulkan' ein und zeigt ihren athletischen Körper in den unterschiedlichsten Posen. Ein Song jagt den anderen, und in der allgemeinen Euphorie kann es auch einmal passieren, dass das Energiebündel eine Fernsehkamera erklimmt und eben jene als Pferd missbraucht. „La Giannissima" gibt auf der Bühne alles, verausgabt sich völlig und reißt das Publikum mit sich. Die Sängerin „weiß, warum sie diese Symbiose mit dem Publikum braucht: 'Zu Hause bin ich eher schüchtern. Auf der Bühne kann ich ganz aus mir rausgehen. Dort kann ich diese andere, kraftvollere Seite meiner Persönlichkeit zeigen.'" 1
I. Rocksängerin oder Cantautrice? Ob in einer Zeitung, Zeitschrift, im Radio oder Fernsehen - überall wird Gianna Nannini als Rocksängerin bezeichnet und beschrieben. Auch in der Forschungsliteratur der Neunziger Jahre, die sich mit den Cantautori befaßt, finden sich bis auf ein oder zwei Ausnahmen keine Abhandlungen über die Seneserin. Es scheint, dass die Nannini von den Autoren bewusst aus dem Kreis der italienischen Liedermacher ausgeschlossen wird. Aus diesem Grund sollen der Beschäftigung mit dem Thema des Feminismus in ihrem Werk einige Überlegungen zu der Frage vorausgeschickt werden, wie sich ein Beitrag über die Rocksängerin in dieses Buch einfügt. Mehrere Aspekte in ihrem Werk sprechen dafür, sie neben andere Vertreter der neueren Szene um Rock und Rap zu stellen.2 Die Definition eines „Cantautore" ist sicherlich nicht in dem Sinne möglich, dass es scharfe Trennlinien zwischen einem Cantautore und anderen Formen populärer Musik gibt, aber einige Merkmale dieser Musik- und Texttradition 1 2
De Santis, Teresa, Gianna Nannini, München 1992, S. 169. Siehe die Beiträge von Jessica Thorns, Petra Burgstaller, Iris Nagl, Marcello Aprile und Arno Scholz in diesem Buch.
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können als konstitutiv bezeichnet werden. Geht man den einfachen Weg zu einem Wörterbuch, erfährt man bei Zingarelli Folgendes: „Cantautore: Cantante che interpreta canzoni scritte ο musicate da lui stesso."3 Dieser Erklärung nach zählt die Künstlerin eindeutig zur Gruppe der Cantautori, denn sie singt nicht nur alle Lieder und spielt mehrere Instrumente, sie schreibt auch die Musik sowie die Texte selbst; teilweise (wie viele andere auch) in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern. Annette Kreutziger-Herr grenzt in ihrem Beitrag „Poetische Bilder? Poetische Musik? Anmerkungen zur canzone d'autore" 4 diese Gattung weiter ein. Aus ihrer Sicht können einige wesentliche Merkmale zur Charakterisierung der „canzone d'autore" herangezogen werden. Das erste Merkmal ist die stilistische Freiheit: „die canzone d'autore (ist) eine freie Form. Da sie frei ist, keine eigenen Stilvorgaben hat, muß sich der Cantautore der ihn umgebenden musikalischen Stile bedienen."5 Die Wahl einer bestimmten musikalischen Richtung ist damit nicht konstitutiv für die Zugehörigkeit zur ohnehin heterogenen Gruppe der Cantautori. Der zweite Aspekt, der auch in früheren Arbeiten (u.a. zu den französischen Chansonniers) als wesentlich genannt wird, ist die Personalunion von Interpret und Gesang, die zum Beispiel durch „... individuelle Handschrift, persönliche Entwicklung, (...) die Selbstdarstellung in Interviews, (...) die Entwicklung einer eigenen musikalischen Poetik, eigene Wortwahl, bis hin zu der industriellen Vermarktung durch die Kunst der Plattenhüllen" wahrnehmbar wird. 6 Neben die rein formale Einheit von Autor, Komponist und Interpret tritt somit eine starke Individualisierung, die an die (physische) Person gebunden ist - im Unterschied zu anderen Traditionen (etwa dem Kunstlied), wo das musikalische und poetische Kunstwerk im Mittelpunkt steht, weniger die interpretierende Person. Die Ausprägung eines solchen individuellen Stils ist im Falle Gianna Nanninis offensichtlich, vor allem wenn man an die eingangs erwähnte Bühneninszenierung ihrer Auftritte denkt. Ein weiteres Merkmal, das die Cantautori von anderen Popstars unterschiedet, ist die Qualität der Texte. Kreutziger-Herr hebt vor allem die Bedeutung der Metasprache hervor. Dies bedeutet entweder, dass in den Liedtexten direkt auf die Schwierigkeit des Schreibens und Singens eingegangen wird, oder dass durch Zitate oder Anspielungen auf andere künstlerische Werke eine nach dem 3
Zingarelli, Nicola (Hrsg.), Lo Zingarelli Bologna 1994, S. 286.
4
Kreutziger-Herr, Annette, „Poetische Bilder? Poetische Musik? Anmerkungen zur canzone d'autore", in: Baasner, Frank (Hg.), Poesia Cantata. Die Textmusik der italienischen Cantautori, Tübingen 1997. Zu diesem Aspekt siehe auch Fabbri, Franco, What kind of music?, in: Popular music, 2: Theory and Method, Cambridge/London/New York 1982, S. 133ff.
5
Ebenda, S. 32. Ebenda, S. 33.
6
1994. Vocabolario delta lingua
italiana,
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Prinzip der Intertextualität funktionierende zweite Bedeutungsebene konstruiert wird. Bei der senesischen Interpretin ist eher Letzteres der Fall: So finden sich beispielsweise Parallelen zwischen dem Song „La lupa e le stelle" des Albums California (1979) und Le petit prince von Antoine de Saint-Exupery. (...) e la rosa ti chiama la lupa e la lupa regala il pianeta e la fortuna e quel fumo saliva saliva alia luna scegli una Stella, prendila scegli le stelle, non perderle (...) Ein weiteres Exempel liefert das letzte Werk Cuore (1998), das ein Lied mit dem Titel „La Strada (omaggio a Fellini)" enthält. Dieses hat Gianna Nannini am Todestag des Regisseurs geschrieben. In einem Interview äußert sie sich dazu: „... Ε Γ ispirazione che ti cattura, non sei tu a cercarla ... Non conosco benissimo le opere di Fellini, ... Pero mi sono sempre riconosciuta nel film La Strada, mi colpisce il senso di sofferenza che trasmette."7 Doch es läßt sich auch ein Stück des Albums Latin Lover (1982) anfuhren, in dem es in „Primadonna" um die Probleme eines Stars mit dem Manager geht: (...) io sono solo un'idea per la tua platea tu mi inventi e mi dai ogni giorno mi fai salire sempre piü in alto (...) primadonna fai il tuo show (...) e lasciati toccare, lasciati sfogare come una vera star (...) mi cuci adosso una storia asciugamani e cliche sempre pronti per me (...) Abschließend sei ein weiteres von Kreutziger-Herr erwähntes Merkmal angesprochen. Bei vielen musikalischen Gattungen beziehungsweise Liedtexten identifiziert sich der Rezipient mit den dargestellten, quasi unpersönlichen Inhalten - nicht so bei der Canzone d'autore, bei der dies durch die feste Personalisierung nicht (oder kaum) funktioniert. Die Identifikation erfolgt mit der Person, die in den Status eines „Stars" wenn nicht sogar einer Kultfigur aufrückt. Auch dies trifft im Falle der Nannini zu; so sagt sie zum Beispiel über Cuore, ihr neuestes Werk, in einem Interview: „Es ist ein sehr persönliches Album, ich wollte damit mein Innerstes zeigen ,.."8 - es handelt sich also um etwas ganz Eigenes, Intimes, das in die Welt des Rezipienten als zur Person der Interpretin gehörig aufgenommen wird. 7
Quelle: Internet: http://www.freeweb.org/musica/GiannaNanniniFan/bello.htm
8
Quelle: Internet: http://rheinzeitung.de/on/98/10/07/magazin/
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Die erwähnten Merkmale, die als fur einen Cantautore konstitutiv bezeichnet wurden, treffen auf Gianna Nannini zu. Einige der wichtigen Publikationen zur Canzone d'autore, die zu Standardwerken geworden sind, bezeichnen die gebürtige Seneserin darüber hinaus „als DIE Cantautrice"9 oder sprechen von der ,,'canzone d'autore' al femminile di Roberta D'Angelo e di Gianna Nannini."10 Trotz der offensichtlichen Zugehörigkeit Gianna Nanninis zur Gruppe der Cantautori darf nicht übersehen werden, dass sie ihr Image als Rockerin und damit eine gewisse Sonderrolle absichtlich pflegt. Nicht umsonst wählt sie ihr Äußeres entsprechend: zottelige Haare, zerrissene Jeans, Ledeijacken mit Nieten und Stiefel. Dazu kommen die betont maskulinen, manchmal obszönen Gesten und die wilden Sprünge auf der Bühne. Dies ist ihre Art der Selbstinszenierung, die hier und da beinahe aufgesetzt wirkt. Denn dieses Auftreten passt bei genauerem Betrachten nur zu wenigen ihrer Songs; vor allem viele der neueren Lieder sind sehr poetisch und gehen in musikalischer Hinsicht ganz andere und neue Wege doch dazu später.
II. Politisches und soziales Engagement bei Gianna Nannini Oft wird mit einem traditionellen Cantautore automatisch ein politisches oder soziales Engagement verbunden - Gianna Nannini zeigt beides, immer wieder setzt sie sich intensiv für derartige Ziele ein. So überließen sie und Edoardo Bennato beispielsweise der Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Songtantiemen von „Un'estate italiana", dem in Europa überaus erfolgreichen Titelsong der Fußball-Weltmeisterschaft 1990. Auch für Greenpeace engagierte sich die Sängerin bereits mehrere Male vor allem im Kampf gegen die Zerstörung der Ozonschicht. So gab sie am 22. Juni 1993 ein Konzert in Alessandria zugunsten von vierzehn Greenpeace-Aktivisten, die einen Bus mit FCKW angehalten und versucht hatten, die Lieferung des Gifts zu verhindern. Aus diesem Grund drohte den Mitgliedern der Umweltorganisation eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren. Nach dem Konzert wurde der Prozeß um 12 Monate verschoben, und die Aktivisten schließlich freigesprochen.11 Die Sängerin zum Erfolg ihres Auftrittes: „Auf jeden Fall haben wir eine Menge Staub aufgewirbelt, und die Medien haben sehr aus-
9
10 11
Ankli, Ruedi / Burri, Peter (Hg.), Cantautore Republic. Die Italienischen Rockpoeten: Texte und Materialien, Basel 1985, S. 323. Baldazzi, Gianfranco, La canzone italiana del Novecento, Roma 1989, S. 229. Quelle: Internet: http://www.speedit.com/gpeace/archivio/ozono/ozonol.htm
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fuhrlich darüber berichtet. Das war ja alles, was wir erreichen wollten: die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit."12 Am 4. Juli 1995 'erobert' die italienische Künstlerin dann zusammen mit Mitgliedern von Greenpeace den Balkon der Französischen Botschaft in Rom und protestiert auf ihre eigene Weise - nämlich singend - gegen die erneuten Atomversuche Frankreichs auf dem Mururoa-Atoll. 13 Ihr Kommentar zu diesem Einsatz: „In unserer Gesellschaft werden zu viele Worte gemacht, denen dann zu wenige Taten folgen. Wir müssen wieder zu den Taten zurückkehren." 14 Ein dritter sozialer Sektor, fur den die Nannini sich einsetzt, ist die Bekämpfung des Rassismus und die Unterstützung der Einwanderer in ihrer Heimat. Kein Wunder also, dass die toskanische Sängerin bei einer Veranstaltung zur Unterstützung des Forum Antirazzista in Neapel am 16. September 1995 auftritt. Die Vorliebe für das Multikulturelle spiegelt sich auch in ihren neueren Werken musikalisch wider: wie auf dem 1993 erschienenen Album Per forza e per amore, auf dem neben Klängen alter, neapolitanischer Volkslieder der Gesang einer Nepalesin auftaucht. Oder bei „Non c'e pace", bei dem der tibetanische Lama Thamthong Rinpoche mitsingt. Auf Dispetto von 1995 mischen sich sogar die Noten alter, überlieferter toskanischer Lieder mit indischen, afrikanischen und südamerikanischen Klängen - um nur einige Beispiele zu nennen. Gianna Nannini selbst beschreibt ihre musikalische Entwicklung wie folgt: 'Mein künstlerisches Leben ... läßt sich in drei Phasen unterteilen. Zuerst war da die Liedermacherin Nannini, ... Dann gab es die Nannini, die auf einen mediterranen Kurs einschwenkte', - und dort die Verbindung der zarten und sonnenverwöhnten romanischen Seele mit den härtesten Rockklängen suchte, ... 'Schließlich kam die Nannini, die den neunziger Jahren und damit dem nächsten Jahrtausend entgegengeht' - nach einer langen kulturellen und musikalischen Reise über Neapel bis nach Shanghai und entlang der Mittelmeerküste von den 'arabischen Nächten' bis zum gleißenden Neon des hochtechnisierten Japan.15 Ihre Vorliebe für das Multikulturelle wird auch deutlich, wenn man die lange Liste der Freunde bzw. Mitarbeiter der Musikerin betrachtet: Da sind zum Beispiel Annie Lennox und Dave Stewart von den Eurythmics, die Neue-DeutscheWelle-Interpretin Annette Humpe, Spider Stacey von The Pogues, Alex Hacke von der deutschen Band Einstürzende Neubauten, ihr verstorbener Freund und Produzent Conny Plank, die beiden Schweizer Dieter Meier von Yello und Giannas langjähriger Manager Peter Zumsteg - um nur einige wenige aufzuzählen.
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De Santis, Teresa, Gianna Nannini, ebd., S. 172. Quelle: Internet: http://www.clipart.it/settoreout/assault.htm Quelle: Bericht in der Nord-Stuttgarter Rundschau von Samstag, dem 17. Oktober 1998. De Santis, Teresa, Gianna Nannini, ebd., S. 81-82.
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III. Die Liedtexte der Giannissima Bei allem sozialen Engagement muß das Hauptaugenmerk jedoch auf Giannas Texte geworfen werden - diese stammen allesamt aus ihrer eigenen Feder und sagen mehr über ihre Einstellung, Ansichten, Ängste und Träume aus als alles andere. Jedes Lied für sich ist die poetische Darstellung einer bestimmten Situation oder eines Gefühls. Denn Gianna Nannini liest selten Bücher - sie findet diese langweilig - sondern Gedichte und sie „pensa poeticamente" wie Jonathan Giustini in seinem Beitrag „La musica che si nutre di poesia. I cantautori italiani si confessano" schreibt.16 Die Sängerin selbst sagt dazu: Io per esempio non leggo mai romanzi, leggo poesie ... In questo senso per me e diventato difficilissimo ormai separare la parola dalla musica e quindi anche semplicemente leggere un libro. II libro non possiede la metricitä di cui sento continuamente il bisogno. Ho bisogno dell' accentuazione della parola.17 Diese poetischen und sehr weiblichen Texte stehen klar im Kontrast zum männlichen oder zumindest androgynen Auftreten der 'Rockröhre'. Dasselbe gilt für die spezielle Verbindung von hartem, maskulinem Rock und den oft sehr weichen, femininen Melodien ihrer Lieder. Gianna Nannini schafft es wie kaum ein(e) andere(r), diese beiden Pole zum Verschmelzen zu bringen. Doch zurück zu den Aussagen der Songtexte. Neben verschiedenen Liebesliedern mit den entsprechenden Gefuhlsbeschreibungen, Themen wie Trennung in „Non ti voglio", der Traum vom Frieden auf Erden in „Non c'e pace" oder Aids in „Luna dell'Est" oder „Fiori del veleno" - zu Letzterem wurde die Italienerin durch Johannes Mario Simmeis Doch mit den Clowns kamen die Tränen inspiriert18 - tauchen immer wieder feministische Klänge auf. Wie ein roter Faden zieht sich dieser Aspekt durch das gesamte Werk der Nannini; auf beinahe jedem Album finden sich entsprechende Beispiele.
IV. Gianna Nannini und der Feminismus „Ihre Texte kreisen um Beziehungsfragen aus weiblicher, mehrheitlich feministischer Sicht, sie hält den Männern, aber auch den Frauen, einen Spiegel vor, der Realitäten, aber auch Träume abbildet ... Sie spricht die Frauen an, sich nicht missbrauchen zu lassen. Und sie wendet sich an die Männer, macht ihnen
16
Giustini, Jonathan, „La musica che si nutre di poesia. I cantautori italiani si confessano", in: Coveri, Lorenzo (Hrsg.), Parole in musica. Lingua poesia nella canzone d'autore italiana, Novara 1996, S. 110.
17
Ebd., S. 110-111. De Santis, Teresa, a.a.O., S. 117-118.
18
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bewußt, wie eine Frau empfindet"19, so schildern Ruedi Ankli und Peter Burri die Songinhalte Gianna Nanninis und treffen damit sicher den Kern der Textaussage. Denn so aggressiv die Texte manchmal auch klingen mögen, die Sängerin und Feministin ist nicht grundsätzlich gegen alles Männliche, sondern fur ein gleichberechtigtes Miteinander zwischen Frauen und Männern. Die in Siena geborene Interpretin rebellierte bereits früh gegen die patriarchalischen Familienverhältnisse und die Spießbürgerlichkeit der Kleinstadt, in der sie aufwuchs. Trotzig versuchte sie sich über das Verbot ihres Vaters, Miniröcke zu tragen, hinwegzusetzen, indem sie einfach ihre sämtlichen Röcke abschnitt.20 Und auch die Begeisterung fur die Musik, die dem Vater ein Dorn im Auge war, konnte dieser nicht bremsen. Bereits mit vierzehn Jahren nahm die Tochter des senesischen Konditors an ihrem ersten Talentwettbewerb teil erfolgreich! Nach der Schule absolviert sie ein Klavierstudium am Konservatorium Luigi Boccherini in Lucca; heute singt das Allroundtalent nicht nur und spielt auf dem Piano, sondern beherrscht zudem die Geige, Gitarre und seit 1990 auch das Schlagzeug.21 1975 verlässt sie schließlich Siena und zieht in die Großstadt Mailand: „Meine Heimatstadt liebe ich auch heute noch, aber ich wollte von dort weg, ich mußte weg. Meine Vorstellungen und die meiner Eltern paßten einfach nicht zusammen. Ich wollte unbedingt Sängerin werden. Und darum hatte ich auch keine andere Wahl,22 erklärt Gianna die damalige Situation. Kurz darauf erhält sie tatsächlich ihren ersten Plattenvertrag bei Ricordi und bringt bereits 1976 ihr erstes Album Gianna Nannini heraus. Gleich auf ihrem ersten Werk finden sich mehrere Lieder mit feministischen Texten; „Morta per autoprocurato aborto" fallt besonders auf - und das nicht nur des Titels wegen. Die lauten, anklagenden Worte werden von der Interpretin geradezu verzweifelt herausgepreßt, begleitet nur von ihrem eigenen leisen, melodiösen Klavierspiel. Trauer und Wut spiegeln sich abwechselnd in der rauhen Stimme Gianna Nanninis wider und machen den Zuhörer betroffen. Schon die ersten Zeilen verdeutlichen die poetische Gestaltung des Themas: la stanza tua piena di fiori e due coltelli i testimoni di unritoche non ha padroni (...)
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20 21 22
Ankli, Ruedi / Burri, Peter (Hrsg.), Cantautore Republic. Die Italienischen Texte und Materialien, a.a.O., S. 323-324. De Santis, Teresa, a.a.O., S. 174. Ebd., S. 38-39. Ebd., S. 18.
Rockpoeten:
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Man könnte beinahe sagen, dass hier eine Art 'Schockeffekt' erreicht werden soll, denn die anfangliche Idylle des Zimmers „piena di fiori" wird schlagartig durch „due coltelli, i testimoni di un rito" zerstört. Andererseits können die Blumen auch schon ein 'böses Vorzeichen' sein, denn schließlich sind sie durch das Abschneiden - hier findet sich wieder die Parallele zu den Messern - getötet worden. Kurz darauf werden die Bilder grausamer, deutlicher: (...) in mezzo al sangue lei per terra vinceva la sua guerra senza parlare, senz' accusare i suoi tre mesi di dolori, di rancori, di timori (...) Verblutet liegt die Frau auf dem Boden; nach drei Monaten „di dolori, di rancori, di timori" - sie hat es sich nicht leicht gemacht. Sie hat überlegt, ob sie diesen letzten, gefahrlichen Schritt wirklich wagen soll, sah aber keinen anderen Ausweg. Nun ist sie tot. Vielleicht hatte sie Angst vor den schiefen Blicken und den Beleidigungen, denen sich eine Frau mit einem unehelichen Kind aussetzt schließlich wurde dieses Lied 1976 geschrieben, in einem Italien also, in dem solche Frauen ausgegrenzt wurden. 23 In einem Italien, das noch viel stärker an die katholische Kirche gebunden war als heute, und in dem die legale Abtreibung erst am 22. Mai 1978 durch das Gesetz Nr. 194 ermöglicht wurde. 24 Gianna Nannini spricht ein Tabu an, kämpft auf ihre Art gegen den Staat und die Gesellschaft, die zu dieser Zeit von Männern dominiert wurde, und die einer unverheirateten, schwangeren Frau (fast) keinen anderen Ausweg als eine illegale - und dadurch äußerst gefährliche - Abtreibung ließ. Sie gibt die Hoffnung jedoch nicht auf, sondern sucht nach anderen Wegen, nach Lösungen: (...) dov'e il coraggio di continuare a dar' la vita tra le macerie se la gente non ci sente piü forse verrä un paradiso e donne come lei che cosi han' deciso in tutta questa distruzione io cerco un'altra direzione (...) Abschließend soll erwähnt werden, dass der Titel des Liedes - als einziger auf dem Plattencover - durch Anführungszeichen eingerahmt ist; zudem erscheinen 23
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Aus demselben Jahr stammt ein weiteres berühmtes Lied über die Abtreibung, „Piccola storia ignobile" von Francesco Guccini. Quelle: Internet: http://www.alleanzacattolica.org/idis_dpf/voci/a_aborto.htm
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die Titelworte „morta per autoprocurato aborto" selbst nicht im Song. Dies legt die Vermutung nahe, dass Gianna Nannini mit dieser Wortfolge etwas ganz Bestimmtes mitteilen möchte. Es könnte sich um die Überschrift eines Zeitungsartikels handeln. Die Zeile ist kurz, prägnant und hat die syntaktische Struktur einer Überschrift. Wurde die Verfasserin etwa durch einen zufällig entdeckten Bericht in einer Zeitung zu diesem Lied inspiriert? Auf jeden Fall entsteht ein auffälliger Kontrast zwischen dem stenogrammartigen, sachlichen, juristischtechnischen Titel und der poetisch emotionalen Gestaltung des Liedes. Auf die Frage, wann und wie sie in Kontakt mit der feministischen Bewegung kam, antwortet die Musikerin: „Era il 1975, ero appena arrivata a Milano ... Milano a me sembrava bellissima, ... Ε poi c'era un bei fermento politico e intellettuale, i cine-forum, le manifestazioni e, appunto, il movimento femminista e le riunioni di auto-coscienza." 25 1 984 äußert sie sich im Press-Book ihrer Tournee wie folgt: „Die Frauenbewegung war sehr wichtig für mich, sie hat mir geholfen, mich zu verstehen und mich durchzusetzen. Aber auf der anderen Seite will ich nicht einem dogmatischen Zirkel angehören. Außerdem sind auch Männer meine Realität und ich will mit ihnen umgehen können." 26 Tatsächlich erregte Gianna mit ihren ersten beiden Alben vor allem in feministischen Kreisen große Aufmerksamkeit. So ist es nicht verwunderlich, dass die 'Rebellin' auf verschiedenen Frauenfestivals auftrat - beispielsweise 1977 in Turin oder 1981 im Berliner Tempodrom bei der Veranstaltung Venus Weltklang 27 1977 wird das zweite Album Una radura... veröffentlicht; wieder mit vielen feministischen Texten. Exemplarisch soll hier „Dialogo" herausgenommen werden, ein Lied, das von einem Mann handelt, der sich zum ersten Mal einer emanzipierten Frau gegenübersieht und damit überhaupt nicht zurechtkommt. In dem Lied in Form eines Dialoges werden ausschließlich die Ich- und Du-Form verwendet, und die jeweils erste Zeile der beiden Strophen bildet die Anrede: tu uomo tu (...) e donna, donna tu (...) Auch in „Dialogo" herrscht das Klavierspiel der Sängerin vor, begleitet von Mundharmonikaklängen und einigen kurzen Schlagzeugpassagen - ein weiteres Indiz dafür, dass die Definition der Nannini als Rocksängerin verkürzt und einseitig ist. Gianna singt und interpretiert ihre Worte gefühlvoll; entsprechend lauter und eindringlicher dann den Refrain, der jeweils einen Annäherungsversuch des einen (Gesprächs-)Partners darstellt. In der ersten Strophe richtet sich 25
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Quelle: Internet: http://www.giannanannini.com/cgi-local/pressnews.pl/page=news.html/ di.../\vhat=ALLCO Ankli, Ruedi / Burri, Peter (Hrsg.), Cantautore Republic. Die Italienischen Rockpoeten: Texte und Materialien, a.a.O., S. 326. De Santis, Teresa, a.a.O., S. 61-62 und 74-75.
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die Frau an den Mann und versucht diesem zu erklären, dass auch Frauen eigenständige Wesen sind, die eine eigene Meinung haben und selbständig existieren können. Zudem versucht die weibliche Stimme der männlichen klar zu machen, dass die vermeintliche Stärke des Mannes eine Illusion ist. tu uomo tu dio, padre e poi ragazzo mio sul mio seno aggrappato (...) donna non vuol dire pazza ο martire che di certo viene a noia tu sei forte perche sai dire mia tu sei niente appena scappo via (...)
Erst wird der „dio, padre e poi ragazzo mio" durch ein „sul mio seno aggrappato" demaskiert, denn so stark ist Er nicht, wenn Er sich an Ihr festhalten muß wie ein Baby, das hilflos und unbeholfen an der Brust der Mutter hängt, um Schutz zu suchen oder seine Nahrung zu empfangen. Dann wird „Frau" neu definiert, denn mit einer „pazza" oder einer „martire", zwei Rollenzuweisungen durch die Welt des Mannes, ist Sie nicht automatisch zutreffend charakterisiert. Abschließend wird durch eine Dichotomie „tu sei forte - tu sei niente" die Abhängigkeit des Mannes illustriert. Der Refrain dagegen ist in der Wir-Form gehalten, als Verbindungsglied zwischen den beiden Geschlechtern. Nach Anschuldigungen, Vorwürfen und Rechtfertigungen dient dieser Teil als Versöhnungsversuch, in dem dank des Imperativs „apriamoci" ein Gemeinschaftsgefühl geschaffen wird: (...) apriamoci gridando odio per un po' d'amore almeno apriamoci gridando odio per un po' d'amore (...)
Interessant an „Dialogo" ist aber nicht nur die Dialogform, sondern auch der zweite, leicht veränderte Refrain. Während der erste, der von der Frau ausgeht, das oben angesprochene Wir-Gefuhl kreiert, heißt es im zweiten „abbracciami". Dem Mann ist es demnach nicht möglich, aus seinem alten, veralteten Rollendenken auszubrechen, denn wieder ist er derjenige, der seine Wünsche äußert, Anweisungen gibt und eben keine wirklich gleichberechtigte Gemeinsamkeit zuläßt. In der zweiten Strophe wird schnell klar, dass der Mann sich überfordert fühlt und nicht weiß, wie er mit der 'neuen Frau' umgehen soll: (...) e donna, donna tu se vuoi di piü che cosa devo fare neile fiabe mi ero visto re, vincitore (...) e son' rimasto senza piü poesia a fare Γ uomo, a farti roba mia (...)
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„Se vuoi di piü che cosa devo fare", fragt Er ratlos, denn mit seiner Rolleninterpretation als „re, vincitore" hat das nun nichts mehr zu tun. Die einzige Aufgabe, die Er noch im Zuge der Gleichberechtigung zu haben scheint - seinem Verständnis nach - ist, den Mann 'zu spielen', nicht aber der Mann 'zu sein'. Im Jahre 1979 bricht Ία Giannissima' ein weiteres Tabu. Auf dem Cover ihrer im selben Jahr erschienenen LP California ist die New Yorker Freiheitsstatue abgebildet - nichts Besonderes, wäre die brennende Fackel, die 'Lady Liberty' gewöhnlich in der Hand hält, nicht durch einen Vibrator im 'Stars and Stripes'-Design ersetzt worden. Das Titelbild ist jedoch nur der Anfang. Was mit dem Cover bildlich dargestellt wird, findet in dem Lied „America" seinen sprachlichen Ausdruck. Gianna gestaltet hier das 'brisante' Thema Masturbation, indem sie zwei parallele, eine männliche und eine weibliche, Selbstbefriedigung in Wort und Musik bringt. Die musikalische Interpretation ist dem Thema angepaßt, wild, beinahe animalisch, rockig und im Refrain ein deutliches Crescendo. E-Gitarre, Ε-Bass, Schlagzeug und Synthesizer wirbeln durcheinander und formieren sich zu einem 'fetzigen' Rocksong. (...) per oggi sto con me, mi basto nessuno mi vede e allora accarezzo la mia solitudine ed ognuno il suo corpo chissä cosa chiede-, chiede-, chiede-, chiedere Der Tenor ist eindeutig, unmißverständlich, auch wenn das Wort Selbstbefriedigung nicht explizit in Erscheinung tritt, sondern durch 'America' ersetzt wurde: „Amerika steht für das eigene Körperglück ,.."28: fammi sognare, lei si morde la bocca e si sente l'Amenca fammi volare, lui allunga la mano e si tocca l'Amenca fammi l'amore forte sempre piü forte come fosse Γ America Wie schon in „Dialogo" ist in „America" der zweite Refrain verändert: fammi volare lei le maru sui fianchi come fosse l'Amenca fammi sognare lui che scende che sale che si sente PAmerica 28
Ankli, Ruedi / Burri, Peter (Hrsg.), Cantautore Republic. Die Italienischen Texte und Materialien, a.a.O., S. 326.
Rockpoeten:
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Noch deutlicher, noch expliziter wird hier das Thema bildlich beschrieben: „lui che scende che sale" - diese Zeile läßt keine Zweifel offen. „... A ripercorrere a ritroso il cammino dell'emancipazione femminile in canzone ... ci si accorge che la Nannini... compie una mezza rivoluzione. Con lei la canzone entra in camera da letto ..," 29 - diese Aussage trifft nicht nur auf „America" zu, sondern auch auf Lieder wie „Voglio fare l'amore", „Come una schiava" oder „Seduzione". Malafemmina, Giannas zehntes Album, erscheint 1988. Der Komiker Toto oder besser dessen gleichnamiges Lied aus den fünfziger Jahren - lieferte die Inspiration zum Titel dieser LP. Doch während der neapolitanische Spaßmacher in seiner treu-losen (Ehe-)Frau noch die Sünderin sah, ist die 'malafemmina' der Nannini das Symbol der (be-)frei(t)en, emanzipierten Frau. Und wieder verdeutlicht die Künstlerin die Intention ihrer Stücke bildhaft auf dem Cover, selbstbewußt steht sie da und deutet die allgemein bekannte 'Du kannst mich mal ...'-Geste an; für die Cantautrice ist dies jedoch mehr eine herausfordernde als eine beleidigende Geste. 30 Auffallend ist auch die Lederjacke mit einer Art metallenem Brustpanzer, die sie auf dem Foto der LP-Vorderseite trägt. Hierbei handelt es sich um die Perkussions-Jacke ihrer Malafemmina-Ίour, auf der der Schlagzeuger Rüdiger Braune Gianna wie ein Schlagzeug benutzt: „Das war eine Methode, meinen Körper 'zu verstärken', ihn klingen zu lassen, und zwar mit Hilfe von verstärkenden Sensoren und nicht über ein Instrument" 31 , erklärt die Musikerin. Die Idee zu „Hey Bionda" (Malafemmina) kam Gianna dank des damaligen italienischen Verteidigungsministers Spadolini, der unter dem 'Deckmantel der Gleichberechtigung' einen Gesetzentwurf eingereicht hatte, der vorsah, dass Frauen freiwillig in die Armee eintreten sollten. Für die Nannini, wie für viele andere Frauen auch, war das eine unbeschreibliche Provokation: nach Jahren der Unterdrückung und erduldeten Verletzungen soll sich nun die Frau durch Gewalt von der Gewalt befreien? Gerade in dem Moment, in dem die jungen Männer anfangen, den Wehrdienst zu verweigern oder zumindest zu kritisieren, sollen Frauen als Reservekorps die Ideologie der Gewalt unterstützen32 regt sich die italienische Sängerin auf. Also schreibt sie „Hey Bionda" und verdeutlicht ihre Ansichten in einem spektakulären Video-Clip, den sie in Israel dreht, dem Land, in dem Frauen schon seit vielen Jahren zum Militärdienst antreten. Die Musikerin läßt in dem Clip eine weibliche Armee aufmarschieren und zieht diese ins Lächerlich-Groteske. Passend zum Thema und Video beginnt „Hey Bionda" mit einem Schlagzeug-Solo, das von einem Frauenchor mit meh29 30 31 32
Baldazzi, Gianfranco, La canzone italiana de! Novecento, a.a.O., S. 280. De Santis, Teresa, a.a.O., S. 128-129. Ebd., S. 129. Ebd., S. 98.
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reren Aey.'-Rufen unterbrochen wird - ähnlich den Exerziergesängen amerikanischer Armeeangehöriger. Nach einigen Takten formieren sich die anderen Instrumente um den Schlagzeug-Rhythmus und Gianna Nannini beginnt zu singen. Anders als in vielen ihrer Songs klingt die Stimme der Interpretin hier nicht gepreßt, wütend oder überschäumend vor Glück, sondern belustigt, verhöhnend. Auch wer die Bilder des Video-Clips nicht kennt, kann die Intention des Liedes aus dem Gesang der Seneserin heraushören beziehungsweise verstehen. Die 'heitere' (Pop-)Melodie, die ständig durch die Drums dominiert wird, unterstützt zudem den starken Gegensatz zwischen dem Thema und dessen musikalischer Umsetzung. Im Liedtext wird 'der weibliche Soldat' übertrieben beschrieben: ti piace il corpo di cannone nei film che vedi alia TV prendi la mira in mezzo al cuore dal sottomarino blue ti piace far' l'americana hai due fueili nei blue-jeans dirigi con la cerbottana (...) Dem Thema entsprechend häufen sich militärische Ausdrücke wie 'cannone', 'mira', 'sottomarino', 'fucili' oder 'cerbottana'. Die Zeile „ti piace far' l'americana" ist eine Anspielung auf die Situation in den USA, wo Frauen schon länger in den Militärdienst eintreten können und soll die Lächerlichkeit einer Italienerin in der Armee unterstreichen, die meint, einer amerikanischen Mode gehorchen zu müssen. Doch „Hey Bionda" thematisiert auch die falsch verstandene Emanzipation. Es geht für die Frauen nicht darum, männlich zu werden - weder das äußere Erscheinungsbild noch die Verhaltensweisen betreffend. Der Feminismus kämpft darum, dass eine Frau genauso respektiert wird wie ein Mann - aber als Frau und nicht als mann-gewordene 'Ex'-Frau: (...) scende dalle minigonne l'uniforme dei marines (...) ti piace il fuoco in mezzo al mare (...) ti infili i guanti del potere fai morire in fretta tu (...) non perdi mai il tuo sangue freddo programmi la tua strategia (...) non sarai mai amica mia (...) Emanzipation hat also nichts damit zu tun, dass die 'minigonne' durch 'l'uniforme dei marines' ersetzt werden oder durch den Militärdienst andere bis dato männliche Attribute - angenommen werden, wie beispielsweise schnelles Töten oder kaltblütig Schlachten zu schlagen.
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Der Refrain besteht aus vier Textzeilen, die jeweils mit einem von der Nannini und einem Frauenchor gesungenen „bionda" beginnen, gefolgt von einigen Worten, die Gianna alleine singt. (...) bionda - con quale bomba bionda - ci colpirai bionda - che sei una bomba bionda - che specie sei (...) Im zweiten Refrain wird der Eindruck der Verschmelzung des Frauenkörpers mit dem Kriegsgerät („sei una bomba") variiert; der Bezug zur Liebe ist hier doppeldeutig insofern, als es sich sowohl um eine Referenz zur Frau (die aufgrund einer individuellen Liebe zum Militär geht) als auch um einen Bezug zur kollektiven Legitimation des Krieges (Liebe zum Vaterland o.ä.) handeln kann. (...) bionda - di quale guerra bomba - per quale amore bionda - che sei una stronza bionda - che specie sei (.. .)
V. Fazit Gianna Nannini ist eine Frau, die sich fur die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen einsetzt, lautstark, eindringlich und deutlich, auf die Weise, auf die sie es am besten kann: indem sie Lieder schreibt und auf ihre ganz eigene Art stimmlich interpretiert. Die oben angeführten Beispiele zeigen dies deutlich. Weitere Lieder befassen sich mit den Problemen der Frau und ihrer Stellung in der Gesellschaft. Es wird sich aber auch herausstellen, dass es auf den neueren Alben schwieriger ist, wirklich feministische Texte zu finden. Dies liegt sicher nicht daran, dass Gianna sich in letzter Zeit weniger mit diesem Thema beschäftigt hat, sondern dass der Feminismus in den letzten beiden Jahrzehnten große gesellschaftliche Veränderungen bewirkt hat, und die Gleichberechtigung weit fortgeschritten ist. Titel wie „Non ti voglio" können heute nicht mehr mit derselben Vehemenz als weiblicher 'Befreiungsschrei' gelesen werden wie in den späten 70er Jahren. Die Nannini selbst sagt dazu: „Es gibt bei mir viele politische Lieder in Form von Liebesliedern und umgekehrt." 3 3 Die Qualität der Texte und Songs aus der Zeit des militanten Feminismus liegt sicher in der (oft kontrastiv angelegten) Mischung aus poetischem Ausdruck und harter Rhythmik. Die Texte sind nie simpel und oberflächlich plakativ, und erfüllen doch durch suggestive Metaphorik, bildliche Gestaltung von Szenen die Funktion des provozierenden Schreibens. Die musikalische und zudem körperliche
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Quelle: Bericht in der Nord-Stuttgarter Rundschau von Samstag, dem 17. Oktober 1998.
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Inszenierung geben den manchmal geradezu gebremsten Texten eine zweite Dimension, die zu ihrer Wirksamkeit wesentlich beiträgt.
Diskographie Gicmna Nannini (1976) „Comme un angelo" - „Storia di un sorriso" - „E poi viaggiai" - „Un'anima di sughero" - „Addio" - „Ti avevo chiesto solo di toccarmi" - „Fantasia" - „Ma lasciati andare" - „'Morta per autoprocurato aborto'" - „II pastore" Una radura... (1977) „Dialogo" - „Rebecca" - „Basta" - „Frenesia" - „Se" - „Maria Paola" - „Siamo vivi" - „'Sono stanco'" - „Riprendo la mia faccia" - „Una radura..." California (1979) „America" - „California" - „Good bye my heart" - „Io e Bobby McGee" „Sognami" - „La lupa e le stelle" - „Lei" G.N. (1981) „Vieni ragazzo" - „Nessuna direzione" - „Bi-bip" - „Uo-Uö" - „Occhi aperti" „Autostrada" - „Come un treno" - „Stop" Latin Lover (1982) „Primadonna" - „Wagon-Iits" - „Ragazzo dell'Europa" - „Latin Lover" „Fumetto" - „Carillon" - „Amore amore" - „Volo 5/4" Sogno di una notte d'estate (1983) - Soundtrack zum gleichnamigen Film „La luna" - „Lontano" - „Disht II" Sconcerto Rock (1983) - Soundtrack zum gleichnamigen Film „La mongolfiera" - „Ucelli" - „Ora Teleocchio" Puzzle (1984) „Kolossal" - „Fotoromanza" - „L'urlo" - „Siamo ricchi" - „Ciao" - „Fiesta" „Ballami" - „Se vai via" Tutto live (1985) - Live-Album „Kolossal" - „Sognami" - „Autostrada" - „Occhi aperti" - „Bla bla" - „Amore amore" - „Wagon-Iits" - „Ragazzo dell'Europa" - „California" - „Vieni ragazzo" - „Siamo ricchi" - „Fiesta" - „Fotoromanza" - „Bi-bip" - „America" - „Latin Lover" - „Primadonna" Profiimo (1986) „Bello e impossibile" - „Profumo" - „Come una schiava" - „Gelosia" „Seduzione" - „Quäle amore" - „Awenturiera" - „Quante mani" - „Terra straniera" Maschi e altri (1987) „I maschi" - „Profumo" - „America" - „Ragazzo dell'Europa" - „Awenturiera" - „Bello e impossibile" - „Bla bla" - „Vieni ragazzo" - „Latin Lover" „Fotoromanza" Malafemmina (1988) „Hey Bionda" - „Voglio fare l'amore" - „Time lover" - „Un ragazzo come te" „Lucirosse" - „Luna dell'Est" - „Aiuto" - „Revolution" - „Cuore zingaro" „Casablanca" - „Donne in amore"
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Scandalo (1990) „Scandalo" - „5 minuti" - „Indiana" - „Dea" - „E-ya-po e-ya-po" - „Madonna Welt" - „Due ragazze in me" - „Sorridi" - „Spiriti amanti" - „Fiori del veleno" „Salome" - „Una luce" Giannissima (1991) - Live-Album „I maschi" - „Primadonna" - „Profumo" - „Sorridi" - „Bello e impossibile" „Dea" - " E-ya-po e-ya-po" - „Awenturiera" - „America" - „Scandalo" - „Latin Lover" - „Io e Bobby McGee" - „Terra straniera" Per forza e per amore (1993) „Radio Baccano" - „Io senza te" - „Bell'amica" - „Tira tira" - „Principe azzurro" - „Per forza e per amore" - „Oh marinaio" - „Maremma" - „Lamento" - „Giramore" - „Ninna nanna" Dispetto (1995) „Bellatrix" - „Meravigliosa creatura" - „Per dispetto" - „Non ti voglio" „Fotografia" - „Piangerö" - „Ottava vita" - „Con te" - „Non c'e pace" - „Ninna nera" - „Lontano, lontano" - „500 anni" Bomboloni (1996) „Bomboloni" - „Bello e impossibile" - „Fotoromanza" - „Lamento" - „Sorridi" „Scandalo" - „Profumo" - „America" - „Hey Bionda" - „Contaminata" - „Latin Lover" - „I maschi" - „Meravigliosa creatura" - „Ottava vita" - „Radio Baccano" - „Awenturiera" - „M'anima" - „Un'estate italiana" Cuore (1998) „Un giorno disumano" - „Bacio fondente" - „Centomila" - „Notti senza cuore" „Come sei" - „Peccato originale" - „Ti spezzo il cuore" - „Stellicidio" - „Dimmi dimmelo" - „La strada" - „Sola" - „Io ci sarö"
Bibliographie Ankli, Ruedi / Burri, Peter (Hg.), Cantautore Republic. Die Italienischen Rockpoeten: Texte und Materialien, Basel 1985, S. 323-338. Baldazzi, Gianfranco, La canzone italiana del Novecento, Roma 1989, S. 229, 264, 275, 278, 280. Bericht in der Nord-Stuttgarter Rundschau von Samstag, dem 17. Oktober 1998. De Santis, Teresa, Gianna Nannini, München 1992. Fabbri, Franco, „What kind of music?", in: Popular music, 2: Theory and Method, Cambridge/London/New York 1982. Giustini, Jonathan, „La musica che si nutre di poesia. I cantautori italiani si confessano", in: Coveri, Lorenzo (Hg.), Parole in musica. Lingua poesia nella canzone d'autore italiana, Novara 1996, S. 110-111. Kreutziger-Herr, Annette, „Poetische Bilder? Poetische Musik? Anmerkungen zur canzone d'autore", in: Baasner, Frank (Hg.), Poesia Cantata. Die Textmusik der italienischen Cantautori, Tübingen 1997, S. 28-41.
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Internet http://vww.freeweb.org/musica/GiamaNanniniFan/bello.htm http://rheinzeitung.de/on/98/10/07/magazin/ http://www.speedit.com/gpeace/archivio/ozono/ozonol.htm http://www.clipart.it/settoreout/assault.htm http://www.alleanzacattolica.org/idisjlpf/voci/a_aborto.htm http://www.giannanannini.com/cgi-local/pressnews.pl/page=news.html/di.../what= ALLCO
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Luciano Ligabue - un cantante „tra palco e realtä" Bastarono i nostri quindici anni. Bastö un trasmettore da 5 watt preso a centomila lire. Bastö un vecchio giradischi Philips, un microfono da dieci carte e un mixerino con due fader. Bastö l'estro di un amico diciassettenne che faceva l'lstituto tecnico. Bastö una stanza di casa sua e una antennazza sui suoi tetti. Ε avemmo la nostra radio. Non sto parlando dei tempi Marconi: era il 1975.1 Luciano Ligabue, 1997
I. Luciano Ligabue - „tra palco e realtä" Seit Jahren wird er als der Bruce Springsteen Italiens gefeiert. Mit seiner rauhen, fast immer heiser wirkenden Stimme zieht er inzwischen mehr Fans in die italienischen Stadien2 als Michael Jackson. 70 Wochen lang belegte er mit seinem Album Buon compleanno Elvis als einer der ersten die italienschen Hitlisten, drei Grammies für Bestes Album, bester Song („Certe notti") und bester Sänger. 1987 produzierte Ligabue erstmals mit der Band Orazero ein Album Anime in Plexiglass, und gewann beim Terremoto Rock seinen ersten wichtigen Preis. 1990 erschien das erste Album Ligabue und seitdem spielt Luciano fetzige Rocksongs und Rockballaden - selbst getextet und selbst komponiert (bisher nur in italienischer Sprache) - vor seinem italienischen Publikum. Lucianos Stil gilt in den Medien als linientreu, männlich, rhythmisch, lebendig - der erste Rocker Italiens, der sich durch Persönlichkeit und „Italianitä" auszeichnet. In seinen Texten benutzt er Worte, die unverblümt die „Realtä" ausdrücken und dafür sind ihm die Fans dankbar. Mittlerweile ist der Erfolg auf dem europäischen Musikmarkt zu spüren. Eine Million mal verkaufte sich das 1995 produzierte Album Buon compleanno Elvis - der große Durchbruch? Bis heute sind circa 3 Millionen Alben der Band Ligabue im Umlauf. „Er will zei-
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Ligabue, L.: fuori e dentro il borgo, Milano 1997, S. 80.
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„Curioso: si dice sempre che sono i Maradona e i van Basten a portare la gente alio stadio, ora scopriamo che in questi anni tanta gente ha riempito gli stadi per vedere un mediano del rock andare su e giü da un palco." La Repubblica, Crosetti, M.: „Apologia del mediano: Ligabue, Furino e gli umili", 05.10.1999, www.rockol.it.
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gen, dass Italien in der Musik nicht nur die Liebe zu verkünden hat, wie seine Kollegen Eros Ramazotti und Laura Pausini. " 3
II. Luciano - im cantautore rock ? „Luciano Ligabue (Coreggio, Reggio Emilia, 1960) e il piü importante cantautore rock della scena italiana."4 Darf man Luciano neben den berühmten Kollegen, den cantautori italiani wie Francesco de Gregori, Guccini, Franco Battiato, Fabrizio de Andre, Lucio Dalla, Pino Daniele in einem Buch über Cantautori piazieren? Auf den ersten Blick scheint der Kopf der Band Ligabue ein wahrer Rockstar zu sein, doch der zweite verrät einen sehr persönlichen Stil und eigene, sensible Texte, die er fast ausschließlich im heimatlichen Correggio textet. Das jüngste Album Miss Mondo (September 1999) ist der Versuch, sein Rockimage nach einer 12-jährigen Musikerkarriere auf einmal sehr sensibel und mehr melodiös zu gestalten. Das Ende des Italo-Rocks? Sicher nicht, aber Luciano zeigt mehr Reife, noch mehr Persönlichkeit und signalisiert vor allem neue Variationen in Text und Stimme. Was charakterisiert einen Cantautore? Was bedeutet Canzone d'autore? Im Gegensatz zu den Genres Rock und Pop ist die Canzone d'autore durch ihre musikalisch freie Form bestimmt. Es gibt weder textuelle noch melodische Stilvorgaben und der Cantautore kann so Text, Textgestaltung und dessen musikalische Einbindung frei wählen. Das erlaubt dem Autor, der gleichzeitig Interpret der canzone ist, „häufige Anleihen bei verschiedenen Stilen zu machen, häufig absichtlich bizarr, bis zu dem Punkt, an dem auf eine typisch selbstreflektierende Art ein parodistischer Tonfall eingeschlagen wird."5 Ob Rockballade oder fetzige Songs - alles ist erlaubt. Luciano Ligabue bedient sich mehr der melodisch rockig gesungenen Rhythmen als der arhythmischen Sprechgesänge, wie wir sie etwa von Paolo Conte kennen. Die stilistische Freiheit ist im Prinzip die Basis für das wichtigste Charakteristikum fur die Canzone d'autore: „der Personalstil, die hohe Personalisierung, die persönliche Entwicklung, die Unverwechselbarkeit innerhalb des eigenen Repertoires und die Selbstdarstellung in Interviews, in Notenausgaben und Büchern."6 Man kann bei Luciano jedoch nicht von einer persönlichen Note 3 4 5
6
Aus einem Interview mit I. Bergmann in: adesso, 10/97, S. 50. Invernizzi, F. in: Ligabue, L.: fuori e dentro il borgo, Milano 1997. Fabbri, F.: What kind of music?, zit. nach Kreutziger-Herr, Α.: „Poetische Bilder? Poetische Musik?" in: Baasner, F. (Hg.), Poesia cantanta. Die Textmusik der italienischen Cantautori, Tübingen 1997, S. 32. Kreutziger-Herr a.a.O., S. 33.
Luciano Ligabue - un cantante „ tra palco e realtä "
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sprechen, denn nicht nur seine Stimme ist unverkennbar, sondern auch die Sprache, die er für seine Liedtexte wählt: klar, deutlich, wenig metaphorisch, manchmal vulgär. Ebenso ungezwungen erzählt er in seinem Buch fuori e dentro il borgo Begebenheiten aus seinem Leben in Coreggio. Das neue Album Miss Mondo wie bereits erwähnt - bestätigt seine persönlichen Stärken. Noch mehr Kreativität in der Komposition, neue Rhythmen und Metren, weniger aggressive Gitarren, reich ausgestaltete autobiographische Inhalte. Kollektive Gefühle (das Lied als Gemeinschaft) sollen bei der Canzone d'autore hervorgerufen werden. Wie jede Kunst vermittelt das Lied auch Emotionen, „aber keinen Imperativ"7. Auch werden die Hörer in Lucianos Liedern selten mit einem direkten „Du" angesprochen, was für die Texte vieler Cantautori typisch ist. Diese Form ästhetischer Gestaltung findet man in vielen Songs von Ligabue vor, was die Analyse der Liedtexte zeigen wird. Ob Freude, gemeinsame Stärke oder gemeinsame Schwächen, „troviamo le canzoni d'amore, di guerra (...), di protesta sociale, (...) e tutta una serie di canti popolari legati a determinati domini sociali."8 Zu den wichtigen Charakteristika der Canzone d'autore gehört der häufige Gebrauch einer Metasprache. Bewußt wird man sich dessen als Zuhörer erst dann, wenn der Cantautore in seinen Texten das Problem des Singens, des Dichtens oder die eigene Poetik anspricht. Dies kann direkt geschehen, durch Zitate, oder unter Verwendung anderer Stilarten auf einer zweiten Ebene. „Die Canzone d'autore ist in solchen Momenten ein Spiel - fur den, der mitspielen möchte und mitspielen kann".9 Die Songs „Tra palco e realtä", „Viva" und „Non dovete badare al cantante" laden unter anderem zum Mitspielen und Mitdenken ein. (...) Ε ce l'abbiamo qualche speranza Forse qualcuno ci ricorderä e non soltanto per le canzoni per le parole ο la musica. aus „Tra palco e realtä" Questa qua e per te e anche se non e un granche ti volevo solo dire che era qui in fondo a me. (...) Questa qua e per te e non e niente facile
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9
Ebda. S.34. Scholz, Α.: Neostandard e variazione diafasica nella canzone italiana degli anni novanta, 1998, S. 42. Kreutziger-Herr, a.a.O., S.34.
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dire quello che non riesco mentre tu vuoi ridere. aus „Viva!" non dovete badare al cantante lo sappiamo che vita che fa guarda solo la foto che c'e sul giornale ci siamo capiti che razza di uomo sarä aus „Non dovete badare al cantante"
Wie auch andere Cantautori gibt Luciano Ligabue seinem Hörerpublikum die Möglichkeit der Identifikation. Allerdings erfolgt diese nicht über die Allgemeingültigkeit der Textaussagen, sondern über die extreme Personalisierung und Individualisierung. Das als Einzelschicksal präsentierte und mit autobiogaphischen Details ausgeschmückte Leben des Interpreten wird zur unverwechselbaren (auch an den Körper des Interpreten gebundene) Stimme, die kollektive Erfahrungen, Stimmungen, Einstellungen formuliert. Im Unterschied zu anderen populären Liedern bleibt beim Cantautore jedoch fur diese Form der Identifikation Voraussetzung, dass sich die Hörer auch mit dem physischen Individuum identifizieren können, nicht nur mit dem Lied(text). Gerade sein jüngstes Album zeigt, wie stark Luciano zur Individualisierung und Personalisierung neigt: er verwendet viele autobiographische Details, spricht oft in der ersten Person und benutzt Worte, die vom normalsprachlichen Gebrauch abweichen und klingen, als seien sie lange ,gereift'. Diese öffentliche Rolle seiner (auch privaten) Person und die damit verbundene Last versucht er seinen Fans zu erklären. Sich in diesem Ausmaß zu öffnen, war er erst 1999 bereit. „(...) non avrei parlato neanche dei miei posti e della gente che conosco ma proprio del mio condominio, per arrivare un giorno a parlare solo di me. Ecco con questo disco ho fatto il salto".10 Die Zuordnung Lucianos zur Gruppe der Cantautori italiani ist einerseits schwer, gerade weil er als der Rockstar Italiens gilt und damit zumindest musikalisch eine andere Kategorie erfüllt. Doch zeigen die untersuchten Charaktereigenschaften, dass sein Werk Merkmale hat, die es erlauben, ihn in eine Reihe mit denjenigen Komponisten-Poeten-Interpreten zu stellen, die der Gattung Cantautore den Namen gegeben haben. Klingen seine Lieder auch nach Rocksongs und Balladen, so kommt in seinen Liedtexten die poetische Ader dennoch zum Ausdruck. Die Texte seiner Lieder werden ausfuhrlich im nächsten Abschnitt analysiert.
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www.rockol.it/news.asp.
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III. Lieder zwischen Palco und Realta Liedtexte sind besondere Texte, weil sie die Handschrift eines sich bewußt als Autor (und nicht nur als Komponist und Interpret) verstehenden Künstlers tragen und gleichzeitig im Medium der Melodie vermittelt werden. Was man zwischen den Zeilen liest (hört), bestimmt der Autor selbst - oder er versucht es zumindest mit den literarisch erprobten Mitteln der Leser- (hier: Hörer-Lenkung. „I contenuti sono fissati dall' autore della canzone e dipendono spesso dalla sua impostazione ideologica."11 Luciano Ligabue hat seine Texte alle selbst geschrieben. Viele klingen wie kleine Geschichten, wie Erlebnisse, die mit unverfälschten Gefühlen beschrieben werden. Diese kommunziert er auf einfache, nüchterne Weise, manchmal fällt sogar das eine oder andere Schimpfwort. Sein Stil ist so direkt wie möglich, Metaphern erscheinen ihm als unzulässige „Beschönigung", seine Sprache will den Eindruck unvermittelter Wahrheit erzeugen. Mit anderen Worten, „siamo fortunati se qualcuno dice ancora come le cose stanno veramente e lo dice nel modo piü consono e diretto possibile."12 Eine ebenso markante und direkte Sprache findet man in seinem Buch fuori e dentro il borgo vor. Tra palco e realta. Gibt es überhaupt ein Leben, das beides vereinen kann? Steht Luciano auf der Bühne, ist er der Star, der mit seiner Band die Massen bewegt, mit Leichtigkeit seine Soli spielt und mit seiner einzigartigen Stimme schmetternd seine Fans begeistert. Jenseits der Bühne übernimmt die Realität die Hauptrolle, die ihm unfreiwillige Nebenrollen zuspielt. Das ständige Hinund Her'zappen' zwischen Bühnenleben und realem Leben beschreibt Luciano eindringlich in seinem Lied „Tra palco e realta" aus dem Jahr 1997: Abbiamo facce che non conosciamo ce le mettete voi in faccia pian piano (...) abbiamo amici che neanche sappiamo che finche va bene ci leccano il culo e poi abbiamo casse di maalox per pettinarci lo stomacho abbiamo soldi da giustificare e complimenti per la trasrrussione Die Thematisierung der eigenen Rolle (und der des Publikums) ist wohl nicht nur als Koketterie abzutun. Fast poetisch beschreibt Luciano, dass sein eigenes Gesicht und das der Band bei jedem Auftritt erst durch den fremden Blick des Publikums kreiert werden („ce le mettete voi in faccia pian piano") müssen und somit eine in der Außenansicht wahrnehmbare Realität bekommen. Der quasi 11 12
Scholz, A. a.a.O., S. 43. Murizzi, F.: „Siü έ giü da un palco", 25.05.1997, www.musicaitaliana.it.
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philosophische, nachdenkliche Ton wird jedoch gleich durch „che finche va bene ci leccano il culo" gestört: eine direkte Sprache, die auf das zynische Verhältnis zwischen Star und Fan (und vice versa) verweist. Der Kontrast zwischen ernstem Ton und vulgärem Sprachregister wird von Luciano bewußt gepflegt. So erinnert er des öfteren an das Image des Italo-Rockers, der das Publikum immer wieder auf seine Weise auf den Boden der nüchternen, materiellen Tatsachen zurückholt. Die Freude an der Musik, die er mit seinen Anhängern teilt, hat neben dem Luxusleben auch Schattenseiten. Eine erfolgreiche Tournee bedeutet nicht nur Profit, sondern verlangt hohe Belastbarkeit, Knochenarbeit und zahlreiche Nächte in fremden Hotelzimmern. Für Luciano ist es viel wichtiger, dass nicht er als Person, sondern seine Musik und seine Texte der Grund dafür sind, sich an ihn zu erinnern - wohl wissend, dass der Starkult dem entgegensteht: (...)
forse qualcuno ci ricorderä e non soltanto per le canzoni per le parole ο la musica siam quelli lä siam quelli lä siani quelli lä quelli tra palco e realtä. „Tra palco e realtä" ist ein sogenannter Mid-Tempo-Song. Die fließenden Grenzen zwischen Rock- und Popmusikelementen, die klassische Besetzung der Instrumente sowie die Dur-Tonarten geben dem Song einen sehr melodiösen Charakter. Bald rücken die Ε-Gitarren in den Hintergrund, um Lucianos Stimme genug Raum zu lassen. Trotz des ernstzunehmenden Textes wirkt der Song leicht und ungezwungen, fast routiniert. Fußballweltmeisterschaft 1982, Lele Oriali kämpft für Italien, gibt alles, bis seine Lungen fast platzen. Er schießt keine Tore, aber er rennt weiter für Italien. Jedem Ball jagt er hinterher, als ginge es um sein Leben, ein hervorragender Techniker. Italien ist Weltmeister und Oriali bleibt nur ein „mittelmäßger" Spieler, an den sich kaum einer erinnert. Ob Sport, ob Spiel, viele sind nur mittelmäßig gut, nur wenige richtig erfolgreich. In seinem Album Miss Mondo kommuniziert Luciano in dem neuen Song „Una vita da mediano" (1999) seinen Hörern, dass Tore nicht einzig und allein der Grund dafür sind, dass ein Spieler erfolgreich ist. una vita da mediano a recuperar palloni nato senza i piedi buoni lavorare sui polmoni una vita da mediano con dei compiti precisi a coprire certe zone a giocare generosi Ii sempre Ii Ii nel mezzo finche ce n'hai stai Ii una vita da mediano
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Fußball wird zur Chiffre für das Leben in unserer Gesellschaft. Niemand wird mit goldenen Füßen („nato senza i piedi buoni") geboren, jeder muß Ehrgeiz entwickeln und seine Lungen trainieren. Natürlich wünscht man sich Erfolg im Leben, je erfolgreicher, desto motivierter ist ein Mensch, der seine Aufgabe ernst nimmt. Aber ein ständiges Dasein auf den „mittleren Plätzen" kann auf Dauer belastend fur die Seele sein, es sei denn, der Spieler heißt Oriali, il mediano, „che si spolmona dalla mattina alia sera, che vive con umilta e dignitä il suo ruolo di gregario."13 Luciano wollte mit der Nennung des Namens Oriali nicht an diese Person speziell erinnern, noch das Lied Lele Oriali widmen, sondern vielmehr ein Beispiel dafür geben, dass es bei einer Persönlichkeit (einem Star) nicht nur auf die Fassade ankommt. Persönlichkeit, so die hoffnungsvolle Botschaft, wird in der heutigen Realität mehr belohnt als die „Zehn" auf dem Rücken. (...)
che natura non ti ha dato ne lo spunto della punta ne del dieci: che peccato Ii sempre Ii nel mezzofinchece n'hai stai Ii una vita da mediano (...) lavorando come Oriali anni di fatiche e botte e vinci casomai i mondiali Ii sempre Ii nel mezzofinchece n'hai stai Ii stai Ii „Una vita da mediano" ist musikalisch gesehen Neuland im Werk Lucianos. Eine Popballade, die zunächst nur akustisch eingeleitet und später durch die E-Gitarren dynamisch aufgebaut wird. Zum ersten Mal unterstützt ein Orchester die Melodie, das mit den Streichereinlagen die Dramatik in dem Lied steigert. Luciano singt mit trauriger, fast schwerer Stimme von dem Schicksal deijenigen Personen, die unbeachet in der Mitte wirken. Das ist realtä. Der Refrain „Ii sempre Ii Ii nel mezzo " wird stimmlich besonders betont, nur hier erklingen neben der Akustikgitarre andere Instrumente wie Schlagzeug und Ε-Gitarre. Ernst und sensibel, mehr Bob Dylan als Bruce Springsteen. Dieses Lied hat trotz seines jungen Alters bereits viel Aufsehen erregt und des öfteren mußte Luciano zu dem erwähnten Lele Oriali Stellung nehmen. Klar ist, dass der Song keine Hymne an den Fußballspieler ist, sondern vielmehr ein Beispiel - wie bereits mehrmals erwähnt - fur seinen starken Willen und die Bereitschaft, weiter zu kämpfen, auch wenn ihm trotz hervorragender Leistungen dafür nur mittelmäßiger Dank und Respekt der Kollegen zuteil wurde. Luciano ist sich seiner Rolle als Sänger (die er ausdrücklich mit der des Spielers Oriali vergleicht) oder Gelegenheits-Fußballer14 genau so bewußt und weiß, wie schnell Erfolg zu Mißerfolg werden kann: 13 14
II Giorno, „Ligabue: Niente dedica a Oriali", 01.09.1999, www.rockol.it. Luciano Ligabue spielt in der Mannschaft Dinamo Rock mit vielen anderen Kollegen aus der italienischen Musikszene mit, die für Benefizzwecke des öfteren gegen andere
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Quel ruolo e mio, Io e sempre stato. So che non scrivero mai i testi di Bob Dylan ο le poesie di Kerouac, perö scendo in campo lo stesso e non sto in panchina. Non ho mai cercato di spostarmi dal centrocampo, so che il successo puö spingerti a giocare in altre zone lasciandoti solo. (...) Nella vita nessuno si trova ad essere un terzino, un mediano ο una punta per caso. 15
Realität heißt auch, tödlicher Bedrohung ins Auge zu sehen. Realität heißt ebenso, Antworten nicht dort zu suchen, wo keine sind. Realität kann auch heißen, dass das Leben eher schwerer als leichter sein kann. Das Lied „II giorno di dolore che uno ha" aus dem Jahr 1997 hat Luciano einem Freund gewidmet, der wegen einer unheilbaren Krankheit den Tod unmittelbar vor Augen hatte. Wie eine Ballade beginnend mit tragisch klingenden Akkorden (diese Wirkung wird durch den Tremolo-Effekt erzeugt, der typisch für Rockballaden ist), der Thematik angepaßt, beschreibt er den Tag und die Gedanken, die jemand haben mag, wenn es heißt, einen Freund zu verlieren. Dann wird musikalisch eine Steigerung erzeugt, indem die Instrumente jetzt nicht mehr im Hintergrund wirken, um die Melodie zu unterstützen, sondern nach der zweiten Strophe offener werden. Die dominante Stimme Lucianos wirkt nun auf gleicher Ebene mit den Instrumenten weiter. Lauter und härter, erbost über das „Warum?", verzweifelt über die Tatsache, dass auch dies Realität bedeuten kann und nicht einmal mehr die Worte der anderen zu Balsam werden. quando tutte le parole sai che non ti servon' piü quando sudi il tuo coraggio per non startene laggiü quando tin in mezzo dio ο il destino ο chissä che che nessuno te lo spiega perche sia successo a te (...) sopra il giorno di dolore che uno ha
Wenn alles gegen den Uhrzeigersinn eines erfüllten Lebens verläuft und niemand die Frage des „Warum?" beantworten kann, dann kommen automatisch die Fragen nach-dem-Sinn-des-Lebens auf. quando indietro non si toma quando l'hai capito che che la vita non e giusta come la vorresti te quando farsi una ragione vorrä dire vivere te l'han detto tutti quanti che per loro e facile
Die einfache Antwort auf diese Situationen im Leben gibt Luciano in der letzten Strophe selbst. quando questa merda intomo sempre merda resterä
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Berühmtheiten oder Menschen aus der Politik antreten. Mit von der Partie sind auch L. Jovanotti, E. Ramazotti, P. Pelü und G. Nannini. La Repubblica, Crosetti, M.: „Apologia del mediano: Ligabue, Furino e gli umili", 05.10.1999, www.rockol.it.
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riconoscerai l'odore perche questa e la realta (...) quando la tua sveglia suona e tu ti chiedrai ch'or'e che la vita e sempre forte molto piü che facile
Dieser Song ist wie fast alle Songs von Ligabue klassisch aufgebaut, dynamisch gesteigert bis hin zum Gitarrensolo. Die Dominanz der Stimme ist nie zu überhören. Die stimmliche und damit körperliche Präsenz des Interpreten unterstreicht die weiter oben beschriebene Individualisierung der Cantautori. Auch in dem Lied „Non dovete badare al cantante" aus dem Jahr 1995 konfrontiert Luciano Ligabue seine Fans mit der Realität hinter der Fassade des Stars. Ähnlich wie in dem Lied „Una vita da mediano" appelliert er an das Bewußtsein, sich nicht durch äußere Faktoren eines Sängers täuschen zu lassen, etwa durch ein simples Foto in einer Zeitschrift. Der Sänger ist auch nur einer von vielen ,Menschen', der weder perfekt noch fehlerfrei ist. non dovete badare al cantante lo sappiamo che vita che fa guarda solo la foto che c'e sul giornale ci siamo capiti che razza di uomo sarä
Wird ein Song über Nacht zu einem großen Erfolg, gilt der Sänger sofort als der Star im Musikgeschäft. Es ist wichtig, sich den prekären Status des Stars bewußt zu machen. Die Schnellebigkeit unserer Gesellschaft ist genauso bei der Erfolgsgeschichte einzelner Songs zu beobachten. Über Nacht ein großer Hit und schon nach zwei bis drei Monaten wieder von der Bildfläche verschwunden („certe vite sfumano veloci come le canzoni"). Luciano deutet auf diesen Aspekt in seinem Refrain hin: certe vite passano leggere come le canzoni e dietro le canzoni vanno certe vite sfumano veloci come le canzoni che dentro le canzoni stanno
um zu zeigen, dass ein Lied allein einen Sänger nicht zu einem „ewigen" Idol machen kann. Mit seiner Musik kann der Interpret etwas ausdrücken, vermitteln, einen gemeinschaftlichen Gedanken fordern, doch was die Rezipienten davon für sich mitnehmen, bleibt jedem selbst überlassen. Die flüchtige Realität, die ein Sänger erfahren kann, spricht Luciano in der letzten Strophe an. quello Ii che si crede uno che lasci il segno ed invece, una volta passato, chi si volterä?
Natürlich identifizieren sich gerade jüngere Hörer mit Liedtexten und können in so manchen Versen Parallelen zu ihren eigenen Stimmungen erkennen, doch was passiert, wenn („una volta passato, chi si volterä?") die Musik bzw. eine
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bestimmte Figur aus der Musikszene wieder verschwinden? An wen wenden sich die Fans dann? Woher bekommen sie dann ihre Impulse? Wer drückt dann ihre Träume musikalisch verpackt aus? Die nüchterne Realität beantwortet diese Frage: neue Bands, neue Sänger, ein Gesetz des Marktes. Die Nachdenklichkeit und den ernsten Gedanken, den Luciano mit diesem Song ausdrücken will, spiegelt sich nicht nur im Text, sondern auch in der Vertonung dieser Verse wider: ein Slow-Waltz-Rhythmus, unterstützt durch die Hammond-Orgel melodisch komponiert. Lucianos Stimme und der Text dieses Liedes stehen wieder klar im Vordergrund. Enttäuschungen, Wut über das reale Leben und Resignation können Anlass sein, sich den Zwängen der Gesellschaft zu entziehen. Das Lied „Seduto in riva al fosso" (1995) beschreibt in drei Strophen die Situation eines resignierenden Menschen, der einen fast paradiesischen Platz, erfüllt von natürlichen Düften, am Ufer eines Flusses dem hektischen Treiben in der Gesellschaft vorzieht. Als beobachtende Instanz überläßt er freiwillig den , nächsten Ritt auf dem Karussell' denjenigen Menschen, die der Grund für seine resignierte, enttäuschte Haltung sind. Diese Ruhe des „Aussteigers" wird jedoch bald gestört, durch Invasionen von Touristen und dem bedrohlich schnellen technischen Fortschritt. si sente un buon profumo, un bei silenzio e Γ aqua che va lontano da me lontano da noi lontano dalla giostra che non si ferma mai e c'ho il biglietto, si ma questa corsa la vorrei lasciare fare a νοί Zunächst dreht sich das Karussell, metaphorisch gesehen die Erde oder die menschliche Zeit („che non si ferma mai"), immer im gleichen Rhythmus. Ob man an diesem Ritt teilnehmen möchte, bleibt einem selbst überlassen. Das Tikket gilt auch für die nächste Runde. se sotto il cielo c'e qualcosa di speciale passerä di qui prima ο poi prima ο poi e comunque tu lo sai Spätestens jetzt muss der am Fluss Sitzende der Realität ins Auge schauen, auch wenn der Platz zwischen natürlichen Düften und den leisen Geräuschen des friedlichen Gewässers immer noch der angenehmste (bequemste) ist. Doch dann kommen sie schon mit ihren Guides, Picknick Equipment, Fernsehgeräten und
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klingelnden Handys: Der Rückzug in eine abgeschiedene Ruhe erweist sich als Illusion. sono arrivati con la guida ed hanno apparecchiato per il loro pic nie con sedie, tavolini, la tv, i telefonini Die Allgegenwärtigkeit der Zivilisation, die hier als Tretmühle, als ewig sich drehendes Karussell ins Bild gesetzt wird, erlaubt keinen Ausstieg. Resignation oder Freitod, diese niederschmetternde Alternative lässt Luciano am Ende seines Liedes aufscheinen. Das Lied ist nach konservativen Regeln der Rockmusik aufgebaut. Alle Instrumente, die Hammond-Orgel, das Schlagzeug, die Ε-Gitarren werden nach und nach eingeführt und bereiten das Solo vor. Keine verzerrten Akkorde, keine Effekte, nur klare Töne, welche die textuelle Botschaft nicht konterkarieren, sondern unterstreichen. „Bar Mario", „Certe notti" - zwei Synonyme für die Band Ligabue. Nicht nur, dass „Bar Mario" ein sehr bekanntes und beliebtes Lied der Fans ist, sondern auch die Bar selbst gilt als der Treffpunkt in dem kleinen Heimatort von Luciano und Mario, eine reale Person ist der Besitzer dieser Bar. Ein geduldiger, nicht besonders reicher Geschäftsmann, der sich zum ,barista' berufen fühlt. Teile von Lucianos Leben spielten sich in dieser Bar ab und in fast jedem seiner Songs wird die Bar Mario erwähnt, die von ganz bestimmten Personen frequentiert wird. Kartenspieler, Playboys, Betrüger, Verrückte: kurzum, Gestalten, die weit von jedem bürgerlichen Stereotyp entfernt sind. Luciano hat eine Vorliebe für seltsame Menschen, was auch in seinem Buch deutlich wird. In dem berühmten Song „Certe notti" (1995) ist die Bar Mario auch der letzte Treffpunkt, wenn alle Lokalitäten schließen und selbst die Partys am Tankstellen-Imbiss nicht mehr die Atmosphäre bieten, die so manche Nacht in der Bar Mario aufkommt. certe notti la radio che passa Neil Young sembra avere capito chi sei (...)
certe notti c'hai qualche ferita che qualche tua amica desinfetterä certe notti coi bar che son chuisi al primo autogrill c'e chi festeggerä (...)
certe notti sei sveglio ο non sarai sveglio mai ci vediamo da Mario prima ο poi
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Das Lied wird von Luciano erzählt, als wäre es gestern noch sein wahres Leben gewesen. Typische Abende, typische Erlebnisse eines jungen Menschen, die früher oder später in der Bar Mario enden. Die nötigen Liebkosungen oder Streicheleinheiten nach einer Prügelei erhält man von der gerade aktuellen Freundin, das Autoradio übernimmt die Rolle des Psychologen und antwortet mit den Worten Neil Youngs. Diese Nächte scheinen wie unverzichtbare Laster. certe notti ti senti padrone di un posto che tanto di giorno non c'e certe notti se sei fortunato bussi alia porta di chi e come te Die Nacht wird zu einem Phantasieraum, wo Träume von sozialer Sicherheit, menschlicher Nähe in der Gruppe ebenso erfüllt werden wie die Suche nach Liebe. certe notti fai un po' di cagnara che sentono che non cambierai piü quelle notti fVa cosce e zanzare (...) quelle notti da farci l'amore fin quando fa male fin quando ce n'e Tagträume, die nachts zur Realität werden. Die seltsame Form des heimlichen Liebesakts im Schutz der Nacht (weil die Tagesrealität einen freien Umgang mit Sexualität nicht gestattet) hat sehr konkrete Folgen: Die Outsider, denen sich Luciano in diesem Lied wie in vielen anderen widmet, sind selbst physisches Produkt solcher emotionaler und sozialer „Randlagen": ,,....e noi siamo tutti figli di cani, figli di un preservativo rotto, per dire che non sappiamo neanche noi cosa stiamo faccendo sulla terra, per quale ragione siamo qui. " 1 6 Wie eine Droge, die nicht zur Neige gehen darf, wie eine Sucht, die nicht gestillt werden darf, entwickeln sich die Nächte als Kontrastprogramm zur desillusionierenden Realität. Die letzte Strophe hebt nochmals anhand von vielen Adjektiven, die einen Jugendlichen in einer dieser besagten Nächte treffend charakterisieren, hervor, wie das allabendliche Vergnügen zur Sucht werden kann. certe notti sei solo piü allegro, piü ingordo, piu ingenuo e coglione che puoi quelle notti son proprio quel vizio che non voglio smettere, smettere mai „Certe notti" ist ein ,laid-back' Song ebenfalls im Slow-Waltz-Rhythmus komponiert. Die besondere Stimmung wird hier durch das harmonische Zusammen-
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Bergmann, L, „Rock italiano: Intervista con Ligabue", in: adesso, Ausgabe 10/97, S. 48.
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spiel von der Hammond-Orgel, dem Schlagzeug, das hinter dem Beat spielt und den Gitarren, die in nur leichten Harmoniefolgen variieren, erzeugt.
IV. Luciano Ligabue Cantautore - fuori e dentro il borgo 1997 veröffentlicht Luciano Ligabue erstmals in Textform 43 Geschichten aus seinem Leben, die wie realistische Erzählungen alltäglicher Erlebnisse wirken, unter dem Titel fuori e dentro il borgo (Baldini & Castoldi). Jetzt befinden wir uns nicht mehr zwischen Bühnenleben und wirklichem Leben, sondern direkt in Coreggio, il borgo. Luciano erzählt in einer sehr markanten Sprache, wie man sie bereits aus seinen Liedern kennt, aus seiner Jugend, die durch viele komische und seltsame Charaktere geprägt wurde und von Erlebnissen, die ihn während seiner Tourneen bewegt haben. Alle im Buch genannten Persönlichkeiten stellen einen Bezug zu Lucianos Realität her, auch wenn sie auf den ersten Blick komische Gestalten sind. Da gibt es einen Verrückten namens Bonanza, Tatiana, die Akrobatin, Genova, der dem Glücksspiel erlegen ist, Cosmo, den Angeber oder Condor, den Metzger. Drei besondere Erzählungen aus diesem Buch sind der Anlaß für die letzten zwei Abschnitte dieses Beitrags: II girotondo di Freccia, Radio fu und Lucianone e Lucianino. Die erste und zweite Erzählung leiten zum Film Radiofreccia (1998) über. Ein Film, der das Leben von einer kleinen Gruppe von Jugendlichen in den siebziger Jahren quasi dokumentarisch widerspiegelt und dabei das große Problem der Drogen aufrollt. Die dritte Erzählung schildert, wie es 1996 zu dem Duett von Luciano Ligabue mit dem großen Luciano Pavarotti kam, der internationale Größen zum Benefiz-Konzert in Modena aufgerufen hatte.
V. Radiofreccia Fu trovato in un fosso. Immerso a metä. A testa in giü. Freccia, uno dei piü belli funerali del borgo. (...) Fu senz'altro uno dei primi a farsi d'eroina al borgo. (fuori e dentro il borgo, S. 17) In seinem ersten Film Radiofreccia erzählt der Sänger eine Geschichte, die im Prinzip seine eigene sein könnte. Italien, Emilia-Romagna, ein kleines Dorf in den 70er Jahren. Das Radio wird immer mehr zum Medium der Jugend, Jukebox, Elvis und Rock n'Roll aus kleinen scheppernden Kästen rund um die Uhr.
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Das Leben spielt sich mehr oder weniger in einer Dorfbar ab, an dem Ort, wo sie erwachsen werden wollen. Luciano muss erleben, wie sie eines Tages einen Freund tot kopfüber in einem Graben in der Nähe des Ortes finden. Todesursache: eine Überdosis Heroin. Ein Film, der auch fur die Jugend von heute stehen könnte. Nicht das Thema, sondern die Wahrheit, die dem Film zugrunde liegt, macht dem Zuschauer Angst. Wie hat nun Luciano seine Jugenderinnerungen in diesem Film umgesetzt? An einem Abend im April 1993, Radiofreccia zwei Stunden vor dem endgültigen Sendeschluß, beginnt der bereits erwachsen gewordene Bruno aus seiner Jugend, von seinen Freunden zwischen Musik, Drogen und Politik inmitten der 70er Jahre zu erzählen. Er widmet die letzte Sendung dem an einer Überdosis gestorbenen Freund. Die Vorgeschichte wird anhand von Rückblenden rekonstruiert: Vier Jugendliche und ihr Leader Freccia verleben ihren Alltag zwischen Träumen und Hoffnungen meist in ihrer Dorfbar, in der kein geringerer als der gutmütige Adolfo (Francesco Guccini) hinter dem Tresen steht. So wie Luciano in seinem Lied „Bar Mario" und in seinem Buch fuori e dentro il borgo die verschiedensten Typen beschreibt, muss man sich diese Menschen aus seiner Jugend vorstellen. Dass der besagte Barmann nicht fehlen darf, versteht sich von selbst. Der Traum von einem eigenen kleinen Privatsender „Radio Raptus International" wird in die Tat umgesetzt und mit der Rockmusik der siebziger Jahre verziert. Ε con quei 5 miseri watt potevamo coprire quasi tutta la provincia. (...) Potevamo fare sentire la nostra voce. Potevamo ficcargliela Ii, nelle loro case, nelle loro autoradio, nei loro negozi, nelle loro officine, (...) nei loro bar. Probabilmente non avevamo cosi tanto da dire. Perö perdio, era la nostra voce. (S. 81) Am Mikrofon erzählen sie aus ihrem Leben, so auch Freccia eines nachts. Er erzählt seine Gedanken und erklärt, warum er begonnen hat, Heroin zu spritzen. In tiefer Zuneigung und wütend über den Verlust seines guten Freundes beschließt Bruno die letzte Sendung mit den Worten: „perche era ora, perche la maturitä incalza." Dieser Film beschäftigt sich nicht nur mit der subjektiven Realität der Jugendlichen, sondern arbeitet das soziale Umfeld auf, spricht gesellschaftliche Probleme in ungeschminkter Form an, wie Luciano Ligabue es bevorzugt. Luciano erklärt hierzu in La Stampa. „non ho voluto raccontare un'epoca, ma la storia di 5 ragazzi in un paese attorno 1975. (...) ne so come e se sono cambiati i giovani."17
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La Stampa, 14.09.1998, „Critiche al film di Ligabue, il quale dice: Non sono una rockstar e non mando messaggi. ", www.rockol.it.
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VI. „Lucianone e Lucianino" - Musik für Kriegskinder und Minenopfer Gerne unterstützen populäre Menschen wohltätige Zwecke und engagieren sich für Hilfsorganisationen. Von einem Cantautore wird das nicht unbedingt erwartet, doch verbindet man automatisch mit einem Liedermacher soziales und politisches Engagement. Luciano steht den Veranstaltungen dennoch kritisch gegenüber: „Non credo alle star del rock che per nobili cause organizzano Campagne e concerti: la beneficenza, quando si fa, si fa in silenzio (. . .)" 1 8 Die Einladung zum Konzert „Warchild Pavarotti & Friends" zugunsten der Bosnienkinder, die im Krieg ihre Eltern verloren hatten, kam unerwartet und plötzlich Luciano Ligabues Teilnahme an dem Event zeigt seine Bereitschaft, trotz aller Skepsis gegenüber der Vermarktung an solchen gemeinsamen Aktionen von Künstlern teilzunehmen. Alia quinta ο sesta serie di squilli mi sembra di percepire a viva voce un Maio implorante. Alzo la cometta e lui si affretta a chiedermi scusa prima di essere coperto d'insulti: „Ha chiamato Pavarotti, ti vorrebbe al ,Pavarotti International' e gli serve una risposta subito: ha la conferenza stampa da presentare fra un paio d'ore." Prima di realizzare qualsiasi cosa dico: „Si!" 19 1996 sang Luciano in Modena zum ersten Mal mit Big Luciano im Duett. Der Song „Certe notti" wurde dadurch außerhalb der italienischen Grenzen über Nacht bekannt. Die Gefühle, die Luciano beim Auftritt mit dem großen Luciano in Modena erleben durfte, beschreibt er in seinem Buch folgendermaßen: „Certe notti" comincia come sempre, con Γ arpeggio di Fede e quindi l'ingresso mio, di Rigo e di Robby. (...) Ε quando arriva il refrain, quando entra Big Luciano, che scoppia la rivoluzione. La foga e la potenza con cui canta non le aveva mai usate in prova. (...) I monitor da cui esce la sua voce sembrano scoppiare e io, cantando sotto, mi sento minuscolo anzi, a dir la veritä, non mi sento affatto. (...) Ultimo refrain ci vediamo da Mario prima ο pOOOOOOOOOOOIIIIIIII! Quel pOOOOOOOIIIIIIII e un La in cui Pava, a suo agio, si püo esprimere come vuole. (...) Ε io che ci metto qualche anno a smaltire la pelle d'oca. (S. 39-40) Im Juni 1999 hat Luciano zusammen mit Lorenzo Jovanotti und Piero Pelü (Sänger der Gruppe Litfiba) eine Single mit dem Titel „II mio nome non e mai piü" veröffentlicht. Der Erlös kommt der humanitären Hilfsorganisation Emergency zugute, die sich für Kriegs- und Minenopfer einsetzt. Die Musik fur den Song hat Luciano geschrieben. Der Liedtext basiert auf drei Strophen, in denen jeder der drei Interpreten seine Meinung frei „singt". Luciano erklärt zum Inhalt: „non e che siamo contro gli americani: siamo contro qualsiasi guerra, contro
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Ebd. Ligabue, L.: dentro e fuori il borgo, a.a.O., S. 38.
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qualsiasi pulizia etnica, contro qualsiasi soppressione della vita per qualsivoglia motivo." 20 Der Text stellt nicht nur den Sinn des Krieges in Frage, sondern verlangt nach Erklärungen für das, was in den Kriegsgebieten geschehen ist. Glücklich schätzen dürfen sich diejenigen, die noch Träume haben. Die Realität sieht anders aus: c'era una volta la mia vita c'era una volta la mia casa c'era una volta e voglio che sia ancora (...) e voglio i nomi di chi ha mentito di chi ha parlato di una guerra giusta io non le lascio piü le vostre sante bombe (...)
e dico si al dialogo perche la pace e l'unica vittoria „il mio nome non e mai piü", Ligabue, Jovanotti, Pelü Diese Single wird auch bei der weltweiten Initiative No boundaries eine Rolle einnehmen, die von berühmten Musikern wie Peter Gabriel, Pearl Jam, Alanis Morisette, Neil Young, Oasis, u.v.m. ins Leben gerufen wurde. Der Erlös geht an die Hilfsorganisationen, die sich für das Kosovo engagieren.
VII. Fazit In den voraufgehenden Seiten wurde versucht, einen wesentlichen thematischen Aspekt im Werk Luciano Ligabues herauszuarbeiten, der natürlich nicht alle Aspekte seines Schaffens berücksichtigen kann. Es wurde klar, wie stark Luciano in seinen Liedtexten die soziale Rolle und die ökonomischen Bedingungen eines erfolgreichen Rockstars reflektiert. Wie andere Cantautori vor und mit ihm steht er in einem unauflöslichen Spannungsverhältnis von oppositionellem Anspruch und wirtschaftlichem Erfolg - bis in die 70er Jahre zurück reicht die Liste der Namen, die diesen Konflikt gespürt und kritisch bearbeitet haben.21 Geht man von der Beobachtung aus, dass im Werk Lucianos die Stimme (der Körper) und damit auch der Text im Vordergrund steht, lassen sich verschiedene Ebenen in der Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle unterscheiden. Da ist einerseits der Bezug zur Bühnenpräsenz eines Stars, der erst durch das Publikum zu dem wird, als was er in der Öffentlichkeit erscheinen muss. Aus 20 21
Siehe homepage www.ligabue.com, Kommentar ,una volta per sempre'. Siehe zu diesem Aspekt den Beitrag von Baasner, F., „Sono solo conzonette? In: Baasner, F. (Hg ), a.a.O., S. 17-27.
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dieser Funktion einer kulturellen Ikone kann kein Star entkommen. Dies wäre sozusagen die „körperliche" Ebene. Thematisch - und dies wäre die zweite Ebene - reflektiert Luciano über die geringe Substanz dessen, was er als Künstler bieten kann, im Vergleich zur harten Realität sozialen Elends, schreiender Ungerechtigkeit, unsinnigen Tötens. Und die dritte Ebene schließlich behandelt den Konflikt zwischen Ebene 1 (der erfolgreiche Star) und Ebene 2 (das sozio-politische Engagement): Geld damit zu verdienen, über das Elend vieler Menschen zu singen, wird zum Problem - eine mögliche Antwort ist die Teilnahme an wohltätigen Aktivitäten, obwohl auch hier, wie Luciano selbst sagt, stets die Gefahr einer Vermarktung dieses Benefizkonzerts besteht. Palco e realtä, mit diesem Begriffspaar ist ein Grundkonflikt benannt, der natürlich in jeder Form von öffentlicher Präsenz von Personen eine gewisse Rolle spielt, im Falle von Luciano Ligabue aber zu einem Zentrum seines musikalischen und literarischen Werks geworden ist.
DiskographieAVerk 1987 Anime in plexiglass (Ligabue & Orazero) 22 1990 (Mai) Ligabue 1 Balliamo sul mondo 2 Bambolina e barracuda 3 Piccola Stella senza cielo 4 Marlon Brando e sempre lui 5 Non e tempo per noi 6 Bar Mario 7 Sogni di R'n R. 8 Radio radianti 9 Freddo cane in questa palude 10 Angelo della nebbia 11 Figlio d'un cane 1991 1 2 3 4 5 22
(September) Lambrusco coltelli rose & popcorn Salviamoci la pelle Lambrusco e popcorn Camera con vista sul deserto Anime in plexiglass Con queste facce qui
Anime in Plexiglass war das erste Album, das Luciano damals mit den Orazero produziert hatte und damit den Terremoto Rock gewann. Das Album ist im Handel nicht mehr erhältlich. Es wurden weniger als 1000 Kopien produziert. Die bekanntesten Songs sind „Bar Mario" und „Anime in Plexiglass" (siehe Homepage www.ligabue.com) - leider ist keine Songliste hinterlegt.
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Jessica Thorns Sara un bei souvenir Intro Libera nos a malo Ti chiamero Sam (se suoni bene) Urlando contro il cielo Regalami il tuo sogno (Januar) Soprawissuti e soprawiventi Ancora in piedi AAA. Qualcuno cercasi Ho messo via Dove fermano i treni I duri hanno duri cuori La ballerina del carillon Prezoo Lo zoo e qui Piccola cittä eterna Walter il mago Pane al pane Quando tocca a te Tema
199' (Oktober) Α che ora e la fine del mondo? 1 Α che ora e la fine del mondo? 2 Gringo 94 3 Cerca nel cuore 4 Fuoritempo 5 L'hanno detto anche gli Stones 6 Male non fara 7 Gringo 91 8 Urlando contro il cielo 199ί 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
(September) Buon compleanno Elvis Vivo ο morto ο χ Seduto in riva al fosso Buon compleanno Elvis La forza della banda Hai un momenta Dio? Rane a Rubiera blues Certe notti Viva! I „ragazzi" sono in giro Quella che non sei Non dovete badare al cantante Un figlio di nome Elvis II cielo e vuoto ο il cielo e pieno Leggero
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1997 (Mai) Su e giü da un palco - Doppel CD mit 3 bisher nicht veröffentlichten Titeln CD 1 1 II giorno di dolore che uno ha (inedito) 2 I ragazzi sono in giro 3 Quella che non sei 4 Hai un momento Dio? 5 Un figlio di nome Elvis 6 Ho messo via 7 Bar Mario 8 Salvamoci la pelle 9 Figlio di un cane 10 Marlon Brando e sempre lui 11 Seduto in riva al fosso 12 Viva! 13 Urlando contro il cielo 14 Α che ora e la fine del mondo ? CD 2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Tra palco e realtä (inedito) Sogni di rock ' η roll Buon compleanno Elvis Lambrusco & popcorn II cielo e vuoto ο il cielo e pieno Bambolina e barracuda Lo zoo e qui Piccola Stella senza cielo Vivo ο morto ο χ Certenotti Non e tempo per noi Libera nos a malo Balliamo sul mondo Leggero Ultimo tango a Memphis (inedito)
1998 (Oktober) Radiofreccia (Doppel CD, Soundtrack zum gleichnamigen Film) CD 1 1 Radiofreccia 2 Ho perso le parole 3 Boris 4 Welcome home, freccia 5 Bordocampo 6 Frecci 7 Metti in circolo il tuo amore da marzia 8 Bruno 9 Prima pagina del libro d'oro 10 Mezzanotte di fuoco
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Boris segna il territorio Pesce-siluro Siamoinonda Bonanza
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Can't help falling in love
CD 2 1 Rebel Rebel (David Bowie) 2 Werewolves of London (Warren Zevon) 3 The Passenger (Iggy Pop) 4 Lord of the starfields (Bruce Cockburn) 5 You ain't seen nothing yet (Bachman Turner Overdive) 6 Love is a drug (Roxy Music) 7 Long train running (Doobie Brothers) 8 Jessica (The Allman Brothers Band) 9 Vicious (Lou Reed) 10 Sweet Home Alabama (Lynyrd Skynyrd) 11 Willin'(Little Feat) 12 Run through the Jungle (Creedence Clearwater Revival) 13 Year of the cat (Al Stewart) 14 Sing a song (Earth Wind & Fire) 15 Incontro (Francesco Guccini) 16 Black Market (Weather Report) 1999 (Mai) II mio nome non e mai piu (Single) LigaJovaPelu - BenefizSingle zur Unterstützung der Hilfsorganisation Emergency 1999 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
(September) Miss Mondo Si viene e si va Uno dei tanti Almeno credo Ε Baby, e un mondo super Una vita da mediane Da adesso in poi L'odore del sesso Kay e stata qui Qualcuno ha visto, per caso, il mio cane blu elettrico monofase? Sulla mia strada Forse mi trovo Miss mondo 99 La porta dei sogni
Luciano Ligabue - un cantante „ tra palco e realtä "
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Bibliographie Baasner, Frank (Hg.): Poesia cantanta. Die Textmusik der italienischen Cantautori, Tübingen 1997. Baasner, Frank: „Sono solo canzonette? Selbstreflexion bei einigen cantautori", in: Baasner 1997, S. 17-27. Bergmann, I.: „Rock italiano: Intervista con Ligabue", in: adesso 10/97, S. 48-50. Kreutziger-Herr, Annette: „Poetische Bilder? Poetische Musik?" in: Baasner 1997, S. 28-41. Ligabue, Luciano: fitori e dentro il borgo, Milano 1997. Scholz, Arno: Neostandard e variazione diafasica nella canzone italiana degli anni novanta, Frankfurt/M, 1998. Thoms, Jessica: Telefoninterview am 14.09.1999 mit Marco Ligabue, dem Bruder von Luciano.
Internetquellen Corriere della Sera, „Non sono una rock star e non mando messaggi" Ausgabe vom 14.09.98, Interview zum Film ,Radiofreccia', Quelle :www.rockol.it II Giorno, „Ligabue: Niente dedica a Oriali" Ausgabe vom 01.09.1999, Quelle: www.rockol.it La Repubblica, „Ligabue, Vasco e Pelii con i Verdi per „cambiare musical", Ausgabe vom 18.5.99, Quelle: www.rockol.it Murizzi, F., „Siü e giü da un palco", 25.05.1997, Quelle: www.musicaitaliana.it La Stampa, Ausgabe vom 14.09.1998, „Critiche al film di Ligabue, il quale dice: Non sono una rockstar e non mando messaggi", Quelle: www.rockol.it www.ligabue.com (Homepage der Band)
Marcello
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,Qui fra non molto poc'anzi moriremo": le storie tese di Elio
Premessa* II gruppo denominate) „Elio e le Storie Tese" e uno dei prodotti piü noti della ricca tradizione milanese che afFonda le proprie radici nel cabaret, e si colloca nella stessa linea che ha prodotto nello spettacolo personaggi poi assurti ad un'ampia notorietä nazionale (seppure molto diversi tra loro): Enzo Jannacci e Giorgio Gaber,1 la coppia (poi soprattutto televisiva) Cochi & Renato, l'attore Paolo Rossi, giunto alia notorietä in anni piü recenti. Elio e le Storie Tese, con gli ultimi tra quelli qui nominati e con molti altri hanno cominciato il proprio iter negli ambienti del locale Zelig, la cui gestione lungimirante ha permesso il formarsi di una vera e propria scuola che ha come comune denominatore un fattore non facilmente precisabile, quello della 'milanesitä'. II gruppo e „divenuto famosissimo presso i giovani ancora prima di incidere un disco, grazie unicamente a un tam-tam sotterraneo fatto di registrazioni pirata durante i concerti e di passaparola" (Depaoli 1996: 170). Di anni recenti e il passaggio dagli scantinati milanesi e dalla condizione di oggetto 'di culto' da parte di un relativamente piccolo e battagliero nucleo (raccolto principalmente tra gli studenti del capoluogo lombardo e della sua provincia) alia grande notorietä sanremese e radio-televisiva. Tale passaggio ha determinato un riaggiustamento, se non una frattura: non tanto nei temi delle canzoni, quanto nella prospettiva in cui essi vengono affrontati. Le esigenze di mercato hanno determinato via via un sempre maggiore adeguamento nella direzione della correttezza politica. Nelle canzoni sono progressivamente scomparse le pungenti ironie verso i luoghi comuni femministi ed ecologisti; sono praticamente impensabili frasi come „mi presento, son l'orsetto ricchione", „questa mia condizione di vitello busone" („II vitello dai piedi di balsa"), „queste giovani donne, queste
Ringrazio di cuore Arno Scholz che mi ha 'costretto' a tirare fuori e a nsistemare questi appunti che giacevano da anni nel mio cassetto. Devo la mia passione per Elio alle antiche discussioni con Licci e Francesco Aprile, e a quelle piü recenti con Massimo e Maria Pia, nonch£ con i miei studenti deH'indimenticabile 3a A dell'IPSIA di Melzo (MI); in particolare devo molto ad Angelo Penatti che me ne recitava interi brani a memoria. Quanto a Elio e le Storie Tese, una sera del luglio 1996 parlai di questo progettino con Feyez che mi manifesto un interesse caloroso e non formale (e molto autoironico). Queste pagine sono per lui che non e'e piü e che e morto suonando. 1
Sull'ambiente milanese di quegli anni, nonche su Gaber e Jannacci, si veda Accademia degli Scrausi 1996: 40-49 e il contributo di Mompellio a questo volume.
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puttane - diciamo la veritä - " („Cara ti amo") (mai offensive, naturalmente: si tratta, e scopertamente, di topoi). La carica graffiante dei contenuti ne ha naturalmente molto risentito, in favore dell'aumento dell'incidenza di giochi di parole come „papaveri e papi, la donna cannolo, una lacrima sul visto" („La terra dei cachi" 2 ); comunque ben congegnati, ma innocui. In corrispondenza con l'appannamento dei risultati 'poetici', si registra un netto miglioramento dei contenuti tecnici: i suoni si sono fatti sempre piii nitidi e godibili. Se questo basti a compensare il calo nella vena compositiva, e una questione che esula dai limiti di questo lavoro.
I. T e m i 1.1. „ C a r a t i a m o " I „risvolti psicologici nei rapporti tra giovani uomini e giovani donne" („Cara ti amo") costituiscono uno dei motivi piu ricorrenti e portano con se il topos della (owiamente falsa) misoginia. 3 La canzone in questione e forse (con „John Holmes: una vita per il cinema") la piu nota del gruppo e ha l'aspetto formale di un 'contrasto' fondato su un'affermazione e su una risposta tra il giovane uomo e una rappresentante delle giovani donne, quelle che „mentre ballano attirano nella loro trappola di mantidi questi poveri esseri implumi (...), con tanti peli, perö inoffensivi e indifesi". Un esempio: Giovane uomo: Eravamo fidanzati, poi tu mi hai lasciato senza addurre motivazioni plausibili. Ciononostante, cara ti amo Cara ti amo Cara ti amo Cara ti amo
Giovane donna: Non e vero, tu non capisci l'universo femminile, la mia spiccata sensibilita si contrappone al tuo gretto materialismo maschilista Mi sento confusa Devo stare un po' da sola Esco da una storia di tre anni con un tipo Non mi voglio sentire legata
Talvolta il contrasto e disposto in forma „chiastica": Giovane uomo: Mi metto il goldone^
Giovane donna: Ho un desiderio di maternitä
2
Un'approfondita analisi di questa canzone, la piü significativa dell'ultimo periodo, e in Depaoli 1996: 172-73.
3
II carattere di topos della „misoginia" di Elio e le Storie Tese non mi sembra sia riconosciuto da Depaoli 1996: 171.
4
Per goldone 'preservative' (e la sua Variante scherzosa goldon boy) cfr. Banfi 1992: 126.
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Ho un desiderio di paternitä
Mettiti il goldone
II finale e coerente con queste premesse: Giovane uomo: Tu mi appartieni
Giovane donna: L'utero e mio
Eccoti i soldi per la pelliccia
Eccoti Futero
„Ewiva l'amore", e la sarcastica conclusione di Elio. Nello stesso filone si inserisce la quasi altrettanto nota „Servi della Gieba", in cui (si cita sia dalla canzone sia dalle note di copertina) „l'amore per una giovane donna" trasforma „un giovane uomo in Servo della Gieba". L'approccio e descritto in tre fasi. Nella prima, „II presagio", il giovane uomo descrive agli amici, in tono sognante, la giovane donna appena conosciuta: „No ragazzi, non scherziamo, lei non e come tutte le altre". Nella seconda fase, „Lesso" 5 , e in atto la mutazione che puö dirsi compiuta con la terza, „Servo della Gieba", in cui ,,il SdG idealizza l'amata fino a non ritenersene degno". La disillusione e naturalmente terribile: il SdG torna dagli amici giustificando la propria assenza di mesi con argomenti pietosi („c'ho un gomito che mi fa contatto col piede", „ieri mio padre e rimasto chiuso nell'autolavaggio"), ma poi cede („no . . . e che c'ho delle storiacce con la tipa"). La giovane donna gli ha detto che doveva studiare e invece e „uscita con Tafano" 6 . II giovane uomo era pronto a offrirle la propria amicizia disinteressata, e il comportamento di lei lo addolora. Ma il momento deWagnitio e vicino e la 'veritä' gli si fa chiaramente strada nella mente ormai cosciente: „vuoi mettermi una scopa in culo cosi ti ramazzo la stanza?". Le fasi della canzone sono scandite da ritornelli come „Servi della Gieba a testa alta verso il triangolino che ci esalta", „Servi della Gieba planetaria schiavi della ghiandola mammaria", „Come dei simbolici Big-Jim schiacci un tasto ed esce lo sfaccimm". Facciamo cronologicamente un passo indietro verso un episodio meno noto della produzione di Elio, „Cavo". L'atteggiamento e lo stesso, con un finale a sorpresa: Ε nonostante che fra noi due l'intesa non sia mai stata cosi ... esagerata (c'era un'intesina, diciamo), io che una notte ti telefonai, e tu mi dicesti ,,ma mi ami"?, e a quel punto ci fu un a w i s o di chiamata, e gia in quell'occasione avevo avuto dei sospetti sulla tua persona, non tanto sulla tua uitegrita morale, quanto su quella
fisica...
5
6
In cui egli „si interessa alle di lei vacanze: modifica le proprie abitudini e i propri gusti (alimentazione, musica, abbigliamento, cinema) nel tentativo di compiacerla". L'insulto attraverso metafore di tipo animale e considerate tra le caratteristiche dell'uso linguistico dei giovani (Banfi 1992: 130).
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Ma il politicamente corretto si abbatte (auto)censoriamente su questo tema, e nel piü recente (1996) ,,Lo stato A, lo stato B" si adotta un procedimento diverso. II punto di vista maschile („Lo stato A si ha quando vai nel letto con la partner che ti vorresti amar. L o stato Β si ha quando poi ti penti dell'errore: terrore. Non lo dovevi fare") e il punto di vista femminile („Lo stato A si ha quando c ' e un ragazzo molto ciccio che ti vorresti far. L o stato Β si ha quando quel ragazzo e molto ciccio, ma spiccio: possibile buliccio") sono disposti simmetricamente e paritariamente. Quindi, giovani uomini e giovani donne possono affermare insieme: „Lo chiami amore ma e soltanto stato A", „reclami amore e trovi solo stati B". Resta una grande abiliti linguistica, come si vede dalla serie di coppie antinomiche (a volte falsamente antinomiche) che chiude la canzone: „tu vittima innocente dello scontro fra lo sfaccio e la ragione, morale ed amorazzo, morale ed immorale, giustizia ed ingiustizia, pulsione e repulsione, l'impulso e la pulsione".
1.2. „ E s s e r e d o n n a o g g i " Cadono sotto attenta osservazione van aspetti della retorica del buonismo. Partiamo senz'altro dal modo oleografico in cui alcuni aspetti.dell'emancipazione femminile 7 sono presentati nel circuito massmediatico, diventando veri e propri luoghi comuni. II rappresentante piü autorevole di questo gruppo di canzoni e „Essere donna" oggi, in cui si assiste al 'riconoscimento' in crescendo del ruolo femminile nella societä di oggi. La serie si conclude perö perfidamente con un'affermazione fintamente misogina: Protagonista del tuo tempo, protagonista della tua sessualitä. Essere donna oggi, vivere il prodigio del tuo ciclo mensile ostentando sicumera. Essere donna oggi, aspirare al ruolo che la Storia ti deve: quello di simpatica, paciosa, imprevedibile nocchiero di un veliero proiettato verso il mare del duemila al grido di „Cazzo, subito". Non molto piü generosi sono i riconoscimenti per la „maternitä responsabile": Essere donna oggi, non piü cagafigli, bensi dolce e caparbia cagatrice dei tuoi figli Accanto a questo obiettivo ludico 'privilegiato' si ironizza a piene mani anche su molti altri aspetti della realtä. Uno di questi e rallarmismo ambientalista, preso di mira attraverso la parodia del linguaggio della divulgazione scientifica. In „Silos Elio" 'si preoccupa' deU'esaurimento delle riserve alimentari nel mondo:
„L'utero έ mio" di „Cara ti amo" έ la prima parte di uno slogan degli anni Settanta, „L'utero e mio / e me lo gestisco io". Come abbiamo visto, il contesto in cui ricorre lo slogan prevede lo scambio tra la disponibilitä sessuale della giovane donna e una pelliccia.
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I dati di cui disponiamo ci dicono che nel fiituro le fonti di cibo piu scarse saranno per l'uomo che vive nel mondo rotondo che gira, che gira, che gira, che gira e che mai si fermerä. La seriosa soluzione che si propone per questo allarme e la seguente: Ε allora ricorso farä a ciö che egli secemerä, e un silos di amor riempirä serbando i capperi, il muco, il bianco della lingua, il catarro, il sudore, lo sporco in mezzo alle dita dei piedi, il tartaro, il pus, le cacche delle ciglia, la formaggia, il cerume, il mestruo, la pipi e la pupil. Si rileva poi la garbata ironia di Elio sugli stereotipi del linguaggio degli appelli politico-sindacali alia 'mobilitazione' e alia 'lotta' (anche attraverso l'uso di slogan decontestualizzati come il „pueblo unido",8 „El Pube") e degli appelli alia 'societä civile' (come „in totale molto pizzo ma l'ltalia non ci sta", „La terra dei cachi"). L'esempio piü rilevante (chi parla in prima persona e un neonato abbandonato in un cassonetto) e in „Cassonetto difFerenziato per il frutto del peccato": Ma mettetevi nei panni di chi il cassonetto pulisce, mi trova e non capisce il perche di tanta incivilta; poi scende in piazza e sciopera e la colpa e anche un po' tua, se non ti batti per un mondo migliore in cui una madre sappia dove gettare il bebe. Non mancano gli 'appelli' alia mobilitazione per la liberazione di prigionieri politici, tra i quali viene inserito „mio cuggino" [sic, owiamente], incarcerato per coltivazione illegale di menta: Si d'accordo free Mandela, free Valpreda e tutti gli altri, ma free anche mio cuggino („Mio cuggino") i 'richiami' alia solidarietä multietnica: State ruotando le dita? State stringendo amicizia con persone che hanno il colore della pelle diverso dal vostro? Bravi („Pipppero") le 'condanne' del militarismo: Perche noi vogliam la libertä e siamo preoccupati dalle guerre, e siamo preoccupati per i nostri jeans, noi portiamo sempre quelli e sembra quasi come un segno per condannare i matusa, che han rovinato questo mondo che ci era stato dato da Dio („Noi siamo i giovani").
1.3. „ A m i c o uligano" La vena della rappresentazione dei buoni sentimenti nel mondo del calcio e praticamente inesauribile. Le impietose osservazioni di Elio si concentrano su due fronti. II primo e la retorica profusa in occasione degli impegni della nazionale 8
Da „el pueblo unido jamas sera vencido".
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calcistica. Nell'esempio seguente (tratto, come i successivi, da „Giocatore mondiale") sono in questione i Mondiali di calcio del 1990, organizzati in Italia. L'oleografia della sequenza „pizza, canzoni ed amor" si combina bene con la mimesi delle cronache sull'evento sportivo, che utilizzano spesso sintagmi fissi, vere e proprie formule (in questo caso „tragico evento") e una sorta di fiituro onnitemporale („non intaccherä"); lo scopo ridanciano diventa scoperto nel gioco di parole „ripone" / „ripieno", nel nonsense finale „sicuro, rubizzo e rasierte" 9 e nel fiituro errato „garrä": La c'e una bandiera che sale, qua c'e un muratore che cade, ma questo tragico evento non intaccherä la fiducia che il mondo ripone nel nostra Paese ripieno di pizza, canzoni ed amor (...). II mondiale '90 nascerä, ed il tricolore sicuro, rubizzo e rasierte nel vento garrä Alio stesso motivo si possono ricondurre metafore scopertamente iperboliche, come „la porta e la grande cabina azzurra delFamore" L'altro punto fondamentale e la retorica degli appelli in favore dell' 'etica' sportiva, cui si puö accostare quella delle dichiarazioni contro la violenza e in favore della 'fratellanza' tra i tifosi: Tu giocatore mondiale vai: non ti preoccupare se non segni (...). Che bello giocatore sarebbe - sai? - ventidue palloni in campo. Ognuno tira nella porta che vuole e nessuno lo sgrida mi chiedo dov'e l'amore che tutti i tifosi dovrebbero avere per gli altri tifosi, mondiali tifosi sul cosmo nel nome del calcio. Forse e nell'aria che amplifica i sogni dei migliori atleti Amico tifoso che ti rechi alio stadio con gli occhi iniettati di gioiä („Amico uligano") Tra le ironiche considerazioni fustigatrici del buonismo rientrano gli 'appelli' di Elio contro l'uso di droghe nello sport (ancora „Giocatore ..."): Trama giocatore nell'ombra - sai? - lo spacciatore di doping. Prima giocatore te lo dona - sai? - dopo di che entri nel tünnel. Ma il tünnel giocatore mondiale - sai? non e quello che ti porta in campo. E' si, giocatore mondiale, quello dell'iniezione di marijuana. A volte la finzione narrativa prevede esplicitamente la forma della predicazione, come in „Born to be Abramo", in cui tornano le improbabili „iniezioni di marijuana" (che si aggiungono, nel caso precedente, agli altrettanto improbabili „spacciatori di doping"). Vi si levano 'appelli' contro le stragi del sabato sera, associate con palesi iperboli: Non assumete la droga perche poi andate nel fosso (...). Amici che state ballando, e Elio che vi parla: attenzione perche nella sala del ballo ci sono dei giovani che vi 9
A parte il „rubizzo", il „rasierte" e una pratica sessuale (quindi, tra l'altro, un sostantivo e non un aggettivo).
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danno le pillole del la droga. Non le assumete perche dopo se andate sulla macchina finite nel fosso Con 'moniti' sull'eccesso di velocitä („Non cambiate mai, andate sempre in prima e vedrete che non finirete nel fosso"), sul consumo di alcoolici („Attenzione, e Elio che vi parla. Dal mio segnale non si possono piü bere gli alcoolici. Ora"), sul rischio di contrarre l'AIDS, pronunciato AIS („Attenzione perche se vi fate le iniezioni con la marijuana, anche se e la prima volta, c'e il rischio che vi prendete l'AIS").
1.4. „Supergiovane" Altro ricorrente obiettivo di scherzo e il giovanilismo, il luogo comune per cui i giovani sarebbero intrinsecamente migliori di quelli che non lo sono piü. Controparte dei giovani e delle forze ostili alia realizzazione della gioventü sono i matusa e il governo, quest'ultimo rappresentato in „Supergiovane" come un'entitä personificata: „subdolo il governo si awicina travestito da piscina traboccante di analcolico biondo". II governo naturalmente fa una pessima fine, spettacolare e molto immaginifica: In un tripudio di miccette il governo esplode e i suoi brandelli in cielo compongono la scritta ZIO CANTANTE, che sta a significare lo scorno dei matusa, mentre i giovani limonano10 felici esaminando giomali tipo Lando, che ritornano alia luce dopo un'era di arbitrario oscuramento, grazie al prowido intervento che operö quel sacramento di Supergiovane. II motivo ricorre spesso: „E adesso un lieto ritornello che non c'entra un cazzo ma che piace ai giovani" („Nubi di ieri sul nostro domani odierno"); „Queste stragi del sabato sera sono un'invenzione del governo" („Born to be Abramo"); „Costruire delle autostrade ... per noi giovani, perö. Non per tutti, ma solo per i giovani ... delle autostrade dove tutti cantino e ballino insieme" („Suspence! II signor Brando meets Marlon Brando").
1.5. „Nel boschetto della mia fantasia" L'invenzione di vicende surreali e forse il 'marchio di fabbrica' di Elio. „II vitello dai piedi di balsa" e la storia di quattro vitelli (con i piedi rispettivamente di balsa, di spugna, di cobalto e tonnati) che popolano „il boschetto della mia fantasia". L'insinuazione lanciata dal vitello protagonista verso quello con i piedi di cobalto („c'e il vitello dai piedi tonnati che parla molto male di te: sostiene che i
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Per limonare (attestato numerose volte ancora in Elio) cfr. Banfi 1992: 125 e 127.
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tuoi piedi non sono di vero cobalto, ma sono in effetti quattro piedi di pane ricoperti da un sottile strato di cobalto") porta alio smascheramento del colpevole: Mio caro vitello dai piedi di balsa, la tua storia e falsa: l'amico vitello dai piedi di spugna mi ha svelato la veritä: egli ha nascosto una microspia nei tuoi piedi di balsa e nei piedi tonnati, cosi ha scoperto che tu, solo tu, sempre tu, anche tu, nient'altro che tu, proprio tu 11 sei il vitello dai piedi di balsa, inventore di una storia falsa.
La pena conseguente e dawero draconiana („Accusavi il vitello dai piedi tonnati e per questo i tuoi piedi saranno asportati"). II taglio dei piedi di balsa porta all'ingresso di un nuovo personaggio („Mi presento, son l'orsetto ricchione e come avrai intuito adesso t'inculo") grazie al quale il vitello „senza piü i piedi che invoca pietä" troverä una nuova identita sessuale e una nuova vita. Molte altre storie rispondono a caratteristiche di forte nonsense (tra queste almeno „La vendetta del fantasma formaggino"). Cateto ha due surreali protagonisti, descritti giä in apertura: C'era un uomo che viveva a Chicago e gli cresceva l'erba sulla faccia; egli era infelice. Sulla faccia aveva l'erba, sulla testa piante che perdevano le foglie; per tagliarsi i capelli usava la motosega. C'era poi una donna che viveva ad Erba; era molto bella, perö i suoi pori secemevano escrementi invece che sudor.
I due decidono contemporaneamente di emigrare e prendono l'aereo, l'uomo da Chicago ad Erba „dove c'era l'erba sulla faccia della gente", la donna da Erba a Chicago, perche „questo nome suscitava nella fetida ragazza una nuova speme" Ma il terribile odore emanato da lei fa svenire il pilota dell'aereo, che „nei suo sogno di pilota trasmormossi in kamikaze e si diresse verso l'aeroplan che da Chicago andava ad Erba". Lo scontro tra i due aerei produce un bagliore che favorisce la conoscenza dei due protagonisti durante il volo che precede la caduta, ma il bacio che si scambiano produce, con „effetto concimante", un'improwisa crescita dell'erba sulla faccia di lui, tanto che „cacca piü amore operano piü miracoli di quanto non si creda". I due amanti muoiono nell'impatto al suolo, „originando Ii per Ii l'allegra aiuola delPamore" e fornendo un improbabile pretesto eziologico alia canzone. „E la morale di questa storia e che la merda non e cosi brutta come la si dipinge". NelFultima produzione le storie „tese" si riducono di numero. La piü notevole e un rifacimento dell'awentura di Pinocchio („Burattino senza fichi"), il cui il personaggio si presenta cosi: „nei paese dei balocchi godo fama indiscussa di playboy".12
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Naturalmente la sequenza „tu ... proprio tu" έ una citazione da Mina. Luoghi e personaggi sono gli stessi della storia di Collodi, ma la marionetta si fa fabbricare da Geppetto un organo sessuale grazie alle meraviglie del quale compie una serie di
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Tra le vicende improbabili rientrano a pieno titolo le favole surreali come „Natale a casa Wizzent", in cui dal genere favolistico si riprendono tra l'altro i connettivi e le formule introduttive: „c'era una volta", „in quel mentre", ,,ebbene", „ecco che". Assai largo anche l'uso degli awerbi „molto" e „poco" e della parola „amico". 13
1.6. „Trenta centimetri di dimensione artistica"14 Non e il caso di parlare di provocazioni da turpiloquio, tenuto owiamente conto dell'ormai generalizzata „disponibilitä del lessico sessuale, sempre meno tabuizzato dalla comunitä parlante sia in senso proprio sia in senso traslato" (Cortelazzo 1994: 292); si tenga anzi presente che il gruppo, „attraverso i testi che toccano e violano ogni tabu, finisce proprio per soddisfare le voglie trasgressive piü epidermiche, un po' come il bambino che esibisce le parolacce appena imparate" (Depaoli 1996: 171). Quest'impressione e awalorata da versi come i seguenti, tratti dal loro primo repertorio: „Siamo Elio e le Storie Tese, pronunciamo tante parolacce, siamo al centro delle vostre attese, siam gli alfieri dell'intero sport" („Ünanimi"). Per designare organi e pratiche sessuali, il linguaggio e di solito diretto e immediato.15 Quando non lo e, ciö non corrisponde certo ad intenti eufemistici, ma serva al contrario a creare un rapporto allusivo in complicita con l'ascoltatore. Cosi e in „Burattino ...", con il riferimento sottile e quasi cifrato a due pratiche erotiche ,,se si china la fata Turchina" e „vi saluto con l'altra mano". Ne le metafore, nella canzone, si fermano qui: „emetto una specie di fruppe", „la mia pasta del capitano", ecc. „La partner che Ii vorresti imprese erotiche, con conseguenze dissacranti anche per una figura tradizionalmente immacolata come la fata turchina. 13
„Nel piccolo paese di Praticillo Piragna (...) il Tilly era un bambino molto piccolo, ma molto arzillo"; „era un interesse molto particolare, un interesse che egli coltivava in compagnia del suo piü grande, simpaticissimo amico, il Wizzent"; ,,il Wizzent era un bambino molto simpatico, molto grosso, molto amichevole"; ,,un bambino molto cattivo, il Wizzent".
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II verso e tratto da John Holmes: una vita per il cinema, a cui e fatto un rapidissimo cenno in 1.1. „Sulla parte del corpo che ha reso famoso il personaggio in questione, protagonista di film pornografici, si costruisce una serie di paronomasie, cioe di concatenazioni fra parole basate sulla somiglianza del suono, che a loro volta si intreccia con quella derivante dalla parola „moto", seconda presunta passione dell'attore. II tutto senza mai scendere, nonostante 1'argomento, a un livello linguistico basso" (Depaoli 1996: 171). La canzone έ stata notata anche da Accademia degli Scrausi 1996: 218, in cui ne e riprodotto un passaggio esemplificativo. Sugli elementi triviali di „Cara ti amo" („vorrei palparti le tette", „non sono una troia"), messi „a contrasto con una fraseologia smaccatamente eufemistica" („Uniamo i nostri corpi nell'estasi suprema che e propria dell'idillio dell'amore"), cfr. Accademia degli Scrausi 1996: 217.
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amar" (,,Lo stato A ...") lascia il posto, nella strofa successiva, alia versione gergalmente corretta, ,,un ragazzo molto ciccio, che Ii vorresti far"16. L'uso di frasi dal significato letterale innocuo e con 'doppi sensi' tratti dalla sfera sessuale e larghissimo. Un limitato campionario: „Piccole donne, grandi labbra; piccolo uomo grandi labbra apprezzerä. Probabilmente non mi accoppio, ma le tue trombe di Falloppio suonerö" („Essere donna ..."), „Ti svegli in letti stranieri grazie alia lingua italiana" (,,Lo stato A ..."), per soffermarci sul caso di „Piattaforma", particolarmente dissacrante in quanto i protagonisti del dialogo sono un papä e il proprio bambino 17 : Papa: Se ti attacchi a questa tubatura ... - Enzo: questa qui? - Papa: ... fra un momento sentirai fluire l'antigelo paraflu Enzo: No, non ancora, che la temperatura e troppo bassa e non posso sublimar (...). Scusa, ma questo a cosa serve? (...) Guarda che pinolo: e giä il secondo pozzo che mi intasi. Ραρά: Viva il centra di trivellazione - Enzo: si, ewiva! - Papa: giorno e notte lo useremo per cercare la felicitä. Per l'organo sessuale maschile („pene", „John" ...; „cazzo", „Burattino" ...), che diventa persino forma onomastica („El Pube"), si ritrovano svariate metafore: „carrube", „picio", 18 „pistulino", „legnetto-novitä", „pinnacolo", „ceppa" („Burattino" ...), „carrube" („El Pube"), „biscotto", „poparuolo" („Servi ..."), oltre ad una serie di maliziosi riferimenti qua e lä („Trenta centimetri di dimensione artistica", „John ..."; „c'e carenza di carro e le donne he soffrono un po'", „Carro"), forme falsamente tabuizzate („cacchio vuoi?", „El pube"). Presenti anche il sintagma „del cazzo" per 'di pessima qualitä' („El Pube") e l'espressione „non c'entra un cazzo" („Nubi"). 19 Quanto all'omosessualitä e agli omosessuali, oltre alle denominazioni ricordate all'inizio, si rilevano „sto diventando forse ricchione" („Supergiovane"), „Finocchio!" („Cara ..."), „Siamo forse bulicci? No" („Supergiovane"), „possibile buliccio" („Lo stato A ..."). „Lo prendo in culo come voi" („Omosessualitä") ha owiamente il doppio valore letterale e simbolico (quest'ultimo riservato agli eterosessuali). Le esclamazioni irriverenti verso Γ area del sacro sono naturalmente tutte tabuizzate: „porco dito", „compongono la scritta ZIO CANTANTE" („Supergiovane"), „dio bonino" („Uomini ..."), „Dio bono" („Pipppero"), „Cristo, perche?" („Tapparella"). 16 17
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Per la locuzione farsi qualcuno nel lessico giovanile cfr. Banfi 1992: 129. La forza dissacrante del gruppo era giä stata notata da Accademia degli Scrausi 1996: 218, a proposito della canzone „Aborto", che segna (tra l'altro) l'ingresso della parola referendum nella canzone italiana. Su questo elemento gergale nel lessico giovanile milanese cfr. Banfi 1992: 1992: 125. L'uso e testimoniato persino dal nostro principale dizionario storico, il Grande Dizionario della Lingua Italiana del Battaglia (Torino, UTET, 1960): „partigiani del cazzo" in Vasco Pratolini (cfr. anche Giacomelli 1988: 125).
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II. Note sulla lingua Vari aspetti linguistici sono giä stati anticipati nella parte precedente: e dato quanto si e detto finora risulterä owio il fatto che per tutti gli elementi (cultismi,20 regionalismi, gergalismi, forestierismi, ecc.) che entrano nel ricco melange della lingua di Elio e le Storie Tese „prevale la funzione espressiva (piano della connotazione) rispetto a quella referenziale (piano della denotazione)" (Banfi-Winkler 1996: 137).
II.l.
Altissima la frequenza di vere e proprie acrobazie verbali (nel caso che segue strettamente correlate con l'andamento ritmico molto veloce e irregolare della canzone): Sdraiato sopra un prato mi domandai dove fossi capitata, e allora mi risposi cosi: sono capitato sopra un prato dove mi son domandato „dove sono capitata?". Ecco la risposta al mio quesito: sono capitato sopra un prato dove sono scivolato. Aiuto. Mi sono bloccato. Sono in un circolo vizioso. Sono socio. So ciö („La vendetta ..."). Ma talvolta 1'efFetto e governato in modo piu geometrico e meno apparentemente caotico. Si veda il seguente climax discendente con cui si costruisce l'awentura del „pilota provetto": „Vien giu in picchiata col suo aliante stupendo" diventa, pochi versi dopo, „ferisce il pueblo col suo aliante mediocre" e finisce miseramente con ,,il pueblo unido lo estrae dal suo aliante del cazzo" („El Pube"). Non pochi sono gli accostamenti nonsense come „disturba la mia pubblica quiete" („Supergiovane"), ο „l'amore perpetuo che unisce la coppia per molti anni infiniti" („Urna ..."); ma gli espedienti comici piu usati sono senz'altro romofonia e i giochi di parole fondati sull'accostamento di aggettivi, sostantivi e sintagmi: „ho rilanciato il film muto perche sono muto, e se fossi stato cieco avrei lanciato il film cieco, e se fossi stato m avrei lanciato il filmmm", „Dicon che faccio film penosi perche lavoro col pene", „E ora son schiavo della mo to, non faccio piu moto, infatti vado solo in moto" („John ..."), „I frutti veri e propri si trovan nel frutteto, i frutti di mare si trovano nel mare; i frutti del peccato si trovano nel mare e nel frutteto, dentro al fiume e nel laghetto, nella siepe sotto casa ο piü probabilmente in un sacchetto nel cassonetto" („Cassonetto ..."), „Urna cineraria, mettimi nell'urna funeraria, urna elettorale, mettimi nell'urna 20
Per i cultismi nei testi di Elio siamo quindi ben lontani dalla funzione di cui parla Fiori 1996: 150 (nelle canzoni 'normali' si tratta generalmente di una vera e propria „lotta per l'emancipazione" dalla poesia colta che ,,finisc[e] per ingigantire in modo abnorme, spesso senza comprenderlo, il feticcio da abbattere").
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patatosa" („Urna"), „Appalti truccati, trapianti truccati, motorini truccati che scippano donne truccate", „abusi sessuali abusivi" („La terra ..."), „mio cugino 'o malamente, ma e un prodotto della mente. Anzi, ha prodotto della menta" („Mio cuggino"), „Sai, la scritta che hai scritto, sai, mi piace assai. Sai" („T.V.U.M.D.B."), „Quante bestie ha lo zio Cesco, esco esco esco esco ciao" („Nella vecchia azienda agricola"), „Voglio un silos, si lo voglio" („Silos"), „Ma il mio vano motore e troppo vano e poco motore" („La vendetta ..."). Molte volute ambiguitä si risolvono con il ricorso al testo scritto: „Su di ciö la critica e concorde nel ritenermi sudicio" („John Holmes"), „Si diresse all'aeroporto per volare fino ad Erba, e li trovare Verba sulla faccia della gente" („Cateto"), ,fer memo di inglese stavolta cadrai, per man di francese scherzato verrai. Permani pure della tua opinione", „con una candela di cera che non e'era", „Sono socio. So cid" („La vendetta ...").
II.2.
Vediamo ora una serie di espedienti che utilizzano segmenti giä noti per altre vie agli ascoltatori, sortendo l'effetto di creare con essi un clima di ammiccante complicitä. Quella di Elio e a tutti gli effetti arte 'allusiva', cioe fondata sulla frequente riutilizzazione di materiale proprio ο altrui e sulla sfida alia capacitä dell'ascoltatore di riconoscere a chi ο a che cosa si alluda. Fin troppo scoperto e il caso di Carro, in cui sono liberamente mescolati tra loro vari proverbi: 21 Me l'avevan detto che donne, buoi e motori son gioie e dolori, e di non mettere le donne e i motori davanti al carro davanti ai buoi (...)· Ma io l'ho fatto, e la donna volante pericolo costante mi ha rotto il carro. Ε siccome chi rompe caga, e i cocci sono suoi e dei paesi suoi, la donna volante caga coi miei buoi. Accidenti alia donna volante e al pericolo costante. Ed ora che non ho piu il carro che cosa ci metto davanti ai miei buoi? Cosa fere riguardo ai motori e riguardo alle donne se il carro non c'e? Ai motori farö la benzina, ma alle donne che cosa faro? C'e carenza di carro e le donne ne soffrono un po' (...). Entra ora in scena una ditta il cui portavoce mi ricorda di dare un colpo al cerchio e uno alia botte piena e uno alia moglie ubriaca, pero tra il dire e il fare c'e di mezzo ,,e il", una rondella non fe primavera (...). Dio li fa e poi li accoppa, ho capito, la vita e cosi.
Alio stesso effetto mirano le citazioni 'intertestuali', dalla cultura televisiva (segnatamente quella della pubblicitä) e da quella canzonettistica. Talvolta il richiamo a prodotti commercializzati e esplicito: „Mandingo, il segreto dei pornostar" („Aü"), ma piü spesso lo stile della pubblicitä e imitato: „ti muovi sicura e fresca come in un mattino di primavera", „Ii trovi anche nella 21
Cosi commenta Depaoli (1996: 171): „comuni proveibi, talora leggermente alterati, si intrecciano tra loro creando un insieme caotico risolto da una boutade finale schiettamente triviale, ancorche surreale, sulla sorte della 'donna volante'".
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confezione magnum da ottanta pezzi; i suoi bei sigaroni morbidoni" („Essere ..."), „con il mio legnetto-novita" („Burattino ..."), „Amicizia no, cortesia no, convenienza no, ampio parcheggio no" („Tapparella"). Ο ancora, si allude a messaggi pubblicitari (soprattutto degli anni Settanta) conservandone la linea melodica e stravolgendone le parole: „Perche Supergiovane e allegria piü, Bulgaria piü, sciatalgia piü piü piü", „Stappa stappa stappa stappa stappa dai. E' allegria, e simpatia, e sciatalgia" („Supergiovane", con citazione da una campagna della San Pellegrino). Quando non alia pubblicitä, l'allusione va spesso ad altri prodotti della cultura televisiva: Pork e Cindy, i personaggi dell'omonima canzone, rifanno certamente il verso alia fortunata serie televisiva Mork e Mindy, che sancisce il successo dell'attore americano Robin Williams presso il grande pubblico; „si trasforma in un razzo missile" e letteralmente ripreso dal cartone animato giapponese Ufa Robot, di enorme successo alia fine degli anni Settanta. Burattino senza fichi si rifa a Burattino senza flli di Edoardo Bennato. Nella serie abbondantissima di citazioni non poteva mancare quella letteraria („Sol chi non lascia ereditä d'affetti poca gioia ha dell'urna", „Urna ..."), presentata ironicamente con „Seguono per i colti alcuni brani tratti da I sepolcri di Ugo Foscolo" e soprattutto giustapposta ad altre auctoritates come Gianni Bella („non si puö morire dentro! No. Come dice Gianni Bella"), ο la gia menzionata sigla del cartone animato Ufa Robot. Si diceva della sorta di „intertestualitä" ottenuta con la riproposizione allusiva di segmenti di precedenti canzoni; proprie, come „Senti come grida il peperone: pam" („Piattaforma", riutilizzato in „T.V.U.M.D.B."), „queste sonoritä cosi intense" („Domande bizzarre", riutilizzato in „Born to be Abramo"), „queste giovani donne, queste puttane" e „ballando la musica house" („Cara ..." riutilizzati in „Born . . ."); ο molto spesso altrui (Mina e Gianni Bella, Ufo Robot e Domenico Modugno, gli Earth, Wind & Fire e Carlo D'Apporto: l'elenco sarebbe dawero lunghissimo). Frequenti sono anche le citazioni del nome del gruppo ο di suoi componenti: „mi son qua co Elio scavesä" („Uomini . .."), „Pretzdavemini Elio e le Storie Tese" („Pipppero"), „Siamo Elio e le Storie Tese" („Unanimi"), ,,ma perche non prosciughen el Zelig e non fanno un monumento a Elio e le Storie Tese" („Zelig ..."), ,,io sono brother Elio" („Odo ocio"), „T.V.U.M.D.B. by Elio e le Storie Tese" („T.V.U.M.D.B."), „vedo qua Faso con Rocco (...) sento Cesareo che suona (...)" („La ditta"), „Rocco, Tanica d'amor (...); Elio, mio signore e fondatore del gruppo omonimo" („You"; Tanica e il nome di battaglia del tastierista).
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II.3.
Proviamo ora a delineare qualche aspetto metrico. L'irregolaritä nell'uso dell'accentuazione in Elio e le Storie Tese attira giä l'attenzione di Sandro Veronesi (in Accademia degli Scrausi 1996: 15),22 che cita „per celebrare il concime che rese i campi coltivabili" (tratto da „Cateto") come esempio di „genio satirico". La documentazione e facilmente moltiplicabile: „e li trovare l'erba sulla facciä della gente", (ancora „Cateto"), „giä pregusto [pres. indicativo, prima persona] il tuo sapore sul pänino", „l'ora della riscossä", „l'inglese e il francese perdono" („La vendetta ..."), „qualcosa nell'ariä" („Urna cineraria"), „Bovinö" („II vitello ... reprise"), „mente autonoma" („Essere..."), „l'opportünita di parlare" („Giocatore ..."), il titolo „Ünanimi", „e tu resti feretro" („Li immortacci"), „il pueblo ejacüla" („El Pube"), „dännaz dannaz dannäz dannäz dannazione" („Lo stato A ..."), „cassonetto difFerenziato per il frutto del peccato, cassonetto difFerenziato per il frutto del peccato, cassonetto difFerenziato" („Cassonetto..."). Le rime appaiono come un aspetto decisamente interessante. A volte per ottenerle si 'falsifica' la vocale finale: „fece da rimedia in quella tragedia" („Cateto"). La rima assicura anche il gioco di parole quando si cambia un solo Fonema: „le sostanze dal corpo secrete oggigiorno non sono piü segrete" („Silos"), „Tramano, nell'ombra bramano" („Burattino ..."). A volte si opta per soluzioni piü funamboliche (non certo nuove nella poesia 'seria' del Novecento): „come dei simbolici Big Jim. schiacci un tasto ed esce lo sFaccimm" („Servi..."), „Pensavo di offrirti un sorso di Zabov, ma... cosa leggo? PreFerisci del Fov?", „tu che sogni quel cicciobombo dei Take That, Fai le prime esperienze con il tuo gillette" („T.V.U.M.D.B"). Ma anche senza queste soluzioni particolari, la rima e „ricca, inconsueta, spiazzante" (Salvatore 1997: 31, a proposito di Mogol). Se ne Fornisce appena qualche esempio, tra gli innumerevoli: „Cerco nelle mie narici una testimonianza delle mie radici" („Nubi ..."), „lo spazzino e piü faceto perche sa che trova il feto" („Cassonetto ..."), „in quel mentre due bifolchi, ivi intenti a tracciar solchi, videro l'evento e dissero „Portento\"" („Cateto"), „Servi della gleba planetaria, schiavi della ghiandola mammaria" („Servi ..."), „la morte viene silenziosa come un alee, dai vivi ci separa con il taglio di una falce" („Urna . . ."), „miracolo commercial: tutti dentro alia moglie che rilascia scontrino fiscal („El pube"), „Imperatore del regno di mille fighe23 di legno" („Burattini ..."), „quel ragazzo e molto ciccio, ma spiccio. possibile buliccio" („Lo stato A ..."), 22
23
La natura provocatoha dell'accostamento tra Toni Santagata e Franco Battiato, operato da Veronesi alla pagina citata, non e colta da Salvatore 1997: 29, che vi legge un vero e proprio attacco alla 'sacralitä' del secondo. Inutile insistere s u f i g a nel duplice valore di 'vulva' e 'ragazza veramente bella' (si veda da ultimo Banfi 1992: 127 e 131).
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„Guarda come scrive il pennarone. Senti come grida il peperone. Gusta come e al dente il maccherone. Olfa il gas nervino del santone" („T. V.U.M.D.B"). Altrettanto ricche e interessanti sono le assonanze e le consonanze: „Servi della gleba in una stanza anestetizzati da una stroma", „servi della gleba a tutta birra carichi di ettolitri di sburra" („Servi..."), „Chi e quel giovanotto indisponente con la vespa scoppiettante" („Supergiovane"), „mito : muto : muto : filmato" („John ..."), „della vita ilfitlcro e il sepolcro" („Urna ...") „Cosa c'e nel mare? La torpedine. Cosa c'e in Friuli? Trieste e Udine" („Supergiovane"), „poi ti penti dell'errore. terrore. Non lo dovevi /are" („Lo stato A ..."), „chiedo fonzi e mi danno avanzi" („Tapparella").
II.4. Alcuni casi di confusione tra i piani temporali sono ottenuti con l'accostamento di awerbi e aggettivi semanticamente non omogenei: „chiedo scusa per l'audacia ma mi rendo conto che qui fra non molto poc'anzi moriremo" („Cateto") e il titolo „Nubi di ieri sul nostra domani odiemo". Lo stesso effetto straniante e ottenuto dalla coniugazione del verbo non rispettosa della consecutio temporum. „quanti goal nella partita, quanti goal nella tua vita prima che il fischio finale la concluderebbe" („Amico ...")• Piu spesso le forme verbali subiscono una coniugazione morfologicamente scorretta: „mi mancatte laparola" („Cavo"), ,/andomi felice" („Nubi..."), „nel vento garrä' („Giocatore ..."); di sicuro effetto sono anche i verbi deformati come „iäculo" (,3urattino ..."), ricercati ο ran: „quel che mi handicapped („Abbecedario"), ο addirittura creati ex novo: „strüciolo" („Burattino ..."), „si spetascia" („El Pube"), il ricercatissimo „olfa il gas nervino del santone" („T.V.U.M.D.B."). „Emozionando", usato assolutamente, riprende Γ „emozioniamo" utilizzato qualche anno fa nella pubblicitä di una casa produttrice di spumanti.
II.5. Si segnalano poi alcuni casi in cui l'elemento ludico e dato dal contrasto tra diminutivi e accrescitivi: „verrai spalmato su quel panone con un coltellino" („La vendetta .. ."), „quel tuo corpicino che guardava me ha spinto il tuo corpicione verso te" („T.V.U.M.D.B.").
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11.6. Accanto a deformazioni comiche come „E infine Luca di Montezuma dal suo elicottero azteco gli incassi devolverä" („Giocatore . ..") (dove il nome del protagonista, Luca di Montezemolo, e incrociato con Montezuma, da cui vengono fuori gli improbabili elicotteri aztechi), si segnalano coniazioni ex novo (per es. „io rimango abbrustolito dalle flamme espulse dalla petomarmittd\ „Supergiovane", ,,un succulento piatto di ottorottoc", „Natale ..."), nonche intere serie di parole create, per cosi dire, sul momento: Siamo forse secchioni? No. Siamo forse matusa? No. Siamo forse govemi? No. Siamo forse checchineris? No. Siamo forse bulicci? No. Iarrusi? Buhi? Puppi? Posapiano? Orecchioni? Mangiaton di fave? Orrendi? Rammendati? Giuisci? Meiüsi? Fenderi? Finestrati? Oietti? Samanettati? Rautiti? Semeiuti? Aperitaviti? Aperitivi? Si („Supergiovane").
11.7.
Uno degli elementi fondanti e capitali del pastiche e dato dagli elementi colti. 24 Casi di apocope come „nel frattempo avean deciso" („La vendetta ...") sono caratterizzati da una precisa scelta stilistica, la stessa che governa i seguenti casi di enclisi: „trasformossi in kamikaze" („Cateto"), „tu mio amico morto, io vendicherotti, tu" („Supergiovane"). Notevoli alcuni pronomi: ,,al risveglio di costoro", „prima ch'esso tocchi terra spaccandosi" („La vendetta ..."), „egli era infelice", „ella era infelice" („Cateto"), „ciö che egli secernerä" („Silos"), „egli ha nascosto una microspia" („II vitello . . .") Quanto al lessico, frequentissime sono le parole rare, letterarie ο in disuso: „di me che son reietto" („Cassonetto ..."), ,gicimmai, giammai, non lo spalmerai" („La vendetta ..."), „la morte e arrivata e ti ha ghermitd\ „Odo l'uomo del Giappone", „E c'e qualcosa nell'aria che mi dice che io perirö" („Urna ..."), „si recö dal vitello" („II vitello ..."), „lontani dalla grevitä delle cose materiali" („II vitello ...", note di copertina); naturalmente la comicitä scaturisce spesso dal contrasto di livello tra aulico e osceno (o coprolalico): „Triste la sua condizione per l'infausta secrezione: cacca dalla faccia", „Chicago; questo nome suscitava nella fetida ragazza una nuova speme", „ma la luce dell'amore fu oscurata dall'odore che quella puttana sprigionava" („Cateto"), „La neve di maggio rim-
24
L'impiego ironico di forme letterarie banali come pria in Fabrizio De Andri era stata notata da Mengaldo 1994: 86; sugli arcaismi dissacratori di De Andre e Guccini si vedano le considerazioni di Serianni (in Borgna-Serianni 1994: IX).
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balzava superba, mentre io ramingo giostravo sul prato. Ricordo bene quando io ti dissi: (...) ma vaffanculo" („Faro"). Talvolta il contrasto si crea tra il tono burocratico molto formale dell'intera frase e la conclusione oscena: „sono tuttavia in grado di fornire, al magistrato inquirente ο comunque agli aventi titolo, copia fotostatica del lavoro precedente a riprova del fatto che non stanno mica25 li a grattarsi i coglioni" („Cartoni ...", note di copertina), ο semplicemente tra un'espressione apparentemente molto formale come „delle di lei26 vacanze" („Servi ...", note di copertina) e la situazione comica in cui essa si inserisce.
II.8. Un parte importante della forza espressiva del lessico di Elio (come di tutti i gruppi rock 'demenziali', Accademia degli Scrausi 1996: 220) e latamente riconducibile al gergo giovanile,27 di cui d'altra parte „Milano e il principale centro irradiante", Cortelazzo 1994: 304. Ε cio fermo restando, naturalmente, il fatto che tutti i componenti del gruppo hanno abbondantemente superato il quarantesimo anno di etä e che del sarcasmo con cui Elio tratta l'argomento 'dei giovani' si e giä abbondantemente detto. Gli elementi del lessico 'giovanile' sono tutti di lunga durata (si sono cioe ormai stabilizzati passando alia lingua comune) (Cortelazzo 1994: 305-6): „Che palle" („Cara ...") „c'ho un esame in ballo", „c'ho delle storiacce con la tipa"28, „ha preso un casino di sole"29 („Servi ..."), „I numerosi pacchi30 agli amici"
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Per mica come modal itä substandard di negazione cfr. Banfi-Winkler 1996: 142, n. 20. Sul tipo „il di lui amico" si veda ora il documentatissimo studio di Palermo 1998. Mi sembra che l'uso del costrutto sui giornali si ammanti oggi di sfumature ironiche (per es. „Luca di Montezemolo passeggia per il quartiere Vigna Clara di Roma con (...) Ludovica Andreoni, e con il di lei bulldog", in Panorama 2.4.1999, p. 98). Ε tuttavia a questo proposito non si puö che ripetere quanto esemplarmente detto a questo proposito da Accademia degli Scrausi 1996: 221: „non si puö identiiicare - come alcuni hanno fatto - il linguaggio giovanile con la lingua rock. Nel linguaggio giovanile confluiscono apporti diversi: dai gerghi della malavita e del mondo della droga ai linguaggi scientifici, dai dialetti alia lingua televisiva (...). La musica rock, quindi, va considerata come un mezzo di diflusione, come il punto di partenza". Depaoli 1996: 173 parla (a nostra awiso non proprio a proposito) di linguaggio giovanile a proposito di Elio. Berretta 1991: 132-33 segnala un tipo tra i genericismi riferiti a persone e storia per gli eventi. Da molto tempo un casino ha assunto ,,il valore di un quantificatore generico" (Banii 1992: 101). Per (tirare) un pacco cfr. Giacomelli 1988: 149 (che lo documenta almeno dal 1977) e Manzoni 1997 s.v.
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(„Servi ...", note di copertina), „sgomma, inchioda e va a manetta"31, „voglio vedervi tutti in acido32,, („Supergiovane"), „cicciobombo", „bomba" („T.V.U.M.D.B."), „ciccio", „buliccio" (,,Lo stato A ..."), „Mi faccio il culo quattordici ore di seguito" („Cara ..."), „se avrö culo" („Tapparella"). Significativa la frequenza di significati metaforici del verbo cagare33: ,,e non ti cago" („Cara ..."), „Ehi, tipo, cagaci, dov'e?" („II vitello ...", note di copertina), „fa cagare addosso i matusa e il governo" („Supergiovane").
II.9.
Di qualche interesse anche qualche segmento della 'lingua dei vecchi'. Certamente una patina 'arcaizzante' e data dall'uso insistito dell'ex giovanilismo „matusa"34 (per esempio, „Supergiovane"). II predicatore Elio 'raccomanda' „attenzione perche nella sala del ballo ci sono dei giovani che vi danno le pillole della droga" („Born ...").
11.10.
Qualche incursione perfino nel lessico tecnico: „Addio alle delusioni chicaghesi, addio airimportantissimo nodo ferroviario" („Cateto"), probabile orecchiamento ο reminiscenza da libro di geografia delle medie; „la temperature e troppo bassa e non posso sublimar" („Piattaforma").
11.11.
A influenza regionale „spontanea" e senz'altro riconducibile l'uso transitivo del verbo scherzare 'deridere': „quand'ero piccolo tutti mi scherzavano" („John ..."), „per man di francese scherzato verrai" („La vendetta ..."). L'espressione
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Per il primo e il terzo termine, Manzoni 1997 s.w.; inchiodata / ο „ormai solo l'individuo che ha dei problemi di ordine psicologico-comportamentale". Qui e l'effetto allucinogeno indotto dalla combinazione di aspirina e coca-cola (ma acido vale 'acido lisergico, LSD', Manzoni 1997 s.v.). L'accezione di 'essere interessati, essere compartecipi, considerare attentamente' e ben nota ai repertori dell'italiano 'giovanile' (Banfi 1992: 127; Manzoni 1997 s.v.; Giacomelli 1988: 123: „la presenza della sonora (-g-) denota un'origine dai dialetti a nord della linea gotica; a sud prevale cacare con la sorda (-c-)"; ma -g- ha sicuramente anche un effetto eufemistico). „Matusa" < matusalemme έ ormai desueto nell'uso linguistico dei giovani (Cortelazzo 1994: 309).
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„hai pucciato il biscotto" 'intinto', come metafora sessuale (< mil. pucia < lat.volg. *punctiare 'intingere', Banfi 1992: 129), e di origine dialettale ma e ampiamente penetrata (proprio come locuzione35) nel lessico dell'italiano regionale milanese.
11.12. Al pastiche contribuiscono in modo determinante gli elementi riflessi provenienti da dialetti diversi dal lombardo (l'unica canzone in milanese e „Zelig: la cunesiun del pulpacc", appartenente alia produzione cabarettistica degli inizi). Molto spesso le inserzioni dialettali servono a caratterizzare geograficamente il personaggio rappresentato. Li immortacci e interamente in uno scherzoso romanesco con inflessioni inevitabilmente milanesi; una parte di „Uomini col borsello" e in veneziano e cantata da un veneziano, la voce del gruppo rock dei „Pitura Freska". Per il resto, il protagonista italiano di „La vendetta ..." canta „I te vurria vasä"; una curiosa commistione di romanesco e napoletano in „schiacci er tasto ed esce lo sfaccimm" („Servi..."), ancora romanesco per „se famo du' spaghi" („La terra ..."), ancora napoletano (con ammirevole impegno nella resa grafica) per „soldande che shcrive bbiango" („T.V.U.M.D.B."). Diego Abbatantuono (quello della pronuncia dei film come Eccezziimale veramente) interpreta „Supergiovane". Per caratterizzare il personaggio meridionale di „Mio cuggino" non solo si adotta il raddoppiamento di -g- e la pronuncia di casco e testa come /casco/ e /testa/, ma anche l'accusativo preposizionale: „Io chiamo mio cuggino. Anzi, io chiamo a mio cuggino", nonche un tratto dei semicolti di tutte le regioni, il che polivalente disposto in serie: Mi ha detto mio cuggino che una volta in discoteca ha conosciuto una tipa che perö poi non si ricorda piu niente e alia fine si e svegliato in un fosso tutto bagnato che gli mancava un rene (...). Mi ha detto mio cuggino che sa un colpo segreto che se te lo dä dopo tre giorni muori.
11.13. Infine, un cenno ai forestierismi veri e (spesso) falsi.36 Merita un cenno l'improbabile mimesi della pronuncia bulgara ottenuta con una serie di u. ,,Se in discuteca balli u Pippperupippperu". 35 36
Accanto, direi, a „pucciare il biscottino". Sui pseudoforestirismi nell'uso linguistico giovanile si veda Banfi 1992: 127-28 e Cortelazzo 1994: 312-14.
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Nel brano dai ritmi latino-americani El Pube non solo ricorrono ispanismi integrali „pueblo unido", „el", „mugliera", „carrube") e l'incrocio piazza /plaza = „piazza", ma anche una serie di apocopi („signor", „anal", „commercial", „fiscal", „onor", „mal", „moral", „nuzial", „final"), il rafforzamento di r nella pronuncia di „carenza" e persino l'inversione nell'interrogativa: „Hai tu forse un sesto senso?" Per quanto riguarda l'inglese, in generale siamo in linea con tendenze non certo solo giovanili (Cortelazzo 1994: 292); ma l'episodio di First me, second me (ricco, nella prima parte, di vocaboli coniati ad hoc come quelli della sequenza „unrealizable, unreasonable, unrecognizable, unjamestaylorable, unstatesmanlike"), merita di essere riprodotto, almeno nella sua seconda sezione, per intero. E' un esempio caricaturale ma non privo di realismo dell'inglese 'maccheronico' appreso „at the medium school": how you call you? How many years you have? From where come? How stay? Not to be sad: the life is a thing wonderfiiler. Not see the my love you tourself? For force, not is visible. Not hear the sound of the my guitar? Is play from me; is play for you, is play for we. Oui, je t'aime, je t'aime - yes - must to be my girl; come on the my car that you bring you at make one tour. What think of the my car? Is much beautiful, second me. Tra gli anglismi veri e propri, se ne segnala uno adattato, „uligano" („Amico ..."), che per altro ritorna in un romanzo di Enrico Brizzi, Bastogne,37
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37
A p. 55 dell'edizione Baldini & Castoldi, Milano, 1996.
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Fiori, Umberto (1996), „'In un supremo anelito'. L'idea di poesia nella canzone italiana", in: Dalmonte 1996, 144-159. Giacomelli, Roberto (1988), Lingua Rock, Napoli, Morano. Manzoni, Gian Ruggero (1997), Peso vero sclero. Dizionario del linguaggio giovanile diflne millennio, Milano, II Saggiatore. Mengaldo, Pier Vincenzo (1994), Storia della lingua italiana. II Novecento, Bologna, II Mulino. Palermo, Massimo (1998), „II tipo 'il di lui amico' nella storia dell'italiano", in: Studi Linguistici Italiani 34, 12-50. Salvatore, Gianfranco (1997), Mogol-Battisti. L'alchimia del verso cantato, Roma, Castelvecchi.
Petra
Burgstaller
La nuova canzone d'autore: Konventionelles und Unkonventionelles im italienischen Rock der 90er Jahre I. Einleitung Seit Beginn der neunziger Jahre zeichnet sich die Tendenz ab, dass das von den Cantautori repräsentierte traditionsreiche italienische Autorenlied in gewisser Hinsicht einen toten Punkt erreicht. Während sich in den Richtungen Rap und Rock in diesem Jahrzehnt viele innovative Beispiele finden, mangelt es der 'traditionellen Cantautori-Schiene' an neuen Namen. Es etablieren sich nur wenige junge Cantautori, die sich musikalisch wie inhaltlich deutlich vom Gros der die Sanremo-Szene dominierenden, von den Radiosendern favorisierten und kommerziell erfolgreichen Interpreten abheben. Nella selva oscura dei cantautori degli anni Novanta sono poche le fronde realmente distinguibili dalle altre. (...) si continuano a produrre musica e testi chiaramente riconducibili a parametri consueti e massificati.1 Canzoni kritischen Inhalts, die an die Cantautori-Tradition anknüpfen, finden sich heute zum überwiegenden Teil in der Protestmusik der Rapper und der Gruppen der nuova scena rock. Diesen Eindruck können auch sporadische Ausnahmen und die weitere Präsenz der 'alten' Cantautori-Generation, die nichts an Popularität eingebüßt hat und am Musikmarkt der Gegenwart eine unübersehbare Rolle spielt, nicht dementieren. In den letzten Jahren wächst neben der Aufmerksamkeit, die man bereits seit mehreren Jahren dem nationalen Rap schenkt, auch das Interesse für die nuova scena rock. Eine innovative Szene junger Rockgruppen, der sogenannte nuovo rock italiano, revitalisiert am Ende des zweiten Jahrtausends das Panorama des italienischen Musikmarktes und fuhrt die Canzone d'autore in eine Phase der Veränderung: Von der internationalen Rockszene (z.B. U2, Bruce Springsteen), der Underground-Rockszene (besonders von deren Hauptvertretern Velvet Underground und Patti Smith - Lenny Kaye) und nationalen Idolen wie Vasco Rossi, Gianna Nannini, Ligabue oder der Gruppe Litfiba inspiriert, gewinnt die Canzone d'autore durch die künstlerischen Ambitionen einiger junger RockCantautori und mehrerer Gruppen eine neue Dimension. Die große Sensibilität in Bezug auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen sowie Sprachstil und das klare musikalische Konzept von Gruppen wie Afterhours, Marlene Kuntz, Estra, Scisma, Subsonica, La Crus, Casino Royale, C.S.I. oder Üstmamo 1
Accademia degli Scrausi, Versi rock. La lingua della canzone italiana negli anni '80 e '90, Rizzoli, Milano 1996, p. 126.
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überzeugen in jeder Hinsicht. Hinter ihrer Musik steht das Bestreben, der canzonetta italiana, welche auch außerhalb der Grenzen Italiens durch Interpreten wie Eros Ramazzotti, NEK, Laura Pausini oder Zucchero das Klischee italienischer Musik als melodisch-romantische canzone d'amore erfolgreich verteidigt, etwas entgegenzusetzen. Wie die Canzone d'autore in den siebziger Jahren wird Rock zu einem Podium der Konfrontation und Auseinandersetzung. Diesem Phänomen trägt beispielsweise auch der Club Tenco Rechnung und bestätigt mit Auszeichnungen fur die Rapformation 99 Posse und Gruppen wie Almamegretta oder La Crus die Hypothese, dass die Canzone d'autore nicht ausschließlich Erbe der Cantautori-Tradition ist, sondern gegen Mitte der neunziger Jahre ein neues Profil erhält. Enrico de Angelis, Vizepräsident des Club Tenco, bestätigt die Affinität der Cantautori-Szene der siebziger Jahre und der musikalischen Undergroundszene der Neunziger: In questa prima meta degli anni Novanta ci siamo trovati di fronte al fatto che la canzone di qualitä, come la intendiamo noi, quindi soprattutto in senso innovativo, si e spostata dalle mani dei cantautori di scuola classica a quelle di entita 'altre' come potrebbero essere le band provenienti dai dintorni del rock ο le posse.2 Auch auf Literatur oder Film wirkt sich ihr Stil aus: Interessant ist die Präsenz junger Autorinnen, die sogenannten rap-rock writers, in deren Sprache Charakteristika des Rap und Rock einfließen und die auch inhaltlich in ihren Romanen und Erzählungen der Musik eine zentrale Rolle einräumen; Beispiele dafür sind der Bestseller von Enrico Brizzi, Jack Frusciante e uscito dal gruppo3 oder II
compleanno dell 'iguana und La guerra degli Antö von Silvia Ballestra. Rock avanciert von der alternativen Undergroundmusik zu einem Teil des offiziellen Business und der Jugendkultur; die aktuelle Lebhaftigkeit der Rockszene lässt die Prognose zu, dass dieses junge Phänomen auch in Zukunft an Bedeutung und Resonanz gewinnen wird. In musikalischer Hinsicht fällt auf, dass mehrere Interpreten in einem Album verschiedene Stilrichtungen wie Rock, Rap, Reggae, Blues, Jazz oder lateinamerikanische und klassische Elemente fusionieren. Im Artikel „Cantautorando a suon di rap" heben Diego Perugini und Alba Solaro diese Fähigkeit Silvestris hervor und betonen zugleich den Wandel der traditionellen Canzone d'autore. Puö passare tranquillamente da una ballata rock nervosa, elettrica, a una dolcissima canzone tutta violini e ritmi di valzer, a un pezzo quasi house che si dipana sul filo delta batteria elettronica: esempio di come oggi la canzone d'autore sia sempre piü una forma aperta, dove tutto e possibile.
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Campo, Alberto, Nuovo? Rock?! Italiano/, Giunti, Firenze 1995, p. 116-117. „Jack Frusciante e uscito dal gruppo" wird 1995 unter der Regie von Enza Negroni verfilmt. Den Soundtrack gestalten u.a. die Rockgruppen Marlene Kuntz, C.S.I., Üstmamö.
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Als Paradebeispiel fur diesen Stilmix kann das dritte Album Silvestris II dado stehen, aber auch bei anderen jungen Cantautori wie Vinicio Capossela, Daniele Sepe oder Paolo Martella findet sich diese Technik wieder. Zudem lässt sich bemerken, dass die Grenze zwischen einigen Newcomern der Cantautori-Szene und den Protagonistinnen der nuova scena rock zunehmend verschwimmt: Der Stil Gianluca Grignanis oder Daniele Silvestris erinnert deutlich an den zahlreicher Rockgruppen, die beiden Cantautrici Carmen Consoli und Cristina Donä werden immer in einem Atemzug mit der nuova scena rock genannt.
II. Die Anfange des rock italiano Auf thematischer Ebene übernimmt die nuova scena prägende Elemente des sich zu Beginn der achtziger Jahre durchsetzenden italienischen Rock. Seit Ende der sechziger Jahre präzisiert der Terminus 'Rock' einen bestimmten Musikstil, gleichzeitig identifiziert Rock die Ideologie der pazifistischen Hippiebewegung, die in Konfrontation mit dem bürgerlichen Establishment mit dessen Normen bricht. Die Aversion bzw. Gleichgültigkeit gegenüber dem System drücken sich primär im Streben nach persönlicher Freiheit und im Propagieren eines exzessiven, in der 'sexuellen Revolution' und im Konsum von Drogen verwirklichten, Lebensstils aus. In Italien setzt sich die Rockmusik Anfang der achtziger Jahre durch und wird zum Kontrastmodell der canzonetta sanremese und des Stils der Cantautori. Auffällig ist die starke Bindung an die internationale Rockszene und die Vorbildwirkung der amerikanischen und englischen Gruppen. In Italien fehlen stilistische (musikalisches 'Niemandsland' um die Cantautori), kulturelle (Punkszene bleibt weitgehend unverstanden) und politische Voraussetzungen. Man spricht von einer Leere der nationalen Musikszene in den achtziger Jahren. Die Dialektik von importierten Vorbildern und nationaler Spezifizierung - auch Cantautori wie De Andre und De Gregori beginnen mit Neubearbeitungen von Leonard Cohen, George Brassens oder Bob Dylan - setzt sich somit fort. Parallel entwickelt sich jedoch auch la new wave all' italiana. Der neue rock italiano entsteht in Bologna, Epizentrum der politischen Ereignisse dieser Jahre und ab Mitte der achtziger Jahre manifestiert sich Florenz als Drehscheibe des nationalen Rock. Die Emilia-Romagna bzw. die Toskana sind auch die Heimat von Vasco Rossi, Gianna Nannini, Luciano Ligabue und Litfiba, die man aus heutiger Sicht als die vier Rockklassiker Italiens bezeichnen kann. Gerade Ligabue und die Gruppe Litfiba nehmen eine wichtige Vorreiterrolle fur die nuova scena rock ein: In ihren Texten kristallisieren sich für den Rock typische Themen heraus und ihre Lieder verarbeiten die vorweg angesprochene Ideologie und übersetzt sie in Elemente, die mit beinahe neurotischer Frequenz auch im Rock der neunziger Jahre wiederkehren.
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III. Thematische Charakteristika des rock italiano Die Lieder sind system- und sozialkritischen Inhalts, dominante Werte der zum Feindbild deklarierten Wohlstands- und Leistungsgesellschaft werden in den Texten in Frage gestellt: Man verurteilt die krankhafte Doppelmoral und Bewusstseinslähmung oder die status- bzw. medienabhängige, unselbständige Meinungsbildung. Häufig wird in den Texten auf das semantische Feld der Natur Bezug genommen; die Naturphänomene erschöpfen sich selten in ihrer Dinglichkeit, sondern wecken vielmehr mythische Vorstellungen, in denen räumliche Grenzen aufgehoben werden. Abgesehen von den zahlreichen Naturbildern, die nie in Form klischeehafter, konventioneller Metaphern eingesetzt werden, und der Identifikation des Menschen bzw. seiner Körperteile mit Tieren, in der besonders der rohe, inhumane Charakter in den Vordergrund tritt (vgl. bereits in Titeln wie z.B. „Siete proprio dei pulcini", Afterhours, Germi), zieht man die vier Elemente (aria, füoco, acqua, terra) zur Verbildlichung der Gedanken- und Gefühlswelt heran. Das Fehlen von aria und vento, Symbole der Freiheit und Unaufhaltsamkeit („Nuotando neH'aria", Marlene Kuntz, Catartica), erzeugen das Gefühl von Beklemmung und Aussichtslosigkeit („distanze che non percorro mai / per una probabile carenza d'ossigeno, / devo ancora imparare a respirare", „Ho sempre me", Cristina Donä). Im Lied „Le sollte cose" hat Cristina Dona den Eindruck, 'den Boden unter den Füßen zu verlieren' und drückt in dieser Hyperbel ihre Orientierungslosigkeit und Verwirrung aus, die Kälte steigert das Gefühl alleine zu sein („sul mio vestito solo ghiaccio / e sotto i piedi niente terra / non posso rimanere, ma voglio stare ferma a guardare.../ c'e confüsione per le sollte cose").
IV. Thematische Charakteristika des nuovo rock Das Bild einer angesichts veränderter Wirklichkeit nicht mehr heilen, sondern heute unüberschaubaren Welt spiegeln viele Gruppen der nuova scena in konfusen und abstrakten Texten wider. Ihre Antwort auf die prekäre gesellschaftliche Situation demonstriert sich auf individuelle und daher für ein breites Publikum schwer zugängliche Weise. Im Gegensatz zum Rap verzichtet der Rock auf Transparenz und Explizitheit, die Texte repräsentieren Collagen verschiedenartigster, oft inkohärenter Impressionen, was ihrem Stil expressionistischen und surrealen Charakter verleiht. Man negiert realistische Darstellungen und distanziert sich von materiell fassbaren Parametern; der Stil mancher Lieder kann auch als 'realistische' Wiedergabe einer absurden und grotesken Welt interpretiert werden. Viele Texte
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des nnovo rock enthalten nur wenige konkrete Anhaltspunkte und überschreiten die Grenzen menschlicher Erfahrung und der sinnlich erkennbaren Welt. Sie entziehen sich damit einem schnellen Verstehen. Obwohl mit den Titeln der Lieder meist eine Andeutung für ein sinnhaftes Verstehen gegeben wird, ist es kaum möglich, ihre Inhalte präzise zu explizieren oder als kohärente wahrzunehmen. In ihrer extremsten Form sind die Texte allenfalls noch zu kommentieren, jedoch nicht mehr interpretierbar als sinnvolles Ganzes. Der Stil des nuovo rock ist durch die Verbindung von Unvereinbarem gekennzeichnet. Sowohl einzelne Wörter als auch Gedankenkomplexe sprachlich, stilistisch und inhaltlich unterschiedlichster Herkunft werden - scheinbar zusammenhanglos - nebeneinandergestellt. Diese Montage bewirkt eine Fragmentarisierung der Texte, da sich zwischen den einzelnen Teilen keine logischen Beziehungen knüpfen lassen, gleichzeitig entsteht durch diese 'anormalen' Kombinationen eine Fülle abstrakter, im Extremfall referenzloser Metaphern. Es lässt sich ein Vergleich zur Technik der Fotomontage ziehen; auch hier werden Ausschnitte der Realität neu zusammengesetzt und durch die Vermischung verschiedener Wirklichkeitsbereiche wird ein neues Gesamtbild kreiert. Durch das paradoxe Nebeneinander skizzieren die Liedtexte eine Welt, die unfassbar, durch Vernunft nicht zugänglich und von unversöhnlichen Widersprüchen beherrscht ist. Die scheinbar willkürliche Wort-Kombinatorik kann in manchen Texten ähnlich des absurden Theaters als Verlust echter Kommunikation, als Verdummung und Entmenschlichung durch den Gemeinplatz interpretiert werden: Viviamo in un mondo bombardato in ogni momento segnato dalle comunicazioni. Ma sono comunicazioni che non comunicano, 'lingue di legno' che ripetono aH'infinito frasi consunte, che non 'mettono le cose insieme', che tradiscono la radice della comunicazione come comunione, che separano invece di far incontrare e unire.4 Die Liedtexte der jungen Rockszene weisen keine gegliederte Handlung auf. Ihre Inhalte können als Geschehensrhythmen definiert werden, die oft mit derselben Einsicht oder Ansicht enden, mit der sie beginnen, womit den Texten etwas Statisches, Zirkuläres verliehen wird. Deutlich surrealen Charakter, der mitunter in völligen Nonsens übergeht, weisen die Texte des Debütalbums der Gruppe Scisma auf. Der Einfluss ihres Produzenten Manuel Agnelli ist darin unüberhörbar. Auf die Frage, worüber sie in ihren Liedern sprechen, antworten Scisma: „Deila vita e delle sue sfaccettature. Vi sono anche parecchi riscontri intimi che possono subire interpretazioni diverse. C'e da ammettere, comunque, che ηόη sono molto immediate."5
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Ferrarotti, Franco, Rock, rap e l 'immortalitä dell 'anima, Liguori, Napoli 1996, p. 54. Trambusti, Luca, „Scisma", in: Fuori dalMucchio 275 (1997), p. 35.
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Continuo a perdere pezzi di corpo e di pensiero. nmarginante il bisogno che il falso prevalga sul vero. ho perso gran bei vestiti investo spesso nei bot. e sempre forte il calore che da la disobbedienza. non ho timori perche sto chiudendo tutte le porte rinvigorisce lo spirito imberbe che giuoca alle carte, non ti consiglio Flaubert un po' assomiglio a Marat, e sempre forte il calore che da la disattenzione. la non concentrazione. Talk to me. Saziami non ti interrompere. nel perdurante disegno dell'occhio purificato. beneaugurante riserva del minimo assicurato mangiando petti di pollo indirizzandosi a sud. imbarazzante il potere che da la disattenzione. la pocchissima concentrazione. Talk to me. Saziami non ti interrompere. „PSW" 6 , Scisma
Auch Daniele Silvestri setzt auf seinem letzten Album II dado verstärkt die Montagetechnik ein. „Ready" beispielsweise vermittelt den Eindruck einer Collage völlig unzusammenhängend aneinandergereihter Verszeilen aus verschiedenen italienischen, englischen und französischen Liedtexten. ready well I'm ready for this, boy because I know that every storia finisce e poi chiedi, se vuoi chiedi di me, then I'll be sitting in a car, driving me as far as I can I don't stand your motherfucking plans 'cause moi je n'avais jamais dit que j'etais le roi et toi la reine oh-oh, non ti fidare ci sono troppe correnti nel mare I say oh-oh, non fare cosi man there are just too many waves in the fucking sea „Ready", Daniele Silvestri
Zwei Themenbereiche zeichnen sich als zentrale Motive des nuovo rock ab: Zum einen werden soziale und politische Realitäten in kodierter Form wiedergegeben, verschiedenste Facetten der zum Angriffsziel definierten Wohlstandsgesellschaft karikiert und es wird Kritik an der dominierenden Apathie und Oberflächlichkeit geübt; daraus resultiert die Unmöglichkeit, sich wohlzufuhlen und zurechtzufinden; zum anderen wird das komplexe Innenleben des Individuums, dessen Orientierungslosigkeit und der drohende Verlust des Zeitgefühls thematisiert. Eine relevante Gruppe der nuova scerta rock ist die Mailänder Band Afterhours, die sich 1995 mit Germi, ihrem ersten italienischen Album, und 1997 mit Hai paura del buio? etablieren und deren Leadsänger und Autor Manuel Agnelli auch fiir die Produktionen von Scisma und Cristina Donä verantwortlich zeichnet. Die Mentalität einer Gesellschaft, die den immer gleichen Idealen nacheifert (vgl. die täuschende Ähnlichkeit des Covergirls auf dem CD-Booklet 6
In einem Interview 'entmystifizieren' Scisma den Titel „PSW" als Akronym für „Parole Senza Word".
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Hai paura del buio? mit dem Topmodel Claudia Schiffer), persifliert Agnelli in „Voglio una pelle splendida". Stringimi madre ho molto peccato ma la vita e un suicidio, l'amore un rogo e voglio un pensiero superficiale che renda la pelle splendida Senza un finale che faccia male coi cuori sporchi e le mani lavate a salvarmi vieni a salvarmi salvami bacia il colpevole se dice la veritä Passo le notti nero e cristallo a sceglier le carte che giocherei A maledire certe domande che forse era meglio non farsi mai Ε voglio un pensiero superficiale che renda la pelle splendida a salvarmi vieni a salvarmi salvami bacia il colpevole se dice la veritä Voglio un pensiero superficiale che renda la pelle splendida a salvarmi vieni a salvarmi salvami bacia il colpevole se dice la veritä. „Voglio una pelle splendida", Afterhours
Schon der Titel zitiert quasi den unausgesprochenen Wunsch vieler: Mit diesem Satz imitieren die Afterhours das Verlangen, in der Society eine blendende Figur zu machen. Die Ironie gipfelt in der Kernaussage des Textes „voglio un pensiero superficiale che renda la pelle splendida", sozusagen eine frech pointierte Verbalisierung der Mainstream-Ideologie aus dem Blickwinkel Agnellis und damit die völlige Umkehr der Inhalte der Alternativkultur. Der Verfremdungseffekt durch die Formulierung in der Ich-Form erzielt die Demaskierung lächerlicher Werte. Der Vers „voglio un pensiero superficiale" wird in seiner Paraphrase „maledire certe domande che forse era meglio non farsi mai" konkretisiert und findet in „le mani lavate" eine weitere Bedeutungsäquivalenz. In „le mani lavate" steckt die Redewendung lavarsene le mani, deren Bedeutung Agnelli übernimmt. Die „cuori sporchi" im selben Vers bilden ein Pendant zu „pelle splendida". Die Kombination von „cuori sporchi e mani lavate", in der zum Ausdruck kommt, was Agnelli tatsächlich von der gedankenarmen Strahlegesellschaft hält, steht zusätzlich im Kontrast mit dem Sprichwort Mani fredde, cuore caldo. In der Darstellung Agnellis wird Sein an verborgenen menschlichen Attributen, an Geist und Herz, Schein an äußerlich sichtbaren Komponenten des Körpers, an Haut und Händen, transparent. Die Wirklichkeit stilisiert er weiters mit Hilfe einer biblischen Anspielung: In „bacia il colpevole" stellt er eine kühne Motivverknüpfung zum Verrat Christi her. Das Ich im Text Agnellis zieht Parallelen zur Situation von Christus, es sieht sich heute in einer Außenseiterrolle. Wenn es die Wahrheit sagt, versetzt es die Gesellschaft in Unruhe und macht sich damit 'schuldig'. Das Auseinanderklaffen von Sein und Schein und die Doppelgleisigkeit im Verhalten vieler Personen, vor allem auch der Jugendlichen, kritisieren die Afterhours in „1.9.9.6." und „Sui giovani d'oggi ci scatarro su" (beide Hai paura del buio?). In den letzten Jahren ist die Alternativkultur zu einem Modetrend avanciert, es ist 'in', sich sozial engagiert zu geben und Mann/Frau macht mit, aber letztendlich nicht mit allen Konsequenzen. Besonders unter den Jugendlichen ist es ein 'Muss' geworden, Nachmittage und Nächte in centri sociali zu verbringen; Grunge-Look oder HipHop-Outfit (Kapuzenpullover,
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Baggies, Baseballkappe oder Wollmütze, Turnschuhe Marke Airwalk und unverzichtbar - dunkle Sonnenbrillen) sind voll im Trend. Die optische Imitation gelingt, aber die Affinität mit der ursprünglichen Intention ist zu oft gering; die Summe, die Papa für die Kleidung und alles was dazu gehört auslegt, wenn die Kids markenbewusst zu Fila, Nike & Co. greifen, sicher nicht. Dreadlocks und Segelboot werden für die Afterhours zu einer absurden Kombination. Cambia la permanente in dreadlocks che ti cambia il cuore giocati l'antifibietto in tinta ti fa far l'amore (...) sabato in barca a vela lunedi al leonkavallo L'altemativo e il tuo papä L'altemativo e il tuo papä Sui giovani d'oggi ci scatarro su Afterhours, „Sui giovani d'oggi ci scatarro su", Hai paura del buio? Eine konträre Lebensauffassung provoziert, dass sich die Rockmusikerinnen in der Welt der bertpensanti als Außenseiter fühlen (wollen). In „La fabbrica di plastica" sieht Gianluca Grignani sich als Produkt, das „non esattamente uscito" ist, das „un metro piu in lä / da quel che tu chiami realtä" lebt. In „AE-AU" steigert er dieses Bild und definiert sich in Bezug auf andere als Außerirdischer: a volte sai mi sembra che tutto e normale tranne me come se io dal mondo fossi differente come gli sguardi giü in citta quelli che tagliano a meta occhi vaganti ed io un alieno tra la gente Gianluca Grignani, „AE-AU", Destinazione Paradiso Auch Subsonica, Band aus Turin, die 1997 ihr Debütalbum Subsonica publiziert, betonen in mehreren Titeln, sich der Gesellschaft nicht zugehörig zu fühlen: Vivo da alieno nel mio mondo per necessitä, schermo le idee sotto tempeste d'uniformitä Subsonica, „Non identificato", Subsonica Forse e cosi, io vivo fuori tempo; e vero ciö che sento sotto pelle, e come una costante sensazione di mancata appartenenza Subsonica, „Cose che non ho", Subsonica Stattdessen propagieren die Gruppen - in Opposition zum erfolgreichen Sunnyboy mit dem Siegerlächeln - in ihren Texten die Figur des Antihelden. Perfektion und Makellosigkeit sind für sie nicht um jeden Preis erstrebenswert. scusami scusami se puoi e se non sono esattamente come tu mi vuoi
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uno sbaglio io che non fa χ te io che a mio modo non sono superman Gianluca Grignani, „baby revolution", Campi di popcorn del resto se non fossi come sono sarei potente e coraggioso con zero dubbi e contaggioso e non percorso da rimorsi e vergognoso dei soccorsi avuti giä Estra, „Puoi distruggere", Alterazioni „Correre", Dentro me, der Mailänder Gruppe La Crus 7 hat die Schnellebigkeit unserer Zeit, die in ihrem Fall in der völligen Orientierungslosigkeit und postmodernen Aufhebung des Zeitbegriffs resultiert, zum Thema. Correrecorrere correrecorrere sempre a correrecorrere correrecorrere Piü veloci delle macchine Correrecorrere con la testa che si spacca Sempre a correre correre e non riesci piü a pensare Solo a correrecorrere troppe voci che ti urlano Devi correrecorrere corro e non so dove andare Correrecorrere correrecorrere sempre a correrecorrere correrecorrere Piü veloci delle macchine Correrecorrere perche mi ritrovo sempre e solo a correrecorrere Sempre nello stesso vortice sempre a correrecorrere Con l'angoscia di sbagliare sempre a correrecorrere non so perche devo andare Devi andare piü veloci piü veloci delle macchine devi andare piü veloci... Correrecorrere perche mi ritrovo sempre e ancora a correrecorrere Con la testa che si schiaccia sempre a correrecorrere Senza neanche piü pensare sempre a correrecorrere Ma perche io devo andare? Correrecorrere Piü veloci delle macchine 7
Auf den beiden Alben der Gruppe, La Crus und Dentro me, fusionieren Tradition und Innovation, womit sich ihre Musik als „Rock, canzone d'autore, una spruzzatina di jazz, campionamenti, liriche intense" (Amenta: „Rock italiano", 51) definieren lässt. „L'idea che avevamo era di riprendere lo spirito della canzone d'autore per imbastardirlo con un approccio musicale opposto ο quasi, mutuando un po' lo stile del rap e impiegando in larga misura il campionatore: (...) Ci attrae l'idea di far convivere in simbiosi melodia e rumore, antico e moderno." (La Crus in: Campo, 123). So beinhaltet das mit der Targa Tenco und dem Premio Ciampi ausgezeichnete Album La Crus Coverversionen von Luigi Tencos „Angela" und Piero Ciampis „II vino". Auf der in Kollaboration mit Cristina Donä, Vinicio Capossela, Manuel Agnelli und Cristiano Godano (Marlene Kuntz) aufgenommenen CD Dentro me erscheint eine neue Variante von Paolo Contes „Dragon".
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Correrecorrere dove sono stato ieri? Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre Correre „Correre", La Crus In einer von Kriterien wie Funktionalität, Effektivität und Produktivität beherrschten Welt werden vom Einzelnen immer neue Höchstleistungen verlangt, was La Crus in der Hyperbel „correre piü veloci delle macchine" überzeichnen. Das Gewirr von Daten und Eindrücken, denen man heutzutage pausenlos ausgesetzt ist und die zu ordnen man nicht mehr fähig ist, lassen einen die Orientierung verlieren. Im Text wird deutlich, dass sich das Ich in seiner Situation nicht wohl fühlt, denn nicht der eigene Wille oder die eigene Überzeugung geben ihm Antrieb, sondern die von der Gesellschaft aufoktroyierten Werte und Lebensinhalte. Das Ich fühlt den Zwang, alles richtig machen zu müssen, denn Fehler werden in einer Gesellschaft, in der jeder 'funktionieren' und 'mit der Zeit gehen muss', nicht toleriert. Es kommt zwar zu einem kurzen Moment des Zweifeins und Innehaltens, es fehlt jedoch die Zeit, diese Bedenken zuzulassen. Die Möglichkeit stehenzubleiben gibt es nicht, da man sonst von den anderen überrannt wird und 'auf der Strecke bleibt'. Das ständige Trachten nach Superlativen kulminiert in der völligen Annullierung des Zeitbegriffs („Dove sono stato ieri?"). Die Wahrnehmung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschwimmt und verliert an Relevanz. Zusätzlich wird der Inhalt musikalisch hörbar: Ein schneller kontinuierlicher Rhythmus, herzschlagähnliche Basstöne, bedrohlich-nervöse Trompetengeräusche und atemlos-flüsternde Stimmen erzeugen eine hektische und unbehagliche Atmosphäre. Auch Casino Royale greifen den Zeit-Aspekt auf: Emblematisches Lied des Albums CRX ist „The füture", in dem Casino Royale den immer schneller werdenden Lebensrhythmus thematisieren. Das Bild der unaufhaltsam und rastlos voranschreitenden Zeit gewinnt durch die wiederholte Verwendung des onomatopoetischen Ausdrucks tic-tac sowie dem Einsatz eines gleichmäßigen, dem Sekundentakt ähnlichen Rhythmus an Konkretheit.
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V. „II dado" - Ein Beispiel für eine canzone rock Einer der repräsentativsten Titel des dritten Albums von Daniele Silvestri 8 ist „II dado". „II dado" beschreibt den Moment, in dem im Leben eines Menschen eine wesentliche Entscheidung fallt, mit der er 'alles' verliert, im selben Augenblick darin aber die Chance für einen Neubeginn erkennt. forse sono morto sicuro sono morto oppure sono nato e non mi sono accorto adesso posso cominciare veramente ο meglio, posso non incominciare niente se io non esisto non esiste nulla quindi cerco una panchina che mi pare bella ο un ponte ma e troppo letterario, non mi cerco niente tanto evidentemente non c'e piü mattina non c'e piu sera non c'e piü riposo non c'e piü lavoro non c'e traffico, non c'e denaro non c'e piü una sveglia per andare, sveglia per tornare non ci sono piü catene e non c'e nemmeno l'obbligo di stare bene nessun rumore nessun suono nemmeno il mio respiro giocarsi tutto in un momento un solo lento tiro e intanto gira
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Der 1968 in Rom geborene Daniele Silvestri veröffentlicht 1994 sein erstes Album Daniele Silvestri, „(un) disco ricco di intelligenza e di qualitä di scrittura, un disco che ama mischiare le carte e i generi della canzone, che fa parodia, e che ne dissimula i tratti vestendola a volte di una sorta di cabaret elettronico, lucido e ironico" (Ceri). Ein Jahr später wird Silvestri mit Prima di essere un uomo und der Teilnahme an Sanremo einem größeren Publikum bekannt. Der junge Cantautore präsentiert sich mit einem für das Festival an der ligurischen Küste ungewöhnlichen, aber dramaturgisch originell inszenierten Titel, stößt auf geringes Verständnis der Jury, gewinnt mit „L'uomo col megafono" aber den Premio della Critica. 1997 bringt er mit dem Doppelalbum II dado ein thematisch wie sprachlich anspruchsvolles Album auf den Markt, das sich von den ersten beiden besonders durch metaphorische und zum Teil schwer verständliche - von typischen Elementen des nuovo rock beeinflusste - Texte unterscheidet und dessen Charakteristik in der Offenheit der Lieder liegt. Silvestri bestätigt sich mit diesem Album als reifer, (selbst)ironischer Chronist seiner Generation.
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il dado gira e cambia ancora verso il mio destino in una mano sapendo giä che ho perso ma adesso sono libera adesso sono libera ο forse sono morto (...) e non c'e nemmeno l'obbligo di stare bene nessun rumore nessun suono nemmeno il mio... la fedelta la fedelta te laricordiancora che ambiguitä che falsitä che squallida chimera ladignitä la mia onestä se ciripensoora che ottusitä che senso ha nemmeno tu eri vera scommetterei ancora „II dado", Daniele Silvestri Das Lied zerfallt - inhaltlich wie sprachlich - in zwei Hauptteile: In eine (zweiteilige) Backgroundhandlung und in eine Phase der Reflexion (auf der CD wie im Booklet auch als Intro zu diesem Lied realisiert), in der der Mensch sich seiner neu gewonnenen Freiheit bewusst wird. Die Rahmenerzählung, für die Silvestri wenige konkrete Anhaltspunkte definiert, gibt eine Situation wieder, in der für das Ich eine klare Veränderung bevorsteht und symbolisiert auf Grund ihres allgemeinen Charakters, dass der Mensch an jeder Stelle seines Lebens vor unabwendbaren Veränderungen steht, die er beispielsweise im Tod eines geliebten Menschen, im Verlust des Arbeitsplatzes oder im Scheitern einer Beziehung erfahren muss. Im Bild des Würfels manifestiert sich die Zufälligkeit, aber auch die Schicksalhaftigkeit und Unausweichlichkeit solcher Fügungen. Der Inhalt des zweiten Teils handlungstragenden Charakters, der an ein „du" gerichtet ist und in dem das Ich sich erinnert, im trügerischen Glauben an - nun sarkastisch in Zweifel gestellte - Werte wie la fedeltä gelebt zu haben, lässt die Vermutung zu, dass der Auslöser für die Reflexion der Verlust einer Liebesbeziehung ist. Das Scheitern in dieser Situation führt, wie jeder andere Rückschlag auch, ins Nichts; im zweiten Abschnitt konstatiert das Ich einen absoluten Nullpunkt
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und betrachtet die Wirklichkeit aus seiner momentanen, individuellen Lage. Silvestri nimmt hier ein zentrales Motiv der Existenzphilosophie auf: Im Erleben einer Ausnahmesituation erfährt der Mensch, dass es unmöglich ist, seine Existenz zum gesicherten Gegenstand zu machen und er sieht sich in einer Welt, die ihm absurd, unbegreiflich bzw. nicht existent erscheint. In dieser Phase völliger Orientierungslosigkeit, die das Ich aber gleichzeitig zu verantwortungsvollem Handeln zwingt, sucht es nach Fixpunkten, an die es sich klammern könnte, verwirft jede Möglichkeit jedoch sofort wieder. Diese Ambivalenz, dieses Schwanken zwischen dem Durchspielen verschiedener Varianten und deren Revision gibt Silvestri im antithetischen Aufbau auch sprachlich wieder. Die Leere, die das Ich empfindet, wird besonders in der Distanzierung und Negation allgemein verbindlicher, einengender Normen wie dem Zeitbegriff oder materieller Werte evident. Dieser Erfahrung entwächst nicht Resignation, vielmehr wird der Mensch sich einer Freiheit bewusst, die ihn fur Neues offen macht. Dass das Ich dazu bereit ist, sich auf neue Herausforderungen einzulassen und damit wiederum das Risiko einzugehen, potentieller Verlierer zu sein, drückt sich in der Formulierung des Schlussverses „scommetterei ancora" aus. In „II dado" steckt der Ansatz Sartres, der in betont atheistischer Wendung den Menschen in einer sinnleeren Welt als einen zur Freiheit geradezu verurteilten sieht. Einer Freiheit, der aber auch eine umfassende Verantwortlichkeit für das eigene Tun entspricht: Jeder Mensch muss für sich selbst den Sinn seiner Existenz setzen. Silvestris Text kann in der Tradition der Existenzphilosophie Nietzsches und Kierkegaards gesehen werden, die er gewissermaßen in eine eigene Situation übersetzt. Auch „II dado" kann nicht unmittelbar verstanden werden und lässt wiederum den Spielraum offen, vergleichbare Erlebnisse in den Text zu projizieren. Sprachlich kennzeichnet den Text eine sehr knappe, sentenzenhafte Prägung der Gedanken, deren Verbindung vielfach den Rezipientlnnen überlassen bleibt. Auf syntaktischer Ebene fällt die fehlende Verknüpfung der Phrasen auf, die damit eine auch inhaltliche Loslösung von traditionellen Normen widerspiegelt; die rhetorische Figur des Parallelismus hat beinahe evokatorischen Charakter. Weiteres Spezifikum des gesamten Textes ist die Häufung (negierter) Substantive bzw. negierter Phrasen. Wie schon festgehalten gliedert sich der Text in zwei Hauptabschnitte. Die Rahmenerzählung ist Inhalt vier sechszeiliger (entspricht den sechs Seiten eines Würfels) Teile vergleichbaren Aufbaus, deren Zusammenhalt vor allem in Lautähnlichkeiten, im Besonderen Endreim, Binnenreim, Assonanz und der Menge an Substantiva auf -(i)tä liegt. Im Intro bzw. in dessen identischer Wiederholung fallt die Dominanz des dunklen Vokals „o" auf, dessen Effekt Silvestri einsetzt, um das Existenztief auch lautlich zu symbolisieren.
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Zu keinem dieser beiden Teile gehören die Verse „ma adesso sono libero / adesso sono libero" und der Schlussvers „scommetterei ancora ", die Silvestri im Inlay zusätzlich graphisch hervorhebt. Ihre Sonderposition charakterisiert, dass sie dem Lied die Kernaussage geben: In ihnen stecken sowohl das Bewusstwerden der eigenen Freiheit als auch das Erkennen, dass nur der Mensch lebt und im Leben gewinnen kann, der investiert, verliert und wieder riskiert.
VI. Der Realismus im Liebeslied Rebellion gegen gesellschaftliche Zwänge signalisiert auch die canzone di amore9 der Rockszene: Erotik und Sinnlichkeit beziehungsweise Nüchternheit verdrängen den naiven Sentimentalismus der canzonetta amorosa. Im Liebeslied dominiert eine klare Absage an die Konstruktion idyllischer Traumwelten. Eine neue Art von Realismus, der beispielsweise im Silvestrischen Liebeslied evident wird, erzeugt der Hang zu genauen Ortsschilderungen und minuziösen Zeitangaben10, mit der er eine ironische Brechung der erzählten Bilder erreicht. Im Gegensatz zu stimmungsvollen, aber wenig spezifischen Situationsbeschreibungen vieler canzoni d 'amore (vgl. Beispiel Raf) presst Silvestri 'unbeschreibliche' Gefühle häufig in einen präzisen Rahmen, der keine romantische Atmosphäre aufkommen oder diese kippen lässt.
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Manuel Agnelli, Frontman der Afterhours, betont bei Konzerten, dass ihre Liebeslieder canzoni di amore und nicht canzoni d 'amore sind. Sehr deutlich kommt dieser Aspekt in detaillierten temporären, lokalen, modalen und quantitativen Angaben zum Tragen, bei deren beinahe übertriebener Präzision die Ironie offensichtlich wird (vgl. „Domani mi sposo"). Marzo 3039 come sempre a Londra piove ma con calma e precisione („Marzo 3039", Prima di essere un uomo) ti sarei grato se potessi fare tu per me una piccola faccenda che piü semplice non c't si tratterebbe di recarsi in Via Panelli 103 citofonare interno 4 e appena dicono „chi e" gridare („Banalitä", II dado) Paolo se hai un momento ho qualche dubbio che volevo sottoporti sono solo cinque ο sei domande suddivise in trenta parti non inquietarti („Paolo", Daniele Silvestri)
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Voleremo verso il mare ο andremo ovunque dimrrn dove vuoi senza limiti e confini avremo il mondo tutto per noi Raf, ,,Ιο e te", Manifesto Domani mi sposo ne sono felice si sente dal tono con cui lo si dice una piccola chiesa alle undid e venti hanno deciso ogni cosa i suoi amici e i parenti Daniele Silvestri, „Domani mi sposo", Prima di essere un uomo In „Le cose in comune" lässt Silvestri sich dazu hinreißen, eine Liebesbeziehung numerisch festzuhalten. Er findet 4850 Gemeinsamkeiten, die - auf naiv-ironische Weise betrachtet - zum Glücken dieser Beziehung reichen sollten. Le cose che abbiamo in comune sono 4850 le conto da sempre, da quando mi hai detto „ma dai, pure tu sei degli anni '60?" abbiamo due braccia, due mani, due gambe, due piedi due orecchie ed un solo cervello (...) Le cose che abbiamo in comune sono cosi tante che quasi spaventa entrambi viviamo da piü di vent'anni ed entrambi, comunque, da meno di trenta ci piace mangiare, dormire, viaggiare, ballare sorridere e fare l'amore lo vedi, son tante le cose in comune che a fame un elenco ci vogliono almeno tre ore... ma... „Le cose in comune", Prima di essere un uomo Silvestri verzichtet in „Le cose in comune" auf Symbole, Chiffren und Metaphern und verwendet eine einfache, durchsichtige Sprache. Das Lied hält enumerativ sinnlich erfassbare Details fest und ist auf Grund des Gegenwartsbezugs und der Schilderung alltäglicher Erfahrungen eine unmittelbare Reflexion der neunziger Jahre. Den Ansatz des Realismus Silvestris steigern L a Crus in „Inventario" zu einem visuellen Realismus, der einer fotografischen Momentaufnahme ähnelt und an die Lyrik der Neuen Subjektivität erinnert. Tre chiodi due chiavi una stanza Lo stereo che manda Jacques Brei Camicie e rose appassite Un quadro di Giacomo Spazio Del vino e un romanzo di Beckett
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Le mie quattro arminiuche a bocca Ε un libro sui fioro di Bach Un vecchio biglietto dell'elfo I neri stivali di sempre due foto Una sveglia ed un letto Ε in mezzo io che penso a te Tre chiodi due chiavi una stanza Lo stereo che manda Jacques Brei Camicie e rose appassite I neri stivali di sempre due tazze La Crus, „Inventario", Dentro Me
Das kommentarlose Registrieren von Einzelheiten in diesem Raum scheint auf den ersten Blick objektiv, beinahe gefühllos zu sein. Die infiltrierte Subjektivität wird aber schon durch die Ich-Form und besonders durch die Darstellung eines Ausschnitts der Wirklichkeit dieses Ichs deutlich. Die in assoziativer Aneinanderfiigung genannten Gegenstände sind nicht exorbitant, jedoch autobiografisch bedeutsam. Nicht das Mobiliar dieses Zimmers ist wichtig; die Aufmerksamkeit fällt auf Details, an denen intensive Erinnerungen hängen, die bestimmte (kulturelle) Interessen verdeutlichen oder das Ich in gewisser Weise identifizieren. Inmitten dieser persönlichen, ohne Steigerung aufgezählten Dinge und der kreierten, harmonischen Atmosphäre empfindet sich das Ich beinahe als Objekt, was gleichzeitig den Eindruck erweckt, dass auch alle Gegenstände an das „tu" denken. Die unpoetische und anspruchslose Alltagssprache unterstützt die Authentizität und Glaubwürdigkeit des Erlebnisses.
VII. Sprachliche Merkmale Am Beispiel „Marlene Kuntz" der Gruppe Marlene Kuntz sollen einige sprachliche Besonderheiten und extravagante Tendenzen der nuova scena rock expliziert werden: Ohh, al cranio, carino, fai attcnzione al cranio che sparo, cretino, un capogiro e allora, attento, a questa spazzatura Rockrockrock sulla tua crapa dura M.K. O.K. M.K. O.K. Lascia che ti vomiti un onda di parole Ma-ma-marlene e la migliore! Piegati a novanta, io monto la tendenza fammi entrare nell'intellighentija
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Hey critichino Hey critichino Μ Κ O.K. M.K. O.K. Marlene Kuntz, „Marlene Kuntz", Catartica Abgesehen vom Inhalt sind die Texte der Rockbands auch sprachlich in hohem Maße unkonventionell. Es kommt zu einer weitgehenden Auflösung der Strophen-, Reim- und Versform und zu einer Verknappung der Syntax. Im obigen Exempel sind aus linguistischer Sicht vor allem der verstärkte Einsatz klangähnlicher Wörter und die Alliteration des Konsonanten [k] auffallig. Die Vielzahl an Plosiven (im Besonderen 'c' und 'k'), die tendenziell kurzen Wörter, die mehrfache Wiederholung einzelner Silben bzw. Wörter oder Abkürzungen, aber auch das lautlich verfremdete Lexem intellighentija verleihen dem Text eine harte und aggressive Konnotation, die durch den Einsatz eines aggressiven Vokabulars untermauert wird. Typisch für den nuovo rock ist zudem der Gebrauch von Imperativformen und kolloquialen Elementen. Auch zeichnet sich in diesem Text die Tendenz ab, den Inhalt graphisch - in diesem Fall durch Großbuchstaben zu akzentuieren. Diese Technik wird in Texten anderer Gruppen so weit gesteigert, dass sie den Charakter von konkreter Poesie annehmen. In anderen Liedtexten fällt das Wechselspiel der Verwendung einer direkten, vulgären Terminologie und surrealer, manchmal kaum auflösbarer Metaphern auf: Succhiandomi il cazzo svanisce IIrisvegliodal sogno forse uccide Mai tradisce (...) Scopami fra Fiori urlanti Strategie Insetti malvagi Da scacciare e maledire So che lo sai Gabbie di Strategie Afterhours, „Strategie", Germi miele, vola il segreto / a conficarsi in carne d'amore / miele, stanotte brucio / ti hanno imbrogliatosi, spesso umilitato ucciso / my dear (...) Estra, „Miele", Alterazioni Das folgende Textbeispiel von Estra zeigt den Gebrauch brutaler Sprache, der sowohl im sexuellen Bereich als auch bei der scharfen Anklage des Feindbilds Wohlstandsgesellschaft charakteristisch ist und mit den Normen des galateo linguistico bricht. Kennzeichnend ist die Dominanz bestimmter Bildbereiche wie etwa des Ekels bzw. Widerwillens (sangue, vomitare, spiitare, scatarrare,
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Petra Burgstaller
cagare), der Zerstörung (distruggere, esplodere, bruciare, sparare), der körperlichen Gewalt oder Blasphemie. Dammi un'arma, Signore, voglio udire gli spari (...) lo voglio fare fuoco su di te, juoco su di te Sarebbe bello vedere i tuoi contorni svanire sul rogo delle mie brame Sarebbe bello godere di questo rito incivile con tanta gioia sacrale Noi stiamo per generare Γ idea di vomitare sui vostri piatti migliori e stiamo per eliminare chi non si sporca le mani Marlene Kuntz, „Fuoco su di te", Catartica Weniger extrem sind in sprachlicher Hinsicht jene Rock-Cantautori/-trici, die in ihren Texten verschiedenste Wortspiele einsetzen und intertextuelle Bezüge herstellen. Die Texte sind überaus dicht, komplex, poetisch, auch wenn sich ihr Anspielungspotential nicht mehr aus der bürgerlichen Hochkultur, sondern aus einer stark mediatisierten jugendlichen Subkultur nährt.
Diskographie Afterhours
Germi 1995 Hai paura del buio? 1997
Casino Royale
Dainamaita 1993 Sempre piü vicini 1995 CRX1997
Carmen Consoli
dueparole 1996 Confotsa e felice 1997
C.S.I.
Linea gotica 1996 Tabula rasa elettrificata 1997
Cristina Donä
Tregua 1997
Estra
Metamorfosi 1996 Alterazioni 1997
Gianluca Grignani
Destinazione Paradiso 1995
La fabbrica di plastica 1996 Campi di popcorn 1998 Marlene Kuntz
Catartica 1994
II vile 1996
La nuova canzone d'autore Ligabue
Buon compleanno Elvis 1995 Su e giü sul palco (Compilation) 1997
Litfiba
Viva Litfiba 1997 Mondi sommersi 1997
La Crus
La Cms 1995 Dentrome 1997
Paolo Martella
Dove mi haiportato
Scisma
Rosemary Plexiglas 1997
Daniele Silvestri
Daniele Silvestri 1994 Prima di essere un uomo 1995 II dado 1997
Subsonica
Subsonica 1997
Tiromancino
Rosaspinto
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1997
1997
Bibliographie (Auswahl) Accademia degli Scrausi: Versi rock. La lingua delta canzone italiana negli anni'80 e '90, Rizzoli, Milano 1996. Amenta, Daniela: „Rock italiano", in: Mucchio Selvaggio 217 (1996), p. 50-51. Ballestra, Silvia: Compleanno dell' iguana, Mondadori, Milano 1991. Ballestra, Silvia: La guerra degli Antd, Mondadori, Milano 1992. Branzaglia, Carlo / Pacoda, Pierfrancesco/Solaro, Alba: Posse italiane. Centri sociali, underground musicale e cultura giovanile degli anni '90 in Italia, Tosca, Firenze 1992. Brizzi, Enrico: Jack Frusciante e uscito dal gruppo, Mondadori, Milano 1996. Campo, Alberto: Nuovo? Rock?! Italiano!, Giunti, Firenze 1995. Ferrarotti, Franco: Rock, rap e Cimmortalita dell'anima, Liguori, Napoli 1996. Gatti, Walter: „Nuovo rock, barraal Centro", in: Panorama 1485 (1994), p. 154-156. Perugini, Diego/Solaro, Alba: „Cantautorando a suon di rap", in: L 'Unita (13.1.1995). Rinaldini, Florinda: Resistenze Musicali. II microcosmo underground bolognese, FrancoAngeli, Milano 1997. Trambusti, Luca: „Scisma". in: Fuori dal Mucchio 275 (1997), p. 35.
Iris Nagl
„Potere alia parola"1 Eine textorientierte Betrachtung des rap italiano
Einleitung Die Zeiten, in denen italienischer Rap gleichbedeutend war mit Jovanotti und mit seinen Slogans wie: „E qui la festa?" oder „Un due tre casino" sind längst Vergangenheit. Die eher rudimentären Ursprünge haben einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht, und während sich Veteran Lorenzo2 zunehmend vom Rap distanziert, wächst eine junge Szene heran, die sich lebhafter und facettenreicher denn je gestaltet. Auch auf dem offiziellen Musikmarkt haben sich die Gruppen längst etabliert und sind fixer Bestandteil der italienischen Charts. Die Wahl des Rapsongs „Quelli che benpensano" von Frankie Hi Nrg beim Premio Italiano de IIa Musica {PIM) zur canzone dell'anno 1998 ist nur eines zahlreicher Beispiele, das die prosperierende Tendenz des Genres bestätigt und Kritiker, die den Rap bereits vor Jahren fur überholt und damit fur tot erklärten, definitiv in Argumentationsnot versetzt. Es ist nicht übertrieben, von einer kleinen Revolution auf dem Musiksektor zu sprechen. Rap italiano steht nicht mehr für einen bloßen Trend, sondern für eine neue Ära, die der nationalen Musik ein weiteres, völlig neuartiges Gesicht verleiht: „Del tutto distrutto il vecchio concetto di gruppo / per creare una realta di maggiore impatto" (Otierre in: „La nuova realtä", Quel sapore particolare).
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Der aussagekräftige Song „Potere alla parola" findet sich auf dem 1993 veröffentlichten Debütalbum Verba Manent des Rappers Frankie Hi NRG und ist gleichzeitig der Titel der von Pierfrancesco Pacoda verfaßten Anthologie über den rap italiano. Lorenzo Cherubini, alias Jovanotti, schlägt von Beginn an einen sehr individuellen Weg ein und erlebt - atypisch für die Rapszene - eine beachtliche Entwicklung vom oberflächlichen, kommerziellen zum politisch und sozial engagierten Rapper. Auch wenn auf seinen beiden letzten CDs Lorenzo 1997 - L 'Albero und Lorenzo 1999 - Capo Horn eine grundlegende Metamorphose Jovanottis deutlich wird, in denen er sowohl aus musikalischer als auch inhaltlicher Sicht die Eindrücke seiner zahlreichen Reisen verarbeitet und nichts mehr vom Bild des archetypischen „Ragazzo fortunato" übrig ist, dem nie langweilig wird („Non m'annoio"), weil er sich die Nächte um die Ohren schlägt, („Gente della notte", „Ciao mamma, guarda come mi diverto"), darf fur ein vollständiges Bild der italienischen Rapszene sein Name nicht fehlen.
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Die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem vergleichsweise jungen Phänomens beschränkt sich bis dato auf sozio-kulturelle und linguistische Studien.3 Der folgende Beitrag setzt sich nach einem kurzen Überblick über die Entstehung des rap italiano und seinen heterogenen Ausprägungen vor allem mit literaturwissenschaftlichen und textorientierten Aspekten auseinander. Anhand der Texte der Posse, den Rappern der ersten Stunde, sollen deren Ideologie und einige ihrer inhaltlichen Themenschwerpunkte rekonstruiert werden.
I. „La nuova realtä" - Entstehung und Entwicklung des rap italiano Die in den siebziger Jahren in den USA als Jugend- und Subkultur aufkommende HipHop-Bewegung 4 erlebt seit Mitte der achtziger Jahre internationale Verbreitung und im Sog des amerikanischen Rap 5 übernimmt eine junge, turbulente Szene in Europa diese Lebensphilosophie. Das amerikanische Beispiel hat unübersehbaren Vorbildcharakter und wird zur Voraussetzung des Entstehens und der Entwicklung nationaler Raps. Eine erste Welle von Rappern beschränkt sich auf die Nachahmung der existierenden Originalmodelle. Die puren Imitationsversuche der amerikanischen Idole bleiben jedoch ohne Resonanz, da sie kein glaubhaftes Konzept vermitteln können und den Bedürfnissen der europäischen Jugendlichen nicht gerecht werden. Seit Beginn der neunziger Jahre gewinnen die Produktionen englischer, französischer, deutscher, italienischer, holländischer und skandinavischer Gruppen an Eigenständigkeit und entwickeln individuelle Stile. Eine Vorreiterrolle in Europa übernimmt der französische Rapper Fab-5-Freddy, in Deutschland tragen vor allem die Fantastischen Vier dazu bei, eine eigenständige deutschsprachige Rapszene zu etablieren. In Italien taucht seit 1990 eine beinahe unüberschaubare Zahl von Gruppen auf, der es gelingt, sich ihren fixen Platz in der Undergroundszene zu verschaffen und die in den letzten Jahren an Terrain im offiziellen Musikbusiness gewinnt. Klarerweise bestätigen auch die italienischen Rapper den Einfluß der
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Mit dem Umfeld und den Entstehungsbedingungen der Subkultur Rap setzen sich Branzaglia/Pacoda/Solaro 1992 auseinander, Ferrarotti 1996 definiert soziologische Hintergründe und Pacoda 1996 gibt eine Zusammenfassung der wichtigsten Kriterien des rap italiano sowie Kurzbiographien der bedeutendsten Rapformationen. In linguistischer Hinsicht siehe die Accademia degli scrausi 1996 und in diesem Band die ausfuhrliche Studie von Arno Scholz. Zum Thema HipHop siehe vertiefend Toop 1994 und Rose 1994. Rap basiert auf der Technik des Sampling, d.h. dem Gebrauch ausgewählter Passagen bereits aufgenommener Musik und deren Mischimg mit anderen Elementen, um daraus neue Kompositionen zu gewinnen. Auf dieser musikalischen Basis, individuell gestaltet durch das Scratching der DJs, improvisiert der Rapper seine Performance.
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amerikanischen HipHop-Szene. Frankie Hi Nrg, einer der Protagonisten des rap italiano, attestiert die enge Verbindung zum amerikanischen Original, betont aber auch die Notwendigkeit einer eigenen, nationalen Identität: Sono cresciuto a forza di Africa Bambaataa, poi mi sono awicinato al punk... [...] Chi fa il rap e del tutto autodidatta. Dieci anni fa ascoltavo Grandmaster Flash, rappavo in inglese. Poi ho capito che sbagliavo, che bisognava parlare di problemi, di cose vere. Ho cominciato a fare un pezzo sulla mafia, come una specie di speaker, seguendo la teoria dell'edutainment di Krs-One, cioe l'educazione attraverso 1' intrattenimento.6 Im Gegensatz zu den USA spielt die Hautfarbe im europäischen Rap keine Rolle, die HipHop-Kultur entsteht aber auch in Europa wiederum in den ärmsten Zonen großer Städte wie den banlieues von Paris oder Marseille und den centri sociali Italiens. 7 Die bis Ende der achtziger Jahre in den centri sociali dominierende PunkKultur, die gegen das starre, einengende Gesellschaftssystem rebelliert und deren Ideologie sich vor allem in ihrem extremen und provokanten Äußeren, aber auch in ihrer radikalen Musik und dem Slogan „non c'e futuro" widerspiegelt, wird von der HipHop-Kultur abgelöst. Für den Rap, als neue und hinreichend subversive Musik, die ohne großen Aufwand und musikalische Vorbelastung herzustellen ist, werden die centri sociali zum geeigneten Habitat. Im Gegensatz zur apokalyptischen Weltanschauung der Punks, aber ähnlich der Funktion des Rap der Afroamerikaner, rückt der Aspekt der Kommunikation in den Vordergrund. Die Rapper betonen immer wieder die fundamentale Position, die die Kommunikation in ihrer Musik einnimmt: „Ci siamo dedicato all'hip hop perche eravamo attratti dalla sua grossa potenzialitä comunicativa" 8 erklären die 99 Posse, eine militante Rapformation aus Neapel, die Gruppe Bisca expliziert die Absicht ihrer Musik als: „...comunicare con tutti, dapperttutto, con una musica alternativa italiana, popolare" 9 und Frankie Hi Nrg umschreibt in „Omaggio, Tributo, Riconoscimento" (Verba Manent) Rap als „musica che comunica e invita a pensare". Das Aufkommen der HipHop-Kultur bedeutet somit nicht nur die Manifestation einer stilistischen Neuheit, sondern auch die Chance, eine neue Kommunikationsform zu entwickeln, die eine in den achtziger Jahren entstandene und oft 6 7
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Zitiert nach Curi 1994, S. 92. Seit Mitte der 70er Jahre entstehen in ganz Italien sogenannte centri sociali occupati autogestiti: leerstehende, baufällige Gebäude, die besetzt und in Orte verwandelt werden, in denen eine controcultura gelebt wird. Begriffe wie controinformazione, antagonismo und autogestione werden bald zu Schlüsselwörtern der centri sociali. Zur Vertiefung siehe Branzaglia e.a. 1992. Zit. nach Ronzani 1995, S. 124. Zit. nach Gatti 1994, S. 155.
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diskutierte Leere im Musiksektor füllen kann, was auch die neapolitanische Gruppe Almamegretta in einem Interview hervorhebt: „Le posse 10 hanno abbattuto il muro degli anni Ottanta, il muro della non comunicazione eretto dal craxismo e dallo yuppismo."11 Die vorrangige Stellung der Botschaft im Rap erfordert die Verwendung einer klaren Sprache. Frankie Hi Nrg verdeutlicht dieses Kriterium: „II rap, ripeto, e pura informazione, e quindi tutti devono essere in grado di poterlo recepire" 12 und auch Jovanotti betont in „Attaccami la spina" (Lorenzo 1994) die Einfachheit seines Textes: „questa non vuole essere una forma di poesia / ma e rap semplicemente senza pretese / un suono e una parola che arriva palese". Als Undergroundmusik bedient sich der Rap des dort gesprochenen Jargons, der durch Unmittelbarkeit, Kolloquialität und eine vergleichsweise hohe Frequenz an Schimpfwörtern und vulgären Ausdrücken gekennzeichnet ist. Für viele Rapper reichen diese Mittel jedoch nicht aus, um ihre „Geschichten" wirklichkeitsnah erzählen und Gefühle und Gemütszustände direkt an ihr Publikum weitergeben zu können. Deshalb greifen sie auf die mündliche Tradition ihrer Vorfahren, den Dialekt ihrer Region, zurück. Für Bisca 99 Posse erwächst die Verwendung des Dialekts als logische Konsequenz aus dem Bedürfnis nach Direktheit und Originalität: Alia fine scrivere i pezzi mi viene assolutamente naturale, scrivo come parlo per un fatto di realismo; sul palco mi piace essere esattamente quello che sono, non creare nessun momento di recitazione. Dal nostro punto di vista e anche un fatto politico, perche portare la propria cultura, il proprio modo di esprimersi, senza alcuna mediazione sopra un palco e un modo per affermare nei fatti il discorso di convivenza delle culture che noi portiamo avanti in politica; non basta dirlo, cioe, che siamo per la societä multirazziale e multiculturale: va fatto. 13
Trotz der wesentlichen Rolle, welche die kommunikative Unmittelbarkeit in der HipHop-Musik einnimmt, beweisen viele Rapper mit dem von ihnen virtuos praktizierten Umgang mit der Sprache großes Sprachbewußtsein und enorme Wortgewandtheit. Literarische Techniken und rhetorische Figuren werden in ihren Texten vielfältig eingesetzt. Im Forte Prenestino, der römischen Kultstätte des italienischen HipHop, nehmen die Onda Rossa Posse 1990 ihr miliantes Minialbum Batti il tuo tempo auf, das einen Prozeß der Veränderung der italienischen Musikszene provoziert, und mit dem der Beginn des rap italiano zu datieren ist. Eine ähnliche Vorreiterrolle 10
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„Posse" ist ein jamaikanischer Slangausdruck für „Gruppe" und steht heute zusätzlich für deren Musik. Zit. nach Campo 1995. S. 94. Zit. nach Pacoda 1996, S. 32. Zit. nach Accademia degli Scrausi 1996, S. 359-360.
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übernehmen die Isola Posse All Stars aus dem mitten in Bologna gelegenen Isola nel Kantiere mit Stop al panico. Durch diese beiden Veröffentlichungen nehmen die centri sociali allmählich Abstand von der fur sie einst so wichtigen Selbstisolation und verwandeln sich in öffentliche Plätze, in experimentelle Musikwerkstätten, in denen Konzerte und andere Liveevents und Happenings organisiert werden. Von den beiden Ersterscheinungen und den jam-sessions, den Kultabenden in den centri sociali, inspiriert, nimmt innerhalb kürzester Zeit auch eine Vielzahl anderer Gruppen Alben auf, die sie in den dürftig ausgestatteten Studios der centri sociali selbst produzieren. Der Anspruch der Posse auf Eigenproduktion basiert auf dem Bedürfnis, unabhängig vom Umfeld der offiziellen Produktion zu bleiben, keine Kompromisse mit internationalen Plattenmagnaten eingehen zu müssen und einer Kommerzialisierung ihrer Musik bewußt entgegenzusteuern. Das Thematisieren der Eigenproduktion in den Texten der Posse, wie zum Beispiel im Song „I Nuovi Briganti" der Nuovi Briganti, attestiert ihre wesentliche Bedeutung. poeti della strada questo e quello che noi siamo / assieme ad altre posse sempre uniti noi lottiamo / contro questo sistema che ogni giorno noi fottiamo / liberiamo spazi praticando occupazioni / siamo indipendenti per le nostre autogestioni / e facciamo rnusica con le autoproduzioni / questo nuovo stile ci fa uscire dal ghetto / che per noi fratello e diventato troppo stretto / ora il messaggio arriva ancora piü diretto14 Das Bestreben nach größtmöglicher Eigenständigkeit bei gleichzeitig professionelleren technischen Möglichkeiten fuhrt Anfang der neunziger Jahre zur Gründung unabhängiger Plattenfirmen, sogenannten indies, wie z.B. Vox Pop in Mailand, Irma in Bologna, X Records in Rom oder Flying Records in Neapel. Die Garantie technisch perfekter Produktionen und eines besseren Managements veranlaßt einige unabhängige Plattenfirmen jedoch in der Folge dazu, Verträge mit multinationalen Konzernen abzuschließen. Die Rolle der Eigenproduktion ist bis heute ein sehr umstrittener Aspekt innerhalb der alternativen Musikszene Italiens. Für viele Gruppen, die sich für die Durchsetzung eines festgelegten Preises (prezzo imposto)15 einsetzen, ist jegliche Abhängigkeit der alternativen Musik von institutionalisierten, marktfuhrenden Agenturen ein Verrat an ihrer Ideologie. Auch in jüngster Zeit werden neue unabhängige Plattenfirmen gegründet, die in erster Linie junge Rap- und Rockgruppen unter Vertrag nehmen, wie z.B. Novenove der 99 Posse, Mescal, Compagnia Nuove Indie oder das Consorzio Produttori Indipendenti (C.P.I.), derzeit Italiens erfolgreichste unabhängige
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Zit. nach Accademia degli Scrausi 1996, S. 296-297. Auf ihren CDs findet sich häufig die Aufschrift „non pagarmi piü di L. ..." oder „Prezzo consigliato L. ...".
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Plattenfirma, begründet von Giovanni Lindo Ferretti, selbst Frontman der Gruppe Consorzio Suonatori Indipendenti (C.S.I.).
II. „Poeti della strada" - Charakteristika der italienischen Rapszene Ist es bereits bei den stark an die centri sociali gebundenen Gruppen aufgrund ihrer sehr individuellen Entstehungsgeschichten schwierig, von einer homogenen Szene zu sprechen, so ist dies - betrachtet man den Status quo der italienischen HipHop-Bewegung - unmöglich geworden, da die Rapper sehr unterschiedliche Realisationsformen und Themenschwerpunkte wählen. Das breite Panorama und die verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten des rap italiano sollen anhand der Profile zweier repräsentativer und sowohl stilistisch als auch ideologisch sehr unterschiedlicher Protagonisten, der militanten Rapformation 99 Posse und der kommerziellen Rapgruppe Articolo 31, kurz skizziert werden. Die seit 1991 bestehende Rapformation 99 Posse ist der „musikalische Arm" des OfEcina 99, jenem - zur Musikwerkstätte umfunktionierten - centro sociale Neapels, mit dem die Gruppe untrennbar verbunden ist. Nach dem Boom der Posse zu Beginn der neunziger Jahre sind die 99 Posse heute die einzige namhafte Rapgruppe Italiens, die Musik und Politik auf so explizite Weise verbindet. Trotz Platinauszeichnung für ihr bislang letztes Album Corto Circuito (1998) bleiben sie ihrer Einstellung treu und nach wie vor stehen die harten und kompromißlosen Botschaften ihrer Texte im Vordergrund. In „Lettera al presidente" z.B. greifen sie Oscar Luigi Scalfaro an („Maledetto il tuo dio, chi cazzo te l'ha ritto / che 'o stabbilisce tu chi fosse stuorto e chi dritto? / Presidente, e chiaro il concetto ce siente?"), „Pagherete caro" ist eine Abrechnung mit Umberto Bossi („e Umberto e nu pagliaccio"). Als Motiv für ihre Initiativen betonen die 99 Posse: „... per noi suonare vuol dire assumere una posizione politica"16; ihr Rap ist radikal und politisch extrem, die von ihnen verwendete Sprache oft vulgär und aggressiv, wie z.B. ihre Meinungsäußerung über Italiens Neofaschisten in „Odio" (Curre curre guaglio). „e tu questo lo sai bene e ti fa incazzare / vuoto come un cesso non ti sai organizzare / vigliacco depresso ed incominci a picchiare / dite rivoluzione fottutissimi vermi / ma siete solo servi dei servi dei servi". In mehreren Texten erklären sie eindeutig ihre Nähe zur Autonomiebewegung und sprechen sich darüberhinaus für militanten Antifaschismus aus („c'e una sola violenza che posso accettare / lotta di classe contro potere / Violenza dettata da necessitä", „Rigurgito antifascista", Curre curre guaglio). Aufgrund ihrer kompromißlosen Position und der Akzeptanz politisch motivierter Gewalt stoßen die 99 Posse nicht nur innerhalb der Rapszene teilweise auf Unverständnis, sondern werden auch 16
Zit. nach Amenta 1994, S. 41.
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immer wieder in Gesetzeskonflikte verwickelt. In „Curre curre guagliö" zitieren sie die Auslöser für ihre Polemik17: forse un tossico che muore proprio sotto al tuo balcone forse un inaspettato aumento d'pesone forse nu licenziamento in tronco d " o padrone forse na risata 'nfaccia 'e nu carabbiniere non so bene non so dire come nasca quel calore certamente so che brucia so che arde so che freme e trasforma la tua vita no tu non lo puoi spiegare una sorte di apparente illogicita ti fa vivere la cosa giusta te l'ha detto quel calore che ti brucia in petto e odio mosso da amore
Unter dem von der amerikanischen Rapbewegung übernommenen Slogan „Senza giustizia nessuna pace" engagieren sie sich für verschiedenste kulturelle und politische Initiativen wie die Kampagne zur Senkung der Preise von CDs und Konzerten, die Gründung eines selbst verwalteten Managements {Tempo zero) und einer eigenen Plattenfirma (Novenove) oder die Realisierung zweier Compilations zugunsten des Kampfes der Chiapas in Mexiko bzw. der Palästinenser in Israel. Ihre Solidarität für freiheitskämpferische Organisationen bekunden sie unter anderem in „Pagherete caro" (Corto circuito). „I miei fratelli baschi, irlandesi / curdi, palestinesi / autonomen, autonomisti nelle terre del Chapas / no mäs / si faranno ammazzare, ma domare no, mai / chi ruba in terra altrui cerca guai". Tendenziell hat der militante Rap - und somit seine Kraft als alternatives Protestmittel - im Laufe der Jahre an Bedeutung verloren und heute wählen viele der „Veteranen" des rap italiano einen gemäßigteren Weg, um ihre Musik fur ein breiteres Publikum zugänglich zu machen, ohne dabei auf die Botschaft in ihren Liedern zu verzichten. Wichtige Vertreter dieser Richtung sind die heute zu den erfolgreichsten Rappern zählenden Neffa, dessen Weg von den centri sociali bis an die Spitze der Hitparaden fuhrt, und Frankie Hi Nrg, rapper impegnato ohne Wurzeln in der italienischen Undergroundszene. In einem Interview mit Mucchio Selvaggio bezeichnet Neffa seinen Musikstil als rap commerciabile, der für ihn zwischen rap commerciale und rap non commer-
„Curre curre guagliö", im gleichnamigen Album erschienen, schreiben die 99 Posse für den Soundtrack zu Sud, einem Film des italienischen Regisseurs Gabriele Salvadores, in dem Korruption, Polizeimethoden, Sensationsgier und Manipulation durch die Medien angeprangert werden - Themen, die auch für die Posse im Zentrum des Interesses stehen. Größere Bekanntheit und offizielle Anerkennung erhalten die 99 Posse durch die Auszeichnung von „Curre curre guagliö" als miglior canzone dialettale beim Club Tenco 1994.
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ciale steht, womit er seine Position zwischen italienischem HipHop-Mainstream und der einzelkämpferischen Undergroundszene definiert. [...] i Messaggeri della Dopa cercano di fare del rap commerciabile: o w e r o di diffondere il loro modo di pensare e combattere la banalitä di certa musica italiana, ma anche di vendere il loro prodotto. 18
Seit einigen Jahren zeichnet sich deutlich die Tendenz einer Kommerzialisierung des Rap ab, was sich notwendigerweise auch auf dessen stilistische Richtung auswirkt. Die neue Generation der Rezipienten kann sich - wohl auch aufgrund der endgültigen Politikverdrossenheit italienischer Jugendlicher - nicht mehr mit der militanten Posse-Ideologie identifizieren. Politisches und soziales Engagement in den Texten nehmen ab, was unweigerlich einen Verlust an Italianitä der Inhalte zur Folge hat. Für kommerzielle Rapper wie z.B. Articolo 31 oder auch Sottotono sind Originalität und Witz wichtiger als herbe Sozialkritik. In ihren Texten dominieren banale Alltagssituationen der modernen Konsum- und Multimediawelt und die Alltagsrealität italienischer Jugendlicher. Die Mailänder J.Ax und DJ Jad, alias Articolo 31, die in ihren Liedern solide HipHop-Rhythmen mit Melodien der leichten Unterhaltungsmusik mischen und damit vor allem ein sehr junges Publikum begeistern, bezeichnen ihre Art des Rap als spaghetti funk („intrattengo i fans con lo spaghetti funk"; „Un urlo"; Cost com'e). Der Name Articolo 31 geht auf den Artikel der irischen Verfassung zurück, der das Recht auf Meinungsfreiheit garantiert, ein Recht, das die beiden Rapper in ihren Liedern für sich beanspruchen („chiaro forte chiaro e mi esprimo, se per me sei stronzo stronzo ti dico, rifiuta i mezzi termini, combatti chi ti oscura, grida la tua rabbia e fotti la censura", „Fotti la censura", Strade di cittä). Articolo 31 gehören zu den sprachverspieltesten Rappern der italienischen Szene. Kennzeichen ihres unverwechselbaren Stils ist eine originelle Collage aus Elementen des Jugendslang, Tabuausdrücken (ein großer Teil des lingtiaggio giovanile deckt sich mit dem im Italienischen reichhaltigen Wortschatz vulgärer Ausdrücke und Schimpfwörter)19, fremdsprachiger Termini (deren Orthogra-
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Neffa zit. nach Trambusti 1996, S. 8. Neffa e i messageri della Dopa ist der Titel seines ersten Soloalbums, auf dem eine Reihe bekannter Musikerkollegen mitwirken. Der sehr umstrittene Titel und nicht zuletzt das Cover der CD, das Neffa beim Rauchen eines Joint zeigt, wurden auch als Aufruf zur Legalisierung von Drogen gedeutet. Einige Beispiele (kursive Hervorhebungen hier und im Folgenden von mir): „mi pago i debiti e vajfanculo vado via da qua, Vito dove cazzo sta pagami sta birra. Prendi la macchina che voglio andare a fighe, cazzo c'ha voglia ... Principessa di sto cazzo dove vai?" aus „Fatti un giro", Cost com 'έ.
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phie oft der italienischen Aussprache angepaßt wird) 20 und Neologismen21. Für ihre vergleichenden Metaphern, die vom Satirischen bis zum Surrealen reichen, ziehen sie häufig die Namen von Stars aus Musik- und Showbusiness, Politik22, etc. oder Produkten und Markenwaren23 heran. Ihr Spiel mit der Sprache mag als Beispiel stellvertretend für die typischsten Merkmale des rap commerciale stehen. Die unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der Ideologie des Rap fuhren zu einem gespannten Verhältnis zwischen den Posse und kommerzielleren Formationen und spalten die Szene intern in zwei Lager. Bereits zu Beginn der neunziger Jahre kommt es zu ersten Konfrontationen, indem Papa Ricky, Mitbegründer des Isola nel Kantiere in Bologna und einer der Protagonisten der Isola Posse All Stars, Frankie Hi Nrg vorwirft, mit „Fight the faida" einen musikalisch zu kommerziellen Weg eingeschlagen zu haben und mit dem Vertrag beim Plattengiganten BMG gegen die Ideologie der Rapper zu agieren. Frankie Hi Nrg verteidigt sich gegen diese Angriffe und betont, daß fur ihn eindeutig die Botschaft im Vordergrund stehe. Die Tatsache, daß er mit „Fight the faida" zum ersten Mal ein breiteres Publikum für den italienischen Rap sensibilisiert, steht seiner Ansicht nach keinesfalls im Widerspruch mit der HipHop-Ideologie, vielmehr sieht er es als eine wichtige Aufgabe der Rapper an, ihre Botschaften über die centri sociali hinaus bekannt zu machen. Ciö che conta nel rap [...] e il contenuto ed il messaggio, al di lä di rivalitä e gelosie. Io non credo che chi abbia qualcosa da dire debba necessariamente rivolgersi a chi frequenta un centro sociale ο una casa occupata. Non esiste, almeno per ciö che mi riguarda, un pubblico privilegiato, anzi, compito del rap e proprio quello di arrivare innanzitutto a chi va in discoteca, gente che sino ad ora non aveva mai pensato fosse possibile ballare accompagnati da testi come quelli di Fight the faida. L'importante, per essere parte della scena e condividere quelle coordinate essenziali che fanno dell'hip hop una filosofia di vita. 24
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„E i cazzoni fanno produzioni, che durano quanto un flash, e se mi vuoi dammi cash, sono un fratello per i miei, ma per il business sono un prince come fresh. Ε fresh come Jay salvo rime nel disk drive ... senti il mio sleng ... so cos'£ il rispect." aus „Non c't rimedio", Cosi com 'e. ,,io sono un funkytarro", aus „Funkytarro", Cosi com 'e. „guardando intorno con lo sguardo alia James Dean ... non gli avrai mica detto che guardi Non έ la Rai... ma in certe cose hai piü esperienza di Cicciolina ..., aus „Mr. Gillet di pelle", Messa di Vespiri. „Vita dura per un latin lover in quest'era di Take That ... le vedevo mano nella mano con tipi alti corned/ Bano", aus „Latin Lover", Cosi com 'έ. „il mio cervello ha un sistema operativo innovativo come il Windows '95 ... il mic suona buono come il latte col Nesquik", aus „Non c'e rimedio", Cosi com 'έ. Zit. nach Branzaglia e.a. 1992, S. 102.
Rotere
alia parola " - Eine textorientierte
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In „Faccio la mia cosa" (Verba Manent) bringt Frankie Hi Nrg seine umstrittene Rolle in der Rapszene zur Sprache („Si accusa di vendersi all'incanto chi intanto fa il possibile per render piu accessibile il messaggio al largo pubblico") und unterstreicht abermals sein Verständnis von Rap als „filosofia di vita, approccio culturale alternativo alia realtä di ogni giorno". Auch das Rapperduo Articolo 31, das - ähnlich wie Frankie Hi Nrg - bei den Puristen des HipHop auf Widerstand stößt, lassen deren Kritik nicht gelten: I veri puristi siamo noi, che da sempre siamo appassionati di questa musica. L'hip hop e uno Stile che nasce spontaneamente e che non ha la stessa violenza, lo stesso impatto nel ghetto di Los Angeles ο nel centro sociale della periferia di Milano ο di Napoli. II fatto che nasca dallo studio di una cultura di estradizione afro-americana non vuole che possa svilupparsi solo in circuiti predeterminati. Al contrario, per fare del buon rap bisogna studiare quella cultura e imparare la tecnica: non basta essere emarginati ο presunti antagonisti politici per potersi dichiarire profeti.25 Obwohl selbst wegen ihrer Musik angefeindet, halten auch Articolo 31 in ihren Texten mit sarkastischen Bemerkungen und Anspielungen nicht zurück, die sich bevorzugterweise gegen die Musik Jovanottis richten. In „Non c'e rimedio" beziehen sich die beiden Rapper mit „io non sono mai stato 'For president'" auf Jovanottis erstes Album Jovanotti for President, in „Un urlo" (beide Cosi com'e) verwandeln sie Jovanottis „Ragazzo fortunato" (.Lorenzo 1992) („sono un ragazzo fortunato perche m'hanno regalato un sogno") in „non sono mai stato un ragazzo fortunato e nessun sogno m'e stato regalato" und in „Ti tiro scemo" (.Messa di Vespiri) modifizieren sie den Titel seines vierten Albums Una tribit che balla zu „questa qui e la tribü che sballa".
III. „Io dico quel che vedo" - Thematische Schwerpunkte der Possegeneration Mit dem Rap erreicht die politisch und sozial engagierte Musik in Italien Anfang der neunziger Jahre einen Höhepunkt, wie es ihn seit der Blütezeit der Canzone d'autore in den siebziger Jahren nicht mehr gegeben hat. Auch wenn die Funktion des italienischen Rap hohe Affinität mit dem amerikanischen Pendant aufweist, so sind die Inhalte der Raps im Einzelnen sehr italienspezifisch. Der folgende Teil des Beitrags ist ein Versuch, aus der fast unüberschaubaren Menge an Raptexten zentrale Themen herauszufiltern und diese anhand von konkreten Textbeispielen zu belegen. Reichhaltigste Quelle dafür sind zweifelsohne die Texte der Posse. Im Speziellen werden nachstehende Themenschwerpunkte näher betrachtet: die Darstellung der eigenen Realität der Rapper, ihre 25
Zit. nach Silenti 1996.
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Kritik an der konsumorientierten (Leistungs-)Gesellschaft, der Protest und Hohn gegen sämtliche Institutionen und Gewalten, vor allem der Regierung und Polizei, ihre Vorwürfe gegenüber der Medienberichterstattung und die Kritik an all dem, was unter the american way of life zusammengefaßt werden kann.
III. 1. Rap als Spiegel der Realität und sozialer Ungerechtigkeit Die emotionalen Wurzeln der Rapper liegen in ihrer eigenen Erfahrungswelt, in den ärmlichen Vorstadtvierteln italienischer Großstädte und den centri sociali. Diese - von den Massenmedien meist totgeschwiegene - Realität wird von den Rappern in ihren Texten wiedergegeben. Sie thematisieren „Un'Italia che non va su L 'Espresso, un'Italia che Panorama non sa, che la tv non illumina mai, che la radio non manda quasi mai in onda. Un'Italia di centri sociali occupati, sempre sotto la minaccia di sgombero, con la polizia e le ruspe che arrivano a Ferragosto come i ladri di appartamenti (basti pensare al Leoncavallo di Milano) " 2 6 , wie Papa Ricky im „ringraziamento" seines Albums Lu sole miο festhält. Genau jene von Papa Ricky angesprochene Wirklichkeit der Leute in den centri sociali bildet das zentrale Thema von Batti il tuo tempo. Im Sommer 1990 wird dieses erste Album des rap italiano, in dessen Vordergrund die politische Argumentation steht, in der Undergroundszene bekannt und die Botschaft sowie die politische Position der Onda Rossa Posse werden sehr deutlich formuliert: „Batti il tuo tempo per fottere il potere". Auch die Bilder auf dem Cover sind unmißverständlich: ein Mikrofon, die geschlossene Faust, die rote Flagge und der Panther, Symbol der gleichzeitig stattfindenden studentischen Protestbewegung La Pantera, zu deren Identifikationsmerkmal die Musik der Onda Rossa Posse wird. „Batti il tuo tempo" enthält elementare Charakteristika der Ideologie, des Stils und der Sprache der HipHop-Kultur: die politisch linksorientierte Position, an die sich eine scharfe Polemik am damaligen, christdemokratisch beherrschten Staatssystem - im Besonderen an Legislative und Exekutive - knüpft, der Bezug zur eigenen Realität, die Betonung des neuen Stils, des neuen Rhythmus, an den sich die an ein „du" gerichtete Aufforderung mitzumachen anschließt und die Unterstützung des brisanten Inhalts durch die Verwendung aggressiver Sprache. Aussagekräftig ist, wie bei vielen Raps, der Titel, der in diesem prosaähnlichen Text mehrmals wiederholt wird und auf den bereits in den ersten Zeilen Bezug genommen wird. Es wird hier Kritik an der Gleichgültigkeit, am komaähnlichen Zustand des Großteils der Bevölkerung laut, die die Zeit tatenlos verstreichen läßt, still steht und sich so mit der politischen und sozialen Situation wortlos einverstanden erklärt. Im Gegensatz zur großen Masse („ti stai ferman26
Zit. nach Pacoda 1996, S. 34
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do") geben sich die Rapper mit der Realität, wie sie sich ihnen präsentiert, nicht länger zufrieden („ma io lo voglio battere [. . .] non posso fermarmi"). Ihr Ziel ist es, ein Problembewußtsein zu schaffen und auf die prekäre Situation vieler Bevölkerungsgruppen aufmerksam zu machen. Die Problematik der centri sociali, deren Alltag von Kontrollen und Verhaftungen geprägt ist bzw. deren Schließungen drohen, ist häufig Thema der Posse. Verurteilt wird vor allem das prompte und radikale Einschreiten und der Waffeneinsatz der Polizei („in quattro armati per portarmi via da casa / devastata spogliata"). Explizit wird in diesem Text die Schließung des Leoncavallo in Mailand angesprochen: „guarda al Leoncavallo assassini al soldo / maiali, qual e la vostra ricompensa / la vostra ricompensa per il Leonka morto". Tatsächlich verläuft die Schließung des Leoncavallo am 16. August (Ferragosto!) 1989 spektakulär und gewaltsam und das Zentrum wird dabei fast vollständig zerstört. Der massive Kontrast zwischen der Wohlstandsgesellschaft und der ganz eigenen Welt des Ghettos wird sprachlich durch zwei Oxymora unterstrichen: „terribile bellezza dentro le celle nei ghetti / che contrasto con i morti viventi" Herbe Kritik äußern die Onda Rossa Posse auch an der Regierungsspitze, an den „odiosi uomini fottuti / bastardi senza dignitä", die das Land kontrollieren und dirigieren und trotz alarmierender Zustände die Probleme des Proletariats übergehen. Den Rappern drängt sich der Gedanke an eine Show auf und sie vergleichen die Regierung mit einem „balletto del potere". Besonders die ungeklärten Terroranschläge („triangolo di Ustica strage di Bologna") 27 werden wie auch bei anderen Rappern (vgl. z.B. Fratelli di Soledad, „Brescia, Bologna, Ustica", Barzellette e massacri) - zum Stein des Anstoßes. Die Posse verurteilen das Verhalten der Verantwortlichen bei der Aufklärung dieser beiden Attentate („vergogna / dieci anni di menzogne / [...] / guarda in faccia le sue colpe"). Vor diesem Hintergrund werfen die Onda Rossa Posse ein Problem auf, das sich durch den gesamten Text zieht: „chi e il legale chi illegale". Die Brisanz dieser Fragestellung verstärkt sich durch die Homophonie von „il legale" und „illegale". Die Provokation gipfelt in der Frage „chi protegge noi da voi da questi criminali?", womit das Blatt gewendet wird und die „Legalen" zu Illegalen deklariert werden. Schließlich wird ihre politische Einstellung auch durch die Verurteilung des Mordes an Newton, dem Begründer der Black Panther Party, erkennbar. Gegen Ungerechtigkeit und (Waffen)gewalt kämpfen die Onda Rossa Posse mit ihrer Musik und der Aggressivität ihrer Worte an („Onda Rossa Posse sta
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Am 26.6.1980 kommen bei Ustica im tyrrhenishen Meer dert ein rechtsextremistischer opfer und etwa 200 Verletzte.
einem Flugzeugabsturz zwischen den Inseln Ponza und 81 Menschen ums Leben. Am 2.8. desselben Jahres forBombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna 85 TodesBeide Fälle sind bis dato nicht vollständig aufgeklärt.
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bruciando / e in flamme e in forze innescano la rima"). Sie verwenden zum Teil vulgäres Vokabular und eine sehr ausdrucksstarke Sprache, deren Expressivität durch die Wiederholung einzelner Satzfragmente („ma questa volta e vero / credimi e vero"; „Stile della posse in azione / in piena azione") und die Aufzählung von Wörtern der gleichen Wortklasse („il bandito il criminale il giusto l'ingiustizia", „aggrediata assalita"), die natürlich auch rhythmische Funktion haben, gesteigert wird. Aufgrund der effizienten Funktion des Rap als Protestmusik verwundert es nicht, dass sich im Süden Italiens, besonders in Neapel, eine rege Possebewegung entwickelt. Die neuen „Klänge des Südens" haben jedoch wenig mit Volksliedern wie „O sole mio" oder „Funiculi Funiculä" zu tun, mit denen die canzone napoletana internationalen Ruhm erlangt hat und die wesentlich zum klischeehaften, idyllischen Bild der parthenopeischen Metropole beitragen. Ganz und gar nicht kitschig ist die Geschichte, die die 99 Posse in ihrem Rap „Napoli" (Curre curre guaglio) erzählen. Das erschreckende Bild, das sie von ihrer Heimatstadt präsentieren, kann auf weite Teile Süditaliens übertragen werden. Den Hintergrund von „Napoli" bildet das sowohl wirtschaftlich als auch sozial krasse Entwicklungsgefalle zwischen Nord- und Süditalien. Ob Bruttoinlandsprodukt, durchschnittliches Prokopfeinkommen, Arbeitslosenquote oder Bildungsstand, der Mezzogiorno steht statistisch gesehen immer auf der Schattenseite Italiens. Formal läßt sich „Napoli" in zwei unterschiedliche Teile gliedern. Im ersten Teil, der in einer identischen Wiederholung auch den Schluß des Raps bildet, konfrontieren die 99 Posse ihre Hörerinnen mit Assoziationen zu einer Realität Neapels, die ganz und gar nicht dem pittoresken Postkartenidyll der Golfstadt gleichkommt. Der Grundstein für ein Leben in Armut oder inmitten von Kriminalität wird bereits in der Kindheit gelegt. Ein erschreckend hoher Prozentsatz süditalienischer Kinder und Jugendlicher wächst auf der Straße auf, weder ihre Eltern noch der Staat kümmern sich in irgendeiner Weise um sie („criature vuttate 'mmiez' 'a na vi'"). Um diese erbarmungslose Realität ertragen zu können, greifen viele Straßenkinder schon in frühestem Alter zu Drogen, meist beginnen sie mit dem Sniffen von Kokain, vor allem aber auch billigen Halluzinogenen wie Klebstoff oder Spiritus, der Weg zum Heroinmißbrauch ist dann oft nur eine Frage der Zeit („crisciute cu 'e pippate 'e cucai"; „guagliune ca se fanno l'eroi"). Die meisten dieser guaglionfi8 haben niemals eine Schule besucht oder diese längst vor Ende der offiziellen Schulpflicht wieder verlassen („ä scola nun ce so maje putut'i"). Der Anteil der Analphabeten ist dementsprechend hoch und um zu überleben, vor allem aber um ihre Drogensucht zu finanzieren, rutschen viele von ihnen in ein Leben in Kriminalität ab. Meist sind die Straßenkin-
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Die Posse verwenden für ragazzi meist den süditalienischen Ausdruck guaglioni (vgl. z.B. 99 Posse, „Curre curre guaglio").
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der in Banden organisiert, die für sie eine Art Ersatzfamilie darstellen, oft arbeiten sie auch mit der Mafia zusammen („affiliate rint'a cocche f a m " ' ) und fuhren für diese gegen Bezahlung Mordaufträge aus. Die 99 Posse kritisieren mit dieser Schilderung die Organisation des Staates, der - anstatt sich für mehr Arbeitsplätze und bessere soziale Einrichtungen einzusetzen - ausschließlich in Form der Exekutive präsent ist (,,'ο guverno ce ra sulo 'a polizi'"). Die andere Seite Neapels, jene der reichen Viertel der signori, steckt den Kopf in den Sand und belastet sich mit den gravierenden Problemen ihrer Heimatstadt nicht. Die signori führen ein ruhiges und sicheres Leben und die neapolitanischen Armenviertel, in denen Mord und Kriminalität an der Tagesordnung sind, werden von ihnen tunlichst gemieden. Die Unwahrscheinlichkeit einer Veränderung der miserablen Zustände in gewissen Distrikten süditalienischer Großstädte liegt zu einem großen Teil am politischen System Italiens und dem festgefahrenen Wahlverhalten der Bevölkerung. Die 99 Posse äußern gegenüber sämtlichen Parteien prinzipielles Mißtrauen. Völlig verurteilt wird von ihnen das Movimento Sociale Italiano, die neofaschistische Partei Italiens, die im Januar 1994 unter der Führung von Gianfranco Fini die Alleama Nazionale ins Leben ruft, um alle rechtsorientierten Kräfte zu vereinigen. Im Partito Socialista Italiano sehen die 99 Posse die Partei der Mafiosi, also die korrupte Verbindung par excellence, was auf die illegalen Parteifinanzierungen und Schmiergeldzahlungen des PSI unter der Führung Bettino Craxis zurückzuführen ist. Die DC, die 1994 zum Partito popolare italiano (ΡΡΓ) wird, vereinigt die konservativen und klerikalen Kreise des Landes, die sogenannten „benpensanti". Die Präsentation Neapels durch die stereotypen Bilder Sonne, Pizza, Mandoline, Tarantella und Canzoni („ma tenimmo 'o sole 'a pizza e 'ο mandulino / tarantelle canzone sole e mandulino"), die normalerweise Urlaubsstimmung aufkommen läßt, ist an dieser Stelle an Ironie kaum zu übertreffen, da sie in krassem Gegensatz zu der von den Rappern beschriebenen Realität steht. In der Zeile „a Napoli se more a tarallucce e vino" kommt es zu einer grotesken Verknüpfung jener Klischees mit der Realität, die Redewendung „a tarallucce e vino" drückt in Kombination mit „a Napoli se more" aus, dass Sterben in jenen Gebieten Italiens nichts Außergewöhnliches, sondern ein so typisches Charakteristikum der Gegend wie Tarallucci und Wein ist. Der Stil im zweiten Teil von „Napoli" ist elaborierter und auch inhaltlich werden die 99 Posse konkreter. Sie bringen die katastrophale Arbeitsmarktsituation im Mezzogiorno zur Sprache und klagen den Staat ein weiteres Mal an, den Süden zu vernachlässigen, ja völlig zu vergessen. Der Mangel an Arbeitsplätzen zwingt die Süditaliener, in die nördlichen Regionen zu emigrieren, wo sie als billige Arbeitskräfte ausgebeutet werden. Im Text der Rapper wird der Norden von Giovanni Agnelli (d.h. FIAT) repräsentiert, der von der Notlage der Süditaliener
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profitiert und sich auf deren Kosten zunehmend bereichert („a Agnelli c'e piaciuto / ce he fatto fa' 'e miliarde e nun he avuto niente"). Das feindselige Verhalten und die Vorurteile, die den Süditalienern im Norden oft entgegengebracht werden („napulitano terrone e ignorante / magnate 'ο sapone lavate cu l'idrante / e tuornatenne ä casa felice e cuntento"), machen ihnen das Leben nicht leichter. In diesen Zeilen klingt die Einstellung der Lega Nord durch, die als Antwort auf die gravierenden regionalen Divergenzen und die Migrations- und Minderheitenproblematik seit 1989 die Aufteilung des Landes in drei föderalistische Teilrepubliken Nord-, Mittel- und Süditalien fordert. In Rom spricht man zwar (pro forma) über die Probleme und Schwierigkeiten des Südens, sämtliche parlamentarischen Diskussionen sind nach Meinung der 99 Posse jedoch eine Farce, da es immer nur beim Reden bleibt. Auch wenn die Regierung wiederholt vorgibt, Lösungen zu suchen und solche auch zu finden scheint, demaskieren die Posse diese als „Pseudo-Lösungen", mittels derer der Bevölkerung vorgegaukelt werden soll, dass man sich um ihre Probleme kümmert. Allerdings werden wenig vertrauenswürdige oder gar in korrupte Machenschaften der Mafia verwickelte Politiker in den Süden geschickt, um sich für eine Verbesserung der Situation einzusetzen. Der Lokalpolitiker Improta wird ironisch als „ommo tutt' 'e nu piezzo" charakterisiert, der durch sein selbstsicheres und überzeugendes Auftreten das Vertrauen der südlichen Bevölkerung gewinnen soll. In Wirklichkeit spielt er sich nur als Wichtigtuer auf, die 99 Posse steigern dieses Bild und sehen ihn als aufgeplusterten Hahn auf der Müllhalde Neapel („fa' 'o gallo 'ncopp' ä munnezza").
III.2. Gesellschaftskritik: die Umwertung aller Werte In der immer mehr von materiellen Werten dominierten westlichen Welt wollen die Rapper bewußt eine Randposition einnehmen. Die Posse kritisieren den Uniformismus der Gesellschaft („in quest'Italia bastarda di galera e fritti misti / dove sei uno di loro oppure non esisti", 99 Posse, „Odio", Curre curre guagliö), in der für Außenseiter, für „barboni, ammalati terminali, tossicodipendenti, immigrati piü ο meno clandestini, ladruncoli di periferia, punk autonomi, occupanti, senza tetto, disoccupati, prostitute, piccoli spacciatori, sieropositivi, meridional! immigrati" (99 Posse, „Spara!", Cerco tiempo) kein Platz bleibt, da sie nicht dem Ideal der „Reichen und Schönen" entsprechen, sondern nur stören, zur Last fallen und Unannehmlichkeiten bereiten, folglich „un quadro desolante, racapricciante, fastidioso e pericoloso" („Spara!") darstellen. 99 Posse erklären dezidiert ihre Solidarität mit jenen diskriminierten Minderheiten: „nel paese dei 'normali' io sto dalla parte loro" („Spara!"). Stein des Anstoßes ist für die Rapper vor allem die Scheinheiligkeit und Engstirnigkeit der Menschen („questa nuova ipocrisia sulle spalle della gente / che
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lavora tutta la vita e dopo muore e non sa niente", „Odio"), welche die sie umgebende Not bewußt nicht wahrnehmen wollen und sich lieber mit Oberflächlichkeiten, wie den neuesten Modetrends, beschäftigen („occupato a stabilire cosa e in, cosa e out / quanti soldi uno tiene", 99 Posse, „Senza ritornello", Cerco tiempo). Immer wieder betonen die Posse explizit, dass sie sich nicht mit dieser Gesellschaft identifizieren können („stronzi fighetti brucerete nel mio inferno pagano e morirete maledetti con le vostre linguettine biforcute e con la vostra ipocrisia che non e la storia mia", „Senza ritornello"). In „Quelli che benpensano" (La Morte Dei Miracoli) spiegelt Frankie Hi Nrg ein sehr facettenreiches und lebhaftes Bild einer Gesellschaft wider, in der nicht ideelle, sondern ausschließlich materielle Werte zählen und in der man folglich nicht danach beurteilt wird, wie man ist, sondern was man hat. Abgesehen vom Geld wird die künstliche Welt dieser „incubi di plastica", wie Frankie die von ihm kritisierten Personen degradierend bezeichnet, von Egoismus, Neid, Hypokrisie und einer sehr fragwürdigen Doppelmoral regiert, der Individualismus bleibt dabei auf der Strecke. Die Dokumentation Frankie Hi Nrgs ist eine scharfe Kritik an der heutigen Konsumgesellschaft - einer Gesellschaft von benpensanti - , an ihrer Oberflächlichkeit (bildlich in „terra-terra come i missili" ausgedrückt) und Rücksichtslosigkeit im Umgang miteinander. Er setzt die Mentalität der benpensanti einem Spiel gleich, dessen einzige Regel lautet, so listig und verschlagen wie möglich zu sein. Ihr Motto heißt „gewinnen, und zwar um jeden Preis". Skrupel oder Respekt gegenüber dem Nächsten haben in diesem Einzelkampf keinen Platz, da in dieser Gesellschaft das biblische Sprichwort „Gli ultimi saranno i primi" pervertiert wird und die Letzten tatsächlich als Verlierer aus dem Spiel gehen, wenn die Ersten ihr Ziel erreicht haben („gli ultimi saranno gli ultimi se i primi sono irraggiungibili"). Dazu ist jedes Mittel recht, was der Rapper im modifizierten Sprichwort „il fine e solo l'utile, il mezzo ogni possibile". Christliche Werte wie Rücksichtnahme, Nächstenliebe oder Gemeinschaft sind in dieser Welt, in der jeder ausschließlich an die eigenen Vorteile denkt, nur hinderlich. Falls etwas schiefläuft, falls sie einen Fehler machen („se poi perdon la coda"), läßt sich dies mit Geld wieder ausgleichen („la ricomprano"), womit deutlich die Korruptheit und Bestechlichkeit jener Personen und die zweifelhaften Methoden, mit denen sie Karriere machen („che si alzano alle spalle dei fratelli"), zum Ausdruck kommen. Die Kaltblütigkeit und Rücksichtslosigkeit der benpensanti greift Frankie auch in der zweiten Strophe in der Zeile „Nasi bianchi come Fruit of the Loom che diventano piü rossi d'un livello di Doom" auf. Wie beim Computerspiel Doom, bei dem man durch Töten einen höheren Level erreicht, so gehen auch die benpensanti skrupellos vor, um auf der Karriereleiter hochzuklettern.
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Während sie denjenigen, die sozial schwächer oder finanziell schlechter situiert sind, arrogant entgegentreten und ihnen ihre Überlegenheit spüren lassen („che fanno i boss"), sind sie für die wirklich Einflußreichen nur unbedeutende, kleine Handlanger („arroganti coi piü deboli, zerbini coi potenti"). Auch wenn - oder gerade weil - jeder meint, besser als die anderen zu sein, gehen sie in der Masse unter, sie spielen alle die gleiche Rolle und sind in Wirklichkeit genauso mittelmäßig und durchschnittlich, wie der Gesellschaftsrang, dem sie angehören („medi come i ceti cui appartengono"). In der zweiten Strophe karikiert Frankie Hi Nrg primär das Umfeld der benpensanti, die Welt, in der sie leben. Die Textstelle „e come le supposte abitano in blisters full-optional, con cani oltre i 120 decibels e nani manco fosse Disneyland" ist eine treffende Anspielung auf die (Reihen-)Häuser der benpensanti, die wie „supposte", alle identisch und dicht aneinandergereiht, mit sämtlichem technischen Komfort ausgestattet und deren Dächer mit Parabolantennen überladen sind, einem weiteren Indiz für Luxus und technischen Fortschritt, was Frankie in der Zeile „han piü parabole sul tetto che S.Marco nel Vangelo" durch das Wortspiel mit den unterschiedlichen Bedeutungen von parabola (1.: Parabolspiegel; 2.: (bibl.) Gleichnis) ironisiert. Laut kläffende Hunde bewachen die Häuser dieser geltungssüchtigen Großtuer und Gartenzwerge komplettieren die Idylle, die Hi Nrg überzeichnet mit der Scheinwelt Disneylands konkurrieren sieht. Mit der Schilderung dieses Wohnparadieses spielt er auf die spießbürgerliche, traditionelle und nach außen hin korrekte und harmoniebedürftige Seite der benpensanti an. Ein weiteres Klischee für Spießertum greift Frankie wenig später in der Zeile „quelli che di sabato lavano automobili" auf. Das Auto, als Statussymbol par excellence, muß natürlich immer glänzen, vor allem samstags, wenn bei den Junggebliebenen der Pflichtbesuch in den Nobeldiskotheken auf dem Programm steht. Herausgeputzt und gestylt geben sie ihr Bestes, um „cool" und „in" zu erscheinen, Drogen und Alkohol helfen ihnen, den Philister in ihnen zu überwinden („Tiratissimi, s'infarinano, s'alcolizzano"). Der daraus entstehende Leichtsinn und Übermut, z.B. im Straßenverkehr, kann ihnen jedoch dann zum Verhängnis werden („s'impastano su un albero - boom!"). „S'infarinano" und „Nasi bianchi come Fruit of the Loom" ( d e r Markenname fur das klassisch weiße T-Shirt), sind Anspielungen auf das Sniffen der Nobeldroge Kokain, der ebenfalls ein Image von Coolness und Snobismus anhaftet. Auch die mit Markennamen („Doom; Fruit of the Loom; Class") und Anglizismen („blisters full-optional; escalation") versetzte Sprache unterstreicht die Blasiertheit und Oberflächlichkeit der benpensanti. In der dritten Strophe konzentriert sich der Rapper auf die Doppelmoral, Hypokrisie und Scheinheiligkeit der benpensanti („mani che fan cose che non si raccontano altrimenti le altre mani chissä cosa pensano - si scandalizzano"), wobei
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ihr Charakter durch die Synekdoche „Hand" substituiert wird. Ihre christlichen Ambitionen bleiben auf den obligatorischen sonntäglichen Kirchgang beschränkt und auch wenn sie einander während der Messe die Hände reichen, so ist dies kein Zeichen von Brüderlichkeit oder Nächstenliebe, sondern schlicht das kirchliche Zerimoniell. Das drückt Frankie Hi Nrg auch in der Modifikation des Sprichworts „Ognuno per se e Dio per tutti" zu „Ognun per se Dio per se" aus. Kaum verlassen sie das Gotteshaus, geht jeder wieder seinen eigenen Weg und ist sich wieder selbst der Nächste. Ihr einziges Engagement für die Allgemeinheit manifestiert sich im Einsatz für die Schließung der centri sociali, da sie sich von jenen Leuten und deren Alternativen bedroht fühlen bzw. der Meinung sind, dass in ihrer Gesellschaft kein Platz für solche und andere Außenseiter ist („Mani che poi firman petizioni per lo sgombero"; „che vorebbero dar fuoco ad ogni zingara"). Im Refrain bringt Frankie Hi Nrg seine Kritik auf den Punkt: „sono intorno a me ma non parlano con me... Sono come me ma si sentono meglio". Im Lied des Rappers geben die benpensanti ein armseliges und bemitleidenswertes Bild ab; sie sind Sklaven ihrer selbst und ihrer Gesellschaft und lassen sich von äußeren Zwängen ihrer persönlichen Freiheit und ihres Individualismus berauben. Dass wir alle (mehr oder weniger) in Frankie Hi Nrgs Text angesprochen sind, ist evident: C"e da dire che sono cosi tante le persone che si dovrebbe sentire offese che forse avrei dovuto preoccuparmene io per primo. Credo che l'incomprensione di fondo, forse di comodo, awiene perche gran parte delle persone che ascoltano il testo si pongono dietro questa immaginaria macchina da presa che riprende in maniera documentaristica la realta che io ho intorno. Ma chi segue la macchina dovrebbe introdurre uno specchio, io per primo, per riflettersi in questa massa che tiene i valori nella cassetta di sicurezza.29
III.3. Protest gegen die Staatsgewalt Staatliche Organisation und Politik rücken wiederholt in den Mittelpunkt der Kritik der Rapper. Offen und unverblümt verleihen sie über das Medium der Musik ihrer Aversion gegen das Regierungssystem Ausdruck und haben sich deshalb nicht selten schon vor Gericht verantworten müssen. In „Nella mischia" kritisieren AK 47 die Gesellschaft, in der die Mächtigen Gewalt monopolisieren, Korruptheit auch vor den Gerichten nicht Halt macht und diejenigen, die dagegen protestieren, durch gesetzliche Sanktionen zum Schweigen gebracht werden:
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Zit. nach Moretti 1998, S. 43.
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come quel togato tutto lucido e tirato che mi dice che dire la verita contro i potenti e un grave reato perche fanno e disfanno leggi a loro piacimento poi le regole del gioco in corso le cambiano tutte in parlamento30 Wie bereits in „Napoli" deutlich wurde, werden die italienischen Politiker - nicht zu unrecht - immer wieder in direkten Zusammenhang mit der Mafia gebracht. Auch die 99 Posse verurteilen die Verflechtung von Mafia und Regierung und deren korrupte Machenschaften: Coi soldi della mafia si comprano i voti fanno gli sciacalli dopo i terremoti hanno sfruttato corrotto insabbiato tramite il servizio segreto di stato usato ogni mezzo a disposizione la bomba in piazza sul treno alia stazione31 Mit der abschließenden Aufforderung „vuttateve rint' 'o cesso", die sich an die Politiker sämtlicher Parteien richtet, geben sie klar und entschlossen ihre strikte Ablehnung jeglicher institutionalisierter Macht zu verstehen. Haben die Onda Rossa Posse in „Batti il tuo tempo" die Regierung einem „balletto del potere" gleichgesetzt, persiflieren die aus Mailand stammenden Piombo a Tempo in „Benvenuto" das politische System Italiens, besonders aber die Rolle des damaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi, von den Rappern als „buffone con quell'espressione da muppet sciö" bezeichnet. Was Piombo a Tempo von dem von Korruptionsskandalen, Mißtrauensanträgen und Regierungswechseln charakterisierten politischen Theater halten, fassen sie im Refrain unmißverständlich zusammen: BENVENUTO BENVENUTO BENVENUTO ALL'ENNESIMO IDIOTA si, sia benvenuto l'ennesimo idiota la lista si allunga, la patria ti e grata non saranno piü soli al comando benito, andreotti e papapolacco Wahlen sind für Piombo a Tempo nichts anderes als ein zu einem Mega-Event aufgebauschter Wettbewerb, bei dem nicht etwa Ideen, Konzepte und Pro Die gesamte Politszene kommt einem „regno dei nani e delle ballerine" gleich; dass sich die Programme der einzelnen Parteien höchstens in der Präsentation unterscheiden, bringen die Rapper im Vergleich mit zwei Waschmittelmarken („e fmalmente sei libero tra un Dash e un Coccolino di scegliere la tua soap opera") zum Ausdruck: viel Werbung, einprägsame Aufmachung, (fast)
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AK 47, „Nella mischia", Fuori dal centro. 99 Posse, „Ripetutamente", Curre curre guaglio.
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identisches Resultat. Schließlich geht ihre beißende Kritik auch gegen die Wählerinnen, die maßgeblich an der Situation beteiligt sind und ebenfalls bereitwillig ihre Rolle spielen, ohne jemals Inhalte zu hinterfragen: „e allora saluto l'idiota e gli idioti che l'hanno votato". Ein äußerst schlechtes Verhältnis haben die Rapper zur Exekutive, was die 9 9 Posse, abgesehen von zahlreichen Liedtexten, auch durch die Publikation des Videogames ammazzapoliziotti unmißverständlich zu verstehen geben. Als Teil der ausfuhrenden Gewalt werfen sie der Polizei - im Allgemeinen als „divisa blu" oder pejorativ als „sbirri" bezeichnet - vor, ihre Macht zu mißbrauchen und vorschnell zur Waffe bzw. zum Gummiknüppel zu greifen („tu me p u o ' rompere ' o cazzo e no i' pure atte" 3 2 , „e qualcuno per favore mi spieghi perche lui mi puö ridere in faccia e puo giocare con me". 3 3 Als Paradebeispiel für willkürliche Polizeigewalt gilt der Fall Rodney King 3 4 , ein Schwarzer, der in Amerika auf offener Straße von Polizisten grundlos beinahe zu Tode geprügelt worden wäre. Frankie Hi N r g greift diesen Vorfall in „Libri di sangue" auf: una bestia in divisa resta una bestia, chiamata a tutelare i diritti di chi? Ε successo a brother Rodney King, colpevole del crimine di esser nato nero nella buia capitale dell'impero del denaro. Colpo su colpo, battuto come un polpo, legato, incaprettato e trascinato per lo scalpo: documentato, l'hanno filmato, pagine d'odio scritte sul selciato, vergate col sangue di un uomo innocente, impotente, che con quei bastardi non c'entrava niente ... Der Rapper betont in „Libri di sangue" weiter: „quotidianamente, succede anche in Italia, ma non si sente"; viele Rapper haben ähnliche Erfahrungen - wenn auch in weniger drastischer Form - mit der Polizei gemächt, sei es im Kampf um die centri sociali, sei es in Situationen ohne bestimmten Anlaß, in denen ihr Auftreten für die Polizisten Grund genug war, sich provoziert bzw. bedroht zu fühlen. e per questo sfondo il blocco di un ignaro silenzio calato sulle azioni di quell'italiano vero che mi insegue e mi bracca, mi ferma con la macchina dice di essere onesto ma guarda bene cosa ha in tasca 32 33 34
99 Posse, „Curre curre guaglio". 99 Posse, „Odio" Mit der Idealisierung von Persönlichkeiten aus der Vergangenheit und Gegenwart (z.B. die Revolutionäre Che Guevara und Fidel Castro oder Opfer amerikanischer Rassenkämpfe wie Rodney King („Los Angeles, Nuovo Mondo: i poliziotti responsabili del pestaggio di Rodney King sono attualmente liberi e in servizio", Casino Royale, „Justice", Dainamaita oder der Freiheitskämpfer Malcolm X), die in Kontraposition zu den traditionellen Mythen unserer Gesellschaft stehen, explizieren die Rapper ihre politische Position.
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e poi guardo quello sguardo che mi osserva nella notte mi dice di star fermo la sua legge lo fa forte si sente proprio un dure mi sbatte contro un muro ma e la pistola nella mano che lo rende piü sicuro 35
Die Verszeile „Massimo disprezzo per lo stato e le divise blu" aus dem Rap von Sangue Misto mit dem aussagekräftigen Titel „Straniero nella mia nazione" resümiert treffend die in diesem Kapitel zusammengefaßte Position der Posse: für die militanten Rapper ist und bleibt der Staat ein „stato di minaccia". Konsequenz ist das Fehlen jeder Identifikationsmöglichkeit mit dem gegenwärtigen Gesellschaftssystem.
III.4. Medienkritik und Anti-USA-Mythos Die Verurteilung der Medien, besonders der Fernsehberichterstattung, zieht sich als roter Faden durch die verschiedensten Ausprägungen des rap italiano. Der oft herben Kritik der Rapper liegt die Mediendominanz unserer Gesellschaft zugrunde. Einfluß und Manipulation der Medien fuhren ihrer Meinung nach unweigerlich zu einer Bewußtseins'einschläferung' („Fiumi di parole, torrenti di eventi che lenti insidiano le menti delle genti, rendendole impotenti, sterili e incoscienti", Frankie Hi Nrg, „Disconnetti il potere", Verba Manent; „ma sempre piü convinto sono che terrorista / e il telecomando del televisore / che ti fa sentir padrone della tua opinione / che magistrale illusione", AK 47, „Nella mischia"). Der personifizierte Fernsehapparat in Frankie Hi Nrgs „Accendimi", La Morte Dei Miracoli, ist sich seiner Macht absolut bewußt: „Pensa ... Anzi lascia fare a me che me la cavo meglio, i cervelli li maneggio come voglio..." Vierundzwanzig Stunden am Tag bombardiert uns das Fernsehen mit den heterogensten Bildern, Nachrichten und Informationen („comincia dal mattino, fino alia sera, l'isterico pigiare delle dita sopra alia tastiera del telecomando - scettro esecrando - ora accellerando, ora rallentando ... e lui che ci comanda in questa sarabanda d'opinioni di fantocci", Frankie Hi Nrg, „Disconnetti il potere"), Fragmente der Realität werden wahllos und ohne jegliche Priorität durcheinandergewürfelt. Unterhaltung und die Befriedigung der Sensationsgier der Bevölkerung stehen beim Kampf um die höchsten Einschaltquoten im Vordergrund. „C'e un grande appiattimento culturale: si va in cerca del facile consenso, gridando slogan demagogici, mentre invece il rap deve far pensare, se vuole opporsi al sistema dominato dalla televisione."36
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AK 47, „Dipende", Fuori dal centro. Piombo a Tempo zit. nach Campo 1995, S. 76.
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Im Speziellen richten sich die Angriffe der Rapper gegen die in Italien sehr enge Verbindung von Medien und Politik; der Einfluß der Regierung auf Programmauswahl und -inhalte fuhrt zu mangelnder Objektivität und Unabhängigkeit des italienischen Fernsehens. Wie schon Chuck D., Leadsänger von Public Enemy, den Rap als CNN der Schwarzen bezeichnet, genauso bilden die Posse ein Podium, von dem aus nationale und internationale Ereignisse beobachtet, erzählt und kommentiert werden. Im Rap „Baghdad 1.9.9.1" kritisieren die Onda Rossa Posse vehement die Methoden der Kriegsberichterstattung am Beispiel des Golfkriegs. ... non posso credere nei media non e per un consiglio „sarä una guerra lampo" e giä il 16 gennaio che come uno spettacolo va avanti l'evento invocato tanto atteso davanti ai teleschermi l'attacco il fuoco dei bombardamenti C come conflitto che fa volare in alto Ν come numero dell'indice d'ascolto Ν come il numero dei morti ai media non ci credo non credo alia CNN. [...] ho visto Manca alla tv verde d'invidia dice: .,11 controllo dei media e in mano Usa" spera che con l'Europa unita anche la Rai sia pronta per la prossima occasione una guerra da mandare in onda R reporter che fra maschere e microfoni A annunciano 4 ο 4.000 sono gli uomini I iracheni uccisi ο presi prigionieri i dati sono differenti solo per una questione di zeri e ora solo 15 giorni dopo dall'imzio della guerra Tindice d'ascolto e in calo come fosse un fatto normale quotidiano vicino eppure cosi lontano finche i morti saranno solo i loro „morti". Onda Rossa Posse beschreiben den Ausbruch des Krieges durch die Eröffnung der Luftoffensive mehrerer hundert Jets der USA, Großbritanniens und Frankreichs in der Nacht zum 17. Januar 1991 als von den Medien förmlich herbeigesehnt. Grund dafür ist das Wissen um eine Explosion der Einschaltquoten und Druckauflagen. Die Sensationslust der Zuschauerinnen vor den Bildschirmen muß mit möglichst grausamen und brutalen Bildern gestillt werden. CNN, wichtigster Nachrichtensender der Vereinigten Staaten, wird für die Posseformation aus Rom zum Inbegriff für Sensationsjournalismus, für den ausschließ-
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lieh die Zuschauerzahlen - die erfahrungsgemäß mit der Zahl der Todesopfer steigt - von Interesse sind. Aber auch die italienischen Medien arbeiten mit denselben Methoden und Strategien und im Kampf um die filmischen Vorrechte am Kriegsschauplatz artet der Golfkrieg auch zum Krieg zwischen den Medien aus. Mit der Aussage „II controllo dei media e in mano Usa" spielen die Onda Rossa Posse auf das Faktum an, dass anfangs nur der CNN-Reporter Peter Arnett ein Einreisevisum nach Bagdad bekommt. Die Nachrichtensendungen der RAI zeichnen sich im Golfkrieg durch Desorganisation aus und geben insgesamt ein klägliches Bild ab, mit dem aus journalistischer Sicht traurigen Fazit, dass „dopo 35 giorni di guerra, la Rai e l'unica grande tv del mondo che non ha un inviato a Baghdad" 37 . Noch während des Golfkriegs und offensichtlich unbeeindruckt von den Geschehnissen im Irak denken die Verantwortlichen der RAI an einen nächsten Krieg - an eine Chance der Rehabilitierung. Scharf kritisiert wird von den Onda Rossa Posse auch die Gleichgültigkeit, sowohl der Medien als auch der Rezipientlnnen: kaum sind einige Tage verstrichen, verlieren Katastrophenberichte an Novität und somit an Interesse. Die Einschaltquoten der Nachrichtensendungen gehen kontinuierlich zurück, worauf die Medien prompt mit immer wenigeren und kürzeren Meldungen reagieren. Die USA-Kritik der Rapper beschränkt sich nicht nur auf die Medien, sondern umfaßt all das, was unter dem Schlagwort „the american way of life" zusammengefaßt werden kann. Die USA verkörpern den Inbegriff der modernen Konsum· und Wegwerfgesellschaft und der amerikanische Lebensstil steht in vielerlei Hinsicht als Vorbild für die „alte Welt", eine Tatsache, die für die Posse jedoch als nicht erstrebenswert gilt. Vielmehr verdammen sie den omnipräsenten Einfluß der USA auf den Rest der Welt: Dal dopoguerra in avanti, gli americani hanno avuto una funzione fondamentale nella costruzione - ο distruzione - dell'Italia: siamo pieni di basi Nato. Lo stesso porto di Napoli non si e sviluppato commercialmente per la presenza della base generale Nato. Pensa quanta dicoccupazione ha portato questo. Ε la dominazione economica e diventata anche culturale.38 Aussagekräftig ist auch das Resümee der Verlautbarung der 99 Posse in der Fernsehsendung„Pinocchio:EmergenzaKosovo" vom 17.12.1998 a u f R a i 2 : Per un futuro in Pace Liberiamoci dell'ipocrisia Liberiamoci del terrorismo Liberiamoci degli Stati Uniti d'America Liberiamoci della N.A.T.O.39 37 38 39
Incerti 1991, S. 50. 99 Posse, zit. nach Fenauto 1998, S. 63. 99 Posse, Comunicato 17/12/98.
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Die Spekulation, dass jede/r es im Land der unbegrenzten Möglichkeiten vom Tellerwäscher zum Millionär schaffen kann, ist für die Rapper in Anbetracht der prekären sozialen Situation in den USA - man denke an die zahllosen Obdachlosen oder die hohe Arbeitslosen- und Kriminalitätsrate - der reinste Hohn. Wiederholt wird in den Texten der Posse die Geschichte Amerikas neu aufgerollt, wobei die Rapper Partei für die Ureinwohner ergreifen, die nach der Entdeckung Amerikas von den Kolonialmächten nahezu ausgerottet wurden. Auch in „Baghdad 1.9.9.1" wird von Onda Rossa Posse das kaltblütige Vorgehen der Kolonialisten schärfstens verurteilt („Dove sono oggi Mohawk / dove i Navaho i Sioux gli Apaches i Moicani / come la neve al sole d'estate / sotto la mano bianca della civiltä / occhi hanno dovuto vedere / teneri cuori nel sonno massacrati / la folle vendetta del denaro sulla pelle").
IV. Fazit Die radikale Staatskritik der Rapper, die mit der Infragestellung einer dem ökonomischen Diskurs anheim gefallenen Gesellschaft einhergeht, erinnert in vielen Punkten an die Protestbewegung der 70er Jahre. Sicher, die Musik ist eine denkbar andere, aber das vehemente politische Engagement ist dem der großen Cantautori der 70er Jahre (auch der anni di piombo) ähnlich. Nicht nur thematisch sind viele Parallelen zu Dalla, Guccini, Gaber, Lolli und vielen anderen zu ziehen, sondern auch der latente Widerspruch zwischen antikapitalistischem Engagement und ökonomischem Erfolg, den die Rapper selbstkritisch reflektieren, ist ein strukturell bekanntes Phänomen Es ist, als ob sich der Weg in den kommerziellen Erfolg und die Rückkehr zu radikalen Brüchen mit überlieferten Kunstformen notwendig ablösen. Betrachtet man die gewählte Sprache, so können sowohl die Texte der 70er als auch die der Rap-Generation der 90er als literarisch anspruchsvoll, wenn auch voller Tabubrüche, bezeichnet werden. In einem weiteren Punkt lassen sich deutliche Parallelen zwischen den 70ern und den 90ern erkennen: im Verhältnis zu den USA. Denn wenn es früher Bob Dylan war, der für die europäische Chansonnier-Szene wesentliche Anstöße gegeben hat, so ist es diesmal die Hiphop-Bewegung gewesen. Und was früher der Vietnam-Krieg war, ist für die jüngere Generation der Golf-Krieg - ein tief gespaltenes Verhältnis also zu der vielschichtigen Kultur der USA, die sowohl Sinnbild des verhassten imperialistischen Kapitalismus als auch Quelle alternativer Musik und radikaler Opposition ist.
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Diskographie 99 Posse
AK 47 Articolo 31
A.T.P.C. Colle der Fomento Frattelli di Soledad Frankie Hi Nrg Gemelli Diversi Isola Posse All Stars LouX Jovanotti
Neffa Onda Rossa Posse Otierre Piombo a Tempo Sangue Misto Sottotono
Curre curre guaglio 1993 Cerco tiempo 1996 Corto circuito 1998 Fuori dal centro 1996 Strade di cittä 1993 Messadi Vespiri 1994 Cosi com 'έ 1996 Nessuno 1998 Anima e corpo 1998 Odio pieno 1998 Scienza doppia Η 1999 Barzellette e massacri 1993 Salviamo il salvabile 1995 Verba Manent 1993 La Morte Dei Miracoli 1997 Gemelli DiVersi 1999 Stopalpanico 1990 Dal basso 1993 A volte ritorno 1996 Jovanotti for President 1988 La mia moto 1989 Giovani Jovanotti 1990 Una tribü che balla 1991 Lorenzo 1992 1992 Lorenzo 1994 1994 Lorenzo Raccolta 1995 Neffa & i Messageri della Dopa 1996 J 07 elementi 1998 Batti il tuo tempo 1990 Quel sapore particolare Cattivi maestri 1995 SXM1994 Sotto lo stesso effetto 1999
Arno Scholz
Un caso di prestito a livello di genere testuale: il rap in Italia*
Awio Con il presente contributo si intende offrire un panorama del rap italiano inteso come genere testuale che fa parte di un contesto culturale piü ampio, Yhip-hop. Accanto a cenni storici che documentano l'espansione del rap in Italia (cf. I) si cerca di coglierne anche la diversificazione interna (cf. II). Le Strategie testuali caratterizzanti il rap sono presentate come atti linguistici dei quali il principale e la localizzazione, che e spesso realizzata come riferimento alia dimensione geografica (cf. III). Altre Strategie significative sono comprese nel concetto di azionalita (cf. V). La tensione sussistente fra il modello culturale di partenza americano e quello di arrivo italiano influisce variamente sulle diverse modalitä attraverso cui viene attuato il prestito culturale. Ε significativo che l'appropriazione del rap e accompagnata da una „questione dell'autenticitä" generata dalla suddetta tensione (cf. IV). II paragrafo V presenta dati relativi agli argomenti trattati nei testi rap italiani e alle correlazioni che sussistono fra alcuni argomenti e determinati atti linguistici. Segue una breve caratterizzazione del particolare assetto testuale dei brani rap (cf. VI) che include considerazioni suH'intertestualitä. II paragrafo VII illustra lo sfruttamento di particolari varietä del repertorio italoromanzo e, inoltre, aggiunge dati che documentano una notevole preoccupazione stilistica espressa dai rappers nei brani stessi. A conclusione del contributo si da una breve sintesi del lavoro compiuto (cf. VIII) cui seguono un glossarietto rap (cf. IX), una discografia (cf. X) e le indicazioni bibliografiche (cf. XI). Ogni paragrafo e da interpretare come spunto per ulteriori approfondimenti e ricerche nello studio di questo genere testuale.
I. Assunzione, affermazione ed espansione del rap In Italia, come anche in altri paesi del mondo, a partire dall'inizio degli anni '80 si e verificata Γ assunzione di un genere testuale di provenienza angloamericana, il rap1. Gli inizi di tale fenomeno in Italia sono difficilmente documentabili, a * Ringrazio vivamente Maurizio Dardano e Gianluca Frenguelli (Roma) per la rilettura e la revisione del presente testo.
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meno che non si voglia dare inizio a una ricerca ricostruttiva fondata su interviste con i diretti interessati, cioe i giovani che a partire dal 1982/1983 iniziarono a occuparsi di tale genere testuale/musicale. Testimonianze indirette che riportano questa datazione si trovano anche in qualche brano rap come p. es. ne I messaggeri (1996) 2 in cui DJ Gruff, uno dei recitanti, scandisce in slang: „dall'83 smazzo per la tua felicitä", cioe 'dal 1983 produco questo tipo di musica per la felicitä dei miei ascoltatori'. II riferimento alle radici dell'hip-hop italiano e soprattutto al 1983, l'anno in cui l'hip-hop americano comincio a diffondersi piü intensamente nel mondo, e un motivo spesso ripreso da chi afferma di avere seguito sin dall'inizio il movimento. Un altro parametro che deve essere preso in considerazione e l'organizzazione della cultura hip-hop in Italia3. In primo luogo mi pare debba menzionarsi la rivista genovese Aelle {AL. Hip Hop Magazine, dal 1999 AL Magazine. Hip Hop nelle forme originali). I primi numeri (1-6) uscirono soltanto in forma fotocopiata (anni 1991-1992), i numeri 7-12 (anni 1993-1994) in versione stampata come rivista bimestrale di 32 pagine. Dopo una pausa di un anno i numeri 13-20 (anni 1995-1996) erano arrivati a 52 pagine, per aumentare, nei numeri 21-25 (anno 1997), a circa 70 pagine e passare, nei numeri 26-32 (anno 1998), a una novantina di pagine. A partire dal numero 33 (marzo 1999) la rivista e diventata mensile e ('ultimo numero che prendiamo in considerazione nel presente contributo, il 41 (novembre 1999), arriva a 108 pagine. La rivista e passata dall'ambito regionale a una diffusione nazionale come organo „ufficiale" della cultura hip-hop italiana4. Dal numero 13 fmo al 39
1
Ε forse utile dare una breve definizione del termine anche se per gran parte dei lettori il significato di rap e del suo derivato rappare e ben chiaro, trattandosi di un fenomeno della cultura del divertimento ormai ben noto, soprattutto presso i piü giovani. Rap indica un particolare modo di enunciate recitato, per lo piü accompagnato da battute ritmiche (beat) e inserti musicali (sample). Cf. anche la definizione accolta nello Zingarelli 1997: „rap /rep, ingl. rzep/ [vc. ingl. di orig. onomat.. propr. 'colpo (secco)', ma V. anche rapper] A s. m. inv. · Genere musicale nato in America alia fine degli anni Settanta, caratterizzato dal ritmo fortemente sincopato e uniforme sul quale la voce scandisce una sorta di filastrocca cantilenante. Β agg. inv. - Relativo al rap: musica, ritmi rap."
2
Contenuto nell 'album Neffa & i Messaggeri della Dopa (1996). Ε opportuno considerare l'hip-hop come forma culturale e non soltanto come prodotto commerciale. Cf. AL 1.8 (1993), 3: „L'hip hop έ una cultura non il nome di un'orologio... [sic] (...) l'hip hop έ una cultura, non e una moda, non e un movimento passeggero ma uno stile di vita che una volta conosciuto e capito a fondo fara parte di te per sempre."
3
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Simili sviluppi si possono costatare in altri paesi europei dove sono pubblicate riviste sovraregionali ο nazionali come le tedesche Juice e Backspin, la francese Radikal ο le spagnole Linea Β (Madrid) e Game Over (Barcellona).
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la tiratura della rivista e, inoltre, aumentata ca. del 35%5. Non e possibile dare conto di tutte le riviste minori e in parte effimere che accompagnano e commentano l'organizzazione deH'hip-hop a livello regionale ο locale. L'affermazione e l'espansione del rap in Italia possono essere osservate anche nel crescente numero di dischi (CD ο vinile) pubblicati. Non posso garantire la completezza dei dati numerici6 che saranno riportati; qualche album puo essere sfuggito al conteggio. Comunque la produzione e la pubblicazione di dischi rap sono considerevolmente e costantemente aumentati nelPultimo decennio. Approntiamo un grafico tenendo conto soltanto di quegli album, pubblicati in forma di CD, che abbiamo inserito nella discografia allegata:
Facendo un conteggio dei brani rap documentabili su CD arriviamo a un numero considerevole: piü di 1600 testi pubblicati nelFultimo decennio (cf. anche V). La mole numerica giustifica di per se una trattazione dedicata a questo nuovo genere testuale che sembra incontrare un interesse non secondario nella cultura, o, se si vuole, del divertimento giovanile, in Italia. Un altro indicatore dell'espansione di questo genere testuale consiste nell'interesse metalinguistico, ο metatestuale. Oltre alle innumerevoli pubblicazioni nella stampa giornalistica si possono menzionare i volumi Pacoda 1996 e Depaoli 1999, che figurano come prime raccolte di testi rap italiani commentati7. Analisi come Piastino 1996, Erra 1996, Scholz 1998 o, limitatamente 5
I dati sono solo relativi, dato che. per owi motivi di marketing, non possono essere date cifre assolute. Ringrazio la redazione di AL Magazine di avermi comunque fornito i dati in questione.
6
Chi scrive segue lo sviluppo della cultura hip-hop italiana da ormai 9 anni ed έ fornito di una discografia relativamente completa (cf. la discografia riportata alia fine del presente articolo). Si aggiunga il recente Pacoda 2000. Si puö ricordare anche il volume di Branzaglia/ Pacoda/Solaro 1992 che coglieva anche alcuni aspetti collegati alla cultura hip-hop, adottando perö una prospettiva piü ampia, incentrata su centri sociali e cultura musicale giovanile.
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ad aspetti metrico-ritmici, Cutugno/Crocco 1998, costituiscono primi approcci per un inquadramento della ricerca linguistica e (sub)culturale del fenomeno. Non possiamo considerare qui altri fattori che indicano la vitalitä del rap, come p es. la presenza nei mass-media italiani. La vitalitä di un genere testuale puö anche declinare quando non risponde piu a bisogni comunicativi in una determinata comunitä di parlanti. Per il momento mi pare evidente che la valutazione negativa di Mick Jagger (il rap „non e che una moda. Non durerä. II rap e troppo antimusicale"), pronunciata nel 19908, non possa essere condivisa. Anche se il genere testuale rap dovesse un giorno perdere vitalitä, attualmente se ne constata l'affermazione e la continua espansione.
II. La differenziazione interna: underground, overground e mainstream Inquadrare un genere testuale e, soprattutto, decidere quali testi ne fanno parte e quali meno rimane un problema dibattuto. Nalla discografia (cf. X) si trovano riunite opere di interpreti molto diversi come Jovanotti, la Flaminio Maphia, Lou X, i B-nario, i Sangue Misto, i Sud Sound System, ecc. II denominatore comune dei testi considerati e la loro realizzazione prevalentemente recitataparlata, che i piu identificano tout court con il rap9. Come criterio principale per individuare l'appartenenza di determinati interpreti alia cultura hip-hop italiana ci pare fiinzionale verificare se il suo organo „ufficiale", cioe AL abbia preso in considerazione tali interpreti ο no. Salta subito all'occhio il fatto che manca Jovanotti, considerato da molti (anche all'estero) l'autore par excellence del rap italiano. Jovanotti si ricollega al rap come forma artistica10, ma non fa parte della cultura hip-hop ed e piuttosto collegato alia canzone italiana, di cui tenta di rinnovare le forme11. Da una prospettiva sociologica si potrebbe affermare che tali interpreti non fanno parte del gruppo, cioe dell'insieme di individui che si trovano a contatto fra di loro in una rete sociale che in Italia forma il grande gruppo a maglie larghe che si riconosce nella cultura hip-hop. Un altro criterio esterno ai testi e da vedere nel tipo di casa discografica che pubblica dischi rap. Oggi si assiste a una situazione in cui case discografiche grandi si alleano a case discografiche piccole, promuovendone i prodotti e garantendo loro un grado d'indipendenza relativamente alto. Ε venuto meno, cioe, l'antagonismo fra le grandi case discografiche (le major) e le indipendent 8
Cito da Quarantotto 1994, 68, sub voce rap.
9
Tuttavia anche nel rap i brani possono includere parti di testo melodiose e cantate.
10
Si pensi ai suoi brani „Rap" (1992) ο „Serenata rap" (1994).
11
Ciö vale anche per interpreti come i B-nario, DJ Flash, Don Vito ο Mikimix.
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label. Ciononostante le piccole case discografiche autonome e il fenomeno dell'autoproduzione continuano a esistere e a sviluppare nuove Strategie di mercato. Da questo punto di vista, attualmente gli interpreti rap in quanto artisti formano tre categorie: a. mainstream: l'artista „tradizionale" che punta sul contratto con la grande casa discografica, p es. Don Vito, Mikimix, Jovanotti; b. overground: riprendiamo questa formula proposta da Dazieri 1996, che descrive il formarsi e lo stabilirsi di forme di organizzazione culturali tendenzialmente indipendenti dal mercato culturale „ufficiale"; proporrei di considerare a questo livello anche le case discografiche indipendenti che accettano l'aiuto di una major e le case discografiche specializzate create dalle stesse per rispondere all'affermarsi di nuove nicchie di mercato in espansione, come accade per il mercato del rap; artisti: Articolo 31, Chief & Soci, Gemelli DiVersi, Zippo, Space One; c. underground: qui consideriamo sia la piccola casa discografica che produce un gruppo ristretto e relativamente coeso di artisti, sia il fenomeno dell'autoproduzione; artisti: AK 47, Assalti frontali, Bassi Maestro, LaSaLacLiCka, DJ Zeta, ecc.12 Owiamente questa tipologia e prowisoria, ma cerca di inquadrare sinotticamente il rapporto fra mercato discografico e rap italiano. Pochi sono gli artisti che realmente rimangono fedeli a convinzioni „underground"; la maggioranza di essi accetta le regole del mercato, pur cercando di mantenere, ed e questo il punto cruciale, l'indipendenza artistica. Inoltre, Tattribuzione di un artista a un determinato tipo non e da considerarsi rigida, dato che questo artista puo decidere, successo e atteggiamento ideologico permettendo, di fare il salto dalla categoria (c) alia (a). Un terzo fattore, infine, in correlazione con i due menzionati, puo contribuire a individuare meglio la relazione di un interprete con il rap e la cultura hip-hop: il confezionamento del prodotto stesso, che e formato da dischi (o nastri), i booklet allegati (con ο senza testi in trascrizione) e i brani ivi registrati. II prodotto centrale in base a cui l'interprete viene valutato e costituito dal brano musicale e dal testo recitato, che in questa sede ci interessa principalmente. Come si distinguono quindi, tendenzialmente, i testi dei diversi tipi di interpreti? Si potrebbe qui procedere con un concetto elaborato nella linguistica testuale, l'informativitä, cioe „la misura in cui gli elementi testuali proposti sono attesi ο inattesi oppure noti ο ignoti/incerti" (De Beaugrand/Dressler 1984, 24). Specificando, l'informativitä puo essere ridefinita per i nostri scopi come „grado di gergalitä" riscontrato in un determinato testo. Intendiamo qui per gergo 12
Le case discografiche che producono gli album degli autori nominati possono essere consultate nella discogralia (X).
Un caso di prestito a livello di genere testuale: il rap in Italia
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l'insieme di riferimenti particolari alia cultura hip-hop e, secondariamente, l'uso gergalizzato di particolari varieta del repertorio (cf. anche VII). La gergalitä presenta il problema di non essere adeguatamente misurabile. Distingueremo quindi idealmente, e parallelamente alia distinzione di tre tipi di interpreti, tre gradi di gergalitä dei testi: a. 1 ° grado, cioe Vassenza di elementi gergali: si tratta generalmente di testi comprensibili senza problemi per ogni tipo di ascoltatore, anche se tendenzialmente chi ascolta musica rap e giovane (cf. VIII). Possono quindi affiorare anche voci che appartengono a un substandard nazionale e, in parte, settentrionale di uso giovanile (cf. Radtke 1993), come p.es. nel brano Turbo (1995) di Don Vito, dove riscontriamo inchiodare 'frenare improwisamente', benza 'benzina', era mega 'era bella' (riferito alia musica), flgato 'bello'. L'uso giovanile menzionato rappresenta quello forse piü scontato e, se cosi si vuole, piü „commercializato", parimenti al linguaggio dei cosiddetti paninari b.
c.
2° grado, cioe l'uso occasionale di voci gergali: gergo ha qui un accezione alquanto larga che comprende diversi fenomeni: (1) elementi che il rap italiano deve al suo modello di oltreoceano, cioe elementi di slang del tipo homie 'amico', bitch ο biccia 'ragazza (facile)' (usato scherzosamente), (2) elementi strettamente collegati alia produzione e all'esecuzione musicale del rap come flow (cf. IX) oppure MC 'chi controlla il microfono', (3) l'inserimento occasionale di voci regionali, dialettali ο provenienti dai gerghi storici dell'italiano per dare un tocco di sowersivita ai testi. 3° grado, cioe Yuso abbondante e disinvolto di elementi gergali: dinstinguiamo qui i seguenti tipi di gergalitä: (1) una gergalitä ottenuta tramite la gergalizzazione del proprio dialetto; ciö significa che il rapper bilingue italiano/dialetto volutamente sceglie di recitare in dialetto ο di inserire sequenze di testo lunghe in dialetto; un esempio ne e il gruppo napoletano La Famiglia che nel disco Quarantunesimoparallelo (1998) sceglie di cantare in un napoletano di difficile comprensione per l'ascoltatore non napoletano (sono allegate comunque le traduzioni italiane); (2) una gergalitä ottenuta tramite l'uso continuo di termini tecnici collegati alia produzione musicale ο all'uso di droghe leggere come in alcuni testi dello storico disco SXM (1994) dei bolognesi Sangue Misto; (3) una gergalitä di gruppo, caratterizzata da notevole creativitä linguistica, che puö sfociare in una creazione linguistica quasi criptica come nel mini-CD Chicopsico (1999) di Neffa (cf. l'es. [11]). Denominatore comune del 3° grado di gergalitä e la maggiore cripticitä e la minore accessibilitä per l'ascoltatore medio. In questi testi, inoltre, e possibile assistere a una maggiore detabuizzazione, soprattutto sessuale,
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se si pensa a testi come „Quando ia troia succhia" (1997) del gruppo sardo La Fossa. Owiamente le tipologie proposte sono da intendere come primi strumenti di lavoro per inquadrare il complesso fenomeno culturale che si delinea nell'hiphop italiano. Nel paragrafo VII del presente contributo saranno riportate alcune citazioni da testi di rap italiano che illustrano il grado di gergalitä.
III. La geografia del rap italiano Un aspetto centrale che interessa chi si identifica con la cultura hip-hop e il proprio radicamento nel contesto socio-culturale e geografico che forma il nucleo delle proprie esperienze di vita. Gia nel panorama americano e stato constatato questo forte radicamento dei rappers in quel contesto sociale che forma la „local source of identity" (Rose 1994, 34). Questa solidarietä di quartiere, di zona ο di strada ritorna continuamente in molti testi rap in forma di un collegamento esplicito a concreti luoghi geografici. II riferimento a luoghi geografici si trova spesso accompagnato dall'indicazione dell'anno della rappresentazione/registrazione e, inoltre, dall'affermazione che il rapper rappresenta l'hip-hop per un determinato gruppo. Un quarto procedimento ricorrente consiste nell'identificazione, cioe nel nominare il proprio nome di battaglia ο quello dei membri del proprio gruppo. Considero questi quattro fenomeni come atti linguistici che insieme possono essere compresi in un'unica categoria denominata localizzazione. Diamo qui un esempio tratto dal brano „Soci" (1997) del gruppo milanese Chief&Soci: [1] [...]
lasciarru entrare, adesso e giunto il mio momento di rappresentare con la rima piü di prima sotto la puntina, sulla schiena, come prima, dodici anni fa in San Babila, la vecchia rappresenta in pieno effetto La citazione contiene un esplicito riferimento locale, cioe San Babila a Milano e due volte la realizzazione dell'atto linguistico rappresentare. Si noti il particolare uso assoluto del verbo. Per chi fa parte della cultura hip-hop l'oggetto del verbo rappresentare e trasparente: e l'hip-hop a essere „rappresentato". La citazione, inoltre, per chi non si intende di cultura hip-hop e
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difficilmente decifrabile (gergalitä fra 2° e 3° grado). Vi e un'allusione a tre attivitä principali nell'hip-hop: (1) Γ MC ο rapper rappresenta con la rima, cioe recitando (2) il B-boy ballando „sulla schiena" e (3) il DJ „sotto la puntina", da integrare con: „del giradischi". I „dodici anni" segnano il periodo della propria appartenenza al movimento e „la vecchia" e da integrare con „scuola", cioe la Old School dell'hip-hop italiano. II riferimento al contesto geografico non e imprescindibile. Vi sono interpreti che non se ne servono. Ciononostante e un fatto notevole e occorre spesso in particolari parti testuali, soprattutto nella traccia introduttiva del disco (intro) ο in quella finale (outro) e, nei singoli brani, nell'incipit ο nella coda. Come esempio citiamo dall'Intro del disco Tra oggi e domani (1999) dei trevigiani Royal Minutz:
[2] (voce di bambino) Mano, Davide., adesso cominciate, fate l'intro: (Mano) Oh, Da' (voce) anno (Mano) Ah, Royal Minutz, uno nove nove nove (= 1999)
[-] Treviso
La voce invita due membri del gruppo (Mano e Davide) a fare l'intro, Mano si indirizza poi a Davide (Da'), realizza un'autopresentazione (Royal Minutz), indica l'anno di registrazione del brano (1999) e chiarisce in apertura del disco il luogo geografico di provenienza del gruppo (Treviso). Vi sono svariate Strategie per riferirsi al luogo geografico che puö essere piü ο meno esteso (l'indicazione della zona di San Babila a Milano, cf. supra, oppure il nome della cittä). Ricordiamo pes.: il titolo del disco Quarantunesimoparallelo (1998) dei napoletani La Famiglia, che si riferisce alia posizione geografica di Napoli; il titolo del disco Wessisla (1996) degli SR Raza che si riferisce alia parte ovest della Sardegna (wes(t) + isla 'parte ovest dell'isola', il gruppo e di Iglesias); l'uso degli aggettivi („funk romano" nel brano: „Quello che ti do" (1996) dei Colle der Fomento). Giä in Scholz 1998a, 302, si parlava di diverse „scuole" all'interno della cultura hip-hop italiana, collegate soprattutto a determinati centri urbani: Bologna, Milano, Roma e Napoli. Sembra utile illustrare con una mappa (cf. sotto) la geografia del rap italiano. La mappa indica chiaramente i centri piü produttivi del rap italiano: oltre a quelli giä menzionati sono emersi piü chiaramente Torino, Varese, Treviso e la Sardegna. Owiamente l'hip-hop e il rap esistono anche in altre zone e con la mappa si intende solo indicare i centri
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piü produttivi13. A volte nei nomi stessi dei gruppi si puö riscontrare il riferimento ο l'allusione alia propria regione ο cittä ο alle sue varietä dialettali se consideriamo nomi come Flaminio Maphia e Colle der fomento per Roma, Lucariello e Clan Vesuvio per Napoli oppure Maku Go & Sardo Triba e Sarda Krikka Famiglia per la Sardegna Sottolineata l'importanza dell'identificazione geografica locale, possiamo passare al paragrafo seguente che vi e strettamente collegato.
13
Nella discografia έ indicata la provenienza di tutti i gruppi (sempre che fosse possibile verificarla).
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IV. La „questione dell'autenticitä" e l'appropriazione culturale L'autenticitä e un problema molto dibattuto all'interno della cultura hip-hop, dato che si tratta, in sostanza, di un processo ambiguo fra identificazione ed emancipazione nei confronti del modello americano. Non si puö negare che il genere testuale rap sia di ascendenza americana. Dall'altra parte si deve constatare che in Italia, come anche in altri paesi europei, il rap indigeno ha sviluppato forme che lo differenziano chiaramente dal suo modello. La questione nasce intorno al dubbio: per fare del rap e necessario farlo come gli americani, cioe imitarne il modello, ο sarebbe meglio servirsi delle sue tecniche e seguire la sua ideologia per creare qualcosa di proprio? Intrinsecamente il modello americano da la risposta a questa domanda: „be real", „be yourself'14. II riferimento all'ambito geografico considerato nel paragrafo precedente, caratteristico anche del rap americano, implica delle Strategie di appropriazione. Nella tradizione di studi della popular culture, Lull 1995 propone un modello descrittivo che coglie il processo di trasferimento di modelli culturali. Questo processo implica Strategie di ibridizzazione e indigenizzazione culturale che in questa sede, per semplificare, chiameremo semplicemente „procedimenti di appropriazione". L'ibridismo si riscontra ad esempio nella combinazione di concetti culturali americani con riferimenti all'ambito italiano. Ricordiamo l'esempio sopra menzionato del „funk romano" che collega il riferimento al modello culturale americano {funk) a un determinato ambito italiano (romano). Particolarmente difficili da valutare e apparentemente contraddittori rispetto all'ideologia dell'"autentico" sono dei casi in cui rappers italiani sembrano assumere atteggiamenti non corrispondenti a una loro realtä vissuta. Un esempio lampante e costituito dall'imitazione di comportamenti copiati dai ga«gsta-rappers americani, che si ricollegano a contesti sociali caratterizzati da criminalitä, soldi facili, lusso e donne. Un atteggiamento del genere sembra inadeguato in ambito italiano e spesso suscita discussioni, all'interno della scena hip-hop, proprio la questione dell'autenticitä. In un'intervista con i Sottotono, l'atteggiarsi a gangsta del gruppo viene caratterizzato da Tormento e Fish (i due componenti del gruppo) come fittizio e ironico al contempo. Lo stesso motivo del „be real" viene messo in discussione: „Alia faccia di chi mi dice che devo restare vero io ho fatto un film" (Tormento in AL 18, p. 10, il grassetto e mio). La base di questo gioco ironico e la consapevolezza di una profonda 14
Cf. analogamente per il rap francese Boucher 1998, 294: „Etre authentique c'est, d'une certaine manure, retranscrire ce que l'on vit et ce que l'on est. Pourtant, l'authenticitö revendiquee chez les B-Boys, se traduisant frequemment par Γ expression „reste toim£me", ne s'accorde pas facilement avec le monde öconomique qui entoure le rap" (il grassetto e mio).
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diversitä culturale fra il rap americano e quello italiano. Fish nella stessa intervista afferma: „...noi siamo soltanto dei soldati di una cultura che non e la nostra", affermazione che puö essere interpretata solo in maniera positiva, in quanto i Sottotono si appropriano consapevolmente del modello culturale americano per creare un'opera (letteraria) fittizia che loro caratterizzano piü volte come „film". Α parte questo atteggiamento particolare ed ambiguo si puo constatare che net rap italiano operano varie Strategie di appropriazione che contribuiscono a fondare una tradizione testuale e culturale autonoma. Oltre alla localizzazione che funge da perno per Γ appropriazione vi sono vari altri procedimenti che concorrono alio sviluppo e all'espansione di una tradizione del rap italiano „indigeno". II primo passo e stato sicuramente, se si vuole chiamarlo cosi, il „volgarizzamento" del rap, cioe il fatto che i rappers italiani, dopo un'oscura fase di apprendimento, siano passati dall'uso dell'inglese all'italiano (e ai suoi dialetti). Di questo background si deve tener conto quando in brani rap italiani appaiono versi del genere: [3] io voglio arrivare al Reno al Don, ai Tigre al Eufrate fino a Parigi ma senza aver nemici, senza imitare Method Man e Wu-Tang-Clan, io e il mio stile nella mia lingua madre e le strade e le storie italiane m'han fatto da padre La citazione, tratta dal brano Tutti contro tutti (1997) del rapper milanese Space One, indica la volontä di raggiungere un vasto pubblico senza dover imitare modelli americani (Method Man e Wu-Tang-Clan) e, soprattutto, ribadisce l'uso della lingua materna 1 5 . Altre Strategie che possono contribuire all'appropriazione del modello culturale americano e, in parte, all'autenticitä, sono costituite dall'uso di samples italiani inseriti in brani rap italiani 16 . Ad esempio il brano „L'impresa eccezionale" (1996) dei milanesi Articolo 31 e intrisa di estratti del brano „Disperato erotico stomp" (1977) di Lucio Dalla. O w i a m e n t e l'uso di samples e strettamente collegato al fenomeno dell'intertestualitä che sara approfondito al paragrafo VII in base all'esempio appena citato. La stessa funzione di appropriazione e svolta, per quanto riguarda gli Articolo 31 e la loro cerchia, dalla denominazione spaghetti funk con cui si
15 16
Per l'uso di varietä dell'italiano marcate in diatopia cf. VII. II sampling consiste nell'estrazione di materiale sonoro da determinati supporti fonografici (dischi, nastri ecc.) e nell'assemblaggio (= sampling) del materiale estratto in nuovi contest! fonografici.
Un caso di prestito a livello di genere testuale: il rap in Italia
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riferiscono al proprio orientamento musicale17. Di nuovo il riferimento al modello culturale americano (funk) appare in combinazione con un (auto)stereotipo che si riferisce all'italianita, cioe agli spaghetti18. La copertina del disco Messa di Vespiri (1994) degli stessi Articolo 31 mette in evidenza J.Ax e DJ Jad19 mentre mangiano enormi porzioni di spaghetti e accompagnano il pasto con vino rosso proveniente da una tipica damigianetta. L'autostereotipo espresso con l'immagine e evidente. Altre Strategie di appropriazione sono costituite da riferimenti espliciti alia cultura quotidiana in Italia, caratterizzati spesso da un orizzonte di conoscenze mass-mediatico. Cf. ad esempio le citazioni seguenti: „...chiuditi la bocca con il Domopak"20, che si riferisce a una marca di pellicola oppure „come De Filippo «je vulesse truvä pace»" che si riferisce al noto autore napoletano Eduardo De Filippo, mediante la citazione del titolo di una sua poesia del 194821. La cultura televisiva italiana e, ciononostante, fortemente caratterizzata da una considerevole importazione di serials e film americani. Questo influsso traspare anche nei numerosi riferimenti che nei testi rap si fanno a figure ο protagonisti della fiction d'oltreoceano, ad es. in „sono l'intoccabile come De Niro"22 dove si realizza un doppio riferimento all'attore americano Robert De Niro. Oltre al cognome vi e un riferimento tramite l'intoccabile, che richiama il film The Untouchables (1986; titolo italiano Gli intoccabili) di cui lo stesso De Niro e protagonista. Molte delle Strategie di appropriazione menzionate contribuiscono a rendere il rap italiano una tradizione testuale autonoma e diversa rispetto al suo modello americano. L'ibridismo che nasce dalla combinazione del modello culturale americano con items di lingua e di cultura italiana costituisce un prestito a livello di genere testuale che presenta, come anche i prestiti lessicali, diversi gradi di adattamento al contesto culturale d'arrivo.
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18
19 20 21
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Si tratta, come nei caso del giä menzionato funk romano, di un altro esempio di ibridismo culturale. Probabilmente la denominazione spaghetti funk έ un calco di spaghetti western. Ricordiamo che, almeno per quanto riguarda il tedesco parlato, spaghetti puö significare tout court 'italiano' con connotazione scherzosa ο spregiativa. I due membri del gruppo. Tratto da Rest in R.I.P. (1996) degli SR Raza. Ε significativo che il riferimento a De Filippo, e implicitamente a Napoli, awenga nei testo „Bambino cattivo" (1996) del rapper napoletano Speaker Cenzou. Si tratta di una Variante delle Strategie di localizzazione (cf. supra). Tratto da Restafestagangsta (1997) dei romani Flaminio Maphia.
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V. Contenuti e atti linguistici caratterizzanti Prima di approfondire l'argomento dei contenuti che caratterizzano il rap italiano e esporne i principal! atti linguistici, per questioni di metodo che saranno subito chiarite, presentiamo un'altra figura che illustra il numero di testi rap che abbiamo potuto documentare per gli anni compresi fra il 1992 ed il 199923.
testi (# 1634 = 100%) 460 500
238
343
137 221
85 106
anni % Corpus
1992 2,7 3
1993 5,2 5
1994 8,4 8
1995 6,5 7
1996 14,5 14
1997 13,6 14
1998 20,9 21
1999 28,2 Σ 100% 28 100 testi
Per un'analisi dei contenuti del rap italiano e del loro sviluppo storico abbiamo scelto 100 testi prendendo come punto di riferimento la percentuale dei testi/anno per il periodo dal 1992 al 1999 (ogni testo del corpus corrisponde grosso modo all'1%). Da una ricerca precedente24 abbiamo assunto 8 categorie contenutistiche dei testi rap: (1) autopresentazione (2) critica sociale (3) amore/sesso (4) argomenti esistenziali (5) discorso sulla scena hip-hop (6) feste e divertimento (7) uso di droghe leggere e, infine, come categoria che raccoglie argomenti che non si prestano ad una classificazione precisa (8) altro. Mi sembra che le categorie (2)-(8) non richiedano una definizione. La categoria (1), che con una percentuale di 27 (cf. la tabella seguente) e da considerare la piü significativa nel rap italiano, richiede qualche chiarimento.
23
24
Rispetto alia figura in I abbiamo tralasciato gli anni 1988-1991 duranti i quali, in forma di CD, sono apparsi solo i primi 4 album di Jovanotti. Abbiamo invece aggiunto alla statistica testi pubblicati su singoli ο mini-CD (contenenti rispettivamente 1-5 brani). Cf. Androutsopoulos/Scholz 1999.
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Un caso di presti to a livello di genere testuale: il rap in Italia
Per antopresentazione si intende il parlare di se stessi, del gruppo cui si appartiene, delle proprie abilitä tecniche e stilistiche nella recitazione orale (rap), nell'esecuzione tecnica ai giradischi (turntablism del DJ) ed eventualmente nelle arti „minori" dell'hip-hop quali il writing (= graffiti) ed il breaking (= breakdance)25. Riguardo ai cento testi analizzati nel presente contributo, l'analisi dei temi ha dato i risultati esposti nella tabella seguente. Ad ogni testo e stato attribuito un argomento principale (valore = 1), in alcuni casi e stato necessario attribuire due argomenti (valore = 0,5).
Arg.
1992
(1) (2)
2
(3)
1
1993 3
1994
1995
1996
1997
1998
1999
%
1
2
4.5
5
7
7,5
27
1
3
2,5
0,5
2,5
2,5
17
1
1
2
4,5
7,5
17
2,5
1
1
13
1,5 1
3
3
4,5 3
(4)
1
3
(5)
1
1 1
(6)
2
(8) Testi
4 1
(7) 3
5
12,5 1
1
1
1
0,5
2
3
8,5
8
7
14
14
21
28
100
Gli argomenti piu caratteristici del rap italiano sembrano essere l'autopresentazione (27%), la critica sociale (17%) e l'amore (17%). La critica sociale e una costante sin dall'inizio della tradizione testuale. Negli ultimi due anni e, tuttavia, meno frequente rispetto all'autopresentazione e agli argomenti di tipo sentimentale26. La categoria (5), cioe il discorso sulla scena hip-hop, e parte integrante dei contenuti trattati nei testi rap italiani. Inoltre, questa categoria e spesso abbinata all'autopresentazione. Nel corpus il 10% dei testi presenta la combinazione degli argomenti (1) e (5). Complessivamente la vistosa espansione del rap italiano a partire dal 1996 e accompagnata da un costante aumento degli argomenti (1), (3) e (5), mentre le altre categorie sembrano perdere importanza rispetto al periodo precedente.
25
26
I termini fra parentesi sono piu frequenti nell'uso dei mass media, i termini in corsivo, invece, sono quelli usati aH'interno della cultura hip-hop. Troppo restrittivo e pieno di generalizzazioni incaute έ il contributo di Vogel 1999 che si basa soltanto sui testi dei due gruppi romani AK 47 e Assalti Frontali Alia luce dei dati sopra esposti έ da ridimensionare la seguente affermazione: „Der Rap hat in Italien eine stark soziologische Komponente, die als seine eigentliche Triebfeder angesehen werden kann. Gewalt, Unterdrückung, Rassismus, Unzufriedenheit mit den zeitgenössischen politischen Verhältnissen und Ungerechtigkeit sind die häufigsten Themen der Rapmusik" (Vogel 1999, 42).
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Sarebbe interessante analizzare dettagliatamente la realizzazione di ogni categoria argomentale, ma per motivi di spazio ci limitiamo alla considerazione delle categorie centrali e caratterizzanti del rap: (1) l'autopresentazione e (5) il discorso sulla scena hip-hop che insieme coprono il 39,5% degli argomenti. Come si trovano realizzati gli argomenti in questione e quali sono le Strategie che caratterizzano tali argomenti? Da Androutsopoulos/Scholz 1999 ricaviamo che le Strategie caratterizzanti possono essere descritte come atti linguistici. Al paragrafo III avevamo giä introdotto gli atti linguistici di localizzazione. Possiamo ora aggiungere quelli dell'azionalita. L'azionalita27, come la localizzazione, e una specie di ipercategoria che comprende due aspetti principali: l'azione svolta dal rapper tramite il suo enunciato (che puö essere realizzata letteralmente ο metaforicamente) e 1'efFetto (vero ο presupposto) del rapper sull'ascoltatore. Distinguiamo 4 modalitä diverse: (1) il parlare di se (2) il parlare all'ascoltatore (3) la millanteria (che sviluppa un aspetto particolare del parlare di se) e (4) il dissing28. Diamo un esempio per la seconda modalitä tratto dal brano Restafestagangsta (1997) dei romani Flaminio Maphia: [4] [•·•]
e tu muovi ifianchicome un vip senti la mia clic come spie., spicca tra tante shit, hey tu pensa solo a sentire il nostro suono buono, e spicca poi il volo [...] allora divertiti, seguici, ascoltaci odiaci ο ha-ha-ci, ma sempre rispettaci La citazione, che inizia con la descrizione di uno dei possibili effetti sugli ascoltatori vogliosi di ballare (tu muovi i fianchi), e ricca di imperativi rivolti al pubblico. II parlare all'ascoltatore indica, oltre a ciö, l'importanza dell'interazione fra artisti e platea che risale alla rappresentazione dal vivo. Si noti che il brano e una registrazione in studio. La millanteria e il dissing sono due categorie complementary. La prima comprende enunciati di carattere autocelebrativo. II rapper elogia se, il suo gruppo e la propria virtuositä artistica. La seconda categoria invece raccoglie enunciati con cui il rapper esprime il suo disprezzo verso altri rappers, altri gruppi e la loro scarsa virtuositä artistica. Piü in generale il dissing puö essere rivolto anche 27
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Questa categoria έ desunta da Bolte 1995, 186, che la presenta e la definisce in base a testi rap americani. II termine dissing risale alla forma abbreviate per disrespect 'mancare di rispetto, disprezzare', cf. Krekow/Steiner/Taupitz 1999.
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ad altri gruppi sociali. In tal caso puo rientrare anche nella categoria argomentale della critica sociale. I diversi atti linguistici si trovano spesso realizzati nella stessa porzione di testo, come illustra il seguente esempio tratto da „Soci" (1997) dei Chief&Soci: [5] [•·] con piu stone da raccontare deifratelliGrimm, questo e il mio Dream Team, „The Boss" piü di Springsteen, „Let in" lo lascio a chi non ha personality, a chi non sa quello che fa, a chi non tratta veritä, prova! Gustane senza pausa la fragranza, Chief&Soci per chi non si accontenta... I primi tre versi realizzano la millanteria: il rapper elogia la propria virtuositä narrativa, il proprio gruppo (paragonandolo al Dream Team dei giocatori di pallacanestro americani) e afferma la sua posizione di primato artistico. I due versi che seguono realizzono un dissing generico verso chi e falso e „non ha personalitä". Negli ultimi due versi, invece, troviamo un altro esempio della modalitä parlare all 'ascoltatore. Sia le Strategie di localizzazione viste al paragrafo III (il riferimento al contesto geografico, il riferimento temporale, l'identificazione tramite l'enunciazione del proprio nome di battaglia e la rappresentazione) che quelle di azionalitä (il parlare di se, il parlare all'ascoltatore, la millanteria e il dissing) appena presentate costituiscono il nucleo caratterizzante degli atti linguistici di cui si serve il rap. Queste Strategie sono correlate per lo piu con gli argomenti distintivi del rap, cioe le categorie (1) e (5), cf. supra.
VI. I testi e l'intertestualita Un fattore importante, che contribuisce alia caratterizzazione del rap quale genere testuale, e la particolare impostazione dei suoi testi. Un primo aspetto interessante riguarda la distribuzione dei brani sul disco. Nella maggior parte dei casi i brani rap sono incorniciati da una traccia introduttiva (seguendo il modello americano spesso intitolata appunto Intro) e da una traccia finale (intitolata per lo piu Outro). Queste particolari tracce contengono spesso parti testuali che contribuiscono a realizzare la localizzazione (cf. l'esempio [2] citato al paragrafo III). Esse possono contenere anche dei samples che hanno la fiinzione di esprimere l'identificazione con la cultura hip-hop americana. II lungo „Intro" (4:08) nel disco Dritto dal cuore (1994) dei torinesi The Next Diffusion inizia con vari samples di brani rap americani per poi passare, dopo i primi due minuti,
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Arno Scholz
all'autopresentazione del gruppo (tramite i nomi The Right Voice, The Left Side, Next): [6] Ε yo, direttamente dalla scena hip-hop di Torino down with the nation, Zulu Nation, The Right Voice, The Left Side e yo Next, libera il nuovo flavour...
La traccia finale di un disco puo contenere, inoltre, anche saluti, riconoscimenti, omaggi e dichiarazioni di rispetto verso i membri del proprio gruppo e verso membri di altri gruppi. II disco dei Next Diffusion termina con una traccia intitolata ... „To Be Continued..." in cui appunto si possono sentire tali saluti e riconoscimenti29. Le tracce introduttive e finali, come ha dimostrato l'esempio precedente, non devono sempre intitolarsi Intro ed Outro. II titolo puo variare, ma in genere cerca sempre di riferirsi alia fiinzione introduttiva ο finale della traccia, come p es. nel disco Dietro il cancello (1999) dei torinesi Gate Keepaz: il brano introduttivo e intitolato „Into the gate" quello finale „Out of the gate". L'ascolto del disco diventa una visita „dietro il cancello" attraverso il quale si entra e alia fine si esce. Un altro esempio e costituito dal disco La morte dei miracoli (1997) di Frankie hi-nrg mc, che presenta le varianti Incipit e Outcipit. Anche la struttura di singoli brani rap e spesso caratterizzata da un incipit e da una coda, che fanno da cornice al corpo testuale del brano. In queste parti ritroviamo spesso gli stessi fenomeni riscontrati nell'/w/ro e neWoutro, cioe le autopresentazioni, i saluti ecc. Erra 1996, 318, distingue, per il rap italiano, fra testi verbali e testi musicali, approfondendo in seguito il secondo aspetto, cioe quello musicologico. Per i testi verbali Erra afferma brevemente che essi „presentano delle strafe la cui caratteristica metrica e la rima" (ibid.). Giustamente l'autore spiega che la rima non segue gli schemi classici, ma puo estendersi per un numero variabile di versi ο puo essere interna. Constata l'uso di giochi verbali quali assonanze e consonanze e menziona anche l'espediente dello spelling. Piü genericamente si puo affermare che il rap puo sviluppare le piü svariate Strategie di impostazione artistica del materiale verbale (cf. VII). Comunque la macrostruttura testuale dei brani rap e la seguente: (a) incipit (b) strofa (porzione di testo) / ritornello (c) coda (spesso contenente una Variante del ritornello). Le strofe non sono necessariamente isocrone come in 29
Meno diffusa in Italia e la prassi degli intermezzi: fra i singoli brani rap s'inseriscono brevi tracce, contenenti parti di scratching ο samples di vario genere. Sul disco dei Next Diffusion troviamo sette di questi intermezzi che durano fira i 19 secondi e 1:13 minuti. Si tratta soprattutto di materiale musicale estratto da vecchi brani di musica jazz.
Un caso di prestito a livello di genere testuale: il rap in Italia
Til
altre tradizioni testuali canore. II ritornello, l'incipit e la coda sono facoltativi. In ran casi il testo puö consistere di un unico blocco testuale. I testi presentano spesso schemi di call and response fra il rapper ed il suo gruppo, oppure un susseguirsi di diversi rappers che si danno il turno come ad esempio nel brano „I messaggeri" (1996) di Neffa & i Messaggeri della Dopa, in cui 8 rappers si susseguono nella recitazione. Complessivamente il testo rap e piü flessibile rispetto ad altre tradizioni testuali liriche e mette al centro dell'attenzione la parola parlata, lo Sprechgesang recitato che, rispetto ai testi cantati, valorizza i temi presenti nei testi. Un altro aspetto che caratterizza molti testi rap e rintertestualitä, cioe il riferimento ο l'allusione ad altri testi noti nella comunitä di parlanti30. Quest'aspetto era gia stato trattato con una varia esemplificazione in Scholz 1998a, 270-73. I testi da cui si cita ο cui si allude nei brani rap appartengono soprattutto alia tradizione canora italiana e, in parte, a quella americana. Appaiono inoltre, in misura ridotta, citazioni ο allusioni a testi pubblicitari, letterari, religiosi ecc. In questa sede si presenta solo un esempio particoltare di intertestualita31, il sampling testuale. Al paragrafo IV era stato menzionato il sampling di materiale sonoro italiano come possibile strategia di appropriazione culturale rispetto al rap americano. Riprendiamo l'esempio de „L'impresa eccezionale"32 (1996) degli Articolo 31, che si servono di materiale sonoro e testuale, cioe di testo verbale recitato da Lucio Dalla, estratto dal brano „Disperato erotico stomp" (1977)33. Per comprendere che cosa collega i due brani e indispensabile la conoscenza del testo di „Disperato erotico stomp". Questo testo puö considerarsi ampiamente noto in Italia. Nel brano il protagonista narra vari episodi di insuccesso personale che gli procurano un senso di frustrazione. Verso la fine del brano questo personaggio risolve la sua frustrazione con un liberatorio atto masturbatorio evocato nell'immaginazione dell'ascoltatore. In „Disperato erotico stomp" Dalla, prima dell'atto menzionato, canta: [7] (A) [··]
prima di salir le scale mi son fermato || a guardare una Stella 30
31 32 33
L'intertestualita fa parte di una categoria piü ampia di fenomeni che sono caiatteristici di molti testi rap. Si tratta del riferimento a conoscenze culturali di carattere generale (nomi di personaggi storici, viventi ο fittizi, nomi di prodotti, di istituzioni ecc.). Per un approfondimento cf. Androutsopoulos/Scholz 1999 e il paragrafo IV del presente contributo. Per un approfondimento cf. loc.cit. Lo stesso titolo „L'impresa eccezionale" έ una citazione da „Disperato erotico stomp". Cf. per questo brano la dettagliata analisi di Röder 1997.
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sono molto preoccupato il silenzio mi ingrossava la cappella, ho fatto le mie scale, tre alia volta, mi son steso sul divano, ho chiuso unpoco gli occhi e con dolcezza έpartita la mia mano II brano di Dalla prosegue con una serie di sospiri stilizzati. Vediamo cosa succede invece alia fine del brano degli Articolo 31. II testo recitato dal rapper finisce con la parola fermato.
[8] (A»)
[··]
e pensieroso a casa mi sono awiato e sul portone mi sono fermato || a guardare una Stella [.....] έ partita la mia mano || scratching Come nel testo di Dalla, ne „L'impresa eccezionale" sono riferiti alcuni episodi frustranti nella giornata del protagonista. Dopo la parola fermato e inserito il sample estratto dal brano di Dalla (il testo in corsivo di Α inserito fra i tagli indicati con ||). Direttamente dopo il secondo taglio in A ' si sente uno scratching, cioe quel rumore che si produce quando il DJ muove avanti e indietro un disco sotto la puntina del giradischi. Ora, questo particolare dello scratching per un ascoltatore inesperto di rap potrebbe sembrare completamente immotivato. Invece questa sequenza e ben pianificata e altamente codificata, dato che mette in relazione due particolari ambiti del sapere enciclopedico: le pratiche autosessuali maschili e lo scratching. Ambedue i procedimenti hanno un denominatore comune che consiste nel veloce e ripetuto movimento „su e giü" ο „avanti e indietro" della mano (cf. il testo che dice e con dolcezza e partita la mia mano). In tutt'e due i brani il protagonista risolve la sua frustrazione con un atto liberatorio che consiste, per il suo aspetto tecnico, nel movimento evocato nell'immaginazione dell'ascoltatore. Mentre„Disperato erotico stomp" allude a un semplice atto masturbatorio, „L'impresa eccezionale" si riferisce alla tecnica di cui si serve il DJ per realizzare uno scratching. Dato che il secondo aspetto e da considerare specialistico, l'allusione metaforica puö essere interpretata soltanto da chi si intende di musica rap e, in particolare, soltanto da chi conosce la tecnica dello scratching. L'intertestualitä e il sampling, che puö essere considerato come tecnica di citazione immediata del rap, costituiscono sicuramente aspetti che meriterebbero uno studio ed una tipologizzazione piü dettagliati.
Un caso di prestito a livello di genere testuale: il rap in Italia
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VII. Lingua e stile Nel corso di questa presentazione del rap italiano ci siamo progressivamente awicinati, partendo da un punto di vista extralinguistico, ad una prospettiva incentrata sui testi. Pertanto non ci rimane che cercare di inquadrare brevemente l'assetto linguistico e stilistico del rap in Italia. Per quanto riguarda il primo aspetto bisogna chiedersi quali sono le varieta di cui il rap italiano si serve. Ε noto che il rap americano usa soprattutto la gamma di varieta afroamericane e, all'interno di questo repertorio, preferisce lo „street language" che svolge la fiinzione di un „resistance vernacular" (Potter 1995). Bisognerebbe analizzare, sulla base di testi rap statunitensi, la correlazione fra gli argomenti e le varietä di lingua impiegate. Sommariamente si puo affermare che anche il rap italiano si serve in parte di varieta di lingua marcate rispetto alia lingua standard. Si puo adirittura dire che il rap, rispetto alia canzone tradizionale ο al rock italiano, si serve di un linguaggio piü distante dallo standard e piü vicino a moduli propri del substandard colloquiale e (in parte molto) informale. Consona con il radicamento nel rispettivo contesto socio-geografico e con le Strategie di localizzazione risulta quindi la scelta di varieta marcate in diatopia. Nel corpus di 50 brani analizzati in Androutsopoulos/Scholz 1999 17 presentano tratti diatopicamente marcati (regionalismi, dialettismi, inserti dialettali) e 4 di questi 17 testi sono composti integralmente in dialetto ο integrano il testo italiano mediante cospicue porzioni di testo dialettale. II dialetto si riscontra (finora) soltanto in testi di gruppi centromeridionali ο meridionali, cioe provenienti da regioni con una vitalitä dialettale relativamente alta fra i giovani parlanti. L'uso del dialetto ο di elementi dialettali in co-testo italiano pare teso a una specie di gergalizzazione del dialetto (cf. Scholz 1998a, 305) il quale puo assumere, quindi, la funzione di uno „street language" italoromanzo. Tuttavia non e possibile generalizzare, dato che nei testi rap italiani troviamo di tutto, vale a dire si ha uno sfruttamento pressoche completo del repertorio linguistico, che spazia dai registri piü alti (aulici, poetici) a quelli piu bassi (giungendo fino alia disfemia), benche i poli estremi siano presenti solo marginalmente. Al paragrafo II era stata presentata una distinzione dei testi rap in tre gradi di gergalitä, nella quale si poteva, in parte, giä intravedere la relazione che sussiste spesso fra gli argomenti e le varieta di lingua scelte per parlare di tali argomenti. Nei testi le categorie argomentali (1) e (5) risultavano in sovrapposizione con le Strategie di localizzazione e di azionalM (cf. V). Per quanto riguarda il grado di gergalitä, questi testi presentano spesso elementi attribuibili al 2° grado (uso occasional di voci gergali), come nell'esempio [1] (sub III) che e pienamente comprensibile soltanto per chi fa parte della cultura hip-hop.
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Non intendo presentare citazioni prive di elementi gergali (1° grado). Esempi del genere si trovano soprattutto quando gli argomenti dei testi sono di carattere sentimentale34 (cat. 3) ο esistenziale (cat. 4). Puo essere interessante, tuttavia, osservare uno dei casi marginal! sopra menzionati, cioe interpreti che inseriscono su una base di italiano standard degli elementi lessicali con marcatezze poetiche, letterarie, auliche ο specialistiche. Come autori che operano in questo senso possono essere menzionati Frankie hinrg mc 35 oppure Stiv. Del secondo e la seguente citazione da „II barone rappante" 36 (1998) dall'omonimo disco: [9] Yo yo mmh mmh ah ah rimbalzano ritmi nelle strade arriva il barone rappante nella cittade indi, messere, non esitate gustate la beltade di codeste sonate di funky son farcito come i Crisbi settantino come un film di Bill Crosby qui i tempi ritornano come un fnsbee [...] Accanto a segnali „discorsivi" tipici del rap (yo, mmh mmh, ah ah) e qualche riferimento alla cultura di massa moderna (Crisbi, Bill Crosby37, frisbee), troviamo del lessico appartenente chiaramente alia lingua letteraria antica: tcittade, indi (lett ), messere, fbeltade. Al fine di creare uno stile personale l'autore di questi versi combina tradizioni testuali di carattere completamente diverso e ottiene, attraverso il contrasto fra registro alto e riferimenti alla cultura di massa, un effetto particolare. Do almeno un breve esempio di gergalitä di 3° grado estratto da Scholz 1998a, 276. Si tratta dell'inizio del brano „La porra" (1994) dei Sangue Misto:
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Ε tuttavia da precisare che quando l'argomento passa dalla sfera sentimentale a quella sessuale il grado di gergalitä puo aumentare. Cf. la creazione „colta" outcipit calcata sul latinismo incipit che ho presentato al paragrafo VI. Rifacimento de II barone rampante (1957), titolo di un romanzo di Italo Calvino. Una conferma dell'orientamento letterario di questo interprete e il titolo di un suo nuovo minialbum II dolce Stiv novo (1999). II noto entertainer ed attore in realtä si chiama Bill Cosby, senza la [r] che Stiv pronuncia. Forse si ha una fiisione con il cognome dell'attore Bing Crosby. Anche tramite una ricerca internet non ho potuto decifrare il riferimento a Crisbi (probabilmente il riferimento e ai biscotti Grisbi). Comunque nella citazione riportata importano piü la rima e il gioco con le coppie minime [k] ~ [f] e [i] ~ [o] nella serie ['krisbi 'krosbi 'frisbi].
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[10] Con la mia ballotta 38 fiimo poire 3 9 in quantify ta ta ta tonto40 quanta basta. le mani nella pasta, la mista 41 e ben farcita e io la faccio su manco fossi Mina, vedo mille bolle blu 42 . He he hey chi chi chic Chico 4 3 se anche te 4 4 sei come me bella li 4 5 , noi siamo soci nel THC 4 6 , ah plin plin 4 7 ..
La gergalitä dell'intero brano e motivata dall'argomento, cioe l'elogio della porra Ί ο spinello' e dei suoi efFetti. II brano che si estende per 82 versi abbisogna nella versione completa analizzata in Scholz 1998a, 275-280, di 66 note esplicative che chiariscono significato, regionalitä ο dialettalitä di determinate voci, riferimenti intertestuali ecc. Anche questo tipo di testi rap e da considerare marginale per quanto riguarda la sua frequenza rispetto a testi „normali" ο di gergalitä meno marcata. Ma si deve considerare che per la cultura hip-hop italiana il disco e considerato un classico del rap italiano. Con l'esempio precedente si varca un limite che tende verso 1'incomprensibile, verso una creazione pseudo-gergale ancora piü marcata e marginale, verso un quasi manieristico gioco di forme. Diamo un altro breve esempio tratto dal mini-CD Chicopisco (1999) di Neffa. Neffa fa parte del gruppo dei Sangue Misto, che dopo il loro album „classico" SXM (1994), hanno seguito progetti individuali. NefFa ha sviluppato un linguaggio-forma che si ispira agli esperimenti gergali precedenti e diventa un gioco di suoni verbali che dal denotativo va verso il connotativo. La citazione che segue e l'inizio del brano „Gran Finesse" (1999): [11] dimmi com'e che Snefs stila 'sti stili fila in fila 'sti fili vai di feeling a chili tipo chili [t/ili] ti strina fiinky piü che il Martini 38 39 40 41 42
43 44 45
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Uso del regionalismo bolognese ballotta 'gruppo'. Metaplasmo della voce spagnolaporro (s.m.) 'spinello'. Gioco fonico con iterazione della sillaba ta, finale in quantitä e iniziale in tanto. Gergalismo che vale 'miscuglio di tabacco e hashish'. Riferimento intertestuale al brano „Mille bolle blu" di Mina che e esplicitamente nominate. Ripetizione sillabica e interpellazione di Chico ['tjiko] 'ragazzo'. Uso del pronome obliquo per il nominativo tu. Uso dell'interiezione milanese per 'ecco, va bene'. Da tempo bella (anche senza l'awerbio Ii) e diventata una semplice forma di saluto. Uso della formula chimica per designare il tetraidrocannabinolo, componente dell'hashish. Ideofono.
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tortellini 'sti loops che c'ho fini piü di Fini veni vidi vici cici a giro in bici faccio all night long come Lionel Richie traccio righe nel mezzo a mo' di bisettrici anima explicit [.Ι48
La citazione e intrisa di rime (originale bici che fa rima con Richie), assonanze e in genere giochi di suoni (allitterazioni; ripetizione della vocale anteriore [i], ecc ). Dei fenomeni giä presentati in precedenza ritornano p es. l'enunciazione (di una Variante Iudica) del proprio nome di battaglia ( N e f f a > Snefs) ed il riferimento alia cultura quotidiana e di massa (Martini, Fini, Lionel Richie e All night long). Gli esempi 10 ed 11 presentano il 3° grado di gergalitä (rispettivamente del tipo b e c, cf. II). II denominatore comune dei testi rap, sia di quelli appena citati che di quelli meno (pseudo)gergali e piü comprensibili e costituito dalla volontä di creare uno stile personale chiaramente distinguibile. Sarebbe interessante compiere un'analisi ritmico-metrica e stilistica approfondita, ma per motivi di spazio mi limiterö a mostrare la centralitä che nozioni come stile e rima assumono nei testi di rappers italiani. Dai 50 testi italiani che formano il corpus di Androutsopoulos/Scholz 1999 ho estratto quei riferimenti espliciti che dimostrano la preoccupazione dei rappers per la disposizione formale del testo 49 : a.
ritmo: Indica lo svolgimento temporale della musica misurabile per elementi che ricorrono regolarmente e che sono riconoscibili per questa loro qualitä 50 . Nel rap l'insieme di questi elementi forma la cosiddetta base (cf. IX) su cui viene inserito il testo verbale. I rappers fanno riferimento al 'ritmo' con le seguenti denominazioni: beat (prestito
48
La citazione potrebbe essere parafrasata ed interpretata all'incirca come segue: „dimmi come mai Neffa crea il suo Stile e mette in fila le parole, lasciati andare completamente, [la sua musica] come il chili ti brucia ed e piü funky del Martini, i loops sono rotondi e piü raffinati di Fini, veni vidi vici cici a giro in bici, tutta la notte (come canta Lionel Richie) compongo versi e lo faccio con precisione anima explicit...". Si tenga conto che questa interpretazione e approssimativa, dato che il testo certamente nasconde piü modalitä di lettura.
49
In questa sede non mi addentro nel dibattito sulla relazione fra ritmo e metro, nozioni che nella tradizionale metrica italiana hanno accezioni particolari (cf. Beltrami 1991, 17-18). Beltrami 1991, 62-65, indica la connessione che esiste fra metrica e musica, ma non approfondisce l'argomento. Un interessante punto di partenza per una distinzione fra ritmo (temporale) e metro come Strategie di versificazione distinte si trova in Sapir 1921, intitolato significativamente The musical foundations of verse.
50
Cf. anche Nattiez 1981, 153, per quanto riguarda diverse definizioni della nozione di 'ritmo': „Tutte [le definizioni] contengono insieme l'idea di uno svolgimento nel tempo e quella di ritorno periodico di un evento" (il corsivo e del testo da cui si cita).
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desunto direttamente dal rap americano), p.es. „ogni MC che viene qui fa rime sopra il beat"51; ritmo (molto meno frequente di beat), p es. „sul ritmo io corro, la mia rima lascia il segno"52. II riferimento al ritmo nel corpus awiene in 10 dei 50 testi, cioe in 20% dei casi. Lo stesso termine base ricorre in 10% dei testi e si riferisce alia norma ritmica che preesiste al testo verbale. La base contiene la 'restrizione metrica' dettata dal ritmo musicale che il testo verbale deve rispettare (o a cui almeno deve porsi in relazione). flow: Si riferisce al „flusso" verbale che un rapper imprime alia sua esecuzione rimata, cioe alia sua abilitä di combinare col ritmo musicale uno svolgimento verbale fluido e rispettoso dei progetti di rima scelti, cf. l'es. „la gente riconosce il mio flow"53. Questo riferimento si trova in 6 su 50 testi, cioe in 12% dei casi. lirica: II vocabolo e usato nell'accezione particolare di 'testo verbale destinato all'esecuzione rap' ed e traduzione diretta dall'inglese lyric, es. „su quella base elettrica la sua lirica spacca"54. La voce si trova in 16% dei testi. stile: Si tratta di un concetto centrale della creativitä „rappologica" (per riprendere un termine usato da Boucher 1998). I rappers, sia per motivi di competizione, sia per affermazione personale sono tesi a elaborare uno stile di recitazione individuale e riconoscibile, es. „stiloso con stile"55. In 28% dei testi si trovano riferimenti espliciti alia nozione di 'stile', soprattutto in collegamento agli atti linguistic! millanteria e dissing (cf. V). rima: II „ritorno in determinate posizioni [...] di suoni uguali" (Beltrami 1991, 18) nei brani rap contribuisce a realizzare uno svolgimento ritmico del materiale verbale, parallelo al ritmo musicale (cf. supra). L'esempio [11] ci ha mostrato diversi procedimenti con cui i rappers realizzano questo „ritorno di suoni uguali". Tuttavia, i rappers inclusi nel nostra corpus, nel 34% dei testi fanno riferimento esplicito soltanto a un procedimento „prototipico" della versificazione, cioe la 'rima'. Ad. es. „mischio le rime con lo shaker"56 oppure, con probabile allusione intertestuale alle Sacre Scritture: „alzati e fai una rima"57.
Citato da „I messaggeri" (1996) di Neffa & i Messaggeri della Dopa. Citato da „Panico II" (1995) di Ice One. Da „I messaggeri" (1996) di Neffa & i Messaggeri della Dopa. Da „Con un po' di gin con un po' di juice" (1997) di Flycat. Titolo di un brano degli Articolo 31 del 1994. Citazione tratta da „Gestiamo il gioco" (1997) della Jeiba Medica Crew. Da „Sotto sotto" (1998) del Piotta.
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Anche se non e possibile condurre un'analisi esaustiva del materiale testuale disponibile si puö sicuramente afFermare che i rappers scelgono liberamente all'interno di tutto il repertorio di varietä italoromanze. Come si e potuto vedere a volte si servono anche di tratti aulici, preferendo perö soprattutto i registri medio-bassi. Per quanto riguarda la disposizione del materiale verbale in relazione alFandamento ritmico-musicale si nota che molti autori sviluppano notevoli progetti mensurali che danno poi luogo alle rispettive esecuzioni, cioe ai brani registrati che l'ascoltatore trova sui dischi pubblicati.
VIII. Sintesi e prospettive Nel presente contributo ho cercato di inquadrare il rap italiano considerando una pluralitä di punti di vista e tenendo conto di dati storici, di informazioni quantitative ed analisi qualitative di carattere contenutistico, linguistico, testuale e stilistico. Per completare la gamma di prospettive di studio possiamo aggiungere qualche dato statistico e informazioni di carattere attitudinale. I dati raccolti dall'ISTAT 1999 includono, purtroppo, in un'unica categoria i seguenti generi musicali: techno, disco, house, rap, pop, underground ed etnica. Sicuramente in tal modo non si rende adeguatamente conto di categorie di ascoltatori sensibilmente diverse. Tuttavia, e interessante di per se il fatto che il rap sia stato considerato come genere distinto rispetto ad altri. Secondo i dati dell'ISTAT 58 la categoria di generi musicali che include il rap e ascoltata dal 22,5% di tutti i 60.000 intervistati e, all'interno di questo segmento rappresentativo della popolazione italiana, e preferita chiaramente dalle due fasce d'eta comprese fra gli 11-17 anni (33,2%) e i 18-24 anni (27,2%) 59 . Oltre a questi dati, che confermano per lo piü le aspettative riguardanti la fascia generazionale degli ascoltatori di questi generi musicali, sarebbe interessante analizzare sistematicamente delle informazioni attitudinali riguardanti il rap. Un'analisi del genere si potrebbe p.es. attuare raccogliendo messaggi elettronici attraverso I'iscrizione a delle mailing list dedicate al rap
58 59
I dati presentati si trovano in ISTAT 1999, 17-39. Cito da ISTAT 1999, 38, la sintesi dei dati relativi all'ascolto dei generi musicali sopra menzionati: „Anche per gli ascoltatori assidui valgono le stesse differenziazioni incontrate osservando gli ascoltatori in generale: leggera predominanza degli uomini sulle donne. concentrazione nelle fasce di etä giovanili e tra chi ha un diploma delle superior! ο delle medie e scarsa variabilita a livello di ripartizione territoriale."
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italiano60. Questo tipo di dati da un lato riconferma l'estrazione generazionale degli ascoltatori di musica rap (che spesso si presentano agli altri iscritti indicando l'etä), dall'altro aggiunge informazioni sugli atteggiamenti e le aspettative di questi ascoltatori. Nel dicembre 1999 p.es., nella mailing list menzionata in nota alcuni partecipanti discutevano sull'autenticitä (cf. IV) di un gruppo rap italiano, i Gemelli DiVersi. Alcuni sostenevano l'appartenenza dei Gemelli DiVersi al movimento hip hop, altri invece criticavano negativamente il gruppo per la somiglianaza ad una „Boy Group" del tipo dei Backstreet Boys. Concludiamo. II rap in Italia puo essere considerato come un prestito culturale americano che presenta molteplici gradi di adattamento ad esigenze espressive, soprattutto giovanili, nell'ambito culturale di arrivo. La „questione deH'autenticitä" e il diverso sfruttamento di Strategie di appropriazione culturale indicano la tensione sussistente fra il modello „globale" americano e i suoi „discendenti" italiani. Si puo tuttavia asserire, come dimostrano i dati presentati in questa sede, che in Italia si e formata con il rap una tradizione testuale nuova ed autonoma che si serve di varietä italoromanze e che non puo essere considerata come mera imitazione passiva e acritica del modello americano. Molti giovani autori spesso hanno sviluppato, dopo un pluriennale impegno autodidattico, un'attivitä culturale caratterizzata da una notevole autonomia e creativitä. Nel presente contributo ho cercato di dare un'immagine del rap italiano capace di cogliere gli aspetti di un genere testuale, comuni e pertinenti ad una descrizione tipologica. Spero di aver fornito elementi sufficienti a una differenziazione interna della cultura hip hop e del rap in Italia.
IX. Glossarietto rap61 base e l'insieme degli elementi ritmici che il DJ compone e che fungono da punto di partenza per la realizzazione di un brano; b-boy (da break-boy) originariamente chi balla la breakdance; be real motivo deH'autenticitä (cf. IV) che risponde all'idologia „realistica" del rap;
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Nel dicembre 1999 mi sono collegato p.es. ad una mailing list che si trova sub http://utenti.tripod.it/hiphopmusic, ricevendo in 10 giorni piu di 120 messaggi senza dover entrare attivamente nella discussione.
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Raccolgo soltanto alcune voci che ricorrono spesso nei testi dandone una breve definizione. Un dizionario rap su internet έ p.es. Atoon 1992-99. Le voci riportate sono prestiti inglesi che si riferiscono a concetti centrali e caratterizzanti dell'hip-hop a livello internazionale, p.es. attivitä fondamentali (DJ, MC), motivi (ghetto), atteggiamenti ideologic! (be real, peace, rispetto) ecc.
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beat (ritmo) sequenza ritmica che forma la base e determina lo svolgimento musicale e, in dipendenza di esso, quello verbale di un brano; bitch (biatch, anche addattato nella forma biccia) prestito dall' afro-american english vernacular usato in rifermento a una donna; la voce e spregiativa, ma puö essere usata anche con connotazione positiva; chill rilassatamento (alia fine di una serata); DJ abbreviazione per disc jockey; nel rap colui che usa il giradischi come strumento; fake (finto) motivo ricorrente nel rap, in testi che presentano realizzazioni di dissing dirette soprattutto ad altri rappers (cf. V); family (clan, crew, posse...) voci che si riferiscono idealmente all'organizzazione di tipo tribale di gruppi rap (l'atteggiamento e correlato all'uso di soprannomi); flavour 'gusto, fragranza' trasmessi da particolari combinazioni di materiale musicale; flow sequenza di rime che, senza interruzioni, si servono dello stesso schema metrico; fly ragazza che fa parte della cultura hip-hop; fratello (dall'afroamer. brother) riferimento agli amici che fanno parte del proprio gruppo; free style modalitä di improwisazione nella recitazione rap; gangsta paricolare stile del rap che si serve di samples intrisi di sparatorie e descrive la criminalitä della strada; ghetto motivo collegato a quello della pretesa autenticita. I rappers americani descrivono le condizioni di vita nei ghetti „neri" delle metropoli americane; hardcore (forma adattata italiana: arcore) stile „duro" del rap che evita ritornelli e troppa melodiositä e pretende di riferire „storie vere"; hip hop nome della cultura che comprende nelle sue forme di realizzazione il rap, il djing, il b-boying ed il writing; homie (anche homey ο homeboy) amico che vive nel vicinato; jam dalla terminologia jazzistica; incontro di diversi rappers e DJ per un evento musicale; lirica (dall'ingl. lyric) testo di un brano rap; loop registrazione ripetuta della stessa sequenza sonora; MC da master of ceremony oppure mike checker, colui che e al microfono e rappa, cioe il rapper; merda (dall afroamer. shit 'rap') spesso usato come riferimento alia propria produzione musicale. Risale alia metafora rap = droga; motherfucker (a) persona priva di rispetto verso gli altri (b) negli USA la voce e usata anche con accezione positiva per esprimere il proprio rispetto verso l'altro;
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new/old school (nuova/vecchia scuola) distinzione all'interno della cultura hip hop americana (e per estensione europea) fra i pionieri del rap e le generazioni successive; pace (dall'ingl. peace) si ritrova a volte all'interno dei brani rap come saluto di pace; raplrappare pratica di recitazione verbale ritmica (cf. la nota 1 del presente contributo); rappresentare atto linguistico ricorrente nel rap (cf. Ill); rima riferimento al ricorrere di suoni verbali uguali, che indica la preoccupazione per l'assetto formale dei testi rap (cf. VII); rispetto (dall'ingl. respect) dichiarazione di rispetto verso altri seguaci della cultura hip-hop; scratching rumore che si produce quando il DJ muove avanti e indietro un disco sotto la puntina del giradischi; skill riferimento alle abilitä tecniche nell'esecuzione verbale del rapper ο musicale del DJ; sorella (dall'afroamer. sister) corrispettivo di fratello, stile ricorrente riferimento esplicito alle abilitä compositive verbali e musicali; sucker voce spregiativa indirizzata a imitatori e dilettanti all'interno della cultura hip-hop; turntablism arte del disc jockey che lavora con il giradischi (turntable).
X. Discografia Si noti che sono tralasciati i singoli, i maxi-singoli, gli extended play (EP) ed i dischi pubblicati solo in vinile. Tuttavia alcuni di questi formati di pubblicazione sono registrati quando sono stati menzionati nel presente testo. Owiamente non pretendo che la lista sia completa. La documentazione giunge fino al novembre del 1999. Alia fine di ogni album citato si indica fra parentesi la provenienza del gruppo/deH'interprete (nei casi in cui sono riuscito a verificarla). AAW AAW AAW AAW AAW AAW AAW AAW AAW AAW AAW
(1997), Area di contagio, Prod. Oblio. (1999), Atomic Tape, Radioactive Hip Hop. (1999), Da un idea di, Sano Business. (1999), Eclissi, Parcheggio Abusivo. (1998), Epicentre romano, Funk One. (1992), Fondamentale /, Century Vox. (1992), Italian posse, Flying Rds. (1993), Italian posse II, Crime Squad. (1994), Nati per rappare, Crime Squad. (1995), Nati per rappare 2, Crime Squad. (1992), Romagna posse, Musicando.
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Arno Scholz
A A W (1994), Salento showcase 1994, Ritmo Vitale. A A W (1994), Senza tetto non ci sto, No Copy. A A W (1999), Suoni dalla strada vol. 1, Suonidistrada. A A W (1998), Teste di Vinile, Infidelity Sound Prod. A A W (1997), Torino Boys, Black Out / PolyGram. A A W (1998), UndaFunk 98, Unda Funk. A A W (1999), Underground Troopers, Sano Business. AK 47 (1996), Fuori dal centro, AK47/il manifesto (Roma). Alta tensione (1994), Eureka, Mandibola Records (Torino). AMNK (1993), „...chi tace acconsente ", Crime Squad (Napoli). Articolo 31 (1993), Strode di citta, Crime Squad (Milano). Articolo 31 (1994), Messa di vespiri, Crime Squad (Milano). Articolo 31 (1996), Cosi com '