Photogrammetrie 9783111708607, 9783111006017


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German Pages 189 [220] Year 1959

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Inhaltsverzeichnis
1. Grundlagen
2. Terrestrische Photogrammetrie (Erdbildmessung)
3. Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung)
Literaturverzeichnis
Stichwort- und Namenverzeichnis
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Photogrammetrie
 9783111708607, 9783111006017

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S A M M L U N G G Ö S C H E N B A N D 1188/1188a

PHOTOGRAMMETRIE von

DR.-ING. H A B I L . G E R H A R D L E H M A N N o. P r o f e s s o r a n d e r T e c h n i s c h e n H o c h s c h u l e

Hannover

Mit 132 A b b i l d u n g e n

WALTER DE GRUYTER & CO. vormals G. J. Göschen*sehe V e r l a g s h a n d l u n g • J . G u t t e n t a g , Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J. T r ü b n e r • Veit & Comp.

BERLIN

1959

© Copyright 1959 by W a l t e r de Gruyter & Co. t Berlin W 35. — Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten. — Archiv-Nr, 11 11 88. — Satz und Druck: Deutsche Zentraldruckerei, Berlin SW61, Dessauer Str, 6/7. — Printed in Germany.

Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen

Seite

11 Einleitung 11.1 Bildmessung und Bildinterpretation 11.2 Die Photogrammetrie als geodätisches Meßmittel und ihre Verfahrensarten 11.3 Die nicht-geodätischen Anwendungen der Photogrammetrie 12 Die Meßkammer 12.1 Die Lochkammer 12.2 Die Abbildung durch das Aufnahmeobjektiv 12.3 Die Bestimmung der inneren Orientierung durch den Benutzer der Meßkammer 12.4 Anforderungen und Ausführungsformen photocjrammetrischer Objektive 13 Das photographische Bild 13.1 Schwarz-Weiß-Photographie 13.2 Infrarot- und Farbphotographie 14 Die äußere Orientierung der Meßbilder 14.1 Die Daten der äußeren Orientierung 14.2 Raumkoordinaten und Bildkoordinaten 14.3 Grundbegriffe der Einbildmessung 14.4 Bildmaßstab und Maßstabspunkte 14.5 Einflüsse kleiner Änderungen in den Daten der äußeren Orientierung 14.6 Kernpunkte und Kernstrahlen 15 Die Ausmessung der Bilder 15.1 Ausmessung von Einzelbildern 15.11 Bildkoordinaten und Bildwinkel 15.12 Der Einbildkomparator 15.13 Der Bildtheodolit 15.2 Ausmessung von Bildpaaren 15.21 Natürliches räumliches Sehen 15.22 Stereoskopische Betrachtung photographischer Bilder . . 15.23 Einrichtungen zur stereoskopischen Ausmessung der Bilder

7 7 7 9 10 10 11 14 17 20 20 23 24 24 25 26 28 31 34 36 36 36 37 39 42 42 44 49

2 Terrestrische Photogrammetrie (Erdbildmessung) 21 Aufnahmegeräte 22 Aufnahmearten 22.1 Meßtischphotogrammetrie 22.2 Stereophotogrammetrie 22.21 Aufnahmeanordnung 22.22 Fehlertheorie 22.23 Ausschaltung regelmäßiger Fehler durch Paßpunkte

55 58 58 59 59 60

62

4

Inhaltsverzeichnis Seite 23 Auswertung und Auswertegeräte für stereophotogrammetrisdie Aufnahmen 64 23.1 Punktweise Auswertung (Parallaxenphotogrammetrie) 64 23.2 Linienweise Auswertung mit automatischen Kartiergeräten .. 65 23.21 Das Zeiss'sche Parallelogramm 65 23.22 Der Stereoautograph . 67 23.23 Sonstige automatische K a r ü e r g e r ä t e 70 24 Praxis der Aufnahme und Auswertung 71 25 Vergleidi der Erdbild- und der Luftbildmessung 74

3 Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung) 31 Die Luftbildaufnahme 31.1 Eigenschaften und Arten der Luftbilder 31.2 Aufnahmeanordnung 31.21 Aufnahmeanordnung 31.22 Elemente der Bildflugplanung 31.23 Normalwinkel-, Weitwinkel- und Konvergentaufnahmen 31.24 Einzelfragen zum Bildflug 31.3 A u f n a h m e k a m m e r n 31.4 Zusatzgeräte zur Bestimmung der äußeren Orientierung bei der A u f n a h m e und zur Navigation 31.41 Allgemeines 31.42 Bestimmung der Neigung und Kantung des Luftbildes 31.43 Bestimmung der Raumkoordinaten des A u f n a h m e o r t e s

76 76 77 77 78 81 83 84 88 88 89 91

32 Auswertung von Einzelbildern durch Entzerrung 32.1 Grundsätzliches zur Entzerrung von Einzelbildern 32.2 Graphische Entzerrung 32.21 Übertragung von Einzelpunkten 32.22 Übertragung des Bildinhalts 32.3 Umbildung durch subjektive optische Projektion 32.4 Entzerrung durch objektive optische Projektion 32.41 Die optischen Bedingungen der Entzerrungsgeräte . . . . 32.42 Die geometrischen Bedingungen der Entzerrungsgeräte 32.43 Die Entzerrung nach Einstellwerten 32.44 Die Au9führungsformen der Entzerrungsgeräte 32.45 Der praktische Vorgang bei der Entzerrung

92 92 94 94 95 96 98 98 100 101 103 105

33 Theorie der Doppelbildauswertung 33.1 Die Hauptaufgabe der Photogrammetrie 33.2 Die gegenseitige Orientierung 33.21 Die gegenseitige Orientierung unabhängiger Bildpaare 33.22 Die gegenseitige Orientierung beim Folgebildanschluß 33.23 Die gegenseitige Orientierung bei bergigem Gelände 33.24 Behandlung v o n Konvergentaufnahmen 33.25 Modellverbiegungen im genäherten Normalfall 33.3 Die absolute Orientierung 33.31 Unabhängige Bildpaare 33.32 Folgebildanschluß 34 Doppelbildauswertegerate mit Wiederherstellung der äußeren Orientierung 34.1 Aufgabe und Einteilung der Geräte 34.2 Geräte mit optischer Projektion

106 106 109 109 114 114 116 117 119 119 122 123 123 125

Inhaltsverzeichnis

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5

Seite 34.21 Geräte mit objektiver optischer Projektion 125 34.22 Geräte mit subjektiver optischer Projektion 127 34.3 Geräte mit mechanischer Projektion 130 34.4 Geräte mit optisch-medianischer Projektion 132 Doppelbildauswertegeräte ohne Wiederherstellung der Bildorientierung 134 35.1 Bildauswertung mit Stereometergeräten 134 35.2 Die Fehler der Stereometermessungen 139 35.3 Das Stereotop 140 Paßpunktbestimmung und Aerotriangulation 143 36.1 Die Bedeutung der Paßpunkte für die Photogrammetrie 143 36.2 Radialtriangulation 144 36.21 Allgemeine Grundsätze 144 36.22 W a h l der Radialpunkte 146 36.23 Methoden der Radialtriangulation 148 36.3 Räumliche Aerotriangulation 150 36.31 Das Triangulationsverfahren 150 36.32 Die Fehler der räumlichen Aerotriangulation 151 36.33 Die Ausgleichung der Triangulationsstreifen 154 36.34 Praktische Ergebnisse 157 Anwendungen 158 37.1 Einzelbildauswertung 158 37.11 Unmittelbare Verwendung von Einzelbildern, Luftbildvergrößerungen oder Entzerrungen 158 37.12 Herstellung großmaßstäbiger Pläne 161 37.2 Die Doppelbildauswertung in der Katastervermessung 162 37.21 Allgemeine Voraussetzungen 162 37.22 Arbeitsablauf 163 37.3 Herstellung topographischer Karten durch Doppelbildmessung 165 37.31 Auswertung am Gerät , 165 37.32 Überarbeitung und Feldvergleich 168 37.4 Auswerteleistung der Präzisions-Doppelbildauswertegeräte . - 169 Analytische Photogrammetrie 170 38.1 Aufgabenstellung und instrumenteile Voraussetzungen . . . . 170 38.2 Möglichkeiten zum Ansatz der Rechenformeln für die analytische Aerotriangulation 172 38.3 V e r f a h r e n von G. H. Schut 172 38.31 Ausgangsgleidiungen 172 38.32 Gegenseitige Orientierung eines Bildpaares 174 38.33 Maßstabsbestimmung und Streifenkoordinaten 177 38.34 Absolute Orientierung 179 38.35 Zahlenbeispiel 181

Literaturverzeichnis Stichwort- und Namensverzeichnis

186 187

1 Grundlagen 11 Einleitung 11.1 B i l d m e s s u n g und Bildinterpretat i o n . Die Photogrammetrie oder Bildmessung ist die Vermessung irgendwelcher Objekte nach Lage und Form aus photographischen Bildern dieser Objekte. Häufig zielt die Verwendung von Photographien, vornehmlich von Luftbildern, jedoch gar nicht auf einen Meßzweck, sondern auf die Durchforschung und Deutung des Bildinhalts, die sog. Bildinterpretation, ab, so z. B. in der Geographie, der Geologie, der Vegetationskunde oder der Vorgeschichtsforschung. Im folgenden wird nur die eigentliche Bildmessung behandelt. 11.2 D i e P h o t o g r a m m e t r i e a l s geodätisches Meßmittel und ihre Verfahrensart e n . Die Photogrammetrie wird hauptsächlich und in ständig steigendem Maße zur Vermessung der Erdoberfläche und zu deren Darstellung in Plänen und topographischen Karten benutzt. Sie ist also in erster Linie ein geodätisches Meßmittel. Ihre Verfahrensarten sind die Einbild- und die Doppelbüdmessung. Je nach der Lage der Aufnahmeorte unterscheidet man zwischen der terrestrischen Photogrammetrie (Erdbildmessung) und der Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung). Einbild- und Doppelbildmessung. Das photographische Bild ist eine Zentralperspektive des betreffenden Teiles der Erdoberfläche. Es liefert also auch immer nur einen geometrischen Ort f ü r die Lage der abgebildeten Objektpunkte, und es erlaubt eine Rekonstruktion des Aufnahmegegenstandes im allgemeinen nur dann, wenn dieser als Ebene angesehen werden kann. Ist diese Voraussetzung erfüllt und schneiden die Bildstrahlen die Gegenstandsebene unter günstigen Schnitt winkeln, so kann man aus der Vermessung von Einzelbildern geometrisch ähnliche Darstellungen der Gegenstandsebene gewinnen. Die Einbildmessung ist ihrer Natur nach auf die Aerophoto-

8

1 Grundlagen

grammetrie beschränkt; sie dient hier zur Herstellung von Lageplänen ebenen Geländes. Ausmessungen räumlicher Objekte, die außer der Lage auch die Höhe der Objektpunkte liefern sollen, sind nur möglich, wenn das Objekt von zwei verschiedenen Aufnahmeorten photographiert wird und jeder Gegenstandspunkt durch den Schnitt zweier Bildstrahlen bestimmt werden kann. Die Messungsgrundlage ist dann ein Bildpaar. Die Doppelbildmessung kennt keine Beschränkung auf bestimmte Geländearten, sie ist das universellere und genauere Meßverfahren. In der terrestrischen Photogrammetrie wird ausschließlich die Doppelbildmessung benutzt. In der Aerophotogrammetrie verwendet man die Doppelbildmessung überall da, wo das Gelände nicht hinreichend eben ist oder wo besonders hohe Genauigkeiten verlangt werden. Erd- und Luftbildmessung. Die terrestrische Photogrammetrie wird im Vermessungswesen nur noch in Spezialfällen, z. B. für topographische Aufnahmen im Hochgebirge, insbesondere bei Expeditionen, eingesetzt. Sie braucht Aufnahmestandpunkte mit beherrschender Übersicht, andernfalls verdeckt der Vordergrund den Hintergrund. Außerdem sind die Entfernungen der Objektpunkte von den Aufnahmeorten und damit die Schnittwinkel entsprechender Bildstrahlen bei der terrestrischen Doppelbildmessung sehr unterschiedlich. Die Genauigkeit terrestrischer Aufnahmen nimmt also mit zunehmender Tiefe des Aufnahmeraums stark ab. Von beiden Nachteilen ist die Luftbildmessung in fast allen Fällen frei. Vom Flugzeug aus bietet sich ein hervorragender Einblick in das Gelände, und die Objektentfernungen liegen, wenn man vom Hochgebirge absieht und genäherte Senkrechtaufnahmen unterstellt, für alle Punkte des Aufnahmeraums in der gleichen Größenordnung. Sofern nur die Größe des Aufnahmegebiets die Flugkosten lohnt, werden heute Neuaufnahmen zum Zwecke der Herstellung topographischer Karten überwiegend mittels der Luftbildmessung durchgeführt.

11 Einleitung

9

11.3 D i e n i c h t - g e o d ä t i s c h e n A n w e n d u n g e n d e r P h o t o i g r a m m e t r i e . Die Photogrammetrie hat im Vergleich zu anderen Meßmethoden eine Reihe entscheidender Vorteile, die sie außer in der Geodäsie auf vielen, ganz verschiedenartigen Gebieten der Wissenschaft und der Technik zu einem wertvollen, häufig unentbehrlichen Meßmittel machen. Insgesamt gesehen treten aber die „sonstigen" Anwendungsfälle ihrer Bedeutung und ihrem Umfang nach hinter der Geodäsie zurück. Für eine gründliche Orientierung über die Photogrammetrie auf nicht-geodätischen Gebieten sei auf das Buch von O. Lacmann (s. Lit.Verz.) verwiesen. Im Rahmen der vorliegenden Darstellung können für diesen Anwendungsbereich neben gelegentlichen Hinweisen im Text nur einige Beispiele angedeutet werden: Photographische Bilder geben das ganze Aufnahmeobjekt mit allen Einzelheiten — nicht nur spezielle Punkte oder Strecken — mit voller Beweiskraft für seinen Zustand im Belichtungsmoment wieder. Die Aufnahmen und ihre Vorbereitung gehen schnell und äußerst bequem vonstatten. Diese Eigenschaften empfehlen die Photogrammetrie für die Festlegung von Tatbeständen, z. B. von Verkehrsunfällen, oder von Geländezuständen, z. B. der Begrenzungslinien eines Hochwassers, für Architekturaufnahmen u. a. m. Das Aufnahmeobjekt braucht nicht berührt zu werden, da unmittelbare Messungen an ihm nicht erforderlich sind; es kann sogar ganz unzugänglich sein. Man kann so durch gleichzeitige Aufnahmen von zwei Standpunkten aus z. B. Wolkenformen festlegen. Tierkörper für Tierzuchtzwecke vermessen oder mittels der Röntgen photogrammetrie Messungen innerhalb des menschlichen Körpers durchführen. Durch entsprechend häufige Wiederholung photogrammetrischer Aufnahmen ist es möglich, schnell oder langsam ablaufende Bewegungsvorgänge meßtechnisch zu verfolgen. Damit eignet sich die Photogrammetrie für die Ve-messung von Flugbahnen, für die Erfassung von Was-

1 Grundlagen

10

serwellen in der Natur oder im wasserbautechnischen Laboratorium, für die Bestimmung von Gletschergeschwindigkeiten, für Deformationsmessungen an Bauwerken u. dgl. Schließlich kann man mit der Photogrammetrie auch extrem kleine Objekte ausmessen. Ein Beispiel dafür ist die räumliche Auswertung von Meßbildern, die mit dem Elektronenmikroskop aufgenommen sind. 12 Die Meßkammer

12.1 D i e L o c h k a m m e r . Wir nehmen zunächst an, daß die Aufnahmekammer statt eines Objektives ein kleines kreisförmiges Loch trägt. Die Lochmitte ist das Projektionszentrum O der Lochkammer (Abb. 1). In der durch

Abb. 1. Lodikammer.

Abb. 2. Anlegerahmen mit Rahmenmarken.

den Anlegerahmen gegebenen Bildebene entsteht das photographische Bild. Der Fußpunkt des von O auf die Bildebene gefällten Lotes ist der Bildhauptpunkt H'. Der Abstand OH' = c heißt Kammerkonstante. Die in den Gegenstandsraum verlängerte Gerade H'O ist die Aufnahmerichtung. Die Lochkammer liefert eine exakte Zentralprojektion; zwischen den Achsen winkeln r, die in O zwischen der Aufnahmerichtung und beliebigen Gegenstandspunkten P gemessen werden, und den entsprechenden Bildabständen vom Hauptpunkt r besteht die Beziehung: r = c tan r . Der Anlegerahmen trägt 4 Rahmenmarken (Abb. 2), deren Verbindungsgeraden rechtwinklig zueinander stehen und

12 Meßkammer

11

das Bildachsenkreuz definieren. Der Schnittpunkt der Verbindungsgeraden ist der Bildmittelpunkt M'; er soll möglichst mit dem Bildhauptpunkt H' zusammenfallen. Um aus den Bildabständen r die Achsenwinkel r zu erhalten, muß man die innere Orientierung, d. h. die gegenseitige Lage von Bildebene und Projektionszentrum kennen. Sie wird angegeben durch die Größe von c und die Lage von H' in bezug auf das Bildachsenkreuz. Ein Bild, dessen innere Orientierung bekannt ist, ist ein Meßbild. Meßbilder können nur mit Meßkammern aufgenommen werden. Diese unterscheiden sich von gewöhnlichen photographischen Kammern dadurch, daß sie durch ihre Bauart, insbesondere durch ihre Stabilität und durch den Anlegerahmen, eine eindeutige, unveränderliche innere Orientierung gewährleisten. Mit der Lochkammer erhält man eine „ideale Abbildung". Die oben angeführten mathematischen Definitionen gelten nur für diesen Idealfall. Tatsächlich gibt es weder eine für die Praxis brauchbare Lochkammer noch eine ideale Abbildung. Bei der Bilderzeugung durch ein Objektiv besteht das Gesetz der Zentralprojektion r = ctanr nicht mehr in Strenge. Sofem man aber die Abweichungen von diesem Gesetz für die jeweils benutzte Meßkammer kennt und berücksichtigt, genügt es für alle praktischen Anwendungen, von der Vorstellung der idealen Abbildung auszugehen. 12.2 D i e A b b i l d u n g d u r c h d a s A u f n a h m e o b j e k t i v . Das Herz der Meßkammer ist das Objektiv. Es besteht aus einer Anzahl von Einzellinsen, durch deren Art und Anordnung man die Abbildungsfehler möglichst weitgehend zu korrigieren und über das ganze Bild gute Bildschärfe zu erhalten sucht (s. Bd. 468 Slg. Göschen). Die Abbildung eines Gegenstandspunktes durch ein Objektiv geschieht mittels eines Strahlenkegels, für dessen Öffnung der Durchmesser der Öffnungsblende maßgebend ist. Die Bilder dieser reellen, in das Objektiv eingebauten Blende, die durch den ding- bzw. bildseitigen Objektivteil

1 Grundlagen

12

entworfen werden, sind die Eintritts- bzw. Austrittspupille. Diejenigen Strahlen, die durch den Mittelpunkt der Öffnungsblende hindurchgehen, heißen Hauptstrahlen. Die Hauptstrahlen oder ihre Verlängerungen laufen damit auch durch die Mitten der Bilder der Öffnungsblende, der E.P. und der A.P. (Abb. 3); auf ihnen liegen die einander zugeordneten Ding- und Bildpunkte. Man kann sich daher die abbildenden Strahlenkegel durch ihre Hauptstrahlen ersetzt denken. Objektiv

I

A b b . 3 . Öffnungsblende Ö.B., Eintrittspupille E P. und Austrittspupille A.P.

.

T

Im Gegensatz 2ur Lochk a m m e r h a t d i e tatsächliche . ,

n

,

....

.

_.

Meßkammer für den Dingraum und den Bildraum je ein besonderes Projektionszentrum, den Mittelpunkt der E.P. und den Mittelpunkt der A.P. Unter Berücksichtigung des Abbildungsvorgangs durch ein Objektiv bedürfen einige der mathematischen Definitionen (12.1) einer Verfeinerung: a) Die Aufnahmerichtung ist derjenige Hauptstrahl, dessen dingseitiger, in den Bildraum verlängerter Teil rechtwinklig zur Bildebene ist; b) der Bildhauptpunkt H' ist der Durchstoßpunkt dieses Hauptstrahls durch die Bildebene. Ist die optische Achse des Objektivs rechtwinklig zur Bildebene, so fällt die Aufnahmerichtung mit ihr zusammen. H' ist dann der Durchstoßpunkt der optischen Achse durch die Bildebene; c) die innere Orientierung gibt die Beziehung zwischen den in der Mitte der E.P. gemessenen Achsenwinkeln r und den Bildabständen r an. Diese Beziehung lautet allgemein: r' = c F ( t ) ;

12 Meßkammer

13

d) die Daten der inneren Orientierung sind: 1. die Koordinaten des Bildhauptpunktes H'; sie werden in bezug auf das Bildachsenkreuz (12.1) angegeben; von H' aus werden die Bildabstände r gemessen; 2. die Kammerkonstante c; sie ist in erster Näherung gleich der Brennweite des Aufnahmeobjektivs; 3. die Funktion F(r); diese Funktion unterscheidet sich von der für die Zentralprojektion geltenden tang-Funktion um die Verzeichnung des Objektivs Ar' r = c F(r) = c tan r + A / . Die übrigen in 12.1 gegebenen Definitionen (Bildmittelpunkt, Meßkammer, Meßbild) bleiben unverändert. Die Verzeichnung ist ein Abbildungsfehler des Objektivs, der nur den Bildort, nicht die Bildgüte beeinflußt. Die Verzeichnung kann im allgemeinen als radialsymmetrisdi unterstellt werden; sie ist dann, für alle dem Betrage nach gleichen Bildabstände r , unabhängig von deren Richtung, gleich groß. In Abb. 4 sind die Verzeichnungsbeträge A r' eines Objektivs als Funktion von r vielfach vergrößert dargestellt. Infolge der Verzeichnung werden alle Dinggeraden, die nicht die optische Achse schneiden, gekrümmt abgebildet; das Quadrat in Abb. 4 wird kissenAr , förmig verzeichnet. Dinggeraden, welche die optische Achse schneiden, 3 werden bei radialsymmetrischer Verzeichnung wieder als gerade Linien abgebildet. Auf Grund dieser Eigenäri schaft kann man ein Objektiv auf etwaige Abweichungen der Verzeichnung von der Zentralsymmetrie, d. h. auf sog. tangentiale Verzeichnung, prüfen. Die maximalen Verzeichnungen der modernen Aufnahmeobjektive betragen wenige mm/100, für einige Ob4 jektive liegen sie sogar unter 0,01 mm. Die Verzeichnung.

14

1 Grundlagen

Die innere Orientierung einer Meßkammer wird im allgemeinen von d e n Herstellerfirmen bestimmt. Dabei wird die Kammerkonstante c in der Weise festgelegt, d a ß für einen bestimmten Bildabstand r'o und den zugehörigen Achsenwinkel ro die Verzeichnung Null ist, d. h. r'o

tan r n Die Verzeichnung wird für jede Meßkammer — mindestens aber f ü r jeden Objektivtyp — in Abhängigkeit von r entsprechend Abb. 4 dargestellt. Außerdem werden die Rahmenmarken so justiert, d a ß Bildhaupt H' u n d Bildmittelpunkt M' auf 0,01 bis 0,02 mm zusammenfallen. 12.3 D i e B e s t i m m u n g d e r i n n e r e n O r i e n t i e rung durch den Benutzer der Meßkammer. Der Benutzer einer 'Meßkammer wird in der Regel nicht über Laboreinrichtungen, wie sie die Herstellerfirmen zur Bestimmung der inneren Orientierung verwenden (15.13), verfügen. Er kann die Daten der inneren Orientierung folgendermaßen bestimmen bzw. überprüfen: Man nimmt bei lotrechter Bildebene ein Meßbild auf, das eine Reihe von gut definierten gleichmäßig verteilten Punkten wiedergibt. Die Punkte sollen mit der Meßkammer etwa in einer Horizontalebene liegen. Nach denselben Punkten wird ein Richtungssatz gemessen, wobei der Theodolit mit seiner Stehachse am Ort der E.P. des Kammerobjektivs aufzustellen ist. Wenn die Pj M H' Pi Lage der E.P. nicht genau bekannt Abb. 5 Bestimmung der ist, müssen die Entfernungen der Verinneren Orientierung. gleichspunkte so groß sein, daß der Einfluß des Exzentrizitätsfehlers vernachlässigbar klein bleibt. Unter den Vergleichspunkten soll einer, P2, ungefähr in der Aufnahmerichtung liegen, während zwei weitere Punkte, Pi und Ps, möglichst große Achsenwinkel haben und möglichst symmetrisch zur Aufnahmerichtung liegen sollen (Abb. 5). Die Verzeichnungen können dann in P'2 zu Null und in P\ und P j ent-

12 Meßkammer

15

gegengesetzt gleich angenommen werden. Wird unter (c) derjenige Näherungswert der Kammerkonstanten c verstanden, für den die Verzeichnung in P[ und P'3 gleichfalls Null ist, so ist für Fi, P2 und P 3 : =

¿=1,2,3.

f ist der Winkel zwischen der Aufnahmerichtung und der Nullrichtung des Richtungssatzes. Die Bildgrößen x werden mit einem Komparator von einem beliebig gewählten Bezugspunkt aus gemessen. Zur Bestimmung der 3 Unbekannten f, x'H und (c) führe man die Hilfsunbekannte « j - f — Tl ein. Mit tan r t = ( x ^ - x ^ ) : (c) können die Gleichungen für die Punkte 2 und 3 auf folgende Form gebracht werden: x —x 1, tan [ t j + ( « , - « , ) ] = tan r t + X

tan [ r , + ( « , - « , ) ] = tan Ti + Ihre Auflösung nach ergibt: ( x 2 ~ * i ) cot tan r =



X

^ p -

( * » - « ! ) cot ( a , - « , )

Damit wird

tan ( a 3 — C) — tan r l ' X

H

= X2

~ ( c ) t a n (e

+

ü2

tan vb +

Um nach Einstellwerten entzerren zu können, muß das Gerät so ausgestattet sein, daß sich v, vb und A mit ihren errechneten Werten einstellen lassen. Für ein Entzerrungsgerät, dessen Tischebene S um 2 zueinander rechtwinklige Achsen kippbar ist, treten dabei an die Stelle der Tischneigung vb ihre Längs- und Querneigungskomponenten und an die Stelle der Bildverschiebung A die Verschiebungskomponenten senkrecht zu den beiden Neigungsachsen. 32.44 Die Ausführungsformen der Entzerrungsgeräte. Die verschiedenen auf dem Markt befindlichen Entzerrungsgeräte 'Unterscheiden sich hauptsächlich danach, ob das Objektiv fest ist (Aufbau nach der optischen Achse) oder ob es gekippt werden kann, welche Kombinationen für die notwendigen 5 Freiheitsgrade gewählt sind, welche Steuerungen zur automatischen Erfüllung der Scheimpflug- und der Abstandsbedingung verwandt sind und ob das Gerät auch für die Entzerrung nach Einstellwerten eingerichtet ist oder nicht. Für die praktische Arbeit ist daneben der Vergrößerungsbereich des Geräts von Bedeutung. Ein besonders universelles Entzerrungsgerät ist das SEG V der Firma Zeiss-Aerotopograph (Abb. 88). Beim SEG V ist das Objektiv fest. Die Freiheitsgrade sind: Abstandsänderung zwischen Objektiv und Tisch (der Abstand Objektiv—Bild ist dann

104

3 Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung)

|

Abb. 88. Selbsttätiges Entzerrungsgerät SKG V von Zeiss-Aerotopograph.

ll&tquelle

Abb. 89. Die Wirkung von FresnelLinsen im Vergleich zu einem Kondensor.

zwangsläufig durch die Abstandsbedingung gegeben), Kippungen des Tisches um 2 zueinander rechtwinklige Achsen und Verschiebungen des Bildes in seiner Ebene senkrecht zu seinen beiden Neigungsachsen. Die Abstandsänderung geschieht mit einer Fußscheibe; den Tischkippungen dienen 2 Handräder. Die Scheimpflug-Bedingung wird durch einen räumlich arbeitenden Carpentier-Inversor erfüllt, während ein Kurveninversor, dessen Wirkungsweise hier nicht besprochen werden soll, die Einhaltung der Abstandsbedingung regelt. Für die Entzerrung nach Einstellwerten ist das Gerät mit Einstell- und Ablesevorrichtungen für die Tischneigungen, die Vergrößerung, die Brennweite der Aufnahmekammer und die Bildverschiebungen (32.43) ausgestattet. Die Vergrößerung kann zwischen dem 0,5und dem 6,5fachen des Bildmaßstabs beliebig variiert werden. Das SEGV besitzt als einziges Entzerrungsgerät eine automatische Fluchtpunktsteuerung. Dazu sind die Aufnahmebrennweite fa am Gerät einzustellen und das Bild so einzulegen, daß sein Hauptpunkt H' bei waagerechter Tischlage in der optischen Achse des Objektivs liegt. Dann werden die Komponenten der Bildverschiebung, wie sie der Fluchtpunktbedingung entsprechen, durch ein mechanisches Rechengetriebe selbsttätig aus den jeweiligen Tischneigungen und der Vergrößerung nach der Nähe-

32 Auswertung von Einzelbildern durch Entzerrung

105

rungsformel für A (32.43) ermittelt und durch elektrische Nachlaufsteuerungen automatisch auf das Bild übertragen. Für Sonderaufgaben läßt sich die Fluchtpunktsteuerung auch ausschalten. Wird sie, wie es die Regel ist, eingeschaltet, fallen die Bildverschiebungen als Freiheitsgrade weg. Man hat dann nur 3 Freiheitsgrade und erreicht damit eine wesentliche Verkürzung der Einpaßzeit. Um das zu entzerrende Bild gleichmäßig auszuleuchten, benutzt man Kondensoren, Hohlspiegel oder neuerdings Stufenlinsen nach Fresnel (Abb. 89). Der Vorteil von Fresnel-Linsen, wie sie das SEG V verwendet, liegt in der Verringerung des Gewichts und der Bauhöhe des Geräts. Die Höhe des SEGV beträgt für die stärkste Vergrößerung nur 2,8 m. 32.45 Der praktische Vorgang bei der Entzerrung gliedert sich a) in die Einpassung des zu entzerrenden, auf den Tisch des Entzerrungsgeräts projizierten Bildes auf die Paßpunkte und b) die Photographie des entzerrten Bildes auf einfaches Photopapier, Korrektostatpapier (13.1) oder Film. Der Einpaßvorgang entfällt, wenn nach Einstellwerten entzerrt werden soll (32.43). a) Als Einpaßunterlage verwendet man je nach Lage des Falles entweder einen reinen Punktplan mit den darauf eingetragenen Paßpunkten oder eine vorhandene Karte. Die Einpaßunterlage wird auf dem Tisch des Entzerrungsgeräts befestigt. Die Einpassung geschieht durch schrittweises, systematisches Probieren. Der dabei am zweckmäßigsten einzuschlagende Weg richtet sich nach der Art der Freiheitsgrade des betreffenden Geräts. Beim S E G V (32.44), das bei Einschaltung der automatischen Fluchtpunktsteuerung nur 3 Fredheitsgrade besitzt, ist der Vorgang besonders einfach. Man bringt hier zunächst 2 der benötigten 3 Paßpunkte durch Abstandsänderungen mittels der Fußscheibe und durch Drehen und Verschieben der Einpaßunterlage zur Deckung und bewirkt dann durch Neigungen des Tisches mit den beiden Handrädern auch für den 3. Paßpunkt die Koinzidenz. Mit dem stets erwünschten 4. Paßpunkt kontrolliert oder verbessert man die Einpassung.

106

3 Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung)

b) Nach vollendeter Einpassung wird ein Rotfilter vor das Objektiv geklappt und auf dem Tisch des Geräts an Stelle der Einpaßunterlage das lichtempfindliche Material ausgebreitet. Das Rotfilter ist für die Dauer der Belichtung zurückzuklappen. Die Photographie entspricht einer strengen Nadiraufnahme. Sie ist ein Positiv, falls, wie üblich, zur Entzerrung die Originalnegative benutzt werden. 33 Theorie der Doppelbildauswertung 33.1 D i e H a u p t a u f g a b e d e r P h o t o g r a m m e t r i e. Die räumliche Vermessung der Erdoberfläche aus 2 von verschiedenen Aufnahmeorten photographierten Luftbildern, die dasselbe Gelände darstellen, setzt voraus, daß die innere und die äußere Orientierung der Bilder bekannt sind. Ist diese Voraussetzung erfüllt, können die Bilder mit derselben Orientierung, die sie bei der Aufnahme hatten, in ein Doppelbildauswertegerät, z. B. einen Doppelprojektor (Abb. 43), eingelegt werden. Das durch das Bildpaar erzeugte Raummodell läßt sich dann nach Lage und Höhe ausmessen. Die Daten der äußeren Orientierung können vollständig oder teilweise mit den in 31.4 besprochenen Hilfsmitteln bestimmt werden. In der Regel stehen derartige Einrichtungen aber nicht zur Verfügung, oder sie ergeben nicht die gewünschte Genauigkeit. Die äußere Orientierung der Bilder muß dann aus Paßpunkten abgeleitet werden. Sie wird, falls eine Doppelbildauswertung beabsichtigt ist, nicht für jedes Einzelbild für sich bestimmt, sondern gemeinsam für das Bildpaar. Die Lösung dieser Hauptaufgabe der Photogrammetrie erfordert die Ermittlung von 12 Unbekannten, nämlich der 3 Raumkoordinaten beider Aufnahmeorte und der 3 Winkel q>, co, x für beide Aufnahmen (14.1 und 14.5); man vollzieht sie im Auswertegerät in 2 Abschnitten, durch die gegenseitige und die absolute Orientierung.

33 Theorie der Doppelbildauswertung

107

Die gegenseitige Orientierung sorgt dafür, daß die durdi die beiden Bilder gegebenen Strahlenbündel zusammenpassen, d. h. daß die korrespondierenden, zu gleichen Geländepunkten gehörigen Strahlen der Bündel sich schneiden und nicht windschief aneinander vorbeilaufen. Erst nach richtiger gegenseitiger Orientierung kommt überhaupt ein Raummodell zustande. Durch die gegenseitige Orientierung sind 5 von den insgesamt 12 Unbekannten bestimmt. Es ist nämlich z. B. stets möglich, dem einen, etwa dem linken Bild, eine ganz beliebige Orientierung zu geben und das rechte Bild dann derart relativ zum linken Bild zu orientieren, daß entsprechende Strahlen sich sdmeiden. Der Maßstab des so gewonnenen Modells kann aber noch willkürlich verändert werden. Zur Erfüllung der Schnittbedingung bestehen also nur 5 Bedingungen. Folglich brauchen auch nur, ohne daß es dazu irgendwelcher Paßpunkte bedarf, 5 Strahlenpaare zum Schnitt gebracht zu werden, damit alle einander entsprechenden Strahlen sich schneiden. Damit korrespondierende Strahlen sich schneiden, müssen sie mit der Basis in einer Ebene (Kernebene, s. 14.6) liegen. Wir denken die Bilder wieder in einen Doppelprojektor (Abb. 43) eingelegt und auf eine Horizontalebene projiziert. Die Durchstoßpunkte entsprechender Strahlen weisen im allgemeinen Parallaxen in Basisrichtung — xoder Horizontalparallaxen px — und Parallaxen senkrecht zur Basisriditung — y- oder Vertikalparallaxen py — auf (Abb. 90). Die Horizontalparallaxen können durch Höhenänderungen der Projektionsebene beseitigt werden. Die dann verbleibenden Vertikalparallaxen beweisen, daß die Strahlen sich nicht schneiden. Abb. 90. Um die gegenseitige Horizontal- und Vertikalparallaxen.

108

3 Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung)

Orientierung zu vollziehen, muß man die Vertikalparallaxen in 5 Punkten durch Änderungen von 5 oder 12 Orientierungselementen beider Bilder zum Verschwinden bringen. Das durch die gegenseitige Orientierung hergestellte Modell hat einen „wilden" Maßstab und eine unbekannte Lage und Orientierung im Raum. Um es ausmessen zu können, muß das Raummodell als Ganzes einen bestimmten Maßstab erhalten und derart gekippt, gedreht und verschoben werden, daß seine Raumkoordinaten den auf den gewünschten Modellmaßstab reduzierten Geländekoordinaten gleich sind. Diese absolute Orientierung erfordert die Bestimmung von 7 Unbekannten. Die Unbekannten sind: der Maßstab, 3 Drehungen um die 3 Koordinatenachsen, durch die das Modell azimutal richtig eingedreht und richtig zum Horizont orientiert wird, und 3 Translationen in den 3 Koordinatenrichtungen. Für die absolute Orientierung werden mindestens 2 Lage- und 3 Höhenpaßpunkte — bzw. 2 Paßpunkte, die mit allen 3 Raumkoordinaten bekannt sein müssen, und ein weiterer der Höhe nach gegebener Punkt — benötigt. Bei dem Doppelprojektor (Abb. 43) hätte man den gewünschten Maßstab durch entsprechende Bemessung des Abstandes der beiden Projektoren einzustellen und die Modelldrehungen um die x- und die y-Achse durch gemeinsame Kippungen der Projektoren vorzunehmen. Die Translation in der z-Richtung wird durch Verstellung des Index für die Höhenablesung erreicht. Die Modelldrehung um die z-Achse und die Translationen in x- und y-Richtung können bei graphischen Auswertungen durch entsprechende Drehungen und Verschiebungen der Paßpunktunterlage ersetzt werden. Die Raumkoordinaten der Aufnahmeorte bleiben bei Durchführung der absoluten Orientierung in der beschriebenen Form unbekannt; sie ließen sich zwar nachträglich rechnerisch ableiten. Darauf wird aber in der Regel verzichtet, weil die Koordinaten der Projektionszentren für die Auswertung nicht gebraucht werden.

33 Theorie der Doppelbildauswertung 33.2

Die gegenseitige

109

Orientierung

33.21 Die gegenseitige Orientierung unabhängiger Bildpaare. Wir nehmen an, daß bei der Aufnahme des Bildpaares, das gegenseitig orientiert werden soll, genähert der Normalfall eingehalten wurde. Die Bilder seien mit richtiger innerer Orientierung und mit g? = ft) = x = 0 i n die Bildträger eines Doppelprojektors (Abb. 43) eingelegt und auf einen horizontalen Tisch im Abstand h von den Projektionszentren projiziert, h ist so zu wählen, daß das Modell etwa den gewünschten Maßstab erhält. Soll z. B. der Modellmaßstab dreifach größer als der Maßstab der Luftbilder sein, so ist h = 3 c (c = Kammerkonstante). Der Abstand der Projektoren voneinander sei b = bx-, by und b2 sollen Null sein. Für b erhält man einen Näherungswert, wenn- man den Bildhauptpunkt des rechten Bildes in das linke Bild überträgt, den Abstand der Bildhauptpunkte im linken Bild mißt (Abb. 92) und ihn dann mit dem gewählten Verhältnis aus Bild- und Modellmaßstabszahl multipliziert. Die Ordinatenänderungen, die aus den Abweidlungen der tatsächlichen Lage der Bilder bei der Aufnahme gegenüber dem Normalfall folgen, entnehmen wir aus 14.5. Sie betragen für das linke Bild: dVi

Vi = dbyi + h

+ XI d * i

xi Vi ( ~ "TT d dx = dx* --. Weitere Orientierungsverfahren für Konvergentaufnahmen gibt Adeermann""); er behandelt zugleich den sog. Koppelbildanschlußy durch den der Modellanschluß aufeinanderfolgender Konvergentmodelle bei Aerotriangulationen vollzogen wird. *) W . Hofmann, Das Problem der „Gefährlichen Flüchen" in Theorie und Praxis. Deutsche Geodät. Kommiss., Reihe C, Nr. 3, München 1953. **) F. Ackermann, Zur rechnerischen Orientierung von Konvergentaufnahmen. Bildmess. u. Luftbildwes. 1956.

33 Theorie der Doppelbildauswertung

33.25 Modellverbiegungen

im genäherten

117

Normalfall.

Die

Ausmessung eines aus 2 Bildern erzeugten räumlichen Modells liefert nur dann richtige Ergebnisse, wenn das Modell dem aufgenommenen Gegenstand geometrisch ähnlich ist. Die Ähnlichkeit ist nur unter 2 Bedingungen vorhanden: Die Strahlenbündel bei der Auswertung müssen den Aufnahmestrahlenbündeln kongruent sein, und die beiden Strahlenbündel müssen bei der gegenseitigen Orientierung dieselbe Lage zueinander erhalten haben wie bei der Aufnahme. Die 1. Bedingung kann z. B. durch Verzeichnungsfehler, Fehler der inneren Orientierung, Filmfehler und Fehler des Auswertegeräts gestört sein. Der Einfluß dieser, Modellverzerrungen hervorrufenden Fehler soll hier nicht im einzelnen behandelt werden. Die Einhaltung der 2. Bedingung hängt von der Genauigkeit ab, mit der die Vertikalparallaxen bei der gegenseitigen Orientierung beseitigt werden können. Diese Genauigkeit ist beschränkt. Man muß infolgedessen mit geringen Bestfehlern der gegenseitigen Orientierung rechnen, die zu kleinen Höhenfehlern des Raummodells, sog. Modellverbiegungen, führen. Wir erhalten die Höhenfehler, wenn wir die Wirkung der Orientierungsrestfehler auf die Abszissen * aus der Tabelle in 14.5 entnehmen. Für das Bild I ist:

Eine entsprechende Gleichung gilt für das Bild II. Die Subtraktion beider Gleichungen ergibt den Abszissenunterschied d x j — d jc n . Er ist nach Abb. 96 mit h : b zu multiplizieren, um dh zu erhalten. Wenn ebenso wie in 33.21 XU = XI - b

= X - b ;

gesetzt wird, bekommt man für

Xj = X ;

yn

= yl

=

y

dh: I«

d sin x) x ; +

t

— (sin qp sin ft) sin x + cos q> cos x) y'f +

— t

;

Bei entsprechender Berechnung aller Differentialquotienten bekommt man: dx f + dyi

1

=

zi +

1

d

0 - 2 . ¡. + 1 bx

+

x

i

by

bZ

Vi

z

d* f

i

+ 1

i

Hi+i I

+

(by+dbY)+

(4)

xi+i0 x

i

Z

üi

Vi

+

(bz

+ dbz) +

i

bx

- 0 .

Vi+1 zi + i

: '•i+i »i+i In (4) sind bx, bY, bz beliebig angenommene Näherungswerte. Die Auflösung von 5 Gleichungen (4) liefert erste Verbesserungen für b y und bz und für die Orientierungswinkel. Wir setzen die Korrektionswerte d ( p i + v dco; + 1, d x i + 1 in (2) an die Stelle von (p, ft), x und errechnen die den Korrektionen entsprechenden Richtungskosinus l, m, n. Damit ergeben sich 2. Näherungswerte für die Richtungskosinus aus dem Matrizenprodukt: l l

X

1

V

\2. Näh. ' '

1

lx

ly

lz

l.Korr.

Ix ly

l- 1\ l . N ä h .

oder

e2.Näh. = gl.Korr. i ß l.Näh. n + 1 _ on-Korr. _ gn bzw. allgemein 2^n+1 = ßn

(5)

In (5) ist, den Regeln der Matrizenmultiplikation entsprechend, das Glied in der i-ten Zeile und der fc-ten Spalte der Produktmatrix gleich der Summe der Produkte aus den Gliedern der i-ten Zeile der linken Matrix mit den Gliedern der fc-ten Spalte der rechten Matrix; so ist z. B. „,2.Näh. il.Näh. m, = „l.Korr. wi t_

„,1-Korr. m y

mz

1.Näh. +, „l.Korr. „l.Näh. m n z

2

38 Analytische Photogrammetrie

177

Mit (5) können nach (1) zweite Näherungswerte für x i + 1 , y i + 1 , zi+l errechnet werden. Wir schreiben (1) gleichfalls in Matrizenform und erhalten dann:

bzw.

s2+Näh. =

2 2.Näh.. 5 ._

(6)

Mit den neuen Koordinatenwerten und den auf Grund der ersten Auflösung von (4) erstmals verbesserten Basiskomponenten werden wiederum die Gleichungen (4) gebildet. Man erhält aus ihnen neue Verbesserungen für o y und b z und für die Orientierungswinkel und dann nacheinander eine neue Korrektionsmatrix ß 2 K o r r - nach (2), eine neue Matrix 2 3 N ä h - nach (5) und eine neue Matrix s f £ ä h - nach (6). Der Zyklus (4), (2), (5), (6), (4) ist so oft zu durchlaufen, bis die aus (4) erhaltenen Korrektionen hinreichend klein sind. Sobald die Verbesserungen von cp, , x < 0,5 S geworden sind, empfiehlt es sich, (4) für mehr als 5 Punkte anzusetzen und die endgültigen Orientierungsverbesserungen durch Ausgleichung zu bestimmen. 38.33 Maßstabsbestimmung und Streifenkoordinaten. Nachdem die gegenseitige Orientierung durchgeführt ist, muß für die anschließende Ermittlung der Modellkoordinaten zunächst der Maßstab des Bildpaares i/i + 1 festgelegt werden. Man bestimmt ihn ganz ebenso wie bei der absoluten Orientierung im Folgebildanschluß nach (33.32), d. h. man errechnet den Faktor k, mit dem die aus 38.32 gefundenen Basiskomponenten bx,by,hz zu multiplizieren sind, damit Punkte in der Uberlappungszone der Modelle i — 1/t und i/i + 1 im Modell ili + 1 dieselbe Höhe erhalten, die sie im Modell i — 1/t hatten. Die Modellpunkte werden für alle Bildpaare einheitlich im XYZSystem koordiniert; sie bekommen also Streifenkoordinaten in einem System, dessen Ursprung im Aufnahmeort des 1. Bildes liegt und dessen Richtungen zu den x-, y-, %-Richtungen parallel sind. Für die Projektionszentren gilt: 12

3 Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung)

178 X,

„ +kbx-,

»i + I

X °i o,

Y. = Y . + kbY; «i + 1 o r

a

Z. »i + 1

=:

kby

Ferner ist für jeden Modellpunkt P nach Abb. 131:

C-Xo,xi+1

+1\

_ / Y ~ Y o , + i\ _ (

)p

\

1

h

z-z„

\

Abb. 131. Maßstabsbestimmung und Beredinung der Streifenkoordinaten.

Die

(gi)p-Werte können für die Punkte in der gemeinsamen

Uberlappungszone der Modelle berechnet werden, da ihre Streifenkoordinaten aus der Auswertung des Modells i—1/i bekannt sind. Aus der Differenz der obigen Gleidiungen für X und Z ergibt sich: X0;

+

z»i

+1 ~ z»i

t

-

X»,

= kPbX =

kPbz

und damit kp = (g ; '

= ( g , ) p (*

sowie

X. »i + i', Y„»;+i', Z„ »i + i

Zur Bestimmung der Streifenkoordinaten beliebiger Punkte ist für jeden Punkt zu errechnen:

We .

\xizl ,/

+ 1-xi

+ 1zi

bxzi-bzxi

/P

\

(«' + 0 , = * ^ — x — j l -

W

Hierauf hat man: = X „ + (g,) P (*,)P ° d e r

=

+1

+ (8• + i ) P (*i + i ) P • (9)

Entsprechende Gleichungen gelten für Yp und Zp. Die mit g ; und gj + j bestimmten X- und Z-Werte müssen übereinstimmen, weil durch den beschriebenen Rethengang Z jeweils an der Stelle bestimmt ist, an der die aus beiden Bildern folgenden X-Werte gleich sind. In Y werden sich als Folge von Film-, Restverzeichnungs-, Refraktions-, Geräte-, Restorientierungs- und Messungsfehlern . kleine Differenzen ergeben. Man wird aus den mit g. und g i + 1 errechneten Y-Werten das Mittel bilden und die kleine „Vertikalparallaxe" (Py)p =

k bY

- (g,)p (y.-)p + (g.- +1 )p (Vi + Op

für jeden Punkt zur Beurteilung der erreichten Genauigkeit in der Rechnung nachweisen. 38.34 Absolute Orientierung. Zur Transformation der Streifenkoordinaten X, Y, Z in terrestrische Koordinaten R, H, h (Abb. 129) hat man die (1) entsprechenden Gleichungen:

R = p + M (lxX H = q + M(mxX

+ lyY + l z Z ) , + my Y + mzZ),

h = r + M (nxX + nyY +

(10)

nzZ).

In diesen Formeln sind die 7 Daten der absoluten Orientierung noch unbekannt, nämlich der Maßstab M, die 3 Drehungen

180

3 Aerophotogrammetrie (Luftbildmessung)

(p, ft), x f ü r den Ü b e r g a n g vom XYZ-System auf das RHhSystem u n d die 3 Translationen p, q, r. Zu ihrer Bestimmung braucht m a n mindestens 2 L a g e p a ß p u n k t e 1 u n d 2 sowie drei H ö h e n p a ß p u n k t e 3, 4, 5 (33.1). M a n eliminiert durch Differenzbildung zunächst p, q, r u n d erhält: ARl.2

= M(lxAX1.2

AH1.2

= M (mx AXi,2

+ lyAY1.2

+

lzAZ1.2),

+ myAY1.2

+

mzAZl.2), ( U )

= M ( n x zl X s . 4 + Tiy Zf Y 3 . 4 + n z zl Z 3 . 4 ) , Ah3.5

= M(nxAX3.5

+ nYAYs.5

+

nzAZ,.5).

Hieraus können die U n b e k a n n t e n in ähnlicher Weise iterativ bestimmt w e r d e n wie bei der Lösung der Gleichungen (3). Man wähle dazu- erste Näherungswerte q>, w, x u n d ermittle die zugehörige Matrix £ l N a h - nach (2). D a n n berechne man: AX\.2

= llxAX1.2

+ llYAYi.2

llzAZ1.2,

+

A Y

J • 2 = m X A X 1 • 2 + m Y A Y1 • 2 + m Z A Z 1 • 2 ' . 4 = n1x A X3 4 + iiy A Ys. t + nz A Zs,}, 1 AZ 3.5 = n1xAX3.5+ntYAY3.5 + n1zAZ3.B. A