Personalmanagement: Mitarbeiterorientierte Organisation und Führung von Unternehmungen [Reprint 2019 ed.] 9783110860474, 9783110072891


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German Pages 509 [512] Year 1978

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Table of contents :
Geleitwort des Herausgebers
Vorwort
Inhalt
Gedankenflussplan
I. Zur Theorie des Personalmanagement
II. Personalpolitik
III. Strukturanalyse
IV. Strukturgestaltung
1. Gestaltung der Unternehmensstruktur: Organisation
2. Gestaltung der Personalstruktur: Personalfunktion
V. Personalmanagement-Informationen
Literaturverzeichnis
Sachregister
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Personalmanagement: Mitarbeiterorientierte Organisation und Führung von Unternehmungen [Reprint 2019 ed.]
 9783110860474, 9783110072891

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Mensch und Organisation 6 herausgegeben von W. H. Staehle

Andreas Remer

Personalmanagement Mitarbeiterorientierte Organisation und Führung von Unternehmungen

W DE

G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1978

Dr. rer. pol. Andreas Retner Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Essen Fachgebiet Personalwesen und Unternehmensführung 198 Darstellungen im Text

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Remer, Andreas Personalmanagement : Mitarbeiterorientierte Organisation u. Führung von Unternehmungen. — 1. Aufl. — Berlin, New York : de Gruyter, 1978. (Mensch und Organisation ; 6) ISBN 3-11-007289-0

© Copyright 1978 by Walter de Gruyter Sc Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit Sc Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Satz und Druck: Walter de Gruyter Sc Co., Berlin. — Bindearbeiten: Lüderitz Sc Bauer Buchgewerbe GmbH, Berlin. - Printed in Germany.

Geleitwort des Herausgebers

Die Forderung, der arbeitende Mensch solle im Mittelpunkt von Entscheidungen über Organisation und Führung von Unternehmen stehen, wird allenthalben in Wort und Schrift vertreten. In der wissenschaftlichen Literatur zum Problembereich ,Mensch und Organisation' im allgemeinen und zum Personalwesen im besonderen werden aber wenig neue konzeptionelle Ansätze sichtbar, die diesem Wunsch zur Umsetzung in die Praxis verhelfen könnten. Es ist nicht damit getan, zur Berücksichtigung von Ansprüchen nach humanen Arbeitsplätzen und Möglichkeiten zur Entfaltung und Entwicklung von Fähigkeiten der Mitarbeiter auf den vermeintlich zuständigen Funktionsbereich in Unternehmen — das Personalwesen — zu verweisen, vielmehr erfordert eine mitarbeiterorientierte Organisation und Führung eine entsprechende Verpflichtung der gesamten Unternehmensführung — eben ein Personalmanagement. Damit wird deutlich, daß dem nun vorliegenden 6. Band der Schriftenreihe ,Mensch und Organisation* eine zentrale Bedeutung im Rahmen der Gesamtkonzeption der Reihe zukommt. Die Arbeit versucht, die traditionelle Trennung des Personalwesens in die Bereiche ,Personalverwaltung' und ,Personalführung' zu überwinden, da sie für die Realisierung der Vorstellung von einer mitarbeiterorientierten Gesamtausrichtung der Organisationen eine schwerwiegende konzeptionelle Barriere darstellt. Der Verfasser integriert beide Bereiche unter dem Begriff ,Personalmanagement' und bietet damit zugleich eine neue, vom Gesamtunternehmen ausgehende Betrachtungsweise. Da die Analyse menschlicher Arbeit und ihr sinnvoller Einsatz immer unmittelbar auch den Problemkreis Organisation berührt, ist die Entwicklung des betrieblichen Personalwesens stets eng mit der Entwicklung der Organisationlehre verbunden gewesen. Diese gegenseitige Durchdringung der Problemkreise wird in der Arbeit in besonderer Weise geleistet. Das Personalwesen wird nicht als Ergebnis struktureller Vorentscheidungen der Organisation angesehen, sondern — umgekehrt — personale Erfordernisse sollen strukturprägend wirken. Diese Sichtweise hat, in Konsequenz verfolgt, unmittelbar Auswirkungen auf das Zielsystem einer Organisation. Personalbezogene Entscheidungen haben dann nicht mehr Mittelcharakter für allein ökonomisch orientierte Unternehmensziele, sondern stellen gleichgewichtigte Bezugspunkte bei strategischen und operativen Entscheidungen dar. Daß die Verwirklichung dieses Ansatzes in der Praxis zu Konflikten führen wird, ist unbestritten, und folglich finden sich in der Arbeit auch längere Ausführungen zur Gestaltung von Machtbeziehungen. Dieser Teil der

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Geleitwort des Herausgebers

Arbeit sowie die systematische Darstellung von Instrumenten zur Gestaltung der Unternehmens- und Personalstruktur bieten die Voraussetzung für eine breite Akzeptanz dieses neuen Ansatzes auch in der Praxis. Darmstadt, im Frühjahr 1978

W. H. Staehle

Vorwort

Die „Theorie des Personalwesens" hat noch nicht jenen Grad an Strukturiertheit und konzeptioneller Geschlossenheit erreicht wie beispielweise die Produktionstheorie oder die Marketingtheorie. Zahlreiche fruchtbare Ansätze und Bausteine befinden sich derzeit parallel zueinander in der Entwicklung und lassen die außerordentliche Komplexität des Themas nur erahnen. Im augenblicklichen Entwicklungsstadium sind Forschung und Lehre des Personalwesens verstärkt auf Konsolidierungshilfen in Form von Übersichtsdarstellungen und vor allem konzeptioneller Schwerpunktbildung angewiesen. Dabei wird sich erst noch zeigen müssen, ob das Fach Personalwesen genügend Substanz aufweist, um sich als normativ und sachlogisch eigenständige Dimension der Unternehmensführungstheorie zu entfalten, oder ob es sich eher einer sozialwissenschaftlich verfeinerten Lehre von der „menschlichen Materialwirtschaft" nähern wird. Hauptanliegen dieses Buches ist es, dem Leser eine Konzeption des Personalwesens nahe zu bringen, die als „Personalmanagement" im Sinne einer mitarbeiterorientierten Gesamtführung von Unternehmen bezeichnet werden kann. Insofern wendet sich das Buch besonders an jenen Personenkreis, der in Forschung und Praxis ständig damit befaßt ist, die Weichen für das Selbstverständnis des Personalwesens zu stellen. Andererseits aber durfte die Darstellung die wichtigsten instrumentellen Einzelfragen nicht einfach übergehen, sondern sollte sie in einer geschlossenen Konzeption zusammenfassen, die auch als Grundlage für die Lehre im Personalwesen dienen kann. Für die verständnisvolle Unterstützung sowie viele wertvolle Anregungen danke ich besonders Prof. Dr. Rolf Wunderer, aber auch allen meinen Kollegen im Fachgebiet Personalwesen und Unternehmensführung an der Universität Essen. Mein Dank gilt auch Cilli Mayrhofer, Margot Meutsch und Wilma Schilm, die die mühevollen Schreibarbeiten übernahmen, sowie Dagmar Nilewski und Jutta Richter, die das Manuskript redaktionell überarbeitet haben. Essen im Mai 1977

Andreas Remer

Inhalt

I. Zur Theorie des Personalmanagement 1. Wissenschaftstheoretische Perspektiven 2. Der Personalmanagementbegriff 3. Personalmanagement als Aufgabe 4. Forschungsansätze in der Theorie des Personalmanagement 4.1 Funktion und Struktur als Grundprobleme des Personalmanagement 4.2 Funktionale Methode und Systemansatz 4.3 Forschungsstrategien II. Personalpolitik 1. Begriff und Probleme 2. Personalpolitik und Unternehmenspolitik 3. Personalpolitik als Aufgabe 4. Personalpolitik als Verteilungspolitik 4.1 Verteilungsprobleme und Verteilungsgegenstände 4.2 Vermögens- und Einkommensverteilung 4.3 Entgeltpolitik 4.3.1 Verteilungsziele und Verteilungsdeterminanten 4.3.2 Leistungsorientierte Verfahren der Entgeltgestaltung . . . 4.3.2.1 Arbeitsplatzbewertung 4.3.2.2 Leistungsbewertung 4.3.2.3 Entgeltformen 4.3.2.4 Zusammenfassende Stellungnahme III. Strukturanalyse 1. Strukturelles Personalmanagement 2. Strukturvariable 2.1 Merkmale der Unternehmensstruktur 2.1.1 Arbeitsplätze 2.1.1.1 Aufgaben 2.1.1.2 Arbeitsbedingungen 2.1.2 Formelle Beziehungen im Unternehmen 2.1.2.1 Machtbeziehungen 2.1.2.2 Aufgabenbeziehungen 2.1.2.3 Formelle Kommunikation 2.1.3 Komplexität der Unternehmensstruktur 2.2 Merkmale der Personalstruktur

13 13 16 20 24 25 28 31 35 35 37 42 46 46 49 52 52 56 58 76 82 87 91 91 96 96 96 97 98 100 101 102 103 105 106

Inhalt

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2.2.1 Ansätze zur Erklärung der Person 2.2.2 Fähigkeiten 2.2.3 Motivation 2.2.3.1 Grundfragen 2.2.3.2 Der Prozeß motivierten Verhaltens 2.2.3.3 Arbeitsmotivation 2.2.4 Leistung und Zufriedenheit 2.2.5 Einstellungen 2.2.6 Sonstige Merkmale der Personalstruktur 2.2.7 Soziale Beziehungen 2.2.7.1 Kategorien sozialer Beziehungen 2.2.7.2 Determinanten und Folgen sozialer Beziehungen

106 111 112 112 113 118 126 129 131 133 133 139

IV. Strukturgestaltung 157 1. Gestaltung der Unternehmensstruktur: Organisation 157 1.1 Gestaltung der Machtbeziehungen .159 1.1.1 Begriffe 159 1.1.2 Unternehmensverfassung und Betriebsverfassung . . . . . 161 1.1.3 Gesellschaftsrecht und Personalstruktur 165 1.1.4 Mitbestimmungsrecht und Personalstruktur 169 1.1.4.1 Historischer Überblick 169 1.1.4.2 Darstellung und Beurteilung des gegenwärtigen Mitbestimmungsrechtes 172 1.1.5 Ansätze zur Weiterentwicklung formeller Machtbeziehungen 184 1.1.6 Strukturelles Konfliktmanagement 191 1.2 Arbeitsorganisation 193 1.2.1 Aufgabenbildung 194 1.2.2 Arbeitsorganisation und Personalstruktur 197 1.2.2.1 Orientierung der Arbeit an den Fähigkeiten . . . 197 1.2.2.2 Orientierung der Arbeit an den Bedürfnissen . . 203 1.2.2.3 Gestaltung der äußeren Arbeitsbedingungen . . 216 1.2.2.4 Zusammenfassung: „Humanisierung der Arbeit" 230 1.2.2.5 Organisationsmodelle 234 2. Gestaltung der Personalstruktur: Personalfunktion 243 2.1 Personalbedarf 246 2.1.1 Begriff, Dimensionen und Arten des Personalbedarfs . . . 246 2.1.2 Analyse des Soll-Personalbestandes 248 2.1.3 Prognose des Soll-Personalbestandes 257 2.1.3.1 Determinaten des Soll-Personalbestandes . . . . 257 2.1.3.2 Veränderungsursachen 262 2.1.3.3 Methoden zur Prognose des quantitativen SollPersonalbestandes 263

Inhalt

2.2

2.3

2.4

2.5

2.1.4 Analyse des Ist-Personalbestandes 2.1.5 Prognose des Ist-Personalbestandes 2.1.6 Reservebedarf, Nettobedarf und Überdeckungen 2.1.7 ökonomische, soziale und rechtliche Aspekte des Personalbedarfs Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur 2.2.1 Begriff, Dimensionen und Arten des Personaleinsatzes . . 2.2.2 Qualitativ-räumliche Verteilung des Ist-Personalbestandes 2.2.3 Quantitativ-zeitliche Verteilung des Ist-Personalbestandes 2.2.4 Raum-zeitliche Verteilung des Ist-Personalzustandes . . . 2.2.5 ökonomische, soziale und rechtliche Aspekte des Personaleinsatzes Personalentwicklung: Qualitative Gestaltung der Personalstruktur 2.3.1 Begriff, Dimensionen und Arten der Personalentwicklung 2.3.2 Entwicklungsbedarf 2.3.3 Methoden der Personalentwicklung 2.3.4 ökonomische, soziale und rechtliche Aspekte der Personalentwicklung Personalbeschaffung 2.4.1 Begriff, Dimensionen und Arten der Personalbeschaffung 2.4.2 Der Personalbeschaffungsprozeß 2.4.2.1 Beschaffungsinformationen 2.4.2.2 Ausgewählte Instrumente der Kontaktaufnahme 2.4.2.3 Ausgewählte Instrumente der Personaleinstellung 2.4.2.4 Kontrolle der Personalbeschaffung 2.4.3 Ökonomische, soziale und rechtliche Aspekte der Personalbeschaffung und des Personalabbaus Personalführung 2.5.1 Begriff 2.5.2 Führer und Gruppe 2.5.3 Führungsstil 2.5.4 Situationstheorie der Personalführung 2.5.5 Personalführungstechniken

Personalmanagement-Informationen 1. Informationszwecke und Informationen 1.1 Zwecke der Informationsgewinnung 1.2 Zur Systematik der Informationen 1.2.1 Qualitative Systematik 1.2.2 Weitere Systematisierungsmöglichkeiten 2. Informationsprozesse

277 278 286 289 291 291 294 309 313 315 317 317 321 333 342 347 347 349 351 364 371 377 379 387 387 390 394 397 401 405 405 405 407 407 415 417

Inhalt

11

2.1 2.2

Steuerung der Informationsprozesse durch Zwecke Informationsmethoden 2.2.1 Grundformen der Informationserhebung, -Verarbeitung und -speicherung 2.2.2 Anwendungs- und Verfahrensbeispiele 2.2.2.1 Arbeitsinformationen 2.2.2.2 Personalinformationen 2.2.3 Personalmanagement und EDV

417 419 419 434 434 444 462

Literaturverzeichnis

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Sachregister

505

I. Zur Theorie des Personalmanagement

1. Wissenschaftstheoretische Perspektiven Das Selbstverständnis der Betriebswirtschaftslehre ist seit langem Gegenstand kontroverser Meinungen, insbesondere was dem Zweck, die Mittel und die disziplinaren Grenzen dieser Wissenschaft anbetrifft [482, S. 1 ff.]. Auswahlprinzipien, mit deren Hilfe über betriebswirtschaftliche Erkenntnisobjekte (z. B. Verhalten in der Unternehmung) oder Erkenntnisziele (z. B. wirtschaftliche Gestaltung des Handelns) entschieden werden soll, lassen sich jedoch nicht logisch zwingend herleiten. Sie entspringen vielmehr der durch viele Faktoren beeinflußten Wahl des Forschers [819, S. 144; 895, S. 751], womit nicht bestritten werden soll, daß die Festlegung von Auswahlprinzipien angesichts des begrenzten geistigen Aufnahme- und Verarbeitungspotentials unumgänglich ist. Die häufig beklagte Beziehungslosigkeit zwischen betriebswirtschaftlicher Theorie und betriebswirtschaftlicher Praxis rührt nicht zuletzt auch daher, daß eine mittels bestimmter Auswahlprinzipien „systematisierte" Betriebswirtschaftslehre sich gegen „andersartige", nicht gemeinte praktische Probleme schon ex definitione abgrenzt [286, S. 108 ff.]. Systematisch begrenzte betriebswirtschaftliche Aussagensysteme bergen jedoch die Gefahr, daß auch die Methoden zur Lösung betrieblicher Probleme begrenzt und auf wenige Problemaspekte konzentriert werden, daß überhaupt nur bestimmte Verhaltensaspekte problematisiert werden und daß schließlich durch die konsequente Unterdrückung „nicht betriebswirtschaftlicher" Fragestellungen und Probleme sozialer Wandel verhindert und Interessen selektiert werden [753, S. 66 ff.]. Demgegenüber müssen jedoch auch jene Argumente Erwähnung finden, die theoretisch für eine Abgrenzung betriebswirtschaftlicher Forschung von anderen Forschungsbereichen sprechen könnten. Es sind dies vor allem die forschungs- und verwaltungstechnische Vereinfachung sowie die Vermeidung interdisziplinärer Informationsüberlastung [152, S. 21]. Disziplinäre Grenzen können z. B. dadurch gezogen werden, daß man die Beschäftigung mit dem Tatbestand der Güterknappheit zum eigentlichen Problem betriebswirtschaftlicher Forschung erhebt [495, S. 131]. Dieses Vorgehen entlastet vielleicht den Forscher, nicht jedoch die in einem Unternehmen arbeitenden Menschen, da sich deren täglichen Probleme weitaus vielgestaltiger darstellen und nicht im Rahmen einer einzelnen Disziplin erfaßt werden können. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die traditionelle Betriebswirtschaftslehre den Anspruch erheben kann, die Probleme des organisiert arbeitenden Menschen umfassend zu behandeln, ohne zu einseitigen Lösungen zu gelangen. Dieser Anspruch

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I. Zur Theorie des Personal management

wird „der" Betriebswirtschaftslehre u. a. von den Vertretern einer „arbeitsorientierten Einzelwirtschaftslehre" (AOEWL) streitig gemacht, die sich als Gegenposition zur „kapitalorientierten Betriebswirtschaftslehre" versteht [1001, S. 69ff.; 1000, S. 42 ff.]. Fraglich erscheint jedoch, ob die gegenwärtige Betriebswirtschaftslehre pauschal verallgemeinernd auf bestimmte Erkenntnisobjekte und -ziele festgelegt werden darf. Dazu bietet sie ein viel zu uneinheitliches Bild. Es waren letztlich immer die von den einzelnen Forschern individuell aufgeworfenen Probleme, die das jeweilige Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre konstituiert haben [482, S. 80]. Die Unterschiedlichkeit der Problemstellungen hat zu einer Vielzahl von Theorien geführt, die sich nach Forschungszielen und -methoden von einander unterscheiden. Eine Aggregation der einzelnen Theorien (z. B. Führungstheorie und Investitionstheorie) unter dem Begriff Betriebswirtschaftslehre erscheint kaum noch möglich, es sei denn, man faßt die Betriebswirtschaftslehre als allgemeine Theorie der Unternehmung oder des Betriebes auf. Eine solche Theorie fragt aber nur unter anderem nach den Bedingungen wirtschaftlichen Verhaltens und nimmt auch andere Probleme wie z. B. die soziale Verantwortung der Unternehmung, die Selbstverwirklichung der Mitarbeiter, die Konsumenteninteressen, die politische Vernunft des Managements u. v. a. ausdrücklich in ihr Forschungsprogramm auf. Dieser Ausgangspunkt wird auch hier gewählt, d. h. theoretische Aussagen über die Probleme organisierter Arbeit werden nicht aus dem feststehenden Bezugsrahmen irgendeiner mehr oder weniger abgegrenzten Betriebswirtschaftslehre hergeleitet sondern eher umgekehrt: Die Theorie der Unternehmung soll durch eine nach Ziel und Methode eigenständig zu entwickelnde Theorie des Personalmanagement bereichert werden. Der auf diese Weise erzielte Gewinn an wissenschaftlicher Dispositionsfreiheit macht den Forscher mehr als bisher verantwortlich für die Wahl seiner Forschungskonzeption, d. h. für die beschreibenden, erklärenden und gestaltenden Elemente seiner Theorie. Als zentrale Aufgabe einer Theorie des Personalmanagement werden hier Aussagen über die zweckmäßige Gestaltung organisierter menschlicher Arbeit angesehen (pragmatisches Ziel der Theorie). Derartige Aussagen setzen jedoch voraus, daß die Zwecke und somit die in diesen Zwecken eingebundenen Werte zuvor bestimmt werden (normatives Ziel der Theorie). Des weiteren müssen Zweckmäßigkeitsüberlegungen (Zweck-Mittel-Aussagen) auf kausalgesetzlichen Erklärungen, d. h. auf angenommenen Ursache-Wirkungs-Gesetzmäßigkeiten basieren, deren Aufdeckung eine weitere Aufgabe der Theorie des Personalmanagement ist (kausaltheoretisches Ziel der Theorie). Aussagen über reale Kausalzusammenhänge beruhen jedoch auf der Beobachtung der Realität und der beschreibenden Erfassung des Beobachteten mittels Begriffen, Definitionen und Sätzen (sprachliches Ziel der Theorie). Häufig werden Wahrheit und Informationsgehalt einer Theorie als deren wichtigste Qualitätsmerkmale bezeichnet [152, S. 13 ff.]. Auf die vielfältigen Dimensionen des Begriffes Wahrheit kann hier nicht eingegangen werden. Ge-

1. Wissenschaftstheoretische Perspektiven

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bräuchlicherweise und weniger der Wissenschaft als dem Alltagsleben entstammend, wird eine Aussage dann als wahr bezeichnet, wenn sie die Realität unter allen Umständen objektiv richtig wiedergibt. Diese erkenntnistheoretische Auffassung der Wahrheit ist im allgemeinen mit der Überzeugung verbunden, daß Wahrheit niemals vollständig erreichbar ist, wissenschaftliche Erkenntnis also stets anfällig gegen neue Erkenntnis bleibt [903, S. 78; 756, S. 225; 753, S. 215 ff.]. Angewendet werden kann dieses Wahrheitskriterium auf kausaltheoretische Aussagen, nicht dagegen auf Begriffe und Werturteile [152, S. 2], Eine kausalgesetzliche Aussage wäre z. B. die folgende: „Starke Arbeitsvereinfachung an einem Arbeitsplatz führt zu Monotonieerlebnissen des Arbeitsplatzinhabers." Schon hier sieht man leicht, wie schwierig die Aufdeckung wahrer Kausalgesetzlichkeiten im Rahmen einer Theorie des Personalmanagement ist, denn „Gesetzesaussagen" wie diese müssen in der Regel mit vielen Einschränkungen und Vorbehalten versehen werden, die ihnen eine beschränkte Gültigkeit verleihen. Weiterhin wird an dieser Stelle deutlich, daß Begriffe (z. B. „Monotonie"), obgleich selbst nicht wahrheitsfähig, dennoch einen erheblichen Einfluß auf das wissenschaftliche Bemühen um wahre Erklärungen haben. An Begriffe wird die Anforderung gestellt, daß sie Beobachtetes oder theoretische Sachverhalte präzise (insbesondere überschneidungsfrei) wiedergeben und daß sie bei der wissenschaftlichen Kommunikation von allen Beteiligten stets in der gleichen Weise verstanden und benutzt werden. Vielfach kann dies nur durch ausdrückliche Begriffsdefinitionen zu Beginn einer Theorie einigermaßen erreicht werden. Andererseits gibt es auch Begriffe, die aufgrund langjähriger alltagssprachlicher oder wissenschaftlicher Übung als allgemeingültig und allgemein verständlich angesehen werden (z. B. „Arbeitsplatz"). Diese Begriffe bergen aber häufig die Gefahr der Prädisposition kausaler Erklärungen in sich, indem sie die Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Aspekt oder eine spezielle Eigenschaft eines Vorganges oder Phänomens lenken: So etwa, wenn man den Begriff „Produktionsfaktor" benutzt, um den Menschen im Unternehmen zu beschreiben. Wie bereits erwähnt, beruhen Aussagen über die zweckmäßige Gestaltung organisierter menschlicher Arbeit auf Werturteilen [118, S. 247 ff.]. Werturteile sind normative Aussagen, bei denen nicht die Wahrheit, sondern die „Gültigkeit" über die Akzeptierung entscheidet [504, S. 203; 932, S. 149; 903, S. 77ff.]. Letztere beruht auf subjektiven Entschlüssen. Sofern die verschiedenen Beiträge zur Theorie des Personalmanagement nicht ausdrücklich jene Werte benennen, die ihren Gestaltungsempfehlungen zu Grunde liegen, bringen sie dennoch gewisse Werturteile durch die Wahl ihrer Begriffe und Erklärungsgegenstände zum Ausdruck (wenn sie z. B. überwiegend nach den Bedingungen menschlichen Leistungsverhaltens fragen). Geeigneter für die wissenschaftliche Diskussion als diese Form der versteckten Wertung erscheint eine weitgehende Offenlegung der jeweils gewählten Werte zu Beginn einer Theorie [892, S. 184ff.]. An den Anfang der Gestaltungsaussagen zum Personalmanagement werden hier deshalb Betrachtungen über Sinn

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I. Zur Theorie des Personal management

und Zweck der menschlichen Arbeit in der Unternehmung gestellt (Personalpolitik bzw. Personalphilosophie). Unter dem Informationsgehalt einer Theorie ist deren Aussagekraft über die Realität zu verstehen [720, S. 166 ff.]. Eine Aussage über die Realität hat einen um so größeren Informationsgehalt je mehr Möglichkeiten des realen Geschehens sie ausschließt und je geringer die relativierenden Einschränkungen der mit ihr gemachten Aussage sind. Das Sprichwort: „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist" hat demnach keinen Informationsgehalt. Vereinfachend kann man sagen, daß die Wahrheitschancen einer Theorie (im Sinne von Unwiderlegbarkeit) groß sind, wenn ihr Informationsgehalt gering ist und daß ein hoher Informationsgehalt umgekehrt die Wahrscheinlichkeit dafür hebt, daß die Theorie ganz oder teilweise am Wahrheitskriterium scheitert. So finden sich in den verschiedenen Beiträgen zur Theorie des Personalmanagement eine Vielzahl praktisch unwiderlegbarer Aussagen, die aber einen geringen Informationsgehalt haben und dem Gestaltungsziel daher wenig dienen. Wenn es um die Erklärung und Gestaltung menschlichen Verhaltens geht, ist allerdings auch vor übertriebenen Ansprüchen an den theoretischen Informationsgehalt zu warnen. Häufig führen solche Ansprüche zu voreiligen „Rezepten" und zu einer mechanistischen Betrachtungsweise des Menschen, die ihre Gültigkeit lediglich aus dem technologischen Funktionieren, nicht aber aus der Erfüllung des Wahrheitskriteriums beziehen kann [152, S. 36],

2. Der Personalmanagementbegriff Personalmanagement als wissenschaftlicher Begriff gewinnt seinen eigentümlichen Gehalt aus zwei Forschungsrichtungen innerhalb der Theorie der Unternehmung. Zum einen handelt es sich dabei um jene Richtung, die sich mit der Unternehmung als Ganzes befaßt, wie z. B. Theorien der Unternehmensführung oder der Gesamtführung, Managementtheorien und bestimmte Organisationstheorien. Zum anderen resultiert der Begriff aus jener Problematik, die unter Bezeichnungen wie Personalwesen, Personalarbeit, Personalführung u. ä. m. behandelt wird. Der zweite Themenkreis sei hier der Einfachheit halber mit dem Begriff „Personalwesen" belegt. Er wird in der Literatur mit unterschiedlichen Schwerpunkten und unter Verwendung verschiedener Bezeichnungen für z. T. gleiche Inhalte bearbeitet. Im Zentrum der meisten dieser Beiträge stehen gewisse Maßnahmen, die zur Gestaltung der personellen Bestände (Personalstruktur) einer Unternehmung dienen. Formaler Zweck dieser Maßnahmen ist es, Menschen nach Art, Anzahl, zeitlicher und räumlicher Verteilung in der Unternehmung so einzusetzen, daß bestimmte Wirkungen aus ihrem Handeln resultieren. Als Überschriften für derartige Maßnahmekataloge oder Aktionsprogramme fungieren z. B. „Aufgabenbereiche der Personalverwaltung" [438, S. 50ff.], „Aufgabenbereiche der Personalplanung" [621, S. 30ff.], „Aufgabengebiete der Personalpolitik" [608, S. 22ff.], „Instru-

2. Der Personalmanagementbegriff

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mente der Personalpolitik" [ 2 1 3 , S. 63 ff.] oder „Schwerpunkte der Personalführung" [ 2 7 3 , S. 5 4 f f . ] , um nur einige Beispiele zu nennen [ 9 7 9 , S. 11, S. 1 7 f f . ; 9 7 4 ; 760], Unter diesen Uberschriften werden dann u. a. aufgezählt: Personalbeschaffung, Motivation, Entgeltgestaltung, Ausbildung, Entwicklung, Planung, Beförderung, Entlassung, Sozialleistungen, Einsatz, Führung u. a. m. Abgesehen davon, daß gelegentlich Oberbegriffe woanders als Unterbegriffe auftauchen (z. B. Personalplanung, Personalführung) und daß die Schwerpunkte z. T. unterschiedlich gesetzt werden, läßt sich eine deutliche Gemeinsamkeit der zitierten Aktionsprogramme darin feststellen, daß sie hauptsächlich auf die Gestaltung oder Veränderung personeller Wirkungszusammenhänge abzielen, und zwar durch die Gestaltung der personellen Bestände. Ähnlich verhält es sich in der englischsprachigen Literatur des Personalwesens. Hier tauchen als Oberbegriffe u. a. auf: „personnel function" [ 5 9 1 , S. 8], „personnel program" [ 1 4 3 , S . 4 3 ] , „personnel administration" [471 S. 1], wobei letzterer noch umfassender verstanden werden kann, nämlich mehr im Sinne einer Dimension der Unternehmensführung [ 2 3 7 ; 3 1 7 ; 7 4 5 ] . Beispielhaft für die unter solchen Oberbegriffen zusammengefaßten Aktionsprogramme ist folgende Untergliederung: Procurement (z. B. Beschaffung), Development (z. B. Ausbildung), Compensation (Entgelt für Arbeit), Utilizing (z. B. Stellenbesetzung) und Maintenance (z. B. Betriebsklimapflege) [ 2 5 8 , S. 5 f f . ; 4 5 3 , S. 2 ; 8 6 0 , S. 14ff.]. Aktionsprogramme, wie die oben aufgeführten, stehen typischerweise im Zentrum der Personalliteratur. Wie die geschichtliche Entwicklung des Personalwesens in der Praxis zeigt, wurden die einzelnen Programmbestandteile bis zu einem gewissen Zeitpunkt ausschließlich dazu entwickelt, ein ökonomisch zweckmäßiges Arbeitsverhalten im Unternehmen zu erreichen [ 5 6 1 , 4 7 , S. 2 6 ff.]. Als zweckmäßig galt dabei ein Verhalten, das den Anforderungen der Arbeitsorganisation und den Aufgaben angepaßt war. Demgemäß resultierten die ersten Programmteile des Personalwesens aus verschiedenen durch Arbeitsteilung, Spezialisierung und Mechanisierung hervorgerufenen Problemen organisierter menschlicher Arbeit (Beschaffung, Auslese, Einarbeitung, Unfallschutz, Disziplinarwesen u. a. m.). Das Personal wurde als Produktionsfaktor aufgefaßt und den ökonomisch-technisch bestimmten Arbeitsstrukturen angepaßt. Das Personalwesen fungierte dabei in der Rolle des „Anpassers". So ist es zu erklären, daß lange Zeit weder in der Praxis noch in der Theorie davon ausgegangen wurde, daß das Personalwesen über die Bereitstellung zweckmäßiger Aktionsprogramme (Anpassungsprogramme) hinausgreifen könnte. Die Organisation als Bezugspunkt personeller Aktionsprogramme blieb fraglos und wurde in Wissenschaft und Praxis anderen Funktionsspezialisten (Produktion, später Absatz) überlassen. Bedingt durch verschiedene Entwicklungen wie z. B. die Arbeiterbewegung in Deutschland, die Sozialgesetzgebung, die Welfare-Bewegung in den USA, die Human-Relations-Forschung und nicht zuletzt auch durch das Mitbestimmungsrecht hat sich heute jedoch eine veränderte Beziehung zum arbeitenden Menschen durchgesetzt [ 2 1 3 , S. 3 5 ff.; 8 1 5 , S. 2 6 f f . ; 81, S. 2 9 ff.]. In der Literatur zeigte sich

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I. Zur Theorie des Personalmanagement

dieser Wandel darin, daß Theorien der Organisation und der Unternehmensführung stärker die Bedürfnisse und Anforderungen des Personals in den Vordergrund rückten und daß Sozialwissenschaften wie Soziologie und Psychologie die Analyse und Gestaltung von Unternehmensstrukturen als neues Betätigungsfeld entdeckten. Die Personalliteratur im engeren Sinne ist dieser Entwicklung bis jetzt nur schwerfällig gefolgt. Wohl wurden neue Programmbestandteile wie z. B. Arbeitsplatzgestaltung, Personalorganisation oder Stellenbildung in das Personalwesen aufgenommen, aber wiederum meist unter dem Aspekt arbeitstechnischer „Sachzwänge", d. h. in Anpassung an die Produktionsstruktur [310, S. 13; 20, S. 16; 188, S. 14ff.]. Strukturplanung als Vorstufe personaler Aktionsprogramme bedeutet aber dabei noch lange nicht die kritische Untersuchung von Unternehmensstrukturen unter vorbehaltlosem Rekurs auf den Menschen, sondern in erster Linie eine planerische Vorleistung zur Konstruktion noch leistungsfähigerer Handlungsgefüge. In diesem Sinne findet auch der Begriff „Personalorganisation" heute Anwendung [828, S. 242 ff.]. Die Organisations- und Führungstheorie ist demgegenüber schon zu Positionen vorgedrungen, von denen aus das Personal einer Unternehmung nicht mehr einseitig den Produktions-, Absatz- oder Finanzierungsnotwendigkeiten untergeordnet werden kann. So werden z. B. Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation heute keineswegs mehr ausschließlich unter dem Leistungsaspekt gesehen, sondern zunehmend als Anpassung der Unternehmensstrukturen an die Bedürfnisse und Anforderungen des Personals verstanden [285, S. lff.; 939, S. 8 ff.]. In der Literatur des Personalwesens finden sich bis jetzt nur spärliche Hinweise auf eine derartig emanzipierte strukturbezogene Auffassung [489, S. 21]. Statt dessen wird sehr viel Aufmerksamkeit auf das Problem verwandt, wie die negativen Folgen vorgegebener Strukturen aufgefangen und geglättet werden können, z. B. durch Leistungsanreize, Konflikthandhabungstechniken, Mitarbeitergespräche und Eignungstests. Dieses Verharren in Aktionsprogrammen und die große Zurückhaltung vor strukturellen Eingriffen in der Personalliteratur hat seine Ursachen auch in der beschränkten Reflexion von Unternehmenszwecken. Die Bestimmung der Unternehmenszwecke, d. h. der Bezugspunkte struktureller Entscheidungen und Pläne, wird vielfach nicht als Gegenstand des Personalwesens angesehen, sondern der „Unternehmenspolitik", der „Unternehmensführung", dem „Top-Management" etc. zugeordnet. Mehr oder weniger deutlich werden die „Ziele des Personalwesens" aus den „Zielen der Unternehmung" hergeleitet und mithin diesen untergeordnet [189, S. 13; 902, S. 444; 20, S. 13; 443, S. 22]. In dieser Sichtweise aber erscheinen Strukturen (z. B. Handlungsgefüge, Arbeitsorganisation, Aufgabenstruktur, Einflußbeziehungen) für das Personalwesen als Datum, denn über die Unternehmensstruktur entscheidet nur, wer über die Unternehmenszwecke befindet. Lediglich die Verwirklichung von Strukturen und nicht deren zweckbezogener Entwurf wäre damit Gegenstand des Personalwesens. Obige Auffassung hat seit einigen Jahren an Boden verloren. Zum einen werden die Bedürfnisse und Anforderungen des Personals zunehmend auch bei der

2. Der Personalmanagementbegriff

19

Strukturplanung berücksichtigt. Dies hat seine Gründe vor allem darin, daß der „Produktionsfaktor" Personal sich verschiedentlich als Engpaßfaktor offenbart hat und daß soziokultureller Wandel sowie die Veränderung der sozialpolitischen Szene eine andere Einstellung zum arbeitenden Menschen hervorgebracht haben. Personalwesen ist damit zu einer Angelegenheit aller Entscheidungsebenen geworden, d. h. auch Ziel- und Strukturentscheidungen in der Unternehmung können als eine Erscheinungsform des Personalwesens verstanden werden [745, S. 3]. Zum anderen hat sich der Einstellungswandel auch in der Entwicklung der Personalabteilung gezeigt, insbesondere in der Position des Personalleiters, der in manchem Großunternehmen bereits der Unternehmensleitung angehört (z. B. als Arbeitsdirektor) und von dort her mehr oder weniger Einfluß auf Unternehmensziele und -strukturen ausüben kann. In der Literatur zeigt sich dieser Aspekt des Personalwesens darin, daß unter Bezeichnungen wie Personalphilosophie [143, S. 18; 453, S. 6] oder Personalpolitik [213, S. 12 ff.] ausdrücklich von „Zielen des Personalwesens" die Rede ist, die gleichrangig neben die ökonomischen „Ziele der Unternehmung" gestellt werden können. Personalwesen beginnt nach dieser Auffassung bereits mit der Beteiligung an langfristigen Zielentscheidungen. Unternehmensziele und somit auch Unternehmensstrukturen wären dem Personalwesen danach also nicht fraglos vorgegeben, sondern ein Gegenstand (auch) des Personalwesens. Obige Vorstellung, daß Personalwesen nicht nur ein Mittel zu vorgegebenen Unternehmenszwecken ist, sondern auch die (Mit-) Bestimmung der Unternehmenszwecke umfaßt (Personalpolitik), findet in der neueren Literatur zur Unternehmensführung und -Organisation Unterstützung. Unternehmensführung, insbesondere wenn sie im deutschen Sprachraum unter der Bezeichnung Management behandelt wird, ist ein Prozeß, der mit dem Setzen von Zielen (Politik) seinen logischen Anfang nimmt [908, S. 639ff.; 970, S. 309ff.]. Auf die Zielsetzung folgen die Strukturplanung und verschiedene Maßnahmen der Strukturrealisation [941, S. 327ff.; 742, S. 2020; 259, S. 11 f.; 595, S. 80ff.]. Management wird hier nicht als Personenkreis verstanden und auch nicht als eine spezielle Führungstechnik [67, S. 660ff.; 72, S. 353 ff.]. Vielmehr unterliegt dem hier benutzten Managementbegriff die Vorstellung eines idealtypischen Vorganges, der wie folgt definiert werden kann: Management ist die Konzipierung und konkrete Gestaltung arbeitsteilig organisierter Strukturen auf dem Wege der Selektion von Zwecken und Mitteln dieser Strukturen. Damit ergibt sich eine gewisse Isomorphie zwischen der Struktur des Managementprozesses und den zuvor herausgestellten Hauptaspekten des Personalwesens. Unter Personalmanagement wird im folgenden ein Vorgang verstanden, der ebenfalls die Bestimmung von Zwecken (oberste Ziele), die Planung von Strukturen (strukturelle Mittel) und Maßnahmen zur konkreten Gestaltung der Strukturen (Aktionsprogramm) umfaßt. Auf eine Kurzformel gebracht, wird Personalmanagement hier begriffen als Konzipierung und konkrete Gestaltung arbeitsteilig organisierter Strukturen auf dem Wege der Selektion von Zwecken und Mitteln des Ein-

20

I. Zur Theorie des Personalmanagement

satzes von Menschen in diesen Strukturen. Personalmanagement und andere Managementbereiche können sowohl auf der Ebene der Mittel als auch auf der Ebene der Zwecke voneinander unterschieden werden. So rücken z. B. im „Marketingmanagement" andere Mittel (z. B. Werbeträger) in den Vordergrund, und es werden auch andere Zwecke (z. B. Konsumentenziele) angesprochen als im Personalmanagement. Personalmanagement ist nicht allein eine Angelegenheit der Personalabteilung, dies um so weniger, je mehr der Personalabteilung im Sinne des klassischen Personalwesens lediglich Aktionsprogramme überantwortet werden, ohne daß sie wirksam in die Unternehmenspolitik und in die Strukturplanung eingreifen kann. Die hier postulierte Reichweite des Personalmanagement findet sich (mit Einschränkungen) auch in der Literatur [357, S. 177ff.; 312, S. 10ff.; 734, S. 95ff.; 709, S. 21 ff.]. Personalmanagement wurzelt bei manchen Autoren in einer grundlegenden Unternehmensphilosophie, d. h. auf einer Ebene, auf der grundsätzlich über Sinn und Zweck der Unternehmung entschieden wird [143, S. 18; 453, S. 6]. Dieser Auffassung kommt auch die Vorstellung von der Unternehmung als Gestaltungsobjekt einer Interessenkoalition recht nahe1. Ob dem Personalmanagement in dieser Koalition, wie z.T. behauptet wird [1009, S. 8, S. 11; 180, S. 29ff.] eine Sonderrolle zukommt, mag dahingestellt bleiben. Die modernen Konzepte der sozialen Verantwortung der Unternehmung weisen jedenfalls darauf hin, daß langfristig jeder einseitigen Orientierung des Management an einzelnen Interessengruppen (Eigentümer, Mitarbeiter, Konsumenten etc.) Grenzen gesetzt sind [21, S. 57 ff.].

3. Personalmanagement als Aufgabe Damit Personalmanagement als Aufgabe gestaltet und wahrgenommen werden kann, bedarf es einer Operationalisierung des Personalmanagementbegriffes. In der hier gegebenen Definition von Personalmanagement lassen sich als Hauptproblemebenen die Ebene der Zwecke und die Ebene der Mittel unterscheiden. Die Zwecke werden hier als letzte Bezugspunkte organisierter menschlicher Arbeit aufgefaßt, als Ziele, denen die Arbeit in der Unternehmung dient. Dieser Bereich ist Gegenstand der Personalpolitik, wobei unter Politik das Bestimmen von Zielen verstanden wird. Da diese Ziele arbeitsteilig, d. h. unter Zusammenfassung einer Mehrzahl von Menschen bzw. Einzelhandlungen angestrebt werden sollen, besteht auf der Ebene der Mittel eine Aufgabe darin, bestimmte zielorientierte Handlungszusammenhänge zu gestalten. Meistens müssen bei dieser Gestaltung auch Sachmittel wie Maschinen, Gebäude, Werkzeuge etc. miteinbezogen werden. Statt von Handlungszusammenhängen wird hier deshalb allgemeiner von der Unternehmensstruktur gesprochen. Unternehmensstruktur meint dann das materielle System der Unternehmung sowie 1

[534 in: 3 8 2 , S. 4 5 6 f f . ] Die Autoren beziehen sich auf [166].

3. Personalmanagement als Aufgabe

21

das geplante Handlungssystem auf der Grundlage formalisierter Verhaltenserwartungen (Organisation als Zustand). Dem geplanten Handlungssystem steht das soziale System [927, S. 125 ff.; 423, S. 100ff.] bzw. die Personalstruktur gegenüber. Unter einem System wird dabei eine Menge von Elementen verstanden, zwischen denen Beziehungen bestehen [941, S. 105]. Zielorientierte Strukturen entstehen durch spezifische Maßnahmen der Strukturgestaltung. Auf der Ebene der Mittel ergibt sich daraus die Aufgabe, Maßnahmen zu planen und anzuwenden, die dazu dienen, die gewünschten Strukturen hervorzubringen. Die Zusammenfassung dieser Maßnahmen wird hier als Aktionsprogramm bezeichnet. Als unmittelbarer Bezugspunkt (Zweck) des Aktionsprogramms dienen die Idealbilder der Unternehmens- und Personalstruktur. Das Aktionsprogramm darf jedoch nicht den in der Unternehmens- und Personalpolitik eingebundenen Werten widersprechen, da der strukturelle Zweck die Mittel nicht heiligt. Die Festlegung von Zielen, die Gestaltung von Strukturen und die Anwendung des Aktionsprogrammes können zum einen unter dem Gesichtspunkt der Planung und zum anderen unter dem Gesichtspunkt der Realisation betrachtet werden. Planung, hier verstanden als gedankliche Vorwegnahme zukünftiger Wirkungen des Handelns, tritt also auf als Planung der Personalpolitik (Bestimmung dessen, was man erreichen will), als Strukturplanung und als Planung des Aktionsprogrammes. Damit gewinnt der Planungsbegriff im Personalmanagement erheblich an Reichweite gegenüber dem klassischen Begriff der Personalplanung. Letzterer bezieht sich meistens nur auf einen Aspekt des Aktionsprogrammes (Personalbedarfsplanung) (Betr.VG 72, § 92), ersterer dagegen auf das gesamte Personalmanagement [621; 974, S. 18 ff.]. Idealtypisch kann man sich nun Personalmanagement als Prozeß vorstellen, der zunächst als Planungsprozeß und dann als Prozeß der Realisation abläuft. (Darst. 1) Freilich bedeutet die Darstellung (1) nicht, daß Personalmanagement zeitlich stets in dieser Phasenfolge abläuft. Insbesondere werden sich vorgelagerte Planungen an nachfolgenden Planungen orientieren müssen. So wird man beispielsweise personalpolitische Ziele nicht ohne Berücksichtigung der voraussichtlich realisierbaren strukturen Mittel und diese wiederum nicht ohne Beachtung der verfügbaren Realisationsmaßnahmen bestimmen. Mit anderen Worten: bereits bei der Zielplanung können sich Restriktionen ergeben, wenn man zuvor die Realisationsmöglichkeiten überdenkt. Auch folgt nicht unbedingt die Realisation auf die Planung, denn die Realisation kann aufgrund unerwarteter Probleme und neuer Einsichten zum Anstoß weiterer Planung werden, dieser also vorausgehen. Versteht man Personalmanagement als Prozeß, so sind die einzelnen Planungsschritte dieses Prozesses Gegenstand der Personalmanagementtheorie und die Realisationsschritte Gegenstand der Personalmanagementpraxis. Eine „reine" Personalmanagementpraxis gibt es demnach auch in der Unternehmung nicht. Der „Praktiker" des Personalmanagement ist vielmehr stets bewußt oder unbewußt notwendigerweise auch ein „Theoretiker" des Personalmanagement (Planung). Als

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I. Zur Theorie des Personalmanagement

Darst. 1: Personalmanagement als Prozeß

solcher muß er sich u. a.auch über wissenschaftstheoretische Probleme im klaren sein. So erfordert beispielsweise die Bestimmung personalpolitischer Ziele aufgrund fehlender Wahrheitskriterien eine gründliche Auseinandersetzung mit den jeweils implizierten Werturteilen. Die Gültigkeit der Personalpolitik hängt nicht zuletzt davon ab, ob sie gesamtgesellschaftlich akzeptiert wird. Aufgabe des Praktikers ist es mithin nicht nur, Ziele zu verwirklichen, sondern auch, diese Ziele zu reflektieren und zu begründen. Der prozessualen Gliederung des Personalmanagement kann eine personelle Gliederung des Personalmanagement gegenübergestellt werden. Will man Personalmanagement als arbeitsteiligen Prozeß organisieren, so fragt man, wie die einzelnen Teile dieses Prozesses in Aufgaben transformiert und auf Personen verteilt werden sollen. Die Aufgabenverteilung im Personalmanagement muß über die Grenzen der Personalabteilung hinausreichen. Insbesondere die Realisation von Strukturen bzw. die Anwendung entsprechender Realisationsmaßnahmen bleibt in der Regel anderen Abteilungen in der Unternehmung überlassen, da hier personelle und sachliche Gegebenheiten täglich aufs neue speziell aufeinander abgestimmt werden müssen. Jedoch gehört es zur Aufgabe des Personalmanagers (in der Personalabteilung) spezifische Zielvorstellungen zur Unternehmenspolitik beizusteuern und sich an der Planung der Unternehmensstruktur zu beteiligen. Dies unterscheidet ihn vom Sachbearbeiter im Personalwesen. Wie eine Untersuchung in Großunternehmen ergab, wird zwar die Notwendigkeit unternehmensstruktureller Maß-

3. Personalmanagement als Aufgabe

23

nahmen von Personalleitern durchaus gesehen, jedoch haben sie wenig Einfluß auf diesem Gebiet. D a s Schwergewicht strukturellen Personalmanagements scheint heute noch bei der Gestaltung (Anpassung) des sozialen Systems und nicht bei der Unternehmensstruktur zu liegen, wie folgende Aufstellung zeigen soll [ 7 7 8 , S. 177 ff.]:

N.

Gestaltungsdeterminanten

zukünftige Wichtigkeit

gegenwärtiger Erfolg

gegenwärtiger Einfluß des PL

Personalleiter

Betriebsräte u. Vorgesetzte

Personalleiter

Betriebsräte u. Vorgesetzte

Personalleiter

Betriebsräte u. Vorgesetzte

Arbeitsinhalt

4.07

3.96

3.13

3.02

3.01

2.22

Arbeitsbedingungen

3.95

3.80

2.82

3.22

2.84

2.27

Arbeitsbeziehungen

3.90

3.96

2.90

2.92

2.85

2.45

Soziale Beziehungen

4.00

3.87

3.00

2.93

3.41

2.72

Soziale Fähigkeiten

4.03

4.20

2.69

2.85

4.00

2.69

Arbeitsrecht

4.18

3.75

3.97

3.58

4.70

3.91

Gestaltungsbereiche

N.

Unternehmensstruktur

Soziales System

Stichprobe in Großunternehmen mit über 2000 Mitarbeitern; 35 Personalleiter, 51 Vorgesetzte, 43 Betriebsräte; Intensitätsskala von 1 (sehr niedrig) bis 5 (sehr hoch); eine Differenz von 0.20 ist bei der gegebenen Werteverteilung bereits als erheblich anzusehen. Darst. 2: Schwerpunkte struktureller Personalarbeit

A u f g a b e n im strukturellen Personalmanagement werden — begünstigt auch durch die Gesetzgebung — zunehmend von Betriebsräten und Gewerkschaften wahrgenommen. Nicht viel anders verhält es sich mit personalpolitischen Aufgaben, die eher auf tarifvertraglicher und gesetzlicher Ebene geregelt werden als durch die Personalleiter selbst. Derartige Erscheinungen weisen darauf hin, daß Personalmanagement als A u f g a b e von den Personalabteilungen und teilweise s o g a r im Unternehmen insgesamt noch nicht in hinreichendem U m f a n g realisiert wird [ 4 4 9 , S. 3 4 f f . ; 8 7 5 , S. 1 9 9 f f . ; 2 6 1 , S. 7 1 ; 2 5 7 , S. 3 2 f f . ; 182, S. 5 f f . ; 158, S. 1 8 6 f f . ] .

24

I. Zur Theorie des Personalmanagement

4. Forschungsansätze in der Theorie des Personalmanagement Die bisherigen Forschungsansätze in der Theorie des Personalmanagement können zunächst disziplinär nach zwei Richtungen unterschieden werden: Entweder sie sind eher an den Erkenntnissen und typischen Problemstellungen einer einzelnen wissenschaftlichen Disziplin orientiert (z. B. Betriebswirtschaftslehre, Psychologie), oder sie sind um eine relativ disziplinunabhängige Sicht praktischer Probleme bemüht (z. B. Personalbeschaffung, Personaleinsatz, Mitbestimmung) und bedienen sich der verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen je nach Bedarf. Die erstgenannte Richtung hat stark an Bedeutung verloren, seitdem sich die Einsicht durchgesetzt hat, daß die Fragestellungen und Erkenntnisse einer einzelnen Disziplin nicht ausreichen, um dem Menschen und seinen Problemen im Unternehmen gerecht zu werden. Selbst dort, wo Personalmanagement schon vom Titel her („Personalwirtschaft") auf eine Disziplin (Betriebswirtschaftslehre) bezogen zu sein scheint, werden heute gleichwohl mehrere andere Disziplinen zur Entscheidungshilfe herangezogen [534 in: 382, S. 449ff.]. Die oben vorgenommene Einteilung der Forschungsrichtungen äußert sich auch noch in einer anderen Erscheinungsform, die den Zweck- und Mittelhorizont des jeweiligen Forschers betrifft. Die an einer einzelnen Disziplin festgemachten Forschungsansätze im Personalmanagement bedienen sich nämlich der Auswahlprinzipien dieser einen Disziplin (in der Vergangenheit meistens die Betriebswirtschaftslehre), um Zwecke und Mittel des Personalmanagement zu identifizieren. Dies hat häufig dazu geführt, daß ein einziger „letzter" Zweck (z. B. Rentabilität) vorangestellt und lediglich mit den disziplinspezifischen Mitteln bedient wurde [914]. Multidisziplinär orientierte Forschungsansätze dagegen beziehen zumindest bei der Suche nach Mitteln mehrere Disziplinen mit ein, indem sie z. B. nach den soziopsychischen Bedingungen einer bestimmten Zweckerreichung (z. B. Produktivitätssteigerung) fragen.2 Als weiteres Charakteristikum der multidisziplinären Ansätze zeigt sich in letzter Zeit, daß sie z. T. nicht nur die von mehreren Disziplinen angebotenen Mittel (z. B. Kostenrechnung, Motivationstheorie, Pädagogik, Arbeitsmedizin), sondern auch die diesen Disziplinen eigentümlichen Menschenund Gesellschaftsbilder übernehmen. Letzteres führt dazu, daß auch der Bereich der Zwecke menschlicher Arbeit neu reflektiert wird. Diese Ansätze zeigen ein verändertes Verständnis der Betriebswirtschaftslehre i. S. einer allgemeinen Theorie der Unternehmung. Sie sind beeinflußt von komplexen Theorien der Persönlichkeit und der Gesellschaft und verlangen von der Unternehmung allgemein, sowie vom Personalmanagement speziell eine Mehrfach-Zweckorientierung [488, S. 14ff.; 213, S. 12 ff.; 979, S. 11; 1000, S. 31 ff.]. 2

Begonnen hat diese Richtung mit Forschungsergebnissen der Human Relations Schule (Mayo, Roethlisberger, Dickson); vgl. [229, S. 6 7 f . ] ; als beispielhaftes Theoriemodell ließe sich die Anreiz-Beitrags-Theorie anführen, vgl. [70 in: 2 9 1 , S. 38 ff.]. Neuerdings ist dieses Modell direkt in eine Personalwesenkonzeption transformiert worden, vgl. [ 5 3 4 in: 3 8 2 , S. 459ff.].

4.1 Funktion und Struktur als Grundprobleme des Personalmanagement

25

Nach dem oben Gesagten lassen sich mithin tendenziell drei Forschungsrichtungen im Personalmanagement erkennen, die sich durch — enge Zwecksetzung und enge Mittelwahl, oder — enge Zwecksetzung und breite Mittelwahl, oder — Mehrfachzwecksetzung und breite Mittelwahl auszeichnen. Mit dieser Einteilung in engem Zusammenhang steht ein drittes Differenzierungskriterium der Personalmanagementforschung. Es handelt sich dabei nicht um die disziplinäre Herkunft und Vielfalt der Mittel, sondern um deren strukturelle Reichweite. Dort, wo die Personalmanagementtheorie von einem vorgegebenen wirtschaftlichen Zweck ausgeht, besteht i. d. R. keine Vorliebe zur Problematisierung der Unternehmensstruktur, insbesondere der zweckorientierten Handlungsmuster in der Unternehmung. Der Entwurf solcher Muster wird stillschweigend den „Experten" überlassen, d. h. den Experten in der Linie, die ihre Strukturentscheidungen vornehmlich nach leistungsfunktionalen Gesichtspunkten fällen. Aufgabe des Personalmanagement wäre es nach dieser Konzeption, durch vielerlei Maßnahmen (Aktionsprogramme) dafür zu sorgen, daß die menschlichen Bestände in der Unternehmung möglichst genau den funktionalen Erfordernissen der Unternehmensstruktur entsprechen. Diese Richtung sei hier als strukturell-funktionaler Ansatz des Personalmanagement bezeichnet [581, S. 113ff.]. Demgegenüber steht die Auffassung, daß die Mittel des Personalmanagement nicht darauf beschränkt bleiben dürfen, vorgegebene Strukturen zu verwirklichen oder zu erhalten, sondern daß Personalmanagement auch die Strukturgestaltung als Mittel umfaßt. Die Unternehmensstruktur wird dabei kritisch unter dem Gesichtspunkt betrachtet, ob sie als zweckmäßig im Hinblick auf die personalpolitischen Ziele akzeptiert werden kann. Diese Richtung sei als funktional-struktureller Ansatz bezeichnet, denn sie fragt nach der Funktion von Unternehmensstrukturen. Man stößt auf sie insbesondere bei jenen Personalmanagementvertretern, die nicht von einem einzigen (wirtschaftlichen) Zweck der Unternehmung ausgehen. Das Postulat mehrerer Zwecke läßt den Gedanken an unterschiedliche Strukturierungsmöglichkeiten naheliegender erscheinen als bei den Ein-Zweck-Modellen der Unternehmung.

4.1 Funktion und Struktur als Grundprobleme des Personalmanagement Die vorangegangenen Betrachtungen machen deutlich, daß das pragmatische Wissenschaftsziel der Personalmanagement-Forschung auf die theoretischen Kategorien Funktion und Struktur als wichtige Ansatzpunkte der Forschung zurückverweist. Der klassische Funktionalismus ist kausalwissenschaftlich fundiert. Er hat seinen Ursprung im biologischen bzw. physiologischen Funktionsbegriff (Funktion der

26

I. Zur Theorie des Personalmanagement

Organe) und wurde von den Vertretern des sozial- und kulturanthropologischen Funktionalismus von dort übernommen [605, 764], Mit „Funktion" ist stets ein bestimmtes Streben in Richtung auf eine bezweckte Wirkung gemeint, die im Funktionalismus zumeist darin zu sehen ist, daß ein Gebilde erhalten („am Leben") bleibt. Funktionen sind mithin kausalistisch fundierte Leistungen, die für den Fortbestand eines Organismus, einer Struktur, einer Unternehmung, einer Gesellschaft etc. erforderlich sind [557, S. 97 ff.]. Insbesondere seit Parsons hat sich der Funktionalismus als Theorie der Bestandserfordernisse sozialer Systeme entfaltet [735 in: 333, S. 42ff.; 737]. In der Betriebswirtschaftslehre findet sich dieser Ansatz wieder. Allerdings war hier zunächst nicht der abstrakte Bezugspunkt der Bestandserhaltung sondern die Betriebsaufgabe [707, S. 8; 496, S. 25 ff.] bzw. das Unternehmensziel Gegenstand funktionaler Betrachtungen. Die Begriffe „Funktion" und „Aufgabe" finden dabei in prinzipiell gleicher Weise Verwendung [101, S. 268; 498, S. 45; 790, S. 2091 ff.; 2, S. 37], Die Ausübung einer Funktion wird stets als Mittel zu einem vorgegebenen Zweck gesehen, als etwas Aufgegebenes und kann in diesem Sinne durch den Aufgabenbegriff ersetzt werden [536, S. 461]. Die Erledigung von Aufgaben kann dann als Mittel aufgefaßt werden, wobei die Gesamtheit dieser Mittel eine zweckgerichtete Struktur (Wirkungszusammenhang) bildet. Hier liegt der Ansatzpunkt für die klassische Auffassung vom Personalmanagement als Aufgabe („Personalfunktion") [312, S. 10ff.]: Die Aufgabe des Personalmanagement besteht darin, für die Ausübung von Funktionen zu sorgen. Diese Auffassung von Personalmanagement soll hier zwar nicht generell in Frage gestellt werden, gleichwohl aber muß auf die dahinterstehenden Probleme und Gefahren aufmerksam gemacht werden. Sie werden in den allgemeinen Vorwürfen gegen den Funktionalismus sichtbar. Ein Hauptvorwurf gegen die funktionalistische Forschung besteht darin, daß dieser Ansatz stets einen bestimmten Zweck als vorgegebenes Bezugsproblem der Strukturbiidung voraussetzt. Damit jedoch ist die Gefahr gegeben, daß einseitige Zwecke des Handelns allzu fraglos hingenommen und im weiteren Forschungsprozeß fortgeschrieben werden. Der Funktionalismus versagt vor den Problemen des sozialen Wandels insofern, als es ihm gerade darauf ankommt, Strukturen so zu gestalten, daß sie dauerhaft einem Zweck dienen können, ohne verändert werden zu müssen [202, S. 843 ff.]. Dies läuft letztlich auf eine Zementierung des Zwecks und der dazugehörigen Leistungen (Funktionen, Aufgaben) hinaus. Personalmanagement würde damit am Ende auf immer gleiche Aktionsprogramme zur Bewirkung konstanter, vorgegebener Leistungen reduziert. Diese, an das Funktionieren der Organe in einem Organismus erinnernde Vorstellung, zeigt, daß der Funktionalismus Überreste organizistischen Denkens aufweist [145, S. 201 ff.]. Die Organismus-Analogie führt in den Sozialwissenschaften jedoch nicht weiter, denn weder gelingt es, Normalzustände des „sozialen Körpers" bzw. Endzwecke eines sozialen Systems (Unternehmung) anzugeben [605, S. 38f., 155ff.; 207, S. 141 ff.], auf die sich die funktionale Analyse mit gutem Gewissen beziehen kann, noch können jene Leistungen eindeutig abgeleitet werden, die einen Normalzustand,

4.1 Funktion und Struktur als Grundprobleme des Personalmanagement

27

Stabilität oder Zweckerreichung garantieren [343 in: 346, S. 145 ff.]. Letzteres wird von P. M. Blau, selbst ein Vertreter der funktionalistischen Schule, belegt, indem er zeigt, daß Leistungen, die zur Zweckerreichung konzipiert werden, stets Folgeprobleme aufwerfen [90, S. 91]. Diese sog. „disfunktionalen Folgen" von Funktionen sind unvermeidlich und geraten ständig in Konflikt mit anderen funktionellen Anforderungen der Struktur. Typisch hierfür ist im Personalmanagement z. B. die Aufgabe der Fortbildung von Mitarbeitern. Einerseits sind Bildungsmaßnahmen funktional im Hinblick auf qualitative Leistungsvoraussetzungen. Andererseits jedoch ist die Erfüllung solcher Voraussetzungen mittels Fortbildung mit dem Problem erhöhter Mobilität und Abwanderungsbereitschaft der Mitarbeiter behaftet. Nagel und Hempel generalisieren diese Schwäche des funktionalistischen Ansatzes, indem sie die Erklärung funktionaler Beziehungen mit kausaler Erklärung schlechthin indentifizieren. Die Ableitung von Aufgaben (Funktionen) aus vorgestellten Zwecken erscheint dann als Schluß von der (gewünschten) Wirkung auf die diese Wirkung hervorbringenden Ursachen [687; 386 in: 327, S. 271 ff.; 178, S. 757ff.]. Da man aber weder von einer Wirkung eindeutig auf die dazugehörigen Ursachen, noch umgekehrt von einer Ursache auf die daraus resultierenden Wirkungen schließen kann, scheitert der Funktionalismus an der Begrenzetheit kausaler Erklärungsmöglichkeiten [897, S. 111]. Auf eine Kurzformel gebracht bedeutet dies für die funktionalistische Personalmanagement-Forschung, daß weder die Maßnahmeplanung noch deren Bezugsproblem, die Strukturplanung, endgültig dem kausaltheoretischen Wissenschaftsziel (Eindeutigkeit der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge) genügen können. So mag beispielsweise die Maßnahme des Einzelakkords zwar die bezweckte Steigerung der Leistungsmenge eines Einzelnen bewirken, gleichzeitig aber ruft sie aufgrund der strukturellen Verflochtenheit des Arbeitsprozesses Konkurrenzbeziehungen in der Gruppe hervor oder führt zu Qualitätsminderungen, so daß der Einzelakkord in Gruppenakkord oder Prämienlohn umgewandelt werden muß. Daraus wiederum entstehen neue Folgeprobleme für die Leistungsstruktur eines Unternehmens. Der Schluß aus obigen Überlegungen könnte lauten, daß die Personalmangement-Forschung bei der Analyse von Strukturen ansetzen muß, damit die Funktionen und Folgen einzelner Maßnahmen besser überblickt werden können. Darüber hinaus hat sich nach der hier vertretenen Auffassung, Personalmanagement aber auch mit der Planung von Strukturen zu befassen, d. h. mit der Frage der Funktionalität von Strukturen. Die auch in diesem Zusammenhang denkbaren Einwände gegen funktionalistische Forschung brauchen hier nicht wiederholt zu werden. Stattdessen sei nun der Blick auf den Strukturbegriff gerichtet. Dem Strukturbegriff in der Organisationstheorie unterliegt zumeist die Vorstellung zweckmäßig geordneter Beziehungen zwischen bestimmten Größen und Elementen [909 in: 324, S. 1230]. Beziehungen werden als raum-zeitliche Aktivitätenfolgen (Prozesse) betrachtet und Elemente als gebildehafte Bestandteile (Bestände), die der Struktur ihr materielles Äußeres verleihen [26, S. 15]. In der Be-

28

I. Zur Theorie des Personalmanagement

triebswirtschaftlichen Organisationslehre wird dementsprechend mit den Hauptkategorien Zweck, Prozeß und Gebilde operiert. Die analytische Trennung dieser drei Kategorien stellt den Ausgangspunkt der Organisation (als Vorgang) dar. Erst durch dieses Strukturverständnis ergibt sich die Möglichkeit und zugleich auch die Notwendigkeit, Zweck, Prozeß und Gebilde in ein Ordnungsverhältnis zueinanderzubringen [9 in: 8, S. 21]. Dies geschieht bei der Aufbau- und Ablauforganisation in der Weise, daß Prozeß und Gebilde einem vorgegebenen Zweck untergeordnet und Prozesse in Gebilde transformiert werden. Daraus resultiert der Entwurf einer „Gebildestruktur, deren Elemente Aufgaben (Stellen) und deren Relationen die Beziehungen zwischen den Stellen sind" [493 in: 324, S. 172], Die damit vorliegende Ordnung ist eine Zweck-Mittel-Ordnung, die schon in dem oben gekennzeichneten Strukturverhältnis verankert ist. Sie erlaubt es, daß über die Zwecke prinzipiell unabhängig von den Mitein entschieden werden kann, nicht aber über die Mittel unabhängig von den Zwecken. Die Mittel wiederum erscheinen den Beständen (Menschen, Sachen) als etwas Aufgegebenes. Dadurch kann die Organisation zu einem Anforderungs- und Selektionsplan für das Personal gemacht werden, was sich z. B. darin ausdrückt, daß über den Prozeß, die Stelle oder die Aufgabe „unabhängig" vom Mitarbeiter entschieden wird [493 in: 324, S. 182], So ist es wohl zu erklären, daß z. T. bis heute die Betriebsorganisation als Orientierungspunkt und nicht als Gegenstand der Personalarbeit angesehen wird. Auch das Entfremdungsproblem und die Mitbestimmungsproblematik ließen sich aus dieser Perspektive durchleuchten. Der Auffassung, eine Struktur habe einen Zweck, kann die Sichtweise gegenübergestellt werden, daß Strukturen durch Zwecksetzung überhaupt erst entstehen. Fragt man nicht danach, welchen Zweck eine Struktur hat, sondern was das Zweckdenken bei der Strukturbildung leistet, so gewinnt man einen neuen Zugang zum Strukturbegriff.

4.2 Funktionale Methode und Systemansatz Luhmann verschafft sich diesen Zugang, indem er zunächst die funktionalistische Betrachtungsweise von ihrem kausalwissenschaftlichen Überzug befreit. Die so herausgearbeitete „funktionale Methode" bezeichnet er als Äquivalenzfunktionalismus, bei dem es nicht mehr darum geht, bestimmte Ursachen bestimmten Wirkungen zuzuordnen, sondern die funktionale Äquivalenz mehrerer möglicher Ursachen angesichts einer problematischen Wirkung festzustellen [579, S. 617ff.]. Danach kann man im Gegensatz zur klassischen Theorie den Funktionsbegriff verwenden, ohne strukturelle Erfordernisse (Struktur-Probleme) schon voraussetzen zu müssen. Es ist nun auch die Frage nach der generellen Funktion der Strukturbildung als solcher möglich [581 in: 582, S. 113ff.]. Ausgehend von der anthropologischen Grundannahme, daß der Mensch die Komplexität der Welt (der Ursachen, Wirkungen, Werte) nicht erfassen kann, gleichwohl aber sich in ihr

4.2 Funktionale Methode und Systemansatz

29

orientieren muß [581 in: 582, S. 114ff.; 299, S. 17ff.; 155, S. 99], erscheint das Strukturverständnis der klassischen Organisationstheorie als Kunstgriff der Komplexitätsreduktion. Der Zweckbegriff fungiert als Vermittler zwischen Welt und Struktur. Durch Zwecke wird ein engerer Bereich von relevanten Ursachen und Wirkungen selektiv stabilisiert, indem „der Wert der bezweckten Wirkungen ungeachtet der Werte oder Unwerte der Nebenwirkungen bzw. der aufgegebenen Wirkungen anderer Handlungen das Handeln zu begründen vermag" [584, S. 35, 44], Derart zweckvermittelte Strukturen beruhen letztlich auf einer Selbsttäuschung über die wahre Komplexität von Ursachen, Wirkungen und Werten. Sie sind nur „Sinnentwurf ins Ungewisse" [581 in: 582, S. 119] und bleiben jederzeit dem Vergleich mit anderen Strukturen ausgesetzt, die in bezug auf das Problem der Komplexitätsreduktion als funktionale Äquivalente behandelt werden müssen. Werte gelten ihrerseits im allgemeinen nicht als wahrheitsfähig [504, S. 199; 755, S. 92; 932, S. 77], so daß schließlich Zweckstrukturen sowohl von ihrem Bezugspunkt (Zweck) her als auch hinsichtlich ihrer internen Rangordnung (Transitivität) dauerhaft fragwürdig erscheinen. Der durch die funktionale Methode bewirkte Erkenntnisgewinn liegt darin, daß das Handeln in Strukturen stets mit anderen Möglichkeiten konfrontiert werden kann und muß. Dieses Strukturverständnis überschüttet das Personalmanagement förmlich mit Problemen. Personalpolitik, ja Unternehmenspolitik insgesamt, erscheinen in ihrer Funktion der Abdunkelung vieler und Selektion weniger Werte, ohne daß das Ergebnis dieses Vorganges (Zielbildung) wirklich begründet werden kann [774, S. 190 ff.]. Strukturpläne bleiben somit jederzeit mit anderen Strukturierungsmöglichkeiten des Kausal- und des Wertkontextes vergleichbar, da sie immer nur einen Teil der Kausalverhältnisse und Werte bzw. Bedürfnisse berücksichtigen können. Der Zweck soll, kann aber nicht die Mittel heiligen [774, S. 193 ff.]. Um so mehr steht die Planung von Realisationsmaßnahmen auf schwankendem Boden, denn sie geht von einer bereits reduzierten Komplexität (Struktur) aus. Es nimmt daher nicht Wunder, daß Aktionsprogramme nach dem „trial and error"-Verfahren von Fall zu Fall durch immer neue Varianten und Improvisationen angereichert werden müssen. Solche Betrachtungen sollen aber nicht dahin ausufern, daß man alle Bemühungen im Personalmanagement von vornherein als vergebliche Versuche der Selbsttäuschung abtut und vor lauter äquivalenten Möglichkeiten nach adäquaten Problemlösungen erst gar nicht mehr forscht [564 zitiert bei 993, S. 23; 424, S. 17f.]. Die Aufklärungswirkung der funktionalen Methode muß deshalb ergänzt werden durch Forschungsstrategien, die den Bereich des Möglichen auf die eine oder andere Weise wieder einschränken. Hierauf wird später kurz eingegangen. Zu einem ähnlichen Strukturverständnis wie dem oben skizzierten gelangt man über den Systemansatz. Während es das Ziel der Systemtheorie ist, Gesetzesaussagen über Systeme aller Art [70, S. 126; 69, S. 2] oder zumindest über alle Arten von sozialen Systemen zu machen, stellt der Systemansatz lediglich den begrifflichen Extrakt der verschiedenen Systemtheorien dar. Biologische, soziolo-

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I. Zur Theorie des Personalmanagement

gische, wirtschaftswissenschaftliche und andere Systemtheorien weisen bis heute echte Gemeinsamkeiten nur hinsichtlich der verwendeten zentralen Begriffe auf [52, S. 16ff.; 53, S. 24ff.; 4, S. 662ff.]. Unter einem System versteht man in der Regel eine zweckgerichtete, abgegrenzte Menge von Elementen, zwischen denen Beziehungen beobachtet oder gedanklich hergestellt wurden. Schwerpunkte in der Systemterminologie bilden die Begriffe Element, Beziehung, Grenze und Zweck. Faßt man diese Terminologie lediglich als wissenschaftssprachliches Artefakt auf, als Instrument zur Behandlung komplexer Tatbestände, so wird aus der Systemtheorie der Systemansatz. Dieser kann die Welt nicht erklären [666, S. 277ff.; 343 in: 346, S. 146ff.], wohl aber vermitteln. Die Vorstellung von Elementen, Beziehungen, Grenzen und Zwecken (die an sich schon einen erkenntnistheoretischen Gehalt aufweist) ist ein praktisches Instrument zur Erfassung und Abarbeitung von Komplexität [868, S. 6], Sie führt zu einer Strukturierung der Welt bzw. ihrer Teilsysteme wie z. B. Untersuchungen. Völlig offen bleibt dabei jedoch, welche Zwecke diese Struktur hat, welches ihre Elemente sind, welche Beziehungen zwischen den Elementen bestehen und wo die Grenzen der Struktur gezogen werden können. In der systemorientierten Betriebswirtschaftslehre wird diese Unbestimmtheit zwar erkannt [941, S. 106], aber es kommt gleichwohl zu zahlreichen Festlegungen etwa der Art, daß die Elemente einer Unternehmung Menschen und Sachen (und nicht etwa Informationen, Bedürfnisse, Werte, Aufgaben etc.) sind. In Wirklichkeit jedoch lassen sich mit dem Systemansatz solche Determinationen in keiner Weise begründen. So bleibt es z. B. ganz dem Betrachter überlasen, wie er den Zweck des Systems Unternehmung konkretisiert: Als Rentabilitätsziel, Befriedigung von Kontaktbedürfnissen, Versorgung von Konsumenten, Selbstverwirklichung oder anderes. Auch können, ja müssen die Systemgrenzen je nach Formulierung der Systemprobleme und nach dem Anspruchsniveau bei der Problemlösung immer wieder neu bestimmt werden [95, S. 175; 464, S. 96]. Der Systemansatz eignet sich mithin nur sehr beschränkt dazu, reale Erscheinungen zu erklären und er besitzt in diesem Sinne nur einen geringen Informationsgehalt [52, S. 31], Darin liegt aber zugleich sein methodischer Vorteil: Betrachtet man die Unternehmung konsequent als System, unter Beschränkung auf die Terminologie des Systemansatzes, so werden alle betriebswirtschaftlichen und anderen Beschreibungsmerkmale der Unternehmung zu bloßen Erscheinungsformen des Zweckes, der Elemente, der Beziehungen und der Grenze. Das Aufhellen oder Abdunkeln dieser oder jener Erscheinungsform von Beziehungen im Unternehmen etwa (zeitlich, menschlich, sachlich, rechtlich, wertmäßig etc.) erscheint dann als wahrnehmungsbedingt, interessengeleitet, nicht allgemeingültig und somit immer wieder begründungsbedürftig. Weniger in der Erklärung der Realität als in ihrer Begrenzung unter gleichzeitigem Verweis auf den verbliebenen Möglichkeitsreichtum bei der Betrachtung realer Strukturen liegt die Leistung des Systemansatzes [286 in: 448, S. 121 ff.].

4.3 Forschungsstrategien

31

Diese Leistung kann auf alle Ebenen des Personalmanagement bezogen werden [774, S. 153 ff.]. Die Unternehmenspolitik generell, sowie speziell die personalpolitischen Ziele (Zwecke) können völlig unterschiedlich konkretisiert werden, je nachdem, welche Interessen oder wissenschaftlichen Disziplinen [772, S. 72 ff.] dabei zu Wort kommen. Die Identifizierung von Elementen und Beziehungen in der Unternehmung, speziell die Strukturplanung im Personalmanagement, offenbaren sich als abhängig vom jeweils gewählten Bezugspunkt (Problem, Zweck) der Strukturansicht. So erscheinen beispielsweise einmal die Mitarbeiter als Produktionsfaktoren, ein anderes Mal als Bildungsobjekte oder als Gesellschaftsmitglieder. Beziehungen können z. B. unter dem Aspekt der Interaktion, der Rollenzuweisung, des Statusgefälles oder des Einkommens gesehen werden, Systemgrenzen können nach Bedarf eng oder weit gezogen werden usw. Das System Unternehmung hat viele Seiten [718, S. 80ff.; 941, S. 727; 95, S. 168 ff.; 467, S. 58 ff.; 140, S. 172], die alle miteinander in Beziehung gebracht werden können3. Als Konsequenz hieraus ergibt sich für die Planung von Personalmanagement-Maßnahmen (Aktionsprogramme) die ständige Aufforderung, alternative Bezugspunkte und Strukturdimensionen zu berücksichtigen. Maßnahmen wie z. B. Beschaffung, Entwicklung, Arbeitsplatzgestaltung etc. dürfen nicht auf jeweils nur ein Problem bezogen werden, sondern müssen viele interdependente Aspekte gleichzeitig ins Auge fassen. Das Denken in Systemen bändigt die sich dabei ergebende Komplexität, ohne sie jedoch aus den Augen zu verlieren. Insbesondere die erstgenannte Leistung des Systemansatzes in der Theorie des Personalmanagement, die vereinfachende Systematisierung komplizierter Sachverhalte, wird bei einigen Autoren bereits heute sichtbar [355, S. 27ff.; 88, S. 84ff.]|

4.3 Forschungsstrategien Von der Theorie des Personalmanagement kann erwartet werden, daß sie der Orientierung im praktischen Handeln dient. Die Praxis des Personalmanagement bedarf der Orientierung durch die Theorie des Personalmanagement sowohl im Kausalkontext (Bereich der Ursachen und Wirkungen) als auch im Wertkontext. Aussagen über den Kausalkontext geraten aufgrund der komplexen Verhältnisse in das Dilemma von Wahrheit und Informationsgehalt. Der Theorie ist die doppelte Aufgabe gestellt, sowohl auf die unendliche Vielfalt möglicher Ursache-WirkungsBeziehungen hinzuweisen als auch eben diese Vielfalt auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, damit ein gezieltes Handeln überhaupt stattfinden kann. Letzteres wird vornehmlich durch empirische Partialanalysen der Realität, durch Beobachtung, 3

Zögernde Ansätze hierzu haben sich u. a. darin geäußert, daß man die sog. „informelle Organisation" der „formellen Organisation" gegenüberstellte und die Wechselwirkungen dieser beiden Strukturen beobachtete. Des weiteren wird zunehmend auch die materielltechnische Seite der Unternehmung in ihrem Einfluß auf die Arbeitsorganisation gesehen.

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I. Zur Theorie des Personalmanagement

und Erklärung vereinzelter „Wirklichkeiten" erreicht. Der empirischen Sozialforschung kommt hierbei eine vorrangige Stellung zu. Sie kann an verschiedenen Stellen eingesetzt werden wie z. B. bei der Erfassung von Regelmäßigkeiten im Kausalkontext (Organisationsanalyse, Erhebungen, Befragungen etc.), beim interkulturellen Vergleich solcher Regelmäßigkeiten oder beim historischen Bezug von Beobachtungstatsachen. Durch empirische Sozialforschung kann der Informationsgehalt der Theorie des Personalmanagement gesteigert werden, dies stellt eine notwendige Voraussetzung der Technologie [ 152, S. 35] des Personalmanagement (Zweck-Mittel-Aussagen) dar. Jedoch muß die empirische Sozialforschung zur Kenntnis nehmen, „daß alle von ihr untersuchten Gegebenheiten, die subjektiven nicht weniger als die objektiven Verhältnisse, durch die Gesellschaft vermittelt sind" [10 in: 931, S. 523]. Sie darf sich deshalb nicht im partiellen „ResearchMaking" erschöpfen, sondern muß den Bezug zum Ganzen, zur Bedingtheit einzelner Erscheinungen durch die gesellschaftlichen Verhältnisse herstellen, will sie nicht riskieren, von der Gesellschaft als unwahr zurückgewiesen zu werden [10 in: 931, S. 519], Mit bloßen kausaltheoretischen Aussagen ist es in der Theorie des Personalmanagement jedoch keineswegs getan. Die Praxis des Personalmanagement fragt nicht nur nach Ursachen und Wirkungen bei der Strukturgestaltung und bei den verschiedenen Realisationsmaßnahmen. Sie hat es mit den Kategorien Zweck und Mittel zu tun, d. h. sie muß sich wertend auf eine begrenzte Menge von Wirkungen festlegen und muß Ursachen hinsichtlich ihrer Folgen bewerten [768 in: 118, S. 247 ff.]. Personalmanagement ist daher auf Aussagen über „richtiges" Handeln angewiesen i. d. S., daß nicht nur die Mittel den Zwecken genügen, sondern daß Mittel und Zwecke ihrerseits dem Einzelnen sowie der Gesellschaft gerecht werden. Daraus resultiert die Forderung, Mittel-Zweck-Aussagen nicht nur kausaltheoretisch zu behandeln, sondern auch die in ihnen enthaltenen Werturteile zu explizieren und auf ihre Gültigkeit hin zu untersuchen [465, S. 151]. Die Personalpolitik einer Unternehmung kann Gültigkeit nur beanspruchen, wenn und insoweit die in ihren Zielen eingeschlossenen Werturteile gültig sind. Dabei ergibt sich die Schwierigkeit, daß Werturteile nicht im landläufigen Sinne wahr sind, denn sie können nicht aus irgendwelchen Seinsurteilen, sondern nur wieder aus anderen Werturteilen abgeleitet werden [896, S. 506; 685, S. 106]. Die Frage ist also, mit welchen Forschungsstrategien das Problem der Gültigkeit von Werturteilen behandelt werden kann. Im sog. „Positivismusstreit" haben sich bei der Behandlung von Werturteilen zwei grundsätzliche strategische Richtungen abgezeichnet. Die eine Richtung gibt bei der Behandlung von Werten das Kriterium der Wahrheit nicht vollständig auf, befreit es aber von seinem Absolutheitsanspruch, in dem sie die „Wahrheit" der Werte durch historische und gesellschaftlich-situative Bezüge hindurchsieht4. Die 4

Vgl. z. B. die Begriffe der sozialen Objektivität und der Totalität [9, S. 16 ff.], sowie der Vernunftbegriff [ 3 4 3 , S. 2 3 4 ff.].

4.3 Forschungsstrategien

33

andere Richtung löst die Werturteilsproblematik vom täglichen Wissenschaftsbetrieb ab, in dem sie den analytischen Bruch zwischen Wert und Wahrheit verabsolutiert und (Basis-) Werte in den Bereich von Entscheidungen verweist, die nach anderen Kriterien als dem der Wahrheit zu fällen sind 5 . Von dieser Richtung ist mithin kein Beitrag zur Begründung von Werten zu erwarten. Die erstgenannte Richtung dagegen läuft auf die Notwendigkeit einer sozialphilosophischen Fundierung jeder Theorie (der Gesellschaft, der Unternehmung oder des Personalmanagement) hinaus. Doch wird auch hier der Anspruch auf eine absolute Wahrheitsfähigkeit von Werten aufgegeben, insbesondere dort, wo es sich um eine dialektische Sozialphilosophie handelt. Wenn die sozialphilosophischen Grundlagen der Theorie des Personalmanagement offen gelegt werden, kann eine Normendiskussion in Gang gesetzt werden. Damit wird gleichzeitig die Frage aufgeworfen, wer an dieser Diskussion beteiligt werden soll [152, S. 87] und somit letztlich, wer die wertmäßigen Grundlagen der Personalpolitik mitbestimmen soll. Die Beteiligung unterschiedlicher Interessengruppen vollzieht sich allerdings heute überwiegend noch auf der Ebene des Faktischen, so daß sich normative Kräfte weitgehend ungehindert von gleichberechtigten, rationalen Wertdiskussionen entfalten. Ansätze zu einer rationalen Normendiskussion in der Theorie der Unternehmung bieten beispielsweise die verschiedenen Institutionstheorien. Mit Beiträgen zur Theorie der Institution sind in letzter Zeit u. a. von Schelsky [825] und Gehlen [299] Versuche unternommen worden, die Existenz gesellschaftlicher Institutionen wie Ehe, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kirche zu erklären und zu begründen. Die Theorie der Unternehmung und somit auch des Personalmanagement kann in der Theorie der Institution einen Halt finden, da hier konkrete Vorschläge für eine wertmäßige Fundierung organisierter Sozialgebilde gemacht werden 6 . Der Bogen ist weit gespannt: Von biologischen [884, S. 5ff.] über bio-psychologisch [907, S. 18ff., 53ff.] und bio-soziologisch [605, S. 52ff.] relativierte Begründungen bis hin zu kulturanthropologischen [824, S. 36ff.] und gesellschafts- oder existenzphilosophischen [299, S. 70 ff.] Ansätzen. Jede dieser Richtungen würde zu unterschiedlichen Konsequenzen in der Theorie des Personalmanagement führen, die sich sowohl auf der Ebene der Personalpolitik als auch auf der Ebene der Strukturplanung und der Maßnameplanung auswirken, was in diesem Rahmen jedoch nicht weiter verfolgt werden kann [774, S. 77 ff.].

5

Vgl. hierzu die Unterscheidung in wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Werte [754, S. 114 ff.; 12, S. 183 ff.].

6

Hauriou spricht in diesem Zusammenhang von der „Idee" einer Institution, die zwar objektiv vorhanden, aber stets subjektiv vermittelt und nicht eindeutig identifizierbar ist [376 in: 840, S. 4 4 , 39],

II. Personalpolitik

1. Begriff und Probleme Unter Personalpolitik kann Verschiedenes verstanden werden. Bis heute dominierte die Auffassung, daß Personalpolitik praktisch die Gesamtheit aller auf das Personal bezogenen Maßnahmen ist, und ihrerseits wiederum den ökonomischen Zielen der Unternehmung zu dienen habe [521, 608, 4 6 8 , 848]. Personalpolitik weist in dieser Sichtweise also kaum Eigenständigkeit auf, sondern ist nur Mittel zum Zweck. Demgegenüber kann man aber Personalpolitik auch als Bestandteil bzw. als eine Dimension der Unternehmenspolitik ansehen [378, S. 705 ff.], was freilich voraussetzen würde, daß man typische personalpolitische Ziele identifizieren und von anderen Unternehmenszielen abheben kann [213, S. 12ff.]. Dann wäre es z . B . denkbar, daß das Ziel „Nutzung der menschlichen Resourcen" dem Ziel „Entfaltung des Menschen" untergeordnet wird [871, S. 577ff.]. Im folgenden wird Personalpolitik begriffen als Bestimmung spezieller Ziele der Unternehmung. 1 Dabei treten vielfältige Probleme auf, von denen die wichtigsten hier nur angedeutet werden können. Zunächst einmal muß die Frage gestellt werden, ob das Personalmanagement einer Unternehmung überhaupt von seinen Zielen her von anderen Managementbereichen wie z. B. Marketing-Management unterschieden werden kann und welche Ziele typisch für das Personalmanagement wären. Hierauf wird eingegangen, wenn das Verhältnis von Personalpolitik und Unternehmenspolitik untersucht wird. Es hat sich gezeigt, daß in der Realität die personalbezogenen Ziele mehr oder weniger unkontrolliert von einer Vielzahl Determinanten abhängen. Insbesondere die zielbestimmenden Subjekte, auch „Träger der Personalpolitik" 2 genannt, und die jeweilige Situation treten als Determinanten der Personalpolitik in Erscheinung. Die Zielentscheidungen der Subjekte sind vor allem durch deren Bedürfnisse, Interessen und Wertvorstellungen (Personalphilosophien) geprägt, die von Subjekt zu Subjekt sehr unterschiedlich, ja widersprüchlich sein können. 3 Je nach wirtschaftlicher oder sozialer Situation werden sich die Subjekte unterschiedlich entscheiden, was z. B. aus einer Veränderung ihres Anspruchsniveaus, aus der kultur-

1

[714, S. 5 ff.] Personalpolitik kann auch als Zielplanungsverfahren verstanden werden. Vgl. hierzu: [974, S. 3 9 f . ; 943, S. 103ff.; 482, S. 63f.] (Zielbestimmung und freies zielgerichtetes Entscheiden (Werten) als spezifisch politische Tätigkeit).

2 3

[213, S. 6] Personalpolitik als Ergebnis von Verhandlungsprozessen, vgl. [974, S. 44f.], [430, S. 1 ff.]; besonders relevant für personalpolitische Werte: S. 331 ff. (Quality of Working Life).

36

II. Personalpolitik

bedingten Bedürfnisentwicklung oder aus krisenhaften Erscheinungen resultieren kann. Personalpolitik trägt mithin von vornherein dynamischen Charakter. Die Feststellung, daß die Subjekte eine entscheidende Rolle bei der Zielbestimmung spielen und daß mit starken subjektiven Interessen- und Meinungsunterschieden gerechnet werden muß, legt die Frage nahe, wer formell an der Bestimmung der Personalpolitik beteiligt werden soll. Diese Frage kann nur wertend entschieden werden, da hiermit praktisch zugleich über die Berechtigung einzelner Bedürfnisse, Interessen und Wertvorstellungen befunden wird. In der Praxis wird die Personalpolitik als Aufgabe mehr oder weniger arbeitsteilig wahrgenommen. Damit Ziele ihren Anweisungscharakter voll entfalten können, müssen sie operationalisiert werden. Eine wesentliche Voraussetzung hierzu stellt die transparente und verbindliche Formulierung von Zielen dar. Wie eine Untersuchung in 30 Unternehmen ergab, wird diese Voraussetzung nur selten erfüllt, auch wenn es nur um relativ unverbindliche „Grundsätze der Personalpolitik" und nicht um eigenständige Ziele geht [722, S. 9]. Des weiteren müssen die Ziele in konkrete Einzelvorgaben (Teilziele) umgesetzt werden, die einen hinreichenden Informationsgehalt darüber aufweisen, was im einzelnen zu tun ist, und die sich zur Erfolgskontrolle eignen. Pauschale Formulierungen wie etwa „Leistung" oder „Zufriedenheit" erfüllen diese Bedingungen noch nicht. Wenn die spezifischen Ziele in der Personalpolitik festehen, so ergibt sich als weitere Schwierigkeit die der Zielabstimmung. Innerhalb der Personalpolitik sowie zwischen Personalpolitik und anderen Zielkomplexen (z. B. Finanzmanagement, Marketingmanagement) kann es zu Zielkonkurrenzen kommen. Diese Konkurrenzen resultieren aus der Tatsache, daß eine Unternehmung mit den Interessen unterschiedlicher Gruppen wie z. B. Eigentümer, Arbeiter, leitende Angestellte, Konsumenten oder Bürger konfrontiert wird [941, S. 183]. Der Ausgleich dieser Interessen kann als politische Integration bezeichnet werden. Dabei geht es letztlich um die Abstimmung der hinter den Interessen stehenden Werte. Da eine transitive Beziehung zwischen Werten (Vorrangbeziehung, Werthierarchie) nicht begründet werden kann und eine starre transitive Wertordnung im praktischen Handeln auch nicht durchhaltbar wäre [584, S. 38 ff.], bleiben solche Ausgleichsversuche immer nur unvollkommen und vorläufig. Interessenkonflikte entstehen überdies nicht nur aus unterschiedlichen Werthaltungen, sondern in Form von Verteilungskonflikten. Am eindringlichstens wird dies sichtbar bei der Frage der Einkommens- und Vermögensverteilung im Unternehmen. Unter dem pauschalen Einkommensziel lassen sich die Interessen von Eigentümern, Direktoren oder Arbeitern nur oberflächlich vereinigen, denn der eigentliche politische Entscheidungszwang setzt erst dann ein, wenn es um die Verteilung der erwirtschafteten Erträge geht. Auf diesen Aspekt der Personalpolitik wird im Zusammenhang mit der Verteilungspolitik noch näher eingegangen.

2. Personalpolitik und Unternehmenspolitik

37

2. Personalpolitik und Unternehmenspolitik Eine Unternehmung berührt, insbesondere wenn sie zur Großunternehmung heranwächst, die Existenz einer Vielzahl von Menschen und Gruppen auf verschiedene Weisen. Das jeweilige Interesse an der Unternehmung drängt im Laufe der Zeit in institutionelle Formen, d. h. es strebt nach einem dauerhaften und legitimierten Platz im politischen Entscheidungsprozeß der Unternehmung, so daß es in wesentlichen Fragen nicht mehr umgangen werden kann. Für diesen Vorgang zeugen u. a. die gesetzliche Verankerung der Eigentümerinteressen (Gesellschaftsrecht), der Gläubigerschutz, die Umweltbestimmungen, die Steuergesetzgebung von Bund, Ländern und Gemeinden, das Kartellrecht und neuerdings sogar die Hinwendung des Management zum Konsumenten in Form eines halbwegs institutionalisierten Marketingmanagement.4 Augenfällig ist, daß zumindest die von einer breiten Mehrheit getragenen Interessen nur eine Zeitlang im zweiten Glied bleiben, um dann in Form von Gesetzen und Verordnungen der Unternehmenspolitik von außen vorgegeben zu werden [287; 541, S. 64ff.]. Das typischste Beispiel hierfür ist bislang die Institutionalisierung der Arbeitnehmerinteressen durch das Mitbestimmungsrecht. Gerade dieses Beispiel zeigt aber auch, daß außengeleitete Eingriffe in die Unternehmenspolitik im Gegensatz zur freiwilligen Berücksichtigung von Interessen kurzfristig die politischen Probleme noch verschärfen können. Die Interessengegensätze erscheinen zunächst einmal krasser als je zuvor und der aufgezwungene unternehmenspolitische Wandel trifft zudem auf unzureichende strukturelle Vorbedingungen. Besser wäre daher eine Unternehmenspolitik, deren Ziele nicht auferlegt sondern langfristig ausgehandelt und integrativ bestimmt wurden. Eine langfristige Planung der Unternehmensstruktur verlangt, daß in der Unternehmenspolitik zumindest die wichtigsten Interessengruppen von vornherein berücksichtigt werden. Das setzt voraus, daß die möglicherweise konfliktären Interessen zunächst einmal als solche identifiziert und abgegrenzt werden. Dieser Vorgang sei hier als politische Differenzierung bezeichnet. Er mündet in interessentypische Einzelpolitiken, die später integriert werden müssen [839, S. 33 ff.]. Politische Differenzierung bedeutet im Falle der Personalpolitik, daß die Interessen (Bedürfnisse, Wertvorstellungen) des Personals spezifiziert und in Ziele oder Grundsätze transformiert werden. Dabei erhebt sich sofort die Frage, was eigentlich „die Interessen" des Personals sind. Die damit verbundene Werturteilsproblematik soll hier nicht nochmals aufgerollt werden.5 Stattdessen seien einige konstruktive Anhaltspunkte für die Gestaltung der Personalpolitik aufgezeigt. 4

Halbwegs institutionalisiert deshalb, weil zwar das Konsumenteninteresse auf diese Weise im politischen Entscheidungsprozeß verankert, aber doch nicht gesetzlich abgesichert wurde. Zum Begriff des Marketingmanagement vgl. [503, S. 15] und [26] (hier wird allerdings das „Unternehmensziel" und nicht das Konsumenteninteresse als letztes Ziel postuliert).

5

Vgl. S. 3 2 f.

38

II. Personalpolitik

Als Ausgangspunkt mag die einfache Formel dienen, daß Arbeit eine zweckgerichtete Aktivität ist. Der Arbeitszweck muß im arbeitenden Menschen selbst gesucht werden [1001, S. 192], Er darf nicht einseitig aus den mehr oder weniger zufälligen ökonomisch-technischen Gegebenheiten abgeleitet werden, sondern muß umgekehrt auch als Bezugspunkt zur Veränderung dieser Gegebenheiten benutzt werden. Wollte man etwa die Personalpolitik auf gegenwärtigen, eher zufälligen Arbeitsmotiven und Einstellungen des Personals gründen, dann liefe dies letztlich darauf hinaus, daß die Arbeit jenen Verhältnissen angepaßt wird, die diese Motive und Einstellungen hervorgebracht haben-[425, S. 5 0 ; 865, S. 673 ff.]. Ein Fließbandarbeiter kann schon deshalb mit seiner Arbeit zufrieden sein, weil er hier den relativ günstigsten Weg sieht, ohne Ausbildung Geld zu verdienen. Zufriedenheit der Mitarbeiter ist mithin kein hinreichendes Kriterium für die Gestaltung der Personalpolitik. Dem Motivbegriff wird meist nur ein beschreibender, manchmal ein erklärender, nie jedoch ein Gültigkeit begründender Charakter zugeschrieben [596 in: 9 9 8 , S. 673 ff.]. Besser als durch den Motivbegriff erscheinen die Interessen des Personals durch den Bedürfnisbegriff ausdrückbar, sofern unter Bedürfnis ein vom subjektiven Bewußtsein unabhängiger objektiver Mangelzustand verstanden wird. Der Zweck menschlicher Arbeit bestünde dann darin, Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Bedürfnisse müßten aber zunächst einmal unabhängig von situationsbestimmten Einzelmeinungen definiert werden. In der Personalpolitik müßten sodann jene Bedingungen als Ziele formuliert werden, die zur Bedürfnisbefriedigung führen. Einzelne Bedürfnisse können aber nicht im ontologischen Sinne als objektiv gegeben betrachtet und verallgemeinert werden. Objektiv können selbst die sogenannten physiologischen Grundbedürfnisse 6 (z. B. nach Nahrung und Schlaf) nur insoweit beanspruchen, als ihre permanente Nichtbefriedung zum biologischen Ableben führt. Selbst wenn man die biologische Erhaltung als objektiven Zweck der Arbeit akzeptierte, wäre man von der Konkretisierung dieses Zweckes in der Personalpolitik noch weit entfernt, da sich der Mensch auf sehr unterschiedliche Weisen am Leben halten kann. Um so problematischer erscheint eine Fundierung der Personalpolitik durch Bedürfnisse, die über biologische Notwendigkeiten hinausgehen, wie z. B. Sicherheitsbedürfnisse, Kontaktbedürfnisse oder Entfaltungsbedürfnisse. Diese Bedürfnisse sind in starkem Maße kulturbedingt und verlangen dementsprechend ein sehr elastisches Konzept der Personalpolitik. 7 Schon aus diesem Grunde können Bedürfnisse zwar als notwendige, nicht jedoch als hinreichende Bezugspunkte für eine operationale Personalpolitik betrachtet werden. Bedürfnisorientierte Personalpolitik ist nicht von dem Zwang befreit, im Einzelfalle Werturteile darüber abzugeben, in welcher konkreten kultur- und situationsspezifischen Form ein Bedürfnis befriedigt werden soll. Damit verschiebt sich das Problem auf eine andere Ebene, auf der nicht mehr nach dem Zweck sondern nach 6

Zu den Bedürfnisarten vgl. S. 114f., 118ff.

7

[606, S. 150] sowie das „Gesetz des stabilen sozialen Wandels" bei [825, S. 20].

2. Personalpolitik und Unternehmenspolitik

39

dem Sinn menschlicher Arbeit gefragt wird. Die Sinnproblematik ist dann Bestandteil einer rationalen Diskussion der Personalpolitik. Wenngleich Sinn nicht absolut faßbar erscheint, gibt es doch zumindest diskutable Vorschläge zur personalpolitischen Operationalisierung dieser Kategorie. 8 Arbeit kann dabei ihren Charakter als Mittel verlieren und stärker unter dem Gesichtspunkt ihres „Selbstwertes" gesehen werden [690, S. 114 f.]. Um den Wert der Arbeit an sich geht es letztlich, wenn neuerdings die „Selbstverwirklichung des Menschen in der Arbeit" oder die „Humanisierung der Arbeit" diskutiert werden. 9 Damit rückt der Personalbegriff in die Nähe des philosophischen Personenbegriffes. Als arbeitende Person besitzt der Mensch sich selbst, ist ein „Ich" und nicht bloßes Mittel zum Zweck [735, S. 10, 14 f.], Person-Sein beinhaltet Selbstverwirklichung, die sich in der Hingabe an „innere und äußere Wirklichkeiten" (z. B. Veranlagungen, Liebe, Wahrheit, Arbeit) vollzieht [116, S. 73 ff.]. Die Orientierung der Personalpolitik an Bedürfnissen hat es noch mit einer zusätzlichen Schwierigkeit zu tun. Sie resultiert daraus, daß die aus Mitarbeiterbedürfnissen entwickelten Ziele sich keineswegs immer komplementär zueinander verhalten. So mag ein Mitarbeiter beispielsweise daran interessiert sein, sein Einkommen zu steigern, ein anderer jedoch legt mehr Wert auf Bildung oder soziale Kontakte. Die hinter diesen Arbeitsmotiven stehenden Bedürfnisse (z. B. nach Nahrung, Erkenntnis oder Geborgenheit) lassen sich in der Personalpolitik nicht ohne weiteres vereinbaren, weil eventuell eines nur auf Kosten des anderen befriedigt werden kann. An dieser Stelle bereits offenbart sich ein Problem der politischen Integration innerhalb der Personalpolitik. Obige Schwierigkeit wird noch deutlicher, wenn man sich klar macht, daß in einer arbeitsteiligen Gesellschaft die Bedürfnisbefriedigung des Einzelnen von der Arbeit anderer Menschen abhängt. Dies gilt für das Personal einer Unternehmung wie für die Eigentümer, Bürger, Konsumenten etc., die teilweise in einer Person vereinigt sein können. Arbeit ist daher immer auch gesellschaftliche Arbeit. Ihr Zweck muß auch im Uberleben des Menschen als Gattungswesen gesehen werden [285, S. 15]. Abgesehen einmal von der hier wieder auftretenden Sinnproblematik, die sich mit dem Begriff „Gattungswesen" verbindet, muß sich in der Arbeit zumindest ein Ausgleich zwischen individuellen und gesellschaftlichen Bedürfnissen vollziehen. Dieses Prinzip vermag das Verhältnis von Personalpolitik und Unternehmenspolitik jedoch nur global zu steuern. Würde die Unternehmenspolitik auf den ökonomischen Zweck einer Unternehmung beschränkt bleiben, so stünde sie im Gegensatz zur hier skizzierten Personalpolitik, denn sie würde das breite Spektrum an Mitarbeiterbedürfnissen übergehen. Andererseits jedoch läßt sich das Verhältnis zwischen Personalpolitik und Unternehmenspolitik nicht dadurch dichotomisieren, daß hie Bedürfnisbefriedigung und da „Leistung" als dominante Ziele unterstellt werden. Dies widerspräche der 8 9

Vgl. S. 115, [186; 614; 491; 109, S. 2 9 9 f f . ] . Vgl. S. 2 3 0 ff.

40

II. Personalpolitik

Tatsache, daß Leistung eine Bedingung der Bedürfnisbefriedigung (z. B. Streben nach Einkommen, Leistungsbedürfnis) und umgekehrt die Bedürfnisbefriedigung eine Bedingung der Leistungsabgabe sein kann. Zielkonkurrenzen zwischen verschiedenen Interessengruppen (z. B. Arbeitnehmer, Eigentümer, Konsumenten) oder innerhalb solcher Gruppen lassen sich auf der politischen Ebene noch nicht deutlich genug akzentuieren. Sie nehmen aber auf der Ebene der Strukturplanung um so deutlichere Konturen an, wie einige Beispiele zeigen mögen. Geht man z. B. von den personellen Zielen „Einkommenssteigerung" und „individuelle Entfaltung" aus, so müßte man strukturelle Bedingungen schaffen, die sowohl individuelle Entfaltung als auch Steigerung des individuellen Einkommens zulassen. Daraus ergibt sich praktisch die Anforderung an die Unternehmensstruktur, solche Arbeiten bereitzustellen, die eine Steigerung auf beiden Gebieten gleichzeitig ermöglichen. Ein Blick in die tägliche Arbeitspraxis zeigt schnell, daß diese strukturellen Anforderungen kaum erfüllt sind. Vielmehr findet man dort Arbeitsbereiche, die wegen ihrer unterschiedlichen Ausstattung mit Maschinen, ihren unterschiedlichen Aufgaben und Aufgabenbeziehungen (z. B. Fließbandarbeit), ihren jeweiligen Bearbeitungsobjekten, ihren Einflußbeziehungen etc. nur alternativ eine Steigerung der individuellen Entfaltung oder des Einkommens zulassen, wenn überhaupt eines von beiden. Gegen diesen Vorwurf könnte man einwenden, daß durch Beförderung und Aufstieg in der Aufgabenhierarchie Arbeitsplätze erreicht werden können (z. B. leitende Positionen), bei denen obige strukturelle Anforderungen weitgehend erfüllt sind. Abgesehen davon, daß die Zahl derartiger Arbeitsplätze sehr begrenzt ist, hängt das Funktionieren dieses Prinzipes noch von einer Vielzahl anderer Faktoren ab, nicht zuletzt auch davon, ob es gelingt, die personellen Bestände und Beziehungen entsprechend zu entwickeln. Nicht jeder neigt z. B. dazu, seine Entfaltungschancen durch Aufstieg wahrzunehmen, weil dadurch z. T. die Befriedigung anderer Bedürfnisse (z. B. Kontakt zu Kollegen) zurücktreten muß. Außerdem sind einkommenssteigernde Beförderungen unter den gegebenen Umständen i. d. R. mit einer zweckgebundenen „Entfaltung" persönlicher Veranlagungen verbunden und es wäre eher zufällig, wenn gerade diese Zweckbindung der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen entspräche. Bereits die Verfolgung „rein" personeller Ziele bei der Planung der Strukturen stellt mithin schwer bestimmbare und teilweise widersprüchliche Anforderungen sowohl an die Unternehmensstruktur als auch an die Personalstruktur. Nicht viel anders verhält es sich, wenn man bei der Strukturplanung von „reinen" Eigentümerzielen ausgeht. Angenommen, das einzige Ziel sei die Kapitalrentabilität, so wäre die Frage zu klären, wie demnach die Unternehmensstruktur und die Personalstruktur gestaltet sein müssen, damit insgesamt dem Rentabilitätsziel am besten Gewinn (G)

gedient ist. Rentabilität (R) sei hier definiert als ——r~n °

777T > wobei

Kapitaleinsatz (K)

(G) die Differenz aus Erlös (E) und Kosten (Ko) darstellt. Durch den Einsatz von

2 . Personalpolitik und Unternehmenspolitik

41

Arbeit kann (R) nun auf verschiedene Weisen gesteigert werden. Eine Möglichkeit besteht darin, die Steigerung von (E) anzustreben. Dann müßte vielleicht die Arbeitsleistung des Personals gesteigert werden, was voraussetzt, daß die Qualität und Motivation der Mitarbeiter hoch wird, daß die personellen Beziehungen effizient werden, daß die Maschinen, Werkstoffe, Werkzeuge etc. leistungsfördernd wirken, daß die Aufgabenteilung (Ablauforganisation) rationell wird u. v. a. m. Die genannten strukturellen Voraussetzungen weisen mannigfaltige, mehrdeutige Beziehungen untereinander und zu den anderen Determinanten von (R), nämlich zu (K) und (Ko) auf. Der Planende steht somit vor einer Fülle von Ansatzmöglichkeiten zur Gestaltung der Unternehmensstruktur und der Personalstruktur. Eingriffe in die Unternehmensstruktur (z. B. neue Maschinen, neue Aufgabenteilung) machen Änderungen der Personalstruktur notwendig und umgekehrt. Eine Erlössteigerung ist aber auch ohne Steigerung der individuellen Leistung möglich. Dann nämlich, wenn man die Arbeitsproduktivität durch Einsatz von Maschinen erhöht oder im Extremfalle ganze Arbeitsbereiche automatisiert. In der Tat haben Überlegungen im Rahmen der Personaleinsatzplanung häufig dazu geführt, weniger Menschen effektiver einzusetzen oder Facharbeiter durch Maschinen und ungelernte Arbeitskräfte zu ersetzen. Jede dieser Maßnahmen stellt eine Fülle von Anforderungen an die Unternehmensstruktur und die Personalstruktur. Und, um beim Beispiel der Rentabilität zu bleiben, die daraufhin einsetzenden Veränderungen an den Beständen (Fähigkeiten, Motivationen, Maschinen, Werkstoffe etc.) und Beziehungen (Kommunikation, Einfluß, Sympathie, Neid etc.), die ursprünglich auf den Erlös gerichtet waren, wirken zum einen aufeinander und zum anderen auch auf die Kosten und den Kapitaleinsatz. Darüber hinaus bleibt zu bedenken, daß die Rentabilität ja nur eines von mehreren an dieser Stelle aufzählbaren Zielen darstellt. In dieser Betrachtung werden die Grenzen rationaler politischer Integration sichtbar. Die Einzelpolitiken wie z. B. Personalpolitik, Eigentümerpolitik oder Konsumentenpolitik können weder in sich noch untereinander widerspruchsfrei so geordnet werden, daß alle Interessen in jedem einzelnen Entscheidungsfalle gleichgewichtig berücksichtigt werden. Eine optimale, d. h. allen Werten oder Bedürfnissen gerecht werdende Strukturplanung scheitert zum einen daran, daß die Ursache-Wirkungs-Beziehungen aller strukturellen Mittel nicht eindeutig bestimmbar sind und zum anderen daran, daß Wert- bzw. Zielkonflikte praktisch nicht vermieden werden können. Letztere treten sowohl bei der Gestaltung der Unternehmensstruktur und Personalstruktur als auch bei der Abstimmung zwischen diesen beiden Strukturen mit zunehmender Plandetaillierung immer schärfer zutage. Andererseits jedoch erhellt Obiges auch, daß Personalpolitik und Unternehmenspolitik nur analytisch und idealtypisch voneinander abgehoben werden können. Die postulierten Zielgegensätze lassen sich in der Realität aufgrund der kausalen, wertmäßigen und personalen Verwobenheit (z. B. Mitarbeiter als Konsument) des Handelns nicht jederzeit aufrechterhalten. Vielmehr erscheinen sie häufig als vergröbernd ideologisch, ja dogmatisch. Praktisch bleibt daher keine andere Wahl, als

42

II. Personalpolitik

sich von Fall zu Fall politisch zu einigen, indem einmal dieses und ein andermal jenes Bedürfnis zeitweise zurückgestellt wird [781, S. 13 f.; 584, S. 33 ff.]. Ein solches Verfahren jedoch führt letztlich zu einem Wertopportunismus, dessen Leistung eher darin besteht, Sinn vorzutäuschen als Sinn zu offenbaren. Parallel zum bloßen Zweck-Mittel-Denken müssen daher sozialphilosophische Kategorien als Sinn-Konstanten eingeführt werden, wie z. B. die Begriffsinhalte von Person, Institution oder Gesellschaft. Das oben Gesagte kann thesenartig kurz wie folgt festgehalten werden: (1) Die konsequente politische Differenzierung einzelner Interessengruppen nach Ziel- bzw. Wertinhalten ist eine notwendige Voraussetzung für die Konstruktion rationaler Einzelpolitiken (z. B. Personalpolitik, Konsumentenpolitik). (2) Die Einzelpolitiken müssen sich in der Gesamtpolitik zum Teil in ihrer vollen Gegensätzlichkeit begegnen; sog. „gemeinsame" Interessen dürfen nicht apodiktisch zum Ausgangspunkt der Unternehmenspolitik gemacht werden (Begründung, Operationalität). (3) Da eine vollkommene politische Integration aus logischen wie praktischen Gründen unmöglich ist, kann sie nur in sachlich und zeitlich begrenzten Formen stattfinden, die jederzeit anfällig sind gegen gesellschaftlichen Wandel. (4) Die Personalpolitik hat sich an den Bedürfnissen der Mitarbeiter zu orientieren. (5) In der Personalpolitik müssen nach der Differenzierung Kompromisse mit den Bedürfnissen anderer gesellschaftlicher Gruppen, denen z. T. auch die Mitarbeiter angehören, eingegangen werden. (6) Das Bedürfniskonzept vermag eine in sich widerspruchsfreie Personalpolitik allein nicht zu fundieren. Es müssen Werturteile gefällt werden, woraus sich die Frage nach dem Sinn menschlicher Arbeit (Selbstverwirklichung) als Dauerproblem ergibt. (7) Abstrakte Bezugspunkte der Personalpolitik sind vor allem die Befriedigung von Mitarbeiterbedürfnissen („Zufriedenheit"), die Befriedigung von gesellschaftlichen Bedürfnissen („Leistung") und die Sinngebung menschlicher Arbeit („Selbstverwirklichung").

3. Personalpolitik als Aufgabe Wie die Betrachtungen zur Zielbildung im Personalmanagement gezeigt haben, kann die Personalpolitik nicht von einer Einzelperson bestimmt werden. Dies wäre zum einen realitätsfern, da der Einfluß anderer Personen auf die Zielbildung nicht ausgeschlossen werden kann und zum anderen wäre eine Einzelperson überfordert, wollte sie dem sich ständig in Bewegung befindlichen Interessenpluralismus Rechnung tragen. Damit erhebt sich die Frage, wer an der Festlegung der Personalpolitik beteiligt werden soll, oder, anders ausgedrückt, wem die Personalpolitik als Aufgabe überantwortet werden soll.

3. Personalpolitik als Aufgabe

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Eine gemeinschaftliche Erledigung komplexer Aufgaben würde voraussetzen, daß man die Struktur der Aufgabe kennt, sie in Teilaufgaben zerlegen und diese den Aufgabenträgern vorgeben kann. Erst wenn die Träger der Aufgabe „Personalpolitik" bestimmt sind, ergeben sich einigermaßen klare Anhaltspunkte dafür, welche Interessengruppen voraussichtlich bei der Zielbestimmung berücksichtigt werden [213, S. 6]. In der Praxis ist die Personalpolitik bisher kaum rational und systematisch als Aufgabe institutionalisiert worden. Die Träger der Personalpolitik haben sich hier faktisch (z. B. durch Macht, Gewohnheit oder Fachkompetenz) oder gesetzlich (Mitbestimmungsrecht) herausgebildet. Formell gelten als Träger der Personalpolitik i. d. R. die oberste Unternehmensleitung (z. B. Vorstand einer AG), die Linienvorgesetzten, der Personalleiter und die Arbeitnehmervertreter im Unternehmen (Arbeitsdirektor, Arbeitnehmeraufsichtsräte, Betriebsrat) [213, S. 6ff.; 974 S. 44 ff.]. Informell jedoch wird die Personalpolitik auch von anderen Gruppen wie Gewerkschaften, Hauptversammlung, Arbeitnehmern, Kunden, Banken, Staat etc. beeinflußt. All diese Gruppen unterscheiden sich z. T. voneinander hinsichtlich ihrer Interessen, ihres tatsächlichen Einflusses auf die Zielbestimmung und der Ansatzpunkte ihrer Einflußnahme. Vereinfachend können die an der Personalpolitik beteiligten Interessenten wie folgt unterteilt werden: interne Einflußgruppen Vertreter der Unternehmung (Eigentümer, Arbeitgeberaufsichtsräte, Vorstand) Vertreter der Arbeitnehmer (Arbeitnehmeraufsichtsräte, Betriebsräte) Personalleiter und Arbeitsdirektor Fachvorgesetzte Mitarbeiter

externe Einflußgruppen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände Geldgeber, Kunden Konkurrenz Staat

Dieser gruppenmäßigen Unterteilung kann man eine Untergliederung der Personalpolitik als Aufgabe gegenüberstellen. Dabei kommen die einzelnen Aktivitäten des Zielbildungsprozesses zum Ausdruck. Jede dieser Teilaktivitäten stellt einen Ansatzpunkt zur Beeinflussung der Zielbildung dar und kommt für die Verteilung der Personalpolitik als Aufgabe in Frage. Eine Untergliederung erreicht man z. B., wenn man die politische Differenzierung als Problemlösungsprozeß sieht (Darst. 3). Jede Phase des Problemlösungsprozesses ist wiederum Ausgangspunkt für neue Problemlösungsprozesse, bei denen vornehmlich über das Verfahren zur Bewältigung einer Phase und über die personelle Verteilung der Phasenelemente entschieden werden muß [941, S. 204 f.].

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Darst. 3: Personalpolitik als Problem

II. Personalpolitik

3. Personalpolitik als Aufgabe

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Bei der Formulierung verschiedener Ziele (Phase 3) muß z. B. entschieden werden, woher die Ziele (Werte, Bedürfnisse) bezogen werden sollen. Dabei bieten sich u. a. solche Bezugsquellen wie Sozialphilosophie, Anthropologie, christliche Soziallehre, Geschichtswissenschaft, aktuelle Meinungsforschung oder gesellschaftspolitische Rahmenkonzeptionen an. Des weiteren stellt sich die Frage, wer für die Gewinnung von Zielvorstellungen verantwortlich sein soll. Beide Aspekte hängen überdies eng miteinander zusammen, wobei der erste (woher) eine Entscheidungshilfe für den zweiten (wer) darstellen mag. Die Bewertung der Zielalternativen und die Zielentscheidung (Phase 4) werfen u. a. das Problem der Kriterienwahl auf. Als Kriterien kommen nicht nur die Interessen der Mitarbeiter, sondern auch die in der übrigen Unternehmenspolitik enthaltenen Ziele in Frage (politische Integration). Auch hier muß darüber entschieden werden, wer an der Lösung dieses Teilproblems zu beteiligen ist und in welcher Form diese Beteiligung stattfinden soll. Die Realisation des gewählten Zielsystems (Phase 5) umfaßt Teilaufgaben wie die Zieloperationalisierung und die Vorgabe von Einzelzielen oder Grundsätzen an die verschiedenen Leitungsstellen im Unternehmen. Es muß geklärt werden, wer für die Zielvorgabe autorisiert werden soll. Außerdem beinhaltet die Realisation von Zielen das Problem der Verteilungspolitik. Es genügt nämlich nicht zu bestimmen, was erreicht werden soll (Ziel), sondern man muß auch darüber entscheiden, nach welchen Gesichtspunkten das Erreichte auf die verschiedenen Interessenträger verteilt werden soll. Dies gilt vornehmlich für offensichtlich knappe Verteilungsgegenstände wie z. B. für den ökonomischen Output. In der Kontrollphase (Phase 6) können zwei Problemschichten unterschieden werden. Einmal muß das gewählte Zielsystem unter dem Gesichtspunkt der Systemlogik überprüft werden (Zielarten, Zielbeziehungen, Umweltbezug). Zum anderen muß das Zielsystem einer Wirksamkeitskontrolle unterzogen werden, d. h. es muß untersucht werden, inwieweit es seinem ursprünglichen Anliegen (mitarbeiterorientierte Personalpolitik) gerecht geworden ist und welche „Nebenwirkungen" (z. B. auf die Absatzpolitik) sich dabei ergeben haben. Wurde der ursprüngliche Zweck nicht erreicht oder stellten sich unakzeptable Nebenwirkungen ein, so kann, muß dies aber nicht an der gewählten Personalpolitik liegen. Die Fehler wären auch in der Struktur- und Maßnahmeplanung zu suchen. Entschieden werden muß in diesem Zusammenhang, wer derartige Kontrollaufgaben übernehmen soll und in welcher Weise die Kontrolle durchzuführen ist. Das hier dargebotene Schema einer Untergliederung der Aufgabe „Personalpolitik" erhebt freilich weder Anspruch auf Vollständigkeit, noch stellt es die einzig denkbare Form einer Untergliederung dar. Andere Vorstellungen hierzu finden sich z. B. bei Wild [990, S. 55 ff.] oder bei Weber, der den Zielbildungsprozeß in die Phasen Gewinnung von Zielen, Zielselektion, Zielordnung und Autorisierung unterteilt [974, S. 51 f.]. Auch könnte man die Personalpolitik als Aufgabe in die Elemente politische Differenzierung, politische Integration, Verteilungspolitik und

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II. Personalpolitik

Zielkontrolle zerlegen und jedes dieser Elemente nach dem Schema des o. a. Problemlösungsprozesses analysieren. Aus Darst. 3 ergeben sich zahlreiche Ansatzpunkte für die arbeitsteilige Wahrnehmung der Personalpolitik. Angesichts dieser Unterteilung des Problemlösungsprozesses erscheint die Beteiligung „interner" und „externer" Interessenvertreter in einem anderen Licht. Von der Alternativenbewertung, der Entscheidung und der Realisation des gewählten Zielsystems sind zwar die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände offiziell ausgeschlossen. Faktisch haben sie jedoch kaum eine schwächere Stellung als der Personalleiter, die Fachvorgesetzten, der Betriebsrat oder die Mitarbeiter selbst. Insbesondere gilt diese Feststellung für die Regelung der monetären Verteilungspolitik (Tarifvertrag). Weitreichende Zielentscheidungen, um die es bei der Personalpolitik geht, werden gegenwärtig offiziell fast ausnahmslos von der Unternehmensführung (Vorstand, Geschäftsleitung) getroffen, die dabei unmittelbar nur vom Aufsichtsrat und vom Gesetzgeber kontrolliert wird. Es kann zwar nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Unternehmensleitung nur bestimmte Interessen (z. B. die der Eigentümer) vertritt. Fraglich erscheint aber, ob das Leitungsorgan nicht überbeansprucht wird, wenn es die Aufgaben der politischen Differenzierung und der politischen Integration weitgehend auf sich allein gestellt wahrnehmen soll. So gesehen erscheint es bedenklich, wenn man die personalpolitischen Ziele aus der Unternehmenspolitik, vertreten durch das Leitungsorgan, „ableiten" will. Eher das Umgekehrte, die Formung der Unternehmenspolitik aus den verschiedenen Einzelpolitiken, erscheint als gangbarer Weg [166; 890, S. 377ff.].

4 . Personalpolitik als Verteilungspolitik 4.1 Verteilungsprobleme und Verteilungsgegenstände Die Vorgänge der politischen Differenzierung und politischen Integration befassen sich mit der Ausrichtung der Unternehmung auf unterschiedliche Interessenlagen. Das Problem liegt dabei in der Frage, welche besonderen Werte oder Bedürfnisse des Personals in der Personalpolitik berücksichtigt werden müssen und wie die Personalpolitik sich zur Unternehmenspolitik verhält. Neben solchen qualitativen Interessenunterschieden treten nun in der Regel auch quantitative Interessenunterschiede auf. Diese sind dadurch gekennzeichnet, daß sich verschiedene Personen zwar über die Art des anzustrebenden Ziels einig sind, aber nicht über die mengenmäßige Verteilung des später erzielten Ergebnisses. Der verteilbare Output ist häufig knapp bzw. wird durch die Dynamik der Anspruchsniveaus verknappt. Da jede Partei ihre Bedürfnisse vollkommen befriedigen will, entstehen Verteilungskonflikte. Der politische Charakter des Verteilungsproblems ist in den Zielen zu suchen, die mit der Verteilung eines bestimmten Outputs verbunden werden. Verteilungs-

4 . 1 Verteilungsprobleme und Verteilungsgegenstände

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politische Ziele sind z. B. die maximale Befriedigung eines aktuellen Bedürfnisses, die Herstellung relativer Gerechtigkeit oder die Erreichung eines volkswirtschaftlichen Gleichgewichtes [910, S. 22ff.; 887, S. 40ff.; 690, S. 102ff.]. Die verteilungspolitischen Ziele finden ihren Ausdruck in den Verteilungskriterien und Maßstäben, die dem Verteilungsverfahren zugrunde gelegt werden. Auf sie werden sich die späteren Ausführungen besonders konzentrieren. Der spezifisch personalpolitische Beitrag zur Verteilungspolitik müßte darin bestehen, daß die Ansprüche des Personals gegenüber den Verteilungszielen der anderen Parteien gewahrt werden. In der Realität jedoch stellt sich dieser Zusammenhang häufig umgekehrt dar: Aus den kapital- oder finanzpolitischen Verteilungszielen wird die Personalpolitik geboren. Personalpolitik nimmt dann keine eigenständige Position bei der Verteilungspolitik ein, sondern ist nur ein Mittel zur Durchsetzung vielfältiger, teils verdeckter Verteilungsziele anderer Interessengruppen. Dieser Vorgang verträgt sich nicht mit dem hier angestrebten Verständnis von Personalpolitik. Andererseits jedoch schließt auch ein entschieden personalpolitischer Standpunkt bei der Verteilungspolitik nicht aus, daß die Ansprüche des Personals eine Begrenzung erfahren. Zum einen resultiert dies aus der generellen Aufgabe der politischen Integration (externer Interessenausgleich), zum anderen existiert das Verteilungsproblem auch innerhalb der Gruppe des Personals, wenn es darum geht, knappe Verteilungsgegenstände auf eine Vielzahl von Mitarbeitern zu verteilen (interner Interessenausgleich). Vornehmlich im relativ engen Rahmen des internen Interessenausgleichs beschäftigt sich die Betriebswirtschaftslehre mit den Verfahrensfragen des Verteilungsproblems. Gegenstand eines weitgefaßten Verteilungsproblems kann jeglicher Output sein, der geeignet ist, Zufriedenheit und Selbstverwirklichung zu erzeugen. Traditionellerweise steht im Zentrum der öffentlichen Verteilungsdiskussion die Befriedigung von Bedürfnissen durch monetäre Leistungen an das Personal. Monetäre Leistungen spielen aber normalerweise nur eine symbolische Rolle, d. h. das Bedürfnis nach Geld ist gelernt10, weil drrch Geld erfahrungsgemäß eine breite Skala verschiedener Bedürfnisse befriedigt werden kann, wie z. B. die Bedürfnisse nach Nahrung und Sicherheit, nach sozialen Kontakten und Anerkennung. Solche und andere Bedürfnisse werden in einer Unternehmung jedoch nicht allein durch monetäre Leistungen, also indirekt befriedigt, sondern auch direkt durch materielle Zuwendungen, vertragliche Sicherung des Arbeitsplatzes, Urlaub, Lob, Gruppenklima u. v. a. m. Leistungen dieser Art werden faktisch an Mitarbeiter verteilt und könnten demnach prinzipiell auch zum Gegenstand einer formalisierten Verteilungspolitik erhoben werden. Ebenso verhält es sich mit jenen Leistungen, die vornehmlich zur Selbstverwirklichung des Personals beitragen könnten. Vorausgesetzt das Ziel „Selbstverwirklichung" kann in eine operationale Fassung gebracht werden, so lassen sich die Auswirkungen der Arbeit daraufhin untersuchen, inwiefern sie z. B. der Herstellung 10

Vgl. S. 115, 118.

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II. Personalpolitik

von Menschenwürde, dem Entfaltungsstreben, dem Interesse an einer Tätigkeit etc. dienen, und es stellt sich die Frage, nach welchen Gesichtspunkten knappe Selbstverwirklichungschancen verteilt werden sollten. Insbesondere die Arbeitsgestaltung und die Programme der Personalentwicklung sind in diesem Zusammenhang als verteilungskritischer Output zu erwähnen. Es fällt auf, daß in Unternehmungen die Anzahl der ausdrücklichen Verteilungsgegenstände recht begrenzt ist und daß erheblich mehr Auswirkungen der Arbeit auftreten als die formalisierte Verteilungspolitik erfaßt. Des weiteren zeigt der Vergleich von Unternehmungen mit anderen sozialen Systemen, aber auch der interkulturelle Vergleich von Unternehmungen, daß es sich in Unternehmungen in der Regel um Verteilungsgegenstände handelt, die vornehmlich dort und weniger bei Vereinen, Familien, Parteien, Universitäten etc. im Brennpunkt des Interesses stehen, diese Feststellung legt den Schluß nahe, daß auf der Basis bestimmter gesellschaftlicher Konstellationen kulturspezifisch geltende „Verteilungskataloge" für Unternehmungen entstanden sind. Sie werden seitdem relativ fraglos von der Betriebswirtschaftslehre als repräsentative Gegenstände der Verteilungspolitik herangezogen. Zu geringe Beachtung hat bisher die Tatsache gefunden, daß der

Darst. 4: Gegenstände der Verteilungspolitik im Unternehmen

4.2 Vermögens- und Einkommensverteilung

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gesellschaftliche und kulturelle Wandel von den Unternehmungen verlangt, immer neue Bedürfnisse in ihr offizielles Verteilungsprogramm aufzunehmen [825, S. 21]. Die Einführung eines sogenannten „lonesome pay" ist nur ein Beispiel dafür, daß man sich auch in den Unternehmungen über unbefriedigende Verteilungsmuster klar wird und damit eine Voraussetzung zur Kompensation bzw. zur Veränderung dieser Muster schafft11. In der Übergangsphase kommen dabei insbesondere den sog. betrieblichen Sozialleistungen, wie z. B. Gesundheitswesen, Altersvorsorge, Verpflegung etc., eine gewisse Bedeutung zu [339; 311, S. 291 ff.; 881 ff.; 771]. Im hier vorgegebenen Rahmen kann die Verteilungsproblematik nicht auf alle denkbaren Verteilungsgegenstände ausgedehnt werden. Stattdessen wird im folgenden die Betrachtung auf bestimmte Aspekte der monetären Verteilung konzentriert (vgl. Darst. 4). Die monetären Verteilungsgegenstände betreffen im wesentlichen die Verteilung von Vermögen und Einkommen.

4.2 Vermögens- und Einkommensverteilung Bei der Vermögensverteilung muß grundsätzlich unterschieden werden, ob es sich um die Verteilung bereits vorhandenen Vermögens (Vermögensumverteilung) handelt, oder um die Verteilung des zukünftig entstehenden Vermögens (regelmäßige Vermögensbildung). Die Vermögensbildung der Arbeitnehmer wird letztlich aus der Einkommensverteilung gespeist, und zwar in Form von Zuwendungen des Staates und des Arbeitgebers sowie durch eigene Leistungen des Arbeitnehmers. Vereinbarungen über die Vermögensbildung werden auf gesetzlicher, betrieblicher oder tarifvertraglicher Ebene geregelt [216]. Gesetze zur Vermögensbildung sind u. a.: Drittes Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer vom 27. 6. 1970 (BGBl. I, S. 930), Spar-Prämiengesetz in der Fassung vom 18. 9. 1969 (BGBl. I, S. 1682), Wohnungsbau-Prämiengesetz in der Fassung vom 18. 9. 1969 (BGBl. I, S. 1678). Betriebliche Maßnahmen der Vermögensbildung stützen sich auf Verträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer [311, S. 507 ff.] oder auf Betriebsvereinbarungen. Sie treten i. d. R. auf in Form von Belegschaftsaktien, Personalobligationen, GmbH-Anteilen (Mitunternehmerschaft) und manchmal auch Investivlöhnen [1011, S. 345ff.; 724]. Zwar gehen diese Formen der Vermögensbildung Hand in Hand mit bestimmten Arten der Einkommensverteilung, insbesondere der Erfolgsbeteiligung und sind insoweit kaum isoliert von diesen zu betrachten, jedoch entspringen sie i. d. R. anderen Verteilungszielen als die Erfolgsbeteiligung [1011, S. 429]. Davon zeugt 11

Vgl. auch die gewerkschaftliche Verteilungspolitik, die sich zunehmend von monetären auf nicht monetäre Gegenstände verschiebt, z. B. im Manteltarifvertrag der IG Metall (Württemberg) vom 20. 10. 73, §§ 2, 3.4, 3.2, 10 (Arbeitsgestaltung).

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II. Personalpolitik

schon die Tatsache, daß Vermögensbildung i. a. nicht direkt an die einzelwirtschaftliche Leistung der Arbeitnehmer gekoppelt ist, wenngleich nicht bestritten werden kann, daß die Chance zur Vermögensbildung vom verfügbaren Einkommen und dieses z. T. von der Leistung bzw. dem erwerbswirtschaftlichen Status (selbständig, nicht selbständig) eines Einkommensbeziehers abhängt [717, S. 245 ff.]. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Einkommensverteilung und Vermögensbildung besteht darin, daß von letzterer nur die Rede sein kann, wenn das verteilte Einkommen nicht kurzfristig wieder ausgegeben wird, was z. B. bei der Erfolgsbeteiligung keineswegs ausgeschlossen ist. Als besondere Ziele der Vermögensbildung werden dementsprechend genannt: Bereitstellung von Investitionskapital, Stärkung der Unabhängigkeit des Arbeitnehmers, Verhinderung radikaler Strömungen, Förderung des wirtschafdichen Verantwortungsbewußtseins, Bindung des Arbeitnehmers an die Unternehmung und Verbesserung der Bildungschancen für bestimmte Arbeitnehmerschichten. Auf die Diskussion über diese teilweise widersprüchlichen Ziele sowie über die Möglichkeiten und Grenzen der Vermögensbildung kann hier jedoch nicht näher eingegangen werden [84; 107; 184; 131, S. 264ff.; 518]. Die Einkommensverteilung im Unternehmen bezieht sich hauptsächlich auf das Entgelt (Lohn, Gehalt) für Arbeitsleistungen, auf die leistungsunabhängigen Sozialzulagen und auf die Erfolgsbeteiligung. Bezugsgröße der Erfolgsbeteiligung ist im Gegensatz zum Arbeitsentgelt nicht die Arbeit bzw. die Leistung des einzelnen Mitarbeiters, sondern eine Gesamterfolgsgröße in der Unternehmungsrechnung. Solche Gesamterfolgsgrößen werden in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmensgeschehens (z. B. Produktion, Absatz) und auf unterschiedlichen Rechnungsebenen (z. B. Gewinn, Ertrag, Leistung, Kosten) ermittelt.

Erfolgsbeteiligung

Leistungsbeteiligung — Produktionsbeteilung — Kostenersparnisbeteiligung — Produktivitätsbeteiligung — Kombinationsformen

Ertragsbeteiligung — Nettoertragsbeteiligung — Wertschöpfungsbeteiligung — Rohertragsbeteiligung — Umsatzbeteiligung — Kombinationsformen

Darst. 5: Formen der Erfolgsbeteiligung

Gewinnbeteiligung

— Ausschüttungsgewinnbeteiligung — Unternehmungsgewinnbeteiligung — Substanzgewinnbeteiligung — Kombinationsformen

4.2 Vermögens- und Einkommensverteilung

51

Demgemäß haben sich auch verschiedene Bezugsgrößen der Erfolgsbeteiligung in der Praxis herausgebildet (vgl. Darst. 5) 12 . Eine vom Mitarbeiter einigermaßen direkt beeinflußbare und für ihn erkennbare Beziehung zwischen seiner Arbeit und der Erfolgsbeteiligung besteht lediglich bei den Formen der Produktions-, Kostenersparnis- und Umsatzbeteiligung. Diese Formen finden manchmal auch Eingang in das reguläre Arbeitsentgelt (z. B. Prämien, Tantiemen). Der politische Unterschied zwischen Erfolgsbeteiligungssystemen und Arbeitsentgelt wird besonders deutlich, wenn man einen Blick auf die Kriterien wirft, nach denen der Einzelne am Erfolg beteiligt wird. Es werden u. a. genannt: Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstand, Arbeitsaufgabe, Rang, Höhe des Arbeitsentgelts und Fehlzeiten [311, S. 493], Diese Kriterien weisen nur einen vagen Bezug zur Leistung der Mitarbeiter auf. Ein solcher Bezug müßte jedoch einsehbar sein, wollte man durch Erfolgsbeteiligung etwa eine unmittelbare Leistungssteigerung der Mitarbeiter erreichen. Weitgehend unkontrollierbar ist auch, ob die jeweilige Höhe der gezahlten Erfolgsbeteiligung der Verursachung dieses Erfolges durch einzelne Mitarbeiter bzw. durch Mitarbeiter und Kapitalgeber gerechten Ausdruck verleiht [490, S. 666 ff.]. Die Verteilungsziele der Erfolgsbeteiligungssysteme müssen deshalb überwiegend auf einer anderen Ebene gesucht werden. Insbesondere die Entschärfung des verteilungspolitischen Klimas, die Ausrichtung des Mitarbeiterinteresses auf Ziele, die auch anderen Interessengruppen dienen 13 , sowie eine Verstärkung der gegenseitigen Ausrichtung (Kontrolle) der Mitarbeiter auf den Erfolg des Unternehmens kommen als Ziele der Erfolgsbeteiligung in Betracht. Freilich läßt sich auch die Leistungs- oder Kooperationsorientierung von Erfolgsbeteiligungen nicht gänzlich leugnen [213, S. 175 ff.; 311, S. 466 f.], Sozialzulagen (insbesondere sog. Lohnnebenkosten wie z. B. Kindergeld, Versicherungsbeiträge) oder andere Zulagen zum regulären Arbeitsentgelt (z. B. Teuerungszulage, Urlaubsgeld, Weihnachtsgratifikation) haben in der Vergangenheit den Personalaufwand stark erhöht. Sie werden meistens tarifvertraglich oder gesetzlich geregelt und weisen kaum einen Bezug zur Arbeitsleistung auf. Ihr politischer Charakter liegt in der überwiegenden Orientierung an sozialpolitischen Erfordernissen und an gesellschaftlich-kulturell bedingten Bedürfnissen. Am Beispiel der Sozialzulagen wird der unternehmensexterne Einfluß auf die Personalpolitik besonders deutlich (Gewerkschaften, Staat etc.).

12

13

[886; 311, S. 164f.; 469] spezielle Verfahren finden sich bei [808; 767, S. 99ff.; 850, S. 161 ff.] weitere Modelle vergleiche auch S. 185 ff. Der „Antrieb von oben" soll ersetzt werden durch den eigenen Antrieb zur wirtschaftlichen Leistung, vgl. [888, S. 63],

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II. Personalpolitik

4.3 Entgeltpolitik 4.3.1 Verteilungsziele und Verteilungsdeterminanten Die Entgeltpolitik bietet unternehmensintern relativ große Spielräume für zielbezogene Gestaltungsmaßnahmen [854, S. 81 ff.]. Sie steht i. a. immer noch im Zentrum der Personalpolitik überhaupt. Die entgeltpolitischen Ziele sind mannigfaltig, da sich in ihnen das wertende Interesse an den Funktionen und Folgen des Arbeitsentgeltes ausdrückt. Damit führt das Entgeltproblem letzdich zurück in die normative Ordnungslehre [967, S. 165], d. h. in Werturteile, und es stellt sich die Frage nach dem „richtigen" Entgelt. Als „richtig" oder „falsch" kann das Entgelt zum einen unter dem finalen bzw. funktionalen und zum anderen unter dem kausalen Aspekt betrachtet werden. In der finalen und funktionalen Sichtweise hat sich die Entgelthöhe nach dem sinnhaften Entwurf eines bestimmten Endzustandes bzw. nach einem Zweck zu richten. Die eigentliche entgeltpolitische Entscheidung liegt in der Bindung der Entgelthöhe an die diesen Endzustand bzw. Zweck kennzeichnenden Werte. Als denkbare Endzustände, d. h. als funktionale Bezugspunkte für die Entgeltgestaltung, gelten derzeit insbesondere: volkswirtschaftliches Gleichgewicht, Leistungsentfaltung und Bedürfnisbefriedigung. Ausgehend hiervon werden verteilungspolitische Entscheidungen getroffen, die zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Volkseinkommens bzw. des Entgeltes führen können, wenn und soweit dies notwendig erscheint. In der volkswirtschaftlichen Verteilungstheorie spielt heute die gleichgewichtsfunktionale Verteilung des Einkommens eine große Rolle [822, S. 333 ff.; 108, S. 1 ff.]. Im wesentlichen geht es dabei um die absolute Höhe der volkswirtschaftlich „vertretbaren" Lohnsumme im Verhältnis zum Kapitaleinkommen. Argumente wie z. B. Erhaltung der Kaufkraft und der Investitionskraft, Vermeidung von Inflation oder Steigerung der Produktivität zeigen, daß über das Entgelt des „Produktionsfaktors Arbeit" relativ unabhängig von dessen Bedürfnissen oder der Arbeitsleistung entschieden werden kann und entschieden wird. Die „Richtigkeit" der Verteilung kann auf dieser Ebene deshalb auch kaum als „Gerechtigkeit" ausgelegt werden, sofern darunter Bedürfnis- oder Leistungsgerechtigkeit zu verstehen ist. Mit dieser sog. absoluten Verteilung des Einkommens auf Kapital und Arbeit ist aber noch nicht über die relative Verteilung des Entgelts auf die einzelnen Arbeitnehmer entschieden. Als finaler Bezugspunkt für die relative Entgeltverteilung bietet sich zunächst die Befriedigung der Mitarbeiterbedürfnisse an. Es ist aber die Frage, welche bzw. wessen Bedürfnisse und Anspruchsniveaus als Verteilungskriterien herangezogen werden sollen. Im Mittelalter wurden gesellschaftlicher Status und Bedürfnisse miteinander kurzgeschlossen, so daß jenes Entgelt als befriedigend angesehen werden konnte, das ein „standesgemäßes Auskommen" garantierte [804, S. 71]. Von der Angemessenheit dieser Verteilung ist heute kaum noch jemand überzeugt. Demgegenüber wird u. a. die Auffassung vertreten, daß die Verteilung des

4.3 Entgeltpolitik

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Entgelts zumindest die Befriedigung von Grundbedürfnissen wie z. B. nach Nahrung und physischer Erholung zum Ziel haben sollte [1011, S. 15]. Dieses Verteilungsziel erlaubt immerhin die Zahlung von leistungsunabhängigen Sozialzuschlägen. Ein „sozialgerechtes" Entgelt wird auf diesem Wege aber nicht zwangsläufig erreicht, da Entgelt und Sozialzuschläge evtl. lediglich auf eine Sicherung des Existenzminimums hinauslaufen und die Befriedigung der materiell und ideell darüber hinausgehenden sozio-kulturell bedingten Bedürfnissen weitgehend außer Acht bleibt 14 . In dieser engen Verwendung darf das Prinzip der sozialgerechten Verteilung also nicht gleichgesetzt werden mit einer bedürfnisgerechten Verteilung. Andererseits wird aber offenbar das Problem auch nicht dadurch gelöst, daß man die Bedürfnisbefriedigung als finalen Bezugspunkt der Entgeltverteilung verabsolutiert nach dem Motto: ,Jedem nach seinen Bedürfnissen und jeder nach seinen Fähigkeiten". Dies würde angesichts drohender Knappheit voraussetzen, daß „objektive" Bedürfnisse und „vernünftige" Ansprüche existieren. Wie die teilweise stark leistungs- und gesamtwirtschaftsorientierten Entgeltsysteme in sozialistischen Staaten zeigen, läßt sich auch dort bisher nur eine relative und durch andere Ziele modifizierte Bedürfnisgerechtigkeit in der Entgeltverteilung erreichen. In der betriebswirtschaftlichen Verteilungslehre wird das Ziel der Bedürfnisbefriedigung ebenfalls erwähnt. Hier gelten jedoch weitgehend die Beschränkungen des traditionellen Identitätsprinzips der Betriebswirtschaftslehre (Wirtschaftlichkeit), so daß sich das Ziel der Bedürfnisbefriedigung sogleich mit anderen Zielen verbindet. Bedürfnisbefriedigendes Entgelt einschließlich der Sozialzulagen wird in seiner Eigenschaft als Anreiz zur wirtschaftlichen Arbeitsweise gesehen. Die sprachliche Erfassung des Entgelts als „Anreiz" bedeutet dabei konzeptionell schon eine wesentliche Erweiterung gegenüber der reinen Kostenperspektive des Entgelts [534, S. 499ff.; 986, S. 120]. In beiden Fällen jedoch spielt bei der Verteilungspolitik nicht das Bedürfnis des Mitarbeiters die letztentscheidende Rolle sondern der ökonomische Erfolg der Unternehmung. In der finalen Sichtweise ließen sich noch andere Bezugspunkte der Entgeltverteilung finden. So könnte man z. B. die Meinung vertreten, daß es weder speziell auf die Bedürfnisse noch auf die Volkswirtschaft oder auf die individuelle Leistungssteigerung ankommt, sondern daß das Entgelt richtig verteilt sei, wenn sich keine aktuelle Unzufriedenheit oder Unruhe einer Schicht, einer Gruppe oder eines einzelnen Mitarbeiters zeigt. Es liegt auf der Hand, daß hierdurch einer rationalen Diskussion des Entgeltproblems weitgehend der Boden entzogen würde; zu mannigfaltig sind die Möglichkeiten, durch entsprechende Entgeltsysteme Unruhe und Unzufriedenheit zu verhindern 15 . 14

15

Sozialgerechtigkeit wird in der BWL allerdings wesentlich enger verstanden als hier, vgl. [534, S. 505, 520]. Typisch hierfür ist z. B., daß Tarife aus betriebswirtschaftlicher Perspektive als absolute, d. h. letztlich indiskutable Bezugspunkte der Entgeltgerechtigkeit abgehandelt werden und daß die Hauptaufgaben der Entgeltgestaltung überwiegend formal-organisatorisch inter-

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II. Personalpolitik

Die allgemeinen Schwierigkeiten einer finalen Bestimmung des Entgelts haben seit jeher die Suche nach anderen Verteilungsansätzen nahegelegt. Ein grundsätzlich anderer Weg scheint sich der Verteilungspolitik mit der kausalen Bestimmung des Entgelts anzubieten. Hier wird nicht untersucht, auf welchen Endzustand die Entgeltverteilung abzielt, sondern wie die Verteilung ursächlich begründet werden könnte. Keine ausreichende Begründung wäre gegeben, wenn man unterschiedliche Entgelthöhen auf Konventionen, Macht, Gesetze o. ä. zurückführen wollte. Erstens muß von diesen Ursachen nicht notwendig auf eine bestimmte Verteilungsstruktur geschlossen werden und zweitens sind sie selbst nicht das Ergebnis zwangsläufiger Entwicklungen, sondern ihrerseits durch vielerlei Ursachen und Entschlüsse bedingt. Eine bestimmte Verteilungspolitik läßt sich so nicht erklären und schon gar nicht begründen. Man drückt sich vielmehr vor einer offenen rationalen Normendiskussion und verharrt in ideologischen Pauschalbegründungen, wie sie z. B. der Harmonieglauben, die Gleichgewichtsideologie und der Sozialdarwinismus des 18. und 19. Jahrhundert anboten. Am nachhaltigsten hat sich bis heute die Begründung der Entgeltverteilung durch die dem Entgelt zu Grunde liegende Arbeitsleistung durchgesetzt. Richtig ist danach dasjenige Entgelt, welches dem Wert des Arbeitsergebnisses entspricht. Es leuchtet wohl ein, daß nicht mehr Werte verteilt werden können als geschaffen wurden. Aber diese Feststellung führt nicht an Werturteilen bei verteilungspolitischen Entscheidungen vorbei, sondern mitten in sie hinein. Denn erstens ist der Wert eines Arbeitsergebnisses nicht objektiv feststellbar, zweitens müßte entschieden werden, in welchem Verhältnis dann Sachen (Kapital) oder Menschen (Arbeit) and der Wertschöpfung und damit an der Wertverteilung beteiligt werden sollen und drittens schließlich liegt ein verteilungspolitisches Werturteil schon dann vor, wenn jedem Wertschöpfungsfaktor genau sein Anteil an der Wertschöpfung (und nicht weniger) zukommen soll. Wie zu erwarten, ist daher in der Praxis die kausale Erklärung der Entgeltverteilung an vielen Stellen durchsetzt von finalen oder funktionalen Überlegungen. Was heute als das sogenannte „Leistungsprinzip" Eingang in die Einkommensverteilung allgemein und in die Entgeltverteilung speziell gefunden hat, ist letztlich ein Konglomerat aus kausalen Erklärungsversuchen und Werturteilen [967, S. 176f.]. Dies muß man sich vor Augen halten, um nicht Leistungsgerechtigkeit mit Objektivität schlechthin gleichzusetzen und das Verteilungsproblem seines von Grund auf politischen Charakters zu berauben. In der volkswirtschaftlichen Verteilungstheorie zeigt sich das Leistungsprinzip darin, daß die absolute Entgeltsumme in Abhängigkeit vom Beitrag des Faktors Arbeit zur volkswirtschaftlichen Produktion bzw. vom Grenzprodukt der Arbeit zu bestimmen versucht wird (Zurechnungslehre) [855, S. 266ff., 320ff.; 517, S. 1 ff.]. Das Entgelt muß in diesem Sinne volkswirtschaftlich erst einmal verdient werden [971, S. 62]. In Tarifverhandlungen spielt das Produktivitätsargument immer noch pretiert werden. Dadurch wird das Problem auf rechentechnischen Fragen verlagert, vgl. z. B. [102, S. 179].

4.3 Entgeltpolitik

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eine Rolle, wenngleich es bis heute nicht gelungen ist, den Produktivitätsanteil der Arbeitnehmer hinreichend genau zu bestimmen. Als besonders vordergründig erweist sich bei näherer Hinsicht die Vorstellung, daß das Leistungsprinzip am besten verwirklicht wäre, wenn man den Wert der Arbeit dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt entnehmen würde. Dies würde einen „fehlerfreien", nicht durch Einsatz wirtschaftlicher oder anderer Macht oder durch Täuschung verfälschten Aufbau der Marktwirtschaft voraussetzen [691, S. 104], Angebot und Nachfrage und somit der Preis auf dem Arbeitsmarkt hängen keineswegs nur von den Leistungen der Arbeitnehmer ab, sondern beruhen auf verschiedene Faktoren (z. B. Werbeerfolg, Mode, Bildungsengpässe), die weitgehend unabhängig von der Arbeitsleistung darüber entscheiden, ob eine Volkswirtschaft, eine Branche oder ein Unternehmen florieren und zu welchen finanziellen Bedingungen Mitarbeiter beschäftigt werden. In der betriebswirtschaftlichen Verteilungslehre wird das Leistungsprinzip unter dem Aspekt der „relativen" Entgeltgerechtigkeit gesehen. Relativ deshalb, weil weniger Gewicht auf die Verteilung des Einkommens auf die Faktoren Kapital und Arbeit gelegt wird als auf die Entgeltverteilung unter den Mitarbeitern. Darin bereits liegt eine politische Entscheidung, die den teilweisen Verzicht auf eine objektive Ermittlung des Arbeitswertes beinhaltet. Man lehnt sich an die volkswirtschaftlichen Argumente an, geht von einer „gegebenen" Verteilungsstruktur (Tarife) aus und gelangt dadurch zu Entgelten, deren Höhe von zahlreichen Einflüssen (Markt, Macht, Gesetz etc.) und finalen Elementen (z. B. Konjunkturpolitik) durchsetzt sind. Leistungsgerechtes Entgelt bedeutet in der Betriebswirtschaftslehre nicht nur ein Entgelt, das dem Wert der Arbeit entspricht, sondern generell auch eine (erlernbare) „Belohnung" für die Erfüllung einer Aufgabe [924, S. 8]. Dementsprechend verhält es sich auch mit den verteilungspolitischen Zielen und den betriebswirtschaftlichen Verfahren der Arbeitsberwertung. Als Ziele einer leistungsorientierten Entgeltgestaltung werden am häufigsten die „Entfaltung von Leistungsreserven" (Anreizwirkung) sowie das „Gefühl" der gerechten Bezahlung genannt [102, S. 16; 9 8 6 a, S. 10]. Weder der Rückbezug des Entgelts auf den objektiven Wert der Arbeitsleistung, noch die Ausrichtung des Entgelts auf objektive Bedürfnisse werden damit verteilungspolitisch beansprucht. Jedoch wird beides auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen und darauf hingewiesen, daß mit der Anwendung des Leistungsprinzips im Unternehmen verschiedene Ziele verfolgt werden können, je nachdem, wessen Belange im Verteilungsverfahren berücksichtigt werden sollen [76, S. 16]. In der Tat treffen sich in der leistungsorientierten Entgeltgestaltung verschiedene Interessen. Jedoch scheint es zuweilen, als sei die hier in der Praxis erreichte politische Integration eher unter der Hand vollzogen, ohne daß ein Konsens auf dem Weg über eine rationale politische Differenzierung angestrebt wurde. Für diesen Verdacht spricht zumindest, daß häufig Verteilungskonflikte mühsam erst nachträglich auf der Ebene des Verteilungsverfahrens ausgetragen werden. In den

56

II. Personalpolitik

Verteilungsverfahren erst fallen dann (z. T. verdeckt) zahlreiche politische Entscheidungen. Daraus beziehen die betriebswirtschaftlichen Verteilungsverfahren ihre Kraft zum Legitimationsersatz, der von Grundsatzdiskussionen ablenkt. Im Zusammenhang mit verteilungspolitischen Fragen kann mithin auf eine nähere Beleuchtung der Verfahren nicht verzichtet werden. 4 . 3 . 2 Leistungsorientierte Verfahren der Entgeltgestaltung Die Verwirklichung des Leistungsprinzips bei der Entgeltgestaltung beruht auf Tarifen, Arbeitswerten und Entgeltformen. Tarife stellen eine auf eine bestimmte Zeiteinheit (z. B. Stunde, Monat) bezogene grundsätzliche Vereinbarung über die Entgelthöhe dar, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen wird. Diese Vereinbarung kann als einzelvertragliche Regelung (Arbeitgeber/Mitarbeiter), Betriebsvereinbarung (Arbeitgeber/Betriebsrat) oder Tarifvertrag (Arbeitgeberverband/Gewerkschaft) in Erscheinung treten. Meist wird von Tarifen nur im Zusammenhang mit dem Tarifvertrag gesprochen; einzelvertraglich geregeltes Entgelt gilt in diesem Sinne als „außertarifliches" Entgelt. Tarife sind Gegenstand von Verhandlungsprozessen, denen die im vorangegangenen Abschnitt erwähnten Verteilungsziele und -determinanten zu Grunde liegen können. Der Tarifvertrag gliedert sich in einen schuldrechtlichen Teil (Rechtsverhältnis der Vertragsparteien) und einen normativen Teil (Rechtsverhältnis der Mitglieder der Vertragsparteien) [295, S. 20ff.; 102, S. 26ff.; 431]. Im normativen Teil werden u. a. die tariflichen Stunden/ofcwgruppen festgelegt. Häufig geht es dabei nur um die Festlegung des sogenannten „Ecklöhnes", d. h. um den Stundenlohn für den normalen Facharbeiter über 21 Jahre, von dem aus durch prozentuale Zu- oder Abschläge die anderen Lohngruppen ermittelt werden (Darst. 6). Soweit das Entgelt nicht stundenweise, sondern z. B. wochen- oder monatsweise berechnet wird (Angestelltengehälter), weist der normative Teil des Tarifvertrages unterschiedliche Gefca/tsgruppen aus. Da die Anzahl und Abstufung der tarifvertraglichen Entgeltgruppen i. d. R. bei weitem nicht ausreichen, um den vielfältigen Arbeits- bzw. Leistungsunterschieden in einer Unternehmung Ausdruck zu verleihen, sind vom Gesetzgeber unternehmensindividuelle Differenzierungsmöglichkeiten eingeräumt worden. Diese dürfen jedoch nicht zu einer Schlechterstellung des Mitarbeiters im Vergleich zur tariflichen Entgeltregelung führen (Günstigkeitsprinzip, § 4, Abs. 3 Tarifvertragsgesetz). Das Verfahren, mit dem die Differenzierung erreicht werden soll, ist, soweit nicht bereits im Tarifvertrag selbst geregelt, Gegenstand von Betriebsvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§§ 77, Abs. 3 und 87, Abs. 10, 11 BetrVg 72). Die betriebswirtschaftliche Differenzierung der Entgeltverteilung vollzieht sich in der Arbeitsbewertung. Als Kriterien für den Wert einer Arbeit werden dabei nicht nur der Wert des Arbeitsergebnisses (Zurechnungslehre), sondern auch die mit einer

57

4.3 Entgeltpolitik

Arbeitswert Einstufungshinweise

%

Lohngruppe 1 Einfachste Arbeiten, die ohne jegliche Ausbildung nach kurzer Anweisung ausgeführt werden können.

80

5,60

Lohngruppe 2 Einfache Arbeiten, die eine geringe Sach- und Arbeitskenntnis verlangen, aber ohne jegliche Ausbildung nach einer kurzfristigen Einarbeitungszeit ausgeführt werden können; oder einfachste Arbeiten von erschwerender Art.

85

5,95

Lohngruppe 3 Arbeiten, die eine Zweckausbildung oder ein systematisches Anlernen bis zu 6 Monaten, eine gewisse berufliche Fertigkeit, Übung und Erfahrung verlangen; ferner einfache Arbeiten von besonders erschwerender Art.

90

6,30

95

6,65

Lohngruppe 4 Arbeiten, die ein Spezialkönnen verlangen, das erreicht wird durch eine abgeschlossene Anlernausbildung; oder einfachere Arbeiten von ganz besonders erschwerender Art. Lohngruppe 5 Facharbeiten, die neben beruflicher Handfertigkeit und Berufskenntnissen einen Ausbildungsstand verlangen, wie er entweder durch eine fachentsprechende, ordnungsgemäße Berufslehre oder durch eine abgeschlossene Anlernausbildung und zusätzliche Berufserfahrung erzielt wird. Lohngruppe 6 Schwierige Facharbeiten, die besondere Fertigkeiten und langjährige Erfahrungen verlangen; oder Arbeiten, die eine abgeschlossene Anlernausbildung erfordern und unter besonders erschwerenden Umständen ausgeführt werden müssen. Lohngruppe 7 Besonders schwierige oder hochwertige Facharbeiten, die an das fachliche Können und Wissen besonders hohe Anforderungen stellen und völlige Selbständigkeit und hohes Verantwortungsbewußtsein voraussetzen. Ferner schwierige Facharbeiten unter besonders erschwerenden Umständen. Lohngruppe 8 Hochwertigste Facharbeiten, die meisterliches Können, absolute Selbständigkeit, Dispositionsvermögen, umfassendes Verantwortungsbewußtsein und entsprechende theoretische Kenntnisse erfordern. Darst. 6: Beispiel eines Tariflohngruppen-Kataloges

DM (Stunde)

Eck lohn 100

7,—

105

7,35

110

7,70

115

8,05

58

II. Personalpolitik

Arbeit verbundenen Schwierigkeiten (Anforderung) herangezogen [571, S. 9], Soweit die Arbeiten unter dem Gesichtspunkt der Schwierigkeit bewertet werden, spricht man von Arbeitsplatzbewertung. Wenn über die Schwierigkeit bzw. die Anforderungen einer Entgeltgruppe hinaus noch das tatsächliche individuelle Arbeitsergebnis bewertet wird, spricht man von Leistungsbewertung bzw. Leistungsbeurteilung. Diese Begriffsunterscheidung ist aber insofern irreführend, als letztlich auch bei der Arbeitsplatzbewertung eine leistungsmäßige Differenzierung des Entgelts erfolgt, jedoch nicht nach tatsächlichen Leistungen, sondern nach auf die Dauer erwarteten Leistungen. Wenn durch die Arbeitsplatzbewertung die Tarife bzw. die außertariflichen Entgeltsätze differenziert wurden, bleibt zu entscheiden, ob und wie durch Wahl einer entsprechenden Entgeltform auf meßbare individuelle Leistungsunterschiede eingegangen werden soll. Auf der Grundlage der leistungsbewertung können ggf. individuelle Differenzierungen durch den sog. „Leistungslohn" berücksichtigt werden. Bei verwaltungsmäßigen und dispositiven Tätigkeiten (Angestelltenbereich) spricht man statt von Leistungsbewertung häufiger von Leistungsbeurteilung, die dann zur Erfolgsbeteiligung, zu Leistungszulagen, zur Erhöhung des Grundgehalts oder zur Beförderung führen kann. Die nachfolgende Betrachtung der Entgeltdifferenzierung bleibt jedoch vorwiegend auf den Bereich der sog. „ausführenden" Arbeit (gewerblicher Bereich) beschränkt. 4.3.2.1 Arbeitsplatzbewertung •

Grundlagen Bei der Arbeitsplatzbewertung werden Arbeitsplätze bzw. Arbeitsbereiche zueinander in eine Wertrelation gebracht, so daß nach Abschluß der Bewertung höherund niedrigerwertige Arbeiten voneinander unterschieden werden können. Unter Werten sind dabei zunächst nicht etwa Geldwerte zu verstehen, sondern Schwierigkeitswerte in Kardinal-, Ordinal- oder Nominalabstufungen. Wie schon durch den Namen zum Ausdruck kommt, handelt es sich bei der Arbeitsplatzbewertung nicht um eine Bewertung gegebener persönlicher Qualitäten wie Fertigkeiten, Veranlagung, Entwicklungsmöglichkeiten etc., sondern um eine personenunabhängige Einstufung der Arbeitsp/äize. Diese Einstufung erfolgt heute gewöhnlich nach zwei Gesichtspunkten: (1) Nach den Anforderungen oder Schwierigkeiten, die an einem Arbeitsplatz auftreten (durch Messung). (2) Nach der Bedeutung, die der jeweiligen Arbeit für den Gesamterfolg eines Unternehmens zuerkannt wird (durch Gewichtung). Das Bewertungsverfahren muß sich formal an den Kriterien der Eindeutigkeit, Einheitlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit orientieren. Zur Ausarbeitung des Verfahrens empfiehlt sich die Bildung einer paritätisch besetzten

4.3 Entgeltpolitik

59

Bewertungskommission [77], in der die verschiedenen Mitarbeitergruppen (Arbeiter, Angestellte) angemessen vertreten sein sollen, wobei evtl. auch Betriebsratsmitglieder hinzugenommen werden können. Der einzelne Arbeitnehmer hat ein Recht auf Erläuterung und Erörterung des Bewertungsverfahrens, soweit es sein eigenes Entgelt betrifft (§ 82, Abs. 2 BetrVg 72). Individuelle Beschwerden oder Hinweise können eine nützliche Funktion im Prozeß der Arbeitsplatzbewertung haben. Sie werden geradezu unentbehrlich, wenn Arbeitsplätze starken technischen oder strukturellen Veränderungen unterliegen, über die noch keine Erfahrungswerte vorliegen. •

Methoden der Arbeitsplatzbewertung Die einzelnen Methoden der Arbeitsplatzbewertung können danach unterschieden werden, welcher Analyseaufwand bei ihnen entsteht, d. h. wie differenziert das Problem der „richtigen" Bewertung von Anforderungen eines Arbeitsplatzes behandelt wird. Unter dem Analyseaufwand ist in diesem Zusammenhang z. B. folgendes zu vestehen: Getrennte Ermittlung des Arbeitsplatzwertes und des Lohnes, ausdrückliche Unterscheidung von Schwierigkeit und Wichtigkeit einer Arbeit, Unterscheidung möglichst vieler artmäßig verschiedener Anforderungen, Heranziehung vieler Vergleichsbeispiele u. a. m. Die praktische Erfahrung hat gezeigt, daß derart differenzierte Arbeitsplatzbewertungen immerhin seltener Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten gegeben haben als undifferenzierte Arbeitsplatzbewertungen. Über die „Richtigkeit" der Ergebnisse ist damit jedoch nicht unbedingt etwas ausgesagt, da nicht bereits richtig sein muß, was keine Ablehnung erfährt. Nach dem Grad der Differenziertheit der Problembehandlung lassen sich die summarische und die analytische Arbeitsplatzbewertung unterscheiden. Beide können sich sowohl auf eine Einzelaufgabe (eng abgegrenzter Arbeitsplatz) als auch auf einen Aufgabenbereich (z. B. Abteilung) beziehen [883, S. 291]. Die Bewertung von Einzelaufgaben (Einzelarbeitsbewertung) eignet sich vor allem für Unternehmungen, in denen die einzelnen Arbeiten eindeutig gegeneinander abgegrenzt werden können und in Arbeitsteilung von verschiedenen Arbeitern ausgeführt werden, wie z. B. in der metall- und holzverarbeitende Industrie an Hand von Werkzeichnungen, Modellen, Formen, Schablonen oder Musterstücken [102, S. 45]. Als summarisch wird eine Bewertung dann bezeichnet, wenn die Summe der Schwierigkeiten eines Arbeitsplatzes pauschal im Vergleich mit anderen Arbeitsplätzen ermittelt wird (Vergleich der Arbeitsplätze). Analytisch dagegen heißt eine Bewertung, wenn die Schwierigkeit der einzelnen Anforderungsarten eines Arbeitsplatzes im Vergleich zu den Anforderungsarten anderer Arbeitsplätze ermittelt wird (Vergleich der Arbeitsanforderungen). Des weiteren können die Bewertungsmethoden danach unterschieden werden, ob sie sich des Prinzips der Stufung oder der Reihung bedienen. Von Stufung spricht man, wenn eine begrenzte, relativ geringe Anzahl von Punktwertstufen vorgegeben

60

II. Personalpolitik

wird (z. B. 7 Stufen), denen dann die Arbeitsplätze bzw. Anforderungen nach dem Schwierigkeitsgrad zugeordnet werden. Reihung bedeutet demgegenüber, daß alle Arbeitsplätze bzw. Anforderungen untereinander verglichen werden, so daß die Anzahl der Punktwertstufen von der Anzahl der unterschiedlichen Vergleichsergebnisse abhängt. Durch gleichzeitige Anwendung der Prinzipien summarisch/ analytisch und Stufung/Reihung ergeben sich im wesentlichen vier verschiedene Bewertungsmethoden (Darst. 7). Vergleichsgegenständ

(Arbeitsplatz) summarisch

(Anforderungen) analytisch

Stufung

Lohngruppenverfahren

Stufenwertzahlverfahren

Reihung

Rangfolgeverfahren

Rangreihenverfahren

Vergleichsart

Darst. 7: Methoden der Arbeitsplatzbewertung

Die Arbeitsplatzbewertung beginnt mit der Beschreibung der Arbeiten. Die Arbeitsbeschreibung erstreckt sich (1) auf der (2) auf (3) auf (4) auf

die Aufgabe (Art und Ablauf der Tätigkeit, Gegenstand der Tätigkeit, Ziel Tätigkeit, zeitlicher Rhythmus etc.), die Arbeitsunterlagen (Pläne, Arbeitsanweisungen, Skizzen etc.), die Betriebsmittel (Maschinen, Werkzeuge, Hilfsmittel etc.), die äußeren Arbeitsbedingungen (Raum, Platz, Umgebung etc.) 16 .

Die Arbeitsplatzbeschreibung kann neben der Arbeitsbewertung auch noch anderen Zwecken dienen wie z. B. der Rationalisierung oder der „Humanisierung" der Arbeit. Auf die besonderen Probleme der Arbeitsbeschreibung wird in einem späteren Kapitel nochmals eingegangen17. Für die Arbeitsplatzbewertung liefert die Arbeitsbeschreibung unternehmenstypische Richtbeispiele, die als Maßstab zur Differenzierung von allgemeinen Lohngruppenbeschreibungen dienen. Außerdem wird durch die Arbeitsbeschreibung versucht, generelle, an den Arbeitsplätzen anzutreffende Anforderungsarten herauszufinden. Dadurch werden die verschiedenen Tätigkeiten, wie z. B. Fräsen, Hobeln, Verhandeln oder Kalkulieren hinsichtlich ihrer speziellen Schwierigkeiten gleichnamig gemacht, was eine Voraussetzung zum Vergleich der Anforderungen unterschiedlicher Arbeiten ist.

16 17

[883, S. 301 ff.] Vgl. S. 96ffu.

61

4.3 Entgeltpolitik



Summarische Arbeitsplatzbewertung Die summarische Arbeitsplatzbewertung wird untergliedert in das Lohngruppenund das Rangfolgeverfahren. Das Lohngruppenverfahren basiert auf dem Prinzip der Stufung. Die Anzahl der Stufen ist häufig identisch mit der Anzahl der in den Tarifverträgen aufgeführten Lohngruppen. Zur angemessenen Einstufung der Arbeitsplätze kann entweder auf die den Tarifstufen beigefügten allgemeinen Einstufungshinweise zurückgegriffen werden (Darst. 6), oder man bildet unternehmensinterne Feinabstufungen innerhalb der einzelnen Tariflohngruppen. Um eine genauere Einstufung der Arbeitsplätze zu erreichen, empfiehlt es sich, die allgemeinen Lohngruppenbeschreibungen in eine aufgabenspezifische Beschreibung zu übersetzen, so daß sich unternehmenstypische Einstufungsbeispiele ergeben (Darst. 8) [571, S. 15 ff.]. allgemein

spezifisch (Textil)

spezifisch (Metall)

Lohngruppe 1

Lohngruppe 1T

Lohngruppe 1M

Einfachste Arbeiten, die ohne jegliche Ausbildung nach kurzer Anweisung ausgeführt werden können.

Kartonieren, Eintüten, Zusammenheften (Strümpfe), Trennen einfach, Strümpfe legen, Handstempeln, Etikettieren, einfache Anzeichenund Abschneidearbeiten, Stoffzusammenlegen

Einfachste Arbeiten in der Dreherei, bei denen nur einige gleichbleibende Griffe an eingerichteten Maschinen auszuführen sind

Darst. 8: Spezifizierungsmöglichkeiten allgemeiner Einstufungshinweise

Bei diesem einfachen Lohngruppenverfahren werden alle Arbeitsplätze daraufhin untersucht, welcher Einstufungshinweis ihnen jeweils am nächsten kommt. Mit der Einstufung ist gleichzeitig auch über das Basisentgelt entschieden, das an einem Arbeitsplatz gezahlt wird. Im Streitfalle können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Einigungsstelle wenden [§§ 85, Abs. 2, 87 Abs. 1, 10 BetrVG 72). Im allgemeinen reicht die Zahl der im Tarifvertrag fixierten Entgeltgruppen nicht dazu aus, eine den unterschiedlichen Arbeitsplätzen entsprechende Entgeltdifferenzierung vorzunehmen. Schwierigkeiten entstehen nicht zuletzt dadurch, daß in einer hochentwickelten arbeitsteiligen Wirtschaft ständig neue Stituationen am einzelnen Arbeitsplatz entstehen, durch die die Entgeltgruppeneinteilung schnell überholt wird [854, S. 81]. Nach einer Schätzung von Rehhahn [770, S. 88] stehen im gewerblichen Bereich (Lohn) den durchschnittlich 6 bis 8 Tariflohngruppen deshalb rund 30 sog. Betriebslohngruppen gegenüber. Das Deutsche Industrieinstitut stellte jedoch fest, daß auch heute noch ganze Wirtschaftszweige mit nur 4 bis 5 tariflichen Lohngruppen arbeiten und diese auch nicht weiter zu

62

II. Personalpolitik

differenzieren gedenken [725, S. 30ff.]. Bieding und Wendler vermuten, daß sich die Arbeitgeberverbände der Tendenz zur Differenzierung der tariflichen Gehaltsgruppen (Angestellten-Tarife) deshalb widersetzen, weil sie den aus der Undifferenziertheit resultierenden Gestaltungsspielraum nicht verlieren wollen [77, S. 18 f.]. Gelegentlich wird aber auch darauf spekuliert, daß letztlich die Arbeitnehmer von dieser Undifferenziertheit profitieren, indem im Zweifelsfalle zu ihren Gunsten entschieden wird. Beim Rangfolgeverfahren wird die Bewertung der Arbeitsschwierigkeit und deren Transformation in das Basisentgelt in zwei getrennten Schritten vorgenommen. Zur Bewertung der Arbeitsschwierigkeit bedient man sich wiederum des ganzheitlichen (summarischen) Vergleichs zwischen den einzelnen Arbeitsplätzen. Genau genommen müßte man hier jedoch jeden Arbeitsplatz mit allen anderen Plätzen vergleiche, um seinen Schwierigkeitsrang innerhalb der Unternehmung feststellen zu können (Reihung). Ist die Anzahl der gegeneinander abgrenbaren Arbeitsplätze nur gering, so läßt sich dieser Anspruch noch relativ leicht einlösen. Bezeichnet man die Anzahl der Arbeitsplätze mit (n), so gilt für die Berechnung der Anzahl der notwendigen Gegenüberstellungen n•

^ ( = Anzahl der Vergleichsoperationen)

Bei einer in der Praxis durchaus anzutreffenden Anzahl von 100 verschiedenen Arbeitsplätzen müßten demnach 2

4.950

Vergleiche angestellt werden, die noch dazu aufgrund gewissen Änderungstendenzen von Zeit zu Zeit zu wiederholen wären. Um dieses Verfahren abzukürzen, werden in der Praxis häufig nur Vergleiche zwischen Arbeitsplätzen angestellt, deren Schwierigkeitsunterschied nicht von vornherein erkennbar, gleichwohl aber entgeltrelevant erscheint. Der Unterschied zwischen den Arbeitsplätzen wird beim Rangfolgeverfahren unter Anwendung einer Ordinal-Skala bestimmt. Danach läßt sich jedoch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob z. B. zwischen den Rängen 3 und 4 der gleiche Schwierigkeitsunterschied besteht wie zwischen den Rängen 8 und 9. 9 Analytische Arbeitsplatzbewertung Im Gegensatz zur summarischen Arbeitsplatzbewertung wird die Arbeitsschwierigkeit bei der analytischen Arbeitsplatzbewertung nicht im ganzen ermittelt. Der Grundgedanke ist dabei der, daß die Schwierigkeit einer Arbeit sich aus Teilschwierigkeiten zusammensetzt, die zunächst analytisch erfaßt und getrennt bewertet werden. Diese Teilschwierigkeiten werden als Anforderungsarten bezeichnet. Im Prinzip bedeutet die analytische Arbeitsplatzbewertung im Vergleich zur summarischen Arbeitsplatzbewertung nichts anderes als eine Verlagerung des Bewertungsproblems auf eine andere Detaillierungsebene. In jedem neu gewonnenen

4.3 Entgeltpolitik

63

Detail (Anforderungsart) wiederholen sich sodann die Fragen, die bereits bei der summarischen Arbeitsplatzbewertung auftraten. Manche Probleme (insbesondere das Gewichtungsproblem) treten dabei allerdings deutlicher zu Tage. Im Verlaufe des Bewertungsprozesses ergeben sich folgende Abschnitte: (1) Beschreibung der zu bewertenden Arbeit. (2) Aufstellung eines Katalogs von Anforderungsarten an Hand dessen die Teilschwierigkeiten aller Arbeiten erfaßt werden können. (3) Bewertung der einzelnen Arbeitsplätze nach der Summe der Schwierigkeiten der jeweils aufgetretenen Anforderungsarten. (4) Gewichtung der Anforderungsarten, sofern nicht schon im Bewertungsverfahren enthalten (Arbeitsplatzwert). (5) Transformation der Arbeitsplatzwerte in Entgeltsätze. Zum ersten Abschnitt des Bewertungsprozesses (Beschreibung der Arbeit) wurde bereits im Zusammenhang mit der summarischen Arbeitsplatzbewertung Stellung genommen. Zur Erinnerung sei hier lediglich nochmals darauf hingewiesen, daß diese Phase bei der analytischen Bewertung ausführlicher und differenzierter berücksichtigt werden muß als bei der summarischen Bewertung. Mit der Auswahl der Anforderungsarten wird bereits die Frage beantwortet, woraus die Schwierigkeit einer Arbeit überhaupt resultieren kann, welches ihre Komponenten bzw. Teilschwierigkeiten sind. Diesem Problem könnte man sich dadurch nähern, daß man zunächst als schwierig das bezeichnet, was den menschlichen Organismus belastet. Schwierig in diesem (physiologischen) Sinne wäre alles, was die „Normalwerte", die gattungsbedingten Daten des menschlichen Organismus im Augenblick seiner Aktivität übersteigt. Ursächlich für die Schwierigkeiten dieses Typs sind entweder die Belastungen, die sich unmittelbar aus der Aktivität selbst ergeben (aktivitätsimmanente Belastungen) oder die äußeren Bedingungen, unter denen eine Aktivität abläuft (Belastung durch Umwelteinflüsse). Als „Normalwerte" können zur Messung physischer Schwierigkeiten z. B. herangezogen werden: Körpertemperatur, Sauerstoffverbrauch, Feuchtigkeitsbedarf des Körpers, chemische Zusammensetzung der Atemluft, Lichtempfindlichkeit des Auges, Reizschwelle der taktilen Sinnesqualitäten, Speicherkapazität des Gehirns, Geschwindigkeit der Reizverarbeitung, Höhe der aktivierbaren Muskelenergie etc. Da diese Daten jedoch von Individuum zu Individuum verschieden ausfallen, werden eher Durchschnittswerte zugrunde gelegt, von denen ein Teil der Individuen profitiert und unter denen andere Individuen leiden könnten. Darüber hinaus sind die individuellen Daten nicht immer anlagemäßig fixiert, sondern verändern sich mehr oder weniger stark im Laufe der Zeit. Der Tendenz nach steigen viele dieser Werte bis zu einem bestimmten Lebensalter an (z. B. Sinnesqulitäten) und bewegen sich dann wieder rückläufig, beides in einem von Individuum zu Individuum unterschiedlichen Ausmaß. Als schwierig gilt eine Arbeit generell dann, wenn teils vererbte, teils angeeignete Durchschnittswerte im Augenblick des Tätigwerdens überschritten werden. Ent-

64

II. Personalpolitik

scheidend ist dabei, wie sehr die betroffenen Organe, Qualitäten, Fähigkeiten etc. beansprucht werden, wie lange bzw. in welchem zeitlichen Rhythmus sie beansprucht werden und in welcher Kombination die Anforderungen auftreten. Die Vielfalt der denkbaren Kombinationen macht die Hoffnung auf eine präzise Erfassung der Arbeitsschwierigkeit von vornherein zunichte. Das Zusammenspiel der Organe „beim Erledigen auch der einfachsten Arbeiten ist überaus vielschichtig und kompliziert. Wir können deshalb nicht hoffen, in der Praxis des Betriebes Löhne so festzusetzen, daß sie diesem komplizierten Zusammenspiel von Fall zu Fall genau adäquat sind. Vielmehr müssen wir uns in unserer Vorstellung mit radikalen Vereinfachungen der Wechselbeziehungen zwischen dem Menschen und seiner Arbeit begnügen, denn nur so können wir erwarten, ein Optimum an praktischer Brauchbarkeit für unsere Entlohnungsverfahren zu erzielen. Andererseits werden wir der Wirklichkeit mit Modellvorstellungen um so weniger nahekommen, je einfacher wir diese wählen" [571, S. 26]. Während der Arbeit werden Anforderungen aber nicht nur an die im großen und ganzen allen Menschen gemeinsamen Durchschnittsqulitäten gestellt. Als schwierig gilt es vielmehr auch, die Regeln gesellschaftlichen Zusammenlebens einzuhalten, sich zum Wohle anderer zu betätigen, Verantwortung zu tragen etc. Insbesondere gelten die Arbeiten als schwierig, welche spezifische, nicht von jedem erfüllbare Anforderungen an den vorangegangenen Erziehungs-, Bildungs- oder Ausbildungsprozeß stellen. Bei der Bewertung von Angestelltentätigkeiten treten z. T. völlig andere Anforderungsarten in Erscheinung als im gewerblichen Bereich. Physiologische Anforderungen haben hier i. a. eine geringere Bedeutung als intellektuelle, psychische, soziopsychische oder charakterliche Anforderungen. Verlangt werden z. B. „Autorität", „Vorstellungskraft", „Umsicht", „Verkaufstalent", „Wesensfestigkeit", „Gerechtigkeitssinn" etc. Dabei ist nicht immer klar unterscheidbar, ob der Arbeitsplatz oder der Mitarbeiter bewertet wird. Letzteres würde eher dem Prinzip der Leistungsbewertung bzw. der Verhaltensund Persönlichkeitsbewertung (Angestelltenbereich) entsprechen [571, S. 138 ff.]. Andererseits sind jedoch auch Versuche unternommen worden, die auf eine strikte Bewertung des Arbeitsplatzes von Angestellten abzielen [231]. Die Festlegung von Normalwerten stellt hier ein noch größeres Problem dar als im Falle der vergleichsweise übersichtlichen Anforderungen im gewerblichen Bereich. Ein Anforderungskatalog sollte auf der einen Seite so umfangreich sein, daß er alle auftretenden Arbeiten erfaßt, auf der anderen Seite muß er jedoch praktikabel bleiben, indem er die Arbeitsplätze vergleichbar macht. Vergleichbar werden die Arbeitsplätze erst dadurch, daß man die Vielfalt ihrer unterschiedlichen Anforderungsstrukturen auf gemeinsame Merkmale reduziert. Diese gemeinsamen Merkmale stellen dann das Gerippe des Anforderungskataloges dar. Während früher noch Kataloge mit teilweise bis zu 30 Hauptmerkmalen Verwendung fanden, ist heute die Zahl der unterschiedenen Merkmale geringer geworden. Eine zu starke Verdichtung des Anforderungskataloges erschwert freilich die Einordnung

4.3 Entgeltpolitik

65

konkreter Teilschwierigkeiten und läßt zuviel Spielraum in der Bewertung. Andererseits würde eine zu starke Differenzierung u. U. dazu führen, daß die M e r k m a l e nicht mehr die nötige Trennschärfe aufweisen, wodurch es zur Doppelerfassung und Doppelbewertung von Teilschwierigkeiten k o m m e n kann. Im M a i 1 9 5 0 wurde auf einer C I O S - T a g u n g 1 8 in Genf ein Vorschlag zur internationalen

Vereinheitlichung

der

Anforderungsarten

gemacht

(Bramesfeld/

Lorenz). Darin wurden als Hauptanforderungen unterschieden: Können, Verantwortung, Belastung und Umgebungseinflüsse. Der R E F A 1 9 hat nachfolgende Begriffsbestimmungen

dieser

vier

Sammelbegriffe

erarbeitet

[102,

S. 5 3 ;

883,

S. 2 9 6 ff.]. I.

Können

Das Können umfaßt im wesentlichen die geistigen und körperlichen Voraussetzungen für die Erfüllung von Arbeitsaufgaben. Es handelt sich also um das, was der Arbeitende an Angeborenem und Erworbenem zur Arbeitsstelle mitbringen muß. Bei der Bewertung von Arbeiten kommt es darauf an, ob und in welchem höchsten Grad Können erforderlich ist, nicht aber, wie oft und wie lange es in Anspruch genommen wird. IA. Können vorwiegend nicht muskelmäßig (geistig) Diese Anforderungsart umfaßt die Arbeitskenntnisse (Ausbildung und Erfahrung). Hierher gehört außerdem die Befähigung und die Fertigkeit, fachgerecht zu denken und zu urteilen, die Kenntnis der Wirkungsweise und der Anwendungsmöglichkeiten der zur Arbeitsausführung benötigten Werkzeuge, Maschinen und Hilfsmittel, u. U. auch deren richtige Wahl, ferner Erfahrung mit dem zu bearbeitenden Werkstoff sowie die Kenntnis der betrieblichen Zusammenhänge und Verhältnisse. Bei der Bewertung innerhalb dieser Anforderung kann das erforderliche Können mehr auf Ausbildung oder mehr auf Erfahrung beruhen. IB. Können vorwiegend muskelmäßig (Geschicklichkeit) Es handelt sich um den zur Ausführung einer Arbeit erforderlichen Grad an körperlicher Geschicklichkeit (Handfertigkeit und Körpergewandtheit), der dann erreicht ist, wenn die notwendigen Arbeitsbewegungen mit Sicherheit und Genauigkeit ausgeführt werden. Das setzt neben der notwendigen Veranlagung körperlicher Übung voraus. II.

Verantwortung

Verantwortungsbewußtes Arbeiten bedeutet pflichtgemäßes, gewissenhaftes, zuverlässiges und umsichtiges Durchführen einer Arbeitsaufgabe, um persönliche und sachliche Schäden zu vermeiden. Die mit einer Arbeit verbundene Verantwortung ist um so größer, je mehr Schaden durch Unzuverlässsigkeit, Leichtsinn oder Fahrlässigkeit entstehen kann. Das Ausmaß der Ver-

18 19

Comité International de l'Organisation Scientifique = CIOS. Reichsausschuß für Arbeitsstudien = REFA, heute: „Verband für Arbeitsstudien REFA e. V . " .

II. Personalpolitik

66

antwortung des Arbeitenden kann durch Aufsicht und Kontrolle bis zu einem gewissen Grad vermindert werden. Schaden kann entstehen in bezug auf Betriebsmittel und Erzeugnisse, den Arbeitsablauf/die Arbeit anderer und die Sicherheit anderer. III. Arbeitsbelastung Jede Tätigkeit belastet den Organismus des Arbeitenden und führt zu dessen Ermüdung. Für die Bewertung ist es wesentlich, ob leichte oder schwere Belastungen gleichbleibend während der ganzen Dauer der Tätigkeit vorhanden sind oder abwechselnd vorkommen. Außerdem sind Pausen oder Entspannungszeiten zu berücksichtigen. IIIA. Arbeitsbelastung vorwiegend nicht muskelmäßig Die vorwiegend nicht muskelmäßige Belastung entsteht in erster Linie durch Nachdenken (geistige Beanspruchung) und durch Aufmerksamkeit (Sinne und Nerven). Nachdenken besteht im selbständigen Überlegen und Kombinieren, im Prüfen, Suchen, Wählen, Rechnen, Entscheiden, planmäßigen Probieren. Aufmerksamkeit ist angespanntes Beobachten und Verfolgen des Arbeitsverlaufes mit Hilfe der Sinnesorgane. Nervenbelastung entsteht u. a. durch angespannte Bereitschaft für das notwendige Eingreifen und Handeln. IIIB. Arbeitsbelastung muskelmäßig Muskelbelastung entsteht durch das Überwinden von Arbeitswiderständen (dynamische Belastung) und durch die Arbeitshaltung (statische Belastung). IV.

Umgebungseinflüsse

Als Umgebungseinflüsse werden Anforderungen bezeichnet, die den Organismus des Arbeitenden zusätzlich zu der zu leistenden Arbeit belasten und denen er passiv entpricht, wie beispielsweise: Temperatur, Nässe, Schmutz, außergewöhnliche optische und akustische Belastung (Blendung, Lärm) Erschütterungen, Säuren, Laugen, Gase. Diese Anforderungsarten müssen entsprechend der Arbeitsbeschreibung für jeden zu bewertenden Arbeitsplatz konkretisiert werden. An die Stelle von „Können, vorwiegend nicht muskelmäßig" tritt danach z. B. „Arbeiten nach Skizzen, Kenntnis über Materialeigenschaften, Oberflächenbehandlung" etc. Zur Ermittlung des Arbeitsplatzwertes werden die an einem Arbeitsplatz auftretenden Schwierigkeiten pro Anforderungsart bewertet und außerdem i. d. R. die Anforderungsarten mit unterschiedlich hohen Gewichtungswerten versehen. Zunächst wird nur auf die Ermittlung der Gesamtschwierigkeit eines Arbeitsplatzes eingegangen. Diese kann in Form des Stufenwertzahlverfahrens (Stufung) oder des Rangreihenverfahrens (Reihung) vollzogen werden. Im Stufenwertzahlverfahren werden für jede Anforderungsart Anforderungsstufen festgelegt. Dieses Verfahren wurde zuerst vor allem von Bedaux [ 2 4 8 ] , Bauer [46], Brengel [ 1 1 9 ] und Euler/Stevens [ 2 3 0 ] beschrieben.

4.3 Entgeltpolitik

67

In seiner einfachsten Form wird eine nur geringe Anzahl von Anforderungsstufen festgelegt, die in Bewertungsnoten ausgedrückt werden (Ordinalprinzip): Niveau der Anforderungsart X

vorgebebene Anforderungsstufen

sehr geringe Anforderungen

1

geringe Anforderungen

2

mittlere Anforderungen

3

hohe Anforderungen

4

sehr hohe Anforderungen

5

Darst. 9 : Beispiel für die Stufung von Anforderungen

Wie schon beim Lohngruppenverfahren, so müssen auch hier Einstufungsbeispiele gesucht werden, die sich nun aber nicht auf den Arbeitsplatz, sondern auf seine einzelnen Anforderungen beziehen. Die Vergleichsbeispiele können sowohl aus der jeweiligen Unternehmung als auch aus deren Umwelt bezogen werden. Letzteres wäre insbesondere im Interesse einer gesamtwirtschaftlichen Vergleichbarkeit sinnvoll. Vielleicht würden sich aus dem direkten Vergleich der Anforderungsart „Belastung" bei einem Taxifahrer, einem Dreher, einer Hausfrau, einem Universitätsprofessor, einem Schreiner etc. andere Einstufungen ergeben als bei der Verwendung ausschließlich unternehmensinterner Richtbeispiele. Die Ableitung

(körperliche Belastung)

Anforderungsstufen

Stufenwerte

Richtbeispiele Leiter des Rechnungswesens

keine oder geringe Anforderung

1

Betriebs-Ingenieur,

niedrige Anforderungen

2

Tabellierer

mittlere Anforderungen

3

Meister, Stenokontoristin

hohe Anforderungen

4

Locher, Phonotypistin

sehr hohe Anforderungen

5

techn. Zeichner

Darst. 10: Richtbeispiele für die Anforderungsart „körperliche Belastung" im Bürobereich

II. Personalpolitik

68

v o n Anforderungsstufen aus Richtbeispielen für die B e w e r t u n g v o n Bürotätigkeiten zeigt Darst. ( 1 0 ) a n h a n d der Anforderungsart „körperliche B e l a s t u n g " [ 7 7 , S. 4 9 ] . A n die Stelle v o n Richtbeispielen treten später detailliertere E r l ä u t e r u n g e n der Anforderungsstufen, die eine Feststellung des Stufenwertes jeder A n f o r d e r u n g s a r t bei grundverschiedenen Arbeitsplätzen erleichtern sollen (Darst. 1 1 ) .

Erläuterung der Anforderungsstufen

Anforderungs-

(Fachkenntnisse)

stufen

Stufenwerte

keinerlei Berufserfahrung

sehr gering

1

bis zu zwei Jahren Berufserfahrung,

gering

2

mittel

3

hoch

4

sehr hoch

5

ohne besondere Einschlägigkeit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung, teilweise Selbständigkeit bis zu fünf Jahren Berufserfahrung, vielseitige Selbständigkeit auch bei schwieriger Aufgabenstellung über fünf Jahre Berufserfahrung, Routine auch in der Lösung neuartiger Probleme auf einschlägigen Spezialgebieten Darst. 11: Erläuterungen zur Einstufung in der Anforderungsart „Fachkenntnisse" (Berufserfahrung)

Wenn

die einzelnen

Anforderungswerte

an

allen Arbeitsplätzen

feststehen,

können sie addiert und wie in D a r s t . ( 1 2 ) zu Anforderungsprofilen z u s a m m e n g e f a ß t werden.

(I—V = Anfordcrungsarten) Darst. 12: Anforderungsprofile nach Stufenwertzahlen (Rangbildung)

69

4.3 Entgeltpolitik

Die Anwendung des Ordinalprinzips bringt es mit sich, daß von den Rangunterschieden nicht auf die Schwierigkeitsunterschiede zwischen den Arbeitsplätzen (A, B, C) geschlossen werden kann. So ist im vorliegenden Beispiel der Anforderungsunterschied zwischen Platz (A) und Platz (B) größer (4 Punkte) als zwischen Platz (B) und Platz (C) (3 Punkte). Wenn die spätere Einstufung in Lohngruppen nach den Rängen erfolgt, gibt die Entgeltverteilung die bestehenden Anforderungsunterschiede eventuell nur unvollkommen wieder. In der Praxis wird das Stufenwertzahlverfahren häufig in verschiedenen Abwandlungen des obigen Grundbeispiels verwendet. Eine Variationsmöglichkeit besteht z. B. darin, daß man jeder Anforderungsstufe nicht einen einzelnen Punktwert (z. B. 7 Punkte), sondern eine Schwierigkeitsspanne (z. B. 7—12 Punkte) zuordnet, die dann von Stufe zu Stufe breiter oder enger werden kann [77, S. 49]. Die Folge hiervon ist in (Darst. 13) beispielhaft wiedergegeben.

(Entgelt)

1 sehr gering

2 gering

3 mittel

4 hoch

5 sehr hoch

Stufenwerte (gleich gestuft)

Darst. 13: Ungleiche Stufung innerhalb einer Anforderungsart durch variable Spannbreiten

Der gleich Effekt tritt ein, wenn man zwar jeder Anforderungsstufe nur einen Punktwert zuordnet, jedoch die Abstände dieser Punktwerte von Stufe zu Stufe variiert. Auf diese Weise entstehen mehr oder weniger „lohnende" Schwierigkeitszuwächse innerhalb einer Anforderungsart. Im vorliegenden Beispiel bedeutet z. B. der Übergang von „hoch" zu „sehr hoch" einen geringeren durchschnittlichen Schwierigkeitszuwachs als der Übergang von „gering" zu „mittel" (bei gleicher Stufenwertdifferenz). Ungleiche Stufungen dieser Art haben zur Folge, daß sich bei jedem Stufenwert innerhalb einer bestimmten Anforderungsart die Relation von Schwierigkeit und Wertigkeit ändert. Den tatsächlichen Schwierigkeitsunterschieden wird damit bei der Rangbildung und bei der Entgeltverteilung nicht mehr voll Rechnung getragen.

70

II. Personalpolitik

Das Rangreihenverfahren ist insbesondere von Lorenz [570], Hagner/Weng [361] und vom REFA [946] ausgestaltet worden. Im Gegensatz zum Rangfolgeverfahren (summarisch) werden hier Rangreihen über alle Arbeitsplätze in jeder Anforderungsart gebildet. Die Frage lautet also z. B.: Welchen Rang hat „Können" am Arbeitsplatz (X) im Vergleich zu „Können" an allen anderen Arbeitsplätzen? Es entstehen dabei im Grunde die gleichen Vergleichs- und Bewertungsprobleme wie beim Rangfolgeverfahren, jetzt aber nicht auf der Ebene der Arbeitsplätze sondern auf der Ebene ihrer Teilschwierigkeiten. Die Rangreihung wird zweckmäßigerweise dadurch vorstrukturiert, daß man zunächst einige Extrembeispiele herausgreift, d. h. Arbeitsplätze betrachtet, welche sich bezüglich der jeweiligen Anforderungsart krass voneinander unterscheiden. So kann man z. B. bei der Anforderungsart „Arbeitsbelastung, vorwiegend nicht muskelmäßig" (A) den Arbeitsplatz des Straßenkehrers mit dem des Monteurs vergleichen und von diesen extremen Brückenbeispielen ausgehend, die dazwischenliegenden Arbeitsplätze hinsichtlich dieser einen Anforderungsart einrangieren (vgl. Darst. 14). Häufig wird das Rangreihenverfahren dadurch modifiziert, daß man sich beim Einrangieren der Arbeitsplätze von der tatsächlichen Anzahl unterschiedlich schwieriger Arbeiten löst und stattdessen für alle Anforderungsarten eine feste Rangspanne (Platzzahlen-Spanne) festlegt, die allerdings wesentlich breiter sein muß als beim Stufenwertzahlverfahren. Dadurch wird ein zusätzlicher Maßstab für die Einrangierung der Arbeitsplätze gewonnen: Während zuvor nichts über den absoluten Schwierigkeitsunterschied zwischen zwei Rängen ausgesagt werden konnte, wird jetzt zum Ausdruck gebracht, daß etwa bei einer Punktzahl von 20 doppelt soviel Fachkönnen gefordert wird wie bei einer Punktzahl von 10. Desweiteren erleichtert die Einführung fixer Platzzahl-Spannen die Berücksichtigung zahlreicher überbetrieblicher Richtbeispiele, da das Vergleichsverfahren vereinfacht wird. Es ist allerdings fraglich, ob in diesem Falle noch von einem Rangreihenverfahren gesprochen werden kann, da eine unübersehbare Ähnlichkeit mit dem Prinzip der Stufung besteht. Zur Feststellung der Gesamtschwierigkeit eines Arbeitsplatzes muß er mit allen seinen Teilschwierigkeiten regelmäßig eingeordnet sein. Die Teilschwierigkeiten können aus einer entsprechenden Einstufungstafel abgelesen und sodann zur Gesamtschwierigkeit addiert werden. Für die Einstufungstafel bei der Platzzahlenvariante gibt (Darst. 14) ein Beispiel [883, S. 305], Durch Addition der verschiedenen Platzzahlen, die ein Arbeitsplatz bei seinen einzelnen Anforderungen erreicht, kann wiederum die Gesamtschwierigkeit dieser Arbeit in Form eines Anforderungsprofils dargestellt werden (vgl. Darst. 12). Damit liegt jedoch erst die Arbeitsschwierigkeit fest. In den endgültigen Arbeitswert gehen oftmals noch Gewichtungen ein, die zu erheblichen Veränderungen des Bildes führen können. Schon im Beispiel der ungleichen Stufung einer Anforderungsart zeigte sich eine Gewichtung (vgl. Darst. 13) [883, S. 308],

4.3 Entgeltpolitik

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IV. Strukturgestaltung

252

Ziel der Bestimmung des qualitativen SPB ist es, die nachgefragten Personen in nachfrageorientierten Kategorien (Arbeitsplatz) detailliert zu beschreiben und die dabei gewonnenen Informationen in eine angebotsorientierte Form (Person) zu bringen. Im Zentrum steht dabei die Aufgabe, Anforderungsprofile bzw. SollFähigkeitsprofile zu erstellen [429, S. 3 7 f.]. Den gesamten Vorgang kann man als Differenzierung (Merkmale) und anschließende Integration (Profile) des qualitativen SPB bezeichnen. •

Der quantitative

Soll-Personalbestand

Die erforderliche Menge einer jeden Arbeitsleistungsart wird i. d. R. ausgehend von einer bereits bestehenden Arbeitsorganisation ermittelt. Der quantitative SPB kann dann für die festgestellten Anforderungsprofile bzw. Soll-Fähigkeitsprofile oder auch gleich für bestimmte Berufe und Berufsgruppen ermittelt werden. Will man den quantitativen SPB in Kopfzahlen ausdrücken, so setzt dies voraus, daß man zuvor die genaue Anzahl an Arbeiten errechnet. Hierbei wird man sich jedoch zweckmäßigerweise noch nicht der Kopfzahl als Berechnungseinheit bedienen, vor allem dann nicht, wenn man Arbeitskräfte mit unterschiedlich langen Arbeitszeiten beschäftigen will oder muß [ 4 2 9 , S. 29]. Stattdessen kann man den quantitativen SPB zunächst ausdrücken in benötigten Zeiteinheiten (z. B. Minute) pro einmaliger Ausführung einer Tätikeit (Bezugseinheit) je Anforderungsprofil.

Tätigkeiten in einem

Bezugs-

Anforderungsprofil

einheit

benötigte

Häufigkeit

quanti-

Zeit pro

d. Auftretens

tativer

Bezugsein-

der Bezugs-

SPB/Min.

heit (Min.)

einh./Monat

(Monat)

Telefonieren

Gespräch

4

100

400

Post sortieren

Poststück

0,3

120

36

Angebote ausfertigen

(Angebotsart)

200

10

2000

Kundenbesprechungen

Besprechung

60

10

600

Marktanalysen

(Analyseart)

300

2

600

etc.

etc.

etc.

etc.

Darst. 103: Zeitliche Analyse des quantitativen SPB

etc.

2.1 Personalbedarf

253

Belastungstabelle Abteilung: Vz

Untersuchungszeitraum

Gruppe:

Schreibzimmer

27. 4. bis 8. 6. 1 9 7 0 (5 Wochen)

Nr.

Tätigkeit

Zähleinheit 1 ^

Telefonate Auskünfte einholen bzw. erteilen

^

4

Auskunft

606

1.0

606

Platte

502

Gang

2

6,0

12

Seite

143

9,8

1401

Seite

45

5,3

239

Seite

118

6,0

708

Seite

163

8,9

1451

Seite

55

7,1

391

c) DIN A 5

Seite

83

3,5

291

a) DIN A 4

Formular

162

3,9

632

b) DIN A 5

Formular

182

3,3

601

b) sonst,

b) DIN A 4 2. Seite

a) DIN A 4 1. Seite nach Vorlage

, Formulare schreiben

b) DIN A 4 2. Seite

Std.

10

3,2

c) DIN A 5

Schreiben

85%

157

1. Seite nach

12

Gang

V 3

a) DIN A 4

6

111

Bespr.

Schreiben

Min.

1,7

Min./

m. Ang.

5

in Min.

65

Besprechungen

Gänge

Normal- Bel./Woche zeit in in

Gespräch

über 10 Minuten a) innerh.

Tätig- 0 keits- Vol. Anfall Woche

* Weitere Tätigkeiten bzw. Belastungsfaktoren werden unter den folgenden, laufenden Nummern erfaßt. Darst. 104: Quantitative Analyse des SPB bei einfachen Bürotätigkeiten

254

IV. Strukturgestaltung

Wie aus Darst. (103) ersichtlich, stellt die Wahl der Bezugseinheit, insbesondere bei Bürotätigkeiten, ein besonderes Problem dar, da es nicht immer gelingt, das Anforderungsprofil in zeitlich hinreichend detaillierbare Tätigkeiten aufzugliedern. Bei einfachen Tätigkeiten im Bürobereich (Darst. 104) [806, S. 46] sowie bei Produktionstätigkeiten läßt sich dieses Problem befriedigender lösen. Der quantitative SPB einer Unternehmung wird im vorliegenden Falle wie folgt ausgedrückt [350, S. 169]:

SPBjj =

n m 2 2 Xjj • Zij i=l 1=1

wobei gilt: SPBjj = quantitativer Soll-PB in allen Anforderungsprofilen (j = 1 — n) ausgedrückt in Zeiteinheiten j = Nummer des Anforderungsprofiles (Arbeitsplatz), gekennzeichnet durch die Tätigkeiten i = 1 — m i = Art der Tätigkeit im Anforderungsprofil (j) Xjj = Häufigkeit des Auftretens einer Tätigkeit (i) im Anforderungsprofil (j) Zjj = Zeitverbrauch bei einmaliger Ausführung einer Tätigkeit (i) im Anforderungsprofil (j). Die Umformung dieses Ausdrucks für den quantitativen SPB in Personenzahlen geschieht dadurch, daß man die Zeitsumme durch die pro Kopf im Ermittlungszeitraum zu erwartende Arbeitszeit (VAZ) dividiert: SPBjj . . . „ = SPB (in Personen) VAZp (VAZp = verfügbare Arbeitszeit pro Person) Dieses Verfahren ist allerdings nur sinnvoll, wenn von jeder Person angenommen werden kann, daß sie alle Tätigkeiten im Anforderungsprofil (j) ausüben kann und wenn zunächst jede Person die gleiche Arbeitszeit zur Verfügung stellt. Man wird die Berechnung deshalb für engere, d. h. homogenere Anforderungsbereiche und bestimmte Personengruppen gesondert durchführen müssen. Eine ausgeprägt analytische Darstellung des quantitativen SPB hat zwar den Nachteil, daß entsprechende Berechnungen in der Praxis mit großem Aufwand verbunden sind, jedoch macht das analytische Zeit-Modell eher als summarische Kopfzahl-Modelle auf bestimmte Determinanten des SPB aufmerksam, die sowohl bei der Entwicklung von quantitativen Vorgaben (Soll) und Organisationsstrukturen als auch bei der Prognose des zukünftigen SPB beachtet werden müssen (z. B. Zeitverbrauch).

255

2.1 Personalbedarf



Der zeitliche

Soll-Personalbestand

Eine Bestimmung des SPB nach Zeitpunkten und nach dem zeitlichen Rhythmus wird notwendig, wenn der SPB im Ermittlungszeitraum Schwankungen unterliegt oder wenn zeitliche Restriktionen beim Personaleinsatz berücksichtigt werden müssen. Sofern der qualitative und quantitative SPB für einen bestimmten Zeitraum t 0 — t j ermittelt wurde, stellt das Ergebnis in vielen Fällen lediglich einen Durchschnittswert dar, hinter dem sich eine unterschiedliche, nicht immer voraussehbare zeitliche Verteilung des SPB im Querschnitt der verschiedenen Arbeitsprozesse verbirgt (Darst. 105) [502, S. 19]. quantitat. SPB (21 Einheiten)

Prozeßquerschnitt (a) 1

quantitat. SPB (21 Einheiten)

1

1

1

1

1

1

!

1

l 1

1

1

1

1

_

tj

zeitliche Verteilung

t[

zeitliche Verteilung

Prozeßquerschnitt (b)

t0

Darst. 1 0 5 : Quantitativer SPB in Abhängigkeit vom zeitlichen Arbeits-Prozeßquerschnitt

Nicht immer können die Spitzen und Täler des SPB zeitlich bestimmt werden, vornehmlich dann nicht, wenn der Arbeitsanfall unregelmäßig auftritt und die Aufgaben sofort erledigt werden müssen, wie z. B. im Einzelhandel, bei der Feuerwehr oder im Krankenhaus. Dadurch entstehen Probleme der gleichmäßigen Kapazitätsauslastung im personellen Bereich, die weniger durch eine Gestaltung der Personalstruktur (z. B. Personalbeschaffung) als durch eine Gestaltung der Unternehmensstruktur (Aufbauorganisation) gelöst werden müssen. Im Zusammenhang mit der zeitlichen Verteilung des SPB sind auch bestimmte Restriktionen des Personaleinsatzes zu berücksichtigen, die sich aus rechtlichen oder physiologischen Fragen der Schicht-, Überstunden- oder Feiertagsarbeit ergeben. Derartige charakteristische Begrenzungsfaktoren des zeitlichen SPB stellen auch wichtige Informationen für die Bestimmung des qualitativen und quantitativen SPB sowie für die Arbeitsorganisation dar. Unter den Aspekt des zeitlichen SPB fällt des weiteren das Problem, für welchen zukünftigen Zeitraum der SPB geplant wird und zu welchem Zeitpunkt die Planung des SPB stattfindet. Planungszeiträume werden häufig in kurz-, mittel- und langfristig unterteilt, wobei über die Abgrenzung dieser Zeiträume in der Literatur wenig Einigkeit besteht [200, S. 19; 429, S. 4 4 ff.]. Die verschiedenen Fristigkeiten des Planungszeitraumes beinhalten Konsequenzen für die bei der Prognose des SPB

256

IV. Strukturgestaltung

zu berücksichtigenden Determinanten, die z. T. als kurzfristig unbeeinflußbar oder als langfristig beeinflußbar gelten [957, S. 294 f.]. Mitentscheidend für die Wahl des Planungszeitpunktes ist die Tatsache, daß für bestimmtes Personal (z. B. Führungskräfte) ein längerer Planungszeitraumnotwendig ist, d. h. der Planungszeitpunkt im Verhältnis zum Beschaffungszeitpunkt möglichst früh angesetzt werden muß [350, S. 112 f.]. •

Der räumliche

Soll-Personalbestand

Die räumliche Kennzeichnung des SPB zeigt, wie dieser sich auf bestimmte Einsatzorte verteilt. Dabei kann es sich auch um „gedachte" Einsatzorte wie z. B. bei der Projektorganisation handeln (Darst. 106).

'i

1 SPB des

:

Projektes

Pk

^ ^ K

Darst. 1 0 6 : Räumliche Gliederung des Soll-Personalbestandes

Praktisch geht die Analyse des SPB stets von vorgegebenen Einsatzorten aus, d. h. es wird eine bestimmte Arbeitsorganisation räumlich vorausgesetzt, nach der sich der qualitative, quantitative und zeitliche SPB richtet. Je enger dabei die räumlichen Grenzen gezogen werden - möglicherweise bis hin zum einzelnen Arbeitsplatz desto homogener sind die qualitativen Merkmale und desto präziser wird sich der SPB analysieren lassen [744, S. 13; 964, S. 158]. Andererseits jedoch wird die Analyse dann entsprechend zeitraubend und führt u. U. zu einem übertrieben differenzierten SPB, der räumlich immer weniger austauschbar wird und dem kein genauso präzise abgrenzbares Angebot auf dem Arbeitsmarkt gegenübersteht. Dennoch erscheint eine genauere Charakterisierung des SPB nach räumlichen Gesichtspunkten sinnvoll, da dies eine Grundvoraussetzung für Maßnahmen der internen Personalbewegung (Einsatzplanung) ist. Aus der räumlichen Analyse des SPB ergeben sich häufig auch Hinweise auf notwendige Organisationsmaßnahmen. So kann sich z. B. zeigen, daß vergleichbare Abteilungen einen unterschiedlichen SPB aufweisen, oder daß Arbeitsplätze hinsichtlich der erwartbaren personellen Einzelkapazitäten realitätsfern gestaltet wurden (strukturell bedingte Uber- und Unterforderungen). Die Analyse des räumlichen SPB wird in diesen Fällen Anstöße zur Umgestaltung der Arbeitsorganisation liefern.

2.1 Personalbedarf

257

2.1.3 Prognose des Soll-Personalbestandes D e r Begriff „ P e r s o n a l b e d a r f s p l a n u n g " wird im allgemeinen dahingehend verstanden, d a ß der zukünftige N e t t o - P e r s o n a l b e d a r f prognostiziert wird. D a z u ist es notwendig, die Entwicklung des Ist-Personalbestandes (IPB) und die E n t w i c k l u n g des SPB für zukünftige Z e i t r ä u m e vorherzusagen.

In diesem

Zusammenhang

t a u c h e n zunächst zwei F r a g e n auf: (1) W o v o n h ä n g t die E n t w i c k l u n g des SPB ab (Determinanten)? (2) W e l c h e Ursachen bewirken eine V e r ä n d e r u n g seiner Determinanten (Veränderungsursachen) [ 7 7 6 , S. 8 3 0 f . ; 9 8 2 , S. 3 5 ] ? Im Anschluß d a r a n m u ß die erwartete Determinantenentwicklung und deren Einfluß auf den SPB prognostiziert werden.

2.1.3.1 Determinanten des Soll-Personalbestandes In der Literatur werden vielfältige Determinanten des SPB e r w ä h n t , die jedoch nur z. T . Eingang in entsprechende Prognosemodelle gefunden haben. Im V o r d e r g r u n d

• Produzierte bzw. abgesetze Menge • •

• Zusammensetzung und Volumen des Produktionsprogramms

Technisierungsgrad Fertigungsprogramm

• Betriebs- und Hilfsmittel (Stand der Mechanisierung und Automatisierung,

• Niveau der Betriebsorganisation • Betriebsgröße •

Leistungsergebnisfaktor [ 3 9 1 , S. 6 7 7 ff.]



maschinelle Leistungsdaten) • Material (Art und Qualität) • Organisation (z. B. Betriebsmittelnutzung) [477, S. 2 8 9 ]

Kostentheoretische Determinanten:

• Arbeitsgegenstand

Fertigungsprogramm



Arbeitskraft

• Betriebsgröße und Faktorproportionen



Arbeitsmittel





Organisation

Verteilungsparameter

• Intensität Determinanten aus anderen Bereichen: •

Preise/Konkurrenzpreise



Kundenstruktur

• Zielfunktion der Unternehmung

(innerhalb jeder dieser Hauptgruppen weitere Unterteilungen, die dann unter den Gesichtspunkten der Qualität, der Quantität und der Nutzung untersucht werden [ 7 2 9 , S. 309],

• Determinanten aus der Beschaffung • Determinanten aus der Finanzierung [680, S. 4 1 9 ff.] Darst. 1 0 7 : Übersicht verschiedener Determinantenschemata des Soll-Personalbestandes

258

IV. Strukturgestaltung

stehen dabei produktions- und kostentheoretische Einflußgrößen, wie Darst. (107) deutlich macht. In einer empirischen Untersuchung wurde festzustellen versucht, an welchen Determinanten Unternehmungen sich bei der Prognose des Personalbedarfs und somit auch des SPB tatsächlich orientierten (Darst. 108).

Bezugsgröße

verwendet ja

%

nein

%

Umsatz, Absatzplan, Verkauf

32

56

25

44

Expansion, Neuentwicklungen, Investitionen

26

46

31

54

Produktionspläne

17

30

40

70

Rationalisierung

6

11

51

89

Organisationsstruktur

9

16

48

84

Unternehmenspläne (ohne nähere Erläuterung)

8

14

49

86

Wirtschaftliche Lage, Konjunktur

2

4

55

96

Vergangenheit

5

9

52

91

Darst. 108: Bezugsgrößen der Personal-Bedarfsermittlung in Handel und Industrie (Stand 1970, n = 57, Mehrfachnennungen) [958, S. 40]

Wie aus den Darst. (108) ersichtlich ist, spielen insbesondere solche Determinanten eine Rolle, die in mehr oder weniger direktem Zusammenhang mit dem erwarteten Output einer Unternehmung stehen, wie z. B. Umsatz-, Produktions- und Investitionspläne. Diese Determinanten dominieren auch in den neueren Modellen der „integrierten Personalplanung" [650, S. 470ff.; 502, S. 32ff.; 200, S. 14ff.]. Im Zentrum steht dabei meistens der Schluß von der Produktion über die erwartete Arbeitsproduktivität auf den zukünftigen quantitativen SPB [198, S. 40; 948, Kap. V, VI]. Arbeitsproduktivität wird als Verhältnis von Output zu eingesetzten Arbeitsstunden definiert. Der SPB hängt von der Output-Menge und von der Arbeitsproduktivität bzw. Arbeitsleistung ab. Die Arbeitsproduktivität kann in

2 . 1 Personalbedarf

259

Form von Arbeitskoeffizienten ausgedrückt werden. Arbeitskoeffizienten bezeichnen analog den Produktionskoeffizienten in der Produktionstheorie die Menge Lj an Arbeitskräften des Typs i, die zur Herstellung einer Mengeneinheit Xj = 1 des Produktes j erforderlich ist 67 . Arbeitskoeffizient a^

M i = l , 2 , . . . . , I) X j ( j = 1, 2 , . . . . , J )

Auf die Arbeitsproduktivität hat u. a. auch der Leistungsergebnisfaktor der Mitarbeiter Einfluß. Der Leistungsergebnisfaktor eines Mitarbeiters entpricht dem Verhältnis der für die Herstellung einer Produktionseinheit vorgegebenen (Soll-) Zeit zur tatsächlich verbrauchten (Ist-) Zeit 6 8 : Leistungsergebnisfaktor

ÍLEM

=

vorgegebene Zeit tatsächlich verbrauchte Zeit (abzüglich der vom Mitarbeiter nicht zu vertretenden Zeitverbräuche).

Wenn die Arbeitskoeffizienten kleiner werden bzw. wenn die Leistungsergebnisfaktoren steigen, verbessert sich die Arbeitsproduktivität. Bei der Prognose des SPB müssen demnach zunächst all jene Determinanten Beachtung finden, die einen Einfluß auf die Arbeitskoeffizienten oder auf die Leistungsergebnisfaktoren haben. Zuzüglich fallen sonstige Determinanten des Arbeitszeitverbrauchs (z. B. Betriebsmittelstillstände, Lerneffekte, Betriebsmittelverbesserungen) und schließlich auch die Determinanten des Outputs (z. B. Absatzlage) und der Gesamtproduktivität (z. B. Mechanisierungsgrad des Unternehmens) ins Gewicht. Zwischen vielen Determinanten bestehen überdies Abhängigkeiten wie z. B. zwischen den Absatzerwartungen und den Investitionen. Eine Beschränkung der Prognose auf die Ebene des Produktionsplans und der Arbeitsproduktivität mag damit gerechtfertigt werden, daß zwischen dem SPB und obigen Größen in der Tat eine besonders starke und offensichtliche Abhängigkeit besteht und daß eine auf wenige Variable konzentrierte Prognose leichter zu praktizieren ist. Gleichwohl dürfen aber andere denkbare Variable nicht unerforscht bleiben [964, S. 160]. Bei manchen Autoren werden unternehmensexterne und sogar außerwirtschaftliche Determinanten wie z. B. psychologische Einflüsse (Prestige, Risikobereitschaft) auf die Bestimmung des SPB ausdrücklich hervorgehoben [806, S. 45; 157, 71 f. b. 958, S. 42].

67

[650, S. 4 7 0 ] hierbei muí? berücksichtigt werden, daß die Produktionskoeffizienten vom Arbeitsverfahren abhängig sind und für jedes Verfahren dementsprechend unterschiedliche Arbeitskoeffizienten ermittelt werden müssen. Kennzahlen dieser Art spielen vor allem in der Eisen- und Stahlindustrie eine Rolle; vgl. [761, S. 1400],

260

IV. Strukturgestaltung

Bei der Auswahl relevanter Determinanten des SPB stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung [429, S. 63 ff.]. So kann man beispielsweise Experten mittels der sog. „Delphi-Methode" zur Selektion wichtiger Einflußgrößen einsetzen [644, S. 81]. Beim „induktiven Ansatz" kommentieren die Vorgesetzten in einzelnen Planungsbereichen die wöchentlichen Abweichungen im Arbeitskräftebedarf und tragen so laufend zur induktiven Sammlung eines Determinanten-(Ursachen-) Katalogs bei [388]. Zur systematischen Gliederung der Determinanten können Kriterien wie Beeinflußbarkeit, Fristigkeit, Ort des Auftretens, Relevanzgrad, Variabilität etc. herangezogen werden. Gliedert man etwa nach „Aktionsparametern und Umweltzuständen" [680, S. 4 2 1 ] oder nach „internen und externen" Einflüssen [982, S. 23], so läuft dies in den meisten Fällen letztlich auf das Kriterium der Beeinflußbarkeit hinaus, wobei die Beeinflußbarkeit des SPB auf einem Kontinuum von den Umweltbedingungen bzw. den externen Einflüssen hin zu den Aktionspara-

N.

Wirksamkeit Ort des Auftretens N.

kurzfristig wirksam

externe

langfristig wirksam

z. B.

z. B.

Determinanten

• tarifliche Arbeitszeit

• tarifpolitische Entwicklung

des SPB

• tariflicher Urlaub

• arbeits- und sozial-

• tariflicher Bildungsurlaub • arbeitsrechtliche Bestimmungen •

rechtliche Entwicklung • Bildungspolitik des Staates • Wissenschaft und Forschung

arbeitsmedizinische Erkenntnisse



arbeitspsychologische Erkenntnisse

interne

z. B.

z. B.

Determinanten



Fertigungsprogramm



Mechanisierungsgrad

des SPB



Erweiterungsinvest.



Arbeitsproduktivität

• Mechanisierung



Organisationsniveau





Fertigungsprogrammpolitik

Organisationsgrad

• Schichtbetrieb

• Stillegungen

• Arbeitszeit, (tägl., wöch.)



Leistungsergebnisfaktor



Leistungsergebnisfaktor



Humanisierungsstrategien



Arbeitsbedingungen



Reservequote

• Arbeitsablauf Darst. 1 0 9 : Externe und interne Determinanten des Soll-Personalbestandes [ 3 5 0 , S. 117 f.]

261

2.1 Personalbedarf

kurzfristig beeinflußbare

langfristig beeinflußbare

„nicht beeinflußbare"

Faktoren

Faktoren

Faktoren

z. B. • •

z. B.

z. B.

Produktionsmenge



Prozeßparameter



(Arbeitsintensität, Arbeitsverteilung,

Produktionsprogramm

Rechtsnormen

Betriebsmittelausstattung



• Arbeits-und sonstige

Organisationsstruktur



Arbeitsmedizinische und arbeitspsycho-

Auflagegrößen usw.)

• Arbeitsverfahren

logische Grund-

[381, S. 490ff.]

• Leistungsgrad und

tatbestände

Qualifikationsgrad der Arbeitskräfte Darst. 109 a: Beeinflußbarkeit der Determinanten des Soll-Personalbestandes [429, S. 57]

metern bzw. internen Einflüssen abfällt. Häufig ist aber die Unterteilung in „beeinflußbar" und „nicht beeinflußbar" nichts weiter als eine Strategie zur Reduzierung der Einflußkomplexität, was zu fragwürdigen Planungen führen kann, wenn man über längere Zeiträume hinweg plant. In der langfristigen Betrachtung nämlich werden die (kurzfristig) nicht beeinflußbaren Determinanten (z. B. Absatzlage) oftmals prinzipiell ebenfalls beeinflußbar (Darst. 109 und 109a). Der analytische Charakter der SPB-Prognose kann noch dadurch gesteigert werden, daß man im einzelnen untersucht, wie die betrachteten Determinanten auf die qualitative, quantitative, zeitliche und räumliche Dimension des SPB wirken. In Kombination mit den bisherigen Gliederungsschemata ergibt sich dann das in Darst. (110) gezeigte Determinantengerüst. Die Fälle „extern/kurzfristig beeinflußbar" und „intern/unbeeinflußbar" werden allerdings relativ selten auftreten. Auf den qualitativen SPB wirkt sich z. B. das Absatzprogramm aus, da die Aufnahme andersartiger Produkte u. U. völlig neue Tätigkeiten und Fähigkeiten erfordert. Der quantitative SPB wird insbesondere von der

Darst. 1 1 0 : Determinantengerüst des Soll-Personalbestandes

262

IV. Strukturgestaltung

Produktmenge und von den Fertigstellungsterminen beeinflußt. Eine zeitliche Veränderung des SPB kann sich u. a. aus dem Fertigungsverfahren ergeben, da bei manchen Verfahren (z. B. Kunstfasererzeugung) auch Schicht- und Feiertagsarbeit erforderlich ist. Räumlich betrachtet schlagen sich z. B. Betriebsstillegungen, Abteilungszusammenlegungen etc. im SPB nieder. In diesem Zusammenhang sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die zwischen den genannten Dimensionen des SPB gezogenen Grenzen relativ willkürlich sind. Dies zeigt sich beispielsweise darin, daß eine zunehmende Qualität des SPB dessen Quantität senken kann. Auch wird der quantitative SPB stets auf der Grundlage gegebener räumlicher Einteilungen (Organisationsplan) für bestimmte räumliche Einheiten prognostiziert und ändert sich mit diesen.

2.1.3.2 Veränderungsursachen Vorausgesetzt man kennt die Determinanten des SPB und ihre Wirkungsweise, so konzentriert sich der eigentliche Prognoseprozeß auf die Vorhersage der Determinantenentwicklung. Es geht dann darum vorherzusagen, welche Entwicklung beispielsweise die Prozeßstruktur oder das Fertigungsprogramm nehmen werden. Zu diesem Zweck muß man einen Blick auf die Veränderungsursachen dieser Determinanten werfen. Geht man etwa aus von den Determinanten Bedürfnisse bzw.

Determinanten des Soll-Personalbestandes Bedürfnisse bzw. Bedarf

Veränderungsursachen (z. B.)

z. B. Kulturmerkmale, gesellschaftliches Bewußtsein, Naturvorgänge, Gesamtwirtschaftliche Entwicklung

Fertigungsprogramm

Geschmack, Bevölkerungszahl, Einkommensverteilung, Saison, Außenwirtschaft

Faktoreinsatz

Erfindungen, Investitionsneigung, Forschungsund Bildungsbudget, Löhne

Leistungsnormen bzw.

Menschen- und Gesellschaftsbild, Gesetze,

Durchschnittsleistungen

Arbeitswissenschaft, Lernkurven

Struktur

Organisationswissenschaft, Arbeitsmotivation, Verfahrenstechnik

Darst. 111: Mögliche Veränderungsursachen einiger Deteminanten des Soll-Personalbestandes

263

2.1 Personalbedarf

Bedarf (z. B. gesellschaftlich oder individuell), Fertigungsprogramm (Art, Menge, Zeit), Faktoreinsatz (z. B. Maschinen, Roh-, Hilfs-Betriebsstoffe), Struktur (z. B. Organisation, Verfahren), Leistungsnormen (z. B. Produktivität, Arbeitskoeffizienten, Vorgabezeiten), so stößt man u. a. auf die in Darst. (111) wiedergegebenen Determinanteneinflüsse [775, S. 93 ff.]. Angesichts dieser Übersicht wird deutlich, daß der analytischen Betrachtung des SPB Grenzen gesetzt sind. Die genannten Veränderungsursachen wirken nämlich nicht monokausal auf eine Determinante, sondern können mehrere Determinanten gleichzeitig betreffen und stehen überdies z. T. untereinander in Ursache-WirkungsBeziehungen. Schließlich können auch die Determinanten ihrerseits auf die Veränderungsursachen sowie aufeinander einwirken. So gesehen erscheint es verständlich, wenn Praxis und Theorie bemüht sind, die Komplexität des Prognosefeldes mittels Kriterien wie Relevanz, Wichtigkeit oder Fristigkeit zu reduzieren, um relativ einfache Abhängigkeitsbeziehungen darstellen zu können.

2.1.3.3 Methoden zur Prognose des quantitativen Soll-Personalbestandes Zur Prognose der Menge eines nach Qualität, Zeit und Raum bestimmten SPB bieten sich verschiedene Ansätze an. Als wesentliche Verfahrenskriterien kommen dabei in Frage, ob 0

Der SPB explizit in Abhängigkeit von bestimmten Determinanten untersucht wird, oder ob die Determinanten nur implizit berücksichtigt werden.

Verfahren mit explizitem #

Determinantenbezug

Zeittrend-Methode

#

Indikator-Methode

#

Analogieschluß-Methode

#

Meßzahlen-Methode

#

Versuch-Irrtum-Methode

Verfahren mit explizitem •

Determinantenbezug

Output-Methoden — Statistisch: Trend, Regression, Korrelation — Kausalanalytisch: Kennzahlen-Methode, arbeitswissenschaftliche Methoden



Arbeitsplatz-Methode — Stellenplan-Methode — Aggregat-Methode — Arbeitsablauf-Methode



ökonometrische Methoden

Darst. 1 1 2 : Gängige Methoden zur Prognose des Soll-Personalbestandes

IV. Strukturgestaltung

264



das Verhältnis zwischen Determinanten und SPB deterministisch als Kausalrelation untersucht wird (Berechnungen), oder ob lediglich ein statistisches (meist stochastisches) Verhältnis zwischen den Determinanten und dem SPB geprüft wird (Schätzungen). 9 nur der Output bzw. dessen Verursachungsfaktoren oder auch andere Determinanten bei der Prognose zugrunde gelegt werden. • die Prognose von konstanten oder variablen Relationen zwischen dem SPB und seinen Determinanten ausgeht. Die wichtigsten Prognosemethoden lassen sich danach wie folgt aufgliedern (siehe Darst. 112 auf Seite 263). Die meisten Methoden lassen sich noch einmal danach unterscheiden, ob zukünftig konstante oder variable Relationen zwischen dem SPB und der jeweiligen Bezugsgröße angenommen werden. In der Literatur finden sich zahlreiche ähnliche Einteilungsversuche, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen werden kann [429, S. 103ff.; 7 6 1 , S. 1397ff.; 9 5 8 , S. 47ff.; 5 0 2 , S. 2 0 ; 117, 2 9 1 ff.; 125, S. 710f.]. Im folgenden werden die wichtigsten Methoden kurz in ihrer Eigenart beschrieben:

9

Zeittrend-Methode Bei diesem Ansatz wird die Entwicklung des SPB direkt und ausschließlich in Abhängigkeit von der zeitlichen Entwicklung betrachtet (Darst. 113). Die Länge der vergangenen Beobachtungsperiode spielt für die Zuverlässigkeit der Prognose eine entscheidende Rolle [289, S. 106].

y

Beobachtungswerte (Personalmenge)

2000 y = 6 3 2 , 0 + 4,1 t 2

/ y = 537,3 + 46,1 t

.— —'

1. Ansatz für Trendfunktion: y = a + bt + E

1000

2. Ansatz für Trendfunktion: y = a + bt 2 + e Bestimmung der Parameter a, b nach der Methode der kleinsten Quadrate (2 e 2 —> Min) 1

2

J 3

I 4

! 5

I 6

I 7

I 8

1 I I I I I I I I I 1 I 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 2 0

t ». Zeitwerte

Darst. 1 1 3 : Extrapolation des Soll-Personalbestandes mit Hilfe von Trendfunktionen [763, S. 2 6 4 ]

2.1 Personalbedarf



265

Indikator-Methode Mittels statistischer Verfahren (Regressionsanalyse, Korrelationsanalyse) wird von einer der Entwicklung des SPB erfahrungsgemäß zeitlich vorangehenden Größe (z. B. Absatzentwicklung) auf den zukünftigen SPB (z. B. im Kundendienst) geschlossen [502, S. 20], Ein weiteres Beispiel wäre der Schluß vom Indikator „geplante Ladeneröffnungen" auf den SPB (Darst. 114) [117, S. 292], Ladeneröffnungen (Anzahl)

Personalbedarfszuwächse

1965

1966

1967

1968

1969

1970

1971

Jahr

Darst. 1 1 4 : Indikatormethode im Einzelhandel

Ähnlich wie die Indikatormethode verfährt die Meßzahlen-Methode, die sich insbesondere zur Anwendung im Bürobereich der Unternehmung eignet [958, S. 51]. Als Meßzahl wird der SPB an „produktiven" Arbeitskräften (Fertigung) gewählt und von hier aufgrund von Erfahrungswissen auf den SPB an „unproduktiven" Arbeitskräften (Verwaltung) geschlossen. Es können dann auch VerhältniszahlenTrends berechnet werden, wobei sich das Verhältnis von „produktiven" und „unproduktiven" Arbeitskräften im Zeitablauf verändern kann.



Analogieschluß-Methode Diese Methode beruht auf der (etwas gewagten) Annahme, daß zwei Betrachtungsobjekte (z. B. zwei Unternehmen, zwei Abteilungen) den gleichen SPB aufweisen, wenn sie sich in wesentlichen Struktur- und Umweltmerkmalen gleichen. So könnte man z. B. vermuten, daß die Filiale X eines Kreditinstitutes in fünf Jahren den gleichen SPB wie die Filiale Y heute haben wird, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt den heutigen Einlagenbestand der Filiale Y erreicht.

0

Versuch-Irrtum-Methode Hier muß eher von einer „Quasi-Methode" [812, S. 5] gesprochen werden, da der kostenoptimale SPB nicht prognostiziert, sondern anhand nicht näher erläuterter Richtlinien ausprobiert wird [958, S. 50]. Insbesondere wenn durch ständiges Lavieren an der Untergrenze des notwendigen SPB versucht wird, die Mitarbeiter zu äußerster Leistungserfüllung (Überstunden) zu zwingen, führt diese „Methode"

266

IV. Strukturgestaltung

nicht zu einem technisch und motivational optimalen Bestand an Stammpersonal, sondern zu heftigen Veränderungen beim Ist-Personalbestand (Fluktuation). •

Output-Methoden Bei den statistisch orientierten Outputmethoden wird i. d. R. von einem wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen dem Output (Produktion, Absatz, Verkaufserlöse) und dem SPB ausgegangen. Solche Zusammenhänge lassen sich mit Hilfe von Regressions- und Korrelationsanalysen überprüfen und als Trend darstellen. Im Unterschied zur reinen Zeittrend-Methode wird hier eine konkrete Einflußgröße des SPB als Bezugsgröße verwendet (Outputentwicklung) [141, S. 532 ff.]. Durch Einbeziehung anderer Einflüsse (z. B. Rationalisierung, Mechanisierung) lassen sich Modifizierungen im Verhältnis von Output und SPB berücksichtigen (Darst. 115) [763, S. 278f.; 279, S. 132ff.]. Darüber hinaus kann die Methode durch Einbeziehung von „time lags" zwischen dem Wirksamwerden der unabhängigen und der abhängigen Variablen dynamisiert werden [429, S. 135 f.].

Personalbedarf (Arbeitsplätze BF t/L)

20 000

10 000

1958

10

Bestand an Fe-Hauptanschlüssen Mio. -J I 15 20

Darst. 1 1 5 : Statistischer Zusammenhang zwischen Output (Telefonanschlüsse) und SollPersonalbestand

Die kausalanalytischen Outputmethoden unterscheiden sich von den statistischen Methoden dadurch, daß sie zuerst das gegenwärtige Verhältnis von Output und SPB ursächlich durchdringen und danach zur Vorhersage des SPB gelangen, indem sie die Entwicklung der für obiges Verhältnis ausschlaggebenden Ursachen prognostizieren. Diese Hinwendung zu den Ursachen des SPB hat den Vorteil, daß objektive Fehlentwicklungen im gegenwärtigen Zeitpunkt besser erkannt werden können und der Gefahr der „Extrapolation von Schlendrian" begegnet wird, die insbesondere durch die starke Vergangenheitsorientierung der statistischen Verfahren entsteht [502, S. 20; 964, S. 160],

2 . 1 Personalbedarf

267

Die kausale Beziehung zwischen Output und SPB wird dadurch hergestellt, daß man Kennzahlen über den notwendigen Arbeitseinsatz pro Outputeinheit oder Prozeß zu ermitteln versucht (Arbeitskoeffizienten). Dieses, auch KennzahlenMethode [358, S. 1 2 1 ; 350, S. 171 f.; 200, S. 2 1 ] genannte, Verfahren stellt letztlich die Arbeitsproduktivität und deren Veränderungsursachen in den ,AE , Mittelpunkt der Betrachtung. Mit steigender Arbeitsproduktivität (—¡- ) bzw. sinAK

/AK v kenden Arbeitskoeffizienten \~77T / nimmt der SPB in bezug auf eine bestimmte Outputmenge (AE) ab: ^ / AE , SPB = A E : f e ) (in Zeiteinheiten) oder

SPB

.

=ae

(in Zeiteinheiten)

(äe)

/AK .

AE = Outputmenge (Arbeitseinheiten in einer Periode) AK = Notwendige Menge an Arbeitskraft (in Zeiteinheiten). Sofern das Produktionsprogramm mittels mehrerer unterschiedlicher Verfahren abgewickelt wird, müssen für jedes Verfahren spezielle Arbeitskoeffizienten ermittelt werden (Darst. 116). Die Arbeitskoeffizienten sind häufig durch technische

Produktionsverfahren

f

Prozeß (PO

Arbeitskoeffizient (Ki)

SPB, = AE,xK, Outputmenge (AE,)

~r

T

~

1

(P

O 3 C

«

EL,

3

u

288

IV. Strukturgestaltung

Soll-Personalbestand t 0 + Veränderung des SPB im Prognosezeitraum t 0 - ti 7.

= SPB t. '/. Ist-Personalbestand to + Veränderungen des IPB im Prognosezeitraum t 0 — t! 7.

= Netto-Personalbedarf oder personelle Uberdeckung zum Zeitpunkt t]

Man sieht daraus, daß sich ein Netto-Personalbedarf ergeben kann wenn — der IPB gleichbleibt (IPB ti = IPB t 0 ) und der SPB sich erhöht (SPB ti > SPB t0) — der SPB gleichbleibt und der IPB absinkt — der SPB sich erhöht und der IPB absinkt (vorausgesetzt jeweils im Zeitpunkt t 0 galt: IPB = SPB) Im ersten Falle spricht man von Neu- oder Erweiterungsbedarf, der z. B. aufgrund einer Erweiterung des Fertigungsprogramms in quantitativer und qualitativer Hinsicht auftreten kann. Der zweite Fall wird als Ersatzbedarf bezeichnet, der u. a. durch Fluktuation entstehen kann [350, S. 105 ff.]. Das Hauptproblem bei der Prognose des Nettobedarfs besteht in der Vorhersage und Auswertung jener Ereignisse, die zwischen to und ti auf den SPB und den IPB einwirken. Ein zusammenfassendes Beispiel für das Entstehen von Nettobedarf und Überdeckungen in Kopfzahlen zeigt Darst. (127). Wie aus Darst. (127) ersichtlich, bestehen grundsätzlich zwei Ansatzpunkte zur Deckung eines Nettobedarfs. Am gebräuchlichsten und kurzfristig zumindest bei mittleren Anforderungsprofilen am leichtesten durchführbar ist die Anpassung des IPB (Personalstruktur) an den SPB (Unternehmensstruktur) durch Neueinstellungen, Fortbildung, interne Personalbewegungen etc. In Zeiten dauernder Personalknappheit bzw. Arbeitslosigkeit kann man jedoch auch gezwungen sein, den Nettobedarf durch eine Verringerung des SPB, d. h. durch eine Veränderung der Unternehmensstruktur (Rationalisierung, Mechanisierung etc.) zu decken bzw. Entlassungen durch Erhöhung des SPB (z. B. Verkürzung der Arbeitszeit) zu verhindern.

2.1 Personalbedarf

289 Leistungsnormen j

b

c

=

30

20

40

=

10

20

10

-

40

10

10

£ O 5

1

Npinfluß/ auf SPB V

(t.) Veränderungen SPB a b c

+ 10 + 20

• Vergleich (t0)

II

40

b

c

30

20

40

10

b

10

40

- 1 0 + 10

20

10

+ 10

c

-10

20

'w

•e

10

20 IPB t |

a

a

3Ü Z A

Vergleich (t,)

IPB a

(ti)

a

Veränderungen

Fähigkeitsprofile 30

SPB ti

©

- 1 0 + 10

1

j

Stellen-Nr.

|

a

\ Fertigungs- j \programm /

Ersatz- | Oberbedarf ! deckung

Anforderungsprofile

(D

Einflüsse (to - ti)

®

b

c

20

40

10

20

10

40

20

10

(t.)

b

c

10

20

(II) (II) 10

2 30

10

(I) 10 (III)

10

absoluter Bestandsfehler

50

davon Nettobedarf

40

I

Ausgangslage Nettobedarf Uberdeckung

b a 10 10 (II) (III) 10 (I)

Planung (ti - t2)

c

10 (I)

Einflüsse {to — ti)

Freistellungen

10

Deckungen

40

Darst. 127: Das Entstehen von Ersatzbedarf, Neubedarf und Uberdeckung

2.1.7 Ökonomische, soziale und rechtliche Aspekte des Personalbedarfs Von den personalpolitischen Zielvorstellungen hängt es letztlich ab, ob man dazu tendiert, den SPB tendenziell hoch oder unter Ausnutzung aller organisatorischen, ökonomischen und menschlichen Spielräume niedrig anzusetzen. Es hätte weitreichende Konsequenzen für die Bestimmung des SPB, wenn man nicht etwa Gewinnziele, sondern beispielsweise Beseitigung von Arbeitslosigkeit, Maximierung von Arbeitseinkommen, Befriedigung von Kontaktbedürfnissen, Selbstverwirklichung der Mitarbeiter oder andere Ziele zum Bezugspunkt wählen würde [775, S. 101 ff.]. Die ökonomische Bedeutung der Personalbedarfsplanung besteht vor allem darin, bestehende und zukünftige personelle Über- bzw. Unterdeckungen im Hinblick auf die wirtschaftlichen Ziele und Aufgaben genau und rechtzeitig zu erfassen [621, S. 30; 817, S. 95]. Der analytische Aufwand muß dabei einerseits so umfangreich sein, daß die Ursachen des Deckungsungleichgewichtes erfaßt und gezielte Maßnahmen der Beschaffung, des Einsatzes und der Entwicklung ergriffen werden

290

IV. Strukturgestaltung

können [964, S. 161 ff.], andererseits muß der Analyseaufwand seinerseits in überblickbaren und ökonomisch vertretbaren Grenzen gehalten werden. Geht man von einem gewissen Zusammenhang zwischen Leistung und Zufriedenheit der Mitarbeiter aus, so ist festzustellen, daß ein kurzfristig kostenminimaler SPB keineswegs identisch ist mit dem langfristig wirtschaftlichsten SPB. Eine kurzfristige Kostensenkung durch Über- und Unterforderung der Mitarbeiter (Streß, Monotonie) ist zwar denkbar, langfristig jedoch geht dies zu Lasten des IPB (Abnahme der Arbeitsmotivation, Fluktuation) bzw. führt zur Verschwendung von Leistungspotential. Ein zu niedrig angesetzter SPB hat langfristig die Folge, daß sich die Kosten für entsprechende Deckungsmaßnahmen (Anreizsysteme) und Produktionsengpässe (Minderqualitäten, Lieferschwierigkeiten) erhöhen. Die soziale Bedeutung der Personalbedarfsplanung betrifft sowohl den einzelnen Mitarbeiter als auch die Gesellschaft im Ganzen. Der SPB muß in der Weise festgelegt werden, daß er den Bedürfnissen und Selbstverwirklichungsansprüchen des Individuums gerecht wird. In das qualitative, quantitative, zeidiche und räumliche Soll müssen deshalb spezielle Ziele eingehen wie z. B. Sicherung von Arbeitsplatz und Einkommen, Aufstieg und persönlicher Fortschritt, menschengerechte Tätigkeit und Lösung der existentiellen Probleme bestimmter Sondergruppen (Gastarbeiter, weibliche Arbeitnehmer, Behinderte, alte Arbeitnehmer etc.) [978, S. 35 ff.]. Der gesamtgesellschaftliche Aspekt der Personalbedarfsplanung liegt insbesondere in deren Folgen für die Beschäftigungslage und für das Bildungssystem. Würden alle Unternehmungen ihren SPB und in der Folge auch den IPB stets den konjunkturellen Schwankungen anpassen, so brächte dies erhebliche Probleme für die Wirtschafts- und Sozialpolitik des Staates mit sich. „Soll-Personalbestand" kann mithin auch die Forderung beinhalten, Massenentlassungen und Kurzarbeit zu unterlassen, auch wenn dies (kurzfristig) unwirtschaftlich erscheint. Das Bildungssystem eines Staates und sehr langfristig sogar dessen kulturelle Grundstrukturen können maßgeblich durch die qualitative Bestimmung des SPB beeinflußt werden. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die Masse der Anforderungsprofile so festgelegt würde, daß Aus-, Fort- und Weiterbildung „nicht der Mühe wert" erschienen und bestimmte Bildungsinhalte und -angebote daraufhin mangels Nachfrage verkümmern würden. Tiefgreifende Veränderungen des SPB im Hinblick auf alternative Ziele lassen sich freilich nur auf dem Umweg über organisatorische Maßnahmen durchführen. Wiederum wird deutlich, daß es falsch wäre, bei der Personalbedarfsplanung stets von einer unveränderlich gegebenen Organisation auszugehen [269, S. 13 f.]. Vielmehr müssen gerade umgekehrt die o. a. Anforderungen an den SPB dazu führen, daß dieser in gewissen Grenzen unabhängig von organisatorischen Gegebenheiten bestimmt und seinerseits zum Ausgangspunkt organisatorischer Anpassung (Organisationsentwicklung) gemacht wird. Ein entscheidender rechtlicher Schritt in dieser Richtung Wurde mit dem BetrVG 1952 bzw. dessen Weiterentwicklung 1972 getan. In § 106 BetrVG 72 heißt es, daß

2 . 2 'Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

291

der Wirtschaftsausschuß den Betriebsrat u. a. über Produktionsprogramm und arbeitsorganisatorische Maßnahmen rechtzeitig zu unterrichten hat, insbesondere was die zu erwartenden Auswirkungen auf die Personalplanung anbetrifft. Durch den Sozialplan (§ 112) sowie den Nachteilsausgleich (§ 113) hat der Betriebsrat indirekt Einfluß auf solche Maßnahmen, die zu einer Veränderung von SPB oder IPB führen könnten, da es für das Unternehmen u. U. günstiger ist, diese Maßnahmen nicht oder nur modifiziert durchzuführen als wenn es deren sozialen Folgen mit einem Sozialplan ausgleichen müßte [681, S. 71]. Des weiteren hat der Betriebsrat auch ein unmittelbares Mitwirkungsrecht bei der Personalplanung (§ 92 BetrVG 72). Die Extension des Begriffes „Personalplanung" im BetrVG 7 2 ist umstritten [268, S. 390f.]. Unstrittig ist jedoch die Auslegung zumindest im Sinne von quantitativer Personalbedarfsplanung [674, S. 52], Das Mitwirkungsrecht beschränkt sich dabei freilich auf ein Informationsrecht, das praktisch nur zum Tragen kommt, soweit das Unternehmen eine Personalplanung tatsächlich durchführt und dies auch zu erkennen gibt. Ein direktes Mitentscheidungsrecht bei der Festlegung des SPB hat der Betriebsrat nicht [183, S. 30f.]. So gesehen ist der Einfluß des Betriebsrates auf den SPB und die ihn determinierenden Faktoren (wirtschaftliche Angelegenheiten) nur gering [797, S. 617].

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur 2.2.1 Begriff, Dimensionen und Arten des Personaleinsatzes Der Begriff „Personaleinsatz" wird unterschiedlich weit gefaßt. Die meisten Definitionen gehen davon aus, daß der Entscheidungsspielraum beim Personaleinsatz durch den Ist-Personalbestand und die Organisation begrenzt wird, die beide als vorgegeben und kurzfristig unveränderlich angesehen werden. Gegenstand des Personaleinsatzes wäre dann vornehmlich die unternehmensinterne, personalpolitisch zweckmäßige Verteilung des Ist-Personalbestandes auf die verschiedenen Stellen und Arbeitsplätze [392, S. 130; 6 2 1 , S. 111]. In anderen Definitionen wird zum Ausdruck gebracht, daß sich die Personaleinsatzplanung nicht allein auf eine Verteilung zum Zwecke der Anpassung der Personalstruktur an die Unternehmensstruktur beschränken sollte. Vielmehr kann das Resultat der Personaleinsatzplanung auch in Vorschlägen zur Organisationsund Personalentwicklung bestehen [352, S. 141 ff.]. Gegenstand des Personaleinsatzes wäre dann z. B. auch die Anpassung der Unternehmensstruktur an die Belange der Personalstruktur. Da dieser Aspekt hier jedoch bereits im Zusammenhang mit der Gestaltung der Unternehmensstruktur behandelt wurde 78 , wird im

78

Vgl. S. 197 ff.

292

IV. Strukturgestaltung

folgenden von einem engeren Personaleinsatzbegriff ausgegangen: Personaleinsatz wird definiert als kurzfristige zeitliche und/oder räumliche Anpassung der Personalstruktur an die Gegebenheiten der Arbeitsorganisation unter qualitativen und quantitativen Gesichtspunkten des Personalbedarfs. Ausgangsbedingung des Personaleinsatzes ist die möglichst genaue Bestimmung von Ist-Personalbestand und Soll-Personalbestand. Die Beseitigung eventueller SollIst-Abweichungen durch Personaleinsatzmaßnahmen i. e. S. bedeutet, daß man zunächst auf eine Veränderung der Organisation, auf Neueinstellungen und Entlassungen sowie auf gezielte Personalentwicklungsmaßnahmen verzichtet und die Übereinstimmung von SPB und IPB lediglich durch interne Personalbewegungen (Umverteilung) zu erreichen trachtet. Bewegungsdimensionen des Personaleinsatzes sind dabei Zeit und Raum, so z. B. beim Wechsel einer Arbeitskraft von einer Abteilung in eine andere oder beim Wechsel der Schichtzeitpunkte an einem Arbeitsplatz. Der Soll-Ist-Ausgleich vollzieht sich in den Bedarfsdimensionen Qualität und Quantität, so z. B. bei der Verteilung von Ist-Fähigkeitsprofilen auf Soll-Fähigkeitsprofile (Anforderungen) oder beim Ausgleich quantitativer Spitzenbelastungen an einzelnen Stellen. Mit derartigen Umverteilungsmaßnahmen können verschiedene Ziele verfolgt werden. Insbesondere geht es um die Erhöhung des Eignungsgrades der Arbeitskräfte und die dadurch bedingte Steigerung von Arbeitsleistung und Arbeitszufriedenheit sowie darum, die verfügbare quantitative Personalkapazität — vor allem bei wechselndem Arbeitsanfall — in bedarfsgerechte Bahnen zu lenken. Weitere Resultate der Personaleinsatzplanung können im Aufzeigen von Einsparungsmöglichkeiten oder von Entwicklungs- und Beschaffungsnotwendigkeiten gesehen werden. Hier verschwimmen allerdings die Grenzen zwischen Einsatzplanung und Bedarfsplanung. Häufig wird unter Personaleinsatzplanung oder „Stellenbesetzungsplanung" auch der tägliche oder sogar stündliche Ausgleich zwischen Sollund Ist-Personalbestand verstanden (Personaldisposition), der aufgrund sehr kurzfristiger Schwankungen dieser beiden Größen notwendig sein kann und die permanente Neubestimmung des Personalbedarfs mit einschließt [264, S. 46ff.; 919, S. 157ff.]. Entsprechend den jeweils miteinander kombinierten Bewegungs- und Bedarfsdimensionen des Personaleinsatzes lassen sich nun verschiedene Arten von Personaleinsatzproblemen unterscheiden (Darst. 128). Neben den Problemen des Personaleinsatzes i. e. S. (2, 4, 6) werden bisweilen auch Fragen des Einsatzes von Sondergruppen (z. B. Behinderte) oder Laufbahn-, Nachfolge- und Beförderungspläne (dynamische Betrachtung) als Probleme des Personaleinsatzes (i. w. S.) behandelt [168, S. 2101ff.; 710, S. 269ff.; 294, S. 188ff.]. Jobrotation, Karriereplanung (3), Projektorganisation (1) und langfristige Stellenbesetzungspläne (5) können nur im weitesten Sinne als Personaleinsatzprobleme angesehen werden. Die „klassische" Fragestellung der Personaleinsatzplanung ist dagegen kurzfristiger Natur [566, S. 316], d. h. es geht um zeitliche und/oder räumliche Personalbewegungen, die sich relativ schnell und ohne zusätzlichen

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

293

personellen oder organisatorischen Aufwand durchführen lassen. Dies ist in Darst. (128) bei den Feldern Nr. (2), (4) und (6) der Fall, auf die sich deshalb die folgenden Betrachtungen konzentrieren werden.

Bewegung

zeitlich (Terminierungsmodelle)

räumlich (Allokationsmodelle)

beides

tendenziell qualitativ (Ubereinstimmung zwischen Arbeitsmenge und verfügbarer Arbeitszeit wird vorausgesetzt; konstanter Arbeitsanfall)

z. B. qualitativ-zeitliche Projektnetzpläne; ad hoc Organisation

z. B. Besetzung der Arbeitsplätze mit den geeignetsten Mitarbeitern; Zuteilung von Arbeitsplätzen nach der Neigung der Mitarbeiter; Verteilung nach Soll- und IstFähigkeitsprofilen ; Personalzuordnungsmodelle; Behandlung mehrfach qualifizierter Mitarbeiter

z. B. job-rotation; Karriereplanung; Nachfolge- und Laufbahnplanung

tendenziell quantitativ (die Mitarbeiter werden als qualitativ gleichartige Einheiten betrachtet; wechselnder Arbeitsanfall)

z. B. Ermittlung der optimalen Dienstschichtbesetzung in einem Arbeitsbereich und Neuverteilung der Mitarbeiter auf die Dienstschichten; Ermittlung des Dienstschichtrhythmus jedes Mitarbeiters (Schichtwechselplan) (vorhersehbar wechselnder Arbeitsanfall)

z. B. langfristiger Kapazitätsausgleich zwischen zwei gleichartigen Arbeitsbereichen

z. B. Einsatz von „Springern" in einem relativ homogenen Arbeitsbereich; kurzfristige Vertretungen; Stellenbesetzungsplanung zum Zwecke des kurzfristigen Kapazitätsausgleichs (unvorhersehbar wechselnder Arbeitsanfall)

Bedarf

Darst. 128: Probleme des Personaleinsatzes, differenziert nach Bewegungs- und Bedarfsdimensionen

294

IV. Strukturgestaltung

2.2.2 Qualitativ-räumliche Verteilung des Ist-Personalbestandes Wenn es in einem Unternehmen in der Vergangenheit aufgrund fehlender bzw. mangelhafter Ausleseverfahren zu Fehlbesetzungen gekommen ist, oder wenn sich im Laufe der Zeit Soll-Fähigkeitsprofile (Arbeitsanforderungen) und Ist-Fähigkeitsprofile an einzelnen Arbeitsplätzen auseinanderentwickelt haben, so ist die qualitative Verteilung des Personals revisionsbedürftig. Geprüft werden muß dann insbesondere, wie es um die Eignung jedes Mitarbeiters an seinem Arbeitsplatz steht und ob eine Umverteilung des Personals nicht den Gesamtnutzen des IPB erhöhen sowie den Gegebenheiten und Anforderungen der Personalstruktur hinsichtlich Zufriedenheit und Selbstverwirklichung besser entsprechen würde. Die Eignung eines Mitarbeiters wird hier als Übereinstimmung von Fähigkeiten und Motiven mit den Gegebenheiten der Arbeit und des Arbeitsplatzes verstanden. Die Problemstellung wird dabei allerdings unterschiedlich ausgelegt. Während einige Autoren ausdrücklich auf die zweifache Zielsetzung — Leistung und Zufriedenheit — hinweisen und somit nicht nur nach der Eignung des Mitarbeiters für den Arbeitsplatz, sondern auch nach der Eignung des Arbeitsplatzes für den Mitarbeiter fragen [352, S. 153; 168, S. 2102], orientiert sich die Mehrzahl der Autoren bei der Eignungsfrage überwiegend an Zielen wie Gewinnmaximierung [153, S. 335], Minimierung der Gesamtarbeitszeit [820, S. 195 ff.] oder Maximierung der Gesamtleistungsfähigkeit [60, S. 209]. Hierbei kann wiederum unterschieden werden, ob die Eignung eines Mitarbeiters an einem Arbeitsplatz als Nutzenwert (tatsächliche Wirksamkeit) oder als Eignungsgrad (Differenz zwischen Anforderungen und Fähigkeiten) ausgedrückt wird. Nutzenwerte finden vornehmlich bei den sog. „heuristischen Verfahren" der Personaleinsatzplanung Verwendung (Rangfolgeverfahren, Berücksichtigung von Spezialbegabungen). Eignungsgrade liegen dem sog. „Profilvergleichsverfahren" zugrunde und beruhen auf der Ermittlung von „Distanzen" zwischen Anforderungen und Fähigkeiten, wobei in der Literatur häufig ungenau statt von Fähigkeiten bereits von „Eignungen" gesprochen wird [534, S. 476ff.; 168, S. 2102ff.]. Der Eignungsgrad eines Mitarbeiters ist um so höher, je geringer die Differenzen zwischen Anforderungen und Fähigkeiten sind [922, S. 787ff.]. Das Anliegen, die Gesamtheit dieser Differenzen an allen Arbeitsplätzen zu minimieren, d. h. den gesamten Eignungsgrad des IPB zu maximieren, kann als Personalzuordnungsproblem (Personalanweisungsproblem, Personalzuweisungsproblem, personnell assignment problem) bezeichnet werden [502, S. 25f.; 195, S. 311 ff.; 650, S. 486ff.]. Nutzen- und Eignungswerte können sowohl summarisch als auch analytisch ermittelt werden. Bei der summarischen Ermittlung wird der Gesamtnutzen (Nutzenwert) eines Mitarbeiters bzw. der grob geschätzte Gesamtunterschied zwischen Anforderungen und Fähigkeiten (Eignungswert) zur Personaleinsatzentscheidung herangezogen, ohne daß auf Details eingegangen wird. Von analytischer Ermittlung spricht man, wenn die verschiedenen Komponenten des Nutzenbeitrags bei jedem Mitarbeiter an allen Arbeitsplätzen getrennt ermittelt und dann addiert werden

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

295

bzw. wenn Anforderungen und Fähigkeiten in ihre einzelnen Merkmale zerlegt und pro Mitarbeiter für alle Arbeitsplätze einander gegenübergestellt werden, um schließlich die Gesamteignung als Summe der partiellen Differenzen zu ermitteln. Des weiteren können Nutzen- und Eignungswerte nominal, ordinal oder kardinal bestimmt werden, wobei unterschiedliche Quantifizierungs-, Bewertungs- und Meßprobleme in Erscheinung treten (Darst. 129). Messung

Maßstäben und Detaillierungsgraden

Im folgenden sollen einige Methoden der Personaleinsatzplanung beschrieben werden, die sich hinsichtlich der o. b. Merkmale voneinander unterscheiden.



Nutzenwertverfahren Bei den mit Nutzenwerten operierenden Verfahren sind zwei Lösungsansätze zu unterscheiden: — jeder Mitarbeiter wird dort eingesetzt, wo er persönlich den größten Nutzen erzielt (Einsatz nach Spezialbegabung) — jeder Mitarbeiter wird dort eingesetzt, wo er im Vergleich zu allen anderen Mitarbeitern den höchsten Nutzen erzielt (Rangordnungsverfahren) Voraussetzung zur Lösung des Nutzenwertproblems ist die Quantifizierung des Nutzens (Wirksamkeit, Leistung), der von einem Mitarbeiter (i) an einem Arbeitsplatz (j) erzielt wird. Optimal ist der Personaleinsatz dann, wenn die Gesamtheit der Nutzenbeiträge ein Maximum zu erreichen verspricht [651, S. 2 0 0 ff.]. Daraus ergibt sich die mathematische Formulierung eines linearen Modells:

2

2

ejj • Zjj —> max!

296

IV. Strukturgestaltung

wobei gilt: ejj = Nutzen der Arbeitskraft (i) am Arbeitsplatz (j) (z. B. in DM) zjj = Zuordnung der Arbeitskraft (i) zum Arbeitsplatz (j) Im nachfolgenden Beispiel ist die Anzahl der Arbeitsplätze (j = 1, 2 , . . . , m) gleich der Anzahl der Arbeitskräfte (i = 1 , 2 , . . . , n). Außerdem soll jeder Arbeitsplatz nur von einer Arbeitskraft eingenommen und jede Arbeitskraft auch nur an einem Arbeitsplatz tätig werden. Deshalb gilt: m n 2 • Zjj = l 2 • zy = l j=l

i=l

Arbeitsplätze j =

l-5

1

2

3

4

5

Arbeitskräfte i=

1-5

1

72

95

85

123

105

2

60

108

37

24

44

3

12

23

144

36

36

4

89

85

156

120

97

5

69

83

80

76

78

(Bewertungsmatrix M 0 )

In der obenstehenden Matrix (Mo) handelt es sich um qualitativ unterschiedliche Arbeitskräfte, von denen gleichwohl jede grundsätzlich an jedem der fünf Arbeitsplätze eingesetzt werden könnte, jedoch mit unterschiedlichen Eignungen [534, S. 476]. Die Eignungen werden dabei als Nutzenerwartungen interpretiert, d. h. als Mengen- und/oder Qualitätsleistungen. Nach dem Rangordnungsverfahren müßte nun folgende Arbeitsplatzzuweisung erfolgen: Gesucht wird nach denjenigen Arbeitskräften, die an einem Arbeitsplatz (j) die relativ beste Leistung erbringen. An den Arbeitsplätzen (1) und (3) ist dies die Arbeitskraft (4), an den Arbeitsplätzen (4) und (5) die Arbeitskraft (1). Deshalb ist vorläufig nur eine einzige Zuordnung eindeutig die beste: Arbeitskraft (2) zu Arbeitsplatz (2). Die verbleibenden vier Zuordnungen werden danach geregelt, an welchem Arbeitsplatz eine zweifach erstrangig bewertete Arbeitskraft die absolut größere Leistung erbringt. Die Arbeitskraft (1) muß demnach den Arbeitsplatz (4) besetzen, die Arbeitskraft (4) den Arbeitsplatz (3). Damit sind die Arbeitsplätze (2),

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

297

(3) und (4) besetzt von den Arbeitskräften (2), (4) und (1). Da auf den verbleibenden Arbeitsplätzen (1) und (5) jeweils die Arbeitskraft (5) den im Vergleich mit Arbeitskraft (3) größten Nutzen erzielt und auf Arbeitsplatz (5) wiederum einen absolut größeren Nutzen als auf Arbeitsplatz (1), erfolgt die Besetzung des Arbeitsplatzes (5) durch Arbeitskraft (5). Dann bleibt für die Arbeitskraft (3) nur noch der Arbeitsplatz (1). Der Gesamtnutzen nach dem Rangordnungsverfahren beträgt: 12 + 108 + 156 + 123 + 78 = 477 Nutzeneinheiten. Hätte man dagegen zuerst die vorhandenen Spezialbegabungen berücksichtigt [335, S. 185 f.], so müßten die Arbeitsplätze (2) und (3) den Arbeitskräften (2) und (3) zugeteilt werden. Andere Zuteilungen würden nämlich einen größeren individuellen Nutzenrückgang (mindestens 48 bzw. 108 Einheiten) vom Maximalnutzen dieser beiden Arbeitskräfte bedeuten, als beim jetzt nicht individuell nutzenmaximalen Einsatz der anderen Arbeitskräfte. Bei den verbleibenden Arbeitsplätzen (1), (4) und (5) läßt sich nur noch eine Spezialbegabung entdecken: Arbeitskraft (1) erreicht ihre höchste persönliche Leistung am Arbeitsplatz (4). Dann müssen noch die Arbeitsplätze (1) und (5) den Arbeitskräften (4) und (5) zugeordnet werden. Zwar erreicht Arbeitskraft (4) am Arbeitsplatz (5) einen absolut größeren persönlichen Nutzen als Arbeitskraft (5), aber es wäre demgegenüber die Arbeitskraft (5) am Arbeitsplatz (1) relativ weiter vom jetzt noch möglichen individuellen Maximalnutzen (78) entfernt. Deshalb bekommt Arbeitskraft (5) den Arbeitsplatz (5) und Arbeitskraft (4) den Arbeitsplatz (1). Der Gesamtnutzen nach Berücksichtigung von Spezialbegabungen beträgt: 89 + 108 + 144 + 123 + 78 = 542 Nutzeneinheiten. Im vorliegenden Beispiel erzielen manche Arbeitskräfte gleich an mehreren Arbeitsplätzen einen höheren Nutzen als die anderen Arbeitskräfte. An bestimmten Arbeitsplätzen erzielen außerdem z. T. dieselben Arbeitskräfte ihren höchsten persönlichen Nutzen. Deshalb stellen weder das Rangordnungsverfahren noch die Berücksichtigung von Spezialbegabungen eine eindeutige Anleitung zur nutzenmaximalen qualitativ-räumlichen Verteilung des IPB dar. Zwar wird der Gesamtnutzen durch die Berücksichtigung von Spezialbegabungen erhöht, nicht aber führt dieses Verfahren zu einer optimalen Verteilung, was sich bei der Zuordnung der Arbeitskräfte (4) und (5) zu den Plätzen (1) und (5) zeigt. Die Nutzenrelationen der Arbeitskräfte untereinander werden dabei nicht vollständig berücksichtigt [168, S. 2101], Dieser Mangel kann mit einem qualitativ-räumlichen Verteilungsverfahren behoben werden, das unter der Bezeichnung „Ungarische Methode" bekannt geworden ist 79 . Ohne auf die mathematische Begründung dieses Verfahrens näher ein79

Hierbei handelt es sich um einen Transport-Algorithmus, benannt nach den ungarischen Mathematikern König und Egerväry, vgl. [263, S. 220 ff.]; weitere Methoden zur optimalen Verteilung sind z. B. die Potentialmethode, das Branch-and-Bound-Verfahren und das Simplexverfahren; vgl. [168, S. 2105 f.].

IV. Strukturgestaltung

298

gehen zu können [516, S. 3 8 0 f f . ; 153, S. 2 6 0 f f . ; 5 2 8 , S. 83ff.] soll im folgenden kurz das Lösungsschema der Ungarischen Methode für obiges Beispiel skizziert werden [534, S. 4 7 8 ff.]. Zuerst wird das größte Element ejj der Ausgangsmatrix Mo gesucht (e^ max. = e 4 3 = 156). Hiervon werden alle übrigen Nutzenkoeffizienten (e,,) subtrahiert, wonach sich die Matrix Mi ergibt:

Arbeitsplätze j = 1—m Arbeitskräfte

1

2

3

4

5

i = 1—n 1

84

61

71

33

51

2

96

48

119

132

112

3

144

133

12

120

120

4

67

71

0

36

59

5

87

73

76

80

78

v*(Spaltenminimum)

67

48

0

33

51

(Nutzenvergleichsmatrix M i , (individuell-absolut))

Je geringer diese Differenz (vj) des Nutzenkoeffizienten einer Arbeitskraft an den einzelnen Arbeitsplätzen ausfällt, desto größer sei ihr Nutzen für den jeweiligen Arbeitsplatz. Um nun auch die Nutzendifferenzen der Arbeitskräfte untereinander zu berücksichtigen, wird der kleinste Nutzenkoeffizient (vj*) je Spalte (Arbeitsplatz) von den übrigen Nutzenkoeffizienten subtrahiert, so daß schließlich jede Spalte mindestens ein Null-Element enthält. Es ergibt sich die Matrix M2. Je geringer diese Differenz (u,) für eine Arbeitskraft ausfällt, desto größer ist der Nutzen der jeweiligen Arbeitskraft im Vergleich zu den anderen Arbeitskräften am betrachteten Arbeitsplatz. Die mathematische Lösung dieses Optimierungsproblems wäre erreicht, wenn die niedrigste Anzahl von Vektoren (Spalten, Zeilen), mit der alle Null-Elemente der Matrix M 2 erfaßt werden, gleich der Anzahl der Arbeitsplätze (bzw. Personen) ist. In Matrix M 2 ist die niedrigste Anzahl solcher Vektoren = 3, die Anzahl der Arbeitsplätze jedoch = (5). Deshalb wird die Matrix M 2 in die Matrix M3 übergeführt, indem die jeweils kleinste Differenz (uj*) von den Differenzen der übrigen Arbeitskräfte (je Spalte) subtrahiert wird. Zwar weist die danach entstehende Matrix M3 in jeder Spalte und Zeile mindestens ein Null-

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

299

Element auf, eine optimale Verteilung ist aber immer noch nicht eindeutig möglich, da in manchen Zeilen und Spalten mehr als ein Null-Element auftaucht.

j = 1—m 1

2

4

3

5

i = 1—n

1

••••lV

1:3

fl

2

if

b

3

¿5

4 5

0

0

11*9

99

61

?3

b

75

57

b

23

b

b

:

5

5(5

:

3* 27

8 7

(Matrix M 3 )

Um zu erreichen, daß die kleinste Anzahl der Vektoren, die sämtliche NullElemente erfaßt, gleich der Anzahl der Arbeitsplätze wird, muß von jetzt an stets das kleinste Element der Matrix gesucht werden, das noch keinem „Null-Vektor" angehört (ejp; dieses wird von denjenigen Elementen subtrahiert, die noch nicht Bestandteil eines „Null-Vektors" sind. Außerdem wird das Element (e$ zu denjenigen Elementen addiert, die im Schnittpunkt der bis dahin gefundenen NullVektoren liegen. Im vorliegenden Beispiel ist das Element e,| = e44 = 3. Bereits nach einmaliger Anwendung der soeben beschriebenen Operation wird im vorliegenden Beispiel die Matrix M4 gefunden, die der Bedingung des mathematischen Optimums entspricht (fünf Null-Vektoren, fünf Arbeitsplätze).

300

IV. Strukturgestaltung

— ^

j = 1—m 1

2

3

5

4

i = 1—n 1

—io

2

b

3

-1:6

7l4 —

:

o

0

b

119

9:6

58

¿5

iz

0

72

54

4

b

h

0

b

5

5

b

56

¿4

4

's

(Matrix M 4 )

Die Arbeitskräfte werden nun entsprechend den Null-Elementen auf die Arbeitsplätze verteilt. In den Null-Elementen drückt sich eine Optimierung des absoluten und des relativen Nutzens der einzelnen Arbeitskräfte aus. Eindeutig einander zugeordnet werden können sofort die Arbeitskraft (2) und der Arbeitsplatz (2). Die Arbeitskraft (5) weist nur am Arbeitsplatz (1) einen Nullwert auf und wird deshalb diesem zugeordnet. Entsprechend muß die Arbeitskraft (3) dem Arbeitsplatz (3) zugeordnet werden. Dann bleibt als einziges Null-Element für die Arbeitskraft (4) jedoch nur noch die Zuordnung zu Arbeitsplatz (4) und für die Arbeitskraft (1) die Zuordnung zu Arbeitsplatz (5). Der Gesamtnutzen nach Berücksichtigung sowohl absoluter als auch relativer Eignungen beträgt: 105 + 108 + 144 + 120 + 69 = 5 4 6 Nutzeneinheiten. Bei umfangreicheren Matrizen müssen die zutreffenden Null-Elemente mit Hilfe eines mathematischen Lösungsalgorithmus bestimmt werden. In das Modell der Ungarischen Methode gehen verschiedene Prämissen ein, die seine praktische Anwendung z. T . erheblich erschweren: — Der qualitative IPB muß im Hinblick auf den jeweiligen Arbeitsplatz (Anforderungen) zwar ungleich sein, aber doch wiederum insgesamt so homogen, daß Verteilungsalternativen im betrachteten Arbeitsbereich überhaupt denkbar sind. — Die Arbeitskräfte müssen sich hinsichtlich ihres Nutzens für alternative Arbeitsplätze deutlich unterscheiden, damit nicht alle Zuordnungsalternativen zum gleichen Gesamtnutzen führen. — Das Rechnen mit Nutzenwerten setzt voraus, daß individuelle Nutzenbeiträge quantifiziert, kardinal gemessen und bewertet werden können. Dabei stellt sich die Frage, was als Nutzen betrachtet wird. In Frage kommen z. B. Beiträge zur Ertragssteigerung (Erlös, Menge, Qualität), zur Aufwandssenkung (Kosten, Zeit, Materialausnutzung), zur Gruppenkooperation (z. B. Führungsleistungen)

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

301

oder zur Zufriedenheit (bestimmte menschliche Eigenschaften). Kombinationen solcher Nutzenkriterien zu einem Nutzenwert würden neben der Gleichnamigkeit verlangen, daß ein Teil der Nutzenelemente transformiert wird, damit entweder ein reines Minimierungs- oder ein reines Maximierungsmodell gebildet werden kann 80 . — Das Modell arbeitet mit deterministischen Daten obwohl in der Praxis nicht tatsächliche Nutzenwerte, sondern bestenfalls Nutzenerwartungen herangezogen werden können. — Das Modell hat statischen Charakter 81 . Zukünftige Veränderungen in der Nutzenbestimmung sowie in den Nutzenbeiträgen (bedingt z. B. durch Fortbildung und Anforderungsänderung) werden nicht berücksichtigt [294, S. 204 ff.]. — Gruppendynamische Aspekte, die sich auf die Leistung der Arbeitskräfte auswirken können, bleiben unbeachtet. Darüber hinaus sagt die Eignung, soweit sie nur als Aufwands- oder Ertragswert interpretiert wird, nicht viel darüber aus, in welchem Ausmaß ein Mitarbeiter nach Fähigkeiten, Begabungen, Motiven und Einstellungen tatsächlich seine Erfüllung im jeweiligen Arbeitsinhalt und unter den speziellen Arbeitsbedingungen finden wird. Zahlreiche verhaltenswissenschaftlichen Determinanten der Arbeitsleistung werden vernachlässigt [534, S. 483] und die subjektiven Grenzen der Mobilitätsbereitschaft zu wenig berücksichtigt [283, S. 165 ff.]. Damit erinnert dieses Modell, obgleich als Denkansatz zur qualitativ-räumlichen Verteilung geeignet, sehr an die mechanistischen Vorstellungen des sog. „Scientific Management". •

Eignungsgradverfahren Primäres Ziel des Personaleinsatzes nach dem Eignungsgrad ist es, insgesamt ein Maximum an Übereinstimmung zwischen Anforderungen und Fähigkeiten zu erreichen. Während beim Nutzenwertverfahren — wenngleich nicht theoretisch zwangsläufig, so doch praktisch ausnahmslos - direkt nach dem ökonomischen Nutzen einer Personalverteilung gefragt wird, bieten sich mit der Betrachtung des Eignungsgrades zusätzlich eignungsdiagnostische und allgemein verhaltenswissenschaftliche Zielgrößen an. Das Schwergewicht der Betrachtung verschiebt sich dabei vom (ökonomischen) Zweck des Personaleinsatzes auf die (psychologischen) Mittel, mit der Folge, daß die Erhöhung des Eignungsgrades (ursprünglich Mittel) an sich schon als Zweck erörtert werden kann (Arbeitszufriedenheit, Selbstverwirklichung). Maximiert wird der Eignungsgrad, indem die Summe der absoluten Differenzen zwischen Anforderungen und Fähigkeiten (ev. auch Motiven, sonstigen Persönlichkeitsmerkmalen) minimiert wird [621, S. 124], 80

81

In der Bestimmung von Nutzenwerten liegt wohl das größte Problem; vgl. [502, S. 2 6 ; 8 9 3 , S. 65ff., 7 6 f f . ; 2 0 1 , S. 6 5 ; 196, S. 8 f . ; 195, S. 315], Eine Dynamisierung kann sich z. B. ergeben, wenn die Personaleinsatzplanung mit der Investitionsplanung verbunden wird; vgl. [500, S. 169 ff.].

IV. Strukturgestaltung

302

(1)

2 ¡=i

2 • dü • Zu —» min! j=i

wobei gilt: d;j = | Ajj — Bjj | (absolute Distanz zwischen den Summen der Anforderungen Aj und Qualitäten B, der Arbeitsplatzbewerber (i) an den Arbeitsplätzen (j)) Zjj = Zuordnung der Arbeitskraft i zum Arbeitsplatz j. Wie beim linearen Modell des Nutzenwertverfahrens sei m n 2 • z^ = 1 und 2 • Zjj = 1 j=i

1=1

(Jede Arbeitskraft nimmt genau einen Arbeitsplatz ein). Voraussetzungen zur rechnerischen Lösung des Minimierungsproblems sind u. a.: — IPB und SPB müssen qualitativ genau determiniert sein — die Anforderung Aj müssen quantifiziert, bewertet und gemessen werden können — die Arbeitskräftequalitäten Bj müssen quantifiziert, bewertet und gemessen werden können — die Bewertung der Anforderungen Aj und Qualitäten B; muß mit dem gleichen Maßstab erfolgen [168, S. 2 1 0 5 ] — die Anforderung Aj und Qualitäten Bj müssen einander eindeutig zuzuordnen sein, so daß möglichst eine Qualität stets nur mit einer Anforderung korrespondiert 82 . Wie man leicht sieht, lassen sich diese Voraussetzungen im strengen Sinne kaum erfüllen. Dennoch eignet sich das mathematische Modell als Denkansatz für qualitativ-räumliche Einsatzentscheidungen. In seiner ursprünglichen Fassung konzentrierte sich das Eignungsgradproblem weniger auf artmäßige als auf graduelle Unterschiede zwischen pauschalierten Anforderungen und Fähigkeiten im Unternehmen. Es wurde dabei nicht analytisch nach Anforderungs- und Fähigkeitsarien unterschieden, sondern summarisch das Fähigkeitsw'miH der Arbeitskräfte mit dem AnforderungswmJtt der Arbeitsplätze verglichen (quantitativer Vergleich) [336, S. 109f.]. Auf das Gesamtunternehmen bezogen kann ein solcher Vergleich z. B. wie in Darst. (130) ausfallen 83 . 82

Hier liegt das gleiche Problem vor, wie bei der Umwandlung von Anforderungsprofilen in Soll-Fähigkeitsprofile (vgl. S. 2 5 0 f . ) . Ein Lösungsansatz besteht darin, die Qualitäten der Mitarbeiter sogleich in bestimmten Anforderungsmerkmalen auszudrücken und mittels psychologischer Tests zu bestimmen, vgl. [201, S. 64 ff.].

83

[392, S. 167ff.]; die meisten Darstellungen solcher Kurvenverläufe setzen eine unternehmensspezifische Aufgabenstruktur voraus (z. B. sehr viele einfachste Arbeitsplätze) und unterstellen, daß es eine relativ hohe Anzahl Mitarbeiter mit einem niedrigen Fähigkeitsniveau gibt.

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

80

100

120

140

303

160

180 200 % Niveau (Anforderungen bzw. Fähigkeiten)

Darst. 1 3 0 : Beispiel einer Verteilung von Anforderungen und Fähigkeiten (ohne räumliche Zuordnung; Zahlen in Klammern = Arbeitsplätze)

Dort wird freilich lediglich eine Aussage über die mengenmäßigen Anteile der Arbeitsplätze und Arbeitskräfte mit einem bestimmten Anforderungs- bzw. Fähigkeitsniveau gemacht. Nichts ist damit über die tatsächliche Zuordnung und somit über die wirkliche Eignungssituation im betreffenden Unternehmen gesagt. Hierzu müßte man den Eignungsgrad bei jeder konkreten Arbeitsplatzbesetzung erfassen und messen. Definiert man den Eignungsgrad zu diesem Zweck als Quotienten Fähigkeitsniveau Bi dn = ——-—: : = ——- , so kann sich z. B. eine Eignungssituation als Anforderungsniveau Aj* Folge des qualitativ-räumlichen Personaleinsatzes in einem Unternehmen wie in Darst. (131) ergeben.

Darst. 1 3 1 : Beispiel einer Verteilung von Eignungsgraden

304

IV. Strukturgestaltung

Im vorliegenden Beispiel wird zum Ausdruck gebracht, daß weitaus die meisten Arbeitskräfte für ihre augenblickliche Tätigkeit überqualifiziert sind (ca. 71%), wobei freilich nicht ersichtlich ist, für welche Arten von Arbeitsplätzen und Mitarbeiter dies in besonderem Maße zutrifft. Im Rahmen der kurzfristigen Personaleinsatzplanung kann hier Abhilfe nur in Form einer Anpassung der Fähigkeiten an die Anforderungen durch räumliche Umverteilungen geschaffen werden. Langfristig hingegen wäre zu fragen, ob nicht — insbesondere angesichts eines expansiven Berufsbildungswesens — die Anforderungsniveaus durch Maßnahmen der Arbeitsgestaltung den Fähigkeitsniveaus angeglichen werden sollten (Eignung des Arbeitsplatzes für die Arbeitskraft, statt umgekehrt. Eben diese Perspektive wird jedoch verstellt, wenn man die Distanz dj, zwischen der Anforderung Aj und den Qualitäten der Mitarbeiter Bi (Fähigkeiten, Motive, Einstellungen) am Arbeitsplatz (j) kurzerhand als Maß für die personelle Leistungsfähigkeit oder Wirksamkeit (und nicht für die Ubereinstimmung zwischen Aj, und Bjj) interpretiert [650, S. 490; 168, S. 2104], Dies ist schon deshalb bedenklich, weil es keinen linearen Zusammenhang zwischen Eignungsgrad und Leistungsfähigkeit gibt [534, S. 483]. Vor allem aber tendiert dieser Ansatz dazu, das Verhältnis von Arbeitszufriedenheit und Leistung zu simplifizieren (Eignung =Z> Zufriedenheit Leistung)84 oder gar die Arbeitszufriedenheit als mögliches Kriterium der kurzfristigen Personaleinsatzplanung in den Hintergrund zu drängen. Es käme dann nämlich nicht mehr darauf an, die qualitativen Distanzen zwischen Aj und B; an einem Arbeitsplatz im Sinne von Zufriedenheit und Selbstverwirklichung zu minimieren, sondern nur darauf, die Arbeitsplätze nach der erwarteten maximalen Leistungskraft zu besetzen (vgl. praktische Anwendung des Nutzenwertverfahrens). So gesehen stellt es keine befriedigende Lösung dar, wenn nach der Umverteilung der Arbeitskräfte die Summe aller (positiven) Distanzen zwischen Fähigkeiten und Anforderungen maximiert wird [650, S. 490], denn damit wäre lediglich ein Gesamtmaximum an Uberqualifikation erreicht, was im übrigen in seiner langfristigen Leistungswirksamkeit nicht unbedingt positiv einzuschätzen ist. In der Folge müßten langfristige Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden, die den Gestaltungsspielraum der kurzfristigen Personaleinsatzplanung weit übersteigen. An zwei Beispielen soll nun das Prinzip des Eignungsgradverfahrens erläutert werden. Zunächst wird ein summarisches Verfahren dargestellt, das mit einer Nominalskala arbeitet. Hierbei versucht man, analog zur summarischen Arbeitsbewertung einen Gesamteindruck über Art und Schwierigkeit jedes Arbeitsplatzes sowie über die Qualitäten aller Arbeitskräfte zu erlangen. Bei der Zuordnung kann man sodann schrittweise vorgehen: Zuerst werden die von den Anforderungen her ähnlichen Arbeitsplätze [168, S. 2105] in Arbeitsplatzgruppen zusammengefaßt, die sich häufig schon aus dem Organisations- und Stellenplan ergeben (z. B. pro Werkstatt, Band, Abteilung, 84

Vgl. S. 126 ff. und S. 197 ff.

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

305

Bereich). Die einzelnen Arbeitsplätze jeder Gruppe werden mit ihren typischen Eigenarten kurz beschrieben und evtl. auch nach Schwierigkeitsgraden unterteilt 85 . Entsprechend den qualitativ relativ homogenen Arbeitsplatzgruppen werden Arbeitskräftegruppen gebildet, die in sich jeweils eine einigermaßen gleichartige Struktur der Fähigkeiten und Neigungen aufweisen. Diese Grobgliederung ist notwendig, da z. B. Buchhalter wegen der Unvergleichlichkeit der Anforderungs- und Fähigkeitsmerkmale kurzfristig nicht zur Verteilung im Werkstattbereich zur Verfügung stehen. Die Arbeitskräftegruppen müssen also mit den Arbeitsplatzgruppen bezüglich qualitativer Merkmale hinreichend korrespondieren. Das Personaleinsatzproblem im engeren Sinne besteht nun darin, die (immer noch unterschiedlichen) Arbeitskräfte einer Gruppe auf die entsprechende Arbeitsplatzgruppe (Arbeitsbereich) so zu verteilen, daß ein Gesamtmaximum an Übereinstimmung von Arbeitsplatz und Arbeitskraft erreicht wird 86 . Zu diesem Zweck werden die einzelnen Arbeitskräfte mit jedem Arbeitsplatz ihres möglichen Arbeitsbereiches verglichen und mittels einer Nominalskala nach ihrer Eignung eingestuft. Darst. (132) zeigt ein solches Einstufungsbeispiel [352, S. 157]. Auch hier kann es, wie beim Nutzenwertverfahren, aufgrund von Mehrfacheignungen verschiedene Lösungsmöglichkeiten des Einsatzproblems geben. Solange

Nv

Arbeitsplatze

t* V tn

U. Qiug

eCO *4J w U S T9 'C 53 •g V «j -c 3

l-l 4u -A » C

-C o u ,0 53 a

s Jt (J t/ 1

Dalimeier, M .

+

©

-

-

+

/

— wenig geeignet

Ganzler, O.

/

+

©

-



/ mit Einschrän-

-

/

©

/

/

/

• gut geeignet

Arbeits-

n.

kräfte

Schulte, F.

-

J3 i) (b =

Arbeitskräfte i (i =

1,2,3,4)

l,2,...,s) 1

2

3

4

1 = Führungseigenschaften

34

34

38

36

2 = Initiative

40

30

35

31

3 = Selbstsicherheit

37

36

25

38

4 = Entscheidungsfreude

25

27

26

17

B j = 136

B 2 = 127

B 3 = 124

B 4 = 122

4

Bi=

2bsi

S=1

Darst. 1 3 3 : Anforderungsprofile und Fähigkeitsprofile im Produktmanagement (Beispiel) 88

88

Die Anforderungswerte sind keine Minimalwerte, können also unterschritten werden. Hier wurde das Problem der Kompatibilität zwischen Anforderungen und Fähigkeiten dadurch gelöst, daß die Anforderungen der Arbeitsplätze in Persönlichkeitsmerkmale „übersetzt" wurden. Es handelt sich insofern um ein Soll-Fähigkeitsprofil, dem das IstFähigkeitsprofil gegenübergestellt wird (die Merkmale erfahren keine Gewichtung ihrer Bedeutung).

IV. Strukturgestaltung

308

Im Unterschied zur Formel (1) (S. 302) gilt hier: di! = | asij — bsjj| Absolute Distanz zwischen den einzelnen Anforderungsmerkmalen (asj) und Fähigkeitsmerkmalen (bsj) am Arbeitsplatz j ; (das (*) Zeichen weist auf einen analytischen Ansatz hin, => Komponentenvergleich) Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl

der der der der

Anforderungsmerkmale (a) = s = (1, 2, 3, 4) Fähigkeitsmerkmale (b) = s = (1, 2, 3, 4) Arbeitskräfte I = (i) = (1, 2, 3, 4) Arbeitsplätze J = (j) = (1, 2, 3, 4)

Die gesamte Distanz djj zwischen zwei 4-dimensionalen Profilen Aj und Bj ist: 2 dit = dij = [ s 2

(asj — bsi)2 J

Es müssen (i • j) Profildistanzen

2

errechnet werden (Darst. 134).

Arbeitsplätze (J) 1

2

4

3

Arbeitskräfte (I) 1

7,35

2,45

5,00

O

9,22

7,48

11,66

12,92

13,67

2

Q

3

8,83

ö

4

9,17

11,05

©

10,25

Darst. 1 3 4 : Zuordnungsmatrix auf der Basis von Eignungsdistanzen

Durch Probieren kann man feststellen, daß die hier mit Kreisen kenntlich gemachten Zuordnungen zu einem Gesamtminimum der Eignungsdistanzen führen: 4,12 + 5,92 + 9,17 + 9,00 = 28,21. Bei umfangreicheren Matrizen müssen Verfahren wie die bereits dargestellte Ungarische Methode Anwendung finden. Eine besondere Schwierigkeit liegt freilich in der Bestimmung, Quantifizierung und kardinalen Messung von Anforderungsund Fähigkeitsmerkmalen. Dies wird um so schwieriger, je mehr verhaltenswissenschaftliche oder gar moralisch-ethische Aspekte in die Profile aufgenommen werden sollen. Eventuell muß an eine Gewichtung der Merkmale gedacht werden, z. B.

2.2 Personaleinsatz: Räumliche und zeitliche Gestaltung der Personalstruktur

309

nach ihrer jeweiligen Bedeutung für Leistung und Zufriedenheit. Auch könnte man für bestimmte Merkmale Maximaldistanzen festlegen, die in keinem Zuordnungsfalle überschritten werden dürfen.

2.2.3 Quantitativ-zeitliche Verteilung des Ist-Personalbestandes Die Mitarbeiter eines Unternehmens haben i. d. R. einen gesetzlich oder tarifvertraglich gesicherten Anspruch auf eine bestimmte Dauer und Lage der täglichen (wöchentlichen, monatlichen) Arbeitszeit. Andererseits jedoch ist der quantitative und zeitliche Personalbedarf an den einzelnen Arbeitsplätzen eines Arbeitsbereichs (Abteilung) durch kurzfristig unveränderliche Daten gekennzeichnet wie z. B. unterschiedliche Arbeitsspitzenbelastungen im Tagesablauf oder Notwendigkeit von Feiertags- und Nachtarbeit. Dadurch können sich quantitativ-zeitliche Abstimmungsschwierigkeiten zwischen IPB (Kopfzahlen) und SPB (Zeiteinheiten) ergeben. Die arbeitszeitlichen Restriktionen des IPB verhindern dessen jederzeitig nahtlose Anpassung an die Vorgegebenheiten des quantitativ-zeitlichen Personalbedarfs auch dann, wenn letzterer für einen längeren Zeitraum (z. B. ein Jahr) determiniert und im Durchschnitt konstant ist. Das Personaleinsatzproblem besteht dann darin, die kurzfristigen Differenzen zwischen IPB und SPB durch optimale Schichtbesetzungspläne zu minimieren oder durch optimale Schichtwechselpläne mittelfristig auszugleichen. Das Problem der optimalen Schichtbesetzung kann auch als Spezialfall der Personalbedarfsplanung interpretiert werden [294, S. 200]. Es geht dabei letztlich darum, einen in Zeiteinheiten (z. B. Stunden) ausgedrückten SPB unter Berücksichtigung der begrenzten zeitlichen Aufteilbarkeit von Arbeitskräften (tarifliche, gesetzliche und persönliche Gründe) umzuformulieren in Kopfzahlen für einen bestimmten Zeitraum, wonach sich i. d. R. ein etwas höherer SPB ergibt. Da aber die Bestimmung des SPB zuvor im wesentlichen schon abgeschlossen sein muß und die verbleibenden Soll-Ist-Abweichungen z. T. auch durch zeitliche Umverteilung des Personals auf die verschiedenen Schichten beseitigt werden könnten, wird die Schichtbesetzung hier als Problem des Personaleinsatzes behandelt [621, S. 124ff.; 845, S. 156]. Die optimale Schichtbesetzung stellt ein Minimierungsproblem dar [264, S. 46f.]: n

Z = 2

ds • x s —» min!

s= 1

wobei gilt: ds = Dauer der s-ten Schicht (s = 1, 2, . . ., n) x s = Anzahl der Arbeitskräfte in der s-ten Schicht beginnend Ein einfaches Beispiel möge die Vorgehensweise veranschaulichen [294, S. 2 0 1 f.; 352, S. 155]: Die Schichtzeit aller Arbeitskräfte sei vertraglich auf acht Stunden fixiert (ds = 8 für alle s). Es darf ab O00 Uhr alle vier Stunden eine neue Schicht

IV. Strukturgestaltung

310

beginnen. Der SPB wurde (im Vier-Stunden-Rhythmus) bereits in Kopfzahlen berechnet. Die Frage lautet, wie stark die einzelnen Schichten besetzt sein müssen, um insgesamt den Personaleinsatz zwischen 0 und 2 4 Uhr zu minimieren. Der gesamte IPB beträgt 4 8 (qualitativ gleichartige) Arbeitskräfte, von denen jede ihre Schicht jederzeit beginnen kann (Darst. 135).

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s

10

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(interne/ D© externe) 'S

manifester

schaffungs-

Beschaffungs-

bedarf (mit-

bedarf (unmittelbare

munikation^

Kommunikation)

Publ. Relations Führungsimage Produktimage -Kontakt zu Ausbildungsinstitutionen

persönlich] z. B .

Bindungs-

-Anlernkurse

dauer

-Betreuer

Vollmachten

telbare K o m z. B.

z. B .

z. B.

latenter Be-

unpersönlich | z. B.

Anwerbung

-Stellenanzeigen

von Einzel-

Reaktion auf

personen

Stellengesuche

K o n t a k t mit Hochschulabsolventen Seminare

Wirksamkeitskriterien

z. B. -vertrauenerweckend -bedürfnisgerecht -situationsgerecht

z. B . Informationsmedium Layout Sri! Plazierung Insertionshäufigkeit offene/verdeckte Beurteilung (b. Einstellung)

-Stellenbeschreibung -Anforderungs beschreibung -Berufsbezeichnung -Testaufgaben (b. Einstellung) Beurteilungskriterien (b. Einstellung)

Darst. 1 5 7 : Arten und Wirksamkeitskriterien der Personalbeschaffungsinstrumente

Schließlich unterliegt die Wahl der Beschaffungsinstrumente auch gewissen Begrenzungsfaktoren wie z. B. gesetzlichen Vorschriften und finanziellen Limitierungen. Auf den gesetzlichen Aspekt wird zum Abschluß dieses Kapitels näher eingegangen. Finanziell betrachtet kann der Einsatz bestimmter Beschaffungsinstrumente wie z. B. Anzeigenwerbung oder aufwendige Ausleseverfahren am Beschaffungsbudget bzw. an einer schlechten Kosten-Nutzen-Relation scheitern.

2.4 Personalbeschaffung

Arbeitsmarkt

Art und Einsatz der Beschaffungsinstrumente

entspannt

\

363

\ gespannt

Art (z. B.)

räumliche Ausdehnung der Suche (tendenziell)

kaum eigene Kontaktinitiative; Auswertung von Stellengesuchen; Betonung der Einstellungsinstrumente

eng

staatliche Beschaffungsmittler und Beschaffungshelfer; Public Relations Anzeigenwerbung; private Beschaffungsmittler; Informationsveranstaltungen gezielte Kontaktaufnahme mit ausgewählten Personen (z. B. bei der Konkurrenz)

\

\ weit

Darst. 158: Beschaffungsinstrumente und Anwendungsräume in Abhängigkeit von der Arbeitsmarktlage [607, S. 251]

Die Wirksamkeit (ökonomische Effektivität) der Beschaffungsinstrumente wird vornehmlich unter den Gesichtspunkten der Akquisition (Anziehungskraft) und Selektion (sachliche Vorauslese) beurteilt [1006, S. 1695 ff.]. Bei der mittelbaren Kommunikation hat der Akquisitionseffekt, bei den Instrumenten der Einstellung der Selektionseffekt die größere Bedeutung. Die übrigen Beschaffungsinstrumente lassen kaum eine solche Schwerpunktbildung zu. Beide Effekte beruhen auf inhaltlichen und formalen Merkmalen des jeweiligen Instrumentes, die sich nach dem Beschaffungsbedarf (qualitativ, quantitativ, zeitlich, räumlich), den Arbeitsmarktmerkmalen (z. B. des Angebots) und den bereits erwähnten Begrenzungsfaktoren richten. Bei der Gestaltung der Merkmale müssen vor allem gewisse Grundtatbestände der Kommunikationstheorie Beachtung finden [25, S. 204ff.]. Auf Einzelheiten kann in diesem Rahmen nicht eingegangen werden. Stattdessen sei auf die umfangreiche Literatur zur wirksamen Gestaltung der Beschaffungsinstrumente verwiesen [716, 434, 894, 857, 669].

364

IV. Strukturgestaltung

2.4.2.2 Ausgewählte Instrumente der Kontaktaufnahme Aus der Fülle der sich in der Praxis bietenden Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit potentiellen Mitarbeitern seien im folgenden nur die gebräuchlichsten kurz skizziert. Sie können z. T. auch gleichzeitig angewendet werden, wobei eventuell gegenseitige Ausstrahlungseffekte negativer und positiver Art beachtet werden müssen (opt. Kontaktmix). •

Direkte Kontaktaufnahme

bei manifestem und latentem

Beschaffungsbedarf

Für die hierzu gehörenden Unterfälle haben sich die Sammelbezeichnungen „Personalwerbung" bzw. „Public Relations" eingebürgert. Das Hauptziel der Personalwerbung (Darst. 159) besteht in der „Werbung um beurteilungsfähige Bewerbungen geeigneter Bewerber", Nebenziele sind u. a. die Gewinnung gewisser Arbeitsmarktinformationen, die Imagepflege oder lediglich eine Legitimation bereits getroffener Besetzungsentscheidungen [1006, S. 1689f.]. Von besonderer Bedeutung innerhalb der Personalwerbung sind die Stellenanzeige und die persönliche Kontaktaufnahme mit geeignet erscheinenden Personen.

Darst. 1 5 9 : Elemente der Personalwerbung (435, S. 13)

2.4 Personalbeschaffung

365

(a) Stellenanzeige Da die Stellenanzeige als Werbeinstrument für nahezu alle Arten von Mitarbeitern geeignet ist, hat sie zumindest in quantitativer Hinsicht die größte Bedeutung für eine systematische Personalbeschaffung. Voraussetzung für die Wirksamkeit dieses Instrumentes ist eine genaue Analyse der jeweiligen Zielgruppe (Gewohnheiten, Persönlichkeits- und Statusmerkmale, Bedürfnisse etc.), in der geeignete Bewerber vermutet werden. Danach erst können rationale Entscheidungen über inhaltliche und formale Fragen der Stellenanzeige getroffen werden 118 . Wenngleich der Inhalt einer Stellenanzeige in Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall gestaltet werden muß, läßt sich doch verallgemeinernd sagen, daß die Bewerber Informationen in folgenden Punkten erwarten [1006, S. 1694; 227, S. 23; 872, S. 41 ff.]: — Unternehmen (Branche, Programm, Größe, Standort, Politik etc.) — Position (Aufgabenbeschreibung, Kompetenzen, organisatorische Einordnung, Entwicklungsmöglichkeiten, soziales Umfeld, „Klima" etc.) — Anforderungen (Tätigkeitsmerkmale, Fähigkeiten und Erfahrungen, Einstellungen, Persönlichkeitsmerkmale, soziomorphologische Merkmale etc.) — Leistungsangebot (Dotierung und Sonderleistungen, Vertragsdauer, Arbeitszeit, Weiterbildung etc.) — Bewerbungsmodalitäten schriftliche oder telefonische Bewerbung, Bewerbungsfrist, Bewerbungsadresse, Bewerbungsunterlagen, Vertraulichkeit etc.) Wie eine Untersuchung von 7730 Stellenanzeigen (FAZ/Die Welt) ergab, werden viele für den Bewerber wichtige Informationen nicht immer dargeboten (Darst. 160). Jede einzelne Information muß auf die besonderen Gegebenheiten des Empfängers abgestellt sein, d. h. es müssen Faktoren wie sozialer Status, Ausbildungsniveau, individuelle Nutzenbewertung (vgl. Erwartung-Valenz-Modell), gegenwärtige berufliche Situation etc. berücksichtigt werden. Formale Gesichtspunkte der Stellenanzeige betreffen vornehmlich die äußerliche Gestaltung, die Häufigkeit, die Träger und die Zeitpunkte des Inserats. Abgesehen von Merkmalen wie Sprache, Format, Schlagzeile etc. 119 geht es bei der Gestaltung auch darum, ob die Anzeige anonym (Chiffre-Anzeige) oder offen aufgegeben werden soll [805, S. 10 ff.] und ob bzw. wann einer Sammelanzeige der Vorzug gegenüber einer Einzelanzeige gegeben werden soll (z. B. Kosten, Akquisitionseffekt [270, S. 2], 118 119

Vgl. hierzu z. B. die „AIDA-Formel" und die GIULIO-Formel" [435, S. 22 f.], Vgl. Lit. S. 363.

366

IV. Strukturgestaltung

Informationsinhalte

0/ /o Nichtberücksichtigung

Geschlecht

82,2

Alter

71,8

Laufbahn und Aufstiegsmöglichkeiten

65,9

Unternehmensgröße

64,6

besondere Kenntnisse

62,7

Persönlichkeitsmerkmale (Eigenschaften)

44,2

Berufeerfahrung

39,9

Ausbildungsniveau

24,3

betriebliche Position

22,8

Ausbildungsfachrichtung

22,7

Wirtschaftszweig

11,6

Tätigkeitsbereich

4,5

Darst. 160: Prozentanteile der nichtberücksichtigten Informationsinhalte in (n) = 7.730 Stellenanzeigen [150, S. 83, 91 Zit. b. 25, S. 216f.]

Ein weiteres Schwerpunktproblem stellt die Wahl des Werbeträgers dar (MediaSelektion). Vorentscheidend wirken dabei die erwarteten bzw. geforderten Lesegewohnheiten der Zielgruppe (z. B. Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Fachzeitschriften, Magazine etc.). Die Wichtigkeit der Position, die Arbeitsmarktlage, die Attraktivität der Stelle, die Menge des Bedarfs u. a. m. sind Kriterien dafür, welche Reichweite der Werbeträger haben muß. Neben der Zeitung kommen dabei eventuell auch Radio, Fernsehen, Plakate, Broschüren etc. in Betracht. Generell besteht bei der Stellenanzeige die Gefahr, daß Inhalt und Form zu sehr unter dem akquisitorischen und zu wenig unter dem selektiven Aspekt gestaltet werden. Faszinierende „Aufmachung", vage Anforderungen sowie verlockende Versprechungen und Positionsbezeichnungen führen wohl zu einer großen Anzahl von Bewerbungen, von denen sich aber nicht selten 80—90% bei näherer Hinsicht

2.4 Personalbeschaffung

367

als ungeeignet herausstellen, was zu Enttäuschungen auf beiden Seiten führt. Nachdem ein Bewerber eingestellt ist, hält dann die Stelle häufig nicht das, was sie in der Anzeige versprach. Unzufriedenheit, mühsame Umbesetzungen, berufliche Fehlentwicklungen, Versagerängste, Fluktuation u. a. m. sind bekannte Folgen exzessiver Akquisitionsorientierung. (b) Persönliche

Kontaktaufnahme

Wenn der manifeste Beschaffungsbedarf hinreichend präzise charakterisiert wurde, so läßt sich u. U. die in Frage kommende Zielgruppe so stark eingrenzen, daß man die Personalwerbung in persönlicher Form durchführen kann. In einigen Fällen (vornehmlich bei Leitungspositionen) wird man dann eine ganz bestimmte Person ansprechen. Auf diese Weise vollzieht sich heute manchmal schon die Übernahme eingespielter Teams, die oft nur im ganzen den Arbeitsplatz wechseln wollen und sich dabei weitgehend am informellen Gruppenführer orientieren [463, S. 15 ff.]. Vorteile der gezielten Ansprache liegen darin, daß die Selektionsentscheidung aufgrund direkter Beobachtung und relativ sicherer Beurteilungsergebnisse gefällt werden kann, und daß man sich den Einsatz von Vermittlern und Stellenanzeigen spart. Bei regelmäßiger Anwendung dieses Verfahrens können jedoch Nachteile wie die der subjektiven Auswahl (z. B. nach Sympathie), des „Nepotismus" oder der Bildung von Cliquen überwiegen [277, S. 39 f.]. Liegt noch keine Präferenz für eine bestimmte Person vor, so wird man eine (möglichst homogene) Zielgruppe im ganzen ansprechen. Ein typisches Beispiel hierfür sind Seminare und Informationsveranstaltungen für Personen, die kurz vor dem Ausbildungsabschluß stehen. Insbesondere das sog. „College-recruiting" und die Werbung bei Grundschulen, Berufsschulen, Gymnasien etc. haben sich als Instrumente der Personalbeschaffung bewährt [569, 12—6ff.; 375; 387; 46], Als Auslesekriterium dient dabei neben den Abschlußzeugnissen auch das Ausbildungsprogramm der jeweiligen Bildungsinstitution. In diesem spiegeln sich aber, insbesondere bei Hochschulabsolventen, die konkreten Anforderungen der Praxis zumindest nicht auf den ersten Blick wider. Das erschwert die Einstellungsentscheidung und erfordert eine ständige Auseinandersetzung mit den Ausbildungsinhalten. In den USA ist u. a. auch aus diesem Grund die Präsenz der Unternehmungen in den Hochschulen sehr viel weiter fortgeschritten als in Deutschland [25, S. 184; 877, S. 146], was nicht nur zu einer Erleichterung der Kontaktaufnahme geführt, sondern auch viele gegenseitige Entwicklungsimpulse (z. B. Berufsfeldorientierung des Studiums, Organisationsentwicklung der Unternehmen) hervorgebracht hat. Bei sehr angespannter Arbeitsmarktlage, bei Neugründungen oder auch bei der Vorbereitung von Standortverlagerungen könnten Instrumente wie das „Scouting" [1009, S. 284f.] oder die Einrichtung von „Recruiting Shops" [591, S. 43 f.] Bedeutung erlangen. Dabei geht es in der Regel um die Deckung eines dringenden Massenbedarfs an Arbeitskräften, wobei der persönlichen Ansprache wohl in erster Linie Akquisitionsaufgaben zufallen. Grundsätzlich müssen diese wie die oben erwähnten Instrumente der persönlichen Kontaktaufnahme an strengen Kriterien des Inhalts

368

IV. Strukturgestaltung

und der Form gemessen werden. Gerade die persönliche Kontaktaufnahme liegt bisweilen am Rande des unlauteren Wettbewerbs (Abwerbung), da sie äußerst akquisitionsintensiv gestaltet werden kann. Besonders nachteilig ist es für einen Bewerber, auf die Dauer aber auch für das Unternehmen, wenn die Werbebotschaft keine hinreichenden gegenseitigen Selektionsinformationen enthält. Gelegentlich geht die attraktive, vertrauenserweckende und großzügige Form bloßer „Informationsveranstaltungen" weit über die inhaltliche Substanz des Stellenangebotes hinaus. In den auf diese Weise zustande gekommenen Arbeitsverhältnissen drückt sich nicht nur eine unverantwortliche „Einkäufer-Mentalität", sondern die generelle Hilflosigkeit schlecht informierter Arbeitssuchender aus. Jedes Unternehmen hat in der Regel einen latenten Beschaffungsbedarf, d. h., es weiß zwar noch nicht genau, welche und wieviele Mitarbeiter dereinst vom Arbeitsmarkt beschafft werden müssen, wohl aber, daß dieser Fall irgendwann eintreten wird. Bei der zukünftigen Beschaffungsaktion erweist sich jedoch oft die „Startposition" des Unternehmens am Arbeitsmarkt als erfolgsentscheidend. Dann besitzen Unternehmen einen Beschaffungsvorteil, die sich zuvor regelmäßig durch entsprechende Informationen als Arbeitgeber empfohlen haben. Diesem Zweck dient eine gezielte Public-Relations-Arbeit120 (PR). Das Grundprinzip der PR kann vereinfachend wie folgt gekennzeichnet werden: (1) Festlegung der Zielgruppe (Arbeitnehmer) und Bestimmung der Motivationsstrukturen (Berufserwartungen), (2) Formulierung relevanter Anreize (z. B. Entgelt, Arbeitsbedingungen, Produktionsprogramm, Standort, Führungsstil), (3) Analyse der Übereinstimmung von Soll (Erwartungen) und Ist (Anreize) im Meinungsbild der Zielgruppe (Image-Forschung), (4) Beeinflussung des Meinungsbildes durch gezielte Informationen. Das Ergebnis der Image-Forschung kann als Polaritätsprofil der betreffenden Unternehmung dargestellt werden (Darst. 161). In diesem Beispiel käme es mithin darauf an, durch PR-Aktionen eine positivere Meinung über das Betriebsklima, den Mitarbeiterstamm (Kollegen), die Entgeltmodalitäten u. a. m. hervorzurufen. Dies wird allerdings auf die Dauer nur dann erreichbar sein, wenn die eigenen Mitarbeiter das gute Meinungsbild stützen, denn sie stellen faktisch das wichtigste und nachhaltigste PR-Medium dar [393, S. 13; 63, S. 26 ff.]. PR-Bemühungen können so auch zu einer Quelle ständiger Anstöße zur mitarbeiterorientierten Unternehmensführung werden. Neben den Mitarbeitern dienen als PR-Träger aber z. B. auch Sozialberichte, gute Verbindungen zu den 120

Die Personalbeschaffungsfunktion ist nur ein Aspekt der PR; diese kann sich auch auf die Gewinnung von Käufern, Geldgebern, Lieferanten etc. richten. In den z. T. widersprüchlichen Interessen der angesprochenen Personenkreise liegt eine Schwierigkeit ausgewogener PR. Allgemein zum Problem der PR vgl. [841]. Im Zusammenhang mit Personalbeschaffung vgl. [732, S. 122ff.; 25, S. 2 2 8 ff.; 122, S. 3 2 f . ] .

2.4 Personalbeschaffung

369

1. pedantisch

1. großzügig

2. Man muß ständig ans Geschäft denken

2. man kann nach dem Dienst abschalten

3. konservativ

3. modern

4. einfach

4. vornehm

5. bodenständig

5. international

6. mittelständisch

6. Großunternehmen

7. unpersönliches Betriebsklima

7. persönliches Betriebsklima

8. bürokratisch

8. dynamisch

9. ältere Kollegen

9. junge Kollegen

10. übliche Sozialleistungen

10. besondere Sozialleistungen

11. man muß sich alles selbst beibringen

11. betreibt systematische Ausbildung

12. man muß sich hochdienen

12. Aufstieg nach Leistung

13. treibt die Leute an

13. ruhiges Arbeiten

14. nimmt auch mittelmäßige Leute

14. nimmt nur gute Leute

15. Bezahlung nach Dienstjahren

15. Bezahlung nach Leistung

16. spezialisierte Tätigkeit

16. vielseitige Tätigkeit

17. man ist nur eine Nummer

17. man hat eigene Verantwortung

18. stagnierend

18. expansiv

19. man ist mehr auf sich gestellt

19. Teamwork

20. arrogant

20. bescheiden — - „Der eigene Arbeitgeber" „Die Konkurrenz" • „Der ideale Arbeitgeber"

Darst. 161: Beispiel eines Imagebildes am Arbeitsmarkt [732, S. 131]

370

IV. Strukturgestaltung

Massenmedien, Betriebsbesichtigungen, Stiftungen, umweit- und verbraucherorientierte Produktionspolitik etc. Langfristig sollten bei der PR die Beurteilungskriterien der öffendichkeit nicht vorgegeben, sondern von dieser selbst entwickelt werden. Nur dann läßt sich eventuell auch ein tiefgreifender Wandel gesellschaftlicher Einstellungen zum Unternehmen, ja zur Industrie überhaupt feststellen, insbes. soweit dieser auf einer dauerhaften Veränderung gesellschaftlicher Normen beruht. •

Indirekte

Kontaktaufnahme

Wenn die Kontakte zwischen Arbeitsleistungsangebot und -nachfrage über eine unternehmensexterne Instanz ablaufen, so spricht man von indirekter Kontaktaufnahme. Diese erfolgt durch Beschaffungsmittler oder Beschaffungshelfer [25, S. 190], Beschaffungshelfer treten nur sporadisch und unentgeltlich in Aktion, wodurch sich ihr Definitionsbereich außerordentlich erhöht (z. B. Berufsverbände, Gewerkschaften, Ausbildungsinstitutionen). Beschaffungsmittler dagegen haben ihren Hauptzweck darin, Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt einander zuzuführen. (a) Staatliche

Beschaffungsmittler

Nach § 13 AFG dürfen nur die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit systematisch und umfassend Arbeitsleistungsangebot und -nachfrage erfassen und als Vermittler zwischen beiden Seiten auftreten („Vermittlungsmonopol") [600, S. 21 f.].'Für niedrigere Positionen vollzieht sich diese Vermittlungstätigkeit über die lokalen Arbeitsämter. Da diese auch zuständig für die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung sind, haben sie einen guten Überblick über einen großen Teil der Arbeitssuchenden (Arbeitslose). Geringer muß der Informationsstand staatlicher Arbeitsvermittler hinsichtlich der potentiellen Arbeitsplatzwechsler und vor allem der Inhaber von höheren Positionen eingeschätzt werden. Neuerdings nimmt allerdings die Vermittlungstätigkeit in diesem Kreise zu (Zentralstelle für Arbeitsvermittlung, Büro für Führungskräfte der Wirtschaft). Neben dem im allgemeinen großen Überblick spricht für die staatliche Arbeitsvermittlung auch, daß sie kostenlos erfolgt. Gleichwohl läßt sich beobachten, daß bei entspanntem Arbeitsmarkt insbesondere Großunternehmungen relativ geringen Gebrauch von diesem Kontaktinstrument machen, weil sie damit ihre spezifischen Auslesemuster schlechter durchsetzen können (Uniformierung im Sinne der jeweiligen Unternehmensideologie) . (b) Private

Beschaffungsmittler

In den USA besitzt die staatliche Arbeitsvermittlung keine Sonderrechte gegenüber der privaten Vermittlung. Trotz der relativ hohen Vermittlungsgebühren greifen dort die Unternehmen zumindest bei der Beschaffung von hochqualifizierten Arbeitskräften überwiegend auf private Beschaffungsmittler zurück [1009, S. 280; 641, S. 252], In der BRD dürfen private Stellen bei der Suche und Auswahl von Mitarbeitern lediglich beratend tätig werden. Jedoch ist es „ein offenes Geheimnis",

2.4 Personalbeschaffung

371

daß derartige Personalberater längst auch systematische Such- und Vermittlungsfunktionen übernommen haben, z. T. auf der Grundlage eigener „Vorratskarteien" [62, S. 13]. Die Vorteile der Personalbeschaffung durch Personalberater betreffen zunächst den Selektionseffekt [62, S. 3]. Von Personalberatern wird ein objektives Urteil erwartet, da sie die Bewerberbeurteilung nach wissenschaftlichen Verfahren betreiben, viele Vergleichsmöglichkeiten und Erfahrungen sammeln können und (langfristig) im eigenen Interesse auf einen hohen Eignungsgrad der vermittelten Arbeitskräfte Wert legen müssen. Außerdem sind sie häufig auch bei Begleitproblemen wie z. B. Arbeitsorganisation und Menschenführung sowie bei der Abfassung von Stellenbeschreibungen behilflich. Daneben jedoch dürfte auch der Akquisitionseffekt einen besonderen Vorteil gegenüber staatlicher Vermittlungstätigkeit bieten. Man muß sich hier vor Augen führen, um welche Art von Mitarbeitern es bei der privaten Vermittlung zumeist geht: Personen mit einem überdurchschnittlichen Status (subjektiv und objektiv), die ungern aus der Position des Arbeitssuchenden verhandeln, sich also nicht direkt an das Unternehmen wenden wollen. Andererseits bleibt auch das suchende Unternehmen aus internen Gründen häufig lieber anonym, so daß eine diskrete Vermittlung im Interesse beider Seiten liegt. Personalberater gewinnen durch diese Umstände einen guten Einblick in einen Teilarbeitsmarkt, der der Öffentlichkeit sowie der Masse der Arbeitnehmer weitgehend verborgen bleibt. 2.4.2.3 Ausgewählte Instrumente der Personaleinstellung Die Personalbeschaffung gilt als abgeschlossen, wenn die neuen Mitarbeiter vollständig in den Arbeitsprozeß eingegliedert sind [834, S. 64], Daher gehört zur Personalbeschaffung neben der Kontaktaufnahme auch die Personaleinstellung. Letztere umfaßt die — Entscheidung über die Eignung der Bewerber, — Kontrahierung mit den geeigneten Bewerbern, — Einführung der neuen Mitarbeiter ins Unternehmen121. Jede dieser Teilaufgaben kann mit unterschiedlichen Instrumenten angegangen werden, die zu zahlreich sind, um sie hier vollständig aufzuzählen. Im folgenden werden daher nur einige typische Instrumente herausgegriffen. •

Entscheidungsinstrumente Entscheidungen über eine Personaleinstellung können grundsätzlich danach unterteilt werden, ob sie schon vor der offiziellen Kontaktaufnahme oder erst danach getroffen wurden. Im ersten Falle beruhen sie meist auf einer längeren Beobachtung 121

Die Abgrenzung dieser drei „Phasen" ist problematisch, da z. B. der Verlauf der Kontrahierung einen Einfluß auf die Einstellungsentscheidung haben kann oder Einführung und Entscheidungsfindung parallel ablaufen können (Probezeit).

372

IV. Strukturgestaltung

des oder der Kandidaten, im zweiten Falle müssen entsprechende Entscheidungsinformationen in einem abgekürzten Verfahren gewonnen werden. Für diesen Zweck sind spezielle Instrumente entworfen worden, die sich nach Inhalt und Form z. T. erheblich voneinander unterscheiden. Ihr Einsatz richtet sich u. a. nach dem Beschaffungsbedarf (Art, Menge, Frist etc.), der Arbeitsmarktsituation, persönlichen Merkmalen der Kandidaten (z. B. Alter, Geschlecht, Status) und KostenNutzen-Gesichtspunkten. Inhaltlich geht es dabei um das Problem, Auswahlkriterien zu finden, mit deren Hilfe zuverlässig endgültige Aussagen über die Eignung 122 eines Bewerbes getroffen werden können. Da i. d. R. nach der Eignung der Bewerber für einen bestimmten Arbeitsplatz und nicht umgekehrt gefragt wird, geht man bei der Bestimmung der Kriterien von den Merkmalen des Arbeitsplatzes aus. Eine Stellen- oder Arbeitsplatzanalyse liefert Informationen über die Art und organisatorische Eingliederung der jeweiligen Arbeitsaufgabe und die mit ihr verbundenen Tätigkeiten sowie über die äußeren Arbeitsbedingungen (Soll-Werte)123. Daraus können Anforderungsmerkmale 124 für die Beurteilung von Fähigkeiten, Motivationen und Einstellungen sowie sonstigen Merkmalen der Bewerber gewonnen werden (IstWerte). Ein großes Problem besteht dabei darin, solche Anforderungsmerkmale zu finden, die beim Bewerber relativ schnell überprüft werden können. So kann man z. B. in kurzer Zeit nicht ohne weiteres feststellen, ob ein Bewerber sich mit seinen Kollegen verstehen wird, ob er die gestellten Aufgaben wirklich erledigen kann oder ob er seiner zukünftigen Arbeit nachhaltiges Interesse entgegenbringt. Meistens muß man daher zu abstrakteren Ersatzkriterien (Prediktoren) greifen, die insbesondere in der Eignungsdiagnostik verbreitet sind 125 . Diese Kriterien unterliegen aber u. a. der Gefahr, daß sie als Bestimmungsmerkmale nicht valide sind, d. h., sie eignen sich nicht für die Messung eines konkreten Anforderungsmerkmals; dies zeigt sich z. B. beim zweifelhaften Schluß von der Lieblingsfarbe auf die Arbeitseinstellung oder von der Rechengeschwindigkeit auf bestimmte Planungsfähigkeiten. Im wesentlichen muß sich die Auswahlentscheidung auf Anforderungsmerkmale der Fähigkeiten (Ausbildung, Erfahrung, Entwicklungspotential, physiologische Merkmale etc.) und der Motivation bzw. Einstellung (Bewerbungsmotive, Berufserwartungen, Anspruchsniveau, Menschenbild etc.) stützen [454, S. 1482ff.]. Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu können, sei angemerkt, daß sich Art und Anzahl 122 123 124

125

Vgl. S. 294 f. Vgl. S. 436 ff. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine „Übersetzung" von konkreten Anforderungen in eine Reihe von anforderungsrelevanten Merkmalen einer Person (z. B. Anforderung: Kontoführung, Merkmale der Person: Zuverlässigkeit, fachliche Erfahrung, Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung etc.) (vgl. S. 250 f.). Vgl. S. 451 ff.

2.4 Personalbeschaffung

373

der Anforderungskriterien nicht nur nach dem jeweiligen Arbeitsplatz, sondern auch nach dessen Beziehungen innerhalb der Arbeitsorganisation und des sozialen Systems der Unternehmung zu richten haben. Die Beurteilung sozialer Fähigkeiten (z. B. Kooperation, Menschenführung, soziale Wahrnehmung) wird tendenziell um so wichtiger, je geringer der Bürokratisierungsgrad der Organisation ist oder je mehr Leitungstätigkeiten mit dem Arbeitsplatz verbunden sind. Die Form der Entscheidungsinstrumente ist u. a. abhängig von dem Gegenstand der Entscheidung (Bewerber, Position), den Möglichkeiten des Informationszugriffs, den gewählten Entscheidungskriterien, den Entscheidungsfolgen und den Entscheidungskosten. Aufwendigere Entscheidungsinstrumente werden i. d. R. nur bei bestimmten Bewerbern und Positionen angewandt (nach der Wichtigkeit für das Unternehmen). Es wäre aber im Interesse auch der übrigen Mitarbeiter, wenn ihre Eignung (nach Fähigkeiten und Bedürfnissen) mittels sorgfältiger Entscheidungsverfahren überprüft würde. Je nachdem, ob man Informationen über den Bewerber durch Angaben oder durch eigene Beobachtung gewinnen kann, wird man auf folgende Instrumente zurückgreifen: (1) Angaben (Befragung und Dokumentenanalyse) — Prüfung der Bewerbungsunterlagen (Angaben zur Person; Familienstand, Lebenslauf, Schulbildung, Ausbildung, Sprachkenntnisse, bisherige berufliche Tätigkeiten, Zeugnisse, Referenzen, ärztliche Unterlagen etc.) — Anforderung von Fremdgutachten (z. B. von früheren Arbeitgebern, Graphologen, Personalberatern) (2)

Beobachtung — Einstellungsinterview126 (z. B. allgemeines Gesprächsverhalten, Reaktionsgeschwindigkeit, Auffassungsgabe, Kontaktfähigkeit) — Tests [552; 251; 384] (z. B. fachliche Tests, allgemeine Intelligenztests, Belastbarkeitstests, Eigenschaftstests) — Proben (z. B. Probearbeitszeit, Beobachtung des Bewerbers im bisherigen Arbeitsbereich)

In dieser Reihenfolge wird der Bezug der Entscheidungskriterien zum neuen Arbeitsplatz tendenziell immer direkter. Die so gewonnenen Informationen stellen ein Ist-Bild der Bewerbermerkmale dar, das sodann mit dem Soll-Bild der Bewerbermerkmale (aus den Arbeitsplatzmerkmalen abgeleitet) verglichen werden kann.

126

Einstellungsinterviews vermitteln allerdings mit dem ersten Eindruck oft Vorurteile und sind als Entscheidungsinstrument umstritten [232, S. 750].

374

IV. Strukturgestaltung

Wenn der Bewerber für den betreffenden Arbeitsplatz nicht hinreichend geeignet ist, so kann vor der endgültigen Absage eine entsprechende Eignungsprüfung für andere Arbeitsplätze erwogen werden. •

Kontrahierungsinstrumente Als „Kontrahierungsinstrumente" werden hier bestimmte Elemente des Arbeitsverhältnisses bezeichnet, die zum Gegenstand von Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Stellenbewerber werden können. Dies sind vor allem — die personenbezogenen Leistungen des Unternehmens (Entgelt, Mehrarbeitsvergütung, Gewinn-, Umsatz- oder Vermögensbeteiligung, Kredite, Sozialleistungen, soziale Sicherheit, Urlaub, Entwicklung, Status u. a. m.) — die arbeitsbezogenen Leistungen des Unternehmens (Ausstattung mit Hilfsmitteln, Leitungsbefugnisse, Kompetenzen, direkte Mitarbeiter, Dispositionsfreiheit, Einarbeitung u. a. m.) — die Leistungen des Mitarbeiters (Aufgabenziel und Tätigkeiten, Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses, Lage und Dauer der Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsmenge, Verantwortung und Haftung, Treuepflichten u. a. m.) Viele dieser Gegenstände mögen schon abgeklärt sein, bevor es zu direkten Verhandlungen kommt. Gleichwohl bleibt i. d. R. immer noch ein erheblicher Gestaltungsspielraum, der von beiden Seiten mit den unterschiedlichsten Zielrichtungen genutzt werden kann, wie z. B. Präzisierung der gegenseitigen Rechte und Pflichten, feste oder lockere Bindung, Einkommenssteigerung, Kostensenkung, Risikominimierung, Prestigegewinn oder Betriebsklimapflege. Daneben gehen vom Einsatz der Kontrahierungsinstrumente auch starke Selektions- und Akquisitionswirkungen aus. Des öfteren werden erst hier die eigentlichen Entscheidungen gefällt. Die allgemeine Arbeitsmarktlage sowie die spezielle Situation der jeweiligen Verhandlungspartner sind als maßgeblich für den Erfolg der einzelnen Instrumente anzusehen. Zumindest bei entspannter Arbeitsmarktlage kann davon ausgegangen werden, daß sich der durchschnittliche Stellenbewerber in einer Situation befindet, die ihm beim Einsatz der Kontrahierungsinstrumente relativ enge Grenzen setzt. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wurde die Abfassung des Arbeitsvertrages (rechtsverbindliches Ergebnis der Kontrahierung) gewissen inhaltlichen Auflagen unterworfen. Dies gilt besonders für Arbeitsverträge mit verhandlungsschwachen Stellenbewerbern (Masse der Arbeitnehmer). An erster Stelle sind dabei die zwingenden Bestimmungen des Grundgesetzes (Grundrechte) und spezieller Arbeitsgesetze (z. B. Jugendschutzgesetz) zu nennen. Diesem nachgeordnet sind bestimmte Tarifvertragsinhalte, von denen die Arbeitsverträge mit tarifgebundenen Arbeitnehmern nicht zu deren Nachteil abweichen dürfen (vgl. § 11 TVG). Des weiteren beinhalten eventuell Betriebsvereinbarungen (§ 77 BetrVG) inhaltliche Mindestvorgaben für alle Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern [988, S. 394 ff.].

2.4 Personalbeschaffung

375

Für die Personalbeschaffung bei unregelmäßigem Arbeitsanfall und Spezialaufgaben hat in den letzten Jahren die Bindungsdauer als Kontrahierungsgegenstand erheblich an Bedeutung gewonnen. Viele Unternehmen sind dazu übergegangen, einen Teil der Arbeitsverhältnisse zu befristen (vgl. § 620 I BGB), um auf diese Weise den besonderen Kündigungsschutzbedingungen auszuweichen. Freilich ist dies nur sinnvoll und erlaubt, wenn die Befristung sachlich aus der Art der Aufgabe zu rechtfertigen ist. Auf Seiten des Mitarbeiters kommt ein befristetes Arbeitsverhältnis u. a. dann in Betracht, wenn eine Dauerbeschäftigung aus familiären Verhältnissen unmöglich ist, der Mitarbeiter in der Umschulung befindlich ist, die Arbeit nur dem Kontakt im Berufsleben dienen soll, ein Ortswechsel zu erwarten ist, keine Dauerstellung gefunden wurde, Ferienarbeit vorliegt etc. [851, S. 34], Wird beim befristeten Arbeitsverhältnis der Arbeitsvertrag direkt mit dem Mitarbeiter abgeschlossen, so handelt es sich um ein Aushilfs- oder Probearbeitsverhältnis. Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß die Unternehmung einen sogenannten Arbeitnehmerüberlassungsvertrag abschließt mit einer dritten Stelle, die Arbeitskräfte gewerbsmäßig verleiht. In diesem Falle spricht man von Zeitarbeit, Leiharbeit oder „Personalleasing" [50, S. 217]. Dabei kommt ein (unbefristeter) Arbeitsvertrag nur zwischen dem verleihenden Unternehmen und dem Mitarbeiter zustande. Das verleihende Unternehmen kann den Mitarbeiter für jeweils höchstens drei Monate an Dritte ausleihen 127 . Diese Bestimmung des AÜG drückt aus, daß Leiharbeit grundsätzlich nur zur Deckung eines kurzfristigen Personalbedarfs (z. B. bedingt durch Urlaub, Krankheit, vorübergehende Arbeitsspitzen) erlaubt ist. Während der Leihe steht dem Entleiher das Weisungsrecht zu, wohingegen die Pflicht zur Entgeltzahlung i. d. R. beim Verleiher bleibt. Vorteile der Zeitarbeit liegen u. a. in der relativen Kostengünstigkeit bei schwankendem Arbeitsanfall (Senkung der Fixkosten), der erhöhten Planungsflexibilität, der Engpaßbewältigung, im „job rotation Effekt" für den Arbeitnehmer, in der Beschäftigung von Personen ohne Dauerstellung und der größeren Sicherheit für die Stammbelegschaft. Nachteile können sich z. B. ergeben aus der immer wieder erforderlichen Einarbeitung, der unbestimmten Qualifikation des Leihpersonals und dem Mangel an beruflicher Selbstbestimmung und menschlicher Zugehörigkeit [677, S. 18 ff.]. •

Einführungsinstrumente

Der Beschaffungsbedarf kann praktisch erst dann als gedeckt gelten, wenn der neue Mitarbeiter mit seinem Arbeitsplatz und dessen Umfeld hinlänglich vertraut ist. Deshalb muß im Rahmen der Personalbeschaffung der sachlichen und sozialen Einführung neuer Mitarbeiter einige Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dies gilt 127 Ygi j;Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung" (AÜG) von 1972, Art. I, § 3.

376

IV. Strukturgestaltung

besonders bei beruflich unerfahrenen Mitarbeitern, komplexen Aufgabenstellungen und stark verflochtenen Arbeitsbeziehungen. Eine mangelhafte Einführung in die sachlichen Gegebenheiten des Arbeitsplatzes ruft nicht selten Verwirrung und Hilflosigkeitserlebnisse hervor, die sich in Unfällen, Krankheit, Kündigungen oder Resignation niederschlagen. Mindestens so wichtig wie die sachliche Einführung ist die soziale Eingliederung in die Gruppe (Teamarbeit, Zugehörigkeitsbedürfnis) [190; 956, S. 1527ff.]. Ohne hier auf Einzelheiten eingehen zu können, seien im folgenden einige typische Einführungsinstrumente genannt: — Einführungsseminare (Unternehmensentwicklung, -aufbau, -philosophie; Produktionsprogramm u. -verfahren; Einsatzbereich, eigener Arbeitsplatz, Arbeitszusammenhänge und -gefahren) — Unternehmensbesichtigung — Kontaktgespräch mit den zukünftigen Kollegen — Fachliche Betreuung in der Anlaufphase — Benennung einer Vertrauensperson („Pate") — Einführung beim Betriebsrat — Erläuterung der unternehmensinternen Mitarbeiterdienste (z. B. Werksarzt, Personalverkauf, Bibliothek etc.). Bei der Planung der Personaleinstellung können Netzpläne dienlich sein. Mit ihnen läßt sich z. B. der Zeitverbrauch in den einzelnen Phasen des Einstellungsprozesses so erfassen, daß die Planung weitgehend flexibel gehalten werden kann. Darst. (162) gibt hierfür ein Beispiel, das sich von der Kontaktaufnahme bis zur Einarbeitung erstreckt.

Beispiel für Netzwerktechnik: Einstellung eines Mitarbeiters Arbeitsschritte zur Erstellung des Netzplanes (CPM-Verfahren) 1. Vorgänge aufschreiben — Reihenfolge überlegen 2. Netzwerk zeichnen

3. Liste der Vorgänge mit Ergebnisnummern und Zeitbedarf schreiben 4. Zeitbedarf auf Pfeile eintragen - kritischen Weg kennzeichnen 5. Terminliste schreiben

2.4 Personalbeschaffung

377

i

j

D

Vorgang

FA

FE

SA

SE 27/5

GP

FP

-

1

2

2

Auftrag

25/5

27/5

25/5

2

3

7

27/5

8/6

27/5

8/6

-

3

5

9

Inserate — Zeitungen Bewerbungen empfangen

8/6

22/6

8/6

22/6

-

-

5

6

1

Vorauswahl

22/6

22/6

23/6

-

-

Vorstellung

23/6

23/6 14/7

23/6

14/7

-

-

Scheintätigkeit Kündigungsfristen

14/7

14/7

14/7

14/7

-

-

14/7

1/9

14/7

1/9

-

-

6

7

15

7

9

-

9

10

35

10

11

1

11

14

30

6 2

9 4

2 2

4

5

5

8

8 11

9 12

12

13

13

14

1/9

2/9

1/9

2/9

-

-

2/9

14/10

2/9

14/10

-

-

Eignungsuntersuchung innerbetr. Stellenausschreibung Scheintätigkeit

-

1 -

2 2 -

Einstellungsformalitäten Ausbildung

23/6 27/5

27/6 1/6

12/7

14/7

20/6

22/6

13 14

-

13

1/6

1/6

22/6

22/6

14

14

ärztliche Untersuchung

23/6

24/6

13/7

14/7

14

-

Scheintätigkeit

24/6

24/6

14/7

14/7

14

Wohnungssuche

2/9

Umzugsurlaub

6/9

8/9 8/9

1 0 / 1 0 1 2 / 1 0 26 1 2 / 1 0 1 4 / 1 0 26

Scheintätigkeit

8/9

8/9

12/10 14/10 26

i

= Symbol für das Anfangsereignis eines Vorganges

j

= Symbol für das Endereignis eines Vorganges

D

= Zeitspanne vom Anfang bis zum Ende eines Vorganges (z. B. in Tagen)

14 -

26

FA = frühester Anfang FE = frühestes Ende SA = spätester Anfang SE = spätestes Ende GP = Gesamte Pufferzeit (Zeitspanne zwischen frühestem und spätestem Anfang bzw. Ende eines Vorganges) FP = Freie Pufferzeit (Zeitspanne zwischen dem frühesten Ende eines Vorganges und dem frühesten Anfang der unmittelbar nachgeordneten Vorgänge) Die ersten 9 Vorgänge der Terminliste sind der kritische Weg. Hier sind keine Pufferzeiten. Die folgenden sind Vorgänge mit Pufferzeiten, bei denen daher frühest- und spätestmöglicher Anfang nicht gleich sind. Darst. 1 6 2 : 'Einstellungs-Neztplan [711, S. 7 6 f . ]

2 . 4 . 2 . 4 Kontrolle der Personalbeschaffung Die Kontrolle der Personalbeschaffung setzt unmittelbar beim Beschaffungsergebnis an 128 . Als wichtigste Beurteilungskriterien dienen dabei die Sollwerte des Be128

Eine kaum lösbare Aufgabe stellt die verursachungsgemäße Zurechnung von Beschaffungsergebnissen zu Zielgrößen wie Erlöse, Betriebsklima, Selbstverwirklichung etc. dar. Hier muß auf Ersatzgrößen wie z. B. Fluktuation,

Beschwerdehäufigkeit,

Versetzungshäufigkeit, Produktionsausfälle etc. zurückgegriffen werden.

378

IV. Strukturgestaltung

schaffungsbedarfs. In erster Linie bedeutet dies, daß die Erfüllung qualitativer, quantitativer und zeitlicher Sollwerte kontrolliert wird. Die