Organisation der Ministerien des Bundes und der Länder: Vorträge und Diskussionsbeiträge der verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften 1972 [1 ed.] 9783428429998, 9783428029990


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German Pages 167 [168] Year 1973

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Organisation der Ministerien des Bundes und der Länder: Vorträge und Diskussionsbeiträge der verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften 1972 [1 ed.]
 9783428429998, 9783428029990

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Organisation der Ministerien des Bundes und der Länder

S c h r i f t e n r e i h e der H o c h s c h u l e Speyer Band 52

Organisation der Ministerien des Bundes und der Länder

Vortrage und Diskussionsbeiträge der verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung der Hochschule für Verwaltungswissenechaften Speyer in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sektion des Internationalen Institute für Verwaltungswissenschaften

1972

DUNCKER & HUMBLOT

/

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1973 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1973 bei Buchdruckerei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 02999 2

Inhalt Vorwort

7

Begrüßungsansprache des Rektors Prof. Dr. Roman Herzog, Speyer

9

Begrüßungsansprache des Präsidenten der Deutschen Sektion des I n t e r nationalen Instituts f ü r Verwaltungswissenschaften Erster Bürgermeister i. R. Prof. Dr. Herbert Weichmann, Hamburg

11

Eröffnung durch den Staatssekretär des Bundesministeriums des I n n e r n Dr. Wolf gang Rutschke, Bonn

13

Eignung der herkömmlichen Organisation der Ministerien zur E r f ü l l u n g ihrer Aufgaben Von Prof. Dr. Eberhard

Laux, Düsseldorf

19

*

Probleme der Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation auf Bundesebene Von Prof. Dr. Renate Mayntz, Konstanz

Speyer, u n d Prof. Dr. Fritz

W. Scharpf,

37 χ

Aussprache zu den Referaten von Eberhard L a u x , Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf Bericht von Wissenschaftlichem Speyer

Assistenten Dr. Eberhard

Weber,

45

Verwaltungsämter u n d Generalbehörden zur Entlastung von Ministerien V o n Ministerialrat Dr. Hans-Joachim

von Oertzen, Bonn

53 X

Aussprache zum Referat von Hans-Joachim von Oertzen Bericht von Wissenschaftlichem Assistenten Ernst Speyer

Heinrich

Hüper, 67

Die Organisation als Fachaufgabe u n d Probleme der Organisation der Organisation V o n Dr. Bernd Becker, Düsseldorf

77

V

101

V

Das Personal der Organisation Von Senatsdirektor Ulrich

Becker, H a m b u r g

Aussprache zu den Referaten von Bernd Becker u n d Ulrich Becker Bericht von Wissenschaftlichem Referenten Krause, Speyer

Dipl.-Volkswirt

Dieter

119

6

Inhalt

Die Basiseinheit i n der Organisation der Ministerien — Einleitung Von Regierungsdirektor Dr. Manfred

Lepper, Bonn

125

Die Arbeitsvoraussetzungen der ministeriellen Basiseinheit — Thesen zur Diskussion i n der Arbeitsgruppe I Von Ministerialrat Dr. Heinz Saffert,

Bonn

137

Aussprache i n der Arbeitsgruppe I Bericht von Ministerialrat Dr. Heinz Saffert, Bonn, u n d Wissenschaftlichem Referenten D i p l . - V o l k s w i r t Dieter Krause, Speyer 140 Ergebnis der Diskussion i n der Arbeitsgruppe I Diskussionsleitung: Ministerialdirigent Dr. Paul Feuchte, Stuttgart . . 144 Kleinreferat gruppe I I

— Großreferat.

Thesen zur Diskussion i n der

Von Oberlandesgerichtsrat Armin Dr. Claus Godbersen, Bonn

Opitz,

Arbeits-

Bonn, u n d Landgerichtsrat

145

Aussprache i n der Arbeitsgruppe I I Bericht von Oberlandesgerichtsrat Armin Opitz, Bonn, und Wissenschaftlichem Assistenten Dr. Eberhard Weber, Speyer 147 Ergebnis der Diskussion i n der Arbeitsgruppe I I Diskussionsleitung: Ministerialdirigent Dr. Josef Kölble,

Bonn

149

Das Gruppenreferat. Thesen zur Diskussion i n der Arbeitsgruppe I I I Von Oberregierungsrat Hans Otto Thiele,

Bonn

151

Ergebnis der Diskussion i n der Arbeitsgruppe I I I Bericht von Oberregierungsrat Hans Otto Thiele, Bonn Diskussionsleitung: Prof. Dr. Heinrich Siedentopf, Speyer

153

Projektgruppe — Gruppe auf Zeit. Thesen zur Diskussion i n der Arbeitsgruppe I V Von Oberregierungsrat Gerhard

Quiske, Bonn

157

Ergebnis der Diskussion i n der Arbeitsgruppe I V Bericht von Oberregierungsrat Gerhard Quiske, Bonn Diskussionsleitung: Ministerialdirigent Dr. Herbert König,

Paris

160

Schlußwort Von Prof. Dr. Frido

Wagener, Speyer

165

Vorwort Die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer hat sowohl i m Herbst 1971 als auch i m Herbst 1972 Arbeitstagungen zu Problemen der Organisation von Ministerien veranstaltet. Dieser unter allen Themen der Verwaltungswissenschaft verhältnismäßig begrenzte Forschungs- und Verhandlungsgegenstand wurde 1971 aus internationaler Sicht und 1972 aus der speziellen Sicht der Organisation der Ministerien des Bundes und der Länder betrachtet. Die zweite Tagung — über die der vorliegende Band berichtet — wurde i n Zusammenarbeit mit der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften durchgeführt. Das Thema „Ministerialorganisation" hat sich i n vielfacher Weise als besonders wichtig für Theorie und Praxis erwiesen. Zum einen zeigte sich, daß der gesamte Bereich der Organisation und des Organisierens i n der öffentlichen Verwaltung und i n der Verwaltungswissenschaft bisher vergleichsweise stiefmütterlich behandelt wurde. Probleme der Organisation der öffentlichen Verwaltung und die Leistungen (sowie die Fehlleistungen) der Organisatoren der Verwaltung müssen stärker als bisher i n Wissenschaft, Politik und praktischer Verwaltungsführung Beachtung finden. Z u m anderen ergab sich, daß die Ministerialverwaltung und ihre Organisation als Beispiel für Veränderungen der Aufgabenstellung und des Bedeutungsgewichts einer Teileinheit i m Gesamtrahmen der öffentlichen Verwaltung gelten kann. Die gegenüber veränderten Funktionen stets „nachhinkende" Organisation ist hier besonders deutlich einem Veränderungs- und Modernisierungsdruck ausgesetzt. Bei den Ministerien i n Bund und Ländern m i t ihren wichtiger werdenden Aufgaben der Programmentwicklung und der daran auszurichtenden Steuerung der Gesamtverwaltung sowie der bereits teilweise auf die Ministerialverwaltung übergegangenen Aufgaben der gesellschaftlichen und politischen Innovation zeigen sich früher als an anderen Stellen der Verwaltung Schwachstellen der Organisation. Weiter erwies sich die Basiseinheit i n der Organisation der sterien — das Referat — als besonders problembehaftet. I n der sten selbständigen Arbeitseinheit der Ministerien werden Probleme der heutigen öffentlichen Verwaltung — Motivation,

Minikleineinige Parti-

8

Vorwort

zipation, Koordination, Effizienz, Programmerarbeitung, Aufgabendifferenzierung, Zentralisierung, Politisierung — wie i n einem Vergrößerungsglas sichtbar. Der Streit u m das Groß- oder Kleinreferat ist dabei nur ein äußeres Zeichen bisher nicht gelöster organisatorischer Schwierigkeiten. Schließlich zeigte sich, daß viele Teilnehmer der Tagung davon überzeugt waren, es seien unter den heutigen Bedingungen neue Organisations- und Arbeitsformen für Ministerien notwendig. Diese wohl überwiegende Meinung war aber keineswegs getragen von der Einigkeit über die Ziele und Maßstäbe, an denen die als notwendig erkannten Änderungen ausgerichtet werden sollten. Die divergierenden Vorstellungen über die Ziele der Reform der Ministerialorganisation geben offenbar zur Zeit jedem Änderungsstreben nur begrenzte Erfolgsaussichten. Unterstützt vom Senat der Hochschule hat die Tagungsleitung versucht, den Ablauf der Arbeitstagung durch die Einführung von sogenannten Dialogreferaten und durch die Teilung des Plenums i n vier Arbeitsgruppen i m letzten Drittel der Tagung gegenüber den üblichen Speyerer Tagungen zu verbessern. Dies war ein Experiment; es ist nur zum Teil gelungen. Insbesondere hat sich erwiesen, daß für die überaus intensive Diskussion i n den Arbeitsgruppen zu wenig Zeit angesetzt war und daß es daher einem Teil der Arbeitsgruppen schwer fiel, zu fixierten Diskussionsergebnissen zu gelangen. Dadurch ist die Zusammenfassung und Veröffentlichung der Arbeitsgruppendiskussionen verständlicherweise ebenfalls erschwert worden. Dem Präsidenten der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften, Herrn Ersten Bürgermeister i. R. Prof. Dr. Herbert Weichmann, und dem Generalsekretär der Deutschen Sektion, Herrn Ministerialrat Dr. Hans-Joachim von Oertzen, sowie dem Organisator der Internationalen Tagung i m Herbst 1971, Herrn Prof. Dr. Roman Schnur, ist es i n erster Linie zuzuschreiben, daß das Thema „Organisation der Ministerien" 1972 auch i m nationalen Rahmen behandelt werden konnte. Ihnen gebührt besonderer Dank. Für die Mitarbeit bei der Vorbereitung dieses Bandes möchte ich dem damaligen Assistenten am Lehrstuhl des Tagungsleiters, Herrn Dr. Eberhard Weber, jetzt selbst i n einem Ministerium, herzlich danken. Frido Wagener

Begrüßungsansprache des Rektors

Als Rektor der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer begrüße ich Sie herzlich zu dieser — wie w i r es nennen — „Herbsttagung". Diese wissenschaftliche Arbeitstagung w i r d von heute bis übermorgen gehen und sich über das Thema „Organisation der Ministerien des Bundes und der Länder" verbreiten und hoffentlich auch vertiefen. Es handelt sich u m eines von jenen Themen, die bei der zunehmenden Entwicklung unseres Hauses hier gut angesiedelt sind. Das Problem der Ministerialorganisation ist mit starken interdisziplinären Akzenten versehen; es kann nur i n der Zusammenarbeit von Organisationsspezialisten, Juristen, Soziologen, Wirtschaftswissenschaftlern u. a. behandelt und eines Tages hoffentlich auch bewältigt werden. Daß es sich nicht u m eine ungefähre und unkalkulierte Wahl des Themas handelt, davon w i r d heute vormittag und heute nachmittag i n den Referaten und Diskussionen einiges zu sagen sein. Es ergibt sich aber auch daraus, daß die Tagung, die w i r i n dieser Stunde beginnen, eine Vorgängerin i m letzten Jahr hatte. W i r haben damals m i t der Überschrift „Aktuelle Probleme der Ministerialorganisation" vom 14. bis 17. September 1971 unter der Leitung des mittlerweile nach Tübingen berufenen Kollegen Schnur uns zusammengefunden, u m dieses Thema auf internationaler Ebene zu diskutieren. Praktiker und Theoretiker aus vielen Ländern waren hier. Die Vorträge und die Diskussionen sind mittlerweile i m Band 48 der Speyerer Schriftenreihe erschienen. Aus der Besonderheit derartiger internationaler Arbeitstagungen ergab sich freilich auch zwangsläufig, daß es sehr gut war, eine mehr auf die speziellen deutschen Verhältnisse und Bedürfnisse zugeschnittene zweite Tagung folgen zu lassen. Der Vorteil internationaler Tagungen besteht ohne Zweifel darin, daß man i m Referieren unterschiedlicher Lösungen und unterschiedlicher Problemsichten fremde Lösungsmöglichkeiten kennenlernt und daß man daraus zunächst lernt, daß manches, was einem i m eigenen Lande und i m eigenen System als festverwurzelt und unverzichtbar notwendig zu sein scheint, daß man dies i n seiner Bedingtheit und — ich möchte einmal sagen — i n seiner Vorläufigkeit zu sehen lernt. Die Gefahr derartiger vergleichender Sicht besteht allerdings darin, daß man sehr häufig auf einen relativ hohen Abstraktionsgrad ausweicht i n dem Bestreben und i n dem verständlichen Bedürfnis, zu einigermaßen übergreifenden und allgemein gültigen Formulierun-

10

Begrüßungsansprache des Rektors

gen zu kommen. Viele von jenen Parametern, die der Konkretisierung dienen — u n d bei welchem Thema käme es mehr auf Konkretisierung an als bei dem unseren —, gehen auf diese Weise verloren. Die Frucht derartiger vergleichender Betrachtung besteht also häufig darin, A n stöße für das Uberdenken des eigenen Systems an Hand fremder Erfahrungen zu gewinnen. W i r haben es deswegen, und weil das auch nach der letzten Tagung deutlich empfunden und auch ausgesprochen worden ist, dankbar begrüßt, daß die Deutsche Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften uns nahegelegt hat, m i t ihr zusammen die Aufarbeitung der Problematik der Ministerialorganisation für die Bundesrepublik voranzutreiben. Die Tagung, die w i r jetzt eröffnen, ist entstanden aus einer engen Zusammenarbeit unserer Hochschule m i t der Deutschen Sektion, deren Mitglieder ich hier besonders herzlich begrüßen möchte, an ihrer Spitze Herrn Bürgermeister a. D. Professor Dr. Herbert Weichmann aus Hamburg, der gleich das zweite Begrüßungswort für die zweite Trägervereinigung dieser Tagung sprechen wird. Das Thema, m i t dem w i r uns befassen, darüber gibt es keinen Zweifel, ist von grundsätzlicher Bedeutung: nicht nur aus wissenschaftlichen Gründen, obwohl wissenschaftliches Erkenntnisinteresse für uns — Sie mögen das verzeihen — durchaus i m Vordergrund steht, sondern auch und vor allem aus praktischen Gründen, weil ich meine und meine auch belegen zu können, daß die Jahre und vielleicht Jahrzehnte, die w i r vor uns haben, entgegen allen anderslautenden Gerüchten oder vielleicht gerade wegen dieser Gerüchte Jahre der Exekutive sein werden. Die Exekutive hat i n den letzten Jahren und Jahrzehnten immer mehr die Nachfolge anderer politischer Gewalten angetreten und ich sehe nicht, wer sie darin ablösen könnte. Das Thema, meine Damen und Herren, ist i m Fluß. Was w i r alle hier i n den nächsten Tagen leisten mögen, das werden Momentaufnahmen sein, Beleuchtungen, vielleicht einfarbige Beleuchtungen von Teilaspekten, Versuche eines Sichvorwärtstastens, die schon i n den Formen dieser Tagung, die von den bisherigen Formen Speyerer Tagungen etwas abweichen, i n Dialogreferaten, Arbeitsgruppen usw. zum Ausdruck kommen. Ich wünsche uns allen, daß es uns gelingen möge, zu diesem mühsamen Vorgang des Vorwärtstastens nicht nur Neues, sondern auch Wichtiges beizusteuern. Professor Dr. Roman Herzog

Begrüßungsansprache des Präsidenten der Deutschen Sektion

Als derzeitiger „Vereinsvorsteher" der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften darf ich zunächst Ihnen, Magnifizenz, danken für die Kooperation und Koordination, die uns m i t der Hochschule für Verwaltungswissenschaften ermöglicht worden ist und ich schließe damit naturgemäß auch den Senat der Hochschule ein. Ich glaube, es ist eine fruchtbare A r t und Weise, Praxis und Wissenschaft, wie es hier geschieht, i n eine Ehe zu bringen, u m die uns besorgenden Probleme zu lösen. I m übrigen — auch w i r können auf einen gewissen Vorgänger i n der Thematik zurückweisen. W i r haben vor nicht allzulanger Zeit eine Sitzung der Französischen Sektion des Instituts i n Paris gehabt, die sich zwar nicht direkt m i t der Frage der „Ministerialorganisation", aber doch mit einem verwandten Thema befaßt hat, dem sogenannten cabinet du ministre, dem Chef du Cabinet und der Institution der permanenten bzw. parlamentarischen Staatssekretäre. Und das ist ja auch ein wesentliches Element i n der Problematik der Ministerialorganisation. Die Grundproblematik, m i t der w i r alle zu kämpfen haben, beruht auf einer Erscheinung, die ich vielleicht dahin kennzeichnen möchte: Heraklit hat zwar vor mehr als zweitausend Jahren das philosophische Wort vom „panta rhei", vom Fließen aller Zustände erfunden, aber i n dem richtigen, temporeichen, auf hohen K u r v e n laufenden heraklitischen Zeitalter befinden w i r uns eigentlich erst seit 25 Jahren. W i r stehen dem Phänomen einer Akzeleration des biogenetischen Reifeprozesses i n der Jugend gegenüber, einer Akzeleration des Wissens, des technologischen Fortschritts und naturgemäß auch einer Akzeleration der Ansprüche des Bürgers und damit der Ansprüche, die an den Staat als der Organisationsform, als der wesentlichsten Organisationsform des Bürgers, gestellt werden. Dabei beobachte oder glaube ich manchmal ein merkwürdiges Schisma i n der Bewußtseinsbildung zu beobachten. Immer mehr Ansprüche i n Fürsorge und Vorsorge werden auf der einen Seite an den Staat gestellt — vielleicht nicht ohne Gefahren, daß w i r ungewollt auf diese Weise beinahe i n einen totalitären Staat hineinwachsen — und gleichzeitig w i r d dem Staat gegenüber, der Staatsautorität und nicht zuletzt der Exekutive ein außerordent-

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Begrüßungsansprache des Präsidenten der Deutschen Sektion

liches Mißtrauen entgegengebracht; es machen sich Versuche bemerkbar, über das, was unter dem Schlagwort — und ich sage es i n Anführungsstrichen — der „Demokratisierung" heute vor sich geht, eigentlich die Exekutivgewalt zu atomisieren oder zumindest i n ihrer Funktionsfähigkeit zu schwächen. Das legt nun naturgemäß die Frage nahe, die heute hier auf der Tagesordnung steht, wie eben gerade die Führungsinstitution, die Ministerialgewalt, die Ministerialorganisation diesen Anforderungen der Zeit, diesen Widersprüchen der Zeit, diesen — wie ich mit Ihnen i n Übereinstimmung bin — sich auch vergrößernden Befugnissen oder Verantwortlichkeiten der Exekutive gerecht werden soll. Darauf w i r d es nicht i n allen Ländern der Welt eine einheitliche A n t wort geben. Darauf w i r d es schon deswegen keine einheitliche Antwort geben, weil i n manchen Staaten Zentralisierungstendenzen am Platze sein werden, i n manchen anderen Staaten i m Gegenteil Regionalisierungstendenzen m i t dem Ziel, lokale Autoritäten zu stärken. W i r selbst haben seit langem gewachsene Exekutivorgane i n Bund und Ländern, die jedenfalls auch den Anforderungen der Zeit, dem Prozeß eines streamlinings unterliegen sollten und bei denen sich sehr vielfältige Fragen nach der richtigen Form der Exekutive stellen. Das t r i f f t sowohl den personalwirtschaftlichen Sektor m i t allen seinen Problemen: die Ausbildung, Qualifikation, Teamarbeit, nicht zuletzt auch Mitbestimmung, und das t r i f f t natürlich auch den sogenannten Leistungssektor, den Dienstleistungssektor, der sich ja immer mehr auf Kosten des eigentlichen Hoheitssektors vergrößert. Der gewalttätige Geist der Zeit zeigt ja übrigens gerade auch i n der letzten Zeit, daß selbst die klassischen Funktionen des Staates, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, wieder eine ganz neue Bedeutung gewonnen haben und daß auch hier gerade die Frage einer wirksamen Exekutivorganisation von höchster Aktualität geworden ist. Wer sich einer gesellschaftlichen Verantwortung verbunden fühlt, wer an die Aufgabe glaubt oder m i t i h r verhaftet ist, daß unser Schicksal i n irgendeiner Weise eben m i t der Staatsorganisation, m i t der Verteilung der Verantwortlichkeiten oder auch m i t der Arbeitsteilung zusammenhängt, der findet hier eigentlich das Zentralthema unserer Zeit. Ich darf Ihnen allen für das Interesse danken, das Sie durch Ihre Anwesenheit eben diesem Thema bekunden und darf Ihnen recht fruchtbare Beratungen wünschen. Erster Bürgermeister i. R. Professor Dr. Herbert Weichmann

Eröffnung durch Staatssekretär Dr. Wolfgang Rutschke Bundesministerium des Inneren

Ich halte es für einen überaus glücklichen Umstand, daß die Hochschule für Verwaltungswissenschaften — gemeinsam m i t der Deutschen Sektion des internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften — ihre diesjährige Arbeitstagung ebenso wie i m vergangenen Jahr dem Thema „Ministerialorganisation i n Bund und Ländern" widmet. Eine kaum verständliche Abstinenz der Verwaltungswissenschaften i n den vergangenen Jahrzehnten gegenüber diesem Thema hat zu einem Nachholbedarf geführt, der erwarten läßt, daß diese Arbeitstagung an der idealen Begegnungsstätte zwischen Wissenschaft und Praxis nicht Ende, sondern Beginn einer fruchtbaren Auseinandersetzung sein möge, t W i r stehen heute am Beginn einer neuen Entwicklungsphase i n der Verwaltung. Nachdem sich der Verwaltungsrechtsschutz der Perfektion nähert, beginnt die Verwaltungsorganisation, sich einen höheren Stellenwert i m Gesamtsystem zu erkämpfen. Damit nimmt langsam die Erkenntnis zu, daß Verwaltungsorganisation, insbesondere Ministerialorganisation, nicht jeder „einfach so machen kann". Ministerialorganisation ist mehr als nur das Basteln an „Kästchen" i m Geschäftsverteilungsplan. Kybernetische Denkansätze, aber auch unsere Erfahrungen i n der Praxis haben uns gezeigt, daß eine perfekt erscheinende Geschäftsverteilung, daß aufbauorganisatorische Maßnahmen allein die Probleme nicht mehr lösen. Es bedarf nicht der mahnenden Rufe des Bundes der Steuerzahler, u m uns darüber klar zu werden, daß w i r die immer noch steigenden Anforderungen an den Staat, insbesondere an die Verwaltung, nicht allein m i t Personalvermehrungen beantworten können. Jeder neu eingestellte Mann i n der Verwaltung vermehrt die Probleme i m Bereich der Führung, der Information, der Koordinierung, der Personalplanung, aber auch der Unterbringung und der Haushaltsplangestaltung. Hier ist die Organisation aufgerufen zu helfen — hier ist ihre politische Aufgabe. Bundesminister Genscher, der übrigens sehr bedauert, daß er als der für Organisationsfragen zuständige Bundesminister heute nicht bei Ihnen sein kann, hat immer wieder auf diesen scheinbar so verhängnisvollen Kreislauf zwischen vermehrten Staatsaufgaben und partiellem

14

Eröffnung

Personalanstieg hingewiesen und entsprechende Maßnahmen, wie ζ. B. neuerdings die Vorbereitung eines Rationalisierungsprogramms, eingeleitet. Ich verkenne nicht, daß allein schon der Gebrauch des Wortes Rationalisierung Überraschung ausgelöst hat — Überraschung deshalb, w e i l unsere bisherige Vorstellungswelt m i t dem Wort Rationalisierung Fließbandarbeit, elektrische Zeitnahme und automatische Melkgeräte verbindet, dagegen die Kombination von Verwaltung und Rationalisierung als unfein und unpassend ansieht. Wenn auch manche das Wort „Reform" für ästhetischer halten, so b i n ich doch der Auffassung, daß m i t dem Begriff Rationalisierung i n aller Eindeutigkeit auf den Willen hingewiesen wird, die Organisationsstruktur weiterzuentwickeln, die organisatorischen Arbeitsbedingungen zu verbessern und auf eine Effizienzsteigerung hinzuwirken. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die da meinen, das sei eine einfache Aufgabe. Es genügt eben nicht, lediglich ein paar neue Büromaschinen anzuschaffen. Gerade die Ministerialorganisation i n ihrer Mittelfunktion zwischen Politik und Verwaltung verlangt ein buntes Spektrum von Maßnahmen, das von der Einführung neuer Führungsmethoden bis hin zum Betrieb von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen reicht. Nun hat die öffentliche Diskussion i n der letzten Zeit eine sehr merkwürdige Wendung genommen, m i r w i l l scheinen, nicht ganz ohne Emotionen. „Die Beamten fressen den Staat auf", hieß kürzlich die Alarmmeldung i n einer großen Illustrierten; „Kostenexplosionen", „Beamte statt Krankenhäuser" usw. Lassen Sie mich auf diese undifferenzierten Aussagen eines erwidern: Die Verwaltung bekommt ihre Aufgaben vom Gesetzgeber und erfüllt sie kraft Verfassungsauftrag i m Interesse aller Bürger. W i r können uns nicht wie die Industrie von besonders personalaufwendigen und damit unwirtschaftlichen Aufgaben trennen. W i r müssen dem Bürger immer wieder klar vor Augen führen, daß m i t dem Anstieg seiner Forderungen an den Staat unausbleiblich ein A n stieg des Personals notwendig wird. Wer mehr Staat w i l l , kann nicht gleichzeitig eine drastische Reduzierung des Personalbestandes fordern. Der Bürger hat ein Interesse an Leistungen der Verwaltung. Er muß daran interessiert sein, daß diese Leistungen korrekt, rasch und unkompliziert erbracht werden und daß der Aufwand für diese Verwaltungsleistungen i n einem vernünftigen Verhältnis zum gemeinsamen Nutzen steht. Das ist das eigentliche Ziel der Rationalisierungsbemühungen, an denen die Beamten pflichtgetreu mitarbeiten. Es wäre ungerecht und unklug, sie als unnütze Kostgänger des Staates zu diffamieren. Die Forderungen sind an uns alle gestellt. Ich möchte die politische Spitze — ich weiß mich darin mit Minister Genscher einig — nicht ausnehmen und hoffe, daß ich m i t dieser Aussage manchen fast resignie-

Eröffnung

renden Organisationsreferenten wieder aufrichten kann. Es muß das Bewußtsein bei jedem Hessortchef geweckt werden, daß er nicht außerhalb des Systems steht und daß auch er gewisse organisatorische Bedingungen anerkennen muß. Ein Verwaltungssystem w i r d nur dann effizient sein, wenn sich der Chef auch als Rollenträger versteht, was nicht — ich w i l l Mißverständnissen gleich vorbeugen — eine Einschränkung der hierarchischen Weisungsgewalt bedeutet. Gleichwohl bin ich der Ansicht, daß die Beziehungen der Führungsspitze eines Ressorts zum Apparat und umgekehrt durch objektivierte Formalisierungen, die den neuesten organisationswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, geregelt werden müssen. Das gilt insbesondere für die Fragen — i n welchem Verfahren die politischen Ressortziele festgelegt werden und ihre Durchführung kontrolliert w i r d — was der Minister und seine Staatssekretäre selbst entscheiden müssen und was auf Abteilungsleiter und Referenten delegiert w i r d — ob der Minister sich einen großen Stab schafft oder ob er sich i n der Regel der Linienorganisation bedient — wann und i n welcher Form Zielvorstellungen aus dem politischen Raum zu berücksichtigen sind — welche Informationen aus Apparat und Umwelt der Ressortchef benötigt, und wie er selbst Informationen aus seinem und dem politischen Bereich an den Apparat abgibt. Haben w i r diesen Fragenbereich zufriedenstellend allgemein geregelt, dann w i r d sich für jeden Angehörigen eines Ministeriums Auftrag und Verantwortungsbereich genau festlegen lassen. Lassen Sie mich auf ein zweites Problem aufmerksam machen, das ist der Mensch i n der Organisation. Sie alle werden m i r zustimmen, daß es nicht abstrakte Organisationsprinzipien sind, die uns die meisten Sorgen bereiten, sondern die Menschen i n der Organisation. Manches, was — gemessen an der „reinen Organisationslehre" — ungereimt erscheint, w i r d verständlich, wenn w i r die Motive der betreffenden Personalentscheidungen kennen. Der Staat als Arbeitgeber trägt eine stärkere sozialpolitische Verantwortung als private Arbeitgeber, was i m Extrem an einem englischen Beispiel deutlich wird. Dort haben es technische und organisatorische Rationalisierungsmaßnahmen ebenso wie bei uns möglich gemacht, daß die Lokomotiven nur noch von einer Person bedient werden. Trotzdem fährt noch ein zweiter Mann mit, weil man i h n nicht der Arbeitslosigkeit oder der Umschulung aussetzen w i l l . Ein weiteres Beispiel: Der Hafenarbeiter-Streik i n England über den Container-Einsatz.

16

Eröffnung

A u f diese Weise kommen zusätzliche Forderungen auf die Organisation zu. Ich nenne nur beispielhaft — der Widerstreit zwischen Spezialistentum und der Flexibilität i n der Personalplanung — das medizinische wie organisatorische Problem des „Leistungsknicks", das mich möglicherweise veranlaßt, neue Organisationseinheiten ohne zwingende Notwendigkeit zu schaffen — Versäumnisse oder Ungereimtheiten bei der Personalplanung, die zur Erhaltung der Motivation durch organisatorische Maßnahmen ausgeglichen werden müssen. Hinzu kommt, daß die veränderte Einstellung der Beamten moderne Führungstechniken verlangt, die ihrerseits bei organisatorischen Strukturüberlegungen berücksichtigt werden müssen. Eine Reform des öffentlichen Dienstrechts w i r d Stückwerk bleiben, wenn nicht gleichzeitig ergänzende organisatorische Maßnahmen hinzutreten, wozu ich insbesondere ein geschlossenes Personalplanungssystem zähle. Den richtigen Mann m i t lachendem Gesicht an den richtigen Platz zu bekommen, erscheint m i r ein wichtiges und erstrebenswertes Organisationsziel zu sein. Lassen Sie mich i n diesem Zusammenhang auf einen Aspekt hinweisen, der stets gesehen werden muß — das Beharrungsvermögen von alten Strukturformen und Verfahren nach dem Motto: Das haben w i r immer schon so gemacht. Punktum. Ich weiß nicht, ob es eine allgemein menschliche Verhaltensweise ist oder ob sie nur für den Beamten charakteristisch ist, jedenfalls w i r d mancher Modernisierungs- und Rationalisierungseffekt dadurch zunichte gemacht, daß man viel mehr Gründe findet, die gegen einen Vorschlag, als die dafür sprechen. Ich habe es erlebt, daß die Ankündigung von organisatorischen Veränderungen i n den davon betroffenen Teilen der Behörde zu einer wochenlangen totalen Lähmung geführt hat. Hier hilft weder Resignation noch Härte, sondern die Ressortleitung muß sich der Mühe unterziehen, interne Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben — unter frühzeitiger Offenlegung eigener Überlegungen — unter rechtzeitiger Einschaltung der Betroffenen und — unter Aufforderung zur M i t w i r k u n g an den geplanten Maßnahmen. Wie ich überhaupt den für die Organisation i n den Ministerien Zuständigen allzu große Bescheidenheit bescheinigen muß. Ich weiß nicht, ob der Organisationsreferent überall der „starke Mann" ist, der er sein muß, u m gegen alle Widerstände die zweckmäßigste und wirtschaftlichste Organisationsform durchzusetzen und — das erscheint m i r fast

Eröffnung

ebenso wichtig — die Organisation den jeweiligen politischen Schwerpunktbildungen anzupassen. Ich w i l l Ihrer Erörterung am morgigen Tage nicht vorgreifen, meine jedoch, daß ein Mann mehr i m Organisationsreferat dazu beitragen kann, zehn andere einzusparen. Der Organisationsreferent muß i n der Lage sein, jederzeit zu erkennen, welche Programme i m Ressort laufen, er muß sofort über Schwachstellen informiert werden und er muß vielfältige Organisationsmittel zur Verfügung haben, u m i n allen Situationen reagieren zu können. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob der Organisationsreferent dem Ministerstab angehört, wichtig ist, daß er — vorrangig beim Minister vortragen kann — die notwendigen Informationen aus dem Haus erhält — die erforderlichen Organisationsmittel zur Verfügung hat und — zweckmäßig ausgebildet und den Anforderungen entsprechend ausgesucht ist, und damit komme ich zu einem letzten Problem. Moderne Organisation erfordert neuzeitliche Methoden und Techniken. Ich weiß, daß es eine Reihe davon gibt, daß sie auch i n der W i r t schaft erprobt sind, daß sie aber i n der öffentlichen Verwaltung noch nicht angewendet werden. Hier ist das Problem lediglich, daß man die Schätze findet und den Mut aufbringt, sie zu benutzen. Ein viel schwerwiegenderes Problem liegt darin, daß die öffentliche Verwaltung auf viele Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre nicht zurückgreifen kann, weil sie auf quantifizierbaren Organisationszielen aufgebaut sind, während sich die Verwaltungstätigkeit häufig i m nicht-quantifizierbaren Bereich bewegt. Hier ist ein weites Feld für methodische Entwicklungen, wozu ich auch Testeinrichtungen, etwa i n Verwaltungsplanspielzentren, rechnen möchte. Ich halte Testeinrichtungen auch deshalb für notwendig, weil sie uns möglicherweise eine k r i tische Würdigung von ausgesprochenen Modeerscheinungen, die es auch i n der Verwaltungsorganisation gibt, erlaubt. Lassen Sie mich nur die drei Begriffe „Stab" „Team" „Management-Informationssystem" nennen und Sie wissen, was ich sagen wollte. Damit schließt sich der Kreis. Ich sprach eingangs von der Abstinenz der Verwaltungswissenschaften. Ich richte als Praktiker die dringende Bitte an die Wissenschaft, insbesondere an die Forschungseinrichtungen der Verwaltungshochschule Speyer, helfen Sie uns, geben Sie uns me2 Speyer 52

18

Eröffnung

thodisches Rüstzeug. Hier ist eine Aufgabe für Sie, die Ihnen niemand abnehmen kann. I n diesem Sinne wünsche ich — auch i m Namen von Herrn Minister Genscher, der mich darum ausdrücklich gebeten hat — dieser Arbeitstagung einen großen Erfolg. Mögen die Praktiker erleichtert und bereichert von dannen ziehen, so wünsche ich dem Gastgeber, daß er aus unseren Problemen und Sorgen, die w i r i h m hier lassen, ein wissenschaftliches Kapital anlegt.

Eignung der herkömmlichen Organisation der Ministerien zur Erfüllung ihrer Aufgaben Von Eberhard Laux

I. Das Objekt 1. Ministerien sind in ihrer Organisation nur bedingt miteinander vergleichbar

Hinter der Behördenbezeichnung „Ministerium" stehen Organisationen von großer Unterschiedlichkeit, die sich einer pauschalen Betrachtung entziehen. Ministerien i m Saarland und i n Schleswig-Holstein, Ländern ohne staatliche Mittelinstanz, sind weithin etwas anderes als solche i n Nordrhein-Westfalen und wiederum als die obersten Behörden i n den Stadtstaaten. I m Bund ist die tatsächliche Organisationsstruktur ζ. B. des Innenministeriums eine andere als die des Außenministeriums und diese wiederum recht verschieden von der des M i n i steriums für Bildung und Wissenschaft oder der des Bundesministeriums für Verteidigung. Die weitgehend gleichen oder ähnlichen formalen Organisationsmerkmale verdecken die unterschiedlichen Leistungsanforderungen und -bedingungen. Das ist eine Tatsache, die bisher i n ihrem Gewicht kaum beachtet wurde. Sie w i r d aber demjenigen, der i n Überlegungen zur Verbesserung der Organisation eintritt und der m i t der Aufgabenstruktur beginnen muß, schnell offensichtlich. I n der Realität des Organisierens nützt eine hohe Abstraktionsebene der Betrachtung recht wenig. Jeder Chef einer Kommunal Verwaltung — u m eine andere Verwaltungsebene zu nennen — erlebt täglich, daß i h m nicht weiterhilft, wenn er zwischen ordnenden, leistenden, gestalteten Aufgabenbereichen unterscheidet und zwischen unmittelbaren und mittelbaren Aufgabenbereichen zu systematisieren weiß. Aufgaben einer objektorientierten technischen Verwaltung wie der Bauverwaltung sind auch strukturell anders als die weithin auf Menschen bezogenen Aufgaben der Sozialund Gesundheitsverwaltung. Der subtile Gestaltungsbereich des K u l tur- und Bildungswesens, ist etwas anderes als der gleichfalls sensible der ordnenden Verwaltung, vor allem wenn sie m i t Polizeieinsatz verbunden ist. So sollte man Denkansätze zu Verbesserungen nicht i m 2·

Eberhard L a u x

20

Bereich der ministeriellen Aufgaben, sondern bei den Funktionen und der A r t ihrer Aktivierung suchen. Die Aufbauorganisation m i t ihren Modellen und Organisationsfiguren hat zwar eine wichtige Bedeutung für die Bildung von Dienststellen, die Verteilung der Aufgaben und den Einsatz von Personal bzw. sachlichen Mitteln, für Konzepte einer Systemsteuerung gibt sie indes wenig her, weil sie nur formale Strukturen bereitstellt. 2. I n der Organisation lassen sich drei Funktionsbereiche: die Steuerung, die operativen Bereiche und der Service-Bereich unterscheiden

Zur Erklärung der organisatorischen Beziehung i n einem System, wie es ein Ministerium darstellt, sei hier nicht auf die gebräuchliche Trennung zwischen Regierungs- und Verwaltungsfunktionen abgestellt, die vorwiegend für die Frage der Ausgliederung von Aufgaben Bedeutung hat. Es soll vielmehr ein einfaches Erklärungsschema verwendet werden, das die Funktionen innerhalb einer Organisation i n 3 Gruppen teilt: (1) Zentrale Steuerungsfunktionen (stearing) (2) Operative Funktionen (operating) (3)

Service-Funktionen

die wiederum i n beratende, administrative und ausführende Unterstützungsfunktionen gegliedert werden können 1 . Dadurch werden die wechselseitigen Verflechtungen besser darstellbar. Bei der Übertragung dieser Deutung auf ein Ministerium müssen nun zwei unterschiedliche Blickrichtungen berücksichtigt werden: a) das Ministerium i n seiner Einordnung i n das Gesamtsystem, der obersten Ebene der öffentlichen Verwaltung, b) die interne Organisation des Ministeriums selbst. Zu a): Die Funktionen eines Ministeriums innerhalb der Ministerialebene Die zentralen schreiben

Steuerungsfunktionen

lassen sich hier wie folgt be-

— Spitze einer Behördenhierarchie von unselbständigen Instanzen (Beispiele: Bundeswehr, Finanzverwaltung, Polizei, Vermessungsverwaltung, Schulverwaltung) — Aufsichtsbehörde über rechtlich selbständige, nachgeordnete stanzen (Körperschaften, Anstalten, Stiftungen u. ä.) 1 Dieses Schema w i r d neuerdings von Jürgen Wild, München 1971, S. 30, als SOS-Konzept interpretiert.

In-

Product-Management,

Eignung der Ministerialorganisation zur Aufgabenerfüllung

21

— Koordinierungsfunktionen innerhalb des föderalen Systems zwischen Länder-Ressorts gleicher Aufgaben — Aufgabenorientierte Koordinierung zwischen den Ressorts des Bundes bzw. eines Landes. Als operative Funktionen

wären zu nennen

— die Wahrnehmung der fachlichen Ressortaufgaben, nämlich der Weiterentwicklung, Planung, Programmierung und Durchsetzung einzelner übertragener Fachbereiche. So hat ein Ministerium m i t der Aufgabe des Verkehrswesens verständlicherweise alles bezüglich dieser Fachaufgabe zu tun, was zur Weiterentwicklung und Realisierung des Verkehrswesens unter Berücksichtigung der Funktion einer obersten Instanz notwendig ist. Bei den Service- bzw. Unterstützungsfunktionen beachten:

wäre folgendes zu

— Eine nach außen beratende Funktion w i r d von einem Ministerium wahrgenommen, wenn es als „Stab" für einen besonderen Fachbereich gegenüber Regierung und Parlament tätig wird. Eine weitere unterstützende Tätigkeit wäre die fachliche Beratung anderer Ministerien und nachgeordneter Dienststellen bei der Lösung spezieller Aufgaben übergreifender Art, wie ζ. B. der Automation, der Aufgaben des Umweltschutzes, u m nur zwei Aufgaben des Bundesministerium des Innern zu nennen. — Administrativ betätigt sich ein Ministerium für die Ministerialebene dann, wenn es durchführende bzw. ausführende Aufgaben übernimmt. Beispiele wären i m Personalwesen die zentrale Berechnung und Zahlbarmachung von Bezügen, die Wahrnehmung statistischer Aufgaben, die Regelung des Geldverkehrs, die Vorhaltung von Informationssystemen. — Ausführende Funktionen, bei denen die unmittelbare Leistung bereitgestellt wird, nimmt es ζ. B. bei der Vorhaltung eines Rechenzentrums oder einer sonstigen technischen Einrichtung wahr. Zu b): Die Gliederung der Funktionen innerhalb stellt sich wie folgt dar: — Zentrale

eines Ministeriums

Steuerungsfunktionen

Hierzu wäre alles zu zählen, was man m i t dem Bereich Führungsorganisation einschließlich der Projektorganisation umschreibt, auch die organisatorischen Regelungen der Steuerung. Ein sehr wichtiges Thema stellt sich m i t der Frage der Programmentwicklung (Ressortplanung).

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— Operative Funktionen Untergliederungen.

obliegen den Fachabteilungen bzw. ihren

Ein Angelpunkt der organisatorischen Regelungen ist hier die Basiseinheit, i m Ministerium zumeist als Referat bezeichnet. Ein anderer Themenkreis, der zunehmend wichtigere Bedeutung gewinnt, ist die Gestaltung der Arbeitsabläufe und das Organisieren gruppenorientierten Zusammenwirkens (Teamorganisation). — Der Begriff der schnittsaufgaben, sen wie auf die — Hier bündeln sich

Service-Funktionen verweist auf die sog. Querd. h. Personalwesen, Organisation und Finanzwewenig entwickelte — zentrale Erfolgskontrolle. sowohl beratende wie administrative Tätigkeiten.

— Zu den ausführenden Funktionen gehört alles das, was man als „Innerer Dienstbetrieb" bezeichnet. Die Ministerialorganisation muß nun auf die ausreichende Aktivierung dieser Funktionen nach den beiden obersten Maßstäben für die Durchführung von Verbesserungen, nämlich dem betrieblichen Maßstab der Effektivität und dem politischen der Festigung des demokratischen Systems ausgerichtet sein 2 . I I . Grundzüge der herkömmlichen Organisation der öffentlichen Verwaltung 1. Die öffentliche Verwaltung hat sich vorwiegend nach Objekten organisiert

I m Organisationsdenken haben sich als Leitbilder für die Gliederung einer Organisation, insbesondere i m Bereich der Führung die Funktion (Verrichtung), das Objekt (Fachaufgabe), der Raum (Territorium) 3 , herausentwickelt. I n der Organisationstheorie hat man i m Laufe der Jahrzehnte zunächst Modelle entworfen, die entweder stärker auf eine Gliederung nach Funktionsbereichen oder auf eine solche nach Objekten (divisional) orientiert sind. Die modernen Management-Konzepte suchen jeweils eine Verknüpfung aller Dimensionen. Der Organisationspraxis der öffentlichen Verwaltung entsprach und entspricht noch immer die formale Gliederung vorwiegend nach Objekten und Raum, 2 Das von Frido Wagener, Neubau der Verwaltung, B e r l i n 1969, Übersicht 22 nach S. 320 ( = Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Band 41) f ü r die Territorialreform entwickelte Maßstabsgerüst k a n n auch f ü r andere Reformzwecke abgewandelt werden. 3 Weitere Unterscheidungen nach Rang, Phase, Zweckbeziehung sollen hier unberücksichtigt bleiben.

Eignung der Ministerialorganisation zur Aufgabenerfüllung

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d.h. nach Fachbereichen unter Vernachlässigung des Gedankens der Gliederung nach Funktionen. Diese geringere Bewertung der funktionalen Orientierung hat nun zu spezifischen Folgen geführt, die auch heute trotz einer allmählichen Anpassung noch weithin spürbar sind. Das Anwachsen der objekt- bzw. zielgruppenorientierten Leistungsaufgaben, auf deren gleichmäßige und ordnungsmäßige Wahrnehmung besonderer Wert gelegt wurde, führte zwangsläufig zu der Notwendigkeit, die Leistungsbereiche immer stärker hierarchisch zu fixieren. Damit wurde der Vorgang einer Bevorzugung der organisatorischen Gliederung i n der Vertikalen gegenüber der funktionsbezogenen Horizontalen noch verstärkt. Diese auch rechtlich festgelegte „Versäulung" der Organisation bereitet heute den zentralen Steuerungsstellen, wie i m Bundeskanzleramt bzw. den Staatskanzleien größte Schwierigkeiten. 2. Die Organisation der Querschnittsaufgaben wurde vernachlässigt

Die Einordnung der sog. Querschnittsaufgaben wurde nach wie vor unzulänglich geregelt. Bei einer mangelnden Ausbildung von Funktionsbereichen, die gerade für die Steuerung des Ganzen entscheidend sind, mußten die Koordinationsaufgaben i n der Spitze der Verwaltung außerordentlich steigen. Dem konnte man weder durch Verstärkung der oberen Führungsebene (Multiplikation des Staatssekretärs), noch durch die Bildung oft ungenügend mit dem Informationspotential verknüpfter Stabsstellen begegnen. I I I . Trends, die auf die Entwicklung der Ministerialorganisation einwirken I m folgenden sollen nun einige wichtige Trends ohne den Anspruch auf Vollständigkeit genannt werden, die sich aber i n der Organisation der Ministerien deutlich ausgewirkt haben: (1) Wachsende Vielfalt der Aufgaben und steigendes Aufgabenvolumen Folge: Anwachsen des Personalkörpers hörden

und der Zahl der Be-

(2) Steigende Komplexität der Aufgaben bei größerem Entscheidungsrisiko Folge: Wachsende Schwierigkeiten i n der Entscheidungsfindung (3) Stärkerer Verbund bei der Aufgabendurchführung i m internationalen, supranationalen wie besonders i m nationalen System Folge: Erhöhter Koordinierungsbedarf

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(4) Wachsendes Problembewußtsein des Politikers und des Bürgers Folge: Erhöhte Inanspruchnahme i m gesamten Führungsbereich durch politische Kontakte, Beratung und Orientierung von Politikern und Öffentlichkeitsarbeit. (5) Spezialisierung der Leistungsdarbietung Folge: Steigende qualitative Anforderungen an die Gesamtorganisation (6) Vordringen des technischen Sachverstandes infolge der Individualisierung der Leistungsdarbietung Folge: Schwierigkeiten i n der internen Kooperation und höherer Koordinierungsbedarf i m Führungsbereich. (7) Wachsende Knappheit der Ressourcen für die Aufgabendurchführung, d. h. besonders von Personal und Finanzmitteln Folge: Erhöhte Schwierigkeiten i n der administrativen rung und weiterer Bedarf an Planung.

Steue-

(8) Erhöhtes Selbstbewußtsein der Mitarbeiter Folge: Anwachsendes Gewicht der Personalführung. (9) Wachsender Bedarf an Verfahrensregeln und an Instrumentarien Folge: Erhöhter Bedarf an organisatorischer Rationalisierung.

Beratung und an

Dazu t r i t t noch eine zunehmende Instabilität von Strukturen 4 und Positionen m i t der Folge einer ansteigenden Berücksichtigung von Außeninformationen der Parteien, Verbände, sonstige gesellschaftliche Gruppen usw. Dieser sicherlich flüchtige Uberblick verweist, wenn man i h n i n Beziehung zu der traditionellen Bevorzugung bestimmter Organisationsfiguren setzt, auf aktuelle Probleme i m Führungsbereich. Schon hier kann folgendes festgestellt werden: Nach allen Beobachtungen hat die öffentliche Verwaltung i m durchführenden Bereich einen verhältnismäßig hohen Leistungsstandard, während es i m Bereich der Führungsorganisation vieles aufzuarbeiten gilt. Davon ist die Ministerialebene besonders betroffen.

4 A u f diese auch f ü r praktische Organisationstätigkeit wichtige Erscheinung wurde i n dem Bericht der Projektgruppe „Organisation B M I " über die Überprüfung der Organisation des Bundesministeriums des I n n e r n v o m 1. 7.1969, S. 18/19 besonders hingewiesen.

Eignung der Ministerialorganisation zur Aufgabenerfüllung

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IV. Beschränkungen bei der Auswahl organisatorischer Lösungen Daß die öffentliche Verwaltung anderen Zwängen unterliegt, als ein privates Unternehmen und sie deshalb von ihrer Struktur her leichter zur Inflexibilität neigen wird, ist weithin erkannt. Hier sind folgende Konflikte zu beachten: (1) Zielsuche, Programmierung und Festsetzung von Zielen ist i n der öffentlichen Verwaltung, insbesondere i m Bereich der Ministerien, ein Prozeß von teilweise großer Komplexität und Differenziertheit. Welche Schwierigkeiten hier zu bewältigen sind, werden die folgenden Referate sicherlich aufzeigen. (2) I m Verfassungssystem ist der Vorgang der politischen Verantwortung i n unterschiedlicher Weise, aber doch generell als ein wichtiges Strukturelement des demokratischen Parlamentarismus festgelegt. Die Führungsorganisation steht nicht beliebig für Veränderungen zur Disposition. Umgekehrt w i r d sie außerordentlich stark von den jeweiligen Trägern der politischen Verantwortung, also den Ministern selbst geprägt. Es ist eine irreale Vorstellung, einen Minister, der Politiker, Abgeordneter eines Wahlkreises und Chef einer Verwaltung ist, i n ein Organisationsmodell hineinpressen zu wollen, das überwiegend von den administrativen Funktionen her entwickelt ist. A l l e i n m i t Appellen an beiderseitiges Verständnis und an allgemeine Disziplin ist es nicht getan. Hier müssen pragmatische Lösungen gesucht werden. (3) Die Struktur des Personals i n der öffentlichen Verwaltung w i r d von den politischen Forderungen nach der Gleichmäßigkeit und Sicherheit der Tätigkeiten geprägt. Es ist ebenfalls eine politische Forderung, die i n vielfältiger Weise die organisatorischen Lösungen beeinflußt, daß die gesamte Administration transparent, überschaubar und damit auch kontrollfähig sein soll. Dies betrifft nicht nur die Leitung, sondern auch die gesamte Regelung der Aufbauorganisation. (4) Die Forderung nach weitgehender Berücksichtigung der Rechtförmigkeit muß zwangsläufig zu einer Perfektionierung bürokratischer Verfahren führen. (5) Die Forderung nach Sozialstaatlichkeit des politischen und administrativen Handelns steht i n K o n f l i k t m i t der häufigen Forderung nach Wirtschaftlichkeit bzw. überhaupt der ökonomisierung des Verwaltungshandelns. Diese Zwänge bedeuten keineswegs, daß Verbesserungen nicht möglich sind, aber Zielkonflikte müssen zwangsläufig zu Kompromissen

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f ü h r e n , die f ü r die a d m i n i s t r a t i v e , b e t r i e b l i c h e Seite n i c h t i m m e r o r g a nisatorisch o p t i m a l e L ö s u n g e n bedeuten. O r g a n i s a t i o n u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der eben g e n a n n t e n M a x i m e n ist e t w a s u n g l e i c h anderes u n d u n t e r l i e g t i n i h r e r R a t i o n a l i t ä t a n d e r e n B e d i n g u n g e n als i n der U n t e r n e h m u n g 5 . H i e r b e g i n n t die Organisationsaufgabe zu übersteigen.

das H a n d w e r k l i c h e

V . Schwachstellen der Organisation 1. Die Schwachstellen der Ministerialorganisation sind weithin bekannt D i e V e r b e s s e r u n g s n o t w e n d i g k e i t j e d e r O r g a n i s a t i o n i s t e i n ständiges P r o b l e m . Daß i m B e r e i c h d e r M i n i s t e r i e n a n dessen L ö s u n g i n t e r n a t i o n a l g e a r b e i t e t w i r d , zeigt die T a g u n g , die diese Hochschule i m S e p t e m b e r v o r i g e n Jahres v e r a n s t a l t e t h a t 6 . Es s o l l n i c h t auf die V i e l z a h l d e r u n k r i t i s c h e n B e h a u p t u n g e n e i n g e g a n g e n w e r d e n , die l e i d e r i n der V e r g a n g e n h e i t h ä u f i g auch aus d e m B e r e i c h der P o l i t i k g e k o m m e n sind. H i e r i s t z u hoffen, daß sich e i n W a n d e l a n d e u t e t , der a l l e i n schon i n der k l e i n e n A n f r a g e d e r S P D - u n d F D P - F r a k t i o n ü b e r die V e r w a l t u n g s v e r e i n f a c h u n g v o m 25. A u g u s t 1972 sichtbar w i r d 7 . Sie d e u t e t an, 5 Die Materie ist sicher noch zu w e n i g aufgearbeitet. Kritische Auseinandersetzungen von verwaltungswissenschaftlicher Seite werden aber durch die Versuche, Management-Modelle u n d unternehmerische Führungstechniken auf die V e r w a l t u n g zu übertragen, herausgefordert. Siehe an neuerer L i t e r a t u r hierzu Knut Bleicher, Z u r Organisation von Leitung u n d Führung i n der Verwaltung, i n : Leistungsfähigkeit u n d Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen Verwaltung, H a m b u r g 1970, S. 53 = Veröffentlichungen des H W W A - I n s t i t u t für Wirtschaftsforschung H a m b u r g ; Otto Blume und Wilhelm M. Breuer, Das „Harzburger Modell" — ein Modell f ü r den öffentlichen Dienst? E i n Gutachten f ü r die ÖTV, Stuttgart 1972; Karl u n d Hartmut Kubier y Moderne öffentliche Verwaltung, Stuttgart u . a . 1971, S. 91 ff.; Eberhard Laux, Verwaltungsführung u n d betriebliches Management, i n : Demokratie u n d Verwaltung, B e r l i n 1972, S. 537 ff. = Schriftenreihe der Hochschule Speyer, B a n d 50; ders. Managementmodelle f ü r die öffentliche Verwaltung, i n : DVB1. 1972, S. 167 ff.; Helmut Lecheler, Personalpolitik u n d Personalführung i n der öffentlichen Verwaltung, Bonn-Bad Godesberg 1972 = Godesberger Taschenbücher, Wissenschaftliche Reihe, Band 9; Edwin Kube u n d Hartmut Kübler, Das Harzburger Modell — ein zeitgemäßer Führungsstil für die öffentliche Verwaltung, i n : Baden-Württembergisches V e r w a l tungsblatt, S. 129 ff.; Hermann Schönfelder, F ü h r u n g zwischen Tradition und Innovation, i n : DVB1. 1972, S. 937 ff.; Rüdiger Göb, Probleme der Verwaltungsstruktur i m modernen Staat, i n : Staats- u n d K o m m u n a l Verwaltung 1973, S. 3 ff.

• Tagungsbericht als Band 48 der Schriftenreihe der Hochschule Speyer unter dem T i t e l : A k t u e l l e Probleme der Ministerialorganisation, B e r l i n 1972 erschienen. 7 Drucksache VI/3738; die A n t w o r t des Bundesministers des I n n e r n v o m 19. 9.1972 — Drucksache VI/3821 hebt folgende Schwerpunkte eines Rationalisierungsprogrammes hervor: „ — Verbesserung der S t r u k t u r der Behörden, — Festlegung klarer Verantwortungsbereiche f ü r den einzelnen Beamten u n d f ü r die organisatorischen Einheiten,

Eignung der Ministerialorganisation zur A u f g a b e n e r f ü l l u n g 2 7

daß die gesamte Problematik i n der Zukunft stärker i m politischen Blickfeld liegen w i r d und dadurch eine bessere Verständigung zwischen Politik und Administration herbeigeführt werden könnte. Man kann sich der Aufgabe einer fundierten Analyse natürlich auch so entziehen, daß man sie durch Behauptungen ersetzt. So w i r d festgestellt 8 : „Der Führungsstil der Verwaltung stammt aus der Welt des Absolutismus, der den modernen Staat begründete. A n dieser Tradition orientiert sich die Verwaltung noch heute. Dem Wesen des absoluten Staates entsprechend gilt für das Verhalten von Vorgesetzten und Untergebenen der Grundsatz der Über- und Unterordnung, d. h. des Befehlens und Gehorchens i m Rahmen der Hierarchie. Die Auffassung, daß es das Recht des Vorgesetzten sei, das Handeln seiner Untergebenen zu bestimmen und die Überzeugung, daß der Wille der höheren Instanz kräftiger und inhaltlich besser sei als der Wille der untergebenen Instanz, bilden die geistige Basis für den Führungsstil der öffentlichen Verwaltung." Es gibt jedoch an seriöseren Äußerungen eine ganze Reihe von Projektstudien, von denen die wichtigste der „Erste Bericht zur Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung" aus dem Jahre 1969 ist 9 . Aber auch für die Landesressorts sind einige Überlegungen angestellt worden, die nicht den Anspruch geschlossener Konzepte erheben, aus denen man aber viele Beobachtungen und Gedanken entnehmen kann 1 0 . 2. Ein Schwachstellenkatalog deutet besonders auf Mängel in der Führungsorganisation hin

Als häufige Schwachstellen werden folgende genannt: (1) Die Zersplitterung der Organisation i n zahlreiche Leistungseinheiten und damit ein zu starker Ausbau von hierarchischen Strukturen. — starke Verzahnung zwischen dem neu zu ordnenden öffentlichen Dienstrecht u n d den Organisationsregelungen, — Stärkung des Kostenbewußtseins durch vermehrte Einführung allgemeiner Wirtschaftlichkeitsberechnungen u n d Nutzen-Kosten-Überlegungen, — Rationalisierung der Geschäftsabläufe durch Modernisierung der I n f o r mations- und Führungstechniken sowie Einführung neuer Techniken der Arbeitsplanung, — stärkere u n d rechtzeitige M i t w i r k u n g von Rationalisierungsfachkräften bei Gesetzgebungsvorhaben, — Überprüfung aller Vorhaben der Bundesverwaltung auf ihre A u t o m a t i sierungseignung, — verstärkte Nutzung der Möglichkeiten neuzeitlicher Bürotechnik. 8 So Reinhart Höhn, V e r w a l t u n g heute, Autoritäre F ü h r u n g u n d modernes Management, Bad Harzburg 1970, S. V I I / V I I I . 9 Weiter der oben i n A n m . 4 genannte Bericht. 10 Siehe den Bericht der Projektgruppe beim Bayerischen Staatsminister i u m des Innern über: „Reform des Bayerischen Staatsministeriums des

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(2) Eine unzulängliche Organisation i m obersten Führungsbereich, sowohl was die formale Organisation wie auch das Steuerungsinstrumentarium betrifft. (Einzelne Probleme liegen darin, daß nach wie vor nicht ausreichend länger- und mittelfristig unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden M i t t e l geplant w i r d und daß eine zielorientierte Einschätzung der administrativen Möglichkeiten fehlt.) (3) Unzulängliche Ausbildung der Funktionen einer Erfolgskontrolle, ein eng m i t den Fragen der Organisation des Planungsprozesses zusammenhängendes Problem. (4) Zu weitgehende Zentralisation der Entscheidungsbefugnisse, umgekehrt die nicht ausreichende Delegation von Kompetenzen m i t einem Hang zur Schwerfälligkeit des Geschäftsgangs. (5) Formalistische Trennung, die oft die gesamten organisatorischen Regelungen durchzieht, zwischen Mitarbeitern m i t Ausbildung i n der allgemeinen inneren Verwaltung und solchen sonstiger Vorbildung. (6) Ungenügende Regelung der projektbezogenen Kooperation (7) Unterentwickelte ökonomisierung des Verwaltungshandelns (8) Lücken i m Bereich des öffentlichen Personalwesens (9) Unzureichende Überlegungen, durch Änderung des gesamten Führungsstils eine bessere Motivierung der Mitarbeiter zu erreichen. (10) Geringer Organisationsgrad der unmittelbaren Führungshilfe für die Behördenspitze (Stabsbildung) (11) Funktionshäufung i m oberen Führungsbereich (12) Informationsüberlastung und Fehlinformationen der Behördenspitze (13) Ungenügende Berücksichtigung der Kontrollspanne und der Frage einer effektiveren Organisation unterer Leistungsbereiche. Dieser Mängelkatalog bestätigt das oben Gesagte. Fast alle Schwachstellen betreffen letztlich das „Management", die Führungsorganisation. Es darf die Hypothese ausgesprochen werden, daß bei diesem Organisationsstand die oberste Führung i n der Verwaltung nicht i n der Lage ist, das i h r anvertraute Instrumentarium, also ein Ministerium als eine Bündelung von Aufgaben, Personal und Mitteln effektiv zu steuern, abgesehen von dem Phänomen, daß das Interesse der obersten Führung der Ministerien an Organisationsfragen wenig entwickelt ist. I n n e r n " von Oktober 1970. Dazu Eberhard Laux i n : „Demokratie u n d V e r waltung", B e r l i n 1972 = Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 50.

Eignung der Ministerialorganisation zur A u f g a b e n e r f ü l l u n g 2 9

Einige organisationsbegabte Spitzenkräfte machen hier eine rühmliche Ausnahme. Damit wäre bereits eine A n t w o r t auf die i m Thema liegende Frage gegeben, ob denn die herkömmliche Organisation der Ministerien zur Erfüllung ihrer Aufgaben geeignet ist. Angesichts des management-gap kann man die herkömmliche Organisation unter Berücksichtigung der oben hervorgehobenen Trends nur als zunehmend bedingt geeignet ansehen. Diese Ineffizienz hat indes nur i m Bereich der Programmierung zu einer auffällig krisenhaften Erscheinung geführt. VI. Felder möglicher Verbesserungen der Organisation 1. Management-Modelle können zur Lösung von Organisationsproblemen in Ministerien beitragen

I n der Diskussion der letzten Jahre u m die Verbesserung der M i n i sterialorganisation ist man darauf abgekommen, daß die einfache Übertragung von Konzepten zur Unternehmensorganisation nicht möglich ist 1 1 . Viele der von der Organisationstheorie und von der betrieblichen Praxis angebotenen Konzepte zeichnen sich durch eine mono- oder oligo-kausale Struktur aus und sind schon deshalb nur zur Deutung einzelner Vorgänge brauchbar. Dazu gehören beispielsweise auch die meisten der sog. Management-by-Modelle, deren Zahl ständig wächst. Sie sind zum Teil Produkte der Praxis der Unternehmensberatung i n den USA, die sich durch eine ζ. T. entwaffnende Simplizität i n der I n terpretation von Vorgängen, durch eine geschickte Verpackung neben einem sehr klaren Sinn für die Realitäten i n den zwischenmenschlichen Beziehungen auszeichnet. Sie sind deshalb nützlich, weil sie den M i t gliedern der Führungs- und Leitungsorganisation die Gelegenheit geben, sich gedanklich zu orientieren, indem sie systematisieren und betriebliche Phänomene und Organisationsfiguren einander zuordnen. Von nichtkompetenter Seite ist die Frage neulich aufgeworfen worden, wo denn eigentlich ein spezielles Führungsmodell für die öffentliche Verwaltung sei. Aber das scheint m i r die Frage des Erfinders des Blumenkastens an den Gartenarchitekten zu sein. Es hat sich nun weiter erwiesen, daß Modelle, die eine verhältnismäßig weitgehend quantifizierte Aussage aller Zielvorstellung voraussetzen, wie PPBS, zwar zur Grobstrukturierung von organisatorischen Lösungen aller A r t geeignet sind, aber bisher noch keine durchgreifenden Erfolge haben konnten. Nun hat diese Sachlage vielfach eine Aversion gegen jede modellartige Interpretation von organisatorischen Zusammenhängen ausge11 Siehe die L i t e r a t u r i n A n m . 5; dazu den Bericht der Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) 3/1971.

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löst. Sicher zu Unrecht. Wenn man aber aus dem Arsenal der Modelle eine zur Interpretation der Arbeitsweise einer Ministerialorganisation brauchbares auswählen w i l l , dann kann es nur ein komplexer Ansatz sein, der den Handlungsbedingungen der öffentlichen Verwaltung einigermaßen gerecht wird. Die am weitesten durchgeformte Technik ist wohl management by objectives (MbO) 12 . Sie soll hier zur Verdeutlichung herangezogen werden, selbst wenn der Vorgang der Zielsetzung i m Bereich der Verwaltung ein höchstdifferenziert strukturiertes Feld von Argumentation, Kriteriensuche, Bildung von tragfähigen Machtstrukturen für die Entscheidung usw. abdecken muß. MbO ist u. a. eine Überlegung zur Verbesserung der Querkoordination. Damit w i r d dieses Modell interessant, weil man damit eine notorische Schwäche der Verwaltung — insbesondere auch der Ministerialorganisation — markiert. Der konstruktive K e r n von MbO liegt darin, daß der sog. Managementzyklus von der Zielsetzung über Planung, Realisation, Ergebnismessung, Kontrolle und Abweichungsanalyse bis zur Zielanpassung i n seinen Hauptund Unterzyklen nach dem Regelkreisprinzip durchgearbeitet ist. M i t der Vorgabe von Leistungstandards, aber auch von Innovations- und Entwicklungszielen w i r d die Realisation gesteuert. Die operativen Bereiche sollen durch Kontrolldaten, die regelmäßig eingegeben werden, die Möglichkeiten zur stärkeren Selbststeuerung haben. I n die Phase der Realisation werden Techniken eingebaut und i n ihrer Verwendung formal festgelegt, wie Gruppendiskussion, Herstellung von Erfolgsberichten, Leistungsbewertung; sie sind verknüpft m i t Abweichungsanalysen und m i t den Überlegungen i m Bereich von Personalwirtschaft und Personalplanung. Hauptinhalte dieser Vorstellung sind also die Organisation des Planungsprozesses nach den Prinzipien der Zielvereinbarung i n den einzelnen Sparten und Instanzen, die Verminderung hierarchischer Strukturen durch eine weitestgehende Verlagerung der Routine nach unten und die Verbesserung der Leistungs- und Lernmotivationen der Mitarbeiter durch eine ständige Ausrichtung auf die Zielstruktur und auf die Leistungsstandards, die durch Planung ermittelt werden. Das ist alles nicht so neu, wie es sich mit seinen neuen Vokabeln anhebt. Aber durch die klare Zuordnung von auslösenden Momenten und notwendigen Folgerungen für den Führungsprozeß gewinnt ein solches Konzept Bedeutung für die Organisation, die auf ein betriebliches 12 Aus der wachsenden L i t e r a t u r hierzu George S. Odiorne, Management m i t Ziel vorgäbe (management decisions by objectives, deutsche Ausgabe München 1971; John Humble, Praxis des Management by Objectives, deutsche Ausgabe München 1972; eine kurze Zusammenfassung enthält auch das i n A n m . 1 erwähnte Buch von Jürgen Wild, a.a.O., S. 216 ff.

Eignung der Ministerialorganisation zur Aufgabenerfüllung

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Rechnungswesen als ein Informationssystem unter Einsatz der Computertechnik zurückgreifen kann. Nun ist bei einem Vergleich m i t der Ministerialorganisation darauf hinzuweisen, daß hier ein Vorgang einen der Planung mindest ebenbürtigen Rang einnimmt: die Gewährleistung einer schrittweisen K o ordination, weil vielfach die Möglichkeiten eindeutiger Zielsetzung oder Zielvereinbarung nicht oder noch nicht gegeben sind und die Durchführung von Aufgaben sehr vielen taktischen Problemen unterliegt, welche wiederum später für die Durchsetzung von hoher Bedeutung sind. Gerade diese vorwiegend taktische Orientierung von politischer Spitze und der Verwaltung, die ihr zuarbeitet, macht den Vorgang der Planung so schwierig organisierbar und die Effizienz der Planung oft ungenügend. Wer die Literatur verfolgt hat, w i r d aus der Studie von Hannes Friedrich: Staatliche Verwaltung und Wissenschaft 13 , manches zu dieser Problematik entnehmen können. Sie ist wichtig und nicht allein durch bessere organisatorische Strukturierung zu bewältigen. 2. Es ist möglich, umfassende, aber auch realisierungsfähige Verbesserungen der Ministerialorganisation zu benennen

Versucht man nun von den Grundgedanken einer Konzeption wie MbO die Felder organisatorischer Verbesserungen i n den Ministerien zu ordnen, so könnte man etwa sechs virulente Bereiche herausstellen: (1) Gewährleistung Mittel:

einer Führung durch Zielvorgabe und Planung

Aufbau einer besonderen Ebene organisatorischer Verflechtungen bei der Aufgabenprogrammierung Neuorganisation der Planung und Steuerung von Maßnahmen nach dem Prinzip des Regelkreises Bessere Integration der Querschnittsaufgaben i n die Ressortplanung Einführung von neuen Führungspositionen i n Anlehnung an das Controller-Konzept (2) Verbesserung des Willensbildungsprozesses Mittel:

in der Führung

Neuordnung der Funktionen i m oberen Führungsbereich, insbesondere der Staatssekretäre; Verstärkung kooperativer Formen innerhalb des Führungsprozesses; 13 Staatliche V e r w a l t u n g u n d Wissenschaft, Die wissenschaftliche Beratung der P o l i t i k aus der Sicht der Ministerialbürokratie, F r a n k f u r t (Main) 1970 = Studienreihe des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen SOFI.

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Ausbau von Stabsorganisationen zur führungsnahmen Assistenz. (3) Entlastung

der Führungsorgane

von Routineentscheidungen

Mittel: Vereinfachung des hierarchischen Aufbaues; Verstärkung der Delegation unter Beachtung der sog. Kontrollspanne und des Kongruenzprinzips (Weitgehende Deckungsmöglichkeit von Aufgabenverteilung, Kompetenzen und Informationspotential) (4) Verbesserung der Durchführung von Routineaufgaben und Projekten Mittel: Verbesserung der Basisorganisation durch Vergrößerung der Leistungseinheiten; Anwendung des Gedankens eines Programm-(System-)management und des Projektmanagement (5) Verbesserung der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter Mittel: Ausbau des Personalwesens, insbesondere des berufsbegleitenden Ausbildungswesens ; Praktizierung eines Führungsstils, der auf eine stärkere Aktivierung der Initiative und Kreativität der Mitarbeiter abzielt; Verstärkung von Arbeitstechniken zur Verbesserung der Kreativität (Teamarbeit) (6) Verbesserung der demokratischen Wirkungsweise Mittel: Verbesserung der Information von Politikern und Bürgern; Verbesserung der Information der Verwaltung über Vorgänge i m Vorfeld des organisierten politisch-administrativen Prozesses; Steigerung der laufenden Kontakte zwischen politischen Repräsentanten und Verwaltung Zu (1) ist besonders auf die Verbesserung der Integration der Querschnittsaufgaben (Personal, Organisation und Finanzen) hinzuweisen. Gerade die beratende Funktion dieser Aufgabenbereiche sollte fest i n den Prozeß der Zielfindung und der Planung einbezogen werden. Nur wenn sowohl bei der strategischen wie bei der operativen Planung berücksichtigt wird, daß Inhalte und Prioritäten ohne Einbeziehung organisatorischer u n d personeller Überlegungen keine ausreichende Grundlage für eine effiziente Durchführung bilden können, und wenn i m Planungs- und Entscheidungsverfahren durch Koordinierungstechniken ein Zwang zur Information und Beteiligung dieser Stellen her-

Eignung der Ministerialorganisation zur A u f g a b e n e r f ü l l u n g 3 3

gestellt wird, kann man auch aus den Schwierigkeiten herauskommen, die sich i n manchen Bereichen öffentlicher Leistungsdarbietung heute zeigen und die die Verwaltung außerordentlich belasten. Würde man dieser Forderung ζ. B. i m Bereich des Bildungswesens immer entsprochen haben, so würde man wahrscheinlich vor manchen Fehlentwicklungen bewahrt bleiben. Es ist m. E. eine nicht ungefährliche Realisierung eines sicher i m theoretischen Ansatz einleuchtenden Prinzips, wenn man heute Gesamthochschulen und Gesamtschulen konzipiert, aber die Frage ihrer Administrierbarkeit nicht ausreichend prüft. Der Organisator hat hier gefehlt, der Finanzfachmann hat offenbar resigniert und das Personalwesen i m Bildungsbereich ist ohnehin etwas ins Schwimmen geraten. Ein anderes Beispiel gibt die Verwaltung der Universität. Die alte Ordinarien-Universität war organisationsfeindlich; sie war an Administration aus ideologischen Gründen nie interessiert. Nun soll nach den Universitätsgesetzen eine vollausgebaute Verwaltung einer Großorganisation an die Stelle der unterentwickelten zentralen Verwaltungsstellen der Universitäten treten. I n dieser Phase werden aber die Universitäten selbst von den Kultusministerien i n allen organisatorischen Fragen unzulänglich beraten und unterstützt. Eine erst unter großen Schwierigkeiten entstehende Administration soll also den Prozeß der Stabilisierung der Universität unter den Zielen der neuen Organisationsgesetze zustandebringen. Hier w i r d man noch lange vor krisenhaften Erscheinungen stehen, weil die zuständigen Ressorts sich der Organisationsaufgabe nicht gewachsen gezeigt haben. Damit w i r d aber zugleich auf zwei wichtige Verknüpfungen hingewiesen, die während dieser Tagung noch besondere Bedeutung erlangen werden, nämlich zwischen Personalwirtschaft und Organisation bzw. zwischen Finanzwirtschaft und Erfolgskontrolle. Die Organisationstätigkeit ist grundlegend für alle personalwirtschaftlichen Entscheidungen. Eine ungenügend entwickelte Organisationsaufgabe verweist die Personalwirtschaft i n den Beriech des Schätzens. I m Bereich des Finanzwesens läßt wenigstens die Haushaltskontrolle, das Arbeiten m i t Haushaltsquerschnitten usw. einige bessere Schlüsse zu, jedoch fehlt es weithin an einer Verknüpfung zwischen Planung, Finanzierung und Kontrolle. Was Personalwirtschaft und Organisation betrifft, so ist die Lösung i n der Freien und Hansestadt Hamburg, die sich i n dem Senatsamt für den Verwaltungsdienst, einer Stabsstelle für zentrale Steuerung der Personalwirtschaft und Organisationstätigkeit i m Gesamtstaat, ein hervorragendes Instrumentarium geschaffen hat, beispielhaft. Andererseits ist und bleibt die Funktion des Bundesbeauftragten für die W i r t schaftlichkeit der Verwaltung und seine Wirksamkeit schon deshalb 3 Speyer 52

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begrenzt, w e i l er seine Informationen wesentlich aus einem nachvollziehenden Kontrollvorgang gewinnt und i n den Informations- und Planungsvorgang der unmittelbaren Verwaltung nicht ausreichend einbezogen sein kann. Unter den Stichworten zu (1) befindet sich ein Hinweis auf das Controller-Konzept. Es geht bei dieser i m Unternehmungsbereich entwickelten Konzeption u m das Problem der verbesserten Informationszentralisierung. Die Ausformungen i n der Praxis, vor allen Dingen i n den Unternehmungen der USA, sind unterschiedlich; i m K e r n enthalten sie jedoch folgende Regelungen 14 . Der Controller ist ein Mitglied der Geschäftsführung oder einem der Geschäftsführung unmittelbar zugeordneter höherer Funktionsträger. Er ist verantwortlich für folgende Bereiche: Betriebliche Planung auf der Basis des betrieblichen Rechnungswesens (d. h. für die Unternehmungsplanung) die Bereitstellung und Auswertung von Informationen zu ihrer Durchsetzung und für die Überwachung des Ablaufs der Planung m i t dem Ziel, eine Führungstechnik zu ermöglichen, die mit dem B i l d des management by exception nur angedeutet ist. Ein zweiter Aufgabenbereich ist die interne Berichterstattung i m weitesten Umfang. Damit soll eine personen- und objektorentierte, rechtzeitige und umfassende Information über alle für die Führung wichtigen Vorgänge erreicht werden. Die dritte Funktion ist die Berichterstattung an außenstehende Stellen (Konzernspitze, Behörden). I n der Praxis findet man noch häufig eine Kombination m i t der zentralen Organisationstätigkeit einschließlich der Automation. Der Controller ist insofern ein interessanter Ansatz, w e i l hier die Koppelung von Planungs-, Informations- und Kontrollfunktionen m i t dem Ziel einer Verbesserung der Querkoordination versucht wird. Umgedacht auf die Organisation der Ministerien müßte man an eine Verknüpfung von Ressortplanung, Überwachung, Bearbeitung der Parlaments-, Kabinetts- und Bundesratsangelegenheiten und der Öffentlichkeitsarbeit denken. Wieweit außerdem die Querschnittsaufgaben m i t diesen „St absauf gaben" verknüpft werden können, wäre davon abhängig zu machen, wie hoch man die Position eines solchen „Controllers" ansetzen möchte. Natürlich wäre seine Funktion insofern inhaltlich anders zu sehen, als die feste Ausrichtung auf ein betriebliches Rechnungswesen fehlt. Immerhin ist dieses Konzept i n das Gutachten der Projektgruppe für die Reform des Bayerischen Staatsministerium des Innern 1 5 insoweit eingeflossen, als man dem dortigen Amtschef 14 Eine gute Übersicht gibt Hans-Werner Knecht, Controllership, Eine organisatorische Konzeption betrieblicher Informationszentralisation, in: Erwin Grochla (Hrsg.), Das Büro als Z e n t r u m der Informationsverarbeitung, Wiesbaden 1971, S. 61 ff. 15 Oben A n m . 10.

Eignung der Ministerialorganisation zur Aufgabenerfüllung

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(Ministerialdirektor), der eine andere Funktion als der Staatssekretär i n einem Bundesministerium hat, den Planungsstab für die Ressortplanung und die Zentralabteilung m i t den Bereichen Personal, Organisation und Haushalt unterstellen w i l l . Dazu soll er noch die Geschäftsführung der sog. „Führungskonferenz" wahrnehmen, eines Kollegiums der obersten Führungskräfte für wichtige Entscheidungen insbesondere i m Bereich der Ressortplanung. Zu (2) soll die Funktion des beamteten Staatssekretärs angesprochen werden. Die Studie zur Verbesserung der Organisation des Bundesministeriums des Innern und zur Reform des Bayerischen Staatsminiterium des Innern 1 6 haben auf Lösungen hingewiesen, die dem Amtschef eine Funktion besonders i n der administrativen Steuerung zulegen, während die Fachbereiche i n den sog. Hauptabteilungsleitern ihre hierarchische Spitze finden. Darüber ist jedoch noch nicht ausreichend diskutiert worden. Problematisch ist hingegen eine Lösung wie sie ζ. Z. i m B M I praktiziert wird, wo dem Parlamentarischen Staatssekretär eine solche Funktion übertragen wird, die einen sehr erfahrenen Verwaltungsfachmann erfordert, so gut sich solche Stellen zur Schulung von Führungsnachwuchs eignen würden. M i t dem Ausbau von Stabsorganisationen zur führungsnahen Assistenz soll zugleich auf einen weiteren Themenkreis verwiesen werden, der die fachliche Beratung der Führung bei der Aufstellung von Innovations« und Entwicklungszielen betrifft. Die vorjährige Tagung i n Speyer hat deutlich gemacht, daß die Errichtung von weitgehend selbständigen ausgelagerten policy research centers bzw. sog. think tanks gerade nach den Erfahrungen der Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform i m B M I neu überdacht werden müßte 1 7 , u m endlich aus dem Dilemma der Zufallsexperten, die mehr oder minder i n Fragen der Politik und Verwaltung geschult sind, herauszukommen. Zu (4) soll nur auf das Modell eines Programm(System-)Managements bzw. Projektmanagements aufmerksam gemacht werden. Ein Systemmanagement besteht bereits i m Bundesministerium für Verteidigung 1 8 . Man w i l l damit eine bessere Lösung der Koordinierungsprobleme i m Rüstungsbereich erreichen. Dies ist zumindest ein wichtiger A n satz, der i n der Ministerialorganisation überall dort überlegt werden sollte, wo umfassende Probleme der Querkoordination auftreten, d.h. eine Vielzahl von Stellen ständig zusammenarbeiten müssen. 18

Oben Anm. 4 u n d 10. Siehe den Tagungsbericht (oben A n m . 6) S. 355 ff. 18 Siehe den Rahmenerlaß u n d Bericht der Organisationskommission des B M V g zur Neuordnung des Rüstungsbereichs v o m 10. März 1971, weiter den Bericht von Christian Weigeldt auf der Speyer-Tagung 1971 (Tagungsbericht, S. 363 ff.). 17

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Eberhard L a u x

Man könnte sich vorstellen, daß sich für den Umweltschutz oder die soziale Integration ausländischer Arbeitskräfte eine ähnliche Lösung anbieten würde. Es stehen immer nur wenige Wege offen, u m die Versäulung der Ministerialorganisation zu überwinden. V I I . Schluß: Vorrang hat die Verbesserung der Personalführung Aus der Beobachtung der Praxis w i r d man den Schluß ziehen dürfen, daß man den Stellenwert der Organisationstätigkeit i m Rahmen des gesamten Führungsprozesses zunehmend erkennt 1 9 . Alle Bemühungen i n dieser Richtung werden aber von geringem Erfolg sein, wenn es nicht gelingt, den i n der Ministerialverwaltung tätigen Mitarbeiter ein verändertes Verständnis von seiner Funktion zu vermitteln. Das typische Ministerialdenken, d. h. das Denken vorwiegend i n taktischen Situationen und i n Positionen und die daraus entstehende Immobilität erscheinen nach wie vor eines der größten Hindernisse auf dem schwierigen Wege zu einer den künftigen Aufgaben entsprechenden Ministerialorganisation zu sein. Sie verstellen gerade i n den Ministerien die notwendige Bereitschaft zu rationaler Konfliktlösung, ohne die weder eine effektivere Führung, noch ein reibungsloseres Zusammenarbeiten i n diesen großen Hierarchien möglich ist. Das gibt allen denjenigen Recht, die i n der Verbesserung des Personalwesens und besonders der Personalführung den entscheidenden Schlüssel für die Verbesserung der Organisation schlechthin sehen.

19 Weitere Hinweise bei Eberhard Laux, Regierungspläne u n d V e r w a l tungsorganisation, i n : Regierungsprogramme u n d Regierungspläne, B e r l i n 1973, S. 109 ff. = Schriftenreihe der Hochschule Speyer B a n d 51.

Probleme der Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation auf Bundesebene (Kurzfassung*) Von Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf Das Thema des Vortrages enthält eine dreifache Frage, nämlich die Frage, welche Anforderungen heute an die Ministerialorganisation gestellt werden, die Frage, wieweit diese Anforderungen i m gegebenen Zustand unerfüllt bleiben und schließlich die Frage, was man durch Reformen ändern könnte und müßte. Dieser Vortrag befaßt sich hauptsächlich m i t den ersten beiden Fragen, während die Frage nach Reformmöglichkeiten höchstens implizit berührt wird. Das politisch-administrative System sieht sich zunehmend m i t Aufgaben, Problemen u n d Krisen konfrontiert, die nur durch eine aktiv gestaltende Politik bewältigt werden können. Die Eigendynamik hochentwickelter Industriegesellschaften führt zu immer gravierenderen kumulativen Folgeproblemen. Solche Folgeprobleme des Wachstums äußern sich i n wirtschaftlichen Strukturkrisen, i n den Verkehrsproblemen der Ballungsgebiete, i n der Umweltverschmutzung und i n irreversiblen Prozessen der Umweltveränderung und Ressourcenerschöpfung. Die Bewältigung der Folgeprobleme sozio-ökononomischer Entwicklungen ist seit langem zur Aufgabe der Politik geworden. Neu ist jedoch die Einsicht i n die zunehmende Unzulänglichkeit einer lediglich reaktiven und kompensatorischen Politik, die erst bei den jeweils akut gewordenen Symptomen und Problemen ansetzt. Der hinter der gesellschaftlichen Entwicklung herlaufende Versuch, die auftauchenden Probleme und Krisen jeweils von Fall zu Fall zu bewältigen, überfordert die verfügbaren M i t t e l und Handlungsmöglichkeiten des politischen Systems i n immer höherem Maße. Die heute und i n Zukunft kritischen Anforderungen an das politische System richten sich deshalb auf die Fähigkeit zur vorausschauenden, aktiv gestaltenden Regelung und * Die Ausführungen des Vortrags stützten sich zum T e i l auf Ergebnisse empirischer Untersuchungen i m Bereich der Bonner Ministerialverwaltung, die erst kürzlich abgeschlossen wurden, weshalb ihre Ergebnisse i m einzelnen noch nicht publiziert werden können. Die theoretischen Ausführungen des Vortrags erscheinen demnächst i n einem von den beiden Autoren herausgegebenen Band „Planungsorganisation" i m Piper-Verlag. Aus diesen G r ü n den w i r d hier n u r eine Kurzfassung des gehaltenen Vortrags abgedruckt, die jedoch dem Sinne nach alle wesentlichen Ausführungen enthält.

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Steuerung jener gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse, deren ungesteuerte Dynamik die für das Gesamtsystem relevanten Probleme und Krisen hervorbringt. Die Forderung nach Entwicklung nicht lediglich reaktiver, sondern auch aktiver Politikinhalte und Programme richtet sich dabei prinzipiell an das ganze politische Aktivsystem. Die nachfolgenden Überlegungen beschränken sich jedoch ausdrücklich auf die Rolle, die die Ministerialverwaltung i n diesem Zusammenhang spielt. Diese Beschränkung ist dadurch gerechtfertigt, daß der ganz überwiegende Teil der politischen Programme auf Bundesebene von Regierung und Verwaltung des Bundes entwickelt oder zumindest bis zur Entscheidungsreife ausgearbeitet w i r d — auch wenn dies nicht bedeutet, daß die Programminitiativen i n jedem Falle von Regierung und Verwaltung und nicht aus dem Parlament oder von den Parteien kämen. Die Leistungsfähigkeit der Ministerialorganisation i m Bereich der Programmentwicklung ist deshalb eine wichtige Voraussetzung einer jeden aktiven Politik. Die besonderen Probleme und Aufgaben, die sich einer aktiven Polit i k stellen, lassen sich durch die folgenden vier Merkmale charakterisieren: 1. Ein hoher Bedarf finanzieller u n d anderer Ressourcen. Beispielhaft ließen sich hier die Hochschätzungen des Mittelbedarfs i n der Verkehrspolitik, der Bildungspolitik, der Hochschul- und Forschungspolitik, der Energiepolitik, der Umweltschutzpolitik oder der Gesundheitspolitik nennen. Diesem wachsenden Finanzbedarf für neue Programme steht auf der anderen Seite eine erhebliche Beschränkung des finanziellen Handlungsspielraums durch festliegende Verpflichtungen gegenüber. Dabei w i r d i n der heutigen Diskussion die Unbeweglichkeit der öffentlichen Haushalte m i t einem Anteil bis zu 90 Prozent an nichtdisponiblen Mitteln als gegeben vorausgesetzt, so daß die M i t t e l für eine neue Politik nur aus dem Zuwachs der Staatsfinanzen kommen könnten. Die Möglichkeit, daß finanzielle Handlungsspielräume i n breitem Maße durch Umschichtungen innerhalb der bestehenden Budgets gewonnen werden könnten, w i r d bisher kaum ernsthaft erwogen. 2. Eine gesteigerte Komplexität. Die gesellschaftliche und wirtschaftliche U m w e l t des politischen Systems ist durch eine noch zunehmende Arbeitsteilung, Spezialisierung und Differenzierung zwischen den einzelnen Bereichen und Wirtschaftssektoren gekennzeichnet. M i t dieser Differenzierung wachsen die wechselseitigen Abhängigkeiten. Das bedeutet, daß politische Probleme nur noch selten isoliert und eng lokalisiert wer-

Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation

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den können, sondern als ein weitreichendes Netzwerk hoch interdependenter Problemzusammenhänge gesehen und verarbeitet werden müssen. Daraus resultieren für die Programmentwicklung A n forderungen an die Fähigkeit zur Analyse komplexer Problemzusammenhänge und zur positiven Koordination interdependenter Teilpolitiken. 3. Ein erhöhter Zeitbedarf. Der typischerweise hohe Zeitbedarf einer aktiven Politik ergibt sich schon aus der gesteigerten Komplexität. Ebenso trägt auch der gesteigerte Ressourcenbedarf dazu bei, daß gravierende Probleme kaum noch kurzfristig gelöst werden können. Wenn sich die ungelösten Probleme nicht zu Systemkrisen steigern sollen, muß das politische System die Fähigkeit besitzen, Probleme frühzeitig zu erkennen, Krisen zu antizipieren und vorausschauend zu bearbeiten. Daraus ergeben sich neue Anforderungen auch an die Fähigkeit zur Informationsgewinnung, zur Prognose künftiger Entwicklungen und zu längerfristiger Politikplanung. 4. Ein hohes Konfliktniveau. Eine Politik, die lediglich auf bereits akute Probleme und Krisensymptome reagiert, kann sich überwiegend auf das bereits manifeste Krisenbewußtsein einer breiten Öffentlichkeit stützen, was den Konsens über neue Politikinhalte zumindest erleichtert. Eine Politik, die die Krisenentstehung selbst verhindern w i l l , muß i m Gegensatz dazu in der politischen Umwelt viel eher als willkürlich, voluntaristisch und ideologisch motiviert erscheinen, was die Konsensbildung erschwert. Zugleich müßte eine vorausschauend steuernde Politik auch gewachsene gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen verändern und damit den Widerstand derer hervorrufen, die durch den zu verändernden Status Quo begünstigt sind. Sie w i r d also Politik auf hohem Konfliktniveau sein müssen. Eine aktive Politik erfordert demnach mehr Ressourcen oder die Fähigkeit zur Umschichtung von Ressourcen, sie erfordert eine höhere Informationsverarbeitungskapazität und eine höhere Koordinationsund Planungsfähigkeit und sie erfordert schließlich auch eine gesteigerte Konfliktregelungskapazität. I m nächsten Schritt ist nun zu fragen, wie weit die Ministerialorganisation i n ihrem gegenwärtigen Zustand zur Erfüllung oder Nichterfüllung der hier skizzierten Anforderungen beiträgt. Dabei gehen w i r von einem klassischen Modell der Ministerialorganisation aus, das i n einer erheblichen Zahl von Ressorts oder Teilen von Ressorts nach wie vor bestimmend ist, auch wenn das klassische Modell heute keineswegs mehr das universelle Muster der Ministerialorganisation ist. Die Ministerialorganisation ist bereits dabei,

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sich zu verändern und neue Strukturen innerhalb des klassischen Rahmens einzuarbeiten, aber diese Veränderungen sind bisher noch nicht so umfassend angelegt und so weit fortgeschritten, daß sie die Mechanismen des klassischen Modells schon außer K r a f t gesetzt hätten. I n extremer Vereinfachung läßt sich das klassische Modell der M i nisterialorganisation folgendermaßen charakterisieren: der Bereich der Basisorganisation ist gekennzeichnet durch eng spezialisierte Referate, die eigentlichen Arbeitseinheiten i n der Ministerialorganisation. Die Referate haben einen typischerweise geringen Personalbestand, feste Aufgabenzuweisung, feste Kompetenzen und feste interne Aufgabenverteilung. I n diesen Basiseinheiten findet die Programmentwicklungstätigkeit der Ministerialorganisation ganz überwiegend statt. Die mittlere Leitungsebene besteht normalerweise nur aus der Person des Abteilungsleiters bzw. zusätzlich der Unterabteilungsleiter, die regelmäßig keinerlei personelle Unterstützung haben. Auf der mittleren Leitungsebene w i r d vornehmlich die Aufgabe der Vermittlung zwischen der Referatstätigkeit und der Leitung erfüllt und werden die wichtigen Außenkontakte der Abteilung wahrgenommen. Die Leitung schließlich — Minister, Parlamentarische Staatssekretäre, Staatssekretäre — ist i m klassischen Modell der Ministerialorganisation lediglich durch die persönlichen Referenten, durch ein normalerweise sehr kleines Ministerbüro und vielleicht das Kabinettsreferat unterstützt. Eine eigene Programmentwicklung i m Leitungsbereich findet typischerweise nicht statt. Die geringe personelle Kapazität im Leitungsbereich beschränkt darüber hinaus auch die kontinuierliche Aufmerksamkeit für die Programmentwicklungen i m Ressort. Daraus folgt, daß die Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation i m wesentlichen als dezentraler Prozeß von den Referaten ausgeht. Zwar sind auch Leitungsinitiativen nicht ganz selten, aber sie decken insgesamt doch nur einen kleinen Teil des Aufgabenbereichs der Ministerialorganisation ab. Überwiegend werden deshalb Programmanstöße, Vorschläge, Anregungen und Forderungen i n den Fachreferaten allenfalls noch auf der Unterabteilungsebene aufgegriffen und entwickelt. Damit sind die i n der Ministerialorganisation entstehenden Programme weitgehend bestimmt durch die Aufmerksamkeitsregeln, die Problemsicht, das Fachwissen, den Informationsstand und die Verarbeitungsmöglichkeiten der objektbezogenen Referate. Das hat wichtige Konsequenzen für den möglichen Inhalt der Programme. Ein weiteres Kennzeichen der klassischen Ministerialorganisation ist die vorherrschende Koordinationspraxis. Die Abstimmung zwischen den Referaten i m Prozeß der Programmentwicklung folgt überwiegend zwei Mustern. Zum einen gibt es das Muster einer sektoralen Arbeits-

Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation

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teilung, bei dem spezialisierte Beiträge der Fachreferate von der federführenden Einheit zusammengefügt werden zu einem komplexeren Programm. Dieses Muster ist vor allem innerhalb von Unterabteilungen und Abteilungen zu finden und kennzeichnet i m übrigen die Beteiligung von Querschnittseinheiten. Die Zusammenarbeit m i t anderen Fachabteilungen und Fachressorts folgt dagegen überwiegend dem Muster der negativen Koordination. Hier liegt die Verantwortung für den Programminhalt bei einer der spezialisierten Facheinheiten, während die Beteiligung anderer Facheinheiten an der Programmentwicklung ganz überwiegend unter der Perspektive einer Verteidigung des eigenen Verantwortungsbereichs gegen mögliche Störungen erfolgt. Daraus folgt als W i r k u n g eine inhaltliche Beschränkung der Reichweite der Programminitiativen, die von einer Stelle aus entwickelt werden. Aus diesem Muster der Programmentwicklung i n den Fachreferaten und der negativen Koordination ergeben sich Konsequenzen i m H i n blick auf die zuvor genannten Anforderungen. Zunächst ergibt sich eine Tendenz zur Verfestigung der bereits laufenden, sektoralen Programme und damit zur Festschreibung der für ihre Fortführung benötigten finanziellen Ressourcen. Hier liegt ein wesentlicher Grund für die geringen Möglichkeiten einer Umschichtung innerhalb laufender Programme. Was zweitens das Problem der erhöhten Komplexität betrifft, so sind die Zuständigkeiten der Facheinheiten überwiegend zu eng definiert und das vorherrschende Koordinationsmuster zu wenig leistungsfähig, u m größere und komplexe Problemzusammenhänge, die weit über die Zuständigkeiten einzelner Einheiten hinausgreifen, zu bearbeiten. Was drittens die unter dem erhöhten Zeitbedarf notwendige längerfristige Orientierung betrifft, so reicht derzeit weder die personelle ncch die finanzielle Kapazität der Fachreferate aus, u m die notwendigen Informationen über künftige Probleme, Entwicklungslinien, Prognosen usw. aktiv zu suchen und den erforderlichen Forschungsaufwand dafür zu treiben. Schließlich führt die dezentrale Programmentwicklung und das Muster der negativen Koordination auch dazu, daß die Programmentwicklung insgesamt dazu tendiert, Konflikte soweit wie möglich zu vermeiden. Die Problematik einer dezentralisierten Programmentwicklung w i r d verschärft durch die derzeit relativ geringe institutionelle Kapazität des Leitungsbereichs. Wenn i m Leitungsbereich Programme nicht selber entwickelt werden, dann könnte die Leitung doch immerhin die Programmentwicklungstätigkeit der Basiseinheiten steuern. Wie weit die Programmentwicklung i m Ressort tatsächlich von der Leitung aktiv gesteuert wird, hängt einmal von der vorhandenen fachlichen Kompetenz und institutionellen Kapazität auf der Leitungsebene, zum anderen von der Bereitschaft der Basiseinheiten ab, sich i n diesem

Renate Mayntz u n d Fritz W. Scharpf

Sinne steuern zu lassen. Was den zweiten Punkt angeht, w i r d i n der Bürokratieforschung schon lange eine Verselbständigungstendenz der Ministerialbürokratie und speziell der Basisorganisation gegenüber der politischen Leitung behauptet. Tatsächlich läßt sich i n der Bonner Ministerialverwaltung keine nennenswerte Verselbständigungstendenz der Basis der Leitung gegenüber feststellen. Unbeschadet etwaiger Unterschiede i m Niveau der fachlichen Information w i r d die Legitimität des Leitungsanspruchs der Ressortführung generell von der Bürokratie respektiert. Wo die Vorgabe steuernder Entscheidungsprämissen durch die Leitung fehlt, w i r d von der Basis aus häufig versucht, den Willen der Leitung aus indirekten Hinweisen zu erschließen. W i r d die Steuerung der Programmentwicklung durch die Leitung nicht von einer Verselbständigungstendenz i m Bereich der Basisorganisation gefährdet, dann müssen etwaige Steuerungsmängel ihre U r sache i m Leitungsbereich selbst haben. Dabei müssen zwei Aspekte der Steuerung unterschieden werden: einerseits die inhaltliche Steuerung von Programmentscheidungen und zum anderen der Managementaspekt der Steuerung, d. h. die Organisations- und Managemententscheidungen (O&M). Die feststellbaren Defizienzen i n beiden Bereichen der Steuerung sind nicht primär ein Problem fachlicher Kompetenz auf der Leitungsebene, sondern eher ein Problem der institutionalisierten Kapazität i m Leitungsbereich. Hinsichtlich der inhaltlichen Programmsteuerung w i r d die prinzipielle Möglichkeit, daß die Leitung bereits zum Zeitpunkt der Programminitiierung aktiv wird, selten wahrgenommen. Die Initiativen zur Programmentwicklung stammen überwiegend aus den Referaten und Fachabteilungen. Es ist jedoch gar nicht nötig, daß die Programminitiativen i m wesentlichen von der Leitung ausgehen müssen, damit die Programminhalte ihren politischen Zielen entsprechen. Eine alternative Möglichkeit ist die inhaltliche Steuerung durch Zielvorgaben und laufende Einflußnahme i m Verlauf der Ausarbeitung der Programme. Das hierfür notwendige Aufmerksamkeitspotential der Leitung w i r d jedoch häufig durch akute Anforderungen und Konflikte überbeansprucht und reicht dann nicht aus für die kontinuierliche und systematische Steuerung der Programmentwicklungstätigkeit. Bei der unvermeidlichen Selektivität der Steuerung müßte dann wenigstens gewährleistet sein, daß nicht nur punktuell oder gar zufällig gesteuert wird, sondern daß die knappe Leitungskapazität nach Kriterien der Wichtigkeit auf einzelne Programmentwicklungen verteilt w i r d bzw. daß Eingriffe jeweils i n den besonders kritischen Phasen eines Programmentwicklungsprozesses stattfinden. Diese Anforderungen sind i n der Praxis nicht voll erfüllt. Einerseits fehlt es an dem für eine an Kriterien der Wichtigkeit orientierte Selektivität nötigen systemati-

Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation

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sehen Informationshintergrund. Andererseits entsprechen auch die K r i terien, die über die Verteilung der knappen Aufmerksamkeit der Leitung entscheiden, nicht den zuvor erläuterten Anforderungen. Was den zweiten Steuerungsaspekt betrifft, so ist zunächst festzustellen, daß die Metafunktionen Organisation und Management das Handlungssystem der Ministerialverwaltung steuern und gestalten und dadurch mittelbar die Qualität der entwickelten Programme beeinflussen können. Die O&M-Funktionen sind i n ihrer potentiellen Bedeutung der inhaltlichen Steuerung gleichrangig. Zu diesen Funktionen gehören die Arbeits- und Zeitplanung, Organisation, Personalwesen, Haushalt, Informationswesen. Dem klassischen Modell der Ministerialorganisation entsprechend sind diese Querschnittsfunktionen typischerweise nicht i m obersten Leitungsbereich verankert. Sie werden oft nicht als Leitungsfunktionen wahrgenommen und sofern das doch der Fall ist, geschieht es nicht systematisch und kontinuierlich. Die Wahrnehmung wichtiger Querschnittsfunktionen durch darauf spezialisierte, i n die Hierarchie eingebundene Basiseinheiten hat zur Folge, daß die Erfüllung dieser Aufgaben sich eher an Kriterien der „bürokratischen" Routine und allenfalls einer technischen Rationalität orientiert, als daß sie ausdrücklich und gezielt auf die Bedürfnisse der Programmentwicklung ausgerichtet würde. Den Mängeln i m O&M-Bereich ließe sich durch organisatorische Reformen entgegenwirken. Dasselbe gilt für eine Reihe der zuvor behandelten Mängel i m Bereich der Basisorganisation und der Koordination. Die sich anbietenden Reformen beziehen sich tendenziell alle auf die Erweiterung der Leitungskapazität bzw. der Kapazität zur Informationsaufnahme und -Verarbeitung. Ob auch Verbesserungen i m Bereich der inhaltlichen Programmsteuerung primär eine Frage der Kapazitätserweiterung und der Einführung neuer Techniken der Informationsverarbeitung sind, steht dahin. Hier w i r d die These vertreten, daß eine mindestens ebenso wesentliche Beschränkung der Programmentwicklung i n den damit verbundenen Anforderungen der Konfliktregelung und der Konsensbildung liegt. Wie eingangs dargestellt, ist eine aktive Politik zugleich eine konflikterzeugende Politik. Eine aktive Politik kann an dem von ihr erzeugten höheren Konfliktniveau scheitern, wenn nicht gleichzeitig die Fähigkeit wächst, mehr als bisher Konflikte zu regeln und Konsens zu bilden. Bei fehlender Konfliktregelung w i r d eine konflikthafte Programmentwicklung i m Extremfall abgebrochen, mindestens jedoch verzögert und durch Kompromißbildungen unter Umständen bis auf das Niveau einer bloß reaktiven Politik heruntergeschraubt. Insofern ist die Konfliktregelungskapazität der Leitung eine kritische Voraussetzung

Renate Mayntz u n d Fritz W. Scharpf

ihrer Fähigkeit aktiver Programmsteuerung. Da bei politischem Widerstand Programme jedenfalls dann scheitern müssen, wenn sie nicht wenigstens die volle Unterstützung der Ressortleitung finden, begrenzt die insgesamt verfügbare Leitungskapazität auch das für die Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation erreichbare Konfliktniveau.

Aussprache zu den Referaten von Eberhard Laux, Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf Bericht von Eberhard Weber Die Diskussion unter Leitung von Professor Herzog, Speyer, wurde eingeleitet von Professor Laux, Düsseldorf. Er verwies auf die Probleme, die sich m i t der Bereitstellung von Verbesserungen für die A u f bau- und Ablauforganisation der Ministerialorganisation ergäben. M i t diesen Verbesserungen könnten nur Angebote gemacht werden, die aber zum Teil schon so anspruchsvoll seien, daß man sich überlegen müßte, ob sie von den handelnden Personen den Erwartungen entsprechend ausgefüllt werden könnten. Die Praktizierung der komplizierten Management-Modelle mache ein verändertes Rollenbewußtsein von vielen notwendig, die i n der Ministerialverwaltung an entscheidenden Stellen arbeiteten. Dies sei aber ein Ausbildungs- und Erziehungsproblem von sehr großem Ausmaß. Es gehe daher i m Augenblick darum, i n die jetzige Organisation m i t wenigen und praktikablen Schritten Formen einzubeziehen, m i t denen bereits heute Teilverbesserungen erzielt werden könnten. Bei Programmentwicklungen sei es charakteristisch, daß sie i n erster Linie von der ständigen Organisation bewältigt werden müßten, denn eine Übertragung auf ad-hoc-Gruppen sei i n vielen Fällen nicht möglich. Gerade für die ständige Organisation stehe aber nur ein geringes Instrumentarium zur Programmbearbeitung zur Verfügung. Von daher ergebe sich die zentrale Frage nach dem Zuschnitt und der Arbeitsweise der Basiseinheiten und die weitere Frage, welche zentralen Koordinierungseinrichtungen zusätzlich gebildet werden müßten, u m das Problem der Querkoordination besser i n den Griff zu bekommen. Zu diesem Fragenkreis gehöre aber auch noch das Problem, ob man die Programmentwicklung ausschließlich i n den Ministerien leisten solle oder ob man nicht zusätzlich i m Bereich der gesamten Ministerialorganisation so etwas wie „policy research centers" schaffen solle, weil eben der tägliche Vollzug immer die Tendenz habe, daß Kurzfristiges vor Langfristigem rangiere. Herr Wettmann, Mainz, griff die von Professor Scharpf vorgetragene These auf, daß die Abteilungsleiter, also das Mittelmanagement, zwei Funktionen ausübten: zum einen die Vertretung der Programmprioritäten der Referatsebene nach oben und zum anderen die Wahrnehmung

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Aussprache

der Außenbeziehungen. Wettmann stellte diesen Thesen das Ergebnis einer eigenen empirischen Untersuchung i m Rahmen eines Planungssystems einer Landesregierung gegenüber. Dabei habe sich i m Gegensatz zu den Thesen von Scharpf herausgestellt, daß die externen Beziehungen der Referenten nicht innerhalb der eigenen Abteilung verblieben, sondern sich weitgehend i m Verhältnis zu anderen Ressorts abspielten. Dagegen seien die empirisch feststellbaren Funktionen des Mittelmanagements weitgehend intern, das heißt auf die eigene Abteilung bzw. Unterabteilung orientiert gewesen. Es bestehe also offensichtlich ein hoher Koordinierungsbedarf innerhalb der Basiseinheiten. Zwar stehe Koordinationspotential zur Verfügung, aber es könne offensichtlich nicht da eingesetzt werden, wo der Bedarf bestehe. Koordinierungsrestriktionen lägen vermutlich gar nicht so sehr auf der Referatsebene, sondern vielmehr i m hierarchischen Aufbau, der oberhalb der Referatsebene einsetze. Aus dieser Situation folgten dann Kompetenzkonflikte m i t den Vorgesetzten, wenn die Referenten ihre externen Beziehungen wahrnähmen, denn die Vorgesetzten seien über diese externen Beziehungen nicht ausreichend orientiert. Sie wollten den Verlauf der Willensbildungs- und Programmentwicklungsprozesse möglichst innerhalb ihrer hierarchisch strukturierten und isolierten Einheit belassen. Daraus sei dann eventuell die Konsequenz zu ziehen, daß die Koordinierungsfunktion des Mittelmanagements außerordentlich gering sei. Koordinierungsstrategien müßten daher auf der einen Seite auf der Referatsebene angestrebt werden und auf der anderen Seite auf der Ebene, auf der sich Politik und Verwaltung träfen und das sei wahrscheinlich mehr die Ebene der Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Ministerialdirigent Dr. Kölble, Bonn, stimmte i m Rahmen eines größeren Diskussionsbeitrages der Ansicht der Professoren Mayntz und Scharpf darin zu, daß das politisch-administrative System sich zunehmend m i t Aufgaben, Problemen und Krisen konfrontiert sehe, die nur durch eine aktiv gestaltete Politik bewältigt werden könnten. Dagegen hielt er es nicht für zutreffend, wenn gesagt werde, daß die Programme einer aktiven Politik i n erster Linie i n der Ministerialorganisation des Bundes zu entwickeln seien, da hierbei die Aufgabe der politischen Parteien, besonders der großen „Volksparteien", solche Programme zu entwickeln und dabei die verschiedenen partikulären Gruppierungen und Interessen des gesellschaftlichen Raums soweit als möglich i n einer politischen Gesamtplanung vorzuintegrieren, nicht hinreichend zum Ausdruck komme. Es sei daher auch nicht richtig, zu versuchen, unter dem Aspekt der Eignung zur Entwicklung von Programmen aktiver Politik die entscheidenden Gesichtspunkte für die zukünftige Gestaltung der Ministerialorganisation zu gewinnen.

Aussprache

Es solle nicht bestritten werden, daß die M i t w i r k u n g der Ministerialorganisation an der Entwicklung solcher Programme aktiver Politik bisher nicht hinreichend gewertet worden sei und daß i n dieser Hinsicht die Organisation der Ministerialverwaltung des Bundes einer Reform bedürfe. Dabei sei sowohl an eine Verstärkung der Planungskapazität als auch an eine geeignete Regelung des Ablaufs der Planungsprozesse innerhalb der Regierungs- und Ministerialorganisation des Bundes zu denken, und zwar sowohl i m Bereich der Führung als auch bei der Zwischenführungsschicht und vor allem auch i n den Referaten als Basiseinheiten. Dabei dürfe jedoch nicht übersehen werden, daß die Aufgaben der Ministerialorganisation sehr komplexer Natur seien und daß die Grundeinteilung i n stark spezialisierte Referate als Basiseinheiten und das Verfahren von Federführung und Beteiligung sich i m Hinblick auf diese komplexe Aufgabenstellung bis jetzt durchaus bewährt habe. Jedenfalls sei bisher weder ein besseres Aufbaunoch ein besseres Ablaufprinzip entwickelt worden. I m einzelnen sei hier vor allem an folgende Aufgaben der Ministerialverwaltung zu denken: — die jeweilige unter Umständen sehr schnelle Reaktion auf die oft ganz überraschend auftretenden Erfordernisse des Tages durch verschiedene geeignete Maßnahmen; — die gewissermaßen mittelfristige Aufgabe der Erstellung von Entwürfen für Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Programme und Pläne aller A r t , die entweder endgültig vom Kabinett oder Ressortminister zu beschließen oder nach Verabschiedung durch das Kabinett dem Bundestag zur Beschlußfassung zu unterbreiten seien; — die Erstellung von Entwürfen für die Beantwortung von Mündlichen bzw. Großen und Kleinen Anfragen an die Bundesregierung, von Berichten der Bundesregierung usw. ; — die wissenschaftliche Beratung und Information der Bundesregierung und i n gewissem Umfange auch des Bundestages bei sonstigen Entscheidungen. Es erscheine notwendig, daran zu erinnern, daß man es nicht nur m i t Organisations-, sondern auch m i t Personalproblemen zu t u n habe. Man müsse es begrüßen, daß den Ministerialbeamten nicht, wie dies gelegentlich von Vertretern namentlich der Politik-Wissenschaft geschehe, unterstellt werde, sie versuchten als Technokraten ihre Entscheidungen an die Stelle der Entscheidungen der demokratisch legitimierten Politiker zu setzen. Richtig sei, daß die Ministerialbeamten sich i n erster Linie als zur Loyalität und Unparteilichkeit verpflichtete Träger und Vermittler von Sachverstand und Erfahrungswissen empfänden. Die-

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sem bis jetzt noch vorherrschenden Selbstverständnis der Angehörigen der Ministerialverwaltung entspreche es durchaus, daß man die politische Landschaft nicht verkenne, i n der sich die eigene Tätigkeit abspiele, Verständnis für die besondere Lage und die Nöte der Politiker aufbringe und diesen keine Entscheidungen abverlange, die ihnen aus taktischen oder persönlichen Gründen nicht zumutbar seien. Es könne allerdings nicht übersehen werden, daß sich nicht erst seit der sozial-liberalen Koalition bei der Besetzung von Stellen u n d bei Beförderungen auch innerhalb der Ministerialverwaltung des Bundes immer mehr parteipolitische Gesichtspunkte durchsetzten, was früher nicht i n diesem Maße der Fall gewesen sei. Dies gelte zwar i n erster Linie für die Ebene der beamteten Staatssekretäre, die nicht mehr die Endposition für Spitzenkräfte der Administration darstellten; es treffe vielfach auch für die Führungszwischenschicht zu und es sei auch zu beobachten, daß bei den jungen Nachwuchsbeamten i n zunehmendem Maße eine parteipolitische Bindung erfolge, da man einsehe, daß höhere Posten i n der Ministerialverwaltung allein durch sachliche Leistungen nicht oder nur unverhältnismäßig schwer zu erreichen seien. Dies alles führe auf die Dauer zwangsläufig auch zu Veränderungen des Selbstverständnisses der Ministerialbürokratie. Eine solche Entwicklung müsse i m Hinblick auf die Funktion des öffentlichen Dienstes i n einem politischen System pluralistischer Prägung verfassungspolitisch bedenklich erscheinen. Sie werde aber wohl nicht mehr zurückgedreht werden können. Es sei daher anzustreben, durch eine Reform der Regierungs- und Ministerialorganisation zu einer Trennung der bisherigen Ministerien i n kleine Ministerien neuen Typus und i n Zentralämter ohne Ministerialcharakter — etwa nach dem schwedischen Modell — sowie zu einer stärkeren Delegation bisher i n den Ministerien wahrgenommener, aber nicht unbedingt dort wahrzunehmender Funktionen auf die Ebene nachgeordneter Behörden, insbesondere von Generalbehörden, zu gelangen. I m Bereich dieser Zentralämter und der nachgeordneten Behörden solle versucht werden, bei der Stellenbesetzung und bei Beförderungen allein nach der besseren fachlichen und persönlichen Eignung des Beamten zu entscheiden und die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Partei i n keinem Fall entscheidend sein zu lassen, also die Grundprinzipien des Berufsbeamtentums voll wiederherzustellen. I n den Ministerien neuen Typus sollten demgegenüber — nach Möglichkeit allerdings nicht i m Beamten-, sondern i m Angestelltenverhältnis — solche Personen Verwendung finden, die der politischen Richtung des Ministers zumindest nahestünden, wenn nicht sogar seiner Partei angehörten oder mehr oder weniger hohe Funktionen i n derselben bekleideten. Außerdem sollten i n diesen Ministerien neuer A r t Kräfte

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des gesellschaftlichen Raums — etwa aus der Wirtschaft, den Gewerkschaften, den Massenmedien und nicht zuletzt auch der Wissenschaft — Verwendung finden, die Erfahrungen aus diesen Lebensbereichen, neue Gedanken und persönliche Flexibilität i n den Regierungsapparat einbrächten, ohne die Tätigkeit als Ministerialbeamter als ihre eigentliche Lebensaufgabe anzusehen. Neben diesem Personenkreis sollte allerdings auch i n den Ministerien neuen Typus ein Teil der Bediensteten aus parteipolitisch nicht gebundenen Beamten m i t dem herkömmlichen Selbstverständnis des Berufsbeamten bestehen, u m ein Moment der Kontinuität, des Ausgleichs und der Objektivität gegenüber anderen politischen Auffassungen und Interessenlagen auch schon innerhalb der Ministerien zu gewährleisten. Bei einer solchen Gestaltung der Regierungs- und Ministerialorganisation sowie des nachgeordneten Behördenbereichs könne damit gerechnet werden, daß die z. Zt. zu beobachtende Schwäche der Regierungsund Ministerialorganisation i m Hinblick auf ihre parlamentarischen Funktionen allmählich verschwinden werde. Hinzu kommen müsse allerdings auf die Dauer gesehen auch noch, daß der gegenwärtige Typ des Politikers durch einen anderen ersetzt werde, der mehr Verständnis für die Notwendigkeit wissenschaftlicher Beratung der Politik und systematische Entscheidungsfindung aufbringe. Dabei werde keineswegs verkannt, daß der gegenwärtig vorherrschende Politikertypus zum Teil durch die Gegebenheiten das parlamentarisch-demokratischen Regierungssystems favorisiert werde. Professor König, Speyer, unterstützte die Auffassung der Referenten, daß es die primäre Aufgabe des Ministerialbereichs sei, an der Programmentwicklung zu arbeiten. Er stellte aber anschließend die Frage, ob es eigentlich das Programm gebe oder ob es nicht vielmehr ganz unterschiedliche Programme mit ganz unterschiedlicher Dichte des Politischen gebe. Bedeuteten nicht bestimmte Programme eine Konfrontation m i t Konflikten und gebe es nicht andere Programme, die relativ konfliktfrei seien? Auf diese unterschiedlichen Programme m i t unterschiedlichen politischen Anforderungen reagiere man immer m i t derselben organisatorischen Grundfigur: m i t dem Referat. So komme es dann zu den Bildern der Referenten auf den Fluren und i n Fahrstühlen, die den Minister oder Staatssekretär sprechen möchten, weil ihnen die „Not i m Nacken" sitze, da es bei ihnen u m Programmentwicklung m i t einer besonderen politischen Dichte gehe. Man habe sich daher die Frage zu stellen, ob man nicht die organisatorische Struktur auseinanderziehen müsse. Es gehe also letztlich darum, ob man für die Programmentwicklung von hoher politischer Dichte den engen Ministerialbereich brauche und daneben so etwas wie Verwaltungsämter, Generalbehörden oder ähnliches. Es bleibe allerdings fraglich, ob die M i n i 4 Speyer 5$

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sterialorganisation überhaupt i n der Lage sei, Programme m i t hohen politischen Anforderungen i n Angriff zu nehmen. Regierungsdirektor Bogs, Stuttgart, verwies auf die Problematik, die sich für die Kontinuität eines Programms aus der Verkoppelung zwischen Regierung und Programmentwicklung ergebe. Jeder Wechsel der politischen Führung könne dazu führen, daß das von der vorherigen Regierung entwickelte Programm von der nachfolgenden Regierung nicht mehr akzeptiert werde, weil es nicht auf der von ihr vertretenen politischen Linie liege. Wenn also die Programmentwicklung von der Basis kommen solle, dann sei nach seiner Ansicht eine gewisse Kontinuität der politischen Leitlinie der Führung eine Voraussetzung. Es stelle sich daher die Frage, ob die Ministerien gerade unter dem Gesichtspunkt eines Wechsels der politischen Führung diese Aufgabe der Programmentwicklung leisten könnten. Ministerialrat Dr. Schultze, Mainz, griff die von Bogs angeschnittene Problematik auf. Nach seiner Ansicht sei auf der Tagung die Ministerialorganisation zu isoliert betrachtet worden. U m die Gewichte richtig zu stellen, müßte i m Zusammenhang m i t den Fragen der Programmentwicklung auch das Parlament genannt werden. Wenn herausgearbeitet worden sei, daß die Programme einer aktiven Politik i n erster Linie i n der Ministerialorganisation des Bundes zu entwickeln seien, dann müsse auch herausgestellt werden, daß die politische Führung der Ministerien insoweit auch dem Parlament gegenüber verantwortlich sei. Damit werde dann gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, daß auch Aufgaben der Planung nicht primär i n der Ministerialorganisationsebene liegen könnten, sondern daß sie i n der gesamten Staatsgewalt lägen. Ein ernstes Problem aller Planungsarbeit bestehe darin, daß letzten Endes alle politischen Zielsetzungen vom Parlament abhängig seien und jede Konzeption m i t der Neuwahl i n Frage gestellt werde. Ministerialrat Professor Dr. Scheerbarth, Düsseldorf, stellte die von Professor Scharpf vorgetragene These i n Frage, daß vorausschauende Planung billiger sei als die Reaktion i n einer Krisensituation. Vorausschauende Planung koste politische Kraft, da sie weder von der Öffentlichkeit noch von den Freunden der Regierung i m Parlament getragen werde, während dagegen das schnelle Reagieren i n einer Krise die Zahl der Anhänger jedes Politikers vergrößern werde. Gute Planung schließe die Realisierbarkeit der Planung ein. Die Realisierbarkeit einer Planung bedürfe u. a. der Einsicht der Betroffenen und der Einsicht der Durchführenden. Man könne aber die Betroffenen und die Durchführenden nur dann zu einer wirklich aktiven Beteiligung bringen, wenn entweder das Problem ganz dringend sei, dann sei es aber bereits eine Krisenplanung, oder aber, wenn die Planung bereits so weit konkretisiert sei, daß der einzelne erkenne, daß i n seinen Inter-

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essenkreis eingetreten werde. I n diesem Fall sei es keine vorherige Beteiligung i m echten Sinne mehr, denn der einzelne könne höchstens noch ein paar Formulierungen ändern. Daraus ergebe sich möglicherweise, daß Planung w o h l erst i n eine gewisse Dringlichkeitsphase übergegangen sein müsse, bevor wirklich eine gute Planung vorgelegt werden könne. Frau Professor Mayntz wandte sich i n ihrem Schlußwort zunächst dem von Dr. Schnitze angesprochenen Problemkreis der verstärkten Einschaltung des Parlaments i n die Programmentwicklung zu. Das von Scharpf und ihr bearbeitete Thema sei von der Prämisse ausgegangen, daß die Ministerialorganisation plane, wobei eine empirisch belegbare Tendenz bestehe, einen immer höheren Prozentsatz effektiver Programmentwicklung i n der Ministerialorganisation durchzuführen. Ohne nun jedoch zu diskutieren, ob man das befürworten könne und wo man m i t einer Reform ansetzen könne, indem man etwa die Programmentwicklungskapazität des Parlaments stärke, seien sie davon ausgegangen, daß i n dem Maße, i n dem heute die Programmentwicklung i n der Exekutive durchgeführt werde, daran bestimmte qualitative Anforderungen gestellt werden müßten. Das andere Thema sei daher nicht übersehen, sondern nur ausgeblendet worden. M i t dem Bereich Planung und Parlament sei aber ein zweiter Punkt zu verknüpfen. I n dem Maße nämlich, i n dem sich das Schwergewicht der Programmentwicklung verlagere, bestehe eine natürliche Tendenz zur Politisierung der Exekutive. Da die Ministerialverwaltung eben nicht mehr nur die klassischen Exekutivfunktionen erfülle, bestehe nicht nur die Tendenz eines Drucks auf Partizipation, der sonst auf das Parlament gerichtet gewesen sei und über die repräsentativen Strukturen gekommen sei, sondern es sei nun auch ein Druck auf Politisierung festzustellen, um durch diese Politisierung einschließlich der politischen Besetzung von Positionen inhaltliche Entscheidungsprämissen innerhalb eines Körpers zu setzen, der die politischen Entscheidungen nicht mehr nur vorbereite. Abschließend gelte es einen I r r t u m aufzuklären. Natürlich sei auch sie bei ihrer Untersuchung davon ausgegangen, daß i n den M i n i sterien neben der Programmentwicklung auch noch andere Aufgaben wie Krisenmanagement, kurzfristige reaktive Politik, selbstverständliches Tagesgeschäft wie auch ein gewisses Maß an Reglementierungsaufgaben durchgeführt werden müßten. Dieses Feld habe aber nicht zum Thema gehört. Professor Scharpf griff i n seinem Schlußwort zunächst die Ausführungen von Wettmann auf; er konnte dessen Ergebnis aber auf Grund der durchgeführten Untersuchungen beim Bund nicht bestätigen; vielmehr sei das andere Muster, wo die Außenbeziehungen, die Koordination und die Außenvertretung i m wesentlichen beim Abteilungsleiter 4·

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lagen, häufiger anzutreffen. Selbstverständlich sei es so, daß die Referenten auch i n Bonn Außenbeziehungen unterhielten, nur seien die Abteilungsleiter normalerweise m i t jeder Nichteinigung auf der Referentenebene automatisch befaßt. Unter Hinweis auf die Bemerkungen von Professor König, Speyer, bestätigte Scharpf, daß es i n der Tat bei den Programmen eine ausgesprochen unterschiedliche Dichte des Politischen gebe. Aber gerade die politischen Programme, von denen hier i n erster Linie gesprochen worden sei, seien auf den Sachverstand und den Fachverstand der Basiseinheiten noch mehr angewiesen, als andere Programme. Aus diesem Grunde hielt Scharpf die von König angedeuteten Überlegungen zur Herauslösung des hochpolitischen Prozesses der Programmentwicklung aus der Ministerialorganisation für unrealistisch. Gerade die politisch anspruchsvollen Programme könnten ohne das Fachwissen der Ministerialverwaltung i n kaum einem Bereich entwikkelt werden. Da sei die Verschränkung zwischen Politik und Ministerialorganisation wohl nicht aufzulösen. Für das von Bogs angesprochene Dilemma der Orientierung der Politik am relativ kurzfristigen Erfolg gegenüber den Anforderungen einer längerfristigen Politikplanung gebe es keine Patentlösung. Wenn wenigstens der Zeithorizont, den eine Regierung tatsächlich habe, auch ausgeschöpft werde, wäre gegenüber dem derzeitigen Stand schon Erhebliches gewonnen, das heiße konkret gesprochen: Ein durchgearbeitetes Legislaturperiodenprogramm der Regierung, das finanziell abgesichert sei und bei dem die Konflikte geklärt seien, sollte wenigstens die Spanne von vier Jahren ausnutzen. Zur Frage, ob die längerfristig geplante Politik leistungsfähiger sei und weniger koste als das kurzfristige Krisenmanagement verwies Scharpf auf die Schwierigkeiten i n Italien oder Irland. Dies seien Beispiele dafür, wie politische Systeme unter einer Krisenüberladung zusammenbrechen könnten. Die Frage also, ob w i r uns eine nicht voraussehende reaktive Politik leisten könnten, sei letztlich eine Frage des Spielraums, der uns zur Verfügung stehe. Es gebe normale Situationen, die sehr lange dauern könnten, i n denen man tatsächlich m i t relativ geringen Kosten und ohne großen Schaden m i t reaktiver Politik durchkomme. Es könne aber Situationen geben, i n denen die Krisen sich kumulierten und dann wäre eine vorausschauende, planende Politik vielleicht i n der Lage gewesen, diese Kumulation zu verhindern. Es sei also i n der Tat eine Frage der Einschätzung der historischen Situation, ob man eine solche Aussage unterschreibe oder nicht unterschreibe.

Verwaltungsämter und Generalbehörden zur Entlastung von Ministerien Von Hans-Joachim von Oertzen I. Vorbemerkung Herr Professor Wagener hat Sie davon unterrichtet, daß Ministerialdirektor Faude, der das Referat des heutigen Vormittags halten sollte, kurzfristig verhindert ist. Da ich i n der Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform, deren Vorsitzender Herr Faude ist, m i t den Problemen der Aufgabenverlagerung ebenfalls befaßt war, glaubte ich, hier i n die Bresche springen zu können. Ich muß jedoch einige Einschränkungen machen, die sich auf den Gegenstand des Themas beziehen. Sie haben eine Gliederung von Herrn Faude erhalten, aus der Sie entnommen haben, daß sich das Thema auf die Bundes- und die Landesebene erstrecken sollte. Ich möchte das Thema auf die Bundesebene beschränken, da ich ausreichende Informationen über das, was sich auf Landesebene getan hat und an Erfahrungen gesammelt worden ist, natürlich nicht mehr habe bekommen können. Ich wäre dankbar, wenn Sie i n Ihren Diskussionsbeiträgen insoweit eine Ergänzung meiner Ausführungen vornehmen könnten. Über die Erfahrungen, die Herr Faude als Präsident des Bundesverwaltungsamtes i n K ö l n sammeln konnte, verfüge ich nicht; infolgedessen mögen Sie m i r nachsehen, daß ich nicht so sehr über die Frage spreche, inwieweit die vorhandenen Behörden zu einer Entlastung der Ministerialinstanz geführt haben als vielmehr darüber, inwieweit Möglichkeiten bestehen, auf neuen Wegen zu einer Entlastung der Ministerien durch Aufgabenverlagerung zu kommen.

II. Zweck der Aufgabenverlagerung Ziel der Aufgabenverlagerung soll die Entlastung der Ministerialinstanz sein und dabei primär eine Entlastung der Leitungsebene. Über die Gründe, die zu der Forderung nach einer Entlastung geführt haben, ist bereits an den Vortagen vieles gesagt worden. Der qualitative und quantitative Aufgabenzuwachs, der sich i n der Ministerialinstanz ergeben hat, braucht von m i r nicht mehr i m einzelnen erläutert zu werden.

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Dieser Aufgabenzuwachs spiegelt sich i n einem entsprechenden Personalzuwachs der Ministerialinstanz wieder. Das Stellensoll der Bundesministerien stieg i n den Jahren 1952 bis 1971 von 8000 auf rund 13 000, wobei das Bundesministerium der Verteidigung m i t rund 5500 Stellen noch nicht einmal berücksichtigt ist. Aus der Gesamtzahl der Stellen i n den Bundesministerien läßt sich jedoch kein absolutes Argument für die Notwendigkeit einer Reduzierung durch Aufgabenverlagerung herleiten. Zwar t r i f f t es zu, daß eine Reihe von Ressorts wegen ihrer Größe verhältnismäßig schwer steuerbar geworden sind; doch sind die Ressorts, an ihren Stellen gemessen, nicht etwa gleichgewichtig, sondern decken eine Größenskala ab, die bei etwas über 300 Bediensteten beginnt und — auch ohne das Bundesministerium der Verteidigung — bis über 3500 Bedienstete reicht 1 . Was für die großen Ressorts auf der Zahl der Bediensteten folgt, braucht folglich noch kein Argument für eine Aufgabenverlagerung der kleinen Ressorts zu sein. Aber nicht nur die schwere Steuerbarkeit spielt bei der Aufgabenverlagerung eine Rolle. Die Aufgaben, die den Ministerien zuwuchsen, sind oft von sehr unterschiedlichem Gewicht und dadurch w i r d oft i m Zusammenhang m i t der unterschiedlichen Größe der Ressorts die Zusammenarbeit der Ministerien untereinander erschwert. Für die Kabinettarbeit zum Beispiel kann es von Bedeutung sein, welche Fragen bis zur Kabinettentscheidung gelangen. Ein kleines Ressort kann Fragen bis i n das Kabinett hinauf zur Entscheidung bringen, die i n einem großen Ressort noch nicht einmal die Ebene des Ministers erreichen. Das bedeutet, daß sich das Kabinett m i t sehr schwerwiegenden Fragen, die aus großen Ressorts kommen, befassen muß und mit sehr viel weniger gewichtigen Fragen, die von kleinen Ressorts bis auf die Kabinettebene gebracht worden sind. Eine Aufgabenverlagerung m i t der die Aufgabenstruktur der Ministerien einander mehr angeglichen wird, kann dazu führen, daß die Arbeit i m Kabinett nicht mehr das Gefälle hat, wie es heute der Fall ist. Dem Zustand, der durch diese Ausweitung der Ministerialinstanz entstanden ist, kann durch eine ganze Reihe von Maßnahmen begegnet werden. Es kann versucht werden, den Zuschnitt der Ressorts untereinander anders zu gestalten, u m zu gleichgewichtigeren Einheiten zu kommen und das Gefälle i n der Stellenzahl abzugleichen. Zum ande1

Bei den 14 Bundesministerien erreicht die Zahl der Bediensteten mehr als in 1 M i n i s t e r i u m (BMVg) 5 000 3 500 in 1 M i n i s t e r i u m (BMWF) 1500 in 1 M i n i s t e r i u m (AA) 1000 in 2 Ministerien (BMI, B M V ) 500 in 5 Ministerien (BMJ, B M L . B M A , B M B W , BMP) 300 in 4 Ministerien (BMJFG, B M Z , B M S t , B M B )

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ren kann die innere Struktur der Ressorts einschließlich des Führungsinstrumentariums verändert werden und schließlich — das ist das Thema, über das ich heute zu Ihnen spreche — kann daran gedacht werden, eine Aufgabenverlagerung aus der Ministerialinstanz vorzunehmen, und zwar mit dem doppelten Ziel, sowohl u m die Zahl der Bediensteten, die i n dieser Instanz arbeiten, zu reduzieren und damit zu einer Entlastung von Aufgaben des einzelnen Ressorts zu kommen, als auch, u m die Aufgabenstruktur der einzelnen Ressorts aneinander mehr anzugleichen. Bei den Überlegungen zur Aufgabenverlagerung drängt sich immer wieder die Frage auf, ob diese wirklich zu den beschriebenen Effekten führen wird, oder ob es nicht andere Wege gibt, die vielleicht besser sind oder leichter realisiert werden können. Anstelle einer Aufgabenverlagerung nach außen könnte an eine Delegation von Verantwortung innerhalb der Ministerialinstanz gedacht werden. Dabei müßten die Aufgabengebiete, die für eine Verlagerung i n Betracht kommen, i m Ressort als besonderer Block organisiert und der verantwortlichen Leitung eines Staatssekretärs unterstellt werden. Dieser Staatssekretär müßte prinzipiell die Schlußzeichnung i n seinem Bereich haben, ohne daß dadurch der Minister abschließend aus der Verantwortung genommen wäre. Die Anwendung von Managementtechniken, die auf dem Prinzip der Delegation von Verantwortung beruhen, ist auch i m Rahmen der Ministerverantwortlichkeit nach A r t . 65 GG möglich und zulässig. Eine Weiterführung des eben beschriebenen Lösungsansatzes könnte, etwa dem englischen Beispiel folgend, darin bestehen, zu einer organisatorisch mehrstufigen Ministerialinstanz zu kommen. England hat ein abgestuftes System von Ministern m i t vollem Kabinettsrang, von Junior-Ministern, von parlamentarischen Staatssekretären und Staatssekretären, die unterschiedliche Funktionen haben und zum Teil bestimmten Organisationseinheiten vorstehen und für diese verantwortlich sind. Eine solche Lösung würde allerdings nach meiner Auffassung eine Änderung des A r t . 65 GG zur Voraussetzung haben, da unter der Alleinverantwortlichkeit des Ministers für seinen Geschäftsbereich eine derartige organisatorische Mehrschichtigkeit der Ministerialinstanz nicht durchführbar erscheint. I I I . Umfang der Aufgabenverlagerung Die Frage der Aufgabenverlagerung ist darauf gerichtet, ob gerade diese Aufgaben i n der Ministerialinstanz erledigt werden müssen. Organisatorisch ist diese Frage am einfachsten zu beantworten, wenn

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sie bereits i n dem Zeitpunkt gestellt wird, wo die Aufgaben entstehen. Vor der Zuweisung von Aufgaben an die eine oder die andere Ebene der staatlichen Verwaltung sollte jedoch zunächst geprüft werden, ob es sich überhaupt u m Aufgaben handelt, die i m staatlichen Bereich erledigt werden müssen, oder ob sie nicht — und vielleicht besser — auch außerhalb dieses Bereichs durchgeführt werden können. Es ist notwendig, auf diese Fragenstellung hinzuweisen, da bei Anforderungen an den Staat viel zu schnell unterstellt wird, daß eine Aufgabenerledigung nur durch die staatliche Verwaltung erfolgen kann. Uberlegungen, wie sie etwa i m Bereich der Dienstleistungen zur Zeit i n Hamburg angestellt werden, zeigen, daß hier durchaus auch an andere Wege gedacht werden kann. Wenn i n einem Bundesministerium ein Programm ausgearbeitet wird, ergeht auch eine Entscheidung über die Frage, wo die Durchführung des Programms erfolgen soll. Auch diese Entscheidung muß i n Zusammenhang m i t der Aufgabenverlagerung gesehen werden, denn i n ihr wird, wenn die Durchführung außerhalb der Ministerialinstanz vorgenommen werden soll, eine Aufgabenverlagerung antizipiert. Wenn i m politischen Bereich die Bedeutung eines Ressorts so sinkt, daß aus diesem Grund das Ressort seine Eigenständigkeit verliert, könnte auch die Entscheidung getroffen werden, das aufzulösende Ressort nicht etwa einem anderen Ressort anzugliedern, sondern aus i h m eine Bundesoberbehörde oder jedenfalls eine Behörde i n dem der Ministerialinstanz nachgeordneten Bereich zu machen. Das könnte ein weiterer typischer Fall der Aufgabenverlagerung sein. Alle diese Überlegungen beziehen sich aber i m Grunde genommen auf die Zukunft. Wenn die i n ihnen aufgezeigten Chancen wahrgenommen würden, bliebe für weitere Aufgabenverlagerungen aus der Ministerialinstanz nur wenig Raum. Womit w i r uns jedoch bei dem Thema „Aufgabenverlagerung" heute zu befassen haben, sind, wenn ich das für die Zukunft Gesagte auch als i n der Vergangenheit möglich unterstelle, eben die Sünden dieser Vergangenheit. Es gilt das aufzuspüren, was bei einer antizipierten Aufgabenverlagerung gar nicht erst als Aufgabe der Ministerialinstanz entstanden wäre oder dort verblieben ist oder sich aus anderen Gründen angesammelt hat, obgleich es nicht i m Ministerium erledigt werden sollte. Über Aufgabenverlagerung ist seit eh und je gesprochen worden, es sind auch Untersuchungen angestellt und partiell Aufgaben verlagert worden. U m tatsächlich zu einer Entlastung der Ministerialinstanz zu kommen, müßte für die Aufgabenverlagerung noch eine weitere Prämisse aufgestellt werden. Eine solche Entlastung w i r d sich nur dann erreichen lassen, wenn es gelingt, bestimmte Aufgabenblöcke, das heißt

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mehr als Aufgabensplitter, aus der Ministerialinstanz heraus zu verlagern. Bei der Prüfung, ob Aufgaben auf den nachgeordneten Bereich delegiert werden sollten, wurde bisher an eine Unterscheidung von ministerieller und nichtministerieller Tätigkeit angeknüpft, bei der als nichtministerielle Angelegenheiten i m wesentlichen Einzelentscheidungen, Routinearbeit und Angelegenheiten der laufenden Verwaltung, kurz Ausführungs- und Verwaltungsaufgaben verstanden wurden; dabei wurde jeweils i n dem einzelnen Bereich geprüft, welche einzelnen Aufgaben als nichtministeriell zu bezeichnen waren. Das Ergebnis der bisherigen Bemühungen u m eine Verlagerung von Aufgaben hat der Bundesrechnungshof i n einem Gutachten wie folgt geschildert: „Die eben geschilderten Maßnahmen der Entlastung der Bundesministerien haben offensichtlich nicht ausgereicht, das Wachsen der Bundesministerien anzuhalten, geschweige denn die zu stark gewachsenen Ministerien zurückzubilden. Die Aufgabenverlagerungen wurden überwiegend pragmatisch m i t Blick auf das einzelne Ministerium und seinen Unterbau vorgenommen und nicht systematisch nach einem Gesamtplan aufgrund einer bestimmten Zielvorstellung für den Aufbau der Regierung und Verwaltung und die Aufgabenverteilung zwischen den Ministerien und ihren Geschäfts- und Zuständigkeitsbereichen. I m Gesamtergebnis führte die Entwicklung deshalb zu unausgeglichenen Größenverhältnissen i n der A u f gabenVerteilung." Bei dieser Lage fragt es sich, ob es möglich ist, Kriterien zu finden, nach denen man eine Aufgabenverlagerung größeren Stiles vornehmen kann. I n der Diskussion über die Aufgaben, die i n der Ministerialinstanz wahrgenommen werden, spielt die Unterscheidung zwischen politischen Aufgaben und fachlich administrativen Aufgaben eine bedeutende Rolle. Es ist richtig, daß sich die Arbeit der Ministerialinstanz zwischen diesen beiden Polen, dem Politischen und dem Fachlich-administrativen abspielt. Der Versuch, die einzelnen Tätigkeiten des M i n i steriums i n diesen Rahmen einzuordnen, stößt jedoch auf Schwierigkeiten. Zwar w i r d es einige Aufgaben geben, die so politisch sind, daß sie eindeutig dieser Seite zugerechnet werden können, und vielleicht auch einzelne andere Aufgaben, die überhaupt keinen politischen Gehalt haben, so daß sie als rein fachlich-administrativ angesehen werden können. Aber regelmäßig w i r d sich das nicht so eindeutig sagen lassen. Auch bei zunächst als fachlich-administrativ angesehenen Aufgaben w i r d sich meist ein politischer Gehalt feststellen lassen, so daß sich schon vom Begrifflichen her diese Trennung nicht sauber durchführen läßt. A u f der begrifflichen Unterscheidung aber eine organisatorische Trennung aufzubauen, dürfte nicht möglich sein. Der organisatorische Schnitt zwischen den fachlich-administrativen und den politischen A u f -

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gaben des Ministeriums scheidet damit als Lösungsmöglichkeit für die Aufgabenverlagerung aus. I n der Diskussion über das Verhältnis der Ministerialinstanz zu der darunter liegenden Instanz w i r d Schweden oft als das Vorbild hingestellt, weil dort sehr oder relativ kleine Ministerien und eine sehr stark ausgebaute Instanz von Zentralbehörden unterhalb der Ministerialebene bestehen 2 . Dieser Zustand w i r d gelegentlich auch als die Durchführung des Prinzips der Trennung politischer und fachlich administrativer Aufgaben i m Bereich der öffentlichen Verwaltung angesehen. Das ist jedoch nur scheinbar so. Die vorhandene Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Ministerien und Zentralbehörden stellt nicht den organisatorischen Trennungsschnitt zwischen politischen und fachlichadministrativen Aufgaben dar; auch die Aufgaben, die von den Zentralbehörden wahrgenommen werden, haben weitgehend einen starken politischen Gehalt. Der Grund hierfür ist nicht zuletzt darin zu sehen, daß die Zuständigkeitsabgrenzung i n Schweden nicht aufgrund eines theoretischen Modells erfolgt ist, sondern daß sie sich i n einem mehr als zweihundert Jahre währenden historischen Prozeß entwickelt hat. Ursprünglich waren die Zentralbehörden, die dem König unmittelbar unterstanden, bewußt neben das Kabinett gestellt, u m dieses auf die Beratung des Königs zu beschränken. I n der Folgezeit hat sich die Verfassung Schwedens dahin entwickelt, daß der König die Regierungsfunktionen nur noch als „ K i n g i n Council", nämlich als der formelle Vorsitzende des Kabinetts, wahrnimmt. Dadurch sind die an die Person des Königs gebundenen Zentralbehörden nunmehr auch mit dem Kabinett verknüpft. A u f dieser Entwicklung aber beruht die große Unabhängigkeit der Zentralbehörden von der Ministerialinstanz, die sich nicht zuletzt ausdrückt i n der Position der Behördenleiter, deren Besoldung zwischen der des Staatssekretärs und des Ministers liegt. Die Ressorts können trotz der Änderung der Verfassungslage den Zentralbehörden keine Einzelweisungen geben; ihre Einflußnahme, die den Weg über das Kabinett gehen muß, beschränkt sich auf die Möglichkeit, generelle Anweisungen zur Durchführung der Gesetze zu geben, bei der Aufstellung des Haushaltsplanes mitzuwirken oder auch die Besetzung der Stellen der Behördenleiter, die generell auf Zeit erfolgt, vorzunehmen. Die Aufgabenverteilung zwischen der Ministerialinstanz und den Zentralbehörden i n Schweden kann damit nur als ein formales Modell betrachtet werden: die Aufgaben, die von den Ministerien wahrgenommen werden, sind ministeriell, während die den Zentralbehörden oblieF 2

Vgl. Georg Hahn, „Das Verhältnis von Ministerien u n d Zentralbehörden i n Schweden". Gutachten f ü r die Projektgruppe Regierungs- u n d V e r w a l tungsreform, Bonn 1971.

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genden Aufgaben nicht ministeriell sind. Der Gedanke, diesen Zustand der Aufgabenverteilung zu kopieren, ist für Irland i m Devlin-Report 3 erörtert. Wollte man solche Überlegungen auch für die Bundesrepublik anstellen, müßte aber auch der weitere verfassungsrechtliche Kontext, i n den Ministerien und Zentralbehörden gestellt sind, gesehen werden. Ebenso wie die Einflußnahme der Ministerien auf die Zentralbehörden ist auch die parlamentarische Kontrolle diesen gegenüber eingeschränkt. Das Parlament übt seine Kontrolle gegenüber der Regierung aus, d. h. es kann deren Verhalten gegenüber den Zentralbehörden bei generellen Weisungen oder i m Budgetrecht erörtern, jedoch nicht bis zu dem von der Zentralbehörde entschiedenen Einzelfall vordringen. Neben der parlamentarischen Kontrolle steht jedoch, soweit Einzelfälle angesprochen werden sollen, das Beschwerderecht zum König (King i n Council), die Klage vor dem Verwaltungsgericht und die Anrufung des Ombudsmans. Von Bedeutung ist sicherlich auch, daß an der Spitze der Zentralbehörden regelmäßig ein Board steht, dem außer dem Generaldirektor als Vorsitzenden und einigen weiteren Verwaltungsfachleuten auch Mitglieder aus dem Bereich der Politik, der Wirtschaft oder der Wissenschaft angehören. Die Entstehungsgeschichte der Aufgabenverteilung zwischen Ministerien und Zentralbehörden ebenso wie der staats- und verfassungsrechtliche Kontext, i n den diese Behörden gestellt sind, zeigt zwar, daß eine Kopie der schwedischen Verhältnisse als Gesamtmodell für die Bundesrepublik nicht i n Betracht kommen kann. Jedoch können eine Reihe von Elementen der schwedischen Regelung für uns interessant und bei Reformüberlegungen von großer Bedeutung sein. Es läßt sich nämlich sagen, daß dem nachgeordneten Bereich weitaus mehr Aufgaben zugewiesen werden können, als es bei uns der Fall ist. Es läßt sich weiter sagen, daß der nachgeordnete Bereich eine wesentlich größere Selbständigkeit bekommen könnte, als er es bei uns hat. Dem entspricht, daß dem nachgeordneten Bereich mehr Verantwortung übertragen werden kann, als es gegenwärtig bei uns der Fall ist. Die Überlegungen zur Beurteilung von Aufgaben als politisch oder als fachlich-administrativ und zum Zustand der Aufgabenverteilung i n Schweden haben gezeigt, daß die Suche nach allgemein gültigen, objektiven Kriterien für die Trennung dessen, was ministeriell und daher Aufgabe der Ministerialinstanz, und was nicht ministeriell und daher geeignet für eine Verlagerung auf nachgeordnete Behörden ist, zu keinem Ergebnis führen wird. Es gibt keine dieser objektiven K r i 3 Report of Public Services Organisation Review Group 1966—1969; vgl. auch das diesem Bericht gewidmete Heft 4/1969 der „Administration", der Zeitschrift des Irischen Instituts f ü r öffentliche Verwaltung, insbesondere die Betrachtungen von Lawrence u n d v o n Nevil Johnson.

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terien, die die Entscheidung über die Aufgabenverlagerung leicht machen und sie i n die Nähe eines „Sachzwanges" führen könnten. Es muß vielmehr versucht werden, auf anderen Überlegungen aufzubauen. I n ihrem politischen Gehalt orientiert sich die Arbeit des Ressorts an der Regierungserklärung, an dem Arbeitsprogramm der Regierung, sowie an bestimmten Schwerpunktsetzungen, die von der Regierung oder von dem Ressortchef vorgenommen werden. Für die Verlagerung von Aufgabenblöcken aus den Ressorts heraus könnte nun auf den Bezug zu diesen Programmen und Schwerpunkten abgestellt werden; an der politischen Steuerungsbedürftigkeit wäre damit zu messen, ob bestimmte Aufgabenbereiche i n der Ministerialinstanz erledigt werden müssen oder nicht. Auch das ist eine relativ unbestimmte Aussage. U m jedoch nun nicht ganz oder allein i m Voluntaristischen zu bleiben, ließen sich eine Reihe von Kriterien nennen, die Indiz dafür sein könnten, inwieweit eine politische Steuerungsbedürftigkeit für den einzelnen Aufgabenbereich besteht. Das könnte beispielsweise die Tatsache oder die Stärke der Auseinandersetzung über bestimmte Aufgaben i n den politischen Parteien oder i n anderen einflußreichen Organisationen des politischen Bereichs sein. Es könnte die Frage sein, inwieweit diesem Aufgabengebiet von der Bevölkerung besondere Aufmerksamkeit beigemessen wird. Auch die Zeit, die für die Aufgabenerfüllung gebraucht wird, kann von Bedeutung sein. Schließlich kann auch die A r t und die Richtung der bei der Aufgabenerfüllung bestehenden Kommunikationsbeziehungen für eine politische Steuerungsbedürftigkeit sprechen. Endlich könnte bei der Aufgabenerfüllung auch ein Koordinierungsbedarf m i t bedeutsamen Einrichtungen bestehen, der politische Steuerung erfordert. Alle diese Punkte sind jedoch nur Indizien, die auf die politische Steuerungsbedürftigkeit hinweisen; sie dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß, wenn auf diese Steuerungsbedürftigkeit abgestellt wird, die Entscheidung über die Aufgabenverlagerung eine rein politische Entscheidung bleibt. I n welchem Umfange aus der Ministerialinstanz heraus verlagert wird, ob mehr oder weniger, bleibt letztlich der politischen Entscheidung vorbehalten. Von daher bleibt dieses Modell der Aufgabenverlagerung ein voluntaristisches Modell, was sicherlich für den Entscheider keine Erleichterung darstellt. Dieser Ansatz zielt darauf, daß auch Aufgaben aus dem Ministerialbereich heraus verlagert werden, von denen bisher angenommen wurde, sie könnten allein i m Ministerium erledigt werden. Einige Beispiele, es gibt sicherlich mehr als diese, sollen verdeutlichen, i n welchem Umfang an eine Verlagerung gedacht werden könnte; aus ihnen geht auch der Aufgabenzuwachs und die Veränderung der Aufgaben-

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struktur der aufnehmenden Behörden des nachgeordneten Bereiches hervor. Die Vorbereitung von Gesetzentwürfen und insbesondere von Verordnungen könnte i n vielen Fällen verlagert werden, wobei bei Verordnungen von der i m Grundgesetz vorgesehenen Ermächtigung oberer Bundesbehörden zum Erlaß von Verordnungen weitgehender Gebrauch gemacht werden sollte. Auch Aufgaben, deren Erledigung für das ganze Bundesgebiet einheitlich erfolgen soll, können verlagert werden, weil die Aufgabenverlagerung aus der Ministerialinstanz heraus als Dekonzentration zu verstehen ist und nicht als Dezentralisation, das heißt nicht als räumliche Aufgliederung auf verschiedene Behörden des Bundesgebietes; es bleibt weiterhin nur eine Bundesbehörde zuständig. Auch dort, wo Bundesbehörden m i t Behörden i m internationalen Bereich zusammenarbeiten, kann an Aufgabenverlagerungen gedacht werden, ebenso bei Aufgabenbereichen, i n denen die Bundesbehörden m i t den Ländern zusammenarbeiten müssen. Es gibt für beide Fälle bereits Beispiele, i n denen nachgeordnete Behörden sowohl m i t internationalen Behörden als auch mit Behörden der Länder, das heißt hier m i t obersten Landesbehörden, zusammenarbeiten. IV. Aufnehmende Behörde: Generalbehörde Als letztes ist zu fragen, auf welche Behörden Aufgabenkomplexe aus der Ministerialinstanz des Bundes verlagert werden können oder sollten. Dazu möchte ich, gerade weil unter meinen Zuhörern eine erhebliche Anzahl Beamter aus den Ländern ist, eine Vorbemerkung machen. Die Frage der Verlagerung vom Bund zu den Ländern spielt i m Kontext der Überlegungen, die hier angestellt werden, keine tragende Rolle. Es handelt sich bei der Prüfung von Aufgabenverlagerungen i n Bereichen, die bisher unbestritten als Aufgaben des Bundes angesehen wurden, zunächst einmal u m ein Organisationsproblem des Bundes. Daß die Problematik einer Verlagerung von Aufgaben bis i n Landesinstanzen hinein daneben bestehen bleibt, bezweifle ich nicht. Nur kann daraus nicht gefolgert werden, daß es nur oder vor allem diese Alternative gibt. Das ist für die Behandlung dieses Themas nach meiner Auffassung ausschlaggebend. Das zentrale Problem bei der Verlagerung von Aufgaben i n den Bereich unterhalb der Ministerialinstanz ist die Frage der Aufsicht. I n A r t i k e l 65 des Grundgesetzes w i r d die Verantwortlichkeit des Ministers für seinen Geschäftsbereich festgelegt. Damit w i r d die Frage, inwieweit m i t der Aufgabe die volle Verantwortung für die Aufgabe aus dem Ressort heraus verlagert werden kann, präjudiziert: Bei dem Ministerium muß eine Aufsicht verbleiben. Gleichwohl, Aufsicht kann i n sehr unterschiedlicher Form ausgeübt werden. Der Aufsichtführende kann einmal

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generelle Regelungen, Anweisungen, herausgeben, nach denen sich die Behörde zu richten hat, die die Aufgabe wahrnimmt. Der Aufsichtführende kann sodann Weisungen i m Einzelfall geben, u m damit Einzelentscheidungen der Behörde, der die Aufgabenerledigung obliegt, zu steuern. Schließlich hat der Aufsichtführende als stärksten Eingriff i m Rahmen der Aufsicht das Selbsteintrittsrecht, bei dem die Maßnahme, die getroffen werden soll, vom Aufsichtführenden wieder an sich herangezogen wird. Es gibt Modifizierungen dieser Möglichkeiten, soweit einer bestimmten Bundesoberbehörde oder Anstalt durch Gesetz Aufgaben zur Erledigung übertragen worden sind. Damit kann das Recht des Selbsteintritts der aufsichtführenden Ministerialinstanz ausgeschlossen sein. Gleichwohl bleibt die Befugnis zur Einzelweisung und selbstverständlich das Recht, generelle Regelungen zu erlassen, regelmäßig erhalten. Auch bei zukünftigen Regelungen kann das Aufsichtsrecht des Ministeriums wegen A r t . 65 GG prinzipiell nicht ausgeschlossen werden. Dennoch läßt die Ausgestaltung und vor allem die Handhabung dieses Rechts manche Möglichkeit offen, den Handlungs- und Verantwortungsspielraum nachgeordneter Behörden gegenüber dem jetzigen Zustand erheblich zu erweitern. Verbleiben muß bei der Ministerialinstanz die Befugnis, generelle Anweisungen und Regelungen herauszugeben, nach denen sich die nachgeordnete Behörde zu richten hat. Auch wenn Einzelweisungen vielleicht nicht generell ausgeschlossen werden können, ist ein prinzipieller Verzicht darauf i n jedem Fall möglich, so daß ein Bundesministerium nur i n Ausnahmefällen von diesem Recht Gebrauch machen sollte. Soweit das Recht zum Selbsteintritt nicht bei der Aufgabenzuweisung an die nachgeordnete Behörde ausgeschlossen werden kann, sollte hierauf von der aufsichtführenden Behörde, und zwar ausnahmslos, verzichtet werden. I n der Praxis gestaltet sich die Ausübung der Aufsicht oft als ein personales Problem. Es gibt Fälle, i n denen die Verlagerung von Einzelaufgaben auf nachgeordnete Behörden praktisch dazu geführt hat, daß von der Ministerialinstanz aus diese Aufgaben unter Einbeziehung des Personals der nachgeordneten Behörde genauso erledigt wurden wie vorher. Es gibt andere Fälle, i n denen sich nachgeordnete Behörden aus eigener Unsicherheit und wohl auch aus Scheu vor Verantwortung wegen vieler Fragen — und nicht nur wegen genereller Entscheidungen — wieder an das Ministerium gewandt und damit von sich aus ihren eigenen Handlungsspielraum eingegrenzt haben. Die Scheu der Ministerien, Aufgaben und auch Verantwortung auf nachgeordnete Behörden zu übertragen, und die Unsicherheit nachgeordneter Behörden gegenüber der ihnen aus dem Ministerialbereich übertragenen Verantwortung w i r d sich nur abbauen lassen, wenn eine allgemeine

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Tendenz entsteht, dem nachgeordneten Bereich eine stärkere Stellung und ein größeres Maß an Verantwortung d. h. aber ein höheres Bewußtsein seines Eigenwertes zu geben. I n den Ausführungen zur Aufsicht, d. h. zum Verhältnis von Minister i u m und nachgeordneter Behörde, habe ich klar zu machen versucht, daß i m Rahmen des vorgestellten Lösungsansatzes bei einer Verlagerung von Aufgabenblöcken aus der Ministerialinstanz bestimmte A n forderungen an die aufnehmenden Behörden des nachgeordneten Bereiches zu stellen sind. Der Bund verfügt über eine große Anzahl nachgeordneter Behörden i n den verschiedensten Rechtsformen als Bundesoberbehörden, als unselbständige Anstalten, als Körperschaften, A n stalten oder Stiftungen. Bei der Frage, auf welche Behörde übertragen werden kann, werden sich je nach der Lage des Einzelfalles verschiedene Rechtsformen anbieten. Nach der Ausgestaltung, die die aufnehmende Behörde unabhängig von der Rechtsform erhalten sollte, möchte ich von dieser Behörde als einer Generalbehörde sprechen. Die Bezeichnung als Generalbehörde bedeutet also nicht, daß es sich dabei u m den neuen Rechtstyp einer Behörde handelt. Generalbehörden können sowohl bestehende Behörden als auch neu zu gründende Behörden sein. Eine Generalbehörde kann unterschiedliche Zuständigkeiten haben. Sie kann Auffangbehörde für alle i n einem Geschäftsbereich zu delegierenden Aufgaben sein, aber auch beschränkt auf einzelne, besonders gewichtige Aufgaben eines Ressortbereiches; ihr können aber vor allem auch einzelne ressortübergreifende Aufgaben zugewiesen werden. Behörden m i t diesem Aufgabenkatalog gibt es i n den nachgeordneten Bereichen auch heute schon. Zu dem ersten Typ, grundsätzlich für alle i m Geschäftsbereich zu delegierenden Aufgaben zuständig, würde ich ζ. B. das Bundesverwaltungsamt oder das Bundesamt für Finanzen rechnen, zum zweiten, zuständig für gewichtige Aufgaben eines Geschäftsbereiches das Bundesamt für Verfassungsschutz oder das Bundeskriminalamt, und zum dritten, zuständig für ressortübergreifende Aufgaben, etwa das Statistische Bundesamt oder das i m Entstehen begriffene Bundesamt für Umweltschutz. Welches sollten jetzt die Kriterien für eine Generalbehörde sein? Für die Stellung des Leiters einer Generalbehörde müssen aus der Änderung der Aufgabenstruktur, bei der der Generalbehörde geschlossene Aufgabenbereiche mit größerem Gewicht zugewiesen werden, sowie aus der angestrebten größeren Selbständigkeit und höheren Verantwortung Folgerungen gezogen werden; denn nach ihr richtet sich i m wesentlichen sowohl das Gewicht der Generalbehörde nach außen wie ihr innerer Aufbau. Die Frage der Besoldung des Leiters einer Generalbehörde ist von erheblicher, aber nicht allein ausschlaggebender Bedeu-

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tung; der Hinweis auf die Besoldung der Leiter der Zentralbehörden i n Schweden kann hier erneut von Nutzen sein. Der Behördenleiter müßte aber auch, da er i n größerem Maße Aufgabenbereiche mit seiner Behörde selbständig erledigen soll, i n irgendeiner Form von seinem Minister oder vom Kabinett zur Rechenschaft gezogen werden können, was gegenwärtig bei Behördenleitern, die Beamte auf Lebenszeit sind, kaum möglich ist; das Institut der Versetzung als einzige nicht disziplinarische Maßnahme ist dafür ein ungeeignetes Mittel. Es müßte vielmehr daran gedacht werden, den Leiter einer Generalbehörde zum politischen Beamten zu machen m i t der Möglichkeit, i h n i m Rahmen der Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes jederzeit i n den einstweiligen Ruhestand versetzen zu können. Eine Alternative wäre, i n Anlehnung an das Beispiel Schwedens, die Stellen der Leiter der Generalbehörden nur mit Zeitbeamten zu besetzen. Der Ablauf der Zeit würde dann jeweils die Zäsur darstellen, an der nach der Ausübung der Geschäfte durch diesen Behördenleiter gefragt werden kann m i t der Möglichkeit, sein Zeitbeamtenverhältnis nicht zu erneuern. Die i n Schweden übliche Zeit der Bestellung auf sechs Jahre dürfte auch für die Bundesrepublik angemessen sein. Die Ausstattung der Generalbehörden i n ihrem Stellenkegel muß an die Stellung des Behördenleiters angeglichen werden. Das ist aus einer Reihe von Gründen erforderlich. Die Verlagerung von Aufgabenblöcken aus dem Ressort w i r d nur möglich sein, wenn m i t der Aufgabe weitgehend auch das Personal, das sie bearbeitet, m i t herausgeht i n die Generalbehörde. Das erfordert aber Konsequenzen i m Bereich des Stellenkegels dieser Behörden, wobei Überlegungen für eine Ubergangsregelung einschließlich der schwierigen Frage der Ministerialzulage m i t einfließen sollten. Diese Überlegungen sind nicht i m Sinne des taktischen Verhaltens bei Haushaltsverhandlungen gemeint, das darauf gerichtet ist, möglichst viele Beförderungsstellen zu bekommen. Ich glaube, es kann hier einmal ganz deutlich ausgesprochen werden, daß das Besoldungs- und Stellengefüge i m Verhältnis der Bundesministerien zu den bestehenden nachgeordneten Behörden durchaus m i t einem Fragezeichen versehen werden kann. Als ich mich auf meinen Besuch i n Schweden vorbereitete, las ich eine Schrift des Ministerialdirektors aus dem schwedischen Finanzministerium, Pierre Vinde, i n der der Satz stand, das günstigste Alter für eine Verwendung i n der Ministerialinstanz läge zwischen 38 und 45 Jahren. Ich habe mich gefragt, was geschieht eigentlich dann? Von meinen Gesprächspartnern i n Schweden habe ich dann erfahren, daß das Besoldungsgefüge zwischen den Ministerien und den Zentralbehörden ganz anders ausgestaltet ist als bei uns. Für den Abteilungsleiter eines schwedischen Ministeriums bedeutet es kein Abschieben,

Verwaltungsämter u n d Generalbehörden zur Entlastung von Ministerien

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wenn er Generaldirektor einer Zentralbehörde w i r d ; dies stellt für i h n vielmehr eine echte Beförderung dar. Das gilt auch für Beamte unterhalb der Ebene des Abteilungsleiters i m Hinblick auf entsprechende Positionen bei den Zentralbehörden. Das Ministerium war für diese Beamten nicht eine Endstation, und deshalb konnte auch von einem günstigsten Alter für eine Verwendung i n der Ministerialinstanz gesprochen werden. Eine Änderung bei uns w i r d sich nicht abrupt, sondern nur i m Wege einer gezielten, längerfristigen Entwicklung erreichen lassen. Aber der jetzige Zustand sollte nicht als der Weisheit letzter Schluß hingenommen werden. Der Standort solcher Generalbehörden stellt sich als nächste Frage. Es könnte daran gedacht werden, die Gelegenheit von Aufgabenverlagerungen zu nutzen, u m die Konzentration der Bundesverwaltung i m Räume der Bundeshauptstadt aufzubrechen und Generalbehörden weitgestreut über das ganze Bundesgebiet einzurichten. I n Schweden — u m ein letztes Mal die dortigen Verhältnisse zu zitieren — läuft gerade eine Verwaltungsreform, die zum Ziel hat, viele der i n Stockholm befindlichen Zentralbehörden i n andere Städte des Landes zu verlagern. Für die Bundesverwaltung scheint eine solche Überlegung, von Ausnahmen abgesehen, aber nicht geeignet zu sein. Einmal würde eine räumliche Verlagerung von Generalbehörden den Notwendigkeiten eines engen Informationsflusses zwischen ihnen und der Ministerialinstanz nicht entsprechen; zum anderen aber wäre die Möglichkeit einer Aufgabenverlagerung i m beschriebenen Umfang weiter eingeengt, wenn sie auch noch m i t dem Problem der räumlichen Verlagerung belastet würde. Das bedeutet, daß Generalbehörden grundsätzlich i n dem Bereich, i n dem heute die zu verlagernden Aufgaben wahrgenommen werden, errichtet werden sollten, d. h. prinzipiell i m Großraum Bonn einschließlich Köln. Die A r t der Zusammenarbeit der Generalbehörden m i t anderen Behörden oder mit den Bundesressorts möchte ich als letztes ansprechen. Die bisherige Übung, daß nachgeordnete Behörden auf dem Dienstweg über ihr eigenes Ressort m i t anderen Ressorts oder Behörden anderer Ressorts verkehren, ist, wenn man Generalbehörden der beschriebenen A r t schaffen w i l l , ein Anachronismus. Diese Behörden müssen direkt m i t anderen Ressorts und m i t Generalbehörden i n Geschäftsbereichen anderer Ressorts verkehren können. Ob der Generalbehörde dafür gegenüber ihrem eigenen Ressort bestimmte Berichtspflichten auferlegt werden sollten, müßte i m Einzelfall geprüft werden. Eine gleiche, für die innere Organisation bedeutsame Feststellung läßt sich aus der Stellung der Generalbehörde noch treffen. Heute ist es üblich, daß Schreiben von nachgeordneten Behörden prinzipiell vom Behördenleiter unterschrieben werden. Für die interne Organisation der Gene5 Speyer 52

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ralbehörden müßte aber jedenfalls das gelten, was heute für die Ministerialinstanz gilt, aus der Aufgaben auf diese Generalbehörden übergehen sollen. I m Thema dieses Vortrages w i r d auf die Entlastung der Ministerien durch „Verwaltungsämter und Generalbehörden" abgestellt. Nach den Merkmalen, die ich als bestimmend für eine Generalbehörde aufgeführt habe, läßt sich für den Bund sagen, daß mit dem Bundesverwaltungsamt und dem Bundesamt für Finanzen, insbesondere bei den Möglichkeiten der Aufgabenzuweisung, ein Ansatz i n Richtung auf eine Generalbehörde gemacht worden ist, daß aber beide Behörden i n ihrer Stellung und Ausgestaltung diesem Behördentyp noch nicht entsprechen. Ich habe versucht, Ihnen eine Möglichkeit der Entlastung der Ministerien durch Aufgabenverlagerung aufzuzeigen. Inwieweit sich ein derartiges Modell bei uns verwirklichen läßt und inwieweit sich etwaige Versuche m i t der Schaffung von Generalbehörden durchsetzen werden, hängt von vielen Faktoren ab. W i r haben gestern, gewissermaßen als Refrain der verschiedenen Vorträge, als Schlußbemerkung gehört, daß die Durchsetzung dann auch vor allem ein personales Problem sei. Das ist nur natürlich. Denn organisatorische Regelungen für sich bedeuten wenig. Ob sie zu dem gewünschten Erfolg führen, hängt von dem Menschen ab, dem sie als Grundlage für eine Entscheidung oder als Rahmen seiner Arbeit dienen sollen. Für die Durchsetzung des Modells der Aufgabenverlagerung, das ich Ihnen beschrieben habe, möchte ich deshalb auch vor allem auf das personale Problem abstellen — bei denjenigen, die politisch über die Verlagerung entscheiden, und später auch bei denjenigen, die nach einer Aufgabenverlagerung vom Ministerium und von der Generalbehörde aus miteinander arbeiten müssen.

Aussprache zum Referat von Hans-Joachim von Oertzen Bericht von Ernst Heinrich Hüper Entsprechend dem Vorschlag des Diskussionsleiters, Professor König, Speyer, zunächst zur Problematik „Verwaltungsämter und Generalbehörden zur Entlastung von Ministerien" aus den Ländern zu berichten, schilderte Ministerialrat Szotowski, Stuttgart, die i n Baden-Württemberg angestellten Überlegungen, die auf die Ersetzung der Regierungspräsidien durch neue Organisationsformen gerichtet seien. Es habe zunächst die Absicht bestanden, den bestehenden Regierungspräsidien eine Entlastungsfunktion für die Ministerien zu übertragen. Ein erster Schritt hierzu sei die Schaffung von sog. „Vorortefunktionen" gewesen, durch die ein Präsidium m i t Wirkung für den ganzen Landesbereich bisher von den Ministerien wahrgenommene administrative Aufgaben übernehmen sollte. Später habe man sich dann grundsätzlich auf die Auflösung der Regierungspräsidien geeinigt, die bisher i m Rahmen ihrer „Bündelungsfunktion" das Außenverhältnis zum Bürger betreffende Aufgaben der verschiedenen Ressorts erfüllt hätten. Nach einer insbesondere von dem damaligen Innenminister der großen Koalition vertretenen Vorstellung sollte die Mittelinstanz künftig durch große Landesverwaltungsämter gebildet werden, die neben den Regierungspräsidien auch die bereits i n gewissen spezialisierten Bereichen bestehenden Landesämter ersetzen sollten. Diesen neu zu schaffenden Landesverwaltungsämtern sollte ein dem Ressortzuschnitt entsprechender Aufgabenbereich übertragen werden, der durch bestimmte, bisher von den Ministerien wahrgenommene Funktionen zu ergänzen gewesen wäre. Daneben sei noch ein allgemeines Landes ver waltungsamt vorgesehen gewesen, das gewisse nicht den Ressorts zuzuordnende Bereiche i m Rahmen der Bündelungsfunktion weiterhin wahrnehmen sollte. Diese Überlegungen zur Reform der Mittelinstanz seien jedoch nach der Regierungsneubildung i m Mai/Juni d. J. verworfen worden. Nach einer neu erarbeiteten Arbeitshypothese sollten die Aufgaben der unteren Sonderbehörden und die bisher von der Mittelinstanz wahrgenommenen Funktionen von sog. „Regionalverwaltungsämtern" staatlicher Provenienz übernommen werden, wobei der hieraus folgende Verlust an örtlicher Bezogenheit durch die Schaffung von Außenstellen ausgeglichen würde. Weiterhin sei beabsichtigt, diesen regionalen Ver5*

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waltungsämtern auch Aufgaben aus solchen Ressorts zu übertragen, die bisher nicht von den Regierungspräsidien wahrgenommen worden seien, so daß die Aufgabenbereiche sämtlicher Ministerien durch diese Ämter erfaßt würden. Inwieweit allerdings bei der Schaffung solcher Regionalverwaltungsämter — es werde an 6 bis 8 solcher Ämter gedacht — eine Entlastung der Ministerien möglich sei, sei zumindest zweifelhaft, da die Wahrnehmung von aus den Ressorts delegierten Aufgaben für den ganzen Landesbereich durch ein A m t die Konkurrenz der anderen Ämter hervorrufen würde. Senatsdirektor Ulrich Becker, Hamburg, erörterte die Möglichkeiten einer Auslagerung von Aufgabengebieten aus der Verwaltung und berichtete von i n Hamburg entwickelten Vorstellungen, auf diese Weise die dort auf über 100 000 Mitarbeiter angewachsene Verwaltung für die politische Führung wieder beherrschbar zu machen. Dabei werde die Dynamik der Verwaltung durch das Ansteigen der Beschäftigtenzahl von 65 000 auf 100 000 i n den letzten zwanzig Jahren nur unvollkommen ausgedrückt. Es sei zu berücksichtigen, daß 25 °/o sämtlicher A r beitsplätze i n der Hamburger Verwaltung durch Rationalisierungsmaßnahmen und Aufgabenänderung i n den letzten zehn Jahren neu gestaltet worden seien. Hinzu kämen die Veränderungen, die die Verwaltung hinsichtlich der von ihr zu erbringenden Leistungen erfahren habe: mehr Aufgaben, Verfeinerung, größere Komplexität, Langfristigkeit i n der Anlage der Aufgaben. Hinzuweisen sei aber vor allen Dingen auf das personelle Element, das durch Problemkreise wie Arbeitszeitverkürzung, Mitbestimmung und sonstige m i t der Selbstentfaltung des Menschen zusammengehörende Fragen ein regelrechtes Eigengewicht bekommen habe. Für die hieraus erwachsenden Probleme könne die Bewegung i n der Personalzahl nur ein Indikator sein. Diese Entwicklung i n der Verwaltung habe dann zu Überlegungen geführt, A u f gabengebiete auszulagern. Eine Verlagerung würde die Errichtung von nachgeordneten Behörden voraussetzen, was i n Hamburg aber wegen des Verwaltungsaufbaus — starke Zentralisierung i m Rahmen der Fachbehörden, Aufgliederung lediglich durch die Bezirksämter auf der „kommunalen" Ebene — nicht üblich sei. Bei einer Bestandsaufnahme der zur Ausgliederung geeigneten Aufgabenbereiche hätten sich bei Zugrundelegung von zwei Kriterien — Möglichkeit einer betrieblichen Organisation, Personalintensität der Aufgabe — zwei Aufgabenkomplexe herausgebildet: Service für die Verwaltung und große Teile des Service für den Bürger. Der erste Bereich umfasse u. a. den Service von Werften und Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten für die Behörden sowie die Reinigung und Verwaltung der Gebäude. Zum zweiten A u f gabenkomplex gehörten die Stadtreinigung, die Stadtentwässerung und insbesondere der Betrieb von Krankenhäusern etwa i n der Form

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einer Krankenhausbetriebsgesellschaft. Weiterhin sei an eine Auslagerung der Aufgaben der staatlichen Hochbaudienststellen durch eine ganze Fülle von verschiedenen Maßnahmen bis hin zur Gründung einer Kommunalbaugesellschaft zu denken. Insgesamt seien i n den von diesen Überlegungen betroffenen Verwaltungsbehörden ca. 25 000 M i t arbeiter beschäftigt. Ziel der Ausgliederung dieser Aufgabenbereiche, die einer politischen Koordination nicht bedürften, sei zum einen eine Entlastung des politischen Managements der Regierung von betrieblichen Fragen und zum anderen eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des betrieblichen Managements i n den neu gebildeten Einheiten. Ergänzend erhoffe man sich eine größere Transparenz für die Mitarbeiter innerhalb der neuen Betriebseinheiten, aber auch für die Bürger, die künftig ζ. B. bei der Stadtreinigung wüßten, an welche Einheit sie sich m i t ihren diesbezüglichen Anliegen zu wenden hätten. Nicht Ziel der Bildung von Betriebseinheiten sei dagegen eine Privatisierung der Aufgaben, die selbstverständlich, insbesondere soweit der Service der Bürger betroffen sei, öffentliche Aufgaben blieben. Alle diese Überlegungen stünden vielmehr i m Zusammenhang m i t der gesamten Rationalisierung unserer Verwaltung, die Fragen des Aufgabenzuschnitts, der Organisation bis hin zur Neuordnung des Zeichnungsrechts, der Automation und nicht zuletzt auch des Personalwesens umfasse. Anschließend verwies Regierungsdirektor Bogs, Stuttgart, auf Probleme bei der Errichtung von Bundesoberbehörden, die i m föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik ihre Ursache hätten. So könne es auf Gebieten, i n denen die Länder i m Auftrag des Bundes die Bundesgesetze durchführten, schwierig sein, Bundesoberbehörden m i t den für eine sachgemäße Aufgabenerfüllung erforderlichen Zuständigkeiten auszustatten, da hier gemäß A r t . 85 Abs. 3 GG die Landesbehörden nur der Aufsicht und den Weisungen von Bundesministerien, nicht aber von Bundesoberbehörden unterworfen seien. Die Länder seien aber, wie sich bei der geplanten Errichtung eines Bundesamtes für Reaktorsicherheit gezeigt habe, zur Zeit nicht bereit, einer der Regelung des A r t . 87 Abs. 3 GG entsprechenden Grundgesetzänderung zuzustimmen. Ltd. Ministerialrat Dr. Rombach, Düsseldorf, berichtete von Erfahrungen bei der Delegation von Aufgaben auf untere Verwaltungseinheiten i m Lande Nordrhein-Westfalen und m i t einem Bundesamt, u m hieraus Konsequenzen für die Errichtung von Bundesoberbehörden zu ziehen. Bezüglich der Frage, wohin Aufgaben delegiert werden könnten, stelle sich für den Bund ein ähnliches Problem wie für das Land Nordrhein-Westfalen i m Verhältnis der Landesbehörden zur kommunalen Ebene, nämlich, daß der Unterbau durch eine andere Verwaltungsebene dargestellt werde. Bei den Überlegungen, die zur Lösung

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des Problems i n Nordrhein-Westfalen angestellt würden, sei es eine Denkprämisse gewesen, daß der „nachgeordnete" Bereich der Landesbehörden die Kreise und kreisfreien Städte seien, auf die nach schlechten Erfahrungen m i t der Delegation von Einzelaufgaben ganze Aufgabenbereiche übertragen würden. Ähnliche Überlegungen müßten auch für den Bund gelten, auch wenn die A r t . 30, 83 GG und sogar A r t . 84, 85 GG nicht mehr gerne gelesen würden. Bundesoberbehörden sollten nur unter dem Gesichtspunkt eines voll ausgliederbaren Verwaltungszwecks, nicht jedoch als Generalbehörden konzipiert werden, da sonst ähnliche Schwierigkeiten wie beim Bundesamt für den Zivilen Bevölkerungsschutz zu erwarten seien. Dort hätten selbst i m Falle einer Höhergruppierung von Lehrgruppenleitern an einer Katastrophenschule des Landes Nordrhein-Westfalen neben den Vertretern des Innenministeriums des Landes und des Bundesamtes auch noch Vertreter des Bundesinnenministeriums und des Bundesfinanzministeriums eingeschaltet werden müssen. Bedenken seien auch gegen die i m Referat erwähnten Aufsichtsmittel bei der Errichtung von Bundesoberbehörden, insbesondere gegen das Selbsteintrittsrecht der Bundesministerien einzuwenden. Die Errichtung von Oberbehörden sei vielmehr nur dann sinnvoll, wenn diese ihre Aufgaben i n voller eigener Verantwortlichkeit erfüllen könnten. So seien auch die obersten Landesbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen i n der Regel nicht befugt, irgendeine Zuständigkeit zurückzuholen, und deren Selbsteintrittsrecht sei auf den Fall der Gefahr i m Verzuge beschränkt. Ein weiteres Problem i m Zusammenhang mit der Frage der Delegation von Aufgaben sei die Zuordnung der Aufgabenkompetenz. Nach Feststellungen i n NordrheinWestfalen hätten sich die Zuständigkeiten der Regierungspräsidenten auf Grund dieser Kompetenz i m Vierteljahr u m etwa 20 vermehrt, wobei diese Kompetenzen nur unter großen Schwierigkeiten auf die kommunale Ebene delegiert werden könnten. Es könne angenommen werden, daß der Anfall an Zuständigkeiten auf Grund der Auffangkompetenz und die hieraus folgende Überlastung i n Bundesministerien noch viel höher sei. Das Kernproblem der Delegation von Aufgaben sei aber i n dem Risiko zu sehen, daß bei der Übertragung von Zuständigkeiten auf eine größere Anzahl von Verwaltungsträgern eine einheitliche Sachentscheidung nicht immer zu gewährleisten sei, und Ministerialbeamte glaubten, diese Gefahr nicht i n Kauf nehmen zu können. Zum Abschluß seiner Ausführungen sprach Rombach das Problem der Besoldung i n Behörden unterhalb der Ministerien an und verwies darauf, daß i m Lande Nordrhein-Westfalen der Regierungspräsident höher bezahlt werde als die Abteilungsleiter i n den Ministerien, so daß ein Überwechseln i n eine nachgeordnete Mittelbehörde auch für einen Abteilungsleiter eines Ministeriums attraktiv sei.

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I n seiner Erwiderung bekannte von Oertzen, daß er nicht ohne Vorbedacht die Frage der Aufgabenverlagerung auf die Länder ausgeklammert habe, denn durch eine Belastung mit dieser Problematik sei eine Verwirklichung der Delegation von Aufgaben aus den Bundesministerien von vornherein zum Scheitern verurteilt. I m übrigen könne i n Sachbereichen, i n denen der Bund die Kompetenzen habe, eine Delegation auf die Länder nicht i m Mittelpunkt von Überlegungen stehen, die auf die Reorganisation der Ministerialinstanzen des Bundes gerichtet seien. Dieses schließe allerdings nicht aus, für bestimmte Aufgabenbereiche anstelle einer Delegation an eine neu zu errichtende Generalbehörde eine Verlagerung auf die Länder i n die Diskussion einzubeziehen. Etwas anderes müsse jedoch für solche Ämter gelten, die spezielle Aufgaben des Bundes wahrnehmen sollten. A u f die von Bogs aufgeworfene Problematik eingehend, erklärte von Oertzen, daß selbstverständlich auch geprüft werden müsse, welche Änderungen des Grundgesetzes bei der Errichtung von Oberbehörden des Bundes notwendig seien. Regierungsdirektor Schulte, Mainz, knüpfte bei den Ausführungen von Szotowski zu den regionalen Verwaltungsämtern an und berichtete von den Vorstellungen, die i m Lande Rheinland-Pfalz zum Fragenkomplex „Sonderbehörde, Bezirksregierung, regionale Verwaltungsämter" entwickelt worden seien. Der Vorschlag, regionale Verwaltungsämter zu errichten, also praktisch den Zuständigkeitsbereich der bisherigen Bezirksregierungen u m Aufgabenbereiche oberer Landesbehörden zu erweitern, sei i n Rheinland-Pfalz bereits vor vier Jahren — wenn auch unter anderem Namen — diskutiert worden. Damals hätte eine Kommission angeregt, i m Lande bestehende Sonderbehörden aufzulösen und diese Aufgabe den Bezirksregierungen zuzuschlagen, u m so eine starke Mittelinstanz zu erhalten. Die Fachministerien hätten diesen Vorschlag abgelehnt und eine Gegenkonzeption entwickelt, nach der die i n einem Geschäftsbereich bisher bestehenden kleineren Sonderbehörden zu einer großen Sonderbehörde zusammengefaßt und evtl. auch noch bisherige Kompetenzen der Bezirksregierungen dieser neuen Behörde übertragen werden sollten. Eine solche Lösung würde auch die Neigung zur Delegation von Aufgaben i n den Fachabteilungen der Ministerien erhöhen, da das Risiko einer unterschiedlichen Entscheidung i n dem delegierten Aufgabenbereich nicht entstehen könne. Weiterhin könnten die Vorteile der elektronischen Datenverarbeitung bei einer zentralen Verwaltung der delegierten Aufgaben durch eine Sonderbehörde besser genutzt werden als bei einer dezentralen Verwaltung durch die Bezirksregierungen. Professor Laux, Düsseldorf, hinterfragte i n seinem Diskussionsbeitrag die Notwendigkeit einer Aufgabendelegation aus Ministerien

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und suchte Kriterien aufzustellen, die eine solche Aufgabenverlagerung gerechtfertigt erscheinen ließen. Grundsätzlich könne die Frage der Aufgabendelegation aus Ministerien wegen der Unterschiede i n der Ministerialorganisation nicht generell beantwortet werden, sondern bedürfe einer konkreten Analyse jedes einzelnen Ressorts. Es ließen sich aber folgende grobe Kriterien feststellen, die für oder gegen eine Aufgabendelegation sprächen. Ein K r i t e r i u m für eine Verlagerung auf ein besonderes Verwaltungsamt sei das Vorliegen einer spezialisierten Aufgabe, wo die Programme festlägen, die Richtlinien für ihre Durchführung gegeben seien oder ständig gegeben würden und nunmehr die Organisation der Durchführung zu bewerkstelligen sei. So habe man i n Schleswig-Holstein Anfang der 50er Jahre auch die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes auf ein Landesamt verlagert. Ein weiterer Anhaltspunkt sei die Notwendigkeit einer territorialen Verteilung der Aufgabenerfüllung, also die Frage, ob die spezifischen Bedingungen eines Raumes eine regionale Anpassung der Durchführungsprogramme erforderten. Damit i m Zusammenhang stünden die schwierigen Probleme der Ausbildung von Regionalstufen i n der Verwaltung, die — wie die Überlegungen i n Baden-Württemberg zeigten — nicht ausschließlich durch eine Ausweitung der Aufgaben der Regierungspräsidien zu lösen seien. Ob eine Überlastung eines Ministeriums eine solche Aufgabenverlagerung erforderlich mache, sei i n einer Analyse des betreffenden Ressorts festzustellen. Es müsse insbesondere geprüft werden, ob die Belastung an der Spitze durch die i n der Zweckeinheit Ministerium gebündelte Vielzahl von Aufgaben so groß sei, daß die eigentliche politische Steuerung nicht mehr störungsfrei gewährleistet werden könne. Organisatorisch sei hier die Frage nach der span of control innerhalb der Organisation zu stellen. Entscheidend für eine solche Fragestellung sei aber nicht die Personalzahl eines Ministeriums, denn auch ein solches m i t 10 000 Mitarbeitern könne gut geleitet werden, wenn Aufgabenstruktur und vor allen Dingen Führungsorganisation darauf ausgerichtet seien. Nach den i n verschiedenen Ministerien gemachten Beobachtungen seien — wenn man die Situation i n den Stadtstaaten ausklammere — nach Abschluß der sich bis i n die 60er Jahre erstreckenden Konsolidierungsphase i m Aufbau der Verwaltung keine Bereiche festzustellen, die m i t aller Schärfe eine Entlastung eines Ministeriums erforderlich machten. Auch keine Frage der Entlastung, sondern der Ergänzung der Ministerialinstanz sei i n der Problematik zu sehen, inwieweit Entwicklungsaufgaben m i t starken Forschungsaspekten i m zentralen Bereich eines Bundesstaates einer besonderen Organisationsform — etwa i n der A r t eines policy research centers — bedürften. Auch hier müßten aber ebenso wie bei der Ausgliederung von Verwaltungseinheiten zur Entlastung der Ministerien die Informa-

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tionszusammenhänge, d. h. die Verkoppelung von Dateneingabe und Datenverarbeitung berücksichtigt werden. Nach der Eingangsfrage, inwieweit aus der Theorie des Unternehmensmanagements Kriterien für das Entlastungsproblem gewonnen werden könnten, stellte Herr Wettmann, Mainz, den politischen Gesichtspunkt — also Entlastung der Ministerien i m Hinblick auf eine Verbesserung der politischen Willensbildungsprozesse — i n den Mittelpunkt seiner Ausführungen. U m den Begriff des Politischen zu operationalisieren und damit als K r i t e r i u m einsetzbar zu machen, könne man überlegen, wie weit die Ministerien tatsächlich auf konzeptionelle Politik, auf die Entwicklung von Programmen beschränkt werden könnten. Dabei seien aber die folgenden konzeptionellen Schwierigkeiten zu berücksichtigen. Eine große Anzahl von Programmen, etwa i m Rahmen der Landesentwicklung, hätten, wie ζ. B. die Entwicklung eines Burgen- und Schlösserruinen-Erhaltungsprogramms politisch kaum Gewicht. Politisch von erheblich größerer Bedeutung seien demgegenüber zahlreiche Einzelentscheidungen, wie z.B. der Bau eines Klinikums für eine Landesregierung. Zudem sei ein Hineinspielen politischer Fragen auch dann nicht auszuschließen, wenn die Aufgaben bereits programmiert seien. Gerade bei einer Aufgabendelegation auf regionale Instanzen zeige sich, daß auf jeder Ebene neue Konfliktslagen entstünden und neue Konsensbildungsprozesse i n Gang gesetzt werden müßten. Es sei auch fraglich, ob man bei mehr ökonomisch determinierten Programmen, wie ζ. B. bei Landesentwicklungsprogrammen, noch eine — i n der Gesetzgebungsverwaltung vielleicht mögliche — Trennung nach dem sequenziellen Schema: Hintereinanderschaltung von Programmphase, Vollzugsphase, Monitorphase vornehmen könne oder aber nicht vielleicht eine Simultanschaltung m i t einem Nebeneinanderlaufen von Programmierung und Vollzug durchführen müsse. Wenn man das Programmkriterium heranziehe, sei vielleicht zu überlegen, ob die Ministerien nicht flexibler organisiert werden sollten. I n der Programmierungsphase würden dann Personalressourcen für Programmierungsaufgaben zusammengezogen werden, die nach Fertigstellung des Plans nur zum Teil i n der Vollzugsphase Monitoraufgaben erfüllten, zum größten Teil aber für andere Aufgaben freigesetzt werden könnten, u m erst i n der Revisionsphase bzw. Neuplanungsphase wieder verstärkt für diesen einen Aufgabenbereich eingesetzt zu werden. Dieses hätte dann zur Folge, daß i n den Ministerien nicht mehr m i t festgefügten, sondern flexiblen Verwaltungseinheiten gearbeitet werden müßte. Es sei allerdings sehr die Frage, ob diese Flexibilität in den heutigen Ministerien erreicht werden könne. Ministerialrat Professor Scheerbarth, Düsseldorf, verwies auf das geringe Interesse i n den Ministerien an Personaleinsparungen, die

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durch eine Verlagerung von Aufgaben aus den Ministerien bezweckt würden. Das System der Ministerien sei schon deshalb nicht auf Einsparungen angelegt, da die Stellenpläne auf Beförderungen bei steigender Mitarbeiterzahl zugeschnitten seien. Überlegungen i n Bundesund Landesministerien, Einsparungen i n das Interesse des die Organisationseinheit Leitenden zu stellen, hätten nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn man das Gesamtsystem m i t Haushalt, Organisation und Personalstufung gekoppelt sehe. Die einzelnen Organisationen müßten — vereinfacht — m i t den Aufgaben auch die M i t t e l bekommen, mit denen sie auszukommen hätten, wobei diese dann ζ. B. entweder für mehr Öffentlichkeitsarbeit oder aber für mehr Personal eingesetzt werden könnten. Zur Zeit sei ein solches Vorgehen allerdings nicht möglich, da eine Trennung der organisations- und haushaltsmäßigen sowie personalwirtschaftlichen M i t t e l von den Sachaufgaben die Regel sei. Dieses zeige sich auch i n der A r t und Weise der Erledigung von Sachaufgaben, wie ζ. B. dem Bau einer Pakethalle bei der Bundespost oder der Errichtung der Universität Bochum. Es würden von der Fachseite — dem Fachmann für den Pakettransport, dem für die Hochschulen zuständigen Ministerium — Anforderungen gestellt, die dann von anderen Stellen — den Bauleuten, dem Ministerium für den Hochschulbau — erfüllt würden, ohne daß zwischen den beiden Bereichen eine ausreichende Rückkoppelung stattfinde. I n seinen weiteren Ausführungen stellte Scheerbarth bezüglich der bei einer Aufgabenverlagerung nach unten zu erstellenden Handlungsanweisungen die These auf, daß solche Direktiven nur bei Aufgaben m i t überwiegend durchführendem Charakter, nicht aber bei gestaltenden und innovativen Aufgaben gegeben werden könnten. Zu den Aufgaben, bei denen generelle Handlungsanweisungen und damit auch eine Verlagerung nach unten möglich seien, gehöre ζ. B. der Bau von Krankenhäusern. So bestünden auch i n sehr vielen Ländern Krankenhauspläne und für den Aufbau Stufenpläne, die als Handlungsanweisungen i m Grunde ausreichten und eine — z. Zt. politisch nicht opportune — Verlagerung dieser Augfabe etwa auf die Regierungspräsidenten möglich machen w ü r den. Etwas anderes müsse aber für Aufgaben m i t hohem innovativen bzw. gestaltenden Gehalt gelten. Wenn eine Zentrale für politische Bildung nicht nur die Aufgabe habe, i m Rahmen ihrer Tätigkeit: Erziehung zum mündigen Bürger, Informationen über die politische Auseinandersetzung zu geben, sondern selbst auch Anstöße für die öffentliche Erörterung von politischen Fragen geben solle, so könnten für solche innovativen Aufgaben kaum Handlungsanweisungen gegeben werden. Dr. Bernd Becker, Düsseldorf, versuchte die von Wettmann aufgeworfene Frage nach der Entlastung i m Unternehmensbereich zu beant-

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Worten. I n großen internationalen Konzernen verliefen Entlastungsstrategien auf drei Ebenen. Zum einen erfolge eine Zentralisierung von Querschnittsaufgaben — Aufgaben- und Ressourcenplanung, Organisation und EDV-Dienstleistungen — i m Holding-Verbund, d. h. es werde i m Grunde genommen eine Aufgabenverlagerung von unten nach oben vorgenommen. Zum anderen sollte die verstärkte Anwendung von Management-Prinzipien wie Management by Exception und insbesondere Management by Objectives eine Entlastung herbeiführen. So würden profit centers bildende Geschäftsbereiche gegründet, die über Zielgrößen wie Umsatz und Gewinn gesteuert werden könnten. Weniger verbreitet sei die dritte Form der Entlastung: die Gründung von Spezialfirmen, die Aufgaben wie Werbung und Marketing zentral für den Konzern wahrzunehmen hätten. Senatsdirektor Ulrich Becker, Hamburg, widersprach i n einem weiteren Diskussionsbeitrag der Ansicht von Laux, daß bei einer entsprechenden Organisation die hohe Mitarbeiterzahl i n einem Ministerium kein K r i t e r i u m für eine Aufgabenverlagerung sei. Von einer gewissen Größenordnung an — wofür die Personalzahl sicher ein Indikator sei — seien die Eigenprobleme i n einem Ressort so groß, daß die Behördenleitung der eigentlichen Aufgabenerfüllung keine hinreichende A u f merksamkeit mehr widmen könnte. Es sei auch nicht ausreichend, nur die Rationalisierung der Abläufe und der Organisation i n den Ministerien i n die Betrachtungen einzubeziehen. Denn selbst, wenn ζ. B. der Minister durch bessere Steuerung des Posteingangs nicht mehr Briefe i m bisherigen Umfange erhalte, werde nicht viel erreicht, da irgend jemand stets über die Wichtigkeit der eingehenden Schreiben befinden müsse. Man sollte sich vielmehr überlegen, ganze Aufgabenkomplexe auszugliedern, u m damit auch eine Motivation für eine selbständigere Aufgabenerfüllung unter den Mitarbeitern zu erzeugen. So sei etwa daran zu denken, daß i n Hamburg die Mitarbeiter von Betriebseinheiten mehr privatwirtschaftliche Überlegungen anstellten, als dies i n irgendeiner öffentlich-rechtlichen Organisationsform geschehen würde. I n seinem Schlußwort nahm von Oertzen zu i n den Diskussionsbeiträgen aufgeworfenen Fragen Stellung. Bezüglich der These von Laux, es bestehe keine Notwendigkeit zur Entlastung der Ministerien durch eine Aufgabenverlagerung, müsse auf die am Anfang des Referats gemachten Ausführungen verwiesen werden, wonach die nachfolgenden Überlegungen von dem Tatbestand einer Überlastung der Leitung des M i n i steriums ausgingen. Es sei weiterhin deutlich gemacht worden, daß neben einer Neugliederung der Bundesregierung, einer Reorganisation der Ressorts und einer Verbesserung des Führungsinstrumentariums i n den Ministerien auch die Aufgabenverlagerung ein M i t t e l sei, die Überlastung der Behördenspitze abzubauen. Wenn man diesen Weg

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allerdings einschlagen wolle, würde eine Verlagerung von Aufgabenkomplexen, nicht aber — wie bisher geschehen — eine Delegation von Einzelbefugnissen erforderlich sein. Weiterhin könne man zwar nicht aus der Personenzahl per se die Unmöglichkeit einer wirksamen Leitung des Ministeriums folgern, eine große Mitarbeiterzahl bedeute aber durch die hierdurch hervorgerufenen Probleme i m Organisations- und Personalsektor i n jedem Falle eine Belastung der Behördenspitze. Ein großes Fragezeichen müsse hinter die Argumentation gesetzt werden, daß die Gewinnung von notwendigen Informationen für die Erstellung genereller Regelungen eine Einzelfallerledigung i m Ministerialbereich erforderlich mache. So habe man bei einer Arbeitsgruppe, die der Studienkommission zur Reform des Dienstrechts bei deren generellen Überlegungen zuarbeiten sollte, feststellen können, daß deren Spezialisierung i m Generellen durch das Fehlen der Einzelfallerledigung keinen Schaden genommen habe. I n Schweden werde die Problematik für die Ministerien überhaupt nicht gesehen, obwohl dort die Ressorts ihre für die Gesetzeserstellung notwendigen Informationen von Kommissionen bzw. von den Zentralbehörden erhielten und selbst keine Einzelfälle erledigten. Soweit i n den Diskussionsbeiträgen versucht worden sei, aus den i n den Ländern angestellten Überlegungen und gewonnenen Erfahrungen Schlußfolgerungen auch für den Bund abzuleiten, müsse auf die doch sehr unterschiedlichen Verhältnisse i n Bund und Ländern verwiesen werden. So könnten Kriterien für eine Aufgabenverlagerung i n den Ländern leichter gefunden werden, da dort weitgehend eine Delegation von Einzelentscheidungen auf die unteren Instanzen i n der Diskussion stehe, während auf Bundesebene das K r i terium der Einzelfallentscheidung sich nicht als ausreichend erweise. Schließlich sei der von Wettmann i n die Diskussion gebrachten politischen Dimension dadurch Rechnung getragen, daß das vorgetragene Modell für die Aufgabenverlagerung abstelle auf die politische Steuerungsbedürftigkeit, die Folge der Aufnahme von bestimmten Aufgabenbereichen i n das Regierungsprogramm sei.

Die Organisation als Fachaufgabe und Probleme der Organisation der Organisation V o n Bernd Becker Die Zuordnung der organisatorischen Fachaufgaben auf bestimmte Stellen u n d deren Zusammenfassung i n Referaten, Abteilungen, Stäben, Ä m t e r n oder anderen Organisationseinheiten der Ministerialorganisation hängt zum einen vom Inhalt der Aufgaben, zum anderen aber auch von ihrer Wertigkeit gegenüber anderen ministeriellen Aufgaben ab. Bevor man also die Frage der Verortung der Organisationsaufgaben angeht, müssen die Aufgaben beschrieben und ihre Bedeutung für den ministeriellen Aufgabenerfüllungsprozeß analysiert werden. Dieser Analyse liegen jedoch nicht nur didaktische, sondern TheorieSchwierigkeiten i m Wege. Der bisherige Ansatz der erweiterten, klassischen Organisationstheorie zwischen (1) Aufbauorganisation und (2) Ablauforganisation 1 (3) Informationsorganisation und dem (4) Menschen i n der Organisation 2 zu unterscheiden und an diesen Bezugspunkten die Analyse der organisatorischen Fachaufgaben zu entwickeln, hatte zwar unbestritten erhebliche Vorteile der didaktischen Darstellbarkeit, nicht aber solche der klaren Beschreibung der realen Probleme der Organisationsaufgaben für sich. Der Sachverhalt, daß die genannten Bezugspunkte nicht 1 Vgl. Kosiol, Organisation der Unternehmung, 1962; Kosiol, Die U n t e r nehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum (rde) 1966; Grochla, U n t e r nehmungsorganisation, Neue Ansätze u n d Konzeptionen (rororo-Studium 3) 1972, S. 44 ff., 76 ff., 120 ff. 2 Die Organisation der Information u n d K o m m u n i k a t i o n ist erst später hinzugekommen, vgl. insbesondere die L i t e r a t u r zu Management-Informationssystemen (Anm. 43); der „Mensch i n der Organisation" w u r d e insbesondere durch die „Human-Relations-Bewegung", die von den Experimenten von Mayo (1939) i n den Hawthorne -Werken entscheidend i n i t i e r t wurde, i n die Organisationstheorie u n d -praxis eingebracht; vgl. auch Leavitt, Organisatorische Änderungen — Strukturelle, technische u n d humane Ansatzpunkte, i n ZfO 1968, S. 202 „Spieler".

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isoliert für sich betrachtet werden können, ist durch die neuere Organisationstheorie und durch die praktische Organisationsarbeit bekannt geworden 8 . Beide haben gezeigt, daß es nicht mehr möglich ist, für die Aufbauorganisation oder die Ablauforganisation oder auch für informationelle und kommunikative Organisationsprobleme jeweils isolierte Optimierungsaufgaben zu formulieren und getrennte Lösungsmodelle zu entwickeln 4 . Die Unterschiede zwischen den genannten Bezugspunkten sind rein analytisch und tragen nicht mehr wesentliches für die Analyse der Organisation als Fachaufgabe bei. Betrachtet man dagegen die Einbindung der Organisation i n den Entscheidungs- und Leistungserstellungsprozeß i n der Verwaltung, so werden praktikablere Ansätze für eine Analyse ihrer Aufgaben möglich. I. Die Organisation i m Entscheidungsund Leistungserstellungsprozeß der Verwaltung Die einzelnen Phasen des Entscheidungs- und Leistungserstellungsprozesses lassen sich wie folgt beschreiben 5 : (1) Aufgabenplanung — Zielsuche — Zielfindung — Zielpräzisierung oder Operationalisierung der Ziele — Verknüpfung der Ziele m i t den Ressourcen („Strategische Planung") (2)

Aufgabendurchführung — Feinplanung („Operative Planung") — Realisierung — Rückmeldung der Leistungsergebnisse

(3)

Aufgabenerfüllungskontrolle — Verarbeitung der Rückmeldung: „Auswertung" — Soll/Ist-Vergleich („Erfolgskontrolle") und Abweichungsanalysen — Mitteilung des Analyseertrages an die planenden und operativen Bereiche 6

8 Vgl. dazu insbesondere N. Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, 1966, S. 47 ff. m. w . N. 4 Vgl. dazu Kade-Hujer, Zielfindungsprozesse am Beispiel staatlicher Forschungsplanung, i n : Stadtbauwelt, 1971, S. 285 ff. (288). 5 Vgl. auch J. Wild, Product-Management, 1972, S. 35; WIBERA-Gutachten f ü r die Organisation der F U - B e r l i n 1972 — T e i l : Entwicklungsplanung.

Organisation als Fachaufgabe

79

A u s d e m Entscheidungs- u n d L e i s t u n g s e r s t e l l u n g s p r o z e ß k ö n n e n f o l gende neue „ B e z u g s p u n k t e " der O r g a n i s a t i o n s a u f g a b e n d e f i n i e r t

wer-

den: (1)

Organisationsplanung

(2)

O r g a n i s a t i o n s a u f g a b e n i n der A u f g a b e n p l a n u n g

(3)

O r g a n i s a t i o n s a u f g a b e n i n der A u f g a b e n d u r c h f ü h r u n g

(4)

O r g a n i s a t i o n s a u f g a b e n i n der K o n t r o l l p h a s e Felder

\ X

„Objekt" bezoX gen

Phasen bezogen Organisationsplanung

der Organisation

Fachaufgabe

Aufbau

Ablauf

Information

Entwicklung der Planungsorganisation

Entwicklung der Planungsprozesse

Erfüllen der informationellen u. k o m m u nikativen Voraussetzungen der Planung

Mensch

\

*

Organisation i n der Aufgabenplanung/ „Strategischen Planung"

als

Verknüpfung der Aufgabenplanung m i t der Organisationsstruktur *

*

Verknüpfung der Aufgabenplanung m i t den erwarteten Leistungserstellungsprozessen

• Festlegung der erwarteten I n formationsund Kommunikationsbedarfe *

Optimierung der V e r w a l tungsstruktur *

Organisation i n der Kontrollphase

Überprüfung der Festlegung kontrollierender Instanzen *

Optimierung der V e r w a l tungsabläufe *

Informationsbedarfe erfüllen *

Verwertung der A b w e i chungsanalyse f ü r die O p t i mierung der Abläufe *

*

Verknüpfung der A u f gabenplanung m i t dem erwarteten Personalbedarf *

*

Organisation i n der Aufgabendurchführung

Bereitstellen von interakt i v e n Planungsinstrumentarien („Gruppenprozesse")

Fehlende I n formation u. Kommunikat i o n ergänzen *

Schulung; Führungsmodelle; Teams *

Verwertung der A b w e i chungsanalyse f ü r Beseitigung von menschlichen Störfaktoren *

* Beispiele von Aufgabenstellungen. 8 A u f den bekannten Sachverhalt, daß diese Phasen nicht sequentiell abgewickelt werden, sondern ein Regelkreissystem darstellen, braucht hier nicht eingegangen zu werden.

80

r

Becker

V e r b i n d e t m a n diese phasenbezogenen A u f g a b e n s t e l l u n g e n d e r O r g a n i s a t i o n m i t d e n h e r k ö m m l i c h e n Organisationsbereichen, so e r h ä l t m a n eine A u f g a b e n m a t r i x , die d e n gesuchten N o t w e n d i g k e i t e n nach d i daktischer und theoretischer K l a r h e i t der A n a l y s e der O r g a n i s a t i o n als Fachaufgabe e t w a s n ä h e r k o m m t 7 .

I I . D i e Organisation als Fachaufgabe I n n e r h a l b der e i n z e l n e n F e l d e r d e r O r g a n i s a t i o n ergeben sich f o l gende F a c h a u f g a b e n d e r O r g a n i s a t i o n . 1. Organisationsplanung 8 S i e h t m a n v o n d e n A u f g a b e n ab, die d a n n a n f a l l e n , w e n n e i n L e i stungssystem n e u s t r u k t u r i e r t w e r d e n soll, so k ö n n e n i m R a h m e n der O r g a n i s a t i o n s p l a n u n g i m w e s e n t l i c h e n folgende A u f g a b e n bezeichnet werden9: — Festlegung der Planungsorganisation 10 — F e s t l e g u n g der P l a n u n g s - ( u n d Entscheidungs-)prozesse u n d P l a n abläufe 10 — F e s t l e g u n g der i n f o r m a t i o n e l l e n

und kommunikativen

Planungs-

bedarfe 11 — F e s t l e g u n g menschlicher F a k t o r e n des P l a n e n s 1 2 . 7 Obwohl auch diese zweidimensionale Darstellung keinesfalls allen A n forderungen genügt. Eigentlich handelt es sich u m ein nicht darstellbares mehr-dimensionales Problem, das ebensoviele Dimensionen hat, wie die U m w e l t k o m p l e x i t ä t aufweist, die durch die arbeitsteilige Organisation des Verwaltungssystems institutionell reduziert werden soll. 8 Hier i m Sinne der „Planung der Planung" verstanden, vgl. Hax, Planung u n d Organisation als Instrumente der Unternehmensführung, i n : Z f h F 1959, S. 605 ff.; W. Mag, Planungsstufen u n d Informationsteilprozesse i n : Z f b F 1971, S. 803 ff. 9 Vgl. auch das W I B E R A - G u t a c h t e n zur Führungsorganisation der B a u behörde der Freien u n d Hansestadt H a m b u r g 1971, S. 95 ff., 129 ff.; vgl. auch N. Luhmann, Politische Planung, i n Politische Planung 1972, 66 ff. 10 Hier insbesondere die verbindliche Einfügung der „Strategischen Planung" i n die Planungsorganisation u n d die Planungsprozesse; vgl. dazu auch E. Laux, Regierungspläne u n d Verwaltungsorganisation, 40. Staatswissenschaftliche Fortbildungsveranstaltung der Hochschule f ü r Verwaltungswissenschaften Speyer, 1972 (März); E. Laux, Planung als Führungsmittel, i n P o l i t i k u n d V e r w a l t u n g (Heft 5) 1967. 11 Z u r „Informationsbezogenheit des Planungsprozesses" vgl. W. Mag (ZfbF 1971, S. 805 ff.). 12 R. L. Ackoff, Systems, Organizations and Interdisziplinary Research, i n : Systems T h i n k i n g — F. E. Emery (ed), 1969, S. 330 f. definiert die hier zum Tragen kommenden Faktoren als die wesentlichen Komponenten jeder Organisation; vgl. zum A u f b a u eines Aufgabenplanungssystems: R. Jochimsen, Z u m A u f b a u eines integrierten Aufgabenplanungssystems u n d K o o r d i -

Organisation als Fachaufgabe

81

Neben den wichtigen Aufgaben der Einfügung essentieller Phasen des Entscheidungsprozesses i n die Organisationsstruktur und hier insbesondere der organisatorischen Verortung der „Strategischen Planung", w i r d es für den Organisator immer bedeutsamer, i n der Planungsvorphase die Instrumentarien des Planens anzubieten. Man verrät nichts Neues, wenn man gerade für die Phase Planung einen erhöhten Bedarf an Sachkenntnissen vieler Fachrichtungen und Sparten der Verwaltung konstatiert. Dies gilt sowohl für ressortielle als auch übergreifende Aufgabenplanungen. Insbesondere bei Aufgabenplanungen, die sich nicht allein auf ein Ressort 13 beziehen, ist die Zusammenfassung der die benötigten Sachkenntnisse repräsentierenden Personen notwendig 1 4 . Die für diese Zusammenfassung notwendigen Instrumentarien 1 5 sind von der Organisation bereitzuhalten, an die jeweilige Organisationsstruktur anzupassen und unter Umständen zu unterstützen. 2. Organisationsaufgaben in der Aufgabenplanung

Innerhalb der Aufgabenplanung ergeben sich organisatorische A u f gaben i n der Regel nur i n der Phase der „Strategischen Planung". I n dieser Phase muß ermittelt werden, welcher Bedarf an — Personal — Flächen und Räumen — Hilfsmitteln und — Finanzen durch die geplanten Aufgaben entstehen würde. Die Ermittlung der einzelnen Bedarfe kann nicht durch ein einfaches „Kalkulieren" und Zuordnen von Ressourcen auf die geplanten A u f gaben geschehen. Vielmehr handelt es sich hierbei u m eine komplexe Optimierungsaufgabe 16 , deren Zielfunktion die Maximierung der benationssystems der Bundesregierung i n Politische Planung i n Theorie u. Praxis, Ronge-Schmieg (ed) 1971, S. 184 ff. = Planung V I (J. H. Kaiser, ed), 1972, S. 35 ff. 13 Ressortplanungen können sowohl abgeleitete, sektorale Planstufen eines übergeordneten Planungsprozesses als auch originäre Planungen, je nach Verfassungssystem u n d Verfassungspraxis, sein. 14 Vgl. Bendixen-Kemmler, Planung, Organisation, Methodik innovativer Entscheidungsprozesse, 1972. 15 Insbesondere das „Projektmanagement", die „Teamarbeit", „Programmgruppen" u. a.m. vgl. dazu Schröder, Projektmanagement, 1970; Zimmermann i n ZfO 1970, S. 45ff.; Bendixen-Kemmler; Laux u.a. Teamarbeit i m V e r w a l tungsbereich, A W V - F r a n k f u r t , 1970; Lepper, Teams i n der öffentlichen V e r waltung, i n : Die V e r w a l t u n g 1972, S. 141 ff.; Dullien, Flexible Organisation, 1972. 16 Der hier u n d w e i t e r h i n verwendete Optimierungsbegriff ist nicht ausschließlich der der OR; er schließt auch das von F. Naschold, Optimierung; Möglichkeiten u n d Gefahren, i n : Stadtbauwelt 1969, S. 282 ff. Gesagte m i t ein. 6 Speyer 52

82

r

Becker

absichtigten Leistungserstellung ist. Die dabei zu „minimierende" Nebenbedingung ist die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes der einzelnen Ressourcen 17 . Diese Aufgabe läßt sich aber nur dann lösen, wenn nicht nur der aus den geplanten Aufgaben folgende Leistungsprozeß, sondern auch die Leistungsstruktur (Aufbauorganisation), die die Aufgaben erfüllen soll, vorausgedacht und entsprechend justiert wird. Dieses Vorausdenken impliziert also die Zerlegung der geplanten Aufgaben nach den bekannten Organisationsprinzipien und die Verteilung der Aufgabenteile auf die bestehende Verwaltungsorganisation und gegebenenfalls die Veränderung oder die Neueinrichtung von Stellen. Wesentliches Ergebnis ist neben der Analyse der benötigten Ressourcen unter Ausnutzung aller organisatorischen Möglichkeiten (Struktur, Ablauf, Information) das Aufzeigen der für die optimale Aufgabenerfüllung notwendigen Organisationsstruktur 18 . Besonders i n der Stufe der Vorbereitung von Gesetzen, die die Einführung von neuen Aufgaben zum Ziele haben, ist die Notwendigkeit der Lösung dieser Aufgaben anerkannt. Sie w i r d allerdings nicht immer beachtet 19 . Es muß aber betont werden, daß diese Aufgaben der Organisation nicht nur zulange i m Hintergrund gestanden haben, sondern auch von ihrem Stellenwert her gesehen eine besondere Bedeutung für die M i nisterialorganisation besitzen. W i r können also feststellen, daß i n der Planungsphase folgende Fachaufgaben der Organisation zu erfüllen sind — Vorausschau der notwendigen Organisationsstruktur — Vorausschau der notwendig werdenden Leistungsprozesse (Ablauforganisation) — Vorausschau der Folgen auf die bestehende InformationsKommunikationsorganisation

und

— Vorausschau der menschlichen und technischen Kapazitätsbedarfe und Motivationsvoraussetzungen. 17 Vgl. auch H. J. Mühlhoff, Verwaltungslehre, Verwaltungsführung u n d Operations Research, Diss. Hamburg, 1970, S. 25 ff. (m. w . N.). 18 Diese Optimierungsaufgabe schließt die Optimierung der Arbeitsteilung ein, die notwendig ist, u m die i m Planen vorausgesetzte u n d erwartete U m w e l t k o m p l e x i t ä t institutioneller Reduktion durch das Verwaltungssystem zuzuführen. 19 Insbesondere bei Bundesgesetzen ist der hohe ressortielle Einschlag erkennbar; F r ü h - K o o r d i n a t i o n oder entsprechende systemanalytische Vorüberlegungen i m dargestellten Sinne über die administrativen Folgen fehlen. Beispielhaft sind allerdings die Überlegungen beim B S H G u n d dem Städtebauförderungsgesetz.

Organisation als Fachaufgabe

83

Diese Leistungen sind quantitativ und qualitativ zu erbringen und dienen den Aufgabenplanungsstellen 20 zur Entscheidung über die Einführung der geplanten Aufgaben. 3. Organisationsaufgaben in der Aufgabendurchführung

Das Ziel der Organisationsfunktionen i n der Durchführungsphase ist die ständige Optimierung des Einsatzes der Ressourcen 21 — Personal — Flächen und Räume — Hilfsmittel und — Finanzen Zielfunktion dieser Optimierungsaufgabe ist nicht, wie dies bisher i m privatwirtschaftlichen Bereich der Fall w a r 2 2 , die Kostenminimierung, sondern die Maximierung der Leistungserstellung, d.h. der Effizienz der Verwaltung 2 3 . I m einzelnen fallen folgende Fachaufgaben an: a) Auf

bauorganisation

24

Gerade auf der Ebene der Ministerialorganisation müssen die A u f baustrukturen für die Binnenorganisation der Ministerien selbst (systeminterne Aufbauorganisation) u n d diejenigen für außerhalb der Ministerialorganisation liegende Systeme unterschieden werden (systemexterne Aufbauorganisation). Für die ministerielle Arbeit ist es typisch, daß Strukturen außerhalb der Ministerien aufgebaut oder beeinflußt werden (z.B. Struktur der Mittelinstanzen, Ausgliederung von Aufgaben auf obere Bundes- und Landesbehörden oder -ämter). Der Aufbau oder die Beeinflussung systemexterner Strukturen außerhalb der ministeriellen Ebene sind von entscheidender Bedeutung für die Leistungsfähigkeit der nachgeordneten Bereiche; die darin i m plizierten organisatorischen Aufgaben werden heute noch nicht immer m i t dem Vorrang gesehen, wie es notwendig wäre. 20

u. a. Parlament; Regierung; i n der Universität: Gremien. U. Becker, Regierungsprogramm u n d Ressourcenrahmen, Referat auf der 40. Staatswissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung der Hochschule f ü r Verwaltungswissenschaften Speyer v o m 24. 3.1972, bezeichnet die Organisation als eine „reale Ressource". 22 H i e r sind neue Faktoren, w i e ζ. B. die langfristige Erhaltung a m M a r k t , hinzugekommen. 23 Vgl. zu den Nebenbedingungen (Restriktionen) dieser Optimierungsaufgabe F. Naschold; F. Wagener, Neubau der Verwaltung, 1969, S. 4 ff., 265 ff.; vgl. auch B. Tietz, Probleme der Gebiets- u n d Verwaltungsreform f ü r Bund, Länder u n d Gemeinden (I), i n DÖV 1972, S. 660 f. 24 Vgl. dazu ü . Becker, Das strukturelle Instrumentarium der Regierung u n d Verwaltungsführung der Freien u n d Hansestadt Hamburg, i n : Die V e r waltung, 1969, S. 213 ff. 21



84

r

Innerhalb des Problemkreises folgende Fragestellungen 25 :

Becker

„Aufbauorganisation"

geht es u m

— Analyse der Aufgabeninhalte — Aufgabenverteilung durch Aufgabengliederung und Aufgabenbündelung nach dem für die konkreten Leistungserstellung sinnvollen Gliederungsprinzip 26 — Stellenbildung unter Beachtung der für den Entscheidungs- und Kommunikationsprozeß optimalen Organisationstiefe 27 und der Leitungsspannen — Bildung von Abteilungen, Stäben oder Pluralinstanzen sowie die generelle Bestimmung der Intendantur- und Dacheinheiten 28 — Verteilung von Kompetenz und Verantwortung auf die strukturierten Einheiten. Ziel der Bildung von Aufbaustrukturen ist die „Arbeitsteilung", die gleichzeitig i h r Grundproblem ist 2 9 . Die Gesamtaufgabe des zu strukturierenden Verwaltungssystems muß i n so viele Aufgabenteile zerlegt werden, daß sie letztlich einzelnen Handlungsträgern zugeordnet werden können. Dabei muß jedoch die Summe der Aufgabenteile wiederum die Gesamtaufgabe ergeben. Die Prinzipien der Aufgabengliederung haben abstrakt und i m Einzelfall Vor- und Nachteile; Aufgabe des Organisators ist es, die Vorteile eines oder mehrerer Gliederungsprinzipien für die gegebene Problemstellung zu maximieren. Werfen w i r zur Verdeutlichung einen Blick auf die i n der Verwaltung vorherrschende Verrichtungsorientierung („funktionale Organisation") 30 . Das Verrichtungsprinzip erlaubt einen hohen Grad der Spezialisierung der Stellenträger. I n den einzelnen Verrichtungskategorien (Funk25 Vgl. dazu: Kosiol, Organisation der Unternehmung, 1962; Kosiol, Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum (rde) 1966, S. 59 ff.; J. Wild, Product Management, 1972, S. 19 ff.; G. Schmitz, Bestimmungsfaktoren organisatorischer Lösungen, i n ZfO 1970, S. 355 ff. 26 Gliederungsprinzipien sind: nach der Verrichtung; nach dem Objekt des A u f gaben Vollzuges; nach der Region; nach den Phasen des A u f gaben Vollzugs (s. o.) ; nach dem Zweck der Aufgabe u n d nach dem Rang (vgl. Kosiol, Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum, S. 60 ff.). 27 Tiefgegliederte Organisationen bringen lange Kommunikationswege u n d damit Probleme der Informationszulieferung f ü r die Entscheidungsebenen m i t sich. 28 Vgl. K . Dammann, Stäbe, Intendantur- u n d Dacheinheiten (Verwaltungswissenschaftliche Abhandlungen, Bd. 4) 1969. 29 Dieses Problem der institutionellen Reduktion von U m w e l t k o m p l e x i t ä t durch eine arbeitsteilige Systemordnung von geringerer K o m p l e x i t ä t ist von N. Luhmann aufgegriffen u n d vertieft worden. V o n diesem Ansatz her sollte m. E. die Organisationstheorie neu überdacht werden. 30 „Sichern"; „wirtschaften"; „ausbilden"; „bauen u n d w o h n e n " ; „ernähren" etc.

Organisation als Fachaufgabe

85

tionen) erfolgt eine innenorientierte Optimierung der einzelnen Funktionen. Die Folge der funktionalen Organisation ist es jedoch, daß erst der Ebene der obersten Verwaltungsführung, i n der Regel auf Ebene der Regierung (Kabinett) die übergeordnete Regelung und ordination der Funktionsbereiche erfolgen kann. Dies gilt auch für administrative, und nicht nur für die politische, Koordination.

auf der Kodie

Übergreifende Aufgaben, die nicht einer Verrichtungskategorie (z. B. Umweltschutz) zugeordnet werden können, lösen hier Wahrnehmungsschwierigkeiten aus. Aber auch Querschnittsfunktionen, die für alle Verrichtungskategorien gleichermaßen relevant sind, führen zu Schwierigkeiten i n der Aufgabenverortung. Gleichzeitig beinhaltet eine funktionale Organisation aber auch informationelle Probleme; und zwar ist es erst auf der obersten Leitungsebene möglich, die spezialisierten Informationen zu verdichten und daraus Schlüsse für Steuerungsnotwendigkeiten zu ziehen 31 . Dieses Beispiel verdeutlicht, allerdings nur i n geringem Umfang, das Dilemma des Organisators, der sich auch bei anderen Aufgabengliederungsprinzipien vor — andere — Abwägungsprobleme gestellt sieht. I m Rahmen des Themas können diese Probleme jedoch nicht dargestellt werden. I m konkreten Einzelfall 3 2 müssen jedoch derartige Abwägungen getroffen werden. W i r müssen jedoch immer beachten, daß jede Organisationsgliederung ein Produkt einer Optimierung ist. Infolgedessen entsteht auch nach Festlegung der optimalen Struktur die Notwendigkeit, das Sonderproblem der Koordination und Integration der arbeitsteiligen Teilleistungen zu lösen. Die A r t und die Zahl der besonderen Koordinationseinheiten oder der nicht gelösten Koordinationsprobleme ist jedoch immer ein Indikator für den Grad der Optimierung der Verwaltungsstruktur. 31 Daher haben alle funktional gegliederten Unternehmungen zuerst ein „Management-Informationssystem" aufzubauen versucht. 32 A k t u e l l e Einzelfälle sind z. B.: — Staatliche Neugliederung — Kommunale Neugliederung — Schaffung von Bundesoberbehörden zur Auslagerung nicht ministerieller Aufgaben — Schaffung von Regierungsassistenzeinheiten (Generalbehörden, Zentralstellen, Leitstellen) — Ausgliederung betrieblicher Aufgaben.

86

r

Der Organisator lenken.

sollte

darauf

Becker

seine besondere

Aufmerksamkeit

b) Ablauf organisation Dieser Kreis bezeichnet das Feld der organisatorischen Aufgaben i m Realisationsprozeß, der die „Erfüllung der betrieblichen (und verwaltungsmäßigen) Basisaufgaben b e w i r k t " 3 3 . Es handelt sich hier u m die Frage der temporalen und lokalen Koordination und Interaktion der Systemelemente während der Leistungserstellung. I m wesentlichen geht es bei diesen Fragen u m drei Faktoren 3 4 : — Arbeitsteilung — prozedurale Determination des Aktivitätsprozesses — Kapazität der Arbeitsträger. I m einzelnen entstehen folgende Fragen: — Zusammenhang des Aufgabenerfüllungsprozesses — logisch — zeitlich — Bedarf an Hilfsmitteln — Umweltbedingungen beim Arbeitsvollzug (Räume, Licht, Ausstattung) — Intensität des Arbeits-(Aktions-)prozesses, d. h. Fragen der Kapazität (menschlich u n d technisch). I m Grunde geht es bei dieser Aufgabe der Strukturierung von Leistungsprozessen nicht allein u m die Rationalisierung von Arbeitsabläufen unter Einsatz von Hilfsmitteln jeglicher Art, sondern auch u m die rationellere Gestaltung der Entscheidungsprozesse. Man würde das Problem der Ablauforganisation gerade i m Bereich der Ministerien unterbewerten, wenn Projekte wie ζ. B. — Einsatz von Textverarbeitungsanlagen — Verwendung von M i k r o f i l m — Rationalisierung des Schreibdienstes die Regel blieben. Sogar höherstufige Probleme, wie ζ. B. die Lösung der — Mehrfach- und Mehrzwecknutzung von Dienstgebäuden durch Ablaufverbesserungen 35 — Feststellung und Festlegung von Raumbedarf 33

E. Grochla, a.a.O., S. 123 ff. E. Grochla, a.a.O., S. 125 ff. 35 Projekt des Senatsamtes f ü r den Verwaltungsdienst — Organisationsamt der Freien u n d Hansestadt Hamburg. 34

Organisation als Fachaufgabe

87

— Neugestaltung des Baugenehmigungsverfahrens beschreiben das Feld der ablauforganisatorischen Aufgaben unvollkommen. Es müssen vielmehr gerade auf der ministeriellen Ebene die Aufgaben der Analyse und Neuordnung der Entscheidungsprozesse 36 wahrgenommen werden. Man sollte jedoch auch nicht unerwähnt lassen, daß i n diesen Aufgabenbereich ζ. B. hinzugehören: — Aufstellung von Regeln für den inneren Dienstbetrieb — Regelungen des Geschäftsganges — Rationalisierung des Inneren Dienstbetriebes, des Beschaffungswesen — Auswertung der Prüfungsbemerkungen der Rechnungshöfe — Betriebliches Vorschlagwesen, u. v. a. m. Exkurs: Personalwirtschaft Die Festlegung der optimalen Verwaltungsstruktur und der optimalen Abläufe führt folgerichtig zur Feststellung des benötigten Stellenund Personalbedarfs. Die Ermittlung und Überprüfung des Personalbedarfs ist stets das Korrelat jeder auf bau- und ablauforganisatischer Aufgabenerfüllung, denn Arbeitsteilung durch Aufgabengliederung und Einsatz von Hilfsmitteln i m zeitlich und logisch richtig geordneten Ablauf führen immer auf die Ausweisung des Personalbedarfs und des Stellenplanbedarfs. Nicht immer w i r d dieser Sachzusammenhang zwischen Organisation und Personalbedarfsstellung gesehen. Vielmehr w i r d dieser Zusammenhang durch die Zuordnung der Fragen der Personalbedarfsfestlegung zur „Personalwirtschaft" 8 7 verschleiert und von daher auch von den die Organisationsaufgaben erfüllenden Stellen getrennt. Der Begriff der Personalwirtschaft verleitet daher häufig dazu, diese Aufgaben Stellengruppen zuzuweisen, die m i t Personalaufgaben betraut sind. I m Bereich der privatwirtschaftlichen Unternehmungsorganisation ist der Begriff der Personalwirtschaft als eine selbständige Aufgabenkategorie nicht festzustellen. 86 Vgl. H. A. Simon, Administrative Behavior, A Study of Decision M a k i n g Process, i n Administrative Organisation, 2. Auflage 1957, S. 1 ff.; vgl. Ν. Luhmanny Reform u n d Information. 37 Zusammen m i t folgenden, weiteren Aufgaben: (vgl. auch K G S t - G u t achten, Personal W i r t s c h a f t , K ö l n , 1969). — Überprüfung von Veränderungen i m Stellenbestand — Wiederbesetzung freier Stellen — Aufstellen des Stellenplans u n d Richtlinien f ü r den Stellenplan — Stellenausgleichung u n d Vermeidung von Neueinstellungen.

88

r

Becker

Das Personalwesen (vgl. Schaubild) erfüllt i m Bereich des Personalbedarfs lediglich die Funktionen der Bestimmung der qualitativen Anforderungen an die ausgewiesenen Stellen und des Stellenausgleichs bei organisatorischen Veränderungen des Stellenplans oder der Umdefinition von Stellen. Gerade von der stetig wachsenden Bedeutung der Ermittlung und Uberprüfung des Personalbedarfs i n allen Phasen des Aufgabenerfüllungsprozesses hergesehen, kann nicht deutlich genug gesagt werden, daß diese Aufgaben i n den Bereich der Organisation gehören 38 . Personalwesen 3') Pirtonalbedarfsplanunt

GVL

Disziplinarrecht

a) I n Anlehnung an Personal, Heft 4/1972, S. 141.

Organisation als Fachaufgabe

89

Diese Forderung gilt ebenso für die Aufstellung des Stellenplans, der ebenso eine organisatorische Aufgabenstellung beinhaltet 3 9 . Vom Kontext mit der Aufbau- und Ablauforganisation her gesehen, gehören aber auch die Fragen der Dienstpostenbewertung i n die Nähe der organisatorischen Aufgaben 4 0 , die auf den Arbeitsplatz-(Stellen)beschreibungen aufbauen. Hierzu ist jedoch zu sagen, daß die dabei anfallenden Aufgaben zusammen m i t dem Personalwesen zu erfüllen sind. c) Informationsorganisation Die Informationsorganisation stellt das informationelle und kommunikative Komplement der Aufbau- und Ablauforganisation dar. Jeder Aufgabenvollzug setzt informationelle und kommunikative Leistungen des Systems und der Systemelemente voraus. Jedes Entscheiden bedeutet auf allen Stufen des Aktionsprozesses und i n allen Ebenen der Aufbaustruktur die Verarbeitung von Informationen und die Mitteilung des Verarbeitungsergebnisses als „neue" Information 4 1 . Die Informationsorganisation beinhaltet infolgedessen Aufgaben der Feststellung, Festlegung und Befriedigung der Informationsbedarfe der einzelnen Handlungsträger. Hierbei muß insbesondere die Informationsverarbeitungskapazität der Handlungsträger beachtet werden; besonders auf den höheren Stufen der Hierarchie ist dies eine Aufgabe von essentieller Bedeutung für die Effizienz der Entscheidungsprozesse. U m „maßgeschneiderte" Informationen erstellen zu können, müssen i m einzelnen die Informationsmengen, Informationsquellen, die Informationsfrequenzen und die Validität der einzelnen Informationen bestimmt, analysiert und neugeordnet werden. Gerade innerhalb des Aufbaus von Informationssystemen 42 spielen diese Fragen der Zielgerichtetheit der Informationen eine tragende 38

Vgl. auch U. Becker, Das strukturelle Instrumentarium, a.a.O., S. 357 ff.; „ V e r w a l t u n g i n der Reform", Heft 4 „Organisation und Rationalisierung", hrsg. v o m Senator f ü r Inneres, Berlin, 1972, S. 6. 39 Vgl. U. Becker, a.a.O., S. 358; W I B E R A - G u t a c h t e n zur Führungsorganisation der Baubehörde der F H H a m b u r g 1971, S. 141. 40 Vgl. etwa die „Dienstpostenbewertung" des Organisationsamtes der Freien u n d Hansestadt Hamburg, Richtlinien f ü r die Bewertung von Dienstposten v o m 8. 3.1966 (Mitteilungen f ü r die V e r w a l t u n g der Freien u. Hansestadt H a m b u r g 1967, Nr. 7, S. 49). 41 Vgl. N. Luhmann, Theorie der Verwaltungswissenschaft, S. 69 (m. w. N.). 42 R. L. Ackoff, Management Misinformation Systems, i n Management Science, 1967, S. 147 ff.; J. Dearden, H o w to Organize Information Systems, H a r v a r d Business Review 1965, S. 65 ff.; ders. Can Management Information Be Automated, H a r v a r d Business Review 1964, S. 128 ff.; W. W. Bürki, Integrierte Management Informations-Systeme (IMiS) i n Industrielle Organisation 1969, S. 249 ff. R. L. Martino , Informationssysteme i m modernen

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Becker

Rolle. A u f die einzelnen Probleme kann i m Rahmen dieser Untersuchung nicht eingegangen werden. Sie gehören jedoch zusammen m i t der Schwierigkeit, die Informationskosten und Informationsnutzen i n Relation zu setzen 43 , zu den schwierigsten Aufgaben der Organisation. Eine besondere Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung besitzt der Einsatz von E D V 4 4 nicht nur als ein Rationalisierungsinstrument i m Verwaltungsablauf, sondern auch als Instrument der Erhöhung der Informationsverarbeitungskapazität aller Handlungsträger. Informationssysteme, die das weitergehende Ziel haben, nicht nur operative Stellen von Verarbeitungsleistungen zu entlasten, sondern auch i n die Rolle von Entscheidungshilfesysteme zu wachsen, bedürfen des Einsatzes von E D V 4 5 . U m der „Zersplitterung der EDV-Landschaft" i n der Verwaltung entgegen zu wirken, muß insbesondere eine EDV-Gesamtplanung 46 entwickelt werden. Diese Gesamtplanung enthält die Entwicklung der gesamten EDV-Organisation, die Erarbeitung von Konzeptionen für die auf EDV zu übernehmenden Verwaltungsaufgaben und Überlegungen zu einer Prioritätenliste dieser auf EDV zu übernehmenden Aufgaben. Von wachsender Bedeutung für die Kostenminimierung des EDVEinsatzes ist die Integration von gegenseitig abhängigen Verwaltungsabläufen hinsichtlich der Nutzung gemeinsamer Datenbasen 47 . Die Integration ist nur dann zu erzielen, wenn die gemeinsame Aufgabenplanung auch eine Koordinierung der einzelnen EDV-Projekte vorsieht und dabei die vorhandenen Datenbasen oder zu planende, gemeinsame Datenbasen berücksichtigt wird. Weiterhin gehören zum kostengünstigen Einsatz der EDV die Erstellung von Richtlinien für die Durchführung der EDV-Systemanalyse, Management, 1972; Grochla (ed), Management-Informations-Systeme 1972. F. Wagener, Information, Planung u n d F ü h r u n g i n Regierung u n d V e r w a l tung, Düsseldorf 1971, S. 41 ff. Z u m Begriff „ I n f o r m a t i o n " vgl. auch N. Luhmann, Reform u n d Information, i n : Politische Planung, 1971, S. 181 ff. (183 f.). 43 Vgl. W. Mag, a.a.O., S. 820 zu „Informationswert u n d Informationskosten"; J. Wild, I n p u t - O u t p u t - u n d Prozeßanalyse von Informationskostenrechnung auf der Grundlage informationeller I n p u t - O u t p u t - u n d Prozeßanalysen i n ZfbF 1970, S. 218 ff. 44 Vgl. auch E. Laux, Automation u n d F ü h r u n g der K o m m u n a l v e r w a l t u n g ; WIBERA-Sonderdruck Nr. 20, 1970. 45 Vgl. F. Wagener, Information, Planung u n d F ü h r u n g i n Regierung u n d Verwaltung, Düsseldorf, 1971, S. 37. 48 Vgl. die Aufgaben der Automationskommission des Landes SchleswigHolstein, Gemeinsame Geschäftsanweisung f ü r die elektronische Datenverarbeitung i n der Landesverwaltung Amtsblatt S H 1971, S. 537. 47 So schon die „Richtlinien f ü r die Organisation der automatischen I n f o r mationsverarbeitung i n der hamburgischen V e r w a l t u n g " aus dem Jahre 1965 (Mitteilungen f ü r die V e r w a l t u n g 1965, S. 151, Ziff. 4).

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die Programmierung („Feinsollrichtlinien") und die Erarbeitung von gemeinsamen Verfahren des Datenschutzes und der Datensicherung. Zweckmäßig ist auch die Wahrnehmung der Aufgaben gemeinsamer Maschinenplanung, die Regelung der zu verwendenden Programmiersprachen und die Entwicklung von Standardprogrammen. Fragen w i r uns, inwiefern die aufgezählten Aufgaben, Fachaufgaben der Organisation sind, so stoßen w i r für den Bereich der Verwaltung auf einen Sachverhalt, der i n der Unternehmungsorganisation aus guten Gründen nicht mehr zu finden ist. I n der Verwaltung besteht i n der Regel 48 die Praxis, daß EDVAufgaben getrennt von Organisationsaufgaben betrachtet und deshalb auch verortet werden. Wäre i n der Verwaltung das Instrument des Projektmanagements v o l l verwirklicht, so könnten getrennte Aufgabeneinheiten keinen großen Schaden i n der Abwicklung von EDVProjekten bewirken. I n der Unternehmungsorganisation, die auf diesem Gebiet das Projektmanagement verwirklicht hat, gibt es heute kaum noch Dissens über die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung und die organisatorisch feste Verklammerung von Organisation und EDV. Betrachtet man den Projektablauf 4 9 , so ergibt sich von daher schon die intensive Verzahnung von allgemeiner Organisation und EDV. Aber auch die EDV-Gesamtplanung läßt sich nicht gesondert von organisatorischen Fragestellungen entwickeln 5 0 . Auch über die Schulung sind beide Bereiche eng verknüpft. d) Der Mensch in der Organisation Jegliche Systemleistung w i r d durch den Menschen determiniert. Von seiner Leistung hängt die Aufgabenerfüllung ab. Organisatorische Lösungen dienen der Erleichterung dieser Leistungserstellung; sie müssen demnach auch die Faktoren der menschlichen Leistung 5 1 — physiologische Kapazität — Kondition und Disposition und — Leistungsmotivation berücksichtigen. Insofern bestehen auch für die Organisation eine Reihe von Aufgaben. Insbesondere müssen bei allen organisatorischen Lösungen die individuellen Bedürfnisse und die individuellen Belastbarkeiten gemessen und berücksichtigt werden. Instrumente zur Steigerung 48 Ausnahme z.B. Senatsamt f ü r den Verwaltungsdienst — Organisationsamt — der Freien u n d Hansestadt Hamburg. 49 E n t w i c k l u n g des Organisationskonzeptes — Umsetzung i n E D V - O r g a n i sation — Programmierung — Realisierung. 50 Besonders ζ. B. bei der Errichtung von Datenverbundsystemen. 61 Grochla, Unternehmungsorganisation, S. 50 ff.

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der Leistungsmotivation, besonders das Aufzeigen von Möglichkeiten der Gruppenarbeit und Vorschläge für den Determinanten menschlicher Bedürfnisse genügenden Führungsstile, sollten vom Organisator angeboten werden. Gerade bei der Einführung von Führungsmodellen kann die Organisation aus ihrer Kenntnis der Details des Aufgabenvollzugs und der Entscheidungsprozesse wertvolle Hilfestellungen leisten. Vor allem bei Fragen der Delegation von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung und der Einführung neuer Managementmethoden 52 zur Steigerung der Effizienz der Verwaltung sollten Veränderungen nicht unabhängig vom Organisationsgeschehen betrieben werden 5 3 . Als eigene Aufgaben der Organisation sind zu nennen: — Verbreitung der wissenschaftlichen Methoden i n der Verwaltung zur Verstärkung des Motivationspotentials und der Möglichkeit der Eigenoptimierung aller Mitarbeiter i n der Verwaltung 5 4 — Schulung i n Organisation und Organisationsverhalten 55 . 4. Aufgaben der Organisation in der Kontrollphase

Die bestehenden Verwaltungskontrollen 5 6 stellen i m wesentlichen Richtigkeitskontrollen, nicht jedoch Qualitäts- und Erfolgskontrollen des Verwaltungshandelns dar 5 7 . Kontrollen, die nur die Regelhaftigkeit eines Handelns überprüfen, vermögen jedoch nicht — und wenn überhaupt nur marginal — den Erfolg des Handelns zu beurteilen 5 8 . Richtigkeitskontrollen der Verwaltung dienen anderen Zielen 5 9 als die Erfolgskontrolle des Verwaltungshandelns. Während die verfahrensmäßige Kontrolle i n der Verwaltung ein ausgebautes Kontrollsystem aufweist, sind die Erfolgskontrollen i n der 62 Vgl. dazu E. Laux, Managementmodelle f ü r die öffentliche Verwaltung? i n DVB1. 1972, S. 167 ff.; Wilkenloh, Verwaltungsführung i m Wandel, 1971; F. Wagener, Information, Planung u n d Führung, S. 96 ff. 53 Beispielhaft „Neuordnung des Zeichnungsrechtes" der Freien u n d Hansestadt Hamburg, vgl. Mitteilungen f ü r die V e r w a l t u n g 1970, S. 269 (Nr. 19). 54 ζ. B. „Netzplantechnik" hrsg. v o m Senatsamt f ü r den Verwaltungsdienst — Organisationsamt — der Freien u n d Hansestadt Hamburg, 1972. 55 z.B. „20 Organisationsgrundsätze", hrsg. v o m Organisationsamt der F H H a m b u r g 1965. 56 Vgl. Thieme, Verwaltungslehre, 1967, S. 291 ff.; Mängel i m Verhältnis zwischen Bürger u n d Staat (Thieme, ed) 1970. 57 Was faktisch auch f ü r die Kontrolle durch die Rechnungshöfe gilt. 68 Vgl. auch J. Kandutsch, K o n t r o l l e von Planung, Vollzug u n d Leistung, i n : Leistungsfähigkeit u n d Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen V e r w a l t u n g hrsg. v. W. Michalski, 1970, S. 93 ff. 59 Nämlich der Einhaltung des Verfassungs- u n d sonstigen Rechts.

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Verwaltung nur schwach ausgebildet. Sie sind zwar durch Zeichnungsregelungen und insgesamt abgesicherte Verantwortlichkeiten der einzelnen Hierarchiestufen angedeutet. Infolge des hohen Einsatzes von Verwaltungsjuristen wurde die Erfolgskontrolle jedoch i n eine mehr verfahrensmäßige Kontrolle umdefiniert. Aufgabe der Organisation kann es aber nicht sein, den Erfolg des Verwaltungshandelns selbst zu beurteilen. Vielmehr liegen ihre A u f gaben i n dem Bereithalten von Kontrollinstrumentarien, ζ. B.: — Aufbau von Berichtswesen — Aufbau von Abweichungsanalysesystemen und der organisatorischen Verortung der Aufgaben der verwaltungsinternen Leistungs- und Erfolgskontrolle 6 0 , der Festlegung der Kontrollpunkte i m Ablauf und das Erstellen von Kontrollinformationssystemen („Berichtwesen"). I I I . Die Organisation der Fachaufgaben der Organisation Die Darstellung der Fachaufgaben der Organisation und ihr Ort i m Aktionsprozeß der Verwaltung haben die differenzierten und weitgefächerten Funktionen der Organisation aufgezeigt. Besondere Bedeutung haben dabei die Aufgaben i n der Phase der Strategischen Planung, d. h. der Verknüpfung der geplanten Aufgaben m i t den Ressourcen und der daraus folgenden Bedarfsermittlung. Sie bestehen aus der Vorausschau der notwendigen Organisationsstruktur, der zu erwartenden Verwaltungsabläufe und den daraus folgenden Bedarfen an Personal, Hilfsmitteln, Flächen und Räumen. Ebenso hohes Gewicht besitzen aber auch die Aufgaben der Festlegung der Planungsorganisation, der Planverfahren und der Aufbau von Informationssystemen als Entscheidungshilfesysteme. Organisatorische Aufgaben gehören somit zu den Führungsaufgaben der Verwaltung 6 1 . Dies bedarf keiner weiteren Darlegung. W i r f t man jedoch einen Blick auf die traditionelle Verortung der Organisationsaufgaben i n der Verwaltung, insbesondere i n der Ministerialorganisation, so stellt man auf weite Strecken der Verwaltungsstruktur eine Unterrepräsentation dieser Funktionen fest. 60 R. Mayntz, Probleme der inneren Kontrolle i n der planenden V e r w a l tung, i n Prakseologica 1971 (Nr. 39/40), S. 343; vgl. Neuordnung des Rüstungsbereiches 1971, hrsg. v. Bundesminister der Verteidigung, S. 143 ff. 61 Vgl. auch die Untersuchungen von R Mayntz u. F. Scharpf, S. 37 ff. i n diesem Band; vgl. statt vieler: Mellerowicz, Unternehmungspolitik, Band I 1963, S. 61/62; L. Gullick, Notes on the Theory of Organization, i n Paper of the Science of Administration, 1937, S. I f f . („POSDCORB"); Verwaltungsorganisation der Kreise, Institutionelle Organisation, hrsg. Kommunale Gemeinschaftsstelle f ü r Verwaltungsvereinfachung, K ö l n 1972, S. 16.

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1. Organisationsreferate 82

Traditionelle Muster der Ministerialorganisation weisen die Organisationsaufgaben der Basisorganisation der Ministerialorganisation: den Referaten zu. Typisch für diese Strukturfestlegung ist es, daß jedes Ministerium Organisationsreferate aufweist, jedoch für die zentrale Wahrnehmung der ressortübergreifenden Organisationsaufgaben keine speziellen A u f gabenträger vorgesehen sind 6 3 . Zwar besteht i n einigen Fällen die Regelung, daß ein Ministerium — i n der Regel das Innenministerium — als „Organisationsministerium" fungiert. Die Zuständigkeiten dieses Organisationsministeriums beschränken sich jedoch weitgehend auf spezielle Federführungskompetenzen für die Querkoordination der Organisationsreferate 64 . Modell 1

flinisteriua

Mnisteriuo

Waitterio·

Hinistiriim

Referat

_ Or«.

Referat

Or«.

< Referat

2. Organisationsämter 85

I n wenigen Fällen sind die ressortübergreifenden Organisationsaufgaben auf besondere Ämter der Regierung und Verwaltungsführung 82

Vgl. das Schaubild. Vgl. auch die Übersicht „Zentrale Organe u n d ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der Organisation u n d der Wirtschaftlichkeit der V e r w a l t u n g des Bundes u n d der Länder" (B. Becker u n d U. Becker), Hamburg 1969. 84 Vgl. ζ. B. die vorläufige Dienstanweisung f ü r den Organisationsreferenten i m Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein v o m 29.11.1963 f ü r das Gebiet der Automation. 85 Vgl. das Schaubild. 83

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zentralisiert 6 6 . Das Organisationsmuster, das dieser Strukturierung zu Grunde liegt, ist das der Matrixorganisation 6 7 . Die Kompetenzen dieser Organisationseinheiten sind daher nicht Kompetenzen eines Stabes, sondern Anordnungsbefugnisse i n bestimmten oder generellen Organisationsangelegenheiten 68 . Das Modell des matrixförmig ausgestalteten „Organisationsamtes" findet man heute i n allen Matrixorganisationen der privatwirtschaftlichen Untersuchungsorganisation 69 . Modell 2

3. Organisationsstab 70

Die Verortung der Organisationsaufgaben i n zentralen Stäben (ressortübergreifend oder auf der Ebene eines Ressorts) findet man i n der 66

So ζ. B. i m Senatsamt f ü r den Verwaltungsdienst — Organisationsamt — der Freien u n d Hansestadt Hamburg; ähnlich das Modell des Landes Berlin, das zwar keine besondere Instanzenbildung vorsieht, jedoch die Querschnittsfunktionen der Senatsverwaltung f ü r Inneres zuweist. 67 Vgl. U. Becker, Das strukturelle Instrumentarium. 68 Vgl. U. Becker, Das strukturelle Instrumentarium, S. 224. 69 Vgl. etwa F. Meiler, Sparten- u n d Funktionenorganisation, i n ZfO 1970, S. 348 ff. („Henkel & Cie") ; „Die A k t u e l l e Reorganisation", Neuorganisation des Hauses Siemens, i n ZfO 1970, S. 337 ff. 70 Vgl. das Schaubild.

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reinen Form i n den seltensten Fällen; meist sind es abgewandelte Formen, die — wenn überhaupt — verwendet werden 7 1 . I m Unternehmensbereich w i r d diese Strukturierung der Organisationsaufgaben meist i n den Holdinggesellschaften vorgenommen. Die Funktionen eines solchen zentralen Organisationsstabes 72 sind — Entwicklungsfunktionen, ζ. B. die Fortentwicklung von Instrumentarien des Operations-Research und des Operations-Planning — Abwicklung zentraler Organisationsaufgaben i n der Form der Beratung der Unternehmungsführung — Unterstützung dezentraler Organisationsprojekte m i t des Organisationsstabes

Spezialisten

— Zentraler Betrieb des Rechenzentrums und die zentrale Betreuung der EDV-Organisation. Modell 3

4. Wertung

Diese aufgezeigten Modelle haben ein unterschiedliches Gewicht. Das Modell (1) vermag, wie dies auch i n den Untersuchungen von R. Mayntz und F. Scharpf zum Ausdruck gekommen ist, eine zentrale Wahrneh71 So z.B. die Projektgruppe Regierungs- u n d Verwaltungsreform im Bundesministerium des I n n e r n als „Stab auf Zeit". 72 Vgl. Jaggi, Das Stabsproblem i n der Unternehmung, 1969; K . Altfelder, Stabsstellen u n d Zentralabteilungen als Formen der Organisation der F ü h rung, 1965; K. Dammann, Stäbe, Intendaturen und Dacheinheiten, 1972.

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mung der Organisationsaufgaben nicht zu leisten. Es ist auch organisatorisch nicht auf diese Funktion hin angelegt. Die Federführungskompetenzen eines Ministerium reichen aber zur Querkoordination nicht aus, da sie institutionell schwach ausgebaut sind und meist lediglich reaktiven Tendenzen folgen. Insbesondere die Notwendigkeiten innerhalb der Strategischen Planung, die nicht reaktiven, sondern programmierenden Mustern folgen, können i m Modell (1) nur durch besondere organisatorische Hilfskonstruktionen, ζ. B. — Kommissionen 73 — Ausschüsse 74 berücksichtigt werden. I n der Regel werden die negativen Koordinationstendenzen der zu beteiligenden Ressorts über diese Konstruktionen schon i n die Vorbereitungsphase m i t hineingetragen u n d damit die Entscheidungsvorbereitung bereits ressortiell vorstrukturiert. Wäre das Instrument des Projektmanagements i n diesem Modell bereits voll entwickelt, so könnten durch den Ausbau der Projektleitungsfunktionen und die Teamarbeit eine Reihe von Mängeln dieses Modells beseitigt werden. Wie die Diskussion des Projektmanagements i n der Verwaltung jedoch zeigt, kann man zumindest nach dem heutigen Stand noch keine entscheidenen Verbesserungen des Modells (1) durch die Einführung des Projektmanagements konstatieren. Völlig unterschiedlich davon kann das Modell (2) die zentrale Wahrnehmung der ressortübergreifenden Aufgaben der Organisation gewährleisten. Der Tätigkeitsbericht des Senatsamtes für den Verwaltungsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg und die einzelnen Nachweise seiner Arbeiten sind hierfür beispielhaft. I n Modell (2) kann das Projektmanagement zur Unterstützung u n d Erhöhung der Effizienz der Wahrnehmung zentraler und dezentraler Organisationsvorhaben verwendet werden; es bleibt insofern nicht nur ein Hilfsmittel zur Vermeidung von strukturellen Mängeln. Friktionen zwischen zentraler Stelle und den Fachsparten bleiben i n diesem Modell stets auf einer sachbezogenen Ebene 75 . I n der Folge der sachbezogenen Auseinandersetzung zwischen zentraler Organisa73

Vgl. etwa die „Automationskommission" des Landes Schleswig-Holstein, Gemeinsame Geschäftsanweisung für die elektronische Datenverarbeitung i n der Landesverwaltung, A m t s b l a t t S H 1971, S. 537, u. die Übersicht, Zentrale Organe u n d ihre Kompetenzen a.a.O. 74 Vgl. die Übersicht von H. Prior, Die interministeriellen Ausschüsse der Bundesministerien, 1968. 75 Vgl. U. Becker, Das strukturelle Instrumentarium, S. 227. 7 Speyer 52

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tionseinheit u n d den Ressort entstehen aber für die Führung der Verwaltung Leistungen dieser beiden Ebenen, die sie befähigt, Entscheidungen sachgerecht unter Abwägung zentraler Organisationsanforderungen m i t den fachlich-sachlichen Notwendigkeiten zu treffen. I m Modell (3) können in auf Konsens eingestellten Organisationen die zentralen Organisationsaufgaben ebenso wirkungsvoll wahrgenommen werden wie i m Modell (2). Vorherrschendes strukturelles Instrumentarium dieses Modells ist das Projektmanagement. Dies bedeutet, daß die abzuwickelnden Organisationsvorhaben i n der Regel als Projekte formuliert werden müssen und das organisatorische Konzept des Projektmanagements besonders ausgebildet sein muß. Ständige Organisationsaufgaben (z.B. Entwicklungsaufgaben, Organisationsmittelberatung und Schulung) werden i n diesem Modell auf zentraler Ebene insoweit wahrgenommen als alle oder mehrere Sparten betroffen sind. Dezentrale Aufgaben, insbesondere Fragen der Büroorganisation, verbleiben den dezentralen Organisationsstellen. I n einer m i t Konflikten behafteten Organisation begegnet dieses Modell jedoch Bedenken. Es sind dies Bedenken, die sich aus der Konstruktion des Stabes, d. h. seiner fehlenden Entscheidungskompetenzen auch rein verfahrensmäßiger Natur, ergeben. I n solchen Organisationen müssen daher Organisationsstäbe zumindest m i t Beteiligungs- und Informationsrechten ausgestattet werden. Ebenso sollte i n diesen Fällen die Projektsteuerung durch besondere Lenkungsorgane verstärkt werden. Versucht man nunmehr eine Abwägung zwischen diesen Modellen i m Hinblick auf die Notwendigkeiten der Ministerialorganisation, so kann das Modell (1) nicht befürwortet werden. Das Modell (2) begegnet zwar i n manchen Ländern verfassungsrechtlichen Bedenken, die aber nicht immer durchgreifen 76 . Auch für den Bund würde eine andere als die verwaltungsintern übliche Auslegung des A r t . 65 GG ein Modell (2), d. h. eine zentrale Verortung der ressortübergreifenden Organisationsaufgaben der Bundesregierung zulassen. Aber selbst, wenn man den verfassungsrechtlichen Bedenken folgt, ist eine Zwischenlösung denkbar. Eine solche Zwischenlösung könnte darin bestehen, daß analog der gegenwärtig bestehenden Zuordnung der Projektgruppe für die Regierungs- und Verwaltungsreform eine ständige, zentrale Stelle (Zentralstelle, Leitstelle) für Organisations76 Das zeigt das Beispiel der Freien u n d Hansestadt Hamburg, das trotz der Ministerverantwortlichkeit ein zentrales Organisationsamt des Senats (Regierung) kennt.

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aufgaben der Bundesregierung und ressortübergreifende Organisationsvorhaben eingerichtet wird, die mehr als bloße Stabsfunktionen besitzt 77 . Insbesondere sollten einer solchen zentralen Organisationsstelle folgende Kompetenzen (und Aufgaben) zugewiesen werden: — Wahrnehmung zentraler Entwicklungsaufgaben, besonders auf dem Gebiet der Ο + M-Funktionen und des Operations-Research — Beteiligungen und weitgehend Projektleiterfunktionen bei zentralen Organisationsvorhaben — Unterstützung bei dezentralen Organisationsvorhaben — Grundsatzfragen der Personalbedarfsermittlung, darfsplanung und des Stellenplans

der Personalbe-

— Uberprüfung von Stellenmehrbedarf — EDV-Gesamtplanung und EDV-Aufgabenplanung — Grundsätze der EDV-Organisation — EDV-Entwicklung Die Aufbauorganisation dieser Organisationsstelle könnte wie folgt gestaltet werden: Aufbauorganisation

einer zentralen

Organisationsstelle

(Modell)

EDV« Gesa«tplanung und EDV-Organisation • Grvndsatzfragen d«r Veroaltungserganisation

- Allgemein· Qrganisationsprojekte

- Operations-Research

- Aufbau von Inforaationssysteaen

- Entwicklung der 0 • 01-Funktionen

• ("Organisatoren) Pool'

- Grundsätze der Personalbedarfseraittlung

- EDV-Systemanalyse CEDV-Organisatoren-

- EDV-Gesaut planting - EDV-Aufgabenplanung

- Personalbedarfsplanung

- Grundsätze der EDVOrganisation

- Grundsätze und Richtlinien des Stellenplans

- Standardprogramme

• Überprüfung des Stellenaehrbedarft

- EDV-Marktanalyse - Fachaufsicht über RZ

77 Vgl. auch die Gedanken von E. Laux, Verwaltungsführung u n d betriebliches Management, i n : Demokratie u n d V e r w a l t u n g (Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 50) 1972, S. 537 ff. zur E i n f ü h r u n g von Führungshilfeorganen.

7*

Das Personal der Organisation Von Ulrich Becker Wer sich heute m i t den Problemen der Organisation beschäftigen w i l l , kann nicht i n kurzer Frist m i t Erfolgserlebnissen rechnen. A n Stelle — vielleicht erwarteter — einfacher und leicht handhabbarer Prinzipien für Verwaltungsgliederung und Geschäftsabläufe präsentiert sich eine kaum überschaubare Vielfalt komplexer Strukturierungsmodelle. Die allgemeine Systemtheorie muß bemüht werden, u m alle diese Ansätze — die menschlichen Verhaltensweisen eingeschlossen — zu einem umfassenden Aussagensystem zu integrieren. Wo haben w i r die Menschen, die dieses Instrumentarium beherrschen, auf seine Eignung für die Praxis „abklopfen" und dann auch noch i n die Realität umsetzen? I n der personellen Komponente liegt eines der hauptsächlichen Probleme des Organisierens; das klang mehrfach i n wohl allen vorgegangenen Referaten und Beiträgen dieser Tagung an. M i t den anderen Faktoren scheint es etwas einfacher zu stehen: — Die Technik — hier i m weitesten Sinne als maschinelle und auch als intellektuelle Technik verstanden — w i r d am Markte reichhaltig feilgeboten. W i r können sie „kaufen"; und zahlreiche Werber sind unterwegs, sie zu verkaufen. — Schwieriger w i r d es schon bei der Suche nach den angemessenen organisatorischen Modellen und Strukturen. Hier können externe Beratungsunternehmen gute Dienste leisten; aber u m die Einführung und Anwendung muß man sich — schon recht einsam — selbst bemühen. Es ist auch vieles an eigener Entwicklungsarbeit zu leisten. Sind aber die personellen Schaltstellen nicht richtig besetzt und kann nicht vorausgesetzt werden, daß die Menschen die Ziele des Gesamtsystems mittragen, so nützen i n aller Regel auch gute Systeme, Methoden und Techniken nur wenig. Doch gerade für das personelle Element fehlt es weitgehend an klaren Anforderungen, an Maßstäben für die „ Organisierbarkeit ". Die Qualität einer Organisation hängt i n hohem Maße von der Qualifikation und dem Einfühlungsvermögen der Organisatoren — und auch von ihrer „taktischen" Einstellung — ab; so gehört etwa eine beharr-

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liehe und konsequente Haltung dazu, sich i n der Organisation durchzusetzen. Die Erfolgsaussichten vieler organisatorischen Vorschläge beruhen nicht zuletzt darauf, daß sie i m richtigen Augenblick und i n der richtigen Dosierung vorgebracht werden. Organisation ist auch die Kunst des Möglichen. I. Der Kreis der Organisatoren Wer ist nun aber überhaupt „Organisator"? Die Organisation läßt sich zu den Führungsgrundaufgaben rechnen, so wie etwa auch die Planung, das Personalwesen und die Finanzwirtschaft. Der Amerikaner Luther Gulick 1 hat alle diese Managementfunktionen vereinfachend unter dem Merkwort POSDCORB zusammengefaßt. Die Organisatoren sind dann also Leute, die irgendwie dem Management zuzuordnen sind. A n dieser Stelle soll nun aber nicht die ganze Diskussion darüber wiederaufgenommen werden, wer sich eigentlich Manager nennen müsse oder dürfe. Diese Frage hat bei uns vor etwa 25 Jahren die Gemüter bewegt, als Burnhams Buch „Das Regime der Manager" i n deutscher Übersetzung 2 erschien. Nach manchen soziologischen Erklärungen sind Manager eine soziale Oberschicht, die die Strategie, die Politik der Unternehmen „macht". I m Sinne des Themas helfen solche Betrachtungen kaum weiter. 1. Organisation als Bestandteil jeder Leitungsfunktion

Es wäre m i t Sicherheit zu eng, Organisation als Managementaufgabe nur bestimmten Ebenen zuordnen zu wollen; die Praxis zeigt, daß sie jedem obliegt, der i n irgendeiner Weise Leitungs- und Lenkungsfunktionen hat, unabhängig von der Größe des zu beaufsichtigenden und zu kontrollierenden Apparats. W i r hören von einem oberen, mittleren und unteren Management; diese Spanne reicht i n der Industrie bis zum Meister. 2. Assistenz für die Gestaltung von fachlichen Systemen

Zum Kreis der Organisatoren sind dann auch die Assistenzkräfte aller dieser Ebenen zu rechnen, soweit sie das „Management" i n seinen organisatorischen Führungsaufgaben unterstützen. Das sind keineswegs nur die Personen, die gemeinhin „Organisatoren" genannt werden. 1 L. Gulick, Notes on the Theory of Organization, i n : Papers on the Science of Administration, New Y o r k 1937 (zitiert nach P. Meyer, Die Verwaltungsorganisation, Göttingen 1962, S. 21/VIII): Ρ = planning, Ο = organizing, S = staffing, D = directing, CO = coordinating, R = reporting, Β = budgeting. 2 J. Burnham, Das Regime der Manager, Stuttgart 1948.

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Die Assistenz bezieht sich nämlich häufig auf ausgesprochen fachliche Aufgaben, i n die aber organisatorische Probleme gleichsam eingewoben sind. Vielleicht gibt es kaum eine Aufgabe, i n die vom Sachlichen her nicht auch organisatorische Fragen unmittelbar hineinspielen; hier w i r d Organisation gewissermaßen i m „Nebenamt" betrieben. Dieser etwas breitere Ansatz soll nur deutlich machen, welche Ausstrahlung w i r dem organisatorischen Grundwissen, auch über neue Methoden, Techniken und Verfahren, verleihen müssen, wenn eine laufende organisatorische Weiterentwicklung entsprechend der Dynam i k der Aufgaben für das Gesamtsystem gewährleistet sein soll. 3. Hauptamtliche Organisatoren

Schließlich aber bleiben noch die „eigentlichen" Organisatoren zu nennen, die hauptamtlichen Assistenzkräfte i m speziell organisatorischen Bereich der Führungsaufgaben auf den oberen Managementebenen. Z u ihrem Tätigkeitsfeld gehören die Führungsorganisation, die Führungs- und Entscheidungssysteme — wie insbesondere die A u f baustruktur, Planungs-, Informations- und Steuerungssysteme — sowie die Entscheidungshilfen. Die Assistenzfunktion für diese Führungsgrundaufgaben t r i t t i n ihren qualitativen Anforderungen heute immer mehr i n den Vordergrund. Das erklärt sich daraus, daß die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems mit dem Wachstum der Aufgaben, aber auch m i t der zunehmenden Einsicht i n die zentrale Rolle des personellen Elements i n allen seinen Ausprägungen — ich nenne hier nur Stichworte wie Führungsverhalten, Motivation, Realisierung des Personalbedarfs, Fortbildung — immer mehr von der laufenden Anpassung und Fortentwicklung abhängt. Oder sollten w i r uns etwa von vornherein auf eine A r t permanenten „Krisenmanagements", dem w i r heute i n manchem Bereich gar nicht allzu fern sind, als etwas Unvermeidlichem einstellen? Ich zitiere Herbert Weichmann„Das Problem, das uns i m Hinblick auf die eingetretene und die weiter zu erwartende Entwicklung zunächst beschäftigt und beschäftigen muß, ist das Problem der Realisierung der Regierungsaufgabe durch ein adäquates Instrumentarium, und das heißt durch eine adäquate Verwaltungsorganisation. Hand in Hand m i t dem sich ständig fortentwickelnden Aufgabenkomplex der Regierungsprogramme ist auch das Instrument der Verwaltung ein 8 H. Wpichmann, A u f der Suche nach einem integrierten Instrumentarium f ü r die S'aatsführung (Eröffnungsanspräche zum verwaltungswissenschaftlichen Colloquium der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts f ü r Verwaltungswissenschaften u n d des Instituts f ü r öffentliches Recht an der Universität Freiburg über „Neue integrierte Systeme der Planung" am 18. /19. 6.70 i n Freiburg.) Planung V I , Hrsg. J. H. Kaiser, Baden-Baden 1972.

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permanentes Regierungsproblem und damit auch selbst ein Objekt von gesellschaftspolitischer Bedeutung geworden." Zu den hauptamtlichen Organisationsfunktionen zählt auch die Assistenz für die Organisation der Ablaufprozesse. Sie beginnt bei der Rationalisierung i m engeren Sinne durch die auf Taylor und Gilbreth zurückgehenden Zeit- und Bewegungsstudien und bezieht die REFATechniken sowie Steuerungs- und Ablaufsysteme bis hin zur Automation ein. Hierfür w i r d wieder eine andere personelle Qualifikation gebraucht, die der der Arbeitsvorbereiter i n der industriellen Fertigungstechnik ähnlich ist; der Verwaltungsbeamte entwickelt sich auf diesem Gebiet zum „Verwaltungsingenieur". Daneben wächst diesen „Ingenieuren" die Aufgabe zu, Vorschriften „authentisch" auszulegen, weil die Maschinen eindeutige Programme brauchen u n d nicht auf höchstrichterliche Entscheidungen warten können; hierfür gibt es i n der Praxis schon heute Beispiele. Hier w i r d augenfällig, wie eng oft die fachlichen Organisatoren i m „Nebenamt" m i t den hauptamtlichen Organisationsspezialisten verbunden sein müssen. Immer häufiger werden „Generalisten" als Systematiker oder Methodiker — allerdings anwendungsorientiert — und Spezialisten, die Systeme und Methoden m i t den einzelnen Aufgaben und Ressourcen verbinden und damit „anwenden" können, zusammengespannt. Das vollzieht sich i n der Praxis i n allen denkbaren Zwischenstufen — von lockeren Informationskontakten über laufende Arbeitsbeziehungen bis zu gemeinsamer Projektbearbeitung — und setzt insbesondere auch eine genügende Kommunikation zwischen den beteiligten Kräften voraus. K e i n Organisationsspezialist kann auch nur einigermaßen konkrete Ratschläge geben, wenn er die Aufgabe nicht erfaßt hat; kein Fachspezialist als „nebenamtlicher" Organisator kann solche Ratschläge aufnehmen, wenn er von den grundlegenden Fragen der Organisation und den Führungsgrundaufgaben nichts versteht. Soweit also einmal „Unwissende" von beiden Seiten zusammenkommen, muß zunächst — und manchmal recht mühsam — ein gegenseitiger Lernprozeß einsetzen; das gilt auch für externe Organisatoren. Hier versuchen w i r i n Hamburg, dem externen Berater durch eine möglichst konkrete und detaillierte Ist-Beschreibung und einen durchgeplanten Informations· und Beratungsprozeß über die gesamte Untersuchung hinweg Start- und Arbeitshilfen zu geben. Wo das Schwergewicht der organisatorischen Arbeit liegt und welche Kräfte dafür heranzuziehen sind, hängt von der Problemstellung i m Einzelfall ab: Je stärker sich neben den eigentlichen Fachaufgaben auch die Systeme und Methoden verändern, u m so wahrscheinlicher w i r d es, daß Organisationsfachkräfte i n starkem Maße an der Anpassung beteiligt werden müssen; steht dagegen die Aufgabenänderung i m fachlichen Sinne i m Vorder-

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grund, so w i r d die Federführung mehr bei dem m i t der Aufgabe vertrauten Fachmann liegen. Vielleicht ließe sich eine M a t r i x aufstellen, die nach Aufgaben und Systemen/Methoden gegliedert ist und die Bedeutung dieser Komponenten i m Verhältnis zueinander verdeutlicht.

Π . Eingliederung der „hauptamtlichen" Organisatoren

Bevor ich auf einige Probleme des quantitativen und qualitativen Bedarfs eingehe, möchte ich zunächst die Frage der organisatorischen Eingliederung der hauptamtlichen Organisatoren streifen. Die „Organisation der Organisation" ist i n einer mehrstufigen Verwaltung ein eigenes organisatorisches Problem. Da der organisatorische Prozeß sowohl für die Gesamtverwaltung als auch für die einzelnen Ressorts und ihre Untergliederungen abläuft, sind bei der Zuordnung der Assistenzeinheiten mehrere modellhafte Lösungen denkbar; i n der Praxis finden sie sich auch nebeneinander. I n der typischen Ministerialorganisation gibt es i n der Regel dezentrale Organisationsstäbe i n den einzelnen Ressorts, von denen häufig das Innenressort m i t bestimmten organisatorischen Querschnittsfunktionen ausgestattet ist. Große Kommunalverwaltungen neigen demgegenüber mehr zu einem zentralen Organisationsstab, dem funktionale Einwirkungsmöglichkeiten m i t Elementen einer Matrixorganisation gegeben sind. I n Hamburg sind diese beiden Organisationsformen miteinander verbunden worden. Bei jeder der einzelnen Fachbehörden, die den M i nisterien vergleichbar sind, sowie bei jedem der örtlichen Bezirksämter besteht eine Organisationsstelle als Assistenzeinheit für die jeweilige Behördenleitung. Diesen Einheiten sind als Hauptaufgaben übertragen 4 : — Unterstützung i n allen Fragen der Organisation, der Rationalisierung, der Wirtschaftlichkeit und der Verwaltungsvereinfachung, — Führung des Aufgabenkatalogs, des Verwaltungsgliederungs- und des Geschäftsverteilungsplans, der Arbeitsplatzbeschreibungen, — Feststellung des Personalbedarfs und Arbeitsplatzbewertung,

einschließlich der Dienstposten-

— federführende Bearbeitung des Stellenplans, — Feststellung des Raumbedarfs, Raumverteilung, — Feststellung des Kraftfahrzeugbedarfs, — Fragen der Geschäftsordnung und des Betrieblichen Vorschlagwesens, 4 Näheres s. Richtlinien f ü r Einrichtung, Aufgaben u n d Arbeitsweise von Organisationsstellen v o m 8. 6. 61, Mitteilungen f ü r die V e r w a l t u n g der Freien u n d Hansestadt Hamburg, 1961, S. 133.

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— M i t w i r k u n g bei der Beschaffung von Büromaschinen und Bürohilfsmitteln, bei der Gestaltung des Vordruck- und Karteiwesens, beim Erlaß von Dienstvorschriften, — Durchführung von Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Betriebsanalysen, Arbeitsuntersuchungen. Als zentrale Einheit zur Assistenz für den Senat — die Landesregierung — und zur Erfüllung bestimmter Zentral-, Querschnitts- und Beratungsfunktionen gegenüber den Ressorts ist das Senatsamt für den Verwaltungsdienst gebildet worden, i n dem das Personalwesen und die Organisation unter einheitlicher Leitung miteinander, verknüpft sind. Für das Gewicht der Organisationsaufgabe ist wesentlich, welcher Leitungsstufe diese Funktion zugeordnet wird. I n Hamburg ist für das Senatsamt für den Verwaltungsdienst ein besonderer Senator bestellt worden; es gibt also i n Hamburg einen besonderen OrganiSchaubild 1: Das organisatorische Instrumentarium der hamburgischen Verwaltung — Träger der Organisation — (schematisch) BÜRGERSCHAFT

o = ORGANISATIONSSTELLEN

VERFASSUNG ORGANISATIONSGESETZE

Aus: Systeme und Methoden des Managements in der hamburgischen Verwaltung (Niederschrift über die Sitzungen des Unterausschusses „Stellenplan" des Ständigen Haushaltsausschusses der Bürgerschaft Hamburg, am 24./31. August und am 18. September 1972).

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sations- und Personalminister und dementsprechend auch einen besonderen Staatsrat, i n der Terminologie der Flächenländer und des Bundes: einen Staatssekretär. A u f diese Weise w i r d schon von der äußeren Struktur her deutlich, daß Organisation — und auch das Personalwesen — als Aufgabe der obersten Leitung angesehen wird. Das Senatsamt w i r k t bei der personellen Besetzung der dezentralen Organisationsstellen mit. Zwischen dem Senatsamt und den Ressorts besteht für die gemeinsame organisatorische Aufgabe eine A r t M a t r i x beziehung zur Koordination und Information. Daneben hat die wachsende Bedeutung einer flexiblen Zusammenarbeit bei komplexen organisatorischen Problemen auch i n der Verwaltung Formen des Projektmanagements stark i n den Vordergrund treten lassen. Das Zusammenwirken der für die Organisation i n Hamburg verantwortlichen Stellen ist i m Schaubild 1 schematisch dargestellt.

I I I . Quantitativer Bedarf Aussagen über den quantitativen Bedarf an organisatorischem Personal sind nur m i t Einschränkungen und nur i n recht allgemeiner Form möglich. Auszunehmen ist zunächst die große Zahl der Fachspezialisten, die i n irgendeiner Weise i m „Nebenamt" organisatorische Funktionen ausüben; diese Funktionen sind meistens untrennbar m i t der eigentlichen Fachaufgabe verbunden. 1. Bestimmungsfaktoren für den Bedarf an Organisationspersonal

Aber auch für die Ausstattung mit „hauptamtlichen" Organisatoren für die Assistenz bei den Führungsgrundaufgaben der oberen Managementebenen gibt es kein Patentrezept. Die Organisationsaufgaben und damit auch Quantität und Qualität des Personals hängen von einer ganzen Reihe unterschiedlich gewichtiger Faktoren ab, zum Beispiel: — A r t und Umfang der Aufgaben (Anteil von Lenkung und Ausführung, Verschiedenartigkeit, Entwicklungstendenzen), — Größe der Behörde, — Selbständigkeit und Abgrenzbarkeit der Aufgabenbereiche (Koordinationsnotwendigkeit), — Organisationsgrad bei der Aufbaustruktur und den Abläufen (Technisierung, Programmierung, Terminbindung usw.), — Organisationsformen (Verhältnis von Zentralisation und Dezentralisation, Grad der Spe-

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zialisierung i n den Fachaufgaben, Bedeutung von Formen der Stabsund der Matrixorganisation sowie des Projektmanagements), — Managementprinzipien und -methoden (Delegation, Zielvereinbarung, Partizipation), — Transparenz (für Bürger und Mitarbeiter, Grad der M i t w i r k u n g des Bürgers), — „Änderungsrate" der Organisation (Innovationsgrad, technische Entwicklung, quantitative rungen),

Verände-

— Anpassung an personelle Gegebenheiten und Entwicklungen (Grundbedürfnisse der Mitarbeiter, Führungsverhalten, Problem der Eingliederung von Spezialisten, Aufgeschlossenheit für organisatorische Fragen i n den Fachbereichen), — Schwergewicht der organisatorischen Tätigkeit (Aufbau, Ablauf, quantitative Bedarfsfragen, Stellenbewertung, ADV, Organisationsuntersuchungen, Fachsysteme), — Stellung der Organisationsstelle i n der Behörde (organisatorische Einordnung, Einflußmöglichkeiten), — Grad der Entlastung durch vorbereitende Organisationsarbeiten in den Fachbereichen, — Inanspruchnahme durch Sonderaufgaben und -aufträge, — qualitative Voraussetzungen bei den Organisatoren (z.B. Kenntnisse, Initiative, Einsatzbereitschaft, Durchsetzungsfähigkeit). Wer wollte etwa nach diesen Kriterien entscheiden, wie groß der Bedarf an Organisatoren denn nun tatsächlich ist? I n Vorgesprächen zu dieser Tagung b i n ich „herausgefordert" worden, möglichst auch konkrete Zahlen zu nennen. Wer die einschlägige Literatur durchblättert, stellt fest, daß immer wieder versucht wird, durch Verhältniszahlen einen Anhalt für den personellen Bedarf zu geben, besonders aus dem Bereich der Privatwirtschaft. Das sieht dann etwa so aus 5 : 1 : 2000 Mitarbeiter (bei Industrieunternehmen v o n 30 000 bis 50 000 M i t a r beitern) ; 1 :1000 Beschäftigte; 1 : 500 kaufmännische u n d technische Büroangestellte; 1 : 100-200 Mitarbeiter i n der Betriebsverwaltung; 1 : 100 Angestellte. 6 K . Bender, Organisationsabteilung, i n : Handwörterbuch der Organisation, Stuttgart 1969; mündliche A u s k u n f t eines w e l t w e i t bekannten Verkehrsunternehmens; R. Rosenkranz, Organisatoren i n Angebot u n d Nachfrage. Das rationelle Büro 3/69; M. Müller - Ν obiling, Der Betriebsorganisator. Die Welt v o m 9.10. 65; U. A. Wrieske, Der Organisationsleiter u n d die Unternehmensleitung, Der Erfolg 11/69.

Das Personal der Organisation

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Bei der Vielfalt und der wechselseitigen Abhängigkeit der aufgezählten Bestimmungsfaktoren w i r d kaum verwundern, daß diesen Relationen jede allgemeine Aussagekraft fehlt. Vergleiche müssen auch daran scheitern, daß manche Funktion, die bei der Fertigungsplanung und Arbeitsvorbereitung i n der Industrie den REFA-Ingenieuren oder -Technikern übertragen ist, i n der Verwaltung von Organisatoren erfüllt wird, zum Teil aber auch von Spezialisten i n der Fachorganisation. Wesentlich ist auch, inwieweit die Leitungskräfte auf allen Ebenen ihre Organisationsaufgaben i m Rahmen der POSDCORB-Funktionen tatsächlich ausfüllen. Es führt wohl kein Weg daran vorbei, den quantitativen Bedarf für jedes einzelne Ressort getrennt auf einer Analyse der Organisationsaufgaben nach A r t und Umfang aufzubauen und nach den Prioritäten und Arbeitsprogrammen zu ermitteln. Dabei ist dann auch zu berücksichtigen, wieweit die Kapazitäten externer Berater einbezogen und die Organisationsstellen zur M i t w i r k u n g i n Projektgruppen herangezogen werden sollen. 2. Zahl der „hauptamtlichen" Organisatoren in Hamburg

N u r zur Information und m i t allen Vorbehalten gegenüber Vergleichen möchte ich hier auch Zahlen aus der hamburgischen Verwaltung nennen. Dem ist jedoch vorauszuschicken, wie w i r i n Hamburg „ t a k tisch" vorgehen. Dadurch w i r d der Bedarf an Organisatoren nicht unerheblich beeinflußt. W i r sind bestrebt, die zentralen Organisationseinrichtungen darauf zu beschränken, organisatorische Grundsätze aufzustellen sowie Modelle und Verfahren zu entwickeln und bereitzustellen. Diese Zentralen sollen i m wesentlichen als Multiplikatoren wirken; die M i t t e l dazu sind Information und insbesondere auch Lehre. Sie sollen so wenig wie möglich selbst organisatorische Detailarbeit leisten, sondern statt dessen mehr Aufträge geben, vor allem an die Fachdienststellen, aber auch mehr und mehr an Projektgruppen. Außerdem sollen sie für die organisatorische Beratung der Behörden zur Verfügung stehen. Bei dem hamburgischen Organisationsamt sind rd. 120 Kräfte beschäftigt; 80 davon — i m höheren und gehobenen Dienst — sind als „Organisatoren" i m eigentlichen Sinne anzusehen. Die anderen sind Hilfskräfte und Auszubildende. Rund 35 der Organisatoren sind für Grundsatz- und Querschnittsaufgaben, für die Behördenorganisation und für Bedarfsfragen (Personal, Kraftfahrzeuge, Raum, Sachmittel) und 45 i n der Planung und Steuerung der Automation tätig. Hinzuzurechnen sind noch rund 100 Organisatoren i n den Organisationsstellen der einzelnen Behörden; sie beschäftigen sich vor allen Dingen m i t Kapazitäts- und Bedarfsermittlungen für Personal und Räume, m i t der

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Arbeitsplatzbewertung und mit begrenzten Arbeitsuntersuchungen. I n der Zahl für die Behörden sind allerdings die Kräfte der automatisierten Datenverarbeitung nicht erfaßt, weil sie organisatorisch sehr unterschiedlich eingeordnet sind. Insgesamt haben w i r also 180 Organisatoren; das heißt — u m auf die „Herausforderung" einzugehen —: auf je 570 Mitarbeiter kommt i n Hamburg ein Organisator. I V . Qualitative Anforderungen Nicht nur der Kreis der Organisatoren erkennt zunehmend, daß Organisation nicht aus über- und untereinander geordneten, i m Befehls· und Berichtsweg aneinandergereihten Kästchen besteht, sondern aus Anordnungen von Abläufen, die sehr eng miteinander verbunden und verflochten sowie durch kreisförmige und wechselseitige Operationen m i t Rückwirkungen gekennzeichnet sind. Organisation w i r d immer mehr als ein Wirkungssystem aus einer Vielzahl m i t einander verknüpfter Teilsysteme betrachtet, i n dem das personelle Element — neuerdings unter sozialpsychologischen Gesichtspunkten — eine immer mehr tragende Rolle spielt. 1. Organisation als hauptamtliche Aufgabe

Die von Bernd Becker und m i r herausgefundenen Ergebnisse einer Untersuchung über den Stand der Organisationsarbeit i n der Verwaltung 6 — vielleicht einige Kommunen ausgenommen — lassen sich i n einem Satz zusammenfassen: „Organisation w i r d bei uns ganz allgemein noch sehr nebenbei betrieben". Daran hat sich auch i n den letzten Jahren trotz mancher Reden vom „Zeitalter der Organisation" und einer entsprechenden Bewußtseinsbildung nicht viel geändert. Die Ausführungen von Eberhard Laux und Bernd Becker haben aber eindringlich gezeigt, daß die organisatorische Aufgabe — und hier kann ich mich auch auf Clausewitz berufen — zwar m i t Talent, aber doch nur i n Kenntnis ihrer Prinzipien und Methoden wahrgenommen werden kann. Das w i r d besonders deutlich, wenn man die vielfältigen und vielfachen Verknüpfungen der Organisation zur Personalwirtschaft und auch zum Personalwesen und darüber hinaus auch zu den Techniken berücksichtigt (Schaubild 2). Wer kann schon i m Nebenamt außer den verschiedenen Organisationsmodellen auch nur annähernd alle Managementtechniken beherr6 Bernd Becker u n d Ulrich Becker, Zentrale Organe u n d ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der Organisation u n d der Wirtschaftlichkeit der V e r w a l t u n gen des Bundes und der Länder. Eine Bestandsaufnahme. Vorgelegt f ü r die Arbeitstagung der Deutschen Sektion des Internationalen Instituts f ü r V e r waltungswissenschaften v o m 11. bis 13. 6.1968 i n Hamburg.

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