Regierungsprogramme und Regierungspläne: Vorträge und Diskussionsbeiträge der 4. Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 1972 3428028627, 9783428028627


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German Pages [164] Year 1973

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Regierungsprogramme und Regierungspläne: Vorträge und Diskussionsbeiträge der 4. Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer 1972
 3428028627, 9783428028627

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Regierungsprogramme und Regierungspläne

Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 51

Regierungsprogramme und Regierungspläne

Vorträge und Di8ku88ion8beiträge der 40. Staat8wis8en8chaftlichen Fortbildung8tagung der Hoch8chule für Verwaltungswis8en8chaften Speyer

1972

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1973 bei Buchdruckerei Alb. Sayffaerth. Berlln 61 Printed in Germany

© 1973 Duncker

IS BN 3 428 028627

Inhalt Vorwort

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Aus der Begrüßungsansprache des Rektors Prof. Dr. Roman Herzog, Speyer ..............................................................

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Professor Dr. Frido Wagener, Speyer: Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Überblick: -

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Professor Dr. Roman Herzog, Speyer: Regierungsprogramme und Regierungspläne im demokratischen und sozialen Rechtsstaat ................................................ 37 Wiss. Ass. Assessor Rainer Pietzner, Speyer: Aussprache zu den Referaten von Frido Wagener und Roman Herzog 59 Ministerialrat Dr. Peter Kistner, Stuttgart: Die Bundesstaatsproblematik der Regierungsprogramme und Regierungspläne ........................................................ 63 Wiss. Ass. Regierungsassessor Ulrich Klose, Speyer: Aussprache zum Vortrag von Peter Kistner ..........................

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Ministerialdirektor Dr. Ludwig Heigl, München: Besonderheiten und Interdependenzen der Entwick:lungs-, Fach- und Verwaltungsplanung bei Regierungsplänen .. . . . . . .. . . .. . . .. . . ... .... 83 Wiss. Ass. Assessor Dr. Eberhard Weber, Speyer: Aussprache zum Vortrag von Ludwig Heigl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 104 Landrat a. D. Professor Dr. Eberhard Laux, Vorstandsmitglied der Wirtschaftsberatung AG, Düsseldorf: Regierungspläne und Verwaltungsorganisation ...................... 109 Wiss. Ass. Assessor Dietrich Sternberg, Speyer: Aussprache zum Vortrag von Eberhard Laux ........................ 132

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Inhalt

Senatsdirektor Ulrich Becker, Hamburg: Regierungsprogramm und Ressourcenrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 135 Wiss. Ass. Assessor Ernst Heinrich Hüper, Speyer: Aussprache zum Vortrag von Ulrich Becker .......................... 156 Professor Dr. Dr. Erich Becker, Speyer: Auszug aus dem Schlußv.ort ........................................ 161

Vorwort Die 40. Staatswissenschaftliche Fortbildungstagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer über "Regierungsprogramme und Regierungspläne" vom 21. bis 24. März 1972 hat großes Interesse bei den Verwaltungsbeamten des Höheren Dienstes in der Bundesrepublik Deutschland gefunden. Die Veröffentlichung der (z. T. erweiterten) Vorträge und der (gekürzten) Übersichten über die Diskussionsbeiträge erfolgt in der Absicht, sowohl dem Teilnehmerkreis als auch allen Interessenten aus den Bereichen der Verwaltungswissenschaft sowie der Regierung und Verwaltung einen Einblick in die in Speyer erörterte Problematik zu vermitteln. Sie soll Anregungen zu Ergänzungen und Stellungnahmen geben. Mit den insgesamt 40 Fortbildungstagungen in 25 Jahren, über die u. a. Band 50 dieser Schriftenreihe informiert, hat die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer erheblich zur Fortbildung der Beamtenschaft des höheren Verwaltungsdienstes beigetragen. Sie sind durch "Verwaltunsgwissenschaftliche Arbeitstagungen" und (seit kurzem) durch besondere Fortbildungskurse für Regierungsassessoren und jüngere Regierungsräte sowie für mittlere Führungskräfte der Verwaltung verstärkt worden. Der Gewinn dieser Tagungen liegt nicht nur in der fachlichen Bereicherung der Teilnehmer und der kritischen Auseinandersetzungen auf Grund verschiedener Erfahrungen und Meinungen der beteiligten Beamten sowie - nach erfolgter Publikation - im Fachschrifttum, sondern ganz besonders auch im Gedankenaustausch der Teilnehmer aus den Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden. Die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer hat stets größten Wert auf eine ständige Fühlungnahme mit der Verwaltungspraxis gelegt, um so die verwaltungswissenschaftliche Ausbildung, Fortbildung und Forschung zu beleben, die Gegenstand ihrer Lehre und Forschung sind. Die wissenschaftliche Erörterung von Problemen der Regierungsund Verwaltungspraxis ist ein Hauptanliegen der Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagungen der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer. Die verwaltungswissenschaftlichen Bestrebungen der Hoch-

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Vorwort

schule haben in 25 Jahren dazu beigetragen, sowohl eine neue wissenschaftliche Disziplin zu konzipieren und zu entwickeln als auch wechselweise die Verwaltungspraxis zu befruchten und zugleich Förderungen durch die Erfahrungen und Probleme dieser Praxis zu empfangen. Prof. Dr. Dr. Erich Becker

Aus der Begrü6ungsansprache des Rektors Der Sinn der Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagung, deren vierzigste wir heute beginnen, ist es einerseits, moderne Themen zu behandeln, mit denen Verwaltungspraxis und Verwaltungswissenschaft in gleicher Weise befaßt sind, aber doch andererseits auch nicht Themen, die erst am Horizont heraufdämmern, über die sich also im Augenblick nur Vermutungen anstellen lassen. Es geht also mit anderen Worten um Themen, die von der Verwaltung schon einige Jahre lang erfahren, um nicht zu sagen, erlitten worden sind. Die Hochschule Speyer bietet dann eine Art Zusammenschau und Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch, sie bietet den Tagungsteilnehmern, die mit den Erfahrungen und den Lasten der Praxis zu ihr kommen, die Möglichkeit, einmal gefaßte Meinungen zu kontrollieren und - im günstigsten Falle - zu bekräftigen. Daß diese Arbeit vorwiegend in der großen Gruppe zu leisten ist und das etwa Versuche der Arbeitsgruppenbildung, wie wir sie in den vergangenen Jahren mehrfach diskutiert haben, bei dieser Ausrichtung der Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagungen nicht auf die Gegenliebe der Teilnehmer stoßen, liegt auf der Hand. Wir üben diese Praxis bei den Internationalen Wissenschaftlichen Tagungen und wir üben sie in zunehmendem Maße bei den eigentlichen Fortbildungsveranstaltungen für Beamte der Eingangsstufe des höheren Dienstes und für Beamte der mittleren Führungsebene. Die Tagung, an deren Anfang wir stehen, ist, wie schon gesagt, die vierzigste ihrer Art. Sie blickt also auf eine lange Tradition zurück und die Zahl der Tagungen nicht weniger als die Zahl der Teilnehmer scheint mir zu beweisen, daß sich die Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagungen nach wie vor einer nicht unerheblichen Anziehungskraft erfreuen. Der eigentliche Grund für diese Anziehungskraft mag in den Themen liegen. Ich brauche nur daran zu erinnern, daß sich die Tagung des Jahres 1965 mit "Sachverstand und Verantwortung in der öffentlichen VerwaI.., tung" beschäftigte, daß 1966 über die Probleme der Staatskanzlei gearbeitet wurde und daß im Jahre 1970 die große Tagung ,,10 Jahre Verwaltungsgerichtsordnung" stattgefunden hat, diese letztere - und nicht nur sie - unter der Ägide unseres verehrten Kollegen earl Hermann UIe, der in diesen Tagen durch vorzeitige Emeritierung von uns scheidet.

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Aus der Begrüßungsansprache des Rektors

Was aber immer sich in diesem Zusammenhang an Namen aufdrängen mag, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß der eigentliche Motor der Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagungen Herr Kollege Erich Becker gewesen ist, der es sich auch nicht hat nehmen lassen, diese vierzigste Tagung in unserem Haus vorzubereiten, auszurichten und trotz einer erheblichen gesundheitlichen überbeanspruchung auch zu leiten. Ihnen, sehr verehrter Herr Becker, gilt daher unser aller besonderer Dank. Ich möchte nicht verfehlen, auch in diesem Zusammenhang einige Worte dazu zu sagen, daß die Hochschule für Verwaltungswissenschaften in diesen Tagen ihr 25jähriges Bestehen begeht - für eine Hochschule gewiß kein Grund zu gigantischen Feiern, trotzdem aber ein Faktum, das uns hier bewegt und an dem ich Sie in gewissem Sinne teilhaben lassen möchte. Die Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer ist 1947 unter schwierigen Umständen und mit einem schwierigen Auftrag ins Leben gerufen worden. Aus bei den Gründen schien sie oft und oft in ihrer Existenz bedroht. Entgegen mancher düsteren Vorhersage hat sie sich dann in den fünfziger Jahren zu einer hohen Schule des deutschen Verwaltungsrechts, in zunehmendem Maße aber auch der Verwaltungslehre und der Verwaltungspolitik entwickelt. In den letzten Jahren hat sie sich dann weit über das öffentlich-rechtliche, auch über das rechtspolitische hinaus den nicht juristischen Verwaltungswissenschaften - Organisationslehre, Verwaltungssoziologie, Verwaltungsökonomie usw. geöffnet. Sie ist, was vorher schon angeklungen ist, dabei, in den großen und wichtigen Aufgabenbereich der Beamtenfortbildung im höheren Dienst vorzustoßen. Sie tut das in einer Weise, die zwar nicht so sehr der Zeitströmung, wohl aber dem Gegenstand angemessen ist: ohne verstiegene und prätentiöse Programmatik. Die Beteiligten haben sich zusammengesetzt, haben begonnen zu arbeiten, zu erproben und zu verbessern, und sind nach Anfangsschwierigkeiten heute sowohl im Bereich der Assessoreneinweisung als auch im Bereich der mittleren Führungsebene durchaus imstande, Leistungen vorzuzeigen, die sich - bei aller Vorläufigkeit und Verbesserungsbedürftigkeit - sehen lassen können. Die Behauptung ist wohl nicht übertrieben, daß die immer mehr in den Vordergrund des öffentlichen Interesses tretende Fortbildung der höheren Beamten mindestens eines der "Standbeine" sein wird, auf denen diese Hochschule im zweiten Vierteljahrhundert ihrer Entwicklung stehen wird. Dies alles geschieht, wie ich mit Genugtuung sagen darf, in engem und zunehmend freundschaftlichem Kontakt 7.ur Schwesterinst5tution, der Bundesakademie für Öffentliche Verwaltung. Nach 25 Jahren ihres Bestehens und Arbeitens ist die Hochschule für Verwaltungswissenschaften imstande, auf eine Fülle von Problemen und Lösun-

Aus der Begrüßungsansprache des Rektors

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gen, auch gescheiterte Lösungen, auf Erfolge, Mißerfolge und Rückschläge, auf Gutgeratenes und weniger Gutgeratenes zurückzublicken. Sie ist aber auch gezwungen, auf eine Zukunft Ausblick zu nehmen. in der zum ersten Mal seit vielen Generationen die juristische Ausbildung der künftigen Verwaltungsbeamten wirklich uneinheitlich zu werden beginnt. Trotz der Länderzuständigkeit in diesem Bereich und trotz der nicht zu übersehenden Unterschiede zwischen Nord und Süd hat es bisher immer eine einheitliche, wenn auch vielleicht zu sehr auf das rein Rechtliche beschränkte Juristenausbildung gegeben. Betrachtet man die Ergebnisse der augenblicklich entstehenden JAPO-Novellen, so muß man erkennen, daß diese Einheitlichkeit im Begriff ist, verloren zu gehen. Dies ist für eine Hochschule, die an der Ausbildung von Referendaren aus allen Ländern beteiligt ist, eine sehr schwierige Situation, und die Unkenrufe, die die Abschaffung des Vorbereitungsdienstes überhaupt vorhersagen, sind nicht geeignet, diese Schwierigkeit zu verringern. Immerhin erscheint es manchen bei dieser Lage der Dinge immer noch nicht ganz ausgeschlossen, daß die Hochschule eines Tages zur Universität ab sinken könnte. Wir haben guten Mut, daß dies nicht geschehen wird. und wir nehmen Ausblick auf eine Zukunft, in der zur Fortbildung der höheren Beamten auch von uns noch ungleich mehr getan werden wird, als dies bisher der Fall ist. Schon deshalb sehen wir keinen Grund, auf Festesfreude aus Anlaß des 25jährigen Bestehens unserer Hochschule ganz zu verzichten. Aber es muß eine gedämpfte Festesfreude sein. Ich eröffne hiermit die v!.erzigste Staatswissenschaftliche Fortbildungsiagung der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer Ulld wünsche ihr einen erfolgreichen Verlauf. Professor Dr. Roman Herzog

Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern - überblick Von Frido Wagener Es ist vor einigen Jahren einmal gesagt worden, daß wir nach der Zeit des planlosen Fortschritts und des Beinahe-Staatsbankrotts der Jahre 196'6/67 zwar keine Planwirtschaft, wohl aber eine "Plänewirtschaft"l bekommen hätten. Diese Lagebeschreibung scheint im wesentlichen auch noch für die Gegenwart zuzutreffen. Ich möchte daher meinen Auftrag so verstehen, daß ich mit dem von mir geforderten "überblick" geistige Schneisen in den Plänewald schlagen soll. Man braucht dazu ein Instrument. Die echten Waldarbeiter nehmen heute die Motorsäge, nicht mehr die Axt. Soziologen und Politologen haben für unsere Problematik sehr wahrscheinlich auch eine Art Motorsäge zur Hand. Ich möchte mich lieber des etwas altertümlichen Instruments der Axt bedienen und sie zunächst einmal schärfen, nämlich durch eine Gliederung und eine Definition. Einen Überblick kann man in der Form der Aufzählung geben. Dies wird sich nicht ganz vermeiden lassen, dennoch soll etwas abweichend vorgegangen werden: -

In einem ersten Arbeitsschritt ist mit Hilfe einer Definition zu klären, was Regierungsprogramme und Regierungspläne sind und was nicht.

-

In einem zweiten Arbeitsschritt sollen der geistige und soziale Hinter-

-

In einem dritten Ansatz sind aus dem Blickwinkel einiger Kriterien die wichtigsten Programme und Pläne von Bund und Ländern aufzuzählen und nach ihrem Inhalt kurz darzustellen.

-

Schließlich soll in einem letzten Ansatz eine Kurzbewertung der Programme und Pläne in der Form einer "Mängelrevue" versucht werden.

grund und die großen Entwicklungslinien auf dem Gebiet des Tagungsthemas in größtmöglicher Vereinfachung aufgestellt werden.

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Reimut Jochimsen,

schaft 1969, S. 237 ff.

Für einen Bundesentwicklungsplan, Die neue Gesell-

Frido Wagener

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I. Begriffsbestimmung

Bei unserem ersten Arbeitsschritt könnten wir nun gleich ein definitorisches Schauturnen veranstalten. Was Programm und was Plan ist, dafür gibt es eine Unzahl von Definitionen. Nach Niklas Luhmann2 ist z. B. ein Plan die "Festlegung von Entscheidungsprämissen für künftige Entscheidungen". Ein so hoher Abstraktionsgrad wird uns nur ausnahmsweise helfen können. Wenn man ein Mini-Brainstorming veranstaltet, werden bei den Worten "Regierungsprogramme und Regierungspläne" folgende Assoziationen geweckt: -

Mehrere Minister, Kabinett, öffentliche Aufgaben,

-

Zukunft, Ziel, Veränderung,

-

Analyse, Systematik, Ordnung, Koordination, Methode,

-

Verbindlichkeit, Entscheidung, öffentliche Festlegung, Durchführung.

Wenn man hieraus eine Definition zusammenstellt, dann könnte sie folgendermaßen lauten: Regierungsprogramme und Regierungspläne sind alle auf Beschlüssen eines Kabinetts des Bundes oder der Länder beruhenden, methodisch erarbeiteten, koordinierenden und veröffentlichten Festlegungen zukünftigen ressortübergreifenden Handelns von Regierung und Verwaltung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Damit können wir zunächst einige Erscheinungen im Planungswald "abholzen", die uns den Blick verstellen. Da sind zunächst die Regierungserklärungen. Bei ihnen dürfte es jedenfalls nach der bisherigen Praxis an der methodischen Erarbeitung der Festlegungen mangeln. Regierungserklärungen wurden bei uns bisher in "Hüftschußmanier" aus Anmeldungen der Ressorts fabriziert. Die Kunst lag in der Kürzung, in dem Wegradieren von Festlegungen und in dem Garnieren mit imagehebenden Worten und einem ideologischen überbau, sofern das noch notwendig war. Dabei gab es dann manchmal Pannen, wenn man etwa in der vorletzten Regierungserklärung von Nordrhein-Westfalen bei schwelender Kohlenkrise vergessen hatte, den Satz wegzustreichen, wonach es notwendig sei, "die Vollbeschäftigung der Waldarbeiter zu sichern"3. (Womit wir wieder in unserem Bilde sind.) Wenn - wie in der letzten Regierungserklärung des Bundeskanzlers4 - eine stärkere Festlegung auf zukünftiges Handeln versucht wurde, dann fehlte es offenbar an der vorherigen methodischen Erarbeitung des realistischerweise Erreichbaren. Niklas Luhmann, Politische Planung, Opladen 1971, S. 67. Regierungserklärung vor dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen am 13. 12. 1966, herausgegeben von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1966, S. 10. 4 Regierungserklärung vom 28.10.1969, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 132/1969. 2

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Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern

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Ebenfalls nicht zum Gegenstand der Untersuchung gehören nach der Definition Pläne und Programme der Gemeinden und Gemeindeverbände. Da Bremen, Hamburg und Berlin allerdings neben ihrer Großstadteigenschaft auch den Länderstatus haben, ergibt sich von dort her ein Berührungspunkt zu kommunalen Planungen. Schließlich sind auch die zahlreichen Ressortplanungen und Fachplanungen aus dem Kreis der Betrachtung ausgeschlossen, denn sie werden gewöhnlich nicht durch das Kabinett beschlossen und sie sind nicht ressortübergreifender Natur.

ß. Von der Raumplanung zur Entwicklungsund Konzeptionsplanung

In einem zweiten Ansatz soll nunmehr versucht werden, ein Bild aus möglichst weiter Perspektive über die geistigen und sozialen Hintergründe und die großen Entwicklungslinien im Bereich der Regierungsplanung in der Bundesrepublik zu gewinnen. Dabei ist zunächst grundrißartig festzustellen, welche historische Entwicklung die öffentliche Planung in der Bundesrepublik durchgemacht hat. In der jüngeren Geschichte lassen sich drei Phasen der Entwicklung unterscheiden5 : Im 19. Jahrhundert wurde lediglich in den Städten das Instrument der Fluchtlinienfestlegung benutzt. Diese städtebauliche räumliche Planung war von technisch-hygienischen Gesichtspunkten bestimmt, die dem baupolizeilichen Streben nach Sicherheit und Ordnung entsprachen. Die Landflucht und das Stadtwachstum sowie die damit verbundene zum Teil stürmische Ausbreitung der Wohnviertel der Städte wurden als gegeben und grundsätzlich nicht beeinflußbar hingenommen. Die baupolizeiliche Fluchtlinienplanung wurde nach dem ersten Weltkrieg durch eine zweite Entwicklungsphase überlagert. Ein deutliches Beispiel der Veränderung war die Gründung des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk. Nunmehr wurde versucht, durch Raumplanung die schlimmsten Auswirkungen ungehemmter liberalistischer Wirtschaftsentwicklung aufzufangen. Die Planung wurde als Mittel der Anpassung der räumlichen Umwelt an einen "naturwüchsigen" wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozeß angesehen. Der Prozeß selbst blieb jedoch im wesentlichen ungeplant. Dieser Auffang- oder Anpassungsplanung lag eine liberale Auffassung von der räumlichen Wirtschaftsentwicklung zu5 Eingehender: Gerd Albers, über das Wesen der räumlichen Planung, Versuch einer Standortbestimmung, Stadtbauwelt 1969, S. 10 ff.; Helmut Feußner, Martin Wagner, Anpassungsplanung und Entwicklungsplanung, Raum und Siedlung 1969, S. 220 ff.; Frido Wagener, Von der Raumplanung zur Entwicklungsplanung, Deutsches Verwaltungsblatt 1970, S. 93 ff.

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Frido Wagener

grunde. Der Staat hatte das Marktgeschehen nur soweit als unbedingt erforderlich zu beeinflussen. Die räumliche Planung war nur kommunale oder staatliche Auffangstellung; ob, wann, wie weit und mit welchen Mitteln sie verwirklicht wurde, lag grundsätzlich nicht in öffentlichen, sondern in privaten Händen. In dieser Phase der Planungsentwicklung wurde die Landesplanung und in ersten Ansätzen die Rechtsplanung erfunden. Die zentrale Wirtschafts- und Kriegsplanung des Nationalsozialismus mit Vierjahresplänen und Bewirtschaftung wurde eigentlich nur als schlimme Verirrung angesehen. Nach der Währungsreform nahm man die raumbezogene Anpassungsplanung ungefragt als weitestgehende Einflußmöglichkeit der öffentlichen Hand wieder auf. Durch das Bundesbaugesetz, die Landesplanungsgesetze und das Raumordnungsgesetz des Bundes wurde diese Planungsform mit einem rechtlichen Gerüst von hoher formaler Raffinesse ausgestaltet. In der Planungsentwicklung blieb man der Konzeption nach auf dem Stand der zwanziger und frühen dreißiger Jahre. Seit wenigen Jahren sind wir in eine dritte Phase der Planungsentwicklung getreten. Die Finanzschwierigkeiten um 1966 brachten als neues Planungsinstrument die mittelfristige Finanzplanung. Eine neue Wirtschaftspolitik ging zur Globalsteuerung der Marktwirtschaft über. Es begann die Zeit der Planungsbegeisterung der Innen-, Wirtschafts-, Finanz-, Verkehrs- und Landwirtschaftsministerien. Es entstand eine nicht mehr übersehbare Flut von Plänen und Programmen, die in keiner Weise systematisch aufeinander abgestimmt waren. Die politische und finanzielle Durchführbarkeit war offenbar selten ihr oberster Maßstab. Langsam schälte sich dann die Notwendigkeit heraus, die Probleme einer wachstumsgerechten Landesentwicklung in einer infrastrukturgebundenen Gesellschaft durch eine vieldimensionale Entwicklungsplanung zu mildern und zu lösen. In der gegenwärtig noch anhaltenden ambivalenten Phase der Planungsentwicklung stehen die Vertreter der überwiegend raumbezogenen Auffangplanung den Befürwortern einer raum-, zeit- und finanzbezogenen umfassenderen Entwicklungsplanung der öffentlichen Hand gegenüber. Die Auseinandersetzung ist noch nicht entschieden. Von der Gegenwart aus soll nun noch eine ganz andersartige, kategorienbildende Betrachtungsweise versucht werden. Richtet man nämlich seinen Blick auf die unterschiedlichen Funktionen der öffentlichen Planung, dann hebt sich eine Art der Planung von den übrigen Arten ab, die man als strategische oder konzeptionelle Planung bezeichnen könnte. Es handelt sich um Programm-, Grundsatz- oder Rahmenplanungen von öffentlichen Organen, die weitgehende und übergreifende Entscheidungsbefugnisse haben. Durch strategische Planungen sollen die Handlungen der Gesamtorganisation synchronisiert und gesteuert werden. Als Ausformungen dieser Planungsart kann man z. B. den Großen Hessenplan,

Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern

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das Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 und die mehrjährige Finanzplanung ansprechen. Dieser strategischen Planung ist die operative Planung als Planung der Durchführung oder als Ablaufplanung gegenüberzustellen. Beispiele sind etwa ein Bebauungsplan, die Planung eines Bauwerks oder die Planung einzelner Organisationsmaßnahmen, aber wohl auch der Haushaltsplan. Als öffentliche Planung ist die Planung zum großen Teil operative Planung. Allerdings wird diese Art der Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung häufig gar nicht als Planung, sondern schlicht als Vorbereitung der Durchführung verstanden. Die strategischen oder konzeptionellen Programme und Pläne spielten lange Zeit eine relativ bescheidene Rolle in der öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik. Die meisten Formen dieser Planungsart stammen erst aus der allerjüngsten Zeit. Sie sind dabei, sich unwahrscheinlich schnell auszuweiten. Es spricht nichts dafür, daß die Geschwindigkeit des Bedeutungszuwachses dieser strategischen Programme und Pläne in der nächsten Zeit nachläßt.

IU. Inhalt und Bedeutung der Programme und Pläne Im Rahmen eines dritten Abschnitts, dem Hauptarbeitsschritt der Untersuchung, ist es notwendig, die wichtigsten Beispiele der möglicherweise strategischen Regierungsprogramme und Regierungspläne vorzustellen. Sie sollen dabei immer aus der Perspektive bestimmter Kriterien betrachtet werden. Dadurch wird die spätere Systematisierung der Ergebnisse erleichtert. Es ist insbesondere auf -

den Raumbezug,

-

den Zeitbezug,

-

den Finanz- oder Ressourcenbezug sowie auf

-

die Geltungsintensität der Programme und Pläne zu achten. 1. Regierungsprogramme und Regierungspläne auf Bundesebene

Wenn man nach Regierungsprogrammen und Regierungsplänen auf Bundesebene sucht, zeigt sich kein Programm und kein Plan, der wie selbstverständlich der gewählten Definition entsprechen würde. Der früher einmal ins Auge ge faßte "Bundesentwicklungsplan"6 ist offenbar aufgegeben worden. Der Frühkoordination7 des Bundeskanzleramtes und 6 Reimut Jochimsen, Für einen Bundesentwicklungsplan. Die neue Gesellschaft 1969, S. 237 ff. 7 Heiner F~ohr, Die Tätigkeit der Planungsabteilung im Bundeskanzleramt, Vortrag vor dem Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Politische Wissen-

2 Speye.51

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Frido Wagener

der Konzertierten AktionS des Wirtschafts- und Finanzministeriums sowie den Verlautbarungen des Konjunkturrats9 und des Finanzplanungsrats10 fehlt es an dem Festlegungscharakter. Der Bundesfernstraßenausbauplan11 ist ein Ressortprogramm und ist zudem nicht von der Regierung, sondern durch Gesetz vom Parlament festgelegt worden. Die Langfristaufgabenplanung12 des Bundeskanzleramtes steckt noch in den Kinderschuhen und man weiß nicht, ob sie kommt. Auch die Bildungsplanung 13 der Bund-Länder-Kommission ist eine Ressortplanung, die vertikale Koordinationswirkung zwischen Bund und Ländern haben soll. Ähnliches gilt für den Grünen Plan, den Bundesjugendplan, das Bundeswohnungsbauprogramm, den Ersten Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"14, der am 1. 1. 1972 in Kraft getreten ist und bis 1975 gelten soll. Alles sind in erster Linie Verbundplanungen zwischen Bundes- und Länderressorts mit übereinstimmend€m oder ähnlichem Geschäftsbereich; sie können aber wohl nicht als ressortübergreifende Regierungsprogramme auf Bundesebene angesprochen werden 15 • Die mittelfristigen Arbeitsprogramme der Bundesregierung16 sind zwar ressortübergreifend, sie bleiben aber rein interner Natur, weil sie nicht veröffentlicht werden. Schon deshalb können sie schaft in Mannheim vom 3. bis 6. 10. 1971; Hartmut Bebermeyer, Das politische Planungssystem der Bundesregierung - Entwicklung und Stand der institutionellen Voraussetzungen und Instrumentarien, in: Reimut Jochimsen, Udo E. Simonis (Hrsg.), Theorie und Praxis der Infrastrukturpolitik, Berlin 1970, S. 713 ff.; Reimut Jochimsen, Zum Aufbau und Ausbau eines integrierten Aufgabenplanungssystems und Koordinationssystems der Bundesregierung, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1970, S. 949; Klaus König, Planung und Koordination im Regierungssystem, Verwaltungsarchiv 1971, S. 1 ff. 8 § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. 6. 1967 (BGBl. I S. 582). 9 § 18 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. 6. 1967 (BGBl. S. 582). 10 § 51 Haushaltsgrundsätzegesetz vom 19. 8. 1969 (BGBl. I S. 1273). 11 Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 vom 30.6.1971 (BGBl. I S. 873) zur Begründung vgl. Bundestagsdrucksache V!i1180 vom 22.9. 1970. 12 Heiner Flohr, a.a.O., S. 8. 13 Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung an die Regierungschefs des Bundes und der Länder über den Bildungsgesamtplan und ein Bildungsbudget, beschlossen am 18. 10. 1971 - K 111/71 - Band 1. 14 Vgl. Bundestagsdrucksache VI/2451; Peter Becker, Die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", Die Verwaltung 1972, S. 59 f. 15 Verbundplanungen zwischen Bundes- und Länderparallelressorts werden nicht selten dazu benützt, ressortübergreifende Regierungsplanung im Bund oder im Land mit der Begründung zu erschweren, die Bund-Länder-Festlegungen seien nicht veränderbar. 16 Vgl. Horst Ehmke, Planung im Regierungsbereich Aufgaben und Widerstand, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1971, S. 20 ff.

Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern

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nicht als Regierungsprogramme oder Regierungspläne auf Bundesebene angesehen werden. Gegenwärtig sind wohl nur drei Programme und Pläne auf Bundesebene sichtbar, die Anforderungen der Begriffsbestimmung entsprechen: 1. das Umweltprogramm der Bundesregierung,

2. das für Ende 1972 angekündigte Raumordnungsprogramm und 3. die mehrjährige Finanzplanung des Bundes. a) UmweZtprogramm der Bundesregierung

Das Umweltprogramm der Bundesregierung17 ist zuerst als Bundestagsdrucksache und "kürzlich" in der Reihe "betrifft" veröffentlicht worden. Die unbestimmte Zeitaussage "kürzlich" ist hervorzuheben, denn wie planungsungewohnt muß man sein, wenn aus der gesamten Veröffentlichung auf 88 Seiten nicht hervorgeht, wann das Umweltprogramm von der Bundesregierung beschlossen worden ist und von wann ab es für wen genau gilt. Auf dem Rückdeckel entdeckt man, daß es im Oktober 1971 in Köln gedruckt ist. So viel zunächst zum Zeitbezug des Programms. Das Programm ist unterteilt in die Abschnitte "A Umweltpolitik" und "B Aktionsprogramm". Das Aktionsprogramm stellt unterteilt nach Umweltschutzbereichen (z. B. Boden, Abfall, Wasser, Luft, Lärm, Biozide und Arbeitsumwelt) alle Maßnahmen dar, die in den nächsten fünf Jahren (also offenbar 1972 bis 1976) mit Vorrang durchgeführt oder eingeleitet werden sollen. Außerdem werden weitergehende Ziele für die nächsten 10 bis 15 Jahre verdeutlicht. So steht es in einem Abschnitt "Ausgangslage", den man erst nach einigem Suchen findet. Wenn man dann näher nachsieht, werden in einem Anhangkatalog für 41 Maßnahmen Haushalts- bzw. Finanzplanbeträge ausgeworfen, die allerdings nur bis 1975 reichen, also nicht fünf, sondern nur vier Jahre umfassen. Das Programm ist ein Kabinettsbeschluß, der auf der Grundlage der Vorarbeiten einer interministeriellen Projektgruppe und eines Kabinettsausschusses für Umweltfragen zustande gekommen ist. Ein Kabinettsbeschluß hat natürlich Auswirkungen auf die Arbeit der Ressorts. Ob die finanziellen Festlegungen für vier Jahre allerdings nur nachrichtlichen Charakter haben - so scheint es - oder ob das Umweltprogramm, soweit es finanzielle Festlegungen auf Bundesebene enthält, einen Vorrang gegenüber der Finanzplanung als Aufgabenplanung hat, bleibt offen. 11 Umweltprogramm der Bundesregierung, Reihe "betrifft:", Heft 9, Bonn 1971 (auch als Bundestagsdrucksache VI/2710 vom 14. 10. 1971 - Materialienband vom 23. 12. 1971 veröffentlicht). Vorher gab es bereits das Sofortprogramm der Bundesregierung für den Umweltschutz (Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1970, S. 1370).

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Frido Wagener

Die Publizität des Programms ist hervorragend gewesen; lesen kann man es nur mit Widerwillen. Die Darstellung bisheriger Tätigkeiten, wünschenswerter Ziele und tatsächlich beabsichtigter Maßnahmen geht dauernd durcheinander. Nicht einmal die durchgearbeitete formale Prägnanz etwa des Zwischenberichts zum Bildungsgesamtplan ist erreicht. Der dicke technische Anlageband ist in dieser Beziehung teilweise erheblich besser. Die im Bundeshaushalt für Umweltschutzdinge bewegten Finanzen sind verschwindend gering; bezeichnenderweise fehlt eine Addition im Finanzkatalog. Eine Erfolgskontrolle des Programms ist nicht formalisiert und also nur politischer Natur. Das Ganze ist als technisches Planungsinstrument wohl von geringem Wert. Dennoch hat das erste formulierte Programm der Umweltpolitik einer Bundesregierung im Vergleich zu dem vorherigen Zustand bereits seine hohe politische Bedeutung bewiesen, allerdings wohl nur mit Hilfe des politischen Umweltschutz-"Windes", der immer noch weht. Die Grundgesetzänderung18 und die Bundesgesetzgebung auf dem Gebiete des Umweltschutzes19 waren nur mit diesem "Wind" in den Segeln so schnell erfolgreich. Was richtet das Programm aber noch aus, wenn wir in zwei, drei Jahren wieder an einen anderen absoluten Vorrang glauben? b) Bundesraumordnungsprogramm

In der letzten Regierungserklärung der Bundesregierung war die erstmalige Aufstellung eines Bundesraumordnungsprogramms2o als ein Schwerpunkt der inneren Reformen der Bundesregierung angekündigt worden. Die Ministerpräsidenten der Länder haben im Oktober 1970 die Bereitschaft der Länder erklärt, ein Bundesraumordnungsprogramm gemeinsam mit dem Bund zu erarbeiten. Das Bundesraumordnungsprogramm soll fünf Teile enthalten: 1. Eine Gliederung in 38 Gebietseinheiten, die den regionalen Bezugsrahmen für die übrigen Programmteile bilden. 2. Eine Prognose der regionalen Entwicklungstendenzen im Bundesgebiet. 18 Der Bund wird in Zukunft die Gesetzgebungskompetenz für die Abfallbeseitigung, die Luftreinhaltung und die Lärmbekämpfung haben. Der Bundestag stimmte am 2. 3. 1972 einem Beschluß des Rechtsausschusses zu, den Art. 74 Grundgesetz entsprechend zu ergänzen (Bundestagsdrucksache VII

2947).

19 Das Gesetz über die Beseitigung von Abfällen Abfallbeseitigungsgesetz - hat der Bundestag am 2. 3. 1972 verabschiedet (Bundestagsdrucksache

VI/3154).

20 Bundesraumordnungsprogramm, Bericht über den Stand der Arbeiten am Bundesraumordnungsprogramm, in: Raum und Ordnung vom 10. 12. 1971.

Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern

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3. Das raumordnerische Zielsystem, das die Ziele der Fachplanungen und -maßnahmen der Bundesressorts sowie die Ziele in den Raumordnungsprogrammen und -plänen der Länder berücksichtigt. 4. Eine Regionalisierung der raumwirksamen Bundesmittel für die letzten Haushaltsjahre. 5. Schwerpunkte und Prioritäten des zukünftigen Einsatzes raumwirksamer Bundesmittel. In diesem Abschnitt sollen die Konsequenzen aus Prognose, Zielsystem und Regionalisierung gezogen werden. Mit dem Programm will man sich von der lange geübten Beschränkung der Raumordnung auf die Formulierung von Leitbildern, Grundsätzen und Zielvorstellungen lösen. Ziele und Mittel sollen nun auch von der Raumordnung im Zusammenhang gesehen werden. Es ist schon ein wesentlicher Fortschritt, wenn mit diesem Programm zum ersten Mal mit ein wenig Aussicht auf Erfolg das Problem bewältigt werden soll, die Vielfalt der strukturpolitischen Maßnahmen des Bundes an raumordnungspolitischen Prioritäten und Schwerpunkten zu orientieren. Bei dem Programm wird es sich nur um einen Kabinettsbeschluß handeln. Es wird eine überredende Planungsform bleiben. Schon jetzt weist man darauf hin, daß das Programm keine unmittelbaren Bindungswirkungen enthalten wird. Als ein Programm der Koordinierung lasse es keine Eingriffe in die Fachplanungen der Bundesressorts und in die Landes- und Regionalplanung zu. Der Raumbezug des Bundesraumordnungsprogramms soll zwar durch die 38 Gebietseinheiten hergestellt werden, unklar bleibt aber die Finanzproblematik. Ob das Bundesraumordnungsprogramm mit einem Planungszeitraum bis 1985 der mehrjährigen Finanzplanung mit einem fünf jährigen Planungszeitraum materiell vorrangig sein wird, muß wohl bezweifelt werden. c) Mittelfristige Finanzplanung

Die fünf jährige Finanzplanung des Bundes21 ist erstmals 1967 aufgestellt worden. Es handelt sich dabei eigentlich nur um eine Vierjahresplanung, denn das jeweilig laufende Haushaltsjahr wird als erstes Jahr der Finanzplanung übernommen. Die Technik der Aufstellung der Finanzplanung ist in den letzten Jahren zwar verbessert worden, es ist aber eine Planungsart mit sehr grob aufgeteilten finanziellen Blöcken geblieben. Es werden keine Perspektiven gegeben, wie sich die öffentlichen Aufgaben langfristig entwickeln sollen. Die Hauptsorge ist heute noch die mittelfristige Sicherung des Haushaltsausgleichs. Die Finanzplanung wird fast ausschließlich unter finanziellem, wenn nicht unter fiskalischem 21 § 9 ff. des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. 6. 1967 (BGBl. I S. 582).

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Aspekt gesehen. Man denkt vorwiegend in Quoten und Plafonds finanzieller Größen, dagegen nicht in materiellen Aufgaben. Das übliche Mittel ist die Fortschreibung. "Quoten und Plafonds sind Ausdruck der Tatsache, daß man das Problem bisher nur fiskalisch im Griff hat22 ." Die Finanzplanung hat bei uns so gut wie keinen Raumbezug. Eine wesentliche Einflußnahme der Raumordnung auf die Finanzplanung findet deshalb auch nicht statt. Die Geltungsintensität der Finanzplanung ist nicht sonderlich hoch, da das Verfahren der rollierenden Planung, die in jedem Jahr ein neues Planungsjahr an den Schluß setzt, zu einer jeweiligen Veränderung der Gesamtplanung führt. Technisch hat der Finanzminister mit der Finanzplanung natürlich ein gutes Abwehrmittel gegen Mehranforderungen der Ressorts. Von daher erhöht sich die Geltungsintensität wieder, aber nicht in Richtung auf neue Entwicklungen, sondern eher in stabilisierender Art. d) Zwischenergebnis

Alles in allem ist der Blick auf die ressortübergreifenden Regierungsprogramme und Regierungspläne auf Bundesebene nicht gerade ermutigend. Man wird auch nicht zufriedener, wenn man hört, daß die räumliche Koordinierung der drei Bund-Länder-Planungen der Wirtschaftsstrukturverbesserung, der Agrarstrukturverbesserung und des Hochschulbaues bis 1985 durch das angekündigte Bundesraumordnungsprogramm übernommen werden soll. Erst nach 1985 soll sich dann eine Aufgabenplanung, wie sie zur Zeit im Bundeskanzleramt vorbereitet wird, anschließen. 2. Regierungsprogramme und Regierungspläne auf Länderebene

Wenn der Überblick über die Regierungsprogramme und Regierungspläne auf Länderebene mit dem Lande Baden-Württemberg begonnen wird, so steckt nichts als das Alphabet dahinter. Die Reihenfolge besagt nichts über den Stand der Regierungsplanung in den Ländern.

a) Baden-Württemberg In Baden-Württemberg sind zwei Regierungspläne zu betrachten. Es handelt sich um den Landesentwicklungsplan und um eine Veröffentlichung "Modell für die Zukunft". Nach dem Landesplanungsgesetz für Baden-Württemberg ist ein Landesentwicklungsplan23 für das ganze Land aufzustellen. Der Entwurf 22 Reimut Jochimsen, Zum Aufbau und Ausbau eines integrierten Aufgabenplanungssystems und Koordinationssystems der Bundesregierung, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1970, S. 954.

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eines solchen Plans lag bereits im Dezember 1967 vor und wurde seither besonders auf kommunaler Ebene mehrere Jahre lang diskutiert. Im Juni 1971 hat die Landesregierung dem Plan durch Beschluß zugestimmt. Der Inhalt des Planes wurde damit für die Landesverwaltung verbindlich. Der Entwurf eines Gesetzes über die Verbindlichkeitserklärung des Landesentwicklungsplans24 , mit dem der Plan auch gegenüber allen sonstigen öffentlichen Planungsträgern, insbesondere gegenüber den Gemeinden und Gemeindeverbänden, Verbindlichkeit erlangen will, liegt z. Z. dem Landtag vor. Der Landesentwicklungsplan besteht aus verbalen Festlegungen. Die beigefügten umfangreichen Begründungen und Karten sollen die Festlegungen des Planes lediglich anschaulich machen. Der Landesentwicklungsplan ist ein großräumiges und langfristiges Rahmenprogramm, das sich auf raumbeeinflussende und raumbeanspruchende Maßnahmen und ihre Verwirklichung bis 1985 beschränkt. Der Finanzbezug fehlt; mittelfristige Investitionsprogramme sind als Ergänzung vorgesehen. Ansprüche auf Durchführungsplanungen können aus dem Plan nicht abgeleitet werden; die Durchführung richtet sich nach den jeweils zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln. Der Plan soll die Maßnahmen des Staates und der Selbstverwaltung harmonisieren. Der Wirtschaft soll er eine Orientierungshilfe für ihre Investitionsentscheidungen bieten. Diesen Zwecken dient das dem Plan zugrunde liegende Raumordnungsmodell, das auf einem System von Entwicklungsachsen, zentralen Orten und Entlastungsorten sowie Freiräumen beruht. Der Plan legt die Verdichtungsräume und ihre Randzonen, die Verdichtungsbereiche und ländliche Räume nach statistischen Merkmalen verbal fest, weist die Entwicklungsachsen aus und erfaßt die Städte des Landes im System der verschiedenstufigen Zentren. Im Übersendungsschreiben des Ministerpräsidenten an den Landtag heißt es, daß Baden-Württemberg mit dem Landesentwicklungsplan über ein Instrument verfüge, "das nicht nur der raumbezogenen Planung der Gemeinden und Gemeindeverbände, sondern auch der Fachplanung des Landes einen festen Rahmen gibt, in dem sich fachliche und örtliche Initiativen eigenverantwortlich und selbständig bewegen können. Mit der Finanzplanung, dem Gesamtkonzept zur Verwaltungsreform und dem Landesentwicklungsplan ist das Grundgerüst der Planung in BadenWürttemberg nunmehr errichtet"25. An diesem Punkte schließen die beiden unter der Bezeichnung "Modell für die Zukunft"26 Anfang 1972 vom Staatsministerium herausgegebenen 23 Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg vom 22.6.1971, Landtagsdrucksache V!5400. 24 Entwurf vom 15.7.1971, Landtagsdrucksache V!5401. 25 Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg, a.a.O., S. 1.

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Planungs- und Statistikbände an. Auf den ersten Blick hält man das Ganze für ein umfassendes Landesregierungsprogramm. Leinenumschlag und Holzfreiheit des Papiers und wolkenloser blauer Himmel über eindrucksvollen Farbaufnahmen interessanter Punkte Baden-Württembergs geben den Eindruck von Solidität und Problemlosigkeit. Man wird aber skeptisch, wenn man im Vorwort u. a. wörtlich liest: "Die Darstellung ist keine Werbeschrift27 ." Warum mußte man dieses wohl behaupten? Es heißt weiter: "Erfaßt wird nicht die gesamte Landespolitik, sondern nur ihr planungsrelevanter Teil. Insoweit werden auch Angaben über Leistungen gemacht, die seit Bildung des Landes im Jahre 1953 erbracht worden sind28 ." Bei genauerem Zusehen zeigt sich dann, daß vielleicht mehr als Dreiviertel der Darstellung auf das Bisherige und Heutige verwandt wird und daß der Planungsanteil relativ gering ist. Es bleibt fast gänzlich offen, was etwa 1974 mit wieviel Geld an welchem Ort getan werden soll. Dabei ist das Lesen nicht uninteressant, besonders in dem zweiten Band über Statistik. Es werden hier auch einige Prognosen gegeben. Das Ganze allerdings unter der Überschrift "Modell für die Zukunft" zu "verlegen"29, ist wohl nur unter dem Gesichtspunkt der Vorwahlzeit zu verstehen. Im Gegensatz zu dem Landesentwicklungsplan handelt es sich bei diesem Modell nur um politische Absichtserklärungen. Da in Baden-Württemberg eine, wie es dort heißt, "Gesamtplanung", also eine integrierte Entwicklungsplanung, mit Raum-, Zeit- und Ressourcenbezug ausdrücklich abgelehnt wird3o, ist das "Modell für die Zukunft" auch nicht als Schlußstein eines Süd-West-Planungsgewölbes anzusehen. b) Bayern

In Bayern ist nach dem Landesplanungsgesetz31 ein Landesentwicklungsprogramm aufzustellen. Die Staatsregierung beschließt das Landesentwicklungsprogramm als Rechtsverordnung. Im "Vorgriff" auf dieses Programm hat die Bayerische Staatsregierung am 22. 4. 1969 ein "Programm für Bayern 1"32 und am 29.7. 1970 ein "Programm für Bayern II"33 beschlosssen. 26 Modell für die Zukunft, Leistungen und Planungen des Landes BadenWürttemberg, Band 1: Planungen, Band 2: Statistik, herausgegeben vom Staats ministerium Baden-Württemberg, Stuttgart 1972. 27 Modell für die Zukunft, a.a.O., Band 1, S. 12. 28 Modell für die Zukunft, a.a.O., Band 1, S. 12. 29 Der Normalbürger muß die Bände über einen Verlag kaufen. 30 Modell für die Zukunft, a.a.O., Band 1, S. 25. 31 Art. 13 ff. des Bayerischen Landesplanungsgesetzes vom 6.2.70 (GVBl. Bay. S. 9). 32 Ein Programm für Bayern I, herausgegeben vom Bayerischen Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, München 1969. 33 Ein Programm für Bayern Ir, herausgegeben vom Bayerischen Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, München 1970.

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Das Bayern-Programm I gilt nur für die schwachstrukturierten Gebiete, sonstigen ländlichen Gebiete und die industriellen Problemgebiete. Es nennt in erster Linie Maßnahmen, durch die die Wirtschaftskraft des Landes verbessert werden soll. Dabei geht es um die Verkehrserschließung, die Energieversorgung und die Wasserwirtschaft. Im Rahmen des Bildungswesens sind örtliche Festlegungen für einen Schulentwicklungsplan vorgesehen. Im Wohnungswesen, bei den Sozialeinrichtungen und im Krankenhauswesen sind in erster Linie strukturelle Ziele angegeben, es werden nur vereinzelt örtlich oder regional festgelegte Investitionsentscheidungen getroffen. Das Bayern-Programm II stellt dar, wie sich die elf städtischen Verdichtungsgebiete Bayerns in einer Abgrenzung nach dem Vorbild der Stadtregion weiter entwickeln sollen und wie die Lebensverhältnisse verbessert werden können. Es werden Ankündigungen über den Ausbau der Verdichtungsgebiete im Bereich des Verkehrswesens, der Energieversorgung, der Wasserwirtschaft, des Bildungswesens, des Wohnungswesens, der Sozialeinrichtungen, des Krankenhauswesens, der Naherholung, der öffentlichen Sicherheit, der Müllbeseitigung, des Immissionsschutzes und der kommunalen Leistungsfähigkeit gemacht. Hinzu treten einige räumliche Festlegungen für Investitionen. Zeitliche Festlegungen finden sich nur vereinzelt. Offen ist, für welchen Zeitraum die Programme insgesamt gelten sollen. Im Programm I heißt es dazu lediglich, es stelle die Absicht der Staatsregierung für einen "größeren Zeitraum" dar. Die Programme geben auch nicht an, mit welchen finanziellen Mitteln die vorgesehenen Maßnahmen verwirklicht werden sollen. Da über längere Zeiträume Kosten nicht zuverlässig ermittelt werden könnten, wird auf die mittelfristige Finanzplanung verwiesen. Hier seien für die Verwirklichung des Programms "erhebliche" Mittel eingeplant. Nach dem neu esten Bayerischen Raumordnungsbericht34 sollen die Bayernprogramme I und II eine wichtige Grundlage des in Vorbereitung befindlichen Landesentwicklungsprogramms sein, das für die Mitte der laufenden Legislaturperiode angekündigt ist. Man rechnet 1973 mit diesem Programm. c) Hessen

Das Instrumentarium für die Planung in Hessen ist durch das Gesetz über die Feststellung des hessischen Landesraumordnungsprogramms und zur Änderung des hessischen Landesplanungsgesetzes vom 18. 3. 1970 34 Bayerische Staatsregierung, Raumordnungsbericht 1971, hrsg. vom Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, München 1971, S. 6 f.

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(GVBl. S. 2'65) neu geordnet worden. Die Aufgaben der Landesplanung werden durch das Landesraumordnungsprogramm, den Landesentwicklungsplan und die regionalen Raumordnungspläne erfüllt. Das vorhandene Instrument des "Großen Hessenplans" ist zum Landesentwicklungsplan35 umgestaltet worden. Er enthält überwiegend Investitionsfestlegungen für die Gebiete der fünf Regionen des Landes; nur vereinzelt gibt es örtliche Festlegungen. Der Planungszeitraum umfaßt 16 Jahre von 1970 bis 1985. Die Finanzmittel sind bis 1985 nach Sozialpolitik, Kulturpolitik, Wirtschaftspolitik und Verkehrspolitik festgelegt. Weiter werden die Mittel auf die fünf hessischen Planungsregionen nach Summen verteilt. Für den Bereich der Bildungsplanung, der Umweltplanung, der Veränderung von Regierung und Verwaltung sowie der Veränderung der Stellung Hessens als Gliedstaat der Bundesrepublik enthält der Landesentwicklungsplan Perspektiven und politische Absichtserklärungen, die teilweise sogar über 1985 hinausreichen. Im Rahmen des hessischen Planungssystems werden die im Landesentwicklungsplan HESSEN '80 festgelegten langfristigen Planungsabsichten der Landesregierung bis 1985 durch mittelfristige Durchführungsabschnitte konkretisiert. Der Erste Durchführungsabschnitt für die Jahre 1971 bis 1974, der im Juli 1971 36 vorgelegt wurde, enthält als "Regierungsprogramm in Zahlen" alle wesentlichen Investitionen und gesellschaftspolitischen Vorhaben, die die Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode direkt durchführen oder mitfinanzieren will. Besonders wichtig ist, daß der Landesentwicklungsplan und seine Durchführungsabschnitte die Qualität von "Zielen der Landesplanung und Raumordnung" im Sinne des Bundesbaugesetzes für die Gemeinden haben, denn bei diesen Plänen handelt es sich jetzt um "Landesplanung" nach dem Landesplanungsgesetz. Eine weitere Verfeinerung des Planungs- und Informationssystems in Hessen ist durch das Arbeitsprogramm der Hessischen Landesregierung für das Jahr 197237 erfolgt, das im Februar 1972 vorgelegt wurde. Es sind dort alle im Jahre 1972 in Aussicht genommenen Gesetzesvorhaben sowie die sonstigen bedeutsamen gesellschaftspolitischen und administrativen Maßnahmen der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben worden. Solche Jahresarbeitsprogramme haben selbstverständlich nicht die Verbindlichkeit als "Ziel der Landesplanung und Raumordnung" gegenüber den Ge35 Landesentwicklungsplan Hessen '80, herausgegeben vom Hessischen Ministerpräsidenten, Wiesbaden 1970. 36 Landesentwicklungsplan Hessen '80, Durchführungsabschnitt für die Jahre 1971 - 1974, herausgegeben vom Hessischen Ministerpräsidenten, Wiesbaden 1971. 37 Arbeitsprogramm der Hessischen Landesregierung für das Jahr 1972, herausgegeben vom Hessischen Ministerpräsidenten, Wiesbaden, Februar 1972.

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meinden, sie bringen die Landesregierung jedoch in einen stark politischen Zugzwang, so daß die ungefähre Erfüllung des Programms wahrscheinlich ist. d) Niedersachsen

Das niedersächsische Landesraumordnungsprogramm vom März 196938 enthält die Konzeption der Landesregierung für die zukünftige Entwicklung des Landes und für diejenigen Planungen, die aus großräumiger Sicht für bestimmte Landesteile von Bedeutung sind. Es ist inzwischen in Raumordnungsprogrammen für die Bezirke näher ausgeführt. Das Programm enthält keine zeitliche Begrenzung. Richtzahlen für die Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Bezirken werden für die Jahre 1990 und 2000 angegeben. Das Programm soll die Grundlage für die Koordinierung aller raumbedeutsamen Fachplanungen und Maßnahmen bilden. Es soll als Grundlage des Landesentwicklungsprogramms angesehen werden. Die räumlichen Festlegungen, insbesondere der zentralen Orte, der Schwerpunkträume und der Verkehrslinien, sind durch den Text des Programms im Zusammenhang mit der zeichnerischen Darstellung in drei Karten verhältnismäßig intensiv; allerdings enthält das Programm keine Aussagen über die Kosten der Durchführung oder über einzelne Etappenziele. Ziel des Programms ist ein Zustand, der irgendwann einmal, vielleicht Ende dieses Jahrhunderts, erreicht werden soll. Der vom niedersächsischen Kabinett im Juni 1969 beschlossene "Entwicklungsplan des Landes Niedersachsen für die Jahre 1970 bis 1979"39 ist offenbar nicht das als Instrument der Landesplanung vorgesehene "Landesentwicklungsprogramm". Bei diesem Zehn-Jahres-Plan handelt es sich um eine sehr eingehende Aufstellung aller wesentlichen öffentlichen Investitionen. Dabei wird nach Bedarfsschätzungen vorgegangen, die sich an der Durchschnittsausstattung im Bundesgebiet orientieren. Neben den notwendigen Landesmitteln werden auch die Mittel des Bundes, der Kommunen und Dritter veranschlagt. Es sind zwei Fünf-Jahres-Durchführungsabschnitte vorgesehen, wobei für den ersten Abschnitt die erforderlichen öffentlichen Investitionen für jedes Jahr aufgeschlüsselt sind, während der Investitionsbedarf für den zweiten Fünf-Jahres-Abschnitt in seiner voraussichtlichen Gesamtsumme dargestellt ist. Trotz der sehr sorgfältigen Ausarbeitung, vor allem des Tabellenteils darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Plan selbst nicht durchführbar ist. Mit dem Landesentwicklungsplan soll die Forderung auf Verbesserung der Infrastruktur in Niedersachsen durch Vergleiche mit anderen Ländern oder 3B Landesraumordnungsprogramm vom 18. 3. 1969, herausgegeben vom Niedersächsischen Minister des Innern, Hannover 1969. 39 Entwicklungsplan des Landes Niedersachsen für die Jahre 1970 bis 1979 (Landes-Entwicklungsplan Niedersachsen), Band I und II, herausgegeben vom Niedersächsischen Ministerpräsidenten, Hannover 1969.

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mit dem Bundesgebiet erhärtet werden. Die vorgesehenen Maßnahmen übersteigen aber bei weitem die finanzielle Leistungsfähigkeit des Landes. Für die Investitionsmaßnahmen im ersten Durchführungsabschnitt 1970 bis 1974 stehen nach der Finanzplanung Niedersachsens etwa 2,8 Milliarden DM zur Verfügung. Die Verwirklichung des Plans würde jedoch 8,6 Milliarden DM kosten, so daß sich ein Bedarfsüberhang von 5,8 Milliarden DM ergibt. Wie dieser ungedeckte Kostenanteil finanziert werden soll, bleibt offen. Die neue Landesregierung hat dann auch 1970 bereits angekündigt, daß einem Planungsstab in der Staatskanzlei vor allem die Aufgabe übertragen werden soll, "den Landesentwicklungsplan weiter zu entwickeln "40. In Niedersachsen wird beabsichtigt, ein Landesentwicklungsprogramm "Niedersachsen 1985" aufzustellen, das 1973 veröffentlicht werden soll. 1974 soll dann ein erster "Durchführungsabschnitt 1974 bis 1978" vorliegen. Um ein regionales Bezugssystem für "Niedersachsen 1985" zu haben, hat man zunächst das Land in 14 Entwicklungsräume eingeteilt. Es wird abzuwarten sein, ob dieses auch methodisch ehrgeizige Planungsprojekt Wirklichkeit wird. An den Landesentwicklungsplan aus dem Jahre 1969 fühlt man sich jedenfalls in Niedersachsen nicht gebunden, obwohl er nicht förmlich aufgehoben worden ist. e) Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen wird nach dem Landesplanungsgesetz die räumliche Gestaltung des Landesgebietes durch das Landesentwicklungsprogramm und die Landesentwicklungspläne beeinflußt. Das Programm und die Pläne sind jeweils nach 10 Jahren neu aufzustellen. Gegenwärtig sind das Landesentwicklungsprogramm41 sowie die Landesentwicklungspläne 142 und rr43 über zentrale Orte, Entwicklungsschwerpunkte und Entwicklungsachsen gültig. Das Programm und die Pläne enthalten keine finanziellen Festlegungen und keinen Zeitbezug; auch Durchführungsabschnitte sind nicht vorgesehen. Für die Bevölkerungsverteilung bis 1980 werden Zielsetzungen genannt, die bereits mehrfach geändert werden mußten. Im übrigen wird jeweils ein vorläufiger Endzustand angestrebt, der über den Zehnjahreszeitraum bis zur Neuaufstellung weit hinausgeht. Neben der raumbezogenen Planung gibt es jedoch einen ressortübergreifenden mittelfristigen Handlungsplan der Landesregierung: das 40 Pressestelle der Niedersächsischen Landesregierung (Hrsg.), Politik in Niedersachsen, Die Regierungserklärung von Ministerpräsident Alfred Kübel am 8. 7. 1970, Hannover 1970, S. 8. 41 Landesentwicklungsprogramm vom 7.8.1964 (MB!. NW S. 1205). 42 Landesentwicklungsplan I vom 28. 11. 1966 (MB!. NW S. 2263) in der Fassung vom 17. 12. 1970 (MB!. NW 1971 S. 200). 43 Landesentwicklungsplan II vom 3. 3. 1970 (MB!. NW S. 494).

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Nordrhein-Westfalen-Programm 197544 • Das Programm beruht nicht auf einer gesetzlichen Grundlage. Es enthält räumliche, zeitliche und finanzielle sowie (etwa bei den Lehrern) Ressourcen-Festlegungen. Es ist eine Fünf-Jahres-Aufgabenplanung für das gesamte Landesgebiet einschließlich der Finanzplanung, jedoch nur für etwa 30 Ofo des Haushaltsvolumens. Das NWP 75 ist in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten im Jahre 1970 ausdrücklich zur Arbeitsgrundlage der neuen Regierung erklärt worden45 • Ein Runderlaß ordnete eine behördeninterne Verbindlichkeit für die Landesverwaltung an46 • Da das Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 kein Ziel der Landesplanung und Raumordnung im Sinne des Bundesbaugesetzes ist, kann eine direkte Verbindlichkeit für die Bauleitplanung der Gemeinden nicht hergestellt werden. Das NWP 75 löst das Problem mit Hilfe des "goldenen Zügels". Nach den vorläufigen Richtlinien für die Aufstellung von Standortprogrammen vom Juni 1971 47 wird den Gemeinden empfohlen, Standortprogramme (das sind Entwicklungsprogramme und Finanzierungspläne mit mittel- und langfristigem Zielhorizont) aufzustellen, da sie sonst ab 1975 auf Förderung mit Landesmitteln in den Bereichen Städtebau, Wohnungsbau, Verkehrswegebau, Industrieansiedlung und Bildungseinrichtungen nicht mehr zu rechnen haben. Inzwischen wird das Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 viel weitgehender als ersichtlich sein mag verwirklicht. Es hat sich insbesondere als vorrangig gegenüber der Finanzplanung erwiesen. Abweichungen vom Nordrhein-Westfalen-Programm bedürfen eines ausdrücklichen Kabinettbeschlusses. Jahresdurchführungsprogramme (wie in Hessen) sind offenbar nicht vorgesehen. Sie würden deutlicher zeigen, wo man jeweils steht. Dem nordrhein-westfälischen Landtag liegt eine Novelle zum Landesplanungsgesetz48 vor. Wie bereits in Hessen, Bayern und SchleswigHolstein soll das Landesentwicklungsprogramm zukünftig als Gesetz mit materiellen Raumordnungsgrundsätzen verabschiedet werden. Die Landesentwicklungspläne sollen der Zustimmung des Landesplanungsaus44 Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, herausgegeben von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1970. 45 In der Regierungserklärung vom 28. 7. 1970 heißt es dazu: "Die Koalitionsparteien haben die Zielsetzungen des Nordrhein-Westfalen-Programms 1975 gebilligt. Es ist daher die erklärte Arbeitsgrundlage dieser neuen Landesregierung." 46 Runderlaß des Ministerpräsidenten vom 7.4.1971 über das NordrheinWestfalen-Programm 1975 (NWP 75) (MB!. NW. S. 807). 47 Runderlaß des Innenministers über vorläufige Richtlinien für die Aufstellung von Standortprogrammen (NWP 75, Nr. 5.23), vom 14.6.1971 (MB!. NW. S. 1202). 48 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesplanungsgesetzes, Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 7/1166 vom 19.10.1971.

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schusses des Landtages unterliegen. Die Landesplanung, obwohl in der Staatskanzlei ressortierend, bleibt nach dieser Novelle im wesentlichen raumbezogene Planung. Was "Entwicklungsplanung" genannt wird, bezieht sich vorrangig auf Flächennutzung und wird weiterhin keinen Finanz- und Zeitbezug haben. Bei dieser offenen Kampflage zwischen integrierter Entwicklungsplanung mittelfristiger Art und herkömmlicher Landesplanung ist es interessant, daß die Opposition im Februar 1972 einen eigenen Gesetzentwurf zur parlamentarischen Kontrolle der Regierungsplanung49 eingebracht hat. Der Gesetzentwurf schlägt eine Einbeziehung des Parlaments in das Planungsverfahren der Regierung durch Information über die Planziele, laufende Unterrichtung über die Planerarbeitung und eine Beteiligung an der Planaufstellung vor. Nicht uninteressant ist die Darstellung der Problematik: "In immer größerem Ausmaß werden mittelund langfristige Planungen der Regierung zur Grundlage von Verwaltungsvorschritten und Einzelentscheidungen der Verwaltung gemacht. Die Pläne treten faktisch weitgehend an die Stelle gesetzlicher Regelungen; sie sind in vielen Bereichen wesentliche Handlungsrichtlinie der Verwaltung. Das Parlament erhält meist erst Kenntnis von diesen Plänen, wenn sie veröffentlicht werden. An ihrer Aufstellung ist es nicht beteiligt. Das führt dazu, daß große Aufgabenbereiche der parlamentarischen Mitwirkung praktisch entzogen sind."

f) Rheinland-PfaLz Das Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz5o aus dem Jahre 1968 stellt eine außerordentlich detaillierte raumbezogene Planung dar. Es handelt sich um eine langfristige und großräumige Raumordnungskonzeption für das gesamte Landesgebiet, in der alle wesentlichen Planungen von überörtlicher Bedeutung, aber auch zahlreiche Fachplanungen zusammengefaßt sind. Dem Programm ist das umfangreichste Kartenwerk aller Landesentwicklungsprogramme und aller Landesentwicklungspläne in der Bundesrepublik beigegeben. Einer eingehenden Bestandsaufnahme und Analyse der räumlichen Struktur des Landes folgt ein Gutachten über die räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten. In einem Raumordnungsplan werden Planungsziele bis 1985 zusammengefaßt. Die Kosten für die Durchführung der geplanten Maßnahmen sind nicht angegeben. Die Finanzplanung soll sich auf die Konzeption des Landesentwicklungsprogramms "einstimmen". Wann und inwieweit die einzel49 Entwurf eines Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle der Regierungsplanung (Planungskontrollgesetz - PKG), Landtag Nordrhein-Westfalen, Drucksache 7/1518 vom 28.2.1972. 50 Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz, Band I und II, herausgegeben von der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Mainz 1968.

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nen Projekte der Infrastruktur und die sonstigen Investitionsmaßnahmen durchzuführen sind, soll bei der Aufstellung der Finanzplanung und der Haushaltspläne jeweils entschieden werden. Daß allerdings in Rheinland-Pfalz bereits ein Umdenken der Landesplanung eingesetzt hat, zeigt der letzte rheinland-pfälzische Raumordnungsbericht. Dort wird für die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms unter anderem angekündigt: "Die Finanzplanung zwingt alle Planungsträger zu mehrjährigen Vorausüberlegungen, so daß Prioritäten besser und vollständiger als bisher bestimmt werden können. In Ausnutzung dieser Möglichkeiten soll das Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz, das ohnehin bereits stärker detaillierte Angaben als die Raumordnungspläne anderer Länder enthält, zu einer modernen Planungskonzeption gemacht werden. Es soll nicht nur die langfristigen Ziele möglichst genau anführen, sondern eingehende Prioritäten setzen und dazu in Abstimmung mit der Finanzplanung Angaben über die mittelfristig durchzuführenden Maßnahmen enthalten. Diese Planung wäre langfristig auf die zweite Hälfte der 80er Jahre, mittelfristig auf die zweite Hälfte der 70er Jahre ausgerichtet. Damit würde eine stärkere Verzahnung von Raumordnungspolitik und Investitionspolitik erreicht51 •" g) Saarland

Nach dem Landesplanungsgesetz des Saarlandes wird die raumbezogene Planung durch das Raumordnungsprogramm und den Raumordnungsplan dargestellt. Das Raumordnungsprogramm ist bereits aufgestellt52 • Es enthält die Leitsätze für die räumliche Entwicklung des Landes. Das Raumordnungsprogramm hat zwar keine bestimmte Geltungsdauer, die zugrunde liegenden Schätzungen und die daraus gezogenen Folgerungen erstrecken sich jedoch in der Regel über einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten. Finanzielle Festlegungen enthält das Programm ebenso wenig wie Bestimmungen der Durchführungsabschnitte. Bei der angestrebten Industrieansiedlung und Wohnsiedlungsentwicklung sind jedoch Prioritäten für einzelne Gemeinden oder Gemeindegruppen aufgestellt, 51 Raumordnungsbericht 1971 der Landesregierung Rheinland-Pfalz, herausgegeben von der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz - Oberste Landesplanungsbehörde -, Mainz 1972, S. 114 f.; vgl. auch Günter Brenken, Raumordnung und andere überfachliche Planung, Raumforschung und Raumordnung 1971, S. 249 ff. 52 Raumordnungsprogramm des Saarlandes, Allgemeiner Teil vom 10. 10. 1967, abgedruckt in "Raumordnung im Saarland", Zweiter Raumordnungsbericht 1970, Landesplanungsbehörde, Ministerium des Innern, Saarbrücken 1970, S. 55 ff.; Raumordnungsprogramm des Saarlandes, Besonderer Teil vom 28.4.1970, abgedruckt in "Raumordnung im Saarland", Zweiter Raumordnungsbericht 1970, Landesplanungsbehörde, Ministerium des Innern, Saarbrücken 1970, S. 61 ff.

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die in ähnlicher Bestimmtheit in anderen Landesraumordnungsprogrammenfehlen. Das Strukturprogramm Saar53 aus dem Jahre 1969 ist eigentlich ein Gutachten, das mehrere Strategien für eine saarländische Wirtschaftspolitik vorsieht. Es geht um die Vollbeschäftigung der Arbeitskräfte und um die Beseitigung des Rückstandes im Sozialprodukt je Erwerbstätigen. Zu einem Regierungsprogramm wird dieses Gutachten dadurch, daß die Regierung in einer mitabgedruckten "Stellungnahme" sich für eine bestimmte Strategie, nämlich für die Erhaltung des Montanbereiches als Basis der Saarwirtschaft und für den Bau des Saar-Pfalz-Kanals entscheidet. Das Ganze ist natürlich kein Handlungsprogramm mit Durchführungsabschnitten und festgelegten Maßnahmekosten. Immerhin ist dies auch eine Form der überredenden, ressortübergreifenden Planung von hoher Komplexität. Nur den Bund hat man bisher zum Bau eines Saar-Pfalz-Kanals nicht "überreden" können. Man arbeitet in Saarbrücken aber bereits an einem neuen Strukturprogramm.

h) Schleswig-Holstein Für Schleswig-Holstein ist im Jahre 19'69 ein Raumordnungsplan54 aufgestellt worden. Er enthält die "Ziele der Landesplanung" für die Gemeinden. Der Landesraumordnungsplan ist als Leitlinie auch bei der Durchführung der Gebiets- und Verwaltungsreform einschließlich der Änderungen der Gerichtsorganisation beachtet worden. Er ist auf einen Zeitraum bis 1985 ausgerichtet und soll in Zeitabschnitten von etwa fünf Jahren überprüft und erforderlichenfalls neuen Entwicklungen angepaßt werden. Der Plan enthält keine finanziellen Festlegungen und ist nicht in zeitlich abgegrenzte Durchführungsabschnitte gegliedert. 3. Stadtstaaten

Für die Stadtstaaten gilt das Bundesbaugesetz; das heißt, sie haben sich bis vor wenigen Jahren mit der Bauleitplanung begnügt. Regierungsprogramme und Regierungspläne sind bei den Städten mit Stadtentwick53 Strukturprogramm Saar, Möglichkeiten einer aktiven Sanierung der Saarwirtschaft, Ansatzpunkte, Maßnahmen, Kosten, vorgelegt von der Planungsgruppe beim Ministerpräsidenten des Saarlandes, Saarbrücken 1969, 54 Raumordnungsplan für das Land Schleswig-Holstein, Bekanntmachung des Ministerpräsidenten - Landesplanungsbehörde - vom 16, 5. 1969 (Amtsblatt für Schieswig-Hoistein S. 315). Nach § 22 Abs. 3 des Landesplanungsgesetzes vom 13.4.1971 (GVBl. Schl.-H. S. 152) gilt der Landesraumordnungsplan fort. Daneben ist das Gesetz über Grundsätze zur Entwicklung der Landes vom 13.4. 1971 (GVBl. Schl.-H. S. 157) zu beachten.

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lungsplänen 55 zu vergleichen. Solche Pläne und Programme der Stadtstaaten sollen nur mit wenigen Sätzen charakterisiert werden. In Berlin hat man sich viel Mühe mit einem, so scheint es, ungemein komplizierten Planungsverfahren56 gemacht. Etwas, das man als Stadtentwicklungsprogramm vorweisen könnte, ist noch nicht herausgekommen. Bei so hohem organisatorischen und methodischen Einstieg ist das auch kein Wunder. Bremen hat kurz vor der letzten Wahl den Entwurf eines Stadtentwicklungsprogramms 57 der Öffentlichkeit als Diskussionsgrundlage vorgelegt. Das Programm ist übersichtlich gestaltet. Der städtebauliche, räumliche Aspekt herrscht vor. Bei den Finanzen verweist man auf die Finanzplanung und auf "eine noch zu entwickelnde Vorausschau auf den zukünftigen Investitionsbedarf der einzelnen Bereiche". Wie soll man dann über ein Programm öffentlich diskutieren? Hamburg hat in seinem "Entwicklungsmodell für Hamburg und sein Umland"58 ein großartiges Städtebau- und Verkehrskonzept bis zum Jahr 2000 mit wenig Aussagen über den Sozialbereich. Ob das Ganze verwirklichungsfähig ist, soll sich erst bei dem im Aufbau befindlichen Hamburger Planungssystem in einer Fünfzehn-Jahres-Investitionsplanung zusammen mit dem neuen Flächennutzungsplan herausstellen.

IV. Systematisierung und Mängel Im Rahmen des letzten Überlegungsbereichs gilt es, kritisch auf die Einzelheiten der Übersicht zurückzuschauen. Man kann aus diesem Rückblick wohl folgende Ergebnisse ableiten: 55 Vgl. dazu Erhard Mäding, Organisationsprobleme der Stadtentwicklungsplanung, in: Rudolf Wurzer (Hrsg.), Raumplanungsseminar 1969, S. 29 ff.; Frido Wagen er, Zur Praxis der Aufstellung von Entwicklungsplanungen, Archiv für Kommunalwissenschaften 1970, S. 47 ff.; Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Verfahren der Stadtentwicklungsplanung, Köln 1969, Koordination der Planungen, Materialien zur Stadtentwicklungsplanung, Köln 1971. 56 Bericht über längerfristige Planungen des Senats der Stadt Berlin und über moderne Planung der Stadtentwicklung, Mitteilungen des Präsidenten des Abgeordnetenhauses 1970, Nr. 55, S. 15 ff.; vgl. auch Horst Grysczyk, Verwaltung in der Reform - über den Stand einiger Reformen in der Berliner Verwaltung, Recht und Politik 1971, S. 133 ff. (136 f.). 57 Entwurf des Stadtentwicklungsprogramms Bremen, herausgegeben vom Senator für das Bauwesen, Bremen, Juni 1971. 58 Das Entwicklungsmodell für Hamburg und sein Umland, herausgegeben vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg vom 18.7.1969; Harald Schulz, Integration von flächenbezogener und finanzieller Planung, Recht und Politik 1970, S. 159 ff.

3 Speyer 51

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Beim Bund sind ressortübergreifende Regierungsprogramme oder Regierungspläne mit einer angemessenen Geltungsintensität noch dünn gesät.

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Es gibt Länder, die sich im wesentlichen mit der raumbezogenen landesplanerischen Planung und der unverbunden danebenstehenden Finanzplanung begnügen.

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Es gibt Länder, bei denen zur Landesplanung und Finanzplanung eine ressortübergreifende Entwicklungsplanung mit Raum-, Finanz- und Ressourcenbezug hinzugetreten ist, wobei zwischen diesen verschiedenen Planungsarten jedoch noch ein unentschiedenes Kampfverhältnis besteht.

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Es gibt weiter Länder, bei denen der Entwicklungsplanung durch das Landesplanungsgesetz bereits der oberste Rang zuerkannt ist, wodurch ihre Geltung gegenüber der kommunalen Planung sichergestellt ist.

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Schließlich gibt es Länder, die tun so, als ob sie ressortübergreifende komplexe Planung betrieben; tatsächlich bleibt es aber bei "bunten Büchern".

Generell ist das zur Zeit unübersichtliche Gebiet zwischen Landesplanung, Finanzplanung und Regierungsprogrammen und Regierungsplänen von zahlreichen Mängeln getrübt. Eine "Mängelrevue" in zehn Punkten ergibt: 1. Zu wenig Systematik Für den Außenstehenden und sogar für den Fachmann sind die heute für Bund, Länder und Gemeinden angebotenen Planungsinstrumente kaum in eine prägnante Systematik zu bringen. 2. Zu wenig Maßnahmenbezüge überwiegend werden bei den heutigen Planungen keine Maßnahmen genannt, die dazu geeignet sind, die verkündeten Ziele zu erreichen oder ihnen näher zu kommen. Die Planung der Durchführung erscheint insgesamt unterbewertet. 3. Zu wenig Zeitbezüge

Die meisten Planungsinstrumente leiden am mangelnden Zeitbezug. Es gibt zu viele Ende-offen-Planungen. Ohne Zeitbezug können keine Etappenziele für Zwischenprogramme angegeben werden. Man kann auch keine Prioritäten in Teilabschnitten festlegen. Damit muß auf die Feststellung des Planfortschritts verzichtet werden. 4. Zu wenig Finanzbezüge

Die Finanzplaner sind nicht in der Lage, die Kosten der Herstellung des Zustandes, der von den Raumordnern angestrebt wird, auch nur annähernd zu schätzen oder sonst zu berücksichtigen. Brecht sagt im

Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern

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"Leben des Galilei": "Unglück stammt von mangelhaften Berechnungen." Ganz ohne Berechnungen gibt es noch mehr Planungsunglück.

5. Zu wenig Komplexitätsbeachtung Bei der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung hängt alles von allem anderen ab. Das ökologische und wirtschaftliche System ist von einer unvorstellbaren Komplexität und Unübersichtlichkeit. Diese Vermaschung jeder Planungsentscheidung mit unzähligen, oft ungewollten Nebenwirkungen wird zu wenig beachtet. 6. Zu wenig Wissenschaftsskepsis Man berauscht sich zu sehr an möglichst schwierigen wissenschaftlichen Planungsmethoden. Ohne endloses Analysen- und Methodenpalaver geht es nicht ab. Die Planung der Planung scheint wichtiger zu sein als der Inhalt der Planung. Die realen Möglichkeiten der Wissenschaft zur Beratung der Regierungsplanung werden wesentlich überschätzt. 7. Zu wenig Operationalität Es dürfte wohl außer den Raumordnungsplänen keine Literatur in Deutschland geben, die so häufig Adjektive wie gesund, zweckmäßig, sinnvoll, vernünftig, zumutbar, günstig usw. benutzt. Wenn eines dieser Worte benutzt wird, sind Planungsziele nicht operational formuliert. Man weiß nicht, wohin der Weg in welchem Tempo führen soll. 8. Zu wenig Alternativplanungen Viel zu selten werden von den Planern Planungsalternativen ausgearbeitet, die im Hinblick auf Kosten und Nutzen miteinander verglichen werden. Der Bundestag und die Landtage haben - wenn sie überhaupt eingeschaltet werden - bei der heutigen Art der Planungsentwürfe nahezu keine Möglichkeiten, Planungsentscheidungen mit sich zu tragen. 9. Zu wenig Querkoordinierung Die Raumordner, Finanzplaner, Verkehrsplaner, Bildungsplaner, Umweltschützer und Wirtschaftsstrukturverbesserer auf Bundesund Länderebene koordinieren ihre Ziele in vertikaler Richtung schlecht und recht. Dies funktioniert immer noch besser als die Querkoordination zwischen den Bundesressorts und zwischen dem Bund und allen Ländern zusammen. Die Abstimmung der Gesamtentwicklungspläne der Länder, soweit solche Pläne überhaupt vorhanden sind, gibt es als Form des kooperativen Föderalismus zwischen den Ländern noch nicht.

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Frido Wagener

10. Zu wenig Erfahrungsverwertung

Warum lernen der Bund und die Länder untereinander auf dem Gebiet der Regierungspläne und -programme so wenig? Warum strebt jeder nach einem anderen möglichst einmaligen und methodisch komplizierten System? Das muß wohl daran liegen, daß die Verachtung der Erfahrung heute "in" ist. Die Erfahrungsverächter fühlen sich "high". Aber es gilt noch immer der Satz: Kluge Menschen lernen aus den Erfahrungen anderer, dumme aus den eigenen; manche schaffen auch das nicht.

Regierun:!sprogramme und Regierungspläne im demokratischen und sozialen Rechtsstaat Von Roman Herzog I. Grundsätzliche Vberlegungen 1. Planung im eingreifenden, leistenden und gestaltenden Staat

Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Überlegungen zu dem mir gestellten Thema setzen einen halbwegs vollständigen Überblick über die Methoden voraus, die der moderne Staat zur Bewältigung seiner heutigen Aufgaben einsetzt. Dieser überblick ist notwendig, weil Planung, wie und auf welcher Abstraktionshöhe man sie auch immer betrachten will, auf konkrete Maßnahmen abzielt und weil sie - bei aller Anerkennung der Luhmannschen Definition, die in ihr das Vorherdenken künftiger Entscheidungen erblickt - ihre letzte Wirkung doch nicht in diesen Entscheidungen, sondern in dem äußert, was der Jurist Realakte nennt. Die bei der Erörterung von Planungsproblemen zumeist gestellte Frage nach den Aufgaben, die mit den Mitteln der Planung bewältigt, und nach den Zielen, die durch sie erreicht oder zumindest angestrebt werden sollen, muß fundamental durch die weitere Frage ergänzt werden, welche konkreten Maßnahmen zur Erfüllung dieser Aufgaben und zur Erreichung dieser Ziele eingesetzt werden sollen - kurz: was verplant wird. Deshalb ist es notwendig, an den Anfang des vorliegenden Referates eine kurze Besinnung auf die Methoden heutigen staatlichen HandeIns und Gestaltens zu verwenden, und im späteren Verlauf unserer Überlegungen wird sich auch zeigen, daß ohne eine solche Besinnung die Behandlung der Einzelfragen der Einordnung von Planung in unser parlamentarisches Regierungssystem überhaupt nicht möglich ist. Es ist eine Selbstverständlichkeit, wenn ich an den Anfang dieses Überblicks den Hinweis stelle, daß sich der moderne Staat in den letzten Jahrzehnten vom Eingriffsstaat, d. h. vom Staat der Eingriffsverwaltung und der sie programmierenden Eingriffsgesetzgebung, zu einem leistenden und gestaltenden Staate fortentwickelt hat. Trotzdem ist es zweckmäßig, von dieser einfachen Feststellung auszugehen und durch nähere Betrachtung dieser Begriffe die Grundlagen für spätere Antworten zu gewinnen.

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a) Ausgangspunkt dieses Bemühens muß aus naheliegenden Gründen die staatliche Eingriffstätigkeit sein, so wie sie die Vorstellungswelt der liberalen Staats- und Gesellschaftstheorie bis weit in unser Jahrhundert hinein beherrscht hat. Aufgabe des Staates war es danach, die bürgerliche Gesellschaft gegen Störenfriede von innen und außen zu verteidigen, und dazu hatte der Staat in Gestalt seiner Polizeiverwaltung, aber natürlich auch in Gestalt der Abgabenverwaltung, das Recht zu Eingriffen in die Privatsphäre des einzelnen. Es bedarf hier wohl keines besonderen Hinweises darauf, daß diese primitive, fast möchte man sagen atavistische Vorstellung von staatlicher Eingriffstätigkeit auch heute noch einen gehörigen Teil der staatlichen Tätigkeit zu erklären vermag. Aber wir kennen heute doch schon im Bereich der staatlichen Eingriffstätigkeit Beispiele, die weit über diesen simplen Fall hinausführen. Lassen Sie mich das am Beispiel der jüngst eingeführten Bardepotpflicht erläutern. Selbstverständlich kann nicht bezweifelt werden, daß die Eingriffswirkung, die von der Durchsetzung dieser gesetzlichen Pflicht ausgeht, zunächst einmal darin besteht, daß der von ihr betroffene Einzelne eben verpflichtet ist, Teile der von ihm aufgenommenen Kredite zinslos bei der Bundesbank zu hinterlegen, statt sie "arbeiten" zu lassen. Wer sich aber darauf beschränken wollte, das Problem der Bardepotpflicht ausschließlich unter diesem Gesichtspunkt zu sehen, der würde den Kernpunkt des Rechtsinstituts außer Betracht lassen. Denn dieser Kernpunkt besteht ja keineswegs darin, die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht durchzusetzen und dem einzelnen Unternehmer daher weniger Spielraum zum Einsatz von Kapital zu geben, sondern er besteht in dem wirtschaftslenkenden Effekt, der aufs Ganze gesehen, als Maßnahme wirtschaftlicher Globalsteuerung, erzielt werden soll. Es geht also nicht nur um einen Eingriff des Staates in die Dispositionsfreiheit des einzelnen Unternehmers, sondern zugleich um einen globalen Eingriff in gesellschaftliche, hier wirtschaftliche Abläufe. Von hier aus betrachtet wird nicht nur deutlich, daß auch das oben erwähnte Beispiel der staatlichen Abgabenerhebung, ja selbst das der staatlichen Ordnungssicherung erheblich über den Eingriff in den Rechtsbereich des Einzelnen hinausweist, sondern es wird zugleich deutlich, daß es Formen systemverändernden staatlichen Eingreifens gibt, bei denen die "Sekundärfolgen" gesellschaftlicher Art selbst wieder als staatlicher Eingriff verstanden werden können. Art. 15 GG ist nur das vordergründigste Beispiel für Eingriffe dieser Art. Das gigantische Werk des Lastenausgleichs, das man heute allzu leicht in das verfassungsrechtliche Abnormitätenkabinett verweist, war ein systemveränderndes Werk dieser Art von ungleich sublimerem und doch wirksamerem Charakter. b) Daß der moderne Staat daneben ein Leistungsstaat ist, bedarf keines Beweises. Freilich muß hier angefügt werden, daß sich hinter die-

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sem allzu simplen Begriff ein ganzes Bündel von Maßnahmekategorien und Wirkungsweisen verbirgt, das wir im folgenden etwas aufschnüren müssen. Hinter dem Begriff des Leistungsstaates steht zunächst die Vorstellung, daß der Staat auch dazu da ist, die Unterprivilegierten unserer Gesellschaft, d. h. jene Personengruppen, die in dem nur bedingt freien Spiel der geselh:chaftlichen Kräfte zu kurz kommen, jedenfalls hinsichtlich ihrer vitalen Lebensbedürfnisse zu unterstützen. Unzulänglichkeiten, die das Selbstregulierungsmodell Gesellschaft hervorbringt, werden hier durch direkte Leistungen versuchsweise ausgeglichen. Zu erwähnen sind hier Erscheinungen wie die Sozialhilfe, die Arbeitslosenunterstützung, das Mietgeld, aber auch differenziertere Hilfen wie Umschulung und dergleichen. Staatliche Leistungstätigkeit gibt es aber auch mit ganz anderen Zielsetzungen. Zu erwähnen sind hier vor allem jene Formen von staatlicher Leistungstätigkeit, mit denen wirtschafts- und gesellschaftssteuernde Effekte angepeilt werden. Es ist hier u. a. daran zu erinnern, daß Subventionen im allgemeinen nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben werden und daß diese Voraussetzungen in Gesetzen und Vergaberichtlinien grundsätzlich so formuliert sind, daß bestimmte. politisch erwünschte Effekte erzielt werden. Das gilt für die Investitionszulagen, es gilt vor allem aber auch für die Steuerprivilegien, bei denen mit dem unmittelbaren Effekt einer staatlichen Zahlung bzw. der Verminderung einer gesetzlichen Zahlungspfiicht ähnliche "Sekundäreffekte" eingreifenden Charakters verbunden sind wie bei der oben genannten Bardepotpfiicht mit dem direkten Eingriffseffekt. Daß es auch hier systemverändernde Leistungstätigkeit geben kann, mögen die Beispiele des Lastenausgleichs und der Vermögenspolitik beweisen. c) Endlich ist hier daran zu erinnern, daß staatliche Gestaltungsimpulse nicht nur von Formen des Eingriffs und der Leistung ausgehen, sondern auch von eigenen wirtschaftlichen und organisatorischen Maßnahmen des Staatsapparates. Es gibt, um nur diese wenigen Beispiele zu nennen, auch eine eigene Investitionstätigkeit, eine eigene Baupolitik, eine eigene Infrastrukturpolitik des Staates, bei der er sich häufig nicht der mehr oder minder erzwungenen oder erkauften Loyalität seiner Bürger, sondern ausschließlich seiner eigenen organisatorischen Kapazitäten bedient. 2. Planung und Sozialstaatlichkeit

Aufgabe der vorstehenden Darlegungen war es nicht, lediglich einen - überdies erheblich verkürzten - Überblick über die Entwicklung staatlichen Handeins und staatlichen Funktionierens in unserer Gene-

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ration zu geben. Vielmehr sollte eine Diskussionsgrundlage geschaffen werden, auf Grund deren man sich erstmals darüber verständigen kann, warum Planung notwendig ist und worauf sie sich in ihrer Substanz eigentlich bezieht. Notwendig ist Planung vor allem aus zwei Gründen. Der eine ist in der vorstehenden Arbeit von Frido Wagener besonders deutlich herausgestellt worden. Er besteht in der zunehmend erkennbar werdenden Interdependenz alles staatlichen, ja schlechthin alles menschlichen Handeins. Man kann heute auf dem Gebiete A nicht mehr handeln, ohne damit rechnen zu müssen, damit zugleich auf dem Gebiete B positive oder auch negative Folgen zu verursachen. Gleichgültig ist dabei, ob es sich um Interdependenzen handelt, die sich aus dem zunehmenden Komplizierterwerden unserer gesellschaftlichen Verhältnisse erst in den letzten Jahrzehnten neu ergeben haben, oder aber um Interdependenzen, die stets bestanden haben, die infolge der Erkenntnisfortschritte der Sozialwissem:chaften aber erst in letzter Zeit ins Blickfeld des Menschen geraten sind. Was immer der Grund für sie sein mag, führen sie doch jedenfalls und mit Sicherheit zu dem, was heute in der Sprache der Planer als Zielkonflikte bezeichnet wird, und solche Zielkonfiikte können am besten im Verfahren der Planung deutlich gemacht und ausgeglichen werden. Der zweite Grund, der heute eine umfassende staatliche Planung erzwingt, ist die gerade bei dem ständig wachsenden Aufgabenkreis immer deutlicher werdende Knappheit der Ressourcen, wobei von vornherein nicht nur an die Fragen der staatlichen Finanzwirtschaft zu denken ist - die Ressource Personal und damit zusammenhängend die Ressource menschliche Intelligenz wird uns, wenn ich recht sehe, in der nächsten Generation noch ungleich mehr zu schaffen machen. Man muß sehen, daß der übergang vom eingreifenden zum leistenden Staat diese Knappheit der Ressourcen in eine entscheidend neue Phase gestellt hat. Der eingreifende Staat stellt seine Kräfte für einigermaßen vorhersehbare Probleme zur Verfügung und die Lösung dieser Probleme ist gewissermaßen dann am besten geglückt, wenn diese Kräfte überhaupt nicht eingesetzt werden müssen. Die Bundeswehr erfüllt ihren Zweck dann am besten, wenn es gar nicht zum Verteidigungsfall kommt, die Polizei ist dann am besten verwendet, wenn sie überhaupt nicht ausrücken muß, und so verhält es sich im Bereich der klassischen Eingriffsverwaltung eigentlich allenthalben. In dem Augenblick jedoch, wo geleistet und. wo auf dem Umwege über Leistungen gestaltet. werden muß, liegen die Dinge grundsätzlich anders. Hier muß der Staat - in einem tatsächlichen oder doch in einem übertragenen Sinne - "zur Kasse treten". Hier wird deutlich, daß nichts getan werden kann, wenn die Mittel 9.afür nic;:ht unmittelbar vorhanden sind - eine Tatsache, die natürlich

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auch für die Eingriffsverwaltung gilt, die dort aber im Normalfall niemals so deutlich geworden ist. Planung besteht nun u. a. gerade darin, daß für einen mittleren Zeitbereich unterschiedliche Ziele, vor allen Dingen aber unterschiedliche Maßnahmenbündel koordiniert werden - und dabei handelt es sich um Maßnahmen aus sämtlichen Bereichen, die im Vorstehenden dargestellt worden sind. Das hat, wie schon angedeutet worden ist, vor allem verfassungsrechtliche, aber auch verfassungspolitische Konsequenzen. Das Verfassungsrecht hat sich bei dem Versuch, die völlig neuen Probleme der Planung in den Griff zu bekommen, lange Zeit in der Situation eines Boxers befunden, der einem unbekannten Gegner gegenübersteht und nun zunächst, um ihn kennen zu lernen, einige Runden um ihn herumtänzelt. Wenn es erlaubt ist, auch hier zunächst nach dieser "Methode" vorzugehen, so liegt es nahe, sich den Problemen der Planung vom Begriff der Sozialstaatlichkeit aus zu nähern. Planung und Sozialstaatlichkeit werden, zumindest im verfassungsrechtJichen Schrifttum, häufig zueinander in Beziehung gesetzt, wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb, weil der Begriff des Sozialstaats immerhin vom Grundgesetz verwendet wird und weil man sich, hat man den Begriff der Planung mit ihm verknüpft, einem Augenblick der Hoffnung hingeben kann, als sei von hier auch die verfassungsrechtliche Problematik des Phänomens Planung in den Griff zu bekommen. An dieser Vorstellung ist richtig, daß Planung und Sozialstaatlichkeit in gewissem Sinne zusammenhängen. Richtig ist aber auch, daß es sich dabei um einen vergleichsweise losen Zusammenhang handelt. Planung gab und gibt es auch in den Bereichen des reinen Eingriffs-, Sicherheitsund Ordnungsstaates. Man braucht nur die Fluchtlinienpläne in Betracht zu ziehen, von denen gestern schon die Rede war, um das zu erkennen oder - ein noch viel schlagenderes Beispiel - die Strategie, d. h. die militärische Planung. Es wäre also falsch anzunehmen, daß es Planung nur im Bereich dessen gibt, was der verfassungsrechtliche Begriff des Sozialstaats abdeckt. Andererseits läuft das verfassungsrechtliche Sozialstaatsprinzip, das in Art. 20 und in 28 des Grundgesetzes niedergelegt ist, unzweifelhaft darauf hinaus, daß der Staat des Grundgesetzes die Gesellschaft und insbesondere ihre ökonomischen Bedingungen nicht so hinnimmt und auch nicht so hinzunehmen braucht, wie sie sind, ja auch nicht so hinnimmt und hinzunehmen braucht, wie sie sich aus sich heraus und ohne staatliche Steuerung fortentwickeln würden. Wenn Sozialstaatlichkeit - zumindest auch - dies bedeutet, dann ist der Staat berechtigt, wenn nicht verpflichtet, gesellschaftlichen Gegebenheiten und gesellschaftlichen Entwicklungen gegenzusteuern, was immer man sich darunter vorstellen will. Da dies aber wieder nicht ohne Planung möglich ist, folgt daraus in der Tat, daß

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der Planungsgedanke dem Sozialstaat näher liegt als einem Staat, der nicht Sozialstaat ist. Diese und die letzte Generation haben in den letzten zwanzig Jahren, ja sogar in den letzten sechzig Jahren zwar auch den Sozialstaat als einen Staat des Krisenmanagements erlebt. Rechtlicher Ausfluß dieser Einstellung zur gesellschaftlichen Entwicklung und zur Steuerung der Gesellschaft durch den Staat war das Maßnahmegesetz: Man sah sich einem bestimmten, meist wirtschaftlichen Problem konfrontiert, reagierte auf dieses Problem mit einem speziellen Gesetz. mußte dann erkennen, daß mit diesem Gesetz das Problem nur zum Teil gelöst werden konnte und daß es möglicherweise neue, unvorhergesehene Probleme erzeugte - und machte wieder ein neues Gesetz. Diesen Charakter des Krisenmanagements wird die staatliche PoJitik wohl noch auf lange Zeit besitzen. Sie erhebt aber unter dem Stichwort "Planung" heute zumindest der Tendenz nach den Anspruch, über diese Politik der sich ständig wiederholenden und vertiefenden Engpässe hinauszuführen, Krisen nicht mehr nur zu bewältigen, sondern vorher zu erkennen und abzufangen. Darin besteht die besondere. in der Tat nicht zu bestreitende Affinität zwischen Sozialstaatlichkeit und staatlicher Planung. Für den VerfassungsrechtIer ergibt sich daraus eine zwiespältige Situation. Das Phänomen Planung hängt mit dem im Grundgesetz verankerten Sozialstaatsprinzip zusammen, aber doch nicht in dem Sinne, als ob es einen Sozialstaat ohne Planung aus verfassungsrechtlichen Gründen gar nicht geben könnte, sondern sie ist gewissermaßen nur ,.stilh·chweigend mitgeschrieben" als ein Mittel, das zur Verfolgung und Durchsetzung des Sozialstaatsprinzips höchstwahrscheinlich benötigt wird. Die verfassungsrechtliche Situation ist hier ähnlich wie im Verhältnis des Art. 21 GG zu den meisten anderen Verfassungsartikeln. Natürlich kann man sich eine Demokratie auch ohne politische Parteien vorstellen, natürlich kann man sich eine Parteiendemokratie ohne Fraktionen und - um nur dieses Beispiel herauszugreifen - ohne Fraktionsdisziplin vorstellen. Aber nachdem nun einmal die politischen Parteien in Art. 21 GG ausdrücklich verankert sind, hat man sich der Tatsache zu stellen, daß Fraktionen und Fraktionsdisziplin doch immerhin höchst wahrscheinliche Folgen der Existenz politischer Parteien sind, und man kommt infolgedessen nicht darum herum, sie als von Art. 21 GG mitgeschrieben und mitgebilligt zu betrachten. Ähnlich ist, wenn ich die Dinge recht sehe, das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen der Sozialstaatsdeklaration und den großen gesellschaftsgestaltenden Planungen, von denen gestern im Referat von Frido Wagener die Rede war.

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Die Schwierigkeit, vor der der Verfassungsinterpret damit steht, ist aus anderen Zusammenhängen wohl bekannt. Begriffe wie Sozialstaat, Rechtsstaat, Demokratie und Menschenwürde sind Begriffe von höchster Abstraktion, die, wenn sie für die politische Wirklichkeit etwas bedeuten sollen, einer weitgehenden Ausfüllung bedürfen. Dabei besteht dann aber die Gefahr, daß jeder einzelne und jede politische Richtung sie mit anderem Inhalt aufzufüllen versucht. Wir haben das in den fünfziger Jahren mit dem Begriff der Menschenwürde erlebt, wir erleben es heute am Begriff der Demokratie und es besteht kein Anlaß zu der Hoffnung, daß die Erfahrungen mit dem Begriff des Sozialstaates anders aussehen werden. Dabei wird der Begriff der Menschenwürde in unserer geltenden Verfassung noch durch die Grundrechte und der Begriff der Demokratie durch die staatsorganisatorischen Vorschriften des Grundgesetzes soweit wie irgendmöglich konkretisiert. Dem Sozialstaatsprinzip dagegen fehlt es schon im Verfassungstext ersichtlich an solchen konkretisierenden Detailartikeln; denn die wenigen, zumeist kompetenz rechtlichen Vorschriften, die sich in diesem Zusammenhang anführen lassen, haben ja bei weitem nicht das Gewicht, das etwa die Art. 2 ff. GG einerseits und die Art. 38 ff., 50 ff., 54 ff., 62 ff. GG für sich in Anspruch nehmen können. Die Dinge werden überraschenderweise auch dann nicht besser, wenn man die Stellen des Verfassungstextes aufsucht, an denen von Planung die Rede ist, und von ihnen Handreichungen zur Konkretisierung des Sozialstaatsprinzips erwartet. Der Begriff der Planung und die Sache, mit der er sich verbindet, finden sich nur in wenigen Verfassungsartikeln, zunächst natürlich in Art. 110 GG (Haushaltsplanung), so dann in dem etwas moderneren Art. 109 GG n. F. (Mehrjährige Finanzplanung), in Art. 91 b GG (Bildungsplanung) und schließlich - der Merkwürdigkeit halber sei es hier erwähnt - in Art. 53 a GG, wo die Bundesregierung verpflichtet wird, den Gemeinsamen Ausschuß über ihre Planungen für den Verteidigungsfall auf dem laufenden zu halten. Damit ist die Reihe der einschlägigen Artikel aber bereits zu Ende, wenn man nicht daran erinnern will, daß selbstverständlich auch Art. 91 a GG das Planungsproblem der Sache nach zum Gegenstand hat. Alle soeben genannten Vorschriften, vor allem der noch am weitesten durchgeformte Art. 110 GG, stehen in gewissem Sinne in den Randzonen moderner politischer Planung und treffen die Probleme, die sich erst mit dieser verknüpfen, entweder dem Gegenstand oder den von ihnen geregelten Aspekten nach kaum. Sie sind überdies - mit Ausnahme des Art. 110 GG - dem Grundgesetz lange Jahre nach seinem Inkrafttreten hinzugefügt worden. So fällt es schwer, aus ihnen Grund-

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gedanken oder Grundprinzipien zu entwickeln, von denen aus man die Kernvorschriften des Grundgesetzes, insbesondere die hier besonders interessierenden Artikel über Regierung und Parlament, neu überprüfen und nicht zuletzt neu auslegen könnte. Die Schwierigkeiten sind hier kaum anders gelagert als bei dem schon einmal erwähnten Art. 21 GG. Wenn wir ehrlich sind, so haben wir bis heute keine überzeugende Antwort auf die Frage, wie die Präsidentenartikel, die Parlamentsartikel und die Regierungsartikel des Grundgesetzes, die sämtlich aus ganz anderen verfassungspolitischen Situationen überkommen sind, im Hinblick auf den zu ihnen hinzugetretenen Art. 21 GG heute zu verstehen sind. Der Vorgang wiederholt sich in dem Bereich, von dem hier die Rede ist. So mögen z. B. die Vorschriften über den Bundesstaat durch die Verfassungsänderungen der letzten zwanzig Jahre vielfach geändert, ja durch das Rechtsinstitut der Gemeinschaftsaufgaben sogar in einer Weise umgestaltet worden sein, die alles andere als unproblematisch ist. Im Kern aber handelt es sich nach wie vor um Vorschriften, die den Eindruck entstehen lassen, als wäre es die Hauptaufgabe des Parlamentarischen Rates gewesen, die bundesstaatlichen Prestigefragen des Zweiten Kaiserreiches nachträglich zu entscheiden, und nicht etwa - um dieses Beispiel herauszugreifen - zu entscheiden, wie eine integrierte Rahmenplanung von Bund, Ländern und Gemeinden zu organisieren ist, ohne daß Bundesstaatlichkeit und kommunale Selbstverwaltung im gleichen Augenblick über Bord gehen. Die Parlamentsartikel des Grundgesetzes haben das Parlament des 19. Jahrhunderts vor Augen, also ein Gesetzgebungs- oder noch besser Kodifikationsparlament, dessen vornehmste Aufgabe es ist, sich an der Beratung und Beschlußfassung über Gesetze zu beteiligen, und zwar vor dem Hintergrund eines Gesetzesbegriffes, der noch nicht einmal an der Vorstellung eines Lastenausgleichsgesetzes, geschweige denn eines Umweltschutzprogrammes orientiert war. Das Parlament der großen gesellschaftsformenden und notwendigerweise auch technokratischen Entscheidungen des ausgehenden 20. Jahrhunderts findet man in den Art. 38 - 49 GG nicht. Die Regierungsvorschriften des Grundgesetzes tragen noch nicht einmal der Tatsache Rechnung, daß die Zeiten der Gewaltenteilung als eines politischen Konstitutionsprinzips längst vorbei sind und wir in einer Zeit der Gewaltenballung zwischen Parlamentsmehrheit und Regierung leben. Sie sind noch heute gefaßt, als ob es ressortübergreifende Interdependenzen nicht gäbe oder doch jedenfalls nicht als Alltagsprobleme gäbe - die Beispiele könnten fast beliebig vermehrt werden. Es mag zutreffen, daß das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 I GG und die wenigen planungsbezogenen Vorschriften, die der Verfassungstext heute enthält, den ursprünglichen Kern des Grundgesetzes ähnlich mit einem

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neuen Gedanken überlagern wie der schon wiederholt genannte Art. 21 GG. Aber selbst dieser Vergleich trifft, wie es nunmehr nachzutragen gilt, nur eum grano salis zu; denn während Art. 21 GG in sich wenigstens noch aus einem Guß ist, läßt sich von den Planungsartikeln nicht einmal dies behaupten. Die These, daß das Grundgesetz zwar die Notwendigkeit übergreifender Planungen erkennt und diese auch zuläßt, kann nur wenig daran ändern, daß es letzten Endes doch planungsblind geblieben ist. 11. Regierungsprogramme und Regierungspläne im demokratischen Staatsgefüge 1. Kanzler, Minister und Kabinett im Planungsbereich

Mit der Feststellung, daß sich hinsichtlich Sozialstaatlichkeit und Planung im Bonner Grundgesetz offenbar mehrere verfassungsrechtliche "Ebenen" überlagern, ist freilich nur wenig gewonnen. Die Frage muß ja gerade sein, welcher Art diese überlagerung ist und zu welchen konkreten Ergebnissen sie führt. Dabei sei mit dem Bereich der Regierung begonnen. In diesem Bereich stellt sich - wenn man von der Frage der eigentlichen Planungsorganisation absieht, der in dieser Tagung ein eigenes Referat gewidmet wird - die Frage der Planung als eine Frage der Abgrenzung von Gesamtkabinett, Regierungschef und Einzelminister, die im Laufe der deutschen Geschichte in unterschiedlichsten Varianten durchlitten worden ist. Ich brauche hier nicht daran zu erinnern, daß Bismarck als preußischer Ministerpräsident ausschließlich primus inter pares, teils ohne eigenes Ressort, stets aber ohne eine verfassungsrechtlich niedergelegte Richtlinienkompetenz war, während er als Reichskanzler von Verfassung wegen der einzige Minister war und lediglich Staatssekretäre unter sich hatte. Schon unter Herrschaft der alten Reichsverfasung war aber der tatsächliche Zustand der, daß sich der Reichskanzler darauf beschränkte, die leitenden Grundsätze der Reichsverwaltung zu bestimmen und solche Einzelfälle zu entscheiden, denen eine besondere politische Bedeutung innewohnte, daß er im übrigen aber seinen Stellvertretern, den Staatssekretären, freie Hand lassen mußte. Mit Recht konnte Anschütz daher behaupten, daß Art. 56 WRV, der zum ersten Mal die Richtlinienkompetenz des Regierungschefs einführte, nur die Festschreibung der bisherigen Regierungspraxis sei. Art. 65 Satz 1 GG hat bekanntlich die Konzeption des Art. 56 WRV übernommen, freilich mit drei wesentlichen Modifikationen: 1. ohne das Korrektiv des starken Reichspräsidenten, 2. mit der Hypothek der Notwendigkeit ressortübergreifenden Planens und 3. mit einem allein stürz-

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baren Kanzler. Gerade der zuletzt genannte Gesichtspunkt darf in den Zusammenhängen, um die es hier geht, nicht unterschätzt werden. Betrachtet man die beiden Sätze, die auf den schon erwähnten Art. 65 Satz 1 folgen und in denen die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers festgelegt wird, so legt zunächst Art. 65 Satz 2 GG das Ressortprinzip fest. Die Vorschrift hat zweifellos auch heute noch ihre Berechtigung. Die Fragen, mit denen es unser Thema zu tun hat, sind nun aber - fast definitionsgemäß - so geartet, daß ihnen mit Art. 65 Satz 2 GG nicht beizukommen ist; wenn heute immer wieder auf die Notwendigkeit ressortübergreifender Planungen hingewiesen wird, so ist das, in die Sprache des Verfassungsrechts übersetzt, ja praktisch nichts anderes als der Hinweis auf Grenzen und Bedenklichkeiten des Ressortprinzips. Freilich gibt der auf diese Vorschrift folgende Art. 65 Satz 3 GG auf die damit gestellte Frage ebenfalls keine befriedigende Auskunft. Zwar soll über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ministern das Kabinett entscheiden. Aber schon das Verhältnis zum Kanzler wird in dieser Vorschrift ausgespart; es ist herrschende Auffassung zu Art. 56 WRV gewesen und entspricht auch der Auslegung zu Art. 65 Satz 3 GG, daß Konflikte zwischen dem Kanzler und seinen Ministern nicht nach dieser Vorschrift im Kabinett gelöst werden sollen. An das noch sehr viel weiter reichende Problem der Konsensbildung im Bereich ressortübergreifender Planungen aber hat weder bei der Abfassung des Art. 65 Satz 3 GG noch bei der Abfassung der Weimarer Reichsverfassung mit Sicherheit irgendjemand gedacht. Nun wird man einräumen müssen, daß dieses Zwielicht, in dem sich die Zusammenarbeit zwischen Kanzler, Ministern und Kabinett abspielt, im Planungsbereich nichts Besonderes ist, sondern daß es in allen Bereichen des gubernativen Beratens, Entscheidens und HandeIns besteht und aus praktischen Gründen auch bestehen muß, weil es beim Regieren nun einmal entscheidend auf die konkrete Situation, vor allem aber auf die beteiligten Menschen, ihr politisches Wollen, ihr politisches Können, ihr Temperament und schließlich auch auf ihre Ellenbogenkraft ankommt, also auf Gegebenheiten, die sich sehr schwer typisieren und folglich auch sehr schwer normieren lassen. Eine Verfassung, die hier zu viel normieren wollte, würde einfach am Leben vorbeigehen. Das wird besonders deutlich, wenn man die Lebensgesetze von Koalitionsregierungen mit in die Betrachtung zieht. Oft mag die Parteibindung der Minister den Kanzler bei Einflußnahmen auf sie unterstützen, oft aber wird sie ihn hindern; oft mag die Parteibindung eine freiwillige Koordination über die Ressortgrenzen hinweg erleichtern, oft wird sie sie entschieden erschweren. Auf alle diese möglichen Konstellationen müssen Verfassungstext und Verfassungsinterpretation eingerichtet sein, für alle müssen sie vernünftige und handhabbare Lösungen zur Ver-

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fügung halten, wenn sie sich nicht selbst zum Leerlaufen verurteilen wollen. Deshalb ist es keine Aporie, sondern eine Lebensnotwendigkeit des Art. 65 GG, die hier interessierenden Fragen in einem Schwebezustand zu lassen, den man gelegentlich als Zwielicht zu mißdeuten geneigt ist. Verfassungsrechtlich muß in diesem Zusammenhang jedenfalls darauf hingewiesen werden, daß alle Versuche, das Verhältnis des Bundeskanzlers zu seinen Ministern und auch das Verhältnis der Minister untereinander ausschließlich anhand des Art. 65 GG lösen zu wollen, zum Scheitern verurteilt sind, weil sie nämlich den Interpretationswert der Art. 63, 64, 67, 68 GG für diese Frage außer Acht lassen. Entgegen allem, was über Begriff und Wesen der Richtlinienkompetenz im verfassungsrechtlichen Schrifttum und in der politischen Auseinandersetzung gerätselt worden sein mag, ergibt sich nämlich gerade aus diesen Bestimmungen eine erhebliche und nach hier vertretener Auffassung über Art. 65 Satz 1 GG hinausgehende Stärkung des Bundeskanzlers. Wenn der Bundeskanzler der einzige ist, der vom Parlament gewählt wird und der von ihm auch wieder gestürzt werden kann, dann muß man ihm auch von Verfassungs wegen die Möglichkeit geben, im Verhältnis zu seinen Ministern alles zu tun und zu entscheiden, was notwendig ist, um ihn vor dem Sturz durch das Parlament zu bewahren. Die Vorstellung, daß Richtlinien des Bundeskanzlers nur so etwas wie Rahmengesetze sein könnten, ist von den Kommentatoren der Weimarer Reichsverfassung nicht geteilt worden und sie kann auch heute nicht richtig sein. Die Dinge sind komplizierter und vor allem differenzierter. Es ist bereits darauf hingewiesen worden - und die Beispiele von Frido Wagener haben es auch deutlich gemacht -, daß das Ressortprinzip des Art. 65 Satz 2 GG heute zum Teil überholt ist. Zwar verbietet es weder die freiwillige Koordination der Ressorts noch Kabinettsausschüsse, in denen das Einstimmigkeitsprinzip herrscht. Man kann sich sogar Fälle vorstellen, bei denen entstehende Konflikte dann tatsächlich nach dem antiquierten Art. '65 Satz 3 GG behoben werden. Daraus ergibt sich mit Sicherheit, daß politische Planung auch in Zukunft ohne einen erkennbaren Schwerpunkt in den Ressorts mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen sein wird. Die Frage ist nur, wie auf diese Weise dem zunehmenden Bedürfnis nach Koordination, vor allem aber dem vom Grundgesetz vorgesehenen übergewicht des Bundeskanzlers Rechnung zu tragen ist. Diese Partie wird häufig unter der überschrift "Richtlinie und Plan" gefochten, wobei hier sogleich hinzuzufügen ist, daß beim zweiten Glied dieses Begriffspaares hier nur die ressortübergreifende Planung gemeint ist. Aber diese Gegenüberstellung ist so falsch wie die Gegenüberstellung von Verwaltungsakt und Plan oder von Gesetz und Plan. Daß nicht jeder Plan eine

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Richtlinie ist, ist eine Selbstverständlichkeit, die auch dann gültig ist, wenn man nicht ressortübergreifende Planungen ganz außer Betracht läßt. Man braucht sich hier nur an die Unterscheidung zwischen strategischen Planungen und operativen Planungen zu erinnern, die Frido Wagener gestern eingeführt hat. Je operativer ein Plan ist, d. h. je mehr er sich im Maßnahmebereich bewegt, desto unwahrscheinlicher ist es, daß man ihm im Sinne von Art. 65 Satz 1 Richtliniencharakter oder zumindest allein Richtliniencharakter zusprechen kann. Umgekehrt kann man sich aber auch Planungen in Richtlinienform vorstellen, die dann folgerichtig auf Grund des Art. 65 Satz 1 GG vom Bundeskanzler kommen können. Je mehr sich die einzelne Planung im Zielbereich bewegt und sich auf diesen beschränkt, je mehr sie sich mit anderen Worten auf strategische Grunderwägungen bezieht, desto wahrscheinlicher ist es, daß hier mit der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers gearbeitet werden kann. Und schließlich: Es gibt auch Richtlinien im Planungsverfahren, d. h. jede Planung, sei sie ressortintern oder ressortübergreifend, wird immer wieder an Punkte kommen, durch die der Kern der Regierungspolitik, d. h. aber der Komepetenzbereich des Bundeskanzlers, berührt wird. An diesen Punkten wird er die Gesamtplanung weder stets an sich ziehen wollen noch von Verfassungs wegen an sich ziehen können; aber er wird kraft seiner Präponderanz im Kabinett verbindliche Daten setzen können, von denen die weitere Planung der Ressorts auszugehen hat. Das wird vor allem für viele Prioritätenfragen, aber auch für Fragen der Alternativenoption gelten. Die verfahrensrechtlichen Folgen dieser Ansicht liegen auf der Hand; § 21 GGO II gibt eine schwache Ahnung von dem, was hier erforderlich ist. Auch aus diesen Überlegungen folgt wieder, daß es falsch wäre, in Art. 65 GG eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen Bundesregierung, Bundeskanzler und Einzelminister zu suchen und ihn gar in diesem Sinne auszulegen. Art. 65 ist keine klare, jeden denkbaren Fall vorhersehende und normierende Vorschrift, und er kann es aus den Gründen, die schon angedeutet worden sind, auch gar nicht sein. Tatsächlich bestehen die Schwierigkeiten, die die Vorschrift gegenwärtig bietet, im allgemeinen ja auch gar nicht zwischen dem Bundeskanzler und seinen Ministern. Zwischen ihnen können zwar Konflikte auftreten, aber die Konfliktlösungsverfahren, die dann eingreifen, sind im allgemeinen nicht rechtlicher, sondern politischer Art, gehören also den Bereichen der Koalitionspolitik zwischen Parteien und Parteiflügein an. Insoweit sind vage verfassungsrechtliche Bestimmungen eher nützlich denn schädlich. Schwierig werden die Dinge erst, wenn es darum geht, an derart vage Kompetenzbestimmungen organisatorische Folgerungen anzuknüpfen, etwa - in unserem Zusammenhang - die organisatorische Verankerung des gouvernementalen Planungsinstrumentariums.

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Solche Fragen wären von einer klaren Konzeption des Verfassungsrechts aus leichter zu lösen. Da diese Konzeption aber nicht klar ist und auch nicht klar sein kann, kann die organisatorische Lösung aller Wahrscheinlichkeit nach nur in mehr oder minder flexiblen Formen der Koordination bestehen, und zwar einer Koordination, die weit über das hinausgeht, was in Art. 65 Satz 3 GG ausdrücklich vorgesehen ist. 2. Möglichkeiten und Grenzen parlamentarischer Mitwirkung

Die Tatsachen, von denen man bei der Frage nach der parlamentarischen Mitsprache im Planungsverfahren auszugehen hat, sind schnell referiert. Sie lassen sich in dem einen Satz zusammenfassen, daß die Regierung plant, das Parlament aber die Regierungsplanung bestenfalls vollziehen hilft. Frido Wagener hat gestern auf die Bemühungen in einigen Ländern, insbesondere auch in Nordrhein-Westfalen, hingewiesen, durch ein Planungsgesetz zu einem geregelten Miteinander von Regierung und Parlament zu gelangen. Es ist hinzuzufügen, daß die fast vollständige Planungsabstinenz der Parlamente, die augenblicklich zu verzeichnen ist, schon de constitutione lata nicht bestehen müßte. Das wird sehr schnell deutlich, wenn man die verfassungsrechtlichen Aspekte des Problems etwas differenzierter untersucht. Da ist zunächst Art. 110 GG zu erwähnen, von dem aus immer wieder ein Plazet des Parlaments erforderlich wird und den das Parlament infolgedessen, wenn es ihn nur rechtzeitig einsetzen wollte, sehr viel "planungsbewußter" einsetzen könnte, als dies gegenwärtig der Fall ist. Weiterhin sind zahlreiche Einzelrnaßnahmen, wie sie insbesondere in dichten Planungswerken von der Art des Großen Hessenplans oder des Nordrhein-WestfalenProgramms vorgesehen sind, nur mit gesetzlichen, also der parlamentarischen Zustimmung bedürftigen Mitteln durchzuführen; man denke nur dar an, daß zahlreiche der dort vorgesehenen Maßnahmen nicht ohne Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung (Art. 28 II GG) oder in Freiheit und Eigentum des Bürgers - und sei es auch nur durch Begründung von Informations- und Auskunftspflichten - vollzogen werden können. Ein wesentliches Element jeder Gesellschaftssteuerung durch Leistungsangebote ist die Gewährung von Rechtsansprüchen und auch solche können nach den Grundprinzipien unserer Rechtsordnung im allgemeinen nur durch Gesetz geschaffen werden. Höchstwahrscheinlich ergäbe eine genauere Analyse der halbwegs konkretisierten Planungswerke, daß jedes von ihnen an zwanzig, dreißig oder gar vierzig Stellen gesetzlicher Vollzugsnormen bedürfte. Ein Parlament, das wirklich die Fähigkeit, das Gespür und das politische Interesse zur Mitsprache im Planungsbereich hätte, könnte diese Mitsprache also auch heute schon durch "Paketbildung" erzwingen. Darüber hinaus könnte von Verfas" Speye.61

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sungs wegen das Parlament nicht einmal an einer eigenen, nach Art. 20 III GG auch die Regierung bindenden Planungstätigkeit gehindert werden. Es gibt in unserer Verfassungsordnung keine Vorschrift, die das Ergehen von Plänen in Gesetzesform verböte. Richard Thoma hat vor nunmehr fast vierzig Jahren gesagt, es gebe nichts, was der Gesetzgeber nicht in Gesetzesform festlegen könne. Der Satz ist nach wie vor richtig und aus ihm ergibt sich insbesondere auch die Unrichtigkeit der immer wieder zu hörenden These, Planung sei etwas prinzipiell anderes als Gesetzgebung und könne infolgedessen auch nicht in Gesetzesform vorgenommen werden. Freilich sind alle diese überlegungen verfassungsrechtlicher Natur. Sowohl die Wirklichkeit der Planung als auch die Wirklichkeit der parlamentarischen Arbeit sieht ganz anders aus. Das hat mehrere Gründe. Zunächst liegen die entscheidenden Informationen, wenn überhaupt beim Staat, so bei der Regierung und nicht beim Parlament. Sodann ist im Fast-Zweiparteien-System keine Parlamentsmehrheit bereit und von ihrer personellen Substanz her auch nur imstande, etwas gegen "ihre" Regierung zu unternehmen; die Parlamentsminderheit beschließt aber nun einmal keine Gesetze. Schließlich muß man einmal mit Abgeordneten über die Möglichkeit der Einschaltung von Parlamenten in die Planungspolitik gesprochen haben, um ein weiteres zu erkennen: Daß das "Planungsgespür" der Parlamentarier mehr als dürftig entwickelt ist und daß ihnen der Gedanke, in die Planungspolitik hineingezogen zu werden, mehr Mißbehagen als Wohlbefinden bereitet. Das alles wird man zu erkennen, nicht aber unbesehen hinzunehmen haben. Zunächst wird man bezweifeln dürfen, daß eine Verfassung, die dem Buchstaben nach ein parlamentarisches Regierungssystem begründet und nach der das Parlament also wenn schon nicht das höchste Staatsorgan, so dech jedenfalls neben der Regierung eines der beiden höchsten Staatsorgane ist, auf die Dauer die unerläßliche Autorität beim Volke behalten wird, wenn mehr und mehr deutlich wird, daß das Parlament sich das Heft aus der Hand winden läßt und daß es sich dabei zunehmend nicht um punktuelle Fehlleistungen, sondern - unter der überschrift "Planung" - um das Prinzip handelt. Auch aus einem anderen Grunde ist es nicht völlig gleichgültig, ob das Parlament - vielleicht sogar gegen seinen eigenen Wunsch - in die politische Planung eingeschaltet wird oder nicht. Der Parlamentarier vertritt nun einmal, idealtypisch gesehen, ein anderes politisches Denken als die Regierung und ihre Ministerialbürokratie. Regierung und Verwaltung werden auf Grund ihres Sachverstandes immer dazu neigen, die ihnen aufgegebenen Probleme überwiegend technokratisch zu sehen

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und von der Kenntnis dessen, was technisch oder auch ökonomisch "machbar" ist, versucht sein, das "Machbare" denn auch zu tun. Im Parlament mag es diese Neigung zwar auch geben. Aber die Denkungsart von 500 Abgeordneten wird mit einiger Sicherheit nicht nUT technokratisch sein, sondern es wird auch "echte" Volksvertreter in relevanter Zahl geben, die die politische Planung von ihren Zielsetzungen her zu kontrollieren imstande wären. Selbst wenn es insoweit gegenwärtig keine sehr großen Hoffnungen geben sollte, sollte die Chance einer solchen Kontrolle der Technokratie durch den "gesunden Menschenverstand" nicht unnötig verschüttet werden. Schließlich spricht noch ein dritter Gesichtspunkt für eine Einschaltung des Parlaments in die politische Planung: Die Überlegung, daß nur auf diese Weise die parlamentarische Opposition die Chance zur Mitsprache, günstigstenfalls sogar zur Kontrolle der Regierungskonzeptionen durch Entwicklung von Gegenkonzeptionen erhält. Ist man dementsprechend der Ansicht, daß es bei der gegenwärtigen Planungsabstinenz der Parlamente nicht bleiben sollte, so erhebt sich natürlich die Frage, in welcher Form sich die parlamentarische Mitsprache zweckmäßigerweise abspielen soll. Hier muß zunächst mit aller nur denkbaren Klarheit gesehen werden, daß es gegenwärtig nicht möglich ist, lupenreine und überdies ein für alle Mal gültige verfassungsrechtliche Antworten zu geben. Weder gibt es einen Verfassungssatz, wonach jeder Regierungsplan der parlamentarischen Zustimmung bedarf, noch einen Verfassungssatz, wonach Planung zu den ureigensten Reservaten der Regierung gehört und eine Einschaltung des Parlaments daher unzulässig ist. Zu diesen beiden Thesen sind einige Erläuterungen nötig. Die These, daß es Regierungsplanung ohne parlamentarische Mitwirkung von Verfassungs wegen überhaupt nicht geben kann, läßt sich aus dem Wesen des parlamentarischen Regierungssystems und aus einigen mehr oder minder gewagten Analogieschlüssen zur Not begründen. Sie ist aber gegenwärtig weder in der Lehre noch in der Praxis herrschend und es sei hier die Prognose gewagt, daß sie auch erst dann herrschend sein wird, wenn sich die Praxis - was zu hoffen ist - vorher entsprechend entwickelt hat. Dafür gibt es in der deutschen Verfassungsgeschichte bewährte Vorbilder. Die Frage, ob es auch für individuelle Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Bürgers einen Vorbehalt des Gesetzes gibt, ist historisch in dem Augenblick bejaht worden, wo die wichtigsten Eingriffe teils bereits gesetzlich geregelt waren und man im übrigen glaubte, durch eine Neuorientierung des § 10 II 17 ALR eine polizeiliche Generalklausel gewinnen zu können. Die vor einigen Jahren aufs Äußerste umstrittene Frage, ob es auch für die Leistungsverwaltung einen Gesetzesvorbehalt gibt, scheint augenblicklich zu schlummern, weil die wichtigsten Leistungstätigkeiten des Staates ohnehin schon gesetz-

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lich geregelt sind, und sie wird uneingeschränkt bejaht werden, wenn auch die letzte Form der Ausschüttung von Subventionen und Stipendien gesetzlich geregelt ist. Nicht anders werden die Dinge im Bereich der Planung laufen. Sobald die Parlamente bereit und vor allem auch imstande sind, die ihnen zustehende Mitverantwortung in Form von Zustimmungsr€chten o. ä. wahrzunehmen, wird niemand mehr bereit sein, die Notwendigkeit dieser Mitbestimmung zu leugnen. Denn die These, daß das Parlament mit Großplanungen gar nicht befaßt werden dürfe, weil Planung ein konstituierendes Element des Regierens sei und folglich nicht zum Zuständigkeitsbereich des Parlamentes gehöre, ist schlechterdings nicht zu halten. Selbstverständlich ist Planung, so wie sie hier verstanden wird, materiell Regierung, solange man unter Regierung staatsleitende Tätigkeit versteht. Aber hier wie so oft muß scharf zwischen Regierung im materiellen Sinne und Regierung im formellen Sinne unterschieden werden. Die Regierung im materiellen Sinne, die staatsleitende Tätigkeit also, ist im parlamentarischen Regierungssystem gerade nicht der Regierung im formellen Sinne, d. h. dem Kabinett, allein übertragen, sondern ihr und dem Parlament zur gesamten Hand. In welcher Weise und vor allem mit welcher Gewichteverteilung die bei den Organe diese gemeinsame Verantwortung wahrnehmen, ist aber weitestgehend keine verfassungsrechtliche, sondern eine politische Frage, von deren Beantwortung aus sich folgerichtig für unser Problem nur wenig Hilfe gewinnen läßt. Auf der anderen Seite ist - worauf schon hingewiesen wurde - die These, daß Planung etwas prinzipiell anderes als Gesetzgebung und das Parlament damit automatisch für Planung nicht zuständig sei, schlechterdings nicht zu halten. Zunächst gibt es schon keinen Verfassungssatz, der das Parlament auf die Gesetzgebungstätigkeit beschränkte. Vor allem aber trifft es eben nicht zu, daß Planung, auch gesellschaftspolitische Großplanung, nicht in Gesetzesform beschlossen werden könnte. Dieser Eindruck konnte - von der gewöhnlichen Entstehungsgeschichte großer Planungen abgesehen - vorwiegend deshalb entstehen, weil Werke wie das Nordrhein-Westfalen-Programm oder der Große Hessenplan vom Phänotyp her so ganz anders aussehen als das gewöhnliche Gesetz: Sie enthalten weder Paragraphen noch Artikel, sondern beschreibende Texte und Absichtserklärungen, Landkarten, Linien, übersichten, Diagramme usw. Aber es gibt keinen Verfassungssatz des Inhalts, daß solche Dinge nicht in einem förmlichen Gesetz enthalten sein können, und es gibt auch in der gegenwärtigen Gesetzgebungspraxis Beispiele in ausreichender Zahl, die das belegen. Bei der Planung geht es darum, Maßnahmen in größerer oder geringerer Konkretion zu konzipieren, zu koordinieren und größeren Zielen dienlich zu machen. Nichts anderes hat aber dem Prinzip nach der Gesetzgeber auch bisher schon getan, zumindest soweit

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er im Bereich des Verwaltungsrechts tätig wurde. Selbst die polizeiliche Generalklausel ist so gesehen Koordination von Verwaltungshandeln, und für Maßnahme- und Lenkungsgesetze, wie wir sie in der letzten Generation zu Hunderten erlebt haben, gilt dies erst recht. Es ist daher nicht einzusehen, warum hier hinsichtlich der Verwendbarkeit der Gesetzesform grundsätzliche Unterschiede bestehen sollten. Natürlich ist bei den großen Gesellschaftsplanungen der Sektor der Koordination breiter als bei vielen bisherigen Gesetzen, natürlich tritt die Zeitdimension im allgemeinen deutlicher hervor und natürlich mag auch hinsichtlich der Zielangaben der eine oder andere Unterschied bestehen. Aber das alles sind keine so grundsätzlichen Unterschiede, daß es ausgeschlossen wäre, Planung in Gesetzesform zu beschließen. Soviel zur verfassungsrechtlichen Situation. Unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und damit auch der "Verfassungsehrlichkeit" kann es freilich keinen Zweifel darüber geben, daß das Parlament um so eher zur Mitentscheidung im Rahmen von Planungsverfahren befähigt ist, je weniger konkret die Einzelmaßnahmen sind, die geplant werden, und je größer der Rahmen ist, den es - insbesondere im Bereich der Zielfestlegung - abzustecken gilt. Das heute bei der Finanzplanung beobachtete Prinzip, die mehrjährige Finanzplanung durch einen Kabinettsbeschluß festzusetzen, den jährlichen Haushaltsplan aber durch ein Gesetz beschließen zu lassen, ist nicht nur in sich selbst gesehen absurd; es kann insbesondere nicht zum Vorbild für andere Bereiche der Planung werden. Ohne Zweifel muß das Parlament gerade über die grundlegenden Zielkataloge, die damit verbundenen Prioritäten und über die grundsätzliche Wahl zwischen mehreren denkbaren Alternativen mitentscheiden. Dabei soll hier für den Augenblick unerörtert bleiben, ob dies bei jedem einzelnen Planungs akt so sein muß, ob das Parlament die volle Souveränität über den Gesamttext besitzen muß wie beim Gesetzgebungsverfahren oder ob es ausreicht, ihm nach der grundsätzlichen Mitentscheidung über die großen Linien nur eine Art Ratifikation des Gesamtwerkes einzuräumen, möglicherweise mit einem analog Artikel 113 GG ausgestalteten Modifikationsrecht. Nur sollte man sich zumindest heute mit der Behauptung zurückhalten, daß alle diese Forderungen nicht nur verfassungspolitisch erwünscht, sondern auch verfassungsrechtlich abgesichert seien. Wer diesen Weg beschritte, würde die bekannte und mehr noch behauptete Diskrepanz zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit auf die Spitze treiben und damit beide in eine ernste Krise verstricken. Es ist nun einmal mit der Tatsache zu rechnen, daß die heutigen Parlamente auf die Planungsaufgaben nicht vorbereitet sind und daß sie mit minutiösen Gesetzgebungsarbeiten restlos überlastet sind. Ihnen im Wege der Verfassungsinterpretation zusätzliche Kompetenzen vom Schwierigkeitsgrad moder-

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ner Gesellschaftsplanung unterzuschieben, hieße den Parlamentarismus und damit das gesamte Verfassungssystem endgültig unglaubwürdig zu machen. Ehe wir den Parlamenten solche neuartigen Kompetenzen zumuten, müssen wir alles daran setzen, sie "planungsbewußter" und "planungskompetenter" zu machen. Und vor allem: Wir müssen sie von minderwichtigen Aufgaben der bisher bekannten Art soweit wie irgendmöglich entlasten. Vor allem gilt es den Wahn über Bord zu werfen, daß alles, was irgendwie in Freiheit oder Eigentum des Bürgers eingreift, und alles, was irgendwie einen noch so minimalen Anspruch des Bürgers begründet, einer Verankerung im Gesetz bedarf. Die Möglichkeit, die Exekutive zur r€chtsförmigen Regelung im Verordnungswege zu ermächtigen, muß zu einer Strategie ausgebaut werden. Es müssen Verfahren der Verordnungsermächtigung gefunden werden, die es dem Parlament erlauben, wirklich nur die Grundprinzipien minderwichtiger Materien festzulegen, die Regelung im übrigen der Exekutive zu überlassen und diese trotzdem in ausreichender Weise zu kontrollieren. Daß schließlich auch die Arbeitsfähigkeit der Parlamente mit allen Mitteln erhöht werden muß und daß dies nicht nur erhöhte Forderungen an die Ausstattung der Parlamente selbst, sondern vor allem auch an die Personalpolitik der großen Parteien stellt, sei hier nur noch am Rande erwähnt. Aber auch wenn dies alles geschehen sein sollte, wird man immer noch damit zu rechnen haben, daß das Parlament höchstens punktuell zu einer echten Mitsprache im Planungsbereich bereit und imstande sein wird. Es wird sich daher wahrscheinlich als notwendig erweisen, Formeln zu finden, nach denen die Mitsprache des Parlaments nur bei besonders wichtigen Planungsvorhaben zum Tragen kommt. Das ist in abstracto sehr ~chnell gesagt, verfahrensrechtlich aber nur schwer in die Tat umzusetzen. Wahrscheinlich wird es ganz einfach notwendig werden, daß Regierung und Parlament sich über die Frage, ob und in welcher Form das letztere seine Kontroll- und Mitspracherechte auszuüben gedenkt, anhand des einzelnen Planungsvorhabens absprechen. Man wird bei der Unübersichtlichkeit der anstehenden Probleme sehr vorsichtig sein müssen, wenn es darum geht, Kompetenzen abzugrenzen, die sich dann möglicherweise sehr rasch entweder als unzureichend oder als überlastend auswirken. In solcher Lage bleibt erfahrungsgemäß nichts anderes als ein Experimentieren im gegenseitigen Einverständnis, aus dem sich dann später, wenn in ausreichendem Maße Erfahrungen erzielt worden sind, konkretere Verhaltensregeln entwickeln mögen.

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III. Regierungsprogramme und Regierungspläne im modernen Rechtsstaat 1. Die Problematik der Zielkontrolle

Das Verhältnis von Gesellschaftsplanung und Rechtsstaatlichkeit wird gegenwärtig, wenn überhaupt, vor allem unter dem Aspekt der Grundrechte und der Gewaltenteilung erörtert. Auf die Grundrechte wird später zurückzukommen sein (vgl. unten 2.). Das Problem der Gewaltenteilung wird in dieser Umfänglichkeit hier bewußt außer Betracht gelassen; es mag dabei sein Bewenden haben, daß im Vorstehenden über den Teilaspekt Regierung - Parlament ausführlicher gehandelt worden ist. Ungleich wichtiger dürfte die Frage sein, was im gestaltenden und planenden Staat der Gegenwart und der nahen Zukunft aus den allgemeinen rechtsstaatlichen Ideen, vor allem aus der Idee der beschränkten Staatsgewalt und der damit verbundenen Idee der Kontrolle wird. Beide Gesichtspunkte lassen sich unter dem Begriff der Zielkontrolle zusammenfassen; denn in der Tat ist die beherrschende Frage des gestaltenden und planenden Staates die, welche politischen Ziele in ihm legitim sind und welche nicht. Die Frage der ZieJkontrolle ist im "bloß" eingreifenden und leistenden Staat der jüngsten Vergangenheit einerseits durch eine massive Interpretation der Grundrechte, andererseits aber durch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gelöst worden. Sieht man hier wiederum zunächst von den Grundrechten ab, dann hat man sich vor allem der Tatsache zu stellen, daß das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Bereich der Gesellschaftsplanung, ja überhaupt im Bereich der gesamten Gesellschaftspolitik versagen muß. Denn in der Tat gibt dieses Prinzip ja recht eigentlich nur Auskunft darüber, welche Mittel zur Erreichung eines schon anderweitig bestimmten Zieles eingesetzt werden dürfen, und erst wenn das Ziel - z. B. im polizeilichen Bereich Sicherheit und Ordnung - einigermaßen konkret umrissen ist, läßt sich auch sagen, ob konkrete Maßnahmen ihm entsprechen oder nicht. Anders ausgedruckt: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip geht von der Zweck-Mittel-Relation aus und es lebt davon, daß das erste Glied dieser Relation soweit wie irgendmöglich fixiert ist. Spätestens wenn man die Kontrollprobleme der großen GeseIlschaftsplanung durchdenkt, stößt man nUn auf die Tatsache - die freilich auch schon bei der verfassungsgerichtlichen Beurteilung von Maßnahmegesetzen ihre Wirkung entfaltet hat -, daß es hier ja oft gerade nicht nur darum geht, ob die konzipierten und koordinierten Maßnahmen von den angegebenen Zielen gedeckt werden, sondern zunächst einmal darum, ob diese Ziele selbst ausreichend konkretisiert, vor allem

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aber mit den Bedürfnissen moderner Gesellschaften und den Zielbestimmungen ihrer Verfassung in Einklang zu bringen sind. Es ist wohl keine Übertreibung, wenn hier behauptet wird, daß es der Staatsrechtslehre und auch dem Bundesverfassungsgericht in 20jähriger Arbeit bisher nicht gelungen ist, ein Instrumentarium zu entwickeln, vermittels dessen eine zugleich effektive und flexible Zielkontrolle ausgeübt werden könnte. Solange aber dieser Befund richtig ist, hat die Idee der Rechtsstaatlichkeit in der Tat eine offene Flanke, deren Gefährlichkeit niemand unterschätzen sollte. Der Aufgabe, die hier gestellt ist, wird in den nächsten Jahren also vorrangig das Augenmerk des Verfassungsrechts geschenkt werden müssen. Wahrscheinlich gibt es nur zwei Möglichkeiten, sich ihrer Bewältigung zu nähern. Die erste könnte in einer völlig neuen Bestimmung der Staatsaufgaben liegen. Wie steinig dieser Pfad aber ist, ergibt sich nicht nur aus dem kläglichen Zustand der Staatszwecklehre unseres Jahrhunderts, sondern man erfährt es gerade auch aus den Vorsprüchen großer Planungsgesetze, die dort, wo sie juristisch bedeutsam werden, über allgemeine Formeln der Angemessenheit, Billigkeit und Ausgewogenheit nicht hinauskommen. Nicht tröstlicher ist der Befund, der sich etwa bei einem Vergleich zwischen den Staatszielbestimmungen der Art. 1 und 20 GG, dem "magischen Viereck" von § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes und der praktischen Wirtschafts- und Währungspolitik ergibt. Sieht man die Dinge nur so nüchtern, wie es eine wissenschaftliche Betrachtungsweise erfordert, so erkennt man alsbald, daß zwischen diesen Konkretisierungsstufen Dezisionen eines gigantischen Umfangs stattzufinden pflegen, ja daß die Ziele nicht selten erst formuliert werden, wenn über die Maßnahmen bereits entschieden ist und es nun darum geht, sie politisch zu begründen. Das Bundesverfassungsgericht pflegt sich in Fällen dieser Art damit aus der Affäre zu ziehen, daß es die Ziele von planähnlichen Gesetzen allenfalls auf ihre Vertretbarkeit überprüft, im übrigen aber den Gesichtspunkt der System treue in den Vordergrund stellt. Wie sich Verfassungsrechtssprechung und Verfassungsrechtsdoktrin in dieser Frage entwickeln werden, läßt sich heute noch nicht einmal in Umrissen ahnen. Es kann aber nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß hier das verfassungsrechtliche Zentralproblem der absehbaren Zukunft liegt. 2. Die zweifache Rolle der Grundrechte

Damit steht unsere Untersuchung nunmehr vor der Frage, was in der Gesellschaft des planenden Staates aus den Grundrechtsverbürgungen werden soll. Auch hier zeigt sich bei näherem Hinsehen, daß mit grobklotzigen Antworten im Sinne eines Entweder-Oder in der Gegenwart nicht viel anzufangen ist. Die gelegentlich zu hörende These, daß eine

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massive gesellschaftspolitische Planung des Staates von vornherein mit der Idee der Grundrechte unvereinbar sei, läßt sich schon deswegen nicht halten, weil das Bundesverfassungsgericht unter fast einhelliger Zustimmung der Rechtslehre immer wieder darauf hingewiesen hat, daß sich weder aus den Grundrechten noch aus anderen Bestimmungen des Grundgesetzes die Verankerung eines bestimmten Wirtschafts- und damit ja wohl auch Gesellschaftssystems herleiten läßt. So wie es dieser Judikatur entspricht, in das Wirtschaftssystem der Bundesrepublik mehr oder minder planwirtschaftliche Elemente einzubauen, ebensowenig wird durch sie ausgeschlossen, daß die Gesellschaftspolitik sich in größerem oder geringerem Umfang des Instruments der Planung bedient. Auf der anderen Seite kann aber auch nicht behauptet werden, daß die Planung völlig grundrechtsirrelevant oder umgekehrt die Grundrechte völlig planungsirrelevant seien. Wenn und solange Planung in der Konzeption und Koordination von Maßnahmen systemen besteht, muß damit gerechnet werden, daß die so konzipierten und koordinierten Maßnahmen ihrerseits mit den Freiheits- und Gleichheitsrechten des Grundgesetzes kollidieren können. Was an Maßnahmen zulässig ist, das darf auch geplant werden, und was unzulässig ist, wird nicht etwa dadurch erlaubt, daß es zum Bestandteil eines großen Planungswerkes gemacht wird. Diese differenzierende Betrachtungsweise ergibt sich aus der Natur der Sache. Letzten Endes lautet die entscheidende Frage ja nicht, wie häufig behauptet wird, "Planung oder Freiheit?", sondern sie lautet: "Weniger Freiheit in Planungsform und durch Planung oder noch weniger Freiheit durch Planlosigkeit?" Was gelegentlich an Unfreiheit aus der Planung hervorzugehen scheint, ist - das ist jedenfalls die eine Möglichkeit - nur allzu oft Unfreiheit, die sich aus der Entwicklung der Gesellschaft ergibt und die nicht geringer wird, wenn man auf Planung ganz verzichtet. Das Beispiel des Umweltschutzes zeigt das deutlich, aber die Beispiele ließen sich fast beliebig vermehren. Die Methode, bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung von Plänen von der Frage nach der Verfassungswidrigkeit der geplanten Einzelmaßnahmen auszugehen, verspricht jedenfalls in vielen Beziehungen Erfolg. So ergibt sich - ein etwas törichtes Beispiel - für eine Planung zur Behebung der Altersnot aus Art. 2 II Satz 1 GG, daß die Möglichkeit einer künstlichen Korrektur der Alterspyramide durch die Dezimierung von Jahrgängen oder - etwas sublimer - durch eine einseitige Gesundheitspolitik ausscheidet und folglich auch nicht in eine Planung eingehen kann. Oder, ein etwas handfesteres Beispiel: Wenn der Große Hessenplan etwa versucht, die große Binnenwanderung des Landes Hessen von Norden nach Süden abzufangen, dann hat er wegen Art. 11 GG eben von vornherein die Möglichkeit eines gesetzlichen Wanderungsverbotes außer Betracht zu lassen. Und auch Intelligenzplanung, wahrscheinlich das

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große Problem der nächsten Generation, findet sehr rasch ihre Grenze an Art. 12 I GG. Die Beispiele, so wenig instruktiv sie sein mögen, zeigen dcch jedenfalls, daß und auf welchen Wegen die heute geltenden Grundrechte auch zur Beurteilung und Einschränkung staatlicher Planungspolitik mobilisiert werden können. Nach hier vertretener Auffassung kann das aber nur eine von zwei Möglichkeiten der Grundrechtsaktualisierung im Planungsbereich sein. Wenn eine Gesellschaft wirklich ziel- und planmäßig gestaltet wird, dann stellt sich - vielleicht noch nicht im augenblicklichen Stadium des mühsamen Herantastens an die Planung, wohl aber mit der zunehmenden Gewinnung von Erfahrungen - in voller Stärke die Frage nach dem Ziel der Planung, d. h. aber nach dem Bild der künftigen, bewußt herbeizuführenden Gesellschaft, der die Planung dient. Wenn es nicht gelingt, diese - oft utopisch anmutenden - Zielvorstellungen klar zu formulieren und, wenn das verweigert wird, klar heraus zu destillieren und ihrerseits mit der "Gesellschaftsutopie" der Verfassung zu konfrontieren, so stehen die Zeichen in der Tat auf Sturm. Die "Gesellschaftsutopie" des Grundgesetzes aber wird in viel größerem Ausmaß, als man dies gemeinhin zugibt, von der Idee der Grundrechte geprägt. Die Gesellschaft, auf die sich eine staatliche Gesellschaftsplanung unter der Geltung des Grundgesetzes zubewegt, muß also eine Gesellschaft sein, in der die Grundrechte - von Art. 2 I, 4, 5 GG bis zu Art. 3 GG, von Art. 12 GG bis Art. 14 GG - zwar nicht unbedingt in ihrer heutigen Bedeutung und mit ihren heutigen Auswirkungen, unzweifelhaft aber in prägender und entscheidender Form zu wirken imstande sind. Das Ziel der Planung muß also nicht irgendeine verplante Gesellschaft sein, sondern entschieden eine Gesellschaft der Grundrechte. Mit den Grundrechten muß es "besser werden", und dort, wo es mit ihnen nicht "besser", sondern "schlechter" wird, muß hieb- und stichfest begründet werden können, warum der heutige Standard an Freiheit und Gleichheit nicht mehr zu halten ist, d. h. es muß gezeigt werden, daß eine sich selbst überlassene, nicht geplante gesellschaftliche Entwicklung mit ihnen noch schlechter verfahren würde. Auch hier lassen sich im gegenwärtigen Zeitpunkt nur bedingt Beispiele finden. Trotzdem kann kein Zweifel darüber bestehen, daß diese Zielkontrolle der modernen staatlichen Planung eine vitale Frage künftiger R€chtsstaatlichkeit ist und daß diese Frage nur von einem neuen Verständnis der Grundrechte aus in den Griff zu bekommen ist. Es wird notwendig sein, aus jedem einzelnen Grundrecht die Elemente herauszuholen, die für die künftige Gestalt der Gesellschaft wesentlich sind. Nur wenn dies - zusammen mit der Schaffung einer neuen, überzeugenden Theorie der Staats aufgaben - gelungen sein wird, kann diese Gesellschaft sich getrost ihrer Zukunft überlassen.

Aussprache zu den Referaten von· Frido Wagener und Roman Herzog Bericht von Rainer Pietzner Unter der Diskussionsleitung von Professor Erich Becker eröffnete Ministerialrat a. D. Geffers, Hannover, die Aussprache, indem er den von Professor Wagener herausgestellten Bewertungsansatz für die Effektivität von Planungen, nämlich das Zusammenfallen des Raum-, Zeit- und Finanzbezuges unterstrich. Die besonderen Schwierigkeiten, die bei der staatlichen Planung des Finanzbezuges aufgetreten seien, führte Geffers maßgeblich auf das von staatlicher Seite nicht beeinftußbare Hineinwirken der Tarifpartner in die Erhöhung der Staatsausgaben zurück. Eine wirkungsvolle mittelfristige Finanzplanung sei deshalb nur möglich, wenn es gelänge, die Tarifautonomie und die Tarifpartner an das Gemeinwohl zu binden. Dieser negativen Einschätzung der Tarifautonomie vermochte sich Professor Wagener, Speyer, nicht anzuschließen. Die Tarifautonomie sei eine der vielen Störgrößen, die man immer bei der Planung hinnehmen müsse. Das geringe Erfahrungswissen, über das man heute bei der Planung verfüge, verleite offensichtlich dazu, das Anspruchsniveau gegenüber diesem Steuerungsinstrument viel zu hoch zu schrauben. Es sei einfach unrealistisch, bei langfristigen politischen Planungen wie z. B. der Entwicklungsplanung einen Erfüllungsgrad von 98 % oder 101 Ofo zu er.. warten, wenn man in 5- oder 10-Jahresabschnitten eine Erfolgskontrolle durchrechne. Einen Erfolgsquotienten von 75 Ofo oder 80 Ofo würde er schon für sehr hoch halten. Dies sei aber kein Grund zur Resignation. Man müsse vielmehr in jedes Planungsinstrument von vornherein eine Anpassungsplanung einbauen, um die durch Störgrößen bewirkten Veränderungen aufzufangen. Hierfür gäbe es gerade im Haushaltsrecht in den Instituten des Nachtragshaushalts, der Bindungsermächtigung und dergleichen genügend Vorbilder. Assessor Zeh, Bonn, warnte davor, Planung von vornherein als Festlegung zukünftiger Entscheidungen zu begreifen, da dies eine Erstarrung der gesamten staatsleitenden Tätigkeit zur Folge haben müßte. Planung dürfe den Entscheidungsspielraum nicht verengen, sondern müsse ihn erweitern. Deshalb könne Planung eigentlich nur bedeuten, durch mög-

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lichst vollständige Informationsaufnahme und Erarbeitung von Prognosen die Grundlagen für künftig zu treffende Entscheidungen zu verbessern. Wagener widersprach dem mit der pointierten Feststellung, Planung ohne Festlegung sei Etikettenschwindel, da ein derartiges Steuerungsinstrumentarium ohne eine gewisse Festlegung nicht wirksam werden könnte. Dabei dürfe man indes nicht in den Fehler verfallen, Festlegung juristisch zu verstehen. Mit diesem Begriff sei ein Zwischenstadium zwischen gesetzlichem Geltungsanspruch und völliger Unverbindlichkeit zu verstehen. Eine völlige Verplanung käme in unserem demokratischen und gewaltenteilenden Staat nicht in Betracht. Die Möglichkeit der Anpassungsplanung und ein gewisser Entscheidungsspielraum müßten erhalten bleiben. Aber dieser Spielraum müsse abschätzbar sein und die Bandbreiten offenlegen, in denen man handeln könne. Im übrigen erbrachte die Diskussion im Grundsatz Einigkeit darüber, daß eine Beteiligung des Parlaments an politischen Planungen der Regierung verfassungsrechtlich geboten sei. Meinungsverschiedenheiten ergaben sich in der Frage, in welchem Umfange und in welcher Form das Parlament zu beteiligen wäre. Dr. Wahl, Bielefeld, hielt eine Verfassungsänderung für notwendig und schlug die Einführung eines formalisierten eigenständigen Planungsverfahrens vor, das den gesamten Planungsprozeß in verschiedenen Phasen (Planinitiative, Planaufstellung, Planfeststellung und Planänderung) aufzugliedern und die Kompetenzen zwischen Regierung und Parlament in den einzelnen Phasen neu zu verteilen habe. Die Verabschiedung von Plänen in Gesetzesform halte er für problematisch, weil dann die verabschiedeten Pläne den Verbindlichkeitsanspruch von Gesetzen erhielten und damit die für Planungen unumgängliche Anpassungsfähigkeit und Flexibilität verloren ginge. In den von ihm vorgeschlagenen formalisierten Planungsverfahren eigener Art sollte das Parlament in einem Zeitpunkt eingeschaltet werden, in dem die einzelnen geplanten Maßnahmen noch als Bündel mittelfristiger Aktionen vorlägen und in dem über größere Optionen zu entscheiden sei. Dies hätte auch den Vorteil, daß diese Form des Planungsverfahrens eine ausgesprochene Bündelungsfunktion entfalten würde und eine ganze Reihe von Maßnahmen, die bisher nicht ins Parlament gekommen seien wie z. B. Subventionsrichtlinien, in ihrer Zielfunktion mit erfaßt würden und vom Parlament in ihrer grundsätzlichen Bedeutung diskutiert werden könnten. Ob das Parlament dieses formalisierte Planungsverfahren im konkreten Fall anwendet oder aber der Regierung wie bisher die Planung überläßt, soll das Parlament nach Meinung Wahls von Fall zu Fall entscheiden. Wichtig sei ihm, daß dem Parlament dieses Recht des ersten Zugriffs auf bestimmte Planungsvorhaben verfassungsrechtlich eingeräumt werde.

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Demgegenüber betonte Professor Herzog, Speyer, es bestünden nach derzeitiger Verfassungslage keine Bedenken gegen die Verabschiedung von Planwerken im Gesetzgebungsverfahren. Die Verfassung lege an keiner Stelle den möglichen Inhalt eines Gesetzes fest. Die Beispiele des Zustimmungsgesetzes zu politischen Verträgen und des Haushaltsgesetzes zeigten, daß ein Gesetz nicht notwendig einen durchgearbeiteten und in Artikeln und Paragraphen verfaßten Inhalt haben müßte. Auch die aus der erschwerten Abänderbarkeit gesetzesförmig verabschiedeter Planwerke hergeleiteten Bedenken seien nicht stichhaltig, da nach geltendem Verfassungsrecht (BVerfGE 8, 155 ff.) der Gesetzgeber sogar die Möglichkeit habe, den Geltungsanspruch einer Norm hinter behördlichen Verwaltungsvorschriften zurücktreten zu lassen. Neben der Verabschiedung von Plänen im Gesetzgebungsverfahren bestünde grundsätzlich auch die Möglichkeit, daß die Regierung freiwillig das Parlament frühzeitig in die Beratungen über das Planwerk einschaltet und wichtige Planwerke nur mit Zustimmung des Parlaments in Kraft setzt. Eine Verfassungsänderung sei deshalb zur Zeit weder erforderlich noch - und insoweit fand Herzog in der Diskussion ausdrückliche Zustimmung bei Kölble und Wagener - verfassungspolitisch sinnvoll, da die Erfahrungen und der Wissensstand in der bisherigen Planungspraxis noch zu schmal seien, um eine verfassungsrechtliche Festschreibung bestimmter Verfahrensmodelle, wie sie die Enquete-Kommission in ihren X/Y/ZArtikeln versucht habe, zu tragen. Wichtig sei vielmehr, den Gedanken der Beteiligung des Parlaments im Planungsbereich in die Tat umzusetzen und entsprechende Modelle in der Praxis zu entwickeln, die dann nach einer entsprechenden Erprobungsphase ihren Niederschlag in einer Verfassungs- oder auch nur Geschäftsordnungsänderung finden könnten. Auch Ministerialdirigent Dr. Kölble, Bonn, hob die hohe Elastizität des Grundgesetzes für das Verhältnis Regierung-Parlament im Planungsbereich hervor. Das Parlament bzw. die parlamentarische Opposition sei durch das Grundgesetz weder gehindert, ihr Informationsrecht für Grundsatzanfragen planerischer Art einzusetzen noch einen Planungsausschuß zu installieren noch Planungsspezialisten in den eigenen Reihen herauszubilden und sich die Kenntnisse der Ministerialverwaltung zunutze zu machen. Er kritisierte das mangelnde Planungsbewußtsein der Opposition und führte dies darauf zurück, daß ihr ein hinreichender Planungsapparat fehle. Dies könne indes dadurch behoben werden, daß man Parteienfinanzierung auch für diese Zwecke einsetze oder aber innerhalb der Ministerialorganisation ressortunabhängige Planungs ämter schaffe, die der parlamentarischen Opposition ebenso zur Verfügung stünden wie der Regierungsmehrheit. Erforderlich sei eine Verfassungs reform vielmehr an einem ganz anderen Problemkreis des Bereichs ParlamentRegierung. Kölble bedauerte es sehr, daß durch die Auslegung, die das

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Aussprache

Bundesverfassungsgericht dem Art. 80 gegeben habe, das Parlament pausenlos mit gesetzgeberischen Detailfragen belastet sei und sich deshalb den wichtigen politischen Aufgaben nicht ausreichend widmen könne. Da er keine Möglichkeit sehe, das Gericht zur Änderung seiner Rechtsprechung zu veranlassen, sei eine N ovellierung des Art. 80 unbedingt erforderlich, um dem Parlament den für die Mitwirkung an politischen Planungen erforderlichen Handlungsspielraum zurückzugeben. Skeptisch äußerte sich Professor Kisker, Gießen, zu dem von Kölble vorgetragenen Gedanken, eine unabhängige Einrichtung die Planungsprobleme bearbeiten zu lassen. Er bezweifelte, ob man überhaupt neutral planen könne oder ob nicht vielmehr jede Planung schon eine bestimmte Konzeption voraussetze. Er sei deshalb nicht sicher, ob der Opposition mit den Planungshilfen eines solchen unabhängigen Apparates wirklich gedient sei. Da sich das Parlament jedoch nur wirksam in den Planungsablauf einschalten könne, wenn ihm Planungsalternativen geliefert würden, sei es wohl unumgänglich, dem Parlament einen eigenen Apparat zur Verfügung zu stellen. Weiterhin wies Kisker auf die Schwierigkeiten hin, die sich bei der Durchsetzung von Zielplanungen im globalen Steuerungsbereich ergeben. Maßnahmen wie die Festsetzung von Währungsparitäten, Hebung und Senkung des Diskontsatzes und dergleichen fielen in eine Zone, die weder vom Parlament noch vom Bürger her effizient kontrolliert werden könnte, und es stelle sich deshalb mit Dringlichkeit die Frage, wer hier wirklich Kontrolle ausüben könne. Auf der Staatsrechtslehrertagung in Speyer sei diese Frage bereits angeschnitten worden und in zwei interessanten Referaten der Vorschlag angeklungen, diese Kontrollschwäche im globalen Steuerungsbereich durch Elemente einer pluralistischen Beteiligungsverwaltung abzudecken. Gewisse Ansätze seien bereits in der konzertierten Aktion vorhanden. Ob der Einbau derartiger Einrichtungen in die Globalsteuerung unserem parlamentarischen System tuträglich sei, sei allerdings eine noch völlig offene Frage.

Die Bundesstaatsprohlematik der Regierungsprogramme und Regierungspläne Von Peter Kistner Die Speyerer Hochschule für Verwaltungswissenschaften, die Trägerin dieser 40. Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagung, hat mich eingeladen, vor Ihnen über die Bundesstaats- und Selbstverwaltungsproblematik der Regierungsprogramme und der Regierungspläne zu sprechen. Ich bin dieser Einladung, für die ich mich in aller Form bedanke, aus doppeltem Grund gern nachgekommen: Einmal, weil jede derartige Einladung auch eine Auszeichnung ist, zum andern, weil besonders die föderative Problematik von Regierungsprogrammen und Regierungsplänen ein ausgesprochen reizvolles Thema ist, wobei dieser Reiz m. E. auch von daher ausgeht, daß die große politische Aktualität dieses Themas etwa im umgekehrten Verhältnis zu den wissenschaftlichen Bemühungen und Forschungsergebnissen steht, die uns dazu bisher vorliegen. Wir befinden uns in Sachen Planungsföderalismus immer noch in einem Anfangs- und Experimentierstadium, das sowohl durch den Druck der Probleme als auch durch den durchaus unbefriedigenden Stand gesicherter Kenntnisse bestimmt wird. Wir befinden uns in einer Lage, in der - um es mit Kant zu sagen - die Notwendigkeit des HandeIns weiterreicht als die Möglichkeit der Erkenntnis. Die Verwaltungswissenschaft hat es jedenfalls bisher nicht vermocht, den politisch Verantwortlichen probate Rezepte einer befriedigend funktionierenden Bund-Länder-Planung vorzuschlagen, und die bisher geschaffenen Instrumente eines kooperativen Planungsföderalismus tragen daher eher den Stempel einer politischen Interessenkonstellation als den Stempel objektiver Erkenntnis. In dieser Situation wäre es - wie mir scheint - schon eine beträchtliche Entscheidungshilfe, die verschiedenen Aspekte der vielschichtigen föderativen Planungsproblematik zusammenzutragen und ihre Dependenzen und Interdependenzen deutlich zu machen. Die föderative Planungsproblematik ist in der Tat ein so vielschichtiges und komplexes Fragenbündel, daß sie leicht Gefahr läuft, auf Teilaspekte eingeengt zu werden. Die Entwicklung in einem Staatswesen verläuft aber nun einmal nicht eindimensional. Je vollständiger die von der Wissenschaft gefertigte Karte der Entwicklungslinien und Entwicklungswege ist, desto geringer ist das Risiko, daß von den Politikern Einbahnstraßen, Sackgassen und

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Holzwege beschritten werden. Daß mein heutiges Referat diese Aufgabe nicht leisten, sondern allenfalls den einen oder anderen Hinweis geben kann, wie er sich dem Praktiker mitunter aufdrängt, wird sicher Ihr Verständnis finden. Ich habe die Gefahr von Einbahnstraßen angesprochen. Diese Gefahr erscheint mir in der Tat beträchtlich. Es ist nun einmal eine Tatsache, daß das Wort und der Begriff des Föderalismus heute in der Bundesrepublik - durchaus übrigens im Gegensatz zu den meisten übrigen westlichen Staaten - kaum positive Gefühle und Gedanken mobilisieren kann. Das hat zwar verständliche Gründe; gilt der Föderalismus doch als ein Erbstück unserer Geschichte, das nicht durchweg segensreich gewesen ist und die integralen Funktionen eines Gesamtstaats oft schwer beeinträchtigt hat. Daß diese Unzufriedenheit mit einer föderalistischen Vergangenheit auch die öffentliche Meinung über unsere föderative Gegenwart prägt, ist nicht weiter erstaunlich und noch weniger beunruhigend. Solche Stimmungen werden aber spätestens dann ein Problem, wenn sie sich nicht nur in der öffentlichen Meinung niederschlagen, sondern auch die Kritikfähigkeit der Wissenschaft beeinträchtigen. Dafür gibt es Beispiele. Wenn - um ein solches Beispiel zu nennen - in einem Standardwerk über Theorie und Praxis der Infrastrukturpolitik der Satz steht, die dezentrale Planung führe tendenziell zur Unterversorgung, dann ist das eine beträchtliche und - wie ich meine - unzulässige Simplifizierung, weil es ein aufbereitetes Tatsachenmaterial, das eine solche vergleichende Bewertung rechtfertigen könnte, einfach nicht gibt, von ihrer Richtigkeit einmal ganz abgesehen. Wäre es tatsächlich so, daß die zentrale Wahrnehmung von Aufgaben das Heil und ein föderativer Staatsaufbau lediglich ein Handikap auf dem Weg zum Heil bedeuten würde, dann bräuchten wir uns heute über die föderative Problematik des Planens und Programmierens überhaupt nicht zu unterhalten; es käme dann lediglich darauf an, möglichst viele Aufgaben möglichst zentral erledigen zu lassen, also durch den Bund, oder - noch besser - durch die EWG oder durch eine noch umfassendere und größere Organisation. So einfach liegen die Dinge freilich nicht. Die Verwaltungswissenschaft kann es sich nicht leisten, sich auf die Untersuchung zentripetaler Tendenzen zu beschränken, andere Gesichtspunkte aber zu vernachlässigen. Diese Gefahr läuft sie aber, wenn sie organisationsbezogen, also etwa nach den Voraussetzungen und Bedingungen für eine optimale Effizienz der Bundesgewalt fragt. Ebenso einseitig wäre es, die gleiche Frage mit dem Blick auf die Länder zu stellen. Richtigerweise kann die Fragestellung primär nur funktionsbezogen sein und dahin gehen, unter welchen Voraussetzungen die öffentlichen Aufgaben heute und in der Zukunft optimal gelöst werden können und welche Konsequenzen sich daraus für die Planung von Bund und Ländern ergeben.

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I. Die Verßecbtung im modernen Bundesstaat Dabei gibt es keine Zweifel darüber, daß die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben heute ein wesentliches höheres Maß an bundesstaatlicher Integration voraussetzt, als man es sich beim Wiederaufbau der staatlichen Ordnung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und besonders beim Erlaß des Grundgesetzes vorgestellt hat. Die damalige Sicht der öffentlichen Aufgaben unterscheidet sich ganz erheblich von den Vorstellungen über die Staatsfunktion, die wir heute besitzen. Die Väter des Grundgesetzes huldigten nicht nur bei der Aufzählung der Bundeszuständigkeiten, sondern auch bei organisationsrechtlichen Bestimmungen etwa über den Aufbau und die Ablauforganisation der Bundesregierung weitgehend einem atomistischen Verständnis der öffentlichen Aufgaben. Nicht ihr Zusammenhang und ihre Interdependenz, sondern die sektorale Eigenheit und Selbständigkeit war der Hintergrund dieser Verfassungsbestimmungen. Es ist keine Frage, daß diese atomistische Sicht sektoral selbständiger Staatsaufgaben einen föderalistischen Staatsaufbau in hohem Maß gefördert hat, der durch eine scharfe Trennung der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern ebenso gekennzeichnet wurde wie durch die eigenständige und unabhängige Stellung der Länder im Gesamtstaat. Charakteristisch war dabei einerseits die allgemeine, vorbehaltlich enumerativer Bundeszuständigkeiten getroffene Zuständigkeitsvermutung zugunsten der Länder, die auch die Planungskompetenz im gesetzesfreien Bereich der Daseinsvorsorge und der Entwicklungspolitik umfaßt, charakteristisch war in gleicher Weise das Fehlen jeglicher Kooperations- und Koordinationsmodalitäten - von der Mitwirkung der Länder an der Bundesgesetzgebung einmal abgesehen. Gegenüber diesem atomistischen Verständnis der öffentlichen Aufgaben setzt sich heute notgedrungen und unter dem Eindruck einer immer stärkeren Komplizierung nicht nur der Lebensverhältnisse, sondern auch der Staatstätigkeit, die sich in immer weiter aufgefächerte Aufgabenbereiche zersplittert, allmählich eine integralere Vorstellung von der Staatsfunktion durch. Die Verhältnisse der modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft tragen dem Staat in immer höherem Maß die Rolle des Garanten für das Funktionieren eines gesellschaftlichen Prozesses auf, der durch eine immer größere Integration einer immer größeren Zahl arbeitsteiliger Beiträge konstituiert wird. Vom Staat erwartet man, daß er die Selbststeuerung dieses Prozesses durch einen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Markt mit einer gezielten Niveau- und Struktursteuerung ergänzt und notfalls korrigiert. Es liegt auf der Hand, daß diese Steuerungsfunktion des Staates, die eine gesellschaftliche Integration zum Ziel hat, notwendigerweise eine integrale Funktion ist. Es wäre zwar voreilig, daraus schließen zu wollen, daß ein föderalistischer 5 Speyer 51

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Staatsaufbau, der die Staatsgewalt auf verschiedene Ebenen verteilt, die auf Integration gerichtete Funktion des Staates von vornherein erschwert oder behindert. Es ist aber unbestreitbar, daß zwischen den Funktionen der verschiedenen gesamtstaatlichen Ebenen - Gemeinden, Länder, Bund; man könnte diese Reihe ohne weiteres in den supranationalen und internationalen Raum verlängern - eine enge Verflechtung eingetreten ist, der die Staatsgewalt in Bund und Ländern Rechnung tragen muß, wenn sie funktionsgerecht funktionieren soll. Konkret wird dieser Vorgang des Zusammenwachsens durch die folgenden Tatsachen verdeutlicht: 1. Es ist heute allgemein anerkannt, daß zwischen den einzelnen sektoralen Aufgabenbereichen vielfältige Zusammenhänge und Wechselwirkungen bestehen. Die Zahl und der Umfang der sog. Querschnittsaufgaben dehnen sich ständig aus. Sie machen an den Zuständigkeitsgrenzen eines Aufgabenträgers nicht halt. Eine isolierte Erfüllung spezieller Zuständigkeiten, die diese Zusammenhänge nicht beachtet, scheitert meist oder löst unerwünschte und schädliche Folgen aus. Das bedeutet aber, daß alle gesamtstaatlichen Ebenen nicht mehr allein ihren Zuständigkeitsbereich im Auge behalten können, sondern bei ihren Dispositionen die Gesamtheit aller öffentlichen Aufgaben auch die anderer Aufgabenträger - berücksichtigen und sich universal orientieren müssen. 2. Die Mobilität in unserer Gesellschaft und die Ausweitung der modernen Lebensräume sprengt zunehmend die herkömmlichen Versorgungsbezirke und macht eine räumlich isolierte Aufgabenerfüllung illusorisch. Diese Feststellung läßt sich nicht nur bei der Entwicklungsplanung und Versorgung von Grenzräumen treffen - BadenWürttemberg hat seine besonderen Probleme in den Räumen Mannheim, Ulm und am Bodensee -, sondern begegnet auch bei der Erfüllung bestimmter landesweiter Aufgaben. Als Beispiel mag die Hochschulplanung dienen. Angesichts der bekannten hohen Fluktuation der Studenten werden die Planungen in Baden-Württemberg ständig von einer übernachfrage aus anderen Bundesländern überholt, solange den Hochschulplanungen der Länder nicht mindestens einheitliche, an der Gesamtnachfrage orientierte Basisdaten zu Grund gelegt werden. 3. Die räumliche Integration in der Bundesrepublik fördert Bestrebungen nach einer Vereinheitlichung, mindestens aber nach einer Angleichung der Lebensverhältnisse in den verschiedenen Teilräumen. Dadurch werden zwischen den einzelnen Bundesländern Angleichungs- und Ausgleichsforderungen ausgelöst, die nur im gesamtstaatlichen Rahmen reguliert werden können.

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4. Die engste Verflechtung der gesamtstaatlichen Ebenen ist jedoch die finanzielle. Sie besteht darin, daß alle Aufgabenträger auf eine gemeinsame, der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterworfene Ressourcenbasis zurückgreifen müssen, aus der sie die Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben schöpfen. Diese Finanzverflechtung wirkt auf die Verflechtung der Aufgaben nachhaltig zurück. Denn angesichts der Tatsache, daß die staatlichen Mittel nie ausreichen, um alles Notwendige, und schon gar nicht, um alles Wünschenswerte zu finanzieren, stellt sich unabweislich die Notwendigkeit der Bildung von Prioritäten und von Posterioritäten. Diese Entscheidung kann aber nicht isoliert, sondern nur gesamtstaatlich getroffen werden, weil sie sämtliche staatlichen Aufgabenträger einbeziehen muß. Sie setzt zudem, wenn sie sachgemäß getroffen werden soll, als Maßstab ein in sich ausgewogenes gesamtstaatliches Konzept über die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben, also eine konsistente mittel- und langfristige gesamtstaatliche Aufgabenplanung voraus. Wenn man die Motive und Vorstellungen, die beim Erlaß des Grundgesetzes Pate gestanden haben, als Ausgangspunkt einer Betrachtung über den Föderalismus in der Bundesrepublik wählt, dann ist unbestreitbar, daß sich seither ein beträchtlicher Bedarf an gesamtstaatlicher Integration angehäuft hat. Ich muß allerdings davor warnen, diesen unbestreitbaren Integrationsbedarf voreilig mit dem Bedarf nach einer Zentralisierung innerhalb des Gesamtstaats gleichzusetzen. Denn Zentralisierung und Dezentralisierung können sowohl integrierend wie desintegrierend wirken. Dazu wird später einiges zu sagen sein. II. Bundesstaatliche Programmver8echtung Unter Planen versteht man im allgemeinen eine rationale Vorbereitung der staatlichen Steuerungsentscheidungen. Es versteht sich, daß die Verflechtungen, die die staatlichen Aufgaben ganz generell bestimmen, in der Planung besonders hervortreten müssen. Als Steuerung der Staatstätigkeit - bzw. als Vorbereitung dazu - dient sie geradezu dem Zweck, die Staatstätigkeit in ihren verschiedenen sektoralen, funktionalen und organisatorischen Bereichen zu einer einheitlichen Gesamtpolitik, zu einem einheitlichen Gesamtzielsystem zusammenzufassen. Das ist nur möglich, wenn sie ihre Interdependenzen erfaßt und ihnen Rechnung trägt; andernfalls sind innere Widersprüche und Störungen der Staatsfunktion unausbleiblich.

Wir haben diese Interdependenzen oben gestreift. Es handelt sich 1. um die Interdependenzen der einzelnen fachlichen Aufgabenbereiche, in denen sich der Staat betätigt, untereinander (sektorale Interdependenzen); es handelt sich

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2. um die Interdependenzen von Aufgabenerfüllung und dem verfügbaren Ressourcenrahmen oder um die Interdependenz von Aufgabenplanung und Ressourcenplanung, speziell der Finanzplanung. Dazu treten überall da, wo die Staatstätigkeit auf mehreren, selbständig planenden Ebenen wahrgenommen wird, besonders im Bundesstaat, 3. organisationsbedingte Interdependenzen zwischen den Funktionsbereichen der Aufgabenträger, der verschiedenen Ebenen, also vertikale Verflechtungen, die sehr verschiedener Natur sein können, die aber ausnahmslos zugleich sektoraler oder finanzieller Natur sind oder die sich aus der Arbeitsteilung einer und derselben Aufgabe ergeben - Verflechtungen also, die dann, wenn man einmal von der Organisation abstrahiert, die gleichen sind wie die, die auch dann hervortreten, wenn die Staatstätigkeit nicht von mehreren Trägern, sondern vom gleichen Träger wahrgenommen wird. Das heißt aber: Das Problem der Integration der Planung ist im Bundesstaat kein qualitativ anderes als im Einheitsstaat; das Ziel ist das gleiche, von der Staatsfunktion vorgegebene, der Unterschied liegt im organisatorischen Weg. Es läge an dieser Stelle eigentlich nahe, der eben getroffenen Feststellung über die Identität des Ziels, das eine Planungsorganisation im Einheitsstaat und im Bundesstaat zu leisten hat, durch den Hinweis auf die grundverschiedene Verfassungsrechtslage zu begegnen, besonders durch den Hinweis auf die Eigenstaatlichkeit der Länder, auf ihre vielfältig garantierten Zuständigkeiten und auf ihre Ewigkeitsgarantie nach Artikel 79 Abs. 3 des Grundgesetzes. Tatsächlich wird häufig so argumentiert - man kann sich davon unschwer durch einen Blick in die Protokolle der Enquete-Kommission überzeugen. Ich meine aber, daß ein solcher Hinweis die Diskussion der spezifisch verwaltungswissenschaftlichen Problematik der Planung im Bundesstaat, die doch in erster Linie die Zweckmäßigkeit und nicht die Rechtmäßigkeit eines Organisationsvorschlags ergründen sollte, mit fremden Elementen überlagert. Angesichts einer ohnehin überkritischen öffentlichen wie wissenschaftlichen Meinung kann der Föderalismus von seinen organisatorischen Vorzügen schwerlich überzeugen, wenn er gleich zu Beginn die verfassungsrechtliche Notbremse zieht, anstatt sich der verwaltungswissenschaftlichen Diskussion zu stellen. Ich schlage daher vor, daß wir die bundesstaatliche Planungsproblematik vereinfachend auf folgenden Tatbestand reduzieren: Innerhalb eines gesamtstaatlichen Gesamtsystems sind auf einer oberen, der Bundesebene Staatsfunktionen horizontal in sektorale Träger mit

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räumlich umfassendem Zuständigkeitsbereich, die Bundesressorts, aufgeteilt. Darunter befindet sich eine weitere Ebene, die Länderebene, auf der teils die gleichen und entsprechenden, teils andere Staatsfunktionen nicht nur sektoral, sondern auch räumlich an eine Vielzahl weiterer Träger, an die Länderressorts, verteilt sind. Gesucht ist die Organisation, die ein optimales Zusammenspiel, ein optimales Zusammenwirken zu einer Gesamtpolitik, die optimale Realisierung eines Gesamtzielsystems gewährleistet. Gehen wir dabei davon aus, daß der einseitige koordinierende Durchgriff von Bundesressort zu Landesressort mittels Weisung nur im Ausnahmefall, nämlich im Fall der Auftragsverwaltung möglich ist, im übrigen in den vertikalen Beziehungen aber sämtliche Lösungen in Betracht kommen, vom Einstimmigkeitsprinzip bis zum Zustimmungsgesetz des Bundes, sämtliche Intensitätsgrade der Planung, sämtliche Stufen der Verbindlichkeit. Die Bewältigung dieser bundesstaatlichen Problematik wird m. E. dadurch erleichtert, daß sowohl bei den Ländern als auch beim Bund bereits beträchtliche Erfahrungen über die Integration von Subsystemen in horizontaler Richtung zu einem Gesamtsystem vorliegen. Sie besagen folgendes: 1. Die in erster Linie auf exekutive Funktionen angelegten Ressorts sind für sich weder in der Lage, die Aufgabe der sektoralen Zielformulierung für ihren eigenen Bereich wahrzunehmen, noch können sie gewissermaßen additiv die Gesamtpolitik und das Gesamtzielsystem der Regierung formulieren. Andererseits ist ihre Mitwirkung bei der Formulierung der Gesamtpolitik und bei der sektoralen Zielvorgabe unentbehrlich. Denn einerseits gibt es ohne den integrierenden Einfluß einer zentralen Instanz kein einheitliches, optimales Gesamtsystem, andererseits fehlt ohne Mitwirkung der Ressorts die spezielle Information und der spezialisierte Sachverstand. 2. Ein unmittelbarer Wechselbezug besteht nicht nur zwischen den verschiedenen Aufgaben untereinander, sondern auch zwischen den Aufgaben und den Ressourcen, und ebenso zwischen Aufgabenplanung und Finanzplanung, denn ohne den quantitativen Bezug auf den Faktor Zeit oder - was im Prinzip das gleiche ist - auf den Faktor Geld läßt sich die einzelne Aufgabenplanung in das Gesamtsystem nicht einordnen. Die Finanzplanung muß daher der gleichen Einflußnahme sowohl durch die integrierende zentrale Instanz, wie durch die an ihr interessierten Ressorts ausgesetzt werden. Die Planungorganisation sowohl auf Bundes- wie auf Länderebene entspricht daher im wesentlichen dem folgenden Schema: 1. Sie besitzt einen zentralen Planungsstab bei der Regierung bzw. beim Regierungschef.

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2. Die Ressorts besitzen zentrale Planungs abteilungen. 3. Der zentrale Planungs stab und die Planungsabteilungen sind institutionell miteinander verknüpft, regelmäßig in Form eines ständigen Arbeitskreises. Die einzelnen Lösungen unterscheiden sich nicht prinzipiell, sondern höchstens nach dem Gewicht und den Funktionen der zentralen und dezentralen Elemente. In Hessen und Nordrhein-Westfalen wird der integrierende Rahmenplan von den Planungsstäben der Regierungschefs produziert, wir in Baden-Württemberg beschränken den Planungsstab auf Leitungs- und Steuerungsfunktionen, überlassen den Ressorts dagegen die kodifizierende Arbeit im Rahmen eines etwas differenzierteren Planungssystems. Die gleiche Mischung zentraler und dezentraler Elemente kennzeichnet auch die bundesstaatliche Planung in ihren bisher vorliegenden Formen. Die zusätzliche Schwierigkeit besteht dabei darin, daß die Integration arbeitsteiliger Ressortbeiträge in einem gesamtstaatlichen Zielsystem nicht nur horizontal mit einer überschaubaren Zahl von beteiligten Planungsträgern, sondern auch vertikal unter Multiplikation der Beteiligtenzahl unternommen werden muß. Diese Vielzahl der in den Integrationsprozeß einzubeziehenden Planungsträger schließt es von vornherein aus, daß die Integration in das planerische Gesamtsystem sozusagen uno actu, durch eine einzige Veranstaltung gelingen kann. Die Einschaltung von Subsystemen mit verhältnismäßig selbständigem Integrationsauftrag ist unumgänglich. Dabei bieten sich im wesentlichen zwei Prototypen an: vertikale, das sind in der Regel zugleich sektor ale Subsysteme, die im Prinzip die gleichen Ressorts der verschiedenen Ebenen umfassen, und horizontale, das sind räumliche Subsysteme auf den verschiedenen Ebenen, also der Bund und die Länder. In einer zweiten Integrationsstufe stellt sich die Aufgabe, die Subsysteme im gesamtstaatlichen Planungssystem zusammenzufassen. Um Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich klarstellen, daß der so gegliederte Integrationsprozeß nicht in zwei zeitlich aufeinanderfolgende Stufen gespalten werden kann; sämtliche Systeme müssen vielmehr im Sinne einer Prozeßplanung miteinander und aufeinander zuarbeiten. Es gibt heute in der Bundesrepublik etwa 300 verschiedene Planungsund Koordinierungsgremien, die mit dem Auftrag der Aufgabenvereinheitlichung über alles und jedes von der Verbesserung der statistischen Methoden der Kaninchenzählung bis zur Gesamtproblemanalyse der öffentlichen Aufgaben des Bundes und der Länder reden. Ich beschränke mich aus begreiflichen Gründen darauf, das Funktionieren der gesamt-

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staatlichen Integrationsmechanismen an zwei typischen und durch die Erörterungen der Enquete-Kommission verhältnismäßig aktuell gewordenen Einrichtungen darzustellen; an den Planungsausschüssen für die Gemeinschaftsaufgaben und den mit der Erarbeitung einer sog. Gesamtproblemanalyse der öffentlichen Aufgaben befaßten Arbeitsgruppen des Bundes und der Länder. III. Bundesstaatliche Integrationsmechanismen 1. Die Gemeinschaftsaufgaben

Während der 50er und der 60er Jahre ist der Bund durch Einflußnahme auf die Infrastrukturpolitik der Länder, aber auch zum Ausgleich der trotz des globalen Bund-Länder-Finanzausgleichs nach wie vor unterschiedlichen Länderfinanzausstattung dazu übergegangen, aus freien Bundesmitteln Investitionsprojekte der Länder objektbezogen zu fördern. Aus dieser praeter legem entwickelten, wegen ihrer Dotationsauflagen verfassungsrechtlich stark angefochtenen sogenannten Fondsverwaltung des Bundes sind 1969 die Gemeinschaftsaufgaben entwickelt worden: Nach Art. 91 a des Grundgesetzes der Hochschulbau, die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und die Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. In Art. 104 a Abs. 4 des Grundgesetzes erhält der Bund die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen weitere Gemeinschaftsaufgaben durch Zustimmungsgesetz einzuführen; er hat davon z. B. durch das Städtebauförderungsgesetz und das diese Woche dem Bundesrat vorliegende Krankenhausfinanzierungsgesetz Gebrauch gemacht. Die Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91 a des Grundgesetzes werden von Planl'ngsausschüss~n erledigt, in denen die 11 Bundesländer, die durch die zuständigen Ressortminister vertreten werden, je eine, der Bund dagegen elf Stimmen hat und durch den sektoral zuständigen Bundesminister den Vorsitz führt. Die Planungsausschüsse beschließen mit Dreiviertel-Mehrheit über die Aufstellung mittelfristiger, auf einen Zeithorizont von 5 Jahren bezogener Rahmenpläne, in denen die gemeinsam von Bund und Sitzland je hälftig zu fördernden Maßnahmen zusammengestellt werden. Die Ausschußbeschlüsse sind für die Regierungen verbindlich, ergehen aber vorbehaltlich des Budgetrechts der Parlamente. Beim Hochschulbau besitzt der Bund kein eigenes Vorschlagsrecht, bei den übrigen Gemeinschaftsaufgaben besitzt er es. - Soweit die Beschreibung dieser Einrichtung. Was uns an dieser Konstruktion besonders interessiert, ist ihre Integrationskraft in Richtung auf die für notwendig erachtete integrale Gesamtpolitik im Bundesstaat, in Richtung also auf das planerische Gesamt-

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zielsystem. Ist die Konstruktion der Gemeinschaftsaufgaben integrationsfördernd, integrationsindifferent oder integrationsschädlich? Zunächst dürfte festzuhalten sein, daß weder eine einzelne Gemeinschaftsaufgabe noch die Addition mehrerer Gemeinschaftsaufgaben die volle bundesstaatlich zu leistende Integrationsleistung erbringen kann. Das darf man von ihnen auch nicht erwarten. Sie sind nicht das Gesamtsystem, sondern sie sind Subsysteme, und zwar spezifisch vertikale und sektorale Subsysteme. Sie füllen also das Planungsfeld durch die bundesstaatlichen Ebenen hindurch nur sektoral aus. Auf diesem Bereich beschränkt sich auch ihre Leistung; in diesem Bereich ist ihr integraler Effekt aber unverkennbar. Seine Intensität wird dabei von der Intensität der Planung bestimmt und ist bei den einzelnen Gemeinschaftsaufgaben verschieden. Bei der Hochschulplanung, die schon eine sehr konkrete Maßnahmeplanung und höchstens implizit eine Ziel- oder Programmplanung ist - auf keinen Fall aber eine Rahmenplanung, wie ihr Name besagtdürfte er am weitesten reichen; bei den anderen, etwas globaleren Gemeinschaftsplänen dagegen weniger weit. Insgesamt kann es aber keine Frage sein, daß die Gemeinschaftsaufgaben die Effizienz des Bundes in der bundesstaatlichen Ablauforganisation beträchtlich gesteigert haben, zumal die verhältnismäßige rechtliche Verbindlichkeit der Pläne durch die Beigabe des goldenen Zügels unterstützt und gesteigert wird. Ein endgültiges Urteil über die bundesstaatliche Integrationskraft der Gemeinschaftsaufgaben läßt sich aber erst sprechen, wenn feststeht, daß und wie das in sich integrale vertikal-sektorale Subsystem auch horizontal in das bundes staatliche Gesamtsystem integriert werden kann. Um diese Frage beantworten zu können, muß man sich drei Tatsachen vergegenwärtigen: 1. Im Bundesstaat gibt es 2 horizontale Integrationsebenen, die des Bundes und die der Länder. Beide Ebenen sind aber nicht in vollem Umfang universal und felddeckend. Denn es gibt immer noch Aufgaben, die ausschließlich der Bund erledigt, und andere, die ausschließlich von den Ländern erledigt werden. 2. Beide horizontalen Integrationsebenen sind in erster Linie daran interessiert, Gesamtpolitik, d. h. Integration in ihrem eigenen Aufgabenbereich herzustellen; der weitergehende Aufgabenbereich läuft dabei Gefahr, vernachlässigt oder unsachgemäß behandelt zu werden, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Informationen und Sachverstand fehlen. 3. Innerhalb der vertikalen Subsysteme der Gemeinschaftsaufgaben besitzt der Bund aufgrund der Ausschußbesetzung die determinierende Rolle. Im Konfliktfall ist er eher als ein Land in der Lage, den Inhalt der Planung zu bestimmen.

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Aus diesen Prämissen, an deren Richtigkeit kaum ein Zweifel bestehen dürfte, ergibt sich zwingend, daß die Gemeinschaftsaufgaben im bundesstaatlichen Aufbau systemfremd und störend sind. Ich gebe zu, daß diese Feststellung mancher Orts etwas überraschend ist und deshalb der Erläuterung bedarf: Ausgangspunkt ist das - pnmar auf seinen Aufgabenbereich beschränkte - Interesse des Bundes an einer Integration der sektoralen Teilpolitiken und Teilplanungen seiner Ressorts zu einer Gesamtpolitik. Zwar hat der Bund damit gegenwärtig seine liebe Not; von einer integralen Aufgabenplanung ist er noch ziemlich weit entfernt, und seine Finanzplanung ist eher Ausdruck einer Extrapolation aus den vergangenen Haushaltsjahren denn das Ergebnis aufgabenorientierter Prioritätsentscheidungen. Die Integrationstendenz ist jedoch vorhanden und bestimmt den Bund, das in seinen Aufgabenbereich hereinragende vertikale Subsystem einschließlich seines Landesanteils so zu determinieren, daß es seinen Vorstellungen entspricht und in sein Gesamtzielsystem paßt. Gelingt daher die horizontale Integration auf Bundesebene, so sehen sich die Länder einer sektoralen Fremddeterminierung eigener Aufgaben, einem sektoralen Einschuß in ihren Bereich gegenüber, der unmittelbar zwar nur den jeweiligen Aufgabensektor, mittelbar vermöge seiner sachlichen und finanziellen Interdependenzen aber auch weitere Aufgabenbereiche, letzten Endes das gesamte Zielsystem berühren kann. Diese Fremddeterminierung ist um so nachhaltiger, je konkreter die sektor ale Gemeinschaftsplanung und je größer der - finanzielle - Vollzugs druck ist. Nimmt man nun hinzu, daß diese auf Bundesebene getroffene Fremddeterminierung nur Ausdruck einer an den Bundeskompetenzen orientierten Gesamtpolitik des Bundes, aber nicht eines universalen, felddeckenden gesamtstaatlichen Zielsystems ist, dann wird klar, daß hier eine Fehlerquelle in die Planung der Länder hineindeterminiert wird, die zwangsläufig und erfahrungsgemäß zu Verzerrungen und zur Vernachlässigung von Länderaufgaben führt. Die Beseitigung dieser Fehlerquelle ist möglich, aber nur unter einer doppelten Voraussetzung, die die Systemfeindlichkeit der Gemeinschaftsaufgaben im Bundesstaat mit letzter Schärfe klar macht: Der Bund dehnt seinen Aufgabenbereich derart aus, daß er mindestens die Leitungsfunktionen für die gesamte Staatstätigkeit an sich zieht und auch die bisher ausschließlich von Ländern wahrgenommenen Aufgabengebiete in seine Gesamtpolitik einbezieht; und er sorgt dafür, daß diese Gesamtpolitik in allen sektoralen Teilbereichen durch sektorale Subsysteme auf der Länderebene übernommenwird.

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Dann wäre die bundesstaatIiche Integration voll gewährleistet: Durch horizontale Integration auf der Ebene des Bundes und durch vertikale Integration über die Ressorts. Für eine horizontale Integration auf Landesebene - und das will heißen: für Landespolitik - wäre dann allerdings kein Platz mehr. Ob man einen solchen Staat noch als Bundesstaat ansprechen kann, ist keine verwaltungswissenschaftliche, sondern eine verfassungsrechtliche Frage. Verwaltungswissenschaftlich bleibt lediglich festzuhalten, daß die Gemeinschaftsaufgaben des Bundes und der Länder die Integrationskraft der Länder stören und in letzter Konsequenz ausschalten. 2. Die Gesamtproblemanalyse des Bundes und der Länder

Einen anderen Weg zur bundesstaatlichen Integration der Planung beschreitet das Unternehmen der Gesamtproblemanalyse des Bundes und der Länder, das der erste Schritt einer gemeinsamen langfristigen Aufgabenplanung von Bund und Ländern sein soll. Gegenstand der Planung ist der gesamte Bereich der öffentlichen Aufgaben im Bundesstaat einschließlich der gesamtstaatlich verfügbaren Ressourcen. Auf dem Weg zur gesamtstaatlichen Integration der Planung in einem gesamtstaatlichen Zielsystem markiert der Versuch der Gesamtproblemanalyse daher die letzte, die ganze Staatsfunktion umfassende Integrationsstufe. Sie setzt andere Integrationsstufen durch Subsysteme voraus, nämlich den Bund und die Länder. Der schematische Integrationsvorgang läuft dabei so ab, daß Bund und Länder ihren jeweiligen Aufgabenbereich ressortüberschreitend horizontal im Sinne eines planerischen und politischen Gesamtkonzepts ordnen, wobei sie sich der weiter oben beschriebenen Organisation bedienen; daneben vollzieht sich ein zweiter, vertikaler, aber übersektoraler Integrationsvorgang, in dem die Gesamtzielsysteme des Bundes und der Länder in eine gesamtstaatliche Konzeption eingehen sollen. Dieser Zielvorstellung der Ablauforganisation entspricht der organisatorische, bislang nur durch eine Vereinbarung des Bundeskanzlers und der Regierungschefs der Länder aus dem Jahr 1971 getragene Aufbau des Unternehmens. Sein Kern sind 7 Sachverständigengruppen, die vom Bund und von den Ländern beschickt werden. In ihnen soll die konzeptionelle Arbeit geleistet werden. Angeleitet werden diese Gruppen von je einem Planungsbeauftragten des Bundes und der Länder. Die Projektleitung und -begleitung übt ein Steuerungsgremium des Bundeskanzleramts und der Staats- und Senatskanzleien der Länder aus, in dem der Bund über 11, die Länder über je eine Stimme verfügen. Das Steuerungsgremium beschließt mit Drei-Viertel-Mehrheit, eine Minderheit von 3 Stimmen kann alternative Untersuchungen und alternative Planungen verlangen.

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Der Versuch einer Gesamtproblemanalyse läuft seit etwa einem halben Jahr. Ergebnisse dieser Arbeit wird man billigerweise in absehbarer Zeit noch nicht erwarten dürfen, und zwar um so weniger, als hier auch methodisches Neuland betreten wurde; denn eine anerkannte Methode quantifizierter Langfristplanung gibt es bis heute weder bei uns noch anderwärts. Es ist daher außerordentlich riskant, bereits heute eine Prognose über das mutmaßliche Ergebnis dieser Arbeit und besonders über den Integrationseffekt der ganzen Veranstaltung zu wagen. Mit diesem Vorbehalt möchte ich trotzdem annehmen, daß es gelingen wird, eine umfassende, aber sehr globale quantifizierte Planung über einen langfristigen Zeitraum aufzustellen. Die methodischen Fragen sind sicher schwierig, aber sie lassen sich lösen. Der Integrationseffekt dieser Planung wird allerdings meines Erachtens nicht automatisch mit ihrer Vorlage eintreten, sondern ganz wesentlich davon abhängen, ob es gelingt, die zu erwartende globale Langfristplanung in operationale Programme und Pläne von größerer Dichte und Konkretheit und geringerer Laufzeit, also in das vorhandene kurz- bis mittelfristige Planungsinstrumentarium umzusetzen. Hier ist noch alles offen. Aber gerade hier wird die eigentliche Bewährungsprobe der bundesstaatlichen Langfristplanung liegen. Ich habe keinen Zweifel daran, daß die betroffenen Planungsträger - und betroffen sind alle, nicht nur die Länder, sondern auch die Bundesressorts, die sich mit der Kooperation bekanntermaßen ein wenig schwer tun, und schließlich auch jene im intermediären Raum zwischen Bund und Ländern institutionalisierten sektoralen Einschüsse, die so schwer kontrollierbaren Planungsausschüsse und andere, sektoral-vertikale Kooperationsinstrumente - diese betroffenen Planungsträger werden keinesfalls entzückt sein, wenn ihr Planungsspielraum durch die Vorgabe quantitativer und qualitativer Parameter der Langfristplanung eingeschränkt werden wird. Daß in dieser Frage auch eine ganz beträchtliche politische Brisanz liegt, die sich nicht lediglich auf das Bund-LänderVerhältnis, also auf die vertikale Integrationsschiene in unserem Gesamtstaat reduzieren läßt, sondern mindestens ebenso nachdrücklich auf die horizontale Kooperation einwirkt und die Frage nach der oft so eifersüchtig gehüteten Ressortselbständigkeit stellt, braucht nicht weiter betont zu werden. Wie wir die bundesstaatlich so entscheidende Frage der Umsetzung langfristiger globaler Planungsergebnisse in das vorhandene kurz- und mittelfristige Planungsinstrumentarium lösen werden, kann uns heute noch kein Mensch sagen. Ich halte es einfach für verfrüht, heute, da uns noch nicht einmal einigermaßen Sicheres über die Methode der Langfristplanung bekannt ist, uns den Kopf darüber zu zerbrechen, ob die Umsetzung nur kraft einer Verbindlichkeitserklärung und gegebenenfalls durch wen und in welchem Verfahren gelingt - das wäre sozusagen der

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juristische Umsetzungsweg -, oder ob wir auf die überzeugungskraft einer nur indikativen Planung vertrauen dürfen, die notfalls durch den politischen Druck einer zunehmend planungsbewußten öffentlichen Meinung verstärkt werden kann. Die Frage ist in der Enquete-Kommission in dem etwas anderen Zusammenhang einer bundesstaatlichen Verbundplanung gestellt worden. Ich räume unumwunden ein, daß mir der zweite Weg bis zum Beweis des Gegenteils, also seiner Ungangbarkeit als der ungleich sympathischere, weil weniger restriktive erscheint. Wir sollten in der heutigen, durch viele Unabwägbarkeiten bestimmten Situation unseren reformatorischen Eifer wenigstens so lange dämpfen, bis wir gesicherte Ergebnisse in der Hand haben. Ich halte es in dieser Situation für besonders wichtig, unsere bundesstaatliche Landschaft nicht durch weitere sektorale Kooperationsinstrumente des Bundes und der Länder zu verbauen - nicht nur deshalb, weil sie immer größere Stücke der Staatsfunktion aus der unmittelbaren Verantwortung der Verfassungsorgane in einen schwer zugänglichen intermediären Bereich entrücken, sondern vor allem wegen der Erschwernisse und Komplizierung, die der Umsetzungsprozeß langfristiger Planungsergebnisse gerade von dieser Seite zu gewärtigen hat. Gelingt dieser Umsetzungsprozeß aber auf die eine oder andere Weise, dann ist für die Integration der Planung in ein gesamtstaatliches Zielsystem Enh:cheidendes gewonnen. Das vorerst und auf absehbare Zeit noch Problematische an dem Unternehmen Gesamtproblemanalyse Langfristplanung ist lediglich die Frage seines vertikalen Integrationseffekts, also die Frage der Umsetzung seiner Ergebnisse auf die bundesstaatlichen Planungsebenen von Bund und Ländern. Unproblematisch ist dagegen sein Verhältnis zu den horizontalen Integrationsmechanismen bei Bund und Ländern, die es nicht nur unberührt läßt, sondern voraussetzt - für die Länder (ebenso wie für den Bund) liegt darin auf die Dauer die beste Garantie einer eigenen koordinierenden Landespolitik. Kaum problematisch auch sein Verhältnis zu den wichtigsten vorhandenen sektoralen Integrationsmechanismen, die ihren Wert als Schaltstationen der Umsetzung auch weiterhin besitzen. Der Integrationswert einer gemeinsamen Langfristplanung von Bund und Ländern erscheint mir insgesamt so hoch und ein anderer, besserer Weg zum gleichen Ziel so wenig greifbar, daß ich nachdrücklich dafür plädieren möchte, diesem Unternehmen die erforderliche Entwicklungszeit zu geben und störende Entwicklungen zurückzuhalten.

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IV. Gesichtspunkte für die Effizienz einer bundesstaatlichen Planung Dieser Vortrag ist gekennzeichnet durch die Unvollständigkeit der Gesichtspunkte, die für die Bundesstaatsproblematik der Regierungspläne relevant sind. Ich möchte diesen Mangel abschließend durch einige thesenartige Hinweise erträglicher machen. 1. Im Mittelpunkt des Vortrags stand der Gesichtspunkt der gesamtpolitisch gebotenen gesamtstaatlichen Integration. Ich hoffe, deutlich gemacht zu haben, daß Integration auch im Bundesstaat nicht ausschließlich durch vertikale Integrationsmechanismen erreicht werden kann, sondern daß die ungestörte Funktion der horizontalen Integrationsmechanismen ebenso wesentlich ist, 2. Sektorale Subsysteme zwischen den Planungsebenen des Bundes und der Länder sind tendenziell integrationsfeindlich, es sei denn, sie sind gezwungen, nach der Vorgabe von Parametern zu arbeiten, die einem gesamtstaatlichen und nicht lediglich einem Zielsystem des Bundes entnommen sind. 3. Die horizontale Integrationskraft ist erfahrungsgemäß um so geringer, je höher die Integrationsebene angesiedelt ist; denn die Funktionsbereiche werden mit zunehmender Höhe größer, die Verhältnisse komplizierter und weniger überschaubar und die sektoralen Widerstände wachsen. Daher ist vielfach nicht die Zentralisation, sondern die Delegation nach unten der richtige Weg zu bundesstaatlicher Integration. Das gilt besonders für planungsakzessorische Verwaltungs(Maßnahme-) und Finanzierungsakte, die selbst keinen Planungs- und Steuerungscharakter tragen. 4. Der Gesichtspunkt einer angemessenen Relation von Verwaltungsaufwand und Planungseffekt weist vielfach in die gleiche Richtung. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint eine überprüfung intermediärer sektoraler Einrichtungen besonders erfolgversprechend. 5. Der kooperative Föderalismus darf nicht dazu führen, daß die staatsleitenden Funktionen der unmittelbaren Verantwortung und Kontrolle von Parlamenten und Regierungen entzogen werden. Dieser Gesichtspunkt spricht für eine Reduzierung intermediärer Kooperationsinstrumente auf das Nötige, im übrigen aber für eine klare Funktionsverteilung an Bund und Länder. '6. Die bundesstaatliche Diskussion läuft oft bei der Begriffsalternative Integration - Koordination fest. Ich halte das für einen Streit um des Kaisers Bart. Koordination führt zwangsläufig zu einem höheren Integrationsgrad. Sie kann sich nicht auf sogenannte negative Koordination beschränken, sondern muß den Charakter positiver und inno-

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Peter Kistner

vierender Gestaltung tragen. Umgekehrt bedeutet Integration nicht Aufgabe der Selbständigkeit. 7. Auch im Bundesstaat ist eine Integration der gesamten Staatstätigkeit durch Ausrichtung auf ein gesamtstaatliches Zielsystem notwendig; es gibt nur eine und dieselbe, in sich vielfach interdependente Staatsfunktion, auch wenn sie mehreren Trägern zugeteilt ist. Die staatliche Eigenständigkeit der Länder kann nicht durch Aussparung von Aufgabenbereichen aus dem planerischen Integrationsprozeß, sondern sie muß durch Mitwirkung und durch Beschränkung des Prozesses auf globale Planungsparameter gesichert werden.

Amsprache zum Vortrag von Peter Kistner Bericht von Ulrich Klose

Unter der Diskussionsleitung von Professor Heinrich Siedentopf eröffnete Ministerialdirigent Dr. Kölble, Bonn, die Aussprache. Die Meinung des Referenten, die Gemeinschaftsaufgaben seien systemfremd und störend, sei ein hartes Verdikt. Dies gelte insbesondere, nachdem man erst auf eine zweijährige Erfahrung mit den Gemeinschaftsaufgaben zurückblicke. Wenn man den Vorwurf der Systemfremdheit erhebe, müsse man klarstellen, an welchem System man die Gemeinschaftsaufgaben messe. Die Gemeinschaftsaufgaben könne man einmal - in einer verfassungsrechtlichen Betrachtungsweise - am System des Grundgesetzes, dann - in einer verwaltungswissenschaftlichen Betrachtungsweise - am System einer effizienten öffentlichen Administration messen. Gehe man von einer verfassungs rechtlichen Betrachtungsweise aus, dann müsse man sich vergegenwärtigen, daß es ein Kennzeichen unseres föderativen Systems sei, daß nicht der gesamte Komplex der staatlichen Aufgaben voll integriert gehandhabt werde, sondern daß es einen Bereich ausschließlicher Kompetenz des Gesamtstaates und daneben einen Bereich ausschließlicher Kompetenz der Gliedstaaten gebe und daß eine partielle Einflußnahme des Gesamtstaates auf das Handeln der Länder in Kauf genommen werde. Wenn mit den Gemeinschaftsaufgaben die Einflußnahme des Bundes auch nicht unerheblich erweitert werde, so sei damit aber noch nicht der verfassungsrechtliche Vorwurf einer Systemfeindlichkeit begründet. Gehe man verwaltungswissenschaftlich an die Frage heran, dann könne man sagen, die Aufgaben des Staates, die man sämtlich als interdependent ansehe, könne man sinnvoll nur dann wahrnehmen, wenn man im Gesamtbereich erst einmal integriert plane und man könne nicht partiell eine gewisse Koordination oder Integration vornehmen. Setze man diese Maßstäbe, dann könne man auch den gesamten Föderalismus unter dem Aspekt des verwaltungswissenschaftlichen Denkens betrachten. Hier müsse man sich aber die Frage stellen, ob nicht der Föderalismus um der Eigenwerte des föderativen Systems willen Mängel in Kauf nehme, die sich unter verwaltungswissenschaftlichem Aspekt als mangelnde Effizienz erwiesen. Dann wandte sich Kölble dem Themenkomplex Langfristplanung zu und erwähnte dabei, daß er selbst einer Arbeitsgruppe vorstehe. Die Planung in den Arbeitsgruppen sei sehr erfreulich,

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Aussprache

weil sie die zwischen der Bundes- und der Länderadministration bestehenden Wälle niedergerissen habe. Gleichwohl müßte die Wirksamkeit der Arbeitsgruppen mit einem Fragezeichen versehen werden, weil sehr ungewiß sei, inwieweit die mühsame planerische Arbeit Aufnahme bei den Politikern fände. Die Aussprache führte Professor Dr. Kisker, Gießen, weiter. Er sagte, dem Referenten könne - trotz Kölble - zugestimmt werden, wenn er die Gemeinschaftsaufgaben als systemfremd bezeichne, insbesondere wenn man bedenke, daß das Institut der Gemeinschaftsaufgaben keinesfalls als abgeschlossen, sondern als Ansatz für eine weitere Kompetenzübernahme zugunsten des Bundes konzipiert worden sei. Allerdings stelle sich die Frage nach der Alternative. Ein anderes gesamtstaatliches Planungssystem, das dem enormen Koordinationsbedürfnis gerecht werden solle, würde gleichfalls Gefahr laufen, Existenz und Lebensfähigkeit der Länder einzuschränken. Es müsse daher unter dem Gesichtspunkt einer Verfassungs reform geprüft werden, ob man nicht eben doch wieder zu einer klaren Kompetenztrennung kommen könne, wobei es Aufgabe der Verwaltungswissenschaften wäre, einmal sorgfältig herauszuarbeiten, was denn nun eigentlich in einiger Selbständigkeit von den Ländern bewältigt werden könne, ohne daß dadurch die Interessen des Gesamtverbandes immer wieder in Frage gestellt würden. Auf die ersten beiden Beiträge erwiderte der Referent, Ministerialrat Dr. Kistner, Stuttgart. Das Referat habe den Versuch unternommen, das Problem der Gemeinschaftsaufgaben lediglich aus verwaltungswissenschaftlicher Sicht zu beleuchten. Im Bundesstaat sei von zwei Regierungsebenen, der des Bundes und der der Länder auszugehen. Beide Regierungsebenen hätten in ihrem Bereich eine horizontale Integrationsfunktion. Die Frage, ob das sektorale Subsystem Gemeinschaftsaufgaben die horizontale Integrationsfunktion der Länderregierung störe, müsse bejaht werden. Aufgrund der organisatorisch und finanziell stärkeren Stellung im Subsystem Gemeinschaftsaufgaben habe der Bund die Möglichkeit, aufgrund seiner spezifisch horizontalen Integrationsvorstellungen gewonnene Prioritätsvorstellungen in die Länder hineinzuübertragen und ihre eigenen Konzeptionen zu beeinträchtigen. Verschiedene Vorstellungen von der Wertigkeit der Aufgaben im Bundes- und im Länderbereich entwickelten sich leicht dadurch, daß die Bundesaufgaben mit den Landesaufgaben schon ressortmäßig nicht deckungsgleich seien. Die Länder liefen daher Gefahr, erhebliche Verzerrungen in ihren politischen Konzeptionen und in den Länderhaushalten hinnehmen zu müssen, seien sie nicht bereit, auf Millionenbeträge zu verzichten. Diese Verzerrungen in den Länderhaushalten könnten praktisch nur dadurch vermieden werden, daß der Bund weitere Länderaufgaben als Gemeinschaftsaufgaben in seine Regie übernehme. Die Länder sollten daher ihr Heil in einer

Aussprache

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Flucht nach vorne suchen und die ganzen gesamtstaatlichen Aufgaben zur Disposition einer gemeinschaftlichen Arbeit, einer ohnehin notwendigen Gemeinsamkeit stellen. Auch institutionell von der Staatsfunktion her bleibe den Ländern nur die Möglichkeit, alles zu geben und funktionell möglichst viel zu behalten. Dies könne in Form einer Langfristplanung geschehen. Die Langfristplanung müsse sich dann auf Parameter, auf eine Global-Steuerung beschränken. Privatdozent Dr. Faller, München, trug vor, die demokratische Legitimation der Planung könne in manchen Fällen durch Befragen der Individuen erfolgen. Aber in solchen Fällen, in denen die öffentliche Hand für die Individuen auf Generationen hinaus zu planen habe, wie beispielsweise im Bildungssektor, sei dies schwierig, weil die Befragungsergebinsse in dem Zeitpunkt, wo sie sich auswirken sollen, schon veraltet seien. Das Thema des Referats, das neben der Bundesstaats- auch die Selbstverwaltungs-Problematik der Regierungsprogramme und Regierungspläne umfaßte, gab Direktor Dr. Sondermann, Gronau, Veranlassung, an den Referenten einige Fragen zu richten. Er fragte, ob der Referent ein Langzeitprogramm auch zwischen Ländern und Gemeinden, ob er Gemeinschaftsaufgaben in diesem Bereich für möglich halte und ob er in dem neuen Instrument des Rates für Stadtentwicklung nach dem Städtebauförderunggesetz eine Möglichkeit sehe, dem Koordinations- und Integrationsbedürfnis näherzukommen, oder ob er eine solche Möglichkeit in den Standortprogrammen, wie sie in Nordrhein-Westfalen erstellt werden, erblicke.

Kistner erwiderte zu den aufgeworfenen Fragen folgendes: Zur demokratischen Legitimation sei zu sagen, daß der Planungsprozeß öffentlich, d. h. gemeinsam gemacht werden sollte. Über die Beteiligung des Parlaments gäbe es eine Reihe von Vorstellungen und Forderungen. Wie das Beispiel Nordrhein-Westfalen zeige, wolle das Parlament bei Planungsvorhaben von grundsätzlicher Bedeutung mitsprechen. Bei anderen Planungsvorhaben wolle man von der Regierung unterrichtet werden, und zwar nicht ex cathedra, also wenn die Dinge gelaufen seien, sondern im Wege der Frühinformation. Das Problem sei überhaupt das, wie es zu Wege gebracht werden könne, all denen, die ein Interesse haben, die Frühinformationen zuteil werden zu lassen. Eine Übertragbarkeit von Planungsgesichtspunkten, die im Bund-Länder-Bereich gelten, auf den Länder-Gemeinde-Bereich seien nur im geringen Maße vorhanden. Das gelte fraglos für die Forderung, daß sich die Regierung zum Zwecke einer effizienteren Administration von Ballast befreien sollte. Aus diesem Grunde sei man in Baden-Württemberg der Auffassung, daß zwischen der Landesebene und der kommunalen Ebene eine weitere Selbstverwal8 Speyer 51

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Aussprache

tungsebene, die regionale Ebene einzuschalten sei, die mit horizontaler Integrationsfunktion ausgestattet werden müsse. Im übrigen sei aber eine Übertragbarkeit von Gesichtspunkten aus der Bund-Länder-Planung in den Länder-Gemeinde-Bereich ziemlich ausgeschlossen. Gegen eine Übertragbarkeit sprächen technische Bedenken aus der Vielzahl der Gemeinden wie auch Bedenken grundsätzlicher Art. Professor Dr. Arndt, Heidelberg, meinte, die Ausführungen von Kistner hinterließen den Eindruck, daß eine massive Attacke gegen das geritten worden sei, was man so gemeinhin Föderalismus nenne. Daß diese Attacke nicht auf größeren Widerspruch gestoßen sei, liege wohl daran, daß sie nicht zugunsten des Bundes geritten worden sei, sondern zugunsten einer abstrakten Freiheit unbestimmter Natur. Es erhebe sich die Frage, auf was für eine Art von Subjekt werde da eigentlich abgezielt, wenn nicht Bund, wenn auch nicht Länder, sondern ein Zentralismus suprematischen Charakters.

Kistner antwortete darauf, die Frage nach dem Subjekt sei für ihn weniger interessant als die Frage nach einer im Stadium zunehmender Verflechtung der Staatsaufgaben notwendig werdenden wirksamen und effizienten Kooperation. Die von ihm bejahte Langfristplanung führe ganz automatisch zu einer geringen Planungskonkretheit und bringe sehr abstrakte Ergebnisse. Die von der Langfristplanung erzielten Ergebnisse seien Vorgaben, die sich der Bund in gleicher Weise gefallen lassen müsse wie die Länder auch. Insofern könne er sich auch mit seiner Konzeption durchaus zum Föderalismus bekennen.

Besonderheiten und Interdependenzen der Entwicklungs-, Fach- und Verwaltungsplanung bei Regierungsplänen Von Ludwig Heigl* I. Vorbemerkungen Im Gesamtrahmen der 40. Staatswissenschaftlichen Fortbildungstagung über Regierungsprogramme und Regierungspläne ist mir das Thema "Besonderheiten und Interdependenzen der Entwicklungs-, Fach- und Verwaltungs planung bei Regierungsplänen" gestellt worden. Die Vielschichtigkeit der mit der Aufstellung und Durchsetzung von Regierungsprogrammen und Regierungsplänen verbundenen Problematik ist Ihnen in den bisherigen Vorträgen aus planungstheoretischer Sicht sicherlich schon eingehend nahegebracht worden. Die Beschäftigung mit diesem Bereich ist vor allem deshalb so schwierig, weil hier wie auf vielen anderen Wissenschaftsgebieten das Verstehen der Terminologie, die sich uneinheitlich entwickelt, immer schwieriger wird. Dabei ist zu befürchten, daß sich hinter der Uneinheitlichkeit und - vielfach auch - Unklarheit der Begriffe die Tatsache verbirgt, daß dieser Problemkreis gedanklich noch nicht hinreichend durchdrungen ist. Als Beispiel dafür möchte ich hier nur das Begriffspaar "Regierungsprogramme und Regierungspläne" anführen. Sicherlich ist es nicht einfach, diese Programme und Pläne eindeutig voneinander zu trennen. Auch in der Gesetzessprache des Rechts der Raumordnung und Landesplanung wird in der Regel in einem Atemzug von Programmen und Plänen gesprochen, ohne daß diese Begriffe sachlich eindeutig abgrenzbar wären. Schon aus diesen wenigen Vorbemerkungen mögen Sie entnehmen, daß ich nicht in der Lage sein werde, alle die im gestellten Thema umfaßten Probleme anzusprechen und daß es mir auch nicht möglich sein wird, die angesprochenen Probleme in Einzelheiten zu erörtern. So soll es vor allem Sinn meiner Ausführungen sein, Ihnen deutlich zu machen, wie sich die vielfältige Planungsproblematik aus der Sicht des Praktikers heute darstellt. Ich habe nicht die Absicht, Ihnen eine neue Antwort auf die Frage "Was ist Planung"? zu geben. Ich käme sonst in Gefahr, mich eines oft

* Wegen Erkrankung des Referenten wurde das Referat von Regierungsdirektor Hasch, München, vorgetragen.

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praktizierten Verfahrens zu bedienen, das Definitionen an den Anfang stellt und alle Phänomene, die nicht in ihren Gegenstandsbereich fallen, ignoriert. Wie immer man auch das Wesen der Planung definieren mag, Einigkeit besteht wohl darüber, daß sie ihre wesentliche Aufgabe darin hat, die auf uns zukommenden Probleme frühzeitig zu erkennen und Vorschläge für ihre Lösung zu erarbeiten. So vielfältig und veränderbar diese Probleme sind, so flexibel muß Planung in ihren Methoden, in ihrem Instrumentarium und in den von ihr angebotenen Entscheidungsvarianten sein. Sicher wird niemand in den Fehler verfallen wollen, die Planung als Allheilmittel oder Patentrezept zur Lösung aller uns gestellten Probleme anzusehen. Dazu wäre man fast versucht, den so gern zitierten Vierzeiler aus B. Brechts Lied von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens wiederzugeben, der da lautet: Ja, mach nur einen Plan Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch 'nen zweiten Plan Gehn tun sie beide nicht. Ein Blick in die politischen und sozialen Systeme des Ostblocks zeigt uns, daß eine allzu perfektionierte Planung trotz eines hohen Kapitalund Arbeitskrafteinsatzes die Probleme häufig nicht lösen kann, sie teilweise sogar verschärft. Auch bei uns ist gelegentlich ein Trend zu einer Planungsgigantomanie zu beobachten, der sich die Lösung der anstehenden Probleme von der Aufstellung umfassender Pläne verspricht, denen Idealvorstellungen zugrundeliegen, die sich mit den zur Erreichung der Zielvorstellungen verfügbaren Mitteln nicht in Einklang bringen lassen. Auf der anderen Seite begegnet man auch heute in der Öffentlichkeit ncch vielfach einem gewissen Mißtrauen gegenüber der Planung, da das Verständnis für die Planung lange Zeit durch ideologische Mißverständnisse (Planung wurde mit Planwirtschaft gleichgesetzt) verdeckt war. Vielfach ist das Unbehagen der Öffentlichkeit, wie kürzlich in einer Fernseh-Sendung über Bildungspolitik von dem Moderator betont wurde, auch in dem "ewigen Planungsgerede" begründet, das zu keinen Ergebnissen führe. Ganz überwiegend hat sich aber wohl doch ein neues Verständnis und auch ein neues Interesse für die Probleme der Planung eingestellt. Dieser breite Konsens über eine Notwendigkeit der Planung beruht wohl vor allem darauf, daß wir uns täglich mit der Dynamik der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung konfrontiert sehen, die sich nicht selbst überlassen bleiben darf. Für den Staat und für die öffentliche Hand ergibt sich die Notwendigkeit zur Planung überdies aus dem völligen Wandel in Struktur und Umfang des Aufgabenbereichs. Über seine frühere Ordnungsfunktion hinaus wird der Staat heute auf weiten Gebieten zur Gestaltung und Hilfe aufgerufen. Auf dem Gebiete

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des Gesundheits- und Bildungswesens ist ein fast völliger Rückzug der nichtöffentlichen Träger zu beobachten. Wirtschaftlich und technologisch besonders anfällige Gebiete, wie etwa die Flugzeugentwicklung oder die Entwicklung von Hochleistungsschnellbahnen, könnten ohne wesentliche öffentliche Unterstützung kaum existieren. Aber auch auf so hergebrachten Wirtschaftsbereichen wie etwa auf dem Sektor Landwirtschaft ist eine kontinuierliche staatliche Einflußnahme über Preisregelungen und Subventionen zur Regel geworden. Daraus folgt, daß diese vielfältige AufgabensteIlung nur bei einer engen Kooperation und Koordination der verschiedenen öffentlichen Verwaltungen befriedigend gelöst werden kann. Aus dieser Notwendigkeit heraus hat das Instrument der Planung Einzug gehalten in die gesamte Haushalts-, Finanz-, Wirtschafts-, Sozialund Bildungspolitik. Diese Erweiterung des staatlichen Aufgabenbereiches setzt aber den Staat zugleich in die Lage, die Entwicklung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse seiner Bürger bei vorausschauender Planung wesentlich mitzugestalten. Die zunehmende Erkenntnis von der Bedeutung der Planung läßt sich auch daran ablesen, daß die mit Planungs aufgaben beschäftigten Behörden und Stellen quantitativ und qualitativ verstärkt werden, daß der Bund bei seinen Ministerien Planungsbeauftragte im Abteilungsleiterrang geschaffen hat und daß schließlich in Bayern ein eigenes Ressort für Landesentwicklung und Umweltfragen errichtet wurde. Nicht zuletzt ist wohl auch diese Fortbildungstagung ein Indiz dafür, welche Bedeutung man der Planung heute zumißt. Mir ist nicht bekannt, was meine Vorredner zu den Begriffen "Regierungsprogramme und Regierungspläne" hier ausgeführt haben. Ich meine aber, daß, wie schon vorher erwähnt, auch diese beiden Begriffe nicht hinreichend klar sind und sich kaum genügend scharf voneinander abgrenzen lassen. So hat z. B. in Bayern der für das ganze Staatsgebiet aufzustellende Raumordnungsplan die Bezeichnung "Landesentwicklungsprogramm ". Auch so allgemeine Regierungsprogramme wie Regierungserklärungen beschäftigen sich in weiten Teilen mit Fragen der Entwicklungsplanung, der Fachplanung und der Verwaltungsplanung. Diese Regierungserklärungen bei Amtsantritt, ihre Wiederholungen, Ergänzungen und Abänderungen bei Haushaltsdebatten oder Erklärungen aus besonderem Anlaß geben die sog. Richtlinien der Politik bekannt. Sie sind keine verbindlichen Pläne, sondern umfassende Grundsatz- und Absichtserklärungen, die das Programm der Regierung nur in mehr oder weniger allgemeinen Zielsetzungen umreißen. Lassen Sie mich als Beispiel hier die Regierungserklärung des bayerischen Ministerpräsidenten vor dem Bayerischen Landtag vom 27. Januar

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1971 anführen. Danach sieht es die Bayerische Staatsregierung als wichtigste Aufgabe an, in den Jahren 1971 - 1974 die bisherige Politik in den Grundzügen fortzuführen und laufend den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Entwicklungen und den absehbaren zukünftigen Verhältnissen anzupassen. Die Bayerische Staatsregierung steht in dieser Legislaturperiode vor der großen Aufgabe, die weitere Entwicklung des Landes in der vom Landesplanungsgesetz vorgeschriebenen Form festzulegen. Sie mißt dieser Aufgabe so viel Bedeutung bei, daß dem Landtag die Bildung eines neuen Geschäftsbereichs für Landesentwicklung und Umweltfragen vorgeschlagen und von diesem gebilligt wurde. Die Erklärung geht dann im Detail auf Problematik und Inhalt der Landesentwicklung ein. Sie fährt fort, daß die Entwicklung des Landes nicht nur wirtschaftlich gesehen werden dürfe; sie müsse auch darauf Rücksicht nehmen, daß die Menschen in einer gesunden Umwelt leben können, d. h., daß es bei der Bewältigung der Umweltfragen, die einen neuen eminent wichtigen Bereich einer modernen Fachplanung ausmachen, nicht nur um die passive Gefahrenabwehr, sondern auch um die Umweltgestaltung geht, um den Menschen künftig mehr noch als bisher Erholungsmöglichkeiten verschaffen zu können. Als weitere Fachplanungsbereiche werden dann die sog. Gemeinschaftsaufgaben angesprochen, nämlich die Hochschulreform, die regionale Strukturpolitik und die Agrarstrukturpolitik, die, obwohl sie Länderaufgaben geblieben sind, in zunehmendem Maße von der Politik des Bundes abhängig sein werden. Schließlich geht die Regierungserklärung nach der Darlegung der Landesentwicklung und der Darstellung der vielfältigen Aufgabenbereiche der Fachplanungen noch auf die Verwaltungsplanung ein, wenn erklärt wird, daß die Staatsregierung mit einer Kommunalreform ihre Politik, in Stadt und Land möglichst wertgleiche Lebensbedingungen zu schaffen, fortführen will. Diese Verwaltungsreform sollte mit der Neugliederung der Landkreise, die soeben abgeschlossen wurde, begonnen werden. Für alle diese Zielsetzungen, die nur die notwendigsten Aufgaben betreffen, ohne etwa alle Tätigkeiten der Regierung und Verwaltung ansprechen zu wollen oder zu können, so schließt die Regierungserklärung, sei die Durchführung nur möglich, wenn die nötigen Finanzquellen erschlossen werden können und wenn auch das Parlament bereit sei, künftig ausgabenmehrende Beschlüsse mit der mittelfristigen Finanzplanung in Einklang zu bringen. Aufgabe der Verwaltung werde es sein, das von der Regierung vorgegebene Programm möglichst innerhalb der Legislaturperiode in die Tat umzusetzen.

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Ich darf mein Thema hier jedoch insoweit eingrenzen, als ich mich nicht mit dieser sehr allgemeinen Form von Regierungsprogrammen näher befassen möchte. Ich beschränke mich auf konkrete Formen der Entwicklungs-, Fach- und Verwaltungsplanung, die in förmlichen Verfahren aufgestellt werden und denen eine, wenn auch unterschiedliche, Verbindlichkeit zukommt.

11. Entwicklungsplanung Ich wende mich zunächst der Entwicklungsplanung, ihren Besonderheiten und ihren Abhängigkeiten von anderen Planungs arten zu. 1. Begriff der Entwicklungsplanung

Vorweg einige Bemerkungen über den Begriff Entwicklungsplanung. Während man zu den Begriffen "Fachplanung und Verwaltungsplanung" im Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung jeweils eigene Titel findet, erscheinen die Entwicklungspläne und die Entwicklungsplanung unter dem Hauptstichwort "Entwicklungsländer"!. Das deutet darauf hin, daß man bisher die Entwicklungsplanung im landläufigen Sinne mit Entwicklungsprogrammen für wirtschaftlich unterentwickelte Länder als Instrument für die Bemühungen ihres wirtschaftlichen Aufbaus angesehen hat. Neuerdings wird dieser Begriff aber auch in anderem Zusammenhang gebraucht. So hat Dr. Schulze vom Planungsstab der Senatskanzlei Hamburg in der Mitgliederversammlung der deutschen Sektion des internationalen Instituts für Verwaltungswissenschaften in Hamburg 1968 über "Entwicklungsplanung als Grundlage moderner Staatspolitik" referiert. In dieser ThemensteIlung zeichnet sich bereits eine neue Deutung dieses Begriffes ab. Als übergreifende Synthese von Raumordnung aller Ebenen mit der ökonomischen, technologischen und sozialen Programmierung definiert Weyl in seinem Beitrag "Strukturveränderung und Entwicklungsplanung", der in den Informationen des Instituts für Raumforschung 1969 (S. 469) erschienen ist, die Entwicklungsplanung. Eingehend behandelt das Problem auch Frido Wagener in seinem Aufsatz "Von der Raumplanung zur Entwicklungsplanung"2. Das vom Verfasser gefundene Ergebnis und sein Vorschlag lassen erkennen, daß er die gebietsbezogene Raumplanung herkömmlicher Art in ihrer heutigen rechtlichen Festlegung zur Beeinflussung des sozialen Prozesses für ungeeignet hält. Die raum-, zeit- und jinanzbezogene Entwicklungsplanung sei das wirksamere 1 Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung nover 1970) Bd. I, Spalte 620 (623 ff.). 2 DVBl. 1970, S. 93 ff.

(2.

Auf!. Han-

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Instrument zur Globalsteuerung der Umwelt. Dahin müsse sich die Raumplanung entwickeln. Ich gehe davon aus, daß sein hier gehaltenes Referat diesen Problemkreis ausführlich dargestellt hat. 2. Raumordnung und Landesplanung als Entwicklungsplanung

Im Hinblick auf die in § 4 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 ROG getroffenen Regelungen äußern Zinkahn-Bielenberg in ihrem Kommentar zum Raumordnungsgesetz die Auffassung, daß Raumordnung und Landesplanung seit langem in ihrem sachlichen Wirkungsbereich die Beschränkung der Einflußnahme auf den Grund und Boden verlassen haben. Dazu habe die Erkenntnis gezwungen, daß die räumliche Entwicklung eines Gebietes auch durch andere Maßnahmen beeinflußt werden könne, wie z. B. durch raumwirksame Investitionen oder durch steuerliche Maßnahmen im Rahmen der Strukturpolitik3 . Auch die im Bayerischen Landesplanungsgesetz vom 6. Februar 1970 (GVBl. S. 9) vorgesehenen verbindlichen Pläne entsprechen nach meiner Auffassung den Anforderungen, die Wagener an die Entwicklungsplanung stellt. Ich darf als Argument hierfür zunächst Art. 4 Abs. 1 und 2 des Landesplanungsgesetzes zitieren: Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung im Sinne des Raumordnungsgesetzes werden im Landesentwicklungsprogramm gern. Art. 13, in fachlichen Programmen und Plänen gern. Art. 15, in Regionalplänen gem. Art. 17 sowie nach Maßgabe von Art. 26 in beschreibender und zeichnerischer Form dargestellt. (2) Die in Abs. 1 genannten Programme und Pläne sowie die einzelnen Ziele der Raumordnung und Landesplanung sind zu begründen. In der Begründung sollen die Ziele der Raumordnung und Landesplanung nach der voraussichtlichen Dringlichkeit ihrer Verwirklichung eingestuft werden. Ferner sollen die überschlägig ermittelten Kosten der Verwirklichung besonders vordringlicher Ziele der Raumordnung und Landesplanung angegeben und in angemessenen Abständen fortgeschrieben werden. Sonstige Angaben, Hinweise und Planungen zur Erläuterung oder Ergänzung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung sind zulässig."

,,(1)

Hier fordert der Gesetzgeber eindeutig die Festlegung der zeitlichen Reihenfolge der einzelnen Maßnahmen und die Angabe des notwendigen finanziellen Aufwands. 3. Standort der Raumordnung und Landesplanung im Rahmen des Verwaltungshandelns

Bevor ich nun auf einige Besonderheiten der Entwicklungsplanung zu sprechen komme, lassen Sie mich kurz etwas zum Standort der Raum3

Zinkahn/Bielenberg,

8 zu § 3 ROG.

Raumordnungsgesetz des Bundes (Berlin 1965), Rdnr.

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ordnung und Landesplanung im Rahmen des Verwaltungshandelns sagen. Die Vorschriften über die Raumordnung und Landesplanung wurden erst zu einem verhältnismäßig späten Zeitpunkt kodifiziert. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bereiche des Verwaltungshandelns bereits fast ausschließlich von den Fachplanungsbehörden okkupiert. Man weiß aus der Praxis, daß jede Bürokratie ihre Eigengesetzlichkeit hat und daß niemand sich gern in die von ihm zu treffenden Entscheidungen hineinreden läßt. Wenn daher in Diskussionen zwischen Raumplanern und Vertretern der Fachplanungen häufig zum Ausdruck kommt, daß die Raumordnung im allgemeinen über ihre Rolle als "Strukturdatenlieferant" noch nicht hinausgewachsen sei und daß es ihr noch nicht gelungen sei, die von ihr entwickelten Vorstellungen hinreichend zu begründen und zu präzisieren, so wird man dem auf der anderen Seite eine mangelnde Kooperationswilligkeit mancher Fachbehörden entgegenhalten dürfen. Es ist daher für die Landesplanung immer noch schwierig, ihren Aktionsradius auszuweiten, um ihren Charakter als übergeordneter und zusammenfassender Planung gerecht zu werden. Ich glaube jedoch, daß insgesamt die Entwicklung in dieser Richtung günstig verläuft. 4. Besonderheiten der Landesplanung als Entwicklungsplanung

Gestatten Sie mir, daß ich im folgenden bei der Aufzählung der Besonderheiten der Entwicklungsplanung statt des Begriffes Entwicklungsplanung den Begriff Landesplanung verwende, da nach meiner dargelegten Auffassung jedenfalls für Bayern in der Sache hier derzeit kein wesentlicher Unterschied erkennbar ist. a) Als hervorstechendste Besonderheit der Landesplanung ist die Komplexität dieser Planungstätigkeit zu nennen, die sich aus dem übergeordneten und überfachlichen sowie überörtlichen Charakter der Planung ergibt. Ich erinnere hier nur daran, welche Vielzahl von Daten gesammelt und welche Vielzahl von Gesichtspunkten berücksichtigt werden müssen, wenn für das Gebiet eines Landes die zentralörtliche Gliederung nach den unterschiedlichen Stufen festgelegt werden soll. Hier sind Gesichtspunkte des Arbeitsmarktes ebenso zu berücksichtigen wie Gesichtspunkte des Sozial- und Bildungswesens, des Verkehrs, der Freizeitbedürfnisse usw. Daneben muß auch das gesamte wirtschafts- und strukturpolitische Instrumentarium des Staates mit Blick auf die Zentralität der einzelnen Orte in Betracht gezogen werden. Schließlich können auch die bestehenden Verwaltungsbereiche und Verwaltungssitze nicht unberücksichtigt bleiben. Diese Komplexität der Landesplanung erfordert einen hohen Bedarf an qualifiziertem Personal aller Fachrichtungen, sie macht einen hohen Kooperationsgrad zwischen Landesplanungsbehörden

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und Fachbehörden notwendig und sie setzt schließlich einen hohen Informationsstand der Landesplanungsbehörden voraus. Die Landesplanung in Bayern steht mitten in der Arbeit am Aufbau einer für ihre Zwecke benötigten Datenbank. Sie ist heute schon so weit, daß mit dem Computer Gemeindegrenzenkarten ausgedruckt werden können. Diese Karten, die auch farbig angelegt werden können, sind ein wesentliches Hilfsmittel für die zeichnerische Darstellung landesplanerischer Gegebenheiten und Probleme aller Art. b) Ein weiteres wesentliches Merkmal der Landesplanung ist ihre Tendenz, Veränderungen zu bewirken. Das hat zur Folge, daß sie mit einer Reihe von Widerständen rechnen muß, da jede Veränderung in bestehende Rechte und Positionen eingreift. Daher ist es entscheidend, daß die Landesplanung organisatorisch innerhalb der Verwaltung so angesiedelt wird, daß sie das notwendige Durchsetzungsvermögen erhält. e) Es steht außer Zweifel, daß die Planung einen echten Öffentlichkeitsbezug, d. h. Adressaten und damit für bestimmte Individuen trotz fehlender direkter Bindungswirkung Konsequenzen hat. Die Inhalte (Absichten und Folgen) der Planung berühren die Interessen von Individuen, Gruppen und Institutionen ("Beplanten"). Dieser Tatbestand kann als planungs-immanenter Öffentlichkeitsbezug definiert werden. Schließlich ist die Landesplanung in hohem Maße auf Anregungen, Impulse und Kritik von außen angewiesen. Das erfordert, daß sie in ihren Maßnahmen möglichst transparent bleibt. Raumordnung und Landesplanung kann nur erfolgreich sein, wenn sie nicht isoliert von einer einzelnen, dafür zuständigen Behörde betrieben wird, sondern wenn sie sich bemüht, in ihren Willens- und Meinungsbildungsprozeß alle relevanten Kräfte des öffentlichen Lebens miteinzubeziehen. Bayern hat deshalb in Art. 11 des Landesplanungsgesetzes die bewährte Institution der Planungsbeiräte aufgenommen. Damit sollen auf Landes-, Bezirks- und auf Regionsebene die Erfahrungen und Wünsche der Organisationen des wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und kirchlichen Lebens nach dem Gegenstromprinzip der Landesplanung nutzbar gemacht werden. Diese Organisationen erhalten damit tätigen Anteil an der Landesplanung. Sie können ihre Wünsche, Anregungen und Forderungen zu einem sehr frühen Zeitpunkt geltend machen, da sie bereits bei der Ausarbeitung der Pläne und Programme zu beteiligen sind. Die Planungsbeiräte sind ein wesentlicher Bestandteil der Demokratisierung der Planung. d) Ein weiteres besonderes Merkmal der Landesplanung ist die Langfristigkeit ihrer Programme und Pläne. Sie werden in der Regel für einen Zeitraum von etwa 15 Jahren aufgestellt. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit einer ständigen Kontrolle und Fortschreibung dieser Pläne,

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wie sie in Art. 14 Abs. 5 BayLplG vom Gesetzgeber den Planungsbehörden aufgegeben ist. Außerdem läßt es die Langfristigkeit zweckmäßig erscheinen, die Planungstätigkeit weitgehend frei von politischen Tageseinflüssen zu halten. e) Typisch für die Landesplanung ist auch ihr grenzüberschreitender Charakter. Sozio-ökonomische Verflechtungen machen nicht an Staatsund Landesgrenzen halt. Es ist daher eine besondere Aufgabe der Landesplanung, die Planung mit benachbarten Ländern der Bundesrepublik Deutschland abzustimmen. Das entspricht dem Gebot des § 5 Abs. 3 ROG und wird auch in Art. 13 Abs. 2 Nr. 2 und Art. 27 BayLplG angesprochen. Ein Beispiel aus bayerischer Sicht stellt die auf der Grundlage eines Staatsvertrages im Entstehen begriffene und die Landesgrenze überschreitende Region "Donau-Iller-Blau" dar, die bayerisch-baden-württembergische Gebiete im Umgriff des Oberzentrums Ulm/Neu-Ulm umfaßt. Ähnliche Vereinbarungen werden auch über die Staatsgrenze hinaus mit den österreichischen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg, z. B. beim sog. Alpenplan, erwogen. f) Eines der typischen Merkmale ist schließlich die Koordinierungsfunktion der Landesplanung. Das Bundesverfassungsgericht sagt in BVerfGE 3, 407: "Die überörtliche Planung fällt unter den Begriff der Raumordnung i. S. des Art. 75 Nr. 4 GG. Diese ist zusammenfassende, übergeordnete, weil sie überörtliche Planung ist und weil sie vielfältige Fachplanungen zusammenfaßt und aufeinander abstimmt." Damit ist auch vom Bundesverfassungsgericht die Koordinierungsaufgabe der Raumplanung angesprochen. Das Wesen der Raumplanung und Landesentwicklung liegt bei dieser Tätigkeit nicht primär in der Entwicklung einer eigenständigen, neuen Fachvorstellung, sondern in der abwägenden Zusammenfassung von Fachüberlegungen zu einem in sich geschlossenen Ganzen in Richtung auf die gesetzlich festgelegten Leitsätze der Raumordnung. Die Entwicklungsplanung soll nicht nur an bereits vollzogene Entwicklungen angleichen, sondern mehr noch auf künftige Entwicklungen Einfluß nehmen. Grundlage für die Ausarbeitung eines Entwicklungsplans bildet die raumordnungspolitische Konzeption. Die Realisierung dieser Konzeption kann sich nur so vollziehen, daß die im Entwicklungsplan zu erfassenden Gebiete in ihrer Struktur so aufgegliedert werden, daß die Raumordnungsziele transparent werden. Da die im Entwicklungsplan vorzusehenden Maßnahmen vielfach einzelnen Fachbereichen zuzurechnen sein werden, bedarf der Plan in diesem Punkt einer eingehenden Abstimmung mit diesen Fachbereichen. Ein solches Verfahren der gemeinschaftlichen Gestaltung einer bestimmten Aufgabe durch mehrere Verwaltungen unter der Gesamtfederführung eines Ressorts ist kein Novum in der Verwaltung. In der Systematik Entwicklungsplanung steht

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die Koordinierungsaufgabe an zweiter Stelle, der Bedeutung nach aber oft an erster. Neben der Frage der raumordnerischen Zusammenarbeit zwischen mehreren Verwaltungsbereichen desselben Planungsträgers kann ich auf einen anderen Zusammenhang, den ich aber nicht näher untersuchen will, nur hinweisen: nämlich auf das Problem der Zusammenarbeit zwischen mehreren Planungsträgern (z. B. Bund/Land). Die R€chtslage hinsichtlich der materiellen Koordinierungskompetenz ergibt sich aus dem ROG. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 5 ROG. Damit hängt eng zusammen die Frage der Ressortierung der Landesplanung. Koordination wird wesentlich als eine Funktion der Leitung, der Verwaltungsspitze gesehen, innerhalb der Regierung sogar als Ausfluß der Richtlinienkompetenz des Kanzlers bzw. des Ministerpräsidenten. Aus diesem Grund ressortiert die Landesplanung in einigen Ländern auch bei der Staatskanzlei, in anderen Ländern bei einem Ressortminister. Die Meinung, daß die Landesplanung neutral sein müsse, infolgedessen also nicht zu einem Fachministerium gehören könne, wird nicht nur durch die Praxis widerlegt, sondern kann auch deshalb nicht akzeptiert werden, weil ja auch die Fachministerien an die Richtlinien der Politik gebunden sind. g) Als Besonderheit anzusprechen und in das herkömmliche Rechtssystem nicht leicht einzuordnen sind auch Rechtscharakter und Art der Bindungswirkung der Pläne und Programme der Raumordnung und Landesplanung. Dazu kommt, daß die Verfahren zu ihrer Aufstellung von Land zu Land unterschiedlich geregelt sind. Obgleich z. B. in Bayern das Landesentwicklungsprogramm in der Form der Rechtsverordnung aufgestellt wird, kann man daraus nicht den Schluß ziehen, daß es sich hier um Recht in materiellem Sinne handelt. Man wird solche Pläne als eine hoheitliche Maßnahme eigener Art, als rechtlich relevante Planungsstufe bezeichnen müssen. In diesem Sinne hat sich auch das OVG Lüneburg! in einer Entscheidung zum früheren Landesplanungsgesetz von Schleswig-Holstein geäußert. Die Bestimmung des Rechtscharakters wird durch die Regelungen über die Bindungswirkung eher noch erschwert. Die in § 5 Abs. 4 ROG vorgesehene Bindung der öffentlichen Planungsträger an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung ist in mancher Richtung noch interpretationsbedürftig und interpretationsfähig. Insbesondere sind Umfang und Inhalt der Bindungswirkung von Plänen der Länder gegenüber den Fachplanungsträgern des Bundes noch nicht hinreichend sicher bestimmt und abgegrenzt. Hier ist auch zu erwähnen, daß die Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung gegenüber dem Einzelnen keine Rechts4

OVG Lüneburg, Urt. v. 4.11. 1970, DVBl. 1971, 320 ff. (321).

Besonderheiten der Entwiddungs-, Fach- und Verwaltungsplanung

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wirkung haben (§§ 3 Abs. 3 und 5 Abs. 4 ROG). Das schließt nicht aus, daß sie über die Bindung anderer Behörden an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung auch für den Einzelnen durchaus relevant werden können. Als besonders prägnantes Beispiel sei hier auf die Bindung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung hingewiesen. Das gilt auch für Raumordnungsklauseln in anderen Fachplanungsgesetzen. Aber auch in einzelnen Genehmigungsverfahren werden Ziele der Raumordnung und Landesplanung häufig über Begriffe wie "öffentliches Wohl", "öffentliches Interesse" oder dergleichen Eingang finden. Durch diese mittelbare Rechtswirkung wird der Rechtsschutz des Einzelnen jedoch nicht geschmälert. Er kann solche Hoheitsakte, in denen Ziele der Raumordnung und Landesplanung für ihn Rechtsfolgen zeitigen, mit den dafür jeweils vorgesehenen Rechtsbehelfen angreifen. 5. Interdependenzen zur Fach- und Verwaltungsplanung

Ich möchte meine Ausführungen über die Entwicklungsplanung nicht schließen, ohne noch einige Hinweise auf Abhängigkeiten zur Fachplanung und Verwaltungsplanung zu geben. a) In Bayern, wie auch in den meisten übrigen Bundesländern hat die Planung keine eigenen Vollzugskompetenzen. Wie Sie vielleicht wissen, war die Frage, ob in Bayern reine Planungsregionen oder Verwaltungsregionen geschaffen werden sollten, lange Zeit umstritten. Unter Planungsregion versteht man ganz allgemein ein Gebiet, innerhalb dessen und für das nach einheitlichen Gesichtspunkten geplant werden soll. Nach dem Landesplanungsgesetz (Art. 13 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BayLplG) ist das Staatsgebiet in Regionen einzuteilen. über die Regionen besagt Art. 2 Nr. 2 BayLplG, daß sie Gebiete sind, zwischen denen ausgewogene Lebens- und Wirtschaftsbeziehungen bestehen oder entwickelt werden sollen. Die Einteilung des Staatsgebietes in Regionen ist im Landesentwicklungsprogramm vorzunehmen, sie kann, wie dies gerade praktiziert wird, als sachlicher Teilabschnitt des Landesentwicklungsprogramms verwirklicht werden. In der deutschen Planungspraxis herrscht übereinstimmung, daß die für die Regionalplanung abzugrenzende Region als sozio-ökonomische Raumeinheit, d. h. als Funktionsraum zu definieren ist. Ausschlaggebend für die Abgrenzung müssen also die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten und Zusammenhänge auf den Hauptbereichen menschlichen Lebens und Wirkens sein. Die Hauptfunktionen - Wohnen, Arbeiten, Erholung, Bildung, Versorgung und Kommunikation - sollen in der Region zusammengefaßt sein. Die räumlichen Verflechtungen können sich in den einzelnen planerischen Bereichen überschneiden; so ist z. B. möglich, daß Schul- und Krankenhauseinzugsbereiche nicht übereinstimmen; auch sind starke wirtschaftliche Orien-

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tierungen zu zwei verschiedenen Zentren nicht selten. In diesen Fällen bleibt oft nichts anderes übrig, als einen Gebietsteil einer Region zuzuschlagen, aber bei der benachbarten Region gleichfalls auf die Beziehungen dieses Gebiets Rücksicht zu nehmen. Man hat im gegenwärtigen Zeitpunkt der reinen Planungsregion schon deshalb den Vorzug gegeben, weil bei einer Belastung der Region mit zu vielen Verwaltungsaufgaben befürchtet werden muß, daß die Planungsaufgabe in den Hintergrund gedrängt wird. Außerdem scheint uns die im Zusammenhang mit der kommunalen Neugliederung in allen Bundesländern notwendige Funktionsanalyse über eine künftige Aufgabenverteilung zwischen Gemeinden, Landkreisen und Bezirken noch nicht so weit abgeklärt zu sein, daß sich mit der wünschenswerten Sicherheit ein für die Planungsregionen geeigneter Verwaltungsaufgabenkatalog erstellen ließe. Das Fehlen solcher Vollzugskompetenzen bringt die Landesplanung aber natürlicherweise in eine starke Abhängigkeit von Fachplanungsträgern und von den kommunalen Gebietskörperschaften. Die Programme und Pläne der Landesplanung können nur Schwerpunkte der Infrastrukturausstattung und des Arbeitsplatzangebotes ausweisen (zentrale Orte, Entwicklungsachsen). Die angestrebten Entwicklungen werden aber nicht von der Landesplanung selbst bewirkt, vielmehr kommt es darauf an, entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen und alle Planungsträger, die an der Verwirklichung dieser Entwicklungsmöglichkeiten mitwirken können, zur aktiven Mitwirkung zu veranlassen. Aber auch soweit unerwünschte Entwicklungen verhindert werden sollen, ist die Landesplanung auf die Mitwirkung der Fachplanungsträger und Fachbehörden angewiesen. Ein Beispiel dafür gibt der gegenwärtig in Bayern in Aufstellung befindliche Alpenplan. Er soll nach den landesplanerischen Vorstellungen die Erschließung des Alpenraums in der Weise lenken, daß eine Zone C bestimmt wird, die von der Erschließung im wesentlichen freizuhalten ist, daß eine Zone B bestimmt wird, in der die Möglichkeit einer Erschließung landesplanerisch von Fall zu Fall überprüft wird, und daß schließlich eine Zone A ausgewiesen wird, in der Erschließungsmaßnahmen aus landesplanerischer Sicht keinen Bedenken begegnen. Als die wichtigste und einschneidendste Erschließungsmaßnahme ist hier der Bau von Bergbahnen zu nennen. Der Bau und die Errichtung solcher Bahnen wird aber nicht durch den Alpenplan unmittelbar verhindert. Vielmehr wird die Zielsetzung des Alpenplanes erst dadurch wirksam, daß die Genehmigungsbehörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bergbahngesetz dieses Ziel der Raumordnung und Landesplanung bei der Würdigung der öffentlichen Belange zu berücksichtigen hat und auf diese Weise gegebenenfalls zu einer Ablehnung des Antrags kommt. b) Bei der Aufstellung des Landesentwicklungsprogramms ist die oberste Landesplanungsbehörde ebenfalls in erheblichem Maße auf die

Besonderheiten der Entwicklungs-, Fach- und Verwaltungsplanung

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Kooperationswilligkeit und das Fachwissen der Fachressorts angewiesen. Diese gestalten durch Lieferung ihrer Fachbeiträge den Inhalt des Landesentwicklungsprogramms wesentlich mit. c) Schließlich ist die Landesplanung auch von der Verwaltungsplanung abhängig. Insbesondere bei der Festlegung der zentralörtlichen Gliederung spielt es eine wesentliche Rolle, ob und in welchem Umfang vorgesehene zentrale Orte Sitz staatlicher oder kommunaler Behörden sind. Im Verhältnis zur Verwaltungsgliederung ist außerdem gefordert, daß eine Planungsregion sich regelmäßig auf das zusammenhängende Gebiet mehrerer Landkreise unter Einbeziehung der Stadtkreise erstrecken soll und daß das Gebiet einzelner Gemeinden nicht geteilt werden darf (Art. 2 Nr. 2 BayLpIG). III. Fachplanung

Ich wende mich nun der Fachplanung zu. Fachplanung ist, nach dem Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung "die von den jeweils zuständigen Fachdienststellen (Fachministerien des Bundes und der Länder, Gebietskörperschaften und sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften) betriebene systematische Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen, die auf die Entwicklung bestimmter Sachbereiche ausgerichtet sind"s. Daß einige dieser Fachbereiche besonders raum relevant sind, ich meine etwa das Verkehrs- und Versorgungswesen, braucht kaum betont zu werden. Ich darf mit einigen Worten auf die Bereiche der Verkehrsplanung, der Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, der Finanz- und Umweltplanung eingehen, da gerade in diesen Bereichen planerische Maßnahmen auf Regierungsebene teils erfolgt sind und teils bevorstehen. 1. Verkehrsplanung

a) Die Verkehrsplanung als Fachplanung ist durch eine Reihe von Besonderheiten gekennzeichnet, die für andere Planungsarten nicht in diesem Maße relevant sind. Ich meine an erster Stelle die Rücksichtnahme auf die topographischen und klimatischen Verhältnisse. Gerade die Vorplanung für den Flughafen München II hat gezeigt, daß 7 von 20 Standorten schon deshalb nicht in die engere Wahl gezogen werden konnten, weil die topographischen und klimatischen Verhältnisse die Anlage eines Flughafens dort nicht zugelassen hätten. 5 Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung nover 1970) Bd. I, Spalte 683 ff.

(2.

Auf!. Han-

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Aber auch auf die Besiedelung muß in erheblichem Umfang Rücksicht genommen werden. Wir erleben gerade jetzt in München, wie die Anlage eines großen Rangierbahnhofes, den die Bundesbahn bereits seit J ahrzehnten geplant hat, deshalb auf Schwierigkeiten stößt, weil die Besiedlung in der Umgebung dieses Geländes inzwischen so fortgeschritten ist, daß eine sorgfältige Prüfung etwaiger Emmissionen und ihrer Auswirkungen auf die dortige Wohnbevölkerung erfolgen muß. Schließlich spielt auch die Wirtschaftsstruktur bei Verkehrsplanungen eine besondere Rolle. So besteht wiederum in München gegenwärtig ein erheblicher Bedarf zur Errichtung eines sog. Container-Bahnhofs, der trotz der im Münchener Raum vorhandenen planerischen Schwierigkeiten kaum an anderer Stelle errichtet werden kann, weil der überwiegende Teil der dort umzuschlagenden Güter für den Münchener Raum bestimmt ist. Im Gegensatz zur Entwicklungsplanung verfügt die Fachplanung in der Regel auch über ein entsprechendes Instrumentarium zur Durchsetzung ihrer Planungen. Das regelmäßig vorgesehene Planfeststellungsverfahren erzeugt unmittelbare Rechtswirkungen auch gegenüber dem betroffenen Bürger. Es ist eine wichtige Voraussetzung für ein etwa notwendiges Enteignungsverfahren. Von daher ergibt sich auch die Notwendigkeit, Fachpläne mit einer sehr ins Detail gehenden Genauigkeit auszuarbeiten, damit sich der Kreis der Betroffenen zuverlässig ermitteln und ihre Reaktion soweit wie möglich im voraus abschätzen läßt. Alle diese Besonderheiten muß ein Gesamtverkehrsplan, der in Bayern als Regierungsplan aufgestellt worden ist, berücksichtigen. b) Die Interdependenzen zwischen Entwicklungsplanung und Verwaltungsplanung einerseits und der Fachplanung andererseits werden auch aus der Sicht der Fachplanung deutlich erkennbar. Es liegt auf der Hand, daß beispielsweise alle Maßnahmen des Verkehrs im weitesten Sinne die räumliche Entwicklung beeinflussen, also für sie günstig oder ungünstig sein können. Es kommt daher sehr darauf an, ob die Träger solcher Planungen ihre Maßnahmen entwicklungskonform oder gegenläufig ausrichten. Ein leistungsfähiges Verkehrsnetz und eine attraktive Verkehrsbedienung sind Grundvoraussetzungen für eine sinnvolle Raumordnung. Verkehr ist nicht Selbstzweck, sondern er erfüllt für die Gesellschaft eines Raumes eine Basisfunktion, die das Entstehen moderner Lebens- und Wirtschaftsformen vielfach erst ermöglicht. Die Zielvorstellungen und Planungen im Bereich des Verkehrs müssen sich daher auf die Zielvorstellungen der Planung ausrichten. Maßnahmen der Verkehrsplanung werden sich daher in Zukunft verstärkt an der zentralörtlichen Gliederung und an den im Landesentwicklungsprogramm und in den Regionalplänen festgelegten Entwicklungsachsen orientieren müssen.

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Solche Erwägungen haben ihren Niederschlag in den Raumordnungsklauseln der Verkehrsgesetze (z. B. § 16 Bundes-Fernstraßengesetz, § '6 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz) sowie weiterer Fachplanungsgesetze gefunden. Diese Klauseln sind z. T. vor und z. T. nach dem Erlaß des ROG geschaffen worden. Sie enthalten Tatbestandsmerkmale, die eine Berücksichtigung oder Beachtung, ein Rechnungtragen oder ein In-EinklangStehen mit den Zielen und Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung verlangen. Die rechtliche Bedeutung dieser Klauseln wird auch heute noch unterschiedlich beurteilt. Sie kann auch nicht generell, sondern muß jeweils aus dem Sinn und Zweck und aus ihrer Stellung im gesamten Rechtssystem durch Auslegung ermittelt werden. Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Verkehrs- und Verwaltungsplanung wird insbesondere im Hinblick auf die notwendige Verkehrsbedienung von Verwaltungssitzen deutlich. 2. Weitere raumbedeutsame Fachplanungen

Lassen Sie mich zum Schluß des Abschnittes Fachplanung noch kurz einige Planungen streifen, die ebenfalls besonders raumrelevant sind. a) Ich habe schon bei der Erörterung des Begriffes Entwicklungsplanung darauf hingewiesen, daß gerade auch die staatliche Investitionsplanung besonders raumbedeutsam ist. Sie wissen, daß der schon zitierte § 3 Abs. 2 ROG deshalb die Bindung raumwirksamer Investitionen an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung vorschreibt. Nun ist die staatliche Finanzplanung und damit auch die Investitionsplanung durch die §§ 9 und 14 des Stabilitätsgesetzes vom 8. Juni 1967 (BGBL I S. 582), wie auch durch § 50 des Haushaltsgrundsätzegesetzes vom 19. August 1969 (BGBL I S. 1273) auf eine neue rechtliche Basis gestellt worden. Bund und Länder sind verpflichtet, fünf jährige Finanzpläne aufzustellen. Diese Finanzplanung hat zwar in erster Linie wirtschaftspolitische, insbesondere konjunkturpolitische Zielsetzungen. Das darf aber nicht ausschließen, daß auch die raumrelevanten Aspekte einer solchen Finanzplanung erkannt und die sich daraus ergebenden Folgerungen gezogen werden. Ich weise hier nur darauf hin, daß im Finanzplan die vorgesehenen Investitionsschwerpunkte zu erläutern und zu begründen sind. Daher muß die Finanzplanung mehr als bisher mit den Plänen der Raumordnung und Landesplanung abgestimmt werden, damit die Gesichtspunkte der Raumordnung zum Tragen kommen. Eine solche Abstimmung sollte unbeschadet des Budgetrechts des Parlaments institutionalisiert werden. b) Als weitere Fachplanung möchte ich die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ansprechen, die nach Einfügung der Art. 91 a 7 Speyer 61

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und 104 a in das Grundgesetz nunmehr als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern wahrgenommen wird. Die enge Verzahnung von Gemeinschaftsaufgaben, z. B. der Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und der Raumordnung, kommt vor allem in den §§ 1 Abs. 2 und 5 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6. 10. 1969 (BGBL I S. 1861) zum Ausdruck, wo die Voraussetzungen der Förderungsgebiete und der Inhalt des sog. Rahmenplanes angesprochen sind. Nach § 5 Nr. 1 GRW sind die förderungsbedürftigen Gebiete (vgl. auch § 2 Abs. 1 Ziffer 4 und 5 des Bundesraumordnungsgesetzes) im Rahmenplan abzugrenzen. Der Planungsausschuß hat, so heißt es in der Bundestags-Drucksache VI/2451, S. 7, festgestellt, daß die bisher entwickelten wirtschaftlichen Methoden keine ausreichenden Grundlagen für eine Neuabgrenzung der Förderungsgebiete bieten und daß die notwendigen regionalstatistischen Daten nicht in befriedigendem Umfang vorhanden sind. Daher beschloß der Planungsausschuß, den Rahmenplan zunächst auf der Grundlage der Gebietsabgrenzung der bestehenden Regionalen Aktionsprogramme. Die Neuabgrenzung soll jedoch bis 1. 1. 1975 auf der Grundlage eines entsprechenden Vorschlags der Ministerkonferenz für Raumordnung erfolgen. c) Zur weiteren Verdeutlichung der Zusammenhänge und Abhängigkeiten von Fachplanung und Raumordnung möchte ich mich noch einer relativ neuen oder zumindest neu verstandenen Fachplanung zuwenden, dem Komplex der Umweltfragen. Die meisten Probleme der Umweltgestaltung und des Umweltschutzes sind eminent raumrelevant. Die Notwendigkeit der Raumordnung erhält einerseits durch die akuten Probleme des Umweltschutzes als einer gewichtigen Fachplanung eine neue Bestätigung. Zum anderen wird die Raumordnung selbst vor die Aufgabe einer Neuorientierung im Sinne einer Schwerpunktverlagerung auf die Fragen des Umweltschutzes gestellt. Umweltschutz kann zu einem wesentlichen Teil durch eine sinnvolle räumliche Ordnung gewährleistet werden. Innerhalb der räumlichen Gliederung kommt der Gestaltung des Siedlungswesens besondere Bedeutung zu. Hauptaufgabe der Raumordnung in den Verdichtungsräumen ist die Verhinderung oder Beseitigung von sog. überbelastungserscheinungen. Diese sind zu einem wesentlichen Teil gleichzeitig auch Probleme des Umweltschutzes. Das Grundanliegen der Raumordnung und Landesplanung, die ländlichen Räume durch Sicherung einer genügenden Bevölkerungszahllebensfähig zu erhalten, ist nicht in gleicher Weise identisch mit den Erfordernissen des Umweltschutzes wie bei den Zielsetzungen für die Verdichtungsräume. Aber die Erhaltung einer durch Land- und Forstwirtschaft gepflegten Kulturlandschaft ist z. B. eine

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wesentliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit von Erholungsgebieten. Eine großflächige Aufgabe von Kulturland könnte, zumindest vorübergehend, auch den Naturhaushalt gefährden, z. B. durch verstärkte Erosion. Die zahlreichen Umweltgefährdungen in Erholungsräumen betreffen, ebenso wie in den Verdichtungsräumen, eine räumliche Gesamtheit, berühren somit ein Gesamtproblem der Raumordnung. Andererseits muß die Raumordnung aber auch die Einzelfaktoren beachten und insbesondere auf der Ebene der Regionalplanung an konkreten Einzelfällen mitwirken. Dies gilt vor allem dann, wenn die Gefahr größerer Beeinträchtigungen des Gesamtraums besteht. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur ein paar Beispiele anführen: Standortwahl von Flughäfen in Verdichtungsräumen im Hinblick auf die Lärmentwicklung, Bestimmung von Flächen für Mülldeponien oder für Verbrennungsanlagen u. ä. All diese Probleme werden ihren Niederschlag in den Entwicklungsplänen finden müssen. Sie sind als Ziele der Raumordnung und Landesplanung festzulegen.

IV. Verwaltungsplanung Ich komme nunmehr zum Bereich der Verwaltungsplanung. Als Verwaltungsplanung bezeichnet man "den am Verwaltungszweck orientierten Entwurf des institutionellen Aufbaus und der räumlichen Abgrenzung einer Verwaltungsorganisation. Gegenstand der institutionellen Verwaltungsplanung", so heißt es im Handwörterbuch für Raumforschung und Raumordnung, "sind die rechtlichen Befugnisse, die Stufenordnung und die personelle wie sachliche Ausstattung der Verwaltungseinheiten. Gegenstand der räumlichen Verwaltungsplanung ist die Bestimmung von Standort (Sitz) und räumlichen Zuständigkeitsbereichen (Gebiet, Grenzen) von Verwaltungseinheiten; hierzu gehört auch die räumliche Verteilung der zur Einrichtung und Funktion der Verwaltung erforderlichen Anlagen "6. Die fast allenthalben in Deutschland bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts bestehende kommunale Gebietsgliederung - Kernstück der Verwaltungsorganisation - reicht in eine Zeit zurück, in der die Ideen der Aufklärung und des wirtschaftlichen Liberalismus an Boden gewannen. Sicherheit und Ordnung nach außen und innen und Vermeidung der Einwirkung auf die Sozial- und Wirtschaftsordnung waren Kennzeichen des liberalen Staats. Rapider technischer Fortschritt, zunehmende Industrialisierung, starke Bevölkerungsvermehrung, gesteigerte Mobilität und weitgehende Verstädterung haben eine Veränderung der Gesell6 Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung (2. Auf!. Hannover 1970) Bd. III, Spalte 3655 ff.

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schafts struktur und der Umwelt mit sich gebracht, die sich in ständig neuen Anforderungen an die Verwaltung und die Leistungen der Gemeinschaft ausdrücken. Konzentration der Wirtschaftskraft und der Bevölkerungsentwicklung auf einzelne Verdichtungsgebiete haben zu einem zunehmenden Gefälle zwischen den Lebensbedingungen in den Städten und auf dem flachen Land geführt. Die Leistungsdifferenz der kommunalen Selbstverwaltung in der sog. Daseinsvorsorge zwischen Stadt und Land wird immer größer. Damit verstärkt sich auch der Ruf nach einer umfassenden Verwaltungsreform.

1. Besonderheiten der räumlichen Verwaltungsplanung

Ich möchte mich in den folgenden Ausführungen auf die räumliche Verwaltungsplanung beschränken. Dabei will ich kurz auf die kommunale Neugliederung auf Landkreisebene in Bayern eingehen. Sie war durch folgende Besonderheiten gekennzeichnet. a) Zunächst wurde die Kreisreform vor der Gemeinde- und Bezirksreform durchgeführt. Das hatte seine Gründe darin, daß man im entscheidenden Stadium der Gemeindereform bereits über vollfunktionsfähige Landratsämter verfügen will. Ein anderer Grund für die Vorwegnahme der Kreisreform war das Bestreben, Fehlinvestitionen bei den Standorten von Einrichtungen der überörtlichen Daseinsvorsorge zu vermeiden. b) Als weitere Besonderheit dieser Verwaltungsplanung ist zu erwähnen, daß die Doppelfunktion der Landkreise als Selbstverwaltungskörperschaft einerseits und als Sitz der unteren staatlichen Verwaltungsbehörden andererseits berücksichtigt werden müßte. Damit war einmal das Ziel der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung anzusteuern. Das setzt voraus, daß das Gebiet überschaubar bleibt und daß die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben gewährleistet ist. Auf der anderen Seite mußte auch die Effektivität, Wirtschaftlichkeit und Bürgernähe der staatlichen Verwaltung sichergestellt werden. Gleichzeitig sollte eine optimale Organisationsgröße für diese Verwaltungseinheiten gefunden werden, welche die übernahme bisher den Regierungen obliegenden Aufgaben ermöglichen sollte. c) Schließlich ist die Kreisreform eine grundlegende Voraussetzung dafür, die Lebensverhältnisse auf dem Lande verbessern und in Stadt und Land möglichst wertgleiche Lebensbedingungen, insbesondere gleiche Bildungschancen, vergleichbare Versorgungseinrichtungen und qualifizierte Arbeitsplätze schaffen zu können.

Besonderheiten der Entwicklungs-, Fach- und Verwaltungsplanung

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2. Abhängigkeiten der räumlichen Verwaltungsplanung von der Entwicklungsplanung

Verwaltungsreform und Entwicklungsplanung hängen wohl eng miteinander zusammen, doch sind ihre Probleme nicht miteinander identisch. a) Die kommunale Gebietsreform und Verwaltungsneugliederung kann nicht losgelöst von der Landesplanung durchgeführt werden. Denn auch eine zweckmäßige Neueinteilung von Regierungsbezirken, Kreisen und Gemeinden wird die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Beziehungen zugrundezulegen haben und die vorhandenen Versorgungsmöglichkeiten und Verkehrsverbindungen berücksichtigen müssen. Dies hat sich gerade bei der ersten Phase der Gebietsreform in Bayern, nämlich bei der Kreisreform gezeigt. Darauf weist die Begründung zum Entwurf einer Verordnung zur Neugliederung Bayerns in Landkreise und kreisfreie Städte auch hin, wenn sie als eines der Ziele die Verbesserung der Lebensverhältnisse und den Abbau des Leistungsgefälles zwischen Stadt und Land aufstellt und ausdrücklich auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung, wie sie die Bayerische Staatsregierung schon vor Aufstellung des Landesentwicklungsprogramms in den Programmen Bayern I und II dargestellt hat, Bezug nimmt. b) Raumordnerische Gesichtspunkte zur Frage des Sitzes und Zuständigkeitsbereiches von größeren Verwaltungsdienststellen, wie sie die Ministerkonferenz für Raumordnung7 vorgeschlagen hat, haben einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Gebietsreform. Die Bestimmung des Standorts und des räumlichen Zuständigkeitsbereichs von Verwaltungsdienststellen ist von raumordnerischer Bedeutung. Vor allem ist die Tätigkeit der Verwaltungsdienststellen je nach ihrem Aufgabenbereich und je nach der räumlichen Ausdehnung ihrer Zuständigkeit ein wichtiger Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft eines größeren Bereichs mit Dienstleistungen. Aus raumordnerischen Erwägungen sollte der Standort einer Verwaltungsdienststelle einfache und schnelle Fühlungnahmen mit solchen Stellen anderer Verwaltungen und der Wirtschaft ermöglichen, mit denen nach ihrem Aufgabenbereich Kontakte zu pflegen sind. Der Standort einer Verwaltungsdienststelle, die von der Bevölkerung in stärkerem Maße aufgesucht wird, soll verkehrsgünstig erreichbar sein. Alle Behörden, denen nicht nur örtliche Bedeutung zukommt, sollten demnach in Raumordnungsprogrammen und -plänen festgelegte Zentrale Orte als Behördensitz haben. 7

Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 21. Nov. 1968.

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Bei Verwaltungsdienststellen mit Publikumsverkehr sollte die Zentralitätsstufe des zentralen Ortes regelmäßig um so höher sein, je weiträumiger die Zuständigkeit der Verwaltungsdienststelle ist. Soweit Verwaltungsdienststellen ihrer Aufgabe und Wirkungsweise nach nicht von bestimmten Standortvoraussetzungen abhängig sind, sollten sie zur wirtschaftlichen Stärkung in geeigneten Zentralen Orten strukturschwacher Gebiete errichtet werden. Nur dann, wenn der Zuständigkeitsbereich einer Verwaltungsdienststelle nach Funktion und räumlicher Ausdehnung nicht dem Verflechtungsbereich des für den Sitz in Erwägung gezogenen Zentralen Ortes entspricht, kann sich ein anderer Standort empfehlen. Dafür kommen Zentrale Orte niedrigerer Stufe oder Entlastungsorte dann in Betracht, wenn eine Verstärkung ihrer Zentralität raumordnerisch erwünscht ist. Dabei ist eine Kongruenz von Planungs- und Verwaltungsraum nicht unbedingt das erstrebenswerteste Ziel, da der Planungsraum, worauf NiemeierB zu Recht hinweist, in seiner Abgrenzung beweglicher als der Verwaltungsraum bleiben sollte. Es wird jedoch eine Übereinstimmung zwischen dem Nahversorgungsbereich eines zentralen Ortes als der kleinsten Raumordnungseinheit und dem Zuständigkeitsbereich von Behörden der untersten Verwaltungsstufe angestrebt. Darunter sind die Gemeinden oder die Verwaltungsgemeinschaften zu verstehen. Aber auch die Grenzen größerer Verwaltungseinheiten wie der Landkreise und der Regierungsbezirke sollen sich an den N ahbereichsgrenzen ausrichten. Ein weiteres Anliegen der Raumordnung ist es, daß sich in einem Landkreis bzw. einer von ihm umschlossenen kreisfreien Stadt für die Masse der Bevölkerung auch die Arbeitsplätze befinden. Da das Kreisgebiet mit dem Einzugsbereich seiner Entwicklungsschwerpunkte nach Möglichkeit identisch sein soll, bildeten die zu beobachtenden Pendlerströme eines der entscheidenden Kriterien bei der gebietlichen Abgrenzung der neuen Landkreise.

V. Politische Aufgabenplanung Lassen Sie mich nach diesem Überblick über die mir am augenfälligsten erscheinenden Besonderheiten und Interdependenzen noch einen kurzen Ausblick auf eine besondere Entwicklung in der Planung geben, auf die sog. politische Aufgabenplanung, insbesondere auf den Versuch einer Zusammenarbeit von Bund und Ländern auf diesem Gebiet. Die Frage der Zuordnung dieser Aufgabenplanung spielt eine nicht unwesentliche Rolle bei den Untersuchungen der sog. Enquete-Kommis8 Hans-Gerhart Niemeier, "Die landesplanerischen Grundlagen der Gutachten zur Verwaltungsreform in Nordrhein-Westfalen", DÖV 1969, S. 369 ff.

Besonderheiten der Entwicklungs-, Fach- und Verwaltungsplanung

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sion zur Frage der langfristigen Aufgabenplanung im Bund. Dabei wird einerseits der Rechtscharakter der zentralen Aufgabenplanung als Ausdruck der Richtlinien der Politik des Art. 65 S. 1 GG betont, zum anderen aber auch unter Hinweis auf das sog. Kollegialprinzip die Aufgabenplanung auch als Angelegenheit der Gesamtregierung gesehen. Ein Schritt zur Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der politischen längerfristigen Aufgabenplanung für den Zeitraum 1972 -1985 wurde zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Länder im Juli vorigen Jahres vereinbart. Diese Aufgabenplanung läßt die Arbeiten des Finanzplanungsrates und der Planungsgremien für die Gemeinschaftsaufgaben, deren Hauptgewicht im mittelfristigen Bereich liegt, unberührt. Die längerfristige Aufgabenplanung soll Bund und Ländern, soweit dies für die gesamtstaatliche Entwicklung erforderlich ist, Orientierungsdaten als Entscheidungshilfe in Form der Ausarbeitung von Lösungsalternativen geben. Hierbei soll die Erarbeitung einer gemeinsamen Datenbasis und die Entwicklung vergleichbarer Methoden und Verfahren angestrebt werden. Die Zusammenarbeit soll nicht nur in einer Koordinierung der vorhandenen Fachplanungen des Bundes und der Länder bestehen, sondern es sollen - unbeschadet der jeweiligen Rechte, getrennte Rahmenplanungen aufzustellen - gemeinsame Rahmenüberlegungen zur Frühkoordinierung in den Bereichen angestellt werden, in denen vermutlich die Schwerpunkte der Veränderungen in den nächsten 15 Jahren liegen werden. Damit bin ich im wesentlichen am Ende meiner Ausführungen. Gestatten Sie mir noch eine kurze Schlußbemerkung. "Entscheidungen zu fällen ist die Grundaufgabe jeder Regierung. Jede Hilfestellung bei der Lösung dieser schweren, aber unumgänglichen Aufgabe kann dazu beitragen, die Ergebnisse des Regierens qualitativ und quantitativ zum Nutzen der Staatsregierung zu verbessern 9 ." Dabei kann die Planung eine wichtige Hilfestellung geben. Ungeachtet aller Besonderheiten der einzelnen Planungsarten muß es für alle mit der Planung Befaßten darauf ankommen, sich entschieden zu Schwerpunkten und Prioritäten des Regierungs- und Verwaltungshandelns zu bekennen und die sich daraus ergebenden Maßnahmen im Rahmen des Möglichen durchzusetzen. So kann die Planung in der Demokratie statt zu einer Einengung zu einer Erweiterung des Freiheitsraumes des Menschen entscheidend beitragen. Sieht man diese Zielsetzung der Planung, so verliert sich viel von dem Unbehagen, das ihr Entstehen und Eindringen in Regierung und Verwaltung lange begleitet hat. 9

Bähret, Entscheidungshilfen für die Regierung, S. 270.

Aussprache zum Vortrag von Ludwig Heigl Bericht von Eberhard Weber

Die Aussprache stand unter der Leitung von Professor Duppre, Mainz. Sie wurde eröffnet von Ministerialdirigent Dr. Brenken, Mainz, der sich gegen die von Professor Wagener vorgetragene Ansicht wandte, daß die heutige Raumplanung (Entwicklungsplanung) im wesentlichen noch eine Auffangplanung sei. Diese zweite Phase der Planung sei spätestens, wenn auch indirekt, mit dem Erlaß des Bundesraumordnungsgesetzes überwunden worden. Bereits mit den Landesplanungsgesetzen aus der Nachkriegszeit, deren Ziele in einer raumordnerischen Gesamtkonzeption für das jeweilige Planungsgebiet bestanden hätten, sei die Weiche für eine Entwicklungsplanung gestellt worden. Er verwies darauf, daß alle Raumordnungspläne, auch diejenigen, die schon vor Erlaß des Bundesraumordnungsgesetzes ergangen seien, die Bestimmung enthielten, alle raumwirksamen Faktoren zu erfassen und insbesondere auch die öffentlichen raumwirksamen Investitionen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang erinnerte er dar an , daß die Mehrzahl der Bundesländer ihre Raumordnungspläne für das Gesamtgebiet als Landesentwicklungspläne oder -programme bezeichneten. Man könne daher davon ausgehen, daß die Entwicklungsplanung als dritte Phase der Planung spätestens Mitte der 60er Jahre eingesetzt habe. Man müsse aber feststellen, daß sich die Planungspraxis auf diese Gesetzeslage, die dadurch gekennzeichnet sei, daß die Raumordnungspläne im Sinne der Erfassung aller raumbedeutsamen Faktoren und im Sinne der Verbindlichkeiten Regelungen träfen, die die Gesamtheit der öffentlichen Investitionen mitbeeinflußten, noch nicht voll eingependelt habe. Die von Wagen er in dessen Referat herausgearbeiteten 10 Mängelrügen seien daher zwar in vielen Punkten berechtigt, es müsse jedoch vor dem Streben nach einem Perfektionismus gewarnt werden, der nicht nur nicht erreichbar, sondern auch wegen ungenügender Flexibilität unerwünscht sei.

Brenken ging dann auf das Verhältnis von Finanzplanung zur Raumordnungs- und Landesplanung ein. Es sei notwendig, hier eine Verbindung insofern zu schaffen, als es Aufgabe der Raumordnung sei, die

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langfristigen Pläne aufzustellen, diese Verstärkung der Prioritätsangaben auch auf einen mittelfristigen Zeitraum zu beziehen, und daß man dann für diesen mittelfristigen Zeitraum eine ,A.bstimmung mit der Finanzplanung herbeiführe. Wenn man so zu einer objektbezogenen Prioritätsangabe in den Raumordnungsplänen käme, hätte man einen wesentlichen Schritt in Richtung auf die Koordinierung der Planung getan. Ministerialrat Dr. Frost, Kiel, wandte sich der Frage nach dem Verhältnis der Fachplanung und Verwaltungsplanung zu der Raumplanung zu. Er wies auf die nach seiner Ansicht bestehende "Stiefkindereigenschaft" der Fach- und Verwaltungsplanung im Hinblick auf die raumordnende Planung hin.

Frost machte auf die Notwendigkeit der Klärung der Begriffe Landesplanung und Landesentwicklungsplanung aufmerksam. Nach seiner Meinung sei Landesentwicklungsplanung im Hinblick auf Fach- und Verwaltungsplanung der zusammenfassende übergeordnete Begriff. Wenn das aber richtig sei, dann habe das für die Planungsorganisation zur Folge, daß die Planungsstäbe, vor allem aber die Planungsbeauftragten, bei der Landesentwicklungsplanung angesiedelt werden müßten. Dagegen bestünden zumindest z. Z. noch Bedenken, denn bei den Raumordnern sei heute weder die Arbeitsweise noch das Selbstverständnis vorhanden, für eine Gesamtplanung verantwortlich zu sein. Professor Wagener, Speyer, kritisierte, daß das, was heute als Landesentwicklungsplanung bezeichnet werde, in Wahrheit keine Landesentwicklungsplanung im eigentlichen Sinne sei. Bei den derzeitigen Landesentwicklungsplänen nehme der Raumbezug noch eine dominierende Stellung ein, während die anderen Bereiche - etwa Finanzplanung, Bildungsplanung, Personalplanung - deutlich zu kurz kämen. Es wäre daher zu wünschen, daß die Landesplanung durch entsprechende Landesplanungsgesetze so ausgestaltet würde, daß sie alle die eben angesprochenen Aufgaben mit erfüllen müßte. Das habe mit Perfektionismus nichts zu tun, denn gerade die Bereiche, über die man zu wenig wisse und daher in den Plänen offene Formulierungen wähle, sollten aus den Planungen herausgelassen werden. Für diese Bereiche bestünden keine Pläne und sie müßten aus diesem Grunde auch für die gesellschaftliche Entwicklung offen bleiben.

Wagener warnte in diesem Zusammenhang vor der Unterscheidung zwischen Landesplanung, Finanzplanung und Verwaltungsplanung. Man sollte sich auf den neutralen Begriff der "Entwicklungsplanung" einigen. Gegen die von Wagener vorgeschlagene Einbeziehung des gesamten verwaltungsorganisatorischen Bereichs wandte sich Brenken. Eine derartige "Staatsgesamtplanung" sei zu komplex und vielschichtig, als daß

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sie noch praktikabel gehandhabt werden könne. Vielmehr müsse den Fachplanungen ein eigener Planungsbereich belassen bleiben. An Stelle des erkrankten Referenten sprach sich Regierungsdirektor Hosch, München, für die Raumplanung als Gesamtplanung aus, ohne daß damit jedoch erreicht werden solle, daß hier alles und jedes im Detail geplant werde. Damit werde der Gesamtplanung die Aufgabe zugewiesen, die einzelnen Fachplanungen an einem Ziel, z. B. Verbesserung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse, auszurichten. Auch die Finanzplanung könne unter diesem Gesichtspunkt "nur" als Fachplanung angesehen werden, ohne daß dadurch ihre Bedeutung geschmälert werde. In diesem Zusammenhang wies Duppre darauf hin, daß das Leitbild der Raumordnung und das Leitbild und die Wirklichkeit der Staatsfinanzen bzw. des Haushaltsvollzuges durchaus auseinanderklaffen könnten. Vor allem dann, wenn die Investitionspolitik in den Gesamtrahmen der Wirtschaftsund Konjunkturpolitik eingespannt werde. Zu einer perfekten Harmonisierung der Maßnahmen der Landesplanung und der Finanzplanung werde man daher wohl kaum kommen. Wagener griff noch einmal den Bereich der komplexen übergreifenden Landesplanung auf und sprach sich dafür aus, daß es möglich sein müsse, auch eine Langzeitplanung im Rahmen der Rückkoppelung interdisziplinär durchzuführen. Der raumordnenden Funktion der Langzeitplanung oder Landesplanung wären komplementär z. B. die Finanzplanung oder Personalplanung hinzuzufügen, ohne daß im einzelnen geplant werde. Damit werde den Ressorts die Fachplanung nicht genommen, aber im Wege der Rückkoppelung könnte eine integrierte Planung erfolgen. Privatdozent Dr. Faller, München, leitete die Diskussion auf das Problem der Planungsschäden über und stellte konkret die Frage, ob dieses Gebiet bereits aus juristischer Sicht durchdacht sei. In direkter Erwiderung wies Professor Dr. Herzog, Speyer, darauf hin, daß in einer Zeit, in der der Staat in immer stärkerem Maße versuche, die Aktivität der einzelnen Mitglieder der Gesellschaft für die Erreichung seiner Ziele fruchtbar zu machen, es für ihn nicht nur eine Frage der Redlichkeit sein könne, im Falle einer Konzeptionsänderung das Vertrauen des Bürgers zu honorieren, sondern er werde im Interesse der Effektivität staatlicher Steuerung auf eine derartige Honorierung nicht verzichten können, da anderenfalls in unserer Wirtschaft niemand mehr gewillt sein werde, auf die Wünsche oder Anreize des Staates einzugehen. Assessor Zeh, Bonn, verwies auf das Problem, das entstehe, wenn gegen einen Plan im Klagewege vorgegangen werde. Entweder werde dann das durch den Plan verkörperte Gemeinschaftsinteresse zu Lasten des Individualinteresses des durch den Plan Betroffenen verschoben, oder aber der Plan werde auf den Rechtsbehelf hin teilweise abgeändert, worunter

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dann die Konsistenz des Plans leide; das aufeinander abgestimmte Gesamtkonzept habe dann nicht mehr die Schlüssigkeit, die es eigentlich haben sollte. Dem Problem des Vertrauensschutzes in die Planung könne einmal durch eine möglichst frühzeitige Beteiligung der Betroffenen am Planungsprozeß begegnet werden oder dadurch, daß man die Planungsschritte nicht im einzelnen offen festlege, um so die Möglichkeit einzuengen, Vertrauenspositionen zu schaffen.

Regierungspläne und Verwaltungsorganisation Von Eberhard Laux I. Organisationsstruktur und Steuerung durch Planung 1. Planungsorganisation - eine neue Schicht organisatorischer Verflechtungen

Das grundsätzliche Mißverständnis, das in Fragen der Planungsorganisation in der öffentlichen Hand vielfach noch besteht, beruht zumeist darin, daß man glaubt, ohne über den Prozeßcharakter der Planung zu reflektieren, sich vorwiegend mit dem geläufigen Instrumentarium der Organisationsstruktur unter stärkerer Betonung gruppenorientierter Formen behelfen zu können, teilweise unter Nichtbeachtung mancher Aspekte, die aus der Sicht einer Organisation als soziales System kommen. Sicher wäre es ungenau, den Vorgang der Planung im Regierungsbereich - also einer strategischen Planung - als eine prinzipelle Alternative zum früheren Handeln in Politik und Verwaltung zu sehen, wenn auch in der politischen Diskussion das angeblich Neue von Reformen aus Gründen der Distanzierung und der Polarisierung gelegentlich überbetont wird. Andererseits ist die Berufung darauf, daß immer geplant worden ist, nicht immer nur ein Zeichen dafür, daß man die Problematik einer rationaleren Politik vernünftig einzufangen versucht. Es geht nicht darum, ob man sich mehr oder weniger reformfreudig gibt, sondern um die Beantwortung der Frage, ob das, was an Reformen, schlichter gesagt an Verbesserungen gegenüber der Gegenwart geschehen soll, in Gewinnung und Verarbeitung von Informationen, der Fähigkeit zur Problemerkenntnis, der Methodik der Analyse wie auch in der Durchsichtigkeit, Kontrollierbarkeit und Steuerbarkeit des Entscheidungsprozesses rationaler angelegt ist. Allein die Tatsache, daß man sich der Zusammenhänge in manchen Aufgabenbereichen der öffentlichen Hand bewußter geworden ist, läßt erkennen, daß in der Frage der Bildung von politischen und administrativen Zielen und in der Steuerung ihrer Realisierung durch Planung in der Vergangenheit angesichts des verständlichen und sicherlich auch zwangsläufigen Pragmatismus zu wenig getan worden ist. Sehen wir davon ab, daß im technischen Bereich, in der raumbezogenen Planung durchaus die Notwendigkeit der Herstellung von Plänen im

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Sinne der Sicherung der Entwicklung oder als ablauftechnische Instrumentarien bekannt war und als selbstverständlich empfunden wurde, so handelt es sich jetzt darum, die Prozesse im Raum der Regierungsplanung, d. h. vor ablauf technischen Instrumentarien zu gestalten. Man wird dabei nicht zu konfektionierten Lösungen greifen können. Andererseits ist in einer hochentwickelten Struktur, in der wir agieren, der Gedanke des ständigen Experimentierens zwar verlockend, aber man kann ihm schlechterdings nicht einen höheren Rang einräumen als der Notwendigkeit, unter Beachtung struktureller Gegebenheiten zu handeln, d. h. in diesem Staat der Gleichmäßigkeit der Leistungsdarbietung, der Rechtmäßigkeit und der Stetigkeit eines Entwicklungsprozesses den Vorrang einzuräumen, wobei allerdings alle Vorkehrungen getroffen werden müssen, um notwendige Richtungskorrekturen zu erkennen und vorzunehmen. Darin liegt die Bedeutung der organisatorischen Fragen einer Entscheidungsvorbereitung durch Planungsorganisation. Dies ist aber nur ein Ausschnitt aus der überlegung, wie denn eine Verknüpfung zwischen Zielbildung, Entscheidungsvorbereitung, Durchsetzung, Realisierung und überwachung zu gewährleisten sei, wie in der Information ein feed-back mit einem feed-fordward gekoppelt werden kann. Regierungsplanung bedeutet ein Inbeziehungsetzen von Zielen, Ressourcen und Zeit. Planung hat sich vielfach in der Vergangenheit nur in der Herstellung von ablauforientierten Grundlagen für einzelne Ressourcen dargestellt. Die neue Projektion, die organisiert werden muß, geht dahin, daß die Beachtung der wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Ressourcen und Fachautgaben Vorrang haben sollte. Dabei fehlt es sicherlich nicht an allgemeinen Zielvorstellungen. Frido Wagener hat in zwei Publikationenl deutlich gemacht, wie zahlreich Zielvorstellungen aller Art im politischen und administrativen Raum vorhanden sind. Was bisher gefehlt hat, ist die organisatorische Ausformung einer Planungsebene, die man als Strategie2 bezeichnet, die vorhandene Ziele erst operabel definiert und mit zeitlichen Dimensionen und Ressourcen in einen Entscheidungsrahmen bringt. Gegenüber anderen Formen politischen und administrativen Handeins stellt sich Planungsorganisation, wie vor allen Dingen die Organisation 1 Ziele der Stadtentwicklung nach Plänen der Länder, Göttingen 1971 = Schriften zur Städtebau- und Wohnungspolitik Band 1; ders., Ziele der Raumordnung nach Plänen der Länder, Gutachten als Manuskript gedruckt, Bielefeld 1971. 2 Zur Begriffsbildung siehe aus dem deutschen Schrifttum Hans-Joachim Arndt, Der Plan als Organisationsfigur und die strategische Planung, in: Politische Vierjahresschrift, 9. Jg. (1968), S. 177 ff. Joachim Häusler, Planung als Zukunftsgestaltung, Wiesbaden 1970, S. 63 ff.; Dieter Oberndörfer, Methoden zur kurz-, mittel- und langfristigen Planung der Regierungsarbeit, in: Erster Bericht zur Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung, als Manuskript gedruckt, Bonn 1969, Anlagenband S. 400 ff.

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der raumordnenden Planung gezeigt hat, als eine eigene Schicht organisatorischer Verflechtung dar. Die Notwendigkeit besonderer Informationen für alle Stellen, die im Rahmen strategischer Planung programmartige Überlegungen vorzubereiten haben, ihre Kooperation miteinander einerseits, wie andererseits ihre Einbindung in die Aufbauorganisation sind ein Vorgang, der bisher in der öffentlichen Verwaltung nicht ausdifferenziert werden konnte. 2. Veränderungen in Führungsorganisation und -stil

Folgt man der Aussage von Niklas Luhmann3, daß für das administrative Handeln das Problem der "Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten" charakteristisch ist, so ist es freilich um eine wirksame Verortung der Planung im Führungshandeln der öffentlichen Administration nicht günstig bestellt. Allein dadurch, daß man besondere Führungshilfsstellen für die Erarbeitung und die Koordination von Programmen sowie die Abstimmung aller Aktivitäten einrichtet, kann man dem Problem sicher nicht beikommen. Politische und administrative Führungskräfte stehen dann nach wie vor in der Situation, daß sie entweder anderweitig erarbeitete Ergebnisse "blind" übernehmen oder sie lediglich nach taktischen Gesichtspunkten ihrer Realisierungsfähigkeit überprüfen können. Damit wäre nur in der technischen Vorbereitung etwas gewonnen. Das soll in seiner Bedeutung nicht verkannt werden. Aber Komplexität und Schwierigkeitsgrad der anstehenden Probleme müssen eine Entsprechung im Führungshandeln finden. Praktisch bedeutet dies, daß man die Führungsorganisation sowohl hinsichtlich ihrer Reaktionsfähigkeit auf aktuelle Probleme wie auf den Vorgang der Planung ausrichtet. Dabei muß man sich der Problematik bewußt sein, daß Kurzfristiges (d. h. Aktuelles) Langfristiges verdrängt. Mit der Bildung von besonderen Organisationseinheiten für Trendbeobachtung, Information und Koordination und eventuell Innovation werden ja letztlich nur Funktionen organisiert, die die gesamte Führungs- und Leitungsorganisation der öffentlichen Hand betreffen. Dem Dilemma kann man nur dann erfolgreich begegnen, wenn man sich entschließt, Entscheidungen über aktuelle Fragen verfahrensmäßig konsequent von denjenigen der Aufstellung und Anpassung von Programmen und Plänen zu trennen. Allein eine so einfache Maßnahme, daß man die beiden Komplexe bei der Aufstellung von Tagesordnungen trennt und damit für alle längerfristigen überlegungen Zeit gewinnt, kann nicht unerheblich weiter helfen. Zugleich muß erkannt werden, daß Planungsfragen kaum geeignet sind, im üblichen hierarchischen Weg zur Entscheidung gebracht zu werden. Es 3 Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten, in: Die Verwaltung, 1. Bd. (1968), S. 3 ff.

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sollte der Versuch unternommen werden, die Führung am Planungsprozeß durch besondere Konferenzen zu beteiligen, in denen dann auch diejenigen Stellen, die im Planungsverfahren Hilfsfunktionen zu erfüllen haben, die Chance haben, zu Worte zu kommen4 • Damit gelangt man zugleich zu Fragen der Änderung im Führungsstil. Es kommt nicht von ungefähr, daß gerade mit dem Vorgang der Planung die Forderung nach einem kooperativen Handeln verbunden wird. Die Diskussion zwischen Experten und Trägern der Entscheidungsbefugnisse, das Ausdifferenzieren von Problematiken durch Meinungsaustausch, die Notwendigkeit über die Erreichung von Zielen mit den Mitarbeitern einen Konsens zu erreichen, der heute nicht mehr auf dem Wege einer Antizipation unter Berufung auf einheitliche Motivationen zu erreichen ist, nötigt zu der sicherlich zeitlich aufwendigeren kooperativen Führung5• Das bedeutet nicht, daß damit andere Formen schlechthin unbrauchbar geworden sind, die man heute mit der Bezeichnung "autoritativ" mehr glossiert als analysiert. Nur ist eben das Planen ein so andersartiger Vorgang als eine Entscheidung über einen akuten Einzelfall, mag er noch so sehr ein Bedürfnis nach kollegialer Beratung auslösen, daß man sich überlegen muß, in welcher Weise man den vorhandenen Sachverstand wirksamer umsetzt, ebenso wie man die Bereitschaft fördern muß, das Geplante tatsächlich als realisierungswürdiges Ziel anzunehmen. Es mag etwas unrealistisch erscheinen, wenn man angesichts der Chefbelastung erwartet, daß im Führungsbereich die Mitwirkung an strategischen Überlegungen den Vorrang haben sollte, daß man notfalls die Chefebene erweitern muß. Aber es gibt keine Alternative. Es ist gewiß für politische Chefs gelegentlich effektvoller, sich durch energisches Eingreifen in Einzelfällen wie Flugzeugentführungen, Banküberfällen und ähnliches als Krisenmanager zu bewähren, aber man sollte doch dem zukunftsorientierten Handeln zumindestens eine Chance lassen, nicht nur durch Anwendung modernistischer Vokabeln. (Im übrigen agieren in solchen Fällen diejenigen meist besser, die in der Durchführung von Maßnahmen geübt sind.)

( Vorschläge dahin gehen z. B. im Bericht der Projektgruppe beim Bayerischen Staatsministerium des Innern "Reform des Bayerischen Staatsministeriums des Innern", als Manuskript gedruckt, München 1970, S. 88 ff. S Zur Diskussion Ernst Bornemann, Sozialpsychologische Probleme der Führung, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 1962, S. 105 ff.; Jürgen Wild, Management-Konzeption und Unternehmungsverfassung, in: Probleme der Unternehmungsverfassung - Gedanken zum 70. Geburtstag von Martin Lohmann, Tübingen 1971, S. 57 ff.; Knut Bleicher, Zur Organisation von Leitung und Führung in der Verwaltung, in: Wolfgang Michalski (Hrsg.), Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung, Hamburg 1970, S. 53 ff., bes. S. 69 ff. = Veröffentlichungen des HWW A-Institut für Wirtschaftsforschung Hamburg.

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3. Wandlung des behördlichen Aufbaus

Die Formen, die für die Organisation der Struktur der Verwaltung zur Verfügung stehen, sind begrenzt. Der Vorrang galt bisher eindeutig der Linienorganisation und der Kollegienstruktur.

Stäbe mit beratenden Funktionen waren der Verwaltung weitgehend unbekannt, so daß die öffentliche Verwaltung zwar nicht in die Mängel der Stabs-Linienorganisation verfallen ist, aber andererseits nicht ausreichende Assistenzeinheiten im Führungsbereich zur Verfügung standen. Die Dienststellen für Querschnittsaufgaben wie Personal, Finanzen und Organisationen sind in der öffentlichen Verwaltung anders als in der Unternehmung weitgehend wie Linieneinheiten organisiert. Es kommt deshalb nicht unerwartet, daß mit dem Aufbau von Planungsorganisationen der Stabsgedanke wieder belebt worden ist6, d. h. die Bildung von beratenden Stellen. Warum dieser Ansatz nicht allein effektvoll sein konnte, läßt sich aus dem Vergleich mit der militärischen Organisation ablesen. Die Stabsaufgaben wurden in der militärischen Organisation immer als von hohem Rang angesehen, weil man in der Kooperation von Chef und Stab sowohl was die Behandlung strategischer Fragen wie operativer Maßnahmen betraf, von dem richtigen Gedanken einer Synthese ausging; Kommandeur und Chef des Stabes waren ein "Gespann". Nur unter solchen Bedingungen kann ein Stabssystem erfolgreich arbeiten, nicht aber unter denen, wie sie zum großen Teil heute in der öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik gegeben sind, nämlich daß Gruppen von fleißigen, intelligenten Mitarbeitern ohne eine ausreichende Chance, tatsäcluich ständig die Gedanken ihrer Chefs beeinflussen und mit ihnen die Ergebnisse ihrer Überlegungen besprechen zu können, den Versuch unternehmen, die Berechtigung ihrer Funktion zu beweisen. Das endet notwendigerweise in der Erarbeitung von Papier mit klugem Inhalt, aber wenig Realisierungschance. Grundsätzlich ist der Gedanke richtig, Planung im Regierungsbereich - also Programmplanung - als eine ständige Aufgabe zu organisieren und damit Stäbe als Dienststellen zu bilden. Trendbeobachtung, Information über Planungsvorhaben der Fachbereiche, Koordinierung, das sind alles Tätigkeiten, die eine Konstanz verlangen; sie kann kaum besser als 8 Beispiele der Stabsbildung aus den überlegungen zur Verbesserung der Ministerialorganisation s. außer dem Ersten Bericht zur Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung a.a.O. (Anm. 2) bei Eberhard Laux, Verwaltungsführung und betriebliches Management, in: Demokratie und Verwaltung, 25 Jahre Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Berlin 1972, S. 537 ff., bes. S. 549 ff. mit weiteren Literaturangaben, = Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Band 50. Für die Schweizer Verwaltungspraxis interessant ist die Arbeit von Georg MüHer, Die Stabsstelle der Regierung als staatsrechtliches Problem, Basel und Stuttgart 1970 = Baseler Studien zur Rechtswissenschaft Heft 91.

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durch eine ständige Stabsorganisation gewährleistet werden. Es geht bei dieser Tätigkeit nicht um die permanente Erarbeitung bzw. überarbeitung von Konzeptionen, so wichtig auch der Gedanke der Innovation im Planungsbereich sein mag. Es hat den Anschein, daß man sich allzu sehr an Forderungen orientiert hat, die aus dem Unternehmungsbereich kommen. Im kapitalistischen System ist es für eine Unternehmung lebensnotwendig, seine Organisation auf Innovationsfähigkeit auszurichten, damit man z. B. durch neue Produkte oder Dienstleistungen im Markt konkurrenzfähig bleibt. Die Situation in der öffentlichen Verwaltung ist mit der Lage in der Unternehmung nicht vergleichbar. Hier geht es um ein Leistungssystem, was die Bevölkerung insgesamt betrifft. Dabei muß der Einfallsreichtum häufig sehr viel mehr in der Durchführung der einzelnen Maßnahme liegen als im Erfinden neuer Aufgaben. Die Erörterungen um den Umweltschutz haben deutlich gemacht, daß es besonders auf die Erkenntnis von Interdependenzen ankommt, aus der sich dann fast zwangsläufig ein anderes Instrumentarium entwickelt. Im Mittelpunkt der überlegungen um die Verbesserung der Planungsorganisation sollten aber zwei Formen der Organisationsstruktur stehen, die in der Verwaltung bisher wenig oder gar nicht durchdacht worden sind: (1) Projektmanagement (2) Matrixorganisation Projektmanagement und Matrixorganisation beruhen nahezu auf den gleichen Grunderwägungen.

Unter Projektmanagement7 wird eine Bündelung aller dispositiven Funktionen bei einem Projektmanager oder -leiter verstanden, wobei in der gebräuchlichsten Form, dem Matrix-Projektmanagement, dieser Projektleiter die fachliche Weisungsbefugnis für alle das Projekt betreffenden Dispositionen gegenüber denjenigen Stellen hat, die an der Durchführung des Projektes beteiligt sind, also den Linienstellen bzw. Trägern einzelner fachlicher Aufgaben. Die dienstrechtliche Unterstellung der einzelnen Mitarbeiter wird im allgemeinen dadurch nicht berührt. Eine solche Organisation, die ein Höchstmaß an Planung und Information sichert und die Garantie gibt, daß die Durchführung eines Projektes, 7 Literatur zum Projektmanagement: Manfred Dullien, Flexible Organisation, Opladen 1972; Karl-Heinz Rüsberg, Die Praxis des Project-Management, München 1971; Harald J. Schröder, Projekt-Management, Wiesbaden 1970; Jürgen Wild, Product Management, München 1972. Allgemein zur Organisation von Projektgruppen Peter Bendixen/Heinz W. Kemmler, Planung, Organisation, Methodik innovativer Entscheidungsprozesse, Berlin - New York 1972. Anregungen zur Verbesserung der Ministerialorganisation durch eine Projekt-Team-Organisation gibt Friedhelm Wilkenloh, Verwaltungsführung im Wandel, Bonn - Bad Godesberg o. J. (1971), S. 68 ff.

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d. h. eine Maßnahme mit definierbarem Anfangs- und Endziel besonders günstig gesteuert wird, bedeutet letztlich aber eine zusätzliche Führungsposition. Der Projektleiter muß nicht unbedingt auch zugleich eine Projektgruppe, also das Entwurfsteam leiten - das ist bei Groß-Projekten nicht möglich -, er muß sie aber einsetzen und ihre Tätigkeit steuern. Probleme ergeben sich besonders dann, wenn eine Reihe von so gesteuerten Projekten parallel laufen und dann mehrere Projektleiter in die Fachbereiche einwirken. Hier kann nur durch Abstimmungskonferenzen die Gefahr latenter Konflikte behoben werden. Die Vorzüge einer solchen Technik liegen indes auf der Hand. Der hohe Grad von Integration und die entscheidend verbesserte Koordination aller projektbezogenen Tätigkeiten gegenüber den sonst unzureichenden Regelungen für die Zusammenarbeit lassen die Technik besonders bei komplizierten Projekten als eine wichtige organisatorische Verbesserung erscheinen. Das gilt auch besonders dann, wenn man Projektmanagement nicht nur im Bereich der Durchführung von Maßnahmen, sondern auch in der Vorbereitung von komplizierten Entscheidungen anwendet. Der Gedanke der Matrixorganisation8 will nun die Vorzüge des Projektmanagements auf eine ständige Organisation, die nicht projektbezogen, aber häufig objektbezogen ist, übertragen. Neben die ressortorientierte Hierarchie werden objektbezogene Organisationsgebilde gestellt, die besondere Aufgaben gegenüber allen Ressorts wahrnehmen. Dabei geschieht die Zusammenarbeit in der Weise, daß bei bestimmten Entscheidungen, unbeschadet des sonstigen hierarchischen Aufbaus, Dienststellen oder Personen an einer Entscheidung mitwirken, die einen aus der Sicht eines Objektes, die anderen aus der Sicht ihrer speziellen Fachaufgabe. Dabei kommt es u. U. zu einer Mehrfachunterstellung von Mitarbeitern. Ansätze sind in der öffentlichen Verwaltung dort zu finden, wo Dienststellen für Querschnittsaufgaben fachliche Weisungsrechte bei bestimmten Maßnahmen haben. So kann z. B. die Einwirkungsmöglichkeit einer zentralen Koordinierungsstelle für Automation auf alle Dienststellen, in denen solche Fragestellungen auftreten, als ein Beginn einer Matrixorganisation gewertet werden. Auch können neue komplexe Aufgaben mit einer solchen Organisation effektiver gesteuert werden, 8 Das Prinzip der Matrix-Organisation wird im überblick von Knut Bleicher, Perspektiven für Organisation und Führung von Unternehmen, BadenBaden und Bad Homburg 1971, S. 94 ff., dargestellt; weiter Manjred Timmermann, Matrix-Management, in: Industrielle Organisation, 1971, S. 315 ff.,

es kann aber auch den oben in Anm. 7 aufgeführten Publikationen entnommen werden. Erste praktische Ansätze aus der Hamburger Verwaltung hat ULrich Becker geschildert, Das strukturelle Instrumentarium der Regierung und Verwaltungsführung der Freien und Hansestadt Hamburg, in: Die Verwaltung, 2. Bd. (1969), S. 347 - 350. Bedeutendste Anwendung bisher im Rahmenerlaß des Bundesministers der Verteidigung vom 28.1.71 bezüglich des Rüstungsbereichs.

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z. B. der UmweLtschutz. Letztlich will die Matrixorganisation Ressortgrenzen durchlässiger machen, da die Kooperation nicht in der Weise einer hierarchischen Struktur geregelt ist. Wenn man nun dieses Organisationsmodell mit der Tätigkeit von Stellen verbindet, die Aufgaben der zentralen Planung und Steuerung haben, d. h. wenn man planenden Dienststellen nicht nur Funktionen der Entscheidungsvorbereitung und Beratung, sondern auch der Mitentscheidung gibt, so würde man die Planungsorganisation voraussichtlich wesentlich effektvoller gestalten. Schon an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß z. B. der Gedanke einer Matrixorganisation seinen Niederschlag in dem Programm-, Planungs- und Budgetierungssystem (PPBS) gefunden hato. Gerade die mit diesem groß angelegten Versuch in den USA gemachten negativen Erfahrungen machen aber deutlich, daß solche organisatorischen Lösungen eine klare Funktionsbeschreibung, ausreichend formulierte Kooperationsregeln und einen Informationsfiuß bedingen, der der Matrixorganisation angepaßt ist. Ein kooperativer Führungsstil ist unabdingbare Voraussetzung. Sonst wächst der Bedarf an konfliktsregelnden Entscheidungen im obersten Führungsbereich, eine Folge, die gerade durch solche Instrumentarien vermieden werden soll. 4. Externer Sachverstand und Behördenorganisation

Die steigende Notwendigkeit, externen Sachverstand in die Vorbereitung von politischen und administrativen Maßnahmen einzubeziehen, hat im Bereich der Planung zu bisher nicht bekannten Schwierigkeiten geführt. Während früher auffällige Schwächen der Zusammenarbeit darin zu sehen waren, daß häufig die Aufgaben und die Funktionen externer Sachverständiger nicht ausreichend genug bestimmt waren, sind in der Planung Verständigungsschwierigkeiten besonderer Art aufgetretenlU. Ein Teil ihrer Ursachen lag sicherlich darin, daß man bei dem steigenden Konsumbedarf an "Wissenschaftlichkeit", besonders in der politischen Literatur unter Anm. 21. Die sehr differenzierten Aspekte bei der Einschaltung von "Beratern" hat die Untersuchung von Edgar Dahl, Die Unternehmensberatung, Meisenheim 1967, offengelegt (Kölner Beiträge zur Sozialforschung und angewandte Soziologie Bd. 4). Zur Thematik ferner: Hannes Friedrich, Staatliche Verwaltung und Wissenschaft, Frankfurt (Main) 1970 = Studienreihe des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen; Ulrich Lohmar, Wissenschaftsförderung und Politik-Beratung, Gütersloh 1967; Klaus Lompe, Wissenschaftliche Beratung der Politik, Göttingen 1966 = Wissenschaft und Gesellschaft 2 neuerdings, Politik und Wissenschaft, ein Cappenberger Gespräch, Köln und Berlin 1972 mit Beiträgen von Adalbert Podlech und Hermann Lübbe = Cappenberger Gespräch der Freiherr-vom-Stein-Gesellschaft e. V.; Eberhard Laux, Gutachten und Gutachten im Bereich der Verwaltung, in: Der Landkreis 1966, S. 52 ff., ders. in einer Rezession in: Die Verwaltung, 1. Bd. (1968), S. 237 ff. 9

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Planung, weitgehend auf Vertreter neuer Disziplinen oder aber auf zwar theoretisch hervorragend geschulte, mit dem Objekt Staat und Verwaltung jedoch nicht vertraute Persönlichkeiten zurückgriff. Umgekehrt war die öffentliche Verwaltung nicht mit politikwissenschaftlichen, sozialwissenschaftlichen, z. T. auch modernen volkswirtschaftlichen Methoden in einem ausreichenden Maße vertraut, um ihrerseits die Programmierung theoretisch bzw. anwendungsorientiert zu beantwortender Fragestellungen unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Methoden hinreichend genau zu formulieren. Hier ist sicherlich ein beiderseitiger Lernprozeß eingetreten, fast mehr auf der Seite der Wissenschaftler als der Verwaltung selbst. Wer indes Einblick hat, in welcher Weise wissenschaftliche Gutachten oder Beratungen vorbereitet wurden, den wird es nicht erstaunen, mit welcher manchmal erstaunlichen Naivität Ergebnisse vorgestellt werden. Die vermeintlichen Entdeckungen entpuppen sich bei näherer Analyse recht häufig als eine theoretisch verbrämte Darstellung von weithin Bekanntem. In zahlreichen anderen Fällen ist der Praxisbezug kaum mehr erkennbar. So läßt sich wohl generell die Aussage wagen, daß im Bereich der öffentlichen Planung, was die Regierungsebene anbelangt, die Zusammenarbeit von externen Beratern und Behördenorganisation den Zustand einer unerfüllten Liebe kaum überschritten hat. Beratung von Politik und Verwaltung setzt heute eine exakte Kenntnis des Objektes voraus. Wer diese nicht hat, sollte als Wissenschaftler die Verantwortung haben, sich von noch so verlockenden Beratungsaufgaben fernzuhalten, es sei denn, daß beide Teile sich des Experimentes bewußt sind, daß also geforscht werden soll. Was wohl nötig ist, kann man in der Forderung nach der Einrichtung von weiteren policy-research-centers zusammenfassen, d. h. nach von der Regierung errichteten Instituten zur Erforschung von politisch relevanten Vorgängen, zur Erarbeitung von Konzeptionen und Programmen und zur wissenschaftlichen Beratung der Politik. Die vorhandenen Einrichtungen dieser Art sind z. T. auf Spezialgebiete beschränkt (z. B. Institut für Raumforschung). Diese Institute sollten nicht mit dem Lehrbetrieb allgemeiner Hochschulen verbunden sein, wiewohl ein personeller Austausch sicherlich unumgänglich ist. Dort sollten keine wissenschaftlichen Anfänger arbeiten. Derartige Einrichtungen können und sollten nicht den gesamten Bedarf an sachverständiger Beratung im politischen und im Regierungsbereich abdecken. Das ist auch nicht notwendig, weil manche Fragestellung von universitären Instituten oder von sonstigen Beratungseinrichtungen qualitativ durchaus hinreichend beantwortet werden. Aber es müßte doch wohl nach den bisherigen Erfahrungen überlegt werden, ob der Staat sich nicht Einrichtungen schaffen sollte, die auch manche Überlegungen zur Ausweitung der Stäbe in eine neue und m. E. zweckmäßigere Richtung drängen.

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Spätestens mit der Notwendigkeit, in allen Ebenen der Verwaltung den Vorschriften des Stabilisierungsgesetzes, u. a. den §§ 9 und 10 zu genügen, mußte man sich über die Organisation der Zusammenarbeit in einem zu entwickelnden Planungs system verständigen. Das ist bisher noch nicht gelungen. Dabei kann es nicht darum gehen, eine Planungs organisation nach einem einheitlichen Schema in allen Teilen der Verwaltung aufzubauen, sondern den Gedanken des planenden Verbundes bei Berücksichtigung des föderativen Systems und der Autonomie der kommunalen Selbstverwaltung gerecht zu werden. Planung hat den Trend zur Zentralisation. Je mehr Verwaltung programmgesteuert tätig wird, und dies nicht in erster Linie über Gesetze, sondern über planerische Mittel erfolgt, desto wichtiger wird neben der Sicherung der Autonomie der einzelnen Ebenen auch die Frage, in welcher Weise diese untereinander zusammenarbeiten. Programmabsprachen werden vermehrt im Ebenenverbund erfolgen müssen, ebenso die Programmabstimmungen. Das gilt besonders auch im Verhältnis Landesverwaltung/Selbstverwaltung. Die kommunale Selbstverwaltung ist ohnehin in der Gefahr, Stück für Stück von ihrer Autonomie abgeben zu müssen. Der Trend im System liegt darin, daß Selbstverwaltung vorwiegend die Umsetzungsebene zentraler Programme wird. Dann erscheint es aber doppelt notwendig, den Gedanken ständiger Konferenzen zur Abstimmung bei Aufstellung, Anpassung und Durchführung von zentralen Programmen organisatorisch zu verankernll . Dabei wäre das Gewicht stärker auf eine flexible als auf eine perfekte Organisation zu legen. 2. Innerhalb der Ministerialebene in Bund und Ländern

Was bisher in der fachlichen Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Landesressorts üblich war, wird in Fragen der Regierungsplanung zu einem Problem von höherem Rang. Es entspräche weder dem Föderalsystem noch der praktischen Politik, wollte man hier auch nur entfernt an eine "Gleichschaltung" denken. Trotzdem macht der gegenwärtige Zustand im Bereich der Regierungsplanung bedenklich. Die Auffassung über Ziele und Inhalt der Regierungsplanung sind, wie das Referat von Frido Wagener12 aufgezeigt hat, außerordentlich unterschiedlich; sie reichen vom technokratischen Optimismus bis zu zurückhaltenden Ver11 Zur Problematik aus der Sicht der Selbstverwaltung Eberhard Laux, Kommunale Aufgabenverbesserung, in: Entwicklung der Aufgaben und Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden, Berlin 1971, S. 115 ff. = Schriftenreihe der Hochschule Speyer Band 47. 12 s. oben S. 13 ff.

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suchen, mit sehr locker konzipierten Regelungen eine Koordination von Aktivitäten der einzelnen Ressorts zu erreichen. Man sollte eine Reihe von Unterschieden tolerieren, sonst entsteht eine wenig kontrollierte Apparatur zur Machtausübung mittels administrativer Steuerung. Gleichwohl sollte man bedenken, daß die Einbeziehung der Bundesrepublik in den Verbund der EWG allzu viele Unterschiede im "Planungsfortschritt" kaum erlaubt. Wenn man dem mit organisatorischem Mittel entgegenwirken möchte, so läßt sich dies wahrscheinlich ebenfalls nur auf dem Wege über ständige Kommissionen bewerkstelligen. Entscheidend sind indes Wille und Stil einer Kooperation, nicht das Vorhandensein von Gremien. 3. Das besondere Problem der raumordnenden Planung13

Daß in der gegenwärtigen Phase, in der der Vorgang der Regierungsplanung sich etabliert, die bisherige raumordnende Planungsorganisation in eine Situation gelangen würde, die ein neues Selbstverständnis erfordert, konnte niemand überraschen. Auf die Frage: Einbeziehung der raumordnenden Planung in eine Gesamtplanung oder nicht? kann man besonders im Bereich der Landesplanung nahezu alle Antworten hören. Es bieten sich zwei Wege an: 1. Die Landesplanung völlig in die Organisation der Regierungsplanung zu integrieren, 2. ihr einzelne bestimmte fachliche Aufgaben zuzuweisen, so die Herstellung und Fortschreibung von Plänen mit überwiegend raumbezogenem Inhalt sowie die Überwachung ihrer Innehaltung. Zu irgendeiner der beiden Richtungen wird man sich aber entschließen müssen, da das gegenwärtige Nebeneinander mehr Koordinationsschwierigkeiten auslöst, als der Sache dienlich ist. Es wäre von praktischem Wert, zwischen Dienststellen, die eine gesetzlich festgelegte Aufgabe zur Herstellung und Fortschreibung bestimmter Pläne haben, wobei sie deren Innehaltung kontrollieren, und denjenigen Stellen innerhalb der Planungsorganisation, deren Hauptaufgabe in einer integrierenden Tätigkeit liegt, zu unterscheiden und daran die organisatorisch zweckmäßigen Maßnahmen zu orientieren (Koordinierungsgruppen oder -ausschüsse, Matrixorganisation usw.).

13 Aufschlußreich zum Stand der Diskussion ist der von der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Hannover, herausgegebene Band: Landesplanung - Entwicklungsplanung, Hannover 1972.

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111. Lösungen und Erfahrungen 1. Bundeskanzleramt14

Die ersten Schritte zur Organisation der Regierungsplanung bewegten sich weitgehend zwischen Maßnahmen zur Projektorganisation, d. h. zur Erarbeitung von Plänen, und solchen, eine Planungsorganisation dauerhaft zu installieren. Es ist dabei durchaus verständlich, daß man zunächst nach den theoretisch einfacheren Denkansätzen einer Änderung der Organisationsstruktur gegriffen hat. Das entspricht der Mentalität der öffentlichen Verwaltung, die in Zuständigkeiten und Instanzen denkt. Die Maßnahmen im Bundeskanzleramt selbst sind mit den drei Stichworten: Frühkoordination, Datenblattsystem und Ansätze einer mittelfristigen Aufgabenplanung charakterisiert. Organisatorisch ist man von der Einrichtung eines Planungsstabes zur Einrichtung einer Abteilung gegangen, ein m. E. richtiger Weg, da es sich bei der Arbeit solcher Hilfsstellen für Regierungsplanung um eine ständige Aufgabe handelt, selbst wenn die Fluktuation im personellen Bereich relativ groß ist. Auch die Überlegung der Projektgruppe Regierungs- und Verwaltungsreform15 , daß man einen Informationsverbund zwischen Bundeskanzleramt und Ressorts, unterstützt durch ein Datenbanksystem, zentrale Arbeitsgemeinschaften von Planungsbeauftragten der Ressorts, eine zentrale Abteilung für Prognose, Informationsbeschaffung und methodische Beratung von Planungsbüros sowohl im Bundeskanzleramt wie in den Ministerien vorsehen müsse, weisen vernünftige Wege auf, die zugleich das charakterisieren, was oben als eine neue Schicht organisatorischer Verflechtungen gekennzeichnet wurde. 2. Länderbereich

Ähnliche Überlegungen sind in einigen Bundesländern angestellt worden. Das Berliner Modell- dargestellt in den Mitteilungen des Abgeordnetenhauses Nr. 189 vom 28.9. 1970 -, wo man diese Vorstellung bis zu einer gewissen Reife gebracht hat, kann auch sehr wohl schaubildlich dargestellt werden. überwiegend gehen die organisationsstrukturellen Ansätze in Richtung einer sinnvollen Verbindung von parlamentarischen 14 Dazu Reimut Jochimsen, Zum Aufbau eines integrierten Aufgabenplanungssystems und Koordinationssystems der Bundesregierung, in: Volker RongelGünter Schmieg, Politische Planung in Theorie und Praxis, München 1971, S. 184 ff. = Piper-Sozialwissenschaft Band 9. Hartmut Bebermeyer, Das politische Planungs system der Bundesregierung usw., in: Reimut Jochimsen, Udo E. Simonis (Hrsg.), Theorie und Praxis der Infrastrukturpolitik, Berlin 1970, S. 713 ff. 15 s. a. Frido Wagener oben S. 13 ff. In: Erster Bericht zur Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung vom August 1969, als Manuskript gedruckt, Bonn 1969.

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Ausschüssen, Arbeitsgruppen der Verwaltung, einem Planungs stab und Projektgruppen (Teams) für die Erarbeitung von Konzeptionen. Das alles sind letztlich nur Hilfskonstruktionen. Interesssant sind Aktivitäten wie z. B. der von Frido Wagener seinerzeit geleitete Planungsstab in der Staatskanzlei NW, der das Entwicklungsprogramm Ruhr und das Nordrhein-Westfalen-Programm 1975 erarbeitet hat16 • Der neuralgische Punkt solcher Konstruktionen liegt immer darin, daß die Arbeit von Projektgruppen wenig effektiv bleibt, wenn nicht gleichzeitig eine ständige Organisation für längerfristige Planung aufgebaut ist, die die Ergebnisse von Projektgruppen in die gesamte Organisation implementiert, sie fortschreibt und für Aufgabenkritik sorgt. 3. Kommunaler Bereich

Die parallelen Überlegungen im kommunalen Bereich, meist mit dem Begriff Stadtentwicklungsplanung verbunden17 , haben die einleitende These gestützt, daß es angesichts der Komplexität dieser Aufgabe nicht darauf ankommen kann, eine Organisation zur Aufstellung von Programmen und Plänen zu errichten. Es kann nicht genug vor der Vorstellung gewarnt werden, man könne etwa in einem Zeitraum von zwei Jahren ein Stadtentwicklungsprogramm aufstellen, in dem alle möglichen lang- und mittelfristigen Ziele ausreichend diskutiert sind, sowohl mit Bürgern wie in der politischen Organisation. Damit ginge man an der Tatsache vorbei, daß sich zumindestens in dem Raum, wo sich Politik und Verwaltung begegnen - und das ist derjenige, der mit "Aufstellung von Zielen und Programmen" beschrieben werden kann -, nicht alle Vorstellungen in kurzer Zeit komprimieren lassen, die ein hochentwickeltes Programm bestimmen. Ansätze, die weit weniger ambitiös sind, sondern zunächst eine Ordnung von Zielen schaffen wollen, wie das Nordrhein-WestfalenProgramm 1975, erscheinen effektvoller als solche, die mit einigen jungen Sozialwissenschaftlern eine Großstadt in ihrer Entwicklung steuern wollen.

IV. Planungstechniken - Theorie und Praxis Die Überlegungen zur Verbesserung der Planungsorganisation haben in den letzten Jahren zur Entwicklung zahlreicher Techniken geführt. Dazu 18 s. Frido Wagener oben S. 13 ff.; ders., Zur Praxis der Aufstellung von Entwicklungsplanungen, in: Archiv für Kommunalwissenschaften, Jg. 9 (1970), S; 47 ff. 17 Eberhard Mäding, Verfahren der Stadtentwicklungsplanung, in: Helmut Coing, Joseph H. Kaiser (Hrsg.), Planung V, Baden-Baden 1971, S. 319 ff.; beispielhaft der Bericht der Projektgruppe "Nürnberg-Beratung" im Kommunalwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin, in: Der Städtetag 1971, S. 310 ff.

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im folgenden einige Beispiele. Ein Resümee müßte ergeben, daß diese Methoden, Verfahren und Techniken vielfach ihre Bewährungen in der Praxis noch nicht gefunden haben. 1. Computergestützte Informationssysteme

Der Gedanke, daß man mit computergestützten Informationssystemen den außerordentlichen Bedarf an Planungsdaten, d. h. an besonders für Planungsvorgänge aufbereiteten Informationen besser abdecken kann, ist bestechend. Aber der richtige konstruktive Ansatz ist zunächst mit hypertrophen Ansprüchen gekoppelt worden. Es ist nicht untypisch, daß in einer der jüngsten Publikationen über automatisierte Kommunikation und Information in Politik und Verwaltung18 der Beweis für die Richtigkeit eines solchen Informationssystems bei Leibniz, also bei einem aufklärerischen Harmoniedenker, gefunden wird! Das muß bestürzen und bestätigt manche Befürchtung, daß man Gefahr läuft, einem fundamentalen Irrtum zu verfallen. Nicht umsonst kommt aus den USA bereits eine massive Kritik an dem Ansatz von sog. Management-Informationssystemen. Was in der Unternehmung nicht realisierbar ist, das dürfte bei den ungleich schwierigeren Handlungsbedingungen, vor denen die öffentliche Hand steht, zu einem sehr gewagten Experiment werden. So ist das bisher einzige größere Experiment im kommunalen Bereich zwar zu Zwischenergebnissen gekommen, aus denen man das Mögliche ersieht, aber ein entscheidender Fort~chritt in einem mittelfristigen Zeitraum kann nicht erwartet werden19 • Vermutlich haben die Kritiker recht, die eine Realisierungsfähigkeit solcher Ansätze nur bei Lösungen mit begrenztem Inte18 Goller - Scheuring - Trageser, Das KI-System, Stuttgart u. a. 1971, bes. S. 275 ff. Im Bereich des Spekulativen wie des Konstruktiven sind solche Harmonie-Konzepte durchaus zu entwickeln. Wie begrenzt realisierbar sie sind, zeigt die Schrift von Gerhard Fehl, Informationssysteme, Verwaltungsrationalisierung und die Stadtplaner, Bonn 1971 (Taschenbücher des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumplanung e. V., Band 13). Die im Anhang (S. 100 ff.) aufgeführten amerikanischen Informationssysteme arbeiten insoweit effektiv, als sie in ihrer Zielsetzung begrenzt sind. Problematisch ist nicht der gedankliche Ansatz "Informationssystem", sondern die Zielvorstellung des Maximums an Integration, die schon manche Realisierung (EDV in der Verwaltung) unnötig behindert hat. Zu den Bemühungen des Bundes s. den Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe beim Bundesministerium des Innern an die Bundesregierung vom Mai 1971: Das Informationsbankensystem, Bd. I und II, Berlin u. a. 1971. Weitere Berichte von Johannes Braedt und Gerhard Fehl sind in Stadtbauwelt 29 v. 29. 3. 1971, S. 32 und 36 ff. publiziert. Sehr kritische Bemerkungen von John Dearden enthält das Manager Magazin, Heft 3/1972, S. 76 ff. unter dem Titel: Das Mißverständnis MIS. 19 s. dazu einen ersten Bericht von Hinrich Lehmann-Grube, Das Forschungsprojekt "Kommunale Planung", in: Der Städtetag 1969, S. 531 ff.; ferner Johannes Braedt, a.a.O. (oben Anm. 18). Das Projekt, das die ganze Schwierigkeit solcher Vorhaben erst aufdeckte, läuft seit 3 Jahren, ist aber in naher Zukunft nicht beendet. Einzelne Ergebnisse beweisen, daß ein globaler Ansatz zwar theoretisch brauchbar, praktisch aber kaum zu verwirklichen ist; s. a. Eberhard

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grationsgrad sehen und die Abstimmung zwischen einzelnen Informationskreisen anpassungsfähigeren Koordinationsgruppen von Experten überlassen wollen. Nun ist der Gedanke eines Führungs-Informationssystems ein Detail jener Denkweise, die vom System ansatz ausgeht. 2. Systemanalyse

Die systems-analysis ist ein Problemlösungsverfahren2o . Sie beruht auf dem Ansatz, daß man in einem definierten System, d. h. einer Verbindung interdependenter Elemente (z. B. eines politischen Systems oder eines organisatorischen Systems) in einem Iterationsprozeß Ziele klärt, eine Analyse der Umwelt und ihrer Einwirkung auf das System vornimmt, mit Hilfe einer Modellkonstruktion, d. h. von einer Hypothese, mögliche Zusammenhänge verdeutlicht, Alternativen herausarbeitet und so in einem sich verfeinernden Prozeß der Einengung zu einer Bewertung von Handlungsweisen und schließlich zu einem Entscheidungsvorschlag kommen kann. Es wird also unter Ausnutzung kybernetischer Erkenntnisse ein Denkvorgang systematisiert. So bestechend diese Technik ist, sie ist immer in der Gefahr, aus einer methodisch kaum zu bewältigenden Flut von Informationen Banalitäten zu destillieren, anstatt den Entscheidungsweg zu verbessern. Ob damit ein sehr bedeutsamer Ansatz zur Verbesserung von Planungsentscheidungen gefunden ist, dafür fehlt noch der Beweis. Geliefert wurden zumeist umfangreiche Analysen, deren Wert relativ gering war. Das muß nicht gegen die Methode sprechen, sondern vielleicht nur gegen die, die sie anwenden. 3. PPBS21 Zur Programm-Budgetierung ist oben einiges angedeutet. Auch hier zeigen sich Stärke und Schwäche des Systemansatzes. Er verführt allzu leicht dazu, sofort nach komplexen Verfahren, Methoden und organisatorischen Regelungen zu greifen, ohne daß die Voraussetzungen dafür geschaffen sind. PPBS vereinigt Systemanalyse und Matrixorganisation mit Laux, Automation und Führung der Kommunalverwaltung, WIBERA-Sonderdruck Nr. 20, Düsseldorf, November 1970.

20 Das Verfahren der systems analysis, soweit es hier von Belang ist, schildert ausführlich Carl Böhret, Entscheidungshilfe für die Regierung, Opladen 1970, S. 72 ff.; grundlegend C. West Churchman, Einführung in die Systemanalyse, München 1970 (Deutsche Ausgabe von: The systems approach, New York 1968); s. weiter zum politischen Bereich Frieder Naschold, Systemsteuerung, Stuttgart u. a. 1969 (Bd. II von Narr-Naschold, Einführung in die moderne politische Theorie). 21 Zum PPBS vor allem Carl Böhret, Entscheidungshilfe für die Regierung, Opladen 1970, S. 174 ff.; weiter Eberhard Thiel, Planning - ProgrammingBudgeting - System, bei Wolfgang Michalski (Hrsg.), Leistungsfähigkeit und

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Techniken wie der Kosten-Nutzen-Analyse bzw. sonstigen Effizienzanalysen. Basis ist die Definition der sog. Programmstruktur von öffentlichen Aufgaben. Es kann hier auf diese komplizierte Technik im einzelnen nicht eingegangen werden. Der großangelegte Versuch in der U.S.Bundesverwaltung hat zu eindeutigen Ergebnissen nicht geführt. Man muß sich der Gefahren bewußt sein, daß eine organisatorische Maßnahme immer dann nicht gelingen kann, wenn man in der Breite der Verwaltung nicht über ein Mindestmaß an einschlägigem Sachverstand verfügt. Man kann schlechterdings nicht voraussetzen, daß man über Hunderte von hochintellektuellen Mitarbeitern verfügt, die komplizierte Techniken mit Souveränität anzuwenden imstande sind. Aber Logik und Rationalität sind nicht das gleiche! So scheint es mit PPBS zu gehen, wenn man eine Äußerung von Aaron Wildavsky, einem der besten Kenner der Materie und einer der großen Förderer solcher Techniken folgt. Die Anforderungen an das Personal, die außerordentliche Schwierigkeit, die Trägheit großer Apparaturen zu überwinden, der hohe finanzielle Aufwand, vor allen Dingen aber die von den Erfindern solcher Techniken erhobene Forderung nach einem Höchstmaß an Informationen, die fast nie vorhanden sind, hat auch in den USA PPBS in die Zone des Mißlingens geführt. Wildavsky 22 zitiert zunächst eine Äußerung von Gorharn vor dem Joint Economic Committee: "Lassen Sie mich schnell darlegen, daß wir keine große Kosten ErtragAnalyse unternommen haben, um festzustellen, ob der totale Nutzen, der mit einer Million Dollar, die für Gesundheitsförderung ausgegeben wird, höher oder niedriger ist als der Nutzen einer Million, die für Erziehung oder Wohlfahrt verausgabt wird. Wenn ich jemals so naiv war, eine solche Art von Untersuchung für möglich zu halten, so bin ich es jetzt nicht mehr. Die sich ergebenden Vorteile der Gesundheits-, Erziehungs- und Wohlfahrtsprogramme sind von verschiedener Art und häufig nicht faßbar. Sie berühren verschiedene Altersgruppen und verschiedene Bevölkerungsgruppen zu verschiedenen Zeitperioden. Kein Aufwand an Analyse wird uns sagen, ob die Nation mehr gewinnt, wenn sie ein Kind aus den Elendsvierteln in den Kindergarten schickt Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung, a.a.O. (s. Anm. 5); Bert Rürup, Das Planning - Programming - Budgeting-System der USA (PPBS), in: Der öffentliche Haushalt 12. Jg. (1971), S. 5 ff.; Heinrich Reinermann, Das Planungs-, Programmierungs- und Budgeting-System in Regierung und Verwaltung der USA, in: Die Verwaltung, 2. Bd. (1969), S. 197 ff.; ders., Integrierte Planungs- und Kontrollsysteme im Regierungs- und Verwaltungsbereich, in: Bundeswehrverwaltung, 1971, S. 121 und 155 ff. Alle Autoren verschweigen indes, daß "es nicht recht läuft", wie bei allen hypertrophen Ansätzen. 22 Vom Sinn und Unsinn der Planung, Schwierigkeiten für eine bessere Politik, deutscher Text in: Politische Meinung, 1971, Heft 6, S. 21 ff., bes. S. 32.

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oder medizinische Hilfe für einen alten Mann besorgt oder eine gelähmte Hausfrau instandsetzt, ihre normalen Tätigkeiten wieder aufzunehmen. Die ,großen Entscheidungen' - wieviel Gesundheit, wieviel Erziehung, wieviel Wohlfahrt, und welche Gruppen der Bevölkerung damit bedacht werden sollen - sind Fragen von Werturteilen und Fragen der Politik. Der Analyst kann nicht viel zu ihrer Lösung beitragen." Er fährt dann fort: "Was nach Gorhams Meinung wirklich gemacht werden kann, das ist die Erarbeitung analytischer Studien über genau definierte Bereiche der Politik." "Die weniger bedeutenden Entscheidungen", erklärte Gorham, "diejenigen zwischen alternativen Programmen mit den gleichen oder ähnlichen gesundheitspolitischen Zielen, können wesentlich durch eine gute Analyse erhellt werden. Diese Type von Analyse ist es, die wir im Ministerium für Gesundheit, Erziehung und Wohlfahrt in die Wege geleitet haben." Als Beispiele erwähnt Gorham die Programme zur Kontrolle der Krankheiten und die Verbesserungen der Gesundheitsfürsorge für Kinder. Wenn diese Art von Projektanalyse das ist, was unter PPBS getan werden kann, dann erhebt sich eine ernste Frage: Wozu der ganze Aufwand, um ein paar getrennte Studien wichtiger Probleme zu erlangen? Ein Fünf-Jahr-Budget, aufgestellt in der Wischi-Waschi-Terminologie der Programm-Struktur, ist zwecklos." Damit ist zugleich die Frage nach der Wirksamkeit von anderen Kontroll techniken aufgeworfen. 4. Effizienzkontrollen23

Als im Haushalts-Grundsätzegesetz von 1969 zum ersten Mal die allgemeine Forderung nach "Nutzen-Kosten-Untersuchungen" aufgestellt wurde24, mußte derjenige, der die Eignung einer solcher Technik zur Beantwortung grundsätzlicher Fragestellungen im planerischen Bereich verfolgt hat, Bedenken anmelden. Kosten-Nutzen-Analysen oder costbenefit-analysis wird zur Zeit als eine Technik vorgestellt, die den Rang einer entscheidenden Verbesserung im Planungsverfahren haben soll25. 23 Allgemeiner überblick bei Gerhard Gröbner, Effizienzanalysen im Staatssektor, in: Die Verwaltung, Bd. 3 (1970), S. 297 ff. 2' § 6 Abs. 2 HGrG vom 19.8.1969 (BGBl. I S. 1273): "Für geeignete Maßnahmen von erheblicher finanzieller Bedeutung sind Nutzen-Kosten-Untersuchungen anzustellen." Dazu Erwin Adolf Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Kommentar, Stuttgart u. a. ab 1969, Anm. 5 zu § 7 BHO. 25 Allgemein zur Nutzen-Kosten-Analyse der von Horst Claus Recktenwald herausgegebene Band: Nutzen-Kosten-Analyse und Programmbudgetierung, Grundlagen staatlicher Entscheidung, Tübingen 1970; Apel- Arnold - Platte, Volkswirtschaftliche Investitionsrechnungen - Kosten-Nutzen-Analysen -

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Hier wären Vorbehalte zu machen. Man hat erfolgreich an einigen dafür geeigneten Fällen den Versuch gemacht, durch eine möglichst weitgehend quantifizierte Aussage des volkswirtschaftlichen Nutzens von Investitionen die Genauigkeit der Auswahl von Entscheidungsalternativen zu verbessern. Beispiele sind Verkehrsanlagen, Einrichtungen der Wasserversorgung und Einzelfragen der Infrastrukturplanung. Aber darin schon den Beweis einer allgemeinen Brauchbarkeit zu sehen, ist zunächst recht gewagt. Vor allen Dingen bei der Bewertung des angeblichen Nutzens ist die Gefahr von Fehlschlüssen groß. Neben- und Folgewirkungen von Maßnahmen können kaum vollständig übersehen werden. Die Frage, an welchen Maßstäben sich die Bewertung orientieren soll, ist ein schwer lösbares Problem. Die Beispiele, bei denen man einigermaßen erfolgreich gearbeitet hat, sind relativ unkompliziert, wenn man sie mit zahlreichen Entscheidungssituationen, in denen man im Bereich der Politik und der Administration steht, vergleicht. Wesentlich anders bestellt ist es mit der NutzwertanaZyse 26 • Sie ist leichter zu handhaben als die Nutzen-Kosten-Analyse. Die einzelnen Investitionen werden danach überprüft, welchen Zielsetzungen sie dienen sollen, die Ziele müssen im einzelnen gewichtet werden, die Zielerfüllung wird so dann in ein Bewertungsschema gebracht. Der Grundgedanke der Nutzwertanalyse läßt sich auch in einer vereinfachten Form bei zahlreichen Entscheidungssituationen anwenden. Technische Bereiche sind indes nur die bekanntesten aus einer Vielzahl von theoretisch vielleicht brauchbaren Verfahren, deren Wert im praktischen Entscheidungsprozeß aber kaum deutlich gemacht werden kann. in: Der Städtetag 1972, S. 128 und 190 ff.; kritisch Helmut Karehnke, Zur Wirtschaftlichkeitsmessung im staatlichen Bereich, in: DVBl. 1970, S. 949 ff.; ders. in einer Buchbesprechung, in: Der öffentliche Haushalt Jg. 12 (1971), S. 252/253; Heinrich Siedentopf, Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung, Baden-Baden 1969, S. 24 ff. = Politik und Verwaltung, Heft 8; für den Bereich der raumplanenden Verwaltung Rainer Knigge, Kosten- und Nutzen-Anwendungsmöglichkeiten von Kosten-Nutzen-Analysen im Bereich der raumplanenden Verwaltung, Düsseldorf 1971 = Landesentwicklung, Schriftenreihe des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Heft 29. 26 Die Nutzwertanalyse scheint sich besonders in der Infrastrukturplanung zu bewähren. Die Literatur ist recht ergiebig. Grundlegend Christof Zangemeister, Nutzwertanalyse in der Systemtechnik, München 1970; ders., Nutzwertanalyse, in: Günter W. Tumm (Hrsg.), Die neuen Methoden in der Entscheidungsfindung, München 1972, S. 264 ff. Zu Einzelfragen Martin Wagner, Dieter Stromberg, Der Nutzwert von Alternativen, in: Stadtbauwelt 24 v. 29.12.1969, S. 272 ff.; Günter Strassert, Gerd Turowski, Nutzwertanalyse: Ein Verfahren zur Beurteilung regionalpolitischer Projekte, in: Institut für Raumordnung, Informationen, 21. Jg. (1971), S. 29 ff.; Leopold Fischer, Spezielle Aspekte der Anwendung von Nutzwertanalysen in der Raumordnung, in: Raumforschung und Raumordnung, 29. Jg. (1971, S. 57 ff.

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Praktisch brauchbar sind bei aller Problematik der Wahl von Diskontierungssätzen die sog. Rechenverfahren 27 , die bei dem Vergleich von Investitions- und Folgekosten nützlich sein können. Sie setzen allerdings erst dann ein, wenn die Ergebnisse von Planungen vorliegen. 5. OR-Modelle

OR-Modelle dienen ebenfalls der Optimierung von Entscheidungen, sie sind quantifizierte Hypothesen und arbeiten mit Methoden der Mathematik, d. h. sie hängen davon ab, in welcher Weise die untersuchende Problematik in die Form mathematischer Formeln zu kleiden ist. Dabei ist, wie bei PPBS, die Datenbasis entscheidend. In einer sehr interessanten Auseinandersetzung über Optimierung und Stadtplanung hat Frieder Naschold darauf aufmerksam gemacht, daß solche Optimierungsmodelle28 für komplexe Problematiken nicht geeignet sind, weil sie den vielseitigen Faktoren soziopolitischer Systeme nicht gerecht werden können, z. B. Organisation, Motivation, Macht, Zielsuche und Zielkonflikt kaum eingebaut werden können. Vor allen Dingen sieht N. wohl richtig die Gefahr, daß bei ihrer Anwendung der Realitätsbezug der Aussage durch den zwangsläufig hohen Abstraktionsgrad fragwürdig werden kann. Vor allen Dingen sei noch einmal auf das Phänomen der Information - hier konkret der Datenbasis - hingewiesen29 • Es hat den Anschein, als ob die Ursache für das Scheitern bei der Anwendung solcher Verfahren von ihren Verfechtern immer bei denen gesucht wird, die die Daten nicht zur Verfügung stellen können. Nur sind bei Informationsproblemen immer die Forderungen nach Vollständigkeit, Rechtzeitigkeit und Wirtschaftlichkeit (Kosten) gegeneinander abzuwägen, was oft unterlassen wird. 27 Dazu Pet er Frerk, Wirtschaftlichkeit öffentlicher Investitionen, Köln und Berlin 1967; Heinz Bo~senkötter, Berechnung der Wirtschaftlichkeit gemeindlicher Investitionen ,in: Der Städtetag 1967, S. 11; ein Beispiel aus der Praxis sind die vom Senatsamt für den Verwaltungsdienst - Organisationsamt der Freien und Hansestadt Hamburg herausgegebenen Richtlinien: Kostenrechnung und Wirtschaftlichkeitsberechnung, 2. Auf!. 1969, S. 19 ff. 28 Frieder Nascho~d, Optimierung: Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren, in: Stadtbauwelt 24 vom 29.12.69, S. 282 ff. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung um die Anwendung von OR-Verfahren in Politik und Verwaltung gewinnt an Breite. Einige Beispiele: Frank E. Münnich, Das Prinzip der Optimierung; Ben Shahar - Mazor - Pines, Optimierung und Stadtplanung, ebenda S. 278 ff.; P~atz - Diedrich - Vogt - Nascho~d, über Möglichkeiten und Grenzen mathematischer Optimierungsmethoden, in: Stadtbauwelt 25 v. 30.3. 70, S. 58 ff. 29 Ein praktisch anwendbares OR-Modell hat die WIBERA Wirtschaftsberatung AG Düsseldorf zur Verbesserung des Umweltschutzes durch leitungsgebundene Versorgung entwickelt (s. dazu Werner Braun/Dieter Jobsky, Wirtschaftlicher Umweltschutz durch Querverbund, WIBERA-Sonderdruck Nr. 28, 1971). Schon bei diesem relativ einfachen OR-Modell, wo man annehmen könnte, die Datenbasis sei gesichert (Bevölkerungs-, Grundstücks-, Leistungsund Anlagedaten der Versorgungsunternehmen) wurde die Schwierigkeit der Datengewinnung als größtes Hindernis der Realisierung deutlich.

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Mit diesen kritischen Äußerungen soll keineswegs der Ernst verschleiert werden, mit dem man sich der Frage nach einer rationaleren Politik stellen muß. Nur wird man die Antwort kaum bei denjenigen finden, die gerade eine neue Technik entwickelt haben. Bei den z. T. offenen Entscheidungssituationen dürften sog. heuristische Verfahren (brainstorming, Delphi-Methode) sehr hilfreich sein3o• Vieles aber, was an Planungstechniken angeboten wird, kann nur als ein Beitrag zur Einleitung von Lernprozessen für einzelne Situationen des Planungs- und Entscheidungsvorganges gewertet werden, darin liegt ihr Wert. Im übrigen muß man wohl zwischen denjenigen Technikern und Instrumenten, deren Eignung für die staatliche Organisation erst erprobt werden muß und denjenigen Maßnahmen, die man mit Verantwortung für das Ganze bereits einführen kann, unterscheiden. Bei letzteren werden sich die Schritte nach vorn immer etwas bescheidener darstellen.

v. Angebote aus der Organisationstheorie der Unternehmen 1. Management-Modelle 31

In der Diskussion über die Anwendung von sog. Management-Modellen in der öffentlichen Verwaltung ist die Frage, welche Modelle bzw. welche Elemente von Modellen sich auf ähnliche Handlungssituationen der öffentlichen Verwaltung anwenden lassen, noch nicht hinreichend beantwortet worden32• Der Stand theoretischer Untersuchungen erlaubt noch keine repräsentativen Aussagen. Versucht man jedoch eine erste Deutung, so dürften die Unterschiede zwischen Unternehmung und öffentlicher Verwaltung in zwei Problemfeldern zu finden sein: 1. Der Prozeß der Zielfindung und Zielbildung in Politik und öffentlicher

Verwaltung ist, soweit es sich nicht um durchführende Dienststellen handelt, ein ungleich differenzierterer und stärker den Einflüssen des gesellschaftlichen Prozesses unterworfener Vorgang als in der Unternehmung, die im wesentlichen auf Grund einer Analyse ihrer Marktposition in der Lage ist, Ziele zu formulieren. Die Schwierigkeit quantifizierbarer Aussagen, die sich bei der Einführung von Verfahren wie 30 C. H. Clark, Brainstorming, 2. Aufl., München 1967, Stichwort: Brainstorming, in: Management-Enzyklopädie, Bd. 1, München ab 1970; Friedhelm WiZkenloh, a.a.O. (Anm.), S. 44; Heinz Busch, Delphi-Methode, bei Günther W. Tumm, a.a.O. (oben Anm. 26), S. 144 ff. 31 übersicht bei Knut Bleicher, a.a.O. (oben Anm. 8), S. 67 ff. 32 Zur Problematik der übertragung von Management-Modellen auf die öffentliche Verwaltung allgemein Eberhard Laux, Verwaltungsführung und betriebliches Management, in: Demokratie und Verwaltung, a.a.O. (oben Anm. 6), S. 537 ff.; ders., Management-Modelle für die öffentliche Verwaltung?, in: DVBl. 1972, S. 167 ff. mit weiteren Nachweisungen.

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PPBS gezeigt hat und die auch die Anwendbarkeit der Nutzen-KostenAnalyse einengt, besteht in der Unternehmung weitgehend nicht. Die Informationsbasis ist hier leichter begrenzbar, womit die Problematik nicht vereinfacht werden soll. Das Ausdifferenzieren von Problemen und die Kompromißbildung bei Zielkonflikten sind deshalb im öffentlichen Bereich Vorgänge, die sich einer technisch-mechanistischen Deutung weitgehend entziehen. 2. Die meisten Managementmodelle sind für Führungsvorgänge in der Verwaltung zu einfach. Hier sei an die oben angeführte Beobachtung von Frieder Naschold bei der Anwendung von Optimierungsverfahren erinnert. Lediglich hochentwickelte Managementmodelle, die aber ihrer Bewährung im Unternehmensbereich noch harren, wie z. B. das sog. management by objectives (MbO)33, sind möglicherweise geeignet, auch für die öffentliche Verwaltung nutzbar gemacht werden zu können. MbO, das als Führung durch Zielvereinbarung interpretiert werden kann, arbeitet weitgehend systemtheoretische Erkenntnisse ein; gleichzeitig wird ein besonderer Wert auf Fragen der Motivation der Führungskräfte und der Mitarbeiter gelegt. Es ist hier nicht Raum, dieses sehr komplexe Modell im einzelnen zu schildern. Langfristige Unternehmensplanung und optimaler Einsatz sämtlicher Führungskräfte ebenso wie deren Bewertung und Entwicklung stehen im Mittelpunkt dieser Deutung von organisatorischen Prozessen. So sehr sich Parallelen zum öffentlichen Bereich aufdrängen, so muß doch klar erkannt werden, wie stark dieses Modell neben qualitativen Aussagen die Quantifizierbarkeit der Ziele aus Gründen der Selbststeuerung und der Kontrollierbarkeit beherrscht. Es wäre jedoch verdienstvoll, wenn man in einer Großorganisation der öffentlichen Verwaltung versuchen würde, diesen theoretischen Ansatz auf seine Verwirklichung zu testen. 2. Das Controller-Konzept34

Leichter umsetzbar erscheinen organisatorische Teillösungen, die in der Literatur unter dem Begriff des Controller zusammengefaßt sind. Die 33 Die grundlegende Darstellung über management by objectives gibt George S. Odiorne, Management mit Zielvorgabe (management decisions by objectives) deutsche Ausgabe München 1971; ferner Knut Bleicher, a.a.O. (Anm. 8), S. 102 ff. Siehe auch die kritische Würdigung von Jürgen Wild, ManagementKonzeption und Unternehmungsverfassung, in: Probleme der Unternehmungsverfassung, Gedanken zum 70. Geburtstag von Martin Lohmann, Tübingen 1971, S. 57 ff. 34 Zum Controller-Konzept Klaus Agthe, Stichwort: Controller, in: Handwörterbuch der Organisation, hrsg. von Erwin Grochla, Stuttgart 1969 mit zahlreicher Literatur; F. M. Cottard, Stichwort: Controller, in: ManagementEnzyklopädie, Bd. 1, München, ab 1970.

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Stellung eines Controller wird unterschiedlich beschrieben, jedoch kann man ihn als eine Position im oberen Führungsbereich kennzeichnen, die in sich vier Funktionen zusammenfaßt: Steuerung der Planung und Kontrolle der Plandurchführung Beratung aller Führungsebenen in Fragen, wie Planungsziele erfüllt werden können Leitung eines ausgebauten Rechnungs- und Berichtswesens Schutz des investierten Kapitals. Auf die Organisation der öffentlichen Verwaltung übertragen, macht dieses Konzept auf eine deutliche Lücke im oberen Führungsbereich aufmerksam. Ansätze zu seiner Verwirklichung hat die Projektgruppe beim Bayerischen Staatsministerium des Innern35 in ihrem Bericht aufgezeigt, indem sie die Stellung des Amtschefs (Ministerialdirektors), der in Bayern nicht den Rang eines Staatssekretärs hat, sondern als administrative Spitze unter dem Minister und dem als Vizeminister anzusprechenden Staatssekretär verstanden wird, nicht mehr wie bisher vorwiegend vom hierarchischen Aufbau her interpretiert, sondern in einer abgewandelten Position eines "Stabschefs" . Erste Andeutungen in dieser Richtung waren auch schon in dem Bericht der Projektgruppe "Organisation des BMI"36 zu finden. Beide Ausdeutungen beruhen auf der Beobachtung, daß die genannten Funktionen nur dann erfolgreich wahrgenommen werden können, wenn sie durch einen hohen Funktionär im obersten Führungsbereich wahrgenommen werden.

VI. Zusammenfassung Die Diskussion in der öffentlichen Verwaltung der Bundesrepublik ist, was die Organisation der Regierungsplanung betrifft, durch ein Auseinanderklaffen von Theorie und Verwaltungsrealität gekennzeichnet. Die häufig ausschließlich dem Instrumentarium der Organisationsstruktur entnommenen Lösungen vermögen alleine bei der Vielfalt der politischen und administrativen Probleme nicht zu genügen; das Instrumentarium ist ohnehin begrenzt. Techniken der Systemsteuerung sind noch nicht ausreichend erprobt, Angebote aus der Theorie bedürfen noch langfristiger Erprobung. In diesen Bereichen der Organisation scheint mir aber nicht der Schlüssel zur Verbesserung der Effektivität einer planenden Verwaltung zu a.a.O. (oben Anm. 4), S. 103. Bericht der Projektgruppe "Organisation BMI" vom 1. 7. 1969 (nicht veröffentlicht) s. a. das Gutachten der WIBERA Wirtschaftsberatung AG, Zur Führungsorganisation der Baubehörde der Freien und Hansestadt Hamburg von August 1971, als Manuskript vervielfältigt, Düsseldorf, S. 116 ff. 35

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liegen. Vielmehr besteht die Wahrscheinlichkeit, daß vorwiegend durch eine Veränderung der Ausbildung, der Motivation der Mitarbeiter und durch Änderung des Führungsstils der notwendige Reformprozeß wirksamer in Gang zu bringen ist. Alle gutgemeinten anderen Ansätze scheitern an der mangelnden Aufnahmefähigkeit des in seinen Dimensionen nicht mehr voll überschaubaren Verwaltungssystems, obwohl dieses letztlich auch im formal nicht gesteuerten Raum eine hohe Rationalität bewiesen hat. Es handelt sich darum, daß aus der Anwendung von psychologischen und verwaltungssoziologischen Erkenntnissen das Verständnis für den Vorgang der Planung wächst, der etwas grundsätzlich anderes ist, als das Subsumieren unter vorgegebene Regeln oder die Anpassung an die Situation. Die Ausbildung und die Fortbildung wird daher in Zukunft wesentlich stärker auf die unterschiedlichen Handlungssituationen in der öffentlichen Verwaltung ausgerichtet sein müssen. Es kann nicht abgewartet werden, bis Erkenntnisse und Erfahrungen aus kleinen, häufig in das Verwaltungshandeln ungenügend integrierten Stabsgruppen in die Breite des Verwaltungshandelns durchsickern. Die Ansätze, die neuerdings in der Bundesakademie für die öffentliche Verwaltung, im Kommunalwissenschaftlichen Forschungszentrum Berlin, vor allen Dingen aber hier in Speyer in den letzten Jahren versucht worden sind, mögen wichtige Schritte auf diesem langen Wege sein.

Aussprache zum Vortrag von Eberhard Laux Bericht von Dietrich Sternberg In der anschließenden Diskussion unter Leitung von Professor Roman Schnur wies Oberkreisdirektor Wand hoff, Gifhorn, zunächst auf den Gegensatz von Planungsideologie und Planungspraxis hin. Gegenüber einer Planungseuphorie, nach der alle Dinge machbar und planbar seien und bei der Planung oft als Ersatz von Entscheidung gerate, betonte Wandhoff die dienende Funktion der Planung als Führungsmittel. Skepsis gegenüber einem planenden Staat, der eine verplante Gesellschaft liefere, ergebe sich insbesondere aus der Sicht der kommunalen Selbstverwaltung, die neben dem goldenen Zügel der Finanzen am Hanfstrick der Planung langsam vertrottelt werde. Wandhoff wiederholte die Sorge, die verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten der Verantwortung könnten sich infolge des Informationsvorsprungs der Verwaltung verschieben. Es sei politisch unrealistisch, von einer Informationsgleichheit, d. h. gleichen Zugriffs chancen auf die Informationen bei Parlament und Verwaltung auszugehen. Nach Wandhoff läßt sich die Systematik einer optimalen Planungsorganisation dadurch gewinnen, daß man den Planungsvorgang funktionell aufgreift. Die vier Stufen der Planung - Sammlung und Speicherung aller für eine Zielvorstellung erheblichen Fakten; Festlegung des Planungsziels oder des Leitbildes; Aufstellung des Programms; Vollzugmüßten sämtlich den gleichen Fragen unterworfen werden, nämlich: Wer stellt die Fakten zusammen, legt das Planungsziel fest etc.? In welchem Verfahren? Wer trägt die Verantwortung? Wer wird auf der jeweiligen Stufe gebunden, de iure und de facto? Im einzelnen müsse man auch fragen, ob z. B. die Sammlung der Fakten vollständig sei (denn die Planung habe eine Neigung, durch Weglassen von Fakten das Ziel glaubwürdiger zu machen); ob die vom Programm Betroffenen beteiligt würden (Stichwort: Gegenstromverfahren); für welchen Zeitraum Regierung oder Parlament im Vollzugsraum, dem alten Raum der Verwaltung, entscheiden könnten (Legislatur- oder Regierungsperiode?). Schließlich sei auf jeder Stufe die Frage nach der Kontrolle zu stellen. Der Gewinn einer Systematisierung der aufgezeigten Probleme bestehe zum einen darin, daß das latent vorhandene Gefühl abgebaut werden

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könne, es gäbe - ebensowenig wie eine durchschaubare Planungsorganisation - keine durchschaubare Planungstätigkeit, zum anderen könnten einer breiteren Öffentlichkeit die Wege zu den Planungszielen und ihre Kontrolle klar gemacht werden. Privatdozent Dr. Faller, München, äußerte Bedenken gegen die Geeignetheit der dynamischen Investitionsrechnungsverfahren für Zahlungen mit sehr langen Laufzeiten, insbesondere Infrastrukturinvestionen. Im Gegensatz zur statischen würden bei der dynamischen Investitionsrechnung die Zahlungen anhand eines Zinssatzes auf den Gegenwartswert "herunterdiskontiert" . Das könne die fatale Folge haben, daß erst in 50 Jahren ertragreiche Vorhaben unterlassen würden zugunsten von Vorhaben, bei denen in 50 Jahren eine hohe Kostenbelastung bestehe. In jedem Falle sollte man die Abfindungstabelle von Erich Schneider, Wirtschaftlichkeitsberechnung, Anhang, zur Hand nehmen. Ministerialrat Geffers, Hannover, wies darauf hin, daß es bei aller Planung vordringlich sei, einen Arbeits- und Organisationsstil zu schaffen, der den Führenden und Entscheidenden wieder Zeit zum Nachdenken gäbe. Dazu führte Professor Dr. Laux, Düsseldorf, die Ergebnisse einer Chefbelastungsanalyse an. Infolge der Außenbelastungen, Rücksprachen aus akutem Anlaß, unnötiger Weiterleitung von Einzelentscheidungen durch die Abteilungsleiter sei die eigentliche Arbeitszeit z. B. eines Ministers äußerst gering. Es entstehe deshalb immer wieder die Frage, wie breit die oberste Führungsebene zu machen sei. Alle überlegungen organisatorischer Art müßten auf den Ausbau der Führungshilfe zielen. Die Grenze des Organisators liege jedoch in der Einstellung der Führungsspitze zu dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium. Demgegenüber äußerte Diskussionsleiter Professor Dr. Schnur, Speyer, man dürfe bei der Reorganisation nicht mehr als unantastbar von der Zeit ausgehen, die die Führungsspitze, der einzige Mann, zu verwenden habe. Weil man intern in der Reorganisation nicht mehr viel Zeit gewinnen könne, müsse man aus einer administrativen in eine verfassungsadministrative Reform kommen. Das hätte zumindest eine Entlastung der Führungsspitzen von Repräsentationsaufgaben zur Folge. Zu der Frage von Herrn Hilfsreferent Marquardt, Düsseldorf, wie die Integration des Sachverstandes bei einem mit Planungsproblemen und policymaking befaßten Regierungsinstitut und dem Berliner Modell erfolge, äußerte Laux, daß es z. Z. keine Beispiele dafür gebe, wie man den Sachverstand in die Planung einschließen solle. Das Controller-Modell sei ein möglicher Ansatz, denkbar aber auch ein gemeinschaftliches Institut als Policy-Research-Center. Im Berliner Modell seien die Rollenfunktionen im Planungsprozeß vernünftig interpretiert. Das persönliche Engagement

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Aussprache

bleibe aber mangels persönlicher Identifikation relativ gering. Solange man deshalb weder die Aufgabe der Organisation definiert und die Abläufe, an denen die Rollenträger beteiligt sind, organisiert habe, sei das Ganze nur ein schöner Anblick. Anschließend erläuterte Senatsrat Dr. Friedrich, Bonn, das Berliner Modell. Er betonte, daß die Abgeordneten bereits in dem Planungs ziel und in den Planungsausschüssen zugelassen würden und somit in einem sehr frühen Stadium die Möglichkeit hätten, die Planung zu beeinflussen. Professor Schnur machte auf die besonderen Probleme des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages aufmerksam, wenn es darum gehe, höchste Beamte als Gutachter zu gewinnen. Abschließend empfahl Laux, bei der Vergabe von Berateraufträgen das Programm absolut klar zu stellen, darüber hinaus aber auch zu diskutieren, was als Aussage, nicht inhaltlich, sondern der Richtung nach formal erwartet werde.

Regierungsprogramm und Ressourcenrahmen Von Ulrich Becker

I. Einleitung "Man kann im Winter nicht genug an den Frühling, in den traurigen Zeiten nicht genug an die freundlichen denken." Mit diesem einleuchtenden Wort des Alemannen Johann Peter Hebel möchte ich die Erwartungen kennzeichnen, die im allgemeinen an die Planung geknüpft werden und gleichzeitig zum genius Iod überleiten. Ich habe vor einigen Wochen in einer Zeitung gelesen: "Kohl läßt Computer für den Fortschritt planen." Das Mainzer Kabinett treffe in Zukunft mit einem "integrierten Planungs-, Entscheidungs- und Kontrollsystem" Regierungsentscheidungen in der Art vorausberechneter Mondlandungen. Wenn auch in Mainz die Zeiten vielleicht selbst im Winter gar nicht traurig sind - welcher karnevals geübte Bundesbürger dächte nicht an die "Meenzer Fassenacht" -, so müßte der erwogene systemtheoretische Ansatz eben doch wohl auf noch viel freundlichere Zeiten abzielen. Wozu wäre er sonst gut? Es fällt mir nicht schwer, von Schwaben-Alemannien und RheinlandPfalz mit Hilfe des Zeitungsartikels die Brücke zu zwei weiteren deutschen Ländern und zum Bund zu schlagen. In fetten Lettern wird nämlich Hamburg als Vorbild für das Mainzer System herausgestellt, in dünnen Buchstaben Nordrhein-Westfalen; aber beim Bund seien die Ressorts für solche Systeme zu wenig kooperativ, und es fehle auch an Systemspezialisten. Für Hamburg kann ich nur sagen, daß wir wahrscheinlich deswegen noch nicht auf dem Mond gelandet sind, weil wir über unser Planungssystem und seine Einführung in tiefer Demut vor der Komplexität der sozialen und ökonomischen Wirklichkeit noch nachdenken. Ich bitte mir nachzusehen, wenn ich auf eine tour d'horizon durch den Bund, alle Länder und auch die Kommunalverwaltungen verzichte, obwohl es mir sehr angelegen wäre, die vielfachen Bemühungen um Entwicklungsplanungen zu würdigen. Ich möchte jedoch das gastliche Rheinland-Pfalz noch einmal erwähnen, diesmal zusammen mit seinem Nachbarn Hessen. Kultusminister Bernhard Vogel und Rudi Arndt als hessischer Finanzminister haben kürzlich bei einer Parlamentarier-Konferenz

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übereinstimmend gefordert, die Bildungsplanung müßte mehr als bisher die Realisierungsmaßnahmen einschließen. Damit bin ich mitten in meinem Thema "Regierungsprogramm und Ressourcenrahmen ". Ein Regierungsprogramm antizipiert im wesentlichen den Handlungsrahmen für die Programmperiode. Es hat deswegen - prinzipiell unter Vorwegnahme der Konsensbildung - in einer gegliederten Verwaltung auch eine Koordinierungsfunktion. Da in dieser unvollkommenen Welt keine paradiesischen Zustände herrschen, kann sich ein Regierungsprogramm weder von der unschuldvollen Friedfertigkeit aller Menschen noch von der Überfülle der Ressourcen leiten lassen - im übrigen brauchten wir im Paradies auch keine Regierung, so daß unser Problem schon mangels der dafür erforderlichen Institution dort gar nicht erst entstände. Die Begrenztheit der Ressourcen für das staatliche Handeln ist der wesentliche Anlaß für alle Planungen, der Vorbereitung von Programmen für die Zukunft. Im wesentlichen stellen sich bei der Programmplanung zwei Fragen: kurzfristig bis mittelfristig: Wie werden die Ressourcen auf die Bedarfe verteilt? langfristig: Wie lassen sich die Ressourcen den Bedürfnissen anpassen? In einem ersten Teil will ich einige Abhängigkeiten und Veränderlichkeiten von Ressourcen behandeln, in einem zweiten Teil kurz auf den Inhalt staatlicher Planung eingehen. Danach möchte ich einen Lösungsansatz für die Verbindung von Regierungsprogrammen und Ressourcenrahmen aufzeigen; dabei beschränke ich mich auf überlegungen für einen Stadtstaat. Ich möchte damit vermeiden, die Komplexität des Verhältnisses der Gebietskörperschaften - vertikal oder horizontal - zueinander und erst recht der Verbindung zwischen Staat und Wirtschaft einzubeziehen. Die Unterschiedlichkeit der Ziele und der Dimensionen der Planungsgegenstände bedingt im übrigen unterschiedliche Ansätze. 11. Die einzelnen Ressourcen ihre Abhängigkeiten und Veränderlichkeit Vordergründig wird die staatliche Aktivität zunächst durch den zugebilligten Anteil an den Ressourcen begrenzt. Staatliche Maßnahmen sind aber vielfach auch darauf gerichtet, den in einer Volkswirtschaft vorhandenen Ressourcenrahmen zu erweitern, einer überforderung der gegebenen Faktoren durch andere Nachfragekomponenten (privater Konsum, private Investition, Export) entgegenzuwirken oder konjunkturelle,

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strukturelle oder regionale Unterbeschäftigung auszugleichen. Staatliche Aktivität hat also wichtige Wachstumseffekte - nicht nur für den privaten Bereich, sondern auch für die öffentliche Hand selbst, damit sie ihre Aufgabe in späteren Perioden auch bei unverändertem Anteil des Staates am Bruttosozialprodukt wahrnehmen kann. Daß die Betätigung des Staates nicht nur ein auf Kosten der privaten Verwendung des Sozialprodukts gehendes notwendiges Übel darstellt, sondern auch Voraussetzung unseres privaten Wohlstandes ist, wird heute ernsthaft nicht mehr bestritten. Zwar sind die Wachstumseffekte der einzelnen Ausgabekategorien des Staates verschieden und auch im Infrastrukturbereich nur schwer meßbar, sie sind aber bei vielen Maßnahmen offenkundig. An dem bayerischen Beispiel der informativen KostenNutzen-Analyse für das Projekt der Überleitung von Altmühl- und Donauwasser in das Regnitz-Main-Gebiet möchte ich die Auswirkungen einer bestimmten staatlichen Maßnahme auf die Entfaltungsmöglichkeiten des privaten Bereichs aufzeigen: 1. Allgemeine Strukturverbesserung im Einzugsgebiet des Mains 2. Störungsfreies Wachstum der gewerblichen Wirtschaft 3. Beitrag zur Energiegewinnung 4. Förderung der strukturbedingten Umstellungen in der Landwirtschaft 5. Hochwasserschutz für Siedlungen, Verkehrswege und Kulturflächen a) Mehrerlös infolge Ertragssicherung und Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsbedingungen b) Ersparnis der Kommunen bei Aufwendungen für Hochwasserschäden und Schutzvorrichtungen c) Ertragszuwachs infolge Gebäude- und Bodenwertsteigerungen 6. Schaffung von Erholungsmöglichkeiten und Förderung des Fremdenverkehrs a) Erholungsnutzen der Bevölkerung aus den naheliegenden Ballungszentren b) Wertschöpfung des Fremdenverkehrsgewerbes 7. Erleichterung der Trinkwassergewinnung 8. Beitrag zu einer geordneten Beseitigung der Haushalts- und Industrieabwässer. Während bei Investitionen in das Sachkapital, wie bei Verkehrsbauten, Flußvertiefungen, Be- und Entwässerung von Flächen, die positiven Auswirkungen für die private Wirtschaft offenkundig sind und solche Maßnahmen deshalb auch die Billigung einer breiten Öffentlichkeit finden, herrscht eine schizophrene Haltung gegenüber der Zunahme der Zahl der

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Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Selbst wenn die personalintensiven Dienstleistungen ausschließlich als Konsum zu betrachten wären, erscheint die Kritik an den steigenden Beschäftigtenzahlen angesichts der massiven Forderung nach besseren staatlichen Leistungen inkonsequent; aber auch das, was in der amtlichen Statistik noch immer als "staatlicher Konsum" ausgewiesen wird, gibt wichtige Wachstumsimpulse. Der Betrieb von Kindertagesstätten beispielsweise erschließt das Reservoir arbeitswilliger Frauen, die Arbeitsverwaltung fördert die berufliche Mobilität; der mit großem Aufwand betriebene Ausbau unseres Bildungswesens soll über eine qualitative Verbesserung des Faktors Arbeit die Basis für die Wettbewerbsfähigkeit in späteren Jahrzehnten legen. Die Inanspruchnahme der Ressourcen steht auch in einer engen Beziehung zu den konjunkturellen Situationen. Vom Staat wird erwartet- inzwischen ist er durch das Gesetz dazu verpflichtet -, daß er mit den Instrumenten der Fiskalpolitik Störungen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts entgegenwirkt. Bei Unterbeschäftigung entsteht hier kein Interessenkonflikt; mit der Verausgabung zusätzlicher Mittel werden sowohl dringende staatliche Bedarfe befriedigt als auch einer zu geringen Auslastung der Ressourcen entgegengewirkt. In der Bundesrepublik war allerdings bisher die Lage viel häufiger, daß die Beanspruchung der Produktionsfaktoren durch die übrigen Nachfragekomponenten über das zulässige Maß hinaus die Geldwertstabilität in Gefahr gebracht hatte und der Staat zu ihrer Sicherung gezwungen war, geplante und programmierte Maßnahmen zurückzustellen. Es genügte also nicht, daß der Staat sich selbst konjunkturneutral verhielt - d. h., daß er selbst seine Ausgaben nur im Ausmaß der gestiegenen Ressourcen ausdehnte. Er mußte sogar aktiv gegensteuern. Insofern beeinträchtigen die wiederkehrenden konjunkturpolitischen Erfordernisse die Kontinuierlichkeit des staatlichen Handelns. Bei der Planung staatlicher Programme muß aber auch darauf Rücksicht genommen werden, daß ganze Wirtschaftszweige weitgehend von staatlichen Aufträgen abhängig sind, z. B. die Bau- und die Rüstungswirtschaft. Schwerpunktverlagerungen größeren Ausmaßes in der Struktur der öffentlichen Ausgaben lassen sich nur langfristig realisieren, wenn eine temporäre Unterbeschäftigung großer Teile der Ressourcen vermieden werden soll. Das Beispiel NASA oder große Flugzeugfirmen in den USA zeigt, welche Folgen für die Beschäftigung hochqualifizierter Arbeitskräfte das Ausbleiben von Staatsaufträgen haben kann. Der Staat wird auch die Erwartungen, die er bei einem Teil der sich gegenwärtig in der Ausbildung befindlichen jungen Menschen geweckt hat, in Rechnung stellen müssen. Eine Gegenüberstellung der auf den Schülerzahlen basierenden Prognosen für den Lehrerbedarf und das Lehrerangebot signalisiert für Hamburg im Rahmen der heute gültigen Klassenfrequenzen und

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Unterrichtsprogramme für das Jahr 1980 z. B. ein überangebot im Bereich der Volks- und Realschulen von über 4 000 Lehrkräften. Allerdings fällt es nicht schwer sich vorzustellen, wie ein solcher überhang schon aufgrund von bisher wegen des Lehrermangels nicht verwirklichten Plänen für das Bildungswesen und aufgrund der Wünsche nach einer Verkürzung der Pflichtstunden der Lehrer abgebaut werden kann. 1. Monetäre Ressourcen

Die Diskussion um die Mittel, die dem Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen müssen, hat sich bis in die jüngste Vergangenheit weitgehend auf die Höhe, Zusammensetzung und Aufbringung der Einnahmen beschränkt. Sie setzen ihn instand, reale Ressourcen zu kaufen, und zwar unter Gleichgewichtsbedingungen genau in dem Umfang, wie sie von anderen Nachfragekomponenten nicht beansprucht werden. Dabei ist allgemein bekannt, daß wegen der über 1 hinausgehenden Elastizität unseres Steuersystems der Anteil des Staates am wachsenden Sozialprodukt ständig zunimmt und sich damit auch seine Fähigkeit zum Erwerb realer Güter und Dienste nicht nur absolut, sondern auch relativ erhöht, sofern durch partielle Steuersenkungen dem nicht entgegengewirkt wird. Ob der Staat die geforderten steigenden Leistungen vorwiegend durch Steuern finanzieren, ob dazu die Aufkommenselastizität unseres Steuersystems ausreichen würde oder ob er sich stärker verschulden sollte, ist eine vorwiegend unter stabilitäts- und verteilungspolitischen Gesichtspunkten umstrittene Frage. Unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung realisierungsfähiger Regierungsprogramme scheint mir auch die Frage mindestens ebenso wichtig zu sein, ob es zutrifft, daß die Durchführung staatlicher Maßnahmen allein von der Finanzierung abhängt. 2. Reale Ressourcen

a) Flächen

Für die Durchführung staatlicher Baumaßnahmen hat sich in der Vergangenheit in immer stärkerem Maße das knappe Bodenreservoir als Minimumfaktor erwiesen. In welchem Ausmaß gerade in Ballungszentren die staatliche Nachfrage mit der der Wirtschaft und der Privaten um das begrenzte Flächenangebot konkurriert, wird nicht zuletzt an den extrem hohen Grundstückspreisen deutlich. Die Standortwahl wird immer häufiger danach entschieden, wo überhaupt noch Baugrund zur Verfügung steht. Dabei sind die nach der Bauleitplanung getroffenen Flächendispositionen zu beachten. Die nach dem Bundesbaugesetz vorgesehenen Flächenplanungsinstrumente haben bisher von den finanziellen Reali-

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sierungsmöglichkeiten der ausgewiesenen Bodennutzung abstrahiert. Mittlerweile setzt sich aber die überzeugung durch, daß es für eine geordnete ökonomische Stadtentwicklung unumgänglich ist, fiächen- und finanzbezogene Gesichtspunkte gleichzeitig zu berücksichtigen. Die Veränderlichkeit der Ressource: Boden liegt in der Art seiner Nutzung begründet; die Erschließungspolitik vieler Gebietskörperschaften ist darauf gerichtet. b) Bau- und Lieferkapazitäten

Die Höhe des zu realisierenden Investitionsvolumens ist zumindest in einer kurzfristigen Betrachtung nicht so sehr von der zur Verfügung stehenden Finanzmasse als von der Leistungsfähigkeit insbesondere des privaten Baugewerbes abhängig. Als besonders elastisch hat sich in Hamburg das Angebot in dieser Hinsicht nicht erwiesen, wie hohe Ausgabereste bei Investitionsansätzen in manchem der vergangenen Jahre beweisen. Andererseits ist auch ein abrupter Rückgang der staatlichen Nachfrage nach privaten Bauleistungen wegen des Strebens nach Kontinuität problematisch. Kurzfristig hat sich die staatliche Planung diesen Gegebenheiten anzupassen, in langfristiger Sicht bestehen allerdings Chancen, Engpässe zu beseitigen etwa durch Heranziehung ausländischer Unternehmen - oder nicht mehr benötigte Ressourcen umzulenken. In einer Untersuchung über die Möglichkeiten, staatliche Hochbauaufgaben auf außerstaatliche Stellen zu verlagern, haben wir uns z. B. im Grenzgebiet zwischen Fragen der Bauplanungs- und Baukapazität und des Arbei tspotentials der öffentlichen Verwaltung bewegt. c) Personal

Auch im Hinblick auf die Deckung des Personalbedarfs wäre es - jedenfalls unter Beobachtung des geltenden Besoldungs- und Tarifrechts leichtfertig zu glauben, mit der Bereitstellung der benötigten Finanzmittel sei es getan. Bereits in der Vergangenheit ist in Hamburg eine Vielzahl von Stellen nur deswegen gestrichen oder gar nicht erst ausgewiesen worden, weil sie offenkundig nicht besetzt werden konnten. Die Bedeutung des Arbeitsmarktes für die Realisierung von Regierungsprogrammen liegt auf der Hand; sie ist wiederum in Ballungszentren besonders groß, weil sich dort das private Dienstleistungsgewerbe, der wegen ähnlicher Nachfragestruktur natürliche Konkurrent des öffentlichen Arbeitgebers, konzentriert, und weil dort das Lohn- und Gehaltsniveau der privaten Wirtschaft beträchtlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, während die Besoldungs- und Tarifpolitik die bundesweite Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse fingiert und nur minimale regionale Ab-

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weichungen in der Höhe der Bezahlung zuläßt. Nicht zu übersehen sind aber auch gerade die Probleme der Länder zur Ausstattung des "flachen Landes" mit einem genügenden Angebot öffentlicher Dienste. Tiefgreifende Veränderungen der Ressource: Personal lassen sich in qualitativer Hinsicht wegen der langen Ausbildungszeit nur mit Hilfe langfristiger Planungen bewältigen. Sicher ist übrigens, daß eine Steigerung der Nachfrage des Staates am Arbeitsmarkt bei überbeschäftigung zu einem unverhältnismäßigen Anstieg der Personalausgaben führt, zumal die aus Kreisen der öffentlich Bediensteten erhobenen fachlichen Forderungen häufig auch mit Einkommensansprüchen verbunden werden. Besonders deutlich wird das daran, daß in den letzten Jahren neben den strukturellen und linearen Einkommensverbesserungen Gehaltssteigerungen aufgrund von allgemeinen sog. Funktionszulagen und inzwischen - mit der Wirkung eines "dynamisierten Parkinsonschen Gesetzes" - auch über die Stellenpläne ausgelöst worden sind - übrigens immer wieder ohne die von manchen erwartete Befriedigung. d) Organisation

Die Bedeutung der Organisation als reale Ressource wird noch vielfach verkannt. Dabei liegen in einer zweckmäßigen Kombination der Faktoren, im Einsatz technischer Hilfsmittel, in der Substitution knapper durch reichlich vorhandene Ressourcen auch oder gerade in der Verwaltung noch beträchtliche Leistungsreserven. Ich darf hierzu nur eine Reihe von Stichworten nennen: Optimierung der Arbeitsabläufe Stärkung der Motivation der Mitarbeiter - auch als der Kehrseite der individuellen Selbstverwirklichung Planungs- und Entscheidungstechniken Managementmethoden, insbesondere Zielvorgabe und Delegation Einsatz der ADV Anpassung der organisatorischen Strukturen Betriebliches Vorschlagswesen Die Mobilisierung dieser Leistungsreserven, die Steigerung der Effizienz bei gegebenem Mitteleinsatz und die Nutzung des technischen Fortschritts sind bei der Entwicklung von Regierungsplänen nicht mehr zu vernachlässigen. Herbert Weichmann hat das einmal so ausgedrückt: "Das Problem, das uns im Hinblick auf die eingetretene und weiter zu erwartende Entwicklung zumeist beschäftigt und beschäftigen muß, ist das Problem der Realisierung der Regierungsaufgabe durch ein ad-

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äquates Instrumentarium, und das heißt durch eine adäquate Verwaltungsorganisation. Hand in Hand mit dem sich ständig fortentwickelnden Aufgabenkomplex der Regierungsprogramme ist auch das Instrument der Verwaltung ein permanentes Regierungsproblem und damit auch selbst ein Objekt von gesellschaftspolitischer Bedeutung geworden." Möglicherweise sind aber gerade in der Ressource: Organisation auch langfristig engere Grenzen angelegt, als wir es gerne wahrhaben wollen. Manche Erscheinungen lassen Zweifel aufkommen, ob das Instrumentarium zur Steuerung großer Apparate ausreicht, um die darin beschäftigten Menschen auf ihre Aufgabe hin zu motivieren. In vielen Bereichen ist es nicht gelungen, genügend operable Ziele zu formulieren, an denen eine Orientierung möglich wäre. Wächst mit dem Reichtum des Staates auch seine Effizienz? Wieviel Potential läßt sich aus mancherlei Gründen nicht ausnutzen, z. B. aus Bequemlichkeit oder Mißtrauen oder auch einer aus der Schwerfälligkeit eines großen Apparates resultierenden Unwillenshaltung!

m. Der Inhalt staatlicher Planung Es herrscht heute ein verhältnismäßig hohes Maß an übereinstimmung darüber, daß es zweckmäßig oder gar notwendig sei, das Instrumentarium staatlicher Planung um eine langfristige Aufgabenplanung zu erweitern. Zur Begründung werden folgende Gesichtspunkte angeführt: 1. In der Periode der Mittelfristigen Finanzplanung werden die Folgen staatlicher Maßnahmen in bezug auf die langfristige Bindung der Ressourcen nicht hinreichend deutlich; es bestehen in einer so kurzen Frist wegen der finanziellen Vorbelastung auch nur geringe Möglichkeiten, wesentliche Impulse für eine Schwerpunktverlagerung der staatlichen Ausgaben zu setzen.

2. Demzufolge besteht bei der Mittelfristigen Finanzplanung die Tendenz, die auch für den jährlichen Haushalt geltende, mit dem Stichwort "Dominanz der inputorientierten Fortschreibung" gekennzeichnete Budgetierungspraxis fortzusetzen. 3. Zukunfts orientierung und Planungsbewußtsein haben eine Fülle von sektoralen und teilkomplexen Planungen und Plänen erzeugt, deren Abhängigkeiten sich nicht mehr übersehen lassen. Soweit solche langfristigen Pläne bereits vorliegen, stehen sie isoliert nebeneinander. Wenn ihnen größere Bedeutung als der relativ unverbindlicher Perspektiven eingeräumt werden würde, wären die Prioritäten unangemessen präjudiziert, weil sie mit den insgesamt verfügbaren Ressourcen nur unvollkommen abgestimmt sind.

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Die Feststellung von Alex Möller, die mehrjährige Finanzplanung werde zuweilen fälschlicherweise als eine Wunderwaffe gegen die finanzielle Knappheit der öffentlichen Hand angesehen, bedarf, so glaube ich, in diesem Kreise keiner Bestätigung. Die Mittelfristige Finanzplanung kann nur eines leisten, nämlich den Horizont des Budgets auf vier oder fünf Jahre ausweiten, nicht aber die langfristigen Festlegungen in ein Verhältnis zu noch nicht quantifizierbaren Bedarfen setzen. Welchem Finanzplanungserfahrenen muß ich etwas über die Erwartungseffekte der Mittelfristigen Finanzplanung sagen, insbesondere über die, die durch die Prognosen über die Personalausgaben ausgelöst werden! Abgesehen davon, daß die Mittelfristige Finanzplanung z. T. unnötigerweise mit einer Präzision fast wie für das einjährige Budget betrieben wird, hat sie selbst dann, wenn sie von Jahr zu Jahr nicht fortgeschrieben, sondern umgestoßen wird, einen großen Vorteil: die Regierungen sehen, was sie in der politischen Tagesarbeit leisten müssen und was sie an den mittelfristig in Aussicht genommenen Aufgaben nicht vollbringen können. Eine langfristige Aufgabenplanung soll die Mängel ausräumen. Zur Kennzeichnung eines solchen Planungssystems werden folgende Schlüsselbegriffe genannt: a) Zielorientierung b) Integration c) Realitätsbezogenheit Staatliche Maßnahmen sind danach langfristig aus konkreten "operationalen" Zielsetzungen abzuleiten. Die möglichen Beziehungen zwischen den Zielen, ihre Komplementarität, Konkurrenz oder Indifferenz sind systematisch zu erforschen und offenzulegen. Die Programme, die in den Ressorts entwickelt werden, müssen aufeinander abgestimmt und unter Berücksichtigung der verfügbaren Ressourcen zu einem durchführbaren langfristigen Gesamtkonzept zusammengefaßt werden. Die langfristige Planungsperiode soll gewissermaßen der kleinste gemeinsame Nenner sein. Die Erwartungen, die sich an eine langfristige Aufgabenplanung knüpfen, lassen sich aus der Kritik an den bisherigen Modalitäten ableiten; es sind im wesentlichen: a) Verbesserung der Entscheidungen über die Zuweisung knapper Mittel, b) Einklang des Jahreshaushalts mit der Mittelfristigen Finanzplanung und einer längerfristigen Konzeption, c) größere Transparenz staatlichen Handeins.

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Vielleicht ist auch ein Quentchen: "Flucht nach vorn" drin, nachdem manche Programme enttäuscht haben. Peter Ustinovs Resignation "Wenn ich für einen Tag König wäre, würde ich alle Reformen auf morgen verschieben" stände im politischen Leben schlecht an, wenn auch manchmal etwas mehr Gelassenheit der Wirksamkeit förderlich wäre. Der Ablauf dieses Planungsprozesses läßt sich in eine verschieden große Zahl von Phasen unterteilen. Eine gebräuchliche Gliederung unterscheidet zwischen der Prognose der verfügbaren Ressourcen, der Zielkonkretisierung und der Detail(maßnahmen)planung. Bei dieser wie bei jeder anderen Unterteilung handelt es sich nur um eine gedankliche Isolierung einzelner Phasen. In der Planungspraxis wird es dagegen überlagerungen und vielfache Vor- und Rückgriffe von der einen auf die anderen Planungsstufen geben. Diese planungsprozessuale Folgerung ergibt sich aus der Notwendigkeit, Zielbewertungen nicht losgelöst von Realisierungschancen vorzunehmen und in langfristiger Sicht die Unabhängigkeit des Ressourcenrahmens von alternativen staatlichen Maßnahmeprogrammen aufzugeben. IV. Lösungsansätze am Beispiel Hamburgs 1. Grundüberlegungen

Wie in fast allen Gebietskörperschaften ist in den letzten Jahren auch in Hamburg der Versuch unternommen worden, solche Entwicklungsplanungen in Gang zu setzen. Mit Aufträgen zur Ablösung des auf die Flächennutzung gerichteten, im Jahre 1960 beschlossenen Aufbauplans durch ein Entwicklungsmodell für Hamburg und sein Umland und einen Flächennutzungsplan im Sinne des Bundesbaugesetzes wurde der Auftrag verbunden, einen langfristigen Plan für die staatlichen Investitionen aufzustellen. Das Streben nach dieser systematischen Integration von fiächenbezogener und finanzieller Planung basiert auf der überlegung, daß der Staat für die Flächennutzung wesentliche Vor-, Ergänzungs- und Folgeleistungen, wie für den Verkehr, die Versorgung, die Entwässerung und das Bildungswesen, zu erbringen hat. Auch stellt die verfügbare Fläche immer häufiger den begrenzenden Faktor für die Durchführung staatlicher Investitionen dar. Parallel zu diesen Vorhaben liefen grundsätzliche Überlegungen zur organisatorischen, personellen und technischen Anpassung des Staatsapparates an die ständig wachsenden und veränderten Anforderungen. Beiden Vorhaben war gemeinsam, daß sie mit einem

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Brainstorming über Ziele, Zielkonfiikte und Zielsysteme eingeleitet wurden. Dabei erwies sich sehr bald, daß die ursprüngliche Themenstellung beider Arbeitsgruppen zu eng gewählt war. So wurde beispielsweise deutlich, daß ein Planungsansatz, in dem nur die Sachinvestitionen als strategische Größe staatlicher Planung, Personalkosten wie andere laufende Ausgaben aber schematisch als irgendwie mit dem Sozialprodukt korrelierend aufgefaßt werden, den vielfältigen finanziellen und sachlichen Komplementaritäts- und Konkurrenzbeziehungen zwischen Personal-, Sach- und Investitionsausgaben nicht gerecht werden konnte. So lassen sich die Chancen für die Realisierung geplanter Sachinvestitionen kaum abschätzen, wenn der große Block der Personalausgaben nicht ebenfalls einer genaueren Analyse unterzogen wird. Zwei Beispiele mögen diesen Sachverhalt verdeutlichen: Je nachdem, ob man in Hamburg den Personalbestand mit der Zuwachsrate der 60er Jahre oder der letzten Mittelfristigen Finanzplanung fortschreibt - beide Annahmen sind gleich viel oder gleich wenig plausibel-, ergeben sich für das Jahr 1985 zwei um fast 20 000 verschiedene Zahlen der Beschäftigten. Allein für das Rechnungsjahr 1985 bedeutet dies bei Durchschnittskosten pro zusätzlicher Arbeitskraft von 25 000 DM und einer angenommenen Einkommensdynamik von 6 Ofo jährlich eine Differenz in der Höhe der laufenden Ausgaben von über 1 Mrd. DM; das entspricht einem Sechstel des jetzigen Haushalts. Kosten von 70 Mill. DM für zusätzliches Personal im ersten Jahr einer 15jährigen Planperiode - eine für Hamburg durchaus realistische Größenordnung - summieren sich während der gesamten Planperiode bei gleicher Annahme wegen der Einkommensentwicklung auf insgesamt 1,7 Mrd.DM. Eine kritische Betrachtung meines ersten Beispiels deckt auch den Aspekt der Personalbedarfsprognose auf. Wie kommen wir eigentlich dazu, die seit Jahren beobachteten hohen Personalzuwachsraten einfach fortzuschreiben? Wer von uns ist in Fragen von Personalengpässen nicht leidvoll erfahren? In Hamburg sind heute in den verschiedenen öffentlichen Diensten insgesamt etwa 20 Ofo aller Beschäftigten tätig - davon die Hälfte - etwas über 100 000 Menschen - im unmittelbaren hamburgischen Staatsdienst. Es fällt nicht schwer, aus einer ganzen Reihe von personalintensiven Zukunftsprogrammen für staatliche Dienstleistungen und aus den überlegungen zur Verkürzung der Arbeitszeit und der Verlängerung des Urlaubs herauszulesen, daß der Personalbedarf auch unter Berücksichtigung des Wegfalls von Aufgaben und einer Produktivitätssteigerung weiter zunehmen wird. Der Mehrbedarf für die im Jahre 1974 10 Speyer 61

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zu erwartenden Arbeitszeitverkürzungen allein wird bei uns 11/2 bis 2 % des jetzigen Personalbestandes betragen. Jedenfalls erscheint die zeitliche Abstimmung zwischen den fachlichen Programmen und der personellen Bereitstellungsplanung wegen der unterschiedlichen Vorlaufzeiten unerläßlich, besonders wenn für die Aufgabe das Personal überhaupt erst ausgebildet werden muß. So leiden heute manche Fachhochschulen daran, daß es entsprechend ausgebildete Lehrer nicht gibt. Alle unsere überlegungen haben zu der Einsicht geführt, daß die Beachtung der Zusammenhänge nur in einer längerfristigen integrierten Aufgabenplanung gewährleistet sein könnte, in der alle Teilaspekte staatlicher Aktivitäten miteinander verbunden und insbesondere auch die realen Ressourcen (Flächen, Planungs-, Organisations-, Bau- und Lieferkapazitäten, Arbeitskräftepotential) berücksichtigt werden. Hierzu gehört auch, daß bestehende Aufgaben oder die Intensität und Art ihrer Erfüllung in Frage gestellt werden. 2. Das Modell

Der Entwurf eines solchen Planungssystems liegt seit Mai vergangenen Jahres vor. Gegenwärtig laufen die Vorbereitungen zu einer Probephase, in der die Praktikabilität des geplanten Ablaufs in einigen Stufen getestet werden soll. Die prinzipiellen Schwierigkeiten bei der Entwicklung einer längerfristigen Aufgabenplanung sind nicht zu unterschätzen. Wir sind nicht sicher, ob wir nach einiger Erfahrung unsere Ziele nicht noch etwas kürzer stecken müssen. Es gibt aber keine weitere Möglichkeit, die längerfristigen Handlungsalternativen und die Konsequenzen staatlicher Maßnahmen sichtbar zu machen, so daß wenigstens der Versuch, die Rationalität staatlichen HandeIns auf diese Weise zu verbessern, unternommen werden sollte. a) Der Ablauf Das entwickelte Modell teilt den Planungsablauf schematisch in fünf Stufen: 1. Vorgabe einheitlicher Werte in Form von Bandbreiten für die generellen Daten durch die Assistenzeinheiten der Regierung 2. Entwicklung langfristiger Zielkonzeptionen und Programme durch die Ressorts 3. Zusammenfassung der Ressortplanungen 4. Entscheidung der Regierung 5. Plankontrolle

Ablaufdiagramm für langfristige Aufgabenplanung Regierung Assistenzeinheiten d. Regierung ....

tür Informationssammlung

und - aufbereitung

für Organisation

und Personalwesen

Fachressort A.

Fachressort B.

Langfristige IAufgabenplanung Umsetzungs I-Kontrolle

Mittelfristiger Personalplan Stellenplan

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Fortschreibung der langfristigen Aufgabenplanung

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a) Vorgabe von generellen Daten Der Umfang alternativer Möglichkeiten für die Entscheidung ist in der Wirklichkeit je nach Planperiode und Entscheidungsträger in unterschiedlich starkem Maße durch innerhalb der Planperiode nicht vom Entscheidungsträger beeinflußbare Bedingungen eingegrenzt. Diese Gegebenheiten werden in der Entscheidungstheorie Daten genannt. Sie können entweder extern determiniert oder das Ergebnis eigenen Handelns in der Vergangenheit sein. Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß aus planmethodischen Gründen zunächst auch solche Erscheinungen als Daten angenommen werden, die längerfristig durchaus zu beeinflussen sind. Die Bedeutung der generellen Daten, von denen die Entwicklung der Bevölkerung nach Zahl, Zusammensetzung und räumlicher Verteilung das bei weitem wichtigste ist - auch für das Bruttoinlandsprodukt -, zeigt sich in der hohen Empfindlichkeit der Flächen-, Personal- und Investitionsbedarfe und damit den Anforderungen an die Ressourcen bei Veränderungen dieser Daten. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, innerhalb der einzelnen Bereichsplanungen von einheitlichen Werten auszugehen. Es erfordert zudem umfangreiche methodisch gesicherte Analyseund Prognose arbeiten. Diese Arbeiten sind einem Ausschuß aus Vertretern der Assistenzeinheiten des Senats übertragen worden. Es wird darauf ankommen, die Entwicklung der Daten nicht nur mit Hilfe einfacher Schätzverfahren, z. B. Trendextrapolationen, zu prognostizieren, sondern eine möglichst plausible Erklärungsstruktur zu finden, d. h. die Bestimmungsfaktoren dieser Entwicklung zu isolieren. Von der Komplexität dieser Aufgabe hat uns eine Untersuchung des HWWA-Instituts für Wirtschaftsforschung Hamburg im Auftrage des Senatsamts für den Verwaltungsdienst über den von 1968 bis 1975 zu erwartenden Personalmehrbedarf der Freien und Hansestadt Hamburg und die voraussichtlichen Bedarfsdeckungsmöglichkeiten einen Eindruck vermittelt. Dabei mußten zur Beurteilung der künftigen Situation auf den Teilarbeitsmärkten, auf denen die Verwaltung als Nachfrager für ihre verschiedenen Funktionen auftritt, folgende Teilgrößen vorausgeschätzt werden: a) Umfang und Struktur der Wohnbevölkerung aa) natürliche Entwicklung bb) Wanderungsbewegungen b) Altersspezifische Erwerbsquoten c) Einpendelnde Personen - und damit zumindest die tendenzielle wirtschaftliche Entwicklung in den Randkreisen-

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d) Entwicklung der Nachfrage nach Arbeitskräften in den übrigen Sektoren und insbesondere im konkurrierenden Dienstleistungsgewerbe e) Qualitative Entwicklung des Angebots Bei der langfristigen Prognose der generellen Daten wird trotz methodischer Fortschritte immer ein hohes Maß an Unsicherheit übrig bleiben. Daraus ergeben sich für die langfristige Aufgabenplanung folgende Konsequenzen: Alternative Datenvorgaben Begrenzung in der zeitlichen und sachlichen DetaiIlierung Flexibilität des Planes ß) Zielkonzeptionen und Programme der Ressorts

Innerhalb des durch die Daten eingegrenzten Entscheidungsrahmens muß die Wahl zwischen den alternativen Möglichkeiten, das Entscheiden, nach Kriterien stattfinden, die durch die formulierten Ziele ausgedrückt werden. Die Entwicklung dieser Zielkonzeptionen muß den Bezug zu den gegenwärtigen Gegebenheiten wahren. Sie setzt zudem eine genaue Kenntnis der Wirkungen voraus, die die auf diese Ziele gerichteten Maßnahmen auslösen. Es erscheint daher wenig erfolgversprechend, eine Vorabkoordination mit der Vorgabe operationaler Ziele durch eine zentrale Instanz anzustreben, zumal ihre Ableitung aus den sehr abstrakt vorgegebenen Staatszielen höchst zweifelhaft wäre. Es ist deshalb beabsichtigt, zunächst durch die einzelnen Fachressorts in ihren Funktionsbereichen Zielvorstellungen entwickeln und daraus Maßnahmen-Programme mit ihren Investitions-, Personal- und Grundstücksbedarfen ableiten zu lassen. Der notwendige Bezug zur Realität soll dadurch sichergestellt werden, daß vor der Entscheidung über die Ressortziele eine eingehende Lageanalyse durchgeführt wird. Sie soll sich auf die Erfassung des Bestandes an Einrichtungen, Anlagen, Grundstücken und Personal und damit der gegenwärtigen Bindung der Ressourcen, die heute vorhandenen maßgeblichen Zielkonzeptionen und auf die Einfiußfaktoren für die gegenwärtigen Leistungsanforderungen an die Verwaltung erstrecken. Wir können also nicht auf der berühmten "grünen Wiese" anfangen. Bei der auf dieser Basis vorzunehmenden Konkretisierung der längerfristigen Zielvorstellungen und der Ableitung der Programmentwürfe sind auch die Konsequenzen für die Ziele und die Ressourcenfrage in anderen Planungsbereichen aufzuzeigen. Diese Querverbindungen sollen die Assistenzeinheiten durch eine begleitende Programmkoordination be-

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reits in diesem Stadium sicherstellen. Welche Gefahren der Fehlleitung knapper Ressourcen aus einem unkoordinierten Nebeneinander verschiedener Bereichsplanungen erwachsen, möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen: Ein erster Entwurf eines Ordnungsplans für den Bau von Kindertagesheimen ging von einem bis 1985 zu befriedigenden Bedarf von 128 Heimen zu je 140 Plätzen aus. Die Bedarfsermittlung basierte auf den heute gültigen Richtwerten, der gegenwärtigen Bevölkerungszahl und abstrahierte im übrigen von den geplanten Entwicklungen in anderen Bereichen. Eine Überprüfung dieser Bedarfsrechnung unter Berücksichtigung aller heute erkennbarer Faktoren ergab dagegen nur einen Mehrbedarf von ca. '60 Heimen. Hierbei waren folgende Einflüsse wirksam: a) Abnahme der Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter b) Veränderung des generativen Verhaltens c) Einführung der vorschulischen Erziehung für die 3- und 4jährigen (Elementarbereich) d) Vorverlegung des Einschulungsalters auf 5 Jahre e) Einführung der Ganztagsschule f) Mehrfachnutzung von Gebäuden g) Einbeziehung anderer Träger in die Bedarfsplanung

Einfluß der generellen Daten Einfluß geplanter Entwicklung in anderen Bereichen

r) Zusammenfassung der Ressortplanungen

und Entscheidung der Regierung In der folgenden Planungsstufe werden die dezentral entwickelten Ressortprogrammentwürfe durch die Assistenzeinheiten zu einem realisierungsfähigen Gesamtkonzept zusammengefaßt. Der erste Schritt besteht in der Beseitigung der nach der begleitenden Datenkoordination etwa noch verbliebenen Unstimmigkeiten in den Daten. Außerdem sind die Ressortziele derart zu integrieren, daß Mängel in der Zielkoordination bereinigt werden und die Berücksichtigung ressortübergreifender Ziele gewährleistet ist, Schließlich sollen die wechselseitigen Verknüpfungen aus dem Gesamtinformationswert der Programmentwürfe heraus noch einmal in einem iterativen Rückkoppelungsprozeß mit den Ressorts überprüft werden. Die im Planungszeitraum zur Verfügung stehenden finanziellen und realen Ressourcen sind von den Assistenzeinheiten der Regierung vorauszuschätzen. Aus der Gegenüberstellung der zu einer Gesamtkonzeption integrierten Ressortvorstellungen mit den erfahrungsgemäß dafür nicht ausreichenden Ressourcen sollen dann nach unterschiedlichen Schwer-

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punkten Alternativrnodelle für Maßnahmeprogramme entwickelt werden. Der Zwang, homogene Alternativkonzepte herauszuarbeiten, ergibt sich auch aus der verbleibenden Ungewißheit über die Entwicklung entscheidungsrelevanter Größen. Im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung ist es Aufgabe der Verwaltung, der Regierung den Streubereich der Werte für die wichtigsten Daten und die Folgerungen daraus darzulegen; solche Risikoabwägungen müssen Gegenstand der politischen Wertung sein. Unterschiedliche Annahmen über die Datenentwicklung und Variationen in den Schwerpunkten führen jedoch schnell zu einer solchen Fülle von Kombinationsmöglichkeiten, daß eine Beschränkung auf wenige plausible Varianten unumgänglich ist. Es ist allerdings durchaus möglich, daß keine der vorgelegten Alternativen die uneingeschränkte Billigung der Regierung findet. Sie kann dann aufgrund der ihr mit den verschiedenen Modellen unterbreiteten umfassenden Informationen gezielte Richtlinien geben, nach denen die einzelnen Elemente zu modifizieren, anders zu kombinieren oder grundsätzlich abweichende Konzeptionen auszuarbeiten sind. Es ist beispielsweise denkbar, daß die im Planungsprozeß sichtbar gemachten Bedingungen die Regierung veranlassen, Einfluß auf ein wichtiges Basisdatum zu nehmen, z. B. Vorkehrungen zum Abbau des negativen Wanderungssaldos mit dem Umland zu treffen. Damit wird eine ursprünglich aus planmethodischen Gründen als Datum angenommene Größe zum Gegenstand einer Zielentscheidung. Das System der langfristigen Aufgabenplanung ist derart angelegt, daß sich diese Rückkoppelung so lange wiederholt, bis der Regierung ein von ihr insgesamt gebilligtes langfristiges Modell vorliegt. Das Ungewißheitsproblem zwingt zu Begrenzungen im Detaillierungsgrad dieses Modells. Die langfristige Planperiode wird in ihrem ersten Abschnitt von der Mittelfristigen Finanzplanung erfaßt und zeitlich wie sachlich noch verhältnismäßig stark detailliert. Anschließend wird aber die Fixierung der Projektstufen auf ein bestimmtes Haushaltsjahr aufgegeben und statt dessen eine Zweiteilung des verbleibenden Zeitabschnitts vorgenommen; dabei nimmt auch der sachliche Detaillierungsgrad zum Planungshorizont hin ab. Zwischen diesen Abschnitten eines gröberen Rasters und dem feiner gegliederten mittelfristigen Teil bestehen im Planungsprozeß methodische Zusammenhänge. Die im mittelfristigen Finanzplan fixierten Maßnahmen gehören zunächst zu den Entscheidungs daten des längerfristigen Teils; doch soll die Durchplanung bis zum Ende der langfristigen Referenzperiode den "Eisbergeffekt" der Mittelfristigen Finanzplanung aufhellen und Planrevisionen im mittelfristigen Bereich herbeiführen.

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ö) Plankontrolle

Langfristige Aufgabenplanung ist kein einmaliger großer Kraftakt, mit dem die staatlichen Aktivitäten für die nächsten 15 Jahre definitiv festgelegt und nur im Laufe der Zeit über die folgenden mittelfristigen Finanzplanungen und die jährlichen Haushalte zunehmend konkretisiert werden. Veränderungen im gesellschaftlichen Bewußtsein und die daraus resultierenden Modifikationen staatlicher Zielsetzungen, neuere Erkenntnisse über die tatsächlichen Datenentwicklungen wie auch verbesserte Planungsmethoden erfordern eine Anpassung in einem ständigen Prozeß. Es wird erwogen, das gesamte Plan werk in Abständen von zwei oder drei Jahren völlig zu überarbeiten. Die Kontrolle der Einhaltung des Plans vollzieht sich bei der Umsetzung über die Mittelfristige Finanzplanung in den jährlichen Haushaltsplan quasi automatisch. Die hierbei anfallenden Informationen ermöglichen die Feststellung, inwieweit die langfristig festgelegten Ziele und Aufgabenprogramme noch den neu esten Entwicklungen entsprechen. Darüber hinaus wird eine kontinuierliche Information durch die sogenannte "Frühinformation", eine periodische Konferenz leitender Beamter, hergestellt. b) BereitsteHungsmaßnahmen a) Sicherung des Planungsprozesses

Die Notwendigkeit, langfristige Planungen zu entwickeln und die Wahrnehmung der Funktionen im Planungsablauf zu gewährleisten, stellt die Verwaltung vor das Problem, sich in ihrer organisatorischen Struktur, in ihren Methoden und Techniken, in der Regelung des Zusammenwirkens der beteiligten Stellen und in ihrer Kapazität darauf einzustellen. Auch für die langfristige Aufgabenplanung selbst muß daher die Bereitstellung der Ressourcen sorgfältig geplant werden, damit sie in einem angemessenen Verhältnis zu dem erwarteten Nutzen stehen. Da die Verantwortlichkeit für die Planung als Bestandteil der Führungsgrundaufgaben allen leitenden Stellen - auch in den nachgeordneten Bereichen - übertragen ist und in engem funktionalen Zusammenhang mit den Entscheidungs- und Ausführungsprozessen steht, erscheint es geboten, die Organisation der Planung an die vorhandenen Strukturen der Verwaltung anzulehnen. Bei der Komplexität der Planungsprozesse wäre es nicht erfolgversprechend, die Verwaltung mit einem von anderen Aktivitäten losgelösten Planungssystem zu überziehen. Wenn die Planung sich außerhalb der für die Erfüllung der Aufgaben vorhandenen Verwaltungsorganisation bewegen und die Gegebenheiten nicht berücksichtigen würde, wären - bedingt durch Störungen in der Verantwortungsregelung, durch mangelnde Sachnähe und unzureichende Anpassung

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an strukturelle Veränderungen - Schwierigkeiten und Reibungsverluste unvermeidlich. Es wäre auch mit psychologischen Hemmnissen bei den Betroffenen zu rechnen. Die Ressortleitungen sollen dabei jedoch durch eine leistungsfähige Assistenzeinheit für Planung und Lenkung unterstützt werden, die den Fachbereichen nicht etwa die dort bereits entwickelten Planungsaktivitäten entzieht, sondern eine ressortbezogene einheitliche Planung, Koordination und Prioritätenauswahl sichert und die im übrigen in ständigem Kontakt zu den anderen Ressorts und zu den Assistenzeinheiten der Regierung steht. Der Aufbau des beschriebenen Planungsprozesses stellt hohe methodische Anforderungen. Was die heute bekannten Hilfsmittel der Planung wie Netzplantechnik, Finanzmathematik, Kosten-Nutzen-Analysen, Operations-research, Prognosetechniken u. ä. zu leisten vermögen und wo ihre natürlichen Grenzen liegen, ist heute noch keineswegs Allgemeingut. Hier findet sich naive Methodengläubigkeit direkt neben der aus Unwissenheit geborenen schroffen Abwehrhaltung gegenüber jeder Art von Planungsrechnung. Es wird Aufgabe der zentralen Assistenzeinheiten sein, im Laufe der Zeit einen einheitlichen Standard des Wissens zu vermitteln und im Kontakt mit der Wissenschaft und den Planungsstellen im Bund und den anderen Ländern das bekannte Instrumentarium zu verbessern und den Bedingungen in der Verwaltung anzupassen. Gerade die Entwicklung auf diesem Gebiet hängt wesentlich davon ab, daß entsprechend qualifiziertes und motiviertes Personal zur Verfügung steht. Auf die überragende Bedeutung richtiger und zeitgerechter Informationen für die Effizienz der Planung habe ich mehrfach hingewiesen. Der Aufbau eines leistungsfähigen Informationssystems unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten, die die automatisierte Datenverarbeitung bietet, ist deshalb für die Planung unerläßlich. Gegenwärtig werden bei uns in verschiedenen Bereichen Informationsbedarfsanalysen durchgeführt, aufgrund derer Informationsbereitstellungskonzepte zu entwickeln sein werden. Darüber hinaus ist beim Statistischen Landesamt eine Informationssammelstelle gebildet worden, die als "Clearing-Stelle" für alle heute bereits in der Verwaltung vorhandenen Informationen fungiert.

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Ausführung der Planung

Das Ergebnis der langfristigen Aufgabenplanung, der Plan selbst, bildet nach seiner Verabschiedung den Leitstrahl für das langfristige Handeln in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Verwaltung. Er setzt die Daten für eine langfristige Liegenschaftspolitik, löst die Veränderung der organisatorischen Strukturen in Anpassung an die geplante Aufgabenentwicklung aus und liefert die Vorgaben für die langfristigen Personalbereitstellungsmaßnahmen. Er ist darüber hinaus Informationsinstru-

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ment für die Bevölkerung, Rahmen für Hamburgs Voten im Finanzplanungsrat, in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und in den Planungs ausschüssen für die Gemeinschaftsaufgaben und für Hamburgs Haltung gegenüber sonstigen Vorhaben des Bundes und der Länder.

v.

Ausblick

Es ist erst einige Jahre her, daß wohl fast alle Regierungsprogramme in der Bundesrepublik nichts weiter waren als eine verbale Addition von nicht-quantifizierten Wünschen. Mit Hilfe der Planung - einer Tochter der Krise, wie J oseph H. Kaiser für die Bundesrepublik behauptet - wird in neueren Regierungsprogrammen mehr und mehr dazu übergegangen, die Wünsche zu quantifizieren und aufeinander abzustimmen. Mir scheint, wir bewegen uns nun in die dritte Qualitätsstufe von Regierungsprogrammen hinein. Sie wird dadurch gekennzeichnet, daß in die ihnen voraufgehenden Planungen nicht nur kurz- und mittelfristig die monetären, sondern mittel- und langfristig auch die realen Ressourcen einbezogen werden, und zwar ihre Verteilung auf die Bedarfe und ihre Anpassung an die Bedarfe. Wegen der vielfältigen und vielfachen Wechselbeziehungen erhalten die Planungen eine bisher noch nicht gekannte größere Dimension, zumal die Frage der Verteilung der Ressourcen nicht nur im Verhältnis der Staatsaufgaben zueinander steht, sondern auch im Verhältnis des "armen Staates" und der "Gesellschaft im ÜberHuß". Neben der Erweiterung und der Ressourcen wird ihre Umlenkung in den Regierungsprogrammen an Gewicht zunehmen. In Regierungsprogrammen, die aus Langfristplanungen abgeleitet werden, treten Prioritäten und Posterioritäten vor dem Planungshorizont viel stärker hervor, als wir das bisher kennen. Man kann ablesen, was in der Regierungsperiode nicht erreichbar ist. Das hat zur Folge, daß die politische Konsensbildung sich auf einen Zeitraum erstrecken müßte, der über die üblichen Regierungsperioden hinausgeht. Die Planung in Alternativen und die Flexibilität des Planes sind also nicht nur wegen der Ungewißheit erforderlich, sondern auch um die Konsensbildung für eine lange Frist zu erleichtern. Mit der Erweiterung der Regierungsprogramme auf die Ressourcen und ihrer Ableitung aus einer Langfristplanung stellt sich ein Problem, das allen Systemen eigen ist: die Gefahr der Verkürzung der komplexen Wirklichkeit auf die Faßlichkeit des Planes. Wir erleben das seit einigen Jahren bei den Bemühungen, Informationssysteme zu erfinden. Die Prinzipien der Herstellung solcher Systeme schälen sich sehr viel schneller heraus, als ihnen ihre Inhalte gegeben werden können. Gegenüber neuen großen Systemen ist Vorsicht am Platze, weil Versuche im kleinen nicht

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repräsentativ und im großen nicht möglich sind. Ihren Erfindern steht Bescheidenheit gut an. Sonst könnte am Ende komplexer, sich selbst erhaltender Systeme die Armut an humanen und kulturellen Werten stehen; Vielfalt würde durch Einfalt abgelöst werden. Komplexe fixierte Planungssysteme haben noch einen anderen Aspekt, den Dürrenmatt so beschrieben hat: "Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen." Dies ist zwar eine Absage an' manche monströsen, mehrere Nummern zu große Planungs-, Informations- und Organisationssysteme, die uns in den letzten Jahren auf den Tisch gelegt worden sind; ich glaube aber - bei aller wägenden Haltung - insgesamt aufgezeigt zu haben, wie wichtig es ist, nicht alles dem Zufall oder auch dem unkontrollierten Zugriff zu überlassen. Es lohnt, die Zukunft in die Regierungsprogramme einzubeziehen, weil sie mit schnelleren Schritten auf uns zukommt als bisher.

Aussprache zum Vortrag von Ulrich Becker Bericht von Ernst Heinrich Hüper Nach einführenden Worten des Diskussionsleiters Prof. Dr. Dr. König, Speyer, ging Prof. Dr. Arndt, Heidelberg, in seinem Diskussionsbeitrag auf das Verhältnis von politischer Entscheidung und Planung ein. Er stellte dann die Frage, wie bzw. als was eine an die Regierung gekommene Opposition in Hamburg das Planwerk vorfinde, als fortgeschriebene, die Festschreibung der politischen Dezisionen der bisherigen Regierung beinhaltende Wirklichkeit oder aber als bloße fortgeschriebene, festgeschriebene Wünschbarkeit. Im ersten Falle würde es der neuen Regierung schwerfallen, überhaupt noch etwas zu ändern; im zweiten Falle ergebe sich die Alternative, daß das Planwerk von der neuen Regierung neu ausgearbeitet werden müsse oder aber, daß es so elastisch sei, daß von vornherein politische Veränderungen einbegriffen sein könnten.

Becker verwies in seiner Antwort auf die durch die Unsicherheit der Daten bedingte Flexibilität der langfristigen Planung, die auch die Einbeziehung der Opposition in die allgemeine politische Konsensbildung ermögliche. Es sei zudem zu berücksichtigen, daß die Planungsarbeit nicht von irgendwelchen fixierten Programmen, sondern von Basisdaten ausgehe, die jeder Regierung, gleich welcher politischen Richtung, zur Verfügung stünden. Hinzu komme, daß es eine gewisse Grundpolitik aller maßgeblichen politischen Kräfte gebe. Es werde deshalb eine Änderung der langfristigen Planung ohne größere Schwierigkeit möglich sein; die Schwierigkeiten schienen, wegen der größeren Flexibilität, zumindest geringer zu sein als in der kurz- und mittelfristigen Planung. Auf die Frage Königs nach den Zeithorizonten der konkreten Planungen in Hamburg erklärte Becker, daß langfristig ein Zeitraum von 10 Jahren angestrebt werde, wobei dieser Zeitabschnitt aber wegen der jederzeitigen Änderungsmöglichkeit der Planungen nicht streng eingehalten werden müsse. Die Zeiträume der bereits vorhandenen bzw. in Angriff genommenen Planungen seien unterschiedlich lang. So sei für die Flächennutzungsplanung bisher überhaupt noch keine Festlegung erfolgt, da eine Änderung hier wegen des in die Pläne gesetzten Vertrauens der Bürger besonders problematisch sei. Die Planungen für den Personalbedarf, die sich wegen der unzureichenden Kenntnisse über den Arbeits-

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markt als besonders schwierig erwiesen hätten, erstreckten sich auf die Jahre 1968 bis 1975. Bei den Planungen für das Bildungswesen, die im übrigen einen erheblichen Lehrerüberschuß für das Jahr 1980 erkennen ließen, werde bereits ein Zeitraum bis 1985 erfaßt. Ähnlich sei es im Bereich des Gesundheitswesens, wo sich die Planungen, die die zum Krankenhausbau erforderlichen hohen Investitionen umfaßten, auf einen Zeitraum bis zum Jahre 1985 erstreckten. Ministerialrat Dr. Frost, Kiel, setzte die Aussprache mit einem die Aufbauorganisation betreffenden Beitrag fort, in dem er insbesondere zur Notwendigkeit von Assistenzeinheiten in einem Landesressort Stellung nahm. Es sei dem Referenten zuzustimmen, wenn dieser in der Regel die Bildung von Assistenzeinheiten in einem Ressort befürworte. Solche Einheiten seien um so notwendiger, je größer das Ressort sei und desto verschiedenartigere Aufgaben es wahrzunehmen habe. Ungeklärt seien aber die nähere Ausgestaltung, die Stellung und die Aufgaben von Assistenzeinheiten. Sie sollten in jedem Falle mehr als nur einen Mitarbeiter umfassen und eine Informationsstelle für Basisdaten erhalten. Eine unmittelbare Zuordnung zur Leitung des Hauses lasse zwar eine bessere Einflußmöglichkeit dieser Einheiten erwarten, begründe aber auch die Gefahr der Isolierung von der Linie. Es sei daher eine dienstrechtliche, aber keine fachliche Einordnung in die Abteilung zu erwägen. Weiterhin sollten Assistenzeinheiten wegen der Gefahr des Vorranges des Kurzfristigen von der Erledigung jeglicher Tagesarbeiten freigestellt werden, allenfalls wäre - um der Gefahr der Isolierung von wichtigen Informationen vorzubeugen - die übertragung von abteilungsüberschreitenden Querschnittsaufgaben denkbar. Eine Tätigkeit mit unmittelbarer Außenwirkung sei wegen der Gefahr einer Konkurrenz zu den Fachabteilungen nicht anzustreben. Die Aufgaben solcher Einheiten sollten vielmehr in der Beratung der Spitze und der Fachabteilungen in der Anwendung von Leitungstechniken, in der Kontrolle der Ausführung dieser Techniken, in der Unterrichtung der Fachabteilungen über die politischen Ziele des Hauses sowie in der Vorbereitung und Auswertung von Sitzungen gesehen werden. Ministerialrat Geifers warnte demgegenüber vor der Errichtung von Assistenzeinheiten in den Ressorts aller Länder, da die in Hamburg hiermit gemachten positiven Erfahrungen wegen der dortigen besonderen organisatorischen Verhältnisse nicht übertragbar seien. In seiner Erwiderung zeigte Becker die Besonderheiten des Hamburger Behördenaufbaus und Planungsmodells auf, um dann zur Frage der Assistenzeinheiten in den Fachressorts aus Hamburger Sicht Stellung zu nehmen. Von den wegen ihres Stabs- bzw. Zentral charakters den Assistenzeinheiten der Regierung zuzurechnenden Stellen sei nur die für die

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Aussprache

Organisation und das Personalwesen zuständige Einheit in der Form eines Senatsamtes dem Senat direkt unterstellt. Hier werde das Personalwesen und die Organisation gewissermaßen oberhalb der Ressorts integriert. Die Assistenzeinheiten für Wirtschaftspolitik, Landesplanung und Finanzwirtschaft seien dagegen der Behörde für Wirtschaft bzw. der Baubehörde und der Finanzbehörde zugeordnet. Dennoch arbeiteten diese Stellen - der verfassungsmäßigen Organisation nicht ganz entsprechend - außerordentlich eng zusammen. Dieses stark ausgeprägte kooperative Verhalten werde dadurch erleichtert, daß es in Hamburg - im Gegensatz zum Bund und auch den anderen Ländern - mit dem Senatsamt für den Verwaltungsdienst und der Senatskanzlei Zentraleinheiten gebe, die in bestimmten Bereichen schon immer ressortübergreifend tätig gewesen seien. Diese organisatorischen Besonderheiten hätten auch den Aufbau eines zentralen Planungsstabes und die Durchführung ressortübergreifender Planungen wesentlich begünstigt. Die Frage der Notwendigkeit von Assistenzeinheiten innerhalb der Ressorts sei für alle Behörden nicht einheitlich zu beantworten. So benötige ein Justizressort normalerweise keine besondere Einheit für Planungsfragen, es könne allerdings auch hier die anstehende Justizreform deren Errichtung notwendig machen. Unbedingt erforderlich sei der Aufbau solcher Einheiten dagegen im Bildungsbereich und für Fragen des Umweltschutzes im Gesundheitsbereich, um hier die Leistungen erheblich zu steigern. In einem Gutachten zur Führungsorganisation der Hamburger Baubehörde werde ebenfalls eine kleine, für die Aufgabenplanung zuständige Assistenzeinheit vorgeschlagen. Die Bildung dieser Einheiten, die stets mehr als einen Mitarbeiter umfassen sollten, hätten aber auch organisatorische Probleme zur Folge. So werde durch eine solche Änderung der Aufbauorganisation auch das Informationssystem entscheidend verändert. Weiterhin werde durch die übertragung von Planungsaufgaben auf eine Assistenzeinheit organisatorisch eine Trennung von Planung und Ausführung vollzogen, die wieder überwunden werden müsse. Eine Möglichkeit, eine Verbindung zwischen Assistenzeinheit und Fachabteilung herzustellen und einen gegenseitigen Informationsfluß zu ermöglichen, sei die Bildung von Projektgruppen, in denen Mitarbeiter aus beiden Bereichen gemeinsam die Lösung des anstehenden Problems suchten. Nach den Beiträgen zu Fragen der Planungsorganisation schloß sich eine Erörterung der Ressourcenproblematik an, die von Ministerialrat Sievers, Düsseldorf, mit einem Hinweis auf die großen Schwierigkeiten eines Bundeslandes bei der Bewältigung des Faktors "Finanzressourcen" im Rahmen der langfristigen Planung eingeleitet wurde. Es sei trotz gewisser durch die Unterscheidung in reale, relative und jeweilige Preise bedingter Darstellungsschwierigkeiten zwar noch relativ einfach, die Kosten eines langfristigen Programms zu bestimmen, es sei aber außer-

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ordentlich schwierig, die Möglichkeiten zur Deckung dieser Kosten aufzuzeigen. Die Probleme einer langfristigen Kostendeckung, die im Bereich des Bundes u. a. in der Vorausschätzung des Bruttosozialproduktes, des Anteils des Staatshaushalts, des Staatsverbrauchs, des Anteils der einzelnen Fachbereiche zu sehen seien, würden im Länderbereich durch die Abhängigkeit der Länder von den Planungen des Bundes und vom vertikalen bzw. horizontalen Finanzausgleich, der nach relativ kurzen Zeiträumen jeweils neu festgesetzt werde, sowie durch Unsicherheit über die Höhe des Kreditrahmens noch wesentlich vermehrt. Es sei deshalb zu fragen, ob Hamburg bei seinen langfristigen Planungen den Faktor "Finanzressource" in Rechnung stelle und die dadurch bedingte Unsicherheit eine Unzahl von alternativen Planungen zur Folge habe, oder aber ob lediglich eine die Kosten berücksichtigende Wunschplanung erarbeitet werde. Privatdozent Dr. Faller, München, warnte vor einer Unterschätzung der Flächenproblematik und verwies auf den sich selbst nährenden Vorgang der Agglomeration, der ein Gegensteuern von staatlicher Seite erforderlich mache. Dieser Zentralisierungsvorgang, der durch die besseren Nutzungsmöglichkeiten zentraler Einrichtungen und damit durch die geringeren Kosten pro Nutzungseinheit gefördert werde, schlage nicht - wie gelegentlich behauptet werde - von selbst um, da die Zuwanderung den Zentren ein solch großes politisches Gewicht verleihe, daß diese Räume für sich bereits die Entlastungsinvestitionen fordern könnten, bevor die peripheren Gebiete überhaupt die Erschließungsinvestitionen bekommen hätten.

Faller zeigte in seinen weiteren Ausführungen die Schwierigkeiten bei der Prognose der Aufgaben der öffentlichen Hand auf, die aufgrund ihrer Komplementärfunktion gezwungen sei, vom privaten Sektor ausgehende Probleme durch die Errichtung hohe Kosten verursachender Dienste zu bewältigen. Während der private Sektor durch die Nichtanrechnung dieser Kosten eine günstige Produktivitätsentwicklung zu verzeichnen habe, werde der öffentliche Sektor durch die Ausrichtung seines Lohnniveaus an dem verzerrten günstigen Produktivitätsbild der Privatwirtschaft noch zusätzlich belastet. In seinem Schlußwort machte Becker gegenüber den von Sievers geäußerten Bedenken geltend, daß die Ressource "Finanzen" - gerade weil deren Entwicklung nicht genau übersehen werden könne - nicht als limitierender Faktor einer langfristigen Aufgabenplanung einzusetzen sei. Bei dieser Planung müsse vielmehr mit globaleren Vorgaben gearbeitet und ausgehend von den Basisdaten nach der künftigen Entwicklung gefragt werden, wobei auch eine künftige Steuerpolitik einbezogen sein sollte. Eine solche langfristige Aufgabenplanung begründe auch nicht

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die Gefahr einer Wunschplanung, sondern die dort angestellten überlegungen sollten durch das Aufzeigen von Zusammenhängen gerade Wunschplanungen innerhalb der Ressorts verhindern. Auf die Äußerungen FaUers eingehend meinte Becker abschließend, daß sich auch im Bereich der Personalentwicklung des öffentlichen Dienstes ein Gegensteuern nicht vermeiden lassen werde und daß künftig nicht nur die Verwaltung, sondern die gesamte Volkswirtschaft die "social costs" in Rechnung stellen müsse.

Auszug aus dem Schlufiwort Von Erich Becker Regierungsprogramme und Regierungspläne stellen staatsleitende Zielsetzungen dar, die neben Einzelakt und Rechtssatz eine besondere Art und Weise der Regierungstätigkeit charakterisieren. Die planende Funktion ist der Regierung immanent, gehört zu ihrem Wesensgehalt und bestimmt die Spitze der Exekutive bei Ausübung der vollziehenden Gewalt weit mehr als die bloße Gesetzanwendung. 1. Eine Gesamtübersicht über Regierungsprogramme und Regierungspläne hat ihre Bedeutung für die Gesellschaft veranschaulicht und ihr Anwachsen für die Zukunft deutlich gemacht. So wird eine nach Raum, Zeit und Finanzierung geplante Regierungstätigkeit nicht nur überall dort die bloßen Improvisationen ablösen, wo es bisher an Planung gefehlt haben sollte, sondern sich auch der modernen Planungstheorie und der Planungstechniken bedienen, die vorwiegend im Ausland entwickelt und bei uns teilweise moderiert worden sind, wobei nicht nur sprachliche Schwierigkeiten der übersetzung auftreten.

2. Regierungsprogramme und Regierungspläne stellen aber auch ein Verfassungsproblem dar, ein verfassungsrechtliches und ein verfassungspolitisches Problem, das nur zum kleinsten Teil gesetzlich an die Zustimmung des Parlaments gebunden erscheint. überwiegend fehlt es aber an solchen Vorschriften, was den Streit um die Pläne vermehrt hat. Die "Planungsblindheit" der Urfassung des Grundgesetzes läßt jede Klärung vermissen. Aber ohne Regierungspläne könnte der Staat nicht existieren, das Volk nicht leben, die Ausübung der Staatsgewalt des Volkes nicht funktionieren. Die doppelte Rolle der Grundrechte zeigt Abwehr- und Förderungsfunktionen zugleich. 3. Sonderprobleme ergeben sich hinsichtlich der Regierungspläne bei der Bundesstaats- und Selbstverwaltungsproblematik, wobei im Vortrag die Fragen der kommunalen Selbstverwaltung ausgespart worden sind. Ob die von den Ländern und Gemeinden auszuführenden Pläne der Bundesregierung und ob die Ingerenzen der Bundesregierung hierbei und bei den sog. Gemeinschaftsaufgaben der Länder mit dem Verfassungssystem übereinstimmen, ist umstritten. Es ist die alte Frage nach dem kooperativen oder dem unitarischen Bundesstaat sowie nach der gelenk11 Speyer 61

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Auszug aus dem Schlußwort

ten kommunalen Selbstverwaltung mit sog. Gemeinschaftsverantwortung statt Eigenverantwortung. Die Regierungspläne können Veränderungen der Verfassungswirklichkeit herbeiführen, die der Verfassungstext zu verhindern suchte. Sie können aber auch Probleme für eine Verfassungsreform stellen. Dazu gehören u. a. die Richtlinien der Politik, die Beteiligung des Parlaments, insbesondere auch der Länderparlamente, die Konkurrenz von Territorial- und Regionalfunktionen sowie die totale Veränderung der Selbstverwaltungsgarantie im Rahmen der Gesetze. 4. Wie sehr eine auf Reformen abzielende gewandelte AufgabensteIlung der Planung unterliegt, ergibt sich z. B. aus der gesamtstaatlichen Prioritätsorientierung bei der Aufgabenfinanzierung. Die Funktionsgliederung als Ersatz für die Aufgabenverteilung im Bundesstaat erinnert an das Privileg der Länder und Gemeinden zur Tragung der persönlichen und sächlichen Verwaltungskosten in bundesgesetzlich geregelten "eigenen Angelegenheiten der Länder". Die Fach-, Verwaltungs- und Entwicklungsplanung eröffnet Finanzierungs- und Personal probleme von hoher Bedeutung, die zu beachtlichen Konflikten führen können, die bereinigt werden müssen. Dabei hat sich im Zusammenhang mit der Raumplanung und einer übergeordneten Gesamtplanung ein Meinungsstreit um die Entwicklungsplanung entzündet, der divergierende Vorstellungen erkennen läßt. 5. Hält man die Entfaltung der Regierungspläne für unabweisbar, so bleiben die Erneuerung der Organisationsstruktur und die Steuerung durch Planung unverzichtbar. Die verschiedenen Integrationen, Lösungen, Techniken und Modelle der Planungen bedürfen freilich eines Lernprozesses in Ausbildung und Fortbildung, der erst begonnen hat. 6. Schließlich haben wir uns mit der Relation zwischen Regierungsprogramm und Ressourcenrahmen befaßt. Wir haben monetäre und reale Ressourcen verschiedener Art (Flächen-, Bau- und Lieferkapazität, Personal und Organisation) unterschieden. Wir haben den Inhalt der staatlichen Planung und Lösungsansätze am Beispiel Hamburgs kennengelernt. Wir haben das Hamburger Beispiel in Theorie und Praxis als besonders fortschrittlich empfunden. Vielleicht plant der Stadtstaat perfekter als Bund und Flächenstaaten, jedenfalls ist der Lerneffekt besonders nachdrücklich, besonders was den Ressourcenrahmen und die Folgekosten betrifft. Diese 40. Staatswissenschaftliche Fortbildungstagung der Hochschule verpflichtet uns zu Dank an Redner und Diskussionsredner sowie an alle Teilnehmer, die mitgearbeitet haben. Dieser Dank bezieht sich nicht nur auf die Tagung 1972, sondern auch auf die gute Zusammenarbeit in 25 Jahren.

Auszug aus dem Schlußwort

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Inzwischen sind wichtige neue Formen der Fortbildung in unserer Hochschule neben die herkömmlichen Tagungen getreten. Die Hochschule für Verwaltungswissenschaften wird künftig noch stärker als bisher bemüht sein, sowohl der Ausbildung und Forschung als auch ganz besonders der Fortbildung zu dienen, damit die öffentlichen Belange der Menschen durch möglichst gute Arbeit in Regierung und Verwaltung gefördert werden können.