Monopole, Staat und Expansion vor 1914: Zum Funktionsmechanismus zwischen Industriemonopolen, Grossbanken und Staatsorganen in der Aussenpolitik des Deutschen Reiches 1897 bis Sommer 1914 [Reprint 2021 ed.] 9783112575901, 9783112575895


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German Pages 304 [309] Year 1987

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Monopole, Staat und Expansion vor 1914: Zum Funktionsmechanismus zwischen Industriemonopolen, Grossbanken und Staatsorganen in der Aussenpolitik des Deutschen Reiches 1897 bis Sommer 1914 [Reprint 2021 ed.]
 9783112575901, 9783112575895

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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR Schriften des Zentralinstituts für Geschichte Band 65

Willibald Gutsche

Monopole, Staat und Expansion vor 1914 Zum Funktionsmechanismus zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Staatsorganen in der Außenpolitik des Deutschen Reiches 1897 bis Sommer 1914

Akademie-Verlag • Berlin 1986

Erschienen im Akademie-Verlag Berlin, DDR-1086 Berlin, Leipziger Straße 3—4 © Akademie-Verlag • Berlin 1986 Linzenznummer: 202 • 100/66/86 Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer", 5820 Bad Langensalza Umschlaggestaltung: Karl Salzbrunn LSV 0265 Bestellnummer: 7536208 (2083/65) 02800

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

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Verzeichnis der Abkürzungen

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Kapitel I Industriemonopole, Großbanken und Staatsorgane um die Jahrhundertwende (1897/98 bis 1904) 17 1. Der Konzentrations-und Monopolisierungsprozeß und seine Widersprüche 2. Die wirtschaftliche Stellung der Monopole 3. Das Verhältnis zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Staatsorganen

. . .

Kapitel II Quantitative Wandlungen im Verhältnis zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Staat (1905 bis 1909) 1. Die konzeptionelle Reflexion des neuen objektiven Verhältnisses zwischen Ökonomie und Politik 2. Neue Tendenzen im Funktionsmechanismus zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Reichsregierung 3. Formen der immer engeren Kooperation zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Staat in der Außenpolitik a) Außenpolitik im Monopolinteresse. Bagdadbahnprojekt und Politik im Vorderen Orient b) Monopolinteressen als Motiv und Instrument der Außenpolitik. Balkanpolitik und Betriebsgesellschaft der Orientalischen Eisenbahnen c) Monopolinteresse als Instrument der Außenpolitik. Gesamtimperialistische Detente-Strategie und Wirtschaftsexpansion gegenüber Frankreich d) Staatsorgane als Initiatoren und Förderer monopolistischer Expansion. Kapitalund Warenexport nach Lateinamerika e) Diplomatische Vertretungen als Agenturen monopolistischer Expansionsinteressen. Der diplomatische Alltag

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Kapitel III Vorherrschaft monopolistischer Interessen in der Außenpolitik am Vorabend des ersten Weltkrieges (1910 bis 1914) 190

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Inhaltsverzeichnis

1. Neue Dimensionen im Verhältnis zwischen Ökonomie und Politik 2. Verstärkter Expansionsdrang und wachsende Widersprüche zwischen Zielen und Möglichkeiten a) Staatliche Unterstützung der „kalten Invasion" der Montanmonopole nach Frankreich 1910 bis 1911 b) Der „Panthersprung" nach Agadir 1911 — „Interessenpolitik" der Reichsregierung par excellence c) Das Auswärtige Amt als Regisseur des „Kohlenkrieges" gegen Frankreich im Jahr 1912 d) Berlin-Bagdad. Politische Vorherrschaft monopolistischer Interessen und begrenzte Expansionsmöglichkeiten 1912 bis 1914 Personenregister

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Vorwort

1961 zog der Nestor der marxistischen Erforschung der Geschichte des deutschen Imperialismus, der sowjetische Historiker A. S. Jerussalimski, in einem Referat über Probleme und Quellen der Außenpolitik und der Diplomatie des deutschen Imperialismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf einer Plenartagung des Instituts für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der UdSSR folgendes Resümee: Der Geschichtsforscher könne sich nicht damit begnügen, „die rein äußerliche, diplomatische Geschichte darzustellen", sondern müsse „die verborgenen Prozesse des Imperialismus, . . . die Geschehnisse und Tatsachen der wirtschaftlichen Entwicklung, der Expansion in ihren unterschiedlichen Formen, des Klassenkampfes, der nationalen Bewegungen, der Außenpolitik und sogar der Ideologie . . . im dialektischen Zusammenhang und im wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis mit dem ganzen System der Staaten" analysieren. Dabei habe er vor allem „den Mechanismus des wachsenden und maßgebenden Einflusses der Monopole aufzudecken, . . . bloßzulegen, wie sie sich miteinander verflochten und rivalisierten, wie sie auf die Regierung und deren Politik und Diplomatie einwirkten . . . 1 1 1 Diese „keineswegs leichte Aufgabe", der sich in den seitdem vergangenen über zwei Jahrzehnten auch die marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaft der D D R mit wachsender Intensität unter den verschiedensten Aspekten gewidmet hat, 2 ist heute wie damals von brennender Aktualität. Der Imperialismus unterscheidet sich von anderen Gegenständen historischer Betrachtung dadurch, daß er nicht nur ein Phänomen der Ver-

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Jerussalimski, A. S., Die Außenpolitik und Diplomatie des deutschen Imperialismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Probleme und Quellen, in: ZfG, 3/1962, S. 579 (Erstveröffentlichung in: Novaja i Novejsaja Istoria, 6/1961, S. 60). Siehe: Grimann, Jutta!Heymann, Ilse, Der deutsche Imperialismus bis 1917. Auswahlbibliographie der Veröffentlichungen aus sozialistischen Ländern (1960—1974), in: JbfG, Bd. 15, Studien zur Geschichte des deutschen Imperialismus von der Jahrhundertwende bis 1917. Ergebnisse des Arbeitskreises „Deutscher Imperialismus vor 1917", hg. von der Abteilung 1900—1917 des Zentralinstituts für Geschichte der AdW der D D R unter Leitung von W. Gutsche, Berlin 1977, S. 347—493; Kaulisch, Baidur, Forschungsergebnisse und -probleme der neusten DDR-Historiographie zum deutschen Imperialismus vor 1917, in: Forschungsergebnisse zur Geschichte des deutschen Imperialismus vor ¡917, im Auftrag des Instituts für allgemeine Geschichte der AdW der UdSSR und des Zentralinstituts für Geschichte der AdW der D D R hg. von B. A. Aisin und W. Gütsche, Berlin 1980, S. 62ff.; Maskin, M. N., Forschungen zur Geschichte des deutschen Imperialismus vor 1917 in der UdSSR in der ersten Hälfte der 70er Jahre, in: Forschungsergebnisse zur Geschichte des deutschen Imperialismus vor 1917, S. 86 ff.; Gutsche, Willibald/Kaulisch, Baidur ¡Laschitza, Annelies, Forschungen zur deutschen Geschichte vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis 1917, in: Historische Forschungen in der DDR 1970—1980. Analysen und Berichte. Sonderband der ZfG, Berlin 1980, S. 204 ff.

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Vorwort

gangenheit, sondern auch noch eine Erscheinung der Gegenwart ist, die das Schicksal von Millionen Menschen maßgebend beeinflußte oder noch bestimmt. In dem sich ständig verringernden Machtbereich des Imperialismus werden die Volksmassen nach wie vor ausgebeutet und unterdrückt, sind die Kräfte des Imperialismus bestrebt, mit offener Gewalt und Reaktion wie durch Demagogie und Zugeständnisse ihre Herrschaft zu behaupten. Zugleich suchen ihre aggressivsten Kreise, insbesondere die der USA, den Ausweg aus den politischen und ökonomischen Schwierigkeiten ihres Herrschaftssystems in zunehmender Militarisierung und Kriegsvorbereitung. Damit gefährden sie die Fortschritte, die in Richtung auf eine friedliche Koexistenz zwischen Staaten unterschiedlicher gesellschaftlicher Ordnung dank der Friedenspolitik der Sowjetunion und infolge der Haltung realistisch denkender Kreise in den Regierungen kapitalistischer Länder erreicht wurden. 3 Mit ihrem entspannungsfeindlichen Kurs einer Politik der Stärke und der Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder, durch das Anheizen des Wettrüstens und verschärfte antikommunistische und antisowjetische Propaganda zielen sie auf Konfrontation. Zu der von den sozialistischen Staaten unter Führung der UdSSR initiierten Politik der friedlichen Koexistenz gibt es jedoch keine vernünftige Alternative. 4 Der entschlossene Kampf um die Verteidigung des Friedens, um die Durchsetzung der friedlichen Koexistenz ist deshalb heute die vorrangige Aufgabe des antiimperialistischen Kampfes der Völker. Die jüngste Geschichte beweist eindringlich, daß sich die tiefste ökonomische Grundlage des Imperialismus, sein aggressiver, friedensbedrohender politischer Charakter und sein innerer Funktionsmechanismus nicht verändert haben, daß ihm der Hang zum Abenteuertum wesenseigen ist. Es gilt deshalb noch wirkungsvoller aufzudecken, „daß der Imperialismus, die fortschreitende allgemeine Krise des Kapitalismus die Hauptquellen für die ernsten Probleme sind, die heute in der Welt bestehen". 5 Der immer besseren Analyse des Imperialismus und insbesondere der Dialektik zwischen monopolkapitalistischer Ökonomie und imperialistischer Politik unter Berücksichtigung neuer, durch den aktuellen Klassenkampf aufgeworfener Fragen kommt dabei hervorragende Bedeutung zu. Das gilt auch für historische Stadien des imperialistischen Weltsystems im allgemeinen und einzelner Länder sowie bestimmter Teilbereiche des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Politik im besonderen, nicht zuletzt für die Zusammenhänge zwischen monopolkapitalistischer Ökonomie und imperialistischer Außenpolitik, denen sich die vorliegende Monographie für die Zeit des frühen deutschen Imperialismus widmet. Die noch eingehendere Untersuchung historischer Erscheinungsformen imperialistischer Außenpolitik und ihrer Ursachen vermag nicht nur das marxistisch-leninistische Imperialismusbild zu vervollkommnen und damit einen wirksamen Beitrag zum Geschichtsbild der entwickelten sozialistischen Gesellschaft sowie zur offensiven Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Imperialismus-Apologie zu leisten. Sie führt auch durch eine tiefere Ein3

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Honecker, Erich, Die nächsten Aufgaben der Partei bei der weiteren Durchführung der Beschlüsse des IX. Parteitages der SED. Aus dem Referat des Generalsekretärs des ZK der SED und Vorsitzenden des Staatsrates der D D R auf der Beratung des Sekretariats des ZK der SED mit den 1. Sekretären der Kreisleitungen am 25. Januar 1980 in Berlin, Berlin 1980, S. 6f. Aus dem Bericht des Politbüros an die 11. Tagung des ZK der SED. Berichterstatter: Erich Honecker, in: Neues Deutschland, 14. 12. 1979, S. 3. Honecker, Die nächsten Aufgaben der Partei..., S. 64.

Vorwort

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sieht in die Gesetzmäßigkeiten des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Politik im imperialistischen Stadium des Kapitalismus zu allgemeingültigen Erkenntnissen über die objektiven Ursachen unterschiedlicher strategisch-taktischer Strömungen innerhalb der Monopolbourgeoisie und wechselnder Erscheinungsformen der außenpolitischen Strategie und Taktik imperialistischer Staaten. Diese gilt es für die gegenwärtige Strategie und Taktik des antiimperialistischen Kampfes nutzbar zu machen. Das trifft nicht nur für die genauere Analyse der wechselnden Dominanz einer relativ „friedlichen" oder „nichtfriedlichen" Disposition der herrschenden Klassen, insbesondere der Monopolbourgeoisie, und imperialistischer Herrschaftssysteme insgesamt beim Streben nach Verwirklichung der expansiven ökonomischen und politischen Ziele zu. Die objektive Dialektik zwischen ständiger Verschärfung und relativer Lösung von Widersprüchen 6 verwirklichte sich insofern im Kampf der imperialistischen Großmächte und Mächteblöcke um die Neuaufteilung der Erde vor 1917, als sich bei zunehmender Verschärfung der Spannungen zwischen ihnen „friedliche" Aufteilung und „nicht/riedliche" Expansion abwechselten oder gegenseitig durchdrangen. 7 Diese Erscheinung war das Ergebnis des lang- und kurzfristigen Wechsels unterschiedlicher strategisch-taktischer Expansionskonzeptionen der Monopolbourgeoisie insgesamt, bedingt wieder durch Kongruenz oáer Divergenz unterschiedlicher unmittelbarer ökonomischer und politischer Sonderinteressen ihrer verschiedenen Gruppen und Strömungen und wechselnder Möglichkeiten ihrer Verwirklichung. Ob und wie sich die „friedliche" oder die „nichtfriedliche" Variante der relativen Lösung von Widersprüchen zwischen den imperialistischen Rivalen vor der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution durchsetzte, hing von verschiedenen Faktoren, insbesondere vom internationalen Kräfteverhältnis der Klassen, aber auch der Gruppen und Strömungen der Monopolbourgeoisie, vom Funktionsmechanismus innerhalb des Finanzkapitals und zwischen Monopolkapital und Staat ab. Das wiederum war nicht primär durch subjektive Faktoren bedingt, sondern durch objektive Veränderungen, nicht zuletzt in der Ökonomie, und durch die Rückwirkungen der von den Produktionsverhältnissen hervorgebrachten Politik auf die Ökonomie. Die Imperialismusforschung der DDR hat — insbesondere im Hinblick auf die Geschichte des deutschen Imperialismus — ausgehend von der Imperialismusanalyse W. I. Lenins, die grundlegenden Zusammenhänge zwischen monopolkapitalistischer Ökonomik und imperialistischer Außenpolitik nachgewiesen. Im Zuge der verstärkten Erforschung des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Außenpolitik im deutschen Imperialismus wurden auch für den hier behandelten Zeitraum aufschlußreiche weiterführende Arbeiten zum Differenzierungsprozeß innerhalb der Bourgeoisie vorgelegt, vor allem zur Frage der Herausbildung strategisch-taktischer Strömungen der Monopolbourgeoisie 8 und zu Zusam6

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Siehe dazu: Schröter, Alfred, Gedanken zum Verhältnis von Theorie und Geschichte des staatsmonopolistischen Kapitalismus, in: Gesellschaft und Umwelt. Hans Mottek zum 65. Geburtstag, Berlin 1976, S. 69ff. (Sitzungsberichte der AdW der DDR, Ges. wiss., Jg, 1976, Nr. 2/G). Lenin, W. /., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: Werke, Bd. 22, Berlin 1960, S. 278. Siehe dazu: Gossweiler, Kurt, Großbanken, Industriemonopole, Staat. Ökonomie und Politik des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland 1914—1932, Berlin 1971; Schröter, Alfred, Einige methodologische Fragen der Enstehung und Entwicklung monopolistischer Gruppierungen in Deutschland, in: JbfWg, 1966, Teil IV, S. 126ff.; Kuczynski, Jürgen, Zur Soziologie des imperialistischen Deutschland, in: JbfWg, 1962, Teil II, S. 11 ff.; Nussbaum, Helga, Sozialgeschichte und Bourgeoisie, in: JbfWg, 1968, Teil IV, S. 299 ff.

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Vorwort

mensetzung und Aktionen antimonopolistischer bürgerlicher Gruppen9. Zahlreiche weiterführende und zur Diskussion anregende Arbeiten widmeten sich Grundproblemen der Entwicklung staatsmonopolistischer Züge des deutschen Imperialismus10 oder analysierten die gesamte ökonomische Entwicklung des Deutschen Reiches in dieser Zeit. 11 Eine Gesamtdarstellung der deutschen Geschichte behandelte — ausgehend von einer Analyse der ökonomischen Entwicklung — die wesentlichen Entwicklungstendenzen der deutschen Außenpolitik. 12 Schließlich wurden zur imperialistischen deutschen Expansionspolitik bisher unbekannte Quellen veröffentlicht 13 und Grundtendenzen der außenpolitischen Strategie und Taktik des deutschen Imperialismus erörtert.14 Alle diese Arbeiten, von denen hier nur die wichtigsten erwähnt wurden, leisteten auch wertvolle Beiträge zur weiteren Aufhellung des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Außenpolitik. Doch die eingehende Erfassung der inneren Zusammenhänge zwischen Ökonomie und Außenpolitik, zwischen fortschreitender Monopolisierung, Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital, Wandlungen in der ökonomischen und institutionellen Verflechtung zwischen Finanzkapital und Staat, Differenzierungsprozessen innerhalb der Monopolbourgeoisie und der Außenpolitik des Staates blieb ein wünschenswertes Vorhaben. Das gilt auch für die staatsmonopolistischen Aspekte der Außenpolitik in der hier behandelten Zeit. Wurzeln und Formen des staatsmonopolistischen Kapitalismus haben insbesondere Jürgen Kuczynski, Helga Nussbaum, Hans Mottek, Walter Becker und Alfred Schröter unter wirtschaftsgeschichtlichem Aspekt eingehender erörtert.15 Mit Recht hat jedoch Dietrich Eichholtz das Verwachsen von Monopolen und Staat als einen Prozeß gekennzeichnet, der nicht nur die Produktions- und Distributionsverhältnisse betrifft, sondern 9

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Nussbaum, Helga, Unternehmer gegen Monopole. Über Struktur und Aktionen antimonopolistischer bürgerlicher Gruppen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Berlin 1966; dies., Bürgerliche Monopolgegnerschaft, in: JbfWg, 1962, Teil III, S. 73ff. Kuczynski, Jürgen, Zur Frühgeschichte des deutschen Monopolkapitalismus und des staatsmonopolistischen Kapitalismus, Berlin 1962 (Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus, Bd. 14); ders., Die Barbarei — extremster Ausdruck der Monopolherrschaft in Deutschland, in: ZfG, 7/1961, S. 1484ff.; Nussbaum, Helga, Zur Imperialismustheorie W. I. Lenins und zur Entwicklung staatsmonopolistischer Züge des deutschen Imperialismus bis 1914, in: JbfWg, 1970, Teil IV, S. 25ff.; Baudis, Dieler/ Nussbaum, Helga, Wirtschaft und Staat in Deutschland vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1918/19, Berlin 1978. Siehe z. B.: Mottek, Hans/Becker, Walter/Schröter, Alfred, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands. Bd. 3: Von der Zeit der Bismarckschen Reichsgründung 1871 bis zur Niederlage des faschistischen deutschen Imperialismus 1945, 2. Aufl., Berlin 1975. Klein, Fritz, Deutschland von 1897/98 bis 1917,4. bearb. Aufl., Berlin 1977. Weltherrschaft im Visier. Dokumente zu den Europa- und Weltherrschaftsplänen des deutschen Imperialismus von der Jahrhundertwende bis Mai 1945, hg. und eingel. von W. Schumann und L. Nestler unter Mitarbeit von W. Gutsche und W. Rüge, Berlin 1975; Herrschaftsmethoden des deutschen Imperialismus 1897/98 bis 1917. Dokumente zur innen- und außenpolitischen Strategie und Taktik der herrschenden Klassen des Deutschen Reiches, hg. und eingel. von W. Gutsche unter Mitarbeit von B. Kaulisch, Berlin 1977; Dokumente zur deutschen Geschichte 1897/98 bis 1904, hg. und bearb. von D. Fricke; 1905 bis 1909, hg. und bearb. von D. Fricke; 1910 bis 1914, hg. von D. Fricke, bearb. von A. Laschitza; 1914 bis 1917, hg. von D. Fricke, bearb. von W. Gutsche, Berlin 1976. Herrschaftsmethoden des deutschen Imperialismus 1897/98 bis 1917, Einleitung, bes. S. 30ff.; Gutsche, Willibald, Sarajevo 1914. Vom Attentat zum Weltkrieg, Berlin 1984; ders., Zur Herausbildung der unmittelbaren Kriegsdisposition des deutschen Imperialismus im Sommer 1914, in: Militärgeschichte, 2/1984, S. 107ff. — Siehe auch: die Studien von H. Lemke, J. Hell, und F. Klein in „Neue Studien zum Imperialismus vor 1914", hg. von F. Klein, Berlin 1980, sowie von L. Thomas, D. Wulff, J. Lekschas und H. Lemke in: „Jahrbuch für Geschichte", Bd. 29, hg. von F. Klein, Berlin 1984. Siehe Anm. 7., 10, 11.

Vorwort

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— per definitionem — das Wechselverhältnis zwischen Politik und Ökonomie im Imperialismus wesentlich beeinflußt bzw. bestimmt, und festgestellt, daß es sich von diesem Standpunkt aus verbietet, objektive Grundlagen des staatsmonopolistischen Kapitalismus für diesen selbst zu nehmen. 16 Sein Hinweis, daß Lenins Erkenntnis vom „Verwachsen von Monopolen und Staat" keineswegs nur die Einwirkung des Staates auf die Ökonomie, sondern ebenso auch diejenige der Monopole auf die Politik charakterisiere und der letztere Aspekt in der einschlägigen wirtschaftshistorischen Forschung zu kurz komme, findet sein Pendant im bisher fehlenden detaillierten Nachweis der( Einwirkung der sich in der Ökonomie vollziehenden objektiven Prozesse auf die Außenpolitik in den einschlägigen Darstellungen der politischen Geschichte. Durch die zu starke Fixierung auf allgemeine grundlegende Beziehungen zwischen Ökonomie und Politik im Imperialismus entgehen diese Darstellungen oft nicht der Gefahr einer gewissen Schematisierung, die dem Prozeßcharakter und der Komplexität des Funktionsmechanismus der Dialektik von Ökonomie und Politik in der gesellschaftlichen Praxis nicht voll gerecht wird. Außerdem nimmt die Beantwortung der Frage nach den objektiven ökonomischen Wurzeln der außenpolitischen Aktivitäten im einzelnen zumeist einen nicht ausreichenden Platz ein. Wie für die historische Analyse überhaupt so stellt das Verhältnis zwischen Ökonomie und Politik auch für die Analyse der imperialistischen deutschen Außenpolitik das entscheidende Grundproblem dar. Mit der Frage nach dem Verhältnis zwischen Ökonomie und Politik wendet sich die marxistisch-leninistische Historiographie vor allem einer wesentlichen Seite der Basis-Überbau-Dialektik im engeren Sinne zu, 17 aus der sich die Quintessenz der marxistisch-leninistischen Imperialismusanalyse ergibt, daß das Monopol die tiefste ökonomische Grundlage des Imperialismus bildet. Die Basis-Überbau-Beziehungen sind jedoch auf vielfältige Weise mit dem umfassenden Verhältnis zwischen Ökonomie und Politik verzahnt. Sie finden im allgemeinen Wirkungszusammenhang von Ökonomie und Politik ihren Ausdruck oder werden wieder von Ökonomie-Politik-Beziehungen außerhalb der Basis-Überbau-Dialektik beeinflußt. Hieraus folgt, daß eine exakte Analyse der Basis-Überbau-Dialektik ohne Einbeziehung der umfassenderen Wechselbeziehungen zwischen Ökonomie und Politik, z. B. innerhalb der Produktionsweise, innerhalb des Überbaus, zwischen der Produktionsweise und politischen und ideologischen Erscheinungen, nicht möglich ist. Gerade die konkreten wechselseitigen Übersetzungsmechanismen zwischen Ökonomie und Politik bedürfen eingehenderer Analysen, sollen weiterführende Erkenntnisfortschritte zum Verhältnis zwischen monopolkapitalistischer Ökonomik und imperialistischer Außenpolitik erzielt werden.18 Dabei geht es in erster Linie gar nicht um die Beantwortung der 16

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Eicholtz, Dietrich, Zu einigen Fragen der Geschichte des deutschen Imperialismus. Anläßlich des Erscheinens des dritten Bandes der „Wirtschaftsgeschichte Deutschlands", in: ZfG, 1/1976, S. 71. Siehe dazu: Formationstheorie und Geschichte. Studien zur historischen Untersuchung von Gesellschaftsformationen im Werk von Marx, Engels und Lenin, hg. von E. Engelberg und W. Küttler, Berlin 1978, S. 145, 313. Gutsche, Willibald, Probleme des Verhältnisses zwischen Monopolkapital und Staat in Deutschland vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Vorabend des ersten Weltkrieges, in: Studien zum deutschen Imperialismus vor 1914, hg. von F. Klein, Berlin 1976, S. 33 ff.; ders., Grundtendenzen im Funktionsmechanismus zwischen Monopolkapital und Staat in der Außenpolitik des deutschen Imperialismus vor 1914, in: ZfG, 11/1979, S. 1042 ff.

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Vorwort

Frage, ob diese oder jene Erscheinung der immer engeren Verflechtung von Monopolkapital und Staat das Prädikat „staatsmonopolistisch" verdient oder nicht. Wenn man — wie der Verfasser in Übereinstimmung mit Helga Nussbaum und Dietrich Eichholtz — davon ausgeht, daß es sich beim staatsmonopolistischen Kapitalismus nicht um eine besondere Phase der Entwicklung des imperialistischen Stadiums des Kapitalismus, sondern um einen ihm immanenten Wesenszug handelt, 19 der natürlich verschiedene Stadien und unterschiedliche Formen durchläuft, dann sollte zunächst einmal das durch den Übergang zum Imperialismus bedingte qualitativ neue engere und unmittelbarere Verhältnis zwischen Ökonomie und Politik in seinen vielfaltigen Erscheinungsformen empirisch und theoretisch untersucht werden. Aus dieser Komplexität der Sicht läßt sich dann die Frage beantworten, ob nur bestimmte Formen der Verflechtung oder alle Formen dieser neuen Stufe der Verflechtung zwischen Monopolkapital und Staat als staatsmonopolistisch zu bezeichnen sind. Die Beantwortung der Frage nach der neuen Qualität des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Außenpolitik, seinen Ursachen, Wirkungswegen und Formen, auf die sich der Verfasser vor allem konzentriert, soll dieses Problem klären helfen. Der Verfasser will einige wesentliche Seiten der Entwicklung des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Außenpolitik im deutschen Imperialismus von der Jahrhundertwende bis zum Vorabend des ersten Weltkrieges eingehender als bisher analysieren, zumal für diesen Zeitraum — zum Unterschied von der Entwicklung bis 1900 und nach 1914 — keine entsprechende Arbeit vorliegt. Den von Nutzen und Notwendigkeit eines solchen Unterfangens ebenfalls überzeugten Wirtschaftshistorikern, die ihm dabei mit vielen wertvollen Ratschlägen und Handreichungen tatkräftig zur Seite standen, insbesondere Alfred Schröter und Reinhold Zilch, ist er zu besonderem Dank verpflichtet. Er hofft, daß die Ergebnisse der Arbeit weiteren Fortschritten der Imperialismusforschung dienen. Die vorliegende Arbeit wird nicht zuletzt auch durch die Notwendigkeit einer intensiveren Auseinandersetzung mit der sich verstärkenden bürgerlichen Imperialismus-Apologie gerechtfertigt,20 die nach wie vor die entscheidende Erkenntnis Lenins bestreitet, daß der Imperialismus „seinem ökonomischen Wesen nach Monopolkapitalismus" ist.21 Ausgehend von einem auf politische, vorwiegend außenpolitische oder sogar nur kolonialistische Ausdehnungstendenzen eingeschränkten und von den monopolkapitalistischen Produktionsverhältnissen losgelösten Imperialismusbegriff, suchen bürgerliche Historiker die objektive Dialektik von Basis und Überbau des Imperialismus zu entstellen oder zu leugnen. Zwar müssen ihre flexibleren Vertreter neuerdings im Rahmen ihrer pluralistischen Industriegesellschaftsmodelle einräumen, daß den „wirtschaftlichen Entwicklungskomponenten"

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Siehe z. B.: Nussbaum, Helga, Zur Disskussion um den historischen Platz des staatsmonopolistischen Kapitalismus in der neueren marxistisch-leninistischen Literatur, in: JbfWg, 1976, Teil I, S. 93; Eicholtz, S. 71. Siehe dazu: Gutsche, Willibald, Zur Imperialismus-Apologie in der BRD. „Neue" Imperialismusdeutungen in der BRD-Historiographie zur deutschen Geschichte 1898 bis 1917, Berlin 1975 (Zur Kritik der bürgerlichen Ideologie, hg. von M. Buhr, H. 63); ders., Grundtendenzen der bürgerlichen BRD-Historiographie in der ersten Hälfte der 70 er Jahre zur Politik der herrschenden Klassen des imperialistischen Deutschen Reiches 1897/98 bis 1917, in: Forschungsergebnisse zur Geschichte des deutschen Imperialismus vor 1917, hg. von B. A. Aisin und W. Gutsche, Berlin 1980, S. 32 f f . ; ders., Der erste Weltkrieg — ständiges Trauma der BRD-Historiographie, in: Geschichte, Ideologie, Politik. Auseinandersetzungen mit bürgerlichen Geschichtsauffassungen in der BRD, Berlin 1983, S. 83 ff. Lenin, W. /., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, S. 189ff., 280, 304f.

Vorwort

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eine „zentrale Funktion" zukomme, 22 daß der Imperialismus im „Heraufkommen der industriellen Gesellschaft" wurzele, daß für seine Entstehung „ökonomische Motivationen" eine wichtige Rolle gespielt hätten 23 oder daß er als „ein Ergebnis der Entwicklung von industriewirtschaftlichen Gesellschaftssystemen" aufgefaßt werden müsse24. Aber sie akzeptieren „ökonomische Faktoren" wie Expansions- und Rohstoffinteressen, industriewirtschaftlich bedingte Wandlungen in der Sozialstruktur, Konzentration und Zentralisation usw. gleichsam nur in ihrer stimulierenden Wirkung und machen letztlich machtstaatliche Bestrebungen oder andere Erscheinungen des Überbaues für die imperialistischen Ziele der angeblich pazifistisch und kosmopolitisch disponierten Monopole verantwortlich. In jedem Falle ignorieren sie die Tatsache, daß die qualitativen Wirkungen des Monopolkapitals, wie sie sich in den durch den Übergang zum Imperialismus wesentlich veränderten Produktionsverhältnissen zeigen, entscheidende Grundlage imperialistischer Politik sind. Als deren primäre Ursachen suchen sie demgegenüber insbesondere Mächterivalität, Nationalismus, Schwierigkeiten bei der Bewältigung sozialer innenpolitischer Spannungen oder präkapitalistische und prämonopolitische Rudimente in der Sozial- und Verfassungsstruktur des Deutschen Reiches hinzustellen.25 Zum Unterschied von solchen Deutungen sind einige wenige bürgerliche Historiker sachlich an die Auswertung der Akten der auswärtigen Politik des deutschen Imperialismus vor 1914 herangegangen und haben wichtige Zusammenhänge zwischen der Entstehung und dem Erstarken der Monopole und der immer aggressiveren deutschen Außenpolitik aufgedeckt. Das gilt insbesondere für Fritz Fischer 26 und George W. F. Hallgarten 27 . Abgesehen von dem Wert ihrer Forschungsergebnisse im Hinblick auf die Erschließung einer Fülle von Fakten über den Einfluß der Monopolbourgeoisie auf die besonders expansive und friedensbedrohende deutsche Außenpolitik, brachen sie insofern mit einem Tabu der bürgerlichen Historiographie, als sie die von der marxistisch-leninistischen Geschichtswissenschaft seit langem nachgewiesene Hauptverantwortung des deutschen Imperialismus für die Entfesselung des ersten Weltkrieges detaillierter belegten und die Ursachen dieser Politik nicht im „ideologischen Überbau", sondern im „materiellen Unterbau" 28 , im „Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik", erblickten, das sich „im Laufe der ersten Jahre des neuen Jahrhunderts immer enger" gestaltete und die diplomatischen Aktionen „mitbestimmte". 29

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Rumpier, Helmut, Zum gegenwärtigen Stand der Imperialismusdebatte, in: G W U , 5/1974, S. 266, 271. Mommsen, Wolfgang J., Der moderne Imperialismus als innergesellschaftliches Phänomen. Versuch einer universalgeschichtlichen Einordnung, in .Der moderne Imperialismus, hg. und eingel. von W. J. Mommsen, Stuttgart-(West)-Berlin-Köln-Mainz 1971, S. 16 Imperialismus, hg. von H.-U. Wehler, Köln-(West)-Berlin 1970, S. 11. Siehe dazu: Gutsche, Zur Imperialismus-Apologie..., S. 31 ff. Fischer, Fritz, Krieg der Illusionen. Die deutsche Politik von 1911 bis 1914, Düsseldorf 1969. — Siehe auch: Ders., Juli 1914: Wir sind nicht hineingeschlittert. Das Staatsgeheimnis um die Riezler-Tagebücher. Eine Streitschrift, Reinbek bei Hamburg 1983. Hallgarten, George W. F., Imperialismus vor 1914. Die soziologischen Grundlagen der Außenpolitik europäischer Großmächte vor dem ersten Weltkrieg, 2. durchgearb. und stark erw. Aufl. Bd. 1: und 2, München 1963; ders.,1 Radkau, Joachim, Deutsche Industrie und Politik von Bismarck bis heute, Frank furt/Main-Köln 1974, Teil I. Hallgarten, Imperialismus vor 1914, Bd. 1, S. 7. Fischer, Krieg der Illusionen, S. 13; ders., Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18, 3. verb. Aufl., Düsseldorf 1964, S. 25.

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Vorwort

Die Methodologie Fischers und Hallgartens wurde jedoch durch eine zu einseitige Orientierung auf soziologische Aspekte, eine mehr machtpolitisch orientierte Imperialismussicht bei nur peripherer Berücksichtigung der Dialektik von Ökonomie und Politik sowie durch eine zu einseitig auf den deutschen Imperialismus konzentrierte Analyse eingeengt, bei der die Aggressivität der anderen imperialistischen Großmächte aus dem Blickfeld geriet. Ihre Untersuchungen machen zwar die Entstehung von Entscheidungen der Regierungen aus sozialen Gegebenheiten und Machtverhältnissen 30 deutlich und tangieren dabei auch Bezüge zur materiellen Basis der Gesellschaft. Aber sie decken die von der Basis ausgehenden objektiven Gesetzmäßigkeiten des Zusammenhangs zwischen imperialistischer Außenpolitik und monopolkapitalistischen Produktionsverhältnissen nicht umfassend auf. Deshalb bleiben sie auch die Antwort auf die Frage nach der Alternative schuldig. Hallgarten z. B., der sich gegen die primäre Deutung des Imperialismus als Ableitung von Spannungen nach außen wandte, wie sie u. a. auch Hans-Ulrich Wehler vertritt, und demgegenüber die Bedeutung „ökonomischer Antriebe" imperialistischer Politik betonte, begriff den Imperialismus nicht als letztes Stadium des Kapitalismus, sondern als ein zwar von ökonomischen Faktoren stark „mitbestimmtes", aber doch vorwiegend sozialgeschichtlich bedingtes politisches Phänomen. 3 1 Fischer ließ es offen, ob es primär ökonomische Interessen oder innenpolitische Motive oder Ideen von deutscher Seemacht und Weltstellung waren, die zur Herausforderung Englands, zum Streben nach „Gleichberechtigung" und noch mehr führten. 3 2 Aus dieser unzureichenden Berücksichtigung der objektiven Dialektik zwischen Ökonomie und Politik resultierte auch die zu seiner ursprünglichen These von der in verfassungspolitischen, machtstaatlich-militärischen und vor allem wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten verankerten Kontinuität der deutschen Geschichte von Bismarck bis zu Hitler 33 in Widerspruch stehende Behauptung, daß das politische Leben in der BRD im wesentlichen wieder zu den ursprünglichen föderativen liberalen und demokratischen Traditionen zurückgefunden habe. 3 4 Die Arbeiten Fischers und Hallgartens zum deutschen Imperialismus vor 1914 heben sich dennoch deutlich von der Masse der einschlägigen bürgerlichen Darstellungen ab und leisten wichtige Beiträge zur Enthüllung des volksfeindlichen Charakters der imperialistischen Herrschaft und ihrer ökonomischen Hintergründe. Die vorliegende Arbeit kann und will angesichts des Forschungsstandes und des verfügbaren Raumes die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Monopolen, Staat und Außenpolitik im Deutschen Reich vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1914 weder im Hinblick auf die Ereignisgeschichte noch auf die Fülle der diesbezüglichen theoretischen Teilaspekte voll ausleuchten. 35 Ausgehend von bisherigen Forschungsergebnissen und gestützt auf um30 31 32

33

34 35

Ders., Krieg der Illusionen, S. 13. Hallgartenj Radkau, S. 64f., 202. Fischer, Fritz, Der Stellenwert des ersten Weltkrieges in der Kontinuitätsproblematik der deutschen Geschichte, in: HZ, Bd. 229, H. 1/1979, S. 29. Fischer, Fritz, Zum Problem der Kontinuität in der deutschen Geschichte von Bismarck zu Hitler, in: Ders., Der Erste Weltkrieg und das deutsche Geschichtsbild. Beiträge zur Bewältigung eines historischen Tabus. Aufsätze und Vorträge aus drei Jahrzehnten, Düsseldorf 1977, S. 350 ff. Ders., Der Stellenwert des ersten Weltkrieges, S. 53. Siehe dazu: Gutsche, Probleme des Verhältnisses zwischen Monopolkapital und Staat, S. 3 3 f . ; ders., Monopolbourgeoisie, Staat und Außenpolitik vor dem ersten Weltkrieg, in: ZfG, 3/1981, S. 239ff.; ders., Gewicht und Wirkungswege ökonomischer Triebkräfte in der imperialistischen deutschen Außenpolitik vor 1917, in: ZfG, 6/1982, S. 529ff.

Vorwort

13

fangreiche eigene Quellenforschungen, will sie einige der wichtigsten Zusammenhänge zwischen den Wandlungen in den Produktionsverhältnissen und den Veränderungen in der deutschen Außenpolitik sowie deren Rückwirkungen auf die Ökonomie an Hand empirischen Materials analysieren. Das gilt vor allem für wesentliche Veränderungen in der Infrastruktur des Finanzkapitals, insbesondere für das Verhältnis zwischen Industriemonopolen und Großbanken im Zuge des stürmisch voranschreitenden Konzentrations- und Monopolisierungsprozesses, für die sich dabei ergebenden politisch relevanten Widersprüche innerhalb des Finanzkapitals und ihre stimulierende oder hemmende Wirkung auf das Kräfteverhältnis und die staatliche Expansionspolitik, für die objektiven Grundlagen von Veränderungen zwischen Ökonomie und Politik unter imperialistischen Bedingungen, für die sich wandelnde subjektive Reflexion dieser Veränderungen innerhalb des Staatsapparates und deren Einfluß auf Ökonomie und Politik, für das Verhältnis zwischen imperialistischen Gesamtinteressen und monopolistischen Sonderinteressen, für das Problem der relativen Selbständigkeit des Staates und der relativen Eigenständigkeit des Industrie- und des Bankkapitals und seine Ursachen und Auswirkungen sowie für die unterschiedlichen Formen der zunehmenden Verflechtung zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Staat in der Außenpolitik. Methodisch werden dabei z. T. neue Wege beschritten, z. B. im Hinblick auf die bisher kaum berücksichtigte Entwicklung des Anteils von festverzinslichen Staats- und K o m munalanleihen und dividendentragenden Industriewerten an den Emissionen und Beteiligungen der Großbanken, des Anteils von Eigenkapital und Fremdkapital bei den Industrieinvestitionen sowie des verfügbaren anlagesuchenden Kapitals, des bei den Banken deponierten Kapitals und der von den Banken gewährten Kredite, der Verlangsamung in der Neubildung von Kapital, des Verhältnisses zwischen der Konzentration des A k tienkapitals in der Industrie und im Bankwesen am Vorabend des Krieges. Ferner werden berücksichtigt spezifische Aspekte des Waren- und Kapitalexports sowie die Wandlungen im Politikverständnis der maßgebenden Staatsmänner im Vergleich zur vormonopolistischen Epoche, die differenzierten Wandlungen in der Haltung der Staatsorgane zu Monopolen und Großbanken und ihre Ursachen sowie die ökonomische Verflechtung zwischen Junkertum und Monopolbourgeoisie. Dabei geht es dem Verfasser in jedem Fall um die Bedeutung dieser Erscheinungen und Wandlungen für die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Außenpolitik. Das Ergebnis der Untersuchung bestätigt die These der marxistisch-leninistischen Historiographie, wonach die Außenpolitik des deutschen Imperialismus vor 1914 in zunehmend höherem Grade Expansionspolitik im Interesse des Monopolkapitals war und von der monopolkapitalistischen Basis objektiv bedingt wurde. Es rechtfertigt den Schluß, daß sich zu der seit der Jahrhundertwende erreichten Vorherrschaft der Monopole in entscheidenden Zweigen der Wirtschaft in den letzten Vorkriegsjahren die Vorherrschaft monopolistischer Interessen in der Außenpolitik gesellte. Das wirft die Frage auf, ob man den Gesamtprozeß der Entwicklung des deutschen Imperialismus in der behandelten Zeit nicht als einen Entwicklungsprozeß vom junkerlich-bürgerlichen zum bürgerlich-junkerlichen Imperialismus charakterisieren kann, wobei natürlich eine entsprechende Analyse der Innenpolitik, die noch aussteht, Berücksichtigung finden müßte. Allen diesen Problemen übergeordnet ist die Frage nach der besonderen Aggressivität des deutschen Imperialismus, nach den objektiven Ursachen des wachsenden Expansions-

14

Vorwort

dranges und dabei vor allem nach den konkreten ökonomischen Bedingungen, aus denen die politische Entscheidung zur Entfesselung des ersten Weltkrieges erwuchs. Eine umfassende Darstellung der pénétration pacifique, der Wirtschafts- und Außenpolitik des deutschen Imperialismus war im Rahmen dieser Untersuchung nicht beabsichtigt und nicht möglich. Jedoch basieren die Thesen auf empirischen Forschungen, deren Ergebnisse hier auch nicht annähernd ausgeschöpft werden können. Die theoretischen Betrachtungen werden jeweils an solchen Forschungsergebnissen exemplifiziert, wobei die Beispiele und Fallstudien nicht willkürlich herangezogen sind. Sie wurden aus der Fülle des gesicherten und überprüften Materials insbesondere unter zwei Aspekten ausgewählt : Zum einen weisen sie auf typische Erscheinungsmerkmale, Tendenzen, Formen und Mechanismen hin, die für die Beziehungen zwischen Industriemonopolen, Großbanken und Staat in der Außenpolitik vor 1914 bestimmend waren. Zum anderen beleuchten sie das Zusammenwirken von Ökonomie und Politik an Brennpunkten der imperialistischen deutschen Expansion und Politik jener Jahre, so daß sie insgesamt als repräsentativ für den jeweiligen Stand des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Außenpolitik gelten können. Der Verfasser stützt sich auf eine Fülle von Archivmaterial, das zu einem beträchtlichen Teil bisher noch nicht ausgewertet wurde. Das gity vor allem für die Bestände des Zentralen Staatsarchivs Potsdam und seiner Dienststelle Merseburg, der Abteilung Haus-, Hofund Staatsarchiv des österreichischen Staatsarchivs, Wien, des Ungarischen Staatsarchivs, Budapest, des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes, Bonn, des Bundesarchivs, Koblenz, des Geheimen Staatsarchivs, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, West-Berlin, des Public Record Office, London, und des Archives du Ministère des Affaires Etrangères des Belgique, Brüssel, deren Mitarbeitern der Verfasser für die Benutzung von Beständen zu Dank verpflichtet ist. Außer den bereits genannten Wirtschaftshistorikern dankt er allen, die ihm für die Arbeit Anregung und Unterstützung gaben, insbesondere Prof. Dr. Hans Radandt, Prof. Dr. Helmuth Stoecker, Dr. Baidur Kaulisch, Dr. Gerd Fesser und Bärbel Bäuerle sowie Hannelore Rothenburg. Nicht zuletzt gilt sein Dank Jenni Röser für die bei der Herstellung des Manuskriptes geleistete wertvolle Unterstützung. Berlin, im Januar 1984

Willibald Gutsche

Verzeichnis der Abkürzungen

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Bundesarchiv Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, hg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED Die Große Politik der europäischen Kabinette 1871 — 1914. Sammlung der Diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes. Im Auftrage des Auswärtigen Amtes hg. von Johannes Lepsius, Albrecht Mendelssohn Bartholdy, Friedrich Thimme, 40 Bde, Berlin 1922 ff. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, Stuttgart Haus-, Hof- und Staatsarchiv Historische Zeitschrift, München Jahrbuch Jahrbuch für Geschichte, hg. vom Zentralinstitut für Geschichte der AdW der DDR, Berlin Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, hg. vom Institut für Wirtschaftsgeschichte der AdW der DDR, Berlin Österreichisches Staatsarchiv Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Ungarisches Staatsarchiv Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Berlin Zeitschrift für Geschichtsunterricht und Staatsbürgerkunde, Berlin Zentrales Staatsarchiv

KAPITEL I

Industriemonopole, Großbanken und Staatsorgane um die Jahrhundertwende (1897/98 bis 1904)

1. Der Konzentrations- und Monopolisierungsprozeß und seine Widersprüche Wie in den anderen entwickelten kapitalistischen Ländern vollzog sich auch im Deutschen Reich am Ende des 19. Jahrhunderts der Übergang vom Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Imperialismus.1 Aus der Konzentration von Produktion und Kapital entstanden Monopole. Das Industriekapital verwuchs mit dem Bankkapital. 2 Die Monopole wurden „zu einer der Grundlagen des ganzen Wirtschaftslebens". 3 Diese gravierende Wandlung in den Produktionsverhältnissen, die mit einer Verschärfung des Kampfes um die Aufteilung der Welt einherging, drückte der Politik und dabei nicht zuletzt der Außenpolitik der deutschen Reichsregierung in zunehmendem Maße ihren Stempel auf. Die volle Ausbildung des Imperialismus bis zum Vorabend des ersten Weltkrieges4 vollzog sich als stürmischer Entwicklungsprozeß, in dessen Verlauf sich das Verhältnis zwischen Ökonomie und Außenpolitik grundlegend veränderte. Das Tempo dieser Veränderung, die Formen, in denen sie sich vollzog, und die Widersprüche, die sie begleiteten, wurden maßgeblich durch die historisch beeinflußten Besonderheiten der Wandlungen in der ökonomischen Basis bedingt. Ihr entscheidendes Charakteristikum bestand darin, daß die Konzentration — gefördert durch die Wirtschaftskrise 1900 bis 1903 — in wichtigen Bereichen der deutschen Wirtsdiaft, z. B. in der Elektroindustrie, „mit Riesenschritten vorwärtsging". 5 Der qualitative Umschlag zum monopolistischen Kapitalismus hatte sich im Deutschen Reich quantitativ schon seit den 70er Jahren, verstärkt in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts mit einem rapiden Voranschreiten der Konzentration von Produktion und Kapital und mit der Herausbildung erster Monopole angebahnt. 6 Von 1882 bis 1895 war bei einer Verringerung der Gesamtzahl der Betriebe um 5,4 Prozent und einer Zunahme der Gesamtbeschäftigtenzahl in der Industrie um 34,8 Prozent die Anzahl der sogenannten Großbetriebe mit über 50 Beschäftigten um 89,3 Prozent und die Anzahl der in solchen Betrieben 1

2 3 4 5 6

Lenin, W. /., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: Werke, Bd. 22, Berlin 1960, S. 199 f.; Aisin, B. A., W. I. Lenin über den deutschen Imperialismus, in: Forschungsergebnisse zur Geschichte des deutschen Imperialismus vor 1917. Im Auftrage des Instituts für Geschichte der AdW der UdSSR und des Zentralinstituts der AdW der DDR hg. von B. A. Aisin und W. Gutsche, Berlin 1980, S. 9ff. Lenin, W. /., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, S. 230, 270 f. Ebenda, S. 206. Ders., Der Imperialismus und die Spaltung der Sozialdemokratie, in: Werke, Bd. 23, Berlin 1957, S. 103. Ders., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, S. 250. Mottek, Hans/Becker, Walter¡Schröter, Alfred, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands. Ein Grundriß. Bd. III: Von der Zeit der Bismarckschen Reichsgründung 1871 bis zur Niederlage des faschistischen deutschen Imperialismus 1945, 2. Aufl., Berlin 1975, S. 72ff.; Gutsche, Willibald/Seeber, Gustav, Bourgeoisie, Arbeiterklasse und Volksmassen von der Pariser Kommune bis zur Großen Sozialistischen Oktoberrevolution (Thesen zum VI. Historikerkongreß der DDR, in: ZfG 10/1977, S. 1201 ff.

2 Gulsche, Monopole

18

I. Industriemonopole, Großbanken, Staat 1897—1904

Tabelle 1 Vergleichende Ubersicht zu Konzentrationsgrad und gesamtwirtschaftlichem Gewicht der Konzentration in den wichtigsten Gewerbegruppen der Industrie und des Handels im Deutschen Reich 1895 nach der Anzahl der Beschäftigten und der Betriebe1



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1. Konzentrations- und Monopolisierungsprozeß

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1. Neue Dimensionen

209

Bergbau, Hütten- und Salinenwesen und der mit Hüttenbetrieb, Metall- und Maschinenindustrie verbundene Bergbau lagen mit einer durchschnittlichen Gewinnsteigerung um 48,6 bzw. 43,2 Prozent pro Aktiengesellschaft von 1909/10 bis 1912/13 weit über dem Durchschnitt der Gewinnsteigerung aller Aktiengesellschaften im Deutschen Reich, der 21,8 Prozent betrug. Die anderen genannten Wirtschaftszweige lagen unter dem Durchschnitt, ausgenommen die nicht genau erfaßbare Elektroindustrie, für die man ebenfalls eine Gewinnsteigerung weit über dem Durchschnitt annehmen kann. 81 Den besonders hohen Gewinnen der Montanmonopole entsprachen in der Regel auch besonders hohe Dividenden. Im Geschäftsjahr 1912/13 wurden im Bergbau, Hütten--Aind Salinenwesen auf 47 Prozent des dividendenberechtigten Aktienkapitals Dividenden über 10 Prozent gezahlt, während solche Dividenden im allgemeinen nur 25 Prozent des dividendenberechtigten Aktienkapitals betrafen. Bei den mit Maschinenbau- und Metallunternehmen verbundenen Montan-Aktiengesellschaften waren es etwa 40 Prozent. Allerdings lagen die Anteile solch hoher Dividenden beim Versicherungsgewerbe (70 Prozent) und bei der chemischen Industrie (65 Prozent) noch weitaus höher. Bei den Banken betrafen sie demgegenüber nur 8 Prozent des dividendenberechtigten Aktienkapitals. 82 Die monopolistische Konzentration des Bankkapitals und seine zunehmende Verflechtung mit dem Industriekapital führten zu einem rapiden ökonomischen und politischen Machtzuwachs der Großbanken und der Industriemonopole. In zunehmendem Maße gelangten im Zuge der ökonomischen Verflechtung Repräsentanten der Großbanken in die Aufsichtsräte der Industriemonopole und Vertreter der Industriemonopole in die Aufsichtsräte der Großbanken. Nach einer von Riesser veröffentlichten Aufstellung hatten z. B. die acht Berliner Großbanken 1910 in 698 Industrie- und Handelsunternehmen Aufsichtsratssitze inne.83 Die starke Vertretung der Industriemonopole in den Aufsichtsräten der Großbanken zeigte bereits das Beispiel der Fusion des Schaaffhausenschen Bankvereins und der Disconto-Gesellschaft. 84 Aus der kapitalmäßigen und der sie begleitenden personellen Verflechtung zwischen Industriemonopolen und Großbanken erwuchs deren grundlegende Interessensolidarität. Der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Gustav Stresemann charakterisierte diese Solidarität auf der Hauptversammlung des Bundes der Industriellen am 11. September 1913 in Leipzig. Die von bestimmten Kreisen gehegte Hoffnung, die Großbanken könnten den Hansabund dahin bringen, für eine Herabsetzung der Industriezölle einzutreten, wies er mit dem Argument zurück, die Direktoren der Großbanken, die in den Aufsichtsräten von Gelsenkirchen, Hibernia, sowie aller rheinisch-westfälischen Betriebe säßen, würden keine Zollpolitik betreiben, die die Rentabilität derjenigen Unternehmungen beeinträchtige, „von denen sie hunderte von Millionen von Aktien an den deutschen Markt gebracht haben." Sie würden nichts tun, „was gegen die Interessen der gesamten Industrie wäre". 85 Das traf allgemein zu. Aber aus der zunehmenden Verflechtung ergab sich kein automatischer Zusammenhang in Gestalt einer Identität der strategisch-taktischen Positionen der Industriemonopole und der Großbanken in allen wirtschaftspolitischen und politischen

P' Exakte statistische Angaben fehlen. 82 Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, 36. Jg. 1915, S. 402f. — Ähnliche Relationen bestanden 1907/08 (ebenda, 31. Jg. 1910, S. 346f.). 83 Lenin, W. /., Hefte zum Imperialismus, S. 357. 84 Siehe S. 203 ff. 85 Veröffentlichungen des Bundes der Industriellen, H. 6, November 1913, S. 30f. 14 Gutsche, Monopole

210

III. Monopolistische Interessen 1910—1914

Einzelfragen. So nahm z. B. ein Aufsichtsratsmitglied nicht unbedingt maßgeblichen Einfluß auf die Leitung der betreffenden Aktiengesellschaft. Albert Ballin schrieb dazu Ende 1912 an Maximilian Harden: „Wie Sie wissen, hat in der Regel der Aufsichtsrat im ganzen Jahre nur einen Tag, an welchem er sich bei gut gehenden Geschäften mal ein Plätzchen an der Sonne ergattern kann. Das ist der Tag der Generalversammlung. Es ist — ich gestehe es offen — auch mir jedesmal ein seltsames Gefühl, wenn ich an diesem Tage den Vorsitzenden meines Aufsichtsrates, der nichts weiter erlebt hat als 4 oder 5 Sitzungen im Jahre, die Vormundschaft über mich fuhren sehe." 86 Sicher muß man bei der Beurteilung dieser Äußerung subjektive Aspekte in Rechnung setzen. Doch reflektiert sie die Tatsache, daß die Geschäftsführung des Unternehmens generell maßgeblich von dessen Direktoren gesteuert wurde, deren Entscheidungen wiederum ausschlaggebend von ihren ökonomischen Bindungen, vor allem aber von den maßgeblichen wirtschaftlichen Abhängigkeiten und spezifischen Profitinteressen des Unternehmens bestimmt wurden. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates spiegelte dieses Kräfteverhältnis zwar mittelbar wider; das bedeutete aber nicht unbedingt in jedem Einzelfall eine direkte personelle Einflußnahme. Dazu kam, daß das Kräfteverhältnis zwischen Großbanken und Industriemonopolen keine konstante Größe bildete. Es war wie zuvor von Fall zu Fall unterschiedlich und veränderte sich auch insgesamt. Mit der fortschreitenden Monopolisierung im Bänkwesen verstärkte sich die gegenseitige Abhängigkeit von Industrieunternehmungen und Banken. Die eine Seite war die Abhängigkeit der Industrie- und Verkehrsmonopole von den Banken. Im Zusammenhang mit dem Projekt einer größeren Transaktion beklagte z. B. der Generaldirektor der Hapag, Albert Ballin, im April 1910 die „Ohnmacht", die den großen Unternehmern durch die „Demokratisierung von Handel und Industrie" infolge der allgemeinen Umbildung dieser großen Unternehmungen zu Aktiengesellschaften auferlegt worden sei. Unabhängige Leute mit wirklich großen Vermögen gebe es kaum noch. Die Direktoren der Aktiengesellschaften aber trauten sich nicht die Berechtigung zu, sich an großen Unternehmungen mit erheblichen Summen zu beteiligen. Ballin schlußfolgerte: „So sind wir darauf angewiesen, daß die Banken jedenfalls den Vorspanndienst nicht versagen und auch mit einem erheblichen Kredit sich zur Verfügung stellen müssen." 87 Ballin rührte hier an einen wichtigen Aspekt des zunehmenden gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Industriemonopolen und Großbanken, das es den letzteren ermöglichte, ihre spezifischen Interessen stärker ins Spiel zu bringen. Während die Industriemonopole auf die „Vorspanndienste" der Großbanken angewiesen waren, verstärkte sich jedoch zugleich die Abhängigkeit der Großbanken von den Inclustriemonopolen. Sie „mußten" diese „Vorspanndienste" leisten, weil sie durch die wachsenden Depositen der industriellen Kundschaft in die Abhängigkeit der Industriemonopole gerieten und weil sie als Gläubiger gewaltiger Kredite und Beteiligungen an der profitablen Verwendung dieser Gelder durch die industriellen Schuldner interessiert sein „mußten" und deren Schicksal auf vielfältige Weise mit ihrem eigenen verknüpft war. Dieses gegenseitige Voneinanderabhängigsein bewirkte letztlich die neue Qualität der Finanzoligarchie. 86

81

BA Koblenz, Nachlaß Maximilian Harden, Nr. 5, Bl. 133ff., Ballin an Harden, 7. 12. 1912. - Aufsichtsratsvorsitzender der Hapag war der Geschäftinhaber der Disconto-Gesellschaft und persönlich haftende Gesellschafter der Norddeutschen Bank, Max Schinckel. BA Koblenz, Nachlaß Maximilian Harden, Nr. 5, Ballin an Harden, 6. 4. 1910.

1. Neue Dimensionen

211

In diesem Zusammenhang ist es bemerkenswert, daß es ein Abgeordneter der Konservativen Partei, der Ideologe des Bundes der Landwirte und Chefredakteur der Deutschen Tageszeitung, Georg Oertel, war, der die in den Kartelldebatten des Reichstages sonst kaum berührte Frage der Verflechtung von Industrie- und Bankkapital aufwarf. Am 5. März 1912 erklärte er: „Viel schlimmer als die Kartelle und Syndikate sind jedoch die Verfilzungen der Großbanken mit den großindustriellen Unternehmungen. Diese Verfilzung bedeutet nicht nur eine Gefahr für die Wirtschaft, sondern auch für das gesamte politische Leben."88 Mit dieser bemerkenswerten Feststellung, die aber keine Resonanz auslöste, artikulierte Oertel die Position einer starken, der Großbourgeoisie, besonders aber dem Bankkapital ablehnend gegenüberstehenden Strömung der Großagrarier, die sich nach wie vor auf die Landwirtschaft beschränkte und von daher während des ersten Weltkrieges das Bankkapital einer pazifistischen Haltung bezichtigte und in dessen Einfluß die Wurzeln einer „flauen" Politik der Regierung Bethmann Hollweg erblickte. Ergab sich die zunehmende Abhängigkeit der großen Industrieunternehmungen von den Großbanken aus den wachsenden Kreditansprüchen der Industrie im allgemeinen, so verstärkte sie sich durch die zunehmende Monopolisierung des Geldmarktes im besonderen. „Mit der fortschreitenden Konzentrationsbewegimg", schrieb die Frankfurter Zeitung angesichts der Fusion des Schaaffhausenschen Bankvereins mit der DiscontoGesellschaft, „engt sich der Kreis, an den man mit den großen Kreditansprüchen herantreten kann, ständig ein, so daß die Abhängigkeit der Großindustrie von einigen wenigen Bankkonzernen zunimmt. Bei den inneren Zusammenhängen zwischen Industrie und Finanz wird die Bewegungsfreiheit der auf Bankkapital angewiesenen Industriegesellschaften eingeschränkt. Deshalb begleitet die Großindustrie die zunehmende Vertrustung der Banken mit gemischten Gefühlen; zeigen sich doch schon mehrfach Ansätze zu gewissen Abmachungen zwischen den einzelnen Großbankkonzernen, die auf eine Beschränkung des Wettbewerbs hinauslaufen".89 Dieser Hinweis bezog sich nicht nur auf die Herausbildung der fünf den Geld- und Kreditmarkt zunehmend beherrschenden Bankengruppen und deren ständigen Ausbau,90 sondern insbesondere auch auf interne Absprachen und Vereinbarungen zwischen den Großbanken, insbesondere auf die Bestrebungen seit der Krise von 1907/08, das deutsche Bankwesen zu kartellieren.91 Die Kartellierung der Banken sollte — nicht zuletzt unter dem Aspekt der finanziellen Kriegsvorbereitung — der sinkenden Liquidität im deutschen Bankwesen begegnen.92 Neben den bereits oben behandelten Ursachen93 wurde diese durch die Konzentration in Industrie und Bankwesen im allgemeinen und durch den in Deutschland vorherrschenden Typ der Universalbanken im besonderen begünstigt. Die Universalbanken verwandelten „kurzfristige Einlagen der Depositenkundschaft in langfristige Kredite und Beteiligungen für die Industrie" und zentralisierten und mobilisierten dadurch nahezu „sämtliches potentielle(s) Kapital... hauptsächlich für die Entwicklung der Industrie".94 So verfugten die acht Berliner Großbanken 1914 außer ihrem Aktien88 89 90 91 92 93 94

14*

Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, Bd. 283, S. 472, Örtel am 5. 3. 1912. Frankfurter Zeitung, 2. 5. 1914; zit. bei Lenin, Hefte zum Imperialismus, S. 42. Siehe dazu: Mottek)Becker/Schröter, S. 100. Siehe ebenda, S. 101. Nussbaum, Helga, Unternehmer gegen Monopole, S. 129. Siehe S.44f. Nussbaum, Helga, Zur Imperialismustheorie W. I. Lenins und zur Entwicklung staatsmonopolistischer Züge des deutschen Imperialismus bis 1914, in: JbfWg 1970, Teil IV, S. 54.

212

III. Monopolistische Interessen 1910—1914

kapital von 1,245 Milliarden Mark und Reserven in Höhe von 0,432 Milliarden Mark über 5,328 Milliarden Mark an fremden Geldern, so daß sich ihr Gesamtkapital auf 7,005 Milliarden Mark belief. Dabei hatten sich von 1907/08 bis 1912/13 die Einlagen der deutschen Banken mit über eine Million Mark Aktienkapital — ungeachtet der seit 1910 sinkenden Wachstumsrate — um 2,8 Milliarden Mark (d. h. um 40 Prozent) erhöht. 95 Außerdem waren die Banken Durchgangsstellen noch größerer Kapitalbewegungen im Effektengeschäft. 96 Die Kartellierung sollte aber zugleich auch der Beschränkung des Konkurrenzkampfes zwischen den Banken, also auch der Profitregulierung und -Sicherung, dienen. Dieses Ziel verfolgten vor allem die Großbanken, während eine Erhöhung der Liquidität im gesamtimperialistischen Interesse stärker von Reichsregierung und Reichsbank angestrebt wurde. Aus den sich verflechtenden Interessen erwuchs am Vorabend des Krieges (1913) ein Kompromiß in Gestalt eines lockeren Konditionenkartells zwischen den Großbanken und einigen Provinzbanken, die sich davon eine Überlebenschance und gewisse Einflußmöglichkeiten erhofften. Die „Allgemeine Abmachung der Vereinigungen von Banken und Bankiers" enthielt Richtlinien über einige Zinssätze im Kontokorrent- und Depositenverkehr sowie bei der Akzeptprovision. Die Widersprüche zwischen dem Gesamtinteresse, den Großbankeninteressen und den Belangen der Provinz- und Privatbanken 97 verhinderten jedoch vor dem Krieg eine wirksame umfassende Lösung, zumal sich die Großbanken aus Besorgnis vor einer staatlichen Reglementierung ihres Profitstrebens einer gesetzlichen zwangsweisen Regulierung widersetzten und eine „freie Vereinbarung" in Richtung auf eine Erweiterung des Konditionenkartells auf der Basis einer Verständigung über Provisions-, Zins- und Discontsätze forderten. 98 Wie Reinhold Zilch festgestellt hat, vertraten Reichsbank und Reichsregierung „sowohl das Interesse aller Kapitalisten an der Systemsicherung als auch das der mächtigsten Monopole an der finanziellen Kriegsbereitschaft, und die Großbanken nutzten die günstige Lage, um Außenseiter in das Kartell zu zwingen". 99 Auf einer Beratung der Reichsbank mit den Vertretern der Berliner Großbanken über den zu verfolgenden Weg am 18. Juni 1914, die jedoch ohne greifbares Ergebnis blieb, forderten der Geschäftsinhaber der Disconto-Gesellschaft, Arthur Salomonsohn, und andere Großbankvertreter, bei der Erweiterung der Vereinbarungen die Provinzialbanken nicht herauszuhalten und auch die Sparkassen und die Privatbanken einzubeziehen. Arthur v. Gwinner erklärte: „Wir, die Großbanken, kontrollieren heute schon über 60 Prozent der Depositen Deutschlands. Unsere Macht ist groß . . . Wer sich einem einstimmigen Beschluß widersetzt, würde den ernstlichen Schaden in der Verminderung seiner Kreditfähigkeit am eigenen Leibe zu spüren haben." 100 Diese Drohung war deutlich. Die zunehmende Einschränkung der Konkurrenz im deutschen Bankwesen erhöhte nicht nur, wie der österreichisch-ungarische Botschafter Szögyeny treffend feststellte, die Abhängigkeit der industriellen und gewerblichen Kundschaft von 95 96 97 98

99

100

Lenin, W. /., Hefte zum Imperialismus, S. 67. Ebenda, S. 34ff. Nussbaum, Unternehmer gegen Monopole, S. 129ff. Siehe dazu: Zilch, Reinhold, Zum Plan einer Zwangsregulierung im deutschen Bankwesen vor dem ersten Weltkrieg und seinen Ursachen, in: Forschungsergebnisse zur Geschichte des deutschen Imperialismus vor 1917, hg. von B. A. Aisin und W. Gutsche, Berlin 1980, S. 232 f. Zilch, Reinhold, Reichsbank und finanzielle Kriegsvorbereitung des deutschen Imperialismus 1907 — 1914, rer. oec. Diss. Berlin 1976 (Ms) S. 63. Zit. nach: Zilch, Zum Plan einer Zwangsregulierung, Dokument, S. 243f.

1. Neue Dimensionen

213

den Großbanken, 101 sondern auch die der kleineren Banken. Ein Hamburger Privatbankier 102 schrieb angesichts der bevorstehenden Fusion zwischen Disconto-Gesellschaft und Schaaffhausenschem Bankverein an Salomonsohn: „Daß für uns arme Privatbankiers nicht auch die Möglichkeit besteht, in gleicher Weise schmerzlos zu jungen, ist eine Ungerechtigkeit, über die ich in diesem Leben wohl nicht mehr hinwegkommen werde." 103 Wenn es auch bis Sommer 1914 noch nicht zu einer völligen Monopolisierung des Kreditwesens im Deutschen Reich kam, 104 so setzte sich doch in den letzten Vorkriegsjahren das Übergewicht der Großbanken im deutschen Bankwesen in scharfem Konkurrenzkampf gegen die Provinz- und Privatbanken durch. 105 Helga Nussbaum stimmt der Einschätzung Hanns Webers zu, 106 daß mit den Fusionen Deutsche Bank — Bergisch-Märkische Bank und Disconto-Gesellschaft — A. Schaaffhausenscher Bankverein ein Wettkampf in der Expansion begonnen habe, bei dem es teilweise um Prestigefragen ging, „in dessen Verlauf auch Kreditinstitute überrannt wurden, die ihre Selbständigkeit freiwillig aufzugeben nicht gewillt waren". 107 A. Lansburgh gab am 1. Mai 1914 in dem Organ „Die Bank" folgende Prognose: „Weitere Banken werden auf dem beschrittenen Wege nachfolgen . . . und aus den 300 Personen, die heute Deutschland wirtschaftlich regieren, werden mit der Zeit 50, 25 oder noch weniger werden. Es ist auch nicht zu erwarten, daß die neueste Konzentrationsbewegung sich auf das Bankwesen beschränken wird. Die engeren Beziehungen zwischen einzelnen Banken führen naturgemäß auch eine Annäherung zwischen den von ihnen patronisierten Industrie-Konzernen herbei." 108 Die zunehmend stärkere Verflechtung von Industrie- und Bankkapital war jedoch nach wie vor von objektiven Erscheinungen begleitet, die die Interessensolidarität von Großbanken und Industriemonopolen wieder in gewissem Maße abschwächten, insbesondere bei der Wahrnehmung von unmittelbaren ökonomischen und politischen Sonderinteressen des Bank- bzw. des Industriekapitals im Hinblick auf die Strategie und Taktik. Eine solche Erscheinung reflektierte der Hinweis der Frankfurter Zeitung auf die „gemischten Gefühle", mit denen die Großindustrie die zunehmende Vertrustung der Banken betrachte. 109 Umgekehrt beobachteten aber auch die Großbanken die zunehmende Monopolisierung auf Seiten der Industrie mit „gemischten Gefühlen". Die von Richard Calwer herausgegebene Zeitschrift „Die Konjunktur" bedauerte z. B. in einem Artikel über die Erneuerung des Stahlwerksverbandes 1912, daß die Leiter der Großbanken „für eine großzügige systematische Organisation der deutschen Montanindustrie so wenig Verständnis" bekundeten, obwohl sie in der Lage wären, „durch ihre enge Verbindung mit den großen Konzernen eine weitere Konzentration (in Richtung auf trustartige Gebilde — d. Verf.) anzustreben". 110 101 102

103 104 105 106 107 108 109 110

ÖStA Wien, HHStA, Administrative Registratur, F 23/65, Szögyeny an K. u. K. Ministerium des Äußeren, 9. 5. 1914. Es handelte sich sehr wahrscheinlich um Max M. Warburg, Teilhaber der Fa. M.M. Warburg & Co, Aufsichtsratsmitglied der Blohm & Voss Kommanditgesellschaft a.A., der Hapag, der Kamerun-Eisenbahn-Gesellschaft und der Diamantenregie des Südwestafrikanischen Schutzgebietes sowie Mitglied des Zentralausschusses der Reichsbank. ZStA Potsdam, 80 Ba 2, Nr. 21090, Max (Warburg?) an A. Salomonsohn, 29. 4. 1914. Nussbaum, Unternehmer gegen Monopole, S. 139. Ebenda, S. 128 f. Ebenda, S. 127. Weber, Hanns, Bankplatz Berlin, Köln-Opladen o.J. (1957), S. 40. Die Bank v. 1. 5. 1914, zit. bei W. I. Lenin, Hefte zum Imperialismus, S. 58. Siehe dazu S. 211. Die Konjunktur, Nr. 29 v. 18. 4. 1912, Artikel „Und der Stahlwerksverband?"

214

III. Monopolistische Interessen 1910—1914

Grundsätzlich waren die Großbanken an einer Fortsetzung des Monopolisierungsprozesses in der Industrie interessiert, da sie infolge ihrer Verflechtung mit der Industrie an deren Monopolprofiten partizipierten und die Monopole die Auswirkungen der Krisen auf die Profite abschwächten. So äußerte z. B. die Dresdner Bank in ihrem Geschäftsbericht für 1913 die Hoffnung, daß die ersten Symptome einer neuen zyklischen Krise, deren volle Ausprägung dann durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges verhindert wurde, 111 überwunden würden, „wenn es im neuen Jahr gelänge, eine Reihe von Syndizierungsverhandlungen zum guten Ende zu bringen, deren vorläufige Ergebnislosigkeit, insbesondere bei Stabeisen und Röhren, die Marktlage im Berichtsjahr noch verschärfte". 112 Die DiscontoGesellschaft begrüßte, daß „der Prozeß des Zusammenschlusses bisher selbständiger Unternehmungen der Kohlen- und Eisenbahnindustrie zu großen einheitlich geleiteten wirtschaftlichen Gebilden, die nicht nur Rohstoffe und Halbfabrikate erzeugen, sondern auch weiterverarbeiten", seinen Fortgang genommen habe und die Aussicht auf eine Verlängerung des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikates günstig sei. Bedauert wurden dagegen die Auflösung des Mitteldeutschen Braunkohlensyndikats, die zu „weniger günstigen Ergebnissen" geführt habe, und die ebenfalls wenig erfreulichen Ergebnisse der Textilindustrie, „die durch keine umfassende Organisation für Produktion und Absatz geschützt sei.113 In vielen Fällen förderten deshalb die Großbanken aktiv die Fusionierungstendenzen in der Industrie oder spielten bei der erzwungenen Unterwerfung von Außenseitern eine entscheidende Rolle. Ein typisches Beispiel war die gegen den Willen einer Minorität von Aktionären betriebene Schaffung einer Interessengemeinschaft der Westfälischen Drahtindustrie in Hamm (10 Millionen Mark Aktienkapital) und ihrer russischen Filiale Rigaer Drahtindustrie (3,67 Millionen Mark Grundkapital) mit der Fried. Krupp AG 1911, die damals als Fusionierung bezeichnet wurde. Die Opposition, die einer vorteilhafteren Verbindung mit der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten-AG zuneigte, wurde dadurch übereinstimmt, daß die Berliner Handels-Gesellschaft in Zusammenwirken mit Krupp 3,78 Millionen Mark Aktienkapital aus eigener Kundschaft und von anderen Banken auf sich vereinigte und damit die überwältigende Mehrheit des in der Generalversammlung am 7. April 1911 vertretenen Aktienkapitals von 4,84 Millionen Mark in Händen hielt. 114 Krupp übernahm die gesamte Kapitalerhöhung von 6 Millionen Mark als Vorrechtsaktien, sicherte sich das Recht, alle Aktiva und Passiva der Westfälischen Drahtindustrie für 18,6 Millionen Mark zu erwerben und sieben Personen für deren Aufsichtsrat vorzuschlagen. 115 Der Vorstand der Interessengemeinschaft war künftig an die Anordnungen dieses Ausschusses gebunden, der auf Vorschlag der Krupp AG vom Aufsichtsrat gewählt wurde. 116 Aber die Sympathie der Großbanken und Industriemonopole für eine weitergehende Monopolisierung auf der jeweils anderen Seite reichte nur bis zu der Grenze, wo ein noch höherer Monopolisierungsgrad die eigene Stellung, insbesondere den eigenen Profit und die Macht gegenüber Industriemonopolen bzw. Großbanken, zu gefährden drohte. So zeigte

111 112

113 114 115

116

Siehe dazu: Mottek/Becker/Schröter, S. 192. Geschäftsbericht der Dresdner Bank über das einundvierzigste Geschäftsjahr vom 1. Januar 1913 bis 31. Dezember 1913 S. 6. Geschäftsbericht der Direktion der Disconto-Gesellschaft 1913, S. 5 ff. Frankfurter Zeitung v. 10. 4. 1911, Artikel „Erzwungene Fusionen". Als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender wirkte nun der Vorsitzende der Direktion der Fried. Krupp A G Alfred Hugenberg. Handbuch der Deutschen Aktien-Gesellschaften, Ausg. 1912/13, Bd. 2, S. 353fT.

1. Neue Dimensionen

215

sich seitens der Großbanken 1912 z. B. kein so starkes Interesse an einer weitergehenden Syndizierung des Stahlwerksverbandes. Die Banken profitierten von der Freigabe der B-Produkte ebenfalls, weil sie in der Regel mit den einzelnen Konzernen der Industrie, insbesondere der Montanindustrie, enger verflochten waren als mit den großen Monopolverbänden, denen diese angehörten. Die These Volker Hentschels, daß die „Expansion und Integration der großen Konzerne . . . merklich quer zur Kartellierung" gelegen habe und die drei großen Syndikate am Vorabend des ersten Weltkrieges zu labilen Organisationen geworden wären, deren Zerfall nur noch eine Frage der Zeit gewesen sei,117 wird jedoch der Dialektik des Monopolisierungsprozesses nicht gerecht. Die Krisenerscheinungen innerhalb der großen Monopolverbände signalisierten objektiv keine rückläufige Tendenz der Monopolisierung, sondern Widersprüche, die sich auf der inzwischen erreichten Stufe eines relativ hohen Monopolisierungsgrades zwischen den Profitinteressen der weiter erstarkenden Konzerne und den Möglichkeiten der Monopolverbände ergaben, sie im Rahmen ihrer bisherigen Organisationsformen zu befriedigen. Die Auseinandersetzungen um die Erneuerung der Verbände, die zugleich die Regulierungsbemühungen des Staatsapparates verstärkten, waren Ausdruck der Suche nach einer Lösung dieser Widersprüche auf neuen Wegen. Schon 1905 hatte August Thyssen, einer der Haupt„opponenten" bei der Erneuerung des Stahlwerksverbandes, erklärt: „Die Zeit der Syndikate ist eigentlich schon vorbei, wir müssen jetzt zum Trust." 118 Wenn die Voraussetzungen dafür auch noch nicht herangereift waren, 119 so zielte doch die Suche nach neuen Lösungen und Organisationsformen objektiv und subjektiv nicht auf einen niederen, sondern auf einen höheren Grad der Monopolisierung. Die gegen bisherige Formen der Monopolverbände gerichteten Attacken der großen Konzerne wurzelten in deren Streben nach absoluter Herrschaft auf dem inneren Markt. Dieses Streben verband sich immer stärker mit dem nach einer Hegemonialstellung auf dem Weltmarkt. Dabei war die zunehmende Abhängigkeit der auf Bankkredite angewiesenen industriellen und gewerblichen Kundschaft nur die eine Seite des fortschreitenden Monopolisierungsprozesses. Da sich der Konzentrations- und Zentralisierungsprozeß in der Industrie ebenfalls fortsetzte und sich hier sogar im Hinblick auf das Aktienkapital schneller vollzog als im Bankwesen, wurde parallel zur wachsenden Abhängigkeit der Kredit benötigenden Industrie vom Bankkapital die gegenläufige Tendenz einer größeren relativen Unabhängigkeit der Industriemonopole vom Bankkapital durch Zunahme des verfügbaren Eigenkapitals wirksam. In den Jahren von 1907 bis 1912 verschob sich das Kräfteverhältnis zwischen Bank- und Industriekapital im Hinblick auf das Aktienkapital innerhalb des Finanzkapitals weiter zugunsten des letzteren120 (vgl. Tab. 31).

111

118 119 120

Hentschel, Volker, Wirtschaft und Wirtschaftspolitik im wilhelminischen Deutschland. Organisierter Kapitalismus oder Interventionsstaat?, Stuttgart 1978, S. 125f. Zit. nach: Maschke, Erich, Grundzüge der deutschen Kartellgeschichte bis 1914, Dortmund 1964, S. 32. Mottek/Becker/Schröter, S. 86. Vgl. dazu Kapitel I, S. 28fT.

216

III. Monopolistische Interessen 1910—1914

Tabelle 31 Aktienkapital121

in wichtigen Wirtschaftszweigen

1907

1912

3559,50

4080,32

Bergbau, Hütten u. verbundene Maschinen2673,94 und Metallindustrie Maschinen, Instrumenten- und Apparatebau (einschl. Elektroindustrie) Kleinbahnen und Straßenbahnen

1907 und 1912122

Steigerung in Prozenten

Anteil am GesamtZuwachs des Aktienkapitals in Prozenten

520,82

14,63

11,6

3904,52

1230,58

46,02

27,4

2083,98

3310,62

1226,64

58,86

27,3

1030,92

1204,55

173,63

16,84

3,7

Brauereien und Mälzereien

932,09

969,59

37,50

4,02

0,8

Textilindustrie

820,95

986,27

165,32

20,14

2,6

Wassertransport

725,19

841,53

116,34

16,04

2,6

Chemische Industrie

539,91

809,12

269,21

49,86

6,0

Banken (ohne Hypotheken, Immobilienund Baubanken)

Steigerung in Millionen Mark

Dabei war das Tempo der Kapitalkonzentration beim Maschinen-, Instrumenten- und Apparatebau (angeführt von der Elektroindustrie, bei der die Steigerung über 100 Prozent betrug) mit insgesamt 58,86 Prozent am höchsten. Es folgten die chemische Industrie mit einer Steigerung um 49,86 Prozent, Bergbau, Hütten- und Salinenwesen einschließlich der mit dem Bergbau verbundenen Maschinen- und Metallindustrie mit 46,02 Prozent und — mit weitem Abstand — die Textilindustrie mit 20,14 Prozent. Die Banken blieben mit 14,63 Prozent noch weiter zurück. Im Vergleich zu den Jahren 1896 bis 1907 verlangsamte sich das Tempo der Kapitalkonzentration (unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Zeiträume von 11 bzw. 5 Jahren) im Bergbau und Maschinenbau (ausgenommen die Elektroindustrie), im Brauereigewerbe und bei den Klein- und Straßenbahnen sowie im Wassertransport, während es

121 122

Dividendenberechtigtes Aktienkapital, echte Reserven und Obligationen. Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, 31. Jg. 1910, Berlin 1910, S. 345 und ebenda, 36. Jg. Berlin 1915, S. 401. - Vgl. dazu Kapitel 1, S. 29ff.

217

1. Neue Dimensionen

sich bei den Banken sowie bei der Elektroindustrie, der chemischen Industrie und der Textilindustrie mehr oder weniger beschleunigte.123 Da jedoch das Tempo der Kapitalkonzentration auf der Basis der bereits zuvor erreichten hohen Konzentration und durch die Umbildung von Riesenbetrieben zu noch größeren Verbänden im Montanbereich und im Maschinen-, Instrumenten- und Apparatebau (und dabei insbesondere in der Elektroindustrie) weit über dem der anderen Wirtschaftszweige blieb, behauptete die Montanindustrie mit ihrem Anteil am Gesamtzuwachs des Aktienkapitals aller bestehenden Aktiengesellschaften von 1907 bis 1912 mit 27,4 Prozent (1896— 1907: 34,1 Prozent) ihre führende Position, nun aber unmittelbar gefolgt vom Maschinenbau mit 27,3 Prozent (1896—1907: 30,7 Prozent). Die Chemieindustrie erhöhte ihren Anteil von 5,2 auf 6,0 Prozent, während der Anteil der Banken von 20,0 auf 11,6 Prozent und jener der Textilindustrie von 5,3 auf 2,6 Prozent sank. Das Verhältnis zwischen Industrie- und Bankkapital veränderte sich damit weiter. 124 Mit 3904,52 Mio Mark erreichte das im Bergbau und Hüttenwesen (einschl. verbundener Maschinen* und Metallindustrie) investierte Aktienkapital jetzt die Höhe von 95,7 Prozent (1907: 75,1 Prozent) und das im Maschinen-, Instrumenten- und Apparatebau (einschließlich Elektroindustrie) investierte Aktienkapital 81,1 Prozent (1907: 58,6 Prozent) des gesamten Aktienkapitals der Banken. Diese Veränderung verdeutlicht insbesondere ein Vergleich der Entwicklung des Aktienkapitals der Banken und der Industriezweige Bergbau, Hütten- und Salinenwesen, Maschinenbau, Elektroindustrie und Chemische Industrie von 1896 bis 1912 (vgl. Tab. 32). Tabelle 32 Entwicklung des Aktienkapitals125 der Banken und der Aktiengesellschaften der Montan-, Elektro-, Maschinenbau- und Chemieindustrie von 1896 bis 1912126 (in Milliarden Mark) 1896

1907

1912

Gesamtkapital der Banken* Gesamtkapital der Aktiengesellschaften der Montan-, Elektro-, Maschinenbau- und Chemieindustrie

2,757

3,559

4,080

2,299

5,297

8,024

Zusammen

5,056

8,856

12,104

* 1896: Ohne Hypotheken- und Kommunalbanken 1907 und 1912: Ohne Hypotheken-, Immobilien- und Baubanken

1896 war das Aktienkapital der Banken mit einem Anteil von 54,5 Prozent am Gesamtaktienkapital der Banken und der genannten Industriezweige noch größer gewesen als das gesamte Aktienkapital der Montan-, Elektro-, Maschinenbau und Chemieindustrie. 1907 hatte sich das Verhältnis umgekehrt. Nun belief sich das Aktienkapital der genannten Industrie123 124 125 126

Vgl. dazu Kapitel I, S. 29ff. Vgl. dazu Kapitel I und II. Dividendenberechtigtes Aktienkapital, echte Reserven und Obligationen. Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich, 36. Jg. 1915, S. 401. -

Vgl. dazu Kapitel I, S. 33.

218

III. Monopolistische Interessen 1910—1914

zweige auf 59,8 Prozent, das der Banken nur noch auf 40,2 Prozent des Gesamtkapitals. 1912 hatten die genannten Industriezweige ihr Übergewicht gegenüber den Banken auf 66,3 Prozent erhöht und damit weiter bedeutend verstärkt. Dabei nahmen Montanindustrie, mit ihr verbundene Maschinenbau- und Metallindustrie sowie Maschinen-, Instrumentenund Apparatebau (einschl. Elektroindustrie) mit einem Zuwachs von je etwa 1,2 Milliarden Mark in den Jahren 1907 bis 1912 die führende Position ein.127 Aus dem kapitalmäßigen „Gleichgewicht", das sich in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts herausgebildet hatte, 128 war nun ein „Übergewicht" zugunsten der angeführten volkswirtschaftlich bedeutenden Industriezweige geworden. Zwar wurde es durch die bereits obenerwähnte 129 fortschreitende Zentralisation in Gestalt der Bankengruppen und durch die Verfügungsgewalt der Großbanken über einen immer größeren Teil der Deposition wieder relativiert, doch blieb die Tendenz einer im Vergleich zur Jahrhundertwende größeren relativen Eigenständigkeit der beiden Elemente des Finanzkapitals nach wie vor wirksam. 130 Der fortschreitende Monopolisierungsprozeß in der Industrie verstärkte zudem die Potenzen der großen Monopole zur Eigenfinanzierung weiter, da sie durch die Steigerung der eigenen Gewinne bei wachsenden Bilanzsummen in geringerem Maße Bankkredite benötigten. Zugleich waren die Großbanken trotz der Konzentration und Zentralisation nicht mehr in der Lage, den wachsenden Investitionsbedarf der Industrie voll zu befriedigen, da sich der Mangel an flüssigem Kapital am deutschen Kapitalmarkt immer empfindlicher bemerkbar machte. So teilte z. B. der Vorstandsvorsitzende der Gutehoffnungshütte, Paul Reusch, dem Auswärtigen Amt im September 1913 mit, daß die beteiligten industriellen Unternehmungen das für den geplanten Erwerb weiterer Erzminen in Chile erforderliche Kapital von über 20 Millionen Mark „ohne Banken aufbringen" würden. 131 Feldman/ Homburg schätzen den Grad der Eigenfinanzierung in der Schwerindustrie auf 20 bis 25 Prozent. 132 In der Elektroindustrie, wo die Abhängigkeit von den Großbanken von Anfang an ohnehin nicht so stark ausgeprägt gewesen war wie z. B. in der Montanindustrie, wurde diese Tendenz noch stärker wirksam. So finanzierte z. B. die Siemens-Schuckert-Werke GmbH in den Jahren von 1903 bis 1918 etwa 50 Prozent ihrer Investitionen aus Eigenkapital wie einbehaltenen Gewinnen, Rücklagen, Abschreibungen usw. 133 Zugleich nötigte das steigende Volumen der Kreditansprüche der Industrie die Großbanken, welche die benötigten Gelder zumeist nicht allein aufbringen konnten, in zunehmendem Maße zur Bildung von Konsortien, eine Tendenz, die den Industriemonopolen ebenfalls größere Bewegungsfreiheit gestattete, während sie den Einfluß der Großbanken abschwächte. Die mit der Herausbildung großer Monopolverbände in der Industrie wachsende Fähigkeit der Industriemonopole zur Eigenfinanzierung eines Teils ihrer Investitionen war von einem langfristigen weiteren Rückgang des relativen Anteils der Industriewerte und dabei insbesondere dividendentragender an den eigenen Effekten und den Konsortialbeständen

127 128 129 130 131

132 133

Der Zuwachs der chemischen Industrie betrug 0,269 Milliarden Mark. Siehe dazu: Nussbaum, Unternehmer gegen Monopole, S. 32. — Vgl. Kapitel 1, S. 56. Vgl. Kap. I, S. 57. Vgl. Kap. I, S. 58 f. ZStA Potsdam, Auswärtiges Amt, Nr. 1246, Aufzeichnung Grunewalds v. 4. 9. 1913. — Vgl. dazu: Feldman/Homburg, S. 30. Feldman/Homburg, S. 30. Kocka, Jürgen, Unternehmer in der deutschen Industrialisierung, Göttingen 1975, S. 104.

219

1. Neue Dimensionen

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