Monographien: 15 Festschrift für Eberhard Zwirner. Teil II. Hodschag, Batschka. Puhoi – Eine Egerländer Mundart in Neuseeland [Reprint 2017 ed.] 9783110917406, 9783484230132


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German Pages 235 [236] Year 1974

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INDEX
HODSCHAG / BATSCHKA
INHALT
VORBEMERKUNGEN
TEXTE
ANHANG
PUHOI
INHALT
VORWORT
Puhoi
Die egerländer Mundart von Puhoi
Zur Mundart des Herkunftsgebietes und - ortes
Zur Phonetik des Idiolekts des Informanten A. B.
Zur Phonemik des Idiolekts des Informanten A. B.
Abkürzungen und Zeichen
Literatur
Karten
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Monographien: 15 Festschrift für Eberhard Zwirner. Teil II. Hodschag, Batschka. Puhoi – Eine Egerländer Mundart in Neuseeland [Reprint 2017 ed.]
 9783110917406, 9783484230132

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FESTSCHRIFT FÜR E B E R H A R D Z W I R N E R T E I L II

PHONAI L A U T B I B L I O T H E K DER E U R O P A I S C H E N SPRACHEN UND MUNDARTEN Herausgegeben von der Internationalen Vereinigung sprachwissenschaftlicher Schallarchive

DEUTSCHE REIHE Herausgegeben vom Deutschen Spracharchiv im Institut für deutsche Sprache Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. G. Ungeheuer Band 15

Monographien 7

M A X N I E M E Y E R VERLAG T U B I N G E N 1974

Schrittleitung:

Dr. Edeltraud Knetsdike, Bonn

Leitung der Herstellung: Herstellung der Druckvorlage:

Dr. Margret Sperlbaum, Bonn Wolfgang Krämer M. A., Bonn Druckerei-Typostudio Schuhmann, Ludwigshafen/Rhein

Zu diesem Monographienband ist ein Tonband lieferbar, das die zugrundeliegende Originalaufnahme der Mundart von Hodschag enthält.

ISBN 3-484-23013-4

©

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1974 Printed in Germany Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Spradien, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nidit gestattet, dieses Budi oder Teile daraus auf photomechanischem W e g e (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Hinband von Heinr. Kodi, Tübingen

INDEX

Slavko

Gersic

HODSCHAG / BATSCHKA S. 7

W e r n e r O.

Droescher

PUHOI Eine egerländer Mundart in Neuseeland S. 195

HODSCHAG / BATSCHKA

von

Slavko GerSic

INHALT

VORBEMERKUNGEN

11

Aufnahmedaten

11

Abhörgeräte

11

Oszillographische Aufzeichnung

12

Sprecherin und Aufnahmeleiter

13

Abhörer und Bearbeiter

14

Hodschag

15

Bemerkungen zum phonetischen Inventar und zur phonetischen Transkription

18

Bemerkungen zum phonologischen System und zur phonematischen Umschrift

26

Statistische Auswertung des Materials

31

Bemerkungen zu den Registern Wortrang-Register

83 84

Literatur

91

Abkürzungen

99

TEXTE

101

Phonetischer Text

102

Phonemische Umschrift

103

Hochsprachlicher Interlineartext

102

ANHANG

157

Hochsprachlicher Klartext

157

Wortregister

163

11

VORBEMERKUNGEN

A ufnähme daten

Aufnahmeort:

Hengstfeld (Pl.Qu. 4117)

Aufnahmetag:

9.11.1955

Aufnahmedauer:

9 Minuten, 20 Sekunden

Technische

1/1/1/1/2

Beurteilung:

G esprächsin halt:

Erlebnisse während der Flucht und Fluchtweg, Schwierigkeiten beim Aufbau einer neuen Existenz

Archivnummer:

1/ 834

Toningenieur:

G. Deutscher

A ufnähme le iter:

A. Ruoff

A bhörgeräte

Die grobe phonetische Umschrift wurde anhand einer Arbeitskopie mit einer Bandgeschwindigkeit von 9,5cm/sec. in Halbspur auf Bandmaterial vom Typ LGR A 333 R der Firma BASF auf einem Tonbandgerät vom Typ Magnetophon 70 der Fa. Telefunken gewonnen. Das Tonbandgerät hat die folgenden technischen Daten: Bandgeschwindigkeit 9,5cm/sec. Frequenzbereich 40 - 14 000 Hz Tonhöhenschwankungen ± 0,2 Prozent (gehörrichtig bewertet) Klirrfaktor 5 Prozent Dynamik q > 4 6 db.

S.Gersic

12

Zur Herstellung der engen Umschrift wurde das Originalband auf ein Band mit 19 cm/sec. in Halbspur kopiert (Angaben zum Bandmaterial wie oben). Zum Abhören wurde eine Revox Stereo Modell G 36 mit den folgenden technischen Daten benutzt: Frequenzgang 4 0 - 15 0 0 0 Hz bei 19 cm/sec. Gleichlaufspannungen maximal ± 0,1 Prozent Bandgeschwindigkeitsabweichung maximal 0,3 Prozent (diese Angaben beziehen sich auf eine maximale Abweichung von +2/-3 db) Entzerrung nach DIN 45 513 Dynamik über Band 55 db bei 19 cm/sec. Übersprechdämpfung 40 db Oszillatorfrequenz 70 kHz, Gegentaktoszillator. Beim Abhören bereiteten die durch die Geräusche im Hintergrund verursachten Störungen zuweilen nicht unerhebliche Schwierigkeiten bei der Erkennung des Gesprochenen.

Oszillographische

Aufzeichnung

Die oszillographischen Aufzeichnungen, die der Ausmessung der Lautdauer zu Grunde lagen, wurden mit Hilfe eines Lichtstrahloszillographen der Firma Siemens vom Typ Oszillomat vom Originalband gewonnen. Die technischen Daten hierzu sind: Papiergeschwindigkeit 30 cm/sec., Papierbreite 120 mm, Raster mit Zeitmarken automatisch auf das Papier übertragen. Die Lautdauer wurde in Millisekunden und nicht in Millimetern angegeben, da das Papier bei der Naßentwicklung "arbeitet", d.h. die Länge der Zeitmarken wird auf dem Papier verzerrt. Die Segmentierung der Oszillogramme erfolgte auf einem 'Kurvenal'. 1 1

Vgl. dazu und zu den Verzerrungswerten bei der Naßentwicklung den

Artikel des Verfassers in Phonetica 18.

Hodschag Sprecherin und

13

Aufnahmeleiter

Frau M.L., geb. 1919, zur Zeit der A u f n a h m e 36 Jahre alt, wurde wie ihre Eltern und ihr Mann in Hodschag (PI.Qu. 6354) in der Batschka (Jugoslawien) geboren. Sie ist von Beruf Bäuerin; sowohl ihr Mann als auch ihr Vater waren in Hodschag Bauern. Bis 1944 lebte sie ständig in Hodschag, wo sie auch ihre Schulzeit verbrachte. Im Oktober 1944 begann der abenteuerliche Fluchtweg, der über Schlesien und das Sudetenland zunächst nach Bayern führte. Nach Kriegsende planten die Aussiedler, in die Batschka zurückzukehren und begannen den Rückmarsch. In Passau erfuhren sie jedoch, daß an eine Rückkehr nicht zu denken war. Die Flüchtlinge wurden verschiedenen Orten in der Bundesrepublik zugewiesen. Frau M.L. wurde in Hengstfeld (PI.Qu. 4117) im Kreis Crailsheim angesiedelt, wo sie auch zur Zeit der Aufnahme noch lebte, sie wohnte jedoch vorübergehend im benachbarten Schönbrunn. Nach der Flucht hat sie bis zur Rückkehr ihres Mannes aus der Kriegsgefangenschaft (1948) ständig bei einem Bauern als Magd gearbeitet, danach nur noch aushilfsweise. Zwischen dem Beginn der Flucht und dem Zeitpunkt der Aufnahme liegen 11 Jahre, in denen die Sprecherin in ständigem Kontakt mit andersmundartlicher Umgebung gelebt hat. Um einige wegen der Geräusche im Hintergrund schwer identifizierbare Stellen der Aufnahme zu überprüfen, nahmen wir Kontakt mit der Sprecherin auf. Dabei wurde eine psychologische Beobachtung gemacht, die für die Beurteilung des Sprachzustandes der Aufnahme von Bedeutung sein dürfte: die Sprecherin spricht die Mundart auch heute noch sehr gut und gibt bereitwillig Auskünfte über die Mundart, über die Arbeit und das Leben in Hodschag, aber sie legt außerordentlichen Wert darauf, verstanden zu werden, wenn sie Mundart spricht. Wenn man nach ihren Erzählungen urteilt, mißverstand sie die Fragen des Aufnahmeleiters während der Aufnahme dahingehend, als habe er Fragen gestellt, weil er ihre Mundart nicht verstanden habe, und sie meinte, sie müsse sich für ihn verständ-

14

S.Gersic

lieh ausdrücken, d.h.: sie bemühte sich, Ausdrücke zu vermeiden, von denen sie annahm, daß sie wegen ihres mundartlichen Charakters nicht allgemein verständlich seien. So ist die Verwendung von Wörtern zu erklären, die nach unserer Kenntnis der Mundarten der Batschka wie auch nach ihren Auskünften dort nicht üblich waren. Der Aufnahmeleiter, Herr Arno Ruoff, wurde 1930 in Stuttgart (Pl.Qu. 4413) geboren. Vor und während der Aufnahme verwendete er der Sprecherin gegenüber mittelschwäbische Umgangssprache.

Abbörer und Bearbeiter

Slavko GerSic wurde 1924 in Slavonski Brod (Pl.Qu. 6649) in Jugoslawien geboren. Die Eltern stammen ebenfalls aus Slavonski Brod, die Eltern der Mutter (geb. Hoffmann) und deren Vorfahren stammen jedoch aus Bulkes (Pl.Qu. 6455) in der Batschka. Der Abhörer und Bearbeiter ist in Slavonski Brod aufgewachsen und sprach mit den Angehörigen mütterlicherseits ausschließlich donauschwäbische Vollmundart. Er besuchte die Schule in Slavonski Brod und studierte Germanistik, Romanistik und Phonetik an den Universitäten Zagreb (wo er das Staatsexamen in Germanistik und Romanistik ablegte), Paris (Sorbonne) und Köln (wo er in Phonetik, Germanistik und Romanistik promovierte). Germanistische Lehrer: Prof. Dr. Zdenko Skreb, Zagreb, Prof. Dr. M. Colleville, Paris; phonetische Lehrer: Prof. Dr. Pierre Fouche, Parisund Prof. Dr. Dr. Eberhard Zwirner, Köln. Die ausführlichen Diskussionen mit Herrn H. Richter haben die Anwendung des von ihm entwickelten Transkriptionssystems IPA(G) bei der Anfertigung der phonetischen Umschrift in dankenswerter Weise gefördert.

Hodschag

15

Hodscbag

Die Gemeinde Hodschag nimmt eine zentrale Lage zwischen den Städten Sombor (Pl.Qu. 6253) und Neusatz (Novi Sad-, Pl.Qu. 6556), der Donau und dem Donau-Theiß-Kanal ein und liegt im Schnittpunkt dreier Bahnlinien (nach Nordwesten nach Apatin und Sombor, nach Nordosten zur Mittleren und Oberen Batschka, nach Südosten und Süden nach Neusatz und [Backa] Palanka und nach Westen nach Esseg [Osijek]). Hodschag war eine deutsche katholische Gemeinde, in der nach der ungarischen Volkszählung von 1920 und nach der jugoslawischen Volkszählung von 1921 4675 deutschsprechende Einwohnerlebten. Nach den Angaben der Heimatauskunftstelle Jugoslawien gab es vor der Vertreibung der Deutschen (1944) in Hodschag ca. 6000 Einwohner, davon ca. 4800 Deutsche, 4 5 0 Kroaten, 400 Ungarn und 300 Serben. Die Besiedlungsgeschichte von Hodschag ist nicht ganz klar. Das Dorf wurde 1561 mit sieben steuerpflichtigen Häusern erwähnt; die Siedler stammten wahrscheinlich aus einem der nordbosnischen Dörfer namens Odzak (auch Uscak geschrieben; Odzak ist ein türkischer militärischer Fachausdruck für Grenzbesatzung). Das Dorf wurde wahrscheinlich bei der Befreiung der Batschka von der Türkenherrschaft zerstört, da es in einem Dorfverzeichnis der Batschka von 1690 nicht erwähnt wurde. Im Kameralverzeichnis von 1733 wird erwähnt, daß das Dorf mit Kroaten und Serben neu besiedelt wurde. Diese verließen die Siedlung wegen der ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung jedoch allmählich wieder; die letzten wurden 1756 auf eigenen Wunsch in andere Ortschaften umgesiedelt. Im Zuge der Maria-Theresianischen Kolonisierung der verwüsteten Gebiete an der Donau wurde Hodschag als Kameralsiedlung seit 1756 mit deutschen Bauern besiedelt, die in der ersten Ansiedlungswelle (1756: 60 Familien) aus Baden stammten. Nach Lötz 1 kann man das Hauptaus-

lF.

L ö t z , 1964, S. 55 ff.

16

S.Gersic

Wanderungsgebiet grob gesagt folgendermaßen angeben: das Dreieck zwischen dem Rheinknie von Kehl an, durch das Kinzigtal und in dessen Verlängerung nach Südosten fast bis zum Nordwestzipfel des Bodensees. In den folgenden Jahren kamen noch Siedler aus Vorderösterreich und einigen deutschen Gemeinden des Donauraumes hinzu (Apatin, Bukin, Csätalja, Szar, Dunaharaszti und Stomfa). Während in der ersten Zeit fast nur Bauern angesiedelt wurden, kamen mit der josephinischen Kolonisationswelle viele Handwerker in die Batschka. Für die Entwicklung der deutschen Gemeinde Hodschag war der Hanfanbau von außerordentlicher Bedeutung, denn er prägte den Ort in einer Weise, die für die Batschka in dieser Art einmalig ist. Den ersten Samen sollen Siedler aus Goldscheuer im Kreis Offenburg in Baden 1756 mitgebracht haben. Der Hanf brachte Hodschag in kurzer Zeit zu beträchtlichem Reichtum (in einem Kirchenvisitationsprotokoll von 1762 wurde erwähnt, daß es in der Gemeinde einen Lehrer gab; ein Drittel der Kosten für den Kirchenbau von 1818 wurde von der Gemeinde aus Hanfgeldern beigesteuert). Seit 1813 war Hodschag Marktflecken; jeden Sonntag fand dort der Hanfwochenmarkt statt. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde eine kleine Wergfabrik gegründet und 1907 eine Hanffabrik, die größte in Südungarn bzw. Jugoslawien; in ihr waren ca. 450 - 500 Arbeiter beschäftigt. Im Bereich der Landwirtschaft hatten in Hodschag außer dem Hanf nur der Anbau von Weizen und die Pferdezucht größere Bedeutung, alles andere wurde nur im Rahmen des eigenen Bedarfs erzeugt. Die Hälfte der Bevölkerung von Hodschag bestand aus Bauern, die andere Hälfte aus Handwerkern, Arbeitern und Kaufleuten. Während der Zugehörigkeit der Batschka zu Ungarn wurde die Schreibweise des Ortsnamens immer stärker magyarisiert, dabei lassen sich etwa folgende Stufen feststellen: Odzak - Odzake - Hocsak - Hodzsäk Hodsagh - Hodsag; jugoslawische Form des Ortsnamens ist: Odzaci. Im Trianoner Friedensvertrag (1920) wurde die Batschka (bis auf die Nordbatschka, die an Ungarn zurückgegeben werden mußte) dem Königreich Jugoslawien zugesprochen. Nach dem Zusammenbruch Jugoslawiens 1941

Hodschag

17

kamen die Batschka und die Südostecke der Baranja (Baranya) unter ungarische Verwaltung und wurden von den Ungarn besetzt, seit dem Ende des 2. Weltkriegs gehört die Batschka bis auf den nördlichen Teil wieder zu Jugoslawien. Während in den meisten Dörfern der Batschka Mischmundarten gesprochen wurden, die überwiegend durch rheinfränkische, d.h. pfälzische und hessische Elemente geprägt waren, macht sich in der Mundart von Hodschag der überwiegende Anteil der ersten Ansiedler aus Baden noch heute bemerkbar. Wie in allen Misch- oder Ausgleichsmundarten wurden die auffallenden primären Merkmale aufgegeben, jedoch verleihen die auch im Zuge des Ausgleichs bewahrten sekundären Mundartmerkmale der Sprache von Hodschag ein eigenes Gepräge, durch das sie sich deutlich von den Mundarten des rheinfränkischen Typus abhebt. Die anfängliche Vermutung, daß die Sprecherin stark von der Mundart der neuen Heimat beeinflußt sei, erwies sich als nicht haltbar. Zur Klärung einiger Probleme, z.B. der Vertretung hochsprachlicher Langvokale durch Diphthonge, wurden verschiedene Aufnahmen des Deutschen Spracharchivs von Sprechern aus Hodschag zu Rate gezogen, u.a. eine Aufnahme (1/300), die in Niedersachsen entstanden ist, bei der Beeinflussung durch das Schwäbische nicht möglich ist, d.h. deren Besonderheiten im Vergleich zum rheinfränkischen Typus als für Hodschag kennzeichnend angesehen werden müssen. (Die auf diese Weise festgestellten Besonderheiten wurden durch Beobachtungen an Ort und Stelle in Gesprächen mit Deutschen bestätigt, die heute noch in Hodschag leben). In groben Zügen konnte der besondere Typus der Mundart von Hodschag ermittelt werden, jedoch muß zur Klärung zahlreicher Einzelfragen sehr viel mehr Vergleichsmaterial erarbeitet und verarbeitet werden, als es in dieser Arbeit möglich war.

18

S.Gersic Bemerkungen

zum phonetischen

phonetischen

Inventar und zur

Transkription

Zur Transkription wurde das von H. RICHTER entwickelte System IPA(G) 1 , eine Abwandlung und Erweiterung des IPA 2 , benutzt. Da RICHTER die Laute in diesem System so definiert, daß ein Laut nicht punktuell durch eine bestimmte Qualität festgelegt ist, sondern durch eine gewisse Bandbreite möglicher Qualitäten, aus denen die für den jeweils zu bearbeitenden Text zutreffenden Qualitäten auszuwählen sind, müssen die von uns verwendeten Zeichen erläutert werden, um Mißverständnisse auszuschließen. Es liegt in der Konsequenz des Systems begründet, daß z.B. die Zungenhöhe der Vokale auch bei der Definition des für einen Text gültigen Vokalsystems nicht punktuell bestimmt werden kann. (Eine genaue Lokalisierung wäre nur dann möglich, wenn ein bestimmter Wert, etwa der Mittelwert, als Norm angesetzt werden könnte). Eine genaue Lokalisierung ist auch deshalb nicht möglich, weil keine Meßergebnisse, etwa in Form von Röntgenbildern, vorhanden waren; die angegebenen Werte kennzeichnen den ungefähren Bereich, innerhalb dessen die Zungenhöhe variieren kann. Im Anschluß an das Zeicheninventar befinden sich zwei Abbildungen. In Abb. 1 ist das Gesamtinventar der im Text vorkommenden Vokale dargestellt, in Abb. 2 das Gesamtinventar der Vokale der Mundart. Die zeichnerische Darstellung der Seitenlängen entspricht in etwa dem Grad der Eigenschaft (z.B. gespreizt/gerundet). Die beiden Abbildungen unterscheiden sich nur darin voneinander, daß in Abb. 1 der Laut [ob] vorkommt, der nur einmal bei der Aussprache des schlesischen Ortsnamens [oe • lts] verwendet wurde. Das Fehlen der festen Punkte in den Abbildungen des Vokalsystems ist darin begründet, daß die Laute nicht punktu1

H. R i c h t e r : Grundsätze und System der Transkription-IPA(G)- 1973.

2

L ' association phonetique internationale.

19

Hodschag

eil, sondern nur durch ein bestimmtes Intervall definiert werden können. Eine sehr enge Umschrift erschien aus folgenden Gründen erforderlich: I. 1. zur genauen Untersuchung der Qualität und Quantität der Vokale im Hinblick auf mögliche phonologische Relevanz (Oppositionen), 2. zur Beurteilung des Zusammenhanges zwischen Quantität und Qualität der Vokale, da dieser Zusammenhang von der hochsprachlichen Regelung abweicht, 3. zur Untersuchung möglicher Zusammenhänge zwischen Quantität und Akzent, 4. zur Untersuchung von Wandlungen, die sich a) in der Mundart selbst im Vergleich zu älteren Darstellungen, b) in der Mundart durch den Einfluß der 'neuen Heimat' nach der Aussiedlung ergeben, 5. zur detaillierten Erfassung der Konsonanten (insbesondere der Verschlußlaute, bei denen die Bestimmung ihres phonologischen Status besondere Probleme aufwarf), 6. weil nur sie eine zuverlässige und aussagekräftige mathematische Erfassung von lautlichen Unterschieden sowohl innerhalb der Mundart als auch im Vergleich mehrerer Mundarten miteinander gewährleisten kann; II. im Hinblick auf später zu bearbeitende Fragen (die theoretisch schon vom Deutschen Spracharchiv in Angriff genommen worden sind, z.B. maschinelle Auswertung, Auswertung durch Datenverarbeitungsanlagen. Auch die Bearbeitung detaillierter Probleme, z.B. im Zusammenhang mit den suprasegmentellen Eigenschaften, kann nur auf der Grundlage sehr enger Umschriften in Angriff genommen werden). So ist die außerordentliche Vielfalt der Varianten zu den zwei in der Mundart vorhandenen Diphthongen /ai/ und /au/ zu erklären. Die übrigen in den Umschriften vorkommenden Diphthonge sind Allophone zu Langvokalen; die einzelnen Realisationen sind im Kapitel 'Statistische

Auswer-

tung des Materials' in Tab. 6 unter dem betreffenden Phonem zu finden, dessen Allophon sie sind.

20

S.Gersic Phonetisches

Zeicheninventar

Vokale i

gespreizter hoher Proversal

i

gespreizter halbhoher bis über-mittelhoher Proversal

i

gespreizter halbhoher bis über-mittelhoher Zentral

ui

gespreizter halbhoher bis über-mittelhoher Retroversal

runder hoher bis halbhoher Zentral

u

runder halbhoher bis über-mittelhoher Retroversal

e

gespreizter über-mittelhoher bis unter-mittelhoher Proversal

e

gespreizter über-mittelhoher bis unter-mittelhoher Zentral

ü

runder über-mittelhoher bis unter-mittelhoher Zentral

u

runder über-mittelhoher bis unter-mittelhoher Retroversal

a

gespreizter über-mittelhoher Zentral

e

gespreizter unter-mittelhoher bis halbtiefer Proversal

8

gespreizter unter-mittelhoher bis halbtiefer Zentral

V

gespreizter unter-mittelhoher bis halbtiefer Retroversal

oe

runder unter-mittelhoher Proversal

o

runder unter-mittelhoher bis halbtiefer Retroversal

3

gespreizter unter-mittelhoher bis halbtiefer Zentral

ae

gespreizter halbtiefer bis tiefer Proversal

e

gespreizter halbtiefer bis tiefer Zentral

A

gespreizter halbtiefer bis tiefer Retroversal

ä

runder halbtiefer bis tiefer Retroversal

o

runder halbtiefer bis tiefer Retroversal

a

gespreizter tiefer Proversal

ä

gespreizter tiefer Zentral

a

gespreizter tiefer Retroversal

d

runder tiefer Zentral

D

runder tiefer Retroversal

Hodschag Konsonanten 1 Verschlußlaute p bilabiale stimmlose Fortis b bilabiale stimmhafte Lenis t

dentale und alveolare stimmlose Fortis

d dentale und alveolare stimmhafte Lenis k velare stimmlose Fortis g velare stimmhafte Lenis ?

Glottisexplosion

2 Engelaute ß bilabiale stimmhafte Lenis f

labiodentale stimmlose Fortis

v labiodentale stimmhafte Lenis s

alveolare stimmlose Fortis

z alveolare stimmhafte Lenis J

palato-alveolare stimmlose Fortis

3

palato-alveolare stimmhafte Lenis

5 palatale stimmlose Fortis j

palataler stimmhafter Lenis-Konstriktiv

x velare stimmlose Fortis Y velare stimmhafte Lenis K uvularer stimmhafter Lenis-Konstriktiv h gioitale stimmlose Fortis 3 Laterale und Vibranten 1

alveolarer Lateral

r

dentaler und alveolarer mehrschlägiger Vibrant

X palataler Lateral R uvularer mehrschlägiger Vibrant

22 4

S.Gersic Nasale m bilabialer Nasal n} labiodentaler Nasal n

dentaler u n d alveolarer Nasal

ji palataler Nasal q velarer Nasal Tendentiale

1

Vokale + Vorverlegung des Vokals [ a + ] -

Rückverlegung des Vokals [ a - ]

c Senkung des Vokals [g] .

2

Hebung des Vokals

[5]

,

R u n d u n g des Vokals

,

E n t r u n d u n g des Vokals

[a»] [oc]

Konsonanten + Vorverlegung des K o n s o n a n t e n [1+] -

Rückverlegung des K o n s o n a n t e n [1-]

D iak r it ik a 1

Vokale Nasalität des Vokals [ ä ]

2

Konsonanten v

tendenzielle Lenisierung (zusätzliche Anwesenheit von Stimme)

0

tendenzielle Lenisierung (zusätzliche A b w e s e n h e i t von Stimme)

'

zusätzliche Anwesenheit von Aspiration

[t']

Hodschag .

nasale oder laterale Explosion [t.p]

u/ zusätzliche Labialität [j;] 4 zusätzliche Palatalität [t« ]

Modalzeichen silbische Realisierung eines Konsonanten [rj] unsilbische Realisierung eines Vokals [ i ] Hochstellung des Lautzeichens = flüchtige Realisierung t u n l ] ~~ verschliffene Realisierung •

[ßi-s]

halblanger Laut [o* ] langer Laut [ o : ]

w

Lautverbund [ts] oder [ a u ]

Grenzzeichen ... Realisierung eines Wortes abgebrochen _

Bindung über Wortgrenze [sim mi;]

23

26

S.Gersic Bemerkungen zum phonologischen zur phonemischen

System und

Umschrift

Beispiele und Erörterungen werden hier nur in den Fällen gegeben, in denen bei der Aufstellung des phonologischen Systems Schwierigkeiten und Zweifel auftauchten, so z.B. bezüglich der Quantität der Vokale. Ein besonderer Abschnitt muß den Verschlußlauten gewidmet werden, da die Ma. auf diesem Gebiet ein sehr verwirrendes Bild bietet. Das Vokalsystem der Ma. ist gegenüber der Hochsprache insofern vereinfacht, als die gerundeten Vokale (und Diphthonge) mit den entsprechenden nichtrunden Vokalen zusammengefallen sind, also ü>i, ö>e, äu, eu>ai; Quantität und Qualität der Vokale sind in der Ma. nicht voneinander abhängig. Die hochsprachliche Regelung über die Verteilung von Längen und Kürzen und die Abhängikeitsverhältnisse von Quantität und Qualität der Vokale je nach der Art der Silbe gelten für die Mundart nicht. Nicht die Qualität, sondern die Quantität der Vokale fungiert als distinktives Merkmal. Unter welchen Bedingungen mhd. Längen und Kürzen mundartlich erhalten bleiben bzw. unter welchen Bedingungen Längen und Kürzen herausgebildet werden, ist im einzelnen, soweit Belegmaterial dafür vorhanden ist, den Anmerkungen zu entnehmen. Die Opposition von Kürzen und Längen wird zum Teil zur Bedeutungdifferenzierung von hochsprachlichen Homonymen verwendet, z.B. bei "schöner" / J e : n r / für den Positiv und / J e n r / für den Komparativ, und zum Teil dazu, um die Entstehung von Homonymen zu vermeiden, die sich andernfalls durch die besonderen Lautentwicklungen in der Ma. ergeben würden. Helles [a] als reine Grundqualität begegnet in der Ma. nur selten; mhd. a und ä, aber auch durch die besonderen lautlichen Entwicklungen in der Ma. entstandenes a oder a: werden in der Ma. rückverlegt, gehoben und gerundet. In der lautlichen Realisierung sind [o] oder [o] bzw. [o:] oder [o:] in vielen Wörtern fest geworden; in diesen Fällen wurde der Laut in der phonemischen Umschrift durch / o / bzw. / o : / wiedergegeben.

27

Hodschag

In den meisten Fällen schwankt die lautliche Realisierung im Extremfall von [a] bis [o]; alle diese Realisierungen sind jedoch als Vertretung des a-Phonems aufzufassen; mit anderen Worten: nicht die Kenntnis historischer Entwicklungen diente als Maßstab der phonologischen Beurteilung, sondern der heutige Zustand des Systems der Ma. In der phonemischen Umschrift wurde die dunklere a-Variante als Repräsentant des o-Phonems gewählt, um die außerordentliche Variationsbreite und die schwankende Grenze zum o-Bereich besonders zu kennzeichnen. Zum a-Phonenembereich vergleiche Abb. 3.

\

a

a

Abb. 3: o - Phonembereich (bzw. o - Phonembereich)

28

S.Gersic Für die Ma. ist also folgendes System von Vokalphonemen anzu-

setzen: i

U

i:

u:

e

O

e:

O:

a

a:

Beispiele für die phonologische Opposition von Kurz- und Langvokalen: für

/i/

:

/i:/

/mit/

" m i t " - / m i : t / "müde"

/u/

:

/u:/

/rus/

"Russe" - / r u : s / " R u ß "

/e/

:

/e:/

/ke/t/

"Gäste; K ä s t e n = S c h r ä n k e " -

/o/

:

/o:/

/ove/

"oben - / o : v e / " O f e n "

/q/

:

/a:/

/man/

" M a n n " - / m a : n / "(ich) meine"

/keift/

" d u gehst"

Der derzeitige Stand der wissenschaftlichen Diskussion über die biphonematische oder monophonematische Wertung der Diphthonge läßt noch keine unanfechtbare Entscheidung zugunsten der einen oder der anderen Lösung zu. Folgende Argumente sprechen nach unserer Ansicht für die monophonematische Wertung: Die zur Diskussion stehenden Vokalgruppen treten stets in einer Silbe auf; eine Silbe kann jedoch nur einen Silbenkern haben, d.h. " b e i d e " Laute müssen als Einheit und zusammen als Silbenkern betrachtet werden; die Vokale sind in diesen "Lautgruppen" in der Qualität aneinander angepaßt. Diese Auffassung wird durch folgende Argumente unterstützt: 1. nur der erste Bestandteil dieser Vokalgruppen kann lang sein, der zweite ist immer kürzer als der erste; 2. wie in der Hochsprache stehen an zweiter Stelle Laute mit einer geringeren Schallfülle als an erster Stelle (i, u), die zudem den Vokalcharakter verlieren können 1 . 1

Vgl. hierzu auch V.M. S c h i r m u n s k i , 1961, S. 2 9 7 . Diese Darstellung des Zusammenhangs zwischen stark betonten Vokalen und Diphthongierung legt ebenfalls monophonematische Wertung der Diphthonge nahe.

Hodschag

29

In der Ma. gibt es nur zwei Diphthonge: ai und au; alle anderen diphthongisch realisierten Vokale, z.B. [OA], [OB], [I 3 ] sind Allophone zu Langvokalen. Die Vielzahl der Diphthongvarianten läßt sich für jedes der beiden Phoneme / a i / und / a u / in stellungsbedingte Gruppen aufteilen, die sich im wesentlichen nur durch die Qualität des zweiten Bestandteils unterscheiden, u. zw. wird für den zweiten Bestandteil beider Diphthonge in unbetonter Position ein offenerer Laut gegenüber einem geschlosseneren in betonter Position bevorzugt; für den / a i / Diphthong läßt sich vor -n eine stellungsbedingte Variante mit i-artigem Bestandteil erkennen. Wie schon betont wurde, sind dies jedoch stellungsbedingte Varianten der beiden Phoneme und nicht Phoneme.

Konsonantenphoneme

t

k

P

d

g

m

n f

q

c

v

S

;

V

h

c

j 1 r

Zur Wertung von j als Phonem vgl. G. HEIKE: Das phonologische System des Deutschen als binäres System, Phonetica 6, 1961, S. 162-176 und W.G. MOULTON: Juncture in Modern Standard German, Language 23 1947, S. 321-343. / c / und / c / wurden gemäß TRUBETZKOY 1 monophonematisch gewertet, weil die Dauer der Lautgruppe die Dauer eines der beteiligten Einzellaute nicht übersteigt. !

N.S. T r u b e t z k o y

1962, S. 62 ff.

30

S.Gersic Verschlußlaute

Wie oben bereits angedeutet wurde, bieten die Verschlußlaute in der Ma. ein sehr verwirrendes Bild; eines ist jedoch sicher: es kann nicht mehr nur eine Verschlußlautreihe angesetzt werden, wie das gemäß dem Gesetz der binnenhochdeutschen Konsonantenschwächung im älteren Schrifttum für die Ma. durchweg geschah. Zweifellos war hier eine Entwicklung dahingehend im Gange, wieder zwei Reihen in Opposition stehender Verschlußlaute herauszubilden. In welcher Richtung die Entwicklung gegangen wäre, kann nach dem Entwicklungsstand zur Zeit der Aussiedlung der Donauschwaben aus ihrer Heimat nicht mit letzter Sicherheit angegeV

/ 1

ben werden. Während E. GRUBACIC eine Opposition zwischen behauchten u n d unbehauchten Verschlußlauten ansetzt, müßte man nach meiner Kenntnis und nach dem mir zugänglich gewordenen Material für die Batschkaer Maa. eher die Opposition stimmlos - stimmhaft ansetzen. Bis auf bestimmte Positionen, in denen stimmhafte bzw. stimmlose Aussprache der Verschlußlaute bevorzugt wird, sind die Verschlußlaute mehr oder weniger stimmhaft oder stimmlos. Ob Stimmhaftigkeit der Konsonanten von der Art der Aussprache der Vokale abhängig ist, 2 k o n n t e nicht untersucht werden, weil Schalldruckanalysen oder Sonagramme nicht vorlagen. Es lassen sich bestimmte lautliche Umgebungen feststellen, in denen eine Tendenz zur Bevorzugung stimmhafter Verschlußlaute besteht; es handelt sich jedoch nicht um eine strenge Gesetzmäßigkeit. Die Verteilung von Stimmlosigkeit u n d (wenigstens tendenzieller) Stimmhaftigkeit entspricht nicht immer historischen und etymologischen Gesichtspunkten. Am übersichtlichsten sind die Verhältnisse im Auslaut, weil hier wie in der nhd. Bühnenaussprache das Gesetz der Auslautverhärtung gilt. Im Sandhi unterliegen die Verschlußlaute denselben Gesetzmäßigkeiten wie J

E . G r u b a c i c 1968.

2

s. dazu K. K e t t e r e r, 1963, S. 1 - 79

31

Hodschag im Inlaut; so wird b > v , z . B . / h a v i h / "ich h a b e " (vgl. zu diesem Lautwandel F u ß n o t e 9), t > d z.B. in intervokalischer Stellung vgl. / h o d r /

"hat e r " und / h o t r / " H o t t e r t " = "Gemarkung". Im Anlaut scheint die Opposition von Stimmhaftigkeit und Stimmlosigkeit nur in der Position vor Vokalen, Diphthongen, Nasalen und Liquiden zu bestehen. Im Inlaut finden sich in den Positionen zwischen Vokalen, Diphthongen, Nasalen und Liquida häufig stimmhafte Verschlußlaute; es m u ß jedoch noch einmal darauf hingewiesen werden, daß die Neigung zur Bevorzugung der einen oder anderen Aussprache nicht den Charakter eines verbindlichen Lautgesetzes hat, jedoch wird in den Fällen, wo dies zur Kennzeichnung von Bedeutungsunterschieden dient, die Opposition beachtet. Nur für wenige Beispiele konnten tatsächlich Oppositionen gefunden werden, jedoch nicht für p : b. Deshalb wurde in der phonemischen Umschrift b nicht als Phonem benutzt, obwohl schon aus Gründen der Symmetrie damit zu rechnen ist, daß auch hier eine Opposition besteht. Beispiele: / g a i l / "Gäule" /gaisr/

-

"Geißen" -

/kail/

"Keil"

/kaisr/

"Kaiser"

/rede/

"reden"

-

/rete/

"retten"

/fedr/

"Feder"

-

/fetr/

"Vetter"

Zu ähnlichem Ergebnis ist KELLER in seiner Untersuchung der Phonologie der hochalemannischen Ma. von Jestetten gekommen. Hier wäre die Frage zu stellen, o b es sich dabei noch um eine Wandlung handelt, die das gesamte Gebiet der früheren binnendeutschen Konsonantenschwächung betrifft (vgl. dazu auch die schon erwähnte Arbeit von KETTERER).

Statistische

Auswertung

des Materials

Wie schon erwähnt wurde, ergeben sich im Zusammenhang mit der Quantität der Vokale der Mundart zahlreiche Fragen, von denen ein Teil hier in einem gesonderten Kapitel untersucht werden soll.

32

S.Gersic Zunächst wurde der Quantitätsquotient als Verhältnis der Dauer der

betonten phonologischen Längen (—+—) zur Dauer der betonten phonologischen Kürzen (¿+1) nach der Formel: M M

Langvokale Kurzvokale

ermittelt. Die Werte für die Dauer der Vokale wurden durch Segmentierung von Oszillogrammen ermittelt; die Lautdauer wurde in Zentisekunden gemessen. Die Zuordnung der lautlichen Realisierungen zu den Kategorien Länge-Kürze erfolgte nach phonologischen Gesichtspunkten. Die Mittelwerte für die Lang- bzw. Kurzvokale wurden jeweils nach der Formel: ö2 - S i M=a+

K N

berechnet, wobei gilt: Q

= Quotient

M

= Mittelwert der einzelnen Kategorien (Lang- bzw. Kurzvokale)

a

= geschätzter Mittelwert der einzelnen Kategorien 1

§2

= Summenwert der letzten Klasse vor a

öj

= Summenwert der ersten Klasse nach a

K

= Klassenbreite (bzw. Klassengröße) 2

N

= Zahl der Fälle. Nach dieser Formel ermittelten wir den Quantitätsquotienten von

1,78 für O + C / / - + - . Dieser hohe Wert entspricht den von ZWIRNER in der Isophonenkarte (1959) für das Alemannische, d.h. das HerkunftsVgl. dazu P.R. H o f s t ä t t e r und D. W e n d t 1966, S. 27f. 2

dto., S. 19.

Hodschag

33

gebiet der Siedler, ermittelten hohen Quotienten. Die Höhe des Quotienten spricht für die Annahme, daß die Quantitätskorrelation für die Mundart phonologisch relevant ist. Zur Klärung detaillierter Fragen hinsichtlich der Vokalquantität wurden statistische Tests verwendet. Fragestellung und Durchführung der Tests und deren Ergebnisse werden im folgenden skizziert. Bei der Bearbeitung der Vokale 1 des vorliegenden Materials ließ sich die Vermutung nicht von der Hand weisen, daß irgendein Zusammenhang zwischen der Länge der Vokale und der Betonung besteht. Zunächst ließ sich diese vage Vermutung jedoch nicht präzisieren. Das gelang erst, als das Material wie in Tabelle 1 in folgender Weise angeordnet war: für die möglichen Kombinationen aus Länge und Betonung wurden folgende Kategorien g e b i l d e t : i , i:,

-

für Monophthonge (d.h. kurz un-

betont, kurz halbbetont, kurz betont, lang unbetont. . .) und - , - , für Diphthonge; in den Spalten wurden die Häufigkeiten der Kategorien (f) für die Lautdauerintervalle angegeben; die Lautdauerintervalle umfassen von 20 Millisekunden ausgehend immer ein Intervall von 20 Millisekunden (x). 2

1

Wenn nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt wird, bezeichnen wir im folgenden Kapitel mit 'Vokale' immer die Silbenkerne, d.h. Vokale und Diphthonge (ausgenommen die silbischen Nasale und Liquiden).

2

Die Halblängen und die Überlängen wurden immer zu den Längen gezählt.

34

S.GerSic

Tab. 1. Verteilung der Häufigkeiten (Frequenzen) der Lautdauerintervalle 1/834 Monophthonge -

X

i

f

f

f

Diphthonge

V

«i

\

f

\

/

f

f

f

f

f

20-

39

119

7

1

1

0

0

0

0

0

40-

59

307

45

20

1

3

0

0

0

0

60-

79

270

70

31

3

5

4

2

3

0

80-

99

133

53

53

4

11

12

0

2

0

100 - 119

57

32

49

5

10

30

3

1

3

120 - 139

20

17

31

0

5

25

2

4

6

140- 159

8

9

6

2

5

33

3

6

7

160- 179

9

4

6

0

9

23

1

0

10

180 - 199

5

1

1

1

8

19

0

3

13

200- 219

3

1

0

2

3

15

1

2

12

2 2 0 - 239

5

0

0

0

4

9

0

0

2

240 - 259

0

0

0

1

2

3

0

0

3

2 6 0 - 279

0

0

0

0

3

2

0

0

1

280 - 299

1

0

0

1

0

4

0

0

0

300-319

0

0

0

0

1

3

0

1

2

320 - 339

0

0

0

0

0

0

0

1

0

340 - 359

0

0

0

0

1

1

0

1

1

360. . .

0

0

0

0

0

4

0

0

239

198

21

70

187

12

24

937

1

61

x = Lautdauerintervalle der Silbenkerne in Millisekunden (1/1000 sek.) f = Zahl der Fälle (Frequenz)

35

Hodschag

Ein Blick in die Tabelle zeigt, daß sich die Häufigkeiten der Unbetonten in den niedrigeren Lautdauerintervallen konzentrieren, während sich die Betonten in den höheren Lautdauerintervallen konzentrieren. In die Form einer Hypothese gebracht, würde das Ergebnis dieser groben Beurteilung der Tabelle lauten: die Längen sind im Durchschnitt länger als die Kürzen; die Betonten sind im Durchschnitt länger als die Unbetonten. Nun stellt sich die Frage, ob und wie man die Richtigkeit dieses subjektiven Eindrucks überprüfen kann. Art und Beschaffenheit des Materials und der Fragestellung sind für eine Überprüfung ihrer Richtigkeit mittels statistischer Tests geeignet. Zwei einfache Testmöglichkeiten kommen in Betracht, und zwar: 1. die Berechnung der Differenzen zwischen zwei Durchschnitten (mittels eines t-Tests) 2. die Berechnung der Differenzen zwischen zwei Verteilungen (mittels eines Kolmogorov-Smirnov-Tests). Zuerst wurde der t-Test durchgeführt, d.h. es wurden die Differenzen zwischen den Mittelwerten der Lautdauer in jeweils zwei Kategorien berechnet, und es wurde getestet, ob diese Differenz signifikant groß ist. In anderen Worten, wir fragen, ob sich betonte, halbbetonte und unbetonte Längen und Kürzen hinsichtlich ihrer Dauer signifikant voneinander unterscheiden oder nicht. Wir gehen von der Voraussetzung aus, daß die Durchschnittswerte für die Betonten größer sind als für die Unbetonten und können daher die folgende Null-Hypothese aufstellen: H Q : x b e t o n t = x

unbetont

, d.h. die

Mittelwerte beider Verteilungen unterscheiden sich nicht voneinander, und die alternative einseitige Hypothese H j : x b e t o n t > x u n b e t o n t , d.h. der Mittelwert der Betonten ist größer als der Mittelwert der Unbetonten. Unter Beibehaltung der Null-Hypothese für jeweils zwei Kategorien kann man dann auch die weiteren Hj-Hypothesen aufstellen und zwar: Der Mittelwert der Längen ist größer als der Mittelwert der Halblängen, der Mittelwert der Halblängen ist größer als der Mittelwert der Kürzen. Selbstverständlich ist dieses Verhältnis transitiv, d.h., Längen sind größer als Kürzen. Als Signifikanzebene (Sicherheitswahrscheinlichkeit, Irrtumswahrschein-

S.GerSic

36

lichkeit) wählen wir et= 0,05 und führen den t-Test nach der Formel (1) durch, die für rechnerische Bedürfnisse folgendermaßen lautet:

(1)

Je nach dem zu lösenden Problem nehmen wir hier als x ^ immer den Wert der betonteren oder längeren Kategorie. Nj und Nj geben die Zahl der Fälle an, d.h. die Summe der Frequenzen der Kategorien i und j, Nj = ^ fj. Weiter, x ist die Mitte des Lautdauerintervalls, z.B. für < 2 0 ; 39> ist x = 29,5 usw.; für das letzte Intervall < 360;

nehmen wir entspre-

chend den übrigen Intervallschritten den Wert 369,5 an. Die Anzahl der Freiheitsgrade für den t-Test ist Nj + Nj - 2, den kritischen Wert für t finden wir in den Tabellen der t-Verteilung, z.B. ist für eine unendliche Zahl der Freiheitsgrade (das sind praktisch mehr als 120 Fälle) der kritische Wert für eine einseitige Hypothese auf der gewählten (0,05) Ebene 1,64. An einem Beispiel für die Differenz zwischen unbetonter Kürze und halbbetonter Kürze erläutern wir das Verfahren der Berechnung: die Werte der halbbetonten kurzen Kategorie seien mit Xj bezeichnet, die der nichtbetonten kurzen Kategorie mit Xj; aus den in Tabelle 1 angegebenen Werten berechnen wir die für den t-Test erforderlichen Werte folgendermaßen:

S f j X j = 29,5(7) + 49,5(45) + 69,5(70) + . . . + 349,5(0) + 369,5(0) = 20170,5

ZfjXj = 29,5(119) +49,5(307) + . . . + 369,5(0) = 63941,5

x j = 20170,5/239 = 84,40

37

Hodschag x- = 63941,5/937 = 68,24

S f j x ? = (7)29,5 2 + (45)49,5 2 + (70)69,5 2 + . . . +(0)369,5 2 = 1943669,75 2 f : x ? = (119)29,5 2 + (307)49,5 2 + . . . +(0)369,5 2 = 5339924,25

Wenn wir die so errechneten Zahlen in die Formel (1) einsetzen, bekommen wir:

V

1943669,75 -

84,40 - 68,24 (20170,50) 2 1

239

V

+ 5339924,25

(63941,50) 2 — 937

(239)937(239 + 937) - 2

=

^

239 + 937

Da der Wert von t=6,93 größer ist als tQ q j für eine unendliche Anzahl der Freiheitsgrade (d.h. 6,93>1,64), können wir die Null-Hypothese ablehnen und die alternative H^-Hypothese annehmen, nach der die Lautdauer der halbbetonten kurzen Vokale signifikant länger ist als die der nichtbetonten kurzen Vokale. Diesem Unterschied liegt also kein Zufall oder Meßfehler zugrunde, sondern er beruht auf dem tatsächlich bestehenden Unterschied beider Stichproben. Wir können mit großer Zuversicht behaupten, daß diese zwei Stichproben aus verschiedenen Grundgesamtheiten, stammen deren Grundeigenschaften (hier Betonung) auf die Vokallänge einen reellen Einfluß ausüben. In gleicher Weise berechnen wir die Differenzen zwischen den Mittelwerten aller Kategorien und bekommen die in Tabelle 2 zusammengefaßten Resultate.

38

S.Gersic

Tab. 2

t-Tests für den Unterschied der Mittelwerte der Längen und Betonungskategorien

i M

M -M

vi M

^ M

- D

- D

—D

6,93 11,88

7,74

18,45

31,01

6,43

13,24

27,20

4,50

5,06

11,46

17,44

4,62

9,39

19,84

3,41

8,94

13,73

2,05

7,87

17,34

1,48

2,70

0,17

1,65

4,46

1,59

-0,99

0,63

3,82

-1,92

-0,17

3,07

1,40

3,72 1,96

R 1

R5

Die Tabelle 2 ist so zusammengestellt, daß die Kategorien über der Tabelle die sind, die nach der H^-Hypothese den signifikant größeren Mittelwert haben sollen als die der betreffenden Kategorie auf der rechten Seite der Tabelle. Wenn der t-Wert in der Tabelle 2 positiv und signifikant ist, nehmen wir die Hypothese H^ an; wenn der Wert nicht signifikant (oder sogar negativ ist) nehmen wir die Null-Hypothese an. Man kann die Resultate in folgenden Regeln zusammenfassen: R1:

Die Länge und die Betonung sind die Ursachen einer längeren

Hodschag

39

Dauer der Monophthonge. Es gibt nur zwei Ausnahmen, die an der Grenze der Signifikanz liegen, und zwar ist die durchschnittliche Dauer der langen Halbbetonten nicht signifikant größer als die durchschnittliche Dauer der langen Nichtbetonten (1,48), und der Durchschnitt der langen Betonten ist nicht größer als der Durchschnitt der langen Halbbetonten (1,59). Sonst wird die anfangs aufgestellte subjektive Hypothese durch den Test für jeden Fall bestätigt. Für die Diphthonge gelten folgende Regeln: R2:

Ein betonter Diphthong ist im Durchschnitt länger als ein be-

liebiger Monophthong oder ein halb- oder nicht betonter Diphthong. R3:

Ein halbbetonter oder nicht betonter Diphthong ist im Durch-

schnitt länger als ein kurzer Monophthong. R4:

Ein halbbetonter oder nicht betonter Diphthong ist im Durch-

schnitt nicht länger als ein langer Monophthong; es gibt hier sogar nichtsignifikante negative Werte von t, und als Ausnahme wäre bei einer einseitigen Hypothese der lange betonte Monophthong im Durchschnitt länger als ein nicht betonter Diphthong (-1,92). R5:

Ein halb betonter Diphthong ist im Durchschnitt nicht signi-

fikant länger als ein nicht betonter Diphthong. Wenn man die Zahlen in der Tabelle in jeder Spalte von oben nach unten (oder von rechts nach links) vergleicht, sieht man, daß die t-Werte eine abnehmende Tendenz haben. Diese Tendenz kann man folgendermaßen interpretieren: Die Zeitdauer der Silbenkerne ist grundsätzlich durch ihre Länge bestimmt und innerhalb der Länge durch die Betontheit. Die Rechnungen mit Hilfe des parametrischen t-Tests sind ziemlich langwierig, die Aussagen über den Unterschied der Mittelwerte sind dafür aber sehr manifest. Ebenso kann man auch die Differenzen zwischen den Streuungen, Schiefheit von zwei Verteilungen usw. untersuchen. Wir werden noch den Kolmogorov-Smirnov-Test anführen, mit dessen Hilfe man eine beliebige Differenz von zwei Verteilungen testen kann. Wir wenden wieder einen einseitigen Test an, stellen dieselben Hypothesen wie beim t-Test auf und testen, ob die Zeitdauer einer Kategorie größer ist als die einer anderen. Die Bedingungen bleiben dieselben wie beim t-Test. Wir

40

S.Gersii

fahren folgendermaßen fort: In der Tabelle 1 sind zuerst die für die relativen Häufigkeiten eines jeden Intervalls und dann die für die kumulative relative Häufigkeit der Verteilung, errechneten Werte angegeben, und für jeweils zwei Verteilungen finden wir das Intervall mit dem größten Unterschied, den wir als D bezeichnen. Die Signifikanz der größten Differenz D für große Stichproben in einem einseitigen Test berechnen wir dann mit Hilfe der Formel

. 7

4D 2 N-N1

wo y/Z zwei Freiheitsgrade hat. Der kritische Wert für a = 0,05 ist 5,99. Wenn der für y2 berechnete Wert größer als dieser Wert ist, lehnen wir die Null-Hypothese ab und nehmen die H^-Hypothese an, die besagt, daß eine der Verteilungen - die vorher bestimmt wurde - stochastisch größer ist als die andere, d.h. in unserem Falle, daß die Häufigkeiten einer Verteilung sich in höheren Intervallen konzentrieren als in der zweiten Verteilung. Das Verfahren illustrieren wir an Hand der Berechnung einer beliebigen Differenz zwischen der Verteilung von unbetonten Kürzen und halbbetonten Kürzen. Zuerst berechnen wir die relativen Frequenzen z.B. für unbetonte Kürze 119/937 = 0,1270, 307/937 = 0,3276, 270/937 = 0,2882 usw. - und stellen die Tabelle der kumulativen Frequenzen auf (s. Tab. 3).

41

Hodschag Tab. 3 Berechnung des größten Unterschieds für den Kolmogorov-Smirnov Test

Intervall

Kumulative rel. Frequ. von i

Kumulative rel. Frequ. von ~

Differenz

20-

39

0,0293

0,1270

-0,0977

40-

59

0,2176

0,4546

-0,2370

60-

79

0,5105

0,7428

-0,2323

80-

99

0,7322

0,8847

-0.1525

100- 119

0.8661

0,9456

-0,0795

120- 139

0,9372

0,9669

-0,0297

140 - 159

0,9749

0,9755

-0,0006

160- 179

0,9916

0,9851

0,0065

180 - 199

0,9958

0,9904

0,0054

200 - 219

1,0000

0,9936

0,0064

2 2 0 - 239

1,0000

0,9989

0,0011

240 - 259

1,0000

1,0000

0,0000

260 - 279

1,0000

1,0000

0,0000

280 - 299

1,0000

1,0000

0,0000

300 - 319

1,0000

1,0000

0,0000

320 - 339

1,0000

1,0000

0,0000

340- 359

1,0000

1,0000

0,0000

360 . . .

1,0000

1,0000

0,0000

Nun suchen wir das Intervall mit der größten Differenz zwischen beiden Verteilungen, die unserem Falle D = -0,237 beträgt. Da beide Stichproben groß sind, benutzen wir die obengenannte Formel, wo wir nach dem Einsetzen

42

S.Gersic

Y2

^

= 4 (0,237)

239 (937) 239 + 937

=42,785

erhalten. Mit zwei Freiheitsgraden ist dieser Wert sehr hoch signifikant (P < 0,0005), was bedeutet, daß halbbetonte Kürzen stochastisch länger sind als nichtbetonte Kürzen. Alle Werte von D sind in Tabelle 4 angegeben und die betreffenden Werte von ^2 in Tabelle 5. Wie man sieht, stimmen die Resultate dieses Tests mit den Resultaten des t-Tests außer in drei Fällen, in denen Unterschiede hinsichtlich der Signifikanz bestehen, überein.

Tab. 4

Die größten Differenzen D der kumulativen relativen Häufigkeiten (Frequenzen)

M

vi M

ü M

0,237

0,480

0,505

0,248

— M

-c M

^ D

iD

•!• D

0,629

0,799

0,718

0,696

0,896

ZM

0,304

0,461

0,648

0,567

0,616

0,817

¿M

0,268

0,449

0,555

0,364

0,529

0,787

¿M

0,252

0,421

0,262

0,417

0,618

^M

0,186

0,276

0,164

0,365

i-M

0,277

0,123

0,294

iM

0,250

0,571

-D

0,404

i-D

43

Hodschag Tab. 5

für eine beliebige Differenz zwischen den Häufigkeitsverteilungen (Frequenzverteilungen) der Kategorien

^ M

^ M

^ M

.1 M

-i M

~ D

.1 D

42,785

150,644

20,953

103,079

398,078

24,432

45,604

183,914

~ M

26,641

7,136

46,026

176,214

14,694

33,104

129,751

i M

5,455

41,704

118,493

5,996

23,960

115,553

^ M

4,103

13,385

2,097

7,790

23,866

M

7,048

3,121

1,923

17,370

1 M

3,461

1,287

15,903

-1 M

2,000

1 3,077

~ D

10,986

^ D

-1 D

Die oben genannten Gesetzmäßigkeiten 1 - 5 (s. S. 38f.) sind auch in diesem Falle erkennbar. Damit ist die intuitiv aufgestellte Hypothese durch statistische Berechnungen bewiesen. Als nächstes möchten wir feststellen, ob die Position des Vokals im Wort (Anlaut, Inlaut, Auslaut des Wortes) seine Länge wesentlich beeinflußt. Zu diesem Zweck wurde das Material in folgender Weise tabellarisch geordnet: Die Vokalphoneme wurden mit allen phonetischen Realisationen für den An-, In- und Auslaut mit der jeweiligen Lautdauer (in Millisekunden) angeführt. Für die Grundqualitäten wurde die Variationsbreite der Zeitdauer festgestellt, und die durchschnittliche Dauer wurde berechnet. (Innerhalb der einzelnen Positionen wurden die Laute nach Akzentklassen getrennt aufgeführt, jedoch wurden diese bei den Berechnungen hier nicht berücksichtigt.) Um das Problem des Positionseinflusses auf die Zeitdauer der Vokale zu lösen, stellen wir zunächst wieder die Null-Hypothese H Q auf, daß zwischen der Länge der Vokale in den einzelnen Positionen kein Unterschied besteht. Die alternative Hypothese H^ stellen wir zweiseitig auf, da wir von diesem Einfluß keine Vorstellung haben, d.h. daß zwischen den Längen in den verschiedenen Positionen ein beliebiger Unterschied besteht.

44

S.Gersic

Statistisch ausgedrückt heißt das: H 0 : Xj = Xj und H^ : Xj t Xj wo i, j die Positionen bedeuten (Anlaut, Inlaut, Auslaut). Als Sicherheitswahrscheinlichkeit nehmen wir wieder et = 0,05 und benutzen den oben behandelten t-Test zur Berechnung des Unterschiedes zweier Mittelwerte. Das Material für diese Berechnungen ist in den Tabellen 6 (Tab. 6 sind als Anhang am Ende dieses Kapitels zu'finden) der phonetischen Realisation und ihrer Zeitdauer zusammengestellt. Eine Zusammenfassung wird in Tabelle 7 gegeben.

Tab. 7. Zusammenfassung der Tab. 6

Gesamt dauer

Zahl der Fälle

Durchschnitt

/i/-

3776

69

54,72

-/{/-

9919

163

60,85

-/i/

4134

54

76,56

110

1

110,00

-/i:/-

4604

32

143,88

-/i:/

1683

14

120,21

/u/-

4472

74

60,43

-/u/-

4453

69

64,54

-/u/

139

3

46,33

/u:/-

585

4

146,25

-/u:/-

1584

10

158,40

-/u:/

437

4

109,25

/e/-

2538

37

68,59

-/e/-

17215

225

76,51

-/e/

15474

210

73,69

944

5

188,80

/i:/-

/e:/-

Hodschag Gesamt dauer

45

Zahl der Fälle

Durchschnitt

-/e:/-

7457

55

135,58

-/e:/

1256

6

209,33

/o/-

288

4

72,00

-/O/-

6015

71

84,72

-/o/

6296

86

73,21

/o:/-

409

3

136,33

-/o:/-

3780

21

180,00

-/o:/

4325

26

166,35

/a/-

6901

77

89,62

-/a/-

16207

174

93,14

-/a/

3997

53

75,42

/a:/-

2602

15

173,47

-/a:/-

9704

56

173,29

-/a:/

3265

15

217,67

/ai/-

1138

6

189,67

-/ai/-

8561

49

174,71

-/ai/

2373

16

148,31

/au/-

565

3

188,33

-/au/-

3477

19

183,00

-/au/

1426

6

237,67

Die Werte "Gesamtdauer" und "Durchschnitt" sind in Millisekunden angegeben.

46

S.Gersid Die mittels des t-Tests berechneten Werte werden in der Tabelle 8

angegeben.

Tab. 8. t-Tests für Zeitdauerunterschiede der Silbenkerne in einzelnen Positionen (An-, In- und Auslaut)

X- : -X-

X- : -X

-X- :-X

/i/

-1,633 (°°)

-4,589* (°°)

-3,234* (°°)

/i:/

-0,671 (31)

-0,161 (13)

1,384 (44)

/u/

-1,006 (°°)

0,871 (75)

1,539 (70)

/u:/

-0,316 (12)

0,755 ( 6)

2,027 (12)

/e/

-1,514 (°°)

-0,652 (°°)

0,905 (°°)

/e:/

3,812*(58)

-0,472 ( 9)

-3,855*(59)

/o/

-1,492 (73)

-0,059 (88)

1,562 (°°)

/o:/

-1,093 (22)

-0,595 (27)

0,612 (45)

/a/

-0,806 (°°)

2,318*(°°)

3,478*(°°)

/a:/

-2,982*(69)

-1,310 (28)

-2,434*(69)

/ai/

0,731 (53)

0,912 (20)

1,504(63)

/au/

0,221 (20)

-0,821 ( 7)

-1,957 (23)

In der ersten Spalte stehen die betreffenden Phoneme, in der 2., 3. und 4. Spalte die t-Werte für die Differenz der Zeitdauer des betreffenden Phonems in jeweils zwei Positionen; in Klammern ist die Zahl der Freiheitsgrade angegeben, die man aus Nj + Nj - 2 berechnet. Die signifikanten t-Werte sind mit einem Stern gekennzeichnet. Ein negativer Wert von t bedeutet, daß die durchschnittliche Zeitdauer in der an der zweiten Stelle genannten Position (signifikant oder nicht signifikant) größer war als in der an der ersten Stelle genannten Position. Falls die Anzahl der Freiheitsgrade größer als 120 war, ist sie als unendlich angegeben.

47

Hodschag

Aus der Tabelle 8 können wir die entscheidende Rolle der Position auf die Länge einzelner Vokale feststellen. Die signifikanten Werte sind hier verhältnismäßig selten, z.B. i - - i , - i - : -i, e:- : -e:-, - e : - : -e: usw. In jedem Vergleich kommt es vor, daß einmal die erste und einmal die zweite Position den wesentlichen Einfluß hat, z.B. ist HI im Auslaut signifikant länger als im Inlaut, dagegen aber ist l a l im Inlaut signifikant länger als im Auslaut. Um eine einheitliche Aussage über den Einfluß der Position auf die Länge der Vokale zu bekommen, fassen wir alle Meßwerte einer Position zusammen und berechnen von neuem den t-Test nach der Formel (1). Für die einzelnen Positionen bekommen wir folgende Werte:

Initialposition: SXJ =

24328

2791035;

iSI

iGl

N, =

298;

I

x, =

81,64;

I

Medialpositionen: 2x

;

=

Xxf=

92976;

N

'M M

11592251;

iEM

i£M

= 944;

x

M M

=

98,49;

Finalposition: 2XJ =

2x?=

44805;

i£F

i£F N

FP

=493;

X

F F

=

90,88

6102056;

48

S.GerSic Den t-Test illustrieren wir durch die Berechnung der Differenz zwi-

schen dem Mittelwert der initialen Vokallängen und den medialen Vokallängen. Wenn wir die berechneten Werte in die Formel (1) einsetzen, bek o m m e n wir:

81,64 - 98,49

944

-4,92 Dieser Wert ist sehr hoch signifikant u n d beweist, daß die Differenz zwischen den Längen in der Initial- u n d Medialposition nicht zufällig ist, sondern eine oder beide der Positionen auf die Länge der Vokale einen bestimmten Einfluß ausüben. Da der t-Wert kleiner als Null ist, ist die Medialposition der Vokale signifikant länger als die Initialposition, was drei Ursachen zugeschrieben werden kann: 1.)

Die Initialposition verkürzt die Länge der Vokale und die Me-

dialposition verhält sich neutral, 2.)

die Medialposition verlängert die Länge und die Initialposition

verhält sich neutral, 3.)

beide üben einen Einfluß aus.

Da wir für diese Mundart keinen idealen Längewert der Vokale kennen, kann man nicht sagen, welche von diesen drei Möglichkeiten hier im Spiel ist. Für den Unterschied zwischen der initialen und der finalen Position b e k o m m e n wir nach der Beschreibung t = -2,10, was für eine unendliche Anzahl der Freiheitsgrade mit P = 0 , 0 1 8 auch signifikant ist. Für die Differenz zwischen Länge der medialen u n d finalen Position ergibt der t-Test 2,46, was mit P = 0,007 hoch signifikant ist. Für diese Resultate gibt es dieselben drei Interpretationsmöglichkeiten wie oben. Zusammenfassend kann man feststellen, daß die kürzeste die Initialposition ist, die

Hodschag

49

längste die Medialposition und daß die Finalposition in der Mitte steht. Man kann die Frage stellen, ob es sich hier um eine Eigenschaft des Donauschwäbischen handelt oder ob dies eine Eigenschaft des Deutschen ist. Da wir kein Vergleichsmaterial haben, können wir diese Frage nicht beantworten.

50

S.Gersii

Tab. 6

Vokalphoneme Meßwerten

mit ihren phonetischen

für die

Realisationen

und

Dauer1

/i/und /i: /

Phonetische Realisationen: [?i, i, i-, ?i-, j-, i, i, i+> l . [a]; [i]

1

I +, i 0 ;

[?]; und Varianten A N L A U T

[ ? ; ] 70; [j]

[ i - ] 87;

Intervall

Durchschn.

70-87

78,50

27 -110

54,11

46,32,43,37,68,48,76,63,80,80,30,25,

60,61,48,49,63,39,58,71,29,53,43,5 3,65, 66,52,70,46,41,81; [ - { ] 60; [ ? i - ] 27; s

[ i - ] 56,70, 77,36; [Y] 49,62,57,48,75,45, 70,54,52,50,39,50,68,73,75,69,32; [V] 81; [i'+] 54,63,53,47; [ ? i ] 96; [ i ] 62; [ } + ] 32,32; [?V] 27;

/

110

[ ¡ = ] 110;

110,00

In anderen Betonungsklassen nicht vorhanden.

[3]

-

und Varianten

[3]

ANLAUT

66;

In andern Betonungsklassen nicht vorhanden.

1

Dauer in Millisekunden

Intervall

Durchschn.

66

66,00

51

Hodschag /i/und /i:/

ANLAUT

[3] [s] 36;

Intervall

Durchschn.

36

36,00

In anderen Betonungsklassen nicht vorhanden.

Phonetische Realisationen: [j, j-, i:; j - j : , j : , 1? 1 '!+. T» T+. i + 3> i". f » l : »

I-

>

i-a»

; [ i , i-, i. i-, i. J-. 1

!"2» " ? >

1-3,

V?, 13]; [i]

und Varianten INLAUT [}-] 72,56;

-

[j] 104;

[j] 64;

-

f

Ij=] 111,143,92,74,130,147,137; [¿-] 78, 110; [i:] 96; [¿:] 136; [ j : a ] 290;

Intervall

Durchschn.

56 - 104

77,33

64

64,00

74 - 290

128,67

In anderen Betonungsklassen nicht vorhanden.

[i]

und Varianten INLAUT Intervall

Durchschn.

38-185

84,00

[ i ] 73,87,111,97,83,73,56,81; [ i ] 60, f

63,67,93; [i-] 78,58,185; [i] 77,104, 85,66; [ } ] 71; [Y] 9 9 ; [ j ] 41,38,74; [i-] 80,113,138,53,78,138

52

S.Gersic Iii und /i:/

Intervall

Durchschn.

29 - 122

63,76

22 - 1 2 4

59,30

[ I - ] 80; [J-] 3 7 , 8 8 , 4 0 ; [V] 4 3 , 5 9 , 5 5 , 5 4 , 1 0 7 , 5 0 ; [ j ] 5 7 , 5 0 , 7 6 , 7 8 ; [i-] 8 6 , 2 9 , 5 0 , >

49,100,49,44,79,67,48,36; [i] 76,64,46, 8 2 , 6 7 ; [Y +] 6 2 ; [{] 5 6 , 5 0 ; [i] 6 1 , 9 4 , 1 2 2 ; [1+] 6 8 ; [{•] 4 0 , 6 0 , 6 0 , 2 8 , 7 8 , 3 6 , 3 9 , 5 0 , 6 6 , 4 4 , 8 9 , 51,124,47,34,56,46,54,59,38,62,61; [|,] 116; [Y] 7 7 , 7 0 , 2 9 , 4 4 , 3 1 , 7 8 , 5 7 , 7 1 , 53,70,79,52,22,59,53,82,63,67,35,48,60, 1 0 1 , 5 3 , 5 0 , 4 3 , 3 0 , 6 2 , 3 9 ; [i-] 4 4 , 4 4 , 7 1 , 6 8 , 7 0 , 2 5 , 6 2 , 4 3 , 4 7 , 6 1 , 6 0 , 5 7 ; [i] 5 1 , 4 3 , 7 1 , 8 8 8 8 , 4 4 , 8 7 , 9 6 , 7 9 , 6 9 , 7 2 ; [ Y + , ] 8 4 ; [ f ] 96, 43,39; [i] 56,67,91; [193] 114; [1-3] 2 3 0 ; [ I ? ] 1 4 6 ;

[l®]116,

[I-:] 1 5 1 ; [I>:] 1 0 4 ; [ l - 3 ] 8 4 ; [l :] 104, -

315,133,176; [i»3] 145; [l>3] 116;

84-315

152,60

99 - 2 0 3

154,20

[Y:] 1 0 4 ; [1-3] 1 4 1 ; [13] 1 1 0 ; [i- ] 2 0 3 ; [Ys] 1 9 1 ; [;•] 9 9 , 1 1 6 ; -

[ j : 3 ] 162;

In anderen Betonungsklassen nicht vorhanden.

53

Hodschag

Iii

Phonetische Realisationen: i, i+; v, r , v ,

[i]

und

li-J

[ j - , j:, J : ? ] ; r

[i, i-

! , I - , I, I-» i , i , i + ,

a, i-a] ;

und Varianten A U S L A U T Intervall

/

[j- ] 8 7 , 7 2 ;

[[:] 142; [ j : ? ]

180;

72-180

D u r c h sehn. 120,25

In a n d e r e n B e t o n u n g s k l a s s e n n i c h t v o r h a n d e n .

[i]

und Varianten A U S L A U T

fi + 0

7 0 ; [ { - ] 5 6 ; [ ¡ ] 1 5 2 ; [V]

141,71;

Intervall

Durchschn.

56-152

95,00

30-176

74,25

142-230

186,00

55-173

114,00

39-216

100,33

[|+] 8 0 ; [f] 4 9 ; [ j ]

80,39,140,53,96,39,88,109,

70,50,81,67,77,71,34,89,169,59,48,48, 5 7 ; [Y]

99,62,68,72,142,70,57,176,52,

64,110;

[i-]

51,67,57,105,90,119,79;

[T| 3 9 ; [ i ] 3 1 ; [ i - ] 5 9 , 4 6 ; [ ¡ - ] 9 0 ; [ J + ] 4 6 ; [ l + ] 3 0 ; [I] 7 0 ; /

[1-3] 2 3 0 ;

[r ]

142;



[ i - 3 ] 1 7 3 ; [Y-] 5 5 ;



[;•] 9 0 ;

[I-] 39,58,80;

[i:]

216;

[V:] 1 1 9 ; In a n d e r e n B e t o n u n g s k l a s s e n n i c h t v o r h a n d e n .

54

S.GerSic /u/ und /u:/

Phonetische Realisationen:

[u, u+, ?u+, u, ?u, u+, ?u+, u c, y, y c , ?y+ c, ü-,

ü,?ü,ü-,?ü-,?ü+c,ü-« , y\??y-,y-c,u:, u : , ? y - , y - ] ; [y,?y.y]; [»J;

[u]

und Varianten

ANLAUT

[?u + ] 56;

i

[e];

Intervall

Durchschn.

56

56,00

37-160

70,29

23-132

57,12

83-279

171,33

71

71,00

Intervall

Durchschn.

[ ü ] 37,49; [y-«]57 ; [u+] 74,65,66,160; [u]66; [?ü+ « ]51; [ü-] 89,46; [?u] 79;

i

[u] 99,46; [y] 50,34,58,57; [y] 85,54,58,69; [ü] 51, 80,33,29,40,27,43,60,23; [u+] 70,49,60, 38,58,112,40,47; [?ü^66; [?y+