Mitarbeit in Unternehmen: Tätigkeitsverhältnisse im Spannungsfeld von Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht 3161477979, 9783161578878, 9783161477973

Das Gesellschafts- und das Arbeitsrecht beziehen sich gleichermaßen auf das Unternehmen als organisierte Wirtschaftseinh

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German Pages 774 [777] Year 2002

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
§ 1 Einleitung
I. Einführung in die Problematik
II. Abgrenzung und Präzisierung der Thematik
1. Kooperationsbeziehungen zwischen Arbeitnehmern
2. Mitarbeit in nichtwirtschaftlichen Verbänden sowie in Ehe und Familie
3. Kooperationsrechtliche Interpretation des Arbeitsverhältnisses
4. Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer
5. Stellung von Organmitgliedern
6. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen
III. Bisherige Bearbeitungen der Materie
IV. Gang der Untersuchung
Erstes Kapitel: Dogmatische Grundlagen
§ 2 Stellenwert der Qualifikationsfrage
I. Abgrenzung zu benachbarten Fragen
1. Statuswechsel
2. Abgrenzbare Doppelstellung
II. Bedeutung der Qualifikation für die Rechtsfolgenbestimmung
1. Statusbeurteilung als Ausgangspunkt
2. Einzelnormorientierte Ansätze
3. Stellungnahme
§ 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit
I. Vorbemerkungen
II. Gesellschaftsrechtliche Formen
1. Personengesellschaften
a) GbR, OHG und verwandte Sonderformen
b) Kommandististen
c) Stille Gesellschaft
2. Körperschaftliche Formen
a) Kapitalgesellschaften
b) Genossenschaften
c) Vereine
III. Austauschvertragliche Beziehungen
1. Arbeitsvertrag
2. Dienstvertrag
3. Arbeitnehmerähnliche Stellung
IV. Verbindung von Gesellschafts- und Austauschbeziehung
1. Gesellschaftsrecht als Ausgangspunkt
a) Rahmenbedingungen und Abgrenzung
b) Meinungsübersicht
2. Austauschvertrag als Ausgangspunkt
a) Ausgangslage und Abgrenzungen
b) Meinungsspektrum
aa) Betriebsverbandslehren
bb) Unternehmensverbandstheorien
cc) Folgen der unternehmerischen Mitbestimmung
dd) Vermögensrechtliche Arbeitnehmerbeteiligung
ee) Gemischttypisches Mitarbeiterverhältnis
3. Auswertung und Stellungnahme
a) Tätigkeitsebene
aa) Schuldvertragliche Ausführung gesellschaftsrechtlicher Vorgaben
bb) Beitragsrechtliche Qualifikation schuldvertraglicher Leistungen
cc) Gemischtes Mitarbeiterverhältnis
b) Entgeltkomponente
4. Zusammenfassung
V. Zwischenergebnis
Zweites Kapitel: Qualifikation von Mitarbeitsverhältnissen
§ 4 Grundfragen der Einstufung von Grenzfällen
I. Vorbemerkungen
II. Systematisierung der Fallgruppen
1. Gesellschafts- bzw. arbeitsrechtliche Normorientierung
2. Quantitative Gesichtspunkte
III. Methodologische Aspekte
1. Begriffliche und typologische Denkform
2. Rechtsökonomische Betrachtungsweise
IV. Verhältnis von Qualifikation und Parteiwille
1. Situation ohne Eigenqualifikationsklausel
2. Folgen einer Selbstqualifikationsabrede
3. Zum Verhältnis zwischen „objektiven“ und „subjektiven“ Merkmalen
§ 5 Gesellschaftsrechtlicher Blickwinkel
I. Gesellschaftsrechtliche Ausgangspunkte
II. Spezialgesetzliche Bestimmungen
III. Vertragspartnerbezogene Aspekte
1. Situation bei der GmbH
2. Sonstiges Körperschaftsrecht
3. Personengesellschaftsrecht
IV. Einzelkriterien
1. Tätigkeitsinhalte und Einflußnahmemöglichkeiten
a) „Wesentlichkeit“ der Mitarbeit für die Gesellschaft
b) Geschäftsführung als Faktor zur Abgrenzung von Gesellschaftsverhältnis und kumulativem Dienstvertrag
aa) Personengesellschaften
(1) Geschäftsführung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage
(2) Geschäftsführung als Gegenstand eines Dienstvertrags mit einem Gesellschafter
(a) Außenverbände
(b) Innengesellschaften
(3) Auslegungsregeln
(a) Reguläre Geschäftsführung
(b) Quantitativ erhebliche Mitarbeit
(c) Tätigkeiten außerhalb der Geschäftsführung
bb) Körperschaftsrecht
(1) Ausgangspositionen
(2) Auslegungsregeln
c) Mitwirkungsbefugnisse als Qualifikationsmerkmale in Alternativsachverhalten
aa) Entscheidungskompetenzen
bb) Kontrollrechte
2. Vermögensrechtlicher Bereich
a) Personengesellschaften
aa) Kumulation von Gesellschaftsverhältnis und Dienstvertrag
bb) Alternativität von Gesellschafts- und Austauschverhältnis
b) Körperschaften
3. Sonstige Umstände
V. Wille der Parteien
VI. Zusammenfassung
§ 6 Arbeitsrechtliche Perspektive
I. Arbeitsrechtliche Ausgangslage
II. Aussagekraft spezialgesetzlicher Regelungen
1. Ausdrückliche Bestimmungen
2. Implizite Ableitungen
III. Vertragspartnerbezogene Gesichtspunkte
1. Prinzipielle Bedeutung
a) Meinungsstand
aa) Vertragsorientierter Ansatz
bb) Tätigkeitsorientiertes Modell
cc) Schutzniveauorientierte Konzeption
dd) Sonstige literarische Vorstellungen
b) Auswertung
2. Anzeichen für eine eigenständige Tätigkeitsbeziehung
IV. Absolute Unvereinbarkeit von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung?
1. Vorbemerkungen
2. Rechtsformbezogene Aspekte
a) Körperschaften
b) Personengesellschaften
aa) Stille Gesellschafter
bb) Kommanditisten
cc) Persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter
3. Rechtsformübergreifende Kriterien
a) Organschaftliche Vertretungsmacht
b) Organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis
aa) Personengesellschaften
bb) Körperschaften
c) Strukturunterschiede bei Ausführungsverträgen und gemischten Mitarbeiterverhältnissen
V. Abstufbare Einzelkriterien
1. Entscheidungseinfluß und Tätigkeitsumstände
a) Ausgangssituation
b) Qualifikation eigenständiger Dienstverhältnisse
aa) Gesellschaftsrechtlich vermittelter Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft
(1) Situation bei der GmbH
(a) Rechtliche Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers
(aa) Anstellungsvertrag
(aaa) Durchsetzbarkeit des eigenen Willens
(bbb) Sichere Verhinderbarkeit eines fremden Willens
(ccc) Potentielle Einflußnahme
(bb) Sonstige Dienstverträge von Gesellschafter-Geschäftsführern
(b) Mitarbeitende Gesellschafter unterhalb der Geschäftsführungsebene
(aa) Allein- und Mehrheitsbesitz
(bb) Minderheitsbeteiligung
(aaa) Überschaubarer Gesellschafterkreis
(bbb) Großer Gesellschafterkreis
(cc) Egalitäre Beteiligung
(c) Sonderfälle
(2) Sonstiges Körperschaftsrecht
(3) Personengesellschaften
(a) Persönlich unbeschränkt haftende Teilhaber
(b) Kommanditisten
(c) Stille Gesellschafter
bb) Rechtslage bei nicht gesellschaftsrechtlich ausgeschlossener Arbeitnehmereigenschaft
(1) Sonstige Hinderungsgründe
(2) Positive Statusmerkmale
c) Abgrenzung bei zweiseitigen Rechtsbeziehungen
aa) Rechtsstellung des „still“ Mitarbeitenden
(1) „Gleichordnung“ versus „Unterordnung“
(2) Gesellschaftsverhältnis trotz Unterordnung
(3) Überdurchschnittlicher Arbeitseinsatz
bb) Rechtsstellung des Geschäftsinhabers
2. Vermögensrechtlicher Status
a) Einstufung separater Dienstverhältnisse
aa) Fehlende bzw. geringe vermögensmäßige Teilhabe
bb) Umfangreiche vermögensmäßige Partizipation
b) Abgrenzung bei bilateralen Rechtsbeziehungen
aa) Gewinnbeteiligung
bb) Verlustbeteiligung
cc) Teilhabe an der Unternehmenssubstanz
3. Weitere Aspekte
VI. Parteiwille und Rechtsformzwang
1. Zurückdrängung der Arbeitnehmereigenschaft
a) Ausgangslage
b) Ansätze für eine Ausdehnung der Gestaltungsfreiheit
aa) Meinungsüberblick
bb) Auswertung
(1) Formale Gesichtspunkte
(2) Inhaltliche Aspekte
c) Einzelfragen
aa) Bestandsschutz der Tätigkeit
(1) Mitarbeitsverhältnisse neben einer gesellschafterlichen Beteiligung
(2) Bilaterale Vertragsbeziehungen
bb) Binneneinfluß
cc) Vermögensrechtliche Komponente
dd) Fehlende Schutzbedürftigkeit
ee) Unternehmen im Mitarbeitereigentum
2. Vereinbarung der Arbeitnehmereigenschaft
VII. Zusammenfassung
Drittes Kapitel: Einzelne Problemfelder
§ 7 Überblick
§ 8 Arbeitsleistungsbezogene Aspekte
I. Mitarbeit als reine Beitragsleistung
1. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen
a) Ausgangslage
b) Anwendung allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Schutzinstrumente
aa) Selbstschutz durch Mitverwaltungs- und Kontrollrechte
bb) Belastungsverbot
cc) Gleichbehandlungsgrundsatz
dd) Schutz mitgliedschaftlicher Interessen durch Rücksichtnahmepflicht
2. Dienstvertragliche Regeln
3. Analoge Anwendung des arbeitsrechtlichen Gesundheits- und Persönlichkeitsschutzes
II. Auswirkungen der Gesellschafterstellung auf das Beschäftigungsverhältnis
1. Bedeutung der Treue- bzw. Förderpflicht
a) Grundlagen
b) Tätigkeitsbeziehung als reiner und verbundener Drittvertrag
c) Modifikation der Mitarbeitspflicht
aa) Eigenständige Beschäftigungsverhältnisse
bb) Ausführungsverträge und gemischte Mitarbeiterverhältnisse
d) Reduktion des arbeitsrechtlichen Gesundheits- und Persönlichkeitsschutzes?
2. Relevanz der Mitverwaltung
§ 9 Entgeltrechtliche Fragen
I. Existenz eines Anspruchs auf eine feste Tätigkeitsvergütung
1. Reine Beitragsleistungen
a) Gesetzliche Ausgangslage
b) Vertragliche Regelung
aa) Auslegungsalternativen und -regeln
bb) Stillschweigende Vergütungszusagen
2. Eigenständige und verbundene Drittbeziehungen
II. Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen
1. Kontinuierliche Entwicklungen
a) Schuldrechtliche und gesellschaftsrechtliche Anpassungsinstrumente
b) Übertragung arbeitsrechtlicher Institute
aa) Betriebliche Übung
bb) Gleichbehandlungsgrundsatz
2. Mehrarbeit
3. Marktverhalten des Unternehmens
a) Erhöhung bei wirtschaftlichem Erfolg
b) Ermäßigung der Vergütung bei Krisen
aa) Geschäftsleitend tätige Gesellschafter
bb) Sonstige mitarbeitende Gesellschafter
III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen Bezügen
1. Dienste als reine Beitragsleistung
a) Wertdeckungspflicht bei Fortfall der Tätigkeit
b) Auswirkungen einer Verhinderung auf die Ertragsseite
aa) Sondervergütungen
bb) Gewinnbeteiligungen
c) Ausnahmen zur generellen Risikotragung durch den Beschäftigten
aa) Unternehmensbezogene Umstände
(1) Annahmeverweigerung
(2) Veränderungen des Arbeitsanfalls
(3) Technische Störungen
bb) Mitarbeiterbezogene Umstände
2. Einfluß der Gesellschafterposition auf eine Drittrechtsbeziehung
a) Gesellschafter mit Dienstvertrag
b) Gesellschafter als Arbeitnehmer
c) Genossen als Organmitglieder
IV. Beendigung oder wesentliche Verringerung einer gesellschafterlichen Mitarbeitspflicht
§ 10 Haftungsproblematik
I. Haftung für Schäden am Gesellschaftsvermögen
1. Tätigkeit als reiner Gesellschafterbeitrag
a) Grundsätzliche Reichweite der Haftung für eigenübliche Sorgfalt
b) Übertragung der arbeitsrechtlichen Haftungsprivilegierung?
2. Mitarbeit aufgrund einer Drittrechtsbeziehung
a) Geschäftsleitende Tätigkeit
aa) Personengesellschafter
bb) Körperschaftsrecht
(1) Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
(a) Meinungsstand und Ausgangslage
(b) Grundsätzliche Sperrwirkung des § 43 GmbHG
(c) Ausnahmefälle
(aa) Statusbezogene Gesichtspunkte
(bb) Pflichtbereichsbezogene Aspekte
(2) Sonstige Körperschaften
b) Mitarbeit außerhalb der Geschäftsleitung
II. Ausgleich für Eigenschäden
§ 11 Wettbewerbsverbote und Geschäftschancenbindung
I. Vertragliches Stadium
1. Wettbewerbsverbote
a) Grundlagen
b) Grenzfälle und Wechselwirkungen
aa) Anwendungsvoraussetzungen
(1) Adressatenkreis
(2) Zeitliche Grenzen
(a) Liquidationsphase
(b) Ungewißheitssituationen
bb) Untersagte Handlungen
cc) Folgen von Verstößen
c) Rechtsgeschäftliche Modifikationen
2. Geschäftschancenlehre
II. Nachvertraglicher Zeitraum
1. Gesetzliche Pflichten
2. Vertragliche Abreden
§ 12 Beendigung von Tätigkeitsbeziehungen
I. Lösung durch die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter
1. Mitarbeit auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage
a) Isolierte Beendigung der Tätigkeit
aa) Geschäftsführung
(1) Personengesellschaften
(a) Grundlagen
(b) Folgen einer Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis
(aa) Konsequenzen bei gegenständlich unbeschränkter Mitarbeit
(bb) Geschäftsführung als alleiniger Gegenstand der Mitarbeit
(c) Inhalt des gesetzlichen Bestandsschutzes
(d) Grenzen vertraglicher Erleichterungen
(aa) Ausgangslage
(bb) Zeitlicher Schutz
(cc) Inhaltlicher Bestandsschutz
(2) GmbH-Recht
bb) Sonstige Beschäftigung
b) Hinauskündigung aus der Gesellschaft
c) Beendigung der gesamten Gesellschaft
2. Tätigkeit aufgrund eines reinen Drittrechtsverhältnisses
3. Ausführungsverträge und gemischte Mitarbeiterverhältnisse
II. Lösung durch den Mitarbeiter
1. Tätigkeit als Beitrag
a) Separate Kündigung der Tätigkeitspflicht
aa) Personengesellschaften
(1) Kündigung aus wichtigem Grund
(2) Ordentliche Kündigung
bb) Körperschaften
(1) Kündigung aus wichtigem Grund
(2) Ordentliche Kündigung
b) Austritt aus der Gesellschaft
c) Beendigung der gesamten Gesellschaft
d) Grenzen vertraglicher Beschränkungen von Lösungsrechten
aa) Unmittelbare Begrenzungen
bb) Mittelbare Einschränkungen
2. Ausführungsverträge bzw. gemischte Mitarbeiterverhältnisse und reine Drittbeziehungen
Viertes Kapitel: Zusammenfassung und Schlußbetrachtung
§ 13 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
I. Dogmatische Grundlagen
II. Qualifikation von Mitarbeitsverhältnissen
III. Einzelne Problemfelder
§ 14 Schlußbetrachtung
Literaturverzeichnis
Register
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Mitarbeit in Unternehmen: Tätigkeitsverhältnisse im Spannungsfeld von Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht
 3161477979, 9783161578878, 9783161477973

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 70

ARTI BUS

Rüdiger Krause

Mitarbeit in Unternehmen Tätigkeitsverhältnisse im Spannungsfeld von Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht

Mohr Siebeck

Rüdiger Krause, geboren 1961; von 1981 bis 1987 Studium der Rechtswissenschaften an der Freien Universität Berlin und an der Georg-August-Universität Göttingen; 1987 Referendarexamen; von 1988 bis 1990 Refendariat; 1990 Assessorexamen; von 1991 bis 2001 zunächst Wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 1992 Akademischer Rat auf Zeit, seit 1995 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Arbeitsrecht der Georg-August-Universität Göttingen; 1994 Promotion; 2001 Habilitation; Lehrstuhlvertretungen an der Universität Regensburg (SS 2001) und an der Justus-Liebig-Universität Gießen (WS 2001/2002 und SS 2002).

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die Deutsche Bibliothek Krause,

-

CIP-Einheitsaufnahme

Rüdiger:

Mitarbeit in Unternehmen : Tätigkeitsverhältnisse im Spannungsfeld von Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht / Rüdiger Krause. Tübingen : Mohr Siebeck, 2002 (Jus privatum ; Bd. 70) ISBN 3-16-147797-9

978-3-16-157887-8 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

© 2002 J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Computersatz Staiger in Pfäffingen aus der Garamond-Antiqua gesetzt, von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0940-9610

Meiner Frau

Vorwort Das Gesellschafts- und das Arbeitsrecht gehören zu den wachstumsträchtigsten Bereichen der Rechtsordnung. Die unermüdliche Tätigkeit des Gesetzgebers, der Einfallsreichtum der Gerichte und die kaum noch überschaubare Publikationsflut auf der nationalen und vermehrt auch auf der europarechtlichen Ebene lassen die beiden Rechtsgebiete zunehmend komplexer werden. Dieser offenbar zwangsläufige Prozeß einer immer stärkeren Ausdifferenzierung fördert die Tendenz zur wechselseitigen Verselbständigung. Die vorliegende Untersuchung verfolgt deshalb das Anliegen, auf einem begrenzten Terrain die auseinanderstrebenden Fäden aufzunehmen und eine Harmonisisierung gesellschafts- und arbeitsrechtlicher Wertungen herbeizuführen. Den Leitgedanken bildet das Grundverständnis beider Rechtsmaterien als Unternehmensinnenrecht. Dabei soll nicht verkannt werden, daß sowohl das Gesellschafts- wie das Arbeitsrecht über das Unternehmensrecht hinausgehen. Da autonom agierende Unternehmen in einer marktwirtschaftlichen Ordnung als Basis des gesamtgesellschaftlichen Wohlstandes unersetzlich sind, muß es aber zu den vornehmsten Aufgaben der Rechtswissenschaft zählen, sich den rechtlichen Bedingungen für die Koordinierung von Kapital und Arbeit in Unternehmen zuzuwenden. Die vorliegende Schrift ist im Wintersemester 2000/2001 von der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Habilitationsschrift angenommen worden. Für die geringfügig überarbeitete Druckfassung wurden Rechtsprechung und Schrifttum bis zum 31.12.2001, vereinzelt auch darüber hinaus nachgetragen. Die durch die Schuldrechtsreform eingeführten gesetzlichen Neuerungen sind bereits berücksichtigt, haben aber keine inhaltlichen Veränderungen bewirkt. Mein Dank gilt zunächst Herrn Prof. Dr. Hansjörg Otto, der meinen Werdegang am Institut für Arbeitsrecht stets wohlwollend begleitete und der mir mit freundlicher und unaufgeregter Beharrlichkeit gezeigt hat, daß Neugier gepaart mit Gründlichkeit die besten Voraussetzungen für wissenschaftliches Arbeiten sind. Er hat mir den nötigen Freiraum für die Anfertigung dieser Studie gewährt und ist mir auch in persönlicher Hinsicht zum Vorbild geworden. Weiter danke ich den Herren Prof. Dr. Ulrich Immenga und Prof. Dr. Gerald Spindler, die durch ihre schnelle Erstattung von Zweit- und Drittgutachten den raschen Abschluß meines Habilitationsverfahrens ermöglichten und mir darüber hinaus wertvolle Anregungen gaben. Danken möchte ich weiter den vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Lehrstuhls, allen voran unserer Sekretärin Frau Annelie

Vili Keßler,

Vorwort die in den langen J a h r e n meiner Ausbildung von der studentischen H i l f s -

kraft bis z u m Privatdozenten meinen Lebensweg gekreuzt und auf vielfältige Weise zur angenehmen A t m o s p h ä r e am Institut für Arbeitsrecht beigetragen haben. D e r D e u t s c h e n Forschungsgemeinschaft danke ich für die großzügige F ö r d e rung der Drucklegung, dem Verlag M o h r Siebeck für die A u f n a h m e der Schrift in die R e i h e „Jus Privatum" sowie die umsichtige und geduldige Betreuung des M a nuskripts. M e i n besonderer D a n k gilt meinen Eltern, die das Entstehen der vorliegenden U n t e r s u c h u n g stets mit fürsorglichem Zuspruch begleitet haben. M e i n allergrößter D a n k aber gebührt meiner lieben Frau Birgit. In Anlehnung an eine jüdische Weisheit läßt sich sagen, daß niemand das H e r z eines Habilitanden kennt außer G o t t und der eigenen Ehefrau. Sie hat die mit dem Werden einer solchen Arbeit w o h l unvermeidlich verbundenen H ö h e n und Tiefen aufopferungsvoll mit mir geteilt. D i e M ü h e n der Endphase vor der Einreichung der Schrift werde ich nicht vergessen. Ihr widme ich deshalb dieses Werk. G ö t t i n g e n , im Juli 2 0 0 2

Rüdiger Krause

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung

1

Erstes Kapitel: Dogmatische Grundlagen § 2 Stellenwert der Qualifikationsfrage

31

§ 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit

44

Zweites Kapitel: Qualifikation von Mitarbeitsverhältnissen § 4 Grundfragen der Einstufung von Grenzfällen

127

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher Blickwinkel

162

§ 6 Arbeitsrechtliche Perspektive

246

Drittes Kapitel: Einzelne Problemfelder § 7 Überblick

439

§ 8 Arbeitsleistungsbezogene Aspekte

441

§ 9 Entgeltrechtliche Fragen

472

§ 1 0 Haftungsproblematik

545

§ 1 1 Wettbewerbsverbote und Geschäftschancenbindung

575

§ 1 2 Beendigung von Tätigkeitsbeziehungen

614

Viertes Kapitel: Zusammenfassung und Schlußbetrachtung § 1 3 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

689

§ 14 Schlußbetrachtung

698

Literaturverzeichnis

701

Register

745

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung I. Einführung in die Problematik II. Abgrenzung und Präzisierung der Thematik 1. Kooperationsbeziehungen zwischen Arbeitnehmern 2. Mitarbeit in nichtwirtschaftlichen Verbänden sowie in Ehe und Familie 3. Kooperationsrechtliche Interpretation des Arbeitsverhältnisses 4. Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer 5. Stellung von Organmitgliedern 6. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen III. Bisherige Bearbeitungen der Materie IV. Gang der Untersuchung

Erstes Kapitel: Dogmatische Grundlagen § 2 Stellenwert der Qualifikationsfrage I. Abgrenzung zu benachbarten Fragen 1. Statuswechsel 2. Abgrenzbare Doppelstellung II. Bedeutung der Qualifikation für die Rechtsfolgenbestimmung . . . 1. Statusbeurteilung als Ausgangspunkt 2. Einzelnormorientierte Ansätze 3. Stellungnahme

§ 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit I. Vorbemerkungen II. Gesellschaftsrechtliche Formen

XII

Inhaltsverzeichnis

1. Personengesellschaften a) G b R , O H G und verwandte Sonderformen b) Kommandististen c) Stille Gesellschaft

2. Körperschaftliche Formen a) Kapitalgesellschaften b) Genossenschaften c) Vereine

III. Austauschvertragliche Beziehungen 1. Arbeitsvertrag 2. Dienstvertrag 3. Arbeitnehmerähnliche Stellung IV. Verbindung von Gesellschafts- und Austauschbeziehung 1. Gesellschaftsrecht als Ausgangspunkt

49 49 52 52

54 54 57 59

59 60 63 63 64 68

a) Rahmenbedingungen u n d Abgrenzung

68

b) Meinungsübersicht

74

2. Austauschvertrag als Ausgangspunkt a) Ausgangslage und Abgrenzungen b) Meinungsspektrum aa) Betriebsverbandslehren bb) Unternehmensverbandstheorien cc) Folgen der unternehmerischen Mitbestimmung dd) Vermögensrechtliche Arbeitnehmerbeteiligung ee) Gemischttypisches Mitarbeiterverhältnis

3. Auswertung und Stellungnahme a) Tätigkeitsebene aa) Schuldvertragliche A u s f ü h r u n g gesellschaftsrechtlicher Vorgaben bb) Beitragsrechtliche Qualifikation schuldvertraglicher Leistungen cc) Gemischtes Mitarbeiterverhältnis b) Entgeltkomponente

4. Zusammenfassung V. Zwischenergebnis

81 82 83 83 89 92 94 98

99 102 102 115 118 119

122 123

Inhaltsverzeichnis

XIII

Zweites Kapitel: Qualifikation von Mitarbeitsverhältnissen § 4 Grundfragen der Einstufung von Grenzfällen I. Vorbemerkungen II. Systematisierung der Fallgruppen

127 127 129

1. Gesellschafts-bzw. arbeitsrechtliche Normorientierung

130

2. Quantitative Gesichtspunkte

134

III. Methodologische Aspekte

141

1. Begriffliche und typologische D e n k f o r m

141

2. Rechtsökonomische Betrachtungsweise

146

IV. Verhältnis von Qualifikation und Parteiwille

149

1. Situation ohne Eigenqualifikationsklausel

150

2. Folgen einer Selbstqualifikationsabrede

151

3. Zum Verhältnis zwischen „objektiven" und „subjektiven" Merkmalen

159

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher Blickwinkel I. Gesellschaftsrechtliche Ausgangspunkte II. Spezialgesetzliche Bestimmungen III. Vertragspartnerbezogene Aspekte

162 162 164 175

1. Situation bei der G m b H

175

2. Sonstiges Körperschaftsrecht

182

3. Personengesellschaftsrecht

184

IV. Einzelkriterien

190

1. Tätigkeitsinhalte und Einflußnahmemöglichkeiten

190

a) „Wesentlichkeit" der Mitarbeit für die Gesellschaft

191

b) Geschäftsführung als Faktor zur Abgrenzung von Gesellschaftsverhältnis und kumulativem Dienstvertrag

193

aa) Personengesellschaften

193

(1) Geschäftsführung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage

193

(2) Geschäftsführung als Gegenstand eines Dienstvertrags mit einem Gesellschafter

198

(a) Außenverbände

198

(b) Innengesellschaften

208

(3) Auslegungsregeln

210

(a) Reguläre Geschäftsführung

210

(b) Quantitativ erhebliche Mitarbeit

213

(c) Tätigkeiten außerhalb der Geschäftsführung

214

XIV

Inhaltsverzeichnis bb) Körperschaftsrecht (1) Ausgangspositionen (2) Auslegungsregeln c) Mitwirkungsbefugnisse als Qualifikationsmerkmale in Alternativsachverhalten aa) Entscheidungskompetenzen bb) Kontrollrechte

2. Vermögensrechtlicher Bereich a) Personengesellschaften aa) Kumulation von Gesellschaftsverhältnis und Dienstvertrag bb) Alternativität von Gesellschafts- und Austauschverhältnis b) Körperschaften

3. Sonstige Umstände

215 215 217 222 223 227

228 229 229 233 240

242

V. Wille der Parteien

243

VI. Zusammenfassung

245

§ 6 Arbeitsrechtliche Perspektive I. Arbeitsrechtliche Ausgangslage II. Aussagekraft spezialgesetzlicher Regelungen

246 247 254

1. Ausdrückliche Bestimmungen

254

2. Implizite Ableitungen

258

III. Vertragspartnerbezogene Gesichtspunkte 1. Prinzipielle Bedeutung a) Meinungsstand aa) Vertragsorientierter Ansatz bb) Tätigkeitsorientiertes Modell cc) Schutzniveauorientierte Konzeption dd) Sonstige literarische Vorstellungen b) A u s w e r t u n g

2. Anzeichen für eine eigenständige Tätigkeitsbeziehung IV. Absolute Unvereinbarkeit von Gesellschafterund Arbeitnehmerstellung ?

260 261 261 261 263 265 267 272

277 277

1. Vorbemerkungen

277

2. Rechtsformbezogene Aspekte

280

a) Körperschaften b) Personengesellschaften aa) Stille Gesellschafter bb) Kommanditisten cc) Persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter

280 283 283 286 290

Inhaltsverzeichnis

3. Rechtsformübergreifende Kriterien a) Organschaftliche Vertretungsmacht b) Organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis aa) Personengesellschaften bb) Körperschaften c) Strukturunterschiede bei Ausführungsverträgen und gemischten Mitarbeiterverhältnissen

V. Abstufbare Einzelkriterien 1. Entscheidungseinfluß und Tätigkeitsumstände

XV

297 297 305 305 310 322

328 328

a) Ausgangssituation

328

b) Qualifikation eigenständiger Dienstverhältnisse aa) Gesellschaftsrechtlich vermittelter Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft

330

(1) Situation bei der G m b H (a) Rechtliche Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers (aa) Anstellungsvertrag (aaa) Durchsetzbarkeit des eigenen Willens

331 331 331 331 332

(bbb) Sichere Verhinderbarkeit eines fremden Willens . . 335 (ccc) Potentielle Einflußnahme (bb) Sonstige Dienstverträge von GesellschafterGeschäftsführern (b) Mitarbeitende Gesellschafter unterhalb der Geschäftsführungsebene (aa) A l l e i n - u n d Mehrheitsbesitz (bb) Minderheitsbeteiligung (aaa) Überschaubarer Gesellschafterkreis (bbb) Großer Gesellschafterkreis (cc) Egalitäre Beteiligung (c) Sonderfälle (2) Sonstiges Körperschaftsrecht (3) Personengesellschaften (a) Persönlich unbeschränkt haftende Teilhaber (b) Kommanditisten (c) Stille Gesellschafter bb) Rechtslage bei nicht gesellschaftsrechtlich ausgeschlossener Arbeitnehmereigenschaft

338 346 350 351 352 353 355 360 365 366 367 368 370 373 374

(1) Sonstige Hinderungsgründe

374

(2) Positive Statusmerkmale

375

c) A b g r e n z u n g bei zweiseitigen Rechtsbeziehungen aa) Rechtsstellung des „still" Mitarbeitenden (1) „ G l e i c h o r d n u n g " versus „ U n t e r o r d n u n g "

377 377 377

(2) Gesellschaftsverhältnis trotz Unterordnung

379

(3) Überdurchschnittlicher Arbeitseinsatz

381

bb) Rechtsstellung des Geschäftsinhabers

2. Vermögensrechtlicher Status

381

383

XVI

Inhaltsverzeichnis a) Einstufung separater Dienstverhältnisse

383

aa) Fehlende bzw. geringe vermögensmäßige Teilhabe

383

bb) Umfangreiche vermögensmäßige Partizipation

388

b) A b g r e n z u n g bei bilateralen Rechtsbeziehungen

392

aa) Gewinnbeteiligung bb) Verlustbeteiligung

392 398

cc) Teilhabe an der Unternehmenssubstanz

400

3. Weitere Aspekte VI. Parteiwille und Rechtsformzwang 1. Zurückdrängung der Arbeitnehmereigenschaft a) Ausgangslage b) Ansätze für eine A u s d e h n u n g der Gestaltungsfreiheit aa) Meinungsüberblick bb) Auswertung (1) Formale Gesichtspunkte (2) Inhaltliche Aspekte c) Einzelfragen aa) Bestandsschutz der Tätigkeit (1) Mitarbeitsverhältnisse neben einer gesellschafterlichen Beteiligung (2) Bilaterale Vertragsbeziehungen

401 403 404 404 408 408 411 411 413 416 416 417 419

bb) Binneneinfluß

422

cc) Vermögensrechtliche K o m p o n e n t e

425

dd) Fehlende Schutzbedürftigkeit

427

ee) Unternehmen im Mitarbeitereigentum

428

2. Vereinbarung der Arbeitnehmereigenschaft VII. Zusammenfassung

433 434

Drittes Kapitel: Einzelne Problemfelder § 7 Überblick

439

§ 8 Arbeitsleistungsbezogene Aspekte

441

I. Mitarbeit als reine Beitragsleistung 1. Gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen

441 442

a) Ausgangslage

442

b) A n w e n d u n g allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Schutzinstrumente

443

aa) Selbstschutz durch Mitverwaltungs- und Kontrollrechte

443

bb) Belastungsverbot

446

cc) Gleichbehandlungsgrundsatz dd) Schutz mitgliedschaftlicher Interessen durch

454

Rücksichtnahmepflicht

454

Inhaltsverzeichnis

XVII

2. Dienstvertragliche Regeln

455

3. Analoge Anwendung des arbeitsrechtlichen Gesundheitsund Persönlichkeitsschutzes

457

II. Auswirkungen der Gesellschafterstellung auf das Beschäftigungsverhältnis

463

1. Bedeutung der Treue- bzw. Förderpflicht

463

a) Grundlagen b) Tätigkeitsbeziehung als reiner und verbundener Drittvertrag c) Modifikation der Mitarbeitspflicht aa) Eigenständige Beschäftigungsverhältnisse bb) Ausführungsverträge und gemischte Mitarbeiterverhältnisse d) Reduktion des arbeitsrechtlichen Gesundheits- u n d Persönlichkeitsschutzes?

2. Relevanz der Mitverwaltung

§ 9 Entgeltrechtliche Fragen I. Existenz eines Anspruchs auf eine feste Tätigkeitsvergütung 1. Reine Beitragsleistungen a) Gesetzliche Ausgangslage b) Vertragliche Regelung aa) Auslegungsalternativen und -regeln bb) Stillschweigende Vergütungszusagen

2. Eigenständige und verbundene Drittbeziehungen II. Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen 1. Kontinuierliche Entwicklungen a) Schuldrechtliche und gesellschaftsrechtliche Anpassungsinstrumente . . . . b) Übertragung arbeitsrechtlicher Institute aa) Betriebliche Ü b u n g bb) Gleichbehandlungsgrundsatz

463 464 465 465 468 468

470

472 472 472 472 480 480 485

487 489 491 492 498 498 500

2. Mehrarbeit

502

3. Marktverhalten des Unternehmens

505

a) E r h ö h u n g bei wirtschaftlichem Erfolg b) Ermäßigung der Vergütung bei Krisen aa) Geschäftsleitend tätige Gesellschafter bb) Sonstige mitarbeitende Gesellschafter

III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen Bezügen 1. D i e n s t e als r e i n e B e i t r a g s l e i s t u n g a) Wertdeckungspflicht bei Fortfall der Tätigkeit b) Auswirkungen einer Verhinderung auf die Ertragsseite

505 508 508 513

515 515 515 518

XVIII

Inhaltsverzeichnis aa) S o n d e r v e r g ü t u n g e n bb) G e w i n n b e t e i l i g u n g e n c) A u s n a h m e n zur generellen R i s i k o t r a g u n g durch den Beschäftigten aa) U n t e r n e h m e n s b e z o g e n e U m s t ä n d e (1) A n n a h m e v e r w e i g e r u n g (2) Veränderungen des Arbeitsanfalls (3) Technische Störungen bb) M i t a r b e i t e r b e z o g e n e U m s t ä n d e

518 523 526 526 526 529 530 533

2. Einfluß der Gesellschafterposition auf eine Drittrechtsbeziehung . . 538 a) Gesellschafter mit Dienstvertrag b) Gesellschafter als A r b e i t n e h m e r c) Genossen als O r g a n m i t g l i e d e r

IV. Beendigung oder wesentliche Verringerung einer gesellschafterlichen Mitarbeitspflicht

§ 1 0 Haftungsproblematik I. Haftung für Schäden am Gesellschaftsvermögen 1. Tätigkeit als reiner Gesellschafterbeitrag a) G r u n d s ä t z l i c h e R e i c h w e i t e der H a f t u n g für eigenübliche Sorgfalt b) Ü b e r t r a g u n g der arbeitsrechtlichen H a f t u n g s p r i v i l e g i e r u n g ?

2. Mitarbeit aufgrund einer Drittrechtsbeziehung

538 539 541

542

545 545 545 546 551

538

a) Geschäftsleitende Tätigkeit aa) Personengesellschafter bb) Körperschaftsrecht (1) Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H (a) M e i n u n g s s t a n d u n d A u s g a n g s l a g e (b) Grundsätzliche S p e r r w i r k u n g des § 43 G m b H G (c) A u s n a h m e f ä l l e (aa) Statusbezogene Gesichtspunkte (bb) Pflichtbereichsbezogene A s p e k t e

538 538 539 539 539 561 568 568 570

(2) Sonstige Körperschaften b) Mitarbeit außerhalb der Geschäftsleitung

571 572

II. Ausgleich für Eigenschäden

§ 1 1 Wettbewerbsverbote und Geschäftschancenbindung I. Vertragliches Stadium 1. Wettbewerbsverbote a) G r u n d l a g e n

574

575 575 575 575

b) Grenzfälle und W e c h s e l w i r k u n g e n

585

aa) A n w e n d u n g s v o r a u s s e t z u n g e n

585

Inhaltsverzeichnis (1) Adressatenkreis (2) Zeitliche Grenzen

XIX 585 591

(a) Liquidationsphase

591

(b) Ungewißheitssituationen

593

bb) Untersagte Handlungen

597

cc) Folgen von Verstößen

599

c) Rechtsgeschäftliche Modifikationen 2. G e s c h ä f t s c h a n c e n l e h r e

599 602

II. Nachvertraglicher Zeitraum

606

§12

1. G e s e t z l i c h e P f l i c h t e n

606

2. V e r t r a g l i c h e A b r e d e n

609

Beendigung von Tätigkeitsbeziehungen

614

I. L ö s u n g d u r c h die G e s e l l s c h a f t o d e r die M i t g e s e l l s c h a f t e r 1. M i t a r b e i t auf g e s e l l s c h a f t s v e r t r a g l i c h e r G r u n d l a g e a) Isolierte Beendigung der Tätigkeit aa) Geschäftsführung (1) Personengesellschaften

614 614 615 615 615

(a) Grundlagen

615

(b) Folgen einer Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . (aa) Konsequenzen bei gegenständlich unbeschränkter Mitarbeit (bb) Geschäftsführung als alleiniger Gegenstand der Mitarbeit (c) Inhalt des gesetzlichen Bestandsschutzes (d) Grenzen vertraglicher Erleichterungen

618

(aa) Ausgangslage

618 622 625 626 627

(bb) Zeitlicher Schutz

629

(cc) Inhaltlicher Bestandsschutz

631

(2) G m b H - R e c h t

638

bb) Sonstige Beschäftigung

644

b) Hinauskündigung aus der Gesellschaft

649

c) Beendigung der gesamten Gesellschaft

652

2 . T ä t i g k e i t a u f g r u n d eines r e i n e n D r i t t r e c h t s v e r h ä l t n i s s e s

656

3. A u s f ü h r u n g s v e r t r ä g e u n d g e m i s c h t e M i t a r b e i t e r v e r h ä l t n i s s e

660

II. L ö s u n g durch den Mitarbeiter 1. T ä t i g k e i t als B e i t r a g a) Separate Kündigung der Tätigkeitspflicht aa) Personengesellschaften (1) Kündigung aus wichtigem Grund (2) Ordentliche Kündigung

662 662 662 662 662 665

XX

Inhaltsverzeichnis bb) Körperschaften (1) Kündigung aus wichtigem G r u n d (2) Ordentliche Kündigung b) Austritt aus der Gesellschaft c) Beendigung der gesamten Gesellschaft d) G r e n z e n vertraglicher Beschränkungen von Lösungsrechten aa) Unmittelbare Begrenzungen bb) Mittelbare Einschränkungen

2. Ausführungsverträge bzw. gemischte Mitarbeiterverhältnisse und reine Drittbeziehungen

666 666 668 671 672 673 673 680

683

Viertes Kapitel: Z u s a m m e n f a s s u n g u n d S c h l u ß b e t r a c h t u n g § 13 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse I. Dogmatische Grundlagen II. Qualifikation von Mitarbeitsverhältnissen III. Einzelne Problemfelder

689 689 690 693

§ 14 Schlußbetrachtung

698

Literaturverzeichnis

701

Register

745

Verzeichnis der ausländischen Abkürzungen A. All E . R . ALR Am. Econ. Rev. Arb

Atlantic Reporter All England Law Reports American Law Reports American Economic Review Sammlung Arbeitsrechtlicher Entscheidungen

Berkeley J . of Employment & Labor L. Bull. civ.

Berkeley Journal of Employment and Labor Law Bulletin des arrêts de la C o u r de Cassation, Chambres civiles

CA C.A. Cass. com. Cass. soc. Ch.D. Chr. Cir. CLLPJ Ct. of Sess.

C o u r d'Appel Court of Appeal C o u r de Cassation, Chambre commerciale et financière C o u r de Cassation, Chambre sociale Chancery Division Chronique Circuit Comparative Labor Law & Policy Journal Court of Session

D. DRdA Dr. soc.

Dalloz Das Recht der Arbeit Droit social

E.A.T. ERLJ

Employment Appeal Tribunal Employee Relations Law Journal

F. F.Supp.

Federal Reporter Federal Supplement

GesRZ

D e r Gesellschafter, Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht

Harv. L. Rev.

Harvard Law Review

I.C.R. ILJ LR. I.R.L.R.

Industrial Cases Reports Industrial Law Journal Informations rapides Industrial Relations Law Reports

XXII

Verzeichnis der ausländischen

Abkürzungen

J. JC J. Corp. Law J . Fin. Econ. J . Law & Econ. J . of Legal Studies J . Pol. Econ.

Jurispudence Juris-Classeur The Journal of Corporation Law Journal of Financial Economics The Journal of Law & Econonomics The Journal of Legal Studies The Journal of Political Economy

L.

Loi

N.E. N.L.R.B. N.W. N.Y.S.

North Eastern Reporter National Labor Relations Board (Decisions and Orders) North Western Reporter New York Supplement

P.

Pacific Reporter

Q.B.D.

Q u e e n s Bench Division

Rev. soc.

Revue des sociétés

S.E. somm. S.W.

South Eastern Reporter Sommaires commentés South Western Reporter

U. Miami L. Rev. U.S. U.S.C.

University of Miami Law Review United States Reports United States Code

W.L.Rev. W.L.R.

Wisconsin Law Review Weekly Law Reports

ZAS

Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht

§ 1 Einleitung

I. Einführung in die Problematik Das Gesellschafts- und das Arbeitsrecht beziehen sich gleichermaßen auf das Unternehmen als organisierte Wirtschaftseinheit. Dieser gemeinsame Bezug auf den unternehmerischen Wertschöpfungsprozeß führt zu einer Vielzahl von Berührungspunkten und damit von Konfliktfeldern zwischen beiden Rechtsgebieten. Beispielhaft seien das Recht der unternehmerischen Mitbestimmung, das Konzernrecht und das Umwandlungsrecht genannt. Will man sich nicht damit begnügen, unterschwellig von der Dominanz einer der beiden Materien auszugehen, so gilt es, sich beim Aufeinandertreffen gegenläufiger gesellschafts- und arbeitsrechtlicher Wertungen um einen Ausgleich zu bemühen. Dies wird vor allem dadurch erschwert, daß beide Rechtsbereiche ihre Ausgangspunkte in gänzlich unterschiedlich gelagerten Ausschnitten aus der sozialen Wirklichkeit genommen und sich infolgedessen abweichende Traditionen herausgebildet haben, was sich nicht zuletzt in den verschiedenen Gerichtsbarkeiten widerspiegelt. Außerdem gehören sowohl das Gesellschafts- als auch das Arbeitsrecht zu den produktivsten Teilgebieten unserer insgesamt ständig komplexer werdenden Rechtsordnung. Gleichwohl muß jedenfalls die Rechtswissenschaft - trotz aller unumgänglichen Spezialisierung - den inneren Zusammenhang der einzelnen Teildisziplinen im Blick behalten und nach Möglichkeit zu konsistenten Wertungen gelangen. 1 Die vorliegende Studie hat es sich zum Ziel gesetzt, an der Schnittstelle von Gesellschafts- und Arbeitsrecht Lösungen zu entwickeln, die den Geltungsansprüchen beider Bereiche gerecht werden sollen. Hierbei ist von einer gleichsam flächendeckenden Bearbeitung sämtlicher wesentlichen Berührungspunkte allerdings bewußt Abstand genommen worden. Vielmehr verfolgt die Untersuchung das bescheidenere Anliegen, den Beziehungen zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht anhand einzelner Tätigkeitsverhältnisse und damit der persönlichen Rechtsstellung des jeweiligen Mitarbeiters nachzugehen. Insoweit weist das Aufeinandertreffen der beiden Rechtsgebiete von vornherein bestimmte Eigenheiten auf. Während hinter der Frage nach dem Verhältnis von Gesellschafts- und Ar1 Dazu prägnant Zeuner, JZ 1997, 480, 481 ff. Zur Widerspruchsfreiheit als verfassungsrechtliches Gebot BVerfG vom 7.5.1998, BVerfGE 98, 106, \ \%USodan, JZ 1999, 864, 868 ff.; eingehend - wenn auch mit zurückhaltender Tendenz - Felix, Einheit der Rechtsordnung, passim, insbesondere S. 360 ff.

2

5 1

Einleitung

beitsrecht häufig der Konflikt zwischen den F a k t o r e n „Kapital" und

„Arbeit"

s t e h t , w a s s i c h v i e l l e i c h t a m d e u t l i c h s t e n an d e r u n t e r n e h m e r i s c h e n M i t b e s t i m m u n g z e i g t , g e h t es h i e r u m d i e B e s o n d e r h e i t , d a ß s i c h s o w o h l das G e s e l l s c h a f t s ais a u c h das A r b e i t s r e c h t a u f d a s s e l b e P h ä n o m e n b e z i e h e n : d i e L e i s t u n g m e n s c h licher Arbeit2. M i t d e m Gesellschafts- und d e m Arbeitsverhältnis existieren zwei G r u n d f o r m e n f ü r d i e t a t s ä c h l i c h e M i t a r b e i t in e i n e m U n t e r n e h m e n , die e i n e r s e i t s v i e l e Ubereinstimmungen

a u f w e i s e n , w ä h r e n d sie a n d e r e r s e i t s in e i n e r R e i h e

von

R e c h t s g e b i e t e n 3 mit sehr unterschiedlichen F o l g e n v e r k n ü p f t sind. E i n e K o n v e r genz besteht, wie v o r allem i m r e c h t s ö k o n o m i s c h e n Schrifttum4 b e t o n t wird, zun ä c h s t in d e m S i n n e , d a ß b e i d e r e c h t l i c h e n F o r m e n a u f e i n e l ä n g e r f r i s t i g e o r g a n i satorische5 Zusammenarbeit ausgerichtet sind.6 D a s damit verbundene Erfordern i s e i n e r A n p a s s u n g d e r B e z i e h u n g e n an s i c h v e r ä n d e r n d e R a h m e n b e d i n g u n g e n hat angesichts der U n m ö g l i c h k e i t , bereits bei Vertragsschluß sämtliche R e c h t e u n d P f l i c h t e n d e r B e t e i l i g t e n a b s c h l i e ß e n d z u r e g e l n , 7 z u r F o l g e , d a ß es s i c h in b e i d e n F ä l l e n u m u n v o l l s t ä n d i g e V e r t r ä g e h a n d e l t , 8 die e n t s p r e c h e n d d e n j e w e i l i 2 Unter Arbeit ist jeder planmäßige Einsatz körperlicher und/oder geistiger Kräfte zur Realisierung wirtschaftlicher Zwecke zu verstehen; vgl. Wöbe, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 20. Aufl., S. 240; siehe auch B A G vom 10.5.1990, AP Nr. 51 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter II 4 a cc); Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 8 Rn. 10, S. 76. 3 Zu nennen sind neben dem Zivilrecht vor allem das Sozialversicherungs- und das Steuerrecht. Ausführlich zu diesen beiden Rechtsbereichen, die in der vorliegenden Studie nicht eigenständig erörtert werden sollen, Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 119 ff., 139 ff., 181 ff., 223 ff., 449 ff. 4 Zur grundsätzlichen Bedeutung rechtsökonomischer Überlegungen siehe unten sub § 3 III 2. 5 Mit dem Kriterium der Organisation soll keine Stellung zu der in der Rechtsökonomie schon seit langem umstrittenen Frage bezogen werden, ob Unternehmen (im Falle der Beschäftigung von Arbeitnehmern) grundsätzlich hierarische Strukturen aufweisen oder ob es sich statt dessen ausschließlich um ein Netzwerk vertraglicher Beziehungen handelt; für ein hierarisches Verständnis grdl. Coase, The Nature of the Firm, S. 33, 39 ff.; ebenso Brandes, ZfA 1986, 449, 456 f.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 592; für eine ausschließliche Konzeption als „nexus of contracts" Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305, 310 f.; zust. Fama, J. Pol. Econ. 88 (1980), 288, 289; in diese Richtung bereits Alchian/Demsetz, Am. Econ. Rev. 62 (1972), 777f.; dazu krit. Eisenberg,]. Corp. Law 24 (1999), 819, 827ff.; abl. ferner D. Schneider, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Unternehmensrechts, S. 1, 4 f.; einschränkend auch Schanze, Jb. f. N P Ö , Bd. 2 (1983), 161, 169 ff.; umfassende Darstellung bei Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, S. 308 ff.; Köndgen, in: Ott/ Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Unternehmensrechts, S. 128 ff. 6 Jickeli, Der langfristige Vertrag, S. 17 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 592; Wellenhofer-Klein, RabelsZ 64 (2000), 564, 582; Williamson, Institutionen, S. 80 f. Während Kirchner, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Arbeitsrechts, S. 84, 85 (zum Arbeitsvertrag), und Wellenhofer-Klein, aaO., insoweit von symbiotischen Verträgen sprechen, grenzen Schäfer/Ott, aaO., Gesellschafts- und Arbeitsverträge von symbiotischen Verträgen ab. 7 Die Gründe liegen in der mangelnden Vorhersehbarkeit sämtlicher Eventualitäten sowie in den prohibitiv hohen Transaktionskosten für das Aushandeln angemessener vertraglicher Vorkehrungen; vgl. Fleischer, Z G R 2001, 1, 5; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 248.

I. Einführung

in die

Problematik

3

gen Umständen einer Komplettierung bedürfen. Dies betrifft vor allem die zu erbringende Arbeitskraft, deren endgültige Spezifizierung sowohl im Gesellschafts- wie im Arbeitsvertrag praktisch ausgeschlossen ist, so daß ihre rahmenmäßige Umschreibung für den Gläubiger der Dienstleistung gleichsam ein Versicherungsmoment gegen die Ungewißheit über die künftigen Arbeitsanforderungen enthält. 9 Des weiteren besteht bei beiden Beschäftigungsformen die Eigenheit, daß die Arbeitskraft untrennbar mit der jeweiligen Person verbunden bleibt, 1 0 während etwa sonstige Gesellschafterbeiträge die Sphäre des einzelnen Beteiligten vollständig verlassen und in den verbandlichen Bereich übergehen können. Diese Bindung an die konkret betroffene Person führt zu Problemen, die bei der Investition von Kapital in dieser Form nicht auftreten können. Hierfür mögen zwei Stichworte genügen: So ist die persönliche Arbeitskraft zum einen im Normalfall nicht teilbar. Eine Risikodiversifizierung, wie sie bei Kapitalanlagen durch die Streuung des Portfolios auf verschiedene Unternehmen empfohlen wird, ist praktisch nicht möglich. 1 1 Vielmehr beseitigt die Liquidation des Unternehmens regelmäßig für mitarbeitende Gesellschafter genauso wie für Arbeitnehmer in vollem Umfang das konkrete berufliche Betätigungsfeld als Quelle künftigen Einkommens. Zum anderen führt eine längerfristige Tätigkeit vielfach zum Erwerb unternehmensspezifischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die im Rahmen sonstiger Mitarbeitsverhältnisse nicht verwertbar sind wie auch umgekehrt bei einer Abwanderung des Betroffenen nicht ohne weiteres substituiert werden können. Damit können sowohl der Mitarbeiter als auch die anderen Beteiligten in gesellschafts- wie in arbeitsrechtlichen Beziehungen ein vitales Interesse an einer Dauerhaftigkeit der Tätigkeit haben. 1 2 Diesen Parallelen stehen erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Vertragstypen gegenüber, die sich auf andere ökonomische Faktoren beziehen. Ein skizzenhafter Abriß soll einen ersten Eindruck über diese Diskrepanzen vor allem unter dem Blickwinkel der Risikoverteilung zwischen den Parteien vermitteln. 8 Fleischer, Z G R 2 0 0 1 , 1 , 4 f. (zum Gesellschaftsvertrag); Behrens, ZiA 1986, 1989, 2 0 9 , 2 2 6 ; Schrüfer, Ökonomische Analyse, S. 54 ff. (jeweils zum Arbeitsvertrag); zur Kategorie der unvollständigen Verträge näher Jickeli, Der langfristige Vertrag, S. 48 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 247 ff.; siehe auch Deregulierungskommission, Marktöffnung und Wettbewerb, Ziff. 13, 559. 9 Vgl. Brandes, ZfA 1986, 449,456; Eger/Weise, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Arbeitsrechts, S. 48, 49 (jeweils zum Arbeitsvertrag). 10 Brandes, ZfA 1986, 449, 456; Dorndorf, FS Gnade (1992), S. 39, 48; Eger/Weise, in: Ott/ Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Arbeitsrechts, S. 48, 49; Schrüfer, Ökonomische Analyse, S. 40 ff. (jeweils zum Arbeitsvertrag). 11 Vgl. Fama, J . Pol. Econ. 88 (1980), 288, 291 f. (zu Managern); Dow/Putterman, in: Blair/ Roe (Ed.), Employees and Corporate Governance, S. 17, 44; Kühler, FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 321, 327; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 242 (zu Arbeitnehmern). 12 Dazu grdl. G. Becker, J . Pol. Econ. 70 (1962), Suppl, 9, 17 ff.; siehe auch Behrens, ZfA 1986,1989, 209, 224 f. (jeweils zum Arbeitsvertrag).

4

5 1

Einleitung

Wendet man sich zunächst dem Gesellschaftsverhältnis zu, so lassen sich die Charakteristika des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage am klarsten anhand der offenen Handelsgesellschaft demonstrieren. In dieser Gesellschaftsform findet die Mitunternehmergemeinschaft ihren klassischen Ausdruck. 1 3 Zugleich stellt die offene Handelsgesellschaft das gesetzliche Grundmodell der Handelspersonengesellschaften dar, 14 auch wenn ihre ökonomische Bedeutung im Verhältnis zur G m b H sowie zur G m b H & C o . K G insgesamt rückläufig ist 1 5 . Bei der offenen Handelsgesellschaft bilden sämtliche Gesellschafter, um eine vom B G H 1 6 des öfteren verwendete Formulierung aufzugreifen, eine Arbeits- und Haftungsgemeinschaft. 1 7 Die Gesellschafter setzen neben etwaigem eigenem Kapital sowie der Bereitschaft zur Übernahme der persönlichen Haftung 1 8 vor allem ihre Arbeitskraft für einen erwerbswirtschaftlichen Zweck ein. 1 9 Die Betätigung zur Förderung des gemeinsamen Zwecks stellt regelmäßig den eigentlichen Beruf der Gesellschafter dar. 20 Sie sind nach dem gesetzlichen Regelfall zum einen im Innen- wie im Außenverhältnis an sämtlichen unternehmerischen Entscheidungen gleichberechtigt beteiligt. 2 1 Zum anderen haben die Gesellschafter am Vermögen sowie an den Erträgen des Unternehmens unmittelbaren Anteil. Die Beteiligung am Geschäftsgewinn ist das Äquivalent für ihre geleisteten Bemühungen. 2 2 Umgekehrt fallen ihnen Verluste des Unterneh-

13 G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., § 12 V 1, S. 90; Raisch, Unternehmensrecht 1, S. 123. Zum Realtypus der Mitunternehmergemeinschaft i.S. des Gesellschaftsrechts eingehend Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 2 II 2 a u. § 6 I 1 a, S. 114 ff. u. 296 f. 14 K. Schmidt, Stellung der o H G , S. 139, 196; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 4 6 I 2 b, S. 1357; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 105 Rn. 13; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 34 I 1, S. 390. 15 Vgl. dazu G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., § 12 V 1, S.91; Kühler, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 7 I 4, S. 64; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 46 I 2 b, S. 1356; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 105 Rn. 12; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 2 II 2 a, S. 115. Zur Verbreitung und wirtschaftlichen Relevanz der verschiedenen Unternehmensformen siehe auch die Angaben bei G. Hueck, aaO., § 4 1 1 , S. 25 f.; Sigloch, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Betriebswirtschaft, Rn. 10 ff., 14 ff. Zu den betriebswirtschaftlichen Gründen für die Wahl der Gesellschaftsrechtsform ebenda, Rn. 65, 115 ff., 201 ff. Umfangreiches rechtstatsächliches Material ferner bei Hansen, G m b H R 1999, 24 ff.; Kornhlum/Hampf/Naß, G m b H R 2000, 1240 ff. 16 Vgl. B G H vom 6.12.1962, B G H Z 38, 306, 312; B G H vom 25.3.1985, N J W 1985, 2421, 2422; B G H vom 12.1.1998, N J W 1998, 1313, 1314; ferner B G H vom 3.7.1989, B G H Z 108, 187, 194. 17 Siehe zum folgenden eingehend auch Beuthien, FS E. Wolf (1985), S. 17, 18 ff. 18 Vgl. § 128 H G B . 19 Denkschrift zum H G B , S. 89; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 4 II, S. 36; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., § 12 V 1, S. 90. Zur Rückführung des Erfolges einer O H G auf die Faktoren Arbeit, Kapital und Haftung siehe ferner Potthoff/Zintzen/Halft, Handbuch, 3. Aufl., S. 261. 20 A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 4 II, S. 36; Raisch, B B 1969, 1361, 1365; Wiedemann, Übertragung, S. 331. 2 1 Vgl. §§ 114, 116, 125, 126 H G B . 2 2 So schon Endemann/Z^stzg, Handbuch, Bd. I, § 86 VI, S. 364.

I. Einführung

in die

Problematik

5

mens unmittelbar zur Last. 2 3 Eine ertragsunabhängige Tätigkeitsvergütung steht den Gesellschaftern grundsätzlich nicht zu. 24 Vielmehr erhalten sie für ihre Arbeit die Chance auf ein Residualeinkommen. 2 5 Das Auftreten der Erwerbsgesellschaft am Gütermarkt 2 6 bildet damit eine F o r m der unternehmerischen Vermarktung der eigenen Arbeitskraft der Gesellschafter. 27 Im übrigen profitieren die Beteiligten am Substanzzuwachs des Unternehmens ebenso wie ihnen ein etwaiger Wertverfall der investierten Güter schadet. Betrachtet man die Mitunternehmergemeinschaft aus der Perspektive der damit verbundenen Risiken, lassen sich folgende Feststellungen treffen: Risiken des Güter- bzw. Dienstleistungsmarktes wirken sich unmittelbar auf die E i n k o m menssituation der Gesellschafter aus. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf den Umfang der geleisteten Tätigkeit an. Sofern sich eine verminderte Nachfrage des Marktes bereits in fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten der Gesellschafter niederschlägt, ist kein Vertragspartner vorhanden, der den entfallenden Unternehmensertrag finanziell auffängt. Darüber hinaus können die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu führen, daß auch erbrachte Arbeit mangels eines U n ternehmensgewinns letztlich unentgolten bleibt. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß marktbezogene Risiken im Innenverhältnis der Gesellschafter grundsätzlich vergemeinschaftet werden. Wenn sich ein solches Risiko nur auf das Tätigkeitsfeld eines beteiligten Gesellschafters auswirkt, fließt ein hierdurch entstehender Teilverlust nämlich im Regelfall in eine gemeinsame Bilanz ein, so daß der zunächst allein betroffene Gesellschafter hinsichtlich seines Einkommens partiell entlastet wird. D e r unmittelbaren Koppelung von marktabhängigem U n ternehmensertrag und Einkommenssituation des einzelnen Gesellschafters steht nach der gesetzlichen Ausgangslage im Hinblick auf die Beschäftigung aber ein nicht unbeträchtlicher Bestandsschutz gegenüber. Soweit es durch MarkteinbuSiehe §§120, 121 H G B . Vgl. nur R G vom 4.3.1943, R G Z 170, 392, 396; B G H vom 21.5.1955, B G H Z 17, 299, 301; B G H vom 20.9.1973, N J W 1973, 2101, 2102; Baumbach//fo/>i, H G B , 30. Aufl., § 110 Rn. 19; H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. Aufl., § 1 1 0 R n . 2 0 ; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 22; siehe dazu auch noch unten sub § 9 I 1 a. 25 Martens, RdA 1979, 347, 352. Unter einem Residualeinkommen versteht man in der Betriebswirtschaft denjenigen Teil des Ertrages, der einem Unternehmen nach Abzug aller Kosten verbleibt; vgl. Wöhe, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 20. Aufl., S. 104; in diesem Sinne auch E. Schneider, Wirtschaftstheorie, Teil I, 10. Aufl., S. 17. Zur Unterscheidung zwischen Residualund Kontrakteinkommen bei Unternehmensmitarbeitern siehe ferner//¿ix, in: Rauscher (Hrsg.), Selbstinteresse und Gemeinwohl, S. 121, 127 ff. 26 Mit Gütermarkt soll der Markt für Produkte und selbständige Dienstleistungen bezeichnet werden. Dabei genügt es für die vorliegenden Zwecke, den Markt als eine ökonomische Kategorie aufzufassen und darunter einen organisierten Prozeß zu verstehen, in dem sich der Austausch und die Verteilung produzierter Güter und Dienstleistungen durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage vollzieht, vgl. etwa Badura, Wirtschaftsverfassung, S. 163; siehe ferner Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 310. Zu den Problemen der Umsetzung eines ökonomischen Marktbegriffs in die Denkkategorien des Rechts anschaulich Lukes, FS Böhm (1965), S. 199, 207 ff. 27 In diesem Sinne auch Böhm, F G Kronstein (1967), S. 11, 24, 27 ff. 23

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§ 1

Einleitung

ßen zu einem Überschuß an Arbeitskapazität kommt, muß der einzelne Gesellschafter grundsätzlich nicht fürchten, durch eine „betriebsbedingte Hinauskündigung" seitens seiner Mitgesellschafter seine Beschäftigung zu verlieren, weil das Gesellschaftsrecht nur eine personenbezogene Ausschließung vorsieht. 2 8 Ein unfreiwilliger Arbeitsplatzverlust ist danach lediglich in der Weise denkbar, daß ein anderer Gesellschafter die dauerhafte Unrentabilität des Unternehmens zum A n laß nimmt, eine gerichtliche Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grund zu beantragen. 2 9 Nicht zuletzt wegen der sich in diesem Falle anschließenden Liquidation, die regelmäßig zu einer Zerschlagung wirtschaftlicher Werte führt, wird indes ein erheblicher Anreiz auf die Mitgesellschafter ausgeübt, von einem Auflösungsantrag möglichst Abstand zu nehmen. Eine im Hinblick auf die E i n k o m menssituation vergleichbare Rechtslage besteht für Risiken, die an die Person des einzelnen Gesellschafters anknüpfen. Falls persönliche Gründe wie Krankheit, Schwangerschaft oder ein Bedürfnis nach Erholung einen Gesellschafter an der Ausübung seiner Dienste für die Gesellschaft hindern und es dadurch zu einer Minderung des Unternehmensgewinnes kommt, wird eine Einkommenseinbuße des jeweiligen Gesellschafters zwar nicht von vornherein durch Abwälzung auf einen Vertragspartner vermieden. Die Beteiligung an einer gemeinsamen G e winn- und Verlustrechnung führt jedoch auch in diesen Fällen zu einer Vergemeinschaftung der Risiken. 3 0 Demgegenüber bildet das Arbeitsverhältnis eine prinzipiell andere F o r m der wirtschaftlichen Nutzung menschlicher Arbeitskraft. Im Grundsatz ist das Arbeitsverhältnis ein schuldrechtlicher Austauschvertrag. 3 1 D e r Arbeitnehmer überläßt dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft im Regelfall gegen ein bestimmtes Entgelt. Umgekehrt stellt die Vergütung die Gegenleistung der vom Arbeitnehmer erbrachten Tätigkeit dar. Für den Arbeitgeber ergibt sich dadurch die M ö g lichkeit, die ihm zur Verfügung stehende Dienstleistung in sein unternehmerisches Handeln einzuplanen und damit am Gütermarkt zu agieren, während der

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Vgl. § 140 H G B .

Vgl. § 1 3 3 H G B . Zu Einzelheiten der Auflösung wegen Unrentabilität siehe Ulmer, in: Großkomm. H G B , 3. Aufl., § 133 Anm. 39 f.; Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 133 Rn. 13 f. 3 0 Allerdings kann etwa eine langwierige Krankheit ausnahmsweise die Ausschließung eines mitarbeitenden Gesellschafters rechtfertigen; vgl. R G vom 21.11.1922, R G Z 105, 376; R G vom 11.12.1934, R G Z 146,169,176; BaumbachIHopt, H G B , 30. Aufl., § 140 Rn. 5; Heymann/£mmericb, H G B , 2. Aufl., § 140 Rn. 20. 31 Siehe nur B A G (GS) vom 17.12.1959, AP Nr. 21 zu § 616 B G B (unter B IV); Beuthien, FS E. Wolf (1985), S. 17, 20 f.; Bydlinski, System, S. 559; MünchArbR/.Richardi, 2. Aufl., § 8 Rn. 1; Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 81; Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 9 ff.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 11 II 4, S. 153; ferner Mitbestimmungskommission., BTDrucks. VI/334, Teil IV, Ziff. 6; eingehend nunmehr Boemke, Schuldvertrag und Arbeitsverhältnis, S. 203 ff. Altere Lehren, die im Arbeitsverhältnis von vornherein keinen schuldrechtlichen Austauschvertrag zu sehen vermochten, können als überwunden angesehen werden, so daß es insoweit keiner Auseinandersetzung mehr bedarf; vgl. dazu ausführlich Richardi, ZfA 1988, 221, 228 ff.; siehe auch Gamillscheg, RdA 1998, 2, 5. 29

I. Einführung in die

Problematik

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A r b e i t n e h m e r darauf verzichtet, an diesem M a r k t selbst aufzutreten. Mit seinem A n g e b o t unselbständiger Arbeit nimmt er lediglich am Arbeitsmarkt teil, also dem M a r k t für unselbständige Dienstleistungen. 3 2 Analysiert man das Arbeitsverhältnis im H i n b l i c k auf die soeben bei der U n tersuchung des Gesellschaftsverhältnisses genannten Risiken, ergeben sich folgende Unterschiede: D i e markanteste A b w e i c h u n g betrifft das Verhältnis von Marktschwankungen und Entgelt. Grundsätzlich wirken sich weder G e w i n n e noch Verluste des U n t e r n e h m e n s unmittelbar auf das E i n k o m m e n des A r b e i t nehmers aus. Zwischen dem geschäftlichen Erfolg bzw. Mißerfolg auf der einen und der Vergütung des Arbeitnehmers auf der anderen Seite besteht keine direkte Verknüpfung. 3 3 Vielmehr steht dem A r b e i t n e h m e r regelmäßig ein von der Ertragslage unabhängiges K o n t r a k t e i n k o m m e n zu. 3 4 D e r A r b e i t n e h m e r investiert seine Arbeitskraft also gegen ein festes Vertragsentgelt. 3 5 D a m i t korrespondierend trägt der Arbeitgeber nach allgemeiner Ansicht das sogenannte Wirtschaftsrisiko, also das Risiko, für seine am M a r k t angebotenen G ü t e r und Dienstleistungen keine A b n e h m e r zu finden. 3 6 Sofern eine technisch mögliche Beschäftigung der A r b e i t n e h m e r lediglich aus wirtschaftlichen G r ü n d e n unterbleibt, berührt dies den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers nicht. 3 7 D i e im G e f o l g e der allgemeinen Wirtschaftskrise Anfang der dreißiger J a h r e des vorigen Jahrhunderts vom R A G vereinzelt vertretene Auffassung, nach der die Vergütung des A r b e i t nehmers auch in den Fällen des Wirtschaftsrisikos bei einer generell schlechten konjunkturellen Lage in Extremsituationen entfällt, 3 8 wird im modernen Schrifttum nicht einmal mehr erwähnt. 3 9 M i t dieser Risikoverteilung schließt das Ar32 Hromadka, FS 40 Jahre DB (1988), S. 241, 251. Zur Differenzierung zwischen Gütermarkt auf der einen und Arbeitsmarkt auf der anderen Seite Rieble, Arbeitsmarkt und Wettbewerb, Rn. 76 ff., 82 ff.; Reuter, ORDO, Bd. 36 (1985), 51, 56, 68; ferner Schrüfer, Ökonomische Analyse, S. 43 f. Zu der damit korrespondierenden unterschiedlichen Struktur von Wirtschafts- und Arbeitsverfassung R. Scholz, FS Rittner (1991), S. 629, 636 ff. Nicht überzeugend die scharfe Kritik an der Unterscheidung der Märkte durch Romme, Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, S. 176 ff. 33 Beuthien, FS E. Wolf (1985), S. 17, 21; Zöllner, FS Fechner (1973), S. 155, 163 f. 34 Böhm, FG Kronstein (1967), S. 11, 25; Martens, RdA 1979, 247, 252; E. Schneider, Wirtschaftstheorie, Teil I, 10. Aufl., S. 16; Wiedemann, ZGR 1975, 385, 415. 35 Böhm, FG Kronstein (1967), S. 11, 27 ff.; Henssler, RdA 1992, 289, 291. 36 Siehe etwa BAG vom 8.3.1961, AP Nr. 13 zu §615 BGB Betriebsrisiko; BAG vom 10.7.1969, AP Nr. 2 zu §615 BGB Kurzarbeit (unter 2); LAG Hamburg vom 11.9.1946, RdA 1948, 34 f.; MünchArbR/Soewer, 2. Aufl., §79 Rn. 8; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 44 IV 1, S. 348 f.; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 42 III 2, S. 608 f.; Staudinger/ Richardi, BGB, 13. Bearb., §615 Rn. 178 f.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., §18 V 1 b, S. 240. 37 Der Zahlungsanspruch der Arbeitnehmer gründet sich in diesen Fällen unstreitig auf § 615 BGB. 38 RAG vom 6.6.1931, ARS 12,256,257 f.; RAG vom 4.7.1931, ARS 12, 487,488; ebenso Lehmann, NZfA 1932, 8 ff.; anders aber z. B. RAG vom 12.12.1931, ARS 14, 78, 81. 39 Die angesprochene Thematik darf nicht mit der andersgelagerten Frage verwechselt werden, ob der Arbeitgeber bei Störungen, die den Betriebsablauf tatsächlich oder rechtlich unmittelbar unterbinden (Versagen des „Leistungssubstrates"), von seiner an sich (nunmehr gemäß

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§ 1

Einleitung

beitsrecht an das sonstige Zivilrecht an. 4 0 Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Risikozuweisung in vertraglichen Schuldverhältnissen fallen Sekundärzweckstörungen nämlich regelmäßig dem Gläubiger zur Last. Der Gläubiger trägt somit das Verwendungsrisiko. 4 1 Für den Arbeitnehmer folgt aus dieser Struktur des Arbeitsverhältnisses eine Abschirmung von den allgemeinen Marktrisiken, denen ein Gesellschafter ungefiltert ausgesetzt ist. Der Arbeitgeber fungiert gleichsam als ein Versicherer gegen Marktrisiken. 4 2 Dementsprechend bleibt der unselbständig Beschäftigte von einem Wertverfall der im Unternehmen investierten G ü ter ebenso unberührt wie ihm umgekehrt eine Steigerung des Substanzwertes nicht zugute kommt. Allerdings bleibt der Arbeitnehmer vor den Risiken des Marktgeschehens nicht dauerhaft verschont: 4 3 Eine fristlose Kündigung wegen eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Arbeitgebers läßt man zwar nur unter sehr strengen Voraussetzungen zu 4 4 oder hält sie sogar für generell unzulässig, sofern eine ordentliche Kündigung nicht ihrerseits ausgeschlossen ist 4 5 . Indes hat der Arbeitgeber zum einen vielfach die Möglichkeit, durch Einführung von Kurzarbeit die Arbeitspflicht und damit zugleich die Entgeltpflicht abzusenken. 4 6 Auf diese Weise werden zunächst lediglich den Arbeitgeber treffende Marktschwankungen zu den einzelnen Arbeitsverhältnissen durchgeleitet. 4 7 Zum anderen steht dem Arbeitgeber bei einem nicht nur kurzfristigen Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeiten die Befugnis zu, eine betriebsbedingte ordentliche Kündigung auszusprechen. Marktrisiken können demnach für den Arbeitnehmer zu einem endgültigen Arbeitsplatzverlust führen. 4 8

§ 615 S. 3 i. V. m. S. 1 B G B ) bestehenden Entgeltzahlungspflicht befreit wird, wenn die Betriebsstörung den Bestand des Betriebs gefährdet; abl. etwa MünchArbR/Boewer, 2. Aufl., § 79 Rn. 21; Kalb, Betriebsrisikolehre, S. 109 ff.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 18 V 1 c, S. 240. 4 0 Die Verbindungslinien zum allgemeinen Vertragsrecht hervorhebend auch Kalb, Betriebsrisikolehre, S. 104 u Picker, 1979,285,293. 41 Siehe etwa H. Köhler, Zweckstörungen, S. 108 ff.; Koller, Risikozurechnung, S. 307 ff.; Soergel/Wiedemann, B G B , 12. Aufl., Vor § 323 Rn. 39 f. 42 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 77; in diesem Sinne auch Dow/Putterman, in: Blair/Roe (Ed.), Employees and Corporate Governance, S. 17, 32; Ichino, RdA 1998, 271, 272; ferner Behrens, ZfA 1989, 2 0 9 , 2 2 6 mit Fn. 23, der das Versicherungselement allerdings nicht unmittelbar auf das Entgelt, sondern auf das Beschäftigungsrisiko bezieht. Zur Deutung der Risikoverlagerung als (impliziter) Tausch von Risikoübernahme gegen einen Abschlag von dem Entgelt, das dem Wertgrenzprodukt der Arbeit entspricht Azariadis, J . Pol. Econ. 83 (1975), 1183, 1184 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 242 ff.; Schriifer, Ökonomische Analyse, S. 104 ff. 4 3 Siehe zum folgenden auch Romme, Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, S. 183 ff., der diesen Aspekt indes überzeichnet. 4 4 So vor allem die ältere Rspr. und Lit.; vgl. R G vom 23.3.1926, J W 1927, 245; R A G vom 9.7.1932, ARS 15, 507, 508; R A G vom 23.4.1932, ARS 16, 77, 82 f.; R A G vom 15.10.1932, ARS 16, 429,431; R A G vom 10.12.1932, ARS 16, 477, 478; R A G vom 28.1.1933, ARS 17, 257, 258 f.; R A G vom 4.2.1933, ARS 17, 259, 260; R A G vom 26.7.1933, ARS 18, 300, 301; R A G vom 11.11.1933, ARS 2 2 , 1 7 , 1 8 ; R A G vom 9.12.1933, ARS 1 9 , 2 3 9 , 2 4 0 f.; R A G vom 28.2.1934, ARS 2 0 , 2 0 9 , 2 1 4 ; R A G vom 2.6.1937, ARS 30, 87, 89; B A G vom 8.10.1957, AP Nr. 16 zu § 626 B G B (Bl. 3R/4);

I. Einführung

m die

Problematik

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D e n zweiten Komplex bilden wiederum diejenigen Risiken, die in der Person des Arbeitnehmers wurzeln, wie Krankheit, Schwangerschaft oder Urlaub. Diese Risiken werden durch eine Fülle arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen zu einem großen Teil auf den Arbeitgeber verlagert. In vielen Fällen erfolgt trotz Nichtleistung von Arbeit eine Entgeltfortzahlung, in anderen Fällen wird zumindest das Arbeitsverhältnis unter Suspendierung der Hauptleistungspflichten aufrechterhalten. 4 9 Dabei spielt es für den Zweck der Gegenüberstellung von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis keine Rolle, ob der dem Arbeitnehmer hierdurch gewährte Schutz als eine Durchbrechung des Austauschzusammenhanges aus sozialen Gründen anzusehen ist 5 0 oder ob er statt dessen innerhalb des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung seinen Platz findet 5 1 . Zusammenfassend ergibt sich somit trotz mancher Parallelen ein grundlegender Unterschied zwischen der Investition von Arbeitskraft im Rahmen eines B e teiligungsverhältnisses, das zu einer Teilhabe am Gewinn und Verlust des Unternehmens führt, und eines Arbeitsverhältnisses, das auf ein festes Vertragsentgelt abzielt. 5 2 Aufgrund der geschilderten Gegensätzlichkeit in der ökonomischen und rechtlichen Struktur scheint die Zuordnung konkreter Rechtsverhältnisse zu einer der beiden Grundformen auf den ersten Blick keine besonderen Probleme König, RdA 1948, 54, 60; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 42 III 2, S. 609; siehe aber auch B A G vom 28.3.1985, AP Nr. 86 zu § 6 2 6 B G B (unter B III 2); Soergel/Kraft, B G B , 12. Aufl., § 6 2 6 Rn. 63. 4 5 So vor allem das neuere Schrifttum; vgl. Erman/Belling, B G B , 10. Aufl., § 6 2 6 Rn. 79 f.; MünchKommBGB/Sc^werciiner, 3. Aufl., § 6 2 6 Rn. 150, 152; Stablhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz, 7. Aufl., Rn. 539 f.; nicht ganz eindeutig KR-Fischermeier, 6. Aufl., § 6 2 6 B G B Rn. 155 ff., 170, 417. Siehe auch B A G vom 25.10.1969, AP Nr. 1 zu § 2 2 K O : Konkurseröffnung kein wichtiger Grund für außerordentliche Kündigung; ebenso O L G Hamm vom 26.10.1986, ZIP 1987, 121, 123. 4 6 Zu den rechtlichen Voraussetzungen siehe nur Schaub, Arbeitsrecht-Handbuch, 9. Aufl., § 47 Rn. 2 ff., S. 382 ff. 4 7 Vgl. Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 77; Zöllner, FS Fechner (1973), S. 155, 161 f. 4 8 Siehe Raiser, Marktwirtschaft und paritätische Mitbestimmung, S. 23; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 76; Zöllner, KG 1981, 13, 18. 4 9 Einzelheiten bei Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 78 f. 5 0 So die insbesondere von der Rspr. vertretene traditionelle Sicht, vgl. B G H vom 22.6.1956, B G H Z 2 1 , 112, 114 f.; B A G (GS) vom 17.12.1959, AP Nr. 21 zu § 6 1 6 B G B (unter B IV); B A G vom 26.8.1960, AP Nr. 20 zu § 6 3 H G B (unter III 1); B A G vom 7.12.1972, AP Nr. 25 zu § 1 L o h n F G (Bl. 2); B A G vom 6.8.1986, AP Nr. 68 zu § 1 L o h n F G (unter I); Söllner, AcP 167 (1967), 132, 137; Zöllner, N J W 1990, 1, 5; letztlich auch Staudinger/Oei^er, B G B , 13. Bearb., § 6 1 6 Rn. 170 ff. 51 So etwa Kramer, Arbeitsvertragliche Verbindlichkeiten, S. 52 ff.; Schwarz, FS Wilburg (1975), S. 355, 358 f.; Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 149 ff., 159 ff.; ders., ZfA 1979, 1, 19 f.; Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 16 f. Für eine versicherungsrechtliche Einstufung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Denck, RdA 1980, 246, 251 f. Die Versicherungsfunktion von Unternehmen hervorhebend auch Reuter, O R D O , Bd. 36 (1985), 51, 59; ähnlich Ichino, RdA 1998, 271, 272. Andere Akzentsetzung bei Schanze, Jb. f. N P Ö , Bd. 2 (1983), 161, 178 F n . 4 8 : Überwälzung auf Solidargemeinschaft der unternehmensangehörigen Arbeitnehmer („unternehmensinterne Besteuerung"). 5 2 Plastisch Böhm, F G Kronstein (1967), S. 11, 29.

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Einleitung

zu bereiten. Bei näherem Hinsehen zeigt sich indessen, daß sich die Rechtsprechung seit jeher mit Grenzfällen auseinandersetzen mußte, bei denen es nicht von vornherein klar war, ob eine Mitarbeit als Gesellschafts- oder als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren war. 53 Dabei zielte die Einstufung auf höchst unterschiedliche Rechtsfolgen ab wie beispielsweise die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, 54 die Forderung von Schadensersatz wegen unterlassener Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen 55 oder die Anwendbarkeit der Verfahrenstarifverträge über die Sozialkassen im Baugewerbe, 56 mag die jeweils zugrunde liegende Gestaltung auch nicht immer so spektakulär gewesen sein wie der vom LAG Hessen 57 entschiedene Fall einer GbR, in die innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren insgesamt 54 polnische Bauhandwerker jeweils für maximal drei Monate „als Gesellschafter" aufgenommen wurden. 58 Ferner zeichnet sich am Horizont bereits die Frage ab, ob es sich bei den Partnern in den immer größer werdenden freiberuflichen Sozietäten tatsächlich um Gesellschafter oder statt dessen um Arbeitnehmer handelt. 59 Daß dies nicht nur eine theoretische Überlegung ist, wird durch einen Blick in das US-amerikanische Recht eindrucksvoll bestätigt, das sich schon seit längerem intensiv mit der Problematik des Verhältnisses von partner und employee in professionellen Vereinigungen befaßt 60 . Im übrigen greift eine sich auf die beiden genannten Rechtsformen fokussierende Sichtweise häufig zu kurz. Vielmehr muß bei der Einordnung einer Tätigkeit im Grenzgebiet zwischen Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis nicht selten zusätzlich ein freier Dienstvertrag 61 bzw. eine Stellung als arbeitnehmerähnliche Person 62 in Betracht gezogen werden. Insbesondere führt die durch die Verselb53 Siehe bereits den von Puchelt, BuschsArch. Bd. 8 (1866), 393, 400 ff., geschilderten Fall eines Streits um die Wirksamkeit eines Vertrages. 54 RG vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7; BAG vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 HGB; OLG Köln vom 5.10.2000, NZG 2001, 165 ff. 55 BAG vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 ZPO. 56 BAG vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau. 57 LAG Hessen vom 20.3.2000, NZA-RR 2001, 156 ff. Siehe auch OVG Sachsen vom 2.6.1995, AR-Blattei ES 330 Nr. 39, unter dem Blickwinkel des Erfordernisses einer Arbeitserlaubnis für die mehr als 50 polnischen Gesellschafter einer ebenfalls im Bausektor tätigen GmbH & Co. OHG. 58 Umfassende Auflistung der einschlägigen Fälle unten sub § 4 II 1. 59 So auch Hanau, AuA 2000, 276. 60 Vgl. Burke v. Friedman, 556 F.2d 867 (7th Cir. 1977); Hishon v. King & Spalding, 678 F.2d 1022 (1 Ith Cir. 1982); E.E.O.C v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 775 F.2d 928 (8th Cir. 1985); Caruso v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 664 F.Supp. 144 (S.D.N.Y. 1987); Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257 (lOth Cir. 1987); Fountain v. Metealf, Zima & Co., P. A., 925 F.2d 1398 (1 Ith Cir. 1991); Strother v. S. Cal. Permanente Medical Group, 79 F.3d 859 (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436 (6th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982 (Ist Cir. 1997). 61 Siehe nur Baier, MDR 1985, 890, 893; Dersch, RdA 1951, 212, 213; G. Hueck, DB 1962, 1363 ff.; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 132, 145 ff.; Priester, DB 1975, 1878, 1879; Riegger, DB 1983, 1909. 62 Vgl. RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 17; BAG vom 15.4.1993, AP Nr. 12 zu § 5 ArbGG

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ständigung von Verbänden entstehende Möglichkeit, daß ein Mitglied in Drittbeziehungen zum eigenen Verband tritt, auch zur Frage, wie sich eine gesellschafterliche Position auf die Einstufung eines solchen Drittvertrages als Arbeits- oder Dienstvertrag auswirkt. Mindestens ebenso wichtig ist schließlich, daß die Q u a l i fikationsproblematik mit einer Vielzahl von Einzelfragen verknüpft ist, deren systematischer Zusammenhang sich jedenfalls nicht prima facie erschließt. Insoweit geht es zunächst um das Problem, von welchen Einzelkriterien die konkrete Zuordnungsentscheidung abhängt. Damit unmittelbar verbunden ist die Frage nach dem Stellenwert des Parteiwillens. Insoweit ist insbesondere unklar, ob und in welchem Umfang ein nach außen deklarierter Wille, das Rechtsverhältnis einem bestimmten rechtlichen Regime zu unterstellen, durch spezielle N o r m e n oder aufgrund eines allgemeinen Rechtsformzwanges überspielt wird, oder ob umgekehrt gerade in der Grauzone zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht die Grenzlinien weithin dem Parteizugriff unterliegen. Sodann fragt sich, ob es überhaupt richtig ist, an das Qualifikationsproblem mit der Vorstellung heranzugehen, ein konkretes Rechtsverhältnis letztlich einem bestimmten Grundtyp zuordnen zu müssen oder ob statt dessen verstärkt danach zu fahnden ist, welche Mischformen den Parteien im Grenzgebiet zwischen Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis zur Verfügung stehen. Es ist deshalb für den vorliegenden Zusammenhang von besonderem Interesse, daß immer wieder Stimmen laut werden, die für die Möglichkeit der Doppelqualifikation einer Arbeitsleistung als Vertragsleistung im Rahmen eines Austauschverhältnisses und zugleich als Beitrag zu einer stillen Gesellschaft plädieren 6 3 . Immerhin könnte man daran denken, auf diese Weise zu einer im Verhältnis zu „reinen" Gesellschafts- bzw. Arbeitsverhältnissen modifizierten Risikostruktur zu gelangen. Darüber hinaus ist es zu eng, die angesprochene Thematik auf die Frage der Einordnung zweifelhafter Rechtsverhältnisse zu reduzieren. Schon bei der Suche nach Mischformen zeigt sich, daß die Qualifikation häufig nur den ersten Schritt zur Bewältigung eines Problemfalles darstellt und es in einem zweiten Schritt darauf ankommt, den Blick auch auf die daraus resultierenden konkreten Rechtsfolgen zu richten. N o c h deutlicher wird die Relevanz einer die Rechtsfolgen einbeziehenden Betrachtung, wenn man sich vor Augen hält, daß es trotz der Einstufung einer Rechtsbeziehung als gesellschafts- oder arbeitsvertraglich durchaus vorstellbar ist, den Geltungsanspruch „an sich" einschlägiger Vorschriften oder Regelungskomplexe zurückzudrängen oder umgekehrt „an sich" nicht anwendbare N o r m e n analog heranzuziehen. So kennt das Gesellschaftsrecht schon seit langem den mitarbeitenden Personengesellschafter, der ohne einen eigenen Kapi1979. Zu den geringfügigen Auswirkungen der Qualifikation als arbeitnehmerähnlicher Beschäftigter siehe aber unten sub § 3 III 3. 6 3 So Blaurock, H a n d b u c h , 5. Aufl., Rn. 6 5 \ H o r n , Z G R 1974, 133,149 f.; den., in: H e y m a n n , H G B , 2. Aufl., § 2 3 0 Rn. 17; Iber, R d A 1973, 303, 304 ff.; Reinhardt, F S N i p p e r d e y (1955), S. 2 3 5 , 2 4 6 f.; grds. auch Roos, Beteiligung der Arbeitnehmer, S. 70 f.; in diese Richtung ferner offenbar Noppeney, D B 1976, 578, 580.

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§ 1

Einleitung

talanteil und ohne Einbeziehung in die Gewinn- und Verlustrechnung lediglich wie ein angestellter Geschäftsführer tätig wird. 6 4 Hier fragt sich, ob und gegebenenfalls unter welchen zusätzlichen Voraussetzungen arbeitsrechtliche Bestimmungen zur Anwendung kommen können. Umgekehrt läßt sich daran denken, daß ein Arbeitnehmer aufgrund einer ihm gleichzeitig zustehenden Stellung als Gesellschafter dem durch das Arbeitsrecht grundsätzlich gewährten Schutz nur in einem geringeren Umfang unterfällt. Ferner könnte man überlegen, noch weiter zu gehen, indem man die generelle Zuordnungsfrage von vornherein ausblendet und sich sogleich darauf konzentriert, ob eine bestimmte Regelung auf ein konkretes Rechtsverhältnis angewendet werden kann und ob die in ihr enthaltenen Rechtsfolgen gegebenenfalls zu modifizieren sind. Erst durch eine das gesamte methodische Instrumentarium einbeziehende U n tersuchung läßt sich die Gefahr bannen, die verschiedenen in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Standpunkte zu Fällen an der Grenze zwischen G e sellschafts- und Arbeitsrecht lediglich beziehungslos aneinanderzureihen und etwaige Verbindungslinien zu übergehen. Zugleich schärft der Blick auf die gesamte Bandbreite der rechtlichen Reaktionsmöglichkeiten das Bewußtsein dafür, daß es zwischen den einzelnen Konstellationen gleitende Übergänge gibt und man es vielfach nicht mit von vornherein weit voneinander entfernten Tatbeständen zu tun hat. So lassen sich mit den Begriffen des „mitarbeitenden Gesellschafters" und des „unternehmensbeteiligten Arbeitnehmers" nur scheinbar zwei präzise trennbare Gestaltungen umschreiben. Vielmehr kann es in Grenzfällen gerade fraglich sein, ob ein Beschäftigter in Wirklichkeit „schon" oder „noch" Arbeitnehmer bzw. Gesellschafter ist. Eine entsprechende Fallgruppenbildung muß sich ihres heuristischen Charakters deshalb stets bewußt bleiben, um nicht bereits durch die Richtung der jeweiligen Fragestellung Ergebnisse zu präjudizieren. Zumindest aber ist es erforderlich, zu verdeutlichen, ob die Ebene der rein äußerlichen Beschreibung oder die Ebene der rechtlichen Bewertung von Sachverhalten gemeint ist. 6 5

6 4 Vgl. B G H vom 9.6.1980, B G H Z 77, 233, 239; B G H vom 1.6.1981, AP Nr. 7 zu § 17 BetrAVG (unter 2); L G Köln vom 20.3.1985, D B 1985, 1579, 1580; Flame, Personengesellschaft, §§ 10 III u. 11 II, S. 137 u. 149; Ganßmiiller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 26; Huber, Vermögensanteil, S. 289 ff.; Klein, Gesellschaftergeschäftsführer, passim; Kornblum, Haftung der Gesellschafter, S. 231; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 333; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 357 Fn. 83; Plum, FS 100 Jahre DJT, Bd. II (1960), S. 137, 156 f.; Zinn, Selbstorganschaft, S. 140 ff.; ferner B F H vom 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33 ff.; B F H vom 16.12.1992, BStBl. II 1993, 270 ff.; zum Gesellschafter ohne Kapitalanteil siehe auch R G vom 16.4.1942, R G Z 169, 105, 107 f.; B G H vom 15.6.1978, W M 1978, 1230; Hommelhoff/Timm, K T S 1981, 289, 295 f.; krit. aber Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 193 ff.; ihm folgend Michalski, Perpetuierung von Unternehmen, S. 204 Fn. 245. 6 5 Unklar etwa Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, der die Beschäftigten des PorstModells zunächst (S. 76 f.) als Arbeitnehmer bezeichnet, um später (S. 512) zu der Einschätzung zu gelangen, daß sie in Wirklichkeit keine Arbeitnehmer seien.

II. Abgrenzung

und Präzisierung

der

Thematik

13

II. Abgrenzung und Präzisierung der Thematik Sofern man sich bei der Untersuchung der rechtlichen Rahmenbedingungen einer Mitarbeit im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Arbeitsrecht nicht darauf beschränkt, mehr oder weniger willkürlich ausgewählte Fälle zu lösen, zeigt sich, daß die aufgeworfene Problematik mit einer Reihe von Themenkomplexen in einer auf den ersten Blick nur schwer zu durchschauenden Weise verflochten ist. Eine Entwirrung der verschiedenen Diskussionslinien wird insbesondere dadurch erschwert, daß die einzelnen Problemfelder teilweise ihrerseits eng miteinander verzahnt sind und nicht unerhebliche Schnittmengen aufweisen. Mit den anschließenden Ausführungen sollen die insoweit bestehenden Zusammenhänge als Grundlage der weiteren Überlegungen verdeutlicht und terminologische U n klarheiten ausgeräumt werden. Zugleich dienen sie dem Zweck, den Blickwinkel dieser Studie zu präzisieren. Dazu ist in einem ersten Schritt klarzustellen, welche durch den Untersuchungsgegenstand prima facie berührten Aspekte von vornherein nicht thematisiert werden sollen.

1. Kooperationsbeziehungen

zwischen

Arbeitnehmern

Außerhalb der folgenden Betrachtungen bleiben zunächst diejenigen Gestaltungen, in denen es um kooperationsrechtliche Beziehungen auf der horizontalen Ebene zwischen Beschäftigten geht, die eindeutig als Arbeitnehmer einzustufen sind. Das betrifft einmal die grundsätzliche Frage nach etwaigen verbandsrechtlichen Deutungen der Belegschaft als solcher. 6 6 Dies betrifft aber auch alle Formen der Gruppenarbeit 6 7 einschließlich des Falles, daß mehrere Personen sich zu einer Gesellschaft zusammenschließen, um einem Auftraggeber gebündelt unselbständige Arbeit anzubieten (Eigengruppe) 6 8 . Ausgeblendet werden sollen des weiteren die Sachverhalte, in denen gerade fraglich ist, ob Beschäftigte, die sich untereinander als Gesellschafter verbunden haben, gleichzeitig gegenüber einem Dritten die Stellung eines Arbeitnehmers innehaben. 6 9 In diese Rubrik gehört schließlich auch die im Zusammenhang mit Strategien zur Vermeidung von „Scheinselbständigkeit" aufgeworfene Frage, ob der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H , der ohne weitere Mitarbeiter nur seine Arbeitskraft

Siehe dazu noch unten sub § 3 IV 2 b aa. Hierzu etwa MünchArbR/Marschall, 2. Aufl., §171; Schauh, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., §§ 181 ff., S. 1780 ff. 6 8 Vgl. B A G vom 21.10.1971, AP Nr. 1 zu §611 B G B Gruppenarbeitsverhältnis. 6 9 Dazu B A G vom 20.9.2000, AP Nr. 8 zu § 2 A r b G G 1979 Zuständigkeitsprüfung (unter II 2 a bb). Siehe auch O V G Hamburg vom 23.10.1998, AR-Blattei ES 330 Nr. 40, das diese Frage in einer ausländerrechtlichen Angelegenheit zu Unrecht offenläßt. Ferner Bauer/Baeck/Schuster, N Z A 2000, 893 ff., die allerdings nicht hinreichend zwischen Innen- und Außenverhältnis differenzieren. 66

67

14

§ 1

Einleitung

anbietet, A r b e i t n e h m e r sein kann, oder ob die Zwischenschaltung einer juristischen Person eine solche A n n a h m e kategorisch ausschließt. 7 0

2. Mitarbeit in nicbtwirtschaftlichen

Verbänden sowie in Ehe und Familie

Wenn von Dienstleistungen im Spannungsfeld zwischen Gesellschafts- u n d Arbeitsrecht die Rede ist, geraten unweigerlich die Konstellationen ebenfalls ins Blickfeld, bei denen es u m Beschäftigte in Verbänden geht, die zumindest in der H a u p t s a c h e keine erwerbswirtschaftlichen Ziele verfolgen. In der Vergangenheit hat insbesondere die Rechtsstellung von den f ü r das Rote Kreuz tätigen Pflegekräften die Gerichte 7 1 u n d das Schrifttum 7 2 wiederholt beschäftigt. D a n e b e n w u r d e die E i n o r d n u n g von Amateur- bzw. Vertragsamateursportlern 7 3 sowie von f ü r eine - angebliche - Religionsgemeinschaft (Scientology) tätigen Mitarbeitern 7 4 erörtert. Die genannten Fälle werfen viele Fragen auf, die weit über die Thematik hinausreichen, die hier untersucht werden soll. E r w ä h n t seien nur die Bedeutung der Erwerbsabsicht f ü r die Arbeitnehmereigenschaft, der Begriff der Religions- u n d Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne der Art. 140 G G i. V. mit Art. 137 W R V sowie die Relevanz des Tendenzschutzes f ü r die Reichweite der Selbstverwaltungsautonomie von Verbänden. Die folgenden Überlegungen werden diese Gestaltungen daher nur in dem Maße aufgreifen, in dem sich ihnen Gesichtspunkte f ü r das allgemeine Verhältnis von Gesellschafts- u n d Arbeitsverhältnis entnehmen lassen. Dasselbe gilt f ü r diejenigen Gestaltungen, in denen aufgrund der persönlichen Beziehungen der Beteiligten bei der Qualifikation einer 70 Prinzipiell gegen die Möglichkeit eines A r b e i t n e h m e r s t a t u s w o h l A r b G M ö n c h e n g l a d bach v o m 19.1.2000, N Z A - R R 2000, 412 f. In diesem Sinne f ü r das Sozialversicherungsrecht (§ 7 Abs. 4 S. 1 SGB IV) auch das gemeinsame R u n d s c h r e i b e n der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung z u m G e s e t z z u r F ö r d e r u n g der Selbständigkeit v o m 20.12.1999 u n t e r 3.5.7.2, abged r u c k t in N Z A 2000, 190 ff. sowie in N Z S 2000, 184 ff. Siehe aber Reiserer/Biesinger, BB 1999, 1006, 1011, die einen sozialversicherungsrechtlichen Durchgriff auf den Beschäftigten ausnahmsweise zulassen wollen. In einer vergleichbaren Situation f ü r einen contrat de travail sogar C A Paris v o m 7.6.2001, Dr. ouvrier 2001, 525 f. 71 Vgl. B A G v o m 18.2.1956, A P N r . 1 zu § 5 A r b G G 1953; B A G v o m 3.6.1975, A P N r . 1 zu § 5 B e t r V G 1972 Rotes K r e u z N r . 1; B A G v o m 20.2.1986, A P N r . 2 zu § 5 B e t r V G 1972 Rotes K r e u z N r . 2; B A G v o m 6.7.1995, A P N r . 22 zu § 5 A r b G G 1979; B A G v o m 22.4.1997, A P N r . 18 zu § 99 B e t r V G 1972 Einstellung; siehe auch B A G v o m 4.7.1979, A P N r . 10 zu § 611 B G B Rotes Kreuz. 72 Siehe etwa Brosius, Rechtsstellung der R o t k r e u z - S c h w e s t e r n , S. 68 ff.; Knuth, Stellung der R o t k r e u z s c h w e s t e r , S. 12 ff.; v. Maitzahn, R d A 1955, 454, 455 f.; Nikisch, FS A. H u e c k (1959), 1, 4 ff.; v. Rehren, Stellung von K r a n k e n s c h w e s t e r n , S. 64 ff.; Savaete, A r b u R 1959, 5, 6 ff.; Teich, Rechtsstellung der K r a n k e n s c h w e s t e r n , S. 119 ff.; Trieschmann, R d A 1955, 52, 53 f.; eingehend n u n m e h r Reichelt, Stellung der R o t e - K r e u z - S c h w e s t e r n . 73 L A G Stuttgart v o m 17.11.1977, A r b u R 1978, 125; B A G v o m 10.5.1990, A P N r . 51 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit. D a z u näher Arens/Scheffer, AR-Blattei SD 1480.2 Rn. 31 ff.; Franz, Rechtsstellung des A m a t e u r f u ß b a l l e r s , S. 137 ff.; Poschenrieder, Sport als Arbeit, S . 6 2 f f . , 90 ff.; K. H. Schmidt, R d A 1972, 84, 85 ff.; K. Schneider, A r b e i t n e h m e r e i g e n s c h a f t der Sportler, S. 54 ff.; Weisemann/Spieker, Sport, Spiel u n d Recht, 2. Aufl., R n . 24 ff. 74 B A G v o m 22.3.1995, A P N r . 21 zu § 5 A r b G G 1979.

II. Abgrenzung

und Präzisierung

der

Thematik

15

Mitarbeit ehe- und familienrechtliche Wertungen berücksichtigt werden müssen. 75 Im übrigen ist nicht zu verkennen, daß die personale Nähe der Betroffenen auch bei der allgemeinen Abgrenzung von gesellschaftsrechtlicher und arbeitsrechtlicher Mitarbeit den Hintergrund vieler Streitigkeiten bestimmt und jedenfalls bei der richterlichen Entscheidungsfindung nicht völlig ausgeblendet werden kann. Die damit verbundenen tatsächlichen Phänomene einschließlich der daraus abzuleitenden rechtlichen Folgen 7 6 sollen in dieser Studie angesichts der Fülle der vorrangig zu klärenden Probleme gleichwohl nicht näher betrachtet werden.

3. Kooperationsrechtliche

Interpretation

des

Arbeitsverhältnisses

Bei der Betrachtung von Dienstleistungen im Grenzgebiet zwischen Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis stößt man ferner alsbald auf Ansätze, die auf verschiedenen Wegen bereits dem regulären Arbeitsverhältnis kooperationsrechtliche Elemente attestieren. Gemeint sind damit alle Versuche, bei Beschäftigungsverhältnissen, die weder auf der individual- noch auf der kollektivrechtlichen Ebene vom Normalstatut abweichen und die deshalb nach herkömmlichen Kriterien eindeutig und ausschließlich Arbeitsverträge darstellen, durch eine Anknüpfung an den Einzelvertrag, an die betriebliche Ebene oder an das Unternehmen einen mehr oder weniger stark ausgeprägten kooperationsrechtlichen Einschlag nachzuweisen. Da sich diese Überlegungen auf das regelmäßig gestaltete Arbeitsverhältnis und somit gerade nicht auf Grenzfälle beziehen, sollen sie im folgenden nicht auf ihre inhaltliche Berechtigung untersucht werden, zumal sie in der Rechtsprechung keinen Niederschlag gefunden haben und im Schrifttum ebenfalls weitgehend auf Ablehnung gestoßen sind. Vielmehr werden sie in dieser Studie lediglich insoweit angesprochen, als sich ihnen Gesichtspunkte für die dogmatische Frage entnehmen lassen, welche Möglichkeiten für die Qualifikation einer Tätigkeit die Rechtsordnung grundsätzlich zur Verfügung stellt. 77

4. Vermögensbeteiligung

der

Arbeitnehmer

Die Frage nach den rechtlichen Vorgaben für eine Mitarbeit im Grenzgebiet zwischen Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis ist weiter mit der - betrieblichen Vermögensbeteiligung bzw. Unternehmensbeteiligung 7 8 von Arbeitnehmern eng 75 Vgl. dazu aus neuerer Zeit etwa B G H vom 7.10.1997, B G H Z 137, 1,4 ff. (familienrechtliche Dienstleistungspflichten); B G H vom 30.6.1999, B G H Z 142,137 ff. (Ehegatten); eingehend Fenn, Mitarbeit, passim; C. S. Hergenröder, AR-Blattei SD 700.1 Rn. 2 ff.; Lieb, Ehegattenmitarbeit, passim. 76 Man denke etwa an die Frage, wie sich der Umstand, bestehende Rechtspositionen aus familiärer Rücksichtnahme häufig über längere Zeit nicht geltend zu machen, auf die Qualifikation einer Mitarbeit auswirkt. 77 Siehe zu alledem unten sub § 3 IV 2 b aa bis cc u. ee. 78 Die durch die staatliche Vermögensbildungspolitik (ebenfalls) geförderte außerbetriebli-

16

5 1

Einleitung

verzahnt, die sich seit einiger Zeit wieder im Aufwind befindet 79 . Damit Zusammenhänge zwischen bestimmten Fallgruppen und Fragestellungen nicht verschüttet werden oder manche innerlich verbundenen Problemfelder sogar von vornherein unberücksichtigt bleiben, sollen hierunter in einem weiten Sinne alle Gestaltungen verstanden werden, aufgrund derer ein Beschäftigter, der jedenfalls prima facie als Arbeitnehmer angesehen werden kann, aufgrund einer besonderen Regelung zumindest eine Teilhabe am Unternehmensgewinn erlangt. 80 Einer zusätzlichen Beteiligung an der Vermögenssubstanz bzw. am Vermögenszuwachs des Unternehmens bedarf es demgegenüber nicht. 81 Die durch diese Umschreibung angestrebte Weite des Untersuchungsgegenstandes bringt es mit sich, daß sie eine Fülle recht verschieden gelagerter Konstellationen umfaßt. Der folgende Uberblick soll, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, die Bandbreite der in die Überlegungen einzubeziehenden Fälle veranschaulichen. Dabei empfiehlt es sich, ungeachtet mancher Abgrenzungsschwierigkeiten danach zu differenzieren, ob die Vermögensteilhabe eines Beschäftigten unmittelbar auf der Investition von Kapital oder von Arbeit als solcher beruht. 82 Nur zur Klarstellung sei hinzugefügt, daß das investierte Kapital natürlich auch durch eine vorherige Mitarbeit aufgebracht worden sein kann. Soweit es um die Kapitalinvestition eines Arbeitnehmers in das Beschäftigungsunternehmen geht, sind die herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsformen (Kommanditanteile, stille Beteiligungen, Geschäftsanteile an einer GmbH und Belegschaftsaktien) zu erwähnen. Demgegenüber ist es für den Zweck dieser Studie nicht erforderlich, auf weitere Wege der investiven Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern wie Genußrechte 83 oder partiarische Darlehen che Beteiligung s o w i e die von den G e w e r k s c h a f t e n favorisierte überbetriebliche Beteiligung am P r o d u k t i v v e r m ö g e n spielen für die Z w e c k e der vorliegenden U n t e r s u c h u n g keine R o l l e und k ö n n e n deshalb unberücksichtigt bleiben. Zur Position der G e w e r k s c h a f t e n vgl. nur Tofaute, W S I - M i t t . 1998, 371 ff. U m f a s s e n d e Darstellung des gesamten Bereichs der Beteiligung von Arbeitnehmern a m P r o d u k t i v v e r m ö g e n bei Loritz, Z f A 1998, 543 ff. 79 Vgl. etwa K.-M. Schanz, N Z A 2000, 626 ff.; Wagner, BB 2000, 42 ff. 80 Z u m Begriffsverständnis siehe Horn, Z G R 1974, 133, 139 ff.; Studienkommission, Partnerschaft, S. 18 f., 27; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 V 1 a, S. 640. Sonstige Beteiligungen von A r b e i t n e h m e r n , die an andere U n t e r n e h m e n s e r t r ä g e als den G e w i n n , z. B. an den U m satz, a n k n ü p f e n , bleiben unberücksichtigt, weil sie regelmäßig die Kostenseite vernachlässigen und i m Verhältnis zur G e w i n n b e t e i l i g u n g auch w e n i g e r verbreitet sind; vgl. G. Schanz, M i t a r b e i terbeteiligung, S. 77. A l l e r d i n g s w e r d e n Ertrag u n d G e w i n n teilweise s y n o n y m verwendet; so e t w a von Lutter, Z G R - S o n d e r h e f t Nr. 5 (1985), 85, 94. 81 Da es - soweit ersichtlich - keine Fälle einer isolierten Beteiligung von Beschäftigten an der Substanz bzw. d e m Z u w a c h s des U n t e r n e h m e n s v e r m ö g e n s gibt, k ö n n e n derartige Teilhabeformen übergangen werden. 82 In diesem Sinne auch Vollmer, U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g e n , S. 28 ff., im H i n b l i c k auf die von i h m untersuchten partnerschaftlichen U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g e n ; d a z u sogleich im Text. 83 Z u m B e g r i f f t Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 18 II 2 b dd, S. 518. Vgl. aus der Praxis e t w a die M o d e l l e bei den U n t e r n e h m e n Stihl (abgedruckt in N Z A 1986, 17 ff.) u n d O t t o (abgedruckt in R d A 1988, 236 ff.). Siehe ferner die Fallstudien Nr. 24 ( R o m b a c h G m b H ) und Nr. 26 (Seeberger K G ) im Forschungsbericht Nr. 265 des B M A .

II. Abgrenzung und Präzisierung der

Thematik

17

näher einzugehen. 8 4 Dasselbe gilt für Aktienoptionspläne, die sich seit einigen Jahre zunehmender Beliebtheit erfreuen 8 5 und die „klassischen" Belegschaftsaktien verdrängen, weil es hierbei u m die Berechtigung geht, unter bestimmten Vorausetzungen A k t i e n zu beziehen, während sich die vorliegende U n t e r s u c h u n g auf gegenwärtige Beteiligungen beschränkt. 8 6 F e r n e r werden im folgenden solche Mitarbeiterbeteiligungen von vornherein ausgeblendet, bei denen die Ansprüche des Beschäftigten nicht an Marktdaten gekoppelt sind und die deshalb von v o r n herein keine A n k ü p f u n g s p u n k t e für eine Risikoverteilung nach gesellschaftsrechtlichen Prinzipien bieten. H i e r z u zählen etwa festverzinsliche A r b e i t n e h merdarlehen. Sodann sind sogenannte betriebliche bzw. unternehmerische Partnerschaftsmodelle zu berücksichtigen. Allerdings handelt es sich hierbei nicht einfach um eine weitere F o r m der Kapitalinvestition von Arbeitnehmern mit eindeutigen rechtlichen K o n t u r e n , sondern um einen Begriff, mit dem verschiedenartige Vorstellungen verbunden werden. So liegt etwa für Wiedemann

eine partnerschaftli-

che Struktur nur dann vor, wenn keine wie auch immer geartete vermögensmäßige Beteiligung, sondern statt dessen die Arbeitsleistung als solche die Grundlage einer Unternehmensordnung bildet. 8 7 Danach würde die Partnerschaft ausschließlich in die sogleich zu schildernde R u b r i k der mitarbeitsbezogenen Vermögensbeteiligung fallen. Vielfach faßt man den Begriff der Partnerschaft jedoch weiter und umschreibt damit alle Kooperationsbeziehungen zwischen Unternehmensleitung und Mitarbeitern, die am Leitbild einer echten Mitsprache und Mitverantwortung ausgerichtet sind. 8 8 D e m n a c h ist es nicht ausgeschlossen, auch solche Gestaltungen als partnerschaftlich zu bezeichnen, die ihren Ausgangspunkt in einer Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern nehmen. 8 9 In diesem Sinne sieht auch die A G P 9 0 eine Partizipation am Kapital des Unternehmens neben der reinen Erfolgsbeteiligung 84 O b diese Beteiligungsarten mit der h. M. rein schuldrechtlich oder mit vereinzelten Gegenstimmen (so etwa für Genußrechte Habersack, Z H R 155 [1991], 378, 394 f.; für partiarische Darlehen Schön, Z G R 1993, 210,218 ff.) gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind, sei hier deshalb dahingestellt. 85 Zur Praxis Feddersen/Pohl, AG 2001, 26 ff. 86 Für eine strikte Unterscheidung von Stock-Option-Plänen und herkömmlicher Mitarbeiterbeteiligung Feddersen, Z H R 161 (1997), 269, 270, der insoweit aber das Leistungsanreizmoment der traditionellen Formen zu Unrecht übergeht. 87 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 I 2 b, S. 303 ff.; siehe auch aaO., § 11 V 1 a, S. 640; ebenso offenbar Paulick, Genossenschaft, S. 174; in diese Richtung ferner Horn, Z G R 1974,133,149, nach dessen Ansicht es der Partnerschaftsidee darum geht, den Arbeitnehmer hinsichtlich seiner typischen Funktion, nämlich der Erbringung von Arbeitsleistung und gerade nicht infolge einer Kapitaleinlage, zum Partner zu machen. 88 Vgl. Reuter, BB 1990, 713, 717; Vollmer, Unternehmensverfassungen, S. 22. 8 9 So grds. auch Vollmer, Unternehmensverfassungen, S. 28 f. Es leuchtet deshalb nicht ein, wenn er aaO., S. 45, für eine partnerschaftliche Unternehmensordnung eine kapitalunabhängige Gewinnbeteiligung fordert. Umgekehrt für die Notwendigkeit einer Kapitalbeteiligung als Strukturelement einer Partnerschaft H. J. Schneider, Die partnerschaftliche Kapitalbeteiligung, S. 16 ff. 90 Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft e. V. (Kassel).

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5 1

Einleitung

als einen möglichen Weg an, um das nach ihrer Ansicht für eine betriebliche Partnerschaft über die - ideelle - Komponente der Mitwirkung und Mitverantwortung hinaus erforderliche - materielle - vermögensrechtliche Element zu erfüllen.91 Wichtiger als Etikettierungen und eine daraus resultierende Zuordnung von Fallgruppen ist ohnehin ihre konkrete rechtliche Ausformung. Auch wenn es die vielfältige Praxis verhindert, von dem Partnerschaftsmodell zu sprechen, läßt sich als Generalnenner konstatieren, daß es regelmäßig darum geht, den Mitarbeitern gewisse unternehmensbezogene Mitwirkungsrechte sowie eine Teilhabe am unternehmerischen Erfolg einzuräumen. 92 Als eine Sonderform der Kapitalbeteiligung stellen sich Belegschaftsunternehmen dar. Sie zeichnen sich formal dadurch aus, daß die Kapitalanteile unmittelbar oder über eine zwischengeschaltete Vereinigung ausschließlich oder doch jedenfalls ganz überwiegend von Beschäftigten gehalten werden. 93 Im Hinblick auf die Zahl der Mitarbeitergesellschaften, die zu großen Teilen aus der Alternativbewegung der siebziger Jahre sowie aus der Umwandlung ehemaliger volkseigener Betriebe nach der deutschen Wiedervereinigung hervorgegangen sind, kursieren unterschiedliche Angaben, die nicht zuletzt auf Divergenzen in der Frage der insoweit einzubeziehenden Fälle zurückzuführen sein dürften und von derzeit etwa 1.50 0 94 bis zu 7.00095 reichen 96 . Bei vielen der in diese Rubrik zu fassenden Gestaltungen 97 steht allerdings nicht mehr die Kapitalbeteiligung als solche, sondern statt dessen die aktive Tätigkeit im Vordergrund. Dies läuft in einer Reihe von selbstverwalteten Betrieben auf eine „Kapitalneutralisierung" in dem Sinne hinaus, daß die Bestimmungs- und Vermögensrechte des einzelnen Beschäftigten lediglich aus seiner Stellung als Mitarbeiter und nicht als Kapitaleinleger resultieren sollen. 98 In der Sache wird damit also eine genossenschaftliche Realstruktur ange-

Vgl- § 3 der AGP-Vereinssatzung In der Fassung vom 26.6.2001. Dazu näher unten § 6 V 1 b aa (1) (b) (bb) (bbb). 93 Einen gewissen Bekanntheitsgrad hat vor allem das Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts ins Leben gerufene Modell Süßmuth erlangt; dazu Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung; Reuter, ZfA 1979, 537 ff.; ferner Fabian, in: ders. (Hrsg.), Arbeitnehmer übernehmen ihren Betrieb, S. 7 ff.; Friedel, ebenda, S. 67 ff.; Mayer-Maly, in: Rauscher (Hrsg.), Selbstinteresse und Gemeinwohl, S. 13, 20 ff. Zu neueren Fällen siehe Kost/Röhrig, AiB 2000, 183 ff. 94 So die Angabe auf der AGP-Homepage (abrufbar unter www.agpev.de). 95 So Flieger, ZfgG 49 (1999), 94. 96 Wiemeyer, O R D O , Bd. 39 (1988), 195, 201, nennt für die achtziger Jahre eine Zahl von rund 4.000 Betrieben. 97 Nach dem Entstehungstatbestand lassen sich (originäre) Selbstverwaltungsbetriebe und Employee-buy-outs (Konkursauffanggesellschaften, Heraustrennung einzelner Unternehmensteile) unterscheiden, ohne daß indes aus dieser phänomenologischen Einteilung auf eine unterschiedliche rechtliche Behandlung der jeweiligen Mitarbeiterverhältnisse geschlossen werden kann. Siehe in diesem Zusammenhang ferner Flieger, ZfgG 49 (1999), 94 ff., der drei Grundtypen mit insgesamt elf verschiedenen Untertypen produtivgenossenschaftlicher Organisationsform unterscheiden will. 98 Vgl. Duhm, Belegschaften, S. 124; Eichler-Weiskorn/Pöppel, K J 1987, 259 f.; siehe auch die Differenzierung zwischen „kapitalgeleiteten" und „arbeitsgeleiteten" Unternehmen bei Hax, in: Rauscher (Hrsg.), Selbstinteresse und Gemeinwohl, S. 121, 125. 91

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II. Abgrenzung

und Präzisierung

der

Thematik

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strebt, auch wenn man sich hierfür erheblich häufiger der Rechtsform einer G m b H als derjenigen einer Produktivgenossenschaft b e d i e n t . " Belegschaftseigene Unternehmen werfen mehr noch als partnerschaftlich strukturierte Betriebe die grundsätzliche Frage auf, ob die dort Beschäftigten noch ohne weiteres als Arbeitnehmer angesehen werden können. Zudem muß man sich darüber im klaren sein, daß die Grenzen zur reinen Mitunternehmergemeinschaft ohnehin fließend sind. 100 Ferner ist ein Seitenblick auf Reformmodelle zu werfen. Erwähnt seien zum einen die sämtliche gängigen Erwerbsgesellschaftsformen 1 0 1 behandelnden Überlegungen der Studienkommission des Deutschen Juristentages von 1957 für eine kapitalbezogene Unternehmensbeteiligung der Arbeitnehmer als Gesellschafter, 102 zum anderen die Vorstellungen des Arbeitskreises G m b H - R e f o r m aus dem Jahre 1972, der sich für die Schaffung eines einheitlichen gemeinschaftlichen Arbeitnehmergeschäftsanteils an einer G m b H ausgesprochen hat 1 0 3 . Mit den soeben skizzierten unterschiedlichen Formen betrieblicher Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern ist eine Vielzahl von Fragen verbunden, die allerdings nur zum Teil in die mit dieser Studie näher zu beleuchtende Thematik gehören. Hierzu zählt zunächst das Problem, ob und in welchem Ausmaß sich die Kapitalbeteiligung eines Mitarbeiters auf die Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen und Grundsätze auswirkt. 1 0 4 Darüber hinaus ist die Aufmerksamkeit aber auch darauf zu lenken, daß es in bestimmten Fällen zusätzlich zweifelhaft sein kann, ob ein Beschäftigter aufgrund der ihm vor allem in Partnerschafts- oder Belegschaftsbetrieben zustehenden Rechtspositionen überhaupt noch als Arbeitnehmer zu qualifizieren ist. Demgegenüber sollen die mit der Schaffung von vermögensrechtlichen Arbeitnehmerbeteiligungen zusammenhängenden individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragen, wie etwa die B e deutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, 1 0 5 die Reichweite der tariflichen bzw. betrieblichen Regelungsbefugnis 1 0 6 oder der Umfang der Mitbestimmungs-

Eichler- Weiskorn/Pöppel, KJ 1987, 259, 261 f. Siehe in diesem Zusammenhang auch Posner, Economic Analysis of Law, 5th Ed., § 14.2, S. 430, der zwischen „partnership" und „true workers' cooperative" danach unterscheiden will, ob sich der Horizont des Mitarbeiters nur auf die Zeit seiner Beschäftigung oder auf das Unternehmen als solches bezieht. Dazu Dow/Putterman, in: Blair/Roe (Ed.), Employees and Corporate Governance, S. 17, 38, die das „horizon problem" darauf zurückführen, daß die von einem Beschäftigten investierte Arbeit keiner Veräußerung zugänglich ist, sondern mit dem Ausscheiden aus dem Unternehmen ersatzlos entfällt. 101 A G , G m b H , O H G und K G . 102 Partnerschaft, passim. 103 Thesen und Vorschläge, Bd. II, S. 71 ff. 104 Sehr pauschal insoweit Heinze, N Z A 2001, 1, 2 mit F n . 2 , der eine Kapitalbeteiligung schlicht als Lohnbestandteil mit wirtschaftlicher Risikotragung deklariert. 105 Siehe B A G vom 21.12.1970, AP Nr. 1 zu § 3 0 5 B G B Billigkeitskontrolle; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 V 3 , S. 655. 106 Hierzu Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 108 ff.; ders., D B 1985, 531, 532 ff.; Röder, N Z A 1987, 799, 804 f. 99

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5 1

Einleitung

rechte des Betriebsrats 107 nicht erörtert werden. 108 Ferner wird dem Problem nach den etwaigen Rückwirkungen des Arbeitsverhältnisses auf eine reine Kapitalbeteiligung ebenfalls nicht eigenständig nachgegangen. 109 Mangels gegenwärtiger Relevanz soll schließlich auch die unternehmensverfassungsrechtliche Vorfrage auf sich beruhen, in welchem Umfang den Mitarbeitern unternehmensbezogene Mitwirkungsrechte eingeräumt werden können, die den mit ihrer Kapitalbeteiligung automatisch verbundenen Einfluß übersteigen. 110 Die zweite Möglichkeit einer betrieblichen Vermögensbeteiligung von Mitarbeitern besteht in der Investition der Arbeit selbst. Hierfür kommt in erster Linie die dem Arbeitsrecht schon seit langem 111 bekannte Gewinnbeteiligung von Arbeitnehmern in Betracht, die zu einer Partizipation am unternehmerischen Erfolg bzw. Mißerfolg führt. 112 Demgegenüber ist zweifelhaft, ob es darüber hinaus Formen der Investition von Arbeitskraft gibt, die von der Arbeitnehmereigenschaft eines Beschäftigten ausgehen und dennoch zugleich zu einer echten verbandsrechtlichen Beteiligtenstellung führen. Ein Bedürfnis hierfür könnte bei denjenigen Partnerschaftsmodellen auftreten, die für die Partizipation am Gewinn und an der Substanz des Unternehmens ohne den Umweg einer Kapitalbeteiligung unmittelbar an der Arbeitsleistung des einzelnen Mitarbeiters anknüpfen. Dies war etwa beim vielerörterten „Mitunternehmervertrag" des Unternehmers Spindler der Fall, 113 mit dem er seit dem Beginn der fünfziger Jahre den von ihm verfochtenen Partnerschaftsgedanken in die Tat umsetzte. 114 Die rechtlichen Ansätze für unmittelbar von der Mitarbeit der Arbeitnehmer ausgehende Kooperationsformen sind sehr disparat. Ubereinstimmung besteht nur insoweit, als sich die Vorschläge zur Weiterentwicklung des Rechts neben der Gewinnpartizipation stets auch mit der Teilhabe der Beschäftigten an der unternehmerischen Leitungsmacht befassen. Zu nennen ist zunächst das Modell einer

Vgl. B A G vom 28.11.1989, AP Nr. 6 zu § 88 BetrVG 1972 (unter II 2 a). Siehe zu diesen Aspekten auch Loritz, ZfA 1998, 543, 561 ff. 1 0 9 Hierzu Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 135 ff. 1 1 0 Dazu Horn, Z G R 1974,133,165 ff.; Vollmer, Unternehmensverfassungen, S. 95 ff., 123 ff., 174 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 I 2 b, S. 303 ff. 111 Siehe etwa Goldschmidt, Gewinnbeteiligung (1922); Gruner, Arbeiter-Gewinnbeteiligung(1919). 112 Überblick bei MünchArbR/Xreße/, 2. Aufl., § 68 Rn. 86 ff.; Loritz, RdA 1998, 257 ff. 113 Abdruck des ersten Vertrages vom 1.1.1951 in B B 1951, 138 f. 114 Eingehende rechtstatsächliche Darstellung bei Maier, Interdependenzen, S. 223 ff.; für eine Einstufung als Sonderform der stillen Gesellschaft Reinhardt, Verhandlungen des 39. D J T (1952), S . B 5, 18. Die Qualifikation des Spindlerschen „Mitunternehmervertrages" als eine für die Gewinn- und Substanzbeteiligung unmittelbar an die Arbeitsleistung anknüpfende Regelung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß aus Gewinnanteilen zusätzlich eine Geldeinlage zu leisten war; vgl. dazu Mac Lean of Coli, AGP-Mitteilungen 1953, Nr. 4, S. 3; wohl auch Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 12 f.; generell ebenso ferner Noppeney, D B 1976, 578, 580; für eine Dominanz der Geldeinlage Beuter, Rechtsformen der Beteiligung, S. 87 ff.; v. Knorre, Stellung eines Partners, S. 33 ff.; für eine Einstufung als bloßes partiarisches Arbeitsverhältnis Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 40 Fn. 130. 107 108

II. Abgrenzung

und Präzisierung

der Thematik

21

Arbeitspartizipation von Engels115 u n d Steinbrennerué. N a c h dieser K o n z e p t i o n kann sich ein Arbeitnehmer mit einer „Arbeitsparte" an seinem U n t e r n e h m e n beteiligen, die ihm - einem herkömmlichen Eigenkapitalanteil vergleichbar - Verwaltungsrechte verschafft u n d ihn sowohl am G e w i n n als auch am Risiko des U n t e r n e h m e n s teilhaben läßt. 1 1 7 D e n Kern der Überlegungen bildet hierbei eine vom Arbeitnehmer in einer bestimmten H ö h e erteilte Haftungszusage, in deren Rahmen er f ü r etwaige Unternehmensverluste einzustehen hat. 1 1 8 Des weiteren plädiert Vollmer119 vor dem H i n t e r g r u n d der insbesondere im Z u s a m m e n h a n g mit der unternehmerischen M i t b e s t i m m u n g der Arbeitnehmer geführten Debatte u m eine Fortbildung des Gesellschafts- z u m Unternehmensrecht 1 2 0 f ü r die Statthaftigkeit partnerschaftlicher Unternehmensverfassungen. Seiner Ansicht zufolge sollen sowohl unternehmensbezogene Mitwirkungsrechte der Gesamtbelegschaft als auch eine Teilhabe am U n t e r n e h m e n s g e w i n n gerade an die Eigenschaft als A r b e i t n e h m e r anknüpfen. Ein vergleichbares Regelungsmodell lag auch den Verhandlungen der U n t e r n e h m e n s r e c h t s k o m m i s s i o n zugrunde. 1 2 1 Danach sollten die Arbeitnehmer durch das Zurverfügungstellen ihrer Arbeitskraft ohne Kapitaleinlage Mitglieder des Unternehmensverbandes werden u n d als solche an unternehmerischen Entscheidungen sowie am G e w i n n partizipieren. Ferner sei auf das K o n z e p t der Schaffung von Arbeitsaktien hingewiesen, die den Arbeitn e h m e r n zumindest eine mittelbare M i t w i r k u n g in der H a u p t v e r s a m m l u n g sowie einen Anteil am G e w i n n u n d am Liquidationserlös verschaffen sollen. W ä h rend diese Überlegungen in Deutschland nur zu einem Gesetzesvorschlag aus dem Jahre 1920 geführt haben, 1 2 2 existiert in Frankreich seit 1917 eine gesetzliche Regelung, 1 2 3 der heutzutage trotz einer Novellierung in den siebziger Jahren 1 2 4 115

Die A u s s p r a c h e 1971, H e f t 5/6, S. 5, 8 f.; ders., in: H o r n (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 4, 11 ff. 116 Arbeitspartizipation, S. 205 ff., 232 ff.; ders., Arbeitsorientierte U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g , S. 69 ff., 85 ff.; siehe auch Steinbrenner/Wenkebach, in: H o r n (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 19, 27 ff. 117 D a z u auch Vanberg, Jb. f. N P Ö , Bd. 1 (1982), 276, 305 f. 118 N a c h Horn, in: ders. (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 66, 82, steht der A r b e i t n e h m e r damit einem Gesellschafter mit nicht eingezahlter Kapitaleinlage gleich. Biedenkopf, in: H o r n (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 119, 130, deutet die Vorschläge v o n Engels u n d Steinbrenner als R e f o r m ü b e r l e g u n g e n z u r P r o d u k t i v g e n o s s e n s c h a f t i.S. des § 1 Abs. 1 N r . 4 G e n G . 119 U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g e n , S. 29, 36 ff. 120 Vgl. Duden, FS Schilling (1973), S. 309 ff.; v. Nell-Breuning, F G Kronstein (1967), S. 47 ff.; siehe dazu - ü b e r w i e g e n d krit. - auch Ballerstedt, FS D u d e n (1977), S. 15 ff.; Reinhardt, FS H a r t m a n n (1976), S. 213 ff.; Semler, FS Raisch (1995), S. 291 ff.; Wiedemann, FS R. Fischer (1979), S. 883, 884 ff. 121 Bericht, Rn. 954 ff. 122 D e r Vorschlag geht auf Piechottka z u r ü c k u n d w u r d e am 11.3.1920 v o r der N a t i o n a l v e r s a m m l u n g an die Regierung überwiesen; A b d r u c k in Goldschmidt, Gewinnbeteiligung, S. 88 f. 123 Société anonyme a participation ouvrière, L. v o m 26.4.1917 = Art. 225-258 ff. L. v o m 15.5.2001; d a z u eingehend Leistner, A G 1976, 122 ff.; f e r n e r bereits Jeglin, J W 1921, 325 f. Des weiteren sei auf die Arbeitsaktien im Liechtensteiner Aktienrecht hingewiesen; vgl. Batliner, A G 1970, 9, 10 ff.

22

5 1

Einleitung

allerdings keine praktische Bedeutung mehr zukommt 1 2 5 . Eine aktuelle Relevanz haben die ohnehin nur durch eine gesetzliche Regelung 1 2 6 zu verwirklichenden Überlegungen zu Arbeitsaktien auch in Deutschland nicht. 1 2 7 Soweit es um die Investition von Arbeit geht, stellt sich vor allem die Frage, welche Gestaltungsmöglichkeiten den Beteiligten hierbei zur Verfügung stehen. Damit unmittelbar verknüpft ist die Problematik, ob es in Mitarbeitsverhältnissen, die im Grenzgebiet zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht angesiedelt sind, zu einer Risikostruktur kommt, die von den eingangs 128 skizzierten Grundformen abweicht oder zumindest abweichen kann. Allerdings liegt die Hauptstoßrichtung der vorliegenden Studie nicht in der Untersuchung unternehmensverfassungsrechtlicher Strukturen. Vielmehr soll sich das Interesse auf die für das einzelne Mitarbeitsverhältnis geltenden Regelungen konzentrieren. Dabei bildet das geltende Recht die Grundlage der Überlegungen. O b und in welchem Ausmaß es ratsam ist, die gesetzlichen Rahmenbedingungen selbst zu verändern, gehört hingegen nicht zum Untersuchungsgegenstand.

5. Stellung von

Organmitgliedern

Eine weitere Klarstellung und Abgrenzung betrifft die Diskussion über die Stellung von Organmitgliedern in Körperschaften, insbesondere von G m b H - G e schäftsführern, bei der ebenfalls gesellschaftsrechtliche und arbeitsrechtliche Wertungen aufeinandertreffen. Diese insbesondere in den achtziger Jahren vielerörterte Problematik 1 2 9 soll nicht in ihrer ganzen Breite aufgerollt, sondern nur partiell entfaltet werden. Die vorliegende Studie konzentriert sich nämlich auf die unmittelbare Abgrenzung zwischen gesellschafts- und dienst- bzw. arbeitsvertraglicher Mitarbeit einschließlich der Frage, wie sich eine gesellschafterliche B e teiligung auf die Qualifikation eines Drittvertrages auswirkt. Der vielfach im Vordergrund der Diskussion stehende Fremdgeschäftsführer bildet daher man-

L. vom 8.7.1977. Vgl. Gravenstein, Französisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 4; Ripert/Roblot, Droit Commercial, Tome 1, 13e Ed., Nr. 1627, S. 1142; Sonnenberger, Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., Rn. III 59, S. 131. 126 A. A. Potthoff, ArbR V I I I (1921), 197, 201. 127 Ahl. bereits Ehrenzweig, Verhandlungen des 32. D J T (1922), S.289; aufgeschlossen aber noch Reinhardt, Verhandlungen des 39. D J T (1952), S. B 5, 23. 128 Siehe oben sub I. 129 Vgl. nur Boemke, ZfA 1998, 209 ff.; Brachen, Organmitgliedschaft (1991); Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane (1994), S. 43 ff.; Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197 ff.; Gissel, Arbeitnehmerschutz (1987); Groß, Anstellungsverhältnis (1987); Henssler, RdA 1992,289 ff.; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht (1994); G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365 ff.; ders., ZfA 1985, 25 ff.; den., FS Ekonomi (1993), S. 139 ff.; Kitzinger, GmbH-Geschäftsführer (2001); Krauss, Status und Kündigungsschutz (1989); Martens, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 437 ff.; Neu, Beendigung der Anstellungsverhältnisse (2000); Wehrmeyer, Einordnung der Organe (1988) jeweils m.w.N. zur reichhaltigen Judikatur sowie zu weiterem Schrifttum. 124

125

II. Abgrenzung

und Präzisierung

der

Thematik

23

gels einer mitgliedschaftlichen Stellung für sich genommen keinen Untersuchungsgegenstand. Da jeder Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH aber nicht nur mitgliedschaftliche, sondern zugleich organschaftliche Befugnisse innehat, kann allerdings nicht an der Frage vorbeigegangen werden, welche Rolle der damit verbundene Einfluß für die Einstufung von Tätigkeitsbeziehungen spielt. 6. Gesellschaftsrechtliche

Rahmenbedingungen

Das mit der vorliegende Studie betretene Terrain ist schließlich noch in einer weiteren Hinsicht abzustecken. Mit den bisherigen Ausführungen wurde die Aufmerksamkeit vornehmlich auf die rechtlichen Probleme einer im Grenzgebiet von Gesellschafts- und Arbeitsrecht angesiedelten Mitarbeit gerichtet. Hierbei darf indes nicht übersehen werden, daß diese Thematik mit genuin gesellschaftsrechtlichen Aspekten unmittelbar verknüpft ist. So baut etwa die Frage, ob auf einen wie ein Arbeitnehmer tätigen Gesellschafter arbeitsrechtliche Regelungen zur Anwendung kommen, auf der Vorfrage auf, ob und in welchem Umfange es nach den Grundsätzen des Gesellschaftsrechts zulässig ist, daß sich ein Gesellschafter in eine derartige Stellung hineinbegibt. Der gesellschaftsrechtliche Hintergrund kann aber auch in anderen Zusammenhängen für ein schlüssiges Gesamtbild nicht ausgeblendet werden. Je stärker der durch das Gesellschaftsrecht einem Mitarbeiter gewährte Schutz ist, desto geringer ist nämlich der Druck, den durch eine bestimmte Fallgestaltung geweckten „juristischen Beschützerinstinkten" ( H u b e r ) i i 0 gerade durch arbeitsrechtliche Mechanismen nachzukommen. Hierbei sind vor allem diejenigen Überlegungen von Interesse, mit denen man dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG Rechnung tragen will, das neben der unselbständigen Arbeit gleichermaßen die selbständige Unternehmertätigkeit im Rahmen von Gesellschaftsverhältnissen schützt 131 . Wenn etwa Wiedemann Beschlüsse bzw. vertragliche Regelungen über den Ausschluß von Gesellschaftern bei mitarbeitenden Gesellschaftern an strengere Voraussetzungen als bei reinen Anlagegesellschaftern binden will 1 3 2 , dann steht dahinter der Gedanke, daß ein Gesellschafter, dessen Beteiligung gleichzeitig Berufsausübung darstellt, anderen Bedingungen unterliegt als ein Gesellschafter, der sein Engagement an einer Erwerbsgesellschaft lediglich auf einen pekuniären Beitrag beschränkt. 133 Soweit dem Gesellschaftsrecht keine eindeutigen Vorgaben für Fra-

Z G R 1980, 177, 196. Zur Einbeziehung von selbständigen und unselbständigen Tätigkeiten in den S c h u t z b e reich von Art. 12 Abs. 1 G G siehe e t w a BVerfG vom 11.6.1958, BVerfGE 7, 377, 398 f.; BVerfG vom 18.6.1986, BVerfGE 54, 301, 322; BVerfG v o m 20.3.2001, N J W 2001,1779-Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, 5. A u f l . , Art. 12 R n . 4; v. M ü n c h / G u b e l t , GG, 5. A u f l . , Art. 12 R n . 17; R. Scholz, in: M a u n z / D ü r i g , GG, Art. 12 Rn. 7. 132 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 2 a cc, S. 385 ff. 133 Siehe ferner die Ü b e r l e g u n g e n von Wiedemann, Z G R 1975, 385, 422, z u r R e l e v a n z von Art. 12 G G f ü r die Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers in der m i t b e s t i m m t e n G m b H . 130

131

24

§ 1

Einleitung

gen entnommen werden können, auf die es für die Behandlung der im Vordergrund stehenden Grenzfälle ankommt, will die vorliegende Studie deshalb auch diesen Problemen nachgehen. Der Untersuchungsgegenstand bringt es mit sich, daß sich die Überlegungen ganz überwiegend mit den rechtlichen Beziehungen im Binnenraum des Unternehmens befassen. Die Frage nach den für das Außenverhältnis geltenden Regelungen, die sich für jeden als Außengesellschaft auftretenden Verband stellt, 134 wird dagegen nur am Rande gestreift. Demgemäß werden insbesondere Fragen der Haftungsverfassung nicht behandelt. Dies bedeutet freilich nicht, die Außenwirkungen der rechtlichen Ordnung des Binnenbereichs von Unternehmen zu vernachlässigen. Vielmehr soll durchaus berücksichtigt werden, ob eine bestimmte rechtliche Lösung mit den Anforderungen noch vereinbar ist, denen ein am Markt auftretendes Unternehmen genügen muß.

III. Bisherige Bearbeitungen der Materie Die durch die Problemstellung aufgeworfenen Fragen sind schon des öfteren erörtert worden. Dabei ging es allerdings regelmäßig nur um Teilaspekte bzw. einen spezifischen Blickwinkel. Erwähnt seien insbesondere die Aufsätze von Schnorr von Carolsfeld,u5 G. Hueck,xib Martens137 und v. Hoyningen-Huene138 sowie die monographischen Darstellungen von Kraft/Konzen,139 Fohrmann,140 Klingbergxil und aus neuerer Zeit von Diller142. Weiter ausholende Abhandlungen sind dagegen von Loritz14i sowie jüngst von Romme1"''1' vorgelegt worden. Gleichwohl erscheint es aus mehreren Gründen sinnvoll, die Thematik erneut zum Gegenstand einer größeren Untersuchung zu wählen. So hat Loritz erhebliche Teile seiner Ausführungen dem Sozialversicherungsrecht 145 und insbesondere dem Steuerrecht 146 gewidmet. Zwar ist vor allem der steuerrechtliche Hintergrund zum Verständnis der Kautelarjurisprudenz äußerst

134 Zur Terminologie und sachlichen Unterscheidung siehe nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 7 I 3, S. 179 f. 135 FS A. Hueck (1959), S. 261 ff. 136 DB 1962, 1363 ff. 137 R d A 1979, 347 ff. 138 N J W 2000, 3233 ff. 139 Die Arbeiterselbstverwaltung im Spannungsverhältnis von Gesellschafts- und Arbeitsrecht (1978). 140 Der Arbeitnehmer als Gesellschafter (1982). 141 Mitarbeitende Kommandististen im Gesellschaftsrecht (1990). 142 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane als Arbeitnehmer (1994). 143 Die Mitarbeit Unternehmensbeteiligter (1984). 144 Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung (2000). 145 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 181 ff. 146 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 119 ff., 139 ff., 223 ff., 449 ff.

III. Bisherige Bearbeitungen

der Materie

25

wichtig. G l e i c h w o h l m u ß betont werden, daß das Zivilrecht, auf das sich die vorliegende Studie von vornherein beschränkt, eigenständige Wertungen enthält und gerade in komplizierten Detailfragen Anleihen aus anderen Rechtsgebieten vielfach nicht weiterhelfen. 1 4 7 Z u d e m m u ß man sich die unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten vor Augen halten. So haben die in einem U n t e r n e h m e n Tätigen regelmäßig ein übereinstimmendes Interesse daran, gleichsam im A u ß e n verhältnis Steuern und Sozialbeiträge einzusparen bzw. - umgekehrt - in den G e nuß von Sozialleistungen 1 4 8 zu gelangen. Von einer solchen Interessenkonvergenz kann bei der Frage, nach welchen Regeln eine Mitarbeit unternehmensintern, also im Innenverhältnis, zu behandeln ist, nicht die R e d e sein. Dies soll Seitenblicke auf im Sozialversicherungs- bzw. im Steuerrecht auftretende K o n stellationen sowie auf die dabei angelegten Maßstäbe freilich nicht ausschließen. Rommé

nähert sich der Problematik unter dem Gesichtspunkt der A n w e n -

dungsvoraussetzungen von Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht, w o b e i er seine Betrachtungen sowohl auf die Rechtslage in Deutschland als auch in der Schweiz erstreckt hat. H i e r b e i gelangt er zu dem ernüchternden Ergebnis, daß eine A b grenzung des Arbeitsverhältnisses v o m Gesellschaftsverhältnis mit den herk ö m m l i c h e n rechtsdogmatischen M e t h o d e n und Instrumenten nicht möglich sei, 1 4 9 die konkrete E i n o r d n u n g „jenseits der J u r i s t e r e i " 1 5 0 liege und zumindest für das schweizerische R e c h t „nach dem derzeitigen Stand der Überlegungen des A u t o r s ... mit einer innenpolitischen Stabilisierungsfunktion v e r k n ü p f t " 1 5 1 sei. D i e vorliegende Studie nimmt im Ausgangspunkt zwar ebenfalls an, daß von einer endgültigen Klärung des Verhältnisses von gesellschaftsrechtlicher und arbeitsrechtlicher Mitarbeit nach wie vor keine R e d e sein kann. Wenn das B A G , u m ein besonders eklatantes Beispiel herauszugreifen, die Arbeitnehmereigenschaft von Vereinsmitgliedern ( R o t e - K r e u z - S c h w e s t e r n ) in vier Entscheidungen mit vier verschiedenen Begründungen verneint hat, 1 5 2 ist zumindest die R e c h t s p r e chung von einer Konsolidierung n o c h weit entfernt. Dies hat sie auch n o c h in

147 Generell ebenso Rieble, ZfA 1998, 327, 332 ff. In diesem Sinne auch G. Hueck, FS Hilger/ Stumpf (1983), S. 365, 372 f., im Zusammenhang mit der Einordnung der Anstellungsverhältnisse von Organmitgliedern. Zur Unergiebigkeit steuerrechtlicher Abgrenzungen, in deren Mittelpunkt die Verhinderung von Steuerumgehungen durch verdeckte Gewinnausschüttungen steht, siehe ferner bei Gesellschaftern Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 51; bei Organmitgliedern Eckardt, ZfA 1987, 467, 468 f.; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 400. 148 Beispielsweise Arbeitslosengeld oder Insolvenzgeld. 1 4 9 Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, S. 324 ff. 1 5 0 Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, S. 330. 151 Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, S. 384. 152 Vgl. B A G vom 18.2.1956, AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953 (Dominanz karitativer Motive); B A G vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (rechtlicher Ausschluß eines Arbeitsverhältnis infolge vereinsrcchtlicher Grundlage der Tätigkeit); B A G vom 20.2.1986, AP Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (tatsächliches Fehlen eines Arbeitsvertrages neben vereinsrechtlicher Beschäftigung); B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (gleichwertiger Sozialschutz).

26

§ 1

Einleitung

neuerer Zeit immer wieder ausdrücklich zugestanden. 153 Die folgenden Ausführungen gehen aber davon aus, daß sowohl die Qualifikationsfrage als auch die in Grenzfällen geltenden Rechtsfolgen mit rechtsdogmatischen Mitteln geklärt werden müssen und geklärt werden können. Zudem soll ein besonderes Augenmerk auf den bislang weithin vernachlässigten Aspekt der Rechtsvergleichung gerichtet werden, ist es doch - um mit v. Jhering zu sprechen - eine „demüthigende, unwürdige Form für eine Wissenschaft", wenn „die wissenschaftlichen Grenzen in der Jurisprudenz mit den politischen" zusammenfallen 154 . Dabei eröffnen vor allem der Blick auf das französische und das US-amerikanische Recht 1 5 5 neue Perspektiven, die dazu Anlaß geben, bisherige Sichtweisen zu überdenken und entweder zu korrigieren oder aber weiter zu festigen. In diesem Sinne will sich diese Studie vor allem den Grundfragen der Mitarbeit im Spannungsfeld zwischen Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht widmen, ohne dabei auf sämtliche in der Praxis auftretenden Detailprobleme eine Antwort geben zu wollen. 156

IV. Gang der Darstellung Der Leitgedanke der Gliederung dieser Studie besteht darin, in einer zunehmend konkreter werdenden Weise die Umstände zu klären, von denen das Eintreten bzw. Nichteintreten umstrittener Rechtsfolgen in einem bestimmten Tätigkeitsverhältnis im Spannungsfeld von Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht abhängt. Dazu versuchen die ersten beiden Kapitel, diejenigen Fragen systematisch aufzubereiten, denen ein Rechtsanwender bei der prinzipiellen Charakterisierung unklarer Konstellationen begegnet. Hierbei wird im Rahmen des ersten Kapitels der grundsätzlichen Bedeutung der Qualifikation (§ 2) und den möglichen Einordnungsalternativen (§ 3) nachgegangen. Das zweite Kapitel beschäftigt sich dann mit den gemeinsamen Grundsätzen für die Einstufung echter Grenzfälle (§ 4) sowie der Qualifikationsproblematik aus zunächst - vornehmlich - gesellschaftsrechtlicher (§ 5) und anschließend arbeitsrechtlicher Sicht (§ 6). Im dritten Kapitel soll dann eine Reihe von Aspekten behandelt werden, die

153 Vgl. B A G vom 10.5.1990, AP Nr. 51 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit (unter II 4 a aa): „noch ungeklärt"; B A G vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B II 3 a): „Feste Grundsätze zur Abgrenzung ... bislang nicht herausgebildet". Siehe auch v. Hoyningen-Huene, NJW 2000, 323, 3234, der ebenfalls generell diagnostiziert, daß es bislang nur „rudimentäre Lösungsansätze" gebe 154 Geist des Römischen Rechts, Teil 1, S. 15. 155 Demgegenüber hat sich Romme, Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, auf den deutschen Rechtskreis beschränkt. 1 5 6 Siehe demgegenüber Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, der auf eine Vielzahl praktisch bedeutsamer Einzelfragen - z. B. das Erfindungsrecht (S. 369 f.) oder die Anwendbarkeit von Steuerprivilegien etwa für Umzugskosten o. ä. (S. 480) - Auskunft gibt.

IV. Gang der

Darstellung

27

bei Tätigkeiten im Grenzgebiet zwischen Gesellschafts-, Dienstvertrags- u n d Arbeitsrecht problematisch werden können. Im einzelnen geht es dabei u m tätigkeitsbezogene Fragen (§ 8), entgeltrechtliche Gesichtspunkte (§ 9), die H a f t u n g f ü r Schäden (§ 10), Wettbewerbsverbote (§11) u n d die Beendigung von Tätigkeitsbeziehungen (§ 12). Die Studie endet mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse (§ 13) sowie einer Schlußbetrachtung (§ 14).

Erstes

Kapitel

Dogmatische Grundlagen

§ 2 Stellenwert der Qualifikationsfrage

E i n e Auseinandersetzung mit den für die Klassifikation von Dienstleistungen verbundenen inhaltlichen Aspekten setzt Klarheit über den Stellenwert der grundsätzlichen Einstufung einer Mitarbeit 1 im Geflecht von Gesellschaftsrecht, 2 Dienstvertrags- und Arbeitsrecht voraus. I m folgenden wird deshalb der eingangs 3 bereits angedeuteten Frage nach der Relevanz der prinzipiellen Z u o r d nung einer Tätigkeit für die B e s t i m m u n g der Rechtsfolgen nachgegangen (unter II). Z u v o r soll allerdings kurz dargestellt werden, von welchen benachbarten F r a gen die Qualifikationsthematik von vornherein abzugrenzen ist (unter I).

I. Abgrenzung zu benachbarten Fragen 1. Statuswechsel D i e E i n o r d n u n g einer bestimmten Dienstleistung im G r e n z b e r e i c h von Gesellschafts- und Arbeitsrecht ist zunächst von den Fällen zu unterscheiden, in denen der B e t r o f f e n e eindeutig einen Statuswechsel vollzogen hat und sich später die Frage stellt, o b das anfangs vereinbarte Rechtsverhältnis lediglich suspendiert wurde. Dieses P r o b l e m tritt dann zutage, wenn ein Mitarbeiter seine Tätigkeit zunächst im R a h m e n eines Arbeitsverhältnisses und anschließend auf der G r u n d lage eines Gesellschaftsvertrages erbringt. Als Beispiel sei genannt, daß sich ein A r b e i t n e h m e r mit seinem Arbeitgeber darüber einigt, fortan als stiller Gesellschafter mitzuarbeiten 4 . Kündigt der (ehemalige) Arbeitgeber einige Zeit später

' Zur Unterscheidung zwischen abstrakt-genereller Abgrenzung und - an dieser Stelle allein interessierender - konkret-individueller Einordnung von Tätigkeitsverhältnissen Maschmann, Arbeitsverträge, S. 29 ff. Siehe auch Grieheling, RdA 1998, 208, 212: Differenzierung zwischen Definitionsproblem und Subsumtionsproblem. 2 Unter Gesellschaftsrecht wird im folgenden in einem weiten Sinne das Recht der privatrechtlichen Zweckverbände und der kooperativen Vertragsverhältnissc verstanden; vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 1 I 1 a, S. 4; siehe dazu auch noch unten sub § 3 II vor 1. 3 Siehe oben sub § 1 I. 4 Zur grundsätzlichen Möglichkeit einer solchen Vereinbarung siehe unten sub § 3 II 1 c; das Aufrücken eines Arbeitnehmers in die ausschließliche Stellung eines stillen Gesellschafters erwähnend auch H. P Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 314; vgl. ferner den bereits von Puchelt, BuschsArch. Bd. 8 (1866), 393, 400 ff., geschilderten Fall des Aufstiegs eines Gehilfen zum Mitunternehmer.

32

5 2 Stellenwert

der

Qualifikationsfrage

das Gesellschaftsverhältnis 5 , ist zu überlegen, ob das ursprüngliche Arbeitsverhältnis beendet oder nur suspendiert wurde. In der Grundstruktur entspricht dies den zahlreichen vom B A G entschiedenen Konstellationen, in denen ein Arbeitnehmer zwischenzeitlich als Organmitglied einer Körperschaft tätig war und im Zuge der Beendigung des Anstellungsverhältnisses um eine Weiterexistenz des früheren Arbeitsverhältnisses gestritten wurde. 6 Gleichwohl sind die hierzu entwickelten Grundsätze nicht mehr ohne weiteres anwendbar. Zwar kann man entsprechend den Fällen der Beförderung eines Arbeitnehmers zum Organmitglied davon ausgehen, daß der Parteiwille jedenfalls bei einem neu gefaßten Vertrag bzw. bei verbesserten Beschäftigungsbedingungen darauf gerichtet ist, den ursprünglichen Arbeitsvertrag durch das Aufrücken des Mitarbeiters in eine gesellschafterliche Stellung stillschweigend aufzuheben, 7 der Verlust des arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes also gleichsam als „Eintrittsgeld" 8 für die künftige G e sellschaftereigenschaft bildet. Die seit dem 1.5.2000 geltende Vorschrift des § 623 B G B sieht für Aufhebungsverträge indes die Schriftform vor. Damit sind konkludente Aufhebungsvereinbarungen unwirksam, was grundsätzlich auch für den Fall gilt, daß ein ehemaliger Arbeitnehmer künftig auf einer anderen Rechtsgrundlage weiterhin im Unternehmen beschäftigt ist. 9 Durch § 623 B G B wird daher die frühere Rechtsprechung des B A G , nach der zumindest bei einer schlichten Beförderung zum Organmitglied im Zweifel anzunehmen war, daß das Arbeitsverhältnis lediglich suspendiert werden sollte, 1 0 noch überboten. Allerdings

Vgl. § § 2 3 4 Abs. I S . 1,132 H G B . B A G vom 9.5.1985, AP Nr. 3 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 27.6.1985, AP Nr. 2 zu § 1 AngestelltenkündigungsschutzG; B A G vom 12.3.1987, AP Nr. 6 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 7.10.1993, AP Nr. 16 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 21.2.1994, AP Nr. 17 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 28.9.1995, AP Nr. 24 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 20.10.1995, AP Nr. 36 zu § 2 A r b G G 1979; B A G vom 10.12.1996, AP Nr. 4 zu § 2 A r b G G 1979 Zuständigkeitsprüfung; B A G vom 18.12.1996, AP Nr. 3 zu § 2 A r b G G 1979 Zuständigkeitsprüfung; B A G vom 8.6.2000, AP Nr. 49 zu § 5 A r b G G 1979. Dazu näher etwa Bauer! Gragert, ZIP 1997, 2177, 2181 f.; Henssler, RdA 1992,289,298 f.; Hümmerich, N J W 1995,1177,1181 f , ; J a e g e r , N Z A 1998, 961, 964; Kitzinger, GmbH-Geschäftsführer, S. 35 ff.; Krauss, Status und Kündigungsschutz, S. 203 ff.; Reinecke, ZIP 1997, 1525, 1532; siehe aber auch Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 396; Grunsky, ZIP 1988, 76, 78 f. 7 Ebenso v. Hoyningen-Huene, N J W 2000, 3233, 3239. In diesem Sinne auch die neuere Rspr. zu aufgestiegenen Organmitgliedern; vgl. B A G vom 7.10.1993, AP Nr. 16 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 28.9.1995, AP Nr. 24 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 10.12.1996, AP Nr. 4 zu § 2 A r b G G 1979 Zuständigkeitsprüfung; B A G vom 18.12.1996, AP Nr. 3 zu § 2 A r b G G 1979 Zuständigkeitsprüfung; B A G vom 8.6.2000, AP Nr. 49 zu § 5 A r b G G 1979. Demgegenüber geht die französische Judikatur bis in die jüngste Zeit von einem stillschweigenden Parteiwillen aus, das Arbeitsverhältnis nur zu suspendieren; vgl. Cass. soc. vom 12.12.1990, Dr. soc. 1991, 467; Cass. soc. vom 26.4.2000, Dr. soc. 2000, 771. 8 So Martens, Anm. zu B A G , AP Nr. 3 zu § 5 A r b G G 1979 (unter 2), für die Beförderung zum Geschäftsführer einer GmbH. 9 Ebenso Bauer, G m b H R 2000, 767, 768 ff.; eingehend zu dieser Problematik Krause, ZIP 2000, 2284, 2285 ff. 10 Vgl. B A G vom 9.5.1985, AP Nr. 3 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 12.3.1987, AP Nr. 6 zu § 5 A r b G G 1979. 5 6

I. Abgrenzung

zu benachbarten

Fragen

33

erscheint es durchaus möglich, daß die Berufung eines Dienstnehmers auf ein nur infolge eines Formmangels fortbestehendes Arbeitsverhältnis nach jahrelanger Tätigkeit als Organ bzw. Gesellschafter gegen Treu und Glauben verstößt. 1 1 H a ben die Parteien dagegen die nunmehr erforderliche Schriftform eingehalten und findet das Gesellschaftsverhältnis schon kurze Zeit später auf Betreiben des ehemaligen Arbeitgebers sein Ende, kann man umgekehrt daran denken, dem auf diesem Wege des früheren Bestandsschutzes seiner Betätigung beraubten Gesellschafter dadurch zu helfen, daß man mit Hilfe der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (nunmehr § 3 1 3 B G B ) den Aufhebungsvertrag ausnahmsweise zu Fall bringt und somit zu einer Fortsetzung des Arbeitsvertrages gelangt. 12 Wie nahe die Qualifikationsproblematik in derartigen Fällen liegt, wird freilich daran deutlich, daß man gerade dann, wenn ein Mitarbeiter zunächst eine Arbeitnehmerstellung bekleidete, auch überlegen kann, ob seine anschließende Tätigkeit tatsächlich gesellschaftsrechtlichen Charakter hatte oder ob statt dessen im Gewände eines Gesellschaftsvertrages in Wirklichkeit das Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden ist. 1 3 O b der auf die Begründung einer stillen Gesellschaft gerichtete Parteiwille damit obsolet wird und in welchem Verhältnis das an sich nicht an einen Grund gebundene Recht zur ordentlichen Kündigung einer solchen Teilhaberschaft gemäß § § 2 3 4 Abs. 1 S. 1, 132 H G B zum arbeitsrechtlichen Bestandsschutz steht, wird zu klären sein. 1 4

2. Abgrenzbare

Doppelstellung

Einer weitere Fallgruppe zeichnet sich dadurch aus, daß ein Beschäftigter eindeutig eine Doppelstellung innehat und die rechtliche Problematik darin besteht, eine umstrittene Frage seiner Stellung als Gesellschafter oder seinem Arbeitsverhältnis zuzuordnen. So hatte das B A G vor einiger Zeit über eine Gestaltung zu

Vgl. Krause, Z I P 2000, 2284, 2290. Siehe dazu Martens, A n m . zu B A G , A P Nr. 3 zu § 5 A r b G G 1979 (unter 3). Für eine A n wendung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens und damit enger Kitzinger, GmbH-Geschäftsführer, S. 51 f. 13 Einen weiteren Beleg für die enge Verwandtschaft von Suspendierungs- und Qualifikationsproblematik zeigen die erwähnten Streitigkeiten mit ehemaligen Organmitgliedern. Beruft sich das Organmitglied nämlich nicht (nur) auf ein fortbestehendes und wiederaufgelebtes Arbeitsverhältnis, sondern (auch) darauf, daß sich sein Anstellungsverhältnis nach der Beendigung der Organstellung in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt habe („Mutation"), so handelt es sich insoweit um eine Einordnungsfrage. Zur Differenzierung zwischen diesen beiden Gesichtspunkten vgl. B A G vom 27.6.1985, A P Nr. 2 zu § 1 AngestelltenkündigungsschutzG; B A G vom 21.2.1994, A P Nr. 17 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 28.9.1995, A P Nr. 24 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 25.6.1997, A P Nr. 36 zu § 5 A r b G G ; B A G vom 6.5.1999, N Z A 1999, 839, 840 (nicht abgedruckt in A P Nr. 46 zu § 5 A r b G G 1 9 7 9 Y J a e g e r , N Z A 1 9 9 8 , 9 6 1 , 964 f.; Reinecke, Z I P 1997, 1525, 1531 f. Siehe auch G. Hueck, FS E k o n o m i (1993), S. 139, 155, der stets von einem einheitlichen Vertragsverhältnis ausgeht, das seinen Charakter gegebenenfalls mehrmals ändert. 1 4 Dazu näher unten sub § 6 V 1 c aa (2), V I 1 c aa (2) u. § 13 I 1 c. 11

12

34

5 2 Stellenwert der

Qualifikationsfrage

entscheiden, bei der ein G m b H - G e s e l l s c h a f t e r zugleich A r b e i t n e h m e r war und es im A n s c h l u ß an die Beendigung beider Rechtsverhältnisse darum ging, ob die Wirksamkeit eines in diesem Zusammenhang vereinbarten

nachvertraglichen

Wettbewerbsverbots nach gesellschafts- oder nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen war. 1 5 Dasselbe gilt etwa für die Frage, o b eine Zahlung aus dem Vermögen einer aufgelösten Genossenschaft dem Mitgliedschafts- oder dem Arbeitsverhältnis zuzurechnen ist, was für die Verteilungssperre nach § 90 Abs. 1 G e n G relevant ist. 1 6 H i e r h e r gehören ferner solche Konstellationen, in denen im Zusammenhang mit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zugleich gesellschaftsvertragliche Rechtsbeziehungen angebahnt werden, die sich dann aber zerschlagen. 1 7 F ü r Schadensersatzforderungen und sonstige Rechtsfolgen k o m m t es in diesen Fällen gleichermaßen zunächst darauf an, die jeweils umstrittene Frage zutreffend zu verorten. D a r ü b e r hinaus kann man zumindest daran denken, daß ein Beschäftigter zwei separate Tätigkeiten ausübt, von denen eine als gesellschafts- und die andere als arbeitsrechtlich einzustufen ist. 1 8 Im übrigen sei hervorgehoben, daß Zuordnungsschwierigkeiten nicht nur dann auftreten können, wenn ein Mitarbeiter eine Doppelstellung im Verhältnis zum selben Rechtsträger innehat. Vielmehr ist auch an diejenigen Fälle zu denken, in denen die arbeitsrechtlichen und die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen gegenüber verschiedenen Personen bestehen. Eine solche Aufspaltung ist vor allem im Bereich der Vermögensbeteiligung von A r b e i t n e h m e r n 1 9 anzutreffen. 2 0 H i e r wird aus steuerrechtlichen G r ü n d e n 2 1 nicht selten eine Beteiligungsgesellschaft zwischen den Unternehmensträger und die Mitarbeiter geschaltet. 2 2 In diesen Konstellationen liegen zugleich ein Beschäftigungsverhältnis zum U n t e r n e h m e n s t r ä g e r und ein

B A G vom 18.8.1997, AP Nr. 70 zu § 74 H G B . " Vgl. B G H vom 2.7.1996, LM § 42 LwAnpG Nr. 6 (unter II). 17 Siehe B A G vom 15.8.1975, AP Nr. 32 zu § 2 A r b G G 1953 Zuständigkeitsprüfung (Schadensersatzforderung wegen Nichteinhaltung einer einem als Arbeitnehmer tätigen Rechtsanwalt erteilten Sozietätszusage); B A G vom 14.12.1979, AP Nr. 71 zu § 626 B G B (Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Nichteintritt als Kommanditist). 18 Für eine solche Möglichkeit Böckle, GesRZ 1983, 138, 142. In der Grundsituation vergleichbar auch B A G vom 27.10.1960, AP Nr. 14 zu § 5 ArbGG 1953 (Ruhegehaltsansprüche eines Arbeitnehmers/Organmitglieds); B A G vom 22.2.1974, AP Nr. 19 zu § 5 ArbGG 1953 (Streit um Kündigung eines Arbeitnehmers, die auf Vorgänge während früherer Tätigkeit als Organmitglied gestützt wird). 19 Siehe dazu bereits oben sub § 1 II 4. 20 Es kommen aber auch andere Fälle in Betracht. Man denke an den (herrschenden) Gesellschafter einer GmbH, der zu einer KG, als deren Komplementärin die GmbH fungiert, in einem (vermeintlichen) Arbeitsverhältnis steht; vgl. B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu § 611 B G B Abhängigkeit. 21 Ziel ist die Vermeidung von Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. 22 Im einzelnen sind im Laufe der Zeit sehr unterschiedliche und teilweise komplizierte Formen dieser mittelbaren bzw. indirekten Beteiligung entwickelt worden; siehe beispielhaft etwa Horn, Z G R 1974, 133, 153 (Porst-Modell); Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, passim (Modell Süßmuth); hierzu jeweils auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 45 f., 76 f.; weitere Konzeptionen bei Guski/Schneider, Vermögensbeteiligung, S. 126 ff. 15

II. Bedeutung

der Qualifikation für die

Rechtsfolgenbestimmung

35

Gesellschaftsverhältnis zur Beteiligungsgesellschaft vor. In diese R u b r i k gehören ferner auch die hier nicht näher zu betrachtenden, zumeist in den Bereich der Gruppenarbeit fallenden Gestaltungen, in denen sich die Frage stellt, ob ein Gesellschafter kumulativ in einem Arbeitsverhältnis zu einer dritten Person steht. 2 3 Die Z u o r d n u n g bildet allerdings häufig nur einen Ausschnitt aus der gesamten rechtlichen Problematik, die Doppelstellungen im Geflecht von Arbeits- und Gesellschaftsrecht aufwerfen. Z u m einen ist bei einer direkten oder indirekten Beteiligung nämlich keineswegs ausgemacht, ob ein Tätigkeitsverhältnis tatsächlich noch als Arbeitsverhältnis angesehen w e r d e n kann. Eine Beteiligtenstellung kann somit den Anlaß bilden, die Q u a l i f i k a t i o n einer Dienstleistung zu problematisieren. Z u m anderen ist auch bei einer echten Doppelstellung als Arbeitnehmer und Gesellschafter zu überlegen, ob diejenige rechtliche Position, die für die konkret zu entscheidende Frage primär maßgeblich ist, durch Wertungsgesichtspunkte aus der in den H i n t e r g r u n d tretenden Rechtsbeziehung gegebenenfalls m o d i f i ziert w i r d .

II. Bedeutung der Qualifikation für die Rechtsfolgenbestimmung 1. Statusbeurteilung

als

Ausgangspunkt

Nach herkömmlicher Ansicht stellt die Zuordnung einer Tätigkeit z u m Gesellschaftsrecht auf der einen oder z u m Arbeits- bzw. allgemeinen Dienstvertragsrecht auf der anderen Seite 2 4 die entscheidende Weichenstellung für die Ermittlung konkreter Rechtsfolgen dar. In diesem Sinne hat sich die Rechtsprechung in einer Vielzahl höchst unterschiedlicher Gestaltungen zunächst dem Q u a l i f i k a tionsproblem zugewandt, u m aus der Charakterisierung der jeweiligen in der Grauzone der genannten Rechtsgebiete angesiedelten Dienstleistung auf eine bestimmte materiellrechtliche 2 5 oder verfahrensrechtliche 2 6 Folge zu schließen. In Siehe dazu bereits oben sub § 1 II 1 m.w.N. Für die hier zu erörternde Frage nach der grundsätzlichen Bedeutung der Klassifikation sei zunächst ohne weiteres davon ausgegangen, daß mit den Begriffen Gesellschafter, Gesellschaftsverhältnis und Gesellschaftsvertrag bzw. Arbeitnehmer, Arbeitsverhältnis und Arbeitsvertrag jeweils nur ein unterschiedlicher Aspekt derselben Erscheinung bezeichnet werden soll; hierzu näher unten sub § 3 I. 25 Vgl. R G vom 9.12.1902, J W 1903, Beilage Nr. 2, 16 f. (Herausgabe von Geschäftsvermögen); O L G Frankfurt vom 12.7.1907, O L G Rspr. 16 (1908), 118 f. (Zulässigkeit einer Eigenkündigung); RG vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37 (Maßstab für Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung); R G vom 28.4.1925, RGZ 110, 418, 420 (Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis); R G vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7 (Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbots); KG vom 10.10.1928, JFG 6 (1929), 207, 209 ff. (Vorlage von Geschäftsunterlagen); R A G vom 29.3.1939, A R S 37, 44, 53 f. (Erfordernis vormundschaftlicher Genehmigung); R G vom 13.4.1942, DR 1942, 1161 f. (Statusfeststellung); O G H vom 10.6.1949, AP 50 Nr. 108 (Rechte an einem Handwerksbetrieb); B G H vom 29.1.1951, N J W 1951, 308 f. (Haftung für Anspruch eines Drittgläubigers); B G H vom 27.6.1955, B G H Z 17, 392, 394 f. (Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis); BAG vom 12.12.1956, A P Nr. 1 zu § 74 H G B (Wirksamkeit eines Wettbewerbs23 24

36

5 2 Stellenwert

der

Qualifikationsfrage

der Literatur zu den rechtlichen Rahmenbedingungen einer Mitarbeit im Grenzgebiet von Gesellschaftsrecht und Arbeits- bzw. allgemeinem Dienstvertragsrecht wird die Aufmerksamkeit ebenfalls regelmäßig in erster Linie auf die Statusbestimmung bzw. die Rechtsgrundlage der Tätigkeit gerichtet. 27 Dies entverbots); LAG Bremen vom 29.3.1957, AP Nr. 1 zu §611 BGB Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis; BAG vom 16.11.1959, AP Nr. 13 zu § 276 ZPO (jeweils Geltendmachung eines Entgeltanspruchs); BGH vom 23.3.1961, WM 1961, 574, 575 (Herausgabe vereinnahmten Geldes); BGH vom 11.7.1962, LM §66 BEG 1956 Nr. 17 (Entschädigungsrecht); BAG vom 22.11.1965, NJW 1966, 501 (Abgeltung von Dienstleistungen); BAG vom 25.4.1966, NJW 1966, 1307, 1308 (Rückgewähr unbefugt entnommener Tätigkeitsvergütung); BAG vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu §528 ZPO (Schadensersatzforderung wegen unterlassener Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen); BGH vom 7.12.1972, NJW 1973, 328 (Tätigkeitsvergütung des geschäftsführenden phG einer KG); OLG Celle vom 26.3.1973, OLGZ 1973, 343, 344 f. (Kommanditistenhaftung und Tätigkeitsvergütung); BGH vom 17.12.1973, WM 1974, 177, 178 (Bestand eines Tätigkeitsverhältnisses); BAG vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (Wahlberechtigung); BGH vom 4.3.1976, DB 1976, 909; OLG Hamm vom 15.11.1976, DB 1977, 717, 718 (jeweils Kommanditistenhaftung und Tätigkeitsvergütung); BGH vom 3.2.1978, DB 1978, 1395 f. (Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB); BAG vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu §161 HGB (Beendigung eines Mitarbeiterverhältnisses); LAG Hamm vom 19.3.1985, BB 1986, 391, 392 (Statusfeststellung); OLG Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590 (Tätigkeitsvergütung des geschäftsführenden Gesellschafters einer GbR); BAG vom 20.2.1986, AP Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (Wahlberechtigung); BAG vom 10.5.1990, AP Nr. 51 zu § 611 BGB Abhängigkeit (Beschäftigte i.S. von §23 Abs. 1 S.2 KSchG); BAG vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG vom 10.4.1991, AP Nr. 54 zu § 611 BGB Abhängigkeit (jeweils Geltung der Tarifverträge über die Sozialkassen des Baugewerbes); BAG vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI (Kündigungsschutz); BGH vom 26.2.1996, BGHZ 132, 84, 88 f. (Beendigung der Mitgliedschaft in Produktionsgenossenschaft des Handwerks); BAG vom 25.1.2000, NZA 2001, 959, 960 f.; LAG Hessen vom 20.3.2000, NZA-RR 2001, 156, 157 ff. (Geltung der Tarifverträge über die Sozialkassen des Baugewerbes); LAG Hessen vom 7.8.2001, NZA-RR 2002, 263, 264 (Ausfüllung und Herausgabe von Arbeitspapieren). 26 Vgl. RG vom 4.5.1904, HoldhMSch 13(1904), 256 f. (Gerichtsstand nach § 22 ZPO); OLG München vom 28.12.1914, SeuffA Bd. 70 (1915), Nr. 113 (Einstufung von Bezügen im Konkurs); RAG vom 7.11.1928, ARS 4,143,144 f.; RG vom 10.10.1933, RGZ 142,13,16 ff.; LAG Chemnitz vom 5.12.1935, ARS 26, 50 ff.; LAG Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69, 70 ff.; BAG vom 18.2.1956, AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953; LAG Bayern vom 8.5.1956, WA 1957, 184; BAG vom 13.3.1964, AP Nr. 26 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung; BAG vom 26.6.1967, AP Nr. 30 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung; LAG Stuttgart vom 17.11.1977, ArbuR 1978, 125 f.; BAG vom 15.4.1993, AP Nr. 12 zu § 5 ArbGG 1979; LAG Berlin vom 11.9.1991, LAGE § 2 ArbGG 1919 Nr. 9; LAG Niedersachsen vom 23.1.1995, LAGE §48 ArbGG 1979 Nr. 10; BAG vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 ArbGG 1979; BAG vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 ArbGG 1979; OLG Köln 5.10.2000, NZG 2001, 165, 166 f. (jeweils Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bzw. Arbeitsgerichte). 27 Vgl. Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 271 ff.; Gitter, NZG 2001, 168 f.; Herrmann, RdA 1989, 313, 317 ff.; Höland, ZRP 1987, 86, 89; v. Hoyningen-Huene, NJW 2000, 3233, 3234 ff.; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 42 ff.; Oetker, BB 1991, 1559 f.; Reuter, ZfA 1979, 537, 548 ff.; Steindorff, FS Fischer (1979), S. 747, 763 ff.; im Grundsatz auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 58 ff., 402 ff.; ders., RdA 1992, 310, 317 ff., der allerdings bereits für die grundsätzliche Qualifikation auf die Zwecke arbeitsrechtlicher Regelungsbereiche zurückgreift. Siehe ferner zu Rotkreuzschwestern: Brosius, Rechtsstellung der Rotkreuzschwestern, S. 8 ff., 68 ff.; Knuth, Stellung der Rotkreuzschwester, S. 12 ff.; v. Maitzahn, RdA 1955, 454, 455 f.; Nikisch, FS A. Hueck (1959), 1, 4 ff.; Reichelt, Stellung der Rote-Kreuz-Schwestern, S. 126 ff.; Savaete, ArbuR 1959, 5, 6 ff.; Teich, Rechtsstellung der Krankenschwestern, S. 124 ff.;

II. Bedeutung

der Qualifikation

für die

Rechtsfolgenbestimmung

37

s p r i c h t d e r in d e r J u d i k a t u r 2 8 u n d i m S c h r i f t t u m 2 9 v o r h e r r s c h e n d e n a l l g e m e i n e n Tendenz, an die E i n s t u f u n g eines Beschäftigten als A r b e i t n e h m e r grundsätzlich das Eingreifen des

gesamten

arbeitsrechtlichen

Schutzinstrumentariums

zu

knüpfen. D e n methodischen H i n t e r g r u n d bildet der ü b e r w i e g e n d vertretene einheitliche Arbeitnehmerbegriff30. D i e R e c h t s p r e c h u n g u n d d i e L i t e r a t u r s i n d bei d i e s e r S i c h t w e i s e , d i e z u e i n e r s e h r s c h e m a t i s c h e n V e r k n ü p f u n g v o n Q u a l i f i k a t i o n u n d R e c h t s f o l g e f ü h r t , allerdings nicht stehengeblieben. Das Prinzip, daß die grundsätzliche Z u o r d n u n g einer Mitarbeit über die A n w e n d b a r k e i t bzw. N i c h t a n w e n d b a r k e i t des gesamten arbeits-

bzw.

gesellschaftsrechtlichen

Normenprogramms

entscheidet,

wird

n ä m l i c h auf v e r s c h i e d e n e n W e g e n in w a c h s e n d e m M a ß e a u f g e l o c k e r t . H i e r z u zählt z u m einen die analoge H e r a n z i e h u n g arbeitsrechtlicher Vorschriften und G r u n d s ä t z e bei N i c h t a r b e i t n e h m e r n , d i e v o r a l l e m bei O r g a n m i t g l i e d e r n 3 1 u n d ( s o n s t i g e n ) S e l b s t ä n d i g e n 3 2 in b e s t i m m t e n F ä l l e n z u n e h m e n d b e f ü r w o r t e t w i r d . Trieschmann, RdA 1955, 52, 53 f.; zu Sportlern: Franz, Rechtsstellung des Amateurfußballers, S. 137 ff.; Poschenrieder, Sport als Arbeit, S. 62 ff.; K. H. Schmidt, RdA 1972, 84, 85; K. Schneider, Arbeitnehmereigenschaft der Sportler, S. 54 f. 28 Siehe nur BAG vom 13.1.1983, AP Nr. 42 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter A); BAG vom 20.7.1994, AP Nr. 26 zu § 256 ZPO 1977 (unter III 3); BAG vom 30.11.1994, AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter A); BAG vom 15.12.1999, AP Nr. 5 zu § 92 HGB (unter I). 29 Vgl. Bauschke, RdA 1994, 209, 212; Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2 (siehe aber auch S. 6 Fn. 34 sowie dies., Gem. Anm. zu BAG, AP Nr. 15-21 zu § 611 BGB Abhängigkeit [unter VIII]); Boemke, ZfA 1998,285,286; Grieheling, RdA 1998,208, 210; Hanau, DB 1998, 69, 73; Hromadka, NZA 1997, 569; Konzen, ZfA 1982, 259, 290; Matthießen, ZIP 1988, 1089, 1091; ErfK/Preis, 2. Aufl., §611 BGB Rn. 47. 30 Ballerstedt, RdA 1976, 5, 7 f.; G. Hueck, RdA 1969, 216, 218 ff.; Konzen, ZfA 1982, 259, 290; Rancke, Die freien Berufe, S. 163 f.; ders., ArbuR 1979, 9,10; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 117; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III, S. 40. Zum methodischen Vorgehen der h. M. siehe auch M. Reuter, Arbeitsaufgabe, S. 109. 31 BGH vom 11.7.1953, BGHZ 10, 187, 192 f. (Betriebsrisikolehre); BGH vom 18.12.1954, NJW 1955, 501 (betriebliche Übung); BGH vom 3.12.1962, NJW 1963, 535 (Urlaubsabgeltung); BGH vom 9.11.1967, BGHZ 49, 30, 31 f. (Zeugnisanspruch); BGH vom 17.2.1969, WM 1969, 686, 688; BGH vom 3.5.1973, WM 1973, 782, 785 (jeweils betriebliche Übung); BGH vom 29.1. 1981, BGHZ 79, 291, 293 ff.; BGH vom 11.5.1981, NJW 1981, 2748, 2749; BGH vom 26.3.1984, BGHZ 91,217,220 f.; BGH vom 9.3.1987, NJW 1987,2073,2074; OLG München vom 15.2.1984, WM 1984, 896, 897; BGH vom 29.5.1989, NJW 1989, 2683, 2684 (jeweils Kündigungsfrist); BGH vom 15.5.1990, LM § 35 GmbHG Nr. 23 (Gleichbehandlungsgrundsatz); BGH vom 19.12. 1994, LM § 133 (B) BGB Nr. 38 (betriebliche Übung); LAG Köln vom 18.11.1998, NZA-RR 1999, 300 f. (Kündigungsfrist); siehe ferner (mit unterschiedlicher Tendenz) Bauer, DB 1979, 2178 ff.; Bauer/Gragert, ZIP 1997, 2177, 2178; Boemke, ZfA 1998, 209, 216 ff.; Eckardt, Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 205 ff.; Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197,208 ff.; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 126 ff.; Henssler, RdA 1992, 289,294 ff.; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 196 ff.; G. Hueck, ZfA 1985, 25, 32 ff.; Krauss, Status und Kündigungsschutz, S. 193 ff. (bei gleichzeitiger Anerkennung der Arbeitnehmereigenschaft in eng umgrenzten Fällen); Lieh/Eckardt, GmbH-Geschäftsführer, S. 83 ff.; Reiserer, DB 1994,1822 f. 32 BAG vom 21.1.1997, AP Nr. 44 zu §611 BGB Konkurrenzklausel (Wettbewerbsverbot); Beuthien/Wehler, RdA 1978, 2, 10; Hromadka, NZA 1997, 569, 577 ff.; ders., NZA 1997, 1249, 1256; Reinecke, ZIP 1998, 581, 588; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 294 ff.; Zeuner, RdA 1975, 84, 85 ff. In diese Richtung auch Kittner, FS Kissel (1994), S. 497, 519: Richterliche

38

5 2 Stellenwert

der

Qualifikationsfrage

Die Kehrseite bilden zum anderen diejenigen Ansätze, die sich trotz des Vorliegens der für die Arbeitnehmereigenschaft maßgeblichen Umstände dafür aussprechen, bei mangelnder sozialer Schutzbedürftigkeit die Anwendung arbeitsrechtlicher Schutznormen zu modifizieren oder sogar völlig auszuschließen. 3 3 Beide Vorgehensweisen haben auch Eingang in die Literatur zur Bewältigung von Fällen im Grenzbereich zwischen Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung gefunden. 3 4 Ferner gehört die Analogie zu gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in Arbeitsverhältnissen in diesen Zusammenhang. 3 5 Trotz der Flexibilisierung bei der Ermittlung der konkreten Rechtsfolgen bleiben diese methodischen Vorstellungen allerdings innerhalb des von der traditionellen Sicht gesteckten Rahmens, weil die grundsätzliche Statusbeurteilung weiterhin den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet.

2. Einzelnormorientierte

Ansätze

Im Schrifttum sind immer wieder Ansätze zu verzeichnen, die das Schwergewicht der Rechtsfindung nicht auf die generelle Qualifikation einer Tätigkeit, sondern auf die Analyse der Einzelvorschriften legen wollen. Allerdings weisen die verschiedenen Konzeptionen eine erhebliche Bandbreite auf. Zum Teil hält man noch formal daran fest, die Dienstleistung zunächst prinzipiell einzuordnen, um sodann nach dem personellen Anwendungsbereich der jeweils umstrittenen N o r m e n bzw. Normenkomplexe zu fragen. 3 6 Diese Methodik schließt sich damit fast nahtlos an die soeben geschilderte Vorgehensweise an. Zum Teil geht man Vertragskontrolle bei „abhängig" Beschäftigten ohne Arbeitnehmereigenschaft; Pfarr, G M H 1995, 633, 636: Arbeitsrechtliche Bestimmungen als Modell für „vertragsergänzende" Korrekturen. Für einen außerarbeitsrechtlichen Schutz wirtschaftlich Abhängiger etwa Rieble, TAK 1998, 327, 341 ff., 349 ff.; Schliemann, RdA 1997, 322, 326. Siehe ferner bereits R A G vom 25.4.1936, ARS 27, 7, 10 f. (Zeugnisanspruch) sowie die entsprechende Anwendung der dienstvertraglichen Regelung des § 6 1 8 B G B auf Werkunternehmer: R G vom 20.12.1938, R G Z 159, 268, 270 ff.; B G H (GS) vom 5.2.1952, B G H Z 5, 62, 65 ff.; B G H vom 20.2.1958, B G H Z 26, 365, 370 ff. 33 Beuthien/Wehler, Gem. Anm. zu B A G , AP Nr. 15-21 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter VIII); Heuberger, Sachliche Abhängigkeit, S. 166, 198 (eine Einzelnormbetrachtung andeutend aber S. 176); Hilger, RdA 1989, 1, 6; Lieb, ZVersWiss, Bd. 65 (1976), 207, 228 ff.; Reuter, Stellung des Arbeitsrechts, S. 31. So auch - nach großzügiger Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft - bei Organmitgliedern: Groß, Anstellungsverhältnis, S. 219 ff., 336 ff.; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 155 ff., 169 ff. Generell zurückhaltend aber Zeuner, RdA 1975, 84, 88. 3 4 Vgl. Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 37, 52 ff., Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 355 ff., 405 ff.; ders., RdA 1992, 310, 317 ff.; Martens, RdA 1979, 347, 354; Oetker, B B 1991,1559,1561; Reuter, ZfA 1979, 537, 551 ff.; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 272 ff.; Steindorff, FS Fischer (1979), S. 747, 767 ff. 3 5 Hierzu näher unten sub § 5 IV 1 c bb. 36 Plander, RdA 1973,234,237,243; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 38 ff., im Ausgangspunkt ebenso B A G vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (unter III 1). In diese Richtung auch noch MünchArbR/Richardi, 1. Aufl., § 2 3 Rn. 51; ders., in: Staudinger, B G B , 12. Aufl., Vor §611 Rn. 204; zurückhaltender jetzt MünchArbR/.Richardi, 2. Aufl., § 2 4 R n . 4 8 , 57; ders., in: Staudinger, B G B , 13. Bearb., Vor §611 Rn. 174f.; ders., in: F G 50 Jahre B G H , Bd. II (2000), S. 29, 37, 41 ff.

II. Bedeutung

der Qualifikation

für die Rechtsfolgenbestimmung

39

aber noch einen Schritt weiter und stellt von vornherein die einzelne Bestimmung in den Vordergrund der Betrachtungen. 37 Derartige Auffassungen werden vor allem in der Debatte um die rechtliche Stellung von Organmitgliedern vertreten, 38 finden sich aber auch in anderen Bereichen 39 . Hervorzuheben ist insbesondere, daß sich 'Wiedemann schon vor einiger Zeit im Zusammenhang mit der Abgrenzung von arbeits- und gesellschaftsrechtlich fundierter Mitarbeit eines Kommanditisten ebenfalls dafür ausgesprochen hat, von der einzelnen Schutzvorschrift auszugehen und ihre persönlichen Anwendungsvoraussetzungen zu ermitteln. 40 Die Relevanz der zuletzt geschilderten Überlegungen für die vorliegende Studie liegt auf der Hand. Je differenzierter die personellen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit arbeits- bzw. gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen und Grundsätze auf Tätigkeiten ausgestaltet sind, desto geringer wird der Stellenwert der grundsätzlichen Qualifikation einer Dienstleistung. Bei einem ausschließlich normbezogenen Vorgehen verliert die generelle Klassifikation sogar jede eigenständige Bedeutung, weil es nur noch um die Auslegung der einzelnen Regelung geht.

3.

Stellungnahme

Entgegen den soeben dargelegten neueren Ansätzen empfiehlt es sich aus mehreren Gründen nach wie vor, die Rechtsfindung mit der grundsätzlichen Einstufung einer Tätigkeit beginnen zu lassen und das Augenmerk nicht von vornherein ausschließlich auf einzelne Normen oder Normenkomplexe zu lenken. Solange es arbeitsrechtliche Regelungen 41 gibt, die ihren persönlichen Anwendungsbereich nicht selbst definieren, sondern an Begriffe anknüpfen, die vor allem von der Rechtsprechung mit einem zumindest im Kern festen Vorstellungsbild verbunden werden, ist nämlich im Grundsatz davon auszugehen, daß sich 37 In diese Richtung bereits Trumpler, NZfA 1922, Sp. 615, 616 ff. (zu mitarbeitenden Genossen); ebenso Bauschke, AR-Blattei SD 110.1 Rn. 327 ff.; ähnlich (am jeweiligen Schutzbedürfnis ansetzend) R. Becker, Die freie Mitarbeit, Rn. 80 f., S. 58; in Zweifelsfällen, zu denen er Gesellschafter mit Sperrminorität rechnet, ferner v. Maydell, Anm. zu BAG, EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 37 (unter 2). Entsprechende Überlegungen weist auch das US-amerikanische Arbeitsrecht auch, vgl. Carlson, Berkeley J. of Employment & Labor L. 22 (2001), 295, 355 ff. Zum methodischen Vorgehen einzelnormbezogener Ansichten siehe M. Reuter, Arbeitsaufgabe, S. 110. 38 Vgl. Eckardt, ZfA 1987, 467,473 f.; in diese Richtung ders., Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 205 ff. (freilich jeweils unter unzutreffender Berufung auf G. Hueck, ZfA 1985, 25, 27); siehe auch Miller, BB 1977, 723, 724 ff., der an die Interpretation einer Einzelnorm allerdings Überlegungen allgemeiner Art anknüpft. Gegen eine pauschale Zu- oder Aberkennung des Arbeitnehmerstatus von Organmitgliedern ebenfalls Lieb, Gutachten, Bd. III, S. 183, 197. Für eine nachrangige Bedeutung der Qualifikation ferner Grunsky, ZIP 1988, 76, 79. 39 Vgl. Reuter, ZGR 1981, 364, 370 (Anwendung von §39 BGB oder §723 BGB auf eine nichtrechtsfähige wirtschaftliche Vereinigung). 40 Anm. zu BAG, AP Nr. 2 zu § 161 HGB (unter 1 a). 41 Beispielhaft seien genannt: §§61 la, 612 Abs. 3, 612a, 613a, 622 BGB, § 1 EFZG, § 1 BUrlG, § 1 KSchG, § 1 MuSchG, § 1 JArbSchG, § § 1 , 5 BetrVG, §§ 2, 5 ArbGG.

40

5 2 Stellenwert

der

Qualifikationsfrage

der Gesetzgeber dieses Verständnis zu eigen gemacht hat. 4 2 Wenn somit die einzelne Bestimmung selbst auf eine normübergreifende Begriffsbildung Bezug nimmt, ist es legitim, bei der Frage, ob die in der Regelung angeordnete Rechtsfolge eintritt, als Ausgangspunkt die jeweilige Dienstleistung nach allgemeinen Kriterien zu qualifizieren. 4 3 Des weiteren sprechen die Aspekte der Rechtseinheit und Rechtssicherheit dafür, jedenfalls im Hinblick auf die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff zugrundezulegen. 4 4 Eine einzelnormbezogene Betrachtungsweise würde die Abgrenzungsprobleme multiplizieren und hierdurch zusätzliche Unklarheit über die jeweils geltenden rechtlichen Folgen heraufbeschwören. Demgegenüber trägt die prinzipielle Zuordnung zu einer bestimmten Vertragsform als Auslöser eines Rechtsfolgenbündels zur Rationalisierung der Rechtsbeziehungen bei, indem sich das Feld möglicher Streitigkeiten zwischen den Beteiligten verkleinert und damit die Transaktionskosten für wirtschaftlich relevantes Handeln gesenkt werden 4 5 . Schließlich verhilft nur eine derartige Sicht der in der Praxis weit verbreiteten Statusklage 4 6 , die auch bei der Abgrenzung von Gesellschafter- und Arbeitnehmereigenschaft anzutreffen ist, 4 7 zu einem Sinn. 4 8 Würde die Feststellung des Bestehens eines gesellschafts- oder arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Aussagen über die jedenfalls im Grundsatz anzuwendenden Vorschriften erlauben, so würde die Statusklage ihr Ziel verfehlen, den Parteien Gewißheit über die zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehungen zu verschaffen. Auch im Grenzgebiet von Gesellschafts- und Arbeitsrecht ist deshalb im Prinzip an der Qualifikation einer Mitarbeit als dem ersten Schritt der Rechtsfindung festzuhal4 2 Im Erg. ebenso Mayer-Maly, Erwerbsabsicht und Arbeitnehmerbegriff, S. 7 Fn. 9; Rancke, ArbuR 1979, 9, 10. Hinsichtlich des Grundbegriffs des Arbeitnehmers gleichfalls Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 39. 4 3 In diesem Sinne etwa auch B A G vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (unter III 1). 44 Konzen, ZfA 1982, 259, 290; Rancke, Die freien Berufe, S. 163 f.; ders., ArbuR 1979, 9, 10; gegen den (mittlerweile abgemilderten) einzelnormorientierten Ansatz von Ricbardi ferner Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III Fn. 7, S. 40. Auch de lege ferenda für ein Festhalten an einem einheitlichen Begriff des Arbeitsverhältnisses Boemke, ZfA 1998, 285, 320 f.; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 5 ff. 4 5 Vorrangig ist hier an die Verringerung von Rechtsverfolgungskosten (tertiäre Kosten) zu denken; zu dieser Kostenart Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 128, 406. Zur grundsätzlichen Relevanz rechtsökonomischer Aspekte siehe noch unten sub § 3 III 2. 4 6 Siehe etwa B A G vom 7.1.1971, AP Nr. 8 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 3.10.1975, AP Nr. 17 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 2.6.1976, AP Nr. 20 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 22.6.1977, AP Nr. 22 zu §611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 15.3.1978, AP Nr. 25 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 13.8.1980, AP Nr. 37 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 3.3.1999, AP Nr. 53 zu § 256 Z P O 1977; B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 5 zu § 92 H G B . 4 7 R G vom 13.4.1942, D R 1942, 1161 f.; L A G Hamm vom 19.3.1985, B B 1986, 391; siehe auch R G vom 9.3.1917, R G Z 9 0 , 1 4 , 1 5 ff. (Statusklage über Gesellschafterstellung ohne Abgrenzung zu anderen Vertragstypen). 4 8 Den Sinnzusammenhang zwischen einheitlichem Arbeitnehmerbegriff und Statusklage hervorhebend bereits M. Reuter, Arbeitsaufgabe, S. 115.

II. Bedeutung

der Qualifikation

für die

Rechtsfolgenbestimmung

41

ten. 49 Rechtsvergleichend sei hinzugefügt, daß auch im französischen Recht die Existenz eines contrat de travail von zentraler Bedeutung für die Anwendung des gesamten Arbeitsrechts ist. 50 Wenn somit an der grundsätzlichen Einordnung eines umstrittenen Rechtsverhältnisses als Ausgangspunkt für die Rechtsfindung festgehalten wird, so bedeutet dies nicht, daß dadurch die Besonderheiten von Fällen, die an der Schnittstelle mehrerer Rechtsgebiete angesiedelt sind, ausgeblendet werden sollen. Vielmehr ist es legitim und mit dem Postulat eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffs noch vereinbar, bei der Konkretisierung vergleichsweise abstrakter Kriterien auf die Eigenheiten derjenigen Rechtsmaterie Rücksicht zu nehmen, die durch das zu qualifizierende Rechtsverhältnis berührt ist. 51 So ist es denkbar, daß bei der Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer- und Gesellschaftereigenschaft andere U m stände ein besonderes Gewicht gewinnen als bei der Abgrenzung von Arbeitnehmerstatus und der Stellung als (selbständiger) Franchisenehmer 52 , Frachtführer 5 3 oder Kommissionär 5 4 . Darüber hinaus zwingt die geschilderte Konzeption nicht dazu, die konkrete Bestimmung der Rechtsfolgen mit der Statusbeurteilung enden zu lassen. Vielmehr ist es mit diesem Ansatz durchaus vereinbar, auf einer zweiten Stufe eine Feinabstimmung vorzunehmen und zu prüfen, ob und inwieweit in der Grauzone zwischen Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis dem Grundtypus entsprechende Regelungen inhaltlich zu reduzieren bzw. zu modifizieren oder - umgekehrt an sich unanwendbare Bestimmungen analog heranzuziehen sind. Insoweit gilt das Gleiche wie bei der Auseinandersetzung um die rechtliche Stellung von Organmitgliedern. 55 Daß die generelle Rechtsformbestimmung somit häufig nur eine vorläufige Auskunft über die anzuwendenden Rechtsnormen gibt, zeigt sich auch auf anderen Gebieten wie etwa bei der in Grenzbereichen ebenfalls schwierigen Unterscheidung von nichtrechtsfähigem Verein und Gesellschaft. 56 Trotz überwiegend für eine Einordnungsalternative sprechender Gesichtspunkte kann es erforderlich sein, eine für die andere rechtliche Form geltende Vorschrift her49 Henssler, RdA 1992,289, 290 (bei Organmitgliedern); Herrmann, RdA 1989,313, 318; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 402 ff., ders., RdA 1992, 310, 317 ff. Loritz, aaO., S. 402, verweist zudem mit Recht auf die hierdurch erleichterte Anknüpfung im Bereich des internationalen Privatrechts. 50 Siehe Couturier, Droit du travail 1, 3e Ed., Nr. 44-2, S. 99 ff.; Lefebvre, Contrat de travail, Nr. 1, 5, S. 41; Pelissier/Supiot/Jeammaud, Droit du travail, 20e Ed., Nr. 123, S. 143. 51 Ähnlich Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 39 f. Für eine Pluralität der Kriterien zur Begründung der Arbeitnehmereigenschaft bei unterschiedlichen Sachverhaltsgruppen auch Lieb, ZVersWiss, Bd. 65 (1976), 207, 217. 52 B A G vom 16.7.1997, AP Nr. 37 zu § 5 A r b G G ; B G H vom 4.11.1998, B G H Z 140, 11, 17 ff.; B G H vom 27.1.2000, N J W - R R 2000, 1436, 1437. 53 B A G vom 19.11.1997, AP Nr. 90 zu §611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 30.9.1998, AP Nr. 103 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B G H vom 21.10.1998, N J W 1999, 648, 649 f. 54 B A G vom 8.9.1997, AP Nr. 38 zu § 5 A r b G G 1979. 55 Vgl. dazu die Nachweise in Fn. 25 und 27. 56 Dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 2 5 I 2 b, S. 742.

42

5 2 Stellenwert

der

Qualifikationsfrage

anzuziehen. 5 7 A u f diesem Wege kann dem durchaus berechtigten Anliegen der einzelnormorientierten Betrachtung, eine zu schematische Verbindung zwischen prinzipieller Qualifikation und dem Eintritt bzw. Nichteintritt

bestimmter

Rechtsfolgen zu vermeiden, hinreichend Rechnung getragen werden. Ein weiterer Vorteil gegenüber einer Betrachtung, die es dabei bewenden läßt, nur den personellen Anwendungsbereich einer Bestimmung zu ermitteln, besteht in der Flexibilisierung im Rechtsfolgenbereich. Gerade in G r e n z - und Mischfällen darf nämlich nicht nur danach gefragt werden, welche N o r m e n des Gesellschafts- bzw. Arbeitsrechts grundsätzlich anwendbar sind. Vielmehr ist auch zu überlegen, o b die in einer Regelung enthaltene Rechtsfolge angesichts der k o n kreten Interessen der Beteiligten in vollem U m f a n g zum Tragen k o m m e n kann oder eventuell modifiziert werden muß. Schließlich wahrt die geschilderte M e t h o d i k den Anschluß an die allgemeinen Grundsätze des Schuldrechts, wie insbesondere ein B l i c k auf die gemischten Verträge belegt. Insoweit werden die zur Bewältigung gemischter Verträge am A n fang des 20. Jahrhunderts entwickelten T h e o r i e n 5 8 (Absorptionstheorie, 5 9 K o m binationstheorie, 6 0 T h e o r i e der analogen Rechtsanwendung 6 1 ) heutzutage nicht mehr pauschal herangezogen, um in den fraglichen Fällen die jeweils maßgeblichen R e c h t s n o r m e n zu ermitteln. 6 2 Vielmehr hat sich in der Sache eine „Theorie der interessengerechten R e c h t s a n w e n d u n g " 6 3 durchgesetzt, die elastische L ö s u n gen ermöglicht. 6 4 D i e dadurch gewonnene Flexibilität ändert jedoch einerseits nichts daran, daß die Qualifikation der jeweiligen Einzelleistung nach mehrheitlich vertretener Auffassung nach wie vor den Ausgangspunkt der rechtlichen B e wertung bildet. 6 5 K o m m t der grundsätzlichen Klassifikation vertraglicher Lei-

5 7 Vgl. B G H vom 2.4.1979, N J W 1979, 2304, 2305 (Anwendung von § 723 B G B auf eine Vereinigung mit überwiegend vereinsrechtlichem Gepräge); von vornherein für einen einzelnormorientierten Ansatz aber Reuter, Z G R 1981, 364, 370. 58 Bislang unübertroffene Darstellung der älteren Lehren bei Charmatz, Vertragstypen im Schuldrecht, S. 294 ff.; siehe jetzt aber Stoffels, Schuldverträge, S. 153 ff. 59 Lotmar, Arbeitsvertrag, Bd. I, S. 176 ff. 60 Hoeniger, Die gemischten Verträge; ders., DJZ 1913, 263 ff. 61 Schreiber, JherJb, Bd. 60 (1912), 106 ff. 62 Der aus diesem Befund von Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S.217, gezogene Schluß auf die Unergiebigkeit der Kategorie des gemischten Vertrages erscheint voreilig. 6 3 Soergel/M Wolf, B G B , 12. Aufl., § 305 Rn. 27; gegenüber dieser Umschreibung krit. aber Gernhuber, Schuldverhältnis, § 7 V 4 Fn. 137, S. 163. 64 Grdl. Enneccerus/Lehmann, Schuldverhältnisse, 15. Bearb., § 100 B vor I, S. 395 ff. Siehe ferner etwa Erman/Battes, B G B , 10. Aufl., Einl. § 305 Rn. 21 ff.; Emmerich, in: Athenäum-Zivilrecht 1, § 1 IV 2 b, S. 288; Gaßner, AcP 186 (1986), 325, 331 ff.; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 7 V 4, S. 162 f.; Palandt/Heinrichs, B G B , 61. Aufl., Einf. v. § 305 Rn. 25; Staudinger/Z,öWsc£, B G B , 13. Bearb., §305 Rn.28ff.; Raisch, BB 1968, 526, 529 ff.; M ü n c h K o m m B G B / r W e , 4. Aufl., § 305 Rn. 67; eingehend Dellios, Präzisierung der Rechtsfindungsmethode, S. 215 ff. 6 5 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II/2, 13. Aufl., § 63 I 2, S.43: „Praktische Bedeutung kann kaum überschätzt werden"; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, § 2 II 2, S. 22: „Rechtsnaturbestimmung vielfach unerläßlich"; krit. aber Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, S. 298 ff.

II. Bedeutung

der Qualifikation

für die Rechtsfolgenbestimmung

43

stungen aber sogar bei eindeutig gemischten Verträgen eine Schlüsselrolle zu, spricht alles dafür, ihr auch im Grenzgebiet zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht Bedeutung beizumessen und nicht von vornherein auf eine einzelnormbezogene Rechtsfindung umzuschwenken. Andererseits belegt der heutige Umgang mit gemischten Verträgen, daß die grundsätzliche Einstufung einer Leistung nur den Ausgangspunkt der rechtlichen Würdigung bildet und es stets der zusätzlichen Überlegung bedarf, welche N o r m e n der konkreten Interessenlage der Parteien entsprechen. 6 6 Die sich somit ergebende Notwendigkeit eines zweistufigen Vorgehens stellt im übrigen kein Manko dar. Vielmehr erfüllt sie am ehesten die Forderung nach einer möglichst transparenten juristischen Argumentation bei der Ermittlung konkreter Rechtsfolgen. Für die Anwendung von Vorschriften und Prinzipien, die explizit an ein in bestimmter Weise qualifiziertes Rechtsverhältnis anknüpfen, ist nämlich keine zusätzliche Begründung erforderlich. Demgegenüber bedarf die Heranziehung von Regelungen und Wertungsaspekten einer dem grundsätzlichen Charakter des Rechtsverhältnisses fremden Rechtsmaterie einer eigenständigen Legitimation, sofern man sie überhaupt als zulässig ansieht. Zwar ist es im Rahmen der Urteilsfindung durchaus statthaft, wenn die Rechtsprechung die konkrete Einordnung einer Mitarbeit zuweilen offenläßt, weil die fraglichen Regelungen und Grundsätzen bei jeder denkbaren Qualifikation zur Anwendung kommen. 6 7 Gleichwohl folgt aus dem G e b o t dogmatischer Klarheit, zwischen der (partiellen) Übertragung einer arbeitsrechtlichen Vorschrift auf eine gesellschaftsrechtlich fundierte Dienstleistung und der - unter Umständen durch gesellschaftsrechtliche Wertungen modifizierten - Anwendung einer N o r m des Arbeitsrechts auf eine Dienstleistung auf arbeitsvertraglicher Grundlage auch dann zu unterscheiden, wenn die verschiedenen Argumentationslinien in einem bestimmten Fall zum selben Ergebnis führen. Zudem wird als Folge einer grundsätzlichen Zuordnung das Verhältnis von Regel und Ausnahme verdeutlicht und das Bewußtsein für die Bedeutung zwingender Vorschriften des primär einschlägigen Gebiets geschärft. 6 8

6 6 Wie Stoffels, Schuldverträge, S. 172 ff., jüngst zutreffend dargelegt hat, ist bei nicht gesetzlich geregelten Verträgen darüber hinaus der einfachen und der ergänzenden Vertragsauslegung der Vorrang vor dem unmittelbaren Rückgriff auf dispositives Gesetzesrecht einzuräumen, an dem es im Arbeitsrecht freilich vielfach fehlt. 6 7 Vgl. B G H vom 5.2.1963, N J W 1963, 1051, 1052 (Keine Vorteilsausgleichung bei Schädigung eines Gesellschafters); B A G vom 21.1.1997, AP Nr. 44 zu §611 B G B Konkurrenzklausel (Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbots). 6 8 In diesem Sinne auch G. Hueck, ZfA 1985, 25, 27, im Zusammenhang mit der Klassifikation von GmbH-Geschäftsführern; ihm zust. Lieb/Eckardt, GmbH-Geschäftsführer, S. 42.

§ 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit

Nachdem die Bedeutung der prinzipiellen Qualifikation einer Tätigkeit dargetan worden ist, soll im folgenden Klarheit über die rechtlichen Formen geschaffen werden, die für die Einstufung einer Dienstleistung grundsätzlich zur Verfügung stehen. Zum besseren Verständnis der anschließenden Ausführungen seien indes noch einige Bemerkungen vorausgeschickt.

I. Vorbemerkungen Ohne dies zu erläutern, wurden die Begriffe Gesellschafter, Gesellschaftsverhältnis und Gesellschaftsvertrag bzw. Arbeitnehmer, Arbeitsverhältnis und Arbeitsvertrag in den bisherigen Darlegungen jeweils zur Bezeichnung unterschiedlicher Aspekte derselben Erscheinung verwendet. Daß dies nicht selbstverständlich ist, zeigt ein bei der Frage nach der arbeitsrechtlichen Einordnung einer Mitarbeit in der Rechtsprechung 1 und im Schrifttum 2 immer wieder anzutreffender Ansatz. Danach wird das Interesse von vornherein auf den Arbeitnehmerbegriff und die hierfür maßgeblichen Kriterien gelenkt, ohne auf die rechtliche Grundlage der Dienstleistung erkennbare Rücksicht zu nehmen. Diese Konzeption könnte dahin verstanden werden, daß es in bestimmten Fällen zu einem Auseinanderdriften von Rechtsgrundlage und Status kommen kann. 3 In diesem Sinne hat Potthoff schon frühzeitig ausdrücklich die Meinung vertreten, daß bei einer Tätigkeit auf genossenschaftsrechtlicher Grundlage auch ohne einen (besonderen) Arbeitsvertrag ein Arbeitsverhältnis vorliegen könne. 4 Sehr deutlich treten derartige Vor-

1 Siehe B A G vom 26.6.1967, AP Nr. 30 zu § 2 A r b G G 1953 Zuständigkeitsprüfung (unter IV); B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau (unter II 3 a); B A G vom 10.4.1991, AP Nr. 54 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter I 3); B A G vom 15.4.1993, AP Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979 (unter III 2 a); O L G Köln vom 5.10.2000, N Z G 2001, 165,166 f. 2 Vgl. Eichler- Weiskorn/Pöppel, KJ 1987,259,268; Gitter, SAE 1976,204 (etwas zurückhaltender ders., N Z G 2001, 168); Mayer-Maly, Erwerbsabsicht und Arbeitnehmerbegriff, S. 49; in diese Richtung auch Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 39: Rechtsgrundlage nur „Indiz". 3 Nicht ganz eindeutig auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 402 ff.; ders., RdA 1992, 310, 317 ff., indem er zwar von der Qualifizierung eines mitarbeitenden Gesellschafters als Arbeitnehmer sowie dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, soweit ersichtlich aber nicht von einem in diesem Falle bestehenden Arbeitsvertrag spricht; ebenso Henssler, Anm. zu B A G , AP Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2), unklar ferner Martens, RdA 1979, 347, 349. Zur Deutung der Positionen von Beuthien, Diller und v. Hoyningen-Huene siehe unten sub § 6 III 1 a dd.

I.

Vorbemerkungen

45

Stellungen gleichsam unter umgekehrten Vorzeichen auch bei Wagner zutage. So spricht er bei der Frage nach den Auswirkungen einer Kommanditbeteiligung auf ein zuvor unstreitig bestehendes Arbeitsverhältnis mehrfach davon, daß die Beteiligung nicht das Arbeitsverhältnis, möglicherweise aber den Arbeitnehmerstatus berühre. 5 Nimmt man Wagner beim Wort, so impliziert eine solche die Möglichkeit, daß ein Beschäftigter im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig wird, ohne jedoch Arbeitnehmer zu sein.6 Alles das würde den Wert der anschließenden Darstellung der verschiedenen rechtlichen Einordnungsalternativen erheblich mindern. Wenn es nämlich ohne weiteres denkbar wäre, daß eine Tätigkeit zwar auf einer gesellschaftsrechtlichen Grundlage erbracht wird, der Mitarbeiter aber trotzdem als Arbeitnehmer qualifiziert werden kann, oder umgekehrt auf arbeitsvertraglicher Basis erfolgt, der Beschäftigte aber gleichwohl kein Arbeitnehmer ist, hätte die prinzipielle Unterscheidung zwischen Gesellschafts- und Austauschverträgen für die hier zu untersuchenden Gestaltungen nur einen geringen Aussagegehalt. O b sämtliche Vertreter der soeben beschriebenen Sichtweisen tatsächlich so weit gehen wollen, ist zweifelhaft. Für die Zwecke der vorliegenden Studie soll jedenfalls an der grundsätzlichen Einheit von Gesellschafter, Gesellschaftsverhältnis und Gesellschaftsvertrag bzw. Arbeitnehmer, Arbeitsverhältnis und Arbeitsvertrag festgehalten werden. 7 Zum einen kann nur auf diese Weise Unklarheiten wirksam vorgebeugt werden, die daraus resultieren, daß den genannten Begriffen eine unterschiedliche Reichweite beigelegt wird. Zum anderen kann es auch in der Sache nicht überzeugen, bei der Beurteilung von Dienstleistungen im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Arbeitsrecht in der Weise vorzugehen, daß man in bestimmten Fällen eine von den Parteien explizit ausgesprochene Einstufung als gesellschaftsvertragliche Tätigkeit unangetastet läßt, dem Mitarbeiter aber gleichwohl die Arbeitnehmereigenschaft zuspricht. Gleiches gilt für die umgekehrte Konstellation. Die Möglichkeit eine Divergenz zwischen Rechtsgrundlage und Status ist deshalb abzulehnen. Statt dessen muß es dabei bleiben, daß ein gesellschaftsvertraglicher Rahmen stets zur Gesellschaftereigenschaft führt wie auch umgekehrt ein Beschäftigter den Status eines Arbeitnehmers nur auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages bekleiden kann. Hierdurch wird zugleich der Anschluß an die im neueren arbeitsrechtlichen Schrifttum durchgängig vertretene Sicht hergestellt, die für die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Normen

ArbR I X (1922), Sp. 731, 732 f. Massenkommanditgesellschaft, S. 180, 314. 6 Zwar ist bei Wagner, Massenkommanditgesellschaft, S. 315, zusätzlich davon die Rede, daß sich der rechtliche Charakter des Verhältnisses unter Umständen in ein Dienstvertragsverhältnis wandele. Die durch seine Formulierungen herbeigeführten Unklarheiten werden damit indes nicht ausgeräumt. 7 In diesem Sinne etwa auch Herrmann, RdA 1989, 313, 319, indem sie die Frage stellt, wann die Dienstleistung eines Gesellschafters die Qualität einer Arbeitsleistung mit der Folge erhält, daß ein Arbeitsvertrag vorliegt. 4

5

46

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

auf das Vorliegen eines Arbeitsvertrages abstellt und die Arbeitnehmerposition lediglich als Folge einer entsprechenden Vertragseinordnung begreift. 8 Damit ist selbstverständlich nicht gesagt, daß sich eine von den Parteien vorgenommene Bezeichnung gegenüber der wirklichen Rechtsnatur des Beschäftigungsverhältnisses durchsetzt. Vielmehr soll hier nur klargestellt werden, daß Rechtsgrundlage und Status einheitlich zu qualifizieren sind. Demnach kommt es im Falle eines den Parteiwillen überwindenden Rechtsformzwanges zu einer gleichzeitigen Verdrängung der Bezeichnungen von Vertragsgrundlage und B e schäftigtenstatus. Des weiteren soll mit der soeben erfolgten Festlegung die noch näher 9 zu behandelnde Frage nach der Möglichkeit einer Doppelzurechnung derselben Tätigkeit zu einem Gesellschafts- und einem Austauschvertrag bzw. nach Mischformen nicht vorab negativ beschieden werden. Insoweit geht es nämlich nicht um eine Divergenz zwischen rechtlicher Grundlage und Mitarbeiterstatus, sondern um das Problem, ob und in welchen Formen es Kombinationen verschiedener rechtlicher Grundformen gibt. Die Konzentration auf die Darlegung der Rechtsformen bringt es mit sich, daß es an dieser Stelle noch nicht erforderlich ist, auf die Gegenüberstellung von begrifflichem und typologischem Denken näher einzugehen. 1 0 Die D e n k f o r m des Typus als eine Zusammenfassung von Merkmalen eines Rechtsverhältnisses ist der Frage nach den rechtlichen Grundformen nämlich nachgelagert. So führt das typologische Denken im Vergleich zu einem begrifflichen Vorgehen zwar zu „flüssigeren" Grenzen zwischen den einzelnen als Auslegungsalternativen in B e tracht kommenden Typen. Dies folgt daraus, daß sich die Qualifikation eines Schuldverhältnisses bei begrifflichem Denken im Wege der Subsumtion unter exakte begriffliche Merkmale vollzieht, während bei typologischer Sichtweise lediglich eine „Zuordnung" zum jeweiligen Typus erfolgt. 1 1 Dabei soll sich ein Typus durch eine „Offenheit" in dem Sinne auszeichnen, daß einzelne „Züge" verzichtbar seien bzw. eine Kompensation fehlender Elemente durch andere Faktoren erfolgen könne. 1 2 Zudem soll die Besonderheit von Typusmerkmalen in ihrer Abstufbarkeit bestehen, durch die es möglich sei, daß der jeweilige U m -

8 Siehe etwa Maschmann, Arbeitsverträge, S. 110 f.; M ü n c h K o m m B G B / M ü l l e r - G l ö g e , 3. Aufl., §611 Rn. 121 ff.; Richardi, FS Söllner (2000), S. 957, 969 ff.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III, S. 40 ff. Ausführlich zum Wandel vom Arbeitnehmer zum Arbeitsvertrag als Anknüpfungspunkt des Arbeitsrechts Söllner, FS Zöllner, Bd. II (1998), S. 949 ff. 9 Siehe dazu unten sub IV. 10 Vgl. hierzu noch unten sub § 4 III. 11 Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 221 ff., 301 ff., 468; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 89 f.; 183 f. In diesem Sinne auch Kaufmann, Analogie, S. 38; A. Koller, Typuslehre, S. 25; Radbruch, I Z T R , Bd. X I I (1938), 46, 47; Rode, J R 1968, 401, 405; Strache, Denken in Standards, S. 53 ff.; Tomandl, GS Gschnitzer (1969), S. 431, 452; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 103. 12 Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 221; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 34, 93. Ebenso Kaufmann, Analogie, S. 37; A. Koller, Typuslehre, S. 22.

/.

Vorbemerkungen

47

stand bei verschiedenen Sachverhalten in einem unterschiedlichen Maße im Sinne eines „mehr" oder „weniger" vorliegen könne. 13 Trotz der Präferenz für fließende Ubergänge, hinsichtlich derer mehrere Stimmen offenbar auch an den Ubergang vom synallagmatischen Vertrag zur Personengesellschaft denken, 14 kommt aber auch die Typuslehre um die Anerkennung rechtlicher Grundformen nicht herum, weil es anderenfalls keine Gebilde gäbe, denen zumindest eindeutig gelagerte Rechtsverhältnisse im Ergebnis zugeordnet werden könnten. 15 Ferner ist daran zu erinnern, daß mit der Qualifikation einer Tätigkeit der Prozeß der Rechtsfindung noch nicht beendet ist. 16 So ist etwa die analoge Anwendung von dienst- bzw. arbeitsvertraglichen Vorschriften auf eine gesellschaftsvertragliche Mitarbeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Während die Heranziehung derartiger Bestimmungen im Regelfall aber deshalb erfolgt, weil es sich um ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis handelt, kommen die Normen bei einer Analogie zur Anwendung, obwohl ein Gesellschaftsverhältnis vorliegt. Wenn nachfolgend die verschiedenen rechtlichen Formen geschildert werden, geschieht dies zunächst mit dem Ziel, die Spannbreite der Fälle zu verdeutlichen, denen sich die Studie näher zuwenden will. Dabei erfolgt die Darstellung in erster Linie aus der Perspektive des Rechtsanwenders, der sich bei einem strittigen oder zumindest unklaren Sachverhalt die in Betracht kommenden Einordnungsalternativen zunächst vor Augen führen muß, um dann anhand einzelner Kriterien die konkrete Qualifikation vorzunehmen. Gleichzeitig soll aber auch klargestellt werden, welche Gestaltungsformen den Parteien für die rechtliche Einbettung einer Tätigkeit grundsätzlich zur Verfügung stehen. Allerdings liegt die Betonung insoweit auf „grundsätzlich". Die anschließende Auflistung der unterschiedlichen Rechtsformen darf nicht dahin mißverstanden werden, daß es den Vertragspartnern ohne weiteres frei steht, jede Mitarbeit in jedes beliebige Rechtskleid zu fassen. Vielmehr besteht die Besonderheit von Dienstleistungen im Grenzgebiet von Gesellschafts- und Arbeitsrecht gerade in der Frage, ob und inwieweit sich zwingendes Recht heteronom gegenüber einer von den Beteiligten autonom vereinbarten rechtlichen Form durchsetzt, sei es, daß eine Rechtsbeziehung über den Parteiwillen hinweg in bestimmter Weise qualifiziert oder - gerade umgekehrt eine gewollte Einstufung einer Tätigkeit unterbunden wird. Die folgenden Darlegungen zu den prinzipiellen Möglichkeiten privatautonomer Vereinbarungen abstrahieren bewußt von den aus dem Gesellschaftsrecht bzw. dem Arbeitsrecht re13 Kaufmann, Analogie, S. 37 f.; Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 221; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 34. 14 Brecher, F S A . H u e c k (1959), S. 233, 244; Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 472; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 139 ff. 1 5 Vgl. dazu Huber, J u r A 1970, 784, 786 ff.: Differenzierung zwischen „ R e c h t s f o r m t y p u s " und „Strukturtypus"; ähnlich Larenz, N J W 1963, 737, 740: „ G e s e t z e s t y p u s " und „Lebenstyp u s " ; zur Methodik auch Schwark, Rechtstheorie, Bd. 9 (1978), 73, 94 f.; siehe f e r n e r / / . P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 12 f. sowie 117: „numerus clausus der Rechtsformen". 16 D a z u bereits oben sub § 2 II 3.

5 3 Rechtsformen

48

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

sultierenden Einzelschranken 17 und haben im Hinblick auf den Umgang mit konkreten Fällen mithin nur vorläufigen Charakter. Soweit es schließlich um die Mitarbeit als Gegenstand der Zuordnung geht, genügt für den vorliegenden Zusammenhang eine vergleichsweise pauschale Betrachtung. Es bedarf an dieser Stelle noch keiner Differenzierung zwischen der Qualifikation der Pflicht zum Leisten noch ausstehender Dienste und der Einstufung bereits erbrachter Tätigkeiten. 18 Ebensowenig ist es vonnöten, zwischen der Pflicht zur Mitarbeit und der insbesondere im Gesellschaftsrecht begegnenden Frage nach dem Recht eines Gesellschafters zur Ausübung einer - leitenden - Tätigkeit zu unterscheiden.

II. Gesellschaftsrechtliche Formen Rechtswirklichkeit und gesetzgeberisches Handeln haben im Gesellschaftsrecht im Laufe der Zeit eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsformen hervorgebracht. 19 Hinzu kommen die für dieses Rechtsgebiet charakteristischen Abweichungen innerhalb derselben Rechtsform durch Typusvariationen und atypische Gestaltungen. 20 Dieser Reichtum bedingt ein buntes Spektrum der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Mitarbeit auf gesellschaftsrechtlicher Basis. Dabei zeigt schon ein summarischer Uberblick, daß nach einhelliger Meinung in nahezu allen Gesellschaften Dienstleistungen ihre Grundlage im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung finden können. Insoweit kann vielfach gleichbedeutend davon gesprochen werden, daß es um Tätigkeiten im Rahmen von Mitgliedschaftsverhältnissen geht. Gesellschaftsrechtlich fundierte Mitarbeit greift aber über mitgliedschaftliche Stellungen hinaus. Dies hängt mit dem Begriff der Mitgliedschaft zusammen. Unter einer Mitgliedschaft ist nämlich die rechtliche Stellung einer Person infolge ihrer Zugehörigkeit zu einem Verband zu verstehen. 21 Dies bedeutet auf der einen Seite, daß von der mitgliedschaftlichen Position eines Gesellschafters nicht nur dann die Rede sein kann, wenn die Gesellschaft eine

Hierzu unten sub §§ 5 IV 1 b aa (2), 6 IV u. V. Siehe dazu noch unten sub § 5 I. 19 Plastisch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 12 II 2 b bb, S. 694: „Gesellschaftslandschaft". 2 0 Vgl. dazu nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 3 II 1, S. 51 f.; ferner H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 163 ff. 21 Habersack, Mitgliedschaft, S. 16 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 86; Müller-Erzbach, Mitgliedschaft, S. 22 ff., 203; MünchKommBGB/fiewier, 4. Aufl., § 3 8 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 19 I 1 b, S. 547; Wiedemann, Übertragung, S. 23. Die umstrittene Einordnung der Mitgliedschaft in die Kategorien „Rechtsverhältnis" und „subjektives Recht" spielt im vorliegenden Kontext keine Rolle und kann daher dahinstehen; dazu näher Flume, Personengesellschaft, § 9, S. 127; Hadding, FS Reinhardt (1972), S. 249 ff.; ders., FS Steindorff (1990), S. 31, 33 ff.; eingehend Habersack, Mitgliedschaft, S. 21 ff. 17 18

II. Gesellschaftsrechtliche körperschaftliche

Rechtsform22

bzw.

eine

Formen eigene

49

Rechtspersönlichkeit

auf-

w e i s t . A u f der a n d e r e n Seite g e n ü g t eine r e i n s c h u l d r e c h t l i c h s t r u k t u r i e r t e G e 23

s e l l s c h a f t e n t g e g e n e i n e r v o r a l l e m in d e r R e c h t s p r e c h u n g des ö f t e r e n a n z u t r e f f e n d e n A u s d r u c k s w e i s e 2 4 n i c h t , u m die d a r a n B e t e i l i g t e n als M i t g l i e d e r b e z e i c h n e n z u k ö n n e n . 2 5 D a rein v e r t r a g l i c h a u s g e s t a l t e t e G e s e l l s c h a f t e n i n d e s n i c h t v o n v o r n h e r e i n aus d e n B e t r a c h t u n g e n a u s g e b l e n d e t w e r d e n s o l l e n , w ü r d e eine B e s c h r ä n k u n g auf m i t g l i e d s c h a f t l i c h e D i e n s t l e i s t u n g e n f o l g l i c h z u k u r z

greifen

o d e r z u m i n d e s t t e r m i n o l o g i s c h u n g e n a u sein, w e n n g l e i c h in d e n h i e r zu e r ö r t e r n d e n F ä l l e n z u m e i s t eine v e r b a n d l i c h e G e s e l l s c h a f t s s t r u k t u r 2 6 v o r l i e g e n w i r d . I m f o l g e n d e n s o l l e n die e i n z e l n e n R e c h t s f o r m e n a u f g e l i s t e t w e r d e n , u m die B a n d b r e i t e d e r e i n s c h l ä g i g e n F ä l l e z u v e r d e u t l i c h e n . Z u g l e i c h w i r d die G e l e g e n heit g e n u t z t , e i n i g e n A s p e k t e n d e r T ä t i g k e i t s e r b r i n g u n g i m R a h m e n d e r vers c h i e d e n e n G e s e l l s c h a f t s a r t e n als A u s g a n g s p u n k t s p ä t e r e r Ü b e r l e g u n g e n n a c h zugehen.

1.

Personengesellschaften

a) GbR, OHG und verwandte Sonderformen D i e M i t a r b e i t v o n G e s e l l s c h a f t e r n e i n e r G b R k a n n auf g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e r G r u n d l a g e e r f o l g e n . 2 7 I n s o w e i t stellt § 7 0 6 A b s . 3 B G B klar, d a ß D i e n s t e eines G e s e l l s c h a f t e r s t a u g l i c h e r G e g e n s t a n d v o n B e i t r ä g e n sein k ö n n e n . J e d e r G e s e l l -

22 Siehe dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 22 I 1, S. 657. Allerdings wird der Begriff der Körperschaft i.S. einer von der Identität der Mitglieder unabhängigen Einheit teilweise nicht auf die Rechtsform, sondern auf die Realstruktur bezogen. Auf diese Weise gelangt man vor allem zur Einbeziehung der Publikums-KG, vgl. etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 2 1 1 abb, S.91. 2 3 Im letztgenannten Sinne etwa J. v. Gierke, Z H R 119 (1956), S. 141, 150 f., der im übrigen von bloßer Teilhaberschaft spricht. 2 4 B G H vom 24.2.1969, B G H Z 51, 350, 353; B G H vom 14.7.1997, N J W 1997, 3370; so offenbar auch Flume, Personengesellschaft, § 1 7 II Fn.27, S. 351; ferner Staudinger/Keßler, B G B , 12. Aufl., Vor § 705 Rn.26. 2 5 Vgl. Habersack, Mitgliedschaft, S. 102; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 4 5 I 1 a, S. 1306. Zur grundsätzlichen Unterscheidung rein schuldrechtlicher und verbandlich strukturierter Gesellschaften siehe etwa K. Schmidt, aaO., § 7 I 1 u. 2, S. 175 ff.; zum organisationsrechtlichen Charakter von Gesellschaftsverträgen Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., §705 Rn. 43; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rn. 125; Wiedemann, Z G R 1996, 286 ff. 2 6 Die exakte Abgrenzung zwischen reiner Vertragsgesellschaft und organisiertem Verband ist strittig, bedarf hier aber keiner eingehenderen Betrachtung; näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 7 I 2 b, S. 177 ff.; Wiedemann, WM 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 4. Im übrigen hängt die Einstufung einer G b R als ein aus Mitgliedern bestehender Verband nicht von der Frage ab, ob man der GbR mit einer zunehmend vertretenen Ansicht die Fähigkeit zuspricht, eigenständiger Rechtsträger zu sein; vgl. Zöllner, FS Gernhuber (1993), S. 563, 569 ff., der trotz abgelehnter Rechtssubjektivität von einer Mitgliedschaft in der GbR spricht. Zum Streit um die Rechtsträgerfähigkeit der GbR siehe auch noch unten sub IV 1 a. 2 7 Siehe nur Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1; Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 274; Herrmann, RdA 1989, 313, 319; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl.,

50

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

schafter kann somit im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich die Pflicht übernehmen, seine Arbeitskraft zur Förderung des Gesellschaftszwecks einzusetzen. Indem der Gesellschafter entsprechende Dienste an die Gesellschaft 2 8 erbringt, erfüllt er demnach eine Beitragsschuld. Dies gilt auch für den Fall, daß ein Beteiligter bereits im Rahmen einer als G b R zu qualifizierenden Vorgründungsgesellschaft 2 9 Arbeit leistet. 3 0 Eine gesellschaftsrechtlich fundierte Tätigkeit kann im übrigen auch ohne eine konkrete Absprache im Gesellschaftsvertrag vorliegen. Dies ergibt sich aus den Grundsätzen über die Geschäftsführung, die neben der organisationsrechtlichen Dimension der Regelung der internen Handlungsbefugnis auch die schuldrechtliche Komponente betreffen, welcher Gesellschafter die mit der Geschäftsführung verbundenen Aufgaben erledigen darf bzw. muß. 3 1 Insoweit ist man sich darüber einig, daß die Gesellschafter einer G b R trotz des von § 114 Abs. 1 H G B abweichenden Wortlauts des § 709 Abs. 1 B G B zur Geschäftsführung nicht nur berechtigt, sondern grundsätzlich auch verpflichtet sind. 3 2 Hierfür bedarf es keiner expliziten Festlegung im Gesellschaftsvertrag. Vielmehr resultiert die - organschaftliche - Pflicht zur Geschäftsführung jedenfalls im Prinzip unmittelbar aus der Stellung als Gesellschafter, also aus dem Gesellschaftsvertrag als solchem. 3 3 Alle mit der Geschäftsführung 3 4 verbundenen Dienstleistungen können sich somit auch ohne eine dahingehende konkrete Regelung im Gesellschaftsvertrag auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage entfalten. O b die geschäftsführende Tätigkeit darüber hinaus ein gesellschaftsvertragliches Fundament haben muß, so

§ 9 III 3, S. 46; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 58; A. Schreiber, Arbeit als Beitrag, S. 14 f., 20 f.; ferner die Kommentare zu § 706 B G B . 2 8 Die Beitragspflichten sind grundsätzlich Sozialpflichten gegenüber dem Verband. Bei rein schuldrechtlich strukturierten Gesellschaften bestehen sie gegenüber dem bzw. den anderen Beteiligten; zur Frage der Gläubigerstellung näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 20 II 4, S. 577 f.; siehe auch Flame, Z H R 136 (1972), 177, 181 f. 2 9 Da man den Zweck der Vorgründungsgesellschaft, bei der es zumeist um eine Vereinigung im Vorfeld einer G m b H geht, auf die Gründung der Gesellschaft beschränken sollte, handelt es sich stets um eine G b R . Wenn dieselben Beteiligten zeitgleich bereits ein Unternehmen betreiben, liegt eine zusätzliche O H G bzw. eine G b R vor; in diesem Sinne K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 34 III 2 b, S. 1013 f.; eingehend ders., G m b H R 1982, 6, 7 f. 3 0 Vgl. L A G Niedersachsen vom 23.1.1995, L A G E § 4 8 A r b G G 1979 Nr. 10. 31 Zur Janusköpfigkeit der Geschäftsführung siehe Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 118; K. Schmidt, D B 1988, 2241, 2242. 3 2 R G vom 10.10.1933, R G Z 142, 13, 18; B G H vom 24.1.1972, N J W 1972, 862, 863; Flume, Personengesellschaft, § 15 II 1, S. 263; SoergelIHadding, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 8; Staudinger/ Keßler, B G B , 12. Aufl., Vorbem zu § § 7 0 9 - 7 1 5 R n . 2 6 f . ; MünchKommBGB/£//mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 29; Erman/H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 16. 3 3 Vgl. (mit unterschiedlichen Formulierungen) R G vom 10.10.1933, R G Z 142, 13, 18; SoergelIHadding, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 4; M ü n c h K o m m B G B / i / W r , 3. Aufl., § 709 Rn. 3; Erman/H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 2 f. 3 4 Die Abgrenzung der Geschäftsführung zu den sog. Grundlagengeschäften (vgl. dazu nur MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 10 f.) spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle.

II. Gesellschaftsrechtliche

Formen

51

daß insoweit ein schuldrechtlicher Vertrag unzulässig ist, soll hier zunächst n o c h offenbleiben u n d an späterer Stelle angesprochen werden. 3 5 Soweit es u m die Gesellschafter einer O H G sowie um den oder die persönlich haftenden Gesellschafter einer K G geht, gelten infolge der Verweisungsnormen in den §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 H G B unter beitragsrechtlichen Gesichtspunkten dieselben Grundsätze. 3 6 Ferner folgt aus der in § 114 Abs. 1 H G B geregelten Geschäftsführung, daß die dafür entfaltete Tätigkeit ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis finden kann. 3 7 Schon eingangs 3 8 ist darauf hingewiesen w o r d e n , daß gerade die O H G den P r o t o t y p der Mitunternehmergemeinschaft bildet, bei dem die einzelnen Gesellschafter ihre eigene Arbeitskraft f ü r einen erwerbswirtschaftlichen Zweck einsetzen. Mit der A u s d e h n u n g des Begriffs des Handelsgewerbes durch die Handelsrechtsreform von 1998 hat die Bedeutung der O H G gegenüber der unternehmenstragenden G b R z u d e m noch z u g e n o m m e n . Bei Partnerschaften im Sinne des P a r t G G fehlt es trotz der gesetzlichen Festlegung eines Mindestinhalts des Partnerschaftsvertrages in § 3 Abs. 2 P a r t G G zwar an einer ausdrücklichen Regelung über die E i n o r d n u n g der freiberuflichen Tätigkeit der Partner als im Innenverhältnis bestehende Mitgliedspflichten. § 1 Abs. 4 P a r t G G verweist aber pauschal auf das Recht der G b R u n d damit auch auf § 706 Abs. 3 BGB. Dementsprechend besteht Einigkeit darüber, daß die Berufsausü b u n g eine mitgliedschaftliche Pflicht der einzelnen Partner sein kann. 3 9 O b aus der in § 6 Abs. 2 P a r t G G getroffenen Regelung, nach der einzelne Partner nur von der F ü h r u n g der „sonstigen Geschäfte" ausgeschlossen werden können, darüber hinaus zwingend folgt, daß f ü r berufliche Leistungen in einer Partnerschaft nur die rechtliche F o r m eines Beitrags statthaft ist, ein Drittvertrag also ausscheidet, wird noch zu klären sein. 40 F ü r die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) 4 1 schließlich besteht eine partiell abweichende Rechtslage. O b w o h l die E W I V eine Personengesellschaft ist, sind ihre Mitglieder nicht automatisch Geschäftsführer. Vielmehr bedarf es wie bei einer Körperschaft einer ausdrücklichen Bestellung, wobei auch Dritte das A m t eines Geschäftsführers ausüben k ö n n e n (Art. 19 Abs. 1 S. 1 EWIV-VO). 4 2 Infolge der generellen Verweisung in § 1 E W I V - A u s f G auf die

35

Siehe d a z u u n t e n sub § 5 IV 1 b. Siehe n u r Ulmer, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. Aufl., § 105 Rn. 18, 227. 37 R G v o m 10.10.1933, R G Z 142, 13, 18; H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. Aufl., § 1 1 4 Rn. 8; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 114 Rn. 9; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 V 1, S. 137; Schleg e l b e r g e r / M a r t e n s , H G B , 5. Aufl., § 114 R n . 18. 38 Siehe o b e n sub § 1 I. 39 Vgl. etwa M ü n c h K o m m B G B / i / / w e r , P a r t G G , 3. Aufl., § 3 Rn. 12. 40 Siehe d a z u u n t e n sub § 5 IV 1 a. 41 G r u n d l a g e sind die V O ( E W G ) 2137/85 v o m 25.7.1985, ABl. E G N r . L 199, S. 1 ff. v o m 31.7.1985 sowie das E W I V - A u s f ü h r u n g s g e s e t z v o m 14.4.1988, BGBl. 1988 I, S. 514 ff. 42 Siehe d a z u auch A. Meyer-Landrut, Interessenvereinigung, S. 50; Miiller-Gugenherger, N J W 1989, 1449, 1456 f.; K. Schmidt, G e d S K n o b b e - K e u k (1997), S. 307, 313; Werra, Selbstorganschaft, S. 131; Zinn, Selbstorganschaft, S. 95 ff.; ferner Weimar/Delp, W P g 1989, 89, 93. 36

52

5 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit

§§ 105 ff. H G B und somit auch auf § 706 A b s . 3 B G B ist es aber möglich, daß ein Mitglied der E W I V die Geschäftsführung als Beitragspflicht übernimmt. Allerdings spielt die E W I V in der Praxis bislang nur eine vergleichsweise geringe R o l le. H i n z u k o m m t , daß die E W I V nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht nicht selber Trägerin eines U n t e r n e h m e n s sein kann, sondern sich auf kooperative Hilfstätigkeiten zu beschränken hat. 4 3

b)

Kommanditisten

D e m gesetzlichen Modell der §§ 161 ff. H G B liegt die Vorstellung eines sich auf die Kapitalgeberrolle beschränkenden Kommanditisten zugrunde. G l e i c h w o h l besteht Einigkeit darüber, daß ein K o m m a n d i t i s t für die K G auch Dienstleistungen auf gesellschaftsvertraglicher Basis erbringen kann. Dies ergibt sich schon aus den §§ 105 A b s . 2, 161 Abs. 2 H G B , § 706 Abs. 3 B G B , die grundsätzlich jede F o r m der Mitarbeit umfassen. 4 4 D i e grundsätzliche Möglichkeit einer gesellschaftsvertraglich fundierten Tätigkeit eines Kommanditisten hängt somit nicht davon ab, o b und in welchem U m f a n g es zulässig ist, ihm die organschaftliche Geschäftsführung zu übertragen. 4 5

c) Stille Gesellschaft Soweit es um die stille Gesellschaft geht, ist der U n t e r n e h m e n s i n h a b e r im Verhältnis zum still Beteiligten z u m B e t r i e b des Handelsgeschäfts verpflichtet. 4 6 Dies bedeutet, daß sich die dazu erforderlichen Aktivitäten ohne weiteres auf dem B o d e n des Gesellschaftsvertrages vollziehen können. D e m g e g e n ü b e r wird die Einstufung der Mitarbeit eines stillen Gesellschafters durch Unterschiede beim grundsätzlichen Verständnis dieser Gesellschaftsform zumindest auf den ersten B l i c k erschwert. D i e h. M . fordert für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft eine Einlageleistung, die in das Vermögen des Unternehmensträgers übergeht. 4 7 H i e r b e i erkennt sie Dienstleistungen als einen tauglichen Einlagegegenstand an. 4 8 43 So Müller-Gugenberger, NJW 1989, 1449, 1453 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §66 I 2, S. 1901; siehe auch ders., GedS Knobbe-Keuk (1997), S. 307, 313: „zur Rechtsträgerin hypostasierte Innengesellschaft"; anders aber v. Rechenberg, ZGR 1992, 299, 303 f.; tendenziell ebenso Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., Anh. §160 Rn. 5; die grds. befürwortete Beschränkung auf „Sekundär-Aktivitäten" aufweichend ferner Weimar/Delp, WPg 1989, 89, 91. 44 Siehe hierzu nur BGH vom 11.7.1962, LM §66 BEG 1956 Nr. 17; BAG vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 ZPO (unter II 1); BGH vom 17.12.1974, WM 1974,177, 178; BSG vom 27.7.1972, AP Nr. 4 zu § 539 RVO; BAG vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu § 161 HGB (unter 1); Klingberg, Mitarbeitende Kommanditisten, S. 4; A. Schreiber, Arbeit als Beitrag, S. 21. 45 Siehe dazu unten sub §§ 5 IV 1 b aa (1) u. 6 IV 2 b bb. 46 Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §230 Rn. 13; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., §230 Rn. 34; Schlegelberger/Ä. Schmidt, HGB, 5. Aufl., §230 n.F. Rn. 125; Zutt, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., §230 Rn. 85. 47 RG vom 8.1.1896, ZHR 48 (1899), S. 344; BGH vom 24.9.1952, BGHZ 7, 174, 177; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 230 Rn. 20; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 2; Zutt, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 230 Rn. 12 ff. 48 RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 21; RG vom 14.12.1938, JW 1939, 489, 490; BGH vom

II. Gesellschaftsrechtliche

Nach K. Schmidt

Formen

53

ist es für den Tatbestand einer stillen Gesellschaft - neben dem

Abschluß eines Gesellschaftsvertrages und einer Gewinnbeteiligung - erforderlich wie ausreichend, daß der stille Gesellschafter eine buchmäßig auszuweisende Beteiligung am Unternehmen innehat. 4 9 Im Rahmen dieser Konzeption können Dienstleistungen als solche nicht als Einlagen des stillen Gesellschafters, wohl aber als Beiträge zur Förderung des Gesellschaftszwecks gewertet werden. 5 0 Eine dritte Ansicht hält eine völlig einlagelose stille Gesellschaft für zulässig. Danach liegt der Tatbestand einer stillen Gesellschaft schon dann vor, wenn sich die Parteien auf die gemeinsame Förderung eines Handelsgewerbes einigen, sofern ein Partner allein nach außen auftreten und dem anderen eine Gewinnbeteiligung zustehen soll. 51 Hierbei läßt man jede Art von Beiträgen genügen. 52 Alle drei genannten Sichtweisen sind sich somit im Ergebnis darin einig, daß ein stiller G e sellschafter Tätigkeiten auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage erbringen kann. Dasselbe ergibt sich wiederum aus den bei der stillen Gesellschaft geltenden R e geln über die Geschäftsführung. Obgleich der stille Gesellschafter nach dem gesetzlichen Regelungsmodell gemäß § 233 H G B auf ein Informationsrecht beschränkt ist, hält man es nach allgemeiner Ansicht für zulässig, ihn gesellschaftsvertraglich an der Geschäftsführung zu beteiligen. 53 Die für die Geschäftsführung erforderlichen Tätigkeiten entfaltet der stille Gesellschafter in diesem Falle auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages. Dabei sei es wiederum vorläufig offengelassen, ob es möglich ist, den Geschäftsinhaber völlig aus der Geschäftsführung zu drängen und ihn an Weisungen des stillen Gesellschafters zu binden. 5 4 N a c h alledem steht fest, daß sämtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft Dienstleistungen jedenfalls grundsätzlich auf gesellschaftsrechtlicher bzw.

22.11.1965, N J W 1966, 501; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 2 3 0 Rn. 20; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 230 Rn. 9, 45; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 37, 126 f.; Noppeney, D B 1976, 578, 580; A. Schreiber, Arbeit als Beitrag, S. 27; Weipert, in: Ebenroth/Boujong/Joost, H G B , § 230 Rn. 55; Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 230 Rn. 75; siehe auch B G H vom 29.6.1992, N J W 1992, 2696,2697. 49 Schlegelberger//C. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 33; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 6 2 II 1 d, S. 1844. 50 Schlegelberger/tf. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 146; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 6 2 III 2 a, S. 1853. 51 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 238 f.; R. Fischer, J R 1962,201 f.; Huber, Vermögensanteil, S. 194; H. Schneider, FS Möhring (1965), S. 115 f.; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 319, 322. 52 Vgl. Huber, Vermögensanteil, S. 194; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 319 f. Zu Dienstleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters siehe insbesondere Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 268 ff. 53 B G H vom 29.11.1952, B G H Z 8, 157, 160; B G H vom 23.6.1960, WM 1960, 864, 865; B G H vom 18.10.1965, WM 1966, 29, 30; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 27 ff.; Blaurock, Handbuch, Rn. 673; Baumbach /Hopt, H G B , § 2 3 0 R n . 3 ; H e y m a n n / H o r n , H G B , § 2 3 0 R n . 5 1 ; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 75 ff.; Schlegelberger//f. Schmidt, H G B , § 2 3 0 n.F. Rn. 70; ders., Gesellschaftsrecht, § 6 2 II 2 c bb, S. 1847; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 314 f. 54 Siehe dazu unten sub § 6 V 1 c bb.

54

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

mitgliedschaftlicher Basis erbringen können. Im übrigen sei noch einmal ausdrücklich hervorgehoben, daß damit nicht darüber befunden ist, ob ein Gesellschaftsvertrag eine hinreichende Rechtsgrundlage für Tätigkeiten bietet, die unter Anwendung allgemeiner Kriterien zu einem Arbeitsverhältnis führen würden.

2. Körperschaftliche

Formen

a) Kapitalgesellschaften In einer G m b H können Dienstleistungen zum Gegenstand gesellschaftsvertraglicher Nebenleistungspflichten im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G gemacht werden. 55 Diese Regelung stellt eine bewußte Auflockerung des Grundsatzes dar, nach dem in einer Kapitalgesellschaft der zulässige Gegenstand von Mitgliedspflichten ausschließlich in der Leistung von Kapital besteht. 5 6 Die Mitarbeit des GmbH-Gesellschafters erfolgt dann - zumindest auch 57 - auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages. Durch eine solche Regelung gewinnt die G m b H personalistische Züge. 5 8 Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Gesellschaft ausschließlich Kapitalgesellschaft bleibt. Zur G m b H tritt in derartigen Fällen nicht etwa eine personengesellschaftsrechtliche Vereinbarung hinzu. 5 9 Inhaltlich kann es um die Tätigkeit als Geschäftsführer der G m b H gehen. 60 Aus der Perspektive des Gesellschaftsrechts kann aber auch eine Mitarbeit unterhalb der Geschäftsführungsebene als Nebenleistung vorgeschrieben werden. 6 1 Diese Möglichkeit

55 Vgl. B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 c cc [1]); S c h o l z / E m m e r i c h , G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 49; Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., § 3 R n . 4 1 ; Rowedder/ Rittner/Schmidt-Leithoff, G m b H G , 3. Aufl., § 3 Rn. 38; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 3 Rn. 40. 56 Siehe Entwurf eines GmbH-Gesetzes, S. 43 f.; ferner Baums, Geschäftsleiterverrrag, S. 99 f. 57 Zur Frage sog. Ausführungsverträge siehe noch unten sub IV 1 u. 3. 58 Vgl. Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., Einl. Rn. 17, § 3 Rn. 34; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 101 f. Der personalistische Charakter kann sich allerdings auch aus anderen Umständen wie der Anteilsvinkulierung gemäß § 1 5 Abs. 5 G m b H G oder wie überhaupt aus einer an die Binnenverfassung einer O H G bzw. K G angepaßten Realstruktur ergeben. Rechtstatsächlich trifft dies auf die ganz überwiegende Zahl der existierenden G m b H zu, indem sie sich als eine Tätigkeitsveranstaltung weniger Gesellschafter darstellen; siehe Kornblum, G m b H R 1994, 505, 507, 510 f.; Kornblum/Hampf/Naß, G m b H R 2000, 1240, 1245, 1249 f. 59 Vgl. Hachenburg/Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 51 ff. 60 R G vom 4.5.1904, HoldhMSch 13 (1904), 256; S c h o l z / E m m e r i c h , G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 49; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 102; R o w e d d e r / R i t t n e r / S c h m i d t Leithoff G m b H G , 3. Aufl., § 3 R n . 3 8 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 3 5 I 2 b, S. 1035; siehe auch § 10 Abs. 1 des Mustervertrages für eine personalistische G m b H bei Heidenhain/Meister, in: MünchVertrHb, Bd. 1, 5. Aufl., IV 21, S. 430. 61 PreußOVG vom 7.11.1908, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 13 (1909), 322 ff.; Buchholz, JherJb, Bd. 74 (1924), S. 260, 296 f.; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 Rn. 43; Janke, Nebenleistungspflichten, S. 23; im Grundsatz auch B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 c cc); ferner wohl R G vom 15.9.1941, D R 1942, 40, 41 f. Zur (geringen) tatsächlichen Verbreitung siehe die - allerdings älteren - Angaben von H. Winter, G m b H R 1969, 145, 147.

II. Gesellschaftsrechtliche

Formen

55

kann insbesondere bei der Rechtsanwalts-GmbH im Hinblick auf die vorgeschriebene berufliche Betätigung in der Gesellschaft (§ 59e Abs. 1 S. 2 B R A O ) eine Rolle spielen, weil nicht alle berufsangehörigen Mitglieder gleichzeitig die Stellung eines Geschäftsführers einnehmen müssen (§ 59f BRAO). 6 2 Soweit es um die Ausübung des Geschäftsführeramts geht, ist des weiteren hervorzuheben, daß die Pflicht zur Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben zwar grundsätzlich bereits mit der wirksamen Bestellung zum Organ entsteht. 63 Dennoch hat das Gesellschaftsrecht bislang davon Abstand genommen, aus der bloßen Organstellung auch ohne eine entsprechende satzungsrechtliche Grundlage eine umfassende korporationsrechtliche persönliche Rechtsstellung des Geschäftsführers gleichsam zwischen echter Mitgliedschaft und echtem Drittvertrag zu entwickeln. 6 4 Dies wird vor allem daran deutlich, daß man für den Fall des Fehlens eines Anstellungsvertrages Bereicherungsansprüche für die geleistete Arbeit erwägt 6 5 bzw. ein Recht zur Amtsniederlegung befürwortet, wenn es nicht in angemessener Zeit zum Anschluß eines Anstellungsvertrages kommt 6 6 . Würde die Bestellung für sich genommen bereits ein ausreichendes Fundament für die Geschäftsführungstätigkeit darstellen, könnte man in einer derartigen Konstellation schwerlich über Bereicherungsansprüche nachdenken. Mithin steht bei Gesellschafter-Geschäftsführern keine korporative Rechtsstellung sui generis als dritte Auslegungsvariante jenseits von mitgliedschaftlicher Nebenleistungspflicht und schuldrechtlichem Drittvertrag zur Verfügung. Für die GmbH-rechtliche Einordnung einer Tätigkeit ist es im übrigen nicht erforderlich, daß die G m b H in das Handelsregister eingetragen ist. Vielmehr kann ungeachtet der im einzelnen umstrittenen rechtlichen Behandlung der VorGmbH 6 7 als Personenvereinigung eigener Art 6 8 bereits in diesem Stadium die Mitarbeit eines Vorgesellschafters grundsätzlich als Nebenleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G eingestuft werden. Soweit die Vorschriften des G m b H G nicht die Eintragung voraussetzen, kann man für das Innenrecht der Vorgesell-

62 Zur R e c h t s g r u n d l a g e der Mitarbeit nicht g a n z deutlich Henssler, N J W 1999, 241, 243, der ganz allgemein davon spricht, daß nichtgeschäftsführende A n w ä l t e in einem Anstellungsverhältnis z u r G m b H stehen, ohne die M ö g l i c h k e i t einer k o r p o r a t i v e n N e b e n l e i s t u n g s p f l i c h t zu erwähnen. 63 Vgl. R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , G m b H G , 3. A u f l . , § 35 R n . 58, 92; Plander, G m b H R 1968, 197, 200 f.; Baumbach/Hueck/Zö//ner, G m b H G , 17. A u f l . , § 35 R n . 18; krit. Brachen, O r g a n m i t gliedschaft, S. 120. 64 Das gilt auch für Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 46 ff., der sich am stärksten gegen die von der h. M . vertretene Konzeption der Trennung von Bestellung und A n s t e l l u n g w e n d e t ; siehe d a z u noch unten sub IV 1 b u. § 6 IV 1 b bb (1). 65 Baumbach/Hueck/Zö7/raer, G m b H G , 17. A u f l . , § 35 Rn. 34; in diesem Sinne w o h l auch R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , G m b H G , 3. A u f l . , § 35 R n . 94. 6 6 Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. A u f l . , § 35 R n . 151. 6 7 Siehe dazu nur Kowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, G m b H G , 3. A u f l . , U 1 R n . 4 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 34 III 3, S. 1016 ff. 68 Vgl. B G H v o m 18.1.2000, B G H Z 143, 314, 319.

56

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

schaft nämlich die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen (analog) heranziehen. 6 9 Wenn die Eintragung der G m b H trotz Fortführung der Gesellschaft allerdings nicht oder nicht mehr ernsthaft betrieben wird (unechte Vorgesellschaft), kommt das Recht der O H G bzw. der G b R zur Anwendung. 7 0 Die Tätigkeiten eines G e sellschafters lassen sich dann unter Umständen als personengesellschaftsrechtlicher Beitrag im Sinne der obigen Ausführungen qualifizieren. Freilich geht es insoweit nur um eine Zuordnung innerhalb des Gesellschaftsrechts. O b sich die in diesem Falle ipso iure vollziehende Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Rechtsform auch auf die grundsätzliche Einstufung einer Mitarbeit im Spannungsfeld von Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht auswirkt, hängt davon ab, ob sich damit gleichzeitig die hierfür maßgeblichen Ausgangsdaten verändern. In diesem Falle könnte die auf den ersten Blick nur gesellschaftsrechtsinterne Umqualifikation zugleich die Charakterisierung einer Tätigkeit beeinflussen. Auf die damit angeschnittene Frage ist zurückzukommen. 7 1 Bei einer A G können unter der Voraussetzung, daß die Übertragung der A k tien an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist, 7 2 gemäß § 55 A k t G ebenfalls Nebenleistungen vorgesehen werden. 7 3 Das Gesetz begrenzt den zulässigen Gegenstand derartiger Pflichten allerdings auf wiederkehrende Leistungen. Hierdurch werden nach einhelliger Ansicht nicht nur einmalige, sondern auch dauernde Leistungen ausgeschlossen. 7 4 Dienstleistungen sind danach zwar nicht schon generell nebenleistungsuntauglich. Tätigkeiten können aber nur dann als Nebenleistungspflicht fixiert werden, wenn sie wiederkehrenden Charakter haben. 7 5 Demgegenüber kann eine dauerhafte Mitarbeit nicht Gegenstand einer Nebenleistung im Sinne des § 55 A k t G sein. 7 6 Das geltende Aktienrecht kennt

6 9 B G H vom 12.7.1956, B G H Z 21, 242, 246; B G H vom 24.10.1968, B G H Z 51, 30, 32; B G H vom 23.3.1981, B G H Z 80, 212, 214; B G H vom 7.4.1998, ZIP 1998, 1149, 1151; RowedderAfo'ttner/Schmidt-Leithoff G m b H G , 3. Aufl., §11 R n . 2 0 f . , 33 ff.; Scholz!K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., §11 Rn. 39. 7 0 Vgl. B G H vom 9.3.1981, B G H Z 8 0 , 1 2 9 , 1 4 2 f.; B a y O b L G vom 6.11.1985, D B 1986,106 f.; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 1 1 Rn. 29; Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., § 1 1 Rn. 9; Scholz/K. Schmidt, G m b H G , 9. Aufl., § 11 Rn. 143 (unter Kritik am Begriff der unechten Vorgesellschaft); Hachenburg/Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 11 Rn. 18 f. Das gleiche gilt für den Fall, daß der Gründungszweck gegenüber dem Geschäftsbetrieb völlig zurücktritt; vgl. R o w e d d e r / R i t t n e r / S c h m i d t - L e i t h o f f , G m b H G , 3. Aufl., § 11 Rn. 22. 71 Siehe dazu unten sub § 6 IV 2 b cc. 72 Nebenleistungspflichten kommen somit nach § 68 Abs. 2 A k t G nur bei vinkulierten Namensaktien in Betracht; vgl. Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 55 Rn. 2; Lutter, in: KölnerKomm. z. AktG, 2. Aufl., § 55 Rn. 16. 73 Den historischen Hintergrund bilden die Rübenzucker-Aktiengesellschaften, deren Bedürfnissen der Gesetzgeber durch die mit dem H G B von 1900 erfolgte Einführung der Nebenleistungs-AG Rechnung tragen wollte. 74 Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 55 Rn. 14; Lutter, in: KölnerKomm. z. AktG, 2. Aufl., § 55 Rn. 6. 75 Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 55 Rn. 14, nennen als Beispiel die Vornahme von Revisionen, die in gewissen Zeitabständen anfallen. 76 Lutter, in: KölnerKomm. z. AktG, 2. Aufl., § 55 Rn. 6.

II. Gesellschaftsrechtliche

Formen

57

mithin nicht die Möglichkeit, ein auf Dauer angelegtes Dienstleistungsverhältnis auf eine gesellschaftsrechtliche Grundlage zu stellen. 77 Das bereits angesprochene 78 - nicht mit Arbeitnehmeraktien zu verwechselnde - Modell von Arbeitsaktien, bei denen die Tätigkeit als solche monetär bewertet und als Einlage in das Grundkapital der Gesellschaft eingestuft wird, hat sich in Deutschland nicht durchsetzen können. 7 9 b)

Genossenschaften

Das Genossenschaftsrecht kennt ebenfalls die Möglichkeit, Dienstleistungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage zu erbringen. Dies läßt sich trotz des Fehlens einer allgemeinen Bestimmung aus § 16 Abs. 3 S. 1 G e n G schließen und gilt insbesondere f ü r die Produktivgenossenschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 G e n G . Dementsprechend ist man sich über die grundsätzliche Möglichkeit einig, im Statut einer eG korporative Tätigkeitspflichten festzulegen. 8 0 O b w o h l gerade die Produktivgenossenschaft f ü r einen Zusammenschluß von Mitarbeitern prima facie prädestiniert ist, hat diese Rechtsform auch bei Vereinigungen, deren Beteiligte an einer genossenschaftlichen Binnenstruktur gelegen ist, nicht zuletzt infolge ihres komplizierten und starren rechtlichen Rahmens nur einen geringen Verbreitungsgrad erlangt. 81 Ein besonderes Anschauungsmaterial liefern die ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) bzw. die Produktionsgenossenschaften des H a n d w e r k s ( P G H ) in der früheren D D R . Für die vorliegenden Zwecke genügt ein kurzgefaßter Überblick über die im einzelnen facettenreiche und darüber hinaus umstrittene Rechtsentwicklung. Da es sich insoweit um eine spezifische Fallgestaltung handelt, liegt es im übrigen nahe, in diesem Zusammenhang nicht nur die grundsätzlich möglichen, sondern zugleich die von der Rechtsprechung tatsächlich vorgenommenen Einordnungen darzustellen. Soweit es u m die Arbeitsleistung der Mitglieder von L P G geht, folgt nach Einschätzung des B A G aus dem früheren Recht der D D R 8 2 , daß die Beschäftigten ihre Arbeit aufgrund ihres Mitgliedschaftsverhältnisses und nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnis77 Demnach kann sich etwa eine Rechtsanwalts-AG der Mitarbeit der beteiligten Anwälte nicht auf statuarischem Wege versichern. Zur Zulässigkeit einer solchen A G vgl. B a y O b L G vom 27.3.2000, N J W 2000, 1647 ff. m.w.N. 78 Siehe oben sub § 1 II 4. 79 Soweit ersichtlich hat letztmals Reinhardt, Verhandlungen des 39. DJT (1952), S.B 5, 21 ff., den Gedanken der Arbeitsaktien mit positiver Tendenz aufgegriffen. 80 Vgl. nur LAG Bayern vom 8.5.1956, WA 1957,184; Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 18 Rn. 27, 34; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 9 III 3, S. 47; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 61; Metz, in: Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 7 Rn. 56; K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 7 Rn. 29; Orel, Nebenleistungspflichten, S. 17 f.; siehe ferner RVA vom 7.2.1930, ARS 8, 3 ' \ 5». 81 Duhm, Belegschaften, S.38; Eichler-Weiskorn/Pöppel, KJ 1987, 259, 261 f., 265; Höland, ZRP 1987, 86, 88. Schilderung eines praktischen Falls aus Osterreich (Gerätewerk Matrei Gen.m.b.H.) bei Andreae/Niehues, ZfgG 40 (1990), 166, 171 ff. 82 §§ 29, 31 LPG-Gesetz vom 2.7.1982, GBl. D D R I, S. 443.

58

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

ses erbracht haben. 83 Spätere Regelungen 84 des - inzwischen gesamtdeutschen Gesetzgebers seien dahin auszulegen, daß die Genossenschaftsverhältnisse aufgespalten und für die Mitarbeit kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei.85 Im Hinblick auf die Dienstleistungen der Mitglieder von P G H sind der B G H und das BAG - nahezu zeitgleich und offenbar ohne voneinander Kenntnis zu nehmen - zu kontroversen Ergebnissen gelangt. Das ursprüngliche Recht der DDR 8 6 wird zwar noch übereinstimmend dahin interpretiert, daß die Tätigkeit allein auf dem Mitgliedschaftsverhältnis und nicht auf einem daneben stehenden gesonderten Arbeitsverhältnis beruhte. 87 Dagegen werden die Auswirkungen späterer gesetzgeberischer Maßnahmen 8 8 unterschiedlich bewertet. Während das BAG die Ansicht vertritt, die Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen habe für sich genommen die ausschließlich genossenschaftliche Grundlage der Arbeitspflicht nicht berührt, 89 ist der B G H der Meinung, der Gesetzgeber habe damit zum Ausdruck gebracht, daß neben dem Mitgliedschaftsverhältnis nunmehr 90 ein Arbeitsverhältnis bestehen solle. Ungeachtet dieser Divergenzen läßt sich festhalten, daß nach allen Sichtweisen die Tätigkeit der Mitglieder von LPG bzw. P G H zunächst auf genossenschaftsrechtlicher Basis geleistet wurde und es 83 BAG vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI (unter B I 1 a). Im Grundsatz auch Stolze, ZIP 1991, 566, 567. Anders aber Oetker, BB 1991, 1559, 1560; ders., NJ 1991, 397, 398 f.; der explizit für ein neben der Mitgliedschaft bestehendes Vertragsverhältnis (sui generis) plädiert; zust. Reichold, ZfgG 45 (1995), 146, 148; mißverständlich daher die Berufung auf Oetker durch das BAG, aaO. (unter B I 1 a). 84 Gemeint sind die Aufhebung der §§29, 31 LPG-Gesetz sowie die Einfügung der §§43 Abs. 1 S. 2, 43a in das L w A n p G durch das Änderungsgesetz vom 3.7.1991, BGBl. I, S. 1410. 85 BAG vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI (unter B I 1 c); in diesem Sinne bereits B G H vom 30.4.1992, B G H Z 118, 179, 181; ferner B G H vom 2.7.1996, LM § 42 LwAnpG Nr. 6 (unter II 2); im Erg. ebenso Reichold, ZfgG 45 (1995), 146, 149. 86 V O über ein Musterstatut der Produktionsgenossenschaften des Handwerks vom 21.2.1973, GBl. D D R I, S. 121. 87 Vgl. B G H vom 26.2.1996, B G H Z 132, 84, 88; BAG vom 13.6.1996, AP Nr. 1 zu § 15 AGBD D R (unter B II 1-5). Ebenso Gerlach/Hoppe, NJ 1991, 400, 401; gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses auch LAG Berlin vom 11.9.1991, L A G E §2 A r b G G 1979 Nr. 9. Undeutlich Grabau, BB 1992, 1226, 1229, indem er davon spricht, daß es erst seit dem Inkrafttreten des GenG am 1.7.1990 möglich sei, „Arbeits- und Mitgliedschaftsrechte" getrennt zu behandeln; dies läßt die Deutung offen, daß zuvor zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse existiert haben, für die aber zwingend einheitliche Rechtsfolgen gegolten hätten. Für ein von vornherein neben dem Mitgliedschaftsverhältnis bestehendes Arbeitsverhältnis Hillmann, DB 1995,1215,1220 f.; Schara, D Z W I R 1994, 202, 204; wohl auch Beuthien/Becker, ZIP 1992, 83, 85; offenlassend H. Sachs, NJ 1993,562. 88 Dabei geht es zum einen um § 10 Abs. 2 P G H - V O vom 8.3.1990 (GBl. D D R I, S. 164), durch den die Musterstatut-VO aufgehoben wurde, und zum anderen um den durch das Hemmnisbeseitigungsgesetz vom 22.3.1991 (BGBl. I, S. 766, 787) eingefügten § 9a P G H - V O . 89 BAG vom 13.6.1996, AP Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R (unter B II 6 u. III). 90 Der genaue Zeitpunkt wird freilich nicht hinreichend deutlich. Die Grundsatzentscheidung des B G H vom 26.2.1996, B G H Z 132, 84, 89, stellt nicht klar heraus, ob die Heraustrennung des Beschäftigungselementes bereits durch §10 Abs. 2 P G H - V O oder erst durch § 9a P G H - V O vollzogen worden ist. Für die erstgenannte Deutung Bommel/Wißmann, ZGR 1987, 206, 215. In der Folgeentscheidung des B G H vom 3.11.1997, LM D D R - P G H V Nr. 3, wird insoweit nur noch auf die Einfügung von § 9a P G H - V O abgehoben.

III. Austauschvertragliche

Beziehungen

59

- wenn überhaupt - erst durch spätere gesetzgeberische Aktivitäten zu einer A b spaltung des Beschäftigungsverhältnisses und einer Einkleidung der Mitarbeit in eine arbeitsvertragliche R e c h t s f o r m g e k o m m e n ist. c)

Vereine

Das Vereinsrecht wird in der vorliegenden Studie nur am R a n d e gestreift. Dies hängt einerseits damit zusammen, daß Verbände mit nichtwirtschaftlichen Zielen, wie eingangs bereits erwähnt, 9 1 vielfach Fragenkreise berühren, die über die hier zu erörternden P r o b l e m e hinausreichen. Andererseits werden wirtschaftliche Vereinigungen aufgrund der Regelung in § 22 B G B in die soeben genannten anderen körperschaftlichen R e c h t s f o r m e n , insbesondere die G m b H und die G e n o s senschaft, gedrängt. W e n n der Verein somit auch keine geeignete R e c h t s f o r m für ein U n t e r n e h m e n darstellt, so k ö n n e n die im Vereinsrecht geltenden Grundsätze dennoch zur A b r u n d u n g der Regeln für eine Mitarbeit im G r e n z g e b i e t von G e sellschafts- und Arbeitsrecht beitragen. Vereine k ö n n e n in ihren Satzungen Mitgliederbeiträge festlegen. Diese Befugnis ergibt sich aus der allgemeinen Satzungsautonomie gemäß § 25 B G B . 9 2 F ü r eingetragene Vereine schreibt die dem formellen Satzungsrecht angehörende Vorschrift des § 58 N r . 2 B G B zusätzlich vor, daß die Satzung eine B e s t i m m u n g über die Frage der Beitragspflichten enthalten soll. Als Beitragsgegenstand k o m m e n nach allgemeiner M e i n u n g auch Dienstleistungen in Betracht. 9 3 D i e Tätigkeit des Mitglieds eines eingetragenen Vereins kann somit grundsätzlich auf vereinsrechtlicher Basis erfolgen. E i n e andere Frage ist, o b es statthaft ist, in einer Satzung dauerhafte Dienstpflichten zu statuieren, die üblicherweise im R a h m e n von Arbeitsverhältnissen geleistet werden.

III. Austauschvertragliche Beziehungen D i e anderen vertraglichen R e c h t s f o r m e n für eine Mitarbeit im U n t e r n e h m e n s b e reich fallen in die R u b r i k der Austauschverträge. 9 4 Hierbei sei klarstellend angemerkt, daß diese A b g r e n z u n g aus der Perspektive des Gesellschaftsrechts erSiehe oben sub § 1 II 2. Vgl. BAG vom 10.5.1990, AP Nr. 51 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter II 4 a aa); BAG vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 ArbGG 1979 (unter B I 2 b); MünchKommBGBARewier, 4. Aufl., § 25 Rn. 10. 93 Siehe etwa BAG vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu §5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (unter III 3); BAG vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 ArbGG 1979 (unter B II 3 a); BAG vom 22.4.1997, AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung (unter B III 2 b); Beuthien, FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1; Dütz, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 99, 103; Kohler, Vereinsordnungen, S. 119; Sauter/Schweyer/ Waldner, Der eingetragene Verein, 17. Aufl., Rn. 120, 347; SoergelIHadding, BGB, 13. Aufl., § 58 Rn. 3; Stöber, Vereinsrecht, 8. Aufl., Rn. 209. 94 Zum Charakter des Arbeitsvertrages als Austauschvertrag vgl. die Nachweise oben sub § 1 I in Fn. 31. 91

92

60

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

folgt, 95 das naturgemäß nach der Reichweite seines eigenen Anwendungsbereichs fragt. 96 Demgegenüber kommt es für das Arbeitsrecht nicht so sehr auf die Unterscheidung zwischen gesellschafts- und austauschrechtlichen Verhältnissen, sondern vielmehr primär darauf an, ob es sich um eine arbeitsrechtliche oder eine nichtarbeitsrechtliche Tätigkeit handelt. Ferner geht es mit der Einteilung in gesellschaftsrechtliche und austauschvertragliche Formen an dieser Stelle zunächst nur um eine grundsätzliche Strukturierung der für eine Dienstleistung in Betracht kommenden Rechtsgebilde. Die Frage nach Mischformen soll hierdurch nicht präjudiziert werden. 1.

Arbeitsvertrag

Daß ein Beschäftigter seine Mitarbeit im Grundsatz auf der Basis eines Arbeitsvertrages leisten kann, ist eine bare Selbstverständlichkeit. Problematisch und deshalb noch zu erörtern ist hingegen, ob sich die rechtliche Stellung eines Gesellschafters in beliebigem Maße mit einem Arbeitsverhältnis kombinieren läßt oder ob und unter welchen Voraussetzungen es Unvereinbarkeiten gibt. 97 Hierfür soll im folgenden davon ausgegangen werden, daß der reguläre Arbeitsvertrag nicht schon für sich genommen einen kooperationsrechtlichen Charakter aufweist, der dieser Frage zumindest teilweise den Boden entziehen würde. Zwar existieren, wie eingangs bereits angedeutet,98 in der Literatur mannigfache Ansätze, die dem durch keinerlei Besonderheiten auf der individual- oder kollektivrechtlichen Ebene ausgezeichneten Arbeitsverhältnis gesellschaftsrechtliche Elemente attestieren oder eine solche Deutung zumindest nahelegen. Dies betrifft erstens die von Adomeit seit Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts 99 prononciert verfochtene - von Loniz 1 0 0 plastisch als „Mauerdurchbruchsversuch" gekennzeichnete - Ansicht, nach der bereits das typische Arbeitsverhältnis als ein aus dienstvertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Elementen gemischtes Rechtsverhältnis zu qualifizieren sei. 101 Zweitens geht es um 9 5 Siehe etwa MünchKommBGB/t//OTer, 3. Aufl., Vor § 7 0 5 R n . 8 0 f . ; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 3 II 1 b bb, S. 164. 9 6 Die unstreitige Dichotomie von Gesellschafts- und Austauschverträgen darf nicht mit der Frage verwechselt werden, ob und in welchem Maße die §§ 320 ff. B G B auf Gesellschafts vertrage (analog) angewendet werden können; dazu umfassend nunmehr Hüttemann, Leistungsstörungen, passim. 9 7 Siehe hierzu unten sub § 6 IV. 9 8 Vgl. oben sub § 1 II 3. 9 9 Zu bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichenden historischen Vorläufern Rücken, ZfA 1992, 225, 276 f. 1 0 0 ZfA 1991, 1, 10. 101 Gesellschaftsrechtliche Elemente, S. 9 ff.; ders., J A 1988,173,174 f.; ders., Arbeitsrecht für die 90er Jahre, S. 5 ff.; ders., in: Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, 11. Aufl., E 10 b u. c, S. 156 ff. (12. Aufl., Rn. 603: „Theorie nach wie vor ... beachtlich"); andeutungsweise schon ders., N J W 1984, 1337, 1338: „Arbeitsverhältnis ... als Grenzfall der Gesellschaft". Allerdings weist die Position von Adomeit eine Reihe von Unscharfen auf: So heißt es trotz der Vorstellung eines ge-

III. Austauschvertragliche

Beziehungen

61

den Gedanken einer verbandlichen Zusammenfassung der in einem Betrieb Tätigen, der sich bis auf Otto v. Gierke102 zurückverfolgen läßt, seitdem immer wieder mit mehr oder weniger großer Vehemenz vorgetragen worden ist 103 und in jüngerer Zeit vor allem von Reuter verfochten wird. 104 Drittens ist die Ebene des Unternehmens angesprochen und damit sowohl die von Kaiser105 und Ott 1 0 6 als auch von anderen 107 einschließlich der Mitbestimmungskommission 108 vertretene Vorstellung eines die Arbeitnehmer als Mitglieder eines das gesamte Unternehmen umfassenden Sozialverbandes als auch die Frage, ob sich aus den Regeln über die gesetzliche Unternehmensmitbestimmung zumindest eine Anreicherung des Arbeitsvertrages um eine gesellschaftsvertragliche oder doch zumindest gesellschaftsähnliche Komponente ergibt 109 . mischten Rechtsverhältnisses einerseits (in: Gesellschaftsrechtliche Elemente, S. 9), daß das Arbeitsverhältnis „nicht mehr in §611 B G B unterzubringen" sei, während der gesellschaftsvertragsorientierte Ansatz andererseits in den sachlich einschlägigen Darlegungen zur Entwicklung des Arbeitsverhältnisses in N J W 1996, 1710 ff., mit keinem Wort erwähnt wird. Für eine AnFS 40 Jahre D B näherung des Arbeitsvertrags an ein Gesellschaftsverhältnis auch Hromadka, (1988), S. 241, 262; Ramm,]X 1991, 1,3; Rüthers, RdA 1995, 326, 332; R. L. Weber, Die vertrauensvolle Zusammenarbeit, S. 30. Noch weitergehend offenbar Schack, Gruppenarbeit, S. 198 ff., 210 f., 233, der bei der Einstufung des Einzelarbeitsvertrages nur noch von einer Innengesellschaft im Sinne des § 705 B G B spricht. Siehe in diesem Zusammenhang auch Heinz, ZVglRWiss 97 (1998), 387, 397 f., der die Verwendung der rechtlichen Grundform des Dienstvertrages bei Arbeitsverhältnissen generell als einen Rechtsmißbrauch bezeichnet und offenbar für eine Umdeutung jedes Arbeitsvertrages in einen Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 B G B plädiert, ohne sich freilich zu konkreten Rechtsfolgen zu äußern. Demgegenüber gehört Rommé, Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, nur bedingt in diesen Kontext, weil er zwar meint, daß eine Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses vom Gesellschaftsverhältnis auf rechtsdogmatischem Wege nicht möglich sei (S. 324 ff.), aber gleichwohl für eine „jenseits der Juristerei" liegende Trennung beider Rechtsformen plädiert (S. 330, 384). 102 Deutsches Privatrecht, Bd. I, § 80a IV, S. 699 f.; siehe auch ders., FS Brunner (1914), S. 37, 65 f. 103 Ausführliche Darstellung der historischen Entwicklung bei Nebel, Normen des Betriebsverbandes, S. 3 ff. 104 O R D O , Bd. 36 (1985), S. 51, 57, 69; ders., Stellung des Arbeitsrechts (1989), S. 25 f.; ders., RdA 1991, 193, 196 f.; ders., ZfA 1993, 221, 228 ff.; ders., RdA 1994, 152, 157ff.; ders., O R D O , Bd. 48 (1997), S.437, 452. Ebenso Boysen, Betriebsverband und Arbeitsverhältnis (1998), S. 229 ff.; Kessal-Wulf, Innenverbände (1995), S. 321 ff.; Nebel, Normen des Betriebsverbandes (1989), S. 86 ff. Siehe auch (zum schweizerischen Arbeitsrecht) Kistler, Betriebsgemeinschaft, S. 62, 66 ff. 1 0 5 Unternehmen als Organisation, S. 153 ff.; siehe auch ders., B B 1977, 1461, 1462; ders., J Z 1979, 489, 495; ders., FS R. Fischer (1979), 561, 565. 1 0 6 Unternehmenskorporation, S. 116 ff. 107 Balz, FS Raiser (1974), S. 287, 329; Duden, FS Schilling (1973), S. 309, 311 ff.; Kunze, FS Schilling (1973), S. 333, 345 ff., ders., FS Duden (1977), S. 201, 203 f.; ders., Z H R 144 (1980), 100, 103 ff.; V. Nell-Breuning, F G Kronstein (1967), S. 47, 49 ff.; Schilling, FS Duden (1977), 537, 543 ff.; Sechserbericht, S. 18 f.; Vanberg, Jb. f. N P Ö , Bd. 1 (1982), 276, 286 ff.; Vollmer, Z G R 1979, 135, 146 Fn. 35. Das Unternehmen als einen sozialen Verband bezeichnend ferner Ballerstedt, Z H R 135 (1971), 479, 484; siehe aber auch die Kritik von Ballerstedt an Raiser in Z H R 134 (1970), 251, 255 ff.; ders., FS Duden (1977), S. 15, 19 Fn. 13. 1 0 8 BT-Drucks. VI/334, Teil IV, Ziff. 2, 8, 12. 1 0 9 Vgl. Buchner, ZfA 1974, 147, 178; Ensch, Institutionelle Mitbestimmung, S. 102; Löwisch,

62

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

Z w a r w e i s e n das T h e m a , u n t e r w e l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n u n d in w e l c h e m A u s m a ß e b e r e i t s das n o r m a l e A r b e i t s v e r h ä l t n i s s e i n e r s e i t s M i s c h c h a r a k t e r h a t , u n d die U n t e r s u c h u n g - e c h t e r - D o p p e l z u r e c h n u n g e n u n d M i s c h f o r m e n B e r ü h r u n g s p u n k t e a u f , w e i l es in b e i d e n G e s t a l t u n g e n l e t z t l i c h j e w e i l s u m d i e G e l t u n g gesellschaftsrechtlicher oder arbeitsrechtlicher Rechtsfolgen geht.110 Gleichwohl s o l l e n die A n s ä t z e z u r k o o p e r a t i o n s r e c h t l i c h e n I n t e r p r e t a t i o n des r e g u l ä r e n A r b e i t s v e r t r a g e s i m R a h m e n d i e s e r S t u d i e aus z w e i G r ü n d e n n i c h t i n h a l t l i c h , s o n d e r n n u r i n s o w e i t t h e m a t i s i e r t w e r d e n , als sie e i n e n B e i t r a g z u r d o g m a t i s c h e n F r a g e l e i s t e n k ö n n e n , o b u n d w e l c h e M ö g l i c h k e i t e n es f ü r die k u m u l a t i v e Q u a l i f i k a t i o n e i n e r T ä t i g k e i t als a u s t a u s c h - u n d g e s e l l s c h a f t s v e r t r a g l i c h e

Leistung

ü b e r h a u p t g i b t : 1 1 1 E r s t e n s h a b e n sie in d e r R e c h t s p r e c h u n g k e i n e n N i e d e r s c h l a g gefunden und sind auch im S c h r i f t t u m ü b e r w i e g e n d auf A b l e h n u n g

gestoßen.

D i e s b e t r i f f t d i e T h e s e v o m E i n z e l a r b e i t s v e r t r a g als e i n e m g e m i s c h t e n R e c h t s v e r h ä l t n i s , 1 1 2 d i e K o n z e p t i o n e n e i n e s B e t r i e b s v e r b a n d e s 1 1 3 b z w . e i n e s s i c h a u f das U n t e r n e h m e n erstreckenden S o z i a l v e r b a n d e s 1 1 4 sowie schließlich die

Überle-

g u n g e n z u r U m g e s t a l t u n g d e s A r b e i t s v e r t r a g e s als F o l g e d e r l e g i s l a t i v e n U n t e r -

in: Böhm/Briefs (Hrsg.), Mitbestimmung, S. 131, 140; Martens, Z G R 1979, 493, 510; G. Müller, D B 1969, 1794; Raiser, MitbestG, 3. Aufl., Einl. Rn. 60; Reuter, AcP 179 (1979), 509, 553, 555 ff.; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 367 ff. 1 1 0 So auch Herrmann, RdA 1989, 313, 314. 111 Siehe dazu unten sub IV 2 b aa bis cc u. ee. 112 Beuthien, FS E. Wolf (1985), 17, 27 ff.; Boysen, Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 182 ff.; Ehmann, RdA 1990, 77, 78; Hellmann, B B 1992,2212,2213; Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, S. 490 f.; Jabornegg, D R d A 1991, 8, 11; Soergel/Kraft, B G B , 12. Aufl., Vor §611 Rn. 48; Lieh, in: Beuthien (Hrsg.), Arbeitnehmer oder Arbeitsteilhaber?, S. 41, 42 ff.; ders., Arbeitsrecht, 7. Aufl., Rn. 39; Loritz, RdA 1992, 310, 311; Mayer-Maly, RdA 1987, 179; M ü n c h K o m m B G B / M ü l l e r - G l ö g e , 3. Aufl. § 611 Rn. 30; Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung, S. 15 ff.; ders., RdA 1995, 333, 338; Reuter, Stellung des Arbeitsrechts, S. 23 f.; MünchArbR/Äz'c/wnft, 2. Aufl. § 8 Rn. 12 f.; Riesenhuber, Nebenparteien, S. 46 ff.; ders., J Z 1999, 711, 712; Steinmeyer, Betriebliche Altersversorgung, S. 56 f.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 2 b, S. 43. 113 Bickel, ZfA 1971, 181, 188 f.; Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, S. 490; MünchArbR/^. Hoyningen-Huene, 2. Aufl. § 2 9 9 Rn. 36; Müller-Franken, Befugnis, S. 94 ff.; Paschke, AcP 187 (1987), 60, 86 Fn. 127; Reichold, Betriebsverfassung als Sozialprivatrecht, S. 540 f.; MünchArbR/Richardi, 2. Aufl. § 8 Rn. 17; Veit, Zuständigkeit des Betriebsrats, S. 144 ff.; Waltermann, Rechtsetzung durch Betriebsvereinbarung, S. 90; Weitnauer, FS Duden (1977), S. 705, 715 Fn.37; Zöllner, FS 25 Jahre B A G (1979), 745, 756 f.; in diesem Sinne auch Windbichler, FS Zöllner, Bd. II (1998), S. 999, 1007. 114 Martens, RdA 1972, 269, 271 ff.; Oetker, in: GroßKomm. AktG, MitbestG, Vorbem. Rn. 29; Reinhardt, FS Hartmann (1976), 213, 220 ff.; Rittner, in: Coing/Kaiser (Hrsg.), Planung V (1971), S. 59, 70 ff.; ders., Die werdende juristische Person, S. 289 ff.; Schmidt-Leithoff, Unternehmensleitung, S. 89 ff., 141 ff.; H. P. Westermann, FS H. Westermann (1974), S.563, 570 f.; Wiedemann, Z G R 1975, 385, 402 ff.; ders., Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 II 1 a, S. 309 („geschickte Ideologie"); Zöllner, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 745, 760. Dezidiert abl. ferner Fiume, Z G R 1978, 678, 681 f.; ders., FS Beitzke (1979), S. 43, 54 ff.; siehe aber auch dens., Unternehmensrecht, S. 23 f., wo Fiume sich für eine Einbeziehung der Arbeitnehmer in das als Aktiengesellschaft verfaßte Unternehmen ausspricht und daraus die Legitimität der Einbeziehung in die Willensbildungsautonomie des Unternehmens ableitet; ähnlich ders., Juristische Person, § 2 VII 2, S. 53.

III. Austauschvertragliche

Beziehungen

63

nehmensmitbestimmung 1 1 5 . Zweitens würde auch eine veränderte Interpretation des regulären Arbeitsverhältnisses das Bedürfnis für eine Abgrenzung zu anderen Beschäftigungsformen nicht beseitigen. Sobald man es mit einer Konstellation zu tun hat, die nicht eindeutig als Arbeitsvertrag im herkömmlichen Sinne klassifiziert werden kann, sondern aufgrund vertraglicher Besonderheiten in einem mehr oder weniger starken Umfang gesellschaftsrechtliche Momente aufweist, kommt man nämlich nicht daran vorbei, zwischen der Einordnung als ein - wie auch immer gedeuteter - normaler Arbeitsvertrag und einer abweichenden Qualifikation unterscheiden zu müssen.

2.

Dienstvertrag

Für die Betätigung innerhalb eines Unternehmens ist neben einem Arbeitsverhältnis grundsätzlich auch ein freier Dienstvertrag einschließlich des dienstvertraglichen Geschäftsbesorgungsvertrages (§ 675 BGB) in Betracht zu ziehen. Diese Vertragsform ist für die in dieser Studie zu erörternde Problematik zunächst deshalb von Bedeutung, weil sie gleichsam die Lücke in denjenigen Konstellationen füllt, in denen sich die Mitarbeit eines Gesellschafters zwar auf der einen Seite nicht in korporationsrechtlichen Beziehungen erschöpft, auf der anderen Seite aber auch noch nicht die Voraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses vorliegen. Darüber hinaus kommt es für manche Fragen, wie etwa das Bestehen eines Anspruchs auf Tätigkeitsvergütung, primär darauf an, ob neben dem Gesellschaftsverhältnis überhaupt eine austauschrechtliche Beziehung existiert, während die Qualifikation eines solchen Rechtsverhältnisses nur eine untergeordnete Rolle spielt. 116

3. Arbeitnehmerähnliche

Stellung

Die Darlegung der verschiedenen Einordnungsalternativen wäre unvollständig, würde man nicht auch die mögliche Einstufung eines Beschäftigten als arbeitnehmerähnliche Person erwähnen. Allerdings hat die Frage nach einer solchen Qualifikation im Grenzgebiet von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis in Rechtsprechung und Schrifttum bislang nur eine untergeordnete Rolle gespielt. 117 Insoweit gilt nichts anderes als in der Debatte um die Qualifikation von Organmitgliedern. 118 Ursache ist die geringe Relevanz der Charakterisierung eines Mitarbei115 Däuhler, in: M i t b e s t i m m u n g s g e s e t z , S. 180, 183; Görg, Entschädigung, S. 100 ff.; Vollmer, U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g e n , S. 190 f.; Zöllner, FS 25 J a h r e B A G (1979), S. 745, 758 f.; in diesem Sinne bereits Ballerstedt, R d A 1976, 5 , 1 4 ; selbst f ü r den Fall paritätischer M i t b e s t i m m u n g ferner Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 50; Zöllner, R d A 1969, 65, 67 f. 116 N ä h e r d a z u unten sub § 9 I 1. 117 Siehe e t w a die vereinzelten Entscheidungen L A G Berlin v o m 11.9.1991, L A G E §2 A r b G G 1979 Nr. 9 (Genossenschaft); B A G vom 25.4.1993, A P Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979 (GbR). 118 B A G v o m 10.7.1980, A P Nr. 1 zu § 5 A r b G G 1979; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 378 f.

64

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

ters als arbeitnehmerähnlich. D e r Gesetzgeber hat nämlich von vornherein nur in wenigen Bereichen eine ausdrückliche Regelung für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte geschaffen. Darüber hinaus entfalten diese Bestimmungen nur eine begrenzte Wirkung. Soweit es gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 A r b G G um die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Streitigkeiten zwischen arbeitnehmerähnlichen Personen und ihren Auftraggebern geht, verstärkt diese Vorschrift für sich genommen nicht den materiellen Schutz des Beschäftigten. Für einen Arbeitnehmerähnlichen ist es belanglos, ob ein von ihm erhobener Anspruch durch ein Arbeitsgericht oder durch ein ordentliches Gericht abgewiesen wird. 1 1 9 Allenfalls mag man daran denken, daß die Arbeitsgerichtsbarkeit dem Gedanken des Sozialschutzes ein stärkeres Gewicht beimißt als die ordentliche Gerichtsbarkeit und um dessentwillen bereit ist, gesellschaftsrechtliche Prinzipien in den Hintergrund treten zu lassen. Eine von der inhaltlichen Uberzeugungskraft der Argumente losgelöste, durch ein „Vorverständnis" gesteuerte Rechtsfindung ist indes nicht zu billigen. Des weiteren läuft die Öffnung des Tarifrechts für arbeitnehmerähnliche Personen durch § 12a T V G mangels einer Verbandsbildung bei Mitarbeitern in der Grauzone von Gesellschafts- und Arbeitsrecht leer. Als substantielle N o r m e n bleiben schließlich die Einbeziehung der Arbeitnehmerähnlichen in das Urlaubsrecht gemäß § 2 B U r l G , in den technische Arbeitschutz nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 A r b S c h G sowie in den arbeitsplatzbezogenen Schutz vor sexueller Belästigung durch § 1 Abs. 2 Nr. 1 B e S c h F G übrig. N a c h alledem ist es verständlich, daß es bei der Frage nach einem etwaigen arbeitsrechtlichen Sozialschutz von Unternehmensangehörigen in erster Linie um die Zuerkennung der Arbeitnehmereigenschaft, zumindest aber um die analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen, nicht jedoch um die Qualifikation als arbeitnehmerähnliche Person im technischen Sinne geht. Dementsprechend soll im folgenden der Status als arbeitnehmerähnlicher Beschäftigter nur am Rande behandelt werden.

IV. Verbindung von Gesellschafts- und Austauschbeziehung N a c h der Skizzierung der rechtlichen Grundformen für eine Mitarbeit im Unternehmen soll mit den folgenden Ausführungen der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Umfange es Kombinationen zwischen kooperations- und austauschrechtlichen Beziehungen gibt, die es erlauben, eine Tätigkeit simultan beiden Rechtsformen zuzuordnen. Die Relevanz der Thematik liegt auf der Hand: Wenn nämlich zumindest im Grundsatz Möglichkeiten der doppelten Zurechnung einer Dienstleistung existierten, müßten diese rechtlichen Formen als Auslegungsalternativen bei der 1 1 9 Plastisch Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 244; ähnlich Woltereck, 129, 134. 1 2 0 Siehe dazu oben § 2 II 3.

ArbuR 1973,

IV. Verbindung von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

65

Qualifikation von Grenzfällen berücksichtigt werden. Dies wäre angesichts der obigen Darlegungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Statusfrage120 für die an die jeweilige Mitarbeit geknüpften rechtlichen Folgen bedeutsam. Darüber hinaus würde infolge einer grundsätzlichen Zulässigkeit von Verbindungen ein entsprechender Spielraum für privatautonome Gestaltungen zur Verfügung stehen und es so den Parteien eines Beschäftigungsverhältnisses ermöglicht werden, eine ihren individuellen Interessen angemessene Regelung zu treffen. Die Berechtigung einer dahingehenden Untersuchung erscheint allerdings auf den ersten Blick zweifelhaft, weil eine Vielzahl einzelner Aussagen darauf hindeutet, daß anerkanntermaßen keine derartigen Kombinationen möglich sind. Soweit es um die rechtliche Einstufung einer Mitarbeit geht, wird von der Rechtsprechung in den einschlägigen Fällen nämlich herkömmlicherweise allein danach gefragt, ob sie im Rahmen eines gesellschafts- oder eines austauschvertraglichen Verhältnisses (Dienst- bzw. Arbeitsvertrag) erfolgt. 121 Dies entspricht den Darstellungen im allgemeinen Schrifttum zum Gesellschaftsrecht 122 wie zum Arbeitsrecht 123 . Gleiches gilt für eine große Anzahl von Stimmen aus der Literatur, die sich speziell mit der Abgrenzung von gesellschaftsvertraglichem und dienstbzw. arbeitsvertraglichem Beschäftigungsverhältnis befaßt haben 124 . Ahnliche 121 Vgl. RG vom 9.12.1902, JW 1903, Beilage Nr. 2, S. 16 f.; RG vom 4.5.1904, HoldhMSch 13 (1904), 256 f.; O L G Frankfurt vom 12.7.1907, OLGRspr. 16 (1908), 118 f.; RG vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37; O L G München vom 28.12.1914, SeuffA, Bd. 70 (1915), Nr. 113; RG vom 28.4.1925, RGZ 110, 418, 420; RG vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 13; KG vom 10.10.1928, J F G 6 (1929), 207, 211; RAG vom 7.11.1928, ARS 4,143 f.; RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 17 ff.; LAG Chemnitz vom 5.12.1935, ARS 26, 50 ff.; LAG Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69 ff.; O G H vom 10.6.1949, AP 50 Nr. 108; BGH vom 29.1.1951, NJW 1951, 308 f.; BGH vom 27.6.1955, BGHZ 17, 392, 394 f.; LAG Bremen vom 29.3.1957, AP Nr. 1 zu §611 B G B Arbeits - und Gesellschaftsverhältnis; BAG vom 16.11.1959, AP Nr. 13 zu §276 ZPO; BGH vom 11.7.1962, LM §66 BEG 1956 Nr. 17; BAG vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 ZPO; O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 343, 344 f.; B G H vom 17.12.1973, WM 1974, 177, 178; BGH vom 4.3.1976, DB 1976, 909; O L G Hamm vom 15.11.1976, DB 1977, 717, 718; LAG Stuttgart vom 17.11.1977, ArbuR 1978, 125 f.; BGH vom 3.2.1978, DB 1978, 1395 f.; O L G Koblenz vom 20.9.1979, DB 1980, 247, 248; LAG Hamm vom 19.3.1985, BB 1986, 391, 392; O L G Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590; LAG Niedersachsen vom 23.1.1995, LAGE §48 ArbGG 1979 Nr. 10; BAG vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI; BGH vom 26.2.1996, BGHZ 132, 84, 88 f.; BAG vom 13.6.1996, AP Nr. 1 zu § 15 AGB-DDR; LAG Hessen vom 20.3.2000, NZA-RR 2001, 156, 157 ff.; O L G Köln vom 5.10.2000, NZG 2001, 165, 166 f. 122 Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 706 Rn. 30; StaudingerAfi^/er, BGB, 12. Aufl., § 706 Rn. 17; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., §706 Rn. 13, §709 Rn. 36; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 706 Rn. 9. Zu der bereits dem römischen Recht geläufigen Differenzierung anschaulich Zimmermann, Law of Obligations, S. 451. Siehe auch die Gegenüberstellung der Grundtatbestände „Interessengegensatz", „Interessengemeinschaft" und „(Fremd-)Interessenwahrung" durch Würdinger, Gesellschaften, 1. Teil, § 1 II 1, S. 10 ff. 123 Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 9 III 3, S. 46 ff.; Lotmar, Arbeitsvertrag, Bd. I, S. 37 ff.; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 111; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. 1,3. Aufl., U 4 V 3, S. 120; MünchArbR/Richardi, 2. Aufl., §24 Rn. 110; Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie, S. 34 ff.; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 133, 138. 124 Baier, MDR 1985, 890, 892 f.; Brosius, Rechtsstellung der Rotkreuz-Schwestern, S. 104 ff.; G. Hueck, DB 1962, 1363 ff.; Klein, Gesellschaftergeschäftsführer, S. 59 ff.; Klingberg, Mitarbei-

66

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

Gedanken finden sich in der sozialgerichtlichen Judikatur. 125 Allen diesen Äußerungen liegt die Vorstellung einer strengen Alternativität zugrunde. Danach ist es nicht möglich, dieselbe Tätigkeit als einen gesellschaftsrechtlichen Beitrag und zugleich als eine Leistung innerhalb eines Austauschvertrages zu qualifizieren. Die Rechtsordnung enthält auf der Grundlage einer solchen Betrachtungsweise somit einen Typenzwang in dem Sinne, daß eine Mitarbeit entweder einem Gesellschaftsverhältnis oder einem Austauschvertrag, nicht aber simultan beiden Rechtsformen zugerechnet werden kann. In diesem Sinne hat das B A G davon gesprochen, daß neben einer die Dienstleistung umfassenden Mitgliedschaft ein besonderes Arbeitsverhältnis „denkgesetzlich" nicht bestehen kann. 126 In vergleichbarer Weise hat Lieb vehement gegen eine Vereinbarkeit von gesellschaftsund austauschvertraglicher Qualifikation plädiert. 127 Nach Steindorff ist es jedenfalls in bestimmten Gestaltungen nicht möglich, daß neben einer gesellschaftsrechtlichen Tätigkeit eine arbeits- oder dienstvertragliche Beziehung vorliegt. 128 Ferner ist die Ansicht von Wiedemann zu erwähnen, der bei der Erörterung der für eine Mitarbeiterbeteiligung zur Verfügung stehenden Rechtsformen hervorgehoben hat, daß ein korporatives Mitarbeiterverhältnis, das Mitgliedsund Arbeitnehmerstatus verbindet, nach geltendem Recht nicht zulässig sei. 129 Eine ähnliche Einschätzung kommt in der Äußerung von Ballerstedt zum Austende Kommanditisten, S. 26 ff., 44 ff.; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 37 ff.; v. Maitzahn, RdA 1955, 454, 456; Martens, RdA 1979, 347, 348 ff.; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 135, 145 ff.; E. Molitor, D B 1957, 164, 165; Nikisch, FS Hueck (1959), S. 1,10 f.; Oetker, B B 1991, 1559 f.; Poschenrieder, Sport als Arbeit, S. 65; Reuter, AcP 179 (1979), 509, 514 f.; Savaete, ArbuR 1959, 5, 10; K. H. Schmidt, RdA 1972, 84, 85 f.; K. Schneider, Arbeitnehmereigenschaft der Sportler, S. 54; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 263; ders., ZfgG 9 (1959), 50, 89; Stehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S. 204 ff.; Teich, Rechtsstellung der Krankenschwestern, S. 128; in diesem Sinne auch Herrmann, RdA 1989, 313, 319 ff., da sie die parallele Gesellschafterstellung eines Beschäftigten als Basis ihrer Überlegungen aus einem tätigkeitsunabhängigen Umstand ableitet (vgl. S. 314); im Erg. ebenso Brockhoff, B B 1972, 1092,1093; siehe ferner Bork, AcP 184 (1984), 465,469 ff.; Priester, D B 1975, 1878, 1879; Riegger, D B 1983, 1909. 1 2 5 LSG Nordrhein-Westfalen vom 8.1.1957, Breith. 1957, 687, 688 ff.; SG Koblenz vom 13.1.1958, Breith. 1958, 291, 292 f.; B S G vom 31.1.1961, B S G E 14, 1, 3 f.; BSG vom 31.7.1962, B S G E 17,211,216; B S G vom 26.5.1966, B S G E 25, 51, 52 f.; B S G vom 27.7.1972, AP Nr. 4 zu § 539 RVO; in diesem Sinne bereits B S G vom 5.4.1956, B S G E 3, 30, 39. 1 2 6 B A G vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (unter III 3). Ähnlich bereits B A G vom 18.2.1956, AP Nr. 1 zu § 5 A r b G G 1953 (unter I): Bei Tätigkeit aufgrund Mitgliedschaft kann Beschäftigter nicht in einem Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehen; B A G vom 13.3.1964, AP Nr. 26 zu § 2 A r b G G 1953 1953 Zuständigkeitsprüfung (unter 3): Bestimmter Sachverhalt kann nur ein Arbeitsverhältnis oder ein Gesellschaftsverhältnis beinhalten. In diese Richtung auch noch B A G vom 20.2.1986, AP Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (unter 3). Ausdrücklich offengelassen nunmehr in B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 a). 127 In: Beuthien (Hrsg.), Arbeitnehmer oder Arbeitsteilhaber?, S. 41, 51. 1 2 8 FS R. Fischer (1979), S. 747, 764. 1 2 9 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 1 1 V 3 a aa, S. 652. Zumindest prima facie damit aber nur schwer vereinbar die Aussage in W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 15, daß der Beitrag eines Personengesellschafters in der Übernahme eines Arbeitsvertrages liegen könne.

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

67

druck, der Versuch scheitere, zwischen der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung aufgrund Mitunternehmerschaft und der durch Arbeit vermittelten Teilhabe eine Brücke zu schlagen. 130 Bei näherem Hinsehen zeigt sich freilich ein facettenreicheres Bild. So hat Migsch schon vor Jahrzehnten gemeint, daß über die Kombination von Arbeitsund Gesellschaftsvertrag das letzte Wort noch nicht gesprochen sei, wenn man nicht bei begriffsjurisprudentiellen Kategorien stehenbleiben wolle. 131 Des weiteren ist auf die bereits erwähnte 132 Auffassung von Adomeit hinzuweisen, nach der das Normalarbeitsverhältnis als ein aus dienst- und gesellschaftsvertraglichen Elementen bestehendes Rechtsverhältnis zu charakterisieren sei 133 . Diese Betrachtungsweise impliziert, daß eine derartige Vertragskonstruktion rechtsdogmatisch überhaupt möglich ist. Sodann ist in der gesellschaftsrechtlichen Literatur im Zusammenhang mit der Rechtsstellung geschäftsführender Gesellschafter mehrfach von einem Nebeneinander von Gesellschaftsvertrag und zusätzlichem Dienstvertrag die Rede. 134 Schließlich stößt man im Schrifttum zum Verhältnis von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung auf eine Reihe von Stimmen, die sich auf verschiedenen Wegen, teilweise aber auch ohne nähere Begründung für die Möglichkeit einer Kumulation von kooperations- und austauschrechtlicher Qualifikation einer Mitarbeit aussprechen. 135 Der Versuch einer Strukturierung der in Betracht kommenden Verbindungen von kooperations- und austauschrechtlichen Formen steht angesichts der aus sehr unterschiedlichen Debatten stammenden Vorstellungen vor erheblichen Schwierigkeiten. Der Diskussionsstand legt es nahe, im Grundsatz danach zu dif-

FS D u d e n (1977), S. 15, 25 f. Z A S 1966, 143, 146. 132 Siehe oben sub III 1. 133 Vgl. Gesellschaftsrechtliche Elemente, S. 9 ff.; ders., J A 1988, 173, 174 f.; ders., Arbeitsrecht f ü r die 90er J a h r e , S. 5 ff.; ders., in: H a n a u / A d o m e i t , Arbeitsrecht, 11. A u f l . , E 10 b u. c, S. 156 ff. 134 Zur G b R : K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 59 III 2 a, S. 1747; Zur O H G : H e y mann/Emmerich, H G B , 2. A u f l . , § 1 1 0 R n . 2 2 ; BaumbachAf/opf, H G B , 30. A u f l . , § 110 R n . 19; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. A u f l . , § 1 1 4 R n . 6; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. A u f l . , § 114 R n . 24; zur KG: B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. A u f l . , § 164 R n . 7; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 2 0 II 2 b, S. 569; z u r G m b H : Hachenburg/Siez«, G m b H G , 8. A u f l . , § 35 R n . 160; Baumbach/Hueck/Zö/Zner, G m b H G , 17. A u f l . , § 35 R n . 8. 135 Vgl. Beuthien, FS 25 J a h r e B A G (1979), S. 1, 14; Blaurock, H a n d b u c h , 5. A u f l . , R n . 65; Börgmann, A n m . zu B A G , A P Nr. 18 zu § 99 B e t r V G 1972 Einstellung (unter 4 a); Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 312 ff.; Eichler-Weiskorn/Pöppel, K J 1987, 259, 271; Engel, Ehrenamt u n d Arbeitsrecht, S. 85 ff.; Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht, Bd. I, 4. A u f l . , § 1 B II a, S. 60; Gitter, SAE 1976,208; Görg, Entschädigung, S. 115 ff.; Henssler, A n m . zu B A G , A P Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2); Horn, Z G R 1974, 133, 149 f.; ders., in: H e y m a n n , H G B , 2. A u f l . , § 230 R n . 17; v. Hoyningen-Huene, N J W 2000, 3233, 3238; Iber, R d A 1973, 303, 304 ff.; Loritz, R d A 1992, 310, 317; Noppeney, D B 1976, 578, 580; ErfK/Preis, 2. A u f l . , § 6 1 1 B G B R n . 24; v. Rehren, Stellung von Krankenschwestern, S. 72 ff., 84 ff.; Reinhardt, FS N i p p e r d e y (1955), S. 235, 246 f.; Stolze, E W i R § 2 A r b G G 2/92, 221, 222; Wagner, M a s s e n k o m m a n d i t gesellschaft, S. 179 f . , 3 9 2 . 130 131

68

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung einer

Mitarbeit

ferenzieren, welche Rechtsform der Mitarbeit die jeweiligen Ansätze als Ausgangspunkt ihrer weiteren Gedankenführung wählen. Es sind somit zum einen Überlegungen zu berücksichtigen, die eine gesellschaftsrechtlich fundierte Dienstleistung an den Anfang stellen und sich erst in einem zweiten Schritt der Frage einer austauschvertraglichen Komponente zuwenden. Zum anderen sind diejenigen Darlegungen näher zu betrachten, die umgekehrt von einer austauschvertraglichen Tätigkeit ausgehen und bei denen erst der zweite Gedankenschritt auf eine Anreicherung oder Uberlagerung durch kooperationsrechtliche Elemente abzielt. Freilich darf diese eher phänomenologische Zuschreibung nicht den Blick dafür verstellen, daß man es mit einer gleitenden Skala verschiedener Fallgestaltungen zu tun hat und abweichende rechtliche Bewertungen allein durch sachliche Unterschiede legitimiert werden können. Dies gilt um so mehr, als sich einzelne Standpunkte nur vergleichsweise willkürlich in das soeben angedeutete Schema einsortieren lassen. Eine abschließende Stellungnahme ist daher erst im Anschluß an die Einzelbetrachtungen möglich. Im übrigen sei betont, daß es an dieser Stelle nur um die Frage nach der generellen Statthaftigkeit der gleichzeitigen Bewertung einer Dienstleistung als gesellschafts- und austauschvertraglich geht. Demgegenüber bleibt die Frage, ob und in welchen Konstellationen eine gesellschafts- und gerade eine arbeitsvertragliche Qualifikation einer Mitarbeit wechselseitig unvereinbar sind, späteren Ausführungen vorbehalten. 136 Schließlich folgt aus der Konzentration auf die Zuordnung einer Tätigkeit als solcher, daß die vor allem im älteren Schrifttum immer wieder erwähnte Konstellation eines Dienstvertrages, bei dem die Gegenleistung in der Aufnahme in eine Gesellschaft besteht, 137 von vornherein nicht berücksichtigt wird. 1. Gesellschaftsrecht a) Rahmenbedingungen

als

Ausgangspunkt und

Abgrenzung

Soweit es um die austauschvertragliche Ergänzung bzw. Uberlagerung einer gesellschaftsrechtlichen Dienstleistung geht, ist zunächst festzuhalten, daß es - mit Ausnahme der Innengesellschaften - in sämtlichen genannten Gesellschaftsformen zulässig ist, daß ein Gesellschafter zusätzlich in eine austauschvertragliche Beziehung zur Gesellschaft als solcher tritt. Dies gilt sowohl für die körperSiehe hierzu unten sub § 6 IV 3 c. Vgl. Ennecerus/Lehmann, Schuldverhältnisse, 15. Bearb., §100 B IV, S. 402; Leonhard, Schuldrecht, Bd. I, § 157, S. 331; Staudinger/Löwisch, BGB, 13. Bearb., § 305 Rn. 40. 138 Siehe auch § 7 Abs. 2 PartGG. 139 Ebenso Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §124 Rn. 1; Heymann ¡Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 124 Rn. 4; Habersack, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 124 Rn. 3; Schlegelberger//:. Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 124 Rn. 1; anders RG vom 23.2.1907, RGZ 65, 227,230 ff.; Huber, Vermögensanteil, S. 102 ff.; Peifer, NZG 2001, 296, 297 f.; Schulze-Osterloh, Prinzip, S. 11 f.; in diesem Sinne auch noch B G H vom 7.10.1987, NJW 1988, 556; BGH vom 24.1.1990, BGHZ 110,127, 128; zurückhaltend ferner G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., § 12 II 2, S. 87 f. 136 137

IV. Verbindung von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

69

schaftlich strukturierten Gesellschaften als auch für die Gesamthandsgemeinschaften. Die Möglichkeit eines separaten schuldrechtlichen Verhältnisses zwischen einer OHG/KG bzw. einer GbR und einem ihrer Gesellschafter versteht sich von selbst, wenn man diesen Gesellschaftsformen die Fähigkeit zur eigenständigen Rechtsträgerschaft zuerkennt, was für die OHG/KG zumindest infolge der Regelung in § 124 Abs. 1 HGB 1 3 8 nicht bezweifelt werden sollte 139 und sich für die (hinreichend verselbständigte) GbR - nicht zuletzt unter dem Eindruck des reformierten Umwandlungsrechts140 - zunächst in der Literatur141 sowie nunmehr auch in der Rechtsprechung 142 als späte Folge der Gesamthandslehre Otto v. Gierkesui ebenfalls durchgesetzt hat („Gruppen- oder Einheitstheorie"). Auf der Grundlage der insbesondere im außergesellschaftsrechtlichen Schrifttum immer noch verbreiteten, 144 aber auch von Zöllner145 lebhaft verfochteten Ansicht, die der GbR die Rechtsfähigkeit generell abspricht und in ihr nur die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit erblickt („Vermögensoder Vielheitstheorie"), hat man indes ebenfalls nie an der Möglichkeit rechtlicher Beziehungen zwischen der Gesamthand und einzelnen Gesamthändern gezweifelt. 146 Lehnt man die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft ab, tritt in diesen Fällen zwar dieselbe Person sowohl auf der Gläubiger- als auch auf der Schuldnerseite auf.147 Uber dieses Problem hilft man sich aber seit jeher dadurch hin-

140

Vgl. die §§ 191 Abs. 2 Nr. 1, 202 Abs. 1 Nr. 1, 226 UmwG. Siehe auch § 11 Abs. 2 Nr. 1

InsO. 141 Grdl. Flume, ZHR 136 (1972), 177 ff.; ebenso etwa Mülbert, AcP 199 (1999), 38, 62 ff.; Reiff, ZIP 1999, 517, 518 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 58 II 4 u. V, S. 1702 ff. u. 1724 ff.; Timm, NJW 1995, 3209 ff.; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 134 ff.; ferner Huber, FS Lutter (2000), S. 107, 122 ff.; anders noch ders., Vermögensanteil, S. 102 ff. Für eine Einstufung als juristische Person sogar Bälz, FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 35, 62; Hadding, FS Kraft (1998), S. 137, 141 f.; Kaiser, AcP 194 (1994), 495, 503 ff.; ders., AcP 199 (1999), 104, 143. 142 B G H vom 29.1.2001, BGHZ 146, 341 ff.; BGH vom 16.7.2001, NJW 2001, 3121, 3122. In diese Richtung bereits BGH vom 15.7.1997, BGHZ 136, 254, 257 f. (Scheckfähigkeit); BGH vom 1.10.1999, NJW 1999, 3704, 3705 (GbR als Vertragspartner); anders aber BGH vom 24.2.2000, NJW-RR 2001, 114, 115 f. (keine Markenfähigkeit); unentschieden auch noch BGH vom 18.2.1998, BGHZ 138, 82, 84; BGH vom 27.9.1999, BGHZ 142, 315, 318 ff. 143 Vgl. Deutsches Privatrecht, Bd. I, § 80, S. 663 ff., 671 f., 682. 144 Siehe etwa Berndt/Boin, NJW 1998, 2854, 2855 ff.; Cordes, JZ 1998, 545, 547 ff.; Fikentscher, Schuldrecht, 9. Aufl., Rn. 964, 987; Heil, NZG 2001, 300, 301 ff.; Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl., Vor § 705 Rn. 62, 64, 69; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, 11. Aufl., C I 1 d, S. 104 ff.; Kubier, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl., § 6 III 3 c bb, S. 54; Larenz, Schuldrecht, Bd. II, 12. Aufl., §60 I d u. IV c, S. 378 u. 397; Peifer, NZG 2001, 296, 297 ff.; zurückhaltend auch Medicus, Schuldrecht, Bd. II, 10. Aufl., Rn.481, 482a, 490; skeptisch ferner G. Hueck, FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 275, 279 ff.; aus dem älteren Schrifttum vor allem Buchner, AcP 169 (1969), 483, 489 f.; Wieacker, FS E. R. Huber (1973), S. 339, 353. 145 FS Gernhuber (1993), S. 563, 566 ff.; ders., FS Kraft (1998), S. 701, 704 ff. 146 So bereits RG vom 24.9.1894, RGZ 36, 60, 63; ferner etwa RG vom 26.2.1937, J W 1937, 1986. 147 Zur Personengleichheit siehe etwa die Darlegungen von Weber-Grellet, AcP 182 (1982), 316, 330, zur insoweit vergleichbaren Konstellation der Rechtsübertragung aus dem Gesellschaftsvermögen in das Gesellschaftervermögen und umgekehrt.

70

5 3 Rechtsformen für die Einordnung einer

Mitarbeit

weg, daß man die Existenz verschiedener Vermögensmassen h e r v o r h e b t 1 4 8 bzw. die in gesamthänderischer Verbundenheit handelnden Gesellschafter als eigenes R e c h t s s u b j e k t bezeichnet 1 4 9 . D i e v o m L A G Hessen jüngst vertretene T h e s e , daß der Gesellschafter einer G b R schon deshalb nicht A r b e i t n e h m e r der Gesellschaft sein k ö n n e , weil Anspruch und Verpflichtung in einer Person zusammenfielen, 1 5 0 ist deshalb verfehlt. O b und in welchem U m f a n g die für das Drittgeschäft geltenden Regeln durch gesellschaftsrechtliche Grundsätze modifiziert werden, ist eine an anderer Stelle zu erörternde Frage. 1 5 1 W i e seit langem anerkannt ist, k ö n n e n prinzipiell auch Dienstleistungen tauglicher Gegenstand einer Drittrechtsbeziehung sein. 1 5 2 D a m i t ist freilich n o c h nicht gesagt, daß jede Tätigkeit einschließlich der Geschäftsführung Gegenstand eines eigenständigen Mitarbeitervertrages 1 5 3 oder jeder Gesellschafter unabhängig von der konkreten Ausgestaltung seiner Rechtsstellung gleichzeitig A r b e i t n e h m e r seiner Gesellschaft 1 5 4 sein kann. Aus den soeben dargelegten Grundsätzen folgt, daß die simultane Z u o r d n u n g einer Dienstleistung zu einem gesellschafts- und einem austauschvertraglichen Verhältnis in allen Fällen einer hinreichenden Verselbständigung der Gesellschaft auf der Empfängerseite im Prinzip zu einer Aufteilung auf zwei verschiedene Partner führt. W ä h r e n d der Gesellschaftsvertrag nämlich im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern des Unternehmensträgers vereinbart wird, k o m m t der austauschrechtliche Vertrag im Außenverhältnis mit dem U n t e r n e h m e n s t r ä 148 Vgl. R G vom 24.9.1894, R G Z 36, 60, 63; v. Tuhr, Der Allgemeine Teil, Bd. I, § 2 0 VI, S. 354 f. Eine Parallele bildet die Möglichkeit schuldrechtlicher Beziehungen zwischen der Miterbengemeinschaft und einem einzelnen Miterben; vgl. B G H vom 1.6.1967, B G H Z 48, 214, 218 ff. 1 4 9 So Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 5 II 2 a, S. 260, auf der Basis seiner früheren Auffassung, nach der allein die Gesellschaftsmitglieder als Rechtsträger anzusehen sein sollten (zusätzlich auf die Existenz eines Sondervermögens abstellend ders., aaO. sowie § 5 III 3, S.274 f.). Inzwischen befürwortet "Wiedemann, WM 1994, Sonderbeilage Nr. 4, S. 4 ff., eine Rechtssubjektivität der GbR als solcher. Siehe auch Gernhuber, Erfüllung, § 19, 2, S. 386, der im Verhältnis von Gesamthand und Gesamthänder von fehlender Personenidentität spricht. 1 5 0 LAG Hessen vom 7.8.2001, N Z A - R R 2002, 263, 264. Die Entscheidungsgründe belegen, daß das Gericht nicht lediglich die Möglichkeit eines Arbeitsvertrages ablehnt, sondern die grundsätzliche Existenz von Rechtsverhältnissen zwischen einer GbR und einem Beteiligten unter unzutreffender Berufung auf eine angebliche Konfusion bestreitet. 151 Siehe unten sub § 8 II 1. 152 Vgl. B G H vom 5.2.1963, N J W 1963, 1051, 1052 (Komplementär einer KG); BSG vom 26.5.1966, B S G E 25, 51, 52 (GbR); Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 2 Fn. 3 (GbR); Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 272; Döllerer, FS Flume, Bd. II (1978), S.43, 48; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 60 ( O H G / K G ) ; Grunsky, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Arbeitsrecht, Rn. 13; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 15 II 1 u. § 18 I, S. 212 u. 258; G. Hueck, D B 1962,1363 (Kommanditist); Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 138 ( O H G / K G ) ; Pauli, Eigenkapital, S. 168; Prediger, BB 1971, 245 (OHG); Priester, DB 1975, 1878, 1879 (Kommanditist); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.60 (Kommanditist); Wiedemann/Moll, RdA 1977,13,22. So bereits PreußOVG vom 6.12.1913, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 16 (1915), 430, 433 f.; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 8 6 , 1 , S . 839. 153 Hierzu unten sub § 5 IV 1 a u. b aa (2). 154 Dazu unten sub § 6 IV u. V.

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

71

ger als solchem zustande. 1 5 5 Besonders plastisch ist dies bei der GmbH, bei der etwa eine nachträglich vereinbarte korporationsrechtliche Mitarbeitspflicht eines Gesellschafters den Regeln über die Satzungsänderung (§ 53 G m b H G ) unterliegt, 156 während der Abschluß eines rein schuldrechtlichen Dienstvertrages außerhalb der Satzung im Namen der G m b H erfolgt 1 5 7 . Für diese grundsätzliche Zweiteilung ist es unerheblich, daß die wechselseitigen Leistungspflichten nicht nur bei Austauschverträgen, sondern auch bei mitgliedschaftlichen Rechten und Beitragspflichten im Verhältnis zur Körperschaft 1 5 8 bzw. zur Gesamthand 1 5 9 bestehen 160 . Ferner wird die genannte Unterscheidung nicht durch Aspekte in Frage gestellt, die sich auf die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung beziehen. Zwar liegt die Zuständigkeit für den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer G m b H und damit für einen tätigkeitsbezogenen Austauschvertrag 1 6 1 nach der neueren Rechtsprechung grundsätzlich bei der Gesellschafterversammlung. 1 6 2 Die Gesellschafterversammlung fungiert in diesem Falle aber lediglich als Vertretungsorgan der GmbH, nicht etwa als Partei. 163 Umgekehrt hält es die Rechtsprechung in bestimmten personengesellschaftsrechtlichen Konstellationen für statthaft, die Kompetenz für die Regelung mitgliedschaftlicher Fragen einem Gesellschaftsorgan zu übertragen 1 6 4 . Gleichwohl gehören die auf diesem 155 Zur Unterscheidung der Parteien bei Gesellschaftsvertrag und Drittvertrag siehe insbesondere BGH vom 11.7.1962, LM § 66 BEG 1965 Nr. 17 (Bl. 2R); Bork, AcP 184 (1984), 465, 474; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 217; Riegger, DB 1983, 1909. 156 Vgl. Scholz/Priester, GmbHG, 8. Aufl., §53 Rn. 52, 150; Rowedder/Zimmermann, GmbHG, 3. Aufl., § 53 Rn. 45; Baumbach/Hueck/ZöV/ner, GmbHG, 17. Aufl., § 53 Rn. 16. 157 Vgl. Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §13 Rn. 5; siehe ferner Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 13 Rn. 10; dazu auch noch unten sub § 5 III 1. 158 Zur Beitragspflicht in der GmbH siehe RG vom 23.6.1911, RGZ 76, 434, 435 f.; zu den Rechtsbeziehungen ferner Scholz/Priester, GmbHG, 8. Aufl., §53 Rn. 10; Rowedder/Zimmermann, GmbHG, 3. Aufl., §53 Rn. 7. Zur Beitragspflicht in der Genossenschaft siehe RG vom 5.7.1929, RGZ 125, 196,201. 159 Vgl. nur Flume, ZHR 136 (1972), 177, 181 f.; ders., Personengesellschaftsrecht, § 1 III Fn. 21, S. 6; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 18 I u. II 2, S. 257 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §19 III 2 u. 3, S. 555 ff., §20 II 4, S. 577; MünchKommBGB/i//mer, 3. Aufl., §705 Rn. 162 (Geschäftsführervergütung), 166. 160 Zu mitgliedschaftlichen Gläubigerrechten siehe auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 3, S. 391. 161 Mit dieser Charakterisierung soll der aus der Organstellung erwachsende treuhandrechtliche Einschlag des Anstellungsvertrages nicht geleugnet werden; vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 IV 1 b, S. 344 ff.; eingehend Grundmann, Treuhandvertrag, S. 421 ff. 162 BGH vom 25.3.1991, NJW 1991, 1680,1681; BGH vom 27.3.1995, NJW 1995,1750,1751; BGH vom 8.12.1997, NJW 1998, 1315; BGH vom 3.7.2000, NJW 2000, 2983; ebenso etwa Scholz/t/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 171; Hachenburg/Sie/'«, GmbHG, 8. Aufl., § 35 Rn. 176; Baumbach/Hueck/Zö/feer, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 95, § 46 Rn. 24. Unerwähnt gelassen von Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 312 f. 163 Vgl. BGH vom 1.12.1969, LM § 109 HGB Nr. 7; Bork, AcP 184 (1984), 465, 488; Rowedd e r / K o p p e n s t e i n e r , GmbHG, 3. Aufl., §46 Rn. 19 f.; Neu, Beendigung der Anstellungsverhältnisse, S. 30; Plander, ZHR 133 (1970), 327, 341 ff.; Hachenburg/Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 3 5 Rn. 173, 176; Baumbach/Hueck/Zö/Zner, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 93, 95, § 46 Rn. 24. 164 RG vom 3.5.1932, RGZ 136, 236, 243; BGH vom 11.7.1962, LM § 66 BEG 1965 Nr. 17 (Bl.

72

5 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit

Wege zustande g e k o m m e n e n gesellschaftsrechtlichen Pflichten zum I n n e n - und nicht zum Außenverhältnis. 1 6 5 Schließlich spielt es keine entscheidende Rolle, daß die Gesellschafter einer G m b H außerhalb der echten Satzungsbestandteile schuldrechtliche Vereinbarungen zugunsten der Gesellschaft schließen k ö n n e n (§ 328 B G B ) . 1 6 6 Wenngleich die A b g r e n z u n g zwischen den verschiedenen rechtlichen Beziehungen durch diese Gestaltungsmöglichkeit schwieriger wird, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Differenzierung zwischen mitgliedschaftlichen und austauschrechtlichen (schuldrechtlichen) Regelungen. 1 6 7 Z u m besseren Verständnis der folgenden Ausführungen bedarf es schließlich n o c h der A b g r e n z u n g zur Rechtsfigur der Austauschverhältnisse auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage. Hierbei geht um die Frage, o b und in welchen F ä l len rechtliche Beziehungen auf rein gesellschaftsrechtlicher Grundlage Züge eines Austauschverhältnisses annehmen k ö n n e n , ohne j e d o c h - im Unterschied zu den anschließend zu erörternden Vorstellungen - den C h a r a k t e r eines echten Austauschvertrages zu erwerben. I m einzelnen betrifft dies zunächst die kapitalgesellschaftsrechtlichen Nebenleistungspflichten. 1 6 8 Sofern das Mitglied für die gesellschaftsvertraglich zu erbringende Nebenleistungspflicht eine Vergütung erhält, entsteht zumindest nach überwiegender Ansicht zwar kein austauschvertragliches,

w o h l aber ein austauschrechtliches Gegenseitigkeitsverhältnis.

Am

deutlichsten tritt dies bei den aktienrechtlichen Nebenleistungspflichten zutage. 1 6 9 Gleiches gilt für die in vorliegendem K o n t e x t erheblich bedeutsameren N e benleistungspflichten bei einer G m b H , hinsichtlich derer man wie selbstverständlich von der grundsätzlichen M ö g l i c h k e i t der Vereinbarung einer „ G e g e n 2R): Zusätzliche Arbeitsleistungen; B G H vom 6.12.1982, N J W 1983, 1117, 1118: Herabsetzung einer Beteiligungssumme in PublikumsKG durch Vereinbarung zwischen dem Beitretenden und der Komplementär-GmbH. 165 Deshalb erfolgt etwa die Aufnahme neuer Gesellschafter durch eine dazu ermächtigte Gesellschaft mit Wirkung für alle Gesellschafter ( B G H vom 14.11.1977, NJW 1978, 1000; O L G Celle vom 20.1.1999, ZIP 1999, 1128, 1131). Dabei kann offenbleiben, ob die Gesellschaft in einem solchen Falle in eigenem Namen (so B G H , O L G Celle, jeweils aaO.; in diesem Sinne auch Kellermann, FS Stimpel [1985], S. 295, 298) oder im Namen der Gesellschafter handelt (so B G H vom 16.11.1981, N J W 1982, 877, 879; zust. MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 7 0 9 Rn. 10 Fn. 14). 1 6 6 Siehe etwa R G vom 24.10.1913, R G Z 83, 216, 218 f.; B G H vom 29.6.1969, B B 1969, 1410 f.; B G H vom 27.10.1986, ZIP 1987, 293,295; B G H vom 8.2.1993, ZIP 1993, 432, 433; B G H vom 7.6.1993, B G H Z 123, 15, 20; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 3 Rn. 55, 57 f.; Rowedder/Zimmermann, G m b H G , 3. Aufl., § 53 Rn. 8, 11; restriktiv Ullrich, Z G R 1985, 235, 246 ff. 167 Allerdings können die - aus der Perspektive der GmbH - außergesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen der GmbH-Gesellschafter ihrerseits wieder als GbR zu qualifizieren sein; vgl. Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 Rn. 58. 168 Siehe dazu bereits oben sub II 2 a. 1 6 9 Vgl. § 61 AktG; siehe ferner Barz, in: GroßKomm. AktG, § 55 Rn. 10; Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 55 Rn. 20, § 61 Rn. 14; Lutter, in: KölnerKomm. z. AktG, 2. Aufl., § 55 Rn. 10, § 61 Rn. 9; für eine solche Einstufung bereits Lippmann, Z H R Bd. 39 (1891), 126, 152 ff.; gegen jede Vorstellung einer Gegenseitigkeit Müller-Erzhach, Mitgliedschaft, S. 323.

IV. Verbindung von Gesellschaft-

und Austauschbeziehung

73

leistung" der Gesellschaft ausgeht. 1 7 0 Vergleichbare Vorstellungen finden sich im Bereich genossenschaftlicher Sonderpflichten. 1 7 1 Im Personengesellschaftsrecht ist die Rechtslage etwas unübersichtlicher. Zwar besteht Einigkeit darüber, daß dem auf gesellschaftsrechtlicher Basis tätigen Geschäftsführer kraft Gesellschaftsvertrages eine gewinnunabhängige Festvergütung gewährt werden kann. 1 7 2 D i e rechtliche Charakterisierung einer solchen Gestaltung ist indes umstritten. D i e J u dikatur und Teile des Schrifttums sprechen in diesen Fällen unbefangen davon, daß Tätigkeit und Vergütung im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stehen 1 7 3 bzw. eine A b m a c h u n g „dienstvertragsähnlicher A r t " vorliege 1 7 4 . D e m g e genüber wehren sich andere Stimmen vehement gegen die A n n a h m e von Austauschbeziehungen auf personengesellschaftsrechtlicher Grundlage 1 7 5 und stufen auch eine gewinnunabhängige, im Innenverhältnis der Gesellschafter als reiner K o s t e n f a k t o r ausgestaltete Festvergütung nur als Gewinnverteilungsabrede ein 1 7 6 . An dieser Stelle bedarf es freilich keiner grundlegenden Auseinandersetzung mit dieser Meinungsdivergenz: Auch diejenigen Stimmen, die in bestimmten Konstellationen einer austauschrechtlichen Deutung der Tätigkeit eines geschäftsführenden Personengesellschafters aufgeschlossen gegenüberstehen, wollen dienstvertragliche Regelungen ganz überwiegend nämlich allenfalls analog zur Anwendung k o m m e n lassen. 1 7 7 Dies entspricht der bei entgeltlichen Nebenleistungspflichten 170 Siehe ScholzIEmmerich, GmbHG, §3 Rn.53; Feine, GmbH, § 7 II 2, S. 126; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., §3 Rn. 32; Hachenburg /Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., §3 Rn. 88. In diese Richtung ferner BAG vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 c cc [1]). 171 Vgl. BGH vom 9.6.1960, NJW 1960, 1858, 1859; BGH vom 8.2.1988, WM 1988, 707 f.; Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 18 Rn. 30; Orel, Nebenleistungspflichten, S. 86 ff.; in diesem Sinne auch K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 7 Rn. 34. 172 Siehe nur BGH vom 10.6.1965, BGHZ 44, 40, 41; BGH vom 25.4.1966, NJW 1966, 1307, 1308 (insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 45, 221); BGH vom 7.12.1972, NJW 1973, 328; Bork, AcP 184 (1984), 465, 477 f.; Baumbach///o£t, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 19; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 17 II 3, S. 246; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 18; SchlegelbergerAWartens, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 24; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 32a; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., §709 Rn. 15. Demgegenüber setzt die gesonderte Entlohnung der Arbeitskraft eines Gesellschafters nach US-amerikanischem Recht stets den Abschluß eines entsprechenden Drittvertrages voraus; vgl. Wiedemann, WM 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 9. 173 Vgl. ROHG vom 20.9.1871, ROHGE 3, 230, 232f.; BGH vom 28.11.1955, LM §105 HGB Nr. 11; BGH vom 25.4.1966, NJW 1966, 1307, 1308 (insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 45, 221); OLG Koblenz vom 20.9.1979, DB 1980, 247, 148; R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1062; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 6; ders., NJW 1965, 1948, 1949; Kollhosser, ZHR 129 (1967), 121, 127 ff.; Pauli, Eigenkapital, S. 170 ff.; in diese Richtung auch BGH vom 13.5.1953, BGHZ 10, 44, 53. 174 BGH vom 5.2.1963, NJW 1963, 1051, 1052; Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl., §713 Rn. 18; in diesem Sinne auch Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 13; indem er danach fragt, ob der Gesellschaftsvertrag von „dienstvertraglichen Elementen" bestimmt sei. 175 So vor allem Riegger, DB 1983, 1909,1910. 176 Riegger, DB 1983, 1909, 1910; MünchKommBGB/Wroer, 3. Aufl., §709 Rn. 26, 32; für eine Behandlung als gesellschaftsvertraglichen Ausgleichsanspruch analog §110 HGB Bork, AcP 184 (1984), 465, 478 mit Fn. 63. 177 Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 47; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 13;

74

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

im Kapitalgesellschaftsrecht 1 7 8 bzw. im Genossenschaftsrecht 1 7 9 v o r h e r r s c h e n den Sichtweise. Es fällt allerdings auf, daß eine restriktive Haltung bei der A n nahme austauschrechtlicher Elemente in Gesellschaftsverträgen o f f e n b a r den D r u c k auf eine Auslegung mit dem Ziel erhöht, den A b r e d e n der Parteien - zusätzlich - eine echte schuldrechtliche U b e r e i n k u n f t zu entnehmen. Dies trifft, w i e noch näher zu zeigen ist, 1 8 0 gerade auf Ulmer

als einem entschiedenen G e g -

ner der Einordnung einer gesellschaftsrechtlichen Tätigkeitsvergütung als G e genleistung zu. Somit existiert s o w o h l im K ö r p e r s c h a f t s - w i e im Personengesellschaftsrecht im G r u n d s a t z die Möglichkeit, daß ein Austauschverhältnis in ein kooperationsrechtliches Verhältnis, w i e Kischisl Vereinsmitgliedschaft

plastisch

ausgedrückt

es im Zusammenhang mit der hat,

gleichsam

„eingekapselt"

w i r d . 1 8 2 D a sich an der rein gesellschaftsrechtlichen N a t u r der jeweiligen Leistungspflichten hierdurch allerdings nichts ändert, 1 8 3 kann in diesen Konstellationen im übrigen nur in einem eingeschränkten Sinne v o n einem gemischten oder zusammengesetzten Rechtsverhältnis gesprochen w e r d e n . b)

Meinungsübersicht

Bei der Suche nach Aussagen z u r Problematik einer kumulativen austauschvertraglichen Einstufung einer gesellschaftsrechtlich fundierten Dienstleistung stößt man in der Rechtsprechung z u w e i l e n auf Fälle, in denen ein Mitarbeiter k r a f t G e Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 18; insoweit sehr restriktiv RGRK/i». Gamm, BGB, 12. Aufl., § 706 Rn. 8; siehe in diesem Kontext auch PreußOVG vom 6.12.1913, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 16 (1915), 430, 434. Demgegenüber ist bei Palandt/ Sprau, BGB, 61. Aufl., § 706 Rn. 5, bei einer gesellschaftsvertraglich fixierten festen Entgeltabrede von einem echten Austauschvertrag die Rede. Nicht eindeutig ferner A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 14 II 2, S. 209, für den Fall einer als Gesellschaftspflicht festgesetzten Gebrauchsüberlassung gegen Entgelt, bei der A Hueck davon spricht, daß die Verpflichtung „ihrem Inhalt nach ... vollständig" den Regeln des Miet- oder Pachtrechts unterstehe, weil es sich um einen „echten Leistungsaustausch" handele. 178 Zur AG: Hefermehl/Bungeroth, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §55 Rn. 20; Lutter, in: KölnerKomm. z. AktG, 2. Aufl., § 55 Rn. 10; zur GmbH: Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 91; für eine direkte Anwendung austauschvertraglicher Normen wohl R o w e d d e r / R i t t n e r / S c h m i d t - L e i t h o f f GmbHG, 3. Aufl., § 3 Rn. 43, 46. 179 RG vom 29.9.1909, RGZ 72, 4, 8; BGH vom 9.6.1960, NJW 1960, 1858, 1859; K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 7 Rn. 39; Orel, Nebenleistungspflichten, S. 77 ff.; Paulick, Genossenschaft, § 18 II 1 c, S. 196; Schnorr von Carolsfeld, ZfgG 29 (1979), 359 mit Fn. 1. 180 Siehe dazu unten sub § 5 IV 1 b aa (3). 181 ARWP Bd. XXII (1928/29), S. 43, 48. 182 So auch Orel, Nebenleistungspflichten, S. 66; Riesenfeld, Das Problem des gemischten Rechtsverhältnisses, S. 53; A. Schreiber, Arbeit als Beitrag, S. 56. 183 In diesem Sinne bereits Wieland, Handelsrecht, Bd. I, §§ 86 f., S. 839 ff., 845 ff., der insoweit von „gemischt sozialrechtlich-individualrechtlichen Verhältnissen" spricht. So ferner schon Flechtheim, Organisation der Kartelle, S. 39 ff., der - auf der Grundlage der früher verbreiteten Zuordnung der Kartellabsprache zum Gesellschaftsvertrag - die einzelnen Lieferungsverhältnisse zwischen Kartell und Teilnehmer als Element des Gesellschaftsverhältnisses ansehen wollte. Zur kooperationsrechtlichen Basis der Austauschbeziehung i.S. eines echten, aber unselbständigen Nebenleistungs-Schuldverhältnisses deutlich auch Orel, Nebenleistungspflichten, S. 67 ff. (Genossenschaft); Pauli, Eigenkapital, S. 170 ff.

IV. Verbindung von Gesellschafts- und Austauschbeziehung

75

sellschaftsrechts eine Tätigkeit schuldete und in einer weiteren, vom Gesellschaftsvertrag zumindest äußerlich getrennten Vereinbarung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft Einzelheiten der Leistungserbringung geregelt worden sind. Allerdings tendiert das B A G in derartigen Gestaltungen dazu, den ergänzenden Abreden keine eigenständige rechtliche Bedeutung beizumessen. So hat es das B A G 1 8 4 abgelehnt, einen zusätzlich zum Gesellschaftsvertrag zu einem späteren Zeitpunkt geschlossenen Mitarbeitervertrag eines Kommanditisten als selbständige Rechtsgrundlage einzustufen. Vielmehr handele es sich nur um eine bloße Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages. 1 8 5 Der Umstand, daß der Mitarbeitervertrag nicht zwischen den Gesellschaftern, sondern ausdrücklich mit der K G vereinbart wurde, wurde dabei übergangen. Eine vergleichbare rechtsdogmatische Sichtweise kommt in den Entscheidungen des B A G zu den Beschäftigungsverhältnissen der ehemaligen Mitglieder von L P G 1 8 6 bzw. P G H 1 8 7 zum Ausdruck. Danach sind die zwischen Genossenschaft und Mitglied ursprünglich geschlossenen Arbeitsvereinbarungen als Regelungen zu verstehen, mittels derer die Arbeitspflicht der Genossenschaftsmitglieder lediglich konkretisiert, nicht aber begründet wird. 1 8 8 Ferner ist eine zur Qualifikation von Sportlern („Vertragsamateuren") ergangene Entscheidung des B A G zu erwähnen, in der das Gericht für die zumindest grundsätzliche Möglichkeit eines echten Nebeneinanders von körperschaftlichen und vertraglichen Tätigkeitspflichten plädiert hat. 1 8 9 Den damit aufgeworfenen dogmatischen Problemen wurde freilich keine nähere Aufmerksamkeit gewidmet. Auf vergleichbare Vorstellungen trifft man auch in der steuerrechtlichen Judikatur. Insoweit sei zunächst eine ältere Entscheidung des PreußOVG hervorgehoben, dem in einer steuerrechtlichen Angelegenheit eine Konstellation vorlag, in der ein Orchester eine G m b H gegründet hatte und der Gesellschaftsvertrag eine Mitwirkungsnebenpflicht aller Gesellschafter zu Orchestereinsätzen vorsah, wobei die Vergütung für einzelne Musikleistungen erst in besonderen Engagementsverträgen geregelt wurde. 1 9 0 Bemerkenswert ist, daß das P r e u ß O V G der Klausel im Gesellschaftsvertrag lediglich den Inhalt beimaß, der Gesellschaft zu musikalischen Tätigkeiten „vorbehaltlich einer Vereinbarung über die Bezahlung" zur Verfügung zu stehen. 1 9 1 In einem weiteren Urteil ging der B F H unter Berufung auf die eingangs genannte Entscheidung des B A G B A G vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu § 161 H G B . Ebenso Wiedemann, Anm. zu B A G , AP Nr. 2 zu § 161 H G B (unter 1 b). So auch die Deutung der Entscheidung durch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 311. 186 B A G vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI (unter B I 1 b). 187 B A G vom 13.6.1996, AP Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R (unter B I 4). 188 Ebenso L A G Berlin vom 11. 9. 1991, L A G E § 2 A r b G G 1979 Nr. 9; Stolze, ZIP 1991, 566, 567. 189 B A G vom 10.5.1990, AP Nr. 51 z u § 6 1 1 B G B Abhängigkeit (unter II 4 a aa). im p r e u ß o V G vom 7.11.1908, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 13 (1909), 322 ff. 191 PreußOVG vom 7.11.1908, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 13 (1909), 322,326. 184

185

76

§3 Rechtsformen

für die Einordnung einer

Mitarbeit

schließlich davon aus, daß die Dienstleistungspflicht eines Personengesellschafters kumulativ auf dem Gesellschaftsvertrag und auf einem besonderen schuldrechtlichen Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter beruhen kann. 192 In der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Literatur zur persönlichen Rechtsstellung geschäftsführender Gesellschafter finden sich mehrfach Ausführungen, die für die hier zu erörternde Thematik von Interesse sind. Den ersten Anknüpfungspunkt der entsprechenden Darlegungen bildet die Frage nach der rechtlichen Grundlage der Tätigkeitsvergütung für einen geschäftsführenden Personengesellschafter. Zwar hält man es - wie erwähnt 193 - für statthaft, eine derartige Vergütung der Geschäftsführungstätigkeit auch dann ausschließlich im Gesellschaftsvertrag, also nicht notwendigerweise in einem zusätzlichen Dienstvertrag, zu vereinbaren, wenn dem Gesellschafter eine gewinnunabhängige Festvergütung eingeräumt werden soll. Eine Reihe von Stimmen erwähnt indes darüber hinaus die Möglichkeit, über die Tätigkeitsvergütung und andere Einzelheiten einen „gesonderten" 194 bzw. „zusätzlichen" 195 Dienstvertrag abzuschließen. Wie aus diesen Formulierungen zu schließen ist, besteht dabei offenbar nicht die Vorstellung, daß auf diese Weise die gesamte Mitarbeit des geschäftsführenden Gesellschafters auf eine außergesellschaftsvertragliche Grundlage gestellt wird. Vielmehr wird die Tätigkeit sowohl dem Gesellschaftsverhältnis als auch dem gesonderten Schuldvertrag zugeordnet. Hinsichtlich des konkreten Verhältnisses zwischen den beiden Rechtsbeziehungen enthält das erwähnte Schrifttum zwar keine näheren Erläuterungen. Man wird die fraglichen Ausführungen aber am ehesten dahin zu deuten haben, daß die Dienstleistungspflicht grundsätzlich dem Gesellschaftsverhältnis entspringt,196 während die nähere Ausgestaltung der Rechtsstellung des mitarbeitenden Gesellschafters im zusätzlichen Schuldvertrag ihren Niederschlag findet. Hierauf dürfte auch die Ansicht von Schilling hinauslaufen, der - im Zusammenhang mit der Mitarbeit eines Kommanditisten unterhalb der Geschäftsführungsebene - von der Möglichkeit einer gesellschaftsvertraglichen Rahmenbestimmung für den Abschluß eines Dienst- oder Arbeitsvertrags gesprochen hat. 197 Demgegenüber kommt in den Bemerkungen von K. Schmidt zur rechtlichen Einordnung von Diensten eines Gesellschafters noch etwas stärker der Gedanke einer gleichzeitigen Bewertung einer Mitarbeit als Beitrag und als Verkehrsgeschäft zum Ausdruck. 198 Schließlich heißt es bei Wiede192 BFH vom 23.5.1979, BStBl. II 1979, 757, 763; in diesem Sinne auch BFH vom 11.12.1986, BStBl. II, 553, 555. 193 Siehe soeben sub 1 a. 194 So Schlegelberger/Mariens, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 24, siehe auch Rn. 48. 195 So Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 19; Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 114 Rn. 6. 196 Vgl. Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 114 Rn. 6: „ungeachtet der Pflichten aus §114 (HGB)". 197 In: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 19. 198 Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §20 II 2 b u. § 59 I 3 b, S. 569 u. 1739.

IV. Verbindung

mann

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

77

ganz allgemein, daß der Beitrag eines Personengesellschafters in der Über-

nahme eines Arbeitsvertrages liegen kann. 1 9 9 Die zweite Fallgruppe, bei der man auf ein Nebeneinander von mitgliedschaftlicher Grundbeziehung und austauschvertraglicher

Zusatzvereinbarung

stößt,

verkörpern

die

Gesellschafter-Ge-

schäftsführer in einer G m b H . In einer G m b H kann für einzelne oder mehrere Gesellschafter bereits in der Satzung die Pflicht und das Recht zur Geschäftsführung als korporative Nebenbestimmung 2 0 0 (Pflichtrecht) 2 0 1 festgelegt werden. 2 0 2 Soweit man sich mit dieser Frage überhaupt befaßt, hält man es zumindest überwiegend für zulässig, die somit bereits aus dem Gesellschaftsvertrag resultierende Tätigkeitspflicht durch einen zusätzlichen Dienstvertrag auszugestalten. 203 Allerdings wird die Erforderlichkeit einer schuldvertraglichen Zusatzabrede bei einer sich bereits aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ergebenden Regelung der persönlichen Stellung des Geschäftsführers nicht selten in Frage gestellt 204 . Eine von diesen Modellen abweichende Einschätzung stammt von Nach Baums,

Baums.

der sich mit der generellen Rechtsstellung der Geschäftsleiter von

Kapitalgesellschaften und Genossenschaften ohne eine personelle Beschränkung auf Mitglieder auseinandergesetzt hat, führt bereits die Annahme der Bestellung zum Organ zu einer Tätigkeitspflicht des Geschäftsleiters. 2 0 5 Ein in einem solchen Falle geschlossener ergänzender Anstellungsvertrag über eine Vergütungsregelung ist deshalb - so Baums

- kein gegenseitiger Dienstvertrag im Sinne der

§§ 320 ff. B G B , weil ein derartiger Vertrag nur die Zahlungspflicht der G m b H , nicht jedoch die Tätigkeitspflicht des Geschäftsleiters begründe. 2 0 6 Zwar hat sich Baums

mit seiner Ansicht, die auf eine Relativierung der von der h. M. vertrete-

W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 15. Vgl. § 3 Abs. 2 G m b H G ; siehe dazu bereits oben sub II 2 a. 201 Die Fixierung dieses Sonderpflichtrechts ist von der schlichten Bestellung zum Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag i.S. des § 6 Abs. 3 S. 2 Alt. 1 G m b H G zu unterscheiden; vgl. nur B G H vom 4.11.1968, N J W 1969, Iii-Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 6 Rn. 18; Baumbach/Hueck/Zö/feer, G m b H G , 17. Aufl., § 38 Rn. 5. 202 Siehe etwa S c h o l z / E m m e r i c h , G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 60; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 R n . 4 6 ; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 3 Rn. 32; Hachenburg/Wmer, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 85. 203 Groß, Anstellungsverhältnis, S.256 F n . 3 ; Hachenburg/Mertens, G m b H G , 8. Aufl., § 3 5 Rn. 160; Baumbach/Hueck/Zö7/rcer, G m b H G , 17. Aufl., § 3 5 Rn. 8; in diesem Sinne auch Hachenburg/ Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 91, 93. Tendenziell a. A. Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 3 Rn. 26, mit der Formulierung, daß das Anstellungsverhältnis entweder rein gesellschaftsrechtlicher Art ist oder einen Dienstvertrag darstellt. Nicht ganz klar ferner R G vom 26.10.1940, R G Z 165, 129, 134 f., im Zusammenhang mit der Frage eines Sonderrechts auf ärztliche Tätigkeit in einem von einer G m b H betriebenen Krankenhaus. 204 Vgl. Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 35 Rn. 153; Baumbach/Hueck/Zö7/«er, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 8 f.; einschränkend auch K.-D. Müller, Bestellung des Geschäftsführers, S. 135. 205 Geschäftsleitervertrag, S. 46 ff. So auch Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 35 Rn. 58, 92; Baumbach/Hueck/Zö//ner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 18. 2 0 6 Geschäftsleitervertrag, S. 55, 57. Nach Baumbach/Hueck/Zö/foer, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 96, ist der Anstellungsvertrag „untypisch", weil er nicht die „eigentliche Rechtsgrundlage" der Organpflichten des Geschäftsführers bilde. 199

200

78

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

nen strikten Trennung von Bestellung und Anstellung 2 0 7 hinausläuft, nicht durchsetzen können. Für den vorliegenden Kontext kommt es indes allein darauf, daß die nach Meinung von Baums geltenden Grundsätze gemäß seinem eigenen Bekunden auch auf den GmbH-Gesellschafter übertragen werden können, der im Gesellschaftsvertrag die (Neben-)pflicht zur Geschäftsführung übernommen hat 2 0 8 und den somit unstreitig eine nicht rein schuldrechtliche Tätigkeitspflicht trifft. Ein ergänzender Anstellungsvertrag wäre in dieser Konstellation folglich ebenfalls nicht als gegenseitiger Dienstvertrag zu werten. O b w o h l Baums dies nicht klar ausspricht, geht er mit dieser Sichtweise offenbar davon aus, daß die Existenz einer gesellschaftsrechtlichen Mitarbeitspflicht ein Hindernis dafür bildet, dieselbe Dienstleistung simultan einem Austauschvertrag zuzuordnen. 2 0 9 Die genossenschaftsrechtliche Literatur enthält zu der hier angesprochenen Problematik im allgemeinen nur vage Stellungnahmen. So ist zwar im Zusammenhang mit der Charakterisierung der Beschäftigten von Produktivgenossenschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 G e n G schon seit langem von einer gleichzeitigen Stellung als Mitglied und Arbeitnehmer die Rede. 2 1 0 Ferner heißt es zur Qualifikation der rechtlichen Verhältnisse innerhalb dieser laboristischen Unternehmensverfassung 2 1 1 etwa, daß die arbeitsrechtliche Beziehung ihre Grundlage in der Mitgliedschaft habe. 2 1 2 Hingegen wird der exakten Zuordnung der Tätigkeitspflicht regelmäßig keine nähere Aufmerksamkeit gewidmet. 2 1 3 Eingehendere Untersuchungen zur Frage, auf welchem Wege es rechtlich möglich ist, daß eine prima facie ausschließlich dem Kooperationsrecht zuzuordnende Beschäftigung zusätzlich in einen austauschvertraglichen Zusammenhang eingebunden werden kann, lassen sich dem speziellen Schrifttum zum Verhältnis von gesellschaftsvertraglicher und arbeitsvertraglicher Mitarbeit

entnehmen.

Zum besseren Verständnis der im folgenden zu schildernden Ansätze sei allerdings vorab darauf hingewiesen, daß es ihnen nicht um allgemeine privatrechtsdogmatische Überlegungen geht. Den gedanklichen Hintergrund bildet vielmehr regelmäßig das Ziel, dem Arbeitsrecht auch in den Situationen Geltung zu verschaffen, in denen eine Tätigkeit zumindest dem äußeren Anschein nach im Rahmen eines gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses erfolgt. Vgl. nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 14 III 2, S. 422 ff. m.w.N. Geschäftsleitervertrag, S. 54. 2 0 9 Damit nur schwer vereinbar aber Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 101 f., wo keine Bedenken gegenüber einer Beitragspflicht zur Mitarbeit artikuliert werden, zu deren Ausführung ein (echter) Dienstvertrag geschlossen wird. 2 1 0 So bereits Trumpler, N Z f A 1922, Sp. 615, 616; aus dem neueren Schrifttum Eichler-Weiskorn/Pöppel, KJ 1987, 259, 264 ff.; Höland, Z R P 1987, 86, 89; Metz, in: Lang/Weidmüller/Metz/ Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 1 Rn. 74 f.; Pöhlmann, in: Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, G e n G , 2. Aufl., § 1 Rn. 26. Siehe auch Raisch, Unternehmensrecht 2, S. 170. 2 1 1 Dazu näher Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 I 2 c, S. 305. 212 Metz, in: Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 1 Rn. 75. 2 1 3 Siehe etwa Steding, Produktivgenossenschaften, S. 129 ff. Undeutlich auch Haberkamp, Abgrenzung, S. 41, der sich insoweit auf die Aussage beschränkt, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen Genosse und Produktivgenossenschaft möglich, aber nicht erforderlich ist. 207 208

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

79

Mehrere ausführlicher begründete Positionen entstammen der Debatte um die rechtliche Stellung von Rotkreuz-Schwestern. So hat v. Rehren die These vertreten, daß die Mitgliedschaft in einer juristischen Person als ein umfassendes Rechtsverhältnis zu begreifen sei, das - neben personenrechtlichen und dinglichen - auch schuldrechtliche Rechtsverhältnisse in sich berge. 214 Sobald ein Mitglied zu anderen Leistungen als Geld verpflichtet sei, liege neben dem Gesellschaftsverhältnis zugleich der Tatbestand eines anderen Vertragstyps vor. 215 Demzufolge beruhe die Arbeitspflicht eines Verbandsmitglieds auf einem Dienstbzw. Arbeitsverhältnis, das von einem Mitgliedschaftsverhältnis „umschlossen" sei. 216 Im Ergebnis handele es sich in diesen Fällen stets um einen gemischten Vertrag. 217 v. Rehren knüpft damit bereits an den Gegenstand der mitgliedschaftlichen Pflicht als solchen und nicht erst an eine etwaige besondere Vergütung an. Zudem muß man seine Ausführungen dahin verstehen, daß er mit der Rechtsfigur des gemischten Vertrages über das bereits erwähnte Modell eines Austauschverhältnisses auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage hinausgehen will. Diese Vorstellungen sind freilich durchgängig zu Recht auf Ablehnung gestoßen. 218 Zwar hat schon Hoeniger aufgrund des unbestrittenen Ausgangspunktes, daß jede Leistung, die Gegenstand eines (nichtgesellschaftsrechtlichen) Schuldverhältnisses sein kann, auch tauglicher Beitragsgegenstand ist, 219 die Konstellationen, in denen der Beitrag gegenständlich einem - gesetzlich geregelten - Schuldtypus entspricht, als gemischten Gesellschaftsvertrag bezeichnet. 220 Diese Terminologie verkennt indes, daß sich der Gesellschaftsvertrag nicht durch vertragstypische Leistungen, sondern durch die Beziehung der Leistungen auf einen gemeinsamen Zweck von anderen Schuldvertragstypen unterscheidet. 221 Dementsprechend herrscht jedoch Einigkeit darüber, daß der Gegenstand einer gesellschaftsvertraglich festgelegten Beitragspflicht für sich genommen im allgemeinen nichts daran ändert, daß eine Leistung allein causa societatis erbracht wird. 222 Die Doppelzuordnung einer Tätigkeit kann somit nicht schon damit begründet werden, daß das Stellung von Krankenschwestern, S. 78. Stellung von Krankenschwestern, S. 81. 2 1 6 Stellung von Krankenschwestern, S. 72, 83 f., 90. 2 1 7 Stellung von Krankenschwestern, S. 81 ff. 218 Brosius, Rechtsstellung der Rotkreuz-Schwestern, S. 106 ff.; Knuth, Stellung der Rotkreuzschwester, S. 87; Teich, Rechtsstellung der Krankenschwestern, S. 110 f. 2 1 9 Siehe nur SoergeUHadding, B G B , 12. Aufl., § 706 Rn. 7; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 20 II 2, S. 569 ff.; MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., § 706 Rn. 9. 2 2 0 Die gemischten Verträge, S. 45 ff. 2 2 1 Auf weitere Unterschiede wie vor allem die in vielen Fällen erfolgende Entstehung einer verselbständigten Organisation kommt es in vorliegendem Zusammenhang nicht an. 2 2 2 Vgl. M ü n c h K o m m B G B / U l m e r , 3. Aufl., § 706 Rn. 4. So bereits Riesenfeld, Das Problem der gemischten Rechtsverhältnisse, S. 51; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 37 I 3, S. 453 mit Fn. 9; siehe auch Dellios, Präzisierung der Rechtsfindungsmethode, S. 152; gegen die Vorstellung eines gemischten Vertrages ferner schon A. Schreiber, Arbeit als Beitrag, S. 32. Im übrigen hat auch Hoeniger, Die gemischten Verträge, S. 45, 53, keinen Zweifel an der eindeutigen Subsumtion dieser Gestaltungen als Gesellschaftsvertrag gelassen. 214

215

80

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

Gesellschaftsverhältnis für nicht in Geld bestehende Beitragspflichten jedenfalls bei einer gesonderten Vergütung gleichsam automatisch zu einem zusätzlichen Austauschvertrag führt. Des weiteren hat Knuth im selben Kontext aus dem zwingenden Charakter des Arbeitsrechts darauf geschlossen, daß die Verpflichtung zu einer abhängigen Mitarbeit nur im Rahmen eines Arbeitsvertrages wirksam vereinbart werden könne. 223 Entsprechende körperschaftliche Arbeitspflichten seien in die Pflicht umzudeuten, mit dem Verband einen entsprechenden Vertrag abzuschließen. 224 Mit diesen Überlegungen bewegt sich Knuth auf die Möglichkeit zu, eine Tätigkeit sowohl einem gesellschaftsrechtlichen wie einem austauschrechtlichen Verhältnis zuzuordnen. Allerdings erschöpft sich für Knuth das körperschaftliche Element offenbar darin, überhaupt einen austauschrechtlichen Vertrag zu schließen, während die Einhaltung der darin übernommenen Pflichten für sich genommen gesellschaftsrechtlich anscheinend unerheblich sein soll. 225 Aus der seit dem Ende der siebziger Jahre fallgruppenübergreifend geführten Diskussion um die Qualifikation einer Mitarbeit in der Grauzone zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht ragen vor allem die Darlegungen von Loritz, Beuthien und Diller hervor. So besteht nach Loritz die grundsätzliche Möglichkeit, daß eine Mitarbeit kraft Gesellschaftsvertrages geschuldet ist und die Parteien zusätzlich einen Arbeits- bzw. Dienstvertrag schließen. 226 Allerdings erläutert Loritz den Zusammenhang zwischen dem Korporations- und dem Austauschverhältnis bei der von ihm somit befürworteten Statthaftigkeit der echten Doppelzuordnung einer Dienstleistung nicht näher. Demgegenüber hat Beuthien die von ihm ebenfalls bejahte Möglichkeit einer Koordination von Gesellschaftsund Arbeitsverhältnis dahingehend präzisiert, daß die gesellschaftsvertragliche Dienstleistungspflicht den Inhalt hat, Dienste im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu erbringen. 227 Vergleichbare Überlegungen finden sich bei Diller, der - in Anlehnung an Beuthien - ebenfalls für eine Sicht plädiert, nach der die tätigkeitsbezogene Beitragspflicht darin bestehen kann, Mitarbeit auf der Grundlage eines schuldrechtlichen Austauschvertrages zu leisten. 228 Dabei grenzen Beuthien229 und Diller230 ihre Vorschläge ausdrücklich von der Vorstellung einer vollständigen Parallelität von gesellschafts- und austauschvertraglicher DienstleistungsStellung der Rotkreuzschwester, S. 88 f. Stellung der Rotkreuzschwester, S. 89, 121. 2 2 5 In diesem Sinne offenbar auch Riegger, D B 1983, 1909, im Falle eines Nebeneinanders von gesellschaftsvertraglich vorgesehener und zugleich rein schuldrechtlich vereinbarter Mitarbeit. 2 2 6 RdA 1992, 310, 317; etwas undeutlicher noch ders., Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 218. 2 2 7 FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1,14. 2 2 8 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 313 ff.; siehe auch ders., Anm. zu B A G , AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979. 2 2 9 FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 13 f. 2 3 0 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 307 ff. 223 224

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

81

pflicht ab. Allerdings wollen sich beide Autoren auch nicht damit begnügen, daß die Beitragspflicht lediglich im Abschuß eines Arbeits- bzw. Dienstvertrages besteht und mit dem Zustandekommen einer wirksamen Vereinbarung erfüllt ist. Vielmehr ist von einem „begrenzten Nebeneinander" die Rede. 231 Dieses Modell dürfte somit einerseits dahin zu verstehen sein, daß die geleistete Mitarbeit im Grundsatz sowohl dem Austauschvertrag als auch dem Gesellschaftsverhältnis zugerechnet wird. Andererseits werden die mit der Tätigkeit zusammenhängenden Detailfragen ausschließlich der austauschvertraglichen Komponente zugewiesen. Dasselbe gilt für die Darlegungen von v. Hoyningen-Huene, der sich den Ausführungen von Beuthien und Diller explizit angeschlossen hat. 232 Einen Schritt weiter scheinen schließlich Engel,233 Gitter,234 Henssler2i5 und Preis236 gehen zu wollen, indem sie die umfassende Doppelzuordnung einer Tätigkeit zu einem mitgliedschaftlichen und einem arbeitsvertraglichen Rechtsverhältnis offenbar für zulässig halten, ohne die von ihnen angedeutete Uberlagerung jedoch näher auszuleuchten. 237 2. Austauschvertrag

als

Ausgangspunkt

Nachdem die Ansätze dargelegt worden sind, die von einer gesellschaftsrechtlich fundierten Mitarbeitspflicht ausgehend die Zulässigkeit eines auf dieselbe Leistung gerichteten zusätzlichen Austauschvertrages thematisieren, soll nunmehr vice versa das Augenmerk auf die Überlegungen gerichtet werden, die als Ausgangspunkt einen tätigkeitsbezogenen Austauschvertrag wählen und nach simultanen kooperationsrechtlichen Komponenten fragen. Ein solcher Perspektivenwechsel erscheint nicht zuletzt deshalb sinnvoll, weil die jeweiligen Debatten zumeist völlig unabhängig voneinander geführt werden. Allerdings geraten mit den im folgenden zu schildernden Konzeptionen sehr heterogene Vorstellungen ins Blickfeld, die lediglich darin übereinstimmen, daß sie sich jeweils mit der Thematik befassen, ob ein Beschäftigter, der zumindest vom äußeren Erscheinungsbild her ein - im Rahmen eines Austauschvertrages So ausdrücklich Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 14. j w 2000, 3233, 3237 f. 2 3 3 Ehrenamt und Arbeitsrecht, S. 85 ff. 2 3 4 SAE 1976, 204; ebenso wohl ders., N Z G 2001, 168. 2 3 5 Anm. zu B A G , AP Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2): Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Sozietät und einzelnem Rechtsanwalt „auf der Grundlage eines Gesellschaftsvertrages". 2 3 6 In: ErfK, 2. Aufl., § 611 B G B Rn. 24, mit der Aussage, daß ein Arbeitsvertrag nicht zum Erlöschen einer bestehenden gesellschaftsvertraglichen Dienstleistungspflicht führt. Die Berufung von Preis auf B A G vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu § 161 H G B , kann diese Sicht der Dinge allerdings nicht stützen; vgl. dazu oben im Text. 2 3 7 So führt etwa der Verweis von Gitter, SAE 1976, 204, auf Tillmann, D B 1970, 2157, 2161, nicht weiter, weil Tillmann sich nur mit der Konstellation auseinandersetzt, daß ein Arbeitnehmer gleichzeitig einen Kapitalanteil (Kommanditbeteiligung) hält, nicht aber mit der Frage der Simultanzurechnung der Mitarbeit als solcher. 231

232

N

82

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

tätiger - Arbeitnehmer ist, gleichzeitig eine kooperationsrechtliche Stellung einnimmt. 2 3 8 Im einzelnen sollen die Betriebsverbandslehren, die Unternehmensverbandstheorien, Überlegungen zur unternehmerischen Mitbestimmung und zur vermögensrechtlichen Arbeitnehmerbeteiligung einschließlich partnerschaftlicher Modelle sowie der Ansatz eines gemischttypischen Mitarbeiterverhältnisses angesprochen werden. 2 3 9 Schon diese Stichworte zeigen, daß der Kreis bewußt sehr weit gezogen wird, um auch Randerscheinungen daraufhin abzuklopfen, ob sie einen verwertbaren Beitrag für die an dieser Stelle allein interessierende Frage nach der grundsätzlichen Möglichkeit der Doppelzuordnung einer Tätigkeit leisten können. Insbesondere soll nicht von vornherein eine Verengung auf solche Modelle erfolgen, in denen es um eine Beteiligung am Unternehmensträger in den hergebrachten Formen des Gesellschaftsrechts geht. Hierbei fällt sofort ins Auge, daß sich trotz des weit ausgeworfenen Netzes im Schrifttum bislang nur solche Ansätze finden, die als Ausgangspunkt für die Frage nach gesellschaftsrechtlichen Bezügen bei tätigkeitsbezogenen Austauschverträgen an Arbeitsverhältnisse, nicht aber an freie Dienstverträge anknüpfen. Dies ist indes aus zwei Gründen nicht verwunderlich: Zum einen wird der Faktor Arbeit in Unternehmen traditionellerweise zumindest zu großen Teilen durch Arbeitsverträge in die Wertschöpfung eingebunden. Zum zweiten ist das Arbeitsverhältnis in einem enormen Ausmaße Gegenstand normativer Regelungen, während für den freien Dienstvertrag - bislang - nur vergleichsweise spärliche Bestimmungen existieren. Beide Faktoren haben in der Vergangenheit eine erhebliche Schubkraft entfaltet, auf den unterschiedlichsten Wegen und mit den verschiedenartigsten Zielsetzungen gerade die Tätigkeit des Arbeitnehmers um kooperationsrechtliche Elemente zu erweitern. Stichwortartig seien einerseits die Teilhabe der unselbständig Beschäftigten an gesellschaftsrechtlicher Leitungsmacht sowie andererseits deren Beteiligung an den Risiken erwerbswirtschaftlich tätiger Gesellschaften genannt. Sollte sich unternehmerisches Handeln dahin fortentwickeln, daß menschliche Arbeitskraft künftig in einem sehr viel größerem Umfange als bisher mittels längerfristig angelegter, freier Dienstverträge in den Prozeß der Wertschöpfung im Unternehmen einfließt, könnte freilich auch der Anreiz wachsen, über eine Verbindung von freiem Dienstvertrag und gesellschaftsrechtlichen Beziehungen nachzudenken. a) Ausgangslage

und

Abgrenzungen

Soweit es um die prinzipielle Möglichkeit der mit einem Unternehmensträger durch einen Austauschvertrag verbundenen Partei geht, zusätzlich eine gesellschaftsrechtliche Beziehung zu begründen, gelten selbstverständlich die bereits geschilderten Grundsätze. 2 4 0

238 239 240

Zur Sonderrolle der von Reuter vertretenen Lehre siehe sogleich sub b aa. Zu Inhalten, Unterschieden und Zusammenhängen siehe anschließend sub b aa - ee. Siehe dazu oben sub 1 a.

IV. Verbindung von Gesellschafts- und Austauschbeziehung

83

Wie des weiteren klarzustellen ist, betreffen die folgenden Ausführungen nicht die Frage, welche Auswirkungen eine Kapitalbeteiligung am U n t e r n e h m e n s t r ä ger auf einen gleichzeitig bestehenden tätigkeitsbezogenen Austauschvertrag hat. Vielmehr soll hier nur die M ö g l i c h k e i t untersucht werden, die Mitarbeit als solche ohne R ü c k s i c h t auf eine kapitalgespeiste Beteiligung simultan beiden G r u n d formen zuzuordnen. Allerdings stehen beide Aspekte nicht beziehungslos nebeneinander, würde die grundsätzliche Zulässigkeit der D o p p e l z u o r d n u n g einer Dienstleistung die Schwelle für eine gesellschaftsrechtliche Beeinflussung des Austauschvertrages durch eine zusätzliche Kapitalbeteiligung d o c h erheblich herabsetzen. I m übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Rechtsfigur der sogenannten gesellschaftsähnlichen Verträge, die sich vor allem in der R e c h t s p r e c h u n g einiger Beliebtheit erfreut, 2 4 1 in diesem Zusammenhang nicht weiterführt. H i n t e r den gesellschaftsähnlichen Verträgen verbergen sich bei näherer Analyse nämlich G e staltungen, die entweder n o c h als reine, wenn auch atypisch ausgeformte Gesellschaften 2 4 2 oder aber als gemischte Verträge im n o c h näher zu beschreibenden Sinne zu klassifizieren sind. 2 4 3 b) aa)

Meinungsspektrum Betriebsverbandslehren

In einem ersten Schritt ist auf diejenigen Stimmen einzugehen, die sich für einen verbandlichen Charakter des betrieblichen Arbeitsverhältnisses

aussprechen.

E i n e E r w ä h n u n g dieser Lehren mag auf den ersten B l i c k überraschen. Bei näherem H i n s e h e n zeigt sich indes, warum die Ansätze, die das Bestehen eines B e triebsverbandes propagieren, in den vorliegenden K o n t e x t gehören. Sofern eine Betriebsverbandslehre den austauschvertraglichen C h a r a k t e r des Arbeitsverhältnisses nicht von vornherein in A b r e d e stellt, sondern lediglich ein zusätzliches Mitgliedschaftsverhältnis des Beschäftigten annimmt, ist es nämlich durchaus denkbar, daß ein solches Modell dazu führt, dieselbe Tätigkeit gleichzeitig in ei-

2 4 1 Vgl. R G vom 5.12.1929, R G Z 126, 287, 291 f.; R G vom 12.5.1939, SeuffA, Bd. 94 (1940), Nr. 3; B G H vom 21.5.1959, LM § 723 B G B Nr. 6; O L G Celle vom 29.10.1964, N J W 1965, 399; ebenso Staudinger/Keßler, B G B , 12. Aufl., Vorbem zu § 705, Rn. 160, der darüber hinausgehend sogar noch zwischen „gesellschaftsähnlichen" und „gesellschaftsartigen" Rechtsverhältnissen unterscheiden will. 2 4 2 Siehe etwa L A G Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69 ff., wo mehrfach offenbar mit Rücksicht auf den Umstand, daß sich die Beitragspflicht eines Beteiligten auf eine Dienstleistung beschränkte, von einem „gesellschaftsähnlichen" Zusammenschluß die Rede ist, auf den dann aber die §§ 705 ff. B G B - anscheinend unmittelbar - zur Anwendung kommen sollen. 2 4 3 Vgl. Soerge\/Hadding, B G B , 12. Aufl., Vor §705 Rn. 19; H.-D. Köhler, Anwendbarkeit von Gesellschaftsrecht, S. 162 f.; MünchKommBGB/W/mer, 3. Aufl., Vor § 705 Rn. 82; Erman/ H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., Vor § 705 Rn. 6; anders Wiedemann/Schultz, ZIP 1999, 1, 4: Bei gesellschaftsähnlichem Rechtsverhältnis sei ein Gesellschaftstatbestand nicht erfüllt, es seien aber einzelne Regeln analog anzuwenden. Gegen die Rechtsfigur des gesellschaftsähnlichen Verhältnisses ferner Ballerstedt, JuS 1963, 253, 261; Huffer, Das partiarische Geschäft, S. 65.

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5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

nen austauschvertraglichen und einen kooperationsrechtlichen Rahmen einzubetten. 2 4 4 Für die Zwecke der vorliegenden Studie bedarf es allerdings keiner eingehenden Darstellung der Betriebsverbandslehren, die zudem in verschiedenenen Varianten auftreten. Im folgenden soll nämlich nicht die inhaltliche Richtigkeit einer betriebsverbandlichen Deutung des Arbeitsverhältnisses als solche untersucht werden. 2 4 5 Vielmehr geht es hier allein um die vorgelagerte Problematik, ob es rechtlich überhaupt möglich ist, dieselbe Tätigkeit doppelt zuzuordnen, sowie die Frage, welchen Beitrag die Betriebsverbandsmodelle hierzu leisten können. Deshalb genügt es, das Augenmerk auf diejenigen Aspekte zu richten, die für die simultane Zuordnung einer Dienstleistung zu einer austauschvertraglichen und einer kooperationsrechtlichen Beziehung relevant sind. Ferner sei hervorgehoben, daß in diesem Zusammenhang nur solche Stellungnahmen von Belang sind, die für eine sowohl die Belegschaft als auch den Arbeitgeber umfassende betriebsverbandliche Struktur plädieren. N u r bei einer den Arbeitgeber einbeziehenden Betrachtungsweise kann es nämlich zu der hier interessierenden Uberlagerung von Austauschvertrag und Kooperationsrecht kommen, während ein sich auf die Belegschaft beschränkender Betriebsverband 2 4 6 zu einem weitgehend unverbundenen Nebeneinander von kooperationsrechtlichem Innenrecht und austauschvertraglichem Außenrecht 2 4 7 führen würde. 2 4 8 Aus dieser vorläufigen U m schreibung des Betriebsverbandes ergibt sich im übrigen zugleich, daß die rechtliche Form des Arbeitgebers für die Protagonisten der Betriebsverbandslehren keine Rolle spielt. Auch wenn es sich um einen als Handelsgesellschaft strukturierten Unternehmensträger handelt, geht es den Vertretern dieser Sichtweise nicht um eine kooperationsrechtliche Beteiligung am Träger selbst. Vielmehr wird der Arbeitgeber in jedem Falle als eine monolithische Einheit verstanden, die als solche Mitglied des Betriebsverbandes sein soll. D e r Betriebsverband und der vom Unternehmensträger gebildete Verband bilden danach zwei großenteils voneinander getrennte Rechtskreise.

2 4 4 Demgegenüber erfolgt die gemeinsame Erörterung durch Kessal-Wulf Innenverbände, S. 313 ff., mit dem Ziel, in beiden Bereichen das Bestehen von Innenverbänden nachzuweisen. 2 4 5 Zur Ablehnung betriebsverbandlicher Vorstellungen durch die h. M. siehe die Nachweise oben sub III 1 in Fn. 113. 2 4 6 Für eine verbandliche Einordnung der Belegschaft etwa Bickel, ZfA 1971, 181, 188; Galperin, RdA 1 9 5 9 , 3 2 1 , 3 2 2 f.; ders., ArbRGegw, Bd. 1 (1964), 75, 81 ff.; Gester, Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung, S. 59, 104 ff.; Kunze, FS Schilling (1973), S. 333, 339; ders., Z H R 147 (1983), 16, 21; Nebel, Normen des Betriebsverbandes, S. 54 ff.; Thiele, G K - B e t r V G , 4. Aufl., Einl. Rn. 71; von einer „verbandsmäßigen Bindung" und einer „Zweckgemeinschaft" sprechend Zöllner, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 745, 753. 2 4 7 Eine Verbindungslinie andeutend aber Zöllner, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 745, 753, indem er die Überlegung aufwirft, den Arbeitsvertrag zugleich als einen Vertrag zugunsten der Mitarbeitnehmer anzusehen. Der Austauschvertrag würde in diesem Falle eine drittgerichtete beitragsrechtliche Komponente enthalten. 2 4 8 Insoweit läge also eine ähnliche Konstellation wie beim ebenfalls nicht näher behandelten Gruppenarbeitsverhältnis vor; siehe dazu bereits oben § 1 1 1 .

IV. Verbindung

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und Austauschbeziehung

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Für die Frage nach dem Verhältnis des austauschvertraglichen und kooperationsrechtlichen Elementes einer Beschäftigung spielt es eine entscheidende Rolle, welchen Zweck der Betriebsverband nach Ansicht der Protagonisten einer derartigen Sichtweise hat. 249 Nur durch einen Rekurs auf den jeweiligen Verbandszweck 250 läßt sich nämlich mit hinreichender Klarheit herausarbeiten, ob und in welchem Maße die Betriebsverbandslehren tatsächlich zu einer Doppelzuordnung der Arbeitsleistung gelangen. Der Zweck des angeblichen Betriebsverbandes ist freilich nicht ganz leicht zu bestimmen. So ist bei Galperin von einer „Produktions- oder Schaffensgemeinschaft" 251 bzw. von einer „gemeinsamen Gestaltung der betrieblichen Ordnung und der in ihr verflochtenen Arbeitsverhältnisse" 252 die Rede. 253 Für Nebel geht es um die „gemeinsame Verwaltung der arbeitstechnischen Einheit Betrieb nach den Regeln des BetrVG 1972", wobei er sich ausdrücklich dagegen verwahrt, als gemeinsamen Zweck des Betriebsverbandes den vom Arbeitgeber mit dem Betrieb verfolgten Zweck anzusehen.254 Kessal-Wulf spricht ebenfalls von der „gemeinsamen Verwaltung der arbeitstechnischen Einheit des Betriebes" 255 , hebt aber hervor, daß die gesetzliche Betriebsverfassung zum ohnehin bestehenden Betriebsverband hinzutrete 256 . Boysert schließlich bezeichnet unter expliziter Abgrenzung vom „arbeitstechnischen Endzweck" 257 als Betriebsverbandszweck die „kooperative Koordination des betrieblichen Arbeitsprozesses" 258 . Diese Ausführungen lassen erkennen, daß der Zweck des Betriebsverbandes einerseits nicht auf der unternehmerischen Ebene angesiedelt ist und in der Gewinnerzielung besteht. Andererseits geht es - so jedenfalls deutlich Nebel und Boysen - auch nicht um den in der Produktion bestimmter Güter bzw. Dienstleistungen liegenden arbeitstechnischen Endzweck. Vielmehr wird der verbandliche Zweck in der Koordination der in einem Betrieb zu erbringenden Einzelleistungen als solcher erblickt. Hierdurch entbehrt die verbandliche Komponente allerdings nicht sämtlicher vermögensrechtlicher Bezüge. Zur Verbandssphäre wer249 Reichold, Betriebsverfassung als Sozialprivatrecht, S. 318, weist zu Recht darauf hin, daß man trotz der langen Tradition betriebsverbandlicher Vorstellungen erst in der Bundesrepublik angefangen hat, ernsthaft „juristisch" über den gemeinsamen Zweck nachzudenken. 2 5 0 Zur Notwendigkeit eines Verbandszwecks siehe nur Lutter, AcP 180 (1980), 84, 89 f.; K. Schmidt, 3. Aufl., Gesellschaftsrecht, § 4 II 1, S. 64 f. 251 RdA 1959, 321, 325 252 ArbRGegw, Bd. 1 (1964), 75, 87. 253 An anderer Stelle (RdA 1962, 366 ff.) spricht Galperin bei der Würdigung des BetrVG zwar ebenfalls von einer „Schaffensgemeinschaft auf arbeitstechnischer Grundlage" (S. 368), lehnt aber nicht nur das Vorliegen eines durch die gesetzliche Betriebsverfassung geschaffenen Mitunternehmertums ab (S. 369), sondern erweckt darüber hinaus den Eindruck, als bestreite er auch die Existenz verbandsrechtliche Beziehungen (S. 367). 2 5 4 Normen des Betriebsverbandes, S. 89. 255 Innenverbände, S. 333. 256 Innenverbände, S. 332. 257 Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 236, 242. 2 5 8 Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 238.

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§ 3 Rechtsformen

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den nämlich auch die Mitbestimmung in Entgeltfragen und in wirtschaftlichen Angelegenheiten gerechnet. 259 Gleichwohl gehören die entgeltbezogenen Aspekte des Arbeitsverhältnisses nach dieser Sichtweise schwerpunktmäßig in die austauschvertragliche Relation, 260 während das verbandsrechtliche Mitgliedschaftsverhältnis nur in geringem Maße wirtschaftliche Elemente betrifft. Dies deckt sich mit der schon frühzeitig vertretenen Ansicht, daß - entgegen der anderslautenden Rechtsprechung des RG 261 und des RAG 262 - aus dem Bestehen einer angeblichen Betriebsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Belegschaft keine vermögensrechtlichen Folgerungen zu Lasten der Arbeitnehmer gezogen werden dürften 263 . Wendet man sich nach diesen Überlegungen der Frage nach dem vom Arbeitnehmer zu einem derartigen Verband zu leistenden Mitgliedsbeitrag zu, so fällt zunächst auf, daß dieser Aspekt bislang nur selten explizit thematisiert worden ist. Wie sich aus dem Vereinsrecht ergibt, 264 setzt ein Verband zwar nicht in jedem Falle die Existenz von Beiträgen voraus. Damit ist aber noch nicht geklärt, ob nicht möglicherweise auch die Arbeitsleistung als solche als ein Beitrag zum Betriebsverband mit der Folge angesehen werden kann, daß sie sowohl dem Austauschvertrag als auch der Verbandsbeziehung zuzurechnen ist. Unter diesem Blickwinkel lassen sich folgende Feststellungen treffen: Je stärker man den - angeblichen - gemeinsamen Zweck von Arbeitgeber und Belegschaft in einen Zusammenhang mit den einzelnen Tatbestände des BetrVG rückt, um so schwerer fällt die Vorstellung, daß der einzelne Arbeitnehmer durch seine Dienstleistung einen Beitrag zu den Angelegenheiten leistet, bei denen der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat zusammenwirkt bzw. zusammenwirken muß. Es ist deshalb vielleicht kein Zufall, daß Nebel, der sich insoweit am ausführlichsten geäußert hat, 265 die Frage der Einstufung der Tätigkeit des Arbeitnehmer als Beitrag zum dem nach seiner Ansicht bestehenden Betriebsverband mit keinem Wort erwähnt. Demgegenüber will Kessal-Wulf die Dienste des Arbeitnehmers ausdrücklich auf den Verband beziehen und spricht davon, daß der Arbeitnehmer mit seiner geschuldeten Arbeits-(Integrations-)leistung den gemeinsamen Zweck gefördert habe. 266 Allerdings wird das damit zwangsläufig verbundene Modell einer Doppelzuord259 Yg| N e y e [ t Normen des Betriebsverbandes, S. 90. 260 Boysen, Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 182 ff., 200; Kessal-Wulf, Innenverbände, S. 329. Obwohl Galperin und Nebel in ihren Darlegungen die rein schuldrechtliche Komponente des Arbeitsverhältnisses nicht ausdrücklich ansprechen, besteht kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß sie an dessen austauschvertraglichem Charakter festhalten und lediglich eine zusätzliche verbandsrechtliche Beziehung annehmen. 261 RG vom 6.2.1923, RGZ 106, 272, 275 f. 262 RAG vom 20.6.1928, ARS 3, 116, 120 ff. 263 Herschel, ArbR X (1923), Sp. 681, 689 ff.; Potthoff, Arbeitsrecht, S. 105; Sinzheimer, Grundzüge, 2. Aufl., S. 167f.;grds. auch A Hueck, ARS 3, 123, 125. 264 Vgl. § 58 Nr. 2 BGB sowie Reichert, Handbuch, 7. Aufl., Rn. 579. 265 Normen des Betriebsverbandes, S. 89 ff. 266 Innenverbände, S. 331,334.

IV. Verbindung

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nung der Mitarbeit zum Austauschvertrag mit dem Arbeitgeber und zum betrieblichen Verband nicht näher erläutert. Die ausführlichste Stellungnahme zu dieser Problematik findet sich bei Boysen. Nach Boysen ist die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung simultan als Austauschleistung im Rahmen des Arbeitsvertrages und als Beitragsleistung an den Betriebsverband anzusehen. 267 Hintergrund dieser Sichtweise ist zum einen, daß Boysen die gesetzliche Betriebsverfassung nahezu vollständig übergeht und für die Existenz eines Betriebsverbandes ausschließlich an neuere Entwicklungen auf der Ebene der tatsächlichen Organisation betrieblicher Handlungsabläufe anknüpft. Danach ist der Arbeitnehmer zumindest in vielen Unternehmen nicht länger schlichtes Werkzeug in einer strikt hierarchisch gegliederten Arbeitsorganisation („Taylorismus"), sondern in zunehmendem Maße in kooperative Arbeitsstrukturen eingebunden. Die Tätigkeiten von Arbeitnehmern werden in vielen Bereichen in immer stärkerem Umfang im Wege eines eigenverantwortlichen Zusammenwirkens geleistet. 268 Ein derartiger Ansatz legt es nahe, von der im einzelnen Arbeitsverhältnis erbrachten Dienstleistung auszugehen und ihr - neben dem schuldrechtlichen Austauschmoment - zugleich den Charakter eines Beitrages zu einem auf Kooperation gerichteten Betriebsverband zuzuschreiben. Um die Doppelzuordnung dogmatisch abzusichern, entwickelt Boysen zum anderen die Rechtsfigur eines „hybriden" Rechtsverhältnisses, bei dem dieselbe Leistung sowohl einem bilateralen Austauschverhältnis als auch einer multilateralen Verbandsbeziehung zugerechnet werden kann. 269 Diese auf den ersten Blick sehr weitreichenden Aussagen dürfen indes nicht darüber hinwegtäuschen, daß die bislang erörterten Betriebsverbandslehren nur einen begrenzten Stellenwert haben. Wenn der Zweck des betrieblichen Verbandes die wirtschaftlichen Elemente der arbeitsvertraglichen Austauschbeziehung nämlich nur in einzelnen Punkten ergänzt, nicht aber vollständig überlagert, so bedeutet das, daß diese Konzeptionen jedenfalls nicht auf eine echte ökonomische Doppelbewertung der Mitarbeit als Leistung im Rahmen eines Austauschvertrages und als Gesellschaftsbeitrag zur Gewinnerzielung hinauslaufen. Die Betriebsverbandsmodelle belassen es nämlich dabei, daß der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers in seinem Kern ausschließlich dem Gegenseitigkeitsverhältnis verhaftet bleibt, also für sich genommen nicht zugleich in einen kooperationsrechtlichen Kontext eingebunden wird. Im Gegensatz dazu geht die neuere Lehre Reuters einen Schritt weiter. Noch in den achtziger Jahren hat Reuter - entsprechend den soeben erörterten Meinungen - die Ansicht vertreten, daß der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer im Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 227 f., 242. Ausführlich Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 31 ff., 123 ff. Zu den arbeitsorganisatorischen Entwicklungen ferner Zink, FS Fürstenberg, 2. Aufl. (1997), S. 11, 21 ff. Siehe aber auch Schumann, WSI-Mitt. 1997, 217, 226 („Re-Taylorisierung"); einen Trend zur standardisierten Gruppenarbeit diagnostizierend dagegen Springer, WSI-Mitt. 1999, 309, 316 ff. 2 6 9 Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 213 ff. 267

268

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Grundsatz Parteien eines Austauschverhältnisses seien. 270 Allerdings trete zu dieser schuldrechtlichen Beziehung eine Verbandsbeziehung hinzu, so daß der Arbeitnehmer zugleich als Mitglied eines Betriebs- bzw. Arbeitsverbandes anzusehen sei.271 In den neunziger Jahren hat Reuter dann aber zunehmend die austauschrechtliche Komponente in den Hintergrund gedrängt. Nunmehr geht Reuter davon aus, daß das Arbeitsverhältnis im Kern als Verbandsverhältnis zu begreifen sei. 272 Insbesondere enthalte das Arbeitsentgelt zumindest regelmäßig keinerlei synallagmatischen Bestandteile, sondern gehöre insgesamt in die Kategorie der mitgliedschaftlichen Wertrechte. 273 Zwar hält auch Reuter zusätzliche schuldrechtliche Abreden zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auch weiterhin für möglich. 274 Hierbei denkt er indes vor allem an ergänzende schuldvertragliche Regelungen. Wie sich aus dem Verweis auf Baums275 ergibt, geht Reuter insoweit offenbar nicht davon aus, daß es auf diesem Wege zur doppelten Zuordnung der Tätigkeit des Arbeitnehmers zur Verbandsbeziehung und zum Austauschvertrag kommt. Allerdings erwähnt Reuter darüber hinaus die Möglichkeit echter Sonderabreden, die das Verbandsverhältnis vertraglich überlagern sollen. Freilich tritt auch mit dieser Äußerung zumindest nicht hinreichend deutlich hervor, ob derartige Sonderabreden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Folge haben sollen, daß dieselbe Dienstleistung zugleich als Verbandsbeitrag und als Leistung in einem synallagmatischen Vertrag gewertet werden kann. Im übrigen bedeutet die Einbindung des Arbeitsentgelts in die Verbandssphäre auch für Reuter nicht, den Arbeitnehmer in das unternehmerische Handeln des Arbeitgebers zu integrieren und ihn somit in einen Erwerbsgesellschafter zu verwandeln. Vielmehr grenzt er die betriebsverbandliche Dimension ausdrücklich von der Teilhabe auf der unternehmerischen Ebene ab. 276 Demgegenüber scheint Kistler mit seinen Vorstellungen zur Betriebsgemeinschaft auch diese Schwelle überwinden zu wollen, wenn er - zum schweizerischen Arbeitsrecht - die Ansicht vertreten hat, daß das betriebliche Arbeitsverhältnis von gesellschaftsrechtlichen Elementen im Sinne des Art. 530 Abs. 1 O R durchsetzt sei und er dabei ausdrücklich die Möglichkeit andeutet, den Lohn 270

O R D O , Bd. 36 (1985), S. 51, 56 f.; den., Stellung des Arbeitsrechts, S. 24 f. Reuter, O R D O , Bd. 36 (1985), S. 51, 57, 69; den., Stellung des Arbeitsrechts, S. 25 f. Auf die Frage, in w e l c h e m Verhältnis diese Ü b e r l e g u n g e n zu der in einem f r ü h e r e n Beitrag, A c P 179 (1979), 509, 553, vertretenen Sichtweise stehen, d u r c h die U n t e r n e h m e n s m i t b e s t i m m u n g ents t ü n d e n zwischen Anteilseignern u n d A r b e i t n e h m e r n verbandsrechtliche Beziehungen, geht Reuter - soweit ersichtlich - nicht ein. 272 R d A 1991, 193, 196 f.; ders., Z f A 1993, 221, 228 ff.; den., R d A 1994, 152, 157; ders., O R D O , Bd. 48 (1997), S. 437, 452. 273 Z f A 1993, 221, 231. D a m i t begibt sich Reuter in einen diametralen Gegensatz zu seiner f r ü h e r e n Position (in: Stellung des Arbeitsrechts, S. 26), nach der die wirtschaftlichen Beziehungen ausschließlich im Gläubiger-Schuldner-Verhältnis zwischen A r b e i t n e h m e r u n d Arbeitgeber verbleiben. 274 Z f A 1993, 221, 229 f. 275 Geschäftsleitervertrag, S. 54 ff.; siehe d a z u o b e n sub 1 b. 276 Reuter, Z f A 1993, 221,228. 271

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nicht als vertragliche Gegenleistung, sondern - offenbar zugleich - als Gewinnanteil einzustufen. 277 Allerdings sind die Darlegungen von Kistler in rechtsdogmatischer Hinsicht zu wenig faßbar, um darauf die Statthaftigkeit der wirtschaftlichen Doppelzurechnung einer Mitarbeit zu stützen. Trotz aller Unterschiede im einzelnen sind sich die Betriebsverbandslehren - zumindest mit Ausnahme des soeben erwähnten Ansatzes von Kistler - somit im Ergebnis darin einig, daß sie nicht auf eine mitunternehmerische Stellung des Arbeitnehmers hinauslaufen. Es geht ihnen lediglich um eine Anreicherung des Arbeitsverhältnisses durch verbandsrechtliche Elemente bzw. um eine Einstufung als reine Verbandsbeziehung. Dagegen wird nicht der Versuch unternommen, den Betriebsverband einer der herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Rechtsformen - etwa dem nichtrechtsfähigen Verein - zuzuordnen. Vielmehr wird die Existenz eines Innenverbandes postuliert, der außerhalb des eigentlichen Gesellschaftsrechts steht 278 und deshalb nicht dazu führt, daß der Arbeitnehmer zum Gesellschafter im engen Sinne des Gesellschaftsrechts mutiert. 279 Nach alledem setzen die Verfechter betriebsverbandlicher Vorstellungen zwar mehrheitlich die prinzipielle Möglichkeit voraus, daß dieselbe Mitarbeit gleichzeitig Teil eines Austauschvertrages und einer kooperationsrechtlichen Beziehung sein kann. Ihre Überlegungen enthalten aber keine Argumentationshilfe für die Frage, ob es auch zulässig ist, Arbeitskraft kumulativ nach austausch- und gesellschaftsvertraglichen Grundsätzen zu entgelten und damit gegebenenfalls divergierende Risikozurechnungsregeln zu kombinieren. bb)

Unternehmensverbandstheorien

An zweiter Stelle sollen die Überlegungen näher betrachtet werden, die unabhängig von der durch den Gesetzgeber geschaffenen unternehmerischen Mitbestimmung um die Vorstellung einer Mitgliedschaft von Arbeitnehmern in einem wie auch immer gearteten Unternehmensverband kreisen. Dabei muß das Untersuchungsziel streng im Auge behalten werden. Die allgemeine Frage nach der Stellung der Arbeitnehmer im Unternehmen sowie die damit verwobene Thematik von Begriff und Inhalt des Unternehmens 2 8 0 und des Unternehmensrechts einschließlich des Verhältnisses zum Gesellschaftsrecht ist nämlich Gegenstand ei-

277

Betriebsgemeinschaft, S. 62, 66 ff. Dies zeigt sich etwa daran, daß K. Schmidt in seinem u m f a s s e n d e n L e h r b u c h des Gesellschaftsrechts d e n Betriebsverband nicht einmal e r w ä h n t . 279 Vgl. Kessal-Wulf, I n n e n v e r b ä n d e , die die A b g r e n z u n g s f r a g e i m m e r h i n anspricht u n d d a z u äußert, daß m a n sich v o m „rein gesellschaftsrechtlichen Verständnis des Verbandsbegriffs" lösen müsse (S. 321) bzw. sich der Betriebsverband „außerhalb des eigentlichen gesellschaftsrechtlichen Verständnisses" befinde (S. 498). 280 Siehe etwa die r ü c k w ä r t i g e Verbindungslinie zwischen der M i t b e s t i m m u n g der A r b e i t n e h m e r u n d der in der z w a n z i g e r J a h r e n v o n Haussmann entwickelten Lehre v o m „ U n t e r n e h m e n an sich"; d a z u Raisch, U n t e r n e h m e n s r e c h t 2, S. 80 ff.; Riechers, D a s , U n t e r n e h m e n an sich', S. 172 ff. 278

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nes kaum noch zu überschauenden Schrifttums 281 . Im vorliegenden Zusammenhang geht es nur darum, welche Einzelaussagen sich der Debatte über die Existenz eines Unternehmensverbandes für das Problem der Doppelzuordnung einer Tätigkeit entnehmen lassen. Nachdem schon Fechner - wenn auch unter dem Aspekt der Aktionärspflichten - vom Unternehmen als einer zu einem bestimmten wirtschaftlichen Zweck organisierten Gruppe von Menschen gesprochen hat, 282 haben in erster Linie Raiser283 und Ott 2 8 4 vor dem Hintergrund organisationssoziologischer Befunde das Unternehmen als eine Organisation begriffen, zu dessen Mitgliedern auch die Arbeitnehmer gehören. Wie bereits erwähnt, hat die These vom Unternehmen als einem die Arbeitnehmer einbeziehenden Sozialverband eine Reihe von Anhängern gefunden, während sie vom überwiegenden Schrifttum zurückgewiesen worden ist. 285 Auch wenn die aktuelle Diskussion mittlerweile nahezu verstummt ist, 286 erscheint es doch sinnvoll, die auf die grundsätzliche Stellung der Arbeitnehmer in der Unternehmensordnung abzielende Sozialverbandsidee auf ihre Ergiebigkeit für den hier interessierenden Aspekt abzuklopfen. Hierfür soll an dieser Stelle lediglich der Aussagekraft der Sozialverbandslehre als solcher nachgegangen werden. Etwaige aus den gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen abzuleitende Schlüsse werden dagegen erst anschließend thematisiert. 287 Die Vertreter der These vom Sozialverband haben der Frage nach der konkreten rechtsdogmatischen Zuordnung der Dienstleistung des einzelnen Arbeitnehmers nur geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Für Ott geht es von vornherein lediglich darum, die Beteiligung der Arbeitnehmer an der corporate governance zu untermauern und auch der Belegschaft mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte zu verschaffen. 288 Von vermögensrechtlichen Aspekten wie auch der Frage einer Risikogemeinschaft ist dagegen nicht die Rede. Kunze hält es für vorstellbar, den Unternehmensverband rechtlich in dem Sinne zu verselbständigen, daß er einen nichtrechtsfähigen Verein bildet, der aus den Anteilseignern und den Arbeitnehmern gebildet wird. 289 Die Leitung dieses Verbandes erfolge durch ein Unternehmensorgan. Das Unternehmensvermögen verbleibe rechtlich beim Anteilseigner2 8 1 Weiterführend vor allem Beierstedt, FS Duden (1977), S. 15 ff.; Duden, FS Schilling (1973), S. 309 ff.; Kunze, FS Duden (1977), S.201 ff.; ders., Z H R 144 (1980), 100, 102 ff.; Raiser, FS R. Fischer (1979), S. 561 ff.; Reinhardt, FS Hanmann (1976), S. 213 ff.; Wiedemann, FS R. Fischer (1979), S. 883, 884 ff. Aus jüngerer Zeit Semler, FS Raisch (1995), S. 291 ff. 282 Treubindungen des Aktionärs, S. 67. 2 8 3 Unternehmen als Organisation, S. 153 ff.; siehe auch ders., B B 1977, 1461, 1462; ders.,]Z 1979, 489, 495; ders., FS R. Fischer (1979), S. 561, 565. 2 8 4 Unternehmenskorporation, S. 116 ff. 2 8 5 Siehe dazu oben sub III 1 mit umfassenden Nachweisen pro et contra in den Fn. 107 u. 108 einerseits sowie Fn. 114 andererseits. 2 8 6 Siehe aber Semler, FS Raisch (1995), S. 291, 304 ff. 2 8 7 Siehe sogleich sub cc. 2 8 8 Unternehmenskorporation, S. 116 ff.; siehe auch S. 202 ff. (Mitbestimmung als Beitrag zur Legitimation wirtschaftlicher Macht). 2 8 9 FS Duden (1977), S.201, 218 ff.

IV. Verbindung

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und Austauschbeziehung

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verband und werde dem Unternehmensverband lediglich „gewidmet". 290 Der einzelne Arbeitnehmer wird also vermögensrechtlich weder an der Substanz noch unmittelbar am Ertrag beteiligt. Zur rechtlichen Grundlage der Tätigkeit des Beschäftigten finden sich bei Kunze keine Äußerungen. In Betracht käme ein echtes austauschrechtliches Drittgeschäft mit dem Unternehmensverband. Dies würde allerdings dazu führen, daß der Arbeitnehmer keinen mitgliedschaftlichen Beitrag leisten würde. Man könnte dieses Modell deshalb dahin zu Ende denken, daß die Mitarbeit des Arbeitnehmers als eine Leistung aufgefaßt wird, die innerhalb eines Austauschverhältnisses erbracht wird und zugleich im Sinne der oben erläuterten Konzeptionen 291 einen Beitrag auf vereinsrechtlicher Grundlage darstellt. Am weitesten gehen die Überlegungen von Raiser, der sich zumindest ursprünglich 292 dafür ausgesprochen hat, den Unternehmensverband in Richtung auf eine juristische Person zu entwickeln. 293 In der Konsequenz dieses für das geltende Recht aber offenbar noch nicht propagierten Gedankens 294 läge der Ubergang des Unternehmensvermögens auf den Unternehmensverband. 295 Dies hätte an sich eine Beteiligung der Arbeitnehmer an Substanz und Residualertrag des Unternehmens allein aufgrund ihrer Mitarbeit zur Folge. Verbindet man eine solche Sicht mit dem Fortbestand der Festvergütung für die geleistete Arbeit, die für Raiser offenbar keine Probleme mit sich bringt, 296 so gelangt man wiederum zu einer rechtlichen Doppelzuordnung der Tätigkeit zu einem Austauschvertrag und einer korporationsrechtlichen Beziehung. Eine solche Betrachtungsweise ist freilich nicht zwingend. Mit dem Modell durchaus vereinbar wäre es nämlich, den Arbeitnehmern nur formal einen vermögensrechtlichen Mitgliederstatus zuzuerkennen und Substanz und Ertrag den Anteilseignern vorzubehalten. 297 Eine ähnlich zurückhaltende Tendenz verfolgt Raiser bei späteren Darlegungen, die sich auf das Einzelarbeitsverhältnis aus organisationssoziologischer Sicht bezieZum Modell siehe auch Duden, FS Schilling (1973), S. 309, 314. Siehe oben sub aa. 292 Zurückhaltend später Raiser, FS R. Fischer (1979), S. 561, 567: „wenigstens de lege ferenda"; siehe auch S. 571 f., wo sich Raiser an das von Duden, FS Schilling (1973), S. 309, 314, beschriebene Modell anlehnt, nach dem die Anteilseignergesellschaft weiterhin den Rahmen für die Unternehmensführung bildet und sich lediglich durch Hinzutreten der Arbeitnehmer als Mitglieder sui generis zum Unternehmen erweitere; ferner ders., J Z 1979, 489, 495 f. 293 Unternehmen als Organisation, S. 166 ff. Den Zusammenhang mit v. Gierkes Theorie der realen Verbandspersönlichkeit hervorhebend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 16 IV 1 b, S. 485. Für eine Einordnung des Unternehmens als Rechtssubjekt nunmehr auch Semler, FS Raisch (1995), S.291, 306 f., der aber für eine anstaltliche Deutung eintritt, so daß sich mangels mitgliedschaftlicher Struktur die Frage nach einer Simultanzuordnung erübrigt. 294 So auch die Interpretation von Rittner, J Z 1979, 743, 745; Schmidt-Leithoff, Unternehmensleitung, S. 142; demgegenüber wird vielfach angenommen, daß Raiser bereits de lege lata vom Unternehmen als juristischer Person ausgehe; vgl. Bydlinski, System, S. 487; Flume, FS Beitzke (1979), S.43, 55; Schilling, Z H R 144 (1980), 136, 141; Ulmer, Einfluß des Mitbestimmungsgesetzes, S. 17 f. 295 So auch die Folgerung von Kunze, FS Duden (1977), S. 201, 226. 2 9 6 Unternehmen als Organisation, S. 155. 2 9 7 Vgl. Kunze, FS Duden (1977), S. 201, 227. 290 291

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5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

hen. 298 Hierbei rückt Raiser zwar einige arbeitsrechtliche Fragen in ein anderes Licht. Das Problem der doppelten Zurechnung einer Mitarbeit wird hingegen nicht thematisiert. Aus den Sozialverbandslehren lassen sich nach alledem keine zusätzlichen Aspekte zugunsten der Möglichkeit einer simultanen Charakterisierung der Tätigkeit des Arbeitnehmers als Leistung innerhalb eines Austauschvertrages und als mitgliedschaftlicher Beitrag herleiten. Sie beschränken sich vielmehr darauf, das mit Mitgliedschaften grundsätzlich verbundene Element der Mitverwaltung 299 näher zu entfalten. 300 Darüber hinaus wird regelmäßig betont, daß mit der soziologischen Charakterisierung des Unternehmens als Sozialverband noch keine normativen Aussagen über das genauen Inhalt des geltenden Recht verbunden seien. 301 Es gehe lediglich um rechtspolitische Forderungen für die Gestaltung der - gesetzlichen - Unternehmensverfassung. 302 Der Sozialverband sei nach gegenwärtigem Recht noch kein Verband im Rechtssinne. 303 Dementsprechend erlaube die organisationssoziologische Einstufung des einzelnen Arbeitsverhältnisses als Mitgliedschaft keine zwingenden Folgerungen für die Frage der vermögensrechtlichen Beziehungen der Arbeitnehmer zum Unternehmen. 304 Für den vorliegenden Kontext bedeutet dies, daß die Konzeptionen vom Unternehmensverband zur Abrundung beitragen, für die Qualifikation und Behandlung von Grenzfällen auf der Grundlage der lex lata aber wenig weiterhelfen. 305 cc) Folgen der unternehmerischen

Mitbestimmung

Ein weiterer Argumentationsstrang wird mit den Überlegungen angesprochen, die sich auf die Folgen der unternehmerischen Mitbestimmung beziehen. Anders als bei den soeben geschilderten Ansätzen bildet nicht die Einstufung des Unternehmens als Sozialverband das Ausgangsdatum. Vielmehr geht es um die Frage, welche Auswirkungen gesetzliche Regelungen über die Unternehmensmitbestimmung auf das Einzelarbeitsverhältnis haben. Allerdings sollen die einschlägigen Stellungnahmen - entsprechend den vorausgegangenen Erörterungen - nur ZRP 1973,13 ff. Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §21 I u. II, S. 602 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II, S. 366. 300 p ß r e j n e _ n u r noch sozial theoretisch faßbare - Organisationsmitgliedschaft ohne Mitverfügungsrechte und Residualeinkommen Vanberg, Jb. f. N P Ö , Bd. 1 (1982), 276, 288 f. 301 Kunze, Z H R 144 (1980), 100,111; Raiser, J Z 1979, 489, 495 f.; in diesem Sinne auch Schilling, Z H R 144 (1980), 136, 144. Zur prinzipiellen Problematik einer Anreicherung der Rechtsdogmatik durch soziologische Theorien eingehend Heldrich, AcP 186 (1986), 74, 101 ff. 302 Kunze, Z H R 144 (1980), 100,106 ff. Grundrechtlich argumentierend aber Raiser, J Z 1979, 489, 495 f. 303 Kunze, FS Duden (1977), 201, 206. 304 Raiser, Z R P 1973, 13, 18 f. Zur Position Raisers siehe aber auch noch sub cc. 3 0 5 Den mageren Ertrag für die Rechtsanwendung hervorhebend bereits Ballerstedt, ZHR 134 (1970), 251,255; siehe ferner Reichold, Betriebsverfassung als Sozialprivatrecht, S. 539: „privatrechtsdogmatisch wenig ergiebig". 298

299

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

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daraufhin durchgemustert werden, ob sie eine echte D o p p e l z u o r d n u n g der Tätigkeit des Arbeitnehmers implizieren u n d aus diesem Grunde etwas zur eingangs aufgeworfenen Frage nach der Statthaftigkeit der simultanen Q u a l i f i k a t i o n einer Mitarbeit als gesellschafterlicher Beitrag und als austauschvertragliche Leistung beisteuern können. Die inhaltliche Berechtigung der verschiedenen Vorstellungen über eine M o d i f i k a t i o n von Arbeitsverhältnissen in - gesetzlich - mitbestimmten U n t e r n e h m e n liegt demgegenüber außerhalb des Untersuchungsgegenstandes dieser Studie. 3 0 6 Im Lager derjenigen, nach deren Ansicht die unternehmerische Mitbestimmung durch Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat überhaupt zu einer Veränderung der Rechtsstellung der einzelnen Arbeitnehmer führt, findet sich ein breitgefächertes Meinungsspektrum. Auf der einen Seite stößt man auf ältere literarische Ansätze, die sich darauf beschränken, für den Montanbereich eine Modifikation der Betriebsrisikolehre 3 0 7 zu Lasten der Arbeitnehmerseite zu fordern. 3 0 8 A m anderen Ende der Skala sind die Positionen von G. Müller und Löwisch angesiedelt, die im Vorfeld des MitbestG 1976 die Auffassung vertreten haben, daß eine paritätische Mitbestimmung die Arbeitnehmer zu Mitunternehmern mache 3 0 9 bzw. das Arbeitsverhältnis in eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung am U n t e r n e h m e n umschlage 3 1 0 . Beide Sichtweisen helfen an dieser Stelle freilich nicht weiter, weil sie entweder bei der arbeitsrechtlichen Q u a l i f i k a t i o n einer Tätigkeit stehenbleiben oder umgekehrt offenbar eine U m w a n d l u n g in ein reines Beteiligungsverhältnis annehmen, also gerade nicht für eine M i s c h f o r m plädieren. Es finden sich allerdings auch Stimmen, die auf eine Ü b e r l a g e r u n g von Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis hindeuten. So ordnet Blanke dem Arbeitnehmer die Rolle als Anbieter auf dem Arbeitsmarkt und in den mitbestimmten U n t e r n e h m e n zugleich die Rolle als wirtschaftlicher Produzent zu. 3 1 1 Buchner spricht davon, daß der C h a r a k t e r des Arbeitsverhältnisses durch eine paritätische M i t b e s t i m m u n g mehr gesellschaftsrechtliche Züge aufnehmen werde. 3 1 2 Bei Enschiu u n d Marie«s 3 1 4 ist im Zusammenhang mit der Stellung der Arbeitnehmer unter dem R e gime des MitbestG von 1976 von einem mitgliedschaftsähnlichen Status die Rede. 3 1 5 Raiser meint, daß das MitbestG dazu zwinge, dem Arbeitsverhältnis gesellschafts- oder verbandsrechtliche M e r k m a l e zuzuerkennen. 3 1 6 Bei Reuter 3 0 6 Siehe aber auch noch unten suh § 6 V 1 b aa (1) (b) (bb) (bbb), zu partnerschaftlicher U n ternehmensverfassungen auf f r e i w i l l i g e r Grundlage. 3 0 7 N u n m e h r geregelt in § 615 S. 3 i. V. m. S. 1 B G B . 3 0 8 Vgl. Kauffmann, R d A 1952, 448, 453 f.; Koenigs, DB 1951, 897 f. 309 G. Müller, D B 1969, 1794. 310 Löwisch, in: Böhm/Briefs (Hrsg.), M i t b e s t i m m u n g , S. 131, 140. 311 K J 1995, 1 2 , 2 1 f. 3 1 2 Z f A 1974, 147, 178. 3 1 3 Institutionelle M i t b e s t i m m u n g , S. 102. 3 1 4 Z G R 1979, 493, 510. 3 1 5 S c h w ä c h e r Kunze, Z H R 144 (1980), 100, 121: „fiktive U n t e r n e h m e n s m i t g l i e d e r " . Siehe aber auch BVerfG v o m 1.3.1979, BVerfGE 50, 290, 355 f.: N i c h t m i t g l i e d s c h a f t . 3 1 6 M i t b e s t G , 3. A u f l . , Einl. Rn. 60. Seine früheren (oben sub bb e r w ä h n t e n ) organisa-

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5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

heißt es in einer - allerdings vor seinen neueren Überlegungen zum Betriebsverband 3 1 7 erschienenen - Analyse zum Einfluß der Mitbestimmung auf das Arbeitsrecht, daß die unternehmerische Mitbestimmung verbandsrechtliche Beziehungen zwischen Anteilseigner und Arbeitnehmern begründe. 3 1 8 Dabei lassen die weiteren Ausführungen 3 1 9 erkennen, daß es Reuter insoweit um eine Ergänzung, nicht aber um eine Ersetzung der herkömmlichen Einstufung des Arbeitsverhältnisses geht. Wank ist der Ansicht, daß der Mitarbeiter als Arbeitnehmer mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag zu definieren sei. 3 2 0 Zöllner schließlich steht einer veränderten Qualifikation der Position des Arbeitnehmers unter alleiniger Berufung auf die gegenwärtige Ausformung der Unternehmensmitbestimmung zwar skeptisch gegenüber. 3 2 1 Indes hat er sich schon mehrfach positiv zu einem künftigen Ausbau der mitgliedschaftlichen Stellung von Arbeitnehmern in Unternehmen geäußert. 322 Der Debatte um Folgen der unternehmerischen Mitbestimmung für das Einzelarbeitsverhältnis lassen sich somit zwar keine ausgereiften Konzepte entnehmen. Sie enthält aber in einer sehr viel deutlicheren Weise als die Sozialverbandslehren die Tendenz, die Möglichkeit der Doppelzurechnung einer Tätigkeit auf ein Arbeitsverhältnis und eine auch den unternehmerischen Bereich erfassende gesellschaftsrechtliche Beziehung anzuerkennen. dd) Vermögensrechtliche

Arbeitnehmerbeteiligung

Ein weiterer Teil der in diesem Zusammenhang näher zu betrachtenden Darlegungen entstammt der Diskussion um die vermögensrechtliche Mitarbeiterbeteiligung, die mit den soeben erörterten, sich auf die Unternehmensverfassung beziehenden Ansätzen freilich eng verzahnt ist. Dabei sind an dieser Stelle vor allem diejenigen Überlegungen von Interesse, die sich für die Zulässigkeit einer tätigkeitsbezogenen Mitarbeiterbeteiligung in den herkömmlichen Formen des Gesellschaftsrechts 3 2 3 aussprechen. In diese Rubrik gehören zunächst diejenigen Ansichten, nach denen es grundsätzlich möglich sein soll, eine Tätigkeit als Leistung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses und zugleich als Beitrag zu einer stillen Gesellschaft zu werten. 3 2 4 Hierbei ist tionssoziologischen Stellungnahmen (in: Unternehmen als Organisation, S. 153 ff., ders., Z R P 1973, 13, 18 f.), stuft Kaiser, aaO., Fn. 115, als „theoretischen A n s a t z " ein. 3 1 7 Siehe dazu oben sub aa. 3 1 8 A c P 179(1979), 509, 553. 3 1 9 A c P 179(1979), 509, 555 ff. 3 2 0 Arbeitnehmer und Selbständige, S. 367 ff. 3 2 1 F S 25 Jahre B A G (1979), S. 745, 758 f.; so bereits ders., R d A 1969, 65, 66 ff. 3 2 2 Vgl. Zöllner, F S 25 Jahre B A G (1979), S. 745, 759, 763 ff.; ders., A G 1981, 13, 20 f.; ders., Z f A 1988, 2 6 5 , 2 8 9 f. 3 2 3 Siehe dazu oben sub II. 3 2 4 Vgl .Horn, Z G R 1974, 133, 149 f.; ders., in: H e y m a n n , H G B , 2. Aufl., § 2 3 0 Rn. 17; Iber, R d A 1973, 303, 304 ff.; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 65; Reinhardt, F S N i p p e r d e y (1955), S. 235, 246 f.

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

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nicht von einem einzigen, aus verschiedenen Elementen gemischten Rechtsverhältnis die Rede. Statt dessen soll eine echte Simultanzurechnung zu zwei separaten Rechtsverhältnissen, eben einem austauschvertraglichen und einem kooperationsrechtlichen Verhältnis, erfolgen. Damit unterscheiden sich die hier thematisierten Ansätze von der noch zu erläuternden 325 Vorstellung eines einheitlichen gemischttypischen Beschäftigungsverhältnisses. Nähere Ausführungen über das mit diesem Modell verbundene Problem, eine Mitarbeit gleichzeitig zwei verschiedenartigen rechtlichen Formen zuzuordnen, finden sich allerdings nicht. Vergleichbares gilt für die inhaltlich verwandten Überlegungen von Wagner, der sich mit der Kommanditgesellschaft als Instrument der Mitarbeiterbeteiligung auseinandergesetzt hat. Nach Wagner ist es möglich, daß ein als Arbeitnehmer Beschäftigter nachträglich die Pflicht übernimmt, seine Dienstleistung zugleich als Gesellschafterbeitrag zu erbringen. 326 Aus dem Umstand, daß Wagner das Arbeitsverhältnis nach arbeitsvertraglichen Grundsätzen abwickeln will, während für die gesellschaftsvertragliche Beitragspflicht zur Mitarbeit Gesellschaftsrecht gelten soll, 327 ist zu schließen, daß es für ihn ebenfalls um eine Doppelzurechnung der Tätigkeit als solcher geht. 328 Die mit dieser Konzeption verbundene simultane Zuordnung derselben Dienstleistung zu zwei unterschiedlichen rechtlichen Grundformen stellt auch für Wagner offenbar kein Problem dar. Auf eine zumindest in einem gewissen Umfange bestehende Doppelzuordnung der Mitarbeit laufen auch die manchen Partnerschaftskonzeptionen zugrunde liegenden Vertragsgestaltungen hinaus. Zwar ist das Spindler-Modell 329 , das hier als charakteristisches Beispiel dienen soll, rechtlich überwiegend dahin gedeutet worden, daß die Grundlage der partnerschaftlichen Beteiligung nicht in der Arbeitsleistung als solcher, sondern in einer durch Gewinnanteile sukzessive gedeckten Kapitaleinlage bestanden hat. 330 Auch wenn es nach dieser Lesart bei einer derartigen Ausformung der Rechtsbeziehungen somit grundsätzlich nur zu einem Nebeneinander von Arbeitsvertrag und „Mitunternehmervertrag" als einer atypischen stillen Gesellschaft kommt, darf nicht übersehen werden, daß jedenfalls der Spindlersche „Mitunternehmervertrag" zusätzlich eine Tätigkeitspflicht enthielt. Danach sollte der „Mitunternehmer" bei der Lösung auch solcher Aufgaben mit Rat und Tat mitwirken, die über seinen eigentlichen Aufgabenbereich

Siehe dazu sogleich sub ee. Massenkommanditgesellschaft, S. 179 f., 392. 3 2 7 Massenkommanditgesellschaft, S. 179 f. 3 2 8 Ebenso die Deutung durch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 307. 3 2 9 Siehe dazu bereits oben § 1 II 4. 330 Beuter, Rechtsformen der Beteiligung, S. 81 ff., 87 ff., v. Knorre, Stellung eines Partners, S. 33 ff.; anders aber Mac Lean of Coli, AGP-Mitteilungen 1953, Nr. 4, S. 3; Noppeney, D B 1976, 578, 580; in diese Richtung offenbar auch Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 12 f., wenn er davon spricht, daß das als stille Gesellschaft interpretierte Partnerschaftsverhältnis mit dem Arbeitsverhältnis „eng verknüpft" sei; für eine Qualifikation als bloßes partiarisches Arbeitsverhältnis Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 40 Fn. 130. 325 326

96

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

hinausgehen.331 Man kann dies im Sinne einer säuberlichen Trennung zwischen arbeitsvertraglicher und „mitunternehmerischer" Dienstleistungspflicht verstehen. Näher liegt es jedoch, daß damit neben der Erledigung von Aufgaben jenseits des Arbeitsvertrages auch der reibungslose Ablauf der unmittelbar den Gegenstand des Arbeitsvertrages bildenden Tätigkeit gemeint gewesen ist.332 Auf diese Weise wird mindestens die der Beseitigung von Störungen dienende Tätigkeit sowohl dem Arbeitsvertrag als auch dem stillen Gesellschaftsverhältnis zugeordnet. Darüber hinaus sind die eingangs333 bereits erwähnten Modelle in Erinnerung zu rufen, mit denen jenseits der traditionellen gesellschaftsrechtlichen Formen der Weg für eine Verbindung von Arbeitnehmerstatus und der Investition von Arbeit geebnet werden soll. So hat die Unternehmensrechtskommission über eine Konzeption debattiert, nach der die Arbeitnehmer durch das schlichte Zurverfügungstellen ihrer Arbeitskraft ohne Kapitaleinlage Mitglieder des Unternehmensverbandes werden und als solche an unternehmerischen Entscheidungen sowie am Gewinn beteiligt werden. 334 Die Folge bestehe in einer Doppelstellung des Beschäftigten als Arbeitnehmer und Unternehmensmitglied. 335 Allerdings waren diese Vorstellungen, hinter denen man unschwer die Sozialverbandslehre erkennen kann, innerhalb der Kommission umstritten, 336 wobei gerade auch die Position des einzelnen Arbeitnehmers moniert wurde 337 . Des weiteren würde das von Engels338 und Steinbrenner'7'9 entwickelte Konzept einer Arbeitspartizipation ebenfalls zu einer Kombination von Arbeitnehmerstellung mit einer auf der Tätigkeit 340 beruhenden Mitgliedschaft in der Unternehmensträgergesellschaft führen. Danach würde der einzelne Mitarbeiter einerseits ein festes Entgelt beziehen, andererseits in einem gewissen Umfange sowohl am Gewinn als auch am Risiko des Unternehmens teilhaben. Auf eine solche Doppelzuordnung läuft auch

Ziff. I 1 Abs. 4 S . 2 Mitunternehmervertrag (Fassung vom 1.1.1966; abgedruckt bei v. Stellung eines Partners, Anhang, S. 1 ff.). 332 So wohl auch v. Knorre, Stellung eines Partners, S. 54 f., 121, der auf die damit verbundenen dogmatischen Fragen allerdings nicht eingeht. 333 Siehe oben sub § 1 II 4. 334 Bericht, Rn. 954 ff. 335 Vgl. insbesondere Bericht, Rn. 955. 336 Siehe Bericht, Rn. 961 ff. 337 Bericht, Rn. 965: „schwer zu definierende Mischstellung." 338 Die Aussprache 1971, Heft 5/6, S. 5, 8 f.; ders., in: Horn (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S.4, 11 ff. 339 Arbeitsorientierte Unternehmensverfassung, S. 85 ff.; siehe auch Steinbrenner/Wenkebach, in: Horn (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 19, 27 ff. 3 4 0 Ebenso die Einordnung durch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, B d . I , §11 V 1 a, S. 640. Siehe aber auch Horn, in: ders. (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 66, 82, der aus der von Engels und Steinbrenner im Rahmen der technischen Ausgestaltung ihres Modells in den Mittelpunkt gestellten Haftungszusage des Arbeitnehmers, in einer bestimmten Höhe für etwaige Unternehmensverluste zu haften, folgert, daß der Arbeitnehmer damit einem Gesellschafter mit nicht eingezahlter Kapitaleinlage gleichstehe. 331

Knorre,

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbezichung

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die französische société anonyme à participation ouvrière341 hinaus, die den Beschäftigten kraft ihrer Arbeitnehmerposition zugleich die Stellung von Arbeitsaktionären verschafft, 3 4 2 die im Wirtschaftsleben aber keine praktische Bedeutung gewinnen konnte 3 4 3 . Gleiches gilt f ü r die Arbeitsaktien im liechtensteinischen Aktienrecht. 3 4 4 Allerdings setzen diese Modelle ausgesprochen oder unausgesprochen eine gesetzliche Rahmenregelung voraus 3 4 5 u n d sollen deshalb nicht näher verfolgt werden. Demgegenüber bewegt sich Vollmer mit seiner K o n zeption einer partnerschaftlichen Unternehmensverfassung nach seiner Einschätzung n o c h auf der Grundlage des geltenden Rechts. 3 4 6 Hierbei soll neben unternehmensbezogenen Mitwirkungsrechten der Gesamtbelegschaft eine Teilhabe am U n t e r n e h m e n s g e w i n n gerade an die Eigenschaft als Arbeitnehmer a n k n ü p fen. 3 4 7 D e r einzelne Beschäftigte hat damit infolge seiner Tätigkeit sowohl eine Arbeitnehmerstellung als auch eine mitgliedschaftliche Position inne. N u r noch von rechtshistorischer Bedeutung sind die Vorstellungen, die Herzfeld z u m B R G von 1920 entwickelt hat. Danach sollten die Arbeitnehmer eines Betriebes eine Betriebsgenossenschaft bzw. eine „Kommanditgesellschaft auf Arbeit" darstellen. 3 4 8 Diese Betriebsgenossenschaft trete dem Arbeitgeber gegenüber, 3 4 9 so daß dieses Modell an sich in den hier nicht näher zu behandelnden Bereich der horizontalen Verbandsbeziehungen gehört. Zugleich sah Herzfeld den einzelnen Arbeitnehmer aber als „Mitverdiener" hinsichtlich der durch seine „Arbeitseinlage" im Betrieb geschaffenen Werte an, wobei sich das Gesamtentgelt aus dem L o h n u n d einem „Kapitalanteil" zusammensetze, der sich nach seiner Ansicht aus den Regelungen über eine Entschädigung bei einem Ausscheiden aus dem Betrieb infolge einer an sich unberechtigten Kündigung (§ 84 ff. B R G ) ergebe. 3 5 0 A n h a n d der vermögensrechtlichen Aspekte wird deutlich, daß es Herzfeld durchaus u m eine den Arbeitgeber gerade insoweit einbeziehende verbandliche Struktur ging. A u c h w e n n Herzfeld die seinem Modell zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen nicht näher erläutert hat, scheint er d o c h die 341

L. v o m 26.4.1917 u n d L. v o m 8.7.1977 = Art. 225-258 ff. L. v o m 15.5.2001. Die Arbeitsaktien („actions de travail") stehen allerdings nicht d e m einzelnen A r b e i t n e h mer zu, s o n d e r n der zu einer G e n o s s e n s c h a f t zusammengeschlossenen Belegschaft; Einzelheiten bei Leistner, A G 1976, 122, 124 ff. 343 Vgl. Gravenstein, Französisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 4; Leistner, A G 1976, 122, 124; Sonnenberger, Französisches H a n d e l s - u n d Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., Rn. III 59, S. 131. 344 Siehe dazu Batliner, A G 1970, 9, 10 ff. 345 Z w a r ä u ß e r n sich Engels u n d Steinbrenner selbst nicht o d e r n u r sehr undeutlich z u r Frage, ob ihr Modell ein Eingreifen des Gesetzgebers e r f o r d e r t . D a sich die A r b e i t s p a r t i z i p a t i o n mit ihren intendierten Einzelausprägungen aber nicht m e h r in die R e c h t s f o r m einer - atypischen stillen Gesellschaft fassen läßt, w ä r e n gesetzgeberische M a ß n a h m e n unumgänglich; vgl. Horn, in: ders. (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 66, 105 ff. Siehe auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 V 1 a, S. 640, der die Arbeitspartizipation ebenfalls zu den R e f o r m m o d e l l e n zählt. 346 Abi. aber Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 I 2 b, S. 304 f. 347 Vollmer, U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g e n , S. 29, 36 ff. 348 A r b R X I I I (1921), S. 139. 349 A r b R X I I I (1921), S. 139, 140. 350 A r b R X I I I (1921), S. 139, 143 f. 342

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§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

Vorstellung gehegt zu haben, daß dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einerseits ein Entgeltanspruch zusteht und er hierdurch andererseits zugleich einen Kapitalanteil erwirbt. 351 Diese insgesamt freilich eher diffuse Sichtweise würde wiederum auf eine doppelte erwerbswirtschaftliche Zuordnung derselben Dienstleistung hinauslaufen. Ohne an dieser Stelle schon auf die Uberzeugungskraft der einzelnen Ansätze eingehen zu wollen, ist überschlägig zu konstatieren, daß die anfangs beschriebene strikte Trennung zwischen Austausch- und Gesellschaftsverhältnis auch aus der Perspektive der vermögensrechtlichen Mitarbeiterbeteiligung immer wieder Angriffen ausgesetzt ist. ee) Gemischttypisches

Mitarbeiterverhältnis

Schon mehrere Autoren haben im Zusammenhang mit der Frage der zusätzlichen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung eines Arbeitnehmers die Rechtsfigur des gemischten Vertrages ins Spiel gebracht. Insoweit ging es allerdings häufig nur um die rechtliche Einstufung einer Kombination von Arbeitsvertrag und tätigkeitsunabhängiger Gesellschafterstellung. 352 Deutlich wird dies etwa bei Dahns, der lediglich die Konstellation erörtert, daß ein Arbeitnehmer aufgrund einer Kapitalbeteiligung gleichzeitig die Stellung eines Kommanditisten einnimmt. 353 Wenn Dahns sich gleichwohl gegen die Vorstellung getrennter Verträge wendet und meint, daß sich der Arbeitnehmerkommanditist in einer Zwitterstellung befinde, auf dessen Rechtsverhältnis je nach Gewicht des einzelnen Anspruchs und Interessenlage sowohl arbeits- als auch gesellschaftsrechtliche Bestimmungen zur Anwendung kämen, so trägt dies zum Problem der Doppelqualifikation der Tätigkeitspflicht als solcher nichts bei. Demgegenüber finden sich bei Adomeit ergiebigere Aussagen zur Rechtsfigur des gemischttypischen Mitarbeiterverhältnisses. Nach Adomeit ist bereits das typische Arbeitsverhältnis als ein aus Elementen des Dienstvertrages und der B G B Gesellschaft gemischtes einheitliches Rechtsverhältnis zu charakterisieren. 354 Da Adomeit für diese Deutung an den Abschluß des einzelnen Arbeitsvertrages anknüpft, dem er eine gemeinsame Zwecksetzung entnimmt, 355 und er zudem die Austausch- und die Gesellschaftsbeziehung nicht auf verschiedene Rechtsver3 5 1 Allerdings kann nicht ganz ausgeschlossen werden, daß Herzfeld eine Deutung des Entgelts als vorweggenommene Gewinnausschüttung mit der Folge vorschwebt, daß die Tätigkeit des Arbeitnehmers ausschließlich als gesellschaftsrechtlicher Beitrag zu einer „Kommanditgesellschaft auf Arbeit" einzustufen wäre. 352 Beuter, Rechtsformen der Beteiligung, S. 111 ff.; ferner Haberkamp, Abgrenzung, S. 37 ff., dessen Ausführungen zur Fallgruppe der Kumulation von Arbeitsverhältnis und genossenschaftlicher Stellung freilich undeutlich bleiben. 3 5 3 RdA 1951,368, 369 ff. 3 5 4 Gesellschaftsrechtliche Elemente, S. 9 ff.; ders., J A 1988,173,174 f.; ders., Arbeitsrecht für die 90er Jahre, S. 5 ff.; ders., in: Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, 11. Aufl., E l O b u . c, S. 156 ff. 3 5 5 Gesellschaftsrechtliche Elemente, S. 9; ders., J A 1988, 173, 174; ders., in: Hanau/Adomeit, Arbeitsrecht, 11. Aufl., E 10 b, S. 156.

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

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hältnisse aufteilt, sondern im selben Rechtsverhältnis ansiedelt, handelt es sich um eine von den bisher erörterten Konzeptionen durchaus abweichende Auffassung. Im Hinblick auf die hier allein interessierende Frage nach möglichen D o p pelzuordnungen und Mischformen setzt dieser Ansatz voraus, daß es grundsätzlich zulässig ist, eine Mitarbeit innerhalb desselben Rechtsverhältnisses sowohl austausch- als auch gesellschaftsvertraglich zu qualifizieren. Im Schrifttum werden vereinzelt ähnliche Vorstellungen geäußert, 3 5 6 ohne daß freilich immer deutlich wird, ob sich die einzelnen Autoren lediglich für eine Verstärkung gesellschaftsrechtlicher Elemente im Arbeitsverhältnis oder tatsächlich für ein einheitliches gemischtes Rechtsverhältnis aussprechen.

3. Auswertung und

Stellungnahme

Läßt man die vorstehend skizzierten Sichtweisen Revue passieren, können mehrere Schlußfolgerungen gezogen werden: D i e Rechtsprechung hat sich im B e reich tätigkeitsbezogener Rechtsbeziehungen bislang lediglich in solchen K o n stellationen mit Verbindungen von Gesellschafts- und Austauschrecht befaßt, in denen ein kooperationsrechtliches Verhältnis den Ausgangspunkt bildete. 3 5 7 Zudem ist sie über erste zaghafte Ansätze, eine solche Kombination zuzulassen, nicht hinausgekommen. Des weiteren versuchen Teile des Schrifttums auf verschiedenen Wegen, eine kooperationsrechtlich geregelte Mitarbeit zugleich einer austauschvertraglichen Beziehung zuzuordnen. Von einheitlichen Vorstellungen ist man indes noch weit entfernt. Darüber hinaus sind die Einzeläußerungen zur Möglichkeit einer Kumulation von gesellschafts- und austauschvertraglicher Einstufung einer Dienstleistung häufig nicht hinreichend klar. Das gilt in einem noch stärkeren Maße für die äußerst heterogenen Ansätze, die von einem arbeitsvertraglichen Beschäftigungsverhältnis ausgehen und zumindest implizit die grundsätzliche Möglichkeit einer simultanen gesellschaftsrechtlichen Zurechnung bejahen. Bei alledem zeichnen sich viele Konzeptionen dadurch aus, daß das erkenntnisleitende Interesse nicht in der allgemeinen privatrechtsdogmatischen Frage der Verbindung von Sozietät und Synallagma besteht, sondern es vielmehr um die speziellere Problematik der Kombination von gesellschaftsrechtlicher Stellung 3 5 6 Vgl. Hromadka, FS 40 Jahre D B (1988), S.241, 262; Ramm, J Z 1991, 1, 3; Rüthers, RdA 1995, 326, 332; R. L. Weber, Die vertrauensvolle Zusammenarbeit, S. 30. Siehe ferner bereits Maier, Interdependenzen, S. 153 f., der im Zusammenhang mit dem Partnerschaftsgedanken von einer angestrebten gesellschafterähnlichen Stellung der Mitarbeiter spricht. Da Schack, Gruppenarbeit, S. 198 ff., 210 f., 233, das Arbeitsverhältnis offenbar als reine Gesellschaft i.S. des § 705 B G B einstuft, lassen sich seinen Ausführungen keine zusätzlichen Gesichtspunkte für die Statthaftigkeit einer Simultanzurechnung entnehmen. Im übrigen gehört auch v. Hoyningen-Huene, N J W 2000, 3233, 3238, nicht in diesen Zusammenhang, weil er zwar von einem „einheitlichen, gemischten Vertrag" spricht, darunter aber die Beitragspflicht versteht, die geschuldeten Dienstleitungen im Rahmen eines - gesonderten - Arbeitsverhältnisses zu erbringen. 3 5 7 Siehe oben sub 1 b.

100

Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit

und Arbeitnehmereigenschaft geht. Hierfür sind verschiedene Gründe ausschlaggebend. Soweit einzelnen Autoren daran gelegen ist, im Falle einer prima facie vorliegenden gesellschaftsrechtlichen Beziehung in bestimmten Konstellationen ein zusätzliches Arbeitsverhältnis herauszudestillieren, spielt der umfassende Schutzkordon aus gesetzlichen, tariflichen und betrieblichen Regelungen, der das Arbeitsverhältnis umgibt, die entscheidende Rolle. Dieser Schutz stellt einen erheblichen Anreiz dar, um mit der Existenz eines Arbeitsverhältnisses einen Anknüpfungspunkt für die Anwendung arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen zu gewinnen. Soweit es sich auf der anderen Seite darum handelt, auf der Basis von Arbeitsverträgen kooperationsrechtliche Elemente zu postulieren, sind die geschilderten Ansätze zwar vielgestaltig, lassen sich - sieht man von den aus dem Rahmen fallenden Betriebsverbandslehren einmal ab - aber doch auf zwei Hauptstoßrichtungen zurückführen: Zum einen die Anreicherung des Arbeitsverhältnisses mit den für eine gesellschaftsrechtliche Beziehung typischen Vorteilen in materieller (Gewinnpartizipation) und immaterieller (Mitbestimmung) Hinsicht, zum anderen - als Kehrseite derartiger Positionen - die Beteiligung der Arbeitnehmer an gesellschaftsvertragstypischen Risiken. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die derartigen Überlegungen vorgelagerte privatrechtsdogmatische Frage, auf welche Art und Weise Verbindungen zwischen Sozietät und Synallagma grundsätzlich möglich sind, während die spezielle Problematik der Verbindung von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung späteren Ausführungen vorbehalten bleibt 358 . Dieses Untersuchungsziel findet seine Rechtfertigung neben der Vielfalt und der häufigen Undeutlichkeit der angebotenen Modelle vor allem darin, daß es zumeist an einer Auseinandersetzung mit Einwänden fehlt. Immerhin hat das RG in einer frühen Entscheidung zum Genossenschaftsrecht davon gesprochen, daß im Falle einer mitgliedschaftlichen Lieferungspflicht die nämliche Leistung nicht noch aufgrund eines besonderen Vertrages geschuldet sein „kann". 359 In einem vergleichbaren Sinne heißt es etwa bei Schultz, daß bei einer korporationsrechtlichen Regelung der Leistungsbeziehungen zwischen einer Genossenschaft und ihren Mitgliedern für einen zusätzlichen Vertrag „kein Raum bleibt". 360 Orel hält bei einer statuarischen Pflicht eine zusätzliche vertragliche Normierung immerhin für „gegenstandslos". 361 Weiter hat Oertmann in der in mancher Hinsicht vergleichbaren Debatte um die Kumulation von gesetzlicher 362 und schuldvertraglicher Tätigkeitspflicht von Familienangehörigen schon 1911 apodiktisch ausgeführt, daß ein ohnehin geschuldeter Dienst nicht als Leistung im Sinne eines synallagmati-

358

Siehe dazu unten sub § 6 IV u. V. RG vom 9.2.1898, JW 1898, 204, 206. 360 FS Reinhardt (1972), S. 319, 321. 361 Nebenleistungspflichten, S. 74. 362 Vgl. für Ehegatten § 1353 BGB (Ableitung aus ehelicher Beistandspflicht; vormals § 1356 Abs. 2 BGB a. F.), für Kinder § 1619 BGB. 359

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

101

sehen Vertrages angesehen werden könne. 363 Ferner sprechen K. Schmidt,364 Ulmer365 und Zwtf366 davon, daß der Beitrag zu einer (stillen) Gesellschaft nicht in einer Leistung liegen könne, die bereits aus einem anderen Rechtsgrunde geschuldet sei. Schließlich sind Lieb,ib7 Reuter368 und Boysen369 zu erwähnen, die aus der Existenz eines festen Entgeltanspruchs für eine Dienstleistung folgern, daß dieselbe Tätigkeit nicht gleichzeitig den Anknüpfungspunkt für die Stellung als Gesellschafter bilden kann. Eine Analyse dieser Einwände zeigt, daß sie auf zwei verschiedenen Ebenen angesiedelt sind: Wie die Aussage des R G sowie die Stellungnahmen von Schultz, Orel, Oertmann, K. Schmidt, Ulmer und Zutt belegen, geht es zum einen um das Problem, ob eine bereits als gesellschaftsrechtlicher Beitrag (oder umgekehrt auf der Grundlage eines Austauschvertrages) geschuldete Leistung nochmals Gegenstand einer Rechtspflicht sein kann. Demgegenüber betreffen die Äußerungen von Lieb, Reuter und Boysen die Frage, ob die in einem austauschvertraglichen Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit einer Leistung deren gleichzeitige Bewertung als gesellschaftsvertraglich vergüteter Beitrag verhindert. Allerdings werden diese beiden Aspekte nicht immer streng auseinandergehalten. So ist bei Reuterm und Boysen371 davon die Rede, daß ein Einkommensbestandteil nur dann gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen unterliegen kann, wenn hierfür nicht an eine bereits aus einem Dienstvertrag geschuldete Mitarbeit angeknüpft wird. Das Bestehen eines schuldrechtlichen Anspruchs auf eine Tätigkeit wird hierdurch mit der Vergütungsthematik verwoben. Im folgenden wird versucht, die verschiedenen Ebenen einzeln abzuschichten und hierbei insbesondere die sich auf die Leistung als solche beziehenden Gesichtspunkte von denjenigen zu trennen, die mit der Vergütung zusammenhängen. Zwar besteht eines der wesentlichen Motive für eine Untersuchung der Zulässigkeit der Doppelzurechnung einer Mitarbeit in der Frage, ob und in welchem Umfang diese Tätigkeit hierdurch zugleich nach gesellschafts- wie nach austauschvertraglichen Grundsätzen entgolten werden kann. Dennoch würde es zu kurz greifen, die Thematik der zweifachen Zuordnung einer Dienstleistung auf diese Problemstellung zu verkürzen. Sowohl im Gesellschafts- als auch im Arbeitsrecht existieren nämlich viele Regelungen, die sich nicht oder zumindest nicht unmittelbar mit dem monetären Ertrag der geleisteten Arbeit befassen. Erwähnt seien nur die Grundsätze über die Haftung bei Pflichtverletzungen und die D J Z 1911, Sp. 124, 125. In diesem Sinne auch Lenski, B B 1957, 1236, 1238. In: Gutachten, Bd. III, S. 413, 460. 3 6 5 In: M ü n c h K o m m B G B , 3. Aufl., § 705 Rn. 120. Zur Position von Ulmer siehe aber auch noch sogleich im Text. 3 6 6 In: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 230 Rn. 76. 3 6 7 In: Beuthien (Hrsg.), Arbeitnehmer oder Arbeitsteilhaber?, S. 41, 47. 3 6 8 Stellung des Arbeitsrechts, S. 23. 3 6 9 Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 184 f. 3 7 0 Stellung des Arbeitsrechts, S. 24. 3 7 1 Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 185. 363

364

102

§ 3 Rechtsformen für die Einordnung einer

Mitarbeit

Reichweite von Wettbewerbsverboten sowie die Bestandsschutzproblematik. Selbst wenn eine echte ökonomische Doppelbewertung einer Mitarbeit als Gesellschafterbeitrag und als Leistung im Rahmen eines Austauschvertrages rechtlich nicht möglich wäre, würde dies demnach nicht zwangsläufig bedeuten, daß damit auch eine sonstige Simultanzurechnung mit der Folge eines ausgedünnten Rechtsfolgenprogramms unzulässig wäre. Mithin sollen die Leistungs- und die Entgeltebene im Grundsatz voneinander getrennt erörtert werden. Dieser Ausgangspunkt darf freilich nicht die Sicht auf die enge Verzahnung beider Bereiche verstellen. Denn einerseits setzt schon die Frage nach der doppelten Zuordnung einer Leistung Klarheit über die Möglichkeit der Verbindung verschiedenartiger Leistungszwecke voraus, die wiederum nicht ohne einen Blick auf die erstrebte Vergütung hergestellt werden kann. Andererseits würde die Zulässigkeit einer Kumulation von gesellschaftsrechtlicher Gewinnbeteiligung und austauschvertraglicher Festvergütung bedeuten, daß die dieser Vergütung zugrunde liegende Leistung zugleich zwei unterschiedlichen Entgeltbemessungssystemen unterliegt. Im übrigen ist es unabdingbar, als Ausgangspunkt auf die Grundsätze für die Doppelzuordnung einer Leistung außerhalb des Bereiches der Mitarbeit zurückzugreifen. Die für Dienstleistungen bestehenden Regeln sind nämlich soweit wie möglich in die Gesamtrechtsordnung einzubetten. Unterschiede wären lediglich dann gerechtfertigt, wenn sie gerade dadurch bedingt sind, daß es sich beim Gegenstand der Leistung um eine Tätigkeit handelt. Darüber hinaus ist nach Möglichkeit eine die jeweiligen Gesellschaftsformen übergreifende Perspektive einzunehmen, um ungleiche Beurteilungen derselben Sachfrage bei den einzelnen gesellschaftlichen Rechtsformen zu vermeiden. a)

Tätigkeitsebene

aa) Schuldvertragliche

Ausführung gesellschaftsrechtlicher

Vorgaben

Um in der Frage nach der grundsätzlichen Möglichkeit der Doppelzuordnung einer Tätigkeit zu einem Gesellschafts- und einem Austauschvertrag Klarheit zu schaffen, empfiehlt es sich mit Diller372, an die im Gesellschaftsrecht diskutierten Ausführungsverträge anzuknüpfen. Die Ausgangssituation für derartige Verträge bildet der Umstand, daß ein Gesellschafter einen Beitrag verspricht, ohne daß die Einzelheiten der Leistungserbringung in der gesellschaftsvertraglichen Abrede bereits vollständig niedergelegt werden. Im GmbH-Recht ist verbreitet davon die Rede, daß es diesen Fällen möglich ist, einen zusätzlichen Ausführungsvertrag zu schließen. 373 Zum Genossenschaftsrecht finden sich vergleichbare

Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 310 ff. Siehe Buchholz, JherJb, Bd. 74 (1924), S.260, 273, 296; Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., §3 Rn. 56; Feine, GmbH, § 7 III, S. 130; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 3 Rn. 39; Meyer-Landrut, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, § 3 Rn. 30; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 78 f.; Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 3. Aufl., §3 Rn.43; Ullrich, ZGR 1985, 235, 243 Fn. 29; Hachenburg/t/Wr, 372

373

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

103

Äußerungen. 3 7 4 Demgegenüber spricht man im Personengesellschaftsrecht außerhalb der Erörterung der rechtlichen Stellung geschäftsführender Gesellschafter bislang nur vereinzelt in allgemeiner Form von Ausführungsverträgen 375 bzw. davon, daß ein Beitrag zugleich auf einem besonderen Rechtsgrund beruhen könne 3 7 6 . Immerhin hat der B G H keine Einwände gegen die Verpflichtung im Gesellschaftsvertrag einer Publikums-KG erhoben, der Gesellschaft zusätzlich zur Eigenkapitaleinlage Fremdkapital in Form eines Darlehens zur Verfügung zu stellen. 3 7 7 Da zwischen Körperschaften und Personengesellschaften insoweit kein rechtlich relevanter Unterschied erkennbar ist, spricht nichts dagegen, das Modell des Ausführungsvertrages auf sämtliche gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse zu übertragen. Allerdings weist diese Konstruktion noch mehrere Unklarheiten auf. So ist zunächst die exakte rechtliche Einordnung dieser zusätzlichen Abrede problematisch. Der B G H hat im Zusammenhang mit einer Darlehensgewährung auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nämlich einmal davon gesprochen, daß die Nebenbestimmungen Teil des Gesellschaftsvertrages seien. 378 Demgegenüber ist mehrheitlich explizit von anderen Vertragstypen die Rede. 3 7 9 Dies kann nur dahin verstanden werden, daß der Zusatzvertrag eine selbständige Rechtsgrundlage bildet. Die Unschärfen dürften partiell darauf zurückzuführen sein, daß die Verschiedenheit der Parteien nicht immer deutlich zum Ausdruck kommt. Während es sich bei der gesellschaftsvertraglichen Grundlage um eine Regelung zwischen den Gesellschaftern handelt, sollte von einem Ausführungsvertrag - wie bei einem (echten) Drittvertrag ohne gleichzeitiges gesellschaftsvertragliches GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 76, 89, 91 ff.; siehe ferner bereits RG vom 29.10.1915, RGZ 87, 261, 266, wo Ausführungsverträge nicht als unmöglich, sondern nur als in concreto unnötig bezeichnet wurden. 374 Vgl. BGH vom 9.6.1960, NJW 1960, 1858, 1859; Metz, in: Lang/Weidmüller/Metz/ Schaffland, GenG, 33. Aufl., §18 Rn. 42; Pöhlmann, in: Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, GenG, 2. Aufl., § 18 Rn. 25 f. 375 So vor allem MünchKommBGB/U/OTer, 3. Aufl., § 706 Rn. 4. 376 So Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., §230 n.F. Rn. 138, wobei er exemplarisch synallagmatische Verträge (Dienstvertrag, Werkvertrag, Kaufvertrag) nennt; ebenso ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §§ 20 II 2 b, III 1 c u. 59 I 3 b, S. 569, 580 u. 1739; siehe aber auch ders., in: Gutachten, Bd. III, S. 413, 460: „Wer nur ... die Einhaltung vorhandener Rechtspflichten verspricht, sagt keine Beitragsleistungen zu einem gemeinsamen Zweck zu". 377 Vgl. BGH vom 28.11.1977, BGHZ 70, 61, 63; BGH vom 5.11.1984, WM 1985, 195; ebenso K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §20 II 2 e, S.571; H. P. Westermann, FS Fleck (1988), S. 423, 437. Siehe auch BGH vom 5.11.1979, NJW 1980, 1522, 1523: Gesellschaftsvertragliche Kommanditistenpflicht zum Eingehen und Einzahlen einer stillen Beteiligung. Hiervon zu unterscheiden ist die Folgefrage der Gleichstellung gesplittener Einlagen mit haftendem Kapital; dazu K. Schmidt, aaO., § 18 III 3, S. 527 ff. 378 BGH vom 5.11.1984, WM 1985, 195; in diesem Sinne wohl auch Buchholz, JherJb, Bd. 74 (1924), S. 260, 273, 296. 379 So insbesondere Ulmer, in: MünchKommBGB, 3. Aufl., §706 Rn.4, sowie in: Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 76: Kaufvertrag, Mietvertrag etc.; ferner Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 3 Rn. 56; Meyer-Landrut, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, § 3 Rn. 30.

104

5 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit

Fundament - nur die R e d e sein, wenn eine Absprache zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft getroffen wurde. 3 8 0 In einem solchen Falle kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß sämtliche Vereinbarungen lediglich gesellschaftsvertraglichen C h a r a k t e r haben. 3 8 1 Dies schließt es nicht aus, daß die Gesellschafter weiterhin die K o m p e t e n z behalten, bestimmte für den k o n k r e t e n Inhalt des Ausführungsvertrages maßgebliche Vorgaben im Gesellschaftsvertrag zu regeln. 3 8 2 M i t h i n impliziert die Ausführungsvertragskonzeption die Existenz eines echten Austauschvertrages. 3 8 3 Sie geht damit über die bereits erwähnte 3 8 4 Rechtsfigur des ausschließlich der gesellschaftsrechtlichen E b e n e zugehörigen „eingekapselten" Austauschverhältnisses hinaus. D e m z u f o l g e spitzt sich alles auf die Frage zu, welche E l e m e n t e rechtswirksam sowohl dem Gesellschaftsverhältnis als auch zugleich dem Ausführungsvertrag zugeordnet werden k ö n n e n . Bei der Verteilung der Inhalte lassen sich im wesentlichen drei Abstufungen unterscheiden. Erstens

ist an eine K o o r d i n a t i o n in der Weise zu denken, daß der Gesell-

schaftsvertrag den einzelnen Gesellschafter im Sinne der Überlegungen von KnutP%5

und Riegger386

lediglich dazu verpflichtet, überhaupt einen A u s f ü h -

rungsvertrag abzuschließen. Vorbilder finden sich bereits in der älteren Literatur. So haben schon WielancP^7,

Kiscb3SS

und Aschoffim

von der Möglichkeit einer ge-

sellschaftsrechtlichen Pflicht gesprochen, eine bestimmte austauschvertragliche Rechtsbeziehung einzugehen und die kooperationsrechtliche Verpflichtung insoweit einem Vorvertrag gleichgestellt. 3 9 0 Zu dieser K o n z e p t i o n paßt es auch noch, wenn man die Beitragspflicht dahin ergänzt, daß der Gesellschafter gehalten ist, den Ausführungsvertrag auch dann nicht zu beenden, wenn er nach den für das Austauschgeschäft geltenden B e s t i m m u n g e n dazu berechtigt wäre. Dies ist ins-

3 8 0 Zu den unterschiedlichen Parteien bei Gesellschaftsvertrag und Drittvertrag siehe bereits oben sub 1 a mit Fn. 155. 3 8 1 Nicht überzeugend deshalb Rohrer, Nebenleistungspflichten, S. 58 f., nach dessen Ansicht das Ausführungsverhältnis auch beim Vorliegen eines Ausführungsvertrags keinen schuldrechtlichen, sondern einen gesellschaftsrechtlichen Charakter („Satzungsrecht im materiellen Sinne") aufweist. 3 8 2 Der soeben erwähnten Entscheidung des B G H kann also im Ergebnis durchaus zugestimmt werden. 3 8 3 Nur schwer nachvollziehbar daher Klein, Gesellschaftergeschäftsführer, S. 61 f., die einen separaten Anstellungsvertrag einerseits nicht als Teil des Gesellschaftsverhältnisses einstuft und andererseits meint, daß er auch nicht die Rechtsnatur eines Dienst- oder Arbeitsvertrags annehmen könne. 3 8 4 Siehe dazu oben sub 1 a. 3 8 5 Rechtsstellung der Rotkreuzschwester, S. 88 f., 121. 3 8 6 D B 1983, 1909. 3 8 7 Handelsrecht, Bd. I, § 86, S. 840. 3 8 8 ARWP, Bd. X X I I (1928/29), S. 43, 44. 3 8 9 Rechtsnatur des Lieferungsvertrages, S. 37. 3 9 0 In diesem Sinne etwa auch B G H vom 17.10.1988, WM 1989, 189, 190 f. (GmbH-rechtliche Nebenleistungspflicht zur Gewährung eines Darlehens); K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 1 8 Rn. 12; Paulick, Genossenschaft, § 18 II 1 c, S. 196.

IV. Verbindung von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

105

besondere für Dauerschuldverhältnisse wie eine dienst- bzw. arbeitsvertragliche Beziehung bedeutsam. Eine solches Modell stößt freilich in einer anderen Hinsicht auf Bedenken. Fraglich ist nämlich die Vereinbarkeit einer derartigen Gestaltung mit § 3 Abs. 2 GmbHG. Zwar ist allgemein anerkannt, daß diese Vorschrift nur die Aufnahme mitgliedschaftlicher Nebenpflichten in die Satzung einer GmbH verlangt, nicht aber schuldrechtliche Zusatzvereinbarungen untersagt. Dies gilt auch dann, wenn die zusätzlichen Abreden für die Erreichung des wirtschaftlichen Ziels der GmbH unerläßlich sind, die Gesellschaft also erst durch die schuldrechtlichen Nebenbestimmungen gleichsam „Gestalt und Leben" gewinnt.391 Damit steht jedoch noch nicht fest, ob die genannte Konzeption dem Erfordernis der Bestimmtheit gesellschaftsrechtlicher Nebenpflichten genügt. Danach müssen einerseits nicht alle Einzelheiten in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, andererseits aber ist ein fester Rahmen nötig. 392 Hieraus ist abzuleiten, daß sich die wesentlichen Inhalte der Leistungspflicht des Gesellschafters im noch abzuschließenden Ausführungsvertrag bereits aus der gesellschaftsvertraglichen Abrede ergeben müssen. Entsprechendes gilt letztlich auch für andere Gesellschaftsformen, weil die von den Gesellschaftern übernommenen Pflichten ein gewisses Maß an Bestimmtheit erreichen müssen. In diesem Sinne hat schon Lippmann zur möglichen Einstufung der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen als Vorvertrag das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit hervorgehoben. 393 Folglich werden die wesentlichen Bedingungen der späteren austauschvertraglichen Leistungspflicht des Gesellschafters bereits durch den Gesellschaftsvertrag determiniert.394 Das ändert jedoch nichts daran, daß sich die Beitragspflicht des Gesellschafters innerhalb dieser Konzeption darin erschöpft, einen Ausführungsvertrag einzugehen und ihn aufrechtzuerhalten. Der Gesellschaft steht folglich außerhalb des Ausführungsvertrages kein unmittelbarer Anspruch auf die in dieser Vereinbarung geregelte Leistung als solche zu. Somit kommt es auch nicht zur Doppelzuordnung derselben Leistung zu einem Gesellschafts- und einem Austauschvertrag. Die zweite in Betracht kommenden Form der Koordination von Gesellschafts- und Ausführungsvertrag dehnt das Pflichtenprogramm des Gesellschaf391 Vgl. RG vom 20.11.1925, RGZ 112,273, 277 f.; RG vom 15.5.1936, RGZ 151, 321, 324 f.; RG vom 22.6.1940, HRR 1940, Nr. 1204; BGH vom 29.9.1969, LM §2 GmbHG Nr. 2; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, 17. Aufl., GmbHG, §3 Rn. 58; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 3 Rn. 51. 392 Siehe RG vom 29.10.1915, RGZ 87, 261, 265; RG vom 2.7.1937, JW 1937, 2836; BGH vom 17.10.1988, WM 1989, 189, 190 f.; Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., §3 Rn.44; Feine, GmbH, §7 III, S. 130; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §3 Rn. 39; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §3 Rn. 45; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 78 f.; Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 3. Aufl., §3 Rn. 34; Rohrer, Nebenleistungspflichten, S. 26; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 87; strenger noch RG vom 10.5.1912, RGZ 79,332,336. 393 ZHR 39 (1891), 126, 164. 394 Vgl. Aschoff, Rechtsnatur des Lieferungsvertrages, S. 37 f.

106

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

ters in einem entscheidenden Punkt aus. Danach ist der Gesellschafter als solcher nicht nur gehalten, einen Ausführungsvertrag abzuschließen und nicht einseitig zu beenden. Vielmehr besteht die kooperationsrechtliche Pflicht, den Ausführungsvertrag nach Maßgabe der in ihm geregelten Einzelheiten sowie der für ihn geltenden schuldvertraglichen Grundsätze durchzuführen. Allerdings bleibt es auch bei dieser Konstruktion dabei, daß der Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf die Leistungspflicht des einzelnen Gesellschafters für sich genommen noch keine vollzugsfähige Regelung dieser Pflicht als solcher enthält, sondern auf den A b schluß einer weiteren Abrede abzielt. Hierdurch unterscheidet sich dieses Modell von der noch zu erörternden dritten Fallgruppe, wonach bereits der Gesellschaftsvertrag die Pflichten des Gesellschafters abschließend regelt. Die zweite Konzeption entspricht der bereits erwähnten Ansicht des P r e u ß O V G , das einer gesellschaftsvertraglichen Absprache lediglich den Inhalt beilegte, daß der G e sellschafter die eigene Mitarbeit „vorbehaltlich einer Vereinbarung über die B e zahlung" zur Verfügung zu stellen habe. 3 9 5 Das schließt nicht aus, daß die korporative Ordnung bereits eine „programmatische Regelung" 3 9 6 enthält, genauer gesagt Rahmenbedingungen, die bei der Ausgestaltung durch die weitere schuldvertragliche Abrede eingehalten werden müssen. Durch diese Konzeption wird es von vornherein vermieden, eine schon bestehende gesellschaftsrechtliche Beitragspflicht nochmals zum Gegenstand eines Austauschvertrages zu machen, so daß diesbezügliche Einwände entfallen. Allerdings bedarf es auch in diesem M o dell entsprechend den obigen Ausführungen einer hinreichenden Festlegung der Inhalte des abzuschließenden Ausführungsvertrages. Als handgreiflicher Vorteil gegenüber der erstgenannten Konstellation, der die Sinnhaftigkeit einer solchen Konstruktion verdeutlichen soll, ist auf die Gerichtsstandsvorschrift des § 22 Z P O hinzuweisen. Während der Ausführungsvertrag als solcher nicht unter diese Bestimmung fällt, 3 9 7 kann die korporative Pflicht, diesen programmgemäß durchzuführen, im besonderen Gerichtsstand der Mitgliedschaft erhoben werden. Außerdem führt die Verankerung der ausführungsvertraglichen Leistungspflicht im Gesellschaftsvertrag zur Anwendbarkeit der Regeln über die actio pro socio, die sich gegenständlich nur auf die Geltendmachung von Sozialansprüchen, nicht aber auf Ansprüche aus Drittgeschäften bezieht 3 9 8 .

3 9 5 PreußOVG vom 7.11.1908, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 13 (1909), 322 ff. 3 9 6 So B G H vom 9.6.1960, N J W i960, 1858, 1859, zum Genossenschaftsrecht. 3 9 7 Insoweit gilt nichts anderes als beim echten Drittvertrag, auf den § 22 Z P O anerkanntermaßen keine Anwendung findet; vgl. Stem/]or\!Ls/Schumann, Z P O , 21. Aufl., § 22 Rn. 9; Zöller/ Vollkommer, Z P O , 22. Aufl., § 22 Rn. 6. 3 9 8 Vgl. B G H vom 15.1.2001, N J W 2001, 1210, 1211. Siehe zu dieser Differenzierung ferner Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 705 Rn. 56; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 105 Rn. 34; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 IV 7 b, S. 646; M ü n c h K o m m B G B / W mer, 3. Aufl., § 705 Rn. 169; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 IV 1 c aa, S. 459. In Sonderfällen besteht allerdings auch bei Ansprüchen aus Drittverhältnissen eine Einzelklagebefugnis des an sich nicht geschäftsführungs- bzw. vertretungsberechtigten Gesellschafters (§ 744 Abs.

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauscbbeziebung

107

Das dritte zu erörternde Modell zeichnet sich dadurch aus, daß die im Gesellschaftsvertrag geregelte Beitragspflicht für sich genommen bereits hinreichend bestimmt ist, also auch ohne einen Ausführungsvertrag vollzogen werden könnte, die Parteien aber gleichwohl einen solchen weiteren Vertrag geschlossen haben. Man kann dieser im Zusammenhang mit der Frage nach der simultanen Zuordnung einer Dienstleistung am schwierigsten zu bewältigenden Problematik nicht dadurch entgehen, daß man die Anforderungen an die Bestimmtheit der Tätigkeitspflicht im Gesellschaftsvertrag heraufschraubt. Häufig genug wird die Mitarbeitspflicht des Gesellschafters im zusätzlichen „Dienstvertrag" nämlich nicht wesentlich exakter umschrieben als in der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung.399 Würde man also den Gesellschaftsvertrag als zu unbestimmt qualifizieren, so wäre damit zugleich ein Verdikt über den Austauschvertrag gesprochen, weil es insoweit keine unterschiedlichen Maßstäbe geben kann. 400 Eine solche Betrachtungsweise würde den Gegebenheiten, insbesondere dem häufig über längere Zeit reibungslosen Vollzug der Absprachen indes zuwiderlaufen. Zudem sind selbstverständlich auch gesellschaftsvertragliche Regelungen der Interpretation und Lückenfüllung zugänglich, so daß der Ausweg zum reinen Ausführungsvertragsmodell im oben beschriebenen Sinne nicht selten versperrt sein wird. Schließlich würde die voreilige Annahme eines zu wenig bestimmten Gesellschaftsvertrages zu der mißlichen Konsequenz führen, daß beim Fehlen eines wirksamen Ausführungsvertrages auch keine Mitarbeitspflicht des Gesellschafters zustande kommen würde. Eine auf den ersten Blick elegante Lösung zur Vermeidung einer echten Doppelzuordnung enthalten die bereits angesprochenen Überlegungen von Beuthien. Nach Beuthien sind gesellschaftsvertragliche Regelungen einer Dienstleistungspflicht für den Fall, daß der Mitarbeiter die Merkmale eines Arbeitnehmers erfüllt, als arbeitsvertraglich einzustufen.401 Eine vergleichbare Sichtweise kommt in der Scientology-Entscheidung des BAG zum Ausdruck, indem dort ein als vereinsrechtlich deklariertes Rechtsverhältnis unter Berufung auf eine objektive Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen als Arbeitsverhältnis qualifiziert wird 402 . Zwar geht es Beuthien ebenso wie dem BAG nur um das spezielle

2 B G B analog); B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 109 Rn. 33, § 114 Rn. 7; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 705 Rn. 60; für die G b R etwas anders B G H vom 24.3.1954, B G H Z 12, 308, 313 f.; B G H vom 6.6.1955, B G H Z 17,340, 347 f.; B G H vom 10.1.1963, B G H Z 39, 14, 19 ff. (jeweils unter Berufung auf § 4 3 2 B G B ) ; B G H vom 30.10.1987, B G H Z 102, 152, 155 (ohne eigene Begründung). Zu neueren Tendenzen, den Anwendungsbereich der actio pro socio generell auf Drittforderungen zu erweitern, vgl. O L G Düsseldorf vom 3.12.1999, N Z G 2000, 475; Bork/ Oepen, Z G R 2001, 515, 549 ff.; Kort, D S t R 2001, 2162, 2164 f. 3 9 9 Vgl. den Fall in B G H vom 8.2.1993, ZIP 1993, 432 f. 4 0 0 Gegen unterschiedliche Bestimmtheitsanforderungen bei Gesellschafts- und Austauschvertrag (mit umgekehrter Argumentationsrichtung) bereits Lippmann, Z H R 39 (1891), 126, 154. 401 FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 13 f. In der Sache folgend Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 315; V. Hoyningen-Huene, N J W 2000, 3233, 3237 f. 402 B A G vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B II 3).

108

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

Anliegen, dem Arbeitsrecht in bestimmten Fällen gesellschaftsrechtlich fundierter Tätigkeit Geltung zu verschaffen. Indes könnte man diese Konzeption verallgemeinern und daran denken, in jedem Falle einer auf einen Gesellschaftsvertrag folgenden Austauschvereinbarung die sich auf die Leistung als solche beziehenden Absprachen aus der gesellschaftsvertraglichen Abrede zu extrahieren und in den jeweiligen Austauschvertrag zu implantieren. Auf diesem Wege würde man in der Tat der simultanen Zuordnung einer Leistung zu einem kooperations- und einem austauschvertraglichen Verhältnis entgehen. Schon die Prämisse ist jedoch fragwürdig. Das Modell von Beuthien läuft nämlich darauf hinaus, eine zwischen den Gesellschaftern eines Unternehmensträgers vereinbarte Regelung ohne den Willen der Beteiligten in einen Vertrag zwischen einem Gesellschafter und dem Unternehmensträger zu konvertieren. Eine den Vertragspartner transzendierende Umqualifikation von Vereinbarungen ist aber ein massiver Eingriff in die rechtsgeschäftliche Abschlußfreiheit. An einen solchen Eingriff kann deshalb von vornherein nur in den Fällen ernsthaft gedacht werden, in denen der Austauschvertrag durch zwingendes Recht beherrscht wird, das sich einer Umgehung durch eine gesellschaftsrechtliche Regelung des Beschäftigungsverhältnisses entgegenstemmt. Darüber hinaus setzt er voraus, daß sich das Schutzbedürfnis nicht auf behutsamere Art und Weise befriedigen läßt. 403 Soweit dies nicht zutrifft, hilft es nicht weiter, mit Beuthien404 davon zu sprechen, daß das Gesellschaftsrecht lediglich die Rechte und Pflichten des Gesellschafters als Mitglied regele. Wenn die Beitragspflicht etwa in einer weitgehend selbständigen Tätigkeit besteht, bleibt das Problem unverändert, ob eine gesellschaftsvertraglich abschließend geregelte Mitarbeitspflicht noch zum Gegenstand eines eigenständigen Dienstvertrages gemacht werden kann. Mithin kann man der Frage nach der Möglichkeit der Doppelzuordnung einer Dienstleistung mit Hilfe der Ausführungen von Beuthien jedenfalls nicht flächendeckend ausweichen. Dasselbe gilt im Ergebnis auch für die von Ulmer geäußerten Vorstellungen. Ulmer spricht im Zusammenhang mit Ausführungsverträgen zur Konkretisierung des rechtlichen Rahmens von Nebenleistungspflichten bei einer GmbH davon, daß die gesellschaftsvertragliche Nebenleistungspflicht durch den Ausführungsvertrag nicht gegenstandslos werde. Vielmehr bilde sie die Rechtsgrundlage für die Ausführungsverträge, verpflichte die betroffenen Gesellschafter zum Abschluß einer entsprechenden Vereinbarung und stehe deren einseitiger Beendigung durch den Gesellschafter entgegen. 405 Mit dieser Formulierung umschreibt Ulmer im wesentlichen die rechtlichen Beziehungen innerhalb des oben an zweiter Stelle genannten Modells. Allerdings ist fraglich, ob sich der Sinn dieser Darlegungen hierin erschöpft. Der Kontext läßt nämlich durchaus den Schluß zu, daß es Ulmer insoweit auch um die Fälle geht, in denen bereits die gesellschaftsver403 404 405

Näher dazu noch unten sub § 6 III 1 b. FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1,14. H a c h e n b u r g / U l m e r , GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 76.

IV. Verbindung von Gesellschafts-und

Austauschbeziehung

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tragliche Nebenleistungspflicht auf die Leistung als solche gerichtet ist. Unter dieser Prämisse würde in den Überlegungen von Ulmer die Vorstellung zum Ausdruck kommen, daß eine derartige Nebenleistungspflicht in dem Augenblick ihre Gestalt ändert, in dem ein Ausführungsvertrag geschlossen wird. Das Verhältnis beider Regelungen ließe sich danach in der Weise denken, daß sich die mitgliedschaftliche Pflicht mit dem Zustandekommen eines (wirksamen) Ausführungsvertrages gleichsam ausdünnt und künftig darauf beschränkt, den Bestand und die Durchführung der Ausführungsvereinbarung gesellschaftsvertraglich abzusichern. Gegen ein derartige Sichtweise spricht indes zunächst, daß ein dahingehender Parteiwille nicht ohne weiteres unterstellt werden kann. Wenn die Beteiligten aber die doppelte Regelung derselben Leistungspflicht des Gesellschafters vorsehen, so bedürfte es eines triftigen Grundes, dieser Gestaltung der rechtlichen Beziehungen die Anerkennung zu versagen. Hierfür können den Erläuterungen von Ulmer keine Anhaltspunkte entnommen werden. Für die Bewältigung der aufgeworfenen Problematik empfiehlt es sich, in einem ersten Schritt nach der Sinnhaftigkeit eines zusätzlichen echten Austauschvertrages trotz einer bereits bestehenden gesellschaftsvertraglichen Leistungspflicht zu fragen. Dabei sollen sozialversicherungs- und steuerrechtliche Aspekte bewußt außer Betracht gelassen werden. Selbst wenn die Beteiligten bestimmte vertragliche Konstruktionen wählen müßten, um in diesen Rechtsbereichen Vorteile zu erlangen, folgen daraus noch lange keine bindenden Vorgaben für das Zivilrecht. Fokussiert man das Interesse somit auf zivilrechtlich relevante Umstände, so lassen sich folgende mögliche Motive der Parteien für die Verdoppelung einer Gesellschafterpflicht zur Leistung herausarbeiten: Zunächst kann es ihnen darum gehen, eine weitere Rechtsgrundlage für die Leistungspflicht des Gesellschafters für den Fall zu schaffen, daß die gesellschaftsvertragliche Regelung aus irgendeinem Grunde keine tragfähige Grundlage für die Gesellschafterpflicht bildet. Dabei ist weniger an die Unwirksamkeit der kooperationsrechtlichen Regelung als vielmehr an das Ende der Gesellschafterstellung des Leistungspflichtigen zu denken. Während eine mitgliedschaftliche Pflicht mit dem Verlust der Gesellschaftereigenschaft endet, besteht eine schuldrechtliche Pflicht nämlich grundsätzlich fort 406 . Des weiteren kann man die Leistungspflicht des Gesellschafters mit einer zusätzlichen rechtlichen Grundlage auf eine einfache Weise an sämtliche gesetzlichen Rahmenbedingungen binden, die für den jeweiligen Austauschvertrag gelten. Schließlich ist die Regelung von Details wie auch die Anpassung an veränderte Umstände innerhalb eines eigenständigen Austauschvertrages regelmäßig erheblich leichter zu bewerkstelligen als im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages. Insoweit sei nur an die bereits erwähnte innerverbandliche Zuständig-

406 Vgl. RG vom 21.1.1930, J W 1930, 2675, 2677; RG vom 22.6.1940, H R R 1940, Nr. 1204; BGH vom 29.9.1969, LM § 2 GmbHG Nr. 8; BGH vom 8.2.1988, W M 1988, 707, 708; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 3 Rn. 56, 58.

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§ 3 Rechtsformen für die Einordnung einer Mitarbeit

keitsordnung erinnert. 4 0 7 A u ß e r d e m wird der Gesellschaftsvertrag hierdurch zugleich vor einer U b e r f r a c h t u n g infolge einer Vielzahl von Einzelbestimmungen bewahrt. Selbst wenn die gesellschaftsvertragliche Regelung also bereits für sich g e n o m m e n eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Leistungspflicht eines G e sellschafters enthält, existiert eine Reihe von stichhaltigen G r ü n d e n , diese Pflicht als solche in einen weiteren austauschvertraglichen R a h m e n einzubinden. M i t h i n bedarf es keiner abschließenden Stellungnahme m e h r zu der Frage, o b sich ein anerkennenswertes M o t i v auch daraus herleiten ließe, daß die Parteien meinen, nur mittels eines zusätzlichen echten Austauschvertrages die Grundlage für eine Vergütung des Gesellschafters aus Gesellschaftsmitteln schaffen zu k ö n nen. D i e s wäre im übrigen nicht zuletzt deshalb zweifelhaft, weil den Beteiligten die R e c h t s f i g u r des auf der E b e n e des Gesellschaftsrechts verbleibenden „eingekapselten" Austauschverhältnisses 4 0 8 o h n e weiteres zur Verfügung steht. D a r ü b e r hinaus k ö n n t e man die D o p p e l z u o r d n u n g einer Leistungspflicht schwerlich deshalb für zulässig erklären, u m auf diese Weise einen A n k n ü p f u n g s p u n k t für eine echte schuldvertragliche Gegenleistung zu gewinnen. A u c h w e n n die simultane Z u o r d n u n g einer Leistungspflicht zu zwei verschiedenen Rechtsverhältnissen nicht möglich wäre, würde dies nämlich nichts an der Zulässigkeit einer gesonderten Vergütungsabrede ändern. 4 0 9 D i e damit verbundenen gesellschaftsrechtlichen P r o b l e m e liegen nicht auf dem G e b i e t der vertraglichen K o n s t r u k t i o n , sondern in der inhaltlichen Frage, welche Vergütungshöhe die G r e n z e zur verdeckten G e w i n n a u s s c h ü t t u n g zu Lasten der Minderheitsgesellschafter überschreitet. F ü r die grundsätzliche M ö g l i c h k e i t der D o p p e l z u r e c h n u n g einer Leistungspflicht sprechen des weiteren manche Äußerungen zum Bereich der gemischten Sacheinlage. H i e r b e i geht es u m Fälle, in denen ein Gesellschafter eine Sacheinlage - etwa ein G r u n d s t ü c k - leistet und dafür neben seinen Gesellschafterrechten n o c h eine besondere Vergütung erhält. Insoweit stößt man zwar regelmäßig auf die Aussage, daß es sich um ein einheitliches Rechtsverhältnis handele, ohne daß der vertraglichen K o n s t r u k t i o n nähere Aufmerksamkeit gewidmet w i r d . 4 1 0 Z u dem richtet sich der B l i c k in dieser Konstellation häufig zumindest in erster Linie auf die Gegenleistungskomponente. 4 1 1 Weiterführend sind indes diejenigen Stellungnahmen, in denen sowohl von einem Gesellschaftsvertrag als auch von einem Kaufvertrag bzw. einem außerhalb des Gesellschaftsvertrages stehenden A u s 407 Hinzu kommt etwa die Formbedürftigkeit bei GmbH-Satzungen gemäß den §§ 2, 53 GmbHG. 408 Siehe dazu oben sub 1 a. 4 0 9 In diesem Sinne auch Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 57. 410 Vgl. - zumeist zur im Vordergrund des Interesses stehenden GmbH-Sacheinlage - KG vom 23.3.1928, JW 1928, 1822; RG vom 28.6.1929, RGZ 125, 323, 329; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 5 Rn. 20; Kowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff GmbHG, 3. Aufl., § 5 Rn. 44 f.; Scholz///. Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 5 Rn. 82. 411 Siehe nur Dellios, Präzisierung der Rechtsfindungsmethode, S. 153 f.; Hoeniger, Die gemischten Verträge, S. 184 f., 269 f.; O. Schreiber, JherJb, Bd. 60 (1912), S. 106, 223 ff.

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

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tauschverhältnis die Rede ist. 412 Werden in diesem Falle nämlich beide Abreden als rechtlich separat begriffen, gelangt man zwangsläufig dazu, die - nicht teilbare - Leistungspflicht, in concreto also die Verpflichtung zur Eigentums- und Besitzverschaffung simultan beiden Rechtsverhältnissen zuzuordnen. Denn insbesondere bei einer hälftigen Aufteilung des wirtschaftlichen Wertes der Sache auf das gesellschaftsrechtliche und das austauschvertragliche Rechtsverhältnis kann man die Leistungspflicht schwerlich nur einem der beiden Rechtsverhältnisse zurechnen. Eine solche zweifache Zuordnung ändert natürlich nichts daran, daß der Gesellschafter/Verkäufer nur einmal an die Gesellschaft leisten muß und mit der ordnungsgemäßen Verschaffung von Eigentum und Besitz sowohl die gesellschafts- als auch die austauschvertragliche Pflicht erfüllt. Zudem liegt es nahe, die Leistungspflicht entsprechend dem Verhältnis der beiden Gegenleistungselemente gedanklich wertmäßig aufzuteilen. Noch deutlicher haben sich manche Autoren bei der Erläuterung des Verhältnisses von Mitgliedspflicht und Drittgeschäft für eine Doppelzurechnung ausgesprochen. So ist schon bei Wieland davon die Rede, daß die Einhaltung von Mietoder Dienstverträgen gleichzeitig die Erfüllung gesellschafterlicher Pflichten bezwecke. 413 Ferner schreibt Aschoff, zu einer gesellschaftsrechtlich begründeten Lieferungspflicht könne durchaus noch ein konkreter Lieferungsvertrag hinzutreten. 414 Schließlich heißt es bei K. Schmidt, eine Beitragsleistung könne zugleich ein Verkehrsgeschäft sein 415 bzw. es sei möglich und für einen Beitrag ausreichend, daß eine auf einem besonderen Rechtsgrund beruhende Leistung auch der Förderung eines gemeinsamen Zwecks diene 416 . Eine Erörterung der Zulässigkeit einer Kumulation von gesellschafts- und austauschvertraglicher Pflicht muß sich auch mit gegenläufigen Strömungen auseinandersetzen. Hierbei ist freilich von vornherein zu betonen, daß nicht die 4 1 2 Vgl. R G vom 31.7.1895, R G Z 68, 168, 171 f.; Feine, G m b H , § 6 II, S. 107; Riesenfeld, Das Problem des gemischten Rechtsverhältnisses, S. 55. In diesem Sinne auch O L G München vom 28.7.2000, ZIP 2000, 2255, 2256: Vertrag über Einbringung eines Grundstücks nicht nur Vereinbarung zwischen Gesellschaft ( K G ) und Gesellschafter (Kommanditist), sondern auch Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern. Generell für einen Zerfall der Abrede in mehrere Verträge bei Aufteilung der Gegenleistung Kress, Allgemeines Schuldrecht, § 6 , 2 B a, S. 73. Gegen eine Aufspaltung der gemischten Sacheinlage in einen gesellschafts- und einen kaufrechtlichen Teil aber ausdrücklich Hachenburg/Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 5 Rn. 107; siehe ferner bereits Hachenburg, LZ 1907, Sp. 278, 279, der sowohl den Sachüberlassungsanspruch der Gesellschaft als auch den Vergütungsanspruch des Gesellschafters ohne weiteres als gesellschaftsrechtlich klassifiziert hat; in diesem Sinne auch R G vom 25.1.1939, R G Z 156, 321, 326 ff. 4 1 3 Handelsrecht, Bd. I, § 86, S. 841. 4 1 4 Die Rechtsnatur des Lieferungsvertrages, S. 37. Hiermit steht die zugleich geäußerte Auffassung vom Gesellschaftsvertrag als bloßem Vorvertrag allerdings in einem gewissen Widerspruch. 4 1 5 Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §§ 20 II 2 b, III 1 c u. 59 I 3 b, S. 569, 580 u. 1739. 4 1 6 Schlegelberger, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 138. Zumindest prima facie damit nur schwer vereinbar aber ders., in: Gutachten, Bd. III, S. 413, 460: „Wer nur ... die Einhaltung vorhandener Rechtspflichten verspricht, sagt keine Beitragsleistungen zu einem gemeinsamen Zweck zu".

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§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung einer

Mitarbeit

Zuerkennung, sondern die Einschränkung einer derartigen privatautonomen Gestaltung der Rechtsbeziehungen der Begründung bedarf. Deshalb genügt es nicht, mit Schultz schlicht zu behaupten, daß bei einer korporationsrechtlichen Regelung der Leistungspflichten für einen zusätzlichen Vertrag „kein Raum" mehr sei. 417 Des weiteren bilden die im Bereich der Mitarbeit von Familienangehörigen entwickelten Grundsätze kein Hindernis. Zwar geht die überwiegende Ansicht bei dem in mancher Hinsicht vergleichbaren Problem des Verhältnisses von gesetzlicher und schuldvertraglicher Tätigkeitspflicht für den Fall der Einigung auf eine schuldvertragliche Verpflichtung zur Mitarbeit offenbar davon aus, daß die familienrechtliche Pflicht hierdurch entfällt. 418 Indes gibt es zum einen Stimmen, die auf die Möglichkeit einer Kumulation hindeuten („Überlagerung") 4 1 9 oder sogar ausdrücklich von schuldrechtlichen Vereinbarungen sprechen, welche die bereits kraft Gesetzes bestehende Tätigkeitspflicht konkretisieren bzw. ausgestalten 420 . Zum anderen vermögen die Gründe, die für die strenge Alternativität angeführt werden, nicht zu überzeugen. So beruft sich Gernhuber darauf, daß es die Ehegatten durch die Einigung auf ein Arbeitsoder Gesellschaftsverhältnis ablehnten, von den Normen des Familienrechts beherrscht zu werden. 421 Dieses Argument ist jedoch hinfällig, wenn die Parteien es gerade auf die Existenz einer grundsätzlichen gesellschaftsrechtlichen Beziehung als auch einer austauschvertraglichen Vereinbarung angelegt haben. Soweit Fenn, der die Konkurrenzfrage am ausführlichsten erörtert hat, auf die drohenden Schwierigkeiten bei der Anwendung divergierender Regelungskomplexe verweist und deshalb für einen Vorrang der schuldrechtlichen Verpflichtung plädiert, 422 ist dem zu entgegnen, daß sich die Rechtsordnung der Befugnis der Parteien zu einer verschachtelten Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen nicht durch Berufung auf dadurch entstehende Normanwendungsprobleme entziehen darf. Etwaigen Friktionen zwischen den gesellschaftsrechtlichen und den austauschrechtlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Leistungspflicht ist durch eine Abstimmung der einschlägigen Regelungssysteme, nicht aber da-

FS Reinhardt (1972), S.319, 321. Für Ehegatten vgl. Fenn, Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger, S. 304 f.; Gernhuber, FamRZ 1958,243, 248 f.; Erman/Heckelmann, BGB, 10. Aufl., § 1356 Rn. 25. Für Kinder vgl. BGH vom 23.2.1965, NJW 1965, 1224 („Umwandlung"); B G H vom 16.3.1973, FamRZ 1973, 298,299 („Ersetzung"); Staudinger/Coesier, BGB, 12. Aufl., § 1619 Rn. 62. 4 1 9 Für Kinder vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1619 Rn. 4; Gernhuber/CoesterWaltjen, Lehrbuch des Familienrechts, 4. Aufl., § 55 I 3, S. 845; MünchKommBGB/u. Sachsen Gessaphe, 4. Aufl., § 1619 BGB Rn.35; ebenso wohl Erman/Michalski, BGB, 10. Aufl., § 1619 Rn. 1. 420 Dölle, Familienrecht, Bd. I, § 35 VI, S. 426 (siehe aber auch § 35 V 2 a, S. 421: „Konvertieren"); Leuze/Ott, FamRZ 1965, 15, 21 f.; in diese Richtung ferner Bürck, SGb 1988, 386, 387. 421 FamRZ 1958, 243, 248. Dagegen Müller-Freienfels, FS Nipperdey, Bd. I (1965), S. 625, 636. 4 2 2 Mitarbeit in den Diensten Familienangehöriger, S. 304 f. 417 418

IV. Verbindung

von Gesellschafts-und

Austauschbeziehung

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durch zu begegnen, daß man eine privatautonom gewollte Doppelzuordnung von vornherein unterbindet. 423 Am schwierigsten sind die Einwände zu entkräften, die auf grundsätzlichen rechtsstrukturellen Überlegungen beruhen. Hierzu zählt erstens die eingangs erwähnte These von Oertmann, ein ohnehin geschuldeter Dienst könne nicht als Leistung im Sinne eines synallagmatischen Vertrages angesehen werden 424 . Eine Fortführung dieses Gedankens findet sich bei Baums, indem er hervorhebt, daß ein Vertrag streng genommen nicht mehr als gegenseitiger Vertrag qualifiziert werden kann, wenn er nur noch dazu dient, die „Gegen"leistungspflicht zu begründen, während die Leistungspflicht auf einem anderen Rechtsgrund beruht. 425 Zweitens ist in diesem Zusammenhang das Problem aufzuwerfen, ob es eine bereits bestehende Beitragspflicht unter dem Gesichtspunkt des Leistungszwecks verhindert, eine Leistung zugleich in einen austauschvertraglichen Rahmen zu stellen. Soweit es um die Ansichten von Oertmann und Baums geht, laufen diese darauf hinaus, daß eine existierende Leistungspflicht eine grundsätzliche Sperrwirkung gegenüber einer späteren Verwendung derselben Leistungspflicht im Rahmen eines Austauschvertrages entfaltet. Von einem austauschvertraglichen Rechtsverhältnis kann hiernach nur gesprochen werden, wenn die Vereinbarung beiden Seiten einen zuvor nicht vorhandenen Anspruch auf die jeweilige Hauptleistung verschafft. Die Annahme einer derartigen Sperrwirkung erscheint indes nicht zwingend. Wie bereits herausgearbeitet, gibt es für die Parteien beachtenswerte Motive, eine bereits bestehende gesellschaftsrechtliche Pflicht zusätzlich in einen austauschvertraglichen Rahmen zu stellen. Es kann nicht überzeugen, den Beteiligten eine solche Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen lediglich aus konstruktiven Gründen zu verwehren. Da die - vertragstypische - Leistungspflicht und nicht die monetäre Gegenleistungspflicht regelmäßig den Anknüpfungspunkt für entsprechende gesetzliche Regelungen bildet, würde die auch von Baums für statthaft angesehene Möglichkeit, eine einseitige schuldvertragliche Zahlungspflicht zugunsten des Gesellschafters zu statuieren, insoweit nicht ausreichen. Hiermit ist freilich nur gesagt, daß eine Doppelzurechnung nicht schon von vornherein an der Unmöglichkeit des späteren Hinzutretens eines Austauschvertrages zu einer bereits existierenden Beitragspflicht scheitert. Dagegen soll auf die Frage nach der Zulässigkeit einer echten ökonomischen Doppelbewertung einer Tätigkeit erst bei der Erörterung der Entgeltebene eingegangen werden. Unter Leistungszweckaspekten erscheint das Problem der Kompatibilität einer austauschvertraglichen mit einer schon bestehenden gesellschafterlichen Pflicht noch ein wenig verwickelter. Dies hängt vor allem damit zusammen, daß 4 2 3 Vergleichbare Tendenz im Falle atypischer Gestaltungen bei Köhler, Z H R 144 (1980), 589, 598. 4 2 4 D J Z 1911, Sp. 124, 125. In diesem Sinne auch Lenski, B B 1957, 1236, 1238. 4 2 5 Geschäftsleitervertrag, S. 57.

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5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

der Leistungszweck verschieden akzentuiert werden kann. Erstens läßt sich das Erfüllungsziel herauskristallisieren. Soweit der Gesellschafter mit seiner Leistung seine Verbindlichkeiten erfüllen will, ist eine austauschvertragliche Pflicht mit einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung allerdings ohne weiteres vereinbar. Die Einhaltung des Austauschvertrages führt dann, wie schon Wieland angemerkt hat, 426 zu einer gleichzeitigen Erfüllung der gesellschafterlichen Pflicht. Zweitens geht es um die Ausrichtung der Leistung auf den Empfänger. Hier scheint der schon von Hoeniger konstatierte prinzipielle Unterschied zwischen Sozietät und Synallagma die simultane Zuordnung einer Leistung unmöglich zu machen. Danach geht die Leistung bei einer Sozietät auf das Gesellschaftsvermögen und nicht auf die anderen Gesellschafter über, während es bei einer synallagmatischen Beziehung zu einem unmittelbaren Ubergang in das Vermögen der anderen Vertragspartei kommt. 427 Diese Abweichung bildet indes kein Hindernis für eine Doppelzurechnung. Zumindest die Rechtsfigur der Ausführungsverträge zeichnet sich nämlich dadurch aus, daß Leistungsempfänger jeweils die Gesellschaft ist, insoweit also keine Differenz besteht. Das dritte Problem ergibt sich aus der für eine Gesellschaft erforderlichen Orientierung der Leistung an einem gemeinsamen Zweck bzw. einem Verbandszweck sowie der für Austauschverträge charakteristischen Gegenläufigkeit der Vertragszwecke. Diese grundsätzliche Verschiedenartigkeit scheint einer Verbindung im Rahmen derselben Leistung zwingend entgegenzustehen. Indes zeigt schon die erwähnte Rechtsfigur des „eingekapselten" Austauschverhältnisses,428 daß man gegen eine gewisse Janusköpfigkeit einer Leistung zumindest in Grenzfällen offenbar keine größeren Bedenken hegt. Noch deutlicher tritt die Möglichkeit einer ambivalenten Leistung bei der gemischten Sacheinlage zutage, sofern man diese als eine Kombination aus Gesellschafts- und Austauschvertrag einstuft. 429 Insoweit kann nämlich nicht bestritten werden, daß der Gesellschafter zumindest eine unteilbare Leistung zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks und zugleich mit dem gegenläufigen Ziel der Erlangung der Gegenleistung erbringt. 430 Auch wenn man die Leistung aufgrund der gesplitteten Gegenleistung gedanklich teilen will, verbleibt es doch dabei, daß es in diesen Fällen zu einem Zusammentreffen scheinbar unvereinbarer Grundformen im Rahmen desselben Leistungsvollzuges kommt. Somit stehen auch Leistungszweckgesichtspunkte einer zusätzlichen austauschvertraglichen Regelung eines gesellschaftsrechtlichen Beitrages nicht entgegen. Nach alledem ist es somit prinzipiell denkbar, eine gesellschaftsvertragliche Pflicht zur Mitarbeit zugleich zum Gegenstand eines eigenständigen tätigkeitsbeHandelsrecht, Bd. I, § 86, S. 841. Die gemischten Verträge, S. 268; zust. O. Schreiber, JherJb, Bd. 60 (1912), S. 106, 188. 4 2 8 Siehe dazu oben sub 1 a. 4 2 9 Vgl. hierzu oben Fn. 412. 4 3 0 Siehe in diesem Zusammenhang bereits das Urteil des O L G München vom 14.10.1915, O L G Rspr. 32 (1916), 135, 136, in dem es heißt, daß es teils um eine Sacheinlage, teils um eine Zuwendung zu anderen Zwecken gehe. 426 427

IV. Verbindung

von Gesellschafts-und

Austauschbeziehung

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zogenen Austauschvertrages zu machen. Eine vollständige Absorption der möglichen Rechtsgrundlagen für eine Beschäftigung mit der Folge, daß neben einer gesellschaftsvertraglich fundierten Mitarbeitspflicht kein Raum mehr für eine rein schuldrechtliche Vereinbarung bleibt, ist entgegen den Prämissen, die Baums vorschweben dürften, nicht anzuerkennen. Zwar scheint gerade Ulmer als der entschiedenste Protagonist der Ausführungsvertragskonzeption der Möglichkeit eines ergänzenden Dienstvertrages bei geschäftsführenden Gesellschaftern einer GbR ablehnend gegenüberzustehen, da er jenes Modell in diesem Kontext gerade nicht erwähnt bzw. einen Dienstvertrag sogar nur dann in Betracht ziehen will, wenn sich die Tätigkeitspflicht nicht bereits aus dem Gesellschaftsverhältnis ergibt. 431 Bei den gesellschaftsrechtlichen Nebenpflichten auf GmbH-rechtlicher Grundlage vertritt Ulmer indes eine entgegengesetzte Ansicht. 432 Zudem ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen es bei einer GbR oder generell bei Personengesellschaften nicht möglich sein sollte, einen zusätzlichen Austauschvertrag insbesondere zur Regelung der Einzelheiten einer bereits gesellschaftsrechtlich gebotenen Mitarbeit abzuschließen. bb) Beitragsrechtliche

Qualifikation

schuldvertraglicher

Leistungen

Mit den obigen Darlegungen zum Ausführungsvertragsmodell sind zugleich die wesentlichen Linien für die zweite Grundkonstellation vorgezeichnet, bei der es um Fälle geht, in denen ein Austauschvertrag vereinbart wird und sich später die Frage stellt, ob und unter welchen Voraussetzungen die vertraglich geschuldete Tätigkeit im Rahmen einer weiteren Rechtsbeziehung zugleich als gesellschaftsvertraglicher Beitrag gewertet werden kann. Es leuchtet unmittelbar ein, daß diese phänomenologische Abweichung grundsätzlich keine unterschiedliche Beurteilung rechtfertigen kann. Hiergegen spricht schon die Möglichkeit, daß beide Absprachen jeweils zeitlich koinzidieren können. Aber auch wenn dies nicht der Fall ist, sind die Gestaltungen doch in inhaltlicher Hinsicht im wesentlichen gleichgelagert. Es genügt deshalb, den durch die vorstehenden Überlegungen noch nicht bzw. nicht hinreichend beleuchteten Aspekten nachzugehen. Hierzu zählt zunächst die spezifisch gesellschaftsrechtliche Aussage von Zutt, daß eine Leistung, auf die bereits ein schuldrechtlicher Anspruch bestehe, für sich genommen kein Beitrag zu einer stillen Gesellschaft sein könne. 433 Das entspricht der These von K. Schmidt434 und Ulmer4i5, nach der die Zusage der Einhaltung In: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 706 Rn. 13, § 709 Rn. 32 ff., 36. In: Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 76 (bei Geschäftsführungstätigkeit zusätzlicher Anstellungsvertrag regelmäßig erforderlich). 433 In: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 230 Rn. 76. 434 In: Gutachten, Bd. III, S. 413, 460; siehe aber auch ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §§ 20 II 2 b, III 1 c u. 59 I 3 b, S. 569, 580 u. 1739; ders., in: Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 138, wonach ein Beitrag gleichzeitig auf einem besonderen Rechtsgrund (Verkehrsgeschäft) beruhen kann. 435 In: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 705 Rn. 120. 431

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§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

existierender Rechtspflichten generell keinen Beitrag zu einem gemeinsamen Zweck darstelle. Diese Ansicht läßt sich zu der Vorstellung verallgemeinern, daß von einem gesellschaftsrechtlichen Beitrag nur dann die Rede sein könne, wenn sich die Lage für die Gesellschaft durch die jeweilige Leistung verbessere. An einer solchen Verbesserung fehle es bei einem auf dieselbe Leistung abzielenden schon vorhandenen Anspruch. Eine derartige Leistung sei mithin kein tauglicher Beitragsgegenstand. Da diese Betrachtungsweise auf der Leistungsebene verbleibt, unterscheidet sie sich im übrigen von der noch zu erörternden Auffassung von Roos, der die Einstufung der Tätigkeit von Arbeitnehmern als stille Gesellschaftseinlage unter Berufung auf die vom Arbeitgeber zu erbringende entgeltliche Gegenleistung zumindest einschränken will. 436 Wie im Rahmen der Ausführungsvertragskonzeption herausgearbeitet wurde, muß es auch bei einer schuldvertraglich bereits geschuldeten Leistung indes nicht an einem Vorteil für die Gesellschaft fehlen. Vielmehr kann eine Verbesserung schon darin gesehen werden, daß sich der Leistungspflichtige Bindungen unterwirft, die ihn im Rahmen eines reinen schuldrechtlichen Vertrages nicht treffen würden. Dabei ist vor allem an Restriktionen der Vertragsbeendigungsfreiheit zu denken. Die Existenz eines schuldrechtlichen Anspruchs auf eine Leistung bildet demnach für sich genommen kein Hindernis für eine an eben diese Leistung anknüpfende Beitragsbeziehung. Sodann geht es - diesmal aus der Perspektive eines vorhandenen Austauschvertrages - erneut um die Leistungszweckthematik. Insoweit ist von dem Grundsatz auszugehen, daß eine Leistung, auf die bereits ein Anspruch im Rahmen eines Gegenseitigkeitsverhältnis besteht, nur dann zusätzlich als Beitrag qualifiziert werden kann, wenn sie zugleich einen gemeinsamen Zweck bzw. einen Verbandszweck fördern soll 437 . Für einen derartigen Zweck kann nicht schon das gemeinsame Interesse der Vertragsparteien an einem reibungslosen Leistungsaustausch genügen, 438 weil eine Abgrenzung zu den reinen Austauschverträgen ansonsten nicht mehr möglich wäre. 439 Aus dem Erfordernis der Förderung eines Gesellschaftszwecks folgt mithin, daß das Ziel der Leistung nicht lediglich in der Erlangung der Gegenleistung liegen darf. In diesem Falle würde es an einem gemeinsamen Zweck fehlen. Wie die obigen Ausführungen belegen, schließt dieser Grundsatz für sich genommen jedoch nicht von vornherein die Möglichkeit aus, daß die Parteien mit der Vereinbarung einer Leistung zugleich das Ziel verfolgen, einen gemeinsamen Zweck bzw. einen Verbandszweck zu fördern. Dies setzt al-

Beteiligung der Arbeitnehmer, S. 70 f. Zum allgemeinen Beitragsbegriff siehe nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 20 II 2 a, S. 569. 4 3 8 So aber W. Kellermann, Zweck, S. 115 ff., 139 f., der die auch nach seiner Ansicht erforderliche Unterscheidung von Gesellschafts- und Austauschverhältnissen mit Hilfe des Kriteriums der gemeinsamen Erfolgssteuerung vornehmen will, aaO., S. 133 ff. 4 3 9 Zu Recht abl. deshalb Böhmer, J Z 1994, 982 Fn. 1. 436 437

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

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lerdings voraus, daß sich dieser Zweck hinreichend deutlich vom Zweck des Austauschverhältnisses abhebt. Man könnte des weiteren daran denken, diese Sicht der Dinge durch neuere Ansätze zur Erfassung komplexer vertraglicher Strukturen abzustützen. So wird vor allem auf dem Gebiet des Franchising die Ansicht vertreten, daß sich in bestimmten Ausprägungen des Franchising die Rechtsbeziehungen nicht in einem Austauschverhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern erschöpften. Vielmehr trete eine alle Beteiligten erfassende gesellschaftsrechtliche Beziehung hinzu. 440 Eine nähere Betrachtung zeigt freilich, daß den in diesem Zusammenhang vertretenen Konzeptionen nur eine geringe Aussagekraft zukommt. So dürfte Martinek dahin zu verstehen sein, daß er die als Gesellschaftsbeiträge bezeichnete Absatzförderungspflicht des Franchisenehmers sowie die Betriebseingliederungs- und -förderungspflicht des Franchisegebers 441 lediglich dem Gesellschaftsverhältnis zuweist und nicht zugleich als Leistungen in den jeweiligen Austauschverträgen ansiedelt. 442 Kessal-Wulf, die sich der hier interessierenden Problematik ausdrücklich zuwendet, will die schuldrechtliche und die gesellschaftsrechtliche Ebene voneinander abschichten und aus der bilateralen Beziehung zwischen Franchisegeber und Franchisenehmern alles ausblenden, was der gemeinsamen Zweckförderung dient. 443 Demgegenüber ist bei Weltrich zwar sowohl von einer dienstvertraglichen Absatzförderungspflicht als auch von einem Gesellschaftsvertrag die Rede, der auf den gemeinsamen Zweck der Absatzoptimierung gerichtet ist. 444 Allerdings sind die Ausführungen zu knapp gehalten, um aus ihnen tragfähige dogmatische Schlußfolgerungen ziehen zu können. Eine echte Doppelzuordnung findet sich nur bei Teubner. Indes spricht auch Teubner lediglich verhältnismäßig allgemein von einer simultanen Doppelzurechnung des Handelns auf Kollektiv und Individuum. 445 Davon abgesehen scheint Teubner mit dem von ihm in den Vordergrund gestellten „Netzwerk" ohnehin eine dritte „hybride" Rechtsfigur neben Austauschvertrag und Gesellschaft und nicht eine Kombination beider Grundformen vorzuschweben. 446 Wenngleich dieser Abstecher in einen Teilbereich der Deutung komplexer vertraglicher Strukturen somit letztlich unergiebig bleibt, ändert dies doch nichts an der obigen Aussage, daß der Umstand einer schon bestehenden 4 4 0 So vor allem Martinek, Franchising, S. 389 ff., 410 ff., 423 f.; ferner Buschbeck-Bülow, BB 1989, 352, 353; Kessal-Wulf, Innenverbände, S. 249 ff., 255 ff., 259 ff., 497; Weltrich, Franchising, S. 104. 4 4 1 Franchising, S. 397. 4 4 2 Vgl. Franchising, S. 393, wo von „ergänzenden Hilfsverträgen" die Rede ist. 4 4 3 Innenverbände, S. 257. 4 4 4 Franchising, S. 104. 4 4 5 Z H R 154 (1990), 295, 310. 4 4 6 In diesem Sinne auch Rohe, Netzverträge, S. 417. Für eine Unterscheidung zwischen „Netzwerk" als dritter Typus privater Koordination neben Vertrag und Gesellschaft auf der einen Seite und „Hybrid" als eine Gemengelage von Netzwerk, Vertrag und Gesellschaft auf der anderen Seite nunmehr Teubner, Z H R 165 (2001), 550, 554 ff.

118

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

schuldrechtlichen Pflicht zur Mitarbeit in einer Gesellschaft für sich genommen kein Hindernis bildet, diese Leistung zusätzlich in einen gesellschaftsrechtlichen Zusammenhang zu stellen. Mithin ist es sowohl vom Ausgangspunkt eines gesellschaftsrechtlichen Beitragspflicht als auch eines Austauschvertrages her zulässig, die simultane Zurechnung einer Tätigkeit zur jeweils anderen Rechtsform vorzunehmen. Damit ist indes noch nicht zugleich die Frage beantwortet, ob es auch möglich ist, dieselbe Dienstleistung nach zwei unterschiedlichen Modi, nämlich sowohl nach sozietätsrechtlichen als auch nach austauschvertraglichen Grundsätzen zu vergüten. cc) Gemischtes

Mitarbeiterverbältnis

Die bisherigen Ausführungen befaßten sich - wie zur Klarstellung noch einmal hervorgehoben sei - mit der simultanen gesellschafts- und austauschvertraglichen Qualifikation einer Tätigkeit im Rahmen zweier verschiedener Rechtsverhältnisse. Die These Adomeits vom gemischten Mitarbeitsverhältnis 447 gibt darüber hinaus zur Frage Anlaß, ob eine Doppelzurechnung auch innerhalb desselben Rechtsverhältnisses statthaft ist. Insoweit muß man zunächst festhalten, daß die Aussage, ein Rechtsverhältnis sei vollumfänglich als Gesellschaftsvertrag einzustufen, zwangsläufig zugleich besagt, daß dieses Rechtsverhältnis als solches keinen Austauschvertrag darstellt. Dies bedeutet einerseits, daß die oben befürwortete grundsätzliche Möglichkeit der simultanen Zuordnung eines gesellschaftsrechtlichen Beitrages in einen austauschvertraglichen Kontext zwingend eine Verdoppelung der Rechtsverhältnisse voraussetzt. Andererseits verhindert gerade die Duplikation der Rechtsverhältnisse einen Widerspruch zu der schon seit langem geläufigen These, daß dasselbe Rechtsverhältnis nicht gleichzeitig die Anforderungen zweier unterschiedlicher Vertragsarten zur Gänze erfüllen kann 448 . Folglich muß die Frage dahin konkretisiert werden, ob eine Leistung innerhalb desselben Rechtsverhältnisses zum Teil einen austauschvertraglichen und zum Teil einen gesellschaftsvertraglichen Charakter haben kann, also insoweit ein „echter" gemischter Vertrag vorliegt und nicht etwa nur ein „eingekapseltes" Rechtsverhältnis, also eine Austauschbeziehung auf rein kooperationsrechtlicher Grundlage 449 . Dabei kann es zu einer solchen Konstellation - entsprechend früheren Darlegungen 450 - von vornherein nur in den Fällen kommen, in denen auf beiden Seiten dieselben Vertragspartner agieren, mithin nur bei zweigliedrigen Innengesellschaften. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich eine nähere Betrachtung der zur Qualifikation von partiarischen Rechtsverhältnissen entwickelten Grundsätze, also von Verträgen, bei denen die Gegenleistung ganz oder partiell in einem An447 448 449 450

Siehe dazu die Nachweise oben sub 2 ee in Fn. 353. So bereits Leonhard, Schuldrecht, Bd. I, § 158, S. 332. Vgl. dazu oben sub 1 a. Siehe oben sub 1 a.

IV. Verbindung

von Gesellschaft-

und Austauschbeziehung

119

teil an dem von der anderen Vertragspartei mit Hilfe der erbrachten Leistung erzielten Gewinn besteht. Bei diesen vertraglichen Gestaltungen grenzen Gesellschafts- und Austauschvertragsrecht nämlich unmittelbar aneinander. Insoweit kommt insbesondere in der Rechtsprechung die Vorstellung einer strikten Trennung beider Grundformen zum Ausdruck, indem in Grenzfällen stets die Frage gestellt wird, ob die Parteien einen gemeinsamen Zweck oder gegenläufige Interessen verfolgen. 451 Diese auf eine lange Tradition zurückblickende „Trennungstheorie" 452 wird im neueren allgemeinen zivilrechtsdogmatischen Schrifttum indes zunehmend abgelehnt. Es mehren sich die Stimmen, die partiarische Rechtsverhältnisse als Mischformen zwischen Austausch- und Gesellschaftsvertrag einstufen. 453 Dabei kommt es für die vorliegenden Zwecke nicht darauf an, ob partiarische Verhältnisse stets einen derartigen Mischcharakter aufweisen oder ob noch weitere Abstufungen zu treffen sind. Entscheidend ist, daß man in der neueren Literatur vielfach keine Bedenken mehr gegen eine Einordnung derselben Leistung als teilweise austauschvertraglich und teilweise gesellschaftsvertraglich hegt. In der Tat lassen sich nach den Darlegungen zur Doppelzurechnung einer Mitarbeit beim Vorliegen mehrerer Rechtsverhältnisse keine durchgreifenden Bedenken gegen eine gemischte Qualifikation derselben Tätigkeit auch im Rahmen desselben Rechtsverhältnisses vorbringen. b)

Entgeltkomponente

Wie in den vorangegangenen Ausführungen bereits mehrfach zum Ausdruck gekommen ist, stellt es eine eigenständige Problematik dar, ob dieselbe Leistung simultan sowohl durch eine gesellschafterliche Gewinnbeteiligung als auch durch eine austauschvertragliche Gegenleistung vergütet werden kann. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildet insoweit die schon durch v. Jbering hervorgehobene Unterscheidung von Tauschvertrag und Sozietät als den beiden Grundformen entgeltlicher Verträge. 454 Während es beim synallagmatischen Vertrag zu einem Leistungsaustausch komme, ziele die Gesellschaft auf eine Leistungsvereinigung ab. Dementsprechend werde die Gegenleistung bei der Austauschbeziehung unmittelbar vom Vertragspartner erbracht, wohingegen die So4 5 1 Vgl. nur B G H v o m 19.9.1951, L M § 335 H G B Nr. 1; B G H vom 9.2.1967, L M § 335 H G B Nr. 8; B G H v o m 26.6.1989, N J W 1990, 573, 574; B G H v o m 10.10.1994, B G H Z 127, 176, 177 f.; ebenso e t w a P a l a n d t I S p r a u , B G B , 61. A u f l . , § 705 R n . 9; Zutt, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. A u f l . , § 230 R n . 24. 4 5 2 In diesem Sinne g r u n d l e g e n d schon Crome, Die partiarischen Rechtsgeschäfte, S. 376: „Gegensätze, z w i s c h e n denen keine Vermittelung m ö g l i c h ist". 453 Larenz/Canaris, Schuldrecht, Bd. II/2, 13. A u f l . , § 63 III 2 a, S. 57; Dellios, Präzisierung der R e c h t s f i n d u n g s m e t h o d e , S. 157 ff.; Fikentscher, Schuldrecht, 9. A u f l . , R n . 963 Fn. 1; Huffer, Das partiarische Rechtsgeschäft, S. 59 ff.; Leenen, T y p u s u n d R e c h t s f i n d u n g , S. 139 ff., Medicus, Schuldrecht, Bd. II, 10. A u f l . , R n . 591; siehe ferner R G R K / f . Gamm, B G B , 12. A u f l . , Vor § 705 R n . 2: „ U b e r g ä n g e d e n k b a r " ; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. A u f l . , Vor § 705 R n . 6: „Sonderfall des Einfließens gesellschaftsrechtlicher Elemente in einen Austauschvertrag." 4 5 4 Z w e c k im Recht, Bd. 1, 3. A u f l . , S. 124 ff.; siehe dazu auch R. Müller, Gesellschaftsvertrag und S y n a l l a g m a , S. 64 f.

120

5 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

zietät zu einem mittelbaren Entgelt aus dem Gesellschaftsvermögen führe. 4 5 5 Dieser Auffassung kann man freilich wiederum entgegenhalten, daß es jedenfalls in den hier relevanten Fällen stets um Gestaltungen geht, in denen die finanzielle Leistung gleichermaßen aus dem Gesellschaftsvermögen erbracht wird und sich nur die Frage stellt, ob dieses Entgelt simultan als austauschvertragliche und gesellschaftsrechtliche Vergütung eingestuft werden kann. Dennoch verbirgt sich hinter dieser Einteilung die zutreffende Erkenntnis, daß eine kongruente Vergütung derselben Leistung nach zwei gänzlich divergenten Modalitäten nicht möglich ist. Wenn eine Leistung nach dem Ertrag eines Unternehmens vergütet werden soll, kann sie nicht zugleich gewinnunabhängig sein, und wenn umgekehrt eine Festvergütung vorgesehen ist, kann sich das Entgelt nicht simultan nach dem Unternehmensgewinn richten. In dem Maße, in dem eine Leistung in eine gesellschaftsrechtliche Gewinn- und Verlustrechnung eingestellt wird, kann sie nicht gleichzeitig nach austauschvertraglichen Grundsätzen entgolten werden, und in dem Maße, in dem eine Leistung durch eine austauschvertragliche Gegenleistung einer Gesellschaft vergütet wird, steht sie in ökonomischer Hinsicht für eine gleichzeitige Qualifikation als Beitrag zu einer Gesellschaft mit erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung nicht mehr zur Verfügung. In diesem Sinne kann man von einer wechselseitigen Absorptionswirkung von Beitrag und gegenseitigem Vertrag sprechen. Dies dürfte einer der Ursachen dafür sein, daß etwa auch die Studienkommission bei ihren Überlegungen zur Mitarbeiterbeteiligung lediglich die Möglichkeit erwähnt, den Arbeitnehmer an einer O H G durch Verwendung von Gewinnanteilen oder zu Lasten bereits bestehender Gesellschafterkapitalkonten, nicht aber schon kraft der von ihm geleisteten Arbeit als solcher zu beteiligen. 4 5 6 Freilich zeigt die bereits erwähnte Fallgruppe der gemischten Sacheinlage, daß es durchaus zulässig ist, eine Leistung teilweise als Beitrag und teilweise als austauschvertragliche Leistung zu vergüten. Die häufige Einstufung als einheitlicher gemischter Vertrag 4 5 7 belegt einerseits, daß ein Nebeneinander von Sozietät und Synallagma im selben Vertragsgebilde rechtlich möglich ist. Andererseits wird insoweit entsprechend den soeben dargetanen Grundsätzen von niemandem eine echte ökonomische Doppelbewertung derselben Leistung im Sinne einer vollständigen Uberlagerung von gesellschafts- und austauschvertraglicher Vergütung vertreten. Die Zulässigkeit eines echten Nebeneinanders innerhalb desselben Vertrages führt des weiteren dazu, daß eine Mitarbeit dann als Beitrag eingestuft werden kann, wenn sie einen Vermögenswert darstellt, der über den durch die austauschvertragliche Entgeltzahlung abgegoltenen Wert hinausgeht. 4 5 8 Hierbei ist insbe4 5 5 So Hoeniger, Die gemischten Verträge, S. 268 ff.; O. Schreiber, JherJb, Bd. 60 (1912), S. 106, 188 f. 4 5 6 Untersuchungen, Teil II, S. 50. 4 5 7 Siehe die Nachweise oben in Fn. 410. 4 5 8 Ahnlich Roos, Beteiligung der Arbeitnehmer, S. 70 f. Siehe auch Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 53 f.

IV. Verbindung

von Gesellschafts-

und Austauschbeziehung

121

sondere zu berücksichtigen, daß der wirtschaftliche Wert einer Arbeitsleistung von der Rechtsordnung nicht objektiv vorgegeben, sondern von den Parteien privatautonom festgesetzt wird. 459 Wenn sich die Beteiligten eines Austauschvertrages darüber einig sind, daß die Mitarbeit unterbewertet ist, steht ihnen deshalb die Möglichkeit offen, den durch die Gegenleistung gleichsam nicht ausgeschöpften Teil der Tätigkeit unternehmerisch als Beitrag zu einem gemeinsamen Zweck in die Gesellschaft einzubringen. Das austauschvertragliche Gegenseitigkeitsverhältnis entfaltet in diesem Falle keine abschließende Absorptionswirkung. Den erwähnten Konzeptionen zur Mitarbeiterbeteiligung in Form einer stillen Gesellschaft, die auf der Zuordnung derselben Tätigkeit zu einer austauschvertraglichen und einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung aufbauen, stehen damit keine strukturellen Hindernisse entgegen. Voraussetzung ist lediglich eine gedankliche Trennung der durch die Festvergütung und der durch die Gewinnbeteiligung abgegoltenen Mitarbeit. Dasselbe gilt für die vor allem von Adomeit propagierte Rechtsfigur des aus dienst- und gesellschaftsvertraglichen Elementen zusammengesetzten einheitlichen gemischttypischen Mitarbeiterverhältnisses. Dieses Modell scheitert nicht schon an rechtlicher Unmöglichkeit. Vielmehr ist eine Aufteilung der Gegenleistung des Mitarbeiters in eine nach austausch- und eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen erfolgende Vergütung durchaus statthaft. Lediglich eine echte ökonomische Doppelbewertung derselben Leistung kann nicht anerkannt werden. Mithin vermag die apodiktische Trennung von Gesellschafts- und Austauschvertrag durch Lieb460 nicht zu überzeugen. Wenn sich Reuter461 und Boysen462 indes dagegen wenden, das Einkommen des Arbeitnehmers als Gewinnbeteiligung und gleichzeitig als austauschvertragliche Gegenleistung zu qualifizieren, so ist dem zuzustimmen. Aus der Parallele zu den gemischten Sacheinlagen und ihrer vielfachen Einstufung als einheitlicher gemischter Vertrag folgt schließlich ferner, daß die von Loritz46i vertretenen Auffassung, in den Fällen der Mitarbeit im Grenzgebiet von Gesellschafts- und Arbeitsrecht sei die Verwendung der Rechtsfigur der gemischten Verträge irreführend, nicht zutrifft. Zwar beziehen sich die für gemischte Verträge entwickelten Mechanismen herkömmlicherweise auf Rechtsverhältnisse, die zwischen denselben Vertragspartnern existieren, ohne einem im B G B enthaltenen Vertragstyp eindeutig zugeordnet werden zu können. Gleichwohl bilden 4 5 9 Die Bindung an kollektivvertragliche Mindestbedingungen spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. 4 6 0 In: Beuthien (Hrsg.), Arbeitnehmer oder Arbeitsteilhaber?, S. 41, 51. 461 Stellung des Arbeitsrechts, S. 23 f. 462 Betriebsverband und Arbeitsverhältnis, S. 184 f. 463 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S.217. Auch die weitere Aussage von Loritz, aaO., nach der (von gemischten Verträgen zu unterscheidende) zusammengesetzte Verträge ebenfalls stets zwischen denselben Vertragspartnern bestünden, widerspricht anerkannten Grundsätzen des Schuldrechts; vgl. B G H vom 13.11.1954, D B 1955, 508; B G H vom 30.4.1976, N J W 1976, 1931, 1932; B G H vom 6.12.1979, B G H Z 76, 43, 49; Staudinger/Löwisch, B G B , 13. Bearb., § 305 Rn. 48.

122

§ 3 Rechtsformen

für die Einordnung

einer

Mitarbeit

auch die gemischten Sacheinlagen jedenfalls dann, wenn man die austauschrechtliche Komponente als echten kaufvertraglichen Bestandteil qualifiziert, ein einheitliches Vertragsgebilde, das sich aus einer Vereinbarung im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern und einer Absprache im Außenverhältnis zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft zusammensetzt. Für eine „gemischte" Mitarbeit können indes keine anderen Grundsätze gelten. Darüber hinaus ist an diejenigen Fälle zu denken, in denen für die Verbindung von kooperations- und austauschrechtlicher Qualifikation einer Tätigkeit an eine Innengesellschaft 464 anknüpft wird. Da Innengesellschaften als solche im Rechtsverkehr nicht in Erscheinung treten 4 6 5 und in dieser Konstellation etwaige austausch- und gesellschaftsvertragliche Beziehungen somit zwischen denselben Personen bestehen, ist der Unterschied zwischen zwei getrennten Rechtsbeziehungen und einem einheitlichen gemischten Rechtsverhältnis kaum noch auszumachen. 4 6 6

4.

Zusammenfassung

Die voranstehenden Überlegungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine Tätigkeit kann einen gesellschaftsvertraglichen Beitrag und in einem weiteren Rechtsverhältnis zugleich eine Leistung in einem mitarbeitsbezogenen Austauschvertrag darstellen. Darüber hinaus kann einer Dienstleistung im Rahmen desselben Rechtsverhältnisses ein aus beiden Grundformen zusammengesetzter Mischcharakter zukommen. Das für die Mitarbeit zu leistende Entgelt kann indessen nicht gleichzeitig in vollem Umfang den Charakter einer gesellschaftsrechtlichen Gewinnbeteiligung und einer austauschvertraglichen Festvergütung haben. Es ist jedoch rechtlich möglich, für eine Dienstleistung ein bestimmtes Entgelt zu zahlen und den hierdurch nicht abgegoltenen wirtschaftlichen Wert der Leistung als Beitrag zu einer Gesellschaft zu qualifizieren, der eigenständig nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen vergütet wird. Somit ist es zulässig, daß ein Beschäftigter seine Arbeit zum Teil mit dem Ziel einer Gegenleistung und zum Teil mit dem Ziel erbringt, zu einem gemeinsamen Zweck beizutragen. 4 6 7

Stille Gesellschaft oder BGB-Innengesellschaft. Zur stillen Gesellschaft vgl. § 230 Abs. 2 H G B ; zur fehlenden Rechtsfähigkeit der stillen Gesellschaft siehe nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 62 IV 1 a, S. 1854; zur B G B - I n nengesellschaft etwa M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 705 Rn. 233. 4 6 6 Unvollständig deshalb Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 217, der die einheitlichen, gemischten Rechtsverhältnisse von vornherein ausblendet, weil er insoweit nur die Konstellation divergierender Vertragspartner vor Augen hat, während er an anderer Stelle (S. 62, 75) durchaus die stille Gesellschaft berücksichtigt. 4 6 7 Siehe in diesem Zusammenhang auch das Urteil des B A G vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 H G B , in dem das Gericht das Vorbringen der Revision, das Beschäftigungsverhältnis sei wegen einer vereinbarten Gewinnbeteiligung aus dienst- und gesellschaftsvertraglichen Bestandteilen zusammengesetzt, nicht von vornherein als denkgesetzlich unmöglich zurückweist, sondern sich darauf beschränkt, auf der Ebene der Auslegung des konkreten Rechtsverhältnisses eine Qualifikation als - echter - Arbeitsvertrag vorzunehmen. 464

465

V.

Zwischenergebnis

123

Diese G r u n d s ä t z e laufen demnach auf eine gewisse Spaltung bei der Frage nach der Statthaftigkeit der D o p p e l z u o r d n u n g einer Tätigkeit hinaus. W ä h r e n d die Mitarbeit als solche sowohl den f ü r die Gesellschaft als auch den f ü r den Austauschvertrag geltenden Regeln simultan unterstellt werden kann, ist in ö k o n o mischer Hinsicht n u r ein Nebeneinander von Gewinnbeteiligung u n d Festvergütung denkbar. Diese D i s k r e p a n z findet ihre Erklärung in einem unterschiedlichen Abstraktionsgrad der Leistungs- u n d der Entgeltebene. Die Frage nach der D o p pelzurechnung einer Tätigkeit als solcher läuft nämlich letztlich darauf hinaus, einen rechtlichen A n k n ü p f u n g s p u n k t f ü r komplexe Regelungssysteme zu gewinnen, die sich keineswegs in allen Einzelbelangen widersprechen müssen. Etwaige N o r m w i d e r s p r ü c h e müssen dabei erst bei der Ermittlung konkreter Rechtsfolgen aufgelöst werden. Demgegenüber geht es auf der Entgeltebene von vornherein nur u m einen einzigen monetären Anspruch, der nicht zugleich zwei einander entgegengesetzten G r u n d f o r m e n zugeordnet w e r d e n kann. Soweit eine zweifache Z u o r d n u n g bzw. ein Mischgebilde rechtlich zulässig ist, kann eine solche Gestaltung von den Parteien b e w u ß t vereinbart werden u n d steht z u d e m als Auslegungsalternative f ü r zweifelhafte Sachverhalte zur Verfügung. Angesichts der Überlegungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Qualifikation f ü r die Rechtsfolgen k ö n n e n auf diese Weise unter U m s t ä n d e n sowohl gesellschaftsrechtliche als auch dienstvertrags- bzw. arbeitsrechtliche Bestimmungen auf eine Mitarbeit zur A n w e n d u n g k o m m e n .

V. Zwischenergebnis Die bisherigen A u s f ü h r u n g e n erlauben es, die f ü r eine Mitarbeit im U n t e r n e h men im Geflecht von Gesellschafts-, Dienstvertrags- u n d Arbeitsrecht zur Verfügung stehenden rechtlichen G r u n d f o r m e n in eine Reihung zu stellen, auf die im Verlaufe der Studie immer wieder zurückgegriffen werden soll, u m die Verständigung zu erleichtern: Auf dem einen E n d e der Skala befindet sich das reine Gesellschaftsverhältnis (Typ I). Als nächstes folgt eine Verbindung von Gesellschaftsu n d Austauschvertrag, sei es im Wege eines Ausführungsvertrages, also einer Kombination zweier rechtlicher Verhältnisse (Typ I I / l ) , sei es im Wege eines einheitlichen gemischten Vertrages (Typ II/2). Auf dem anderen E n d e der Skala steht der Mitarbeiter, der seine Tätigkeit ausschließlich im Rahmen eines Austauschvertrages - Dienst- oder Arbeitsvertrag - erbringt. Hierbei kann es sich u m den echten - Drittvertrag eines Gesellschafters (Typ III/1) wie auch u m den schlichten Dienst- oder Arbeitsvertrag eines Nichtgesellschafters (Typ III/2) handeln.

Zweites

Kapitel

Qualifikation von Mitarbeitsverhältnissen

§ 4 Grundfragen der Einstufung von Grenzfällen I. Vorbemerkungen Es ist bereits dargelegt worden, daß die grundsätzliche Qualifikation einer Mitarbeit eine wichtige Weichenstellung bei der Ermittlung der Rechtsfolgen bildet, die für eine Dienstleistung im Grenzbereich zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht gelten. 1 Im folgenden soll dieser Ansatz fortgeführt und die Aufmerksamkeit nunmehr auf die einzelnen Kriterien gelenkt werden, die für die konkrete Einstufung „echter" Zweifelsfälle maßgeblich sind, also solcher Gestaltungen, die sich zumindest vom normalen Arbeitsverhältnis abheben und nicht schon aus diesem Grunde eindeutig zugeordnet werden können. Die Ausführungen zu den in diesem Zusammenhang grundsätzlich zur Verfügung stehenden Rechtsformen haben allerdings verdeutlicht, daß schon bei einer austauschrechtlichen Charakterisierung nicht allein ein Arbeitsverhältnis in Betracht gezogen werden darf, sondern weitere Grundformen (freier Dienstvertrag, arbeitnehmerähnliche Stellung) berücksichtigt werden müssen. 2 Während es sich hierbei aber noch um jeweils vergleichsweise homogene rechtliche Strukturen handelt, kann davon bei gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen nicht mehr die Rede sein. Vielmehr existiert - wie dargetan 3 - eine Vielzahl unterschiedlicher kooperationsrechtlicher Formen. Schon aus diesen Gründen ist es nicht möglich, die Qualifikationsproblematik dadurch bewältigen zu wollen, daß man kurzerhand das Arbeitsverhältnis von dem gesellschaftsvertraglichen Tätigkeitsverhältnis abgrenzt. Zwar ist die einschlägige Judikatur zuweilen in dieser Weise verfahren und hat die denkbare Gesellschaftsform nicht näher spezifiziert 4 . Uberwiegend aber wurde die jeweils involvierte gesellschaftsrechtliche Form angesprochen. Dabei wurden die meisten der oben aufgelisteten Gesellschaftsformen berührt. Genannt seien auf dem Gebiet des Personengesellschaftsrechts die GbR, 5 die

Siehe dazu oben sub § 2 II 3. Vgl. oben sub § 3 III. 3 Siehe hierzu oben sub § 3 II. 4 Vgl. R G vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37; R A G vom 7.11.1928, A R S 4, 143, 144 f.; L A G Chemnitz vom 5.12.1935, A R S 26, 50 ff.; R A G vom 29.3.1939, A R S 37, 44, 53 f.; BAG vom 12.12.1956, A P Nr. 1 zu § 74 HGB; undeuriich auch B G H vom 3.2.1978, DB 1978, 1395 f. 5 R G vom 9.12.1902, J W 1903, Beilage Nr. 2, S. 16, 17; R G vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 16 ff.; L A G Aachen vom 19.2.1937, A R S 29, 69, 70 ff.; RG vom 13.4.1942, DR 1942, 1161 f.; O G H vom 10.6.1949, A P 50 Nr. 108; B G H vom 29.1.1951, N J W 1951, 308; L A G Bremen vom 1

2

128

§ 4 Grundfragen

der Einstufung von

Grenzfällen

O H G , 6 die KG, 7 die stille Gesellschaft 8 sowie aus dem Bereich des Körperschaftsrechts die G m b H 9 , die Genossenschaft 1 0 und der Verein 1 1 . Lediglich für die Partnerschaft und die E W I V fehlt es soweit ersichtlich an entsprechenden Entscheidungen. Ein ähnlich breites S p e k t r u m liefert die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur versicherungspflichtigen Beschäftigung, wobei der Schwerp u n k t eindeutig auf der G m b H liegt. 1 2 Demgegenüber dominieren in der finanz29.3.1957, AP Nr. 1 zu § 6 1 1 BGB Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis; BAG vom 16.11.1959, AP Nr. 13 zu § 2 7 6 ZPO; BAG vom 13.3.1964, AP Nr. 26 zu § 2 A r b G G 1953 Zuständigkeitsprüfung; O L G Koblenz vom 14.2.1986, W M 1986, 590; BAG vom 15.4.1993, AP Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979; L A G Niedersachsen vom 23.1.1995, LAGE § 48 ArbGG 1979 Nr. 10 (Vorvertrag); L A G Hessen vom 20.3.2000, N Z A - R R 2001, 156 ff; O L G Köln vom 5.10.2000, N Z G 2001, 165 ff.; L A G Hessen vom 7.8.2001, N Z A - R R 2002, 263, 264. 6 R G vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7; B G H vom 25.4.1966, N J W 1966,1307, 1308. 7 O L G München vom 28.12.1914, SeuffA, Bd. 70 (1915), Nr. 113; R G vom 28.4.1925, RGZ 110, 418, 420; L A G Berlin vom 13.3.1929, A R S 7, 13 f.; B G H vom 27.6.1955, B G H Z 17, 392, 394 f.; L A G Baden-Württemberg vom 21.4.1960, DB 1960, 1159; B G H vom 11.7.1962, L M § 66 BEG 1956 Nr. 17; B A G vom 26.6.1967, A P Nr. 30 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung; BAG vom 8.1.1970, A P Nr. 14 zu § 5 2 8 ZPO; B G H vom 7.12.1972, N J W 1973, 328 (Komplementär); O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 343, 344 f.; B G H vom 17.12.1973, W M 1974, 177, 178; B G H vom 4.3.1976, W M 1976, 446; O L G H a m m vom 15.11.1976, DB 1977, 717, 718; BAG vom 11.5.1978, A P Nr. 2 zu § 161 H G B . 8 R G vom 9.12.1902, J W 1903, Beilage Nr. 2, S. 16,17; KG vom 10.10.1928, J F G 6 (1929), 207, 211; RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 16 ff.; B G H vom 22.11.1965, N J W 1966, 501. 9 R G vom 4.5.1904, HoldhMSch 13 (1904), 256 f.; O L G Frankfurt vom 12.7.1907, OLGRspr. 16 (1908), 118 f.; L A G H a m m vom 19.3.1985, BB 1986, 391, 392; BAG vom 9.1.1990, AP Nr. 6 zu § 3 5 G m b H G ; B A G vom 28.11.1990, A P Nr. 137 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; B A G vom 10.4.1991, AP Nr. 54 zu § 611 BGB Abhängigkeit; B A G vom 6.5.1998, A P Nr. 95 zu § 611 BGB Abhängigkeit. 10 L A G Bayern vom 8.5.1956, W A 1957, 184; L A G Berlin vom 11.9.1991, LAGE § 2 ArbGG 1979 Nr. 9; BAG vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI; B G H vom 26.2.1996, B G H Z 132, 84, 88 f.; BAG vom 13.6.1996, AP Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R ; B G H vom 3.11.1997, LM Nr. 3 zu DDR-PGHV. 11 B A G vom 18.2.1956, AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953; BAG vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz; L A G Stuttgart vom 17.11.1977, A r b u R 1978, 125 f.; B A G vom 20.2.1986, AP Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz; B A G vom 10.5.1990, AP Nr. 51 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG vom 22.3.1995, A P Nr. 21 zu § 5 ArbGG 1979; B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979; BAG vom 22.4.1997, A P Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung (unter B III 2 b). 12 Vgl. zur GbR: LSG Nordrhein-Westfalen vom 8.1.1967, Breith. 1957, 687, 688 ff.; SG Koblenz vom 13.11.1958, Breith. 1958, 291, 292 f.; BSG vom 26.5.1966, BSGE 25, 51, 52 ff.; BSG vom 20.7.1988, SGb 1989, 165, 167; zur KG: LSG Schleswig vom 24.9.1958, Breith. 1958, 287, 288 ff.; BSG vom 27.7.1972, AP Nr. 4 zu § 539 RVO; BSG vom 5.11.1980, BSGE 50, 264, 285 ff.; zur G m b H : BSG vom 13.12.1960, BSGE 13,196,197 ff.; BSG vom 30.3.1962, BSGE 17,15,19 ff.; BSG vom 25.5.1965, BSGE 23, 83, 84 f.; BSG vom 31.7.1974, BSGE 38, 53, 57 f.; BSG vom 30.4.1976, BSGE 4 2 , 1 ff.; BSG vom 29.10.1986, BB 1987,406, 407; BSG vom 9.11.1989, BSGE 66, 69, 71 ff.; BSG vom 8.8.1990, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG vom 18.4.1991, SozR 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 5; BSG vom 6.2.1992, BSGE 70, 81, 82 f.; BSG vom 24.9.1992, SozR 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 8; BSG vom 23.6.1994, N J W 1994, 2974,2975; BSG vom 8.12.1994, SozR 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 18; BSG vom 14.12.1995, BSGE 77, 169, 170 f.; BSG vom 5.2.1998, SozR 3 - 4 1 0 0 § 1 6 8 Nr. 22; BSG vom 17.5.2001, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17; zur Genossenschaft: (andeutungsweise) BSG vom 20.12.1961, BSGE 16,73, 75; zum Verein: BSG vom 31.1.1961, BSGE 1 4 , 1 , 3 f.; BSG vom 31.7.1962, BSGE 17, 211, 215 f.

II. Systematisierung

der

Fallgruppen

129

gerichtlichen Judikatur zur Einstufung von Mitarbeitsverhältnissen an der G r e n ze von Gesellschafts- und Arbeitsrecht die K G (hinsichtlich einer Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 E S t G ) und die stille Gesellschaft (vornehmlich unter dem Blickwinkel hinzuzurechnender Gewinnanteile für die Bemessung der Gewerbesteuer gemäß § 8 Nr. 3 G e w S t G ) . 1 3 Dazu tritt die im einzelnen beschriebene grundsätzliche Möglichkeit, Gesellschafts- und Austauschbeziehung miteinander zu verbinden, 1 4 so daß eine strikte Alternativität die Bandbreite der denkbaren Auslegungsergebnisse unzulässig verkleinern würde. Freilich darf dieser Befund nicht dazu verleiten, die verschiedenen Fälle, in denen es typischerweise zu Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von kooperationsund arbeitsvertraglicher Mitarbeit kommen kann, mehr oder weniger unverbunden nebeneinander zu stellen. Eine solche Vorgehensweise birgt die Gefahr in sich, daß sich einzelne Argumentationstraditionen separat entwickeln und übergreifende Zusammenhänge aus dem Blickfeld geraten. Statt dessen muß das Ziel darin bestehen, entweder Kriterien zu erarbeiten, welche die gesellschaftsrechtlichen Formen transzendieren, oder aber zu verdeutlichen, welche Grundformen eine eigenständige Beurteilung erfordern.

II. Systematisierung der Fallgruppen O b w o h l nach dem soeben Gesagten ein übergreifender Ansatz gewählt werden soll, der die verschiedenen Gesellschafts- und Austauschvertragsformen umfaßt, erscheint es dennoch ratsam, die wichtigsten Fallkonstellationen, die in der bisherigen zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur im Vordergrund des Interesses standen, unter verschiedenen Aspekten zu strukturieren.

13 Vgl. zur O H G : PreußOVG vom 6.12.1913, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 16 (1915), 430 ff. (in der Sache aber offenlassend); R F H vom 18.3.1942, RStBl. 1942, 618 f.; B F H vom 23.1.1974, BStBl. II 1974, 480 f. (Unterbeteiligung); offenbar auch B F H vom 9.10.1969, BStBl. II 1970, 320, 321 f. („volle persönliche Haftung"); zur K G : R F H vom 15.1.1931, RStBl. 1931,275 (Komplementär); B F H vom 22.11.1955, BStBl. III 1956,4, 5 f. (Komplementär); B F H vom 30.7.1975, BStBl. II 1975, 818, 819 f.; B F H vom 24.1.1980, BStBl. II 1980, 271,272 ff.; B F H vom 11.12.1980, BStBl. II 1981,310, 312 ff.; B F H vom 27.5.1981, BStBl. II 1982, 192, 194 ff. (GmbH & Co. KG); B F H vom 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33, 34 f. (Komplementär); B F H vom 23.4.1996, BStBl. II 1996, 515, 516; zur stillen Gesellschaft: R F H vom 16.3.1938, RStBl. 1938, 556; R F H vom 17.7.1940, RStBl. 1940, 915 f.; B F H vom 18.11.1958, BStBl. III 1959, 49; B F H vom 27.2.1963; BStBl. III 1963, 370, 371; B F H vom 5.6.1964, BStBl. III 1965, 51, 52; B F H vom 3.7.1964, BStBl. III 1964, 511, 512; B F H vom 8.7.1965, BStBl. III 1965, 558, 559 f.; B F H vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560f.; B F H vom 11.11.1965, BStBl. III 1966, 95; B F H vom 7.2.1968, BStBl. II 1968, 356, 357 f.; B F H vom 28.7.1971, BStBl. II 1971, 815 f.; B F H vom 6.10.1971, BStBl. II 1972,187,188 f.; B F H vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 374 ff.; zur G m b H : PreußOVG vom 7.11.1908, Entscheidungen des P r e u ß O V G in Staatssteuersachen, Bd. 13 (1909), 322 ff.

130

§ 4 Grundfragen

der Einstufung

1. Gesellschafts- bzw. arbeitsrechtliche

von

Grenzfällen

Normorientierung

Da die Abgrenzung der verschiedenen Rechtsformen für die Rechtsprechung keinen Selbstzweck darstellt, sondern letztlich im Hinblick auf eine umstrittene Rechtsfolge bzw. - bei Statusentscheidungen - ein Rechtsfolgenbündel vorgenommen wird, läßt sich das vorhandene zivil- bzw. arbeitsgerichtliche Fallmaterial zum einen danach gliedern, welches Erkenntnisziel für das jeweils entscheidende Gericht maßgeblich war. Dies ist vor allem deshalb bedeutsam, weil bei der Aufarbeitung von Rechtsprechungslinien stets darauf geachtet werden muß, in welchem Zusammenhang die Äußerungen stehen und ob ihnen für die hier in Rede stehende Problematik gegebenenfalls nur eine beschränkte Reichweite zukommt. Betrachtet man die Entscheidungen unter diesem Blickwinkel, können im wesentlichen zwei Gruppen gebildet werden: In der ersten Fallgruppe geht es um die Unterscheidung von gesellschafts- und nichtgesellschaftsrechtlicher Mitarbeit. In diesen Konstellationen erfolgt die Einstufung einer Tätigkeit aus der Perspektive des Kooperationsrechts und seiner Vorschriften einschließlich etwaiger Folgeregelungen. Die (weitere) Qualifikation des Austauschverhältnisses als freier Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag spielt für das urteilende Gericht regelmäßig keine Rolle. Als Beispiele seien - in schlichter zeitlicher Staffelung - Streitigkeiten genannt, in denen es um die Herausgabe von Geschäftsvermögen, 1 5 den Gerichtsstand der Mitgliedschaft nach § 22 Z P O , 1 6 die isolierte Kündigung des Tätigkeitsverhältnisses eines GmbH-Gesellschafters, 1 7 die konkursrechtliche Einstufung von Bezügen eines Kommanditisten, 1 8 die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis eines Kommanditisten, 1 9 die Vorlage von Geschäftsunterlagen, 2 0 die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung nach § 723 B G B , 2 1 die Genehmigungsbedürftigkeit eines Vertrags nach § 1822 Nr. 3 B G B , 2 2 die Eigenschaft eines Beteiligten als Gesellschafter, 23 die Inanspruchnahme als Gesellschafter durch einen Dritten, 2 4 die Abgeltung von Dienstleistungen, 2 5 die Qualifikation einer Tätigkeitsvergütung, 26 die Beendi-

Siehe oben sub § 3 IV 3. R G vom 9.12.1902, J W 1903, Beilage Nr. 2, S. 16 f.; ähnlich O G H vom 10.6.1949, AP 50 Nr. 108. 16 R G vom 4.5.1904, HoldhMSch 13 (1904), 256 f. 17 O L G Frankfurt vom 12.7.1907, OLGRspr. 16 (1908), 118 f. 18 O L G München vom 28.12.1914, SeuffA, Bd. 70 (1915), Nr. 113. 19 R G vom 28.4.1925, R G Z 110, 418, 420; ähnlich B G H vom 27.6.1955, B G H Z 17, 392, 394 f. (Widerruf einer Prokura). 2 0 K G vom 1 0 . 1 0 . 1 9 2 8 , J F G 6 ( 1 9 2 9 ) , 2 0 7 , 2 0 9 ff. 21 L A G Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69, 70 ff. 2 2 R A G vom 29.3.1939, ARS 37, 44, 53 f. 2 3 R G vom 13.4.1942, D R 1942,1161 f. 2 4 B G H vom 29.1.1951, N J W 1951, 308 f. 2 5 B G H vom 22.11.1965, N J W 1966, 501. 2 6 B G H vom 25.4.1966, N J W 1966, 1307, 1308; B G H vom 7.12.1972, N J W 1973, 328; O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 343, 344 f.; O L G Hamm vom 15.11.1976, D B 1977, 717, 718. 14

15

II. Systematisierung

der Fallgruppen

131

gung der Mitarbeit eines Kommanditisten, 27 den Anspruch eines Kommanditisten 28 bzw. eines GbR-Gesellschafters 2 9 auf eine Vergütung seiner Mitarbeit sowie die Auszahlung des Anteils an einem genossenschaftlichen Fonds 30 ging. Die zweite Gruppe bilden die Sachverhalte, in denen fraglich ist, ob ein Arbeits- oder zumindest arbeitnehmerähnliches Verhältnis auf der einen oder ein sonstiges tätigkeitsbezogenes Rechtsverhältnis auf der anderen Seite vorliegt. Die Charakterisierung erfolgt in derartigen Fällen aus der Sicht des Arbeitsrechts. Ob es sich bei der alternativ in Betracht kommenden Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses unmittelbar um eine gesellschaftsvertragliche Beziehung oder um den freien Dienstvertrag eines Gesellschafters handelt, wird freilich vielfach nicht thematisiert oder sogar ausdrücklich offengelassen 31 . Insoweit seien - wiederum in rein zeitlicher Auflistung - Streitigkeiten über die Entlohnungsform, 3 2 die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, 33 die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit, 3 4 die Geltendmachung von Lohnansprüchen, 3 5 die Forderung von Schadensersatz wegen unterlassener Abführung von Rentenversicherungsbeiträgen, 3 6 die Wahl eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl, 3 7 die Anwendbarkeit der Verfahrenstarifverträge über die Sozialkassen im Baugewerbe, 3 8 das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, 3 9 die Anfechtung einer Betriebsratswahl, 4 0 die Wirksamkeit einer B G H vom 17.12.1973, W M 1974, 177, 178; BAG vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu § 161 H G B . B G H vom 4.3.1976, W M 1976, 446. 29 O L G Koblenz vom 14.2.1986, W M 1986, 590. 30 B G H vom 26.2.1996, B G H Z 132, 84, 88 f.; B G H vom 3.11.1997, L M Nr. 3 zu D D R PGHV. 31 Im letzteren Sinne etwa B A G vom 6.5.1998, A P Nr. 95 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter I 2 b). 32 RG vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37. 33 RG vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7; BAG vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 H G B . 34 R A G vom 7.11.1928, A R S 4, 143, 144 f.; RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 16 ff.; L A G Chemnitz vom 5.12.1935, A R S 26, 50 ff.; BAG vom 18.2.1956, AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953; L A G Bayern vom 8.5.1956, W A 1957, 184; BAG vom 13.3.1964, AP Nr. 26 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung; L A G Stuttgart vom 17.11.1977, A r b u R 1978, 125 f.; L A G Berlin vom 11.9.1991, LAGE § 2 A r b G G 1979 Nr. 9; BAG vom 15.4.1993, AP Nr. 12 zu § 5 ArbGG 1979; L A G Niedersachsen vom 23.1.1995, L A G E § 4 8 ArbGG 1979 Nr. 10; B A G vom 22.3.1995, A P Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979; BAG vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 ArbGG 1979; O L G Köln vom 5.10.2000, N Z G 2001,165, 166 f. 35 L A G Bremen vom 29.3.1957, A P Nr. 1 zu § 6 1 1 BGB A r b e i t s - u n d Gesellschaftsverhältnis; B A G vom 16.11.1959, A P Nr. 13 zu § 2 7 6 ZPO. 36 B A G vom 8.1.1970, A P Nr. 14 zu § 528 ZPO. 37 B A G vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz. 38 B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; L A G Hessen vom 20.3.2000, N Z A - R R 2001, 156, 157 ff. In der weiteren thematisch einschlägigen Entscheidung des B A G vom 10.4.1991, A P Nr. 54 zu § 6 1 1 BGB Abhängigkeit, ging es eindeutig nur um die Qualifikation des vom Gesellschaftsvertrag getrennten Mitarbeitervertrages von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern und damit um eine Gestaltung aus der sogleich anzusprechenden benachbarten Fallgruppe. 39 L A G H a m m vom 19.3.1985, BB 1986, 391, 392. 40 BAG vom 20.2.1986, A P Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz. 27

28

132

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

ordentlichen Kündigung des Tätigkeitsverhältnisse, 4 1 die Anwendbarkeit von § 613a B G B 4 2 sowie die Ausfüllung und Herausgabe von Arbeitspapieren 4 3 genannt. Ferner gehören in diesen Zusammenhang auch diejenigen Fälle, in denen sowohl die unabhängig von einer Mitarbeit begründete, in der Regel auf eine Kapitalbeteiligung gestützte Eigenschaft als Gesellschafter als auch ein austauschrechtliches tätigkeitsbezogenes Drittrechtsverhältnis feststeht und es lediglich darum geht, ob und auf welche Weise sich die gesellschafterliche Stellung auf die Einstufung der Beschäftigung als Dienst- oder Arbeitsverhältnis auswirkt. Im Vordergrund des Interesses stehen insoweit GmbH-Gesellschafter, bei denen das mit der G m b H abgeschlossene Drittrechtsverhältnis die schuldrechtliche Grundlage für die Ausübung der Tätigkeit als Geschäftsführer bildet. Während sich die Sozialgerichtsbarkeit zu dieser Grundkonstellation in zahlreichen Entscheidungen eingehend geäußert hat, 4 4 haben die Zivilgerichte hierzu nur wenige Urteile beizutragen. Dies beruht zum einen darauf, daß die Arbeitsgerichte für die Qualifikation einer solchen Rechtsbeziehung als Folge der Regelung in § 5 Abs. 1 S. 3 A r b G G grundsätzlich 4 5 nur dann zuständig sind, wenn sich diese Frage nicht in einem Streit zwischen dem Organmitglied und der G m b H selber stellt. 4 6 Zum anderen wenden die insoweit zuständigen ordentlichen Gerichte arbeitsrechtliche Bestimmungen zwar teilweise analog auf das Anstellungsverhältnis von nicht herrschend an der G m b H beteiligten Geschäftsführern an, 4 7 lehnen eine Einordnung dieser Personen als Arbeitnehmer aber generell ab, 4 8 so daß es erst gar nicht zu einer Prüfung der Frage kommt, welche Rolle die gleichzeitige Eigenschaft als Gesellschafter für den grundsätzlichen Status spielen könnte. 4 9 Im übrigen ist an B A G vom 16.2.1995, A P Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI. B A G vom 13.6.1996, A P Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R . 4 3 L A G Hessen vom 7.8.2001, N Z A - R R 2002, 263 ff. 4 4 Siehe dazu die Nachweise in Fn. 12 ( G m b H - F ä l l e ) . Allerdings übergeht das B S G bei der Einstufung von Organmitgliedern zuweilen die Frage nach dem Vorhandensein eines eigenständigen vom Gesellschaftsvertrag getrennten Austauschvertrages und bejaht oder verneint unmittelbar das Bestehen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses; vgl. etwa B S G vom 30.3.1962, B S G E 17, 15, 19 ff.; B S G vom 31.7.1974, B S G E 38, 53, 57 f.; in diese Richtung auch B S G vom 5.2.1998, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 22. 4 5 Wird die fehlende Zuständigkeit von der Instanzrechtsprechung nicht erkannt bzw. zu Unrecht bestandskräftig verneint, kann es durchaus zu einer Sachentscheidung des B A G kommen; zu einem solchen Fall B A G vom 26.5.1999, A P Nr. 10 zu § 3 5 G m b H G ; so auch die Konstellation in B A G vom 8.6.1999, A P Nr. 26 zu § 1 B e t r A V G Lebensversicherung (unter A), bei der es allerdings nicht um eine Statusfrage ging. 4 6 So beispielsweise in einem Prozeß über die Anwendbarkeit der Verfahrenstarifverträge über die Sozialkassen im Baugewerbe; vgl. B A G vom 10.4.1991, A P Nr. 54 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit; siehe auch Fn. 38. 4 7 Vgl. dazu die Nachweise oben in § 2 II 1 Fn. 31. 4 8 Siehe etwa B G H vom 9.11.1967, B G H Z 49, 30, 31; B G H vom 9.2.1978, N J W 1978, 1435, 1437; B G H vom 29.1.1981, B G H Z 79, 291, 293; B G H vom 26.3.1984, B G H Z 91, 1, 3, und B G H Z 91, 217, 219; B G H vom 24.10.1989, D B 1990, 676; B G H vom 10.9.2001, Z I P 2001, 1957, 1958. 4 9 Entsprechendes gilt für die Judikatur zum personellen Anwendungsbereich von §17 41

42

II. Systematisierung

der

Fallgruppen

133

sonstige Gestaltungen zu denken, in denen Beschäftigte, die nicht die Stellung eines GmbH-Geschäftsführers einnehmen, in einem mehr oder weniger großen Ausmaß am arbeitgebenden Unternehmen beteiligt sind. 5 0 Die größte Aufmerksamkeit haben hierbei bislang diejenigen Fälle auf sich gelenkt, in denen es um die Einstufung der Tätigkeit von Kommanditisten auf der Grundlage eines unstreitig eigenständigen Mitarbeitsvertrages ging. 51 N u n birgt eine nach dem jeweiligen Erkenntnisziel vorgenommene Abgrenzung die Gefahr in sich, daß übergreifende, für die Gesamtrechtsordnung verbindliche Wertungen aus dem Blickfeld geraten und damit das Ziel einer möglichst widerspruchsfreien Rechtsordnung 5 2 verfehlt wird. Dies gilt um so mehr, als für die Qualifikation von Tätigkeitsverhältnissen je nach Ausgangslage sowohl die ordentliche Gerichtsbarkeit als auch die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig sein kann und nicht auszuschließen ist, daß fachfremde Strukturen im Verhältnis zur geläufigen Sachmaterie weniger präsent sind und es deshalb zu divergierenden Entwicklungen kommt 5 3 . Wenn etwa der Arbeitnehmerbegriff dahin fortgebildet wird, daß auch vertragliche Vorgaben oder Sachzwänge, die dem B e schäftigten keinen Handlungsspielraum mehr lassen, für eine Arbeitnehmereigenschaft ausreichen können, 5 4 kann man bei Fällen mit gesellschaftsrechtlichem Hintergrund jedenfalls nicht mehr unreflektiert an einem engeren Begriff des Arbeitnehmers festhalten. Umgekehrt dürfen gesellschaftsinterne Zuständigkeiten und Schutzmechanismen bei der Frage, wie weit das Arbeitsrecht auf gesellschaftsrechtlichem Terrain Geltung beanspruchen darf, nicht außer acht gelassen werden. Einen Absolutheitsanspruch eines der beiden Rechtsgebiete kann es schon im Hinblick auf den gleichrangigen einfachrechtlichen Charakter beider Regelungskomplexe nicht geben, 5 5 zumal sie sich jeweils auf ein verfassungsAbs. 1 S. 2 BetrAVG, bei dem sich die Diskussion von vornherein auf eine Einschränkung des (zu weit gefaßten) Wortlauts wegen einer unternehmerähnlichen Stellung des Versorgungsempfängers konzentriert hat; grdl. B G H vom 28.4.1980, B G H Z 77, 94, 96 ff.; siehe dazu noch unten sub § 6 V 1 b aa (1) (a) (aa) (ccc). 5 0 Siehe etwa B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu § 611 B G B Abhängigkeit. 51 Vgl. L A G Berlin vom 13.3.1929, ARS 7, 13 f.; B A G vom 26.6.1967, AP Nr. 30 zu § 2 A r b G G 1953 Zuständigkeitsprüfung. Eine die gesamte Bandbreite der einschlägigen Gestaltungen abdeckende Darstellung findet sich auch bei Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 64 ff., 68 ff. Allerdings hält sich Loritz mit einer über die reine Auflistung hinausgehenden Erläuterung der Verbindungslinien zwischen den einzelnen Fallgruppen zurück. Deshalb wirkt die unkommentierte Erwähnung derselben Bezeichnung („Arbeitnehmerkommanditist") innerhalb verschiedener Konstellationen (vgl. S. 68 und S. 74) auch irritierend. 5 2 Dazu bereits oben sub § 1 I, S. 1. 5 3 Hierzu umfassend jetzt Amberg, Divergierende höchstrichterliche Rechtsprechung (1998). 5 4 Vgl. B A G vom 16.7.1997, AP Nr. 4 zu § 6 1 1 B G B Zeitungsausträger (unter I); B A G vom 19.11.1997, AP Nr. 90 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter I 1 a); B A G vom 26.5.1999, AP Nr. 104 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit (unter IV 2 b); B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 6 zu § 92 H G B (unter II 1 b); Hromadka, N Z A 1997, 569, 577-, Joost, FS Wiese (1998), S. 191, 196 f.; Kreuder, Anm. zu B A G , AP Nr. 37 zu § 5 A r b G G 1979 (unter 5). Zur Fortentwicklung des Arbeitnehmerbegriffs aus höchstrichterlicher Sicht Reinecke, N Z A 1999, 729, 730, 735. 5 5 Ebenso Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1,13; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 238. Ge-

134

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

rechtliches Fundament stützen können 5 6 . Aus diesen Gründen soll im folgenden die Mitarbeit im Unternehmen bewußt unter beiden genannten Blickwinkeln, also sowohl dem gesellschaftsrechtlichen als auch dem arbeitsrechtlichen, untersucht werden.

2. Quantitative

Gesichtspunkte

Betrachtet man in einem zweiten Schritt die Konstellationen näher, in denen sich die zivilrechtliche Rechtsprechung in Streitigkeiten mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag mit der Eigenschaft von Beschäftigten als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person befaßt hat, zeigt sich in phänomenologischer Hinsicht ein Unterschied in der Anzahl der betroffenen Einzelrechtsverhältnisse. Auf der einen Seite geht es um die Fälle, in denen sich bei einem einzelnen Mitarbeiter oder höchstens einer verhältnismäßig kleinen Gruppe von Beschäftigten die Frage stellt, welcher Rechtsform die geleistete bzw. zu leistende Tätigkeit zuzuordnen ist. Auf der anderen Seite stehen diejenigen Fälle, bei denen die rechtliche Charakterisierung der gesamten oder doch erheblicher Teile der Belegschaft eines größeren Unternehmens zweifelhaft ist. 5 7 D i e Rechtsprechung hatte sich in der Vergangenheit nahezu ausschließlich mit der zuerst genannten Fallgruppe auseinanderzusetzen. 5 8 Demgegenüber hat die Frage nach einer eventuellen gesellschaftsrechtlichen Qualifikation umfangreicher Beschäftigtengruppen oder sogar der gesamten Belegschaft in größeren Unternehmen, die sich für den Personaleinsatz üblicherweise des Arbeitsverhältnisses bedienen, bislang fast nur im Schrifttum ihren Niederschlag gefun-

gen einen prinzipiellen Vorrang des Arbeitsrechts vor dem Gesellschaftsrecht auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 219. 5 6 Für das Gesellschaftsrecht Art. 9 Abs. 1,12 Abs. 1,14 Abs. 1 G G , für das Arbeitsrecht Art. 9 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 G G . 5 7 Eine exakte Grenzziehung zwischen „kleinen" und „großen" Beschäftigtengruppen ist für den Zweck einer Darstellung der verschiedenen Erscheinungsformen entbehrlich. 58 Zur Abgrenzung von Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis vgl. R G vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37; R G vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7; K G vom 10.10.1928, J F G 6 (1929), 207, 211; R A G vom 7.11.1928, ARS 4, 143, 144 f.; R G vom 10.10.1933, R G Z 142, 13, 16 ff.; L A G Chemnitz vom 5.12.1935, ARS 26, 50 ff.; L A G Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69, 70 ff.; R A G vom 29.3.1939, ARS 37, 44, 53 f.; O G H vom 10.6.1949, AP 50 Nr. 108; B A G vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 H G B ; L A G Bremen vom 29.3.1957, AP Nr. 1 zu § 611 B G B Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis; B A G vom 16.11.1959, AP Nr. 13 zu § 2 7 6 Z P O ; B A G vom 13.3.1964, AP Nr. 26 zu § 2 A r b G G 1953 Zuständigkeitsprüfung; B A G vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 Z P O ; B G H vom 17.12.1973, W M 1974, 177, 178; B A G vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu §161 H G B ; L A G Hamm vom 19.3.1985, B B 1986, 391, 392; B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau; B A G vom 15.4.1993, AP Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979; L A G Niedersachsen vom 23.1.1995, L A G E § 4 8 A r b G G 1979 Nr. 10; O L G Köln vom 5.10.2000, N Z G 2001, 165, 166 f.; L A G Hessen vom 7.8.2001, N Z A - R R 2002,263,264. Zur Bedeutung des gesellschaftsrechtlichen Einflusses für den Mitarbeiterstatus im Rahmen eines feststehenden Austauschverhältnisses vgl. B A G vom 10.4.1991, AP Nr. 54 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit.

II. Systematisierung

der

Fallgruppen

135

den. 59 Hierbei ging es - abgesehen von der Debatte um die Modifikation des Normalarbeitsverhältnisses - in erster Linie um sogenannte Partnerschafts- bzw. („alternative") Belegschaftsbetriebe. In jüngerer Zeit ist dazu die zumindest in terminologischer Hinsicht neue Gestaltung des Employee-buy-out getreten. Mit einer die Besonderheiten eines Einzelrechtsverhältnisses übersteigenden Konstellation mußten sich die Gerichte lediglich im Zusammenhang mit der Abgrenzung von arbeitsvertraglicher und vereinsrechtlicher Tätigkeit näher befassen. 60 Hinzu kommen auf dem Gebiet des Genossenschaftsrechts eine vereinzelte ältere Entscheidung 61 sowie die Aufarbeitung der im Gefolge der deutschen Einheit auftretenden besonders gelagerten Rechtsprobleme bei der Einordnung der Beschäftigungsverhältnisse von Genossenschaftsmitgliedern 62 . Zwar ging es auch insoweit zum Teil nur um die Charakterisierung einzelner Rechtsbeziehungen. Die einschlägigen Entscheidungen zeigen indes, daß die beurteilten Sachverhalte keine individuelle Prägung aufwiesen, sondern eine für den jeweiligen Lebensbereich typische Mitarbeitsform vorlag. Schließlich ist in diesem Zusammenhang eine außergewöhnliche Konstellation zu erwähnen, über die das LAG Hessen kürzlich zu befinden hatte. 63 Hierbei waren über einen Zeitraum von knapp drei Jahren insgesamt 54 polnische Bauhandwerker für jeweils maximal drei Monate „als Gesellschafter" in eine GbR aufgenommen worden, um in diesem Rahmen ihre Dienste zu leisten auszuüben. In diesem Fall war von den Beteiligten also der Versuch unternommen worden, eine größere Anzahl von traditionell als Arbeitnehmer tätigen Beschäftigten zumindest formal auf eine gesellschaftsrechtliche Grundlage zu stellen. 64 Ein ähnliches Bild liefert der Blick auf die sozialgerichtliche Rechtsprechung, in deren Entscheidungspraxis es sich ebenfalls zumeist um individuelle Gestaltungen handelte. 6 5 Eine Ausnahme bilden wiederum Angelegenheiten mit vereinsrechtlichem Hintergrund. 6 6 Dasselbe gilt im Grundsatz für den Bereich des Steuerrechts. 6 7 Immerhin ist an dieser Stelle noch einmal auf die bereits erwähnte ältere Entscheidung des PreußOVG hinzuweisen, in der es um den rechtlichen 59 Siehe insoweit insbesondere Kraft/Konzen, A r b e i t e r s e l b s t v e r w a l t u n g , S. 37 ff.; Reuter, Z f A 1979, 537, 548 ff.; Vollmer, U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g e n , S. 191 ff. 6 0 B A G v o m 18.2.1956, A P Nr. 1 zu § 5 A r b G G 1953; B A G vom 3.6.1975, A P Nr. 1 zu § 5 B e t r V G 1972 Rotes Kreuz; L A G Stuttgart v o m 17.11.1977, A r b u R 1978, 125 f.; B A G v o m 20.2.1986, A P Nr. 2 zu § 5 B e t r V G 1972 Rotes Kreuz; B A G v o m 10.5.1990, A P Nr. 51 zu § 6 1 1 B G B A b h ä n g i g k e i t ; B A G v o m 22.3.1995, A P Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 6.7.1995, A P Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979. 61 L A G B a y e r n v o m 8.5.1956, W A 1957, 184. 62 L A G Berlin v o m 11.9.1991, L A G E § 2 A r b G G 1979 Nr. 9; B A G v o m 16.2.1995, A P Nr. 1 zu Einigungsvertrag A n l a g e II Kap. VI; B A G v o m 13.6.1996, A P Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R ; siehe auch B G H vom 26.2.1996, B G H Z 132, 84, 88 f.; B G H v o m 3.11.1997, L M Nr. 3 zu D D R - P G H V ; dazu näher bereits oben sub § 3 II 2 b. 63 L A G Hessen v o m 20.3.2000, N Z A - R R 2001, 156, 157 ff. 64 Ebenso die Konstellation in O V G Sachsen vom 2.6.1995, A R - B l a t t e i ES 330 Nr. 39, in einer ausländerrechtlichen A n g e l e g e n h e i t . 65 Vgl. die N a c h w e i s e in Fn. 12. 6 6 BSG v o m 31.1.1961, BSGE 14, 1 ff.; BSG vom 31.7.1962, BSGE 17, 211 ff. 6 7 Siehe die N a c h w e i s e in Fn. 13.

136

§ 4 Grundfragen

der Einstufung von

Grenzfällen

Charakter der Beschäftigungsverhältnisse der gesamten aus 52 Personen (Musikern) bestehenden Belegschaft einer G m b H ging, die allesamt zugleich Gesellschafter waren. 68 Diese Analyse deckt sich weitgehend mit den Eindrücken aus der Rechtsvergleichung. Die österreichische Judikatur zur Abgrenzung von Gesellschaftsvertrag auf der einen und Dienst- oder Arbeitsvertrag auf der anderen Seite betrifft soweit ersichtlich nur einzelpersonenbezogene Sachverhalte. 69 Ein entsprechendes Bild ergibt ein Blick auf die reichhaltige französische Rechtsprechung zur Unterscheidung zwischen einem contrat de société bzw. einem contrat d'association und einem contrat de travail bzw. einem louage de services, soweit sich den traditionell knapp gefaßten Entscheidungen hinreichende Anhaltspunkte zum jeweils beurteilten Fall entnehmen lassen. 70 In den weniger zahlreichen englischen Judikaten zur Frage einer arbeitsrechtlichen Qualifikation von Tätigkeitsverhältnissen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag überwiegen ebenfalls einzelpersonenbezogene Konstellationen. 71 Allerdings finden sich vereinzelt auch Urteile, die sich mit der Einordnung von Beschäftigten befassen, die in einer für eine größere Mitarbeitergruppe typischen Weise tätig gewesen sind, wie etwa die Mitglieder des London Philharmonie Orchestra 7 2 oder einer genossenschaftsähnlichen Vereinigung 73 . 68 PreußOVG vom 7.11.1908, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 13 (1909), 322 ff. Den Status der Mitarbeiter in einer 28 Beteiligte umfassenden O H G offenlassend PreußOVG vom 6.12.1913, Entscheidungen des PreußOVG in Staatssteuersachen, Bd. 16 (1915), 430 ff. 69 VwGH vom 19.10.1956, JB1. 1957, 378 f.; O G H vom 30.4.1958, Arb 6869; O G H vom 26.11.1958, Arb 6960; VwGH vom 2.2.1966, ZAS 1966, 142; O G H vom 17.10.1967, Arb 8467; O G H vom 24.4.1975, Arb 9346; siehe auch O G H vom 27.6.1969, Arb 8630; O G H vom 5.3.1974, Arb 9195. 70 Cass. soc. vom 30.1.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 161; Cass. soc. vom 5.2.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 192; Cass. soc. vom 10.4.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 460; Cass. soc. vom 10.7.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 911; Cass. soc. vom 4.12.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 1220; Cass. soc. vom 21.4.1961, Bull. civ. 1961, IV, Nr. 437; Cass. com. vom 7.2.1962, Bull. civ. 1962, III, Nr. 87; Cass. com. vom 19.11.1962, Bull. civ. 1962, III, Nr. 463; Cass. soc. vom 16.10.1963, Bull. civ. 1963, IV, Nr. 694; Cass. com. vom 5.5.1964, Bull. civ. 1964, III, Nr. 233; Cass. soc. vom 11.1.1968, Bull. civ. 1968, V, Nr. 28; Cass. soc. vom 10.2.1971, Bull. civ. 1971, V, Nr. 100; Cass. soc. vom 17.2.1972, Bull. civ. 1972, V, Nr. 132; Cass. soc. vom 1.6.1972, Bull. civ. 1972, V, Nr. 399; CA Paris vom 27.2.1973, D. 1973, somm. 101; Cass. soc. vom 20.11.1974, Bull. civ. 1974, V, Nr. 549; Cass. soc. vom 23.4.1975, Bull. civ. 1975, V, Nr. 200; Cass. soc. vom 21.11.1979, Bull. civ. 1979, V, Nr. 866; Cass. soc. vom 8.7.1980, Bull. civ. 1980, V, Nr. 615; Cass. soc. vom 17.4.1991, Dr. soc. 1991, 516; siehe auch Cass. soc. vom 12.2.1999, Dr. soc. 1999, 404 f. Zur Doppelstellung als associé und salarié in einer Produktivgenossenschaft (société coopérative ouvrière de production) jüngst Cass. soc. vom 6.3.2001, Dr. soc. 2001, 677 f. 71 Stekel V. Ellice [1973] 1 W.L.R. 191 (Ch.D.); Cowell v. Quilter Goodison Co. Ltd. [1989] I.R.L.R. 392 (C.A.); Buchan v. Secretary of State for Employment [1997] I.R.L.R. 80 (E.A.T.); Fleming v. Secretary of State for Trade and Industry [1997] I.R.L.R. 682 (Ct. of Sess.); Secretary of State for Trade and Industry v. Bottrill [1999] I.C.R. 592 (C.A.); Smith v. Secretary of State for Trade and Industry [2000] I.C.R. 69 (E.A.T.); Conolly v. Seilers Arenascene Ltd. [2001] I.C.R. 760 (C.A.). 72 Winfield v. London Philharmonie Orchestra Ltd. [1979] I.C.R. 726 (E.A.T.). 73 Drym Fabricators Ltd. v. Johnson [1981] I.C.R. 274 (E.A.T.).

II. Systematisierung

der

Fallgruppen

137

Schließlich hat sich auch die US-amerikanische Rechtsprechung in einer kaum noch zu überschauenden Anzahl von Fällen mit der Einordnung von Beschäftigten an der G r e n z e zwischen employee und gesellschaftsvertraglicher Tätigkeit befaßt. Dabei hat die Judikatur schon frühzeitig deutlich herausgestellt, daß sich die Abgrenzungskriterien in den Konstellationen, in denen es lediglich um die Innenbeziehungen zwischen den Parteien geht (first-party-cases), keineswegs vollständig mit denjenigen zu decken brauchen, die bei einer Betroffenheit v o n Drittinteressen (third-party-cases) maßgeblich sind. 7 4 Hinsichtlich der in dieser Studie ganz im Vordergrund stehenden Frage nach den internen Beziehungen bildeten lange Zeit im wesentlichen nur die Gestaltungen den Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten, in denen ein einzelner Mitarbeiter die Existenz einer partnersbip behauptete, um die damit verbundenen Vorteile (Rechnungslegung, Liquidationsrechte) f ü r sich in Anspruch nehmen zu können. 7 5 Demgegenüber ist es zu einer Berufung v o n Beschäftigten auf Schutzbestimmungen arbeitsrechtlichen Inhalts entsprechend ihrer späten Einfügung in die US-amerikanische Rechtsordnung erst in jüngerer Zeit gekommen. In diesem Zusammenhang muß man sich zunächst v o r A u g e n halten, daß der Ausgangspunkt der Rechtsfindung in den einschlägigen Urteilen nicht in einem abstrakten Arbeitnehmerbegriff, sondern in der Frage nach dem personellen Anwendungsbereich der jeweils umstrittenen Schutznormen 7 6 besteht, 7 7 insbesondere der infolge des weitgehenden Fehlens eines allgemeinen Kündigungsschutzes äußerst bedeutsamen Diskriminierungsverbote nach Title VII des Civil Rights A c t von 1 9 6 4 7 8 und dem A g e Discrimination in Employment A c t v o n 1967 7 9 . Allerdings bemühen sich die G e 74 Vgl. De Rees v. Costaguta, 275 F. 172, 176 (2nd Cir. 1921); Cyrus v. Cyrus, 64 N.W. 538, 541 Fn. 1 (Supr. Ct. Minn. 1954); umfassende Nachweise bei Schopflocher, ALR 137 (1942), 6, 8; zur generellen Problematik unterschiedlicher Maßstäbe ferner Bromberg/Rihstein, Partnership, Bd. I, §2.02 (b)(1) m.w. N. 75 Siehe etwa Watson v. Watson, 108 N.E.2d 893 (Ind. 1952); Cyrus v. Cyrus, 64 N.W. 538 (Minn. 1954); Morrow v. McCaa Chevrolet Company, 330 S.W.2d 722 (Ark. 1960); Frost v. Wells, 388 S.W.2d 235 (Tex.App. 1965); Myers v. Rollette, 429 P.2d 497 (Ariz. 1968); Moscatelli v. Nordstrom, 337 N.Y.S.2d 575 (1972); Williams v. Biscuitville, Inc., 253 S.E.2d 18 (N.C.App. 1979); Davis v. Davis, 293 S.E.2d 268 (N.C.App. 1982); Kilgore v. Sullivan, 717 P.2d 1220 (Or.App. 1986); Pulliam v. Pulliam, 733 P.2d 1299 (Mont. 1987); Larson v. Tandy Corp., 371 S.E.2d 663 (Ga.App. 1988). Eine Ausnahme stellt Cambra v. Santos, 123 N.E. 503 (Mass. 1919), dar (Verantwortlichkeit für einen Arbeitsunfall). 76 Dazu ausführlich Geyr, Kündigungsschutz von Arbeitnehmern, S. 149 ff. 77 Vgl. exemplarisch NLRB v. Hearst Publications, 322 U.S. I l l , 120 ff. (1944); United States v. Silk, 331 U.S. 704, 711 ff. (1947); Darden v. Nationwide Mut. Ins. Co., 796 F.2d 701, 706 (4th Cir. 1986). Siehe auch Rothstein/Liehman, Employment Law, 4th Ed., S. 24. Anders aber GoldmanLabor and Employment Law, S. 55 f. 78 42 U.S.C. §§ 2000e ff. Ursprünglich spielte das in Title VII ausgesprochene Verbot der Rassendiskriminierung die Hauptrolle. Inzwischen schiebt sich das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung immer mehr in den Vordergrund. Zum hohen Stellenwert von Title VII prägnant die für amerikanische Urteile nicht untypische metaphorische Umschreibung in Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 985 (1st Cir. 1997): „One of the brightest stars in the firmament of this nation's antidiscrimination laws". Siehe hierzu auch Riesenhuber, RdA 1993, 36 ff. 79 29 U.S.C. §§ 623 ff. Dazu eingehend Fenske, Verbot der Altersdiskriminierung.

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5 4 Grundfragen

der Einstufung von

Grenzfällen

richte durchaus um verallgemeinerungsfähige Grundsätze. 80 Insoweit findet sich neben vereinzelten älteren Urteilen 81 eine vor allem seit den achtziger Jahren zunehmende Anzahl von Entscheidungen, die sich mit den Mitgliedern einer (general) partnership82 bzw. den mitarbeitenden Teilhabern an einer Corporation83 befassen. 84 Der rechtstatsächliche Hintergrund besteht im erheblichen Anstieg der Zahl der As partner Berufstätigen sowie insbesondere im zunehmenden Eindringen von Frauen und Angehörigen von Minoritäten in typischerweise gesellschaftsrechtlich organisierte Berufszweige. 85 Inhaltlich ging es hierbei zum einen um die - durchgängig abgelehnte - Einbeziehung „echter" Partner in die arbeitsrechtlichen Schutzgesetze. 86 Zum anderen spielt die Abgrenzung von solchen „echten" Partnern auf der einen und employees auf der anderen Seite eine immer bedeutsamere Rolle. 8 7 In rechtstatsächlicher Hinsicht handelt es sich zumeist um Streitigkeiten bei Gesellschaften, die sich auf den Gebieten von Wirtschaftsprüfung, Unternehmens- und Rechtsberatung betätigen. 88 Bemerkenswert ist inso80 Siehe etwa Hyland v. New Haven Radiology Associates, P.C., 794 F.2d 793, 796 (2th Cir. 1986); Devine v. Stone, Leyton & Gershman, P.C., 100 F.3d 78, 80 (8th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119F.3d 982, 985 f. (1st Cir. 1997); ferner Armbruster v. Quinn, 711 F.2d 1332, 1340 f. (6th Cir. 1983). 81 Vgl. Hoy v. Progress Pattern Company, 217 F.2d 701 (6th Cir. 1954); Goldberg v. Whitaker House Coop., 366 U.S. 28 (1961): Genossenschaftsartige Vereinigung mit ungefähr 200 Mitgliedern. 82 Siehe Burke v. Friedman, 556 F.2d 867 (7th Cir. 1977); Hishon v. King & Spalding, 678 F.2d 1022 (1 Ith Cir. 1982); E.E.O.C v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 775 F.2d 928 (8th Cir. 1985); Caruso v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 664 F.Supp. 144 (S.D.N.Y. 1987); Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257 (10th Cir. 1987); Fountain v. Metealf, Zima & Co., P. A., 925 F.2d 1398 ( l l t h Cir. 1991); Strother v. S. Cal. Permanente Medical Group, 79 F.3d 859 (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436 (6th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982 (1st Cir. 1997). 83 Vgl. E.E.O.C v. Dowd & Dowd, Ltd., 736 F.2d 1177 (7th Cir. 1984); Hyland v. New Haven Radiology Associates, P.C., 794 F.2d 793 (2th Cir. 1986); Devine v. Stone, Leyton & Gershman, P.C., 100 F.3d 78 (8th Cir. 1996). 84 Zur grundsätzlichen Unterscheidung zwischen partnership und corporation, die sich grundsätzlich mit der Personen- und der Kapitalgesellschaft vergleichen lassen, vgl. Merkt, USamerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 104 ff., zur Sonderform der professional corporation Rn. 144 ff.; ferner Elsing/Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., Rn. 552; siehe auch Hamilton, Corporations, 6th Ed., S. 1. 85 Ferguson, U. Miami L. Rev. 42 (1988), 699, 700 f. 86 Vgl. Burke v. Friedman, 556 F.2d 867, 869 f. (7th Cir. 1977); Hishon v. King & Spalding, 678 F.2d 1022, 1027f. ( l l t h Cir. 1982); (die Aufhebung durch das Urteil des Supreme Court, 467 U.S. 69 [1984], beruht auf einem anderen Aspekt); Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 262 ff. (10th Cir. 1987). 87 Caruso v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 664 F.Supp. 144, 148 ff. (S.D.N.Y. 1987); Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 268 ff. (10th Cir. 1987); Fountain v. Metealf, Zima & Co., P. A., 925 F.2d 1398, 1400f. ( l l t h Cir. 1991); Strother v. S. Cal. Permanente Medical Group, 79 F.3d 859, 866 ff. (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436,441 ff. (6th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 989 ff. (1st Cir. 1997); dazu Bromberg/Ribstem, Partnership, Bd. I, § 2.02 (b) (2); umfassend Ferguson, U. Miami L. Rev. 42 (1988), 699 ff. Zur Abgrenzung siehe ferner die in tatsächlicher Hinsicht anders gelagerten Entscheidungen Voyles v. Murray, 297 F.Supp. 1288, 1289 (N.D. Tex.); Marshall v. R & M Erectors, Inc., 429 F.Supp. 771, 781 (D. Del. 1977). 88 Knappe Darstellung der ersten einschlägigen Urteile zum A D E A in deutscher Sprache bei Hebel, Age Discrimination, S. 41 ff.

II. Systematisierung

der

Fallgruppen

139

weit vor allem, daß sich die Judikate nicht nur auf Mitarbeiter kleiner Gesellschaften beziehen, sondern teilweise auf Partnerschaften mit Hunderten oder sogar Tausenden von Mitgliedern. 8 9 Dieser Befund läßt sich bei einer Gesamtbetrachtung dahin interpretieren, daß Qualifikationsprobleme an der Grenze von Arbeits- und Gesellschaftsrecht in der Arbeitswirklichkeit bislang ganz überwiegend bei der Auslegung einzelner Tätigkeitsverhältnisse auftreten. Unklare oder durch individuelle Besonderheiten gekennzeichnete Vertragsabreden, die zu einem späteren Zeitpunkt zu Auseinandersetzungen über die wirkliche Rechtsnatur des Vereinbarten Anlaß geben, finden sich nahezu ausschließlich in diesem Bereich. Für die Beschäftigung größerer Mitarbeiterzahlen ist aus der Sicht der Praxis das Arbeitsverhältnis mit seiner eingangs beschriebenen Risikostruktur 9 0 und nicht das Gesellschaftsverhältnis offenbar nach wie vor die geeignetere Rechtsform. Flexibilisierungstendenzen erfolgen innerhalb des Arbeitsrechts oder allenfalls durch die Auslagerung betrieblicher Funktionen auf Selbständige. Demgegenüber wird das Personengesellschaftsrecht und das immerhin auch bei Kapitalgesellschaften in Form der GmbH mögliche Instrument von Beschäftigungsverhältnissen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage von vornherein nur ausnahmsweise für einen Einsatz größerer Personalkörper genutzt. Ferner greift die Arbeitswirklichkeit auch auf die durch das Genossenschaftsrecht mit der Produktivgenossenschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GenG) grundsätzlich zur Verfügung gestellte Möglichkeit der Beschäftigung auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage nur in geringem Maße zurück. 9 1 Der flächendeckende Ersatz arbeitsvertraglicher durch gesellschaftsrechtliche Tätigkeitsverhältnisse ist damit zumindest gegenwärtig kein Thema und wird es vermutlich auch in Zukunft nicht sein. Die hierfür maßgeblichen Gründe liegen auf den unterschiedlichsten tatsächlichen und rechtlichen Ebenen. Für den Arbeitgeber dürfte die grundsätzliche Verfügbarkeit über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers bei einer gleichzeitig im Verhältnis zu gesellschaftsvertraglichen Verbindungen prinzipiell geringeren Einflußnahmemöglichkeit auf die Geschicke des Unternehmens im Vordergrund stehen, während es für den Arbeitnehmer in erster Linie um das in stärkerem Maße gesicherte laufende Einkommen sowie die Befreiung von der Last gehen dürfte, selbst am Markt unternehmerisch agieren müssen. 92 Daneben kann man die Vorstellung 89 Vgl. C a r u s o v. Peat, M a r w i c k , Mitchell & Co., 664 F.Supp. 144, 145 (S.D.N.Y. 1987); W h e e l e r v. H u r d m a n , 825 F.2d 257, 260 (lOth Cir. 1987); Strother v. S. Cal. Permanente M e d i c a l Group, 79 F.3d 859, 867 (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436, 445 (6th Cir. 1996). 90 Siehe dazu oben sub § 1 I. 91 Duhm, Belegschaften, S . 3 8 ; Eichler-Weiskorn/Pöppel, K J 1987, 259, 261 f.; Höland, Z R P 1987, 86, 88; Schweizer, DtZ 1991, 279, 280. Schilderung eines praktischen Falls aus Osterreich ( G e r ä t e w e r k Matrei G e n . m . b . H . ) bei Andreae/Niehues, Z f g G 40 (1990), 166, 171 ff. Zu den betriebswirtschaftlichen P r o b l e m e n von P r o d u k t i v g e n o s s e n s c h a f t e n eingehend Wiemeyer, O R D O Bd. 39 (1988), 195, 207 ff. 9 2 Siehe in diesem Kontext auch die umfassende A n a l y s e z u m Vorherrschen von CapitalManaged-Firms g e g e n ü b e r Lahor-Managed-Firms von Dow/Putterman, in: Blair/Roe (Ed.),

140

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

nennen, daß das Gesellschaftsrecht zumindest tendenziell eher auf eine langfristige Bindung der Mitarbeit angelegt ist, während das Arbeitsrecht von einer Mobilität der Arbeitnehmer ausgeht. 93 Hinzu treten die vielfältigen, hier nicht im einzelnen aufzulistenden, das gesamte Zivil-, Vollstreckungs-, Sozialversicherungs- und nicht zuletzt das Steuerrecht durchziehenden Privilegierungen unselbständiger Arbeit. Der erwähnte Bauhandwerker-Fall, über den das L A G Hessen vor kurzem zu entscheiden hatte, kann sicherlich nicht als Ankündigung einer Trendwende verstanden werden. Für den in wirtschaftlicher Hinsicht immer wichtiger werdenden Sektor der Wirtschaftsprüfung, Unternehmens- und Rechtsberatung muß diese Einschätzung allerdings modifiziert werden. Die in den U S A und zunehmend auch in E u ropa anzutreffenden „großen" Partnerschaften 9 4 belegen, daß in bestimmten B e reichen der Privatwirtschaft durchaus die Tendenz besteht, auch größere Beschäftigtenzahlen auf eine gesellschaftsvertragliche Grundlage zu stellen. 9 5 Auch wenn sich dieser Trend bislang auf ein verhältnismäßig schmales Segment von Berufstätigen beschränkt, die sich durchweg durch ein hohes Qualifikationsniveau auszeichnen und deren Tätigkeit unmittelbar auf wirtschaftliche und rechtliche Aspekte bezogen ist, könnte man sich gleichwohl eine Entwicklung vorstellen, bei der auch andere qualifizierte Berufsgruppen in stärkerem Maße als bisher auf gesellschaftsvertraglichem Wege in am Markt operierende Unternehmen eingebunden werden. Für die vorliegende Studie folgt aus alledem, daß sich das dogmatische Hauptinteresse auf die in der Rechtswirklichkeit auftretenden Grenzfälle und die insoweit geltenden Grundsätze zu konzentrieren hat. Rein theoretische Modelle für ein flächendeckendes Umgießen großer Teile herkömmlicher Arbeitsverhältnisse in gesellschaftsrechtliche Formen, die keine Aussicht auf praktische Umsetzung h a b e n , 9 6 werden im folgenden hingegen nicht eigens thematisiert. Die beschrie-

Employees and Corporate Governance, S. 17 ff.; für eine Rückführung auf unterschiedlich hohe Kosten der Entscheidungsfindung im Unternehmen Hansmann, Yale Law Journal 99 (1990), 1749, 1779 ff. 9 3 Vgl. Loritz, Z G R 1986, 310, 313; Lutter, Vermögensbildung, S. 48, die freilich jeweils die Beschäftigung als Arbeitnehmer und die Investition von Kapital kontrastieren. Siehe ferner Posner, Economic Analysis of Law, 5th Ed., § 14.2, S. 430, der „partnership" und „true workers' cooperative" danach abgrenzen will, ob sich der Zeithorizont des Mitarbeiters auf das Unternehmen als solches oder nur auf die Dauer seiner Beschäftigung erstreckt. 9 4 Zu den Größen von Rechtsanwaltskanzleien in den USA und in Deutschland (allerdings ohne Rücksichtnahme auf die Rechtsgrundlage der Tätigkeit) Heussen/Griebel, AnwBl. 2000, 385, 387 ff. 9 5 Ebenso die Einschätzung von Hanau, AuA 2000, 276: Gesellschaftsverhältnis im freiberuflichen Bereich als Alternative zum Arbeitsverhältnis. Aus rechtsökonomischem Blickwinkel differenzierend Hansmann, Yale Law Journal 99 (1990), 1749, 1783 ff. 9 6 Insoweit sei an die Überlegungen zur Einführung von Arbeitsaktien bzw. zur Arbeitspartizipation erinnert, soweit man sich nicht darauf beschränkt, letztere in die gängigen gesellschaftsrechtlichen Formen ( K G , Produktivgenossenschaft) einzustufen; vgl. dazu näher oben sub § § 1 II 4 u. 3 IV 2 b dd.

III. Methodologische

Aspekte

141

bene E n t w i c k l u n g im Bereich großer Partnerschaften verdeutlicht allerdings, daß die Grauzonenfälle nicht auf einzelne Beschäftigte in Kleinunternehmen begrenzt sind, sondern auch größere Teile der Mitarbeiterschaft in entsprechend dimensionierten U n t e r n e h m e n betreffen können. M i t dieser B e o b a c h t u n g ist selbstverständlich

n o c h keine Aussage darüber verbunden, o b

quantitative

Aspekte für die Qualifikation von Tätigkeiten überhaupt eine R o l l e spielen. Vielmehr geht es an dieser Stelle zunächst nur darum, sich klarzumachen, mit welchen tatsächlichen -Gestaltungen sich die G e r i c h t e bislang vornehmlich befassen mußten, um beim Herausarbeiten allgemeingültiger Maßstäbe nicht aus den A u gen zu verlieren, für welche Fallgruppen ein Bedürfnis nach fundierter rechtlicher Klärung besteht.

III. Methodologische Aspekte D i e Qualifikation tätigkeitsbezogener Rechtsbeziehungen an der G r e n z e von K o o p e r a t i o n s - und Austauschrecht wirft nicht nur die Frage auf, nach welchen inhaltlichen Kriterien sich die A b g r e n z u n g richtet. Vielmehr werden zugleich grundlegende methodische P r o b l e m e berührt, die im folgenden skizziert werden sollen. Angesprochen ist damit zum einen die Frage, o b die E i n o r d n u n g in die erwähnten R e c h t s f o r m e n auf begrifflichem Wege oder mittels einer typologischen Vorgehensweise durchzuführen ist (unter 1). Z u m anderen geht es darum, welche Bedeutung in diesem K o n t e x t r e c h t s ö k o n o m i s c h e n Überlegungen z u k o m m t , die - aus dem anglo-amerikanischen R a u m stammend - seit einiger Zeit auch in Deutschland F u ß gefaßt haben (unter 2).

1. Begriffliche und typologische

Denkform

D e r grundsätzliche Unterschied zwischen der begrifflichen und der typologischen D e n k w e i s e 9 7 ist bereits angedeutet w o r d e n . 9 8 W ä h r e n d die Qualifikation eines Rechtsverhältnisses bei einem begrifflichen Herangehen durch Subsumtion unter begriffliche M e r k m a l e zu erfolgen hat, geht es bei der typologischen M e thode um eine Zuordnung zum jeweiligen T y p u s . " Hierbei wird im m e t h o d o l o gischen Schrifttum i m m e r wieder die „ O f f e n h e i t " des Typus hervorgehoben, die darin zum Ausdruck k o m m e , daß einzelne, den Typus im allgemeinen kennzeichnende M e r k m a l e im Einzelfall verzichtbar seien und durch das Vorhandensein

Zum folgenden jüngst auch Stoffels, Schuldverträge, S. 20 ff. Siehe dazu oben § 3 I. 99 Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 544; Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 221 ff., 301 ff., 468; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 89 f., 183 f. Ähnlich Kaufmann, Analogie, S. 38; A. Koller, Typuslehre, S. 25; Radbruch, IZTR, Bd. XII (1938), 46, 47; Rode, JR 1968, 401, 405; Strache, Denken in Standards, S. 53 ff.; Tomandl, GS Gschnitzer (1969), S. 431, 452; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 103. 97 98

142

§ 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

a n d e r e r E l e m e n t e a u s g e g l i c h e n w e r d e n k ö n n t e n . 1 0 0 D a r ü b e r h i n a u s s e i e n die T y p u s m e r k m a l e a b s t u f b a r u n d k ö n n t e n d e m z u f o l g e in e i n e m k o n k r e t e n F a l l i m S i n n e e i n e s „ m e h r " o d e r „ w e n i g e r " v o r l i e g e n . 1 0 1 F ü r die F r a g e d e r Z u o r d n u n g e i n e s R e c h t s v e r h ä l t n i s s e s z u e i n e m T y p u s k o m m e es l e t z t l i c h a u f die U b e r e i n s t i m m u n g mit dessen Gesamtbild an.102 D i e d a m i t in a l l e r K ü r z e u m r i s s e n e t y p o l o g i s c h e B e t r a c h t u n g s w e i s e

erfreut

sich s o w o h l im Gesellschafts- wie auch im Arbeitsrecht erheblicher Beliebtheit. S o rekurriert das gesellschaftsrechtliche S c h r i f t t u m bei der Q u a l i f i k a t i o n

von

V e r e i n i g u n g e n 1 0 3 vielfach auf die D e n k f o r m des T y p u s 1 0 4 . E i n e n o c h stärkere Verb r e i t u n g h a t das t y p o l o g i s c h e V o r g e h e n b e i d e r B e s t i m m u n g d e r A r b e i t n e h m e r e i g e n s c h a f t e i n e s B e s c h ä f t i g t e n g e f u n d e n . 1 0 5 E n t s p r e c h e n d e s gilt f ü r d i e B e r e i c h e 100 Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 544; Kaufmann, Analogie, S. 37; Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 221; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 34, 93. Ebenso A. Koller, Typuslehre, S. 22. 101 Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 544; Kaufmann, Analogie, S. 37 f.; Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 221; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 34. 102 Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 544; Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 468; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 183. Zum Vorgehen siehe auch Schwark, Rechtstheorie, Bd. 9 (1978), 73, 94 f. 103 Die Einordnungsfrage (Inhaltsbestimmung) ist strikt von der gänzlich anders gearteten Problematik zu unterscheiden, ob sich mit Hilfe einer typologischen Argumentation auch jenseits zwingenden Gesetzesrechts Schranken der Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen ergeben (Inhaltskontrolle), strikt dagegen etwa Fiume, Personengesellschaft, § 13 I, S. 190 f.; Martens, N J W 1966, 1049, 1050 ff.; M ü n c h K o m m B G B / i / / m e r , 3. Aufl., § 705 Rdnr. 105; W. Ott, Typologie im Gesellschaftsrecht, S. 89 ff.; restriktiv auch Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 8; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 5 III 3, S. 126 f.; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 117 ff., 123 ff. Nach Wiedemann, Gesellschaftsrecht, § 1 IV 1 b aa, S. 73, ist der Streit inzwischen mit negativem Ergebnis ausgetragen. Zu weiteren Verwendungen des Terminus „Typus" im Gesellschaftsrecht siehe A. Koller, Typuslehre, S. 44 ff., der bereits Mitte der sechziger Jahre eine Typeninflation in der gesellschaftsrechtlichen Literatur konstatierte. 104 Vgl. etwa Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 3 f.; Reiff, Haftungsverfassungen, S. 59 ff.; Reuter, FS Semler (1993), S. 931, 937; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 25 I 2 b, S. 741 ff. In der Sache auch Soergel/Hadding, B G B , 13. Aufl., § 54 Rn. 4; Heinrich Stoll, F G 50 Jahre R G , Bd. II (1929), S. 49, 74 f.; Staudinger/Weick, B G B , 13. Bearb., Vorbem. zu §§ 21 ff. Rn. 46; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 2 I 1 a bb, S. 90 f. Undeutlich Schön, Z G R 1993, 210, 216 f., der sich (im Zusammenhang mit der Qualifikation einer Kapitalhingabe gegen Gewinnbeteiligung) sowohl für eine „exakte begriffliche" als auch für eine „präzise typologische" Zuordnung einsetzt. 1 0 5 So ausdrücklich B A G vom 23.4.1980, AP Nr. 34 zu § 611 B G B Abhängigkeit; L A G Düsseldorf vom 4.9.1996, L A G E § 6 1 1 B G B Arbeitnehmerbegriff Nr. 33 LS 1; Hanau/Strick, DB 1998, Beilage Nr. 14, S. 4; Herschel, F G Kunze (1969), S. 225, 237; Hilger, RdA 1989, 1, 2; Martens, RdA 1979, 347, 348; M ü n c h K o m m B G B / M ü l l e r - G l ö g e , 3. Aufl., § 6 1 1 Rn. 134; Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 63; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 8 Rn. 2, S. 73; Söllner, Arbeitsrecht, 12. Aufl., § 3 I 2, S. 18; Tomandl, GS Gschnitzer (1969), S.431, 452; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 131 ff. Der Sache nach st. Rspr.; vgl. insbesondere B A G vom 28.2.1962, AP Nr. 1 zu §611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 21.1.1966, AP Nr. 2 zu § 9 2 H G B ; B A G vom 8.6.1967, AP Nr. 6 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit; B A G vom 8.10.1975, AP Nr. 18 zu § 611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 15.3.1978, AP Nr. 26 zu § 611 B G B Abhängigkeit; aus jüngerer Zeit B A G vom 19.11.1997, AP Nr. 90 zu §611 B G B Abhängigkeit; B A G vom 30.9.1998,

III. Methodologische

Aspekte

143

des Sozialrechts 1 0 6 und des Steuerrechts 1 0 7 . Nach alledem liegt es nicht fern, sich auch für die Abgrenzung von Kooperations- und Austauschverhältnis wie auch für die noch näher zu erörternde Frage nach dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses der typologischen Methode zu bedienen, zumal auch das BVerfG die Rechtsfigur des Typus positiv gewürdigt 108 und nicht zuletzt der Gesetzgeber selbst bei seinem Vorgehen gegen „scheinselbständige" Beschäftigungsformen in § 7 Abs. 4 S. 1 SGB IV darauf zurückgegriffen hat. Trotz der erheblichen Verbreitung der typologischen Betrachtung erscheint es jedoch bedenklich, voreilig auf diese Rechtsfigur zurückzugreifen. Die typologische Sichtweise belastet aufgrund des Umstands, daß sie dem einzelnen Merkmal keinen genauen Platz einzuräumen vermag, den Prozeß der Rechtsgewinnung nämlich mit einem erheblichen Maß an Rechtsunsicherheit. Die Rechtssicherheit gehört indes zu den unbestrittenen Grundprinzipien jeder Rechtsordnung, 1 0 9 wobei an dieser Stelle insbesondere der Teilaspekt der Orientierungssicherheit für die Rechtsunterworfenen 1 1 0 von Interesse ist. N u n ist hier nicht der Raum, um die in der methodologischen Literatur seit langem umfassend geführte Diskussion über den genauen Inhalt und die Berechtigung einer von gesetzlichen Begriffen zu trennenden Kategorie von Typen in allen Einzelheiten nachzuzeichnen. 111 Gleichwohl erscheint es hilfreich, einige Aspekte aus dieser Debatte hervorzuheben. AP Nr. 103 zu §611 BGB Abhängigkeit; BAG vom 15.12.1999, AP Nr. 5 zu §92 HGB; BAG vom 20.9.2000, AP Nr. 8 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung. 106 Siehe etwa BSG vom 8.8.1990, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG vom 18.4.1991, SozR 3-4100 § 168 Nr. 5; BSG vom 8.12.1994, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18. 107 Vgl. BFH vom 8.7.1965, BStBl. III 1965, 558, 559 f.; BFH vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560, 561; BFH vom 7.2.1968, BStBl. II 1968, 356, 357 f.; BFH vom 9.10.1969, BStBl. II 1970, 320, 321 f.; BFH vom 11.12.1980, BStBl. II 1981, 310, 312 ff.; BFH vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375 f.; krit. aber Groh, BB 1982, 1229. los ßVerfG vom 20.5.1996, AP Nr. 82 zu §611 BGB Abhängigkeit. 109 Siehe etwa Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 325 ff.; Henkel, Rechtsphilosophie, 2. Aufl., § 35, S. 436 ff.; Herschel, JZ 1967, 727, 732 f.; Radbruch, Rechtsphilosophie, § 9, S. 73 ff.; M. Rümelin, Rechtssicherheit, passim; Zippelius, Rechtsphilosophie, 3. Aufl., § 23, S. 161 ff.; zur Verknüpfung mit dem Verfassungsrecht Sachs, in: Sachs, GG, 2. Aufl., Art. 20 Rn. 122 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. I, § 24 Rn. 81 ff.; relativierend aber Lerche, DVB1. 1961, 690, 692: „unsicherer Tabu-Begriff"; zurückhaltend gegenüber dem Gesetzesrecht auch Esser, Grundsatz und Norm, S. 27. 110 Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 325; Henkel, Rechtsphilosophie, 2. Aufl., § 35 III 1 a, S. 438; M. Rümelin, Rechtssicherheit, S. 7 ff. 111 Vgl. befürwortend Engisch, Konkretisierung, S. 237 ff.; Hassemer, Tatbestand und Typus, S. 109 ff.; Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 220 ff., 302 ff., 461 ff.; Leenen, Typus und Rechtsfindung, passim; Peschka, ARSP, Bd. LXVI (1980), 85, 96 ff.; Radbruch, IZTR, Bd. XII (1938), 46 ff.; Rode, JR 1968, 401 ff.; Strache, Denken in Standards, S. 19 ff.; W o l f f , Studium Generale 1952, 195, 198 ff.; abl. Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 543 ff.; Esser, AöR, Bd. 96 (1971), 140, 141 f.; Kindhäuser, Rechtstheorie, Bd. 12 (1981), 226 ff.; Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 73 ff.; Kuhlen, in: Koch (Hrsg.), Juristische Methodenlehre, S. 53 ff.; ders., Typuskonzeptionen; J. Schmidt, ARSP, Bd. LIX (1973), 257, 260 ff.; Wank, Begriffsbildung, S. 124 ff.

144

§ 4 Grundfragen der Einstufung von

Grenzfällen

Hierbei ist zunächst klarzustellen, daß der Typus als solcher die F u n k t i o n eines klassifikatorischen Begriffes einnimmt. 1 1 2 E s geht insoweit nämlich darum, ob eine Erscheinung eine bestimmte Eigenschaft (Prädikat) aufweist oder nicht. Dies ist für sich genommen eine klassifikatorische Frage. 1 1 3 D e m e n t s p r e c h e n d lautet die sich in diesem Zusammenhang stellende Frage, ob ein mitarbeitsbezogenes Rechtsverhältnis als gesellschaftsrechtliche oder als austauschrechtliche B e z i e h u n g einzustufen ist. Z w a r läßt sich nicht bestreiten, daß gesetzliche U m schreibungen in einer Reihe von Fällen an sprachlicher U n s c h ä r f e (semantischer Vagheit) leiden. D e r Anwendungsbereich (Extension) der jeweiligen Begriffe liegt demzufolge nicht von vornherein eindeutig fest. D i e U n s c h ä r f e eines Klassenbegriffs hat mit der Frage einer Abstufung von M e r k m a l e n und der sich daraus ergebenden Möglichkeit einer R e i h u n g von Erscheinungen indes nichts zu t u n . 1 1 4 Das „holde U n g e f ä h r " ( R a d b r u c h ) U 5 von Sachverhalten zwingt dazu, die Bedeutung gesetzlicher Begriffe (Intension) durch Interpretation möglichst weitgehend zu präzisieren. D e m g e g e n ü b e r trägt es nicht zur Klarheit bei, Klassenbegriffe allein wegen ihrer U n s c h ä r f e als Typus zu bezeichnen. Soweit es u m den Gesichtspunkt der Verzichtbarkeit einzelner M e r k m a l e geht, läßt sich dieses P r o b l e m mit Hilfe disjunktiver (nicht ausschließender) Verknüpfung von Tatbestandselementen l ö s e n . 1 1 6 Dies bedeutet, daß ein Begriff auch dann erfüllt sein kann, wenn bestimmte M e r k m a l e nicht kumulativ, sondern nur alternativ vorliegen. E i n e D e u t u n g des gemeinsamen Z w e c k s im Sinne des § 705 B G B als Begriff schließt es daher nicht von vornherein aus, das Vorliegen dieses Merkmals alternativ aus verschiedenartigen Unterkriterien abzuleiten. F e r n e r hat die Wissenschaftstheorie den komparativen Begriff entwickelt, um Abstufungen adäquat erfassen zu k ö n n e n . 1 1 7 Freilich darf die dadurch geschaffene M ö g l i c h keit, ein „ m e h r " oder „weniger" auszudrücken, in juristischen Argumentationszusammenhängen nicht überschätzt werden. W i e Wank

zu R e c h t anmerkt, kann

sich ein komparativer Satz nicht auf eine einzelne Rechtsfolge beziehen, weil es insoweit nur ein „entweder - o d e r " gibt. 1 1 8 Zu einem komparativen Verhältnis kann es lediglich bei der B e s t i m m u n g eines Rechtsfolgenbündels k o m m e n .

112 Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 545; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 165; Wank, Begriffsbildung, S. 125. 113 In diesem Sinne auch W. Ott, Typologie im Gesellschaftsrecht, S. 54 f. 114 So bereits Engisch, Konkretisierung, S.285. Ebenso Kindhäuser, Rechtstheorie, Bd. 12 (1981), 226, 244 f.; Kuhlen, in: Koch (Hrsg.), Juristische Methodenlehre, S. 53, 63 ff.; eingehend ders., Typuskonzeptionen, S. 57 ff.; in diesem Sinne ferner]. Schmidt, ARSP, Bd. LIX (1973), 257, 263. 115 IZTR, Bd. XII (1938), 46, 49. 116 Vgl. Bydlinski, Methodenlehre, 2. Aufl., S. 545; Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 75; Wank, Begriffsbildung, S. 130. 117 Vgl. Kindhäuser, Rechtstheorie, Bd. 12 (1981), 226, 236 ff.; Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 76; Kuhlen, in: Koch (Hrsg.), Juristische Methodenlehre, S. 53, 61; Stegmüller, Wissenschaftstheorie, Bd. II, S. 27 ff. 118 Begriffsbildung, S. 127.

III. Methodologische

Aspekte

145

N a c h alledem besteht grundsätzlich keine N o t w e n d i g k e i t , aufgrund eines engen Begriffsverständnisses verfrüht auf typologische K o n z e p t i o n e n der R e c h t s gewinnung auszuweichen. 1 1 9 Soweit es möglich ist, den Inhalt und den Stellenwert derjenigen Kriterien, von denen das Eintreten bestimmter Rechtsfolgen abhängig ist, begrifflich eindeutig zu bestimmen, ist dies im Verhältnis zur typologischen M e t h o d e vorzugswürdig. 1 2 0 Falls etwa eine Mehrheitsbeteiligung an einer Gesellschaft der gleichzeitigen Arbeitnehmereigenschaft per se entgegensteht, ist dies klar auszusprechen und nicht lediglich anzunehmen, daß eine G e s a m t b e trachtung erforderlich sei, bei der diesem U m s t a n d ein mehr oder minder großes G e w i c h t z u k o m m e . I m weiteren Verlauf dieser Studie soll deshalb versucht werden, bei möglichst vielen E i n z e l m e r k m a l e n nicht nur ihre grundsätzliche R e l e vanz, sondern ihre k o n k r e t e Bedeutung für die Qualifikation einer R e c h t s b e z i e hung als Gesellschafts- oder D i e n s t - bzw. Arbeitsvertrag herauszuarbeiten. I m einzelnen geht es also darum, zu ermitteln, welche Kriterien zwingend für oder gegen eine der in Betracht k o m m e n d e n Einordnungsalternativen sprechen. Erst wenn sich eine solche Aussagekraft nicht bestimmen läßt, m u ß es dabei bleiben, daß einem Kriterium lediglich ein indizieller C h a r a k t e r zugesprochen werden kann. E i n e völliger Verzicht auf die typologische D e n k f o r m würde angesichts der Vielgestaltigkeit und permanenten Veränderung von Lebenssachverhalten die G e f a h r heraufbeschwören, an Äußerlichkeiten haften zu bleiben, und hierdurch unangemessene Einzelergebnisse sowie eine Erstarrung der Rechtsfindung herbeiführen. 1 2 1 Gerade im Wirtschafts- und Arbeitsrecht bedarf es indes halbwegs flexibler Tatbestände. 1 2 2 I m m e r h i n belegt ein vergleichender B l i c k auf das englische 1 2 3 und das U S - a m e r i k a n i s c h e R e c h t 1 2 4 , daß andere R e c h t s o r d n u n g e n bei der 1 1 9 Krit. gegenüber der typologischen Betrachtungsweise neben den in Fn. I l i a. E., S. 150, Genannten ferner Teile des arbeitsrechtlichen Schrifttums: ErfK/Pras, 2. Aufl., §611 B G B Rn. 66; M. Reuter, Arbeitsaufgabe, S. 85 ff.; MünchArbRIRichardi, 2. Aufl., § 24 Rn. 49; Rüthers, RdA 1985, 129, 131 \ Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 167 ff.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., 4 III 5 f, S. 50; abl. auch Rommé, Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, S. 214 ff.; zurückhaltend ferner Stoffels, Schuldverträge, S. 29 f. 1 2 0 In diesem Sinne ebenfalls Ulmer, Vertragshändler, S. 16 f.; Wolff, Studium Generale 1952, 195,204 f. 121 Wenn H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 103, davon spricht, daß sich Begriffs- und Typenanwendung nicht ausschließen, sondern ergänzen, dürfte er damit freilich nur die Typenbildung innerhalb eines weitgefaßten begrifflichen Rahmens meinen. 122 Wiedemann, FS Larenz (1973), S. 199, 214. 123 Vgl. Stekel v. Ellice [1973] 1 W.L.R. 191, 200 f. (Ch. D.); Fleming v. Secretary of State for Trade and Industry [1997] I.R.L.R. 682, 684 (Ct. of Sess.); Secretary of State for Trade and Industry v. Bottrill [1999] I.C.R. 592, 602 (C.A.); Conolly v. Seilers Arenascene Ltd. [2001] I.C.R. 760, 769 f. (C.A.). 124 Siehe Caruso v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 664 F.Supp. 144, 149 f. (S.D.N.Y. 1987); Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 269 ff. (lOth Cir. 1987); Fountain v. Metealf, Zima & Co., P. A., 925 F.2d 1398, 1401 ( l l t h Cir. 1991); Strother v. S. Cai. Permanente Medicai Group, 79 F.3d 859, 867 f. (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436, 443 f. (6th Cir. 1996); Devine V. Stone, Leyton & Gershman, P.C., 100 F.3d 78, 81 f. (8th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 990 ff. (Ist Cir. 1997). Im Zusammenhang mit der Abgrenzung von „employee" und „independent contractor" ebenso die berühmte „Trilogie" des U.S. Supreme Court aus dem Jah-

146

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

Abgrenzung von gesellschaftsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Beziehungen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben und der Arbeit mit Kriterien, denen nur eine indizielle Bedeutung zukommt, ebenfalls nicht entraten können. Gleichwohl muß das typologische Denken immer wieder als Ansporn aufgefaßt werden, zu begrifflichen Verfestigungen vorzustoßen. 125

2. Rechtsökonomische

Betrachtungsweise

Des weiteren fragt sich, welche Relevanz rechtsökonomischen Konzeptionen in der Qualifikationsdebatte beizulegen ist. Insoweit ist zunächst darauf aufmerksam zu machen, daß die ökonomische Analyse des Rechts kein einheitliches Gedankengebäude darstellt. 126 Vielmehr haben sich im Gefolge der bahnbrechenden Überlegungen von Coase und Calabresi seit dem Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhundert in den USA 1 2 7 unter dem einheitlichen Dach von law and economics sehr verschiedenartige Strömungen entwickelt. 128 Zu nennen ist insbesondere die Neue Institutionenökonomie, die mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen (Transaktionskostenansatz, property-rights-Theorie, principal-agentTheorie) die wirtschaftliche Bedeutung rechtlicher Institutionen hervorhebt. 129 Den gemeinsamen Nenner bildet die mehr oder weniger starke Ausrichtung rechtlicher Regelungen am Ziel der ökonomischen Effizienz. Gemeint ist damit die optimale Allokation wirtschaftlicher Ressourcen, verstanden als ihre Verteire 1947: United States v. Silk, 331 U.S. 704, 716 ff. (1947); Rutherford Food Corp. v. McComb, 331 U.S. 722, 730 (1947); Bartels v. Birmingham, 332 U.S. 126, 130 ff. (1947); aus jüngerer Zeit Nationwide Mut. Ins. Co. v. Darden, 503 U.S. 318, 323 f. (1992); ferner etwa Usery v. Pilgrim Equipment Co., Inc., 527 F.2d 1308, 1311 ff. (5th Cir. 1976); Spirides v. Reinhardt, 613 F.2d 826, 831 f. (D.C. Cir. 1979); Real v. Driscoll Strawberry Associates, Inc., 603 F.2d 748, 754 ff. (9th Cir. 1979); Wardle v. Central States, etc., 627 F.2d 820, 825 ff. (7th Cir. 1980); Donovan v. Sureway Cleaners, 656 F.2d 1368, 1370 ff. (9th Cir. 1981); Hickey v. Arkla Industries, Inc., 699 F.2d 748, 751 f. (5th Cir. 1983); Garrett v. Phillips Mills, Inc., 721 F.2d 979, 982 (4th Cir. 1983); Walcott v. Nationwide Mut. Ins. Co., 664 F.Supp. 1533,1536 f. (S.D. Ohio 1987); Berger Transfer v. Central States, 85 F.3d 1374, 1379 (8th Cir. 1996); Birchem v. Knights of Columbus, 116 F.3d 310, 312 f. (8th Cir. 1997); Schwieger v. Farm Bureau Ins. Co. of NE, 207 F.3d 480, 483 ff. (8th Cir. 2000); Eisenberg v. Advance Relocation & Storage, Inc., 237 F.3d 111, 113 ff. (2nd Cir. 2000); Farlow v. Wachovia Bank of North Carolina, N. A., 259 F.3d 309, 313 ff. (4th Cir. 2001). 125 Immerhin spricht auch das der Typologie aufgeschlossene Schrifttum vielfach davon, daß das typologische Denken nur eine Vorstufe des begrifflichen Denken sei; vgl. etwa Engisch, Konkretisierung, S. 247; Radbruch, IZTR, Bd. XII (1938), 46, 53; Strache, Denken in Standards, S. 41. Siehe aber Zippelius, FS Engisch (1969), S. 224 ff., der die Unterschiede zwischen Begriff und Typus nivelliert. 126 Kirchner,]b. f. NPÖ, Bd. 2 (1983), 137. 127 Zur Entwicklung Schanze, in: Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse, S. 1 ff. 128 Überblick bei Mercuro/Medema, Economics and the Law (1997); ferner Fleischer, ZGR 2001, 1 ff.; Rose-Ackerman, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Allokationseffizienz, S. 269 ff.; Scheel, Versicherbarkeit, S. 91 ff. 129 Mercuro/M edema, Economics and the Law, S. 130 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., passim.

III. Methodologische

Aspekte

147

lung auf alle Individuen der Gesellschaft, die den größtmöglichen Gesamtnutzen mit sich bringt. Durch ihre Konzentration auf die gesamtgesellschaftliche Wohlstandsmaximierung stellt die Rechtsökonomie eine Spielart der Wohlfahrtsökonomie dar, die neben den im US-amerikanischen legal realism liegenden Wurzeln 130 zumindest in einem engen Zusammenhang mit utilitaristischem Gedankengut steht 131 . Rechtsökonomisch inspirierte Ansätze haben seit den achtziger Jahren 132 auch in Deutschland zunehmende Beachtung gefunden. 133 . Soweit es um die grundsätzliche Berechtigung geht, durch eine ökonomische Betrachtungsweise das geltende Recht nicht nur zu beschreiben und insbesondere auf Folgewirkungen zu untersuchen (positive economic analysis), sondern - neben rechtspolitischen Ambitionen - normativ auf die Rechtsanwendung einzuwirken ( n o r m a t i v e economic analysis),134 wird man als Ertrag der vor einigen Zeit heftig geführten Auseinandersetzung 135 festhalten können, daß es entgegen der namentlich von Posner als dem gegenwärtigen Hauptprotagonisten der Chicago Schooll3b vertretenen Sicht zwar einerseits nicht möglich ist, die Interpretation des geltenden Rechts eindimensional an der Verwirklichung wirtschaftlicher Effizienz im Sinne einer gesamtgesellschaftlichen Wohlstandssteigerung zu orientieren. Hiergegen spricht neben den vielfältigen internen Problemen ökonomischer Modelle 137 - vor allem der Aspekt, daß die gesetzliche Ordnung durchaus auch anderen, nicht ausschließlich an der optimalen Allokation verfügbarer knapper Ressourcen ausgerichteten Werten wie Vertragsgerechtigkeit, Freiheitsschutz und Sozialschutz 130 D a z u Eidenmüller, E f f i z i e n z als R e c h t s p r i n z i p , 2. A u f l . , S. 406 ff.; ders., A c P 197 (1997), 80, 89 ff.; Mercuro/Medema, Economics and the Law, S. 10 ff. 131 Zu den Verbindungslinien mit unterschiedlicher A k z e n t s e t z u n g eingehend Behrens, in: B y d l i n s k i / M a y e r - M a l y (Hrsg.), G r u n d l a g e n des Privatrechts, S. 35 ff.; Posner, J . of Legal Studies 8 (1979), 103, 111 ff. 132 Einen Vorläufer bildet die frühzeitige A u s e i n a n d e r s e t z u n g durch Horn, A c P 176 (1976), 307 ff. 133 Siehe Adams, Ö k o n o m i s c h e A n a l y s e , S. 17 ff.; Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische A n a l y s e ; Behrens, Rechtstheorie 12 (1981), 472 ff.; ders., D i e ö k o n o m i s c h e n G r u n d l a g e n des Rechts; Blaschczok, G e f ä h r d u n g s h a f t u n g , S. 141 ff.; Eidenmüller, E f f i z i e n z als R e c h t s p r i n zip, 2. A u f l . , ders., A c P 197 (1997), 80 ff.; Fezer, J Z 1986, 817 ff.; ders., J Z 1988, 223 ff.; Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423 ff.; Kirchgässner, J Z 1991, 104 ff.; Köhler, Z H R 144 (1980), 589 ff.; Kühler, FS Steindorff (1990), S. 687 ff.; Ott/Schäfer, J Z 1988, 213 ff.; Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 277 ff.; Schäfer/Ott, L e h r b u c h der ö k o n o m i s c h e n A n a l y s e des Zivilrechts, 3. A u f l . ; Scheel, Versicherbarkeit, S. 90 ff.; Taupitz, A c P 196 (1996), 114 ff. 134 Zu den verschiedenen F u n k t i o n e n Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 2 7 7 , 2 7 9 f.; Taupitz, AcP 196(1996), 114, 121 ff. 135 Siehe insbesondere (ablehnend) Fezer, J Z 1986, 817, 821 ff.; ders., J Z 1988, 223, 224 ff.; ders., J u S 1991, 889, 892 ff.; (verteidigend) Kirchgässner, J Z 1991, 104, 107 ff.; Ott/Schäfer, JZ 1988, 213, 214 ff.; u m f a s s e n d e (kritische) W ü r d i g u n g bei Eidenmüller, E f f i z i e n z als R e c h t s p r i n zip, 2. A u f l . , S. 273 ff., 323 ff., 414 ff., 486 ff.; Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 430 ff. 136 Vgl. Economic A n a l y s i s of Law, 5th Ed., passim. Posner steht damit in der Tradition von F. A. H a y e k u n d M . Friedman, siehe dazu die Selbsteinschätzung von Posner, J. of Legal Studies 8 (1979), 103, 136 Fn. 94. 137 D a z u instruktiv Blaschczok, G e f ä h r d u n g s h a f t u n g , S. 160 ff.

148

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

Geltung verliehen hat. 1 3 8 Andererseits können in Einzelfragen bestimmte in der ökonomischen Analyse des Rechts entwickelte Denkfiguren durchaus eine Hilfe bieten, um in Grenzbereichen zu überzeugenderen Lösungen zu gelangen 1 3 9 und so eine Brücke zwischen ausufernder Wertungsjurisprudenz und Tatsachenradikalismus 1 4 0 zu schlagen, zumal Überlegungen wirtschaftlicher Provenienz auch im deutschen Rechtsdenken durchaus eine gewisse Tradition haben 1 4 1 . Dies gilt vor allem dann, wenn der Gesetzgeber sich bei seinen Wertungen erkennbar von volkswirtschaftlichen Erwägungen hat leiten lassen. 1 4 2 Soweit es um die grundsätzliche Qualifikation zweifelhafter Rechtsverhältnisse geht, fehlt es für einen solchen Rekurs auf rechtsökonomische Überlegungen freilich an hinreichend aussagekräftigen gesetzgeberischen Anhaltspunkten. Darüber hinaus sind zur Bewältigung spezifischer Probleme zwar bestimmte ö k o n o mische Vertragsmodelle entwickelt worden. 1 4 3 Die Schlußfolgerungen aus der eingangs bereits beschriebenen Kategorisierung von Gesellschafts- und Arbeitsvertrag als unvollständige Verträge 1 4 4 verbleiben aber soweit ersichtlich innerhalb der jeweiligen Rechtsform, ohne die vorgelagerte Einordnungsfrage zu thematisieren. 1 4 5 Auf rechtsökonomische Ansätze ist im folgenden daher nur an einzelnen Punkten, nicht aber flächendeckend zurückzukommen.

1 3 8 Vgl. Canaris, J Z 1993, 377, 384; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 2. Aufl., S. 450 ff.; ders., AcP 197(1997), 80, 115 ff.; fezer, J Z 1986, 817, 821 ff.; ders., JZ 1988, 223, 224 ff.; ders., JuS 1997, 889, 893; Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, S. 136; Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 277, 290; Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 149 ff.; zu weiteren Einwänden Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 2. Aufl., S. 414 ff.; ders., AcP 197 (1997), 80, 93 ff. 1 3 9 Offen für Anregungen aus der Gedankenwelt der ökonomischen Analyse des Rechts auch Bydlinski, AcP 188 (1988), 447,466; ders., Fundamentale Rechtsgrundsätze, S. 285 ff.; Horn, AcP 176 (1976), 307, 331 ff.; Köhler, Z H R 144 (1980), 589, 593 ff.; Kühler, FS Steindorff (1990), S. 687, 690 ff.; Salje, Rechtstheorie 15 (1984), 277, 290; ähnlich Assmann, in: Assmann/Kirchner/ Schanze, Ökonomische Analyse, S. 17, 60 f.; Kirchner, ebenda, S. 62, 76 ff.; generell positive Einschätzung angesichts des von ihm konstatierten Verlustes der Steuerungsfähigkeit der klassischen Rechtsordnung infolge des beschleunigten gesellschaftlichen Wandels ferner durch Ladeur, RabelsZ 64 (2000), 60, 91 ff. 1 4 0 In Anlehnung an Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 132 f. 141 Vgl. bereits Mataja, Recht des Schadenersatzes (1888), S. 87 ff.; Müller-Erzbach, AcP 106 (1910), 309, 387 ff. 142 Grundmann, RabelsZ 61 (1997), 423, 432 ff. 1 4 3 Siehe etwa Ayres/Gertner, Yale Law Journal 99 (1989), 87 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 155 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 373 ff.; Wehrt, KritV 1992, 358 ff. 1 4 4 Siehe oben sub § 1 I m.w.N. 1 4 5 Bezeichnenderweise ordnet auch Stoffels, Schuldverträge, S. 239 ff., seine Darlegungen zur ökonomischen Analyse des Rechts dem Problemkreis der Auslegung und nicht der Qualifikation gesetzlich nicht geregelter Schuldverträge zu.

IV. Verhältnis von Qualifikation

und

Parteiwille

149

IV. Verhältnis von Qualifikation und Parteiwille Jede Erörterung der Einstufung von Rechtsverhältnissen stößt schließlich früher oder später auf die Frage des grundsätzlichen Verhältnisses zwischen Qualifikation und Parteiwille, die zu den heikelsten der Einordnungsproblematik gehört. Dies beruht in erster Linie auf der Verflechtung mit Grundfragen der Privatautonomie und ihrer Beziehungen zum Gesetzesrecht, die schon seit langem vor allem unter den Stichworten Rechtsformzwang und Rechtsformverfehlung 1 4 6 diskutiert werden. 1 4 7 Darüber hinaus wird die Verständigung dadurch erschwert, daß nicht nur die Antworten, sondern häufig auch die Problemzugänge differieren. Im folgenden soll daher zunächst in aller Kürze versucht werden, Klarheit über die einzelnen Teilaspekte des angesprochenen Komplexes herzustellen. Dabei geht es nicht darum, schon an dieser Stelle abschließende Lösungen zu erarbeiten. Vielmehr sollen zunächst lediglich die einzelnen Problemfelder separiert werden, um für die folgenden Überlegungen eine möglichst transparente Grundlage zu schaffen. In einer auf dem Grundsatz der Privatautonomie aufbauenden Zivilrechtsordnung 1 4 8 mit der Vertrags- und der Vereinigungsfreiheit als den beiden hier einschlägigen Einzelausprägungen 1 4 9 bietet es sich an, die Qualifikation einer Rechtsbeziehung im Prinzip als einen zweigestuften Vorgang zu verstehen. In einem ersten Schritt geht es darum, das von den Parteien Gewollte zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Rechtsordnung den Parteiwillen anerkennt oder durch zwingendes Recht vereitelt oder modifiziert. 1 5 0 Auf das Ver146 Diese Debatte darf entgegen dem von Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 198, erweckten Eindruck nicht mit der Auseinandersetzung um die Frage eines (Struktur-)Typenzwangs bzw. einer Typengesetzlichkeit vermengt werden; zur Unterscheidung beider Ebenen Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 6 f.; Paulick, Die eingetragene Genossenschaft, S. 18 ff.; K. Schmidt, Stellung der oHG, S. 159 Fn. 5; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 112 ff.; ferner die terminologische Klarstellung von Lieb, RdA 1975, 49 Fn. 13. Siehe hierzu im übrigen den Hinweis oben in III Fn. 103. 147 Siehe hierzu insbesondere Battes, AcP 174 (1974), 429 ff.; Fenn, FS Bosch (1976), S. 171 {{.;Jahnke, ZHR 146 (1982), 595 ff.; Lieh, Ehegattenmitarbeit, S. 18 ff.; ders., RdA 1975, 49 ff.; R e i f f , Haftungsverfassungen, S. 225 ff.; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 119 ff.; K. Schmidt, Stellung der oHG, S. 160 ff.; S t o f f e l s , NZA 2000, 690 ff.; ders., Schuldverträge, S. 193 ff.; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 64 ff.; 199 ff.; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 102 ff. 148 Vgl. nur Flume, FS Hundert Jahre DJT, Bd. I (1960), S. 135, 136 ff.; ders., Rechtsgeschäft, 4. Aufl., § 1, S. 1 ff.; L. Raiser, Zukunft des Privatrechts, S. 8. Zum allgemeinen verfassungsrechtlichen Fundament etwa BVerfG vom 13.5.1986, BVerfGE 72, 15, 170; BVerfG vom 19.10.1993, BVerfGE 89, 214, 231; BGH vom 24.2.1999, BGHZ 140, 395, 397; Erichsen, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, § 152 Rn. 58, S. 1210. 149 Zur Vertrags-, Vereinigungs-, Eigentums- und Testierfreiheit als Bestandteile der Privatautonomie siehe nur Dilcher, NJW 1960,1040; Merz, Privatautonomie heute, S. 2; Wieacker, Sozialmodell, S. 14 f. 150 So etwa auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 187; S t o f f e l s , NZA 2000, 690, 693; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 109.

150

§ 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

hältnis dieser beiden Stufen ist zur Vermeidung fehlsamer Gedankenführungen noch etwas näher einzugehen. 1. Situation ohne

Eigenqualifikationsklausel

Zur Erläuterung sei zunächst die einfachere Fallgruppe angesprochen. Hierbei haben sich die Parteien auf eine bestimmte Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen geeinigt und diese auch entsprechend dem Vereinbarten praktiziert 1 5 1 , ohne selber eine rechtliche Einordnung vorgenommen zu haben. Wenn in einer solchen Konstellation ein nachträglicher Streit über die Qualifikation des Rechtsverhältnisses entsteht, muß der Rechtsanwender seiner Entscheidung die von den Parteien getroffenen Regelungen zugrunde legen. Insoweit spielen also ausschließlich autonom geschaffene Aspekte eine Rolle. Die rechtliche Relevanz der jeweiligen Umstände ergibt sich indes erst aus der von außen an die Vereinbarung herangetragenen Rechtsordnung. Die Einordnung der fraglichen Rechtsbeziehung in eine der jeweils in Betracht kommenden rechtlichen Formen ist nicht mehr Teil der Auslegung, sondern stellt eine eigenständige rechtliche Wertung dar. 152 Die Qualifikation eines Rechtsverhältnisses beruht somit auch auf heteronomen Vorgaben. 1 5 3 Dennoch ist es gerechtfertigt, in einem derartigen Falle von einer im wesentlichen privatautonomen Einigung auf eine bestimmte Rechtsform zu sprechen. 1 5 4 In einer solchen Gestaltung geht es nämlich nur darum, die dem Parteiwillen entsprechende Rechtsform zu ermitteln. Wenn man von der Sondersituation absieht, daß sich die gesetzlichen Einordnungsmerkmale nach dem Vertragsschluß ändern, 1 5 5 handelt es sich insoweit um eine Anerkennung, nicht aber um eine Korrektur des Parteiwillens. Dies gilt auch dann, wenn die Qualifikationskriterien dem zwingenden Gesetzesrecht angehören. Sofern sich die Beteiligten darauf beschränken, eine bestimmte Gestaltung ihrer Sozialbeziehungen zu vereinbaren, kommt das zwingende Recht nur in seiner Eigenschaft als ein den 151 Auf das Sonderproblem einer Divergenz zwischen vertraglichen Vereinbarungen und tatsächlichem Verhalten soll in dieser Studie nicht näher eingegangen werden; dazu Maschmann, Arbeitsverträge, S. 276 ff.; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 125 ff.; Stoffels, N Z A 2000, 690, 694; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 111. 1 5 2 Vgl. Flume, Rechtsgeschäft, 4. Aufl., § 2 0 , 2 a, S. 406; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 32; Schulze-Osterloh, AcP 190 (1990), 139, 145; in der Sache auch Konzen/Rupp, Anm. zu BVerfG, EzA Art. 5 G G Nr. 9 (unter II 1 b); Larenz, Methodenlehre, 6. Aufl., S. 301; Schön, Z G R 1993, 210, 243. 1 5 3 Zur Vereinbarkeit dieser Sichtweise mit der Lehre von der Willenserklärung als einer auf die Herbeiführung von (generellen) Rechtsfolgen abzielenden Geltungserklärung siehe Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 32; Schulze-Osterloh, AcP 190 (1990), 139, 145. 1 5 4 Auf das grundsätzliche Verhältnis von privatautonomer Gestaltung und heteronomer Rechtsordnung als kumulative Elemente der Herbeiführung von Rechtsfolgen ist nicht näher einzugehen; dazu Brox, J Z 1966, 761 f.; Flume, FS Hundert Jahre DJT, Bd. I (1960), S. 135, 156; ders., Rechtsgeschäft, 4. Aufl., § 1, 2, S. 2; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 26 f.; siehe ferner bereits Motive, Bd. I, S. 126. 1 5 5 In Betracht kommt insbesondere eine Weiterentwicklung der für die Arbeitnehmereigenschaft maßgeblichen Umstände.

IV. Verhältnis

von Qualifikation

und

Parteiwille

151

autonomen Parteiwillen unterstützender Einordnungsmaßstab, nicht aber als Mittel zur heteronomen Korrektur des von den Parteien Gewollten zum Tragen. Zwar knüpft die Rechtsordnung an die Einstufung eines Rechtsverhältnisses regelmäßig eine Reihe von Folgen, die selbst nicht vertraglich vereinbart sind. Dies ändert indes nichts daran, daß die der Anwendung der entsprechenden Regelungen vorgelagerte Bestimmung der Rechtsform als solche nicht auf einem heteronomen Eingreifen der Rechtsordnung, sondern auf einem autonomen Willensakt beider Seiten beruht. 1 5 6 Daran ändert auch ein etwaiger nachträglich gebildeter Wille nichts, sich den mit der Qualifikation verbundenen Rechtsfolgen zu entziehen. Die Sonderfälle des einseitigen oder beidseitigen Irrtums bei Vertragsschluß über die mit der Einstufung eines Rechtsverhältnisses verknüpften Folgen stehen außerhalb der eigentlichen Qualifikationsentscheidung 1 5 7 und sollen hier deshalb nicht näher betrachtet werden.

2. Folgen einer

Selbstqualifikationsabrede

Problematischer ist diejenige Fallgruppe, in der die Parteien nicht nur inhaltliche Regelungen über ihre Rechte und Pflichten getroffen, sondern sich zugleich auf eine bestimmte Rechtsform geeinigt haben, eine Beurteilung der Rechtsbeziehung nach Maßgabe der allgemeinen Einordnungskriterien von der gewählten Form aber abweicht. Eine solche Abrede der Beteiligten über die rechtliche Charakterisierung ihres Rechtsverhältnisses darf nicht einfach entsprechend einer gängigen Praxis des R G 1 5 8 ohne nähere Begründung als unbeachtlich beiseite geschoben werden. 1 5 9 Vielmehr ergeben sich häufig zwei zusätzliche Probleme, die - wie nicht immer in voller Schärfe erkannt wird - auf unterschiedlichen Ebenen liegen: In jedem Falle ist die gleichsam im „Binnenraum" der Privatautonomie angesiedelte Frage zu klären, ob der „wahre" Parteiwille eher in der Qualifizierungsabrede oder stärker in den von ihnen geschaffenen sonstigen Umständen, sei es der Festlegung bestimmter vertraglicher Rechte und Pflichten oder der tatsächlichen Handhabung der Rechtsbeziehungen, zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus wird zumindest in einer Reihe von Konstellationen das grundsätzliche Verhältnis von autonomem Parteiwillen und heteronomem Gesetzesrecht berührt. Sofern die Bezeichnung eines Rechtsverhältnisses nämlich nicht nur die Kundgabe einer irrigen Rechtsansicht darstellt, sondern mit ihr der Wille verknüpft ist, bestimmte Rechtsfolgen herbeizuführen oder sich bestimmten 156 Zur Charakterisierung der von der Rechtsordnung im Hinblick auf eine privatautonome Gestaltung bestimmten Rechtsfolgen siehe Flume, Rechtsgeschäft, 4. Aufl., § 1, 3, S. 3 ff. 1 5 7 Zur Nachrangigkeit der Irrtumsproblematik siehe Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 26. 1 5 8 Vgl. R G vom 25.2.1913, J W 1913, 639; R G v o m 11.7.1924, R G Z 108, 369, 371; R G vom 17.9.1929, J W 1930, 1728, 1729; R G v o m 15.12.1931, R G Z 135, 104, 107. 1 5 9 Zutreffend Jahnke, Z H R 146 (1982), 595, 624; in diesem Sinne auch Battes, A c P 174 (1974), 429,430; Fenn, F S Bosch (1976), S. 171,173 ff.; Konzen, Z f A 1982,259,293; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 20; ders., R d A 1975, 49, 50; Martens, R d A 1979, 347, 348; Stolterfobt, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 65; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 109.

152

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

Rechtsfolgen zu entziehen, 160 bedarf es einer Legitimation, wenn und soweit sich der Rechtsanwender über den geäußerten Parteiwillen hinwegsetzt. 161 Die Existenz beider Problemfelder ist vor allem deshalb zu betonen, weil manche einschlägigen Äußerungen nur einen der genannten Aspekte hervorheben. So erweckt die Auflistung der grundsätzlich möglichen Fallkonstellationen durch Loritz den Eindruck, als genüge es für die Ermittlung des Parteiwillens, schlicht auf die äußere Bezeichnung des jeweiligen Tätigkeitsverhältnisses abzustellen. Nach Loritz ist es nämlich ohne weiteres denkbar, daß sich die Parteien auf eine Mitarbeit im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses einigen und dabei in Widerspruch zu zwingendem Arbeitsrecht setzen. 162 Eine solche Sichtweise als Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen zur zwingenden personellen Reichweite des Arbeitsrechts impliziert, daß die Tätigkeitsbeziehung Merkmale aufweist, die an sich die Einstufung als Arbeitsverhältnis gebieten würden. Wenn der Beschäftigte bereits nach allgemeinen Grundsätzen kein Arbeitnehmer ist, kann es nämlich nicht zu einem „Widerspruch" zu zwingendem Arbeitsrecht kommen. 163 Sofern aber entsprechende Kriterien vorliegen, kommt man nicht daran vorbei, daß diese Umstände vom autonomen Willen der Parteien gedeckt und nicht etwa heteronom durch zwingendes Recht oktroyiert worden sind. In diesem Sinne hat schon Jahnke darauf hingewiesen, daß die objektiven Gegebenheiten, die zur Anwendung der zutreffenden Rechtsform führen, vom Parteiwillen umfaßt sind. 164 Bei einer derartigen Ausgangslage muß indes zunächst die Frage aufgeworfen, ob sich der Wille der Parteien tatsächlich darauf richtet, eine den herkömmlichen Grundsätzen entsprechende Einordnung zu vermeiden. Hierzu bedarf es einer Würdigung der Gesamtumstände. Die schlichte Verwendung einer „objektiv" 1 6 5 fehlerhaften Bezeichnung kann nach den allgemeinen Regeln der Vertragsauslegung nicht ausreichen. Vielmehr ist zunächst denkbar, daß die Parteien ihr in einer bestimmten Ausformung gewolltes Rechtsverhältnis lediglich unzutreffend eingestuft haben. 166 Darüber hinaus ist es durchaus möglich, 1 6 0 Da es zu einer problematischen Diskrepanz zum Gesetzesrecht erst bei einer als konstitutiv gewollten Regelung kommt, sind die von Wiedemann, FS H. Westermann (1974), S. 585, 596, 599, in diesem Zusammenhang verwendeten Ausdrücke „Parteivorstellungen" bzw. „Willensvorstellungen" nicht unbedenklich, weil sie die erforderliche Abgrenzung zum schlichten Rechtsirrtum nicht deutlich genug markieren. 161 In diesem Sinne auch Battes, AcP 174 (1974), 429, 436; Martens, RdA 1979, 347, 348; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 203 ff.; ähnlich Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 109. 162 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 218. 1 6 3 Ahnlich Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 392. 1 6 4 Z H R 146 (1982), 594, 607 f. In diese Richtung bereits K G vom 23.6.1911, K G J 41 (1912), 117, 120 f. Dieser Aspekt bleibt in den einschlägigen Darstellungen trotz der Betonung der Privatautonomie häufig unerwähnt; vgl. Battes, AcP 174 (1974), 429, 433 ff.; Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 24 f.; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 199 ff. 1 6 5 Zu den insoweit bestehenden Problemen des Maßstabs siehe sogleich im Text sub 3. 1 6 6 Vgl .Jahnke, Z H R 146 (1982), 595, 610; Staudinger/Mayer-Afa/y, B G B , 13. Bearb., Einl. zu §§433 ff. R n . 8 ; MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., § 7 0 5 R n . 2 1 ; exemplarisch B G H vom 17.2.2000, N J W 2000, 1569, 1570. Insoweit läßt sich von einem speziellen Anwendungsfall der

IV. Verhältnis von Qualifikation

und

Parteiwille

153

daß die Qualifizierungsabrede zwar konstitutiv gemeint war, die damit intendierte Gestaltung der Rechtsbeziehungen aber in einem Widerspruch zu anderen ausdrücklichen Vereinbarungen steht. In einem solchen Falle darf der Rechtsanwender nicht allein auf die Rechtsformklausel abstellen, sondern muß zur Ermittlung des wirklichen Parteiwillens auf die Gesamtheit der vertraglichen Regelungen eingehen. 167 Erst wenn sich nach einer gründlichen Analyse herausstellt, daß der autonome Wille der Vertragsparteien auf eine „an sich" nicht einschlägige Rechtsform abzielt, stellt sich die weitere Frage, ob und in welchem Umfang die heteronomen Wertungen der Rechtsordnung diesen Parteiwillen derogieren. Auf einer solchen Vorgehensweise muß deshalb beharrt werden, weil nur auf diesem Wege dem Grundsatz der Privatautonomie, den auch Loritz natürlich nicht in Zweifel zieht, hinreichend Rechnung getragen wird. Wenn der vertragsrechtlich relevante Wille auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses abzielt, verwirklicht eine dahingehende Qualifikation den Parteiwillen, auch wenn die damit verbundenen Rechtsfolgen in einer später auftretenden Streitigkeit den Interessen einer der beiden Parteien zuwiderlaufen. Der von Loritz gewählte Problemzugang ist im übrigen auch nur vor dem Hintergrund erklärlich, daß er das Arbeitsrecht als eine Rechtsmaterie einstuft, deren Anwendung die mit einer echten gesellschaftsvertraglichen Tätigkeit verfolgten ökonomischen Zielsetzungen beeinträchtigen würde. 168 Diese für sich genommen vielfach zutreffende Beobachtung veranlaßt Loritz zu Überlegungen, den zwingenden personellen Geltungsanspruch des Arbeitsrechts unter bestimmten Voraussetzungen und nicht zuletzt unter Berufung auf die Privatautonomie zurückzustutzen. 169 Nun soll es an dieser Stelle noch nicht um eine abschließende Würdigung des Ansatzes von Loritz gehen. Indessen soll schon hier auf die Gefahr der Problemverkürzung aufmerksam gemacht. Die Gesamtheit der denkbaren Konstellationen wird verzeichnet, wenn man die Einstufung einer Rechtsbeziehung als Gesellschafts- oder als Arbeitsverhältnis mit der Alternative „Freiheit" und „wirtschaftliche Effizienz" auf der einen und „Zwang" und „sozial motivierte Ineffizienz" auf der anderen Seite gleichsetzt. Eine solche Sicht der Dinge wird durch das einschlägige Fallmaterial nicht bestätigt. Selbst wenn man die umfängliche US-amerikanische Judikatur zu dieser Frage übergeht, 170 läßt sich keines„falsa demonstratio non nocet"-Regel sprechen; siehe Lieb, Ehegattenmitarbeit, S. 32; Stoffels, Schuldverträge, S. 210; Trinkhaus, RdA 1958, 11, 13; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 107; ferner Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 203 f., der zutreffend darauf hinweist, daß es hierbei um die Verwirklichung und nicht die Korrektur privatautonomer Gestaltung geht. Zur Rückführung des falsa demonstratio-Grundsatzes auf das Willensprinzip Bydlinski, Privatautonomie, S. 39 Fn. 62a. 167 Zutreffend Stoffels, Schuldverträge, S. 211 f. (siehe aber auch aaO., S. 197 ff., dazu sogleich im Text); ähnlich Jahnke, Z H R 146 (1982), 595, 608. 168 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 160 ff. 1 6 9 Mitarbeit, Unternehmensbeteiligter, S. 218 ff.; 389 ff. 1 7 0 Zu den zahlreichen Fällen einer vom „Dienstgeber" angestrebten Einordnung des Mitarbeiters als bloßer employee siehe die Nachweise oben in I 2 Fn. 75

154

§ 4 Grundfragen der Einstufung von

Grenzfällen

wegs konstatieren, daß der „ D i e n s t g e b e r " um der Verwirklichung ö k o n o m i s c h e r Ziele willen stets an der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation eines Tätigkeitsverhältnisses interessiert ist, während der Beschäftigte danach trachtet, durch die E i n o r d n u n g als Arbeitsverhältnis Sozialschutz zu erlangen. Beispielhaft sei die Auseinandersetzung um die Herausgabe von Geschäftsvermögen e r w ä h n t . 1 7 1 In dieser Gestaltung hat der „ D i e n s t g e b e r " ein vitales Interesse an der Vermeidung einer gesellschaftsrechtlichen Einstufung der Tätigkeitsbeziehung, weil er anderenfalls bei einem E n d e der Zusammenarbeit grundsätzlich keine Herausgabe von Vermögensgegenständen verlangen kann, sondern auf eine Auseinandersetzung angewiesen ist 1 7 2 . Entsprechendes gilt für die Einsicht in Geschäftsunterlagen 1 7 3 bzw. die isolierte Kündigung der Tätigkeitsbeziehung eines K o m m a n d i tisten durch die Gesellschaft. 1 7 4 E i n e solche Kündigung setzt nämlich voraus, daß die Beschäftigung gerade nicht auf der Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses erfolgt. E i n e vergleichbare Interessenlage besteht in den Fällen, in denen es darum geht, einem K o m m a n d i t i s t e n die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen. 1 7 5 Diese Konstellationen belegen, daß Ausgangspunkt der Überlegungen zur Q u a lifikation eines Rechtsverhältnisses die u n v o r e i n g e n o m m e n e Analyse dessen sein muß, auf was sich die Parteien a u t o n o m geeinigt haben, nicht aber die a priori erfolgte E i n o r d n u n g des Arbeitsrechts als H e m m n i s für wirtschaftsrationales H a n deln. 1 7 6 D e r Vorrang des Parteiwillens wird freilich nur dann ernst genommen, wenn es dem R e c h t s a n w e n d e r tatsächlich darum geht, den wahren Willen der Beteiligten zu ermitteln, und das G e w a n d der Vertragsauslegung nicht nur dazu dient, zwingenden Sozialschutz zu gewähren, wie es die R e c h t s p r e c h u n g etwa zur dogmatischen U m s e t z u n g der Enthaftung des Arbeitnehmers bei Schädigungen des Arbeitgebers infolge betrieblicher (früher gefahrgeneigter) Tätigkeit anfänglich praktizierte 1 7 7 . E i n e solche Vorgehensweise würde den zweiten der eingangs genannten gedanklichen Schritte auf dem Weg zur Einstufung einer R e c h t s b e z i e hung verdecken. Soweit ein a u t o n o m gebildeter Wille seine G r e n z e am h e t e r o n o men Gesetzesrecht finden soll, m u ß dies offen ausgesprochen werden und bedarf 171 Vgl. RG vom 9.12.1902, JW 1903, Beilage Nr. 2, S. 16 f.; ähnlich OGH vom 10.6.1949, AP 50 Nr. 108. 172 Siehe §§ 730 ff. BGB, §§ 145 ff., 235 HGB. 173 KG vom 10.10.1928, JFG 6 (1929), 207 ff. 174 BGH vom 17.12.1973, WM 1974, 177 f.; BAG vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu § 161 HGB. 175 RG vom 28.4.1925, RGZ 110,418,420; ähnlich BGH vom 27.6.1955, BGHZ 17, 392, 394 f. (Widerruf einer Prokura). 176 Siehe in diesem Kontext auch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 95 f., der zu Recht bezweifelt, daß die Geltung von Arbeitsrecht für Organmitglieder automatisch eine Verringerung der Effizienz der Unternehmensführung zur Folge hat. 177 Vgl. RAG vom 12.6.1937, ARS 30, 3, 7; RAG vom 8.11.1939, ARS 37, 269, 271; abl. bereits A. Hueck, ARS 41, 64, 65; ferner Brox/Walker, DB 1985, 1469; Hübner, FS Nipperdey, Bd. I (1965), S. 373, 394; Isele, NJW 1964, 1441, 1443; Otto/Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 76; Preis, ArbuR 1986, 360, 363; großzügiger Soergel/Ära/i, BGB, 12. Aufl., §611 Rn. 117; für einen Sonderfall auch Achterberg, AcP 164 (1964), 14, 43.

IV. Verhältnis von Qualifikation

und

Parteiwille

155

einer hinreichenden Legitimation. Die in einigen jüngeren Entscheidungen des B A G ohne weitere Erklärungen verwendete Aussage, nach der es für die Q u a l i f i kation eines Tätigkeitsverhältnisses nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den „wirklichen Willen" 1 7 8 bzw. den „wirklichen Geschäftsinhalt" 1 7 9 ankomme, ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Wortlauts von § 133 B G B geeignet, die N o t w e n d i g k e i t dieses zusätzlichen Rechtfertigungsbedürfnisses zu verdunkeln. 1 8 0 Sie könnte nämlich dahin mißverstanden werden, als ginge es lediglich darum, eine unklare W o r t w a h l zu korrigieren u n d damit den wohlverstandenen Interessen der Parteien z u m Durchbruch zu verhelfen. 1 8 1 Dies gilt erst recht für die etwa von Eichenhofer ohne erkennbare Rücksicht auf die bisherige Diskussion zur Qualifikationsproblematik z u m Verhältnis von Privatautonomie u n d Sozialrecht geäußerten Vorstellungen. So faßt Eichenhofer in einem ersten Schritt die Privatautonomie gegenständlich sehr weit, indem er sie nicht nur auf die jeweilige Gestaltung der tatsächliche Rechtsbeziehungen erstreckt, sondern auch auf die Befugnis ausdehnt, die geschaffene Sozialgestaltung sprachlich zu kennzeichnen. 1 8 2 In der Sache bedeutet dies, daß Eichenhofer die Q u a l i f i k a t i o n s k o m p e t e n z als grundsätzlichen Bestandteil der Privatautonomie einstuft. In einem weiteren Schritt meint Eichenhofer, daß bei einer Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Sozialgestaltung u n d der Bezeichnung erstere vorgehe. Insoweit handele es sich u m das von den Parteien effektive Gewollte. Zudem beziehe sich die Privatautonomie „wesentlich" auf die Gestaltung von Sozialbeziehungen und „nicht wesentlich" auf die Verfügungsmacht über Semantik. 1 8 3 O b diese G e d a n k e n f ü h r u n g in sich völlig bruchlos ist, erscheint zweifelhaft, mag aber dahinstehen. Entscheidend ist, daß die A u f l ö s u n g einer Divergenz zwischen BAG vom 26.7.1995, AP Nr. 79 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter II 1). BAG vom 19.11.1997, AP Nr. 90 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter I 1 b); BAG vom 11.3.1998, AP Nr. 23 zu § 611 BGB Rundfunk (unter I); BAG vom 22.4.1998, AP Nr. 24 zu § 611 BGB Rundfunk (unter A I); BAG vom 6.5.1998, AP Nr. 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter I 1); BAG vom 22.4.1998, AP Nr. 96 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter I 1);BAG vom 6.5.1998, AP Nr. 102 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter I 1); BAG vom 3.6.1998, AP Nr. 97 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter II 1); BAG vom 30.9.1998, AP Nr. 103 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter I); BAG vom 15.12.1999, AP Nr. 6 zu § 92 HGB (unter I); BAG vom 20.9.2000, AP Nr. 8 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung (unter II 1). 180 Krit. auch Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 108 Fn. 36; ebenso Stolterfobt, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 203 f., der von einem Fehlgebrauch der falsa-demonstratioRegel spricht; in diesem Sinne ferner Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 143; unbefriedigend deshalb Boemke, ZfA 1998, 285, 295 f. 181 Deutlicher auf den Geltungsanspruch der objektiven Rechtsordnung abstellend aber BAG vom 27.3.1991, AP Nr. 53 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter I 2); BAG vom 30.10.1991, AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter B II 1); BAG vom 24.6.1992, AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter II 1); BAG vom 9.6.1993, AP Nr. 66 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter II); BAG vom 16.3.1994, AP Nr. 68 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter B III 1); BAG vom 20.7.1994, AP Nr. 73 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter B IV 2 a); BAG vom 12.9.1996, AP Nr. 122 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten (unter I 2). 182 VSSR 1991, 185, 194. 183 VSSR 1991, 185, 195 f. 178

179

156

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

der objektiv zutreffenden Qualifikation einer Rechtsbeziehung und der von den Parteien vorgenommenen Einstufung nach dieser Sichtweise letztlich stets nur ein Problem der Ermittlung des eigentlichen Parteiwillens darstellt. Die Argumentation bewegt sich damit ausschließlich auf der Ebene der Vertragsauslegung. Einen Konflikt zwischen dem autonomen Willen der Beteiligten und dem heteronomen Gesetzesrecht scheint es in derartigen Fällen nicht zu geben. Der Geltungsanspruch der objektiven Rechtsordnung wird von Eichenhofer in diesem Zusammenhang folgerichtig auch nicht thematisiert. Eine vergleichbare Sicht der Dinge kommt schließlich in der in einer Reihe von Urteilen des B F H anzutreffenden Überlegung zum Ausdruck, die Unbeachtlichkeit der Eigenqualifikation eines Vertragsverhältnisses durch die Parteien beruhe darauf, daß sie vom erklärten Rechtsfolgewillen nicht gedeckt sei. 184 Eine derartige Argumentation läuft darauf hinaus, eine von den Beteiligten gewählte Rechtsform nicht erst an der - zu legitimierenden - Schranke des objektiven Rechts scheitern zu lassen, sondern bereits daran, daß sich der Parteiwille „in Wirklichkeit" eben nicht auf die jeweilige rechtliche Form richte. Nun gelten für das Sozial- und das Steuerrecht insofern Besonderheiten, als es den an einem Rechtsverhältnis Beteiligten vielfach nur darum geht, nach außen in der Beziehung zu Sozialversicherungsträgern bzw. Finanzbehörden den bloßen Eindruck einer bestimmten Rechtsgestaltung zu erwecken. In solchen Konstellationen kann man tatsächlich davon sprechen, daß die jeweilige Klassifizierung nur „auf dem Papier" steht, 185 also von vornherein nicht von einem entsprechenden Rechtsfolgewillen gedeckt ist. Für den Bereich des Privatrechts würde ein derartiger Zugang die Problematik indes in jedem Falle verkürzen. Wie bereits dargelegt, kann zwar in einer von der objektiv zutreffenden Einordnung eines Rechtsverhältnisses abweichenden Qualifikation durch die Parteien eine schlichte - deklaratorische - Falschbezeichnung liegen, mit der keine weiteren - konstitutiven - Absichten verbunden sind. 186 In diesem Falle besteht von vornherein keine Diskrepanz zwischen dem Parteiwillen und der objektiven Rechtslage. 187 Indes kann es durchaus sein, daß die Beteiligten mit der Einstufung ihrer Vertragsbeziehung den Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Rechtsfolgen intendieren. In einer solchen Konstellation muß die Frage aufgeworfen werden, ob die Rechtsordnung diesen Willen akzeptiert oder sich ihm entgegenstemmt. Mit dieser Aussage ist keine positive Stellungnahme zu der namentlich von Lieb vertretenen Ansicht verbunden, daß eine bewußte Rechtsformwahl nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen einen Bestandteil der jeweiligen Willenserklärungen bilde, so daß es auch bei einem ein1 8 4 Vgl. B F H vom 5.8.1969, BStBl. II 1969, 689, 690; B F H vom 10.2.1978, BStBl. II 1978, 256; B F H vom 14.5.1986, BStBl. II 1986, 620, 621; B F H vom 21.10.1992, BStBl. II 1993, 289, 291. 1 8 5 So ausdrücklich etwa B F H vom 9.10.1969, BStBl. II 1970, 320, 322. 1 8 6 Siehe die Nachweise in Fn. 166. 1 8 7 So auch Jahnke, Z H R 146 (1982), 595, 624; in diesem Sinne ferner Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 204.

IV. Verhältnis

von Qualifikation

und

Parteiwille

157

deutig abweichenden Inhalt des objektiven Rechts unzulässig sei, das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis automatisch in die „an sich" zutreffende Rechtsform umzugießen, weil eine solche Rechtsfolge den Parteiwillen verfälsche. 1 8 8 Auch wenn man dieser Auffassung nicht generell zu folgen vermag, bedeutet das nicht, daß ein entsprechender Wille der Beteiligten in jedem Falle von vornherein ignoriert werden dürfte. Vielmehr muß insbesondere in solchen Gestaltungen, die in der Grauzone zwischen verschiedenen Rechtsformen angesiedelt sind, darauf geachtet werden, daß sich der Rechtssatz von der Unbeachtlichkeit einer von den Parteien gewählten Bezeichnung nicht verselbständigt und bei der Bewältigung von Grenzfällen nicht mehr in vollem U m f a n g auf die hinter ihm stehenden Wertungen zurückgegriffen wird. Nach alledem bleibt festzuhalten, daß im Rahmen der Qualifikationsentscheidung sowohl der autonome Parteiwille als auch das heteronome Gesetzesrecht zu trennen sind und die darauf bezogenen Argumentationen nicht - mit welcher Tendenz auch immer - vermengt werden dürfen. Soweit es nun um die nähere Behandlung einer als konstitutiv gewollten Selbsteinordungsabrede geht, stehen sich zumindest auf den ersten Blick zwei Ansichten konträr gegenüber. Auf der einen Seite wird vielfach die Auffassung vertreten, daß die Klassifikation eines Rechtsverhältnisses als solche nicht zur Parteidisposition stehe. 1 8 9 Den Beteiligten, so heißt es prägnant bei Gernhuber, fehle die Qualifikationshoheit. 1 9 0 Die Privatautonomie ermögliche keinen „Etikettenschwindel". 1 9 1 Die deutlichste Gegenposition ist jüngst von Stoffels bezogen worden. Dabei spricht Stoffels ausdrücklich von der Qualifikationshoheit als einem grundsätzlichen Bestandteil der Privatautonomie 1 9 2 und nennt exemplarisch den Fall, daß es den Parteien freistehen muß, einen Vertrag, der sich nach seinem objektiven Geschäftsinhalt als freier Dienstvertrag darstelle, als Arbeitsvertrag einzuordnen 1 9 3 . Man wird diese Konzeption dahin zu verstehen haben, daß Stoffels nicht lediglich für die Möglichkeit einer generellen Verweisung auf die Bestimmungen plädiert, die für die „an sich" nicht vorliegende Rechtsform gelten. Vielmehr will er offenkundig eine autonome Veränderung der „wahren 1 8 8 Ehegattenmitarbeit, S. 24 ff.; ders., R d A 1975, 49, 50 ff. In diesem Sinne auch Battes, AcP 174 (1974), 429, 433 ff.; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 199 ff. 1 8 9 B G H v o m 1.2.1989, B G H Z 106, 341, 345; N. Berger, Typus und Rechtsnatur, S. 50; Canaris, in: G r o ß k o m m . H G B , 3. Aufl., Bankvertragsrecht, 2. Bearb., Rn. 1626; Fenn, Mitarbeit, S. 49 f.; ders., F S Bosch (1976), S. 170, 174; Häger, R d A 1981, 265, 266; Huber, J u r A 1970, 784, 796; Maschmann, Arbeitsverträge, S. 225 f.; H. Roth, A c P 190 (1990), 292, 310; Sigulla, Vertragstypologie, S. 129 f.; ähnlich Krampe, Konversion, S. 225; in diesem Sinne auch grdl. Flume, FS Hundert Jahre DJT, Bd. I (1960), S. 135, 148 ff.; siehe ferner O L G H a m m v o m 8.7.1970, N J W 1970,1977, mit der schneidigen Formulierung, daß „die deutschen Gerichte ... in eigener Verantwortung über die rechtliche Einordnung eines Vertrags" befinden. 1 9 0 Schuldverhältnis, § 7 IV 2, S. 153. 191 N. Berger, Typus und Rechtsnatur, S. 50. 1 9 2 N Z A 2000, 690, 691; ders., Schuldverträge, S. 197 ff. (siehe aber auch aaO., S. 211 f.). 1 9 3 N Z A 2000, 690, 695; für eine echte Einordnungskompetenz in bestimmten Fällen offenbar auch Fehl, Finanzierungsleasing, S. 85.

158

5 4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

Rechtsnatur" einer rechtlichen Beziehung mit der Folge anerkennen, daß etwa im Beispielsfall das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich ein Arbeitsvertrag „ist". 194 Die Überlegungen von Stoffels zielen in der Sache somit darauf ab, den Parteien bereits die Kompetenz für die Qualifikation eines Vertrages als solche und nicht erst für die sich aus der Einordnung ergebenden Rechtsfolgen zuzubilligen. 195 Das B A G sendet disparate Signale aus: Einerseits hat es in zwei neueren Entscheidungen 196 ausdrücklich betont, daß die Vertragsfreiheit nur darin bestehe, beliebige Rechte und Pflichten begründen zu können, nicht aber die Befugnis umfasse, die Rechtsbeziehungen einem bestimmten Vertragstypus zuzuordnen. Die Qualifikation vollziehe sich vielmehr nach objektiv-rechtlichen Kriterien. Andererseits heißt es in mehreren Judikaten ausdrücklich, daß ein Arbeitsverhältnis dann vorliege, wenn die Parteien dies vereinbart hätten oder die objektiv erforderlichen Voraussetzungen gegeben seien. 197 Danach haben es die Beteiligten offenbar in bestimmten Fällen in der Hand, ein Rechtsverhältnis ohne Rücksicht auf die an sich zutreffende Einordnung materiellrechtlich definitiv zu charakterisieren. 198 Die These einer prinzipiellen Qualifikationshoheit der Parteien, die offenbar erst am zwingenden Recht ihre Grenzen findet, kann freilich aus mehreren Gründen nicht überzeugen. Zum einen bedarf es für einen wirksamen Schutz der Privatautonomie keiner Erstreckung der Regelungsbefugnis der Parteien auf den eigentlichen Qualifikationsakt. Statt dessen wird den Interessen der Beteiligten bereits dadurch in vollem Umfang Rechnung getragen, daß man die Einordnungsklausel gemäß einer verbreiteten Meinung 199 als eine pauschale Rechtsfolgenverweisung einstuft 200 . Für eine solche Interpretation einer Eigenqualifikation haben sich bezeichnenderweise auch diejenigen Stimmen im Schrifttum ausgesprochen, die einer Selbstklassifikation als solcher ablehnend gegenüberstehen. 201 Zum zweiten würde eine generelle Freigabe der Qualifika194 Insoweit ausdrücklich a. A. bereits Jahnke, Z H R 146 (1982), 595, 614; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 39 f.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 218 Fn. 144. 195 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Unterscheidung zwischen Qualifikationskompetenz als eine auf den Tatbestand und Rechtsformzwang als eine auf die Rechtsfolgen bezogenen Frage durch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 221. 196 B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 5 zu § 9 2 H G B (unter II 1); B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 12 zu § 84 H G B (unter B II 1). 197 B A G vom 19.8.1992, AP Nr. 102 zu § 242 B G B Gleichbehandlung (unter II 1); B A G vom 1.11.1995, AP Nr. 45 und Nr. 46 zu § 2 BeschFG 1985 (jeweils unter 1 a); B A G vom 12.9.1996, AP Nr. 1 zu § 611 B G B Freier Mitarbeiter (unter II 2). 198 So auch L A G Köln vom 28.4.1995, ArbuR 1996, 412 f.; L A G Thüringen vom 6.2.1998, N Z A - R R 1998, 296, 297; insoweit nicht ganz klar L A G Köln vom 7.4.1994, N Z A 1994, 1090 LS. 199 Staudinger/Mayer-Maly, B G B , 13. Bearb., Einl. zu §§ 433 ff. Rn. 8; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 120 Fn. 10; SoergelAR. Schmidt, B G B , 10. Aufl., Vor § 305 Rn. 14; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 203. 2 0 0 Krit. unter dem Aspekt eines unzureichend gebildeten Parteiwillens Sigulla, Vertragstypologie, S. 132 f. 201 Fenn, Mitarbeit, S. 49; ders., FS Bosch (1976), S. 170,175 f., nicht ganz zweifelsfrei deshalb die Gegenüberstellung der beiden Meinungsgruppen durch Stoffels, N Z A 2000, 690, 691; ders., Schuldverträge, S. 194 f.

IV. Verhältnis

von Qualifikation

und

Parteiwille

159

tionshoheit an die Parteien zu erheblichen Friktionen führen. So kann man schwerlich annehmen, daß ein bewußt als „Kaufvertrag" eingestufter unentgeltlicher Vertrag tatsächlich ein Kaufvertrag „ist", bei dem allerdings die Kaufpreiszahlung abbedungen wurde. 2 0 2 Darüber hinaus ist es schließlich abzulehnen, wenn jedenfalls das B A G anscheinend davon ausgeht, daß die Parteien durch eine autonome Einstufung zugleich den Rechtsweg determinieren k ö n nen, obwohl eine direkte Prorogation im allgemeinen unzulässig ist 2 0 3 . D e m nach bleibt es dabei, daß eine Qualifikationsklausel höchstens als Pauschalverweisung ausgelegt werden kann, die im Grundsatz durchaus zulässig ist, 2 0 4 sich aber an den Grenzen des zwingenden Rechts messen lassen muß 2 0 5 . Insoweit gilt selbstverständlich, daß die bloße Umetikettierung eines Rechtsverhältnisses den Geltungsanspruch des nichtdispositiven Rechts nicht zurückdrängen kann, ein auch im Ausland geläufiger Rechtsgedanke. 2 0 6

3. Zum Verhältnis zwischen „ objektiven " und „ subjektiven " Merkmalen Die bisherigen Ausführungen legen es nahe, sich zunächst denjenigen Kriterien zuzuwenden, die für die „objektive" Einstufung eines Rechtsverhältnisses maßgeblich sind, und erst anschließend die Bedeutung einer von den Parteien vorgenommenen Rechtsformwahl zu untersuchen. Wie dargetan, wirft eine solche autonome Zuordnung nämlich eigenständige Fragen auf. Darüber hinaus ist es nicht ausgeschlossen, daß die Relevanz der Rechtsformwahl davon abhängt, wie weit sich der darin manifestierte Parteiwille vom „richtigen" Recht entfernt. Dies kann aber nur dann angemessen beurteilt werden, wenn zuvor geklärt ist, auf welche objektiven Faktoren es ankommt. Die soeben erfolgte Grenzziehung zwischen „objektiven" Merkmalen und der „subjektiven" Einschätzung durch die Beteiligten ist bei näherem Hinsehen freilich keineswegs so klar, wie es den Anschein hat. Man kann den in der rechtlichen Zuordnung eines Rechtsverhältnisses zum Ausdruck kommenden Parteiwillen nämlich seinerseits als ein sachliches Kriterium auffassen, dem bei der „objektiven" Qualifikation eine mehr oder weniger große Bedeutung zukommt. So will Beispiel nach Sigulla, Vertragstypologie, S. 129. Siehe nur B A G vom 17.4.1964, A P Nr. 11 zu § 528 Z P O ; B A G vom 27.2.1975, A P Nr. 1 zu § 3 A r b G G 1953 (unter 114); Grunsky, A r b G G , 7. Aufl., § 2 Rn. 34. Eine vereinbarte Rechtswegbestimmung ist lediglich im Rahmen des § 2 Abs. 4 A r b G G möglich. 2 0 4 Vgl. B G H vom 28.6.1952, L M § 6 1 1 B G B Nr. 3; B G H vom 26.11.1959, B G H Z 31, 224, 226; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 7 I V 2, S. 153. 2 0 5 Soweit der Parteiwille darauf abzielt, zwingende N o r m e n zu umgehen, läßt sich die bewußte Fehleinordnung als ein Sonderfall der protestatio facto contraria begreifen; vgl. Rosenfelder, D e r arbeitsrechtliche Status, S. 146 f. 2 0 6 Zum US-amerikanischen Recht vgl. Zimmermann v. N o r t h American Signal Co., 704 F.2d 347, 352 F n . 4 (7th Cir. 1983); Caruso v. Peat, Marwick, Mitchell & C o . , 664 F.Supp. 144, 147 f. (S.D.N.Y. 1987); Strother v. S. Cal. Permanente Medical Group, 79 F.3d 859, 867 (9th Cir. 1996); Devine v. Stone, Leyton & Gershman, P.C., 100 F.3d 78, 80 (8th Cir. 1996); Schwieger v. Farm Bureau Ins. C o . of N E , 207 F.3d 480, 483 (8th Cir. 2000). 202

203

160

§4 Grundfragen

der Einstufung

von

Grenzfällen

etwa das BAG in Grenzfällen der durch die Parteien gewählten Bezeichnung durchaus ein gewisses Gewicht beimessen. 2 0 7 In diesem Sinne sieht etwa auch die amerikanische Judikatur in den „intentions" der Parteien zuweilen ein Qualifikationsmerkmal. 2 0 8 Die Rechtsformwahl der Parteien ist auf der Grundlage dieser Auffassung ein Kriterium unter vielen anderen und kein Umstand von prinzipieller Relevanz. Eine solche Sichtweise ändert indes nichts an der Sinnhaftigkeit der Abgrenzung zwischen „objektiven" und „subjektiven" Faktoren. Eine der entscheidenden Fragen besteht ja gerade darin, welche Auswirkungen die autonome Wahl einer Rechtsform auf die Einstufung eines Rechtsverhältnisses hat. Die Antwort auf diese Frage darf nicht durch die stillschweigende Einreihung der Rechtsformwahl als gleichrangiges Qualifikationskriterium vorweggenommen werden. Ferner ist noch einmal hervorzuheben, daß die Unterscheidung zwischen „objektiven" und „subjektiven" Umständen nicht darüber hinwegtäuschen darf, daß auch die für die „objektive" Einordnung einer Tätigkeit maßgeblichen Kriterien grundsätzlich auf dem autonomen Willen der Parteien beruhen. 2 0 9 Der Rechtsanwender hat aus der von den Beteiligten geschaffenen Ordnung der sozialen Beziehungen die entsprechenden rechtlichen Schlüsse zu ziehen, aber keine andere Ordnung zu dekretieren. Insoweit bleibt das Selbstbestimmungsrecht der Parteien also in vollem Umfange gewahrt. Allerdings weist auch dieser Grundsatz in Randbereichen Unschärfen auf. Es ist nämlich zu diskutieren, ob die Rechtsordnung in bestimmten Fällen nicht erst im Rahmen der Qualifikation autonom festgelegter Mitarbeitsbedingungen zum Zuge kommt, sondern bereits auf einzelne Elemente Einfluß nimmt, von denen die Einstufung abhängt. So ist es zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, daß etwa die Beschäftigung eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht im Sinne einer Arbeitnehmerstellung ausgeformt werden darf. 2 1 0 Eine solche Vorverlagerung der Anwendung rechtlicher Maßstäbe würde dazu führen, daß ein Mitarbeitsverhältnis nicht als Folge einer „objektiven" Würdigung der Tätigkeitsmerkmale als Arbeitnehmer eingestuft wird, sondern bestimmte einengende Vertragsbedingungen als unwirksam entfallen und der Beschäftigte statt dessen 207 Siehe BAG vom 8.6.1967, AP Nr. 6 zu §611 BGB Abhängigkeit (unter 1); BAG vom 28.6.1973, AP Nr. 10 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG vom 14.2.1974, AP Nr. 12 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter III 1); so bereits RAG vom 9.4.1943, ARS 46, 146, 148 f.; ferner LAG Stuttgart vom 8.11.1967, AP Nr. 7 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter 1); LAG Hamm vom 22.6.1989, NZA 1990,192 LS; noch etwas großzügiger BAG vom 19.6.1963, AP Nr. 1 zu § 92 HGB (unter I 3 a); BAG vom 21.1.1966, AP Nr. 2 zu § 92 HGB (unter II 2 e); hiervon abrückend aber Hilger, RdA 1989, 1,6. 208 Vgl. Spirides v. Reinhardt, 613 F.2d 826, 832 (D.C. Cir. 1979); E.E.O.C. v. Zippo Manufacturing Co., 713 F.2d 32, 37 (3rd Cir. 1983); Garrett v. Philipp Mills, Inc., 721 F.2d 979, 982 (4th Cir.); Dake v. Mutual of Omaha Insurance Co., 600 F.Supp. 63, 65 (N.D. Ohio 1984); Broussard v. L. H. Bossier, 789 F.2d 1158, 1160 (5th Cir. 1986); Holt v. Winpisinger, 811 F.2d 1532, 1538 (D.C. Cir. 1987). 209 Jahnke, ZHR 146 (1982), 595, 607. 210 In diesem Sinne etwa Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 III 2 a aa, S. 334.

IV. Verhältnis von Qualifikation

und

Parteiwille

161

ausschließlich - Gesellschafter bleibt. Mit der Frage nach der Wirksamkeit bestimmter autonomer Festlegungen als Ausgangspunkt für die Qualifikation eines Dienstleistungsverhältnisses werden somit zugleich die gesellschafts- bzw. arbeitsrechtsinternen Diskussionen über die Statthaftigkeit atypischer Regelungen innerhalb der jeweiligen Grundformen berührt. Dies birgt freilich die Gefahr zufälliger Problemzugänge in sich. Für jene Debatten bildet nämlich üblicherweise die grundsätzliche Einstufung eines Tätigkeitsverhältnisses als gesellschafts- oder arbeitsrechtliche Beziehung den nicht in Frage gestellten Rahmen der Betrachtungen. Einer rechtsformübergreifenden Perspektive fehlt es indessen in vielen Fällen notgedrungen an einem derartigen archimedischen Punkt. Die Folge besteht zumindest auf den ersten Blick darin, daß derselbe Umstand aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden kann. Einerseits läßt sich im Sinne des soeben Ausgeführten in einem ersten Schritt danach fragen, ob eine bestimmte rechtsgeschäftliche Gestaltung einer Mitarbeit noch als atypische Ausprägung einer Grundform zulässig ist. M u ß eine in einem Vertragswerk enthaltene Abrede eliminiert werden, so ist in einem zweiten Schritt die Gesamtheit der verbleibenden Merkmale daraufhin zu untersuchen, in welche Rechtsform die Beschäftigung einzuordnen ist. 211 Andererseits kann man aber auch daran denken, die betreffende Parteivereinbarung als sachliches Kriterium für die grundsätzliche Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung einzustufen. An einem konkreten Beispiel demonstriert, läßt sich die angestelltenähnliche Stellung des Komplementärs einer KG als ein Problem der Reichweite gesellschaftsrechtlicher Gestaltungsbefugnisse wie auch als Frage nach der rechtlichen Einordnung der Mitarbeit als Arbeitsverhältnis begreifen. Gleiches gilt vice versa für die Vereinbarung einer Verlustbeteiligung. Die vordringliche Aufgabe bei der Suche nach Wegen zur willkürfreien Qualifikation von Fällen im Grenzgebiet von Gesellschafts- und Arbeitsrecht muß somit darin bestehen, Kriterien zu isolieren, deren rechtliche Bedeutung möglichst feststeht und nicht je nach den Gesamtumständen schwankt, in die sie eingebettet sind. Jedenfalls aber ist zu verdeutlichen, welche inneren Verbindungslinien zwischen den verschiedenen Einordnungsmerkmalen existieren.

211 Vgl. dazu die Argumentation in BAG vom 15.12.1999, AP Nr. 5 zu § 92 H G B (unter II 2 b aa), wonach ein auf Arbeitsort und -inhalt bezogener Anderungsvorbehalt nicht die Selbständigkeit des Beschäftigten, sondern statt dessen das Recht des „Dienstgebers" in Frage stellt, sich auf diese Klausel zu berufen.

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher Blickwinkel Im Rahmen der Systematisierung der Fallgruppen ist bereits darauf hingewiesen worden, daß es in einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Konstellationen darum geht, ob eine Mitarbeit einen kooperations- oder einen austauschrechtlichen Charakter aufweist, während die weitere Qualifikation der etwaigen Austauschbeziehung als freier Dienstvertrag oder als Arbeitsvertrag keine Rolle spielt. 1 Mit den folgenden Überlegungen soll der erstgenannten Abgrenzungsproblematik nachgegangen werden. Hierbei werden zunächst die insoweit in Betracht kommenden Gestaltungen insbesondere unter dem Blickwinkel der berührten Gesellschaftsrechtsformen noch etwas näher aufgefächert (unter I). Die weiteren U n tersuchungsschritte betreffen den Aussagegehalt spezieller gesetzlicher Regelungen (unter II) sowie die Bedeutung der Vertragspartnerstellung (unter III). Entsprechend den soeben erfolgten Überlegungen zum Einfluß des Parteiwillens auf die Einordnung sollen sodann die einzelnen Kriterien erörtert werden, mit deren Hilfe man in Sachverhalten ohne eine ausdrückliche Eigenqualifikation durch die Beteiligten zu einer Lösung gelangt (unter IV). Abschließend wird danach gefragt, ob und in welchem Umfang den Parteien im Verhältnis von K o o p e rations- und Austauschrecht ein Gestaltungsspielraum offensteht bzw. welche Grenzen das Gesellschafts- und das allgemeine Dienstvertragsrecht insoweit setzen (unter V). Bei alledem soll sich das Interesse naturgemäß darauf konzentrieren, ob sich in Rechtsprechung und Literatur zur Thematik der Abgrenzung, bei der auf den ersten Blick weitgehende Einigkeit zu herrschen scheint, untergründige Divergenzen und Wertungswidersprüche finden.

I. Gesellschaftsrechtliche Ausgangspunkte Der allgemeine, wenn auch nicht in allen einschlägigen Entscheidungen explizit ausgesprochene Ausgangspunkt ist die Frage, ob eine Tätigkeit einem gemeinsamen Zweck der Parteien bzw. einem Verbandszweck dient 2 oder ob die Beteiligten eine Dienstleistung in ein Gegenseitigkeitsverhältnis eingebunden haben. Betrachtet man die möglichen Konstellationen näher, zeigt sich, daß man es in diesem Zusammenhang im wesentlichen mit zwei verschiedenartigen Erscheinungsformen zu tun hat. Zum einen gibt es diejenigen Fälle, in denen sich die Leistung 1

Siehe oben sub §4 111.

I. Gesellschaftsrechtliche

Ausgangspunkte

163

einer Partei in der Mitarbeit erschöpft und Zweifel bestehen, ob überhaupt ein Gesellschaftsverhältnis oder statt dessen ausschließlich ein Austauschvertrag vorliegt. Zum anderen ist denkbar, daß in jedem Falle eine gesellschaftsrechtliche Beziehung existiert und sich die Unklarheit darauf bezieht, ob eine - zusätzlich - erbrachte Tätigkeit in den gesellschaftsvertraglichen Rahmen gehört oder auf der Grundlage eines kumulativen schuldrechtlichen Drittgeschäfts erfolgt. Dabei hängt es maßgeblich von der jeweils involvierten Gesellschaftsrechtsform ab, ob in der Rechtswirklichkeit beide Fallgruppen vorkommen können. Sieht man von der AG ab, so kann ein Beteiligter, dessen Gesellschaftereigenschaft feststeht, bei jeder der oben näher erläuterten Rechtsformen die Dienstleistung sowohl auf der Basis des Gesellschaftsvertrags als auch in Ausführung eines Drittgeschäfts erbringen. 3 Folglich können entsprechende Abgrenzungsschwierigkeiten zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die erstgenannte Konstellation kann es hingegen nur bei denjenigen Gesellschaftsformen geben, bei denen es überhaupt möglich ist, daß allein durch die Zusage bzw. das Erbringen einer Mitarbeit eine gesellschaftsrechtliche Beziehung zustandekommt. Sofern nämlich die Eigenschaft eines Beteiligten als Gesellschafter notwendigerweise an Merkmale anknüpft, die mit der Tätigkeit nichts zu tun haben, kann die konkrete Qualifikation der Dienstleistung für die Gesellschafterstellung als solche keine Rolle spielen. Zur Problematik der Abgrenzung zwischen Gesellschaftsverhältnis und reinem Austauschvertrag kann es somit nur dann kommen, wenn die hierfür maßgeblichen Tatbestände vergleichsweise eng beieinander liegen, so daß nicht schon prima facie eine zweifelsfreie Entscheidung möglich ist. Mustert man die angesprochenen Gesellschaftsrechtsformen unter dem zuletzt erwähnten Aspekt, wird deutlich, daß bei der GbR und bei der O/ZG4 ohne weiteres die Situation einer Alternativität von Gesellschaftereigenschaft und Stellung als Austauschvertragspartner eintreten kann. 5 Dies hängt mit den geringen Anforderungen an den jeweiligen Entstehungstatbestand zusammen. So bedarf es für die Existenz einer GbR im Grundsatz nur der formlosen Einigung der Parteien, einen gemeinsamen Zweck zu fördern, der nicht im Betreiben eines - nicht nur kleinunternehmerischen - Handelsgewerbes besteht. 6 Angesichts dieses Minimaltatbestands kann es ohne weiteres zu unklaren Vereinbarungen kommen, 2 Die grundsätzliche Frage, ob der gemeinsame Z w e c k den Zentralbegriff des gesamten Gesellschaftsrechts bildet (in diesem Sinne Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 1 I 1 b, S. 8 ff.; so auch Bydlinski, System, S. 453 f.) oder ob z w i s c h e n d e m g e m e i n s a m e n Z w e c k der Gesellschafter bei rein schuldrechtlich strukturierten Gesellschaften u n d d e m ü b e r i n d i v i d u e l l e n Verbandsz w e c k bei verbandlich strukturierten Vereinigungen zu unterscheiden ist (so K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 4 I 2 a u. b, S. 61 ff.), kann hier dahinstehen. 3 Siehe oben sub § 3 II u. IV 1 a. 4 Entsprechendes gilt für den K o m p l e m e n t ä r einer KG. 5 So auch G. Hueck, D B 1 9 6 2 , 1 3 6 3 , 1 3 6 4 Fn. 4; Schnorr von Carolsfeld, FS A . H u e c k (1959), S. 261. 6 Vgl. nur S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. A u f l . , § 7 0 5 R n . 1, 6; MünchKommBGB/Wmer, 3. A u f l . , § 705 R n . 1 ff., 95 f.; E r m a n ! H . P. Westermann, B G B , 10. A u f l . , § 705 R n . 1.

164

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

die im nachhinein die Frage aufwerfen, o b ein Mitarbeiter Gesellschafter oder ausschließlich Austauschvertragspartner ist. 7 Eine vergleichbare Rechtslage gilt bei der O H G . F ü r den Grundtatbestand des § 105 Abs. 1 H G B genügt die f o r m lose Einigung, ein Handelsgewerbe im Außenverhältnis gemeinschaftlich zu betreiben. 8 Insbesondere hat die Eintragung der Gesellschaft und der Gesellschafter im Handelsregister (§ 106 H G B ) grundsätzlich nur eine deklaratorische und keine konstitutive Bedeutung. 9 Dies bedeutet einerseits, daß ein Beteiligter auch ohne eine dahingehende Eintragung im Handelsregister

OHG-Gesellschafter

sein kann. 1 0 D e m steht § 123 H G B nicht entgegen, weil diese Vorschrift lediglich das Außenverhältnis betrifft und deshalb die A n w e n d b a r k e i t von O H G - R e c h t im Innenverhältnis im Stadium vor der Eintragung nicht hindert. 1 1 Andererseits kann trotz einer Eintragung als Gesellschafter geltend gemacht werden, daß die betreffende Person in Wirklichkeit nicht Gesellschafter ist. 1 2 § 5 H G B ist insoweit nicht anwendbar, weil diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut erst dann eingreift, wenn das Betreiben eines G e w e r b e s durch einen U n t e r n e h m e n s t r ä g e r feststeht. Selbst wenn man mit K. Schmidt

jeden Unternehmensträger oder sogar je-

den Rechtsträger für eine analoge A n w e n d u n g des § 5 H G B ausreichen läßt, um diese Vorschrift nach der Handelsrechtsreform nicht leerlaufen zu lassen, 1 3 fingiert § 5 H G B bei mehreren Betroffenen jedenfalls nicht den Tatbestand einer Gesellschaft. 1 4 F e r n e r beziehen sich die positive Publizitätswirkung nach § 15 Abs. 3 H G B bzw. die allgemeine Rechtsscheinhaftung nur auf das Außenverhält-

7 Zur grds. Existenz von Abgrenzungsproblemen siehe auch MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., Vor § 705 Rn. 81; Erman/tt. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., Vor § 705 Rn. 6. 8 Vgl. nur Schlegelberger/Ä. Schmidt, HGB, 5. Aufl., §105 Rn.29ff., 100 f.; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 105 Rn. 15 ff. Das vielfach noch genannte Kriterium der gemeinschaftlichen Firma (so etwa Heymann ¡Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 105 Rn. 29; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 1 I 3 a, S. 10) spielt praktisch keine eigenständige Rolle und ist nach richtiger Ansicht neben dem gemeinsamen Auftreten im Außenverhältnis ohnehin verzichtbar; siehe Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, 5. Aufl., §105 Rn.40f.; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., §105 Rn. 36. 9 BGH vom 13.5.1953, BGHZ 10, 44, 48; BGH vom 21.10.1991, BGHZ 116, 7, 10; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, 5. Aufl., §106 Rn.27; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., §105 Rn. 36. 10 OGH vom 22.9.1950, OHGZ 4, 241, 243. 11 Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., §123 Rn. 5; Habersack, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., §123 Rn. 2; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §123 Rn. 18; siehe auch RG vom 5.1.1926, RGZ 112,280,281 f. 12 Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 106 Rn.27. Zu strikt daher die - aber wohl nur auf das Außenverhältnis gemünzte - Äußerung von Laband, ZHR 30(1885), 469, 528: „ausdrückliche und authentische Beurkundung des Konsenses ..., die jede weitere Erörterung und Beweiserhebung überflüssig macht". Zur Einstufung der Eintragung im Handelsregister als bloße widerlegliche Vermutung siehe auch BFH vom 9.7.1964, BStBl. III 1964, 530, 531 f.; BFH vom 6.10.1977, BStBl. II 1978, 54, 55; BFH vom 19.11.1985, BStBl. II 1986, 520, 522; Blümich/St«/>rmann, EStG, § 15 Rn. 358. 13 ZHR 163 (1999), 87, 96 f. 14 K. Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl., § 10 III 2 a, S. 299; für ein restriktives Verständnis von § 5 HGB bereits BGH vom 19.5.1960, BGHZ 32, 307, 313 f.

I. Gesellschaftsrechtliche

Ausgangspunkte

165

nis, nicht aber auf die hier interessierenden Innenbeziehungen - angeblicher Mitgesellschafter. Da es somit nur auf den Vertragstatbestand ankommt und dessen Anforderungen wiederum gering sind, können demnach auch bei der O H G Konstellationen auftreten, die an der Grenze zwischen Gesellschaftereigenschaft auf der einen und Partei einer Austauschbeziehung auf der anderen Seite liegen. 15 Bei Gesellschaften, die auf den Betrieb eines kleingewerblichen Unternehmens bzw. auf die Verwaltung eigenen Vermögens 16 gerichtet sind, hat die (fakultative) 17 Eintragung der Firma ins Handelsregister gemäß § 105 Abs. 2 S. 1 H G B konstitutive Wirkung. Gleichwohl ergeben sich hieraus keine wesentlichen Unterschiede für die Abgrenzungsproblematik, weil sich die Eintragung von vornherein nur auf die Frage bezieht, ob eine Vereinigung als GbR oder als O H G einzustufen ist. Im einzelnen gilt folgendes: Wenn die Beteiligten eine Eintragung in das Handelsregister anstreben und man deren konstitutive Wirkung nur auf das Außenverhältnis bezieht, 18 muß gegebenenfalls eine Abgrenzung zwischen der Stellung als OHG-Gesellschafter und als Austauschvertragspartner erfolgen. Hält man daran fest, daß eine solche Vereinigung bis zur Eintragung eine GbR ist, mag auf das Innenverhältnis auch schon bis zu einem gewissen Maße O H G Recht angewendet werden, 19 ist in den entsprechenden Fällen zwischen der Eigenschaft als GbR-Gesellschafter und als Partei eines Austauschverhältnisses abzugrenzen. Das gilt erst recht in den sonstigen Konstellationen, auch wenn im Schrifttum schon seit längerem die analoge Anwendung von Teilen des O H G - I n nenrechts auf unternehmenstragende GbR diskutiert wird 20 . Umgekehrt bewirkt eine erfolgte Eintragung nicht, daß sämtliche Beteiligten nunmehr unbestreitbar OHG-Gesellschafter sind. Die konstitutive Wirkung der Eintragung gemäß §105 Abs. 2 O H G bezieht sich nämlich nur auf die Uberwindung des kleingewerblichen Zuschnitts bzw. der inhaltlichen Ausrichtung des Unternehmens als einem Hindernis für die Qualifikation der Vereinigung als O H G nach § 1 Abs. 2 bzw. Abs. 1 H G B , nicht aber auf die Existenz einer Gesellschaft bzw. die Eigenschaft der im Handelsregister aufgelisteten Personen als Gesellschafter. Entsprechendes gilt - wie dargelegt - im Hinblick auf § 5 HGB.

15 Siehe Schlegelberger/tf. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 105 Rn. 32. So auch Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 134, der die Existenz von Zweifelsfällen aber offenbar nur im Stadium bis zur Eintragung im Handelsregister für möglich hält. 16 Zum unmittelbar nach der Handelsrechtsreform aufgekeimten Streit um die Interpretation dieser Passage vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl., § 10 VII 1 b, S. 322. 17 § 105 Abs. 2 S. 2 iVm § 2 S. 2 H G B . 18 So A Hueck, O H G , 4. Aufl., § 5 12, S. 40 f.; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 105 Rn. 10, zur insoweit vergleichbaren K a n n - O H G nach § 105 iVm § 3 H G B a. F. 19 So Habersack, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 123 Rn. 3; Würdinger, Gesellschaften, 1. Teil, §23 I, S. 107, zu § 105 iVm § 3 H G B a. F. Vgl. auch B G H vom 21.10.1991, B G H Z 116, 7, 10; zur KG ferner B G H vom 13.7.1972, B G H Z 59, 179, 181; B G H vom 13.7.1977, W M 1977, 841, 843. 20 Siehe etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 58 V 2, S. 1726 ff. Umfassend Groth, Die analoge Anwendung von O H G - R e c h t , S. 65 ff.

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§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

Bei der Partnerschaft führen die insoweit geltenden Sondervorschriften demgegenüber dazu, daß grundsätzliche Zweifel über die Gesellschaftereigenschaft eines Beteiligten als solche infolge der Zusage einer Mitarbeit nur selten auftreten werden. Der Partnerschaftsvertrag bedarf nämlich gemäß § 3 Abs. 1 PartGG der Schriftform, wobei die Bezeichnung „und Partner" bzw. „Partnerschaft" ausdrücklich aufgenommen werden muß (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 PartGG). Die Schriftform erfaßt auch nachträgliche Änderungen des Partnerschaftsvertrags, 2 1 so daß die A u f n a h m e neuer Partner ebenfalls schriftlich erfolgen muß. Die hohen Anforderungen an einen wirksamen Partnerschaftsvertrag dürften es regelmäßig ausschließen, daß bei gewahrter Form im nachhinein Unklarheiten über die Frage entstehen, ob ein Mitarbeiter wirklich Partner oder statt dessen Austauschvertragspartei ist. Verstöße gegen das Schriftformerfordernis sind allerdings nicht auszuschließen, zumal die Partnerschaft nicht nur rechtlich vorgebildeten Freiberuflern offensteht. Bis zur Eintragung in das Partnerschaftsregister wird die Gesellschaft auch im Innenverhältnis jedenfalls bei einer Mißachtung des Formbedürfnisses mehrheitlich als GbR angesehen, 2 2 so daß in den entsprechenden Konstellationen zu klären ist, ob ein Beteiligter Partner werden sollte und deshalb nunmehr unter Umständen Gesellschafter einer GbR ist oder ob von vornherein statt dessen eine Stellung als Partei eines Austauschvertrages intendiert war. Nach der Eintragung wendet eine im Schrifttum verbreitete Ansicht bei einem Formverstoß die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft an. 23 Mithin ist gegebenenfalls eine Abgrenzung zwischen dem Angehörigen einer fehlerhaften Partnerschaft und der Partei eines Austauschvertrags vorzunehmen. Vergleichbare Ü b e r l e g u n g e n gelten für die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV). Der auf die G r ü n d u n g einer E W I V gerichtete Vertrag unterliegt ebenfalls der Schriftform, wie sich aus den Art. 5 und 7 S. 1 E W I V - V O ergibt. 2 4 Berücksichtigt man weiter, daß der Gründungsvertrag die von den Beteiligten gewählte Rechtsform ausdrücklich enthalten m u ß (Art. 5 lit. a E W I V - V O , § 2 Abs. 2 Nr. 1 E W I V - A u s f ü h r u n g s G ) , sind Fälle, in denen bereits die Gesellschaftereigenschaft einer Partei als solche fraglich ist, w i e d e r u m nur schwer vorstellbar. Bei einem Verstoß gegen die erforderliche Schriftform k o m m t keine fehlerfreie EWIV zustande. M a n w i r d aber w i e d e r - bis zur Eintragung in das H a n -

21 B T - D r u c k s . 12/6152 vom 11.11.1993, S. 13; Henssler, P a r t G G , § 3 R n . 16; Michalski/Römermann, P a r t G G , 2. A u f l . , § 3 R n . 11; M ü n c h K o m m B G B / W w z e r , 3. A u f l . , P a r t G G , § 3 R n . 5. 22 Vgl. Bayer/Imberger, D Z W I R 1995, 177, 179 f.; Henssler, P a r t G G , § 7 R n . 9; Meilicke, in: Meilicke/Graf v. Westphalen/Hoffmann/Lenz, P a r t G G , § 7 R n . 2; K. Schmidt, N J W 1995, 1, 3; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , P a r t G G , § 3 R n . 7 (als Folge einer U m d e u t u n g ) ; von einer „Vorgründungsgesellschaft" sprechend Michalski/Römermann, P a r t G G , 2. A u f l . , § 7 R n . 6. 23 So Bayer/Imberger, D Z W I R 1995, 177, 180; Henssler, P a r t G G , § 3 R n . 18; Mahnke, W M 1996, 1029, 1035; Michalski/Römermann, P a r t G G , 2. A u f l . , § 3 R n . 12; M ü n c h K o m m B G B / W mer, 3. A u f l . , P a r t G G , § 3 R n . 7; nicht erwähnt von K. Schmidt, N J W 1995, 1, 3 Fn. 34. 24 Ganske, DB 1985, Beilage Nr. 20, S. 4 Fn. 53, 59; Gleichmann, Z H R 149 (1985), 633, 641; A. Meyer-Landrut, Interessenvereinigung, S. 130; im Erg. auch B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. A u f l . , A n h . § 160 R n . 15.

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Ausgangspunkte

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delsregister - an eine Behandlung als G b R bzw. - nach der Eintragung - an eine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft 25 mit der Folge zu denken haben, daß gegebenenfalls eine Abgrenzung zwischen der Eigenschaft als GbR-Gesellschafter bzw. als Mitglied einer fehlerhaften EWIV und der Position einer Austauschvertragspartei vorzunehmen ist. Die verfahrensrechtliche Einschränkung der Geltendmachung von Nichtigkeitsmängeln durch Art. 15 EWIVV O infolge der - konstitutiv wirkenden 26 - Eintragung in das Handelsregister läßt die Abgrenzungsproblematik unberührt, weil es in den hier interessierenden Gestaltungen um die Vorfrage geht, ob überhaupt ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis vorliegt. Bei der Kommanditgesellschaft bewirken die tatbestandlichen Voraussetzungen der Stellung als Kommanditist, daß eine dienstleistungsbezogene Vereinbarung für sich genommen kaum Zweifel über die Kommanditisteneigenschaft als solche aufwerfen kann. Die Position als Kommanditist setzt nämlich grundsätzlich eine vertragliche Einigung der Gesellschafter über eine Beschränkung der Haftung auf eine bestimmte Summe voraus. 27 Des weiteren bedarf es einer entsprechenden Eintragung im Handelsregister. 28 Auch wenn es für das Innenverhältnis nur auf die Absprachen zwischen den Gesellschaftern ankommt und zudem stillschweigende Vereinbarungen nach Ansicht mancher Stimmen genügen sollen 29 , ist es nur schwer vorstellbar, daß die schlichte Zusage einer Tätigkeit das Abgrenzungsproblem aufwirft, ob der Mitarbeiter die Stellung eines Kommanditisten oder eines Austauschvertragspartners einnehmen soll. 30 Vielmehr dürfte es in den Konstellationen, in denen bereits die Gesellschaftereigenschaft als solche fraglich ist, an jeglichen Anhaltspunkten für eine zusätzliche Einigung auf eine Haftungsbeschränkung fehlen, so daß es gegebenenfalls zu der erwähnten Abgrenzung zwischen der Eigenschaft als OHG-Gesellschafter und als Partei eines Austauschvertrags kommt. 31 So A. Meyer-Landrut, Interessenvereinigung, S. 150. Ganske, D B 1985, Beilage Nr. 20, S. 4; A. Meyer-Landrut, Interessenvereinigung, S. 125. 27 Baumbach/Ho/«, H G B , 30. Aufl., §161 Rn. 7; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., §161 Rn. 31; Schlegelberger/AT. Schmidt, H G B , 5. Aufl., §§ 171, 172 R n . 2 2 ; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 6 8 I 3 , S . 741. Siehe auch B G H vom 28.3.1977, N J W 1977, 1820, 1821. 28 Für das bei der Kommanditistenhaftung im Vordergrund des Interesses stehende Außenverhältnis kommt es nur auf die Eintragung im Handelsregister an. Abweichende Vereinbarungen im Innenverhältnis sind insoweit unerheblich; vgl. O L G Celle vom 28.11.1984, ZIP 1985, 100, 102. 29 Vgl. B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 161 Rn. 7; a. A. Heymann ¡Horn, H G B , 2. Aufl., § 161 Rn. 31; Schlegelberger/Afiirfens, H G B , 5. Aufl., § 161 Rn. 49; zurückhaltend auch Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 68 I 3, S. 742 Fn. 14. 30 Jede Möglichkeit einer Unklarheit verneinend Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261 f.; etwas zurückhaltender G. Hueck, D B 1962, 1363, 1364 F n . 4 : „kaum jemals". Nicht nachvollziehbar Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 13 ff., der bei Arbeitnehmern, die vom Arbeitgeber als Kommanditisten beteiligt werden, die Frage aufwirft, ob bei einer Finanzierung der Einlage durch das Unternehmen „echte Mitgliedschaften" entstehen oder nur eine besondere Form der Entlohnung praktiziert wird. 31 Da für die Reichweite der Haftung die Kommanditisteneigenschaft feststehen muß, spielt 25 26

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5 5 Gesellschaftsrechtlicher

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Soweit es um die stille Gesellschaft geht, hängt die Frage, zu welchen tätigkeitsbezogenen Abgrenzungsproblemen es überhaupt kommen kann, davon ab, welche Anforderungen man an den Tatbestand dieser Gesellschaftsform stellt. 32 Wie bereits erwähnt, 33 bestehen insoweit nicht unerhebliche Meinungsunterschiede. So verlangt K. Schmidt als begriffliche Voraussetzung, daß der stille Gesellschafter eine Beteiligung am Handelsgewerbe im Sinne einer Forderung gegenüber dem Unternehmensträger innehat oder innehaben soll. 34 Hintergrund dieser Ansicht ist seine Konzeption der stillen Gesellschaft als eine Kombination aus Gesellschaft und qualifiziertem Kreditverhältnis. 35 Auf ihrer Grundlage genügt das Versprechen einer Dienstleistung gegen eine Beteiligung am Unternehmensgewinn für sich genommen somit von vornherein nicht den Erfordernissen einer stillen Gesellschaft. Folgerichtig ergeben sich auch keine grundsätzlichen Abgrenzungsschwierigkeiten zu partiarischen Dienstverhältnissen. 36 Die Existenz einer stillen Gesellschaft hängt danach nämlich vom Vorhandensein eines Einlagenkontos des Mitarbeiters, nicht aber von irgendwelchen mit der Tätigkeit verbundenen Zielen und Umständen ab. 37 Die Konsequenz dieser Auffassung besteht darin, daß beim Fehlen eines - buchmäßig ausgewiesenen - Guthabens lediglich eine Innen-GbR bestehen kann und somit gegebenenfalls eine Abgrenzung zwischen der Stellung als Gesellschafter einer G b R und als Beteiligter eines Austauschvertrags zu erfolgen hat. Teile der Literatur tendieren in eine ähnliche Richtung wie K. Schmidt, ohne in dieser Hinsicht freilich stets zu völlig eindeutigen Aussagen zu gelangen.38 Die zivilgerichtliche Rechtsprechung und die Frage, ob Dienstleistungen im Innenverhältnis oder sogar im Außenverhältnis befreiende Wirkung haben, im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. 3 2 In diesem Sinne auch Rebhahn, in: Jabornegg, ÖHGB, § 178 Rn. 35. 33 Vgl. oben sub § 3 II 1 c. 3 4 Schlegelberger/ZC Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 33, 152 ff.; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 62 II 1 d, S. 1844. Die in diesem Zusammenhang erfolgte Aussage, daß die Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber buchmäßig auszuweisen ist, dürfte nicht als zusätzliche konstitutive Voraussetzung gemeint sein, zumal Buchungen regelmäßig nur deklaratorischen Charakter haben; vgl. Würdinger, J Z 1953,226,227. Für das Kriterium eines auf Geld gerichteten Rückforderungsanspruchs bereits Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 73 II 2 Fn. 13, S. 775. 3 5 Grdl. K. Schmidt, Z H R 140 (1976), 475, 477 ff. 3 6 Demgegenüber kann es auch auf der Basis der Auffassung von K. Schmidt zu Zweifeln darüber kommen, ob die Mitarbeit eines stillen Gesellschafters einen zusätzlichen Beitrag im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses bildet oder auf einem von der Beteiligung getrennten Tätigkeitsvertrag beruht. 3 7 Schlegelberger/ZC. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 49. 3 8 Vgl. Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 239, 305, wo das - offenbar im Sinne eines Guthabens verstandene - Beteiligungsverhältnis als unabdingbares Element einer stillen Gesellschaft angesehen wird, während dieses Kriterium in Rn. 492 nicht aufgelistet ist und in den Rn. 400 ff. auch nicht zur Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Dienstvertrag verwandt wird. Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 230 Rn. 10, fordert einen zu übertragenden oder zu belassenden Vermögenswert und schließt Dienstleistungen explizit aus (§ 231 Rn.4). Nach Weimar, ZIP 1993, 1509, 1510, kann der stillen Beteiligung ein Dienstverhältnis „zugrunde liegen". Unklar auch Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., der in den Rn. 12 f. eindeu-

I. Gesellschaftsrechtliche

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Ausgangspunkte

das ü b e r w i e g e n d e S c h r i f t t u m s t e h e n i n d e s a u f e i n e m a n d e r e n S t a n d p u n k t . D i e h . M . verlangt für das V o r l i e g e n einer stillen G e s e l l s c h a f t eine E i n l a g e l e i s t u n g d u r c h d e n s t i l l e n G e s e l l s c h a f t e r , d i e in d a s V e r m ö g e n d e s

Geschäftsinhabers

übergeht.39 D i e s e r auf den ersten B l i c k weitergehende A n s a t z wird allerdings d a d u r c h a b g e s c h w ä c h t , d a ß m a n a u c h D i e n s t l e i s t u n g e n als e i n e n g r u n d s ä t z l i c h tauglichen E i n l a g e g e g e n s t a n d ansieht.40 E i n zusätzliches G u t h a b e n des stillen Gesellschafters wird nicht verlangt.41 Daraus folgt, daß eine schlichte Mitarbeit grundsätzlich z u m Z u s t a n d e k o m m e n einer stillen Gesellschaft führen kann.42 D i e s e n t s p r i c h t auch der ständigen f i n a n z g e r i c h t l i c h e n J u d i k a t u r . 4 3 M a n g e l s eines äußerlichen, von der Tätigkeit unabhängigen Tatbestandsmerkmals

stellt

s i c h i n d e n e n t s p r e c h e n d e n F ä l l e n m i t h i n das P r o b l e m d e r A b g r e n z u n g v o n s t i l l e r G e s e l l s c h a f t u n d p a r t i a r i s c h e m D i e n s t v e r h ä l t n i s . D i e s gilt e b e n s o f ü r d i e n o c h g r o ß z ü g i g e r e A u f f a s s u n g , n a c h der für eine stille G e s e l l s c h a f t v o n v o r n h e r ein k e i n e V e r m ö g e n s w e r t e E i n l a g e e r f o r d e r l i c h ist, s o n d e r n es g e n ü g t , w e n n s i c h die P a r t e i e n auf die g e m e i n s a m e F ö r d e r u n g eines H a n d e l s g e w e r b e s

einigen,44

tig der Auffassung von K. Schmidt folgt, in Rn. 24 demgegenüber gerade bei der Abgrenzung zu partiarischen Dienstverträgen ein Einlagenkonto für entbehrlich hält und in Rn. 75 schließlich Dienstleistungen als taugliche Einlagen bezeichnet, sofern sie mit einem bestimmten Geldbetrag bewertet werden, ohne die - angebliche - Notwendigkeit der Begründung einer entsprechenden Forderung des stillen Gesellschafters noch einmal zu erwähnen. 39 Vgl. R G vom 8.1.1896, Z H R 48 (1899), S. 344; R G vom 30.10.1907, LZ 1908, Sp. 158; B G H vom 24.9.1952, B G H Z 7, 174, 177; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 2 3 0 R n . 2 0 ; Heymann/ Horn, H G B , 2. Aufl., § 230 Rn. 2. 40 R G vom 8.2.1905, HoldhMSch 14 (1905), 214; K G vom 10.10.1928, J F G Bd. 6 (1929), 207, 210 f.; R G vom 10.10.1933, R G Z 142, 1 3 , 2 1 ; R G vom 14.12.1938, J W 1939, 489, 490; B G H vom 22.11.1965, N J W 1966, 501; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 53; Baumbach///o/>£, H G B , 30. Aufl., § 230 Rn. 20; Heymann /Horn, H G B , 2. Aufl., § 230 Rn. 9, 45; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 37; Noppeney, D B 1976, 578, 580; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 28; A. Schreiber, Arbeit als Beitrag, S. 27; ebenso wohl Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost, H G B , § 2 3 0 Rn. 55; siehe auch B G H vom 29.6.1992, N J W 1992, 2696, 2697; a. A. noch R G vom 23.5.1894, R G Z 33, 125, 129 f.; R G vom 9.12.1902, J W 1903, Beilage Nr. 2, S. 16, 17; Lastig, Z H R 32 (1886), 230, 234 ff.; Lühbert, Z H R 58 (1906), 464, 515 f. 41 Dem von Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 230 Rn. 13, erweckten Eindruck, daß sich die Rspr. und die h. L. insoweit mit dem von K. Schmidt vertretenen Verständnis der stillen Gesellschaft decken, ist zu widersprechen. Er wird durch die angeführten Belege auch nicht bestätigt; vgl. insbesondere Düringer/Hachenburg/.F/eci?f£«>n, H G B , 3. Aufl., § 337 Anm. 4; ferner B G H vom 22.11.1965, N J W 1966, 501: Gutbringung des Gegenwerts von Dienstleistungen auf ein Kapitalkonto nicht erforderlich; so bereits R G vom 14.12.1938, J W 1939, 489, 490; in diesem Sinne ferner Staub/Pinner, H G B , 14. Aufl., § 3 3 5 Anm. 15. 42 Siehe nur K G vom 10.10.1928, J F G Bd. 6 (1929), 207, 210 f.; B G H vom 22.11.1965, N J W 1966, 501. 43 Vgl. R F H vom 16.3.1938, RStBl. 1938, 556; R F H vom 17.7.1940, RStBl. 1940, 915, 916; B F H vom 12.1.1953, BStBl. III 1953, 58, 59; B F H vom 22.11.1955, BStBl. III 1956, 4, 6; B F H vom 27.2.1963; BStBl. III 1963, 370, 371; B F H vom 8.7.1965, BStBl. III 1965, 558, 559; B F H vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560; B F H vom 7.2.1968, BStBl. II 1968, 356, 357; B F H vom 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187, 188 f.; B F H vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 374; sehr restriktiv aber B F H vom 3.7.1964, BStBl. III 1964, 511, 512. 44 Hierbei läßt man jede Art von Beiträgen genügen; vgl. Huber, Vermögensanteil, S. 194; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 319 f.

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sofern ein Partner allein nach außen auftreten und dem anderen eine Gewinnbeteiligung zustehen soll.45 Für die soeben geschilderte Konzeption von K. Schmidt spricht zunächst der Umstand, daß die §§ 232 Abs. 2 u. 3, 235 Abs. 1, 236 Abs. 1 HGB offenbar von einer Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Unternehmensträger als Folge einer Einlage im Sinne eines bestimmten Geldbetrags ausgehen. Des weiteren vermeidet sie mehrere Friktionen, die mit dem von der h. M. aufgestellten Erfordernis einer vom stillen Gesellschafter erbrachten Einlageleistung verbunden sind. 46 Gegen die h. M. läßt sich zudem anführen, daß sie den Einlagebegriff bis zur Konturenlosigkeit ausdehnt, um der angeblichen Notwendigkeit einer Einlageleistung durch den stillen Gesellschafter Rechnung zu tragen. Dies korrespondiert zwar mit der verbreiteten Lesart, als Einlage eine bereits erbrachte Leistung (mit vermögenswertem Charakter) 47 zu bezeichnen, während unter einem Beitrag nur eine noch ausstehende Gesellschafterleistung verstanden wird. 48 Eine solche Terminologie erscheint jedoch nicht sinnvoll. Vielmehr sind die Begriffe Beitrag und Einlage mit einer im Vordringen begriffenen Auffassung in einen Zusammenhang mit bestimmten gesellschaftsrechtlichen Funktionen zu stellen.49 Danach ist der Beitrag auf den gemeinsamen Zweck bezogen. Dementsprechend ist unter einem Beitrag jede auf der Grundlage des Gesellschaftverhältnisses geschuldete oder erbrachte Leistung zu verstehen, die der Zweckförderung dient. Dienstleistungen, zu denen sich ein Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag verpflichtet hat, sind demnach unabhängig davon Beiträge, ob und in welchem Umfang der Gesellschafter bereits tätig war. Unter einer Einlageleistung wird demgegenüber nur ein solcher Beitrag verstanden, der in das haftende Vermögen des Unternehmensträgers überführt wird und deshalb zumindest grundsätzlich dem Zugriff der Gläubiger unterliegt, also in der Zwangsvollstreckung bzw. im Insolvenzverfahren verwertet werden kann. Folgerichtig sind Dienstleistungen keine 45 R. Fischer, J R 1962, 201 f.; Huber, Vermögensanteil, S. 194; H. Schneider, FS M ö h r i n g (1965), S. 115 £.;//. P. Westermann, Vertragsfreiheit u n d Typengesetzlichkeit, S. 319, 322. 46 G e n a n n t seien die B e g r ü n d u n g einer stillen Gesellschaft d u r c h „ E i n b u c h u n g " eines G u t habens auf K o s t e n des Geschäftsinhabers als Folge einer Schenkung sowie die B e h a n d l u n g vergangener oder k ü n f t i g zu e r b r i n g e n d e r Leistungen; vgl. d a z u eingehend Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 230 n.F. R n . 33; 43 f., 64, 84, 147 f. 47 D e n - in m a n c h e n Stellungnahmen nicht ausdrücklich b e n a n n t e n - Bezug auf Beiträge im engeren Sinne h e r v o r h e b e n d M ü n c h K o m m B G B / t / / m e r , 3. Aufl., § 706 Rn. 3. 48 R G v o m 29.4.1911, R G Z 76, 276, 278; B G H v o m 26.11.1979, N J W 1980, 1744; RGRK/i>. Gamm, B G B , 12. Aufl., § 7 0 6 Rn. 1; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 1 4 I, S. 205; P a l a n d t I S p r a u , B G B , 61. Aufl., § 706 Rn. 1; J a u e r n i g / S t ü r n e r , B G B , 9. Aufl., § 706 A n m . 1 ;H. P. Westermann, in: H a n d b u c h , 4. Aufl., Gesellschaftsrecht, Rn. 391. So letztlich auch M ü n c h K o m m B G B / i 7 / ? n e r ' , 3. Aufl., § 706 Rn. 3, der den Beitragsbegriff auf d e n Gegenstand der Verpflichtung, also eine noch nicht erfüllte F o r d e r u n g bezieht; nicht ü b e r z e u g e n d daher die abweichende I n t e r p r e t a t i o n d u r c h Soergel IHadding, B G B , 12. Aufl., § 7 0 6 R n . 5 . U n d e u t l i c h Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl., § 706 Rn. 2. 49 Bork, Z H R 154 (1990), 205, 206 f.; Huber, Vermögensanteil, S. 191 ff.; Priester, D B 1993, 1173, 1176; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 2 0 II 1 a, S. 567 f.; ders., Z H R 154 (1990), 237, 240 f.; Wiedemann, W M 1992, Sonderbeilage N r . 7, S. 14.

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Ausgangspunkte

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geeigneten Einlagegegenstände. 50 Die Arbeitskraft eines Gesellschafters führt zwar vielfach zu einer meßbaren Erhöhung des Gesellschaftsvermögens. Die erbrachte Dienstleistung als solche ist dem unmittelbaren Zugriff eines Gläubigers aber nicht zugänglich. Im übrigen gehören Ansprüche auf Beitragsleistungen zwar anerkanntermaßen zum Gesellschaftsvermögen. 51 Jedoch kann ein Gläubiger einen Gesellschafter, der seiner Gesellschaft Dienste schuldet, nicht zu deren Fortführung zwingen. Eine Zwangsvollstreckung ist gemäß § 888 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen. Dementsprechend unterfällt die Arbeitskraft als solche auch nicht dem Insolvenzverfahren. 52 In diesem Sinne hat schon das RG ausgeführt, daß ein Gläubiger nicht beanspruchen kann, daß ein Schuldner seine Tätigkeit fortsetzt, um auf den Ertrag zugreifen zu können. 53 Dienstleistungen und vergleichbare Beitragsarten können nach alledem entgegen der h. M. nicht als tauglicher Gegenstand einer Einlage angesehen werden. Will man den Anwendungsbereich der §§ 230 ff. HGB nicht ungebührlich verkürzen, muß man das vom Gesetzeswortlaut ohnehin nicht geforderte Kriterium der Einlageleistung durch den still Beteiligten fallenlassen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß zwangsläufig dem Vorschlag von K. Schmidt Folge zu leisten ist, statt dessen auf das Halten einer Einlage als unabdingbare Voraussetzung einer stillen Gesellschaft abzustellen. Vielmehr lassen sich angemessene Ergebnisse auch dadurch erzielen, daß man mit der geschilderten Minderansicht in der Literatur für den Tatbestand einer stillen Gesellschaft sowohl auf eine vom still Beteiligten geleistete Einlage als auch auf eine ihm zustehende Forderung gegen den Geschäftsinhaber überhaupt verzichtet. Für eine solche Sichtweise spricht § 136 InsO 54 . Diese Vorschrift setzt offenbar die Möglichkeit einer Einlagenrückgewähr und damit die Berichtigung eines etwaigen Guthabens ohne die gleichzeitige Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses voraus. 55 Wenn aber das nachträgliche Entfallen eines Anspruchs gegen den Unternehmensträger für den Tatbestand einer stillen Gesellschaft unschädlich ist, kann für den Fall nichts anderes gelten, daß es schon von vornherein an einer solchen Forderung fehlt. Geht man weiter davon aus, daß insbesondere die §§ 233, 234 HGB eine grundsätzlich passende 50 Vgl. Huber, Vermögensanteil, S. 195 f.; SchlegelbergerAK. Schmidt, H G B , 5. A u f l . , § 2 3 0 n.F. R n . 146. 51 Siehe nur R G v o m 29.4.1911, R G Z 76, 276, 278 ff.; R G v o m 26.5.1925, R G Z 111, 77, 83; B G H v o m 12.1.1961, W M 1961, 426, 427; P a l a n d t / S p r a u , B G B , 61. A u f l . , § 718 R n . 2 ; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , § 718 R n . 12. 52 Vgl. O L G Düsseldorf v o m 23.12.1981, ZIP 1982, 720, 721; ]zeger/Henckel, KO, 9. A u f l . , § 1 R n . 14; K u h n / U h l e n b r u c k , K O , 11. A u f l . , § 1 Rn. 78. 53 R G v o m 26.1.1909, R G Z 70, 226, 230. 54 F r ü h e r § 2 3 7 H G B . 55 In diesem Sinne auch R G vom 5.5.1925, WarnRspr. 1925, Nr. 167; R G v o m 24.2.1941, D R 1941, 1542; Blaurock, H a n d b u c h , 5. A u f l . , R n . 315; ferner Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht, Bd. 2, 3. A u f l . , § 2 1 I, S. 208, zu § 3 4 2 ÖHGB a. F. D e m g e g e n ü b e r n i m m t Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. A u f l . , § 230 n.F. R n . 152, auf der G r u n d l a g e seiner K o n z e p t i o n folgerichtig an, daß die endgültige R ü c k f ü h r u n g des Einlagekontos die stille Gesellschaft stets beendet; so auch Zutt, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. A u f l . , § 230 R n . 84, § 232 R n . 35.

172

5 i Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

Regelung für alle Fälle enthalten, in denen ein Handelsgewerbe durch einen stillen Beteiligten gefördert werden soll, spricht mehr für ein weites Verständnis der stillen Gesellschaft und damit für einen Verzicht auf ein Einlagenkonto. 56 Es ist nicht einzusehen, warum der Weg zur stillen Gesellschaft dann von vornherein verbaut sein sollte, wenn die Parteien in den Fällen, in denen sich der Beitrag eines Beteiligten in einer Dienstleistung erschöpft, davon absehen, für die Mitarbeit neben der - unabdingbaren - Gewinnbeteiligung einen zusätzlichen, bei der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses an den Beschäftigten zu zahlenden Betrag auf einem Kreditorenkonto gutzubringen.57 Immerhin halten auch die österreichische Rechtsprechung 58 und Literatur 59 in derartigen Gestaltungen eine stille Gesellschaft für grundsätzlich möglich. Dieser Auffassung läßt sich schließlich nicht entgegensetzen, daß sie mit der Ausdünnung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Abgrenzungsschwierigkeiten zu partiarischen Rechtsverhältnissen vermehrt. Die von K. Schmidt vertretene Konzeption führt nämlich lediglich zu einer Verlagerung, nicht aber zu einer Verringerung von Abgrenzungsproblemen. Sofern im Falle einer Dienstleistung gegen Gewinnbeteiligung ein Einlagenkonto fehlt, würde danach zwar eine stille Gesellschaft zwingend ausscheiden. In einer solchen Konstellation müßte dann aber untersucht werden, ob anstelle eines partiarischen Dienstvertrags möglicherweise eine Innen-GbR vorliegt. Nach alledem kann es somit auch im Zusammenhang mit stillen Gesellschaften zu der Abgrenzungsproblematik kommen, ob durch eine versprochene Mitarbeit ein Gesellschaftsverhältnis oder ein Austauschverhältnis begründet worden ist. Klarere Verhältnisse bestehen demgegenüber bei der GmbH und der Genossenschaft. In diesen Fällen kann die Mitgliedschaft nicht allein durch die Zusage einer Dienstleistung herbeigeführt werden. Vielmehr bedarf es für die Mitgliedschaft in einer GmbH eines in notarieller Form abgeschlossenen Vertrags, in dem sich jeder Gesellschafter zur Übernahme einer Stammeinlage verpflichtet.60 Entsprechendes gilt für den nachträglichen Beitritt als Folge einer Stammkapitalerhöhung.61 Die Frage einer Abgrenzung zwischen der grundsätzlichen Eigenschaft als GmbH-Gesellschafter und der Stellung als Austauschpartner als Folge einer Mitarbeit stellt sich somit nicht. Bei der Genossenschaft wird die Mitglied56 Gegenüber dem schon von Lastig, Z H R 32 (1886), 230, 236, erhobenen Einwand, daß die Bestimmung, nach der die Gesellschaft durch den Tod des stillen Gesellschafters nicht aufgelöst wird (§ 234 Abs. 2 H G B ) , bei Dienstleistungen des stillen Beteiligten von vornherein nicht passe, kann man sich mit einer teleologischen Reduktion behelfen. 57 Siehe hierzu bereits Düringer/Hachenburg/.ßec/?t^«>re, H G B , 3. Aufl., § 337 Anm. 4. 58 VwGH vom 26.6.1959, Ö J Z 1959, 668 f.; O G H vom 27.6.1969, Arb 8630, S. 239, 243 f.; zurückhaltend aber V w G H vom 2.2.1966, ZAS 1966, 142. 59 Böckle, GesRZ 1983, 138, 139; Kastner, ZAS 1970, 18, 19; Migsch, ZAS 1966, 142; Rebhahn, in: Jabornegg, ÖHGB, § 178 Rn. 11; in diesem Sinne ferner Tomandl, Wesensmerkmale, S. 132 ff.; so offenbar auch Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht, Bd. 2, 3. Aufl., § 19 I E u. § 21 I, S. 196 ff. u. S. 207 f.; anders wohl Straube, ÖHGB, § 335 Rn. 20. 60 § 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG. 61 § 55 Abs. 1 u. 2 S. 1 GmbHG.

I. Gesellschaftsrechtliche

Ausgangspunkte

173

schaft bis zur Anmeldung zur Eintragung in das Genossenschaftsregister 62 durch eine Unterzeichnung der Gründungssatzung, 63 danach durch eine schriftliche Beitrittserklärung erworben, in der sich der Genosse verpflichten muß, die gesetzlich und statuarisch geschuldeten Einzahlungen auf den Geschäftsanteil und gegebenenfalls Nachschüsse zu leisten. 64 Demnach können insoweit auch keine tätigkeitsbezogenen Abgrenzungschwierigkeiten im Hinblick auf die grundsätzliche Mitgliedschaft entstehen. Zwar kann im Zusammenhang mit der Einordnung einer Mitarbeit natürlich auch die Vorfrage streitig sein, ob eine Partei wirksam Mitglied einer GmbH bzw. Genossenschaft geworden ist. Eine solche Unklarheit steht aber außerhalb der hier interessierenden Fallkonstellation, ob eine versprochene Dienstleistung ein Gesellschaftsverhältnis oder alternativ ein Austauschverhältnis begründet. Beim hier nur am Rande zu erwähnenden Verein schließlich kann es wieder zu zweifelhafteren Situationen hinsichtlich der grundsätzlichen Abgrenzung zwischen Mitgliedschaft und sonstiger Rechtsbeziehung kommen. Zwar dürften sich bei den Gründungsmitgliedern im nachhinein schwerlich Zweifel an der mitgliedschaftlichen Stellung als solcher erheben. Denkbar ist dies praktisch nur, wenn eine Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister bzw. durch staatliche Verleihung nicht angestrebt ist und es deshalb bei einer für eine Vereinsgründung grundsätzlich genügenden formlosen Einigung 65 verbleibt. Bei später hinzutretenden Personen ist es aber durchaus vorstellbar, daß es zu Unklarheiten über die Frage kommt, ob überhaupt eine kooperationsrechtliche Beziehung zustandegekommen ist oder ob eine Tätigkeit auf einer alternativen rechtlichen Grundlage beruht. Für den Erwerb der Mitgliedschaft, der durch einen Vertrag zwischen dem Beitrittswilligen und dem Verein erfolgt, 66 schreibt das Gesetz nämlich weder unmittelbar eine bestimmte Form vor noch verpflichtet es zur Schaffung statuarischer Formregelungen, 67 so daß es grundsätzlich zu einer Aufnahme durch schlüssiges Verhalten kommen kann 68 und es dem Verein überlassen bleibt, ob er ein etwaige Unsicherheiten vermeidendes formalisiertes Aufnahmeverfahren in seine Satzung aufnimmt 69 . Vgl. §11 GenG. Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 15 Rn. 1. 64 §§15 Abs. 1, 15a GenG. Zum Inhalt der Beitrittserklärung näher K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 15 Rn. 16, § 15a Rn. 3. Zum Verhältnis von Beitritt und Aufnahmevertrag siehe Schaffland, in: Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, § 15 Rn. 9, 31; Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 15 Rn. 12. 65 Vgl. Reichert, Handbuch, 7. Aufl., Rn. 65; Stöber, Vereinsrecht, 8. Aufl., Rn. 1241. 66 B G H vom 29.6.1987, BGHZ 101, 193, 196; SoergeV Hadding, BGB, 13. Aufl., § 38 Rn. 7; MünchKommBGBAReaier, 4. Aufl., § 38 Rn. 58. 67 BayObLG vom 24.3.1972, NJW 1972, 1323 f.; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., §58 Rn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., §§ 57, 58 Rn. 4; Reichert, Handbuch, 7. Aufl., Rn. 629. 68 Siehe BGH vom 24.10.1988, BGHZ 105, 306, 313; LAG Baden-Württemberg vom 24.10.2000, AP Nr. 18 zu § 3 TVG Verbandszugehörigkeit (unter 1 a cc). 69 Vgl. §58 Nr. 1 BGB. Dazu ferner Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 17. Aufl., Rn. 71; Stöber, Vereinsrecht, 8. Aufl., Rn. 139. 62 63

174

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

II. Spezialgesetzliche Bestimmungen Entsprechend der anfänglich beschriebenen Gliederung der G e d a n k e n ist zunächst danach zu fragen, o b sich speziellen gesetzlichen Regelungen von vornherein eindeutige Vorgaben für die k o n k r e t e A b g r e n z u n g zwischen gesellschaftsund austauschvertraglichen Mitarbeitsverhältnissen entnehmen lassen. Mehrere arbeitsgesetzliche Regelungen schließen die Mitglieder v o n P e r s o nengesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen aus ihrem A n w e n d u n g s b e reich aus. D a b e i wird regelmäßig auf die Vertretungsbefugnis, 7 0 zuweilen auch alternativ auf die Geschäftsführungsbefugnis 7 1 abgestellt. W ä h r e n d die Bedeutung der entsprechenden N o r m e n für die Mitglieder des Vertretungsorgans juristischer P e r s o n e n 7 2 bereits in umfassender Weise diskutiert worden ist, 7 3 sind die für Gesellschafter geltenden B e s t i m m u n g e n bislang wenig beachtet worden. D a es an dieser Stelle indes nur u m die grundsätzliche A b g r e n z u n g zwischen K o o p e rations- und Austauschrecht geht, während die Frage nach dem Vorliegen einer Arbeitnehmerstellung erst später erörtert wird, 7 4 ist hier lediglich zu prüfen, o b sich aus den genannten Vorschriften Anhaltspunkte ergeben, die bei der prinzipiellen Unterscheidung von gesellschafts- und austauschvertraglicher Mitarbeit weiterhelfen k ö n n e n . Dies ist freilich aus zwei G r ü n d e n nicht der Fall: Z u m einen betreffen diese N o r m e n von vornherein nur solche Gestaltungen, in denen die Gesellschaftereigenschaft eines Beschäftigten feststeht. Sie leisten also keinen Beitrag zur Klärung derjenigen Konstellationen, in denen es gerade u m die Frage geht, o b ein Mitarbeiter überhaupt eine gesellschaftsrechtliche Position innehat. Z u m anderen zielen die Regelungen lediglich darauf ab, die personelle Reichweite arbeitsrechtlicher G e s e t z e festzulegen. So will etwa § 14 Abs. 1 Nr. 2 K S c h G vertretungsbefugte Mitglieder einer O H G aus dem allgemeinen Kündigungsschutz ausklammern. 7 5 D e m g e g e n ü b e r gibt diese Vorschrift ebenso wie die sonstigen B e s t i m m u n g e n auf die Frage, o b der O H G - G e s e l l s c h a f t e r seine Tätigkeit im R a h m e n des Gesellschaftsverhältnisses oder auf der Grundlage eines hiervon getrennten freien Dienstvertrages erbringt, keine Auskunft. Dasselbe gilt für den Fall, daß zweifelhaft ist, o b ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H auf

70 §§14 Abs. 1 Nr. 2, 17 Abs. 5 Nr. 2 KSchG, §1 Abs. 3 Nr. 2 5. VermBG, §5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. 71 § 5 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, § 3 Abs. 1 S. 2 MitbestG. 72 § 14 Abs. 1 Nr. 1, 17 Abs. 5 Nr. 1 KSchG, § 1 Abs. 3 Nr. 1 5. VermBG, § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, § 3 Abs. 1 S. 2 MitbestG, § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. 73 Brachen, Organmitgliedschaft, S. 61 ff.; Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 65 ff.; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 5 ff.; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 55 ff.; G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 368 ff.; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 241 ff.; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 19 ff. 74 Eingehend dazu unten sub § 6. 75 Zur Frage eines eventuellen Zurückweichens dieser Norm in Ausnahmefällen siehe unten sub § 1 2 1 1 a aa (1) (d) (cc).

III. Vertragspartnerbezogene

Aspekte

175

das Basis des Gesellschaftsvertrags oder eines eigenständigen Dienstvertrags mitarbeitet.

III. Vertragspartnerbezogene Aspekte F ü r die Abgrenzung von kooperations- und austauschrechtlichen Tätigkeitsverhältnissen kann man in einer R e i h e von Konstellationen darauf abstellen, z w i schen welchen Beteiligten eine Vereinbarung zustandegekommen ist. Findet die Mitarbeitspflicht ihre Grundlage in einer multilateralen Absprache der Gesellschafter untereinander, ist die Dienstleistung als kooperationsrechtlich zu charakterisieren, während ein bilateraler Vertrag zwischen dem Beschäftigten und der Gesellschaft als solcher zu einer Austauschbeziehung führt. Diese auf den ersten B l i c k jeden Zweifelsfall ausschließende Regel bedarf allerdings einiger E r läuterungen und Ergänzungen.

1. Situation bei der

GmbH

A m deutlichsten k o m m t die soeben erwähnte Zweiteilung bei der G m b H zum Ausdruck. D a die Gesellschaftereigenschaft bei dieser R e c h t s f o r m zwangsläufig auf Umständen beruht, die mit der Leistung von Diensten nichts zu tun haben, kann es hier lediglich darum gehen, ob die zusätzliche Mitarbeit eines Gesellschafters als gesellschaftsvertragliche Nebenpflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G 7 6 oder als austauschvertraglich zu qualifizieren ist. Eine gesellschaftsvertragliche Tätigkeitspflicht entsteht ausschließlich durch eine Vereinbarung der Gesellschafter. D i e G m b H selber kann im allgemeinen nur Partner von A u ß e n b e z i e h u n g e n sein. A n dem ihrer Existenz zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrag ist sie nicht beteiligt. Dies gilt sowohl für die G r ü n d u n g als auch für eine spätere Änderung des Gesellschaftsvertrages. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, daß die G m b H eigene Anteile erwirbt. 7 7 Sofern es danach zu einer Begründung von tätigkeitsbezogenen Nebenleistungspflichten k o m m t , ist die G m b H Partei des dafür erforderlichen Satzungsänderungsvertrages 7 8 , auch wenn ihr aus dem eigenen Anteil kein Stimmrecht zusteht. 7 9 N i c h t zuletzt aus der Beteiligung der übrigen Gesellschafter ergibt sich indes, daß die G m b H in einer solchen Konstellation in ihrer EigenZu dieser Möglichkeit siehe oben sub § 3 II 2 a. Vgl. § 33 GmbHG. 78 Zur Leistungsvermehrung durch die Einführung bzw. Erweiterung gesellschaftsvertraglicher Mitarbeitspflichten Scholz/Priester, GmbHG, 8. Aufl., §53 Rn. 52, 138; Rowedder/Z*'mmermann, GmbHG, 3. Aufl., §53 Rn. 45; Baumbach/Hueck/Zö7/wer, GmbHG, 17. Aufl., §53 Rn. 16. 79 Zum Stimmrechtsausschluß siehe RG vom 21.10.1921, RGZ 103, 64, 66 f.; BGH vom 30.1.1995, NJW 1995, 1027, 1028; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., §33 Rn. 20; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastnch, GmbHG, 17. Aufl., §33 Rn. 19; Scholz/H. P. Westermann, GmbHG, 9. Aufl., § 33 Rn. 37. 76

77

176

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

schaft als Gesellschafterin und nicht im freien Rechtsverkehr auftritt. Wenn die G m b H als vertraglicher Partner der Dienstleistungsbeziehung fungiert, liegt somit stets ein Austauschvertrag vor. Umgekehrt folgt aus der Stellung der Gesellschafter als Vertragspartei aber noch nicht zwingend die Existenz einer korporationsrechtlichen Mitarbeitspflicht. Die Aussagekraft des Kriteriums der Vertragspartnereigenschaft wird allerdings nicht schon dadurch in Frage gestellt, daß die Gesellschafterversammlung für den Abschluß des Anstellungsvertrages mit dem Geschäftsführer grundsätzlich zuständig ist 80 und sich somit aus einem Handeln der Gesellschafter bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowohl eine korporationsrechtliche als auch eine austauschvertragliche Grundlage für die Tätigkeit als Geschäftsführer ergeben kann. Wie bereits angemerkt, agieren die Gesellschafter in diesem Ausnahmefall nämlich als Vertretungsorgan der GmbH, nicht aber selbst als Partei. 81 Der Schluß von der Vertragspartnereigenschaft der G m b H auf das Vorliegen einer Austauschbeziehung bleibt daher auch in diesem Falle unberührt. Im übrigen erleichtert der überwiegend anerkannte Grundsatz, daß die Gesellschaft hierbei nicht zwangsläufig von allen, sondern nur von denjenigen Gesellschaftern vertreten wird, die für ein entsprechendes rechtsgeschäftliches Handeln mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer gestimmt haben, 82 die Differenzierung zwischen korporationsrechtlichen und austauschvertraglichen Maßnahmen. Man muß insoweit nämlich zwischen dem Beschluß der Geellschafterversammlung über die Anstellungsbedingungen als ein Gesellschaftsinternum und der Vertretung der G m b H im Außenverhältnis unterscheiden. 8 3 Des weiteren läßt sich gegen die Vertragsparteistellung als maßgebliches Abgrenzungsmerkmal nicht der Aspekt ins Feld führen, daß die verschiedenen Parteien hier ausnahmsweise nicht zu unterschiedlichen Rechtszuständigkeiten für den Anspruch auf die zu qualifizierende Dienstleistung führen. Zwar stehen sowohl die aus einem Austauschvertrag erwachsende Forderung auf Mitarbeit als auch der durch den Gesellschaftsvertrag begründete Anspruch auf Erfüllung 80 BGH vom 21.1.1991, BGHZ 113, 237, 241 ff.; BGH vom 25.3.1991, NJW 1991,1680, 1681; BGH vom 27.3.1995, NJW 1995, 1750, 1751; BGH vom 8.12.1997, NJW 1998, 1315; BGH vom 21.6.1999, NJW 1999, 3263, 3264; BGH vom 3.7.2000, NJW 2000, 2983; ebenso etwa Rowedder/ Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §46 Rn. 19; Baumbach/Hueck/Zötfner, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 95, § 46 Rn. 24; übersehen von Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 312 f. Der Mitgeschäftsführer kann freilich zum Abschluß des Anstellungsvertrages ermächtigt werden; vgl. BGH vom 13.5.1968, WM 1968, 1328. 81 Siehe oben sub § 3 IV 1 a mit Nachweisen in Fn. 163. 82 KowedAer:/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §35 Rn. 19; Mertens, AG 1981, 216, 217 f.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 172; in diesem Sinne auch OLG Frankfurt/ M. vom 28.4.1981, WM 1981, 1210, 1211; für eine Gesamtvertretung aber KG vom 12.10.1905, KGJ 31 (1906), A 197,200; Gach/Pßller, GmbHR 1998,64,66 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 6; nicht ganz deutlich Scholz/K Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 46 Rn. 80. 83 Vgl. OLG Frankfurt/M. vom 28.4.1981, WM 1981, 1210, 1211; Mertens, AG 1981, 216, 217 f.; Schilling, FS Ballerstedt (1975), S.257, 264; ebenso bereits KG vom 12.10.1905, KGJ 31 (1906), A 197, 198 ff.; siehe insoweit auch Plander, ZHR 133 (1970), 327, 374.

III. Vertragspartnerbezogene tätigkeitsbezogener

Mitgliedspflichten

177

Aspekte

materiellrechtlich

gleichermaßen

der

G m b H als solcher zu. 8 4 Aus der Gläubigerschaft läßt sich insoweit also nicht ersehen, o b es sich u m eine austauschvertragliche oder eine korporationsrechtliche Pflicht handelt. Ein U n t e r s c h i e d besteht freilich darin, daß nur bei einer auf dem Gesellschaftsvertrag basierenden Pflicht neben der Gläubigerstellung der G m b H auch eine actio pro socio bzw. eine actio pro societate 8 5 eines einzelnen Gesellschafters in Betracht k o m m t , nicht aber bei einem Drittgeschäft. 8 6 Diese Befugnis ist unabhängig von ihrer Charakterisierung als prozessual 8 7 oder materiellrechtlich 8 8 jedoch nur eine Folge der Einstufung der jeweiligen Pflicht des Gesellschafters als mitgliedschaftlich oder drittgeschäftlich und nicht ihrerseits ein Qualifikationsmerkmal. A u c h wenn der Gläubigerstellung als solche somit keine hinreichende Unterscheidungskraft z u k o m m t , tastet dieser U m s t a n d den Aussagegehalt des Kriteriums, in wessen N a m e n die fragliche Tätigkeitspflicht vereinbart wurde, aber gleichwohl nicht an. D i e P r o b l e m a t i k der Vertragspartnerstellung als Abgrenzungsmerkmal ergibt sich indes daraus, daß nicht alle Vereinbarungen zwischen den G m b H - G e s e l l schaftern einen korporativen C h a r a k t e r haben. Dies betrifft z u m einen Regelungen, die außerhalb der Satzung erfolgt sind. Bei diesen sogenannten N e b e n v e r t r ä gen handelt es sich keineswegs stets u m f o r m u n w i r k s a m e korporationsrechtliche A b r e d e n . 8 9 Vielmehr k ö n n e n die Gesellschafter einer G m b H nach einhelliger Ansicht jedenfalls im Grundsatz auch dann neben der Satzung zusätzliche Vereinbarungen treffen, wenn sich die darin versprochenen Leistungen auf die G m b H beziehen. 9 0 D i e generelle Bedeutung derartiger N e b e n a b r e d e n sowie insbesondere ihr Verhältnis zur Verbandsordnung sind trotz einer vor allem in den achtziger und neunziger J a h r e n des vorigen Jahrhunderts intensiv geführten D i s 84 Zur Stellung der GmbH als Gläubigerin von Beitragsforderungen siehe etwa RG vom 1.2.1896, RGZ 36, 108, 113; RG vom 23.6.1911, RGZ 76, 434, 435; RG vom 20.10.1914, RGZ 85, 351, 352; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 20 II 4, S. 577. 85 Zum Streit um die zutreffende Terminologie vgl. Flume, Juristische Person, § 8 V, S. 301 f. 86 Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., §13 Rn. 47; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrieb, GmbHG, 17. Aufl., § 13 Rn. 34; prinzipiell anders M. Becker, Verwaltungskontrolle, S. 595 ff.; teilweise abw. auch Chr. Berger, ZHR 149 (1985), 599, 606; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 13 Rn. 18; grds. abl. Zöllner, ZGR 1988,392, 402 ff. Siehe hierzu auch oben sub § 3 IV 3 a aa. 87 OLG Düsseldorf vom 28.10.1993, ZIP 1994, 619, 621; v. Gerkan, ZGR 1988, 441, 445; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §13 Rn. 33; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 IV 1 c bb, S. 464 f.; ebenso wohl Lutter, AcP 180 (1980), 84, 136 f. 88 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 37; Flume, Juristische Person, § 8 V, S. 301 ff.; Hachenburg/Äaiser, GmbHG, 8. Aufl., § 14 Rn. 38 ff.; offenlassend Scholz/ Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 13 Rn. 45. 89 So bereits KG vom 4.5.1910, OLG Rspr. 24 (1912), 153; RG vom 21.1.1930, JW 1930, 2675, 2677. 90 Vgl. nur Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 3 Rn. 71 ff.; Baumbach/Hueck/G. Hueck/ Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §3 Rn. 57 f.; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., §3 Rn. 51 ff. Zur Frage, ob dies auch für unternehmensnotwendige Nebenpflichten gilt, siehe anschließend unten sub IV 1 a.

178

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

kussion bislang nicht abschließend geklärt. Insoweit steht lediglich fest, daß sie weder als eindeutig korporationsrechtlich zu qualifizieren sind 91 noch in die Rubrik der Drittgeschäfte von Gesellschaftern mit der G m b H fallen. 92 Zum zweiten geht es um Festlegungen, die äußerlich in den GmbH-Vertrag aufgenommen wurden. In diesem Zusammenhang ist anerkannt, daß die in der Satzung enthaltenen Absprachen nicht zwangsläufig eine korporative Rechtsnatur aufweisen. Statt dessen ist zwischen echten (materiellen) und unechten (formellen) Satzungsbestandteilen zu unterscheiden. 93 Hierbei zeichnen sich formelle Satzungsbestimmungen insbesondere dadurch aus, daß ihre Modifikation nicht den Vorschriften über die Satzungsänderung gemäß § 53 G m b H G unterliegt und etwaige Pflichten der Gesellschafter von vornherein nicht automatisch mit der Übertragung der Mitgliedschaft auf den Rechtsnachfolger übergehen. 94 Hinsichtlich des letzten Punktes besteht allerdings im Ergebnis kein Unterschied zu echten statuarischen Dienstleistungspflichten. Aufgrund ihres höchstpersönlichen Charakters nimmt man nämlich gemeinhin an, daß sie ungeachtet ihrer korporationsrechtlichen Natur ebenfalls nicht auf den Rechtsnachfolger übergeleitet werden. 95 In die Rubrik der unechten Satzungsbestandteile fallen grundsätzlich 96 auch die Anstellungsbedingungen des Gesellschafter-Geschäftsführers, die - wie soeben dargelegt - im vorliegenden Kontext allerdings keine Rolle spielen, weil es sich beim Anstellungsvertrag gerade nicht um eine Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern, sondern um eine Rechtsbeziehung zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und der G m b H handelt, wobei die G m b H in einer derartigen Situation von der Gesamtheit der Gesellschafter vertreten wird. Insoweit sei deshalb lediglich angemerkt, daß die Konstruktion eines Anstellungsvertrages dann gewisse Schwierigkeiten aufwirft, wenn die entsprechenden Regelungen bereits in die Gründungssatzung aufgenommen werden und nicht erst später im91 Zu neueren Strömungen, schuldrechtliche Nebenabreden auf die korporativen Rechte und Pflichten Einfluß nehmen zu lassen vgl. B G H vom 20.1.1983, N J W 1983, 1910, 1911; B G H vom 27.10.1986, N J W 1987, 1890, 1892; Hoffmann-Becking, Z G R 1994, 442, 458 f.; Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 146 ff.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 65 ff.; H. P. Westermann, Verhältnis von Satzung und Nebenordnungen, S. 39 ff.; restriktiv Ulmer, N J W 1987, 1849, 1851 ff.; M. Winter, Z H R 154 (1990), 259, 268 ff. 92 Vgl. Chr. Berger, Nebenverträge, S. 13; insoweit unzutreffend daher Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 278 f., der die Kategorie der Nebenabreden völlig übergeht. 93 Vgl. nur B G H vom 29.9.1954, LM § 549 Z P O Nr. 25; B G H vom 29.9.1955, B G H Z 18,205, 207 f.; B G H vom 25.10.1962, B G H Z 38, 155, 160 f.; B G H vom 28.6.1999, N J W 1999,2809,2811; Scholz/Emmerich, G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 61 ff.; Priester, DB 1979, 681 ff.; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 2 Rn. 8 f.; R o w e d d e r / Z i m m e r m a n n , G m b H G , 3. Aufl., § 53 Rn. 6 ff. 94 Scholz/Emmerich, G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 65, Priester, DB 1979, 681, 684 ff.; Winkler, D N o t Z 1969, 394 f., 397; siehe aber auch Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 177, nach dessen Ansicht es bei unechten Satzungsbestandteilen ohne weiteres zu einer rechtsgeschäftlichen Uberleitung kommt. 95 Scholz/Emmerich, G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 54; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 Rn. 50; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 105. 96 Zur Abgrenzung im einzelnen siehe unten sub IV 1 b bb (2).

III. Vertragspartnerbezogene

Aspekte

179

plantiert werden. Da die Einigung über den Anstellungsvertrag für sich genommen grundsätzlich nicht formbedürftig ist, 97 kann es bei genauer Betrachtung dazu kommen, daß sie schon vor der notariellen Beurkundung erzielt wird. Zu diesem Zeitpunkt existiert jedoch mangels Beurkundung noch keine Vorgesellschaft, sondern allenfalls eine Vorgründungsgesellschaft. 9 8 Man könnte daran denken, daß die vertragliche Einigung der Gesellschafter zwar sofort wirksam, sich aber ausschließlich auf eine noch zu gründende Gesellschaft beziehen soll. 99 Damit träte zumindest vorübergehend eine schwebende Unwirksamkeit ein. 100 Demgegenüber liegt es näher, davon auszugehen, daß die Absprachen der Gesellschafter über die Anstellungsbedingungen des Gesellschafter-Geschäftsführers nach dem Willen der Gründer überhaupt erst dann rechtlich bindend sein sollen, wenn ein formgültiger Gesellschaftsvertrag vorliegt und damit die Vorgesellschaft entstanden ist. Der Anstellungsvertrag kommt dann als Austauschvertrag zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und der von der Gesamtheit der Gründergesellschafter vertretenen Vorgesellschaft zustande. 1 0 1 Freilich wird man auch in diesem Falle für den Vertragsschluß in konstruktiver Hinsicht noch eine konkludente Genehmigung nach § 177 BGB verlangen müssen, weil die Vorgesellschaft erst mit ihrer Entstehung wirksam vertreten werden kann. 1 0 2 Jenseits des Anstellungsvertrages kann es in der Satzung jedoch auch solche unechten Bestandteile geben, bei denen die entsprechenden Vereinbarungen nicht mit der G m b H als Vertragspartner, sondern zwischen den Gesellschaftern getroffen wurden. 1 0 3 Dabei ist es durchaus möglich, daß an diesen Abreden sämtliche Gesellschafter der G m b H partizipieren, so daß eine vollständige Kongruenz z w i 9 7 B G H v o m 20.12.1993, ZIP 1994, 206, 207; R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , G m b H G , 3. A u f l . , § 35 R n . 67; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. A u f l . , A n h . § 6 R n . 2, 6. 98 Siehe nur Scholz/K Schmidt, G m b H G , 9. A u f l . , § 11 R n . 7 ff.; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 11 R n . 62 ff. 9 9 Zur Zulässigkeit des alleinigen H a n d e l n s f ü r eine k ü n f t i g e G m b H vgl. B G H vom 7.5.1984, B G H Z 91, 148, 153; in diesem Sinne f ü r eine G m b H & C o . KG auch B G H v o m 8.7.1974, B G H Z 6 3 , 4 5 , 4 8 . 100 Die Alternative besteht in einem Vertragsschluß mit der Vorgründungsgesellschaft (GbR oder O H G ) . In diesem Falle bedürfte es einer rechtsgeschäftlichen Uberleitung des gesamten Vertragsverhältnisses auf die Vorgesellschaft, weil - anders als im Verhältnis von Vorgesellschaft und G m b H - im Verhältnis von Vorgründungsgesellschaft und Vorgesellschaft keine gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge bzw. kein bloßer Rechtsformwechsel bei Wahrung der Identität stattfindet; siehe B G H vom 7.5.1984, B G H Z 9 1 , 1 4 8 , 1 5 1 ; B G H vom 7.10.1991, N J W 1992, 362, 363; B G H vom 22.6.1992, N J W 1992, 2698 f.; B G H vom 25.10.2000, N J W - R R 2001, 1042, 1043; Lütter/Hommelh o f f , G m b H G , 15. Aufl., § 11 Rn. 2; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 11 Rn. 66. 101 Z u m Fortbestehen der Verbindlichkeiten bei Eintragung der G m b H siehe nur B G H v o m 9.3.1981, B G H Z 80, 129, 140; B G H vom 10.7.2001, N J W 2001, 3702, 3703; Rowedder/fo'iiner/ Schmidt-Leithoff, G m b H G , 3. A u f l . , § 11 R n . 30; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 34 III 4 a, S. 1027 f. 102 In diesem Sinne auch Scholz/K Schmidt, G m b H G , 9. A u f l . , § 11 R n . 17. 103 Scholz/Emmerich, G m b H G , 9. A u f l . , § 3 R n . 6 1 ; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. A u f l . , § 3 R n . 55; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 3 R n . 5 1 f f . ; Priester, D B 1979, 681, 683 f.; Winkler, D N o t Z 1969, 394, 401 ff.; R o w e d d e r / Z i m m e r m a n n , G m b H G , 3. Aufl., § 53 R n . 8, 11.

180

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

sehen den an der G m b H und den an der schuldrechtlichen Absprache beteiligten Personen besteht. 1 0 4 D i e Vertragspartnerstellung als Ausgangspunkt der Ü b e r l e gungen erlaubt daher auch bei den äußerlich in die Satzung aufgenommenen R e gelungen keinen absolut sicheren Schluß auf eine korporative Nebenleistungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G . Soweit es nun um die nähere Qualifikation der nichtkorporativen Vereinbarungen geht, die unter M i t w i r k u n g der Gesellschafter zustande g e k o m m e n sind, ergeben sich - v o m Anstellungsvertrag als Grundlage der Geschäftsführerposition abgesehen - jedenfalls keine austauschvertraglichen Beziehungen zwischen der G m b H und den Gesellschaftern. Dies gilt auch für den Fall, daß der G m b H ein Anspruch gegen ein Mitglied auf eine andere Dienstleistung als die Geschäftsführertätigkeit eingeräumt wird. D a die Gesellschafter die Parteien der schuldrechtlichen A b r e d e sind, ist dies konstruktiv zwar im Wege eines Vertrages zugunsten D r i t t e r (§ 328 B G B ) ohne weiteres möglich. 1 0 5 E i n Gegenanspruch des mitarbeitenden Gesellschafters gegen die G m b H kann aufgrund der allgemeinen Unzulässigkeit von Verträgen zu Lasten D r i t t e r jedoch nicht begründet werden. 1 0 6 I m übrigen richtet sich die E i n o r d n u n g der schuldrechtlichen V e r e i n b a r u n gen z w i s c h e n den G m b H - G e s e l l s c h a f t e r n nach den allgemeinen Vorschriften. D a b e i k o m m e n n e b e n der B i l d u n g einer aus den Gesellschaftern der G m b H bestehenden G b R 1 0 7

auch austauschrechtliche

B e z i e h u n g e n in B e t r a c h t .

Die

G m b H - G e s e l l s c h a f t e r sind bei ihren Z u s a t z a b r e d e n nämlich nicht v o n v o r n herein auf R e g e l u n g e n gesellschaftsvertraglicher A r t b e s c h r ä n k t . Allerdings wird man in den Fällen, in denen an der schuldrechtlichen N e b e n a b r e d e sämtliche G m b H - G e s e l l s c h a f t e r beteiligt sind (omnilaterale Vereinbarungen) und die v o n einem G e s e l l s c h a f t e r v e r s p r o c h e n e Leistung der G m b H zugute k o m m e n soll, regelmäßig v o n der E i n i g u n g auf eine I n n e n - G b R auszugehen haben. 1 0 8 Z w a r ist es k o n s t r u k t i v durchaus m ö g l i c h , daß ein G m b H - G e s e l l s c h a f t e r den anderen eine Leistung an die G m b H verspricht, um dafür v o n ihnen eine G e genleistung zu erhalten. I m m e r h i n hat der B G H eine schuldrechtliche R e g e l u n g dreier G m b H - G e s e l l s c h a f t e r

im Sinne eines

Geschäftsbesorgungsvertrages

z w i s c h e n einem der G e s e l l s c h a f t e r und den beiden anderen ausgelegt. 1 0 9 I m allSiehe Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 3 Rn. 47. Vgl. RG vom 24.10.1913, RGZ 83, 216, 219; RG vom 21.1.1930, JW 1930, 2675, 2677; BGH vom 8.2.1993, ZIP 1993, 432, 433; Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., §3 Rn. 72a; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §3 Rn. 57; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 121; Rowedder/Zimmermann, GmbHG, 3. Aufl., § 53 Rn. 11. 106 Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 123; im Erg. auch Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 91. 107 Zur grds. Möglichkeit vgl. Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 3 Rn. 72a; Baumbach/ Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §3 Rn. 58; Joussen, Gesellschafterabsprachen, S. 59 ff.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 47 ff. 108 Generell ebenso Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 116. 109 BGH vom 14.6.1965, WM 1965, 1076, 1077 f. 104

105

III. Vertragspartnerbezogene

Aspekte

181

gemeinen spricht aber alles dafür, daß die GmbH-Gesellschafter bei ihrer Zusatzvereinbarung den gemeinsamen Zweck der Förderung der G m b H verfolgen. Die - nichtkorporative - Zusage einer Mitarbeit unterhalb der Geschäftsführungsebene stellt damit im Regelfall eine Beitragspflicht im Rahmen der zwischen den GmbH-Gesellschaftern gebildeten GbR dar (§ 706 Abs. 3 BGB). Mit Hilfe einer solchen Vertragsgestaltung können die Gesellschafter ihrer G m b H in einer durch sie selbst erzwingbaren Weise die eigene Arbeitskraft rechtsverbindlich zuführen, ohne einerseits den umständlichen Weg der Einführung statuarischer Nebenleistungspflichten gehen zu müssen oder andererseits darauf angewiesen zu sein, daß sich die Geschäftsführung z u m Abschluß und zur Durchführung eines Drittvertrages bereitfindet. Dies gilt auch dann, wenn der G m b H ein eigener Anspruch auf die Tätigkeit zustehen soll. Gegen die grundsätzliche Zulässigkeit eines Gesellschaftsvertrages zugunsten Dritter bestehen zumindest in der vorliegenden Gestaltung keine Bedenken. 1 1 0 Von einer GbR ist auch bei einer Vereinbarung über das Leisten von Diensten z w i schen den beiden Gesellschaftern einer Zweipersonen-GmbH auszugehen. Indem mit der G m b H ein verbandlicher Zweck existiert, sind darauf bezogene schuldrechtliche Vereinbarungen, an denen alle Verbandsmitglieder partizipieren, regelmäßig dahin zu deuten, daß es den Gesellschaftern um das gemeinsame Ziel geht, den Verbandszweck zu unterstützen, wobei sie zwar aus Vereinfachungsgründen einen Weg außerhalb des Korporationsrechts gewählt haben, damit aber nicht das Kooperationsrecht insgesamt verlassen wollten. Sofern dagegen aus einer Mehrzahl von GmbH-Gesellschaftern nur zwei an einer derartigen Nebenabrede beteiligt sind, läßt sich allein aus diesem Umstand nicht herleiten, daß sie eine GbR zur Förderung des Verbands bilden wollen. In einer solchen Konstellation muß deshalb anhand anderer Kriterien ermittelt werden, ob eine gesellschaftsvertragliche oder eine austauschrechtliche Tätigkeitsbeziehung vorliegt. Nach alledem bestimmt sich die Grenze zwischen Gesellschafts- und Austauschvertragsrecht in Fällen mit GmbH-rechtlichem Einschlag nicht danach, ob eine Mitarbeitspflicht innerhalb oder außerhalb der Satzung niedergelegt ist. Die Aufnahme in die Satzung ist freilich insoweit von Bedeutung, als eine Nebenleistungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G nur bei einer satzungsmäßigen Grundlage wirksam entstehen kann, während es bei einer Regelung außerhalb des notariellen Vertrages lediglich zu einer personengesellschaftsrechtlichen Grundlage für die Mitarbeit eines GmbH-Gesellschafter kommen kann. Dies bedeutet zugleich, daß mit der Abgrenzung zwischen echten und unechten Satzungsbestandteilen nicht zugleich über die Grenze zwischen gesellschaftsrechtlicher und austauschvertraglicher Leistungspflicht entschieden wird. Auch eine als unechter Bestandteil der Satzung einzustufende tätigkeitsbezogene Regelung kann nach dem Gesagten wenn auch keinen korporativen, so doch ohne weiteres 110

Siehe auch R G v o m 15.5.1936, R G Z 151, 321, 325.

182

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

einen personengesellschaftsrechtlichen Charakter aufweisen. Eine - freilich bedeutsame - Ausnahme gilt für den erwähnten Anstellungsvertrag mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer, der üblicherweise den Charakter eines echten austauschrechtlichen Drittvertrages hat, weil außerhalb einer Verankerung als echter Satzungsbestandteil nur auf diesem Wege ein Vergütungsanspruch des Gesellschafter-Geschäftsführers gegen die G m b H begründet werden kann. Ferner ist noch einmal in Erinnerung zu rufen, daß bei der Einstufung unklarer Beschäftigungsverhältnisse nicht nur an eine Qualifikation als Gesellschafts- oder als Austauschbeziehung zu denken ist. Vielmehr kommt zusätzlich eine Verbindung in dem Sinne in Betracht, daß eine Dienstleistung sowohl dem Kooperations- als auch dem Austauschrecht zugeordnet werden kann. 1 1 1 Für eine solche Koppelung von Rechtsverhältnissen bedarf es indes hinreichend deutlicher Anhaltspunkte in den Vereinbarungen der Beteiligten. Von einer derartigen Verknüpfung zu unterscheiden ist schließlich eine A b grenzungsproblematik, die sich aus der oben erwähnten Gläubigerstellung der G m b H bei satzungsrechtlichen Mitarbeitspflichten unterhalb der Geschäftsführungsebene und gegebenenfalls auch bei dahingehenden schuldrechtlichen G e sellschafterabreden ergeben kann. Wenn der Geschäftsführer einen der Gesellschafter zur Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit auffordert, kann es nämlich im nachhinein vor allem bei umfangreicheren Dienstleistungen streitig werden, ob die Arbeit lediglich im Rahmen der bereits vorhandenen Rechtsverhältnisse erbracht wird oder ob ein zusätzlicher Vertrag zwischen dem Gesellschafter und der durch den Geschäftsführer vertretenen G m b H konkludent zustande gekommen ist. Diese Unterscheidung ist vor allem deshalb bedeutsam, weil bei einem tätigkeitsbezogenen Drittgeschäft ein - den Gewinn der G m b H mindernder - Vergütungsanspruch des mitarbeitenden Gesellschafters gemäß § 612 B G B bestehen kann 1 1 2 . Für einen solchen Fall ist davon auszugehen, daß ein Gesellschafter seine Dienste im Zweifel auf der Basis der schon existierenden Rechtsgrundlagen leistet. Eine andere Beurteilung ist grundsätzlich nur dann angezeigt, wenn die Tätigkeiten nach Art oder Umfang den durch die Satzung bzw. die schuldrechtlichen Gesellschafterabreden gesteckten Rahmen überschreiten und demzufolge keine hinreichende Grundlage für die erbrachten Dienstleistungen mehr bieten.

2. Sonstiges

Körperschaftsrecht

Für die sonstigen Körperschaftsformen mit der Möglichkeit mitgliedschaftlicher Mitarbeit (Genossenschaft, Verein) 1 1 3 gelten im Prinzip dieselben Grundsätze wie im Bereich der G m b H . Allerdings ist die Diskussion bei diesen Rechtsformen weniger weit vorangeschritten. 111 112 113

Vgl. dazu eingehend oben sub § 3 I V 3. Siehe hierzu unten sub § 9 I 2. Vgl. hierzu oben § 3 II 2 b u. c.

III. Vertragspartnerbezogene

Aspekte

183

Bei der Genossenschaft können genossenschaftsrechtliche Tätigkeitspflichten nur im Statut festgelegt werden. Hierfür ist eine entsprechende Einigung der Genossen bei der Gründung oder ein Anderungsbeschluß auf einer späteren Generalversammlung 1 1 4 erforderlich. Drittverträge werden dagegen zwischen den Genossen und der Genossenschaft als solcher abgeschlossen. Auch wenn der Anspruch auf die Erbringung von Diensten sowohl bei austauschvertraglichen Drittgeschäften als auch bei mitgliedschaftlichen Pflichten in beiden Fällen der Genossenschaft zusteht, 1 1 5 lassen die Unterschiede zwischen den Beteiligten bei der Begründung der Tätigkeitspflichten doch eindeutig erkennen, welcher Grundform die jeweilige Mitarbeit zuzuordnen ist. Im Hinblick auf die Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds, das gleichzeitig Genosse ist, geht das Schrifttum offenkundig davon aus, daß nur ein austauschrechtlicher Anstellungsvertrag mit der vom Aufsichtsrat vertretenen 1 1 6 - Genossenschaft möglich ist, nicht aber eine statuarische Dienstleistungspflicht. 1 1 7 Demgemäß können sich anders als bei der G m b H von vornherein keine Unklarheiten über die Rechtsgrundlage der Dienste ergeben. Schließlich spielen schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Genossen innerhalb und außerhalb des Statuts bislang soweit ersichtlich keine praktische Rolle, so daß auch insoweit keine Qualifikationsfragen auftreten. Beim Verein, der hier nur am Rande erwähnt werden soll, können vereinsrechtliche Arbeitspflichten ebenfalls nur auf die von den Vereinsmitgliedern ursprünglich festgestellte oder später entsprechend geänderte Satzung gestützt werden. 118 Für austauschvertragliche Beziehungen bedarf es einer Vereinbarung zwischen dem Mitglied und dem Verein als solchem. Haben der Verein und ein einzelnes Mitglied eine Tätigkeitsabrede getroffen, ohne daß die Satzung eine entsprechende Leistungspflicht vorsieht, liegen die Dienste eindeutig außerhalb des mitgliedschaftlichen Rahmens. 1 1 9 Allerdings erfolgt der Beitritt zu einem Verein in gleicher Weise durch eine Einigung zwischen dem Beitrittswilligen und dem - durch den Vorstand vertretenen - Verein. 120 Wenn es beispielsweise in der Erklärung eines bislang Außenstehenden lediglich heißt, daß er künftig die Vereinsräume säubern wolle und der Vorstand namens des Vereins diesem Ansinnen deshalb zustimmt, weil die Satzung eine entsprechende Mitarbeitspflicht von Zur Ä n d e r u n g des Statuts siehe § 16 GenG. Zur Gläubigerstellung der Genossenschaft im H i n b l i c k auf B e i t r a g s f o r d e r u n g e n K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 2 0 II 4, S. 577; in diesem Sinne auch R G v o m 5.7.1929, R G Z 125, 1 9 6 , 2 0 1 f. 116 § 3 9 GenG. 117 Vgl. K. Müller, G e n G , 2. A u f l . , § 24 R n . 35. 118 A u c h Vereinssatzungen k ö n n e n aber unechte Bestandteile enthalten; siehe B G H vom 4.10.1956, B G H Z 21, 370, 373. 119 Vgl. L A G Stuttgart v o m 17.11.1977, A r b u R 1978, 125, 126. Die Kritik von Grunsky, aaO., 126 ff., betrifft die umstrittene E i n o r d n u n g der Tätigkeit (Sport) als Arbeitsverhältnis, nicht aber die A b l e h n u n g einer vereinsrechtlichen Einstufung d u r c h das L A G Stuttgart. 120 B a y O b L G v o m 24.3.1972, N J W 1972, 1323; B G H v o m 29.6.1987, B G H Z 101, 193, 196; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 13. A u f l . , § 3 8 R n . 7; Reichert, H a n d b u c h , 7. A u f l . , R n . 623; M ü n c h K o m m B G B / R e u t e r , 4. A u f l . , § 38 R n . 58. 114

115

184

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

Mitgliedern vorsieht, läßt sich allein an H a n d der Beteiligten somit nicht ermitteln, o b ein schlichtes Außengeschäft oder eine A u f n a h m e in den Verein zustande gekommen ist. In einer solchen Konstellation m u ß folglich auf sonstige U m s t ä n de zurückgegriffen werden, um den Inhalt des Rechtsgeschäfts zu ermitteln. H i e r f ü r lassen sich spezielle, gerade auf die Abgrenzung von Mitgliedsbeziehung und tätigkeitsbezogenem Austauschvertrag nicht aufstellen. M a n wird j e d o c h die Auslegungsregel aufstellen können, daß es aufgrund der umfassenderen Folgen einer Vereinsmitgliedschaft für den Beschäftigten im Zweifel bei einem schlichten Außengeschäft des Vereins verbleibt. Falls der B e t r o f f e n e bereits Mitglied ist, zeigt eine zusätzliche rechtsgeschäftliche A b r e d e zwischen ihm und dem Verein demgegenüber auch beim Vorhandensein einer statuarischen Mitarbeitspflicht zuverlässig an, daß ein echter Drittvertrag, mindestens aber ein Ausführungsvertrag 1 2 1 vorliegt. Angesichts der gerade in Vereinen häufig nur geringen F o r m a l i sierung der Rechtsbeziehungen kann freilich gerade zweifelhaft sein, o b entsprechende Erklärungen der Vereinsleitung auf ein neben der Mitgliedschaft stehendes Rechtsgeschäft abzielen oder nur einen Hinweis auf die satzungsrechtlichen B e s t i m m u n g e n über eine (ehrenamtliche) Tätigkeit enthalten. D a b e i ist in dieser Gestaltung davon auszugehen, daß ein Mitarbeiter, der schon die Stellung eines Vereinsmitglieds innehat und deshalb die statuarischen Regelungen kennt oder zumindest kennen muß, zu verdeutlichen hat, wenn er eine gegenständlich an sich unter die einschlägigen Satzungsvorschriften fallende Tätigkeit auf eine andere rechtliche Grundlage stellen will. Wie ein vom O L G K ö l n entschiedener Fall zur A b g r e n z u n g zwischen der W a h r n e h m u n g eines Vereinsamtes und einem Werkvertrag bei umfangreichen Architektenleistungen zeigt, 1 2 2 sind entsprechende E i n o r d n u n g s p r o b l e m e keineswegs nur theoretischer Natur.

3.

Personengesellschaftsrecht

Im Personengesellschaftsrecht besteht eine auf den ersten B l i c k vergleichbare Ausgangslage. A u c h bei diesen R e c h t s f o r m e n kann die Unterscheidung zwischen gesellschaftsvertraglichen

und

austauschrechtlichen

Dienstleistungspflichten

grundsätzlich danach erfolgen, o b der Mitarbeit eine Vereinbarung der Gesellschafter untereinander oder eine Einigung zwischen einem Beschäftigten und der Gesellschaft als solcher zugrunde liegt. 1 2 3 Insoweit ist bereits dargelegt worden, daß es in sämtlichen Außengesellschaften im Grundsatz möglich ist, daß ein Siehe dazu oben sub § 3 V (Typ III/l oder II/l). OLG Köln vom 18.10.1989, OLGZ 1990, 233 ff. 123 So grds. auch BGH vom 11.7.1962, WM 1963, 486, 488; Bork, AcP 184 (1984), 465, 474; Pauli, Eigenkapital, S. 183; Riegger, DB 1983, 1909; zur Differenzierung ferner Grewe, Die rechtliche Stellung, S. 10; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 217. Undeutlich Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 110 Rn. 22, § 114 Rn. 8, der von der Möglichkeit spricht, daß die Gesellschafter einen selbständigen Dienstvertrag mit dem Geschäftsführer abschließen. In der Sache dürfte indes ein Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer gemeint sein. 121

122

III. Vertragspartnerbezogene Gesellschafter einen Mitarbeitervertrag

Aspekte

mit seiner eigenen Gesellschaft

185 ab-

schließt. 1 2 4 Dies gilt sowohl für die O H G und die K G als auch für die als A u ß e n gesellschaft strukturierte G b R . A u c h wenn die Gesamthand als solche nicht nur bei einem Anspruch aus einem Drittgeschäft, sondern auch bei einem Beitragsanspruch die Gläubigerstellung innehat 1 2 5 , so daß aus der Rechtszuständigkeit für sich g e n o m m e n weder auf die eine n o c h auf die andere Einstufung einer T ä t i g keitspflicht geschlossen werden kann, 1 2 6 ändert dies nichts an der prinzipiellen Verschiedenheit der Vertragsparteien. 1 2 7 Es kann daher nicht überzeugen, wenn Teile der Literatur

128

diesen A s p e k t aus ihren Betrachtungen zur A b g r e n z u n g s -

problematik vollständig ausblenden. 1 2 9 D i e Differenzierung nach der Person des Vertragspartners versagt indes von vornherein zwar nicht bei allen Zweipersonengesellschaften, 1 3 0 w o h l aber dann, wenn es bei einer solchen Gesellschaft im Sinne der oben 1 3 1 an erster Stelle erwähnten Grundkonstellation unklar ist, ob ein Mitarbeiter überhaupt Gesellschafter ist oder o b er lediglich auf der Grundlage eines Austauschvertrages tätig wird. E i n e solche Gestaltung kann zunächst bei der O H G v o r k o m m e n . Allerdings setzt diese Gesellschaftsform nicht nur voraus, daß überhaupt eine mitgesellschafterliche Stellung beim Betreiben eines Handelsgewerbes angestrebt wird. Vielmehr m u ß darüber hinaus ein auf ein gemeinsames Auftreten nach außen gerichteter Wille vorliegen. 1 3 2 Sofern das häufig leichter feststellbare M e r k m a l des Zieles fehlt, im Außenverhältnis gemeinsam zu handeln, scheidet jedenfalls eine O H G als gesellschaftsrechtlicher R a h m e n der Dienstleistung aus. In einem solchen Falle k o m m t aber immer n o c h eine ( I n n e n - ) G b R oder eine stille Gesellschaft in Betracht. D a b e i belegen die zahlreichen Fälle aus der Rechtsprechung, daß vor allem im Verhältnis von stiller Gesellschaft und ( I n n e n - ) G b R auf der eiVgl. dazu oben sub § 3 IV 1 a mit umfangreichen Nachweisen. Zur Gläubigereigenschaft in Bezug auf Beitragsforderungen siehe etwa R O H G vom 12.2.1879, R O H G 25, 158, 162; B G H vom 9.5.1974, NJW 1974, 1555, 1556; B G H vom 19.12.1974, B G H Z 63, 338, 339; Fiume, Z H R 136 (1972), 177, 181 f.; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 1 8 I u. II 2, S. 257 ff.; Kollhosser, Z H R 129 (1967), 121, 136; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §§ 19 III 2, 3 u. 20 II 4, S. 555 ff. u. 577. 126 Ähnlich A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 18 I, S. 259: Bei Beteiligung der O H G auf der einen und eines Gesellschafters auf der anderen Seite einer Rechtsbeziehung keine Vermutung für Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis. 127 In diesem Sinne auch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 279 f. 124

125

128

Vgl. G. Hueck, DB 1962, 1363, 1366 f.; Priester, DB 1975, 1878, 1879 f.

Insoweit krit. auch Riegger, D B 1983, 1909 Fn. 10. In diesem Sinne aber Bork, AcP 184 (1984), 465, 475; Klingberg, Mitarbeitende Kommanditisten, S. 46, die dabei jedoch übersehen, daß auch bei einer (eindeutig bestehenden) bloßen Zweipersonen-Außengesellschaft hinsichtlich der Vertragsparteistellung ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem Gesellschaftsvertrag (Vereinbarung der beiden Gesellschafter untereinander) und einem Drittgeschäft (Abrede zwischen der Gesellschaft als solcher auf der einen und einem Gesellschafter auf der anderen Seite) besteht. Freilich wird es gerade bei einer Zweipersonengesellschaft häufig unklar bleiben, wer Vertragspartner sein sollte. 131 Siehe oben sub I. 132 Siehe nur Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 105 Rn. 32. 129

130

186

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

nen und tätigkeitsbezogenem Austauschvertrag auf der anderen Seite immer wieder Abgrenzungsprobleme auftreten. 1 3 3 Das Kriterium des Vertragspartners hat in diesen Konstellationen freilich nur einen eingeschränkten Wert. Sofern lediglich zwei Beteiligte betroffen sind, sagt die Vertragspartnerstellung für sich genommen nämlich nichts darüber aus, ob ein Zweipersonengesellschaft oder eine zwischen diesen Personen bestehende Austauschbeziehung intendiert war. In beiden Gestaltungen handelt es sich notwendig um dieselben Parteien. Ein weiteres Problem erwächst daraus, daß bei Personengesellschaften sämtliche Gesellschafter häufig auch gleichzeitig als Organe 1 3 4 tätig sind und es deshalb bei einem gemeinsamen Auftreten zu Unklarheiten darüber kommen kann, in welcher Funktion sie gehandelt haben. 1 3 5 Im vorliegenden Zusammenhang wirft dieser Umstand beispielsweise dann Schwierigkeiten auf, wenn bereits eine G e sellschaft existiert und es nunmehr darum geht, ob ein hinzutretender Mitarbeiter Mitgesellschafter oder Austauschvertragspartner geworden ist. Zwar ist es im Grundsatz klar, daß eine eventuelle Aufnahme in den Gesellschafterkreis eine Änderung des Gesellschaftsvertrages darstellt und deshalb die bisherigen Gesellschafter Vertragspartner sind. 1 3 6 Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Entscheidung über die Aufnahme eines neuen Beteiligten in die Hände eines Gesellschafters gelegt wird. 1 3 7 Demgegenüber bildet der Austauschvertrag eine Außenbeziehung der Gesellschaft als solcher. Bei einer klaren Verselbständigung der Personengesellschaft, wie es bei der O H G der Fall ist, dürften sich deshalb nur selten Zweifel darüber ergeben, ob die O H G selbst Partei ist oder ob statt dessen die einzelnen O H G - G e s e l l s c h a f t e r an der Abrede beteiligt sind. Bei einer G b R kann die Situation für den Fall, daß alle Gesellschafter auftreten, aber durchaus verschwommen sein. Entscheidend ist dann grundsätzlich, ob sie als Gesellschafter ihre Grundlagenkompetenz zur Änderung des Gesellschaftsvertrages wahrnehmen oder als Organe der G b R handeln. 1 3 8 Freilich wird diese Unterscheidung zumindest dann partiell unterlaufen, wenn man mit einem Teil der Rechtspre-

1 3 3 Vgl. K G vom 10.10.1928, J F G Bd. 6 (1928), 207, 211; R G vom 10.10.1933, R G Z 142, 13, 16 ff.; B G H vom 22.11.1965, N J W 1966, 501; siehe auch die umfangreiche finanzgerichtliche Judikatur (Nachweise oben in § 4 I Fn. 13). 134 Im Sinne einer die Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis und die Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis umfassenden Stellung; vgl. zur G b R §§709, 714 B G B , zur O H G § § 1 1 4 , 125 H G B . 1 3 5 In diese Richtung auch Klang/Gschnitzer/Wahle, A B G B , 2. Aufl., § 1175 Anm. V I I I 2 a. E. 1 3 6 Siehe nur R G vom 14.7.1902, R G Z 5 2 , 1 6 1 , 1 6 2 ; R G vom 15.1.1918, R G Z 9 1 , 4 1 2 , 4 1 3 ; R G vom 5.2.1921, J W 1921, 1239; R G vom 4.3.1930, R G Z 128,172, 176; O G H vom 7.7.1949, O G H Z 2, 253, 256; B G H vom 6.2.1958, B G H Z 26, 330, 333; K G vom 25.11.1999, ZIP 2000, 268, 269; Düringer/Hachenburg/F/ecAfÄeiwj, H G B , 3. Aufl., § 130 Anm. 7; Wiedemann, W M 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 6; vgl. ferner Art. 26 Abs. 1 E W I V - V O . 1 3 7 R G vom 4.3.1930, R G Z 128, 172, 176 f.; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 27 I 1 c, S. 392. Zur Zulässigkeit einer solchen Verlagerung der Entscheidungskompetenz siehe R G vom 5.2.1918, R G Z 92, 163,166 f. 138 Ähnlich Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 280.

III.

Vertragspartnerbezogene

Aspekte

187

chung die Ermächtigung eines Gesellschaftsorgans zur Aufnahme neuer Gesellschafter in eigenem Namen anerkennt, 1 3 9 mag sich an der Zuordnung der auf diesem Wege entstehenden rechtlichen Beziehungen zum Innenrecht der Vereinigung auch nichts ändern. Erlauben die soeben beschriebenen Umstände noch keine klare Differenzierung, muß auf andere Kriterien zurückgegriffen werden. Dabei lassen sich insoweit durchaus die Äußerungen nutzbar machen, die sich im Zusammenhang mit der Abgrenzung von gesellschafterlicher und arbeitsvertraglicher Tätigkeit finden. Für die grundsätzliche Frage, ob die Beteiligten die Mitarbeit in ein kooperations- oder ein austauschvertragliches Rechtskleid fassen wollten, spielt es nämlich keine Rolle, ob es sich bei der in Aussicht genommenen austauschrechtlichen Beziehung um einen Arbeits- oder einen Dienstvertrag handelt. 1 4 0 Hierbei ist die räumliche Einbeziehung der fraglichen Mitarbeitspflicht in einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag als ein wichtiges Indiz für den Willen der Beteiligten anzusehen, damit eine Beitragsleistung und nicht einen eigenständigen Dienstvertrag zu regeln. 1 4 1 Dies ist zwar rechtlich nicht zwingend, weil es den Gesellschaftern unbenommen bleibt, sich anläßlich der Gesellschaftsgründung sogleich auf ein Drittgeschäft zu einigen. 1 4 2 Darüber hinaus sind auch bei Personengesellschaften unechte (formelle) Gesellschaftsvertragsbestandteile in dem Sinne denkbar, daß sie nicht mit der Mitgliedschaft als solcher verbunden sind, sondern lediglich Bindungen der Gesellschafter untereinander, möglicherweise auch zugunsten der Gesellschaft (§ 328 B G B ) , außerhalb des eigentlichen Gesellschaftsvertrages erzeugen. 1 4 3 Wenn die Gesellschafter mit der Entscheidung für eine schriftliche Fixierung ihres Zusammenschlusses aber eine gewisse Formalisierung ihrer gesellschaftsrechtlichen Beziehungen vornehmen, spricht vieles dafür, daß die Implementierung einer Tätigkeitspflicht am Charakter der Gesamtregelung teilhaben

1 3 9 Vgl. B G H vom 14.11.1977, N J W 1978, 1000; O L G Celle vom 20.1.1999, ZIP 1999, 1128, 1131; insoweit unklar O G H vom 7.7.1949, O G H Z 2, 253, 256; siehe dazu bereits oben sub § 3 IV 1 a. 1 4 0 Das Problem des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs stellt sich erst dann, wenn die Parteien für eine Dienstleistung, die „an sich" die Statusmerkmale eines Arbeitsverhältnisses erfüllt, eine gesellschaftsvertragliche Grundlage gewählt haben, ist der an dieser Stelle allein interessierenden Thematik der Abgrenzung von Kooperations- und Austauschrecht also nachgelagert. Zum arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang näher unten sub § 6 III 1 u. VI. 141 O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 344, 345; Klingberg, Mitarbeitende Kommanditisten, S. 46; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 42; Priester, D B 1975, 1878, 1880; generell auch MünchKommBGB/i7/iner, 3. Aufl., § 7 0 6 Rn. 4; ebenso zu Gestaltungen mit arbeitsrechtlichem Einschlag B A G vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 Z P O (unter II 1); B A G vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu § 161 H G B (unter 1) mit insoweit zust. Anm. von Wiedemann (unter 1 b); Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 39; Wiedemann/WloM, RdA 1977, 13, 22; abschwächend aber Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S.279; Herrmann, RdA 1989, 313, 320; G. Hueck, D B 1962, 1363, 1366 f.; Kastner, ZAS 1970, 18, 20. 1 4 2 Vgl. G. Hueck, D B 1962, 1363, 1367; Klingberg, Mitarbeitende Kommanditisten, S.46; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 42. 143 Vgl. B G H vom 1.12.1969, W M 1970, 246, 247 (KG); Priester, D B 1979, 681.

§ 5 Gesellscbaftsrechtlicher

188

Blickwinkel

soll. 1 4 4 Das gilt erst recht, wenn detaillierte B e s t i m m u n g e n über die Mitarbeit in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen w u r d e n . 1 4 5 D e s weiteren meint man im Schrifttum, aus dem U m s t a n d , o b die Tätigkeit auch für den Fall gewollt sei, daß die Mitgliedschaft endet, auf einen gesonderten Vertrag mit der Gesellschaft schließen zu k ö n n e n . 1 4 6 Zwar wird damit der Sache nach ein M e r k m a l ü b e r n o m men, daß im Körperschaftsrecht nicht der A b g r e n z u n g von Gesellschafts- und Austauschvertragsrecht dient, sondern der Differenzierung zwischen k o r p o r a tiven und schuldrechtlichen Gesellschaftervereinbarungen 1 4 7 .

G l e i c h w o h l er-

scheint die Feststellung eines derartigen Willens der Beteiligten als Hilfskriterium brauchbar, um zwischen gesellschafterlicher und austauschvertraglicher Mitarbeit zu unterscheiden. F e r n e r bleibt es den Gesellschaftern u n b e n o m m e n , jenseits ihrer in einer bestimmten U r k u n d e verbrieften gesellschaftsrechtlichen Verbindung untereinander weitere (schuldrechtliche) Vereinbarungen zu treffen. F ü r die Qualifikation derartiger Regelungen gilt im G r u n d s a t z dasselbe wie bei entsprechenden A b r e den zwischen G m b H - G e s e l l s c h a f t e r n . 1 4 8 Aufgrund der im Vergleich z u m K ö r perschaftsrecht erheblich niedrigeren Anforderungen an den A b s c h l u ß und die Änderung von Gesellschaftsverträgen ist die praktische Bedeutung solcher Vereinbarungen aber geringer. Wenn die Beteiligten meinen, daß ihre bisherigen gesellschaftsvertraglichen Regelungen den von ihnen verfolgten Z w e c k e n nicht mehr genügen, k ö n n e n sie diesen Vertrag selbst problemlos jederzeit den geänderten Gegebenheiten anpassen. F ü r eine neben dem eigentlichen Gesellschaftsvertrag stehende N e b e n o r d n u n g , die gegebenenfalls

Qualifikationsprobleme

auslöst, besteht deshalb nur ein geringes Bedürfnis. Soweit es u m die erstmalige Festlegung einer Dienstleistungspflicht eines G e sellschafters nach der G r ü n d u n g der Gesellschaft geht, variiert die Ausgangslage. E i n e gesellschaftsvertragliche

Pflicht setzt als Vermehrung von

Leistungen

grundsätzlich gemäß § 707 B G B die M i t w i r k u n g des B e t r o f f e n e n voraus. 1 4 9 Bei einem tätigkeitsbezogenen Drittgeschäft m u ß der Gesellschafter zwar als Vertragspartner beteiligt sein. A u f Seiten der Gesellschaft besteht für ihn aber im G r u n d s a t z bei der innergesellschaftlichen Willensbildung ein Stimmrechtsaus-

144 Wenig einleuchtend die von Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 147 f., vorgenommene Differenzierung, nach der nur bei Kommanditisten, nicht aber bei den sonstigen Gesellschaftern einer O H G / K G die Regelung der Mitarbeit im Gesellschaftsvertrag ein Indiz für den gesellschaftsvertraglichen Charakter sein soll. 145 Nach G. Hueck, D B 1962, 1363, 1367, handelt es sich insoweit nur um eine „Faustregel".

146

So Herrmann, RdA 1989, 313, 320.

Vgl. R G vom 31.1.1930, J W 1930, 2675, 2677; R G vom 22.6.1940, H R R 1940, Nr. 1204; B G H vom 29.9.1969, DB 1969, 2127, 2129; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastnch, GmbHG, 17. Aufl., § 3 Rn. 56. 148 Siehe hierzu oben sub 1. 1 4 9 Die Erhöhung von Beiträgen durch Mehrheitsbeschluß aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. 147

III. Vertragspartnerbezogene

Aspekte

189

Schluß 150 sowie im Außenverhältnis ein Vertretungsverbot (§ 181 BGB) 1 5 1 . Hat sich der betroffene Gesellschafter an diese Regeln gehalten, erlaubt die Verfahrensweise einen Rückschluß auf den Charakter der Tätigkeitspflicht als Drittvertrag. Aus einer Mitwirkung des Gesellschafters kann indes nicht zwingend geschlossen werden, daß kein Austauschvertrag intendiert ist. Zum einen kann das Vertretungsverbot gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen werden. 1 5 2 Zum anderen ist es durchaus denkbar, daß der betroffene Gesellschafter bewußt oder unbewußt gegen das Gebot des Stimmrechtsausschlusses verstoßen hat. In diesem Falle kann der entsprechende Beschluß zwar grundsätzlich nichtig sein, 153 wobei die Nichtigkeit mangels eines schutzwürdigen Vertrauens auch einem im Außenverhältnis abgeschlossenen Drittvertrag entgegengesetzt werden könnte. Alles dies ist aber nur eine Folge der Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung als austauschrechtliches Drittgeschäft. Ein eigenständiges Abgrenzungskriterium zwischen mitgliedschaftlicher und austauschvertraglicher Dienstpflicht kann daraus nicht hergeleitet werden. Immerhin bildet die Existenz einer besonderen Regelung über die Mitarbeit außerhalb der Gesellschaftsvertragsurkunde entsprechend den obigen Überlegungen ein wichtiges Indiz für eine austauschrechtliche Beziehung. 1 5 4 Insoweit muß man sich allerdings darüber im klaren sein, daß es auch bei einer solchen Gestaltung letztlich darauf ankommt, ob es sich um einen zwischen den Gesellschaftern vereinbarten Annex zum Gesellschaftsvertrag handelt oder ob zwischen der Gesellschaft und einem ihrer Gesellschafter eine entsprechende Abrede zustande gekommen ist. Nach dem soeben Gesagten scheint die Differenzierung jedenfalls dann unproblematisch zu sein, wenn an der Vereinbarung mit einem - zuvor außenste150 Flume, Personengesellschaft, § 14 IX, S. 248 ff.; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. A u f l . , § 7 0 9 R n . 29; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. A u f l . , § 119 Rn. 8; S t a u d i n g e r / K e ß l e r , B G B , 12. A u f l . , § 709 R n . 9; Lockowandt, S t i m m r e c h t s b e s c h r ä n k u n g e n , S. 49 ff.; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. A u f l . , § 1 1 9 Rn. 40; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 2 1 II 2 a aa, S . 6 1 0 ; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , § 709 R n . 64; ders., in: G r o ß k o m m . H G B , 4. A u f l . , § 119 R n . 66; Erman///. P. Westermann, B G B , 10. A u f l . , § 709 R n . 26; Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 193 f.; e t w a s schwächer Düringer/Hachenburg/F/ec^t/w'm, H G B , 3. A u f l . , § 119 A n m . 3: „in der Regel"; a. A. RGRK/^. Gamm, B G B , 12. A u f l . , § 709 R n . 13; A. Hueck, in: FS H e y m a n n , Bd. II (1931), S. 700, 710 f.; ders., O H G , 4. A u f l . , § 11 III 2, S. 170 f.; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 61 f.; w o h l auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 I 4 b aa, S. 422. Bei der A u s g e s t a l t u n g des Dienstvertrages mit e i n e m G m b H - G e s e l l s c h a f t e r - G e s c h ä f t s f ü h r e r lehnt die h. M . trotz § 47 Abs. 4 S. 2 G m b H G einen Stimmrechtsausschluß indes ab; siehe d a z u noch unten sub § 6 IV 3 b bb. 151 Sothel/Hadding, B G B , 12. A u f l . , § 714 R n . 24; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , § 714 R n . 21; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. A u f l . , § 714 R n . 6. 152 M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , § 7 1 4 R n . 2 1 ; E r m a n / H . P. Westermann, BGB, 10. A u f l . , § 7 1 4 R n . 6. 153 Vgl. Soergel /Hadding, B G B , 12. A u f l . , § 7 0 9 R n . 4 4 f . ; M ü n c h K o m m B G B / W ? n e r , 3. A u f l . , § 709 R n . 89a. 154 So auch Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 279 Fn. 49; G. Hueck, DB 1962, 1363, 1366; Priester, D B 1975, 1878, 1880; nur bei K o m m a n d i t i s t e n Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 148; z u r ü c k h a l t e n d Klingberg, M i t a r b e i t e n d e K o m m a n ditisten, S. 46.

190

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

henden - Mitarbeiter nicht alle Gesellschafter beteiligt sind, weil einzelne Gesellschafter grundsätzlich nur als O r g a n e der Gesellschaft auftreten können. Diese äußerlich verhältnismäßig klare Unterscheidung wird freilich dadurch relativiert, daß man es für zulässig hält, ein Gesellschaftsorgan zumindest in bestimmten Fällen zu ermächtigen, mitgliedschaftliche Regelungen zu treffen. 1 5 5 E s ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, auf diesem Wege mit einem Gesellschafter oder auch mit einem Beitrittswilligen (nach dessen A u f n a h m e in die Gesellschaft) beitragsrechtliche Tätigkeitspflichten zu begründen. 1 5 6 Sofern man in einem derartigen Falle davon ausgeht, daß das O r g a n im N a m e n sämtlicher Gesellschafter handelt, 1 5 7 ergibt sich zwar aus diesem U m s t a n d n o c h vergleichsweise eindeutig der gesellschaftsvertragliche Charakter der Vereinbarung. 1 5 8 L ä ß t man dagegen ein Handeln im N a m e n der Gesellschaft als solcher zu, 1 5 9 kann zumindest nicht mehr anhand des Vertragspartnerkriteriums ermittelt werden, o b eine kooperationsrechtliche oder eine austauschvertragliche Mitarbeit vorliegt.

IV. Einzelkriterien 1. Tätigkeitsinhalte

und

Einflußnahmemöglichkeiten

D i e Frage nach dem Partner der tätigkeitsbezogenen Vereinbarung hilft nach dem soeben Ausgeführten nicht in allen Fällen weiter. N e b e n den Konstellationen, in denen die Parteien einer möglichen gesellschaftsrechtlichen bzw. austauschvertraglichen Beziehung identisch sind, ist vor allem an Gestaltungen zu denken, in denen die Beteiligten die Mitarbeit nicht klar und eindeutig geregelt haben, so daß nicht von vornherein feststeht, o b und zwischen welchen Personen eine A b s p r a che über die Leistung von Diensten erzielt wurde. 1 6 0 I m folgenden sollen deshalb der Inhalt der Tätigkeit bzw. die sonstigen mit ihr zusammenhängenden U m s t ä n de auf ihre Ergiebigkeit für die A b g r e n z u n g s p r o b l e m a t i k abgeklopft werden. 155 Vgl. R G vom 3.5.1932, R G Z 136, 236, 243; B G H vom 14.12.1972, NJW 1973, 1604, 1605; B G H vom 14.11.1977, N J W 1978, 1000; B G H vom 6.12.1982, N J W 1983, 1117, 1118; zust. etwa Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 12; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn.6. 156 Siehe B G H vom 11.7.1962, WM 1963,486,488. 157 B G H vom 14.12.1972, N J W 1973, 1604, 1605; MünchKommBGB/t//wer, 3. Aufl., § 709 Rn. 10 Fn. 14; so auch B G H vom 16.11.1981, N J W 1982, 877, 879, im Zusammenhang mit der Ermächtigung eines Dritten. 158 So wohl auch Klingberg, Mitarbeitende Kommanditisten, S. 47, deren Ausführungen freilich unter dem Stichwort „Vereinbarung mit dem Komplementär" nicht deutlich genug die Fragen auseinanderhalten, wer die Tätigkeitsabrede getroffen hat und zwischen wem sie Rechtswirkungen entfalten soll. Insoweit ungenau ferner Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 280. 159 B G H vom 14.11.1977, N J W 1978, 1000; Kellermann, FS Stimpel (1985), S. 295, 298. 160 Siehe beispielhaft B G H vom 8.5.1989, N J W 1989, 2687 (zunehmende Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben durch Kommanditisten); zur Vertragswirklichkeit ferner bereits

Dahns, RdA 1951, 368, 369.

IV.

a) „Wesentlichkeit"

der Mitarbeit

Einzelkriterien

für die

191

Gesellschaft

Fraglich ist zunächst, ob jede für den Erfolg der Gesellschaft „wesentliche" Mitarbeit auch über ihre Einordnung als Geschäftsführung im technischen Sinne hinaus notwendigerweise im Gesellschaftsvertrag geregelt sein muß. Für eine solche Sicht der Dinge hat sich Steindorff bei der Erörterung der Innenbeziehungen in Anwaltssozietäten ausgesprochen. Nach seiner Aufassung sollen bei essentiellen Tätigkeiten neben den gesellschaftsrechtlichen keine gleichzeitigen arbeitsoder dienstvertraglichen Beziehungen vorliegen können. 1 6 1 Der Gesetzgeber hat diesen Gedanken in der Sache bei der Partnerschaft aufgegriffen. Dies läßt sich aus § 6 Abs. 2 P a r t G G ableiten, nach dem einzelne Partner im Partnerschaftsvertrag nur von der Führung der „sonstigen Geschäfte" ausgeschlossen werden können, also nicht von den in § 6 Abs. 1 PartGG genannten beruflichen Leistungen („berufliche Geschäftsführung"). Zwar besteht keine Einigkeit darüber, wie der in § 1 Abs. 1 S. 1 P a r t G G verwendete Begriff der „Ausübung" des Berufes zu verstehen ist. Während man teilweise entsprechend den Gesetzesmaterialien 1 6 2 eine aktive Mitarbeit fordert, 1 6 3 befindet sich im Schrifttum mittlerweile die zutreffende Ansicht im Vordringen, daß eine dahingehende Pflicht des Mitglieds einer Partnerschaft nicht besteht 1 6 4 . Neben schwierigen Abgrenzungsproblemen hinsichtlich der Frage, welche Tätigkeit noch als eine aktive Berufsausübung angesehen werden kann, spricht hierfür, daß Seniorpartner anderenfalls unter Umständen gezwungen wären, aus der Sozietät auszuscheiden. Dies ändert jedoch nichts daran, daß ein Partner zumindest die Befugnis haben muß, seinen Beruf innerhalb der Partnerschaft auszuüben. 165 Hierfür kann ein reiner Drittvertrag, der von der Partnerschaft jederzeit beendet werden kann, nicht genügen. Vielmehr ist zu fordern, daß die berufliche Tätigkeit auf der alleinigen Grundlage des Partnerschaftsvertrages erfolgt oder doch zumindest - im Falle eines Ausführungsvertrages (Typ I I / l ) 1 6 6 - eine gesellschaftsvertragliche Basis hat. In einer Partnerschaft muß die Berufsausübung daher unabdingbar einen Beitragscharakter haben. 1 6 7 Ferner vertreten mehrere Stimmen 1 6 8 für den Bereich der G m b H 1 6 9 die Auffas-

F S R . Fischer (1979), S. 747, 764. Vgl. BT-Drucks. 12/6152 vom 11.11.1993, S. 9. 163 Bayer/Imberger, D Z W I R 1995,177, 179. 164 Lenz, in: Meilicke/Graf v. Westphalen/Hoffmann/Lenz, PartGG, § 1 Rn. 86 ff.; Mahnke, W M 1990, 1029, 1032; Michalski/Römermann, PartGG, 2. Aufl., § 1 Rn. 7 ff.; Römermann, Anwaltsgesellschaften, S. 107 ff.; MünchKommBGB/iy/iraer, 3. Aufl., PartGG, § 1 Rn. 14; im Erg. auch Henssler, PartGG, § 1 Rn. 103. 1 6 5 Ebenso Michalski/Römermann, PartGG, 2. Aufl., § 1 Rn. 17 Fn. 24; Henssler, PartGG, § 1 Rn. 103. 1 6 6 Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. 1 6 7 So wohl auch Henssler, PartGG, § 6 Rn. 43; anders aber Meilicke, in: Meilicke/Graf v. Westphalen/Hoffmann/Lenz, PartGG, § 6 Rn. 10. 168 Chr. Berger, Nebenverträge, S. 45 ff.; Ullrich, Z G R 1985, 325, 246 ff. 1 6 9 Entgegen dem von Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 280, erweckten Eindruck postuliert Ullrich keineswegs für sämtliche Gesellschaftsrechtsformen einen Satzungs161

162

192

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

sung, daß unternehmensnotwendige Nebenleistungspflichten zwingend in die Satzung der G m b H aufzunehmen seien und nicht durch schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern oder als Drittgeschäft zwischen Gesellschafter und G m b H

festgelegt werden k ö n n t e n . In diesem

Zusammenhang

spricht man z u m Teil ausdrücklich auch Dienstleistungspflichten an und meint, daß eine persönliche Mitarbeit zwar nicht regelmäßig, aber doch im Einzelfall für die G m b H wesentlich sein k ö n n e . 1 7 0 In der L o g i k dieses Ansatzes liegt es somit, die Tätigkeit etwa als K o n s t r u k t e u r bei einer entsprechenden Bedeutung für den wirtschaftlichen E r f o l g der G m b H nur als Nebenleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G und demnach lediglich als Beitrag zuzulassen. D i e Folge bestünde darin, daß eine solche in der Satzung festgeschriebene Mitarbeitspflicht in jedem Fall einen korporativen Charakter hätte, während eine entsprechende schuldrechtliche Abrede außerhalb des G m b H - V e r t r a g e s schlicht unwirksam wäre. Schließlich wurde auch im Genossenschaftsrecht früher zuweilen der E i n d r u c k erweckt, als o b zentrale Lieferungs- und Handlungspflichten rechtswirksam nur als genossenschaftliche Pflichten im Statut begründet werden k ö n n t e n . 1 7 1 Tatsächlich ergibt sich eine derart weitreichende E i n s c h r ä n k u n g der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsfreiheit im G m b H - R e c h t weder aus dem Wortlaut oder der Systematik des G m b H G n o c h läßt sie sich aus den Gesetzesmaterialien ableiten. 1 7 2 I m übrigen ist sie auch nicht um der Gesellschafter oder um der Gläubiger willen geboten. Statt dessen ist mit der ganz herrschenden Ansicht davon auszugehen, daß es den Gesellschaftern auch bei Leistungen an die G m b H , die den B e t r i e b des von ihr getragenen U n t e r n e h m e n s überhaupt erst ermöglichen, freisteht, statt einer korporativen eine schuldrechtliche Grundlage zu wählen. 1 7 3 A n derenfalls müßte nicht nur die Tätigkeit als Konstrukteur, sondern konsequenterweise auch die organschaftliche Geschäftsführung als eine erst recht „wesentlic h e " Mitarbeit durch einen Gesellschafter auf eine satzungsrechtliche

Basis

gestellt werden. Dies würde der seit J a h r z e h n t e n anerkannten Statthaftigkeit eines Anstellungsvertrages zwischen der G m b H und dem

Gesellschafter-Ge-

zwang für bestimmte Nebenleistungspflichten, wie überhaupt die Einschätzung, daß es sich hierbei um eine „verbreitete Ansicht" handele, nicht zutrifft. 170 Chr. Berger, Nebenverträge, S. 54 f. mit Fn. 133. 171 Vgl. RG vom 9.2.1898, JW 1898, 204, 206; RG vom 19.12.1900, RGZ 47, 146, 149; wohl auch RG vom 29.9.1909, RGZ 72, 4, 8. 172 Gegen den Ansatz von Ullrich deshalb ausdrücklich BGH vom 8.2.1993, ZIP 1993, 432, 433; Janke, Nebenleistungspflichten, S. 60 f.; Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 129 ff.; Priester, FS Claussen (1997), S. 319, 334. 173 Vgl. RG vom 10.5.1912, RGZ 79,332, 335 f.; RG vom 24.10.1913, RGZ 83, 216, 218 f.; RG vom 20.11.1925, RGZ 112,273, 278; RG vom 21.1.1930, JW 1930, 2675,2677; RG vom 15.5.1936, RGZ 151, 321, 324 f.; RG vom 22.6.1940, HRR 1940 Nr. 1204; BGH vom 14.6.1965, WM 1965, 1076, 1077; BGH vom 29.9.1969, DB 1969, 2127, 2128; BGH vom 20.3.1986, ZIP 1986, 838, 839; BGH vom 27.10.1986, ZIP 1987,293,295; BGH vom 7.6.1993, BGHZ 123, 15,20; Scholz/Emmerich, GmbHG, 9. Aufl., § 3 Rn. 71 ff.; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §3 Rn. 57 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §3 Rn. 47; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 3 Rn. 51 ff.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 121.

IV.

193

Einzelkriterien

schäftsführer ohne N o t den Boden entziehen. Dasselbe ist im Genossenschaftsrecht jedenfalls hinsichtlich der Pflicht der Genossen zur persönlichen Mitarbeit in Produktivgenossenschaften anzunehmen, was nicht zuletzt durch die Judikatur zur Einordnung der Tätigkeitsverhältnisse in den ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften ( L P G ) bzw. den Produktionsgenossenschaften des Handwerks ( P G H ) in der früheren D D R bestätigt wird, die entweder ein Arbeitsverhältnis annahm oder dieses doch zumindest für rechtlich zulässig hielt. 1 7 4 Im Personengesellschaftsrecht besteht für ein einengendes Verständnis von vornherein kein Bedürfnis. 1 7 5 In diesem Sinne hat das B A G bei Konstrukteursleistungen, die für die Erreichung des Gesellschaftszwecks einer K G „wesentlich" waren, lediglich eine Auslegungsregel angenommen, nach der die Tätigkeit im Zweifel als Beitrag geschuldet sei, 1 7 6 eine abweichende Regelung also nicht von vornherein für unstatthaft erklärt.

b) Geschäftsführung als Faktor zur Abgrenzung von und kumulativem Dienstvertrag

Gesellschaftsverhältnis

Die Geschäftsführung stellt in sämtlichen Gesellschaften einen zentralen Aspekt der Binnenverfassung dar. Es stellt sich daher die Frage, ob sich dem Phänomen der Geschäftsführung konkrete Aussagen über die jeweilige Rechtsgrundlage der insoweit entfalteten bzw. zu erbringenden Tätigkeit abgewinnen lassen. Dabei liegt den folgenden Überlegungen jeweils die Konstellation zugrunde, daß eine gesellschaftsrechtliche Verbindung unstreitig vorliegt und sich die Zweifel lediglich darauf beziehen, ob die - zusätzliche - Mitarbeit einen Teil des Gesellschaftsverhältnisses bildet oder im Rahmen eines kumulativen Dienstvertrages erbracht wird. 1 7 7

aa)

Personengesellschaften

(1) Geschäftsführung

auf gesellschaftsrechtlicher

Grundlage

Bei der Geschäftsführung handelt es sich - wie bereits angedeutet 1 7 8 - um einen verschiedene Ebenen betreffenden Begriff. Zum einen geht es organisationsrechtlich aus der Sicht der Gesellschaft darum, in welchem Umfang ein Gesellschafter im Innenverhältnis für die Vereinigung als solche handeln darf (Geschäftsfüh1 7 4 Vgl. B A G vom 16.2.1995, A P Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. V I (unter B I 1 a); B G H vom 26.2.1996, B G H Z 132, 84, 88; B A G vom 13.6.1996, A P Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R (unter B II 1 - 5 ) ; dazu näher oben sub § 3 II 2 b. Zur grds. Wahlfreiheit im Genossenschaftsrecht siehe ferner B G H vom 9.6.1960, N J W 1960, 1858, 1859; K. Müller, G e n G , 2. Aufl., § 18 Rn. 6; Paulick, Genossenschaft, § 18 II 1 c, S. 196. 1 7 5 Ebenso Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 280. 1 7 6 B A G vom 11.5.1978, A P Nr. 2 zu § 161 H G B (unter 1) mit insoweit zust. Anm. von Wiedemann (unter 1 b). 1 7 7 Vgl. zu dieser Gestaltung oben sub I (2. Fallgruppe). Siehe aber auch O G H vom 22.9.1950, O G H Z 4, 241, 242, wo angesprochen (und verneint) wird, ob die Stellung als alleiniger Geschäftsführer einer O H G einen Anhaltspunkt für die Eigenschaft als Gesellschafter gibt. 1 7 8 Siehe oben sub § 3 II 1 a.

194

§ ß Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

rungsbefugnis). 179 Zum anderen ist damit schuldrechtlich aus der Perspektive des einzelnen Gesellschafters die Frage nach dem Recht auf eine geschäftsführende Tätigkeit bzw. der Pflicht zur Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben angesprochen. 180 Insoweit hängt es vom jeweiligen konkreten Sachverhalt ab, ob für den mit der Qualifikation einer Dienstleistungsbeziehung verfolgten Zweck, die anwendbaren Normen zu ermitteln, ein Recht oder eine Pflicht des Mitarbeiters zur Entfaltung einer entsprechenden Tätigkeit im Vordergrund steht. So kommt es für die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis maßgeblich darauf an, auf welcher Grundlage einem Gesellschafter das Recht auf die Ausübung des Geschäftsführeramtes zusteht, 181 während es für die Existenz eines Vergütungsanspruchs entscheidend sein kann, auf welchem rechtlichen Fundament eine Tätigkeitspflicht bestand 182 . In gegenständlicher Hinsicht ist im Personengesellschaftsrecht im allgemeinen davon die Rede, daß die Geschäftsführung jede auf die Förderung des Gesellschaftszwecks gerichtete Tätigkeit umfasse. 183 Ein derartig weitgehendes Verständnis schließt die Mitarbeit eines Beteiligten auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unterhalb bzw. außerhalb der Geschäftsführung begrifflich ein. Dies entspricht dem in § 6 Abs. 2 PartGG erweckten Eindruck, nach dem sich der Begriff der Geschäftsführung - anders als in der vergleichbaren französischen société civile professionelle124 - auf sämtliche beruflichen Leistungen von Partnern erstreckt. 185 Tatsächlich kann eine solche Sichtweise zumindest außerhalb des PartGG nicht überzeugen. Vielmehr sind als Geschäftsführung nur die geschäftsleitenden Aufgaben und Maßnahmen anzusehen. In diesem Sinne bezeichnet auch Ulmer als Geschäftsführung jedes Gesellschafterhandeln „in nicht nachgeordneter Position". 1 8 6 Dies korrespondiert mit einer Entscheidung des B G H 1 8 7 1 7 9 Vgl. Soergei/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 14; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 7 0 9 Rn. 8. 1 8 0 Zum Doppelcharakter der Geschäftsführung siehe Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 118; /C. Schmidt, D B 1988,2241,2141. 181 Vgl. R G vom 28.4.1925, R G Z 110, 418, 420. Näher dazu unten sub § 12 I. 182 Vgl. B G H vom 4.3.1976, W M 1976, 446. Hierzu unten sub § 9 I 1. 183 Zur G b R : SoergelIHaddmg, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 3; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 709 Rn. 5; zur O H G : Heymann/,Emmerich, B G B , 2. Aufl., § 114 Rn. 2; Baumbach/ Hopt, H G B , 30. Aufl., § 114 R n . 2 ; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 1 0 I 1, S. 115; Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 4. Der Ausschluß der auf die Grundlagen der Gesellschaft bezogenen Geschäfte (siehe dazu für die G b R nur M ü n c h K o m m B G B / U l m e r , 3. Aufl., § 709 Rn. 10 f.; für die O H G etwa Schlegelberger/A^rtras, H G B , 5. Aufl., § 1 1 4 Rn. 5 ff.) spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. 1 8 4 Zu dem aus Art. 11 al. 2 s. 2 L. vom 29.11.1966 abgeleiteten Grundsatz der Trennung von gerance und exercice de la profession vgl. Bodin, Rev. soc. 1972, 591, 627; Schwenter-Lipp, Die französische Zivilrechtsgesellschaft, S. 145 f. 1 8 5 In diesem Sinne auch Henssler, PartGG, § 6 Rn. 37 ff.; Michalski/Römermann, PartGG, 2. Aufl., § 6 Rn. 14. 1 8 6 In: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 114 Rn. 11; ohne Einschränkung aber ders., in: MünchK o m m B G B , 3. Aufl., § 709 Rn. 7. 187 B G H vom 17.12.1973, W M 1974, 177, 178.

IV.

Einzelkriterien

195

sowie mehreren Äußerungen im Schrifttum 1 8 8 , in denen ohne weiteres von der M ö g l i c h k e i t einer gesellschaftsvertraglichen Tätigkeit außerhalb bzw. unterhalb der Geschäftsführungsebene ausgegangen wird. I m übrigen würde ein umfassendes Verständnis von Geschäftsführung zu dem wenig einleuchtenden Ergebnis führen, daß der Gesellschafter einer O H G kraft Gesetzes ( § 1 1 4 A b s . 1 H G B ) gehalten ist, notfalls untergeordnete Aufgaben zu übernehmen, nur weil sie dem Gesellschaftszweck förderlich sind. Soweit es um die O H G geht, sind die Gesellschafter grundsätzlich gemäß § 1 1 4 Abs. 1 H G B zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Bei der G b R sieht § 709 Abs. 1 B G B nur ein R e c h t auf Teilhabe an der Geschäftsführung zu. M a n ist sich jedoch darüber einig, daß die Gesellschafter einer G b R im Grundsatz auch eine entsprechende Pflicht haben. 1 8 9 D i e Pflicht eines Gesellschafters zur Tätigkeit als Geschäftsführer einer G b R bzw. einer O H G findet ihre Grundlage zumindest im Regelfall unmittelbar im Gesellschaftsvertrag. 1 9 0 D u r c h die W a h r n e h m u n g des Geschäftsführeramtes k o m m t nicht etwa stillschweigend ein Dienstvertrag zwischen dem Gesellschafter und der G b R bzw. O H G zustande. 1 9 1 Dies ergibt sich nicht zuletzt aus § 713 B G B . W e n n das G e s e t z die Auftragsvorschriften auf geschäftsführende Gesellschafter für entsprechend anwendbar erklärt, geht es davon aus, daß ein solcher Gesellschafter grundsätzlich in keinem D i e n s t - oder Auftragsverhältnis zur Gesellschaft steht. D i e Verankerung der Mitarbeit als Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag hängt im übrigen nicht davon ab, o b dieser Vertrag eine ausdrückliche Regelung zu dieser F r a ge enthält. Vielmehr bildet der Gesellschaftsvertrag als solcher auch

ohne

entsprechende Festsetzungen eine hinreichende Rechtsgrundlage für alle in den Bereich der Geschäftsführung fallenden Tätigkeiten. Sieht man als Beitrag jede auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages geschuldete oder bewirkte Leistung an, 1 9 2 sind die insoweit erbrachten Dienste generell als Beiträge einzustufen. 1 9 3 Fehlt es an jeglichen Zusatzvereinbarungen, so beruht die Tätigkeit als Geschäftsführer einer G b R bzw. O H G ausschließlich auf dem Gesellschaftsverhältnis. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn einem Gesellschafter oder mehreren 188 Felix, NJW 1972, 853 f.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 310; Schilling, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 19; Wiedemann, Anm. zu BAG, AP Nr. 2 zu § 161 HGB (unter 1 b). 189 Siehe bereits oben sub § 3 II 1 a mit Nachweisen in Fn. 31. 190 RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 18; OLG Koblenz vom 20.9.1979, DB 1980, 247, 248; OLG Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 114 Rn. 8; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 V 1, S. 137; Schlegelberger/AfarteHS, HGB, 5. Aufl., §114 Rn. 18; MünchKommBGB/U/mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 26. 191 RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 18; OLG Koblenz vom 20.9.1979, DB 1980, 247, 248; HeymannIEmmerich, HGB, 2. Aufl., § 114 Rn. 8; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 V 1, S. 137; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §§709-715 Rn. 26; Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 713 Rn. 1. 192 Siehe dazu oben sub I. 193 Vgl. Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 118; MünchKommBGB/t//OTer, 3. Aufl., §709 Rn. 3; Erman!H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 709 Rn. 2.

196

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

Gesellschaftern die Geschäftsführung im Sinne der §§ 7 1 0 S. 1 B G B , 114 Abs. 2 H G B „übertragen" wird. E i n e solche Ü b e r t r a g u n g zielt trotz des an das A u f tragsrecht erinnernden Wortlauts nach einhelliger Ansicht nicht auf die B e g r ü n dung eines eigenständigen Rechtsverhältnisses ab. Vielmehr geht es in der Sache darum, die anderen Gesellschafter von der Geschäftsführung auszuschließen und die Geschäftsführungsbefugnis bei einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern zu konzentrieren, ohne daß dadurch der gesellschaftsvertragliche R a h men verlassen w i r d . 1 9 4 Bei der K G sieht § 164 H G B für den Regelfall den Ausschluß des K o m m a n d i tisten von der Geschäftsführung vor. D a diese Vorschrift gemäß § 163 H G B dispositiv ist, kann der K o m m a n d i t i s t nach nahezu einhelliger Auffassung durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag aber an der (organschaftlichen) Geschäftsführung beteiligt w e r d e n . 1 9 5 In einem solchen Falle ist der K o m manditist gesellschaftsvertraglich zur Ausübung des Geschäftsführeramtes berechtigt und verpflichtet. 1 9 6 D i e gegenteilige Auffassung von Nitschke,

der sich

gegen die Statthaftigkeit einer organschaftlichen Geschäftsführung durch den Kommanditisten ausgesprochen hat, 1 9 7 sofern nicht die H a f t s u m m e aufgrund ihrer H ö h e einer persönlichen unbeschränkten H a f t u n g gleichkommt, hat sich nicht durchsetzen können. I m H i n b l i c k auf die stille Gesellschaft ist die Rechtslage etwas komplizierter. A u c h wenn das G e s e t z dem stillen Gesellschafter gemäß § 233 H G B grundsätzlich nur ein K o n t r o l l r e c h t zugesteht, ist man sich zwar zunächst seit langem darüber einig, daß es zulässig ist, ihn intern an der Geschäftsführung teilhaben zu lassen. 1 9 8 D a m i t steht jedoch n o c h zwingend nicht fest, daß es sich hierbei um Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 21; MünchKommBGB/i/Zmer, 3. Aufl., § 710 Rn. 3. Vgl. etwa RG vom 28.4.1925, RGZ 110, 418, 420; RG vom 18.10.1939, SeuffA, Bd. 94 (1940), Nr. 8; BGH vom 27.6.1955, BGHZ 17, 392, 394 f.; BGH vom 17.3.1966, BGHZ 45, 204, 206; BGH vom 11.7.1962, WM 1963, 486, 487; BGH vom 15.1.1968, WM 1968, 509, 510; BGH vom 9.12.1968, BGHZ 51, 198, 201; R. Fischer, Anm. zu BGH, LM § 52 HGB Nr. 1; Baumbach/ Hopt, HGB, 30. Aufl., § 164 Rn. 7; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 11; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., § 18 V 1, S. 151; Schilling, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 8; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §53 III 2 a, S. 1535; Weipert, in: Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, § 164 Rn. 19. Siehe ferner die §§ 28 Abs. 3 S. 2,160 Abs. 3 S. 2 HGB. Demgegenüber wird die Einräumung organschaftlicher Vertretungsmacht fast einstimmig als unzulässig angesehen; siehe nur BGH vom 9.12.1968, BGHZ 51, 198, 200; Schlegelberger/Marfens, HGB, 5. Aufl., § 170 Rn. 8 ff. m.w.N.; krit. Flume, Personengesellschaft, § 10 I, S. 132 f. 196 Siehe BGH vom 27.6.1955, BGHZ 17, 392, 394 f.; BGH vom 7.12.1972, NJW 1973, 328; O L G Celle vom 26.3.1973, OLGZ 1973, 343, 344; BGH vom 4.3.1976, WM 1976, 446; OLG Hamm vom 15.11.1976, DB 1977, 717, 718; Flume, Personengesellschaft, § 10 I, S. 132; Priester, DB 1975, 1878, 1879. 197 Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 258 ff.; zust. Hunscha, GmbHR 1973, 257, 260; grds. ebenso unter schlichtem Verweis auf die „Natur der Gesellschaft" Molitor, DB 1957, 164. 198 Vgl. BGH vom 29.11.1952, BGHZ 8, 157, 160; BGH vom 23.6.1960, WM 1960, 864, 865; BGH vom 23.3.1961, WM 1961, 574, 575; BGH vom 6.11.1963, WM 1964, 296, 297; BGH vom 18.10.1965, WM 1966, 29, 30; BGH vom 17.12.1984, NJW 1985, 1079; BGH vom 29.6.1992, NJW 1992, 2696; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 27 ff.; Blaurock, Handbuch, 194

195

IV.

Einzelkriterien

197

eine Geschäftsführung auf der Basis des Gesellschaftsvertrages handelt. F ü r dahingehende Zweifel kann man sich allerdings nicht auf eine frühe Entscheidung des R G berufen. Zwar heißt es dort, daß dem Stillen die Geschäftsführung übertragen werden könne, nicht aber in seiner Eigenschaft als Gesellschafter. 1 9 9 D e r K o n t e x t , in den diese Äußerung gestellt ist, zeigt indes, daß es dem G e r i c h t u m die Frage der Außenvertretung des U n t e r n e h m e n s ging. D e m g e g e n ü b e r k o m m t in einigen älteren Stimmen sehr deutlich die Ansicht z u m A u s d r u c k , daß der Stille keine Geschäftsführung im gesellschaftsrechtlichen Sinne wahrnehmen k ö n ne. 2 0 0 D a r ü b e r hinaus spricht K. Schmidt

davon, daß die Geschäftsführungsbe-

fugnis des Stillen beim U n t e r n e h m e n einer Einzelperson oder einer Personengesellschaft nicht organschaftlich sein k ö n n e . 2 0 1 Aus dieser B e m e r k u n g k ö n n t e zu folgern sein, daß K. Schmidt

eine Geschäftsführung durch den stillen Gesellschaf-

ter kraft Gesellschaftsvertrages als unzulässig ansieht und nur eine W a h r n e h mung von Geschäftsführungsaufgaben auf der Grundlage einer - sonstigen

-

schuldrechtlichen Vereinbarung für zulässig hält, wobei eine derartige A b r e d e aufgrund der Rechtsunfähigkeit der stillen Gesellschaft 2 0 2 ohnehin nicht mit der Gesellschaft als solcher, sondern nur mit dem U n t e r n e h m e n s i n h a b e r geschlossen werden könnte. E i n e derartiges Verständnis dürfte diese Aussage aber überinterpretieren. G e h t man davon aus, daß von einer organschaftlichen Geschäftsführung nur bei der E x i s t e n z eines Verbandes gesprochen werden kann, die stille G e sellschaft als rein schuldrechtlich strukturierte Innengesellschaft aber keinen Verband darstellt, so kann es bei dieser R e c h t s f o r m tatsächlich zu keiner organschaftlichen Geschäftsführung k o m m e n . Daraus folgt indes nicht, daß der Stille seine Geschäftsführungstätigkeit nicht auf dem alleinigen F u n d a m e n t des Gesellschaftsvertrages ausüben könnte. M i t dem schon v o m R G anerkannten C h a r a k ter der stillen Gesellschaft als einer echten Gesellschaft im Sinne des § 705 B G B 2 0 3 wäre es auch unvereinbar, eine gesellschaftsrechtliche Mitverwaltung auch dann für grundsätzlich unzulässig zu erklären, wenn es nur um das Innenverhältnis geht. D e m g e m ä ß nimmt man in der R e c h t s p r e c h u n g 2 0 4 und in der L i t e r a t u r 2 0 5

5. Aufl., Rn. 673; Düringer/Hachenburg/i7ecAtAei>rc, HGB, 3. Aufl., § 335 Anm. 25; Baumbach/ Hopt, HGB, 30. Aufl., § 230 Rn. 3, 26; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 47, 51; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 75 ff.; Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., §230 n.F. Rn. 70; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 62 II 2 c bb, S. 1847; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 314 f. 199 RG vom 15.3.1893, RGZ 31, 33, 39. 200 Molitor, DB 1957, 164; Silberschmidt, LZ 1932, Sp. 1329,1332. 201 Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 71. 202 Siehe nur Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 163; Schlegelberger/X. Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 8. 203 RG vom 30.9.1911, RGZ 77, 223, 226 f. 204 Vgl. BGH vom 23.6.1960, WM 1960, 864, 865; BGH vom 18.10.1965, WM 1966,29,30. 205 Siehe nur Düringer/Hachenburg/f/ec^t/ieim, HGB, 3. Aufl., § 335 Anm. 25; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 76 f.; in diesem Sinne auch Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 675; Zutt, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 230 Rn. 94.

198

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

zutreffend wie selbstverständlich an, daß dem stillen Gesellschafter eine gesellschaftsrechtliche Geschäftsführungstätigkeit eingeräumt werden kann. Für die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) gelten die bereits erwähnten Besonderheiten. 206 Obwohl sie der Rechtsform nach eine Personengesellschaft ist, werden die Geschäftsführer nach körperschaftsrechtlichen Prinzipien bestellt. Für die Abgrenzung zwischen gesellschafts- und dienstvertraglich fundierter Geschäftsführungstätigkeit kann somit auf die noch zu schildernden korporationsrechtlichen Grundsätze verwiesen werden. 207 (2) Geschäftsführung als Gegenstand mit einem Gesellschafter (a)

eines

Dienstvertrages

Außenverbände

Wie in den bisherigen Ausführungen dargelegt wurde, ist es in allen als Außenverbände strukturierten Personengesellschaften im Grundsatz möglich, daß ein Gesellschafter einen mitarbeitsbezogenen Drittvertrag mit der Gesellschaft schließt, der er angehört. 208 Der vorliegende Kontext führt zu der Anschlußfrage, ob der Gegenstand eines solchen eigenständigen Dienstvertrages auch in der Ausübung der Geschäftsführung bestehen kann. Wäre dies zu verneinen, stünde bei der Wahrnehmung von (echten) Geschäftsführeraufgaben durch einen Gesellschafter von vornherein fest, daß für diese Mitarbeit nur eine gesellschaftsvertragliche Grundlage möglich ist. Eine dahingehende Grenze bei der Übertragung der Geschäftsführung hätte zur Folge, daß den Mitgliedern einer Personengesellschaft diese Gestaltungsmöglichkeit auch bei einem entsprechenden Willen nicht zur Verfügung stünde und im Rahmen der Interpretation unklarer Vereinbarungen demnach auch nicht als Auslegungsalternative in Betracht zu ziehen wäre. In dieser bislang nur sporadisch gezielt erörterten Frage setzen die Rechtsprechung und das Schrifttum zumindest prima facie unterschiedliche Akzente. Auf der einen Seite hat der B G H wiederholt keine Bedenken gegen einen Dienstvertrag über die Geschäftsführung durch die Komplementärin einer K G geäußert. 209 Aus weiteren Entscheidungen ergibt sich, daß es die Judikatur für grundsätzlich zulässig hält, den Kommanditisten im Wege eines Dienstvertrages an der Geschäftsführung zu beteiligen. 210 Die Rechtsprechung plädiert nämlich nur dafür, insoweit im Zweifel eine gesellschaftsvertragliche Basis anzunehmen, ohne indes die Statthaftigkeit einer abweichenden Gestaltung von vornherein zu verneinen. Siehe dazu oben sub § 3 II 1 a. Vgl. hierzu unten sub bb. 2 0 8 Siehe dazu oben sub § 3 I V 1 a. 2 0 9 B G H vom 5.2.1963, N J W 1963, 1051, 1052; B G H vom 7.12.1972, N J W 1973, 328. 2 1 0 Vgl. O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 343, 344; O L G H a m m vom 15.11.1976, D B 1977, 717, 718; wohl auch B G H vom 11.7.1962, W M 1963, 486, 487. Zur Rechtsgrundlage der Tätigkeit undeutlich dagegen B G H vom 13.2.1972, B B 1972, 726, wo nur in einer allgemeinen Weise davon gesprochen wird, daß der Kommanditist gegen ein Monatsgehalt mit Geschäftsführungsaufgaben für die K G betraut wurde. 206 207

IV.

Einzelkriterien

199

D i e s e r D e u t u n g scheint ein Urteil des B G H entgegenzustehen, in dem es heißt, daß eine dienstvertragliche Einstufung der Tätigkeit eines K o m m a n d i t i s t e n mit der durch verschiedene Einzelregelungen abgesicherten Führungsrolle dieses G e sellschafters unvereinbar sei. 2 1 1 M a n wird diese Passage aber lediglich dahin zu verstehen haben, daß im konkreten Fall keine andere Auslegung möglich war. Eine generelle Absage an die Statthaftigkeit eines Dienstvertrages als Grundlage für die W a h r n e h m u n g des Geschäftsführeramtes ist darin nicht zu erblicken, zumal es an jeglicher Auseinandersetzung mit gegenläufigen Sichtweisen fehlt. In einem mit der Rechtsprechung übereinstimmenden Sinne ist in der Literatur im Zusammenhang mit der Geschäftsführung von der Möglichkeit eines Dienstvertrages bzw. eines Auftragsverhältnisses mit dem Gesellschafter die Rede, ohne daß hierbei gegenständliche Beschränkungen genannt werden. 2 1 2 Z u m Teil wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Geschäftsführung einem Gesellschafter nicht nur durch den Gesellschaftsvertrag, sondern auch kraft eines solchen Drittgeschäfts eingeräumt werden kann. 2 1 3 A u f der anderen Seite finden sich mehrere Stellungnahmen, die auf eine restriktive Haltung hindeuten. E i n e derartige Sicht der D i n g e läßt sich freilich nicht schon aus denjenigen Stimmen herleiten, nach denen durch die gesetzlich vorgesehene Geschäftsführung persönlich haftender Gesellschafter kein Dienstvertrag zustande k o m m t , 2 1 4 weil eine solche Aussage zur Frage einer b e w u ß t abweichenden Vereinbarung keine Position bezieht. Dasselbe gilt für Äußerungen, nach denen eine gesellschaftsvertragliche Übertragung der Geschäftsführung auf einen Kommanditisten keinen Dienstvertrag erzeugt 2 1 5 . E i n e solche Darlegung besagt B G H vom 4.3.1976, WM 1976, 446. Zur GbR: Staudinger/Keßler, B G B , 12. Aufl., Vorbem. zu §§709-715 Rn. 11, 16. Zur O H G : Hey mann/Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 110 Rn. 22, § 114 Rn. 8; Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 110 Rn. 19, § 114 Rn. 9. Insoweit unpräzise Klingberg, Mitarbeitende Kommanditisten, S. 39 ff., 44 ff., die nicht genau erkennen läßt, ob sie auch einen Dienstvertrag über die gesamte Geschäftsführung als solche für zulässig hält. 213 Bork, AcP 184 (1984), 465, 472 f.; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 60; Hess, Drittorganschaft, S. 28 ff.; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 25; Pauli, Eigenkapital, S. 169; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, §§38 V 3 Fn. 15, 47 I 2 u. V 3 Fn.61, S.479, 565 u. 577 f.; im Erg. auch K. Schmidt, 3. Aufl., Gesellschaftsrecht, § 59 III 2 a, S. 1747 (siehe aber den., aaO., § 20 II 2 b, S. 569: Geschäftsführungstätigkeit des Komplementärs ist in jedem Fall Gesellschafterbeitrag); in diesem Sinne ferner Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 37, mit der Aussage, daß über die Rechtsstellung des geschäftsführenden Kommanditisten nach Gesellschafts- oder Dienstvertragsrecht zu befinden sei ähnlich G. Hueck, D B 1962, 1363,1367 (auch bei geschäftsführendem Kommanditisten freier Dienstvertrag denkbar); für Kommanditisten ebenso Priester, D B 1975, 1878, 1879 (für persönlich haftende Gesellschafter dagegen offen lassend). Demgegenüber kann man aus der Bemerkung von Heymann/Horn, H G B , 2. Aufl., § 164 Rn. 12, mit dem geschäftsführenden Kommanditisten könne ein zusätzlicher Dienstvertrag geschlossen werden, nicht eindeutig schließen, daß er damit einen Dienstvertrag über die Geschäftsführung meint. Vielmehr deutet die Verweisung auf Schlegelberger/Afijrtens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 42, eher darauf hin, daß Horn dabei einen Vertrag über eine sonstige Tätigkeit vor Augen hat. 2 1 4 Siehe dazu die Nachweise in sub (1) Fn. 191. 2 1 5 B G H vom 27.6.1955, B G H Z 17, 392, 394 f.; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 3; in diesem Sinne auch Flume, Personengesellschaft, § 10 I, S. 132. 211

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Blickwinkel

für sich genommen nichts darüber, ob nur eine Übertragung qua Gesellschaftsvertrag möglich ist. 2 1 6 Eine deutliche Absage an die Statthaftigkeit eines Dienstvertrages als Grundlage der Geschäftsführung enthält dagegen eine Entscheidung des R G , in der es heißt, daß die gesellschaftsrechtliche Geschäftsführung einen untrennbaren Teil des Gesellschaftsverhältnisses bilde. 2 1 7 Auf derselben Linie liegt es, wenn Teile des Schrifttums einen Anstellungsvertrag eines geschäftsführenden Personengesellschafters aus rechtsdogmatischen Gründen für unmöglich halten 218 bzw. sich explizit dagegen wenden, daß die Tätigkeit als Organmitglied in Personengesellschaften auf der Basis eines - selbständigen - Dienstvertrages geleistet werden kann 2 1 9 . Zur Begründung der Ablehnung eines eigenständigen Dienstvertrags als rechtlicher Rahmen für die Geschäftsführung durch einen Gesellschafter werden verschiedene Argumente vorgebracht: So leitet man aus den Überlegungen zu einer Unvereinbarkeit der Stellung als geschäftsführender Gesellschafter und als Arbeitnehmer ab, daß der Geschäftsführer auch keine dienstvertragliche Position einnehmen könne. 2 2 0 Dieser Gedanke geht indes von vornherein fehl. Selbst wenn man meint, daß sich Geschäftsführung und Arbeitnehmerstellung wegen eines unüberbrückbaren Gegensatzes von Leitung und Abhängigkeit nicht vertragen, bedeutet dies selbstverständlich nicht den Ausschluß eines freien Dienstvertrages als Grundlage für das Amt des Geschäftsführers. Insoweit genügt der schlichte Hinweis, daß die Organmitglieder bei der G m b H und bei der A G ebenfalls regelmäßig auf der Basis eines selbständigen Dienstvertrages tätig werden. Des weiteren wird die mitunternehmerische Stellung geschäftsführender Gesellschafter ins Feld geführt, die einer Einstufung der Mitarbeit als Dienstvertrag generell entgegenstehe. 2 2 1 Dieser Einwand übersieht, daß ein Gesellschafter durch einen Dienstvertrag eine Drittbeziehung mit der Gesellschaft eingeht, hinsichtlich der aufgrund eines solchen Vertrags geleisteten Arbeit also gerade keine Mitunternehmerstellung einnimmt. Betrachtet man die Geschäftsführung zunächst einmal nur unter dem Blickwinkel der mit ihr verbundenen Tätigkeiten, so ist nicht ersichtlich, warum diese von ihrem Gegenstand her ungeeignet sein sollen, 2 1 6 Insgesamt nicht überzeugend daher die Auswertung von Rspr. und Lit. durch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 281. 2 1 7 R G vom 10.10.1933, R G Z 142, 13, 18; in diesem Sinne auch R G R K / f . Gamm, BGB, 12. Aufl., § 709 Rn. 3. 218 Hommelhoff/Timm, K T S 1981, 289, 296. 2 1 9 Vgl. Dersch, R d A 1951, 212, 214; Riegger, D B 1983, 1909, 1910; für den geschäftsführenden Kommanditisten ebenso Schilling, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. Aufl., § 164 Rn. 19; Strohm, F S O . Möhring (1973), S. 153, 160, 166. Alle Autoren lassen mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, daß sie zumindest im Hinblick auf die Qualifikation des Rechtsverhältnisses geschäftsführender Gesellschafter nicht nur die noch zu erörternde Arbeitnehmerstellung für unzulässig halten, sondern auch einen selbständigen Dienstvertrag ablehnen. Ebenso wohl Dahns, R d A 1951, 368, 369. 2 2 0 Siehe Strohm, F S O . Möhring (1973), S. 153, 155 ff., 166; in diese Richtung auch Dahns, R d A 1951,368, 369. 221 Dersch, R d A 1951, 212, 214; Strohm, F S O . Möhring (1973), S. 153, 155 ff., 166.

IV.

Einzelkriterien

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in eine Austauschbeziehung anstelle des gesellschaftsrechtlichen Rahmens eingefaßt zu werden. Ferner wird auf die Normenkonflikte verwiesen, die bei einer Geschäftsführung auf der Grundlage eines Dienstvertrages zwischen den gesellschafts- und den dienstvertragsrechtlichen Bestimmungen entstehen würden. 2 2 2 Insoweit ist zuzugeben, daß es in der Tat Divergenzen zwischen beiden Regelungssystemen gibt. Man denke nur an die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis, die sich bei einer gesellschaftsvertraglichen Basis nach § 117 H G B richtet, 2 2 3 während diese Vorschrift bei einer dienstvertraglichen Vereinbarung nicht eingreift 224 . Die Entstehung komplexer Rechtsfolgeprobleme ist für sich genommen jedoch kein Grund dafür, eine bestimmte Gestaltung, für die im Einzelfall sachliche Gründe sprechen können, strikt zu untersagen. So kann etwa den Beteiligten daran gelegen sein, sich der geschäftsführenden Tätigkeit eines Mitgesellschafters auch für den Fall zu versichern, daß dessen Mitgliedschaft endet. Dies ist nur durch eine vom Gesellschaftsvertrag separierte Vereinbarung zu erreichen. U b e r die bislang erwähnten Aspekte hinaus kommt als weiterer Maßstab für die Zulässigkeit einer Übertragung der Geschäftsführung durch Dienstvertrag in Personengesellschaften der Grundsatz der Selbstorganschaft in Betracht. 2 2 5 Dieses Prinzip besagt zunächst, daß eine - verbandlich strukturierte - Personengesellschaft allein schon durch den Abschluß des Gesellschaftsvertrages Geschäftsführungs- und Vertretungsorgane hat („geborene" Organe), während diese bei einer Körperschaft erst eigens bestellt werden müssen („gekorene" Organe). 2 2 6 Die an dieser Stelle allein interessierende Frage besteht darin, ob sich aus diesem Grundsatz Grenzen für die Übertragung von Befugnissen auf Dritte ergeben, die gegebenenfalls auch einer Verlagerung der Geschäftsführung auf einen Gesellschafter mittels eines Dienstvertrages entgegenstehen. Das Prinzip der Selbstorganschaft sowie seine Einzelausprägungen werden bekanntlich seit langem kontrovers diskutiert. Es kann im vorliegenden Zusammenhang nur darum gehen, die wesentlichen Züge dieser Debatte zu skizzieren. 2 2 7 So plädiert ein Teil des Schrifttums dafür, auch in Personengesellschaften die Einsetzung eines echten Fremdorgans zuzulassen. 228 Die Grundlage der Tätigkeit läge dabei - entspreStrohm, FS O. Möhring (1973), S. 153, 160 f. Zur analogen Anwendung dieser Vorschrift auf geschäftsführende Kommanditisten qua Gesellschaftsvertrag siehe nur R G vom 28.4.1925, R G Z 110, 418, 421 f.; B G H vom 27.6.1955, B G H Z 17, 392, 395; Baumbach///o/;i, H G B , 30. Aufl., § 1 6 5 Rn. 7; Koller, in: Koller/Roth/ Morck, H G B , 3. Aufl., § 164 Rn. 3. 224 Zur Unanwendbarkeit des § 117 H G B auf Dritte vgl. B G H vom 12.11.1952, B G H Z 8, 35, 47; B G H vom 22.1.1962, B G H Z 36, 292, 294; Flame, Personengesellschaft, § 10 I, S. 131 f.; A. Hueck, J Z 1962, 362, 363. 225 Ebenso Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 281 f.; andeutungsweise auch Riegger, D B 1983,1909, 1910. 226 Siehe nur K. Schmidt, GedS Knobbe-Keuk (1997), S. 307, 310 f.; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 14 II 2 a, S. 416; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 153. 2 2 7 Neuere umfassende Darstellungen bei Werra, Selbstorganschaft (1991); Zinn, Selbstorganschaft (1998). 228 Beuthien, ZIP 1993, 1589, 1595 ff.; Bürck, Selbstorganschaft, S. 45 ff., 134 ff.; Helm/Wag222

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chend der Rechtslage beim Fremdgeschäftsführer einer GmbH - in einem Dienstvertrag. 2 2 9 Nach dieser Auffassung bestünden somit von vornherein keine Bedenken dagegen, daß ein Gesellschafter das Geschäftsführeramt auf der Basis eines Drittvertrages ausübt. Jene Sichtweise hat sich indes - trotz der gegenläufigen Regelung in der EWIV 2 3 0 - bislang nicht durchsetzen können. Vielmehr halten sowohl die ständige Judikatur als auch die herrschende Lehre am prinzipiellen Verbot der Fremdorganschaft fest. 231 Allerdings sind mit diesem Schlagwort die sich aus dem Grundsatz der Selbstorganschaft ergebenden Grenzen noch nicht exakt geklärt. Da es hier um den rechtlichen Rahmen für die Tätigkeit zugunsten der Gesellschaft geht, ist das Augenmerk vor allem darauf zu lenken, welche einzelnen Rechtssätze sich dem Prinzip der Selbstorganschaft für den Bereich der Geschäftsführung entnehmen lassen. Die Frage nach den Schranken einer Übertragung der organschaftlichen Vertretung spielt demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. Diese Blickrichtung ist nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil in der älteren Rechtsprechung 2 3 2 und Literatur 2 3 3 des öfteren zumindest der Eindruck erweckt worden ist, als würde der Grundsatz der Selbstorganschaft nicht für die Geschäftsführung gelten. Ob diese Einschätzung der früheren Stimmen tatsächlich zutrifft, mag hier dahinstehen. Jedenfalls haben der BGH 2 3 4 sowie das neuere Schrifttum 2 3 5 klargestellt, daß sich das Prinzip der Selbstorganschaft auch auf die Geschäftsführung bezieht. Eine bereits im Ansatz unterschiedliche Behandlung beider Aspekte wäre auch nicht sinnvoll, wie nicht

ner, BB 1979, 225 ff.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 118 ff.; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 331 ff., 443 ff.; Zinn, Selbstorganschaft, S. 51 ff., 183 ff. Im Grundsatz auch Hess, Drittorganschaft, S. 89 ff., 145 f., der bezüglich der Geschäftsführung aber gleichwohl nur eine schuldrechtliche Übertragung zulassen will. 229 Vgl. H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 457. 230 Siehe dazu oben sub § 3 II 1 a. 231 Siehe sogleich die Nachweise in den Fn. 234 u. 235. 232 RG vom 31.5.1918, Recht 1918, Nr. 1227; OGH vom 22.9.1950, OGHZ 4, 241, 242. 233 R. Fischer, NJW 1959, 1057, 1061; Düringer/Hachenburg/HedttAeim, HGB, 3. Aufl., § 114 Anm. 4; Weipert, in: Großkomm. HGB, 2. Aufl., § 114 Anm. 9. 234 Vgl. BGH vom 22.1.1962, BGHZ 36, 292, 293; BGH vom 15.1.1968, WM 1968, 509, 510; BGH vom 9.6.1980, BGHZ 77, 233, 237; BGH vom 5.10.1981, NJW 1982, 1817; BGH vom 16.11.1981, NJW 1982, 877, 878; BGH vom 22.3.1982, NJW 1982, 2495; BGH vom 20.9.1993, WM 1994,237,238. Das Urteil des BGH vom 9.12.1968, BGHZ 51,198,201, stellt kein Gegenargument dar, weil es zwar erlaubt, dem einzigen phG einer KG die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen, für einen solchen Fall aber grundsätzlich eine Gesamtgeschäftsführung aller Gesellschafter vorsieht. Siehe nunmehr aber auch die nach Auffassung von H. P. Westermann, FS Lutter (2000), S. 955, 966 ff., erfolgte Preisgabe des Grundsatzes der Selbstorganschaft in einem unveröffentlichten Nichtannahmebeschluß des BGH vom 9.11.1999. 235 Flume, FS Raiser (1974), S. 27,40 ff.; ders., Personengesellschaft, § 14 VIII, S. 240 ff.; SoergeV Hadding, BGB, 12. Aufl., §709 Rn.22; Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §§709-715 Rn. 18; Michalski, Perpetuierung von Unternehmen, S. 204; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 252 ff.; Reuter, JZ 1986, 16, 18; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 IV 1 a, S. 343 f.; so bereits Buchwald, DB 1957, 109 f.

IV.

Einzelkriterien

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zuletzt auch Anhänger der Zulässigkeit einer echten Fremdorganschaft zugestehen 2 3 6 . Daraus folgt zunächst, daß gesellschaftsvertragliche Verwaltungsrechte nur aus der Gesellschafterstellung erwachsen und als solche nicht in der Person eines Dritten begründet bzw. auf ihn übertragen 2 3 7 werden können. 2 3 8 Ein Konflikt mit diesem Prinzip scheint bei einer dienstvertraglichen Verlagerung der G e schäftsführung auf einen Gesellschafter freilich schon deshalb ausgeschlossen zu sein, weil der Geschäftsführer nach wie vor die Stellung eines Gesellschafters innehat. Führt man den Grundsatz der Selbstorganschaft auf den Selbstschutz der persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafter 2 3 9 sowie auf den Gedanken zurück, daß im Personengesellschaftsrecht nur die persönliche Haftung des Handelnden eine aus Gründen des Drittschutzes notwendige verantwortliche Unternehmensleitung gewährleiste, 2 4 0 so werden diese Ziele bei der Wahrnehmung des Geschäftsführeramtes durch einen Gesellschafter auf dienstvertraglicher Basis auf den ersten Blick in vollem Umfang gewahrt. Allerdings muß man sich darüber im klaren sein, daß eine dienstvertragliche Stellung zu einer vom Fortbestand der Mitgliedschaft grundsätzlich unabhängigen Position führt. Scheidet der Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so ist es jedenfalls nicht selbstverständlich, daß seine Stellung als Geschäftsführer zeitgleich endet. 2 4 1 Es erscheint deshalb nicht ausreichend, die Zulässigkeit einer dienstvertraglichen Übertragung der Tätigkeit als Geschäftsführer auf einen Gesellschafter allein mit dessen G e sellschaftereigenschaft zu begründen. Vielmehr sind die beiden durch den Gesellschaftsvertrag und den Drittvertrag entstandenen Rechtskreise voneinander zu trennen, auch wenn sie in derselben Person zusammentreffen. Es kommt jedoch hinzu, daß der Grundsatz der Selbstorganschaft der rechtsgeschäftlichen Beauftragung eines echten Dritten mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben nicht entgegensteht. 2 4 2 Für den Gesellschafter einer G b R bzw. O H G kann H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 450 f. Mit dieser Formulierung sollen alle Formen der Wahrnehmung echter gesellschaftsvertraglicher Verwaltungsrechte durch einen Dritten umfaßt werden, ohne daß auf die vor allem in der Praxis vielfach verwischte konstruktive Unterscheidung zwischen „originären" (Stichwort: Fremdorganschaft) und „derivativen" (Stichwort: Abspaltung) Verwaltungsrechten näher eingegangen werden soll; siehe zu dieser Differenzierung auch H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 387. 2 3 8 R G R K / ^ . Gamm, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 4; Huber, Z H R 152 (1988), 1, 15;K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 14 II 2 b, S. 417; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 709 Rn. 5. 2 3 9 Vgl. Flume, Personengesellschaft, § 1 4 VIII, S . 2 4 4 f . ; Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 7 0 9 Rn. 22; Nitscbke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 240 („unzulässige Selbstentmündigung"); Reuter, FS Steindorff (1990), S. 229, 232 f. 240 K. Schmidt, GedS Knobbe-Keuk (1997), S. 307, 314 f.; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 14 II 2 e, S. 420; Wiedemann, Übertragung, S. 371; plastisch ders., J Z 1969, 470, 471: „Der mitfliegende Pilot im Cockpit flößt uns die Zuversicht einer gefahrlosen Reise ein." 2 4 1 So auch Hess, Drittorganschaft, S. 30. 2 4 2 Siehe B G H vom 12.11.1952, B G H Z 35, 46 f.; B G H vom 22.1.1962, B G H Z 36, 292, 293; B G H vom 16.11.1981, N J W 1982, 877, 878; Flume, Personengesellschaft, § 14 VIII, S. 244; Huber, Z H R 152 (1988), 1, 15; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 II 2, S. 119; Staudinger /Keßler, B G B , 236

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nichts anderes gelten. 243 Gegenstand des Drittvertrages ist dann allerdings nicht die aus dem Gesellschaftsvertrag entspringende - organschaftliche - Geschäftsführung. 2 4 4 Vielmehr geht es in einem solchen Falle um die schuldrechtliche Verlagerung derjenigen Aufgaben, die thematisch zu diesem Bereich gehören. 2 4 5 Zumindest ein Teil der eingangs erwähnten Diskrepanzen läßt sich somit darauf zurückführen, daß nicht deutlich genug zwischen der „organschaftlichen" und der „schuldrechtlichen" Geschäftsführung differenziert wird. 2 4 6 Zweifelhaft ist daher im Grunde genommen auch nicht die rechtsgeschäftliche Übertragung der Geschäftsführung auf einen Gesellschafter, sondern die weitere Frage, ob es der Grundsatz der Selbstorganschaft verbietet, daß zugleich sämtliche anderen Gesellschafter von der Geschäftsführung vollständig ausgeschlossen werden können 2 4 7 . Hierbei handelt es sich um einen mit der Diskussion über die Zulässigkeit einer Fremdorganschaft regelmäßig verknüpften, aber dennoch eigenständigen Aspekt. 2 4 8 Diese Problematik hat mit der Möglichkeit, einem Gesellschafter die Stellung eines Geschäftsführers qua Dienstvertrag einzuräumen, nur bei flüchtigem Hinsehen nichts mehr zu tun. Insoweit geht es nämlich auch darum, ob es zulässig ist, einen Gesellschafter allein auf dienstvertraglicher Grundlage das Geschäftsführeramt bekleiden zu lassen, oder ob es daneben jedenfalls dann noch einer gesellschaftsvertraglichen Unterfütterung bedarf, wenn die anderen Gesellschafter gemäß §§ 710 S. 1 BGB, 114 Abs. 2 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. 249 Dies wäre für die persönliche Rechtsstellung des Geschäftsführers insofern von Bedeutung, als eine solche rechtskonstruktiv zulässige 2 5 0 Verdoppelung der Rechtsbeziehungen dazu führen würde, daß ein schuldhaftes Handeln nicht nur eine Verletzung des Dienstvertrages, sondern zugleich auch einen Verstoß gegen gesellschaftsvertragliche Pflichten dar-

12. A u f l . , Vorbem. zu § § 7 0 9 - 7 1 5 R n . 18; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 253 ff.; Reuter, J Z 1986, 16, 18; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , § 709 R n . 5; den., in: G r o ß k o m m . H G B , 4. A u f l . , § 109 Rn. 35, § 114 Rn. 10, 82. 2 4 3 Ebenso Bork, A c P 184 (1984), 465, 472 (zu K o m m a n d i t i s t e n ) . 2 4 4 Vgl. B G H v o m 22.1.1962, B G H Z 36, 292, 293 f.; A. Hueck, J Z 1962, 362 f.; den., OHG, 4. A u f l . , § 10 II 2 Fn. 10, S. 119; MünchKommBGB/t//mer, 3. A u f l . , § 709 R n . 5. 245 Bork, A c P 184 (1984), 465, 472 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 4 7 V 1 a, 5. 1385 f.; in diesem Sinne auch Riegger, DB 1983, 1909, 1910. Entgegen Riegger dürfte Priester, D B 1975, 1878, 1879, ebenfalls keine andere a b w e i c h e n d e Ansicht vertreten. 2 4 6 Siehe in diesem Kontext aber auch Flume, FS Raiser (1974), S. 27, 40, der U n t e r s c h i e d e z w i s c h e n „organschaftlicher" u n d „schuldrechtlicher" G e s c h ä f t s f ü h r u n g w e i t g e h e n d verneint. 2 4 7 A n d e u t u n g s w e i s e auch Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 281 f. Diese Frage darf nicht mit der anders gelagerten P r o b l e m a t i k gleichgesetzt w e r d e n , ob es zulässig ist, einen geschäftsführenden Gesellschafter (u. U . den K o m p l e m e n t ä r ) an die Weisungen eines anderen Gesellschafters (u. U . den K o m m a n d i t i s t e n ) zu binden; siehe d a z u noch unten sub § 6 IV 2 b cc. 2 4 8 Zur U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n der B e g r ü n d u n g gesellschaftsvertraglicher V e r w a l t u n g s rechte in der Person eines Dritten u n d dem A u s s c h l u ß der Gesellschafter von der H a n d l u n g s macht vgl. H. P. Westermann, Vertragsfreiheit u n d Typengesetzlichkeit, S. 388, 453. 2 4 9 In diesem Sinne auch Bork, A c P 184 (1984), 465, 472 f. 2 5 0 Vgl. d a z u oben sub § 3 IV 3 a u. V (Typ II/l).

IV.

Einzelkriterien

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stellen würde. Die anderen Gesellschafter geraten damit nur in dem Maße ins Blickfeld, in dem eine Einschränkung ihrer an sich bestehenden Befugnisse die rechtliche Grundlage der Mitarbeit des geschäftsführenden Gesellschafter beeinflussen kann. Die hierdurch angesprochene Thematik des Ausschlusses der anderen Gesellschafter von der Geschäftsführung ist nicht zuletzt deshalb vielschichtig, weil die verschiedenen personengesellschaftsrechtlichen Formen dabei nicht über einen Leisten geschlagen werden dürfen. Bei der GbR und bei der O H G hängt die Beantwortung der aufgeworfenen Frage allein davon ab, ob es zulässig ist, sämtliche Gesellschafter von der Geschäftsführung auszuschließen und einen Dritten mit der Wahrnehmung des Geschäftsführeramtes auf schuldrechtlichem Wege zu beauftragen. In dieser bislang nicht endgültig geklärten Problematik lassen sich mehrere Diskussionslinien unterscheiden. So ist bereits strittig, ob der Grundsatz der Selbstorganschaft in diesem Zusammenhang überhaupt eine eigenständige Rolle spielt. Dies hängt davon, ob man dieses Prinzip nur gegenüber solchen Gestaltungen mobilisiert, mittels derer die rechtliche Organisationstruktur der Gesellschaft abgeändert werden soll, 251 oder ob man in ihm auch eine äußerste Schranke gegenüber einer schuldrechtlichen Verlagerung von Entscheidungskompetenzen sieht 252 . Wichtiger ist indes die von dieser eher konstruktiven Überlegung weitgehend unabhängige Suche nach den inhaltlichen Grenzen der Übertragung der Geschäftsführung auf einen Dritten. Hierbei hat man sich lange Zeit vor allem darüber gestritten, ob ein vollständiger Ausschluß der Gesellschafter von der Geschäftsführung statthaft ist. Während eine ältere Lesart 2 5 3 einen solchen Ausschluß in einem ersten Schritt billigte, 254 um sodann in einem zweiten Schritt den Gesellschaftern das Recht zuzugestehen, die Ausschließung durch einen einstimmigen Beschluß aufzuheben, wird im neueren Schrifttum 2 5 5 schon der Ausschluß der Gesellschafter von der Geschäftsführung für unzulässig erklärt. 2 5 6 Im übrigen hat sich die Diskussion in zunehmendem Maße auf die Frage verlagert, welche einzelnen Befugnisse den Gesellschaftern wegen ihrer persönlichen Haftung nicht entzogen werden können. Dabei hat sich der B G H für eine vergleichsweise großzügige Zurückdrängung der Gesellschafterrechte ausgesprochen und den Ausschluß von Einzelweisungen sowie die Beschränkung des Widerrufs der Geschäftsführerstellung auf wichtige Gründe akzeptiert, sofern den Gesellschaftern nur gewisse grundlegen-

So Huber, ZHR 152 (1988), 1, 15 f. So BGH vom 5.10.1981, N J W 1982, 1817; Löffler, N J W 1983,2920,2922; Reuter,1986, 16, 18; Werra, Selbstorganschaft, S. 117 ff. 253 A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 II 2, S. 119 f.; in diesem Sinne ferner Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 114 Anm. 4. 254 So etwa auch R. Fischer, N J W 1959, 1057, 1061. 255 Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 709 Rn. 22; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §§ 709-715 Rn. 19; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 20. 256 Die insoweit bestehende Kontroverse ist deshalb bereits von R. Fischer, in: Großkomm. HGB, 3. Aufl., § 114 Rn. 10, als „fast für ein Spiel mit Worten" bezeichnet worden; noch strenger Flume, Personengesellschaft, § 10 II, S. 134: „gegenstandslos". 251

252

206

§ !> Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

de Mitwirkungs- und Kontrollrechte verbleiben. 2 5 7 Demgegenüber sehen andere Stimmen die maßgebliche Grenze schon früher als erreicht an und wollen etwa der Gesellschaftergesamtheit stets die jederzeitige Möglichkeit zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis

sowie die Weisungsbefugnis gegenüber dem

Dritten belassen 2 5 8 . Welcher dieser Sichtweisen letztlich zu folgen ist, mag hier dahinstehen. Für den vorliegenden Zusammenhang genügt die Feststellung, daß ein Gesellschafter, der die Geschäftsführung allein aufgrund eines Dienstvertrages übernimmt, nicht schlechter, aber auch nicht besser als ein unbeteiligter Dritter gestellt werden darf. Es ist deshalb zwar einerseits statthaft, einem einzelnen Gesellschafter einer G b R bzw. einer O H G die gesamte Geschäftsführung allein durch eine Drittbeziehung zu übertragen. Einer gesellschaftsvertraglichen Fundierung bedarf es nicht. 2 5 9 Andererseits hat der Gesellschafter in einem solchen Falle nur die Stellung eines Dritten inne, 2 6 0 so daß den übrigen Gesellschaftern bei einer solchen Gestaltung dieselben Mitgliedschaftsrechte wie bei der Beauftragung eines echten Dritten verbleiben. Ein noch weiter gehender Ausschluß der übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ist dagegen nur dann möglich, wenn der geschäftsführende Gesellschafter seine Tätigkeit - auch - auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages ausübt. In einer solchen Konstellation unterliegt der G e schäftsführer bei seiner Tätigkeit nämlich - anders als bei einer Mitarbeit auf einem reinen drittvertraglichen Fundament - in vollem Umfang den Bindungen des Gesellschaftsvertrages, insbesondere der Treuepflicht, 2 6 1 so daß ein geringerer Einfluß der sonstigen Gesellschafter auf die aktuelle Geschäftsführung hingenommen werden kann. In der Sache geht es also darum, daß das austarierte System unterschiedlicher Voraussetzungen und Grenzen bei einer Entmachtung von Gesellschaftern zugunsten eines anderen Gesellschafters auf der einen und zugunsten eines Dritten auf der anderen Seite nicht dadurch ausgehebelt werden darf, daß sich ein Gesellschafter in die Rolle eines Dritten begibt und dabei sowohl die für einen Gesellschafter als auch die für einen Dritten bestehenden Bindungen abstreift.

2 5 7 B G H vom 5.10.1981, N J W 1982, 1817f.; ebenso etwa Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 114 Rn. 5; nicht ganz deutlich B G H vom 20.9.1993, W M 1994,237,238; zurückhaltender ferner die Rspr. bei Publikums-GbR: vgl. B G H vom 16.11.1981, N J W 1982, 877, 878; B G H vom 22.3.1982, N J W 1982, 2495. 2 5 8 Vgl. (teilweise nur zum Entzug der Geschäftsführungsbefugnis bzw. zum Eigenhandeln der Gesellschafter) Flume, Personengesellschaft, § 10 I, S. 132; Heymann ¡Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 114 Rn. 28 f.; Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 22; Huber, Z H R 152 (1988), 1, 19 ff.; MünchKommBGB/i//OTer, 3. Aufl., § 709 Rn. 20; vermittelnd Baumbach/Z/opt, H G B , 30. Aufl., § 114 Rn. 25. 2 5 9 So im Erg. auch Pauli, Eigenkapital, S. 169. 260 Bork, AcP 184 (1984), 465, 473; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 60. 2 6 1 Zur fehlenden Bindung eines beauftragten Drittgeschäftsführers an die Treuepflicht vgl. B G H vom 22.1.1962, B G H Z 36, 292, 294; den Unterschied bezweifelnd aber Flume, Personengesellschaft, § 10 I, S. 131. Siehe dazu auch noch unten sub § 8 II 1 b.

IV.

Einzelkriterien

207

Bei der K G kann die Frage nach der Erforderlichkeit einer gesellschaftsvertraglichen Basis der Geschäftsführung durch einen dienstvertraglich

tätigen

Kommanditisten nur dann sinnvoll beantwortet werden, wenn zuvor geklärt ist, ob der K o m p l e m e n t ä r überhaupt aus der Geschäftsführung herausgedrängt werden kann. Solange der K o m p l e m e n t ä r nämlich selber n o c h qua Gesellschaftsvertrag geschäftsführend tätig ist, sind gegen eine Geschäftsführung durch den Kommanditisten, die ihre Grundlage allein in einem Dienstvertrag findet, keine B e d e n k e n ersichtlich. Teile des Schrifttums ziehen der Gestaltungsbefugnis hinsichtlich der K o n z e n t r a t i o n der Geschäftsführung auf den Kommanditisten engere G r e n z e n als bei der O H G bzw. der G b R . 2 6 2 Sollte damit gemeint sein, daß dem Kommanditisten von vornherein keine umfassenderen R e c h t e eingeräumt werden können als einem lediglich schuldrechtlich gebundenen Dritten, würde es für die Reichweite der Befugnisse des Kommanditisten keine R o l l e spielen, o b er die Geschäftsführung durch den Gesellschaftsvertrag oder einen Dienstvertrag erhalten hat. D i e h. M . steht indes auf dem Standpunkt, daß die R e c h t e des K o m plementärs in demselben M a ß e zugunsten des Kommanditisten eingeschränkt werden k ö n n e n wie in einer O H G bzw. einer G b R zum Vorteil eines persönlich haftenden Mitgesellschafters. 2 6 3 Somit gelten die soeben genannten Grundsätze entsprechend. D a n a c h ist es zwar zulässig, daß der K o m m a n d i t i s t die gesamte Geschäftsführung allein auf der Grundlage eines Dienstvertrages w a h r n i m m t . D e m K o m p l e m e n t ä r verbleiben in diesem Falle aber gewisse Mitwirkungsrechte. Eine stärkere Stellung kann der K o m m a n d i t i s t nur dann einnehmen, wenn er das A m t des Geschäftsführers auch auf der Basis des Gesellschaftsvertrages ausübt und demzufolge gesellschaftsrechtliche Bindungen zugunsten der anderen Beteiligten bestehen. 2 6 4 N a c h alledem steht es den Gesellschaftern einer G b R bzw. einer O H G oder einer K G frei, die gesamte Geschäftsführung durch einen ihrer Gesellschafter auf eine eigenständige rechtsgeschäftliche Grundlage zu stellen. D a b e i können sie

262 John, Rechtsperson, S.296; Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 164 Rn. 3; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 164 Rn. 29 ff.; Voormann, Beirat, 2. Aufl., S. 71 ff.; in diesem Sinne auch Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., §164 Rn. 10; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 III 2 a aa, S. 334; ferner Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 265, soweit er eine organschaftliche Geschäftsführung durch den Kommanditisten überhaupt zulassen will. 263 BGH vom 15.1.1968, WM 1968, 509, 510; BGH vom 9.12.1968, BGHZ 51,198,201; BGH vom 4.3.1976, WM 1976,446; Baumbach///o/)i, HGB, 30. Aufl., § 164 Rn. 7; Huber, Vermögensanteil, S. 38 f.; Schilling, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 8; inzident auch BGH vom 17.3.1966, BGHZ 45, 204, 205 ff. 264 Insoweit sei insbesondere auf das Wettbewerbsverbot gemäß § 112 HGB verwiesen, dem der geschäftsführende Kommanditist - jedenfalls bei einer Tätigkeit auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage - unterliegt; vgl. BGH vom 5.12.1983, BGHZ 89, 162, 165 f.; BGH vom 8.5.1989, NJW 1989,2687; Armbrüster, ZIP 1997,261,270; Fischer, Anm. zu BGH, LM § 1 GWB Nr. 6; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §166 Rn. 3; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., §165 Rn. 4; Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., §165 Rn. 3; Schlegelberger/Afortercs, HGB, 5. Aufl., § 165 Rn. 9. Siehe hierzu auch noch unten sub § 11 I 1 b aa (1).

208

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

sich z u m einen f ü r eine K o m b i n a t i o n in der Weise entscheiden, daß der Gesellschafter die G e s c h ä f t s f ü h r u n g kumulativ als gesellschaftsvertragliche u n d als austauschvertragliche Pflicht zu erfüllen hat (Typ II/l) 2 6 5 . Z u m anderen ist es aber auch möglich, daß der geschäftsführende Gesellschafter sein A m t ausschließlich auf der Basis des Austauschgeschäfts ausübt (Typ I I I / l ) . Dies gilt auch dann, w e n n der betreffende Gesellschafter die Position eines Alleingeschäftsführers bekleidet. Damit ist freilich n o c h nicht gesagt, ob dieses eigenständige Rechtsverhältnis auch als Arbeitsverhältnis ausgestaltet werden kann. 2 6 6 (b)

Innengesellschaften

Innengesellschaften bedürfen aufgrund ihrer Eigenart einer gesonderten W ü r d i gung, wobei die stille Gesellschaft im Sinne der §§ 230 ff. H G B als praktisch wichtigster Anwendungsfall hier im Vordergrund stehen soll. Freilich finden sich auch zur stillen Gesellschaft in der Frage der Mitverwaltung auf der Grundlage einer gesonderten Austauschbeziehung in der Literatur kaum entsprechende Stellungnahmen. So spricht - soweit ersichtlich - n u r Blaurock explizit davon, daß dem Stillen die G e s c h ä f t s f ü h r u n g auch durch einen v o m Gesellschaftsvertrag unabhängigen Dienstvertrag übertragen w e r d e n kann. 2 6 7 Im G r u n d s a t z ist gegen eine solche Vereinbarung in der Tat nichts einzuwenden. Man m u ß sich insoweit allerdings darüber im klaren sein, daß der Dienstvertrag aufgrund ihrer fehlenden Rechtsfähigkeit nicht mit der stillen Gesellschaft als solcher, sondern mit dem Inhaber des U n t e r n e h m e n s , auf das sich die stille Gesellschaft bezieht, zustande k o m m t . Z u d e m ist der Gegenstand entsprechend den obigen A u s f ü h r u n g e n nicht in der aus dem Gesellschaftsvertrag als solchem resultierenden G e s c h ä f t s f ü h r u n g zu sehen. Vielmehr f ü h r t die Wahl eines Dienstvertrages als Rechtsgrundlage der Tätigkeit dazu, daß es sich konstruktiv u m eine bloße Verlagerung der mit der G e s c h ä f t s f ü h r u n g verbundenen Aufgaben handelt. Problematisch ist wiederum, ob es auch zulässig ist, die gesamte G e s c h ä f t s f ü h rung durch einen schlichten Dienstvertrag beim stillen Gesellschafter zu k o n z e n trieren. Dies hängt, wie schon bei der K G angesprochen, davon ab, ob dem U n ternehmensinhaber die Geschäftsführungsbefugnis ganz generell zugunsten des Stillen entzogen werden kann. Insoweit lassen sich im Schrifttum 2 6 8 zwei unterschiedliche Linien ausmachen. Ein Teil der Literatur meint, daß es in einer stillen Gesellschaft nicht möglich sei, die gesamte G e s c h ä f t s f ü h r u n g auf den Stillen zu 265 Z u r U n t e r s c h e i d u n g der grundsätzlich möglichen F o r m e n v o n Tätigkeitsbeziehungen siehe o b e n sub § 3 V. 266 Siehe dazu u n t e n sub § 6 IV 2 b. 267 Blaurock, H a n d b u c h , 5. Aufl., Rn. 675, 679. Dies d ü r f t e auch die Position v o n D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / F l e c h t h e i m , H G B , 3. Aufl., § 335 A n m . 25, sein, w e n n es d o r t heißt, daß die aktive G e s c h ä f t s f ü h r u n g eines Stillen im Zweifel eine aus d e m Gesellschaftsvertrag fließende Verpflicht u n g sei. 268 Die R e c h t s p r e c h u n g hat sich hierzu - soweit ersichtlich - n o c h nicht geäußert; sämtliche einschlägigen E n t s c h e i d u n g e n sprechen lediglich d a v o n , daß es statthaft ist, den stillen Gesellschafter ü b e r h a u p t an der G e s c h ä f t s f ü h r u n g partizipieren zu lassen; vgl. oben sub (1) F n . 198.

IV.

Einzelkriterien

209

verlagern. E i n e solche Vereinbarung sei zwar nicht unwirksam, führe aber dazu, daß in Wirklichkeit ein Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter vorliege. 2 6 9 F ü r die Frage nach der Rechtsgrundlage der Mitarbeit des stillen Gesellschafters ergibt sich aus dieser Sichtweise zweierlei: Sofern dem U n t e r n e h m e n s inhaber substantielle Geschäftsführungsrechte verbleiben, ist es ohne weiteres möglich, den Stillen an der Geschäftsführung allein auf der Basis eines eigenständigen Dienstvertrages teilhaben zu lassen. Wenn der Inhaber dagegen von der Geschäftsführung ausgeschlossen wird, entfällt danach bereits der Tatbestand einer stillen Gesellschaft, so daß sich die Anschlußfrage erübrigt, o b es möglich ist, daß der Stille die Geschäftsführung in einer solchen Konstellation auf einer ausschließlich dienstvertraglichen Grundlage ausübt. D a n a c h lägen derartige Gestaltungen stets an der n o c h zu erörternden G r e n z e zwischen Gesellschafts- und reinem Austauschvertragsrecht 2 7 0 . D i e überwiegende Ansicht erhebt gegen die Möglichkeit, dem stillen Gesellschafter die Alleingeschäftsführung einzuräumen, indes keine Bedenken. 2 7 1 D a nach wird der Tatbestand der stillen Gesellschaft erst dann in Frage gestellt, wenn der U n t e r n e h m e n s i n h a b e r den Anweisungen des „Stillen" F o l g e zu leisten hat. 2 7 2 Bei einem schlichten Ausschluß des Inhabers ist dies jedoch nicht zwangsläufig der Fall, weil der Stille zwar begriffsnotwendig keine organschaftliche Vertretung ausüben, ihm aber P r o k u r a oder Handlungsvollmacht erteilt werden kann 2 7 3 . S o mit führt die K o n z e n t r a t i o n der Geschäftsführung auf den stillen Gesellschafter als solche nicht automatisch dazu, daß der Inhaber das U n t e r n e h m e n auf Weisung des Stillen zu betreiben hat. 2 7 4 D i e Alleingeschäftsführung des Stillen läßt den Tatbestand der stillen Gesellschaft demnach unberührt. Im übrigen sprechen auch keine sonstigen Aspekte gegen die grundsätzliche Möglichkeit, die G e schäftsführung intern v o m U n t e r n e h m e n s i n h a b e r vollständig auf den stillen G e sellschafter zu verlagern. Folglich besteht bei der Frage nach den möglichen Rechtsgrundlagen für die W a h r n e h m u n g der entsprechenden Tätigkeit dieselbe Ausgangslage wie bei der K G . Das bedeutet, daß es zwar im Prinzip zulässig ist, die Geschäftsführung dem Stillen im R a h m e n eines v o m Gesellschaftsvertrag getrennten Austauschvertrages aufzuerlegen. M a n wird in diesem Falle aber wiederum eine abgestufte Verlagerungsbefugnis anzunehmen haben. Wenn der stille Gesellschafter ausschließlich W. Kaufmann, J W 1931, 817; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 81 f. Siehe dazu unten sub c. 271 Düringer/Hachenburg/f/ec^t^ezm, H G B , 3. Aufl., §335 Anm. 25; Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost, H G B , §230 Rn. 59; Otto, BB 1948, 210 f.; Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 70. In diesem Sinne auch Baumbach/Hopi, H G B , 30. Aufl., § 230 Rn. 14: Inhaber kann sich in beliebiger Weise an Stillen binden (die Berufung auf B G H Z 8, 157, 160, geht freilich fehl). 272 Düringer/Hachenburg/F/eckAeiV», H G B , 3. Aufl., §335 Anm. 10, 25; vgl. hierzu auch noch unten sub c aa u. § 6 IV 2 c bb. 273 Siehe etwa Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 677. 274 Ungenau deshalb Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 80 ff. 269

270

210

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

im Rahmen eines Dienstvertrages tätig wird, verbleiben dem Unternehmensinhaber infolge der geringeren Pflichtbindung gewisse Mindestmitwirkungsrechte. Sofern die Geschäftsführung zumindest auch auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage erfolgt, kann der Inhaber in dem Maße aus der Geschäftsführung herausgedrängt werden, wie es auch beim Komplementär einer KG statthaft ist.

(3)

Auslegungsregeln

Die obigen Ausführungen haben zu dem Ergebnis geführt, daß die Geschäftsführung in allen angesprochenen Personengesellschaftsformen auch auf der alleinigen Basis eines Dienstvertrages ausgeübt werden kann. Aus der schlichten Aufgabenzuweisung kann somit nicht zwingend auf eine bestimmte Rechtsgrundlage für die Tätigkeit geschlossen werden. Daraus folgt aber nicht, daß dem Rechtsanwender für die Lösung zweifelhafter Konstellationen nicht doch bestimmte Hilfen an die Hand gegeben werden können. Vielmehr haben sich in der Rechtsprechung und der Literatur mehrere Regeln zum Umgang mit Grenzfällen herausgebildet, die im folgenden näher betrachtet werden sollen.

(a) Reguläre

Geschäftsführung

Bei der GbR und der O H G beruht die Geschäftsführungstätigkeit nach einhelliger Ansicht im Regelfall ausschließlich auf dem Gesellschaftsvertrag. 2 7 5 Dies ergibt sich aus dem erwähnten allgemeinen, für die O H G in § 114 Abs. 1 H G B verankerten Grundsatz, daß bereits die Einigung der Gesellschafter als solche auch ohne eine dahingehende ausdrückliche Vertragsregelung die einzelnen Gesellschafter zur Geschäftsführung verpflichtet. 2 7 6 Wenn die Gesellschafter eine zusätzliche Regelung über die Geschäftsführung treffen, ist regelmäßig davon auszugehen, daß sie lediglich die gesellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten konkretisieren, hinsichtlich der Rechtsgrundlage aber keine vom gesetzlichen Normalfall abweichende Gestaltung schaffen wollen. Für die Annahme eines eigenständigen Dienstvertrages bedarf es deshalb entsprechender Anhaltspunkte. Gleiches gilt für den Komplementär einer KG. 2 7 7 Beim Kommanditisten besteht infolge des grundsätzlichen Ausschlusses von der Geschäftsführung durch § 164 H G B eine andere Ausgangssituation. Insoweit kann man sich also nicht auf die Überlegung stützen, bei einer Übertragung der Geschäftsführung auf den Kommanditisten gehe es nur um eine Konkretisierung dessen, was sich ohnehin schon dem Grunde nach aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Gleichwohl besteht weithin Einigkeit, daß der geschäftsführende Kommanditist seine Aufgaben regelmäßig ebenfalls im Rahmen des Gesellschaftsvertrages und nicht auf der Grundlage eines eigenständigen Dienstvertrages wahr2 7 5 Vgl. nur Pauli, Eigenkapital, S. 168 f.; A. Schreiber, K o m m B G B / U l m e r , 3. A u f l . , § 709 R n . 26. 2 7 6 Siehe oben s u b ( l ) . 2 7 7 B G H v o m 7.12.1972, N J W 1973, 328.

Arbeit als Beitrag S . 4 5 ; M ü n c h -

IV.

211

Einzelkriterien

n i m m t . 2 7 8 Einige der in diesem Zusammenhang häufig genannten Entscheidungen k ö n n e n diese Sichtweise aber nur eingeschränkt fundieren. So wurde in den einschlägigen Urteilen des R G 2 7 9 und des B G H 2 8 0 jeweils darauf abgestellt, daß die Übertragung der Geschäftsführung im Gesellschaftsvertrag erfolgte, w o b e i aus diesem U m s t a n d auf eine vertragliche Erweiterung der Gesellschafterstellung geschlossen. M a n kann diesen Judikaten nicht die Auffassung entnehmen, nach der bereits die Geschäftsführungstätigkeit als solche zu einer dahingehenden Auslegungsregel führe. D e m g e g e n ü b e r bildete die durch verschiedene E i n z e l b e stimmungen abgesicherte Führungsrolle mehrerer Kommanditisten in einem weiteren Urteil des B G H einen wichtigen Aspekt für die gesellschaftsvertragliche E i n o r d n u n g der auf die Kommanditisten verlagerten Geschäftsführung. 2 8 1 In einem späteren E r k e n n t n i s wird aus der langjährigen zunehmenden W a h r n e h m u n g von Geschäftsführungsaufgaben durch einen Kommanditisten auf eine stillschweigende Änderung des Gesellschaftsvertrages geschlossen, ohne die M ö g lichkeit eines Dienstvertrages auch nur zu erwähnen. 2 8 2 A u c h wenn es sich insoweit um einen Fall mit familiärem H i n t e r g r u n d handelte, bei dem der Sohn hinsichtlich der innergesellschaftlichen Machtverteilung im Laufe der Zeit langsam zum Vater als dem persönlich haftendem Gesellschafter aufrückte bzw. an ihm vorbeizog, erlaubt das Judikat doch eine Verallgemeinerung im Sinne eines Vorrangs mitgliedschaftlich

fundierter Tätigkeit. 2 8 3

Noch

aussagekräftiger

sind

schließlich zwei oberlandesgerichtliche Entscheidungen, die - im Z u s a m m e n hang mit der Haftung nach § 172 A b s . 4 H G B - davon sprechen, daß in derartigen Konstellationen ganz generell im Zweifel von einer gesellschaftsrechtlichen Tätigkeitspflicht auszugehen sei. 2 8 4 Diese Auslegungsregel gewinnt dann einen eigenständigen Wert, wenn man sie in den Fällen eingreifen läßt, in denen nicht von vornherein eindeutig feststeht, daß die Beteiligten dem Kommanditisten die Geschäftsführung gerade durch den Gesellschaftsvertrag übertragen haben.

278 Vgl. Düringer/Hachenburg/Wec/ii^eim, H G B , 3. Aufl., § 164 Anm. 6; BaumbachIHopt, H G B , 30. Aufl., § 164 Rn. 7; Pauli, Eigenkapital, S. 182 ff.; Priester, DB 1975, 1878, 1880; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 36 Rn. 25; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 60 f.; im Erg. auch G. Hueck, DB 1962, 1363, 1367; Schilling, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §164 Rn. 19; ebenso Bork, AcP 184 (1984), 465,474 f., der zwar zunächst meint, daß sich aus der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis für die Abgrenzung wenig herleiten läßt, dann aber die organschaftliche Geschäftsführung als den „Normalfall" bezeichnet. 279 R G vom 28.4.1925, R G Z 110,418,420. 280 B G H vom 27.6.1955, B G H Z 17, 392, 394 f. 281 B G H vom 4.3.1976, WM 1976, 446. 282 B G H vom 8.5.1989, N J W 1989, 2687. 283 Das gleichzeitige Vorhandensein einer GmbH, an der Vater und Sohn zunächst hälftig beteiligt waren und die später in das Alleineigentum des Sohnes fiel, spielt insoweit keine Rolle. 284 O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 343, 344; O L G Hamm vom 15.11.1976, D B 1977, 717, 718. Auch wenn das O L G Celle in den Gründen seines Urteils allgemein von einer Mitarbeit des Kommanditisten spricht, ergibt sich aus dem Leitsatz sowie dem Sachverhalt doch eindeutig, daß es sich hierbei um die Geschäftsführungstätigkeit handelte.

212

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

Ihre innere Rechtfertigung bezieht sie neben der - den steuerrechtlichen Ausgangsdaten 2 8 5 geschuldeten - schlichten Unüblichkeit zusätzlicher Dienstverträge im wesentlichen aus drei Motiven: Zum einen ist zu berücksichtigen, daß die Parteien in den hier interessierenden Gestaltungen infolge der feststehenden Kommanditisteneigenschaft bereits durch einen Gesellschaftsvertrag verbunden sind. Bei einer solchen Ausgangssituation spricht vieles dafür, daß die Beteiligten eine Tätigkeitsabrede regelmäßig in das ohnehin existierende Vertragsgefüge integrieren und keine davon getrennte Rechtsbeziehung begründen wollen. Auch wenn es den Parteien selbstverständlich freisteht, bei der Ausformung ihrer rechtlichen Verhältnisse komplizierte Regelungen zu treffen, ist bei der Auslegung von Zweifelsfällen stets die rechtlich einfachste Lösung vorzuziehen. Die schlichte Erweiterung der gesellschaftsrechtlichen Position des Kommanditisten stellt gegenüber der Aufteilung der Rechte und Pflichten auf eine gesellschaftsvertragliche und eine austauschvertragliche Beziehung aber die einfachere Vertragsgestaltung dar. Der zweite Gesichtspunkt besteht in dem durch die Veränderung der Stellung des Kommanditisten regelmäßig intendierten Aufrücken vom Kapitalanleger zum vollwertigen Mitunternehmer. Zwar ist es - wie dargelegt nicht ausgeschlossen, die Geschäftsführung zum Gegenstand einer Drittbeziehung zu machen. Wenn dem Kommanditisten aber der Kern des unternehmerischen Handelns übertragen wird, ist davon auszugehen, daß diese Tätigkeit auf derselben rechtlichen Grundlage erbracht werden soll, auf der diejenigen U m stände beruhen, die überhaupt erst die Eigenschaft als Mitunternehmer begründen. Drittens ist davon auszugehen, daß die Beteiligten den Kommanditisten durch die Übertragung der Geschäftsführung im Innenverhältnis an die normale Rechtsstellung des Komplementärs angleichen wollen, wozu insbesondere die Regelung über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 117 H G B gehört. Dies kann indes nur auf der Basis eines Gesellschaftsvertrages erreicht werden, nicht aber mittels eines Dienstvertrages. Für die stille Gesellschaft lassen sich vergleichbare Überlegungen anstellen. Auch für diese Rechtsform gilt, daß bei einer Übertragung der Geschäftsführung auf den Stillen einer einheitlichen gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der Rechtsbeziehungen gegenüber einer Aufspaltung auf verschiedenen Verträge der Vorzug zu geben ist. 286 Hinzu kommt, daß wiederum nur auf diesem Weg die gesellschaftsrechtlichen Regelungen und Grundsätze über die Geschäftsführung zur Anwendung kommen können.

285 Anders als im Körperschaftsrecht können Tätigkeitsvergütungen von Personengesellschafter-Geschäftsführern infolge der Regeln über die Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG nicht als Betriebsausgaben gewinnmindernd geltend gemacht werden. Siehe dazu noch unten sub § 6 IV 2 b bb. Zum dahinter stehenden Dualismus im Steuerrecht, das strikt an die rechtliche Form - Personengesellschaft oder Körperschaft - anknüpft und damit identische Realstrukturen unterschiedlich behandelt, eingehend Maurer, Besteuerung, S. 32 ff. 286 So im Erg. bereits Düringer/Hachenburg/f/ec^i^ez>n, HGB, 3. Aufl., § 335 Anm. 25: „im Zweifel eine aus dem Gesellschaftsvertrag fließende Verpflichtung".

IV.

(b) Quantitativ

erhebliche

Einzelkriterien

213

Mitarbeit

Im Schrifttum finden sich zuweilen Ansätze, bestimmte, mit dem Umfang der Geschäftsführungsaufgaben zusammenhängende Umstände als Indizien für das Vorliegen eines Dienstvertrages einzustufen. So nennt H. P. Westermann zum einen eine über das übliche Maß hinausgehende Mitarbeit und zum anderen das Vorhandensein einer Abrede über eine die gesamte Arbeitskraft beanspruchenden Tätigkeit. Letzteres gelte vor allem dann, wenn andere Gesellschafter nur in einem geringeren Ausmaß mitzuarbeiten hätten. 287 Da H. P. Westermann zu Beginn seiner Ausführungen auf die Indizwirkung einer versprochenen Vergütung eingeht, bleibt allerdings unklar, ob er die mitarbeitsbezogenen Aspekte bereits für sich allein als Kriterien für einen Dienstvertrag auffaßt oder nur im Falle des gleichzeitigen Abschlusses einer Vergütungsvereinbarung. Ungeachtet dessen, wie die Darlegungen von H. P. Westermann letztlich zu deuten sind, fragt sich jedoch grundsätzlich, welcher Aussagegehalt den von ihm erwähnten Umständen zukommt. Betrachtet man somit die genannten Gesichtspunkte näher, zeigt sich, daß ihnen keine indizielle Kraft für das Vorliegen eines eigenständigen Dienstvertrages zugesprochen werden kann. So leidet das Abstellen auf eine über das übliche Maß hinausgehenden Geschäftsführungstätigkeit bereits an der Verschwommenheit der Grenze, von der ab ein Dienstvertrag naheliegen soll. Zudem bleiben die vertragsrechtlichen Folgen undeutlich. In Betracht kommt einerseits, daß die regulären Geschäftsführungsaufgaben auf der Basis des Gesellschaftsvertrages erbracht werden und die quantitativ darüber hinausgehende Mitarbeit in einen Dienstvertrag gekleidet wird. Dies hätte indes zur Folge, inhaltlich zusammenhängende Arbeiten aufzuspalten. Andererseits ist denkbar, daß der Geschäftsführer in einem solchen Falle seine gesamte Tätigkeit auf einer dienstvertraglichen Grundlage ausübt. Hierdurch würde aber wenig überzeugend auch der übliche Teil der Geschäftsführung nicht mehr im Rahmen des Gesellschaftsvertrages geleistet werden. Entsprechendes gilt für eine im Vergleich zu anderen Gesellschaftern umfangreichere Mitarbeit. Darüber hinaus ist die Annahme eines Dienstvertrages als argumentatives Bindeglied für die Wahrung schutzwürdiger Interessen des Gesellschafters nicht erforderlich. Hinter den genannten Umständen steht nämlich letztlich die Wertung, daß dem Gesellschafter in bestimmten Fällen ein Vergütungsanspruch zustehen soll. Ein solcher Anspruch kann sich nach der ständigen Rechtsprechung aber auch aus einer stillschweigenden Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag ergeben. 288 Es leuchtet jedoch nicht ein, konkludenten gesellschaftsvertraglichen Vergütungszusagen skeptisch gegenüberzustehen, um dann aus den gleichen KriteE r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 14. Vgl. R G vom 17.4.1901, JW 1901, 406; R G vom 6.7.1938, JW 1938,2769; R G vom 4.3.1943, R G Z 170, 392, 396; B G H vom 21.5.1955, B G H Z 17, 299, 301; O L G Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590, 591. Siehe dazu noch unten sub § 9 I 1 b bb. 287 288

214

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

rien einen stillschweigend geschlossenen Dienstvertrag zu folgern und auf diese Weise zu einer Tätigkeitsvergütung zu gelangen. Mithin läßt sich aus dem quantitativen U m f a n g der Geschäftsführung für sich g e n o m m e n kein Indiz für die E x i stenz eines eigenständigen Dienstvertrages gewinnen. (c) Tätigkeiten

außerhalb

der

Geschäftsführung

D e n letzten, gleichsam negativ mit der Geschäftsführung zusammenhängenden A n k n ü p f u n g s p u n k t für eine gesonderte Dienstleistungsbeziehung neben dem Gesellschaftsvertrag bildet eine gegenständlich außerhalb dieses Bereiches liegende Mitarbeit. A u f der Grundlage der eingangs erwähnten Sichtweise, nach der jede auf die F ö r d e r u n g des Gesellschaftszwecks gerichtete Tätigkeit unter den Begriff der Geschäftsführung fallen soll, 2 8 9 läßt sich eine A b g r e n z u n g allerdings nicht vornehmen. A u c h ein echter Drittvertrag wird sich nämlich regelmäßig zum Vorteil des Gesellschaftszwecks auswirken, weil seine D u r c h f ü h r u n g für die Gesellschaft ansonsten sinnlos ist. D i e schlichte Zweckdienlichkeit kann für eine gesellschaftsvertragliche E i n o r d n u n g deshalb nicht ausreichen. 2 9 0 M a n wird statt dessen im Sinne des auf geschäftsleitende Tätigkeiten beschränkten Begriffs der Geschäftsführung 2 9 1 grundsätzlich danach zu unterscheiden haben, ob eine M i t arbeit ihrem Inhalte nach den R a h m e n dessen überschreitet, was ein Geschäftsführer nach dem konkreten Zuschnitt der Gesellschaft üblicherweise zu leisten hat. So gehört - um ein in der Literatur 2 9 2 häufig genanntes Beispiel aufzugreifen - die Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht zu dem von einer O H G betriebenen U n t e r nehmen. Wenn ein Gesellschafter für die O H G eine Rechtsangelegenheit besorgt, ist dies folglich ein A n z e i c h e n für einen „Sonderauftrag", wie ein tätigkeitsbezogener Drittvertrag im Schrifttum nicht selten bezeichnet wird 2 9 3 . Bei einer solchen zusätzlichen Mitarbeit kann im übrigen auch regelmäßig nicht mehr davon ausgegangen werden, daß insoweit eine bloße Aufwendung des geschäftsführenden Gesellschafters vorliegt, die über § 713 B G B zum Auftragsrecht führt. In der Sache geht es damit um die schon in der D e n k s c h r i f t zum H G B 2 9 4 erwähnten „anderen D i e n s t e " . Sofern sich die Mitgesellschafter derartiger Leistungen versichern wollen, müssen sie durch eine hinreichend deutliche Klausel die Beitragspflicht über den Bereich der eigentlichen Geschäftsführung hinaus erweitern.

Siehe dazu oben sub (1) mit Fn. 183. In diesem Sinne auch A Hueck, OHG, 4. Aufl., § 18 I, S. 259. 291 Siehe hierzu oben sub (1). 292 Vgl. Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., §110 Rn.22; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 60; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 9; A. Schreiher, Arbeit als Beitrag, S. 45; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 21; ähnlich Dahns, RdA 1951, 368, 369 (juristisches Gutachten). 293 Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., §709 Rn 13; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §§ 709-715 Rn. 16, § 713 Rn. 1; MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 36. 294 S. 83. 289

290

IV.

Einzelkriterien

215

Eine gegenläufige Auslegungsregel ist entsprechend einer vom B A G geäußerten Auffassung 2 9 5 indes im Hinblick auf solche - nicht geschäftsleitenden - Tätigkeiten anzuerkennen, die für die Erreichung des Gesellschaftszwecks „wesentlich" sind, 2 9 6 wobei es in concreto um Konstrukteursarbeiten ging. Der von Herrmann gegen die Brauchbarkeit dieses Kriteriums als Indiz für eine gesellschafterliche Mitarbeit ins Feld geführte Gedanke, daß auch die Dienste eines Dritten unverzichtbar sein können, mißt der hier unstreitig bestehenden Beteiligtenstellung des Betroffenen ein zu geringes Gewicht bei. Gleiches gilt für diejenigen Gesellschaften, bei denen die Vereinigung den Rahmen für die freiberufliche Betätigung bildet. Wenn mehrere Freiberufler für ihren Zusammenschluß die Rechtsform einer G b R wählen, ist deshalb auch ohne ausdrückliche Festlegung davon auszugehen, daß die berufliche Tätigkeit selbst dann, wenn sie für sich genommen keinen geschäftsleitenden Charakter hat, grundsätzlich eine gesellschaftsvertragliche Beitragspflicht sein soll. 2 9 7 Bei der Partnerschaft ist - wie eingangs bereits erwähnt 2 9 8 - aus § 6 Abs. 2 P a r t G G zu folgern, daß die Berufsausübung („berufliche Geschäftsführung") sogar zwingend auf der Basis des Partnerschaftsvertrages erfolgen muß. bb)

Körperschaftsrecht

(1)

Ausgangspositionen

Im Körperschaftsrecht, für das hier exemplarisch auf die G m b H eingegangen werden soll, bestehen hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit von vornherein andere Ausgangspositionen als im Personengesellschaftsrecht. So ist nach der ganz h. M. zunächst zwischen der Bestellung zum Geschäftsführer als dem körperschaftlichen Rechtsakt, durch den gesetzliche Kompetenzen übertragen werden, und der die persönlichen Beziehungen des Geschäftsführers zur Gesellschaft 2 9 9 regelnden Anstellung 3 0 0 zu unterscheiden („Trennungstheorie"). 3 0 1 WeiB A G vom 11.5.1978, A P Nr. 2 zu § 161 H G B (unter 1). Ebenso Wtedemann, Anm. zu B A G , A P Nr. 2 zu § 161 H G B (unter 1 b). 2 9 7 In diesem Sinne auch Stehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S. 208; Steindorff, FS R. Fischer (1979), S. 747, 764. 2 9 8 Siehe oben sub a. 2 9 9 D i e in der Rechtswirklichkeit durchaus geläufigen Fälle der Drittanstellung des G e schäftsführers sollen im folgenden außer Betracht bleiben. 3 0 0 D e r Begriff des Anstellungsverhältnisses wird im folgenden in einem weiten Sinne als Oberbegriff für korporative und nichtkorporative Regelungen der persönlichen Rechtsstellung des Geschäftsführers verstanden; vgl. S c h o l z / U . H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 5 in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 6 R n . 26: „AnstellungsRn. 150 ff.; ferner Altmeppen, verhältnis entweder gesellschaftsrechtlicher Art oder Dienstvertrag". Demgegenüber wird dieser Begriff vielfach in einem engeren Sinne als Synonym für eine rein schuldrechtliche Gestaltung der Rechte und Pflichten des Geschäftsführers verwendet; siehe B A G vom 16.9.1998, A P Nr. 56 zu § 6 1 1 B G B Direktionsrecht (unter III 2 b cc); B A G vom 6.5.1999, A P Nr. 46 zu § 5 A r b G G 1979; Altmeppen, aaO., § 6 Rn. 11: „Anstellungs- oder Gesellschaftsverhältnis"; etwas schwächer B A G vom 26.5.1999, A P Nr. 10 zu § 35 G m b H G (unter III 1): „ r e g e l m ä ß i g schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag". 3 0 1 Vgl. B G H vom 24.11.1980, B G H Z 79, 38, 41; B G H vom 14.11.1983, B G H Z 89, 48, 52 f.; 295 296

216

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

terhin ist anerkannt, daß es sich beim Anstellungsverhältnis des GesellschafterGeschäftsführers sowohl um ein mitgliedschaftliches Rechtsverhältnis und damit um eine gesellschaftsvertragliche Nebenleistungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G als auch um einen eigenständigen Dienstvertrag 302 zwischen dem Gesellschafter und der GmbH handeln kann. 303 Die daneben existierende Möglichkeit einer schuldrechtlichen Absprache zwischen den Gesellschaftern als rechtliche Basis für die Ausübung des Geschäftsführeramtes 304 ist bei der Qualifikation unklarer Einzelfälle zwar nicht aus den Augen zu verlieren, spielt in der Praxis aber offenbar keine Rolle. Eine von der Sichtweise der h. M. abweichende Auffassung wird von Baums vertreten. Den Ausgangspunkt bildet die Überlegung, daß sich die Tätigkeitspflicht des Geschäftsführers bereits aus der Bestellung ergebe. 305 Ein ergänzend geschlossener Anstellungsvertrag könne deshalb nicht mehr als austauschrechtlicher Dienstvertrag eingestuft werden. 306 Diese Konzeption („Einheitstheorie") hat sich indes nicht durchsetzen können. 307 Zwar ist man sich weithin darüber einig, daß die Pflicht zur Geschäftsführung bereits mit der wirksamen Bestellung zum Organ 3 0 8 begründet wird 309 und erst mit der Beendigung der Organstellung B A G vom 6.5.1999, AP Nr. 46 zu § 5 ArbGG 1979; Hachenburg/Mertens, G m b H G , 8. Aufl., § 35 Rn. 22; Plander, G m b H R 1968,197, 198 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §§ 14 III 2 b, 36 II 2 b u. c, S. 422 ff. u. 1073 ff.; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 35 Rn. 150. 3 0 2 Auf die Meinungsunterschiede hinsichtlich der grundsätzlichen Einordnung des (entgeltlichen) Anstellungsvertrages als reiner Dienstvertrag (§ 611 B G B ) oder als Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter (§§611, 675 B G B ) soll im folgenden nicht näher eingegangen werden. 3 0 3 Vgl. nur R G vom 4.5.1904, HoldhMSch 13 (1904), 256; O L G Frankfurt vom 12.7.1907, O L G Rspr. 16 (1908), 118 f.; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 1; Reuter, FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 487, 488; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., §35 Rn. 152 ff.; Baumbach/Hueck/Zö7/«er, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 8 f. 3 0 4 Siehe dazu oben sub III 1. 3 0 5 Geschäftsleitervertrag, S. 46 ff. 3 0 6 Geschäftsleitervertrag, S. 51, 55 ff. 3 0 7 Für einen „Einheitsgedanken" plädierend aber Hohlfeld, G m b H R 1987, 255; die Differenzierung zwischen Bestellung und Anstellung relativierend auch Martens, FS Werner (1984), S. 495, 505 f. 3 0 8 Hierzu bedarf es nicht zuletzt im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 G G der Annahme durch den Bestellten; vgl. O L G München vom 25.6.1999, ZIP 1999, 1558 f.; Plander, G m b H R 1968, 197,201 f. 3 0 9 Vgl. Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 3 5 Rn.58, 92; Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., §35 Rn. 18; in diese Richtung auch G. Hueck, ZfA 1985, 25, 29. Auf das Urteil des R G vom 3.4.1917, Recht 1917, Nr. 1400, kann man sich entgegen Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 46 f., hierfür aber nur eingeschränkt stützen, da das R G in jenem Erkenntnis nicht nur von einem (durch die Annahme der Bestellung zum Geschäftsführer bewirkten) Dienstverhältnis, sondern ausdrücklich von einem zustande gekommenen Dienstvertrag gesprochen hat, mag die Wendung vom „vorbehaltenen besonderen Dienstvertrag" diesen Ausgangspunkt auch wieder verdunkeln. Auch in der kurze Zeit zuvor ergangenen Entscheidung des RG vom 7.11.1916, J W 1917, 165 f., wird die Verpflichtung zur Ausübung der Geschäftsführertätigkeit nicht explizit auf die Bestellung zurückgeführt. Vielmehr ist in den Gründen ebenfalls von einem Dienstvertrag mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer die Rede.

IV.

Einzelkriterien

217

ihr Ende findet. Auf den Abschluß eines Anstellungsvertrages kommt es insoweit nicht an. 310 Daraus folgt für die Vertreter der h. M. jedoch nicht, daß ein Anstellungsvertrag kein Dienstvertrag sein kann 3 1 1 oder es von vornherein keiner weiteren rechtlichen Grundlage für die Tätigkeit als Geschäftsführer bedarf. Insbesondere haben die Judikatur und das Schrifttum - wie bereits dargetan 3 1 2 - bislang weitgehend darauf verzichtet, die Organstellung als solche um eine korporationsrechtliche persönliche Rechtsstellung des Geschäftsführers zwischen echter Mitgliedschaft und echtem Drittvertrag anzureichern. Somit enthebt die wirksame Bestellung eines Gesellschafters zum Geschäftsführer nicht von der Frage nach der Rechtsgrundlage der insoweit geleisteten Dienste.

(2)

Auslegungsregeln

Die Formbedürftigkeit einer echten korporativen Nebenleistungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G bringt es mit sich, daß es nur bei einer im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Übertragung der Geschäftsführung auf einen Gesellschafter zur Abgrenzung zwischen einer (wirksamen) korporationsrechtlichen und einer drittvertraglichen Dienstleistungsbeziehung als einem unechten Satzungsbestandteil 3 1 3 kommen kann. Die in solchen Gestaltungen erforderliche Qualifikation der Tätigkeitsabrede richtet sich im Ausgangspunkt unbestrittenermaßen nach dem Parteiwillen bzw. den Einzelumständen. 3 1 4 Damit ist für die Lösung konkreter Fälle indes noch wenig gewonnen. Es erscheint deshalb lohnend, nach präziseren Handreichungen für die Bewältigung der Einordnungsproblematik Ausschau zu halten. Für diese bislang offenbar nicht näher eigenständig diskutierte Thematik bieten sich zwei verschiedene Zugangswege an: Erstens kann man sich der Abgrenzung aus der Perspektive eines möglichen Rechts des Gesellschafters auf die Wahrnehmung des Geschäftsführeramtes nähern. Zwischen der Existenz eines korporationsrechtlichen Sonderrechts und der Rechtsgrundlage der ausgeübten Tätigkeit besteht nämlich ein unmittelbarer Zusammenhang. Wenn einem Gesellschafter ein derartiges Sonderrecht zusteht, kann im Grundsatz davon ausgegangen werden, daß die Mitarbeit auf der Basis des Gesellschaftsvertrages erfolgen soll und die Beteiligten nicht den Willen haben, einen Dienstvertrag abzu-

3 1 0 B a u m b a c h / H u e c k / Z ö l l n e r , G m b H G , 17. A u f l . , § 35 R n . 18; siehe auch R n . 10 zu den verschiedenen M ö g l i c h k e i t e n der Koppelung von O r g a n b e s t e l l u n g u n d Anstellungsvertrag; verkannt von B A G v o m 16.9.1998, A P Nr. 56 zu § 611 B G B Direktionsrecht (unter III 2 b cc). 311 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 6 R n . 26; Hachenburg/Stow, G m b H G , 8. A u f l . , § 35 R n . 160; Baumbach/Hueck/Zö/Zwer, G m b H G , 17. A u f l . , § 35 R n . 9, 97. 3 1 2 Siehe dazu oben sub § 3 II 2 a. 3 1 3 Zu dieser R e c h t s f i g u r siehe oben sub III 1. 3 1 4 So bereits R G v o m 4.5.1904, H o l d h M S c h 13 (1904), 256; vgl. z u r A b g r e n z u n g ferner generell B G H v o m 25.10.1962, B G H Z 38, 155, 161; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbH G , 17. A u f l . , § 3 R n . 56; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. A u f l . , § 3 R n . 47; Priester, D B 1979, 681, 683; H a c h e n b u r g / U l m e r , G m b H G , 8. A u f l . , § 53 R n . 12 ff.

218

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

schließen. 3 1 5 Zwar ist es nicht geradezu denkunmöglich, einem Gesellschafter ein korporatives Sonderrecht auf die Geschäftsführung einzuräumen, während sich die Pflicht zur Wahrnehmung dieser Aufgabe nach dem Willen der Beteiligten aus einem daneben bestehenden tätigkeitsbezogenen Drittvertrag ergeben soll. Für eine derart ungewöhnliche Vertragsgestaltung ist aber demjenigen die Darlegungslast aufzubürden, der sich darauf beruft. D e r damit naheliegende Weg, über das Vorhandensein eines Sonderrechts zu einem gesellschaftsvertraglichen Fundament der Geschäftsführung zu gelangen, erweist sich indes als steinig. Die Rechtsprechung und das Schrifttum verhalten sich in der Frage eines Sonderrechts eines Gesellschafters auf die Geschäftsführung nämlich sehr zurückhaltend. Aus dem bloßen Umstand, daß ein Gesellschafter gemäß § 6 Abs. 3 S. 2 Alt. 1 G m b H G bereits in der Satzung zum Geschäftsführer bestellt worden ist, ergibt sich nach einhelliger Meinung noch nicht das Vorliegen eines dahingehenden Rechts. 3 1 6 Vielmehr bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte. Als wichtigstes Indiz für die Annahme eines Sonderrechts wird dabei die im Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 38 Abs. 2 G m b H G vorgesehene Beschränkung des Widerrufs der G e schäftsführerbestellung auf wichtige Gründe angesehen. 3 1 7 Insoweit genügt es aber, wenn durch sonstige Abreden die Dauerstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers betont wird. Das Kriterium einer allgemeinen Annäherung der G m b H an die Binnenstruktur der O H G (personalistische G m b H ) 3 1 8 ist demgegenüber zu wenig konkret, 3 1 9 um hieraus ein Sonderrecht und damit eine mitgliedschaftliche Grundlage der Geschäftsführung ableiten zu können 3 2 0 . Die restriktive Haltung bei der Bejahung von Sonderrechten hat demnach zur Folge, daß aus diesem Aspekt zumindest regelmäßig kein Schluß auf die gesellschaftsvertragliche Basis der Tätigkeit als Geschäftsführer gezogen werden kann. D e r zweite Ansatz liegt darin, die Abgrenzung von Gesellschafts- und Dienstvertragsrecht aus dem Blickwinkel der Pflicht zur Ausübung der Geschäftsfüh-

3 1 5 In diesem Sinne auch Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 5 Rn. 153; Baumbach/Hueck/2ö'//ner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 8; siehe in diesem Zusammenhang ferner KD. Müller, Bestellung des Geschäftsführers, S. 135, nach dessen Ansicht die Amtstätigkeit beim Bestehen eines Sonderrechts auf die Geschäftsführung nicht auf einem gleichzeitig abgeschlossenen Anstellungsvertrag beruht. 3 1 6 R G vom 21.10.1899, R G Z 44, 95, 97 f.; K G vom 25.2.1901, OLGRspr. 3 (1901), 64, 65; R G vom 26.5.1908, LZ 1909, Sp. 75, 76; O L G Oldenburg vom 23.4.1921, O L G Rspr. 42 (1922), 223; R G vom 29.11.1918, J W 1919, 313, 314; B G H vom 4.11.1968, N J W 1969, 131; B G H vom 16.2.1981, W M 1981, 438, 439; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 6 Rn. 16; Priester, D B 1979, 681, 684; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 6 Rn. 29; Hachenburg/ Stein, G m b H G , 8. Aufl., § 38 Rn. 25. 3 1 7 R G vom 21.10.1899, R G Z 44, 95, 98 f.; R G vom 19.5.1914, WarnRspr. 1914 Nr. 261; Winkler, D N o t Z 1969, 394, 413. 3 1 8 So R. Fischer, FS W. Schmidt (1959), S. 117, 121; Winkler, D N o t Z 1969,394,413. 3 1 9 Vgl. B G H vom 16.2.1981, W M 1981, 438, 439: „Grenzen flüssig". 3 2 0 Gegen ein allein aus dem personalistischen Charakter der G m b H abzuleitendes Sonderrecht auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 2; "KoveAAet/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 3; Scholz/t/. H. Schneider, 9. Aufl., § 38 Rn. 17.

IV. Einzelkriterien

219

rung zu betrachten. 321 Insoweit ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die aus der Bestellung resultierende Tätigkeitspflicht nach überwiegender Ansicht keine hinreichende Grundlage für die persönliche Rechtsstellung des Geschäftsführers bildet 322 und deshalb weitere Abreden erforderlich sind, deren Qualifikation zweifelhaft sein kann. Hierzu hat sich die Rechtsprechung explizit soweit ersichtlich nur in zwei älteren Entscheidungen geäußert. Dabei hat das RG aus dem Umstand, daß der Gesellschafter seine gesamte Arbeitskraft der G m b H zu w i d men und sich während der Dauer der Gesellschaft jeder anderen geschäftlichen Tätigkeit zu enthalten hatte, auf eine korporationsrechtliche Verpflichtung geschlossen. 323 Demgegenüber kommt in einem Urteil des O L G Frankfurt eine hinsichtlich des Gesellschaftsrechts eher zurückhaltende Einstellung zum Ausdruck. Danach soll die Bestellung eines Gesellschafters zum Geschäftsführer regelmäßig nicht auf eine korporationsrechtliche Pflicht hindeuten. 3 2 4 In concreto kam allerdings noch hinzu, daß die einzelnen Rechte und Pflichten des Geschäftsführers in einen eigenständigen Vertrag aufgenommen waren, der sodann als Dienstvertrag qualifiziert wurde. Die geschilderten Strömungen lassen sich dahin zusammenfassen, daß die Qualifikation der dem Geschäftsführeramt zugrunde liegenden Rechtsbeziehung als mitgliedschaftlich im allgemeinen als eine begründungsbedürftige Ausnahme angesehen wird. Damit korrespondierend werden auch die sonstigen, die persönliche Rechtsstellung des Geschäftsführers betreffenden Regelungen üblicherweise zu den unechten Satzungsteilen gezählt, 3 2 5 wenngleich in diesem Zusammenhang nicht immer verdeutlicht wird, ob auch Gesellschafter-Geschäftsführer unter diese Regel fallen sollen. Lediglich vereinzelt finden sich Stimmen, die sich zumindest für bestimmte Konstellationen gegen eine Vermutung für eine lediglich schuldrechtliche Vereinbarung aussprechen. 3 2 6 Der Hintergrund dieser Sichtweise besteht zum einen in dem für die G m b H geltenden Grundsatz der Fremdorganschaft. Anders als bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter nicht automatisch Geschäftsführer, sondern müssen erst in dieses Amt berufen werden. Der Gesellschaftsvertrag bildet somit nicht die gleichsam selbstverständliche Basis für die Ausübung geschäftsführender Tä321 Eine getrennte Betrachtung relativierend aber bereits Wieland, Handelsrecht, Bd. II, § 117 II 3, S. 301, nach dessen Ansicht aus einem Sonderrecht auf die G e s c h ä f t s f ü h r u n g im Z w e i fel eine Sonderpflicht z u r Leitung und u m g e k e h r t folgt. 3 2 2 Siehe dazu soeben sub (1). 323 R G v o m 4.5.1904, H o l d h M S c h 13 (1904), 256 f. 324 O L G F r a n k f u r t v o m 12.7.1907, O L G R s p r . 16 (1908), 118 f. 3 2 5 Vgl. R G v o m 17.3.1900, J W 1900, 417; R G v o m 29.11.1918, J W 1919, 313, 314; B G H v o m 29.9.1955, B G H Z 18, 205, 208; B G H v o m 19.1.1961, N J W 1961, 507; B G H v o m 4.11.1968, N J W 1969, 131; siehe auch B G H v o m 29.9.1954, L M § 549 Z P O Nr. 25: Pensionszusage f ü r W i t w e n der Geschäftsführer. Ferner S c h o l z / E m m e r i c h , G m b H G , 9. A u f l . , § 3 R n . 68; Lutter/Hommelb o f f , G m b H G , 15. A u f l . , § 3 R n . 47; Priester, D B 1979, 681, 684; Baumbach/Hueck/2ö7/»er, G m b H G , 17. A u f l . , § 53 R n . 6. 3 2 6 So Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. A u f l . , § 3 R n . 56, f ü r den Fall der Verpflichtung nur eines Gesellschafters z u r G e s c h ä f t s f ü h r u n g .

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5 ^ Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

tigkeit. Z u m anderen müssen die Gesellschafter nach der gesetzlichen G r u n d struktur der G m b H zwar zwingend G e l d bzw. Sacheinlagen, nicht aber ihre eigene Arbeitskraft einbringen. A u c h wenn die überwiegende Zahl der G m b H in der Rechtswirklichkeit nicht (rein) kapitalistisch, sondern personalistisch strukturiert ist, 3 2 7 ändert dies nichts an der gesetzlichen Ausgangslage. Im übrigen darf die verbreitete Praxis, auch mit Gesellschafter-Geschäftsführern einer G m b H anders als bei Personengesellschaften - Dienstverträge abzuschließen, um auf diese Weise zu einer die Körperschaftsteuer mindernden Tätigkeitsvergütung zu gelangen, 3 2 8 bei der Auslegung unklarer Vereinbarungen nicht außer Betracht gelassen werden. 3 2 9 Will man das Gefüge von Leistung und Gegenleistung nicht auseinanderreißen, wird man einer in der Satzung erwähnten Tätigkeitspflicht bei einer gleichzeitigen lediglich schuldrechtlichen Vergütungszusage

regelmäßig

ebenfalls keinen korporativen, sondern nur einen schuldvertraglichen Charakter zuerkennen k ö n n e n . F ü r die Einstufung der Grundlage des Geschäftsführeramtes als gesellschaftsvertraglich sind somit nach alledem positive Anhaltspunkte erforderlich, die über die schlichte Bestellung des Gesellschafters zum Geschäftsführer in der Satzung hinausreichen. N e b e n dem schon erwähnten Weg über das Vorhandensein eines Sonderrechts auf die Geschäftsführung, das sich vor allem aus der Verfestigung der Stellung ergeben kann, ist auf der Pflichtseite vor allem daran zu denken, ob die Aufgabenwahrnehmung auf die Mitgliedschaft oder auf die k o n k r e t e Person zugeschnitten ist. E i n e korporationsrechtliche Grundlage ist lediglich im erstgenannten Fall möglich. 3 3 0 In eine ähnliche R i c h t u n g zielt die Überlegung, o b die Vereinbarung mit dem Gesellschafter nach Lage der D i n g e mit der Veräußerung des Geschäftsanteils stehen und fallen oder aufrechterhalten bleiben soll. A u c h wenn man sich einen Dienstvertrag vorstellen kann, dessen Bestand an die Mitgliedschaft in der G m b H gekoppelt ist, liegt es doch näher, bei einem solchen Ziel im Zweifel eine gesellschaftsvertragliche Tätigkeitsbeziehung anzunehmen. 3 3 1 F e h l t es an hinreichenden A n h a l t s p u n k t e n für die E i n s t u f u n g einer auf die G e s c h ä f t s f ü h r u n g b e z o g e n e n R e g e l u n g als echten Satzungsbestandteil, b e d e u tet dies allerdings n o c h nicht zwangsläufig das Vorhandensein einer schuldrechtlichen, drittvertraglichen B e z i e h u n g . V i e l m e h r bildet das Z u s t a n d e k o m men eines Dienstvertrages eine eigenständige, mit der Verneinung eines gesellschaftsvertraglichen R a h m e n s nicht s c h o n positiv b e a n t w o r t e t e Frage. Z w a r besteht bei ausdrücklichen Vereinbarungen außerhalb der Satzung E i n i g k e i t 327 Vgl. Kornblum, GmbHR 1994, 505, 507, 510 f.; Kornblum/Kleinle/Baumann/Steffan, GmbHR 1985, 42, 46 f.; Kornblum/Hampf/Naß, GmbHR 2000, 1240, 1245, 1250. 328 Vgl. §§ 8 Abs. 1 KStG, 4 Abs. 4 EStG (Betriebsausgaben); zur Angemessenheit der Bezüge Peetz, GmbHR 2001, 699 ff.; Tänzer, GmbHR 2000, 596 ff.; siehe auch Ax/Harle, GmbHR 2001, 763 ff. 329 Nach Baumbach/Hueck/Zö/feer, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 92, handelt es sich - abgesehen von den steuerlichen Motiven - um eine unzureichend reflektierte Gepflogenheit. 330 BGH vom 29.9.1969, DB 1969, 2127, 2129. 331 Vgl. RG vom 21.1.1930, JW 1930, 2675, 2677; RG vom 22.6.1940, HRR 1940, Nr. 1204.

IV.

Einzelkriterien

221

darüber, daß es sich regelmäßig nicht um formunwirksame korporative Absprachen handelt, sondern um auch formlos wirksame schuldrechtliche Einigungen. 3 3 2 Damit ist aber noch keine Lösung für diejenigen Fälle vorprogrammiert, in denen die Beteiligten keine expliziten Abreden getroffen haben. Der Grund hierfür besteht darin, daß es einerseits mit der Bestellung zum Geschäftsführer nach einhelliger Ansicht nicht automatisch z u m Abschluß eines Dienstvertrages kommt. 3 3 3 Andererseits hat das Gesellschaftsrecht - wie bereits dargelegt 3 3 4 - aus der bloßen Organstellung keine zwischen echter Mitgliedschaft und echtem Drittvertrag stehende korporationsrechtliche persönliche Rechtsstellung des Geschäftsführers herausgearbeitet. Somit kann es Konstellationen geben, in denen ein Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt w u r d e und mangels einer eindeutigen gesellschaftsvertraglichen Basis seiner Tätigkeit die Frage auftritt, ob seiner Amtsausübung ein Dienstvertrag zugrunde liegt oder ob er rechtsgrundlos tätig geworden ist. Explizite Auslegungsregeln für die Bewältigung dieser Abgrenzungsproblematik werden in der Rechtsprechung in der Literatur soweit ersichtlich nicht offeriert, so daß man auf die allgemeinen, hier nicht näher aufzufächernden Grundsätze zur Rechtsgeschäftslehre verwiesen ist. Allerdings ist in einer frühen Entscheidung des RG davon die Rede, daß sich aus der Verpflichtung zur Ausübung der Geschäftsführungstätigkeit eine stillschweigende Vergütungsabrede ergeben habe, die nicht zum Inhalt des Gesellschaftsvertrages gehöre. 3 3 5 Diese Bemerkung könnte dahin zu verstehen sein, daß das RG letztlich dafür plädiert, aus jeder Pflicht zur Wahrnehmung des Geschäftsführeramts einen gleichzeitig konkludent vereinbarten Dienstvertrag zu schließen, weil eine entsprechende Vergütungszusage ansonsten möglicherweise in der Luft hinge. Gegen ein solches Verständnis spricht indes, daß im Urteil schon an früherer Stelle die von der Vorinstanz bejahte Vereinbarung eines Dienstvertrages nicht gerügt wird und man deshalb durchaus annehmen kann, die vom RG angenommene Tätigkeitspflicht resultiere nach dessen Ansicht nicht aus der Bestellung zum Geschäftsführer, sondern aus diesem Vertrag. Selbst wenn man diesem Erkenntnis aber entnehmen wollte, daß die wirksame Ernennung nach der Auffassung des RG zu einem stillschweigend abgeschlossenen Dienstvertrag führt, könnte eine derartige Betrachtungsweise in der Sache nicht überzeugen. 3 3 6 Ein derartiger Automatismus zwischen der Bestellung und dem Zustandekommen eines Dienstvertrages würde die 332 Vgl. BGH vom 8.2.1993, ZIP 1993, 432, 434 f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 3 Rn 47; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 3 Rn. 54. 333 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 2; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 166; Baumbach/Hueck/Zö7/ner, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 94; in diesem Sinne auch BGH vom 14.11.1983, BGHZ 89, 48, 52, wenn es dort heißt, daß ein Organmitglied das Amt (nur) in aller Regel nicht ohne Einigung über die Anstellungsbedingungen übernehmen wird; nicht ganz deutlich RG vom 18.10.1910, RGZ 74, 276, 279 f. 334 Siehe dazu oben sub § 3 II 2 a. 335 RG vom 7.11.1916, J W 1917, 165 f. 336 e ; n e n solchen Vertragsschluß aber Wieland, Handelsrecht, Bd. II, § 101 II, S. 123.

222

§ } Gesellschaftsrechtltcher

Blickwinkel

Freiheit der Beteiligten, die einzelnen Anstellungsbedingungen auszuhandeln und sich bei einer unterbleibenden Einigung wieder ohne weiteres trennen zu können, über Gebühr beeinträchtigen. Zudem wäre für die Ansicht, daß ein wirksam bestellter Geschäftsführer gegebenenfalls ohne rechtlichen Grund tätig sein kann, 3 3 7 kein Raum mehr. Immerhin wird man folgende Leitlinien aufstellen können: Da die Tätigkeitspflicht eines Gesellschafters bereits aus der wirksamen Bestellung zum Organ erwächst, der Geschäftsführer aber zur Niederlegung des Amtes berechtigt ist, wenn in angemessener Zeit kein Anstellungsverhältnis zustande kommt, 3 3 8 spricht vieles für den konkludenten Abschluß eines Dienstvertrages, wenn der Gesellschafter über längere Zeit das Geschäftsführeramt wahrnimmt, ohne daß einer der Beteiligten Zweifel an der Ordnungsgemäßheit dieses Vorgehens äußert. Umgekehrt bildet es ein gewichtiges Indiz für das Fehlen eines Dienstvertrages, wenn die Parteien bei der Bestellung den Abschluß eines solchen Vertragswerks zunächst in Aussicht gestellt, später aber keine ausdrückliche Einigung darüber erzielt haben. c) Mitwirkungsbefugnisse als in Alternativsachverhalten

Qualifikationsmerkmale

Während sich die bisherigen Ausführungen damit befaßten, welche Bedeutung die Wahrnehmung der Geschäftsführung für die Abgrenzung zwischen gesellschafts- und austauschvertraglicher Tätigkeitsgrundlage in den Fällen hat, in denen die Eigenschaft des Mitarbeiters als Gesellschafter aus anderen Gründen feststeht, sollen die folgenden Darlegungen den Blickwinkel in zweifacher Weise verändern: Zum einen werden nunmehr Gestaltungen fokussiert, in denen es gerade fraglich ist, ob ein Beschäftigter die Stellung eines Gesellschafters innehat oder ausschließlich Austauschvertragspartner ist. W i e bereits erläutert, 3 3 9 kann sich diese Grundform möglicher Streitigkeiten in erster Linie bei stillen Gesellschaften, daneben aber auch bei G b R sowie unter Umständen bei O H G ergeben. Mit dieser Verschiebung der zu behandelnden Gestaltungen geht z u m anderen eine Erweiterung der Kriterien einher, die auf ihre Indizwirkung für die Lösung der Abgrenzungsproblematik untersucht werden sollen. Mit den Mitwirkungsrechten ist nämlich nicht nur der engere Bereich der Geschäftsführung angesprochen. Vielmehr geht es thematisch um sämtliche Verwaltungs- und Kontrollbefugnisse, die einem Mitarbeiter hinsichtlich des Unternehmens, in dem er tätig ist, zustehen. In der Sache geht es hierbei vor allem um die Qualifikation von Tätigkeitsbeziehungen an der Grenze von stiller Gesellschaft und partiarischem Dienstvertrag. Dies hängt damit zusammen, daß die Einordnung in das Gesellschafts- bzw.

3 3 7 Vgl. Baumbach/Hueck/Zö7/«er, G m b H G , 17. A u f l . , § 3 5 R n . 34; in diesem Sinne auch Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. A u f l . , § 35 R n . 151. 3 3 8 Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 35 Rn. 151. 3 3 9 Siehe d a z u oben sub I (1. Fallgruppe).

IV.

Einzelkriterien

223

das Austauschvertragsrecht häufig erst dann zweifelhaft wird, wenn die Vergütung des Beschäftigten zumindest teilweise in einem Anteil am Geschäftsgewinn besteht. Den Hintergrund dieser Abgrenzungsproblematik bildet die bereits eingehend erörterte h. M., die im Ergebnis zu Recht das schlichte Einbringen von Diensten als Grundlage für eine stille Gesellschaft ausreichen läßt. 3 4 0 Sofern der Mitarbeiter ausschließlich feste Bezüge erhält, scheidet eine stille Gesellschaft demgegenüber zwingend aus (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 H G B ) . Allerdings steht eine Festvergütung der Gesellschaftereigenschaft eines Dienstleistenden im Rahmen einer G b R bzw. einer O H G nicht von vornherein entgegen. 341 Es muß deshalb auch für solche Konstellationen nach Differenzierungsmerkmalen

gefahndet

werden. Dabei kann die schon seit langem geführte Debatte um die Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Dienstvertrag 3 4 2 auch hierfür nutzbar gemacht werden. Von der Ertragsseite abgesehen bestehen zwischen beiden Fallgruppen nämlich keine Unterschiede. Dementsprechend sollen die aus der Vergütungskomponente resultierenden Indizien einen Augenblick zurückgestellt 3 4 3 und zunächst die im weitesten Sinne mit der Tätigkeit zusammenhängenden Aspekte näher betrachtet werden.

aa)

Entscheidungskompetenzen

Den rechtsdogmatischen Ausgangspunkt für die Abgrenzung zwischen Gesellschaft und - partiarischem - Dienstvertrag bildet entsprechend allgemeinen Grundsätzen 3 4 4 anerkanntermaßen die Existenz eines gemeinsamen Zwecks bzw. einer gemeinsamen Zweckverfolgung. 3 4 5 Als erstes dafür maßgebliches Kriterium wird verbreitet auf die Einräumung der Geschäftsführungsbefugnis bzw. sonstigen Mitwirkungsrechten hingewiesen, durch die der Mitarbeiter auf die grundlegenden Entscheidungen im Unternehmen Einfluß nehmen kann. 3 4 6 Diese BefugHierzu oben sub I. So bereits R G vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7. Siehe dazu noch näher unten sub 2 a bb mit Nachweisen in Fn. 430. 342 Grdl. Crome, Die partiarischen Rechtsgeschäfte (1897); siehe aber auch Huffer, Das partiarische Geschäft (1971), S. 63: „logisch verfehlt". 343 Siehe dazu unten sub 2 a bb. 3 4 4 Vgl. B G H vom 26.6.1989, N J W 1990, 573, 574; B G H vom 10.10.1994, B G H Z 127, 176, 177 f.; Ballerstedt, JuS 1 9 6 3 , 2 5 3 , 2 6 1 ; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., §§ 5 I 4 u. 19 IV 4, S. 41 f. u. 169 f.; Larenz, Schuldrecht, Bd. II, 12. Aufl., § 60 I a, S. 373; MünchKommBGB/i//mer, 3. Aufl., Vor § 705 Rn. 80, § 705 Rn. 115; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 1 I 1 b aa, S. 10. 345 So schon Crome, Die partiarischen Rechtsgeschäfte, S. 146 f.; ferner etwa B G H vom 29.1.1951, N J W 1951, 308; Baier, M D R 1985, 890, 892; E r m a n / H . P. Westermann, BGB, 10. Aufl., Vor § 705 Rn. 7; Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 230 Rn. 24. Die Möglichkeit einer Differenzierung anhand dieser Kriterien leugnend aber Romme, Abhängige Arbeit und gemeinsame Zweckverfolgung, S. 270, 274 ff., 286 ff. 346 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn.405; Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost, H G B , § 2 3 0 Rn. 71; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 2 3 0 Rn. 17; StaudingerAKe^/er, B G B , 12. Aufl., Vorbem. zu § 705 Rn. 174; MünchKommBGB/£//mer, 3. Aufl., Vor § 705 Rn. 87; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., Vor § 705 Rn. 8; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 37 IV 1, S. 469 ff.; ebenso Klang/Gschnitzer/WaWe, A B G B , 2. Aufl., § 1175 Anm. VII 2. 340 341

224

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

nisse werden regelmäßig dem Bestehen von Weisungsrechten bzw. einem A b h ä n gigkeitsverhältnis gegenübergestellt, das für einen Dienstvertrag sprechen soll. 3 4 7 In diesem Sinne findet sich vor allem in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung der G e d a n k e , die Abwesenheit eines Unterordnungsverhältnisses als Kriterium für das Vorhandensein einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung zu verwerten. 3 4 8 Dasselbe gilt für die umfangreiche neuere steuerrechtliche Judikatur zu der für die Bemessung der Gewerbesteuer gemäß § 8 Nr. 3 G e w S t G 3 4 9 relevanten A b grenzung von stiller Gesellschaft und Angestelltenverhältnis mit Gewinnpartizipation, 3 5 0 während frühere Entscheidungen das Schwergewicht noch auf die Ertragsseite gelegt hatten, 3 5 1 so daß allein schon eine hohe Vergütung zu einer stillen Gesellschaft und damit durch die H i n z u r e c h n u n g der Gewinnanteile des Stillen zu einer Steigerung des zu versteuernden Gewerbeertrags führen k o n n t e n . D i e in ihren G r u n d z ü g e n bereits auf Crome

zurückgehende Ausrichtung der

Qualifikation an den Merkmalen der Gleichberechtigung bzw. der U n t e r o r d nung 3 5 2 leidet freilich an einer gewissen Unschärfe. Z u m einen geht sie nicht näher auf die Frage ein, bis zu welchem Grade auch auf der Basis eines Gesellschaftsvertrages eine weisungsabhängige Mitarbeit vereinbart werden kann, so daß der Schluß von einer U n t e r o r d n u n g auf eine nichtgesellschaftsrechtliche B e ziehung an Uberzeugungskraft verliert. Dies betrifft allerdings vornehmlich die A b g r e n z u n g zum Arbeitsvertrag, die hier n o c h nicht thematisiert werden soll, sondern um des inneren Zusammenhanges willen späteren Ausführungen v o r b e halten bleibt. 3 5 3 Z u m anderen wird bei der Konkretisierung der D i c h o t o m i e von Gleichberechtigung und U n t e r o r d n u n g nicht hinreichend zwischen Weisungsrechten, die sich auf die E r b r i n g u n g der Arbeitsleistung beziehen, und solchen Direktiven differenziert, die auf das unternehmerische Handeln für die Gesell-

347 Baier, MDR 1985, 890, 892; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn.405; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., §335 Anm. 10; RGRKA;. Gamm, BGB, 12. Aufl., Vor §705 Rn.2; Soer&VHadding, BGB, 12. Aufl., Vor §705 Rn. 12; Baumbach///o/>f, HGB, 30. Aufl., §230 Rn. 4; Schön, ZGR 1993, 210, 224 f.; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., Vor § 705 Rn. 87; insoweit anders aber Klang/Gschnitzer/WaWe, ABGB, 2. Aufl., § 1175 Anm. VII 2. 348 Vgl. KG vom 10.10.1928, JFG Bd. 6 (1929), 207, 211; RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 22; BGH vom 22.11.1965, NJW 1966, 501; in diesem Sinne ferner LAG Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69, 72 f.; RG vom 29.3.1939, ARS 37, 44, 54; RG vom 13.4.1942, DR 1942, 1161 f.; BGH vom 20.12.1952, BGHZ 8, 249, 255 (Ehegatten); siehe aber auch BGH vom 20.12.1956, BGHZ 23, 10, 14, wo eine Arbeit nach Weisung ohne weiteres als Dienste im Rahmen einer stillen Gesellschaft gewertet wurde. 349 Siehe dazu bereits oben sub § 4 I m.w.N. 350 BFH vom 27.2.1963, BStBl. III 1963, 370, 371; BFH vom 5.6.1964, BStBl. III 1965, 51, 52; BFH vom 8.7.1965, BStBl. III 1965, 558, 559 f.; BFH vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560, 561; BFH vom 7.2.1968, BStBl. II 1968, 356, 357 f.; BFH vom 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187, 188 f.; BFH vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375. 351 RFH vom 16.3.1938, RStBl. 1938, 556; RFH vom 17.7.1940, RStBl. 1940, 915, 916; siehe aber auch BFH vom 28.7.1971, BStBl. II 1971, 815 f. 352 Die partiarischen Rechtsgeschäfte, S. 154. 353 Siehe hierzu unten sub § 6 V 1 c aa (2).

IV.

Einzelkriterien

225

schaft abzielen. 354 Die Folge dieser Vermengung besteht darin, daß tätigkeitsbezogene Weisungsbefugnisse und Dienstvertrag unbesehen gleichgesetzt werden. Zwar läßt sich nicht bestreiten, daß es in den meisten einschlägigen Gestaltungen darum geht, ob ein Beschäftigter Gesellschafter oder Arbeitnehmer bzw. - wie man früher häufig sagte - commis intéressé ist. Dies wird durch einen Seitenblick auf die französische 355 und die US-amerikanische Judikatur 356 bestätigt, bei der in den entsprechenden Konstellationen regelmäßig ebenfalls nur zwischen der Gesellschafter- und der Arbeitnehmereigenschaft abgegrenzt wird. Dennoch darf jedenfalls für das deutsche Recht der freie Dienstvertrag als Auslegungsalternative nicht unterschlagen werden. Ein solches Tätigkeitsverhältnis zeichnet sich aber gerade nicht durch ein umfassendes auf die Arbeitsleistung bezogenes Weisungsrecht des Dienstgebers aus. Aus dem Fehlen eines derartigen Unterordnungsverhältnisses kann somit nicht geschlossen werden, daß sich die Beteiligten gesellschaftsvertraglich verbunden haben. Vielmehr kann - wie schon das R G in diesem Zusammenhang zutreffend bemerkt hat 357 - ein Beschäftigter seinem Partner insoweit nicht nur auf der Grundlage des Kooperationsrechts, sondern auch im Rahmen eines Dienstvertrages gleichrangig gegenüberstehen. Erheblich aussagekräftiger ist dagegen das Element der Einräumung von Geschäftsführungsbefugnissen. Allerdings muß man sich auch in diesem Kontext vor voreiligen Schlüssen hüten. Zwar kann man der Indizwirkung einer expliziten Zuweisung dieser Kompetenz nicht damit entgegentreten, daß man sie bei einer Qualifikation der Rechtsbeziehung als Gesellschaftsverhältnis für überflüssig erklärt und somit eher als Anzeichen für eine austauschvertragliche Einordnung wertet, bei der es einer solchen privatautonomen Übertragung gerade bedürfte 358 . Wenn die Geschäftsführung nämlich zum regelmäßigen Bestandteil einer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit gehört, kann man ihre ausdrückliche Aufnahme in den Vertragstext schwerlich als ein Merkmal ansehen, das nach dem Parteiwillen gerade gegen eine kooperationsrechtliche Beziehung sprechen soll. Zudem gehört die Wahrnehmung des Geschäftsführeramts bei der stillen Gesellschaft nicht zu den typischerweise vom Stillen zu erfüllenden Aufgaben. Eine Übertragung der Geschäftsführerposition spricht jedoch nicht zwangsläufig für ein Gesellschaftsverhältnis. Vielmehr ist an die Rechtsfigur des Geschäftsführers auf schuldvertraglicher Grundlage zu erinnern. 359 Dementsprechend ist es immerhin denkbar, daß ein Mitarbeiter Geschäftsführungsaufgaben erfüllt und hierfür eine gewinnabhängige Vergütung bezieht, ohne indes stiller Gesellschafter zu sein. 360 Zu dieser Unterscheidung grdl. G. Hueck, ZfA 1985, 25, 29 f. Siehe dazu die Nachweise oben sub § 4 II 2 Fn. 70. 356 Vgl. hierzu die Nachweise oben sub § 4 II 2 Fn. 87. 357 R G vom 13.4.1942, D R 1942, 1161, 1162. 358 In diesem Sinne - im Zusammenhang mit der Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen - aber Hoeniger, Die gemischten Verträge, S. 273. 359 Siehe oben sub b aa (2) (b). 360 So auch Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 407. 354

355

226

5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

Gleichwohl erscheint es gerechtfertigt, die Übertragung der Geschäftsführung als ein Indiz für die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses einzustufen. Wenn sich der andere Beteiligte auf eine reine Austauschbeziehung beruft, so bedarf es hierfür gegenläufiger Anhaltspunkte. Im übrigen ist das Augenmerk jenseits des Bereichs der Geschäftsführung auf die Verteilung der Kompetenzen im Hinblick auf grundlegende, das gesamte Unternehmen betreffende Maßnahmen zu richten. Sofern der Beschäftigte an der Entscheidung über Änderungen gleichberechtigt beteiligt sein soll, die sich auf das Unternehmen als ganzes beziehen, spricht dies fast schon zwingend für einen Gesellschaftsvertrag. Ein Dienstvertrag mit derartig weitreichenden Befugnissen des Dienstnehmers ist zwar nicht geradezu ausgeschlossen, aber doch sehr ungewöhnlich. Hat sich der andere Beteiligte insoweit gleichsam das letzte Wort vorbehalten, kann freilich nicht in einer Art Umkehrschluß ohne weiteres von einem Dienstvertrag ausgegangen werden. Das Vorliegen einer gesellschaftsvertraglichen Beziehung kann sich nämlich auch aus anderen, sogleich anzusprechenden Merkmalen ergeben. Vor allem bei der stillen Gesellschaft bedarf es auch noch in einer anderen Richtung der Abgrenzung von Gesellschafts- und Dienstvertragsrecht. Die Befugnisse des nur intern auftretenden Mitarbeiters können nämlich in einer Art und Weise anwachsen, daß sich die Frage stellt, ob der Geschäftsinhaber selbst noch als Gesellschafter angesehen werden kann. Das überwiegende Schrifttum meint in diesen Fällen entsprechend den Überlegungen zur Qualifikation des „Stillen", daß die Grenze zum Dienstvertrag erst und stets dann überschritten ist, wenn der Unternehmensinhaber in vollem Umfang den Weisungen des Hintermannes zu folgen habe. 361 Das Problem dieser Sichtweise besteht wiederum darin, daß weder die Frage einer Unterordnung auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage thematisiert noch eine hinreichende Differenzierung zwischen Unternehmens- und tätigkeitsbezogenen Weisungen vorgenommen wird. 362 In diesem Sinne gibt H. P. Westermann die nur geringe Aussagekraft der von der h. L. vorgeschlagenen Kriterien zu, wenn er für die Abgrenzung zumindest primär nicht auf die fehlenden Einflußnahmemöglichkeiten des Geschäftsinhabers, sondern darauf abstellen will, ob der Inhaber ausschließlich für fremde Rechnung tätig ist, also die Ertragskomponente in den Vordergrund rückt. 363 In Anlehnung an die obigen Ausführungen wird man bei einer gleichberechtigten Mitwirkung in Grundlagengeschäften ein Gesellschaftsverhältnis zu bejahen haben. Eine Übertragung der Geschäftsführung spricht demgegenüber zwar nicht zwingend für ei-

361 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 76; Düringer/Hachenburg//7ec^i/>e!Vn, H G B , 3. Aufl., § 3 3 5 Anm. 10, 25; W. Kaufmann, J W 1931, 817; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 81 f.; unentschieden Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 621; nicht eindeutig auch Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 74 III 4, S. 782: Befugnisse des Stillen können im Vertrage „beliebig erweitert" werden. 3 6 2 Siehe hierzu auch noch unten sub § 6 IV 1 c bb. 363 Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 316.

IV.

Einzelkriterien

227

nen Gesellschaftsvertrag, weil die Einsetzung eines im wesentlichen frei agierenden Geschäftsleiters zur F ü h r u n g eines U n t e r n e h m e n s nicht anders als etwa im Falle eines G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r s ohne weiteres auch auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages erfolgen kann. G l e i c h w o h l kann ein derartiges M a ß an Einwirkungsmöglichkeiten auf die G e s c h i c k e des U n t e r n e h m e n s immerhin als ein Anzeichen dafür gewertet werden, daß es die Parteien auf eine K o o p e r a t i o n s beziehung und nicht auf ein Austauschverhältnis angelegt haben. Schließlich ist an die Rechtsfigur des gemischten Mitarbeiterverhältnisses zu erinnern, die es den Parteien erlaubt, dieselbe Tätigkeit sowohl in einen gesellschafts- wie in einen austauschvertraglichen R a h m e n zu stellen. 3 6 4

bb)

Kontrollrechte

Das zweite häufig genannte 3 6 5 E l e m e n t besteht in der vertraglichen Zubilligung von K o n t r o l l r e c h t e n 3 6 6 . Wenn dem Mitarbeiter Einsicht in die Geschäftsunterlagen zugesagt wird, soll das ein Indiz für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses darstellen. 3 6 7 Dieses Kriterium wirft j e d o c h gewisse P r o b l e m e auf. Zwar werden normalen Dienstvertragsnehmern derartige K o n t r o l l r e c h t e üblicherweise nicht zugestanden, so daß man aus der Einräumung solcher Befugnisse auf den ersten B l i c k auf den Willen der Parteien zu einer gesellschaftsvertraglichen Verbindung schließen könnte. I m Arbeitsrecht bejaht man aber auch bei schlichten Gewinnbeteiligungen einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Informationen, von denen die B e r e c h n u n g der Vergütung des Dienstnehmers abhängt. 3 6 8 Darüber hinaus steht dem A r b e i t n e h m e r ein R e c h t zur Einsichtnahme in die H a n delsbilanz zu, u m die Richtigkeit der erteilten Auskünfte nachprüfen zu k ö n n e n . 3 6 9 M a n c h e Stimmen in der Literatur wollen in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich auf die Befugnisse des stillen Gesellschafters nach § 233 H G B zurückgreifen. 3 7 0 Wenngleich die arbeitsrechtliche J u d i k a t u r den Inhalt des K o n trollrechts des Arbeitnehmers bislang n o c h nicht präzise herausgearbeitet hat, dürfte er im wesentlichen mit den gesetzlichen Befugnissen des stillen Gesellschafters übereinstimmen. Bei einem partiarischen freien Dienstvertrag wird man die gleichen Grundsätze anzuwenden haben. Soweit die Beteiligten einer Seite

Siehe dazu oben sub § 3 IV 3 a cc. Vgl. Düringer/Hachenburg/f/ecMei'm, HGB, 3. Aufl., § 335 Anm. 10; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., §19 IV 4, S. 170; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., Vorbem. zu §705 Rn. 174; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., Vor §705 Rn. 8; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 37 IV 1, S. 469 ff. 366 Unter Kontrollrechten sollen alle Rechte auf Informationen verstanden, die ein Gesellschafter zur Ausübung kooperationsrechtlicher Befugnisse benötigt; vgl. etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 III, S. 625 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 2, S. 373. 367 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 405. 368 Vgl. BAG vom 30.1.1960, AP Nr. 1 zu §242 BGB Auskunftspflicht; BAG vom 7.7.1960, AP Nr. 2 zu § 242 BGB Auskunftspflicht; MünchArbR/tfre/te/, 2. Aufl., § 68 Rn. 96. 3 6 9 BAG vom 7.7.1960, AP Nr. 2 zu § 242 BGB Auskunftspflicht. 370 Siehe Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 42 III 3, S. 303. 364

365

228

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

rechtsgeschäftlich lediglich diejenigen Kontrollrechte zubilligen, die der Vertragspartei bei einer Qualifikation des Rechtsverhältnisses als partiarischer Dienstvertrag auch ohne eine explizite Regelung zustehen würden, kann man daraus schwerlich folgern, daß eine gesellschaftsvertragliche Beziehung intendiert ist. In diesem Sinne hat Tomandl für das österreichische Recht ebenfalls auf die Unergiebigkeit der regulären Informationsrechte des stillen Gesellschafters als Abgrenzungskriterium hingewiesen. 371 Die Einräumung von Kontrollbefugnissen spricht daher nur dann für eine kooperationsrechtliche Verbindung, wenn die Beteiligten über das auch bei einem partiarischen Dienstvertrag bestehende Maß hinausgegangen sind. Die Frage nach der Indizwirkung einer Regelung stellt sich - gleichsam unter umgekehrten Vorzeichen - ferner bei einer Einschränkung bzw. einem Ausschluß von Kontrollrechten. So wird eine solche Begrenzung zum Teil als Anzeichen für ein partiarisches Rechtsverhältnis gewertet. 372 Da bei einer stillen Gesellschaft das ordentliche Informationsrecht gemäß § 233 H G B aber unstreitig ausgeschlossen werden kann, 373 ist nicht zu erkennen, welche Aussagekraft eine derartige Vereinbarung für die Abgrenzungsfrage haben soll. Es ließe sich genauso gut in einem entgegengesetzten Sinne argumentieren, daß ein ausdrücklicher Ausschluß von Kontrollbefugnissen für die Parteien nur dann naheliegt, wenn sie es auf einen gesellschaftsvertraglichen Zusammenschluß abgesehen haben und deshalb die an sich unmittelbar und nicht - wie bei einem partiarischen Dienstvertrag - nur analog anwendbare Vorschrift des § 233 H G B abdingen wollten. Die schlichte Beschränkung von Kontrollrechten erlaubt daher für sich genommen weder in der einen noch in der anderen Richtung den Schluß auf einen bestimmten Willen der Beteiligten.

2. Vermögensrechtlicher

Bereich

Neben der Tätigkeit und den Einflußnahmemöglichkeiten im Unternehmen stellt die vermögensrechtliche Situation - laufende Vergütung bzw. Beteiligung am Unternehmensvermögen - den zweiten großen Themenkomplex dar, dessen Aussagekraft für die Abgrenzungsfrage zu beleuchten ist.

Wesensmerkmale, S. 133 f. Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 233 n.F. Rn. 16; in diese Richtung auch Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 672: „Zweifel am Vorliegen eines echten Gesellschaftsverhältnisses". 3 7 3 Vgl. Düringer/Hachenburg/f/ec^i^eim, H G B , 3. Aufl., § 338 Anm. 4; Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., §233 Rn. 11; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., §233 Rn. 14; Schlegelberger/Ä Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 233 n.F. Rn. 16; zurückhaltend Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 672. 371

372

IV.

a)

Einzelkriterien

229

Personengesellschaften

aa) Kumulation von Gesellschaftsverhältnis

und

Dienstvertrag

A u f dem G e b i e t des Personengesellschaftsrechts sei als erstes wiederum die Fallgruppe näher betrachtet, bei der die Beteiligteneigenschaft eines Mitarbeiters feststeht und das P r o b l e m auftritt, ob die Tätigkeit einen Teil des Gesellschaftsverhältnisses bildet oder o b ein zusätzlicher Dienstvertrag mit der Gesellschaft vorliegt. 3 7 4 Hierbei wird es sich zumeist um Gestaltungen handeln, in denen der der Beschäftigte Geschäftsführungsaufgaben wahrnimmt. Zu den Hauptfragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, zählt es, welche Bedeutung einer zugesagten Tätigkeitsvergütung z u k o m m t . E i n e A n t w o r t wird vor allem dadurch erheblich erschwert, daß solche Vergütungen einen sehr unterschiedlichen C h a r a k t e r haben können. D i e Überlegungen sollen sich deshalb auf die in der Praxis am häufigsten v o r k o m m e n d e n G r u n d f o r m e n beschränk e n . 3 7 5 Insoweit lassen sich in einer ersten G r o b s o r t i e r u n g gesellschaftsvertragliche und dienstvertragliche Entgeltregelungen unterscheiden. D i e gesellschaftsvertraglichen Regelungen k ö n n e n des weiteren danach unterteilt werden, o b sie gewinnabhängig oder gewinnunabhängig ausgestaltet worden sind. Bei einer gewinnabhängigen Tätigkeitsvergütung besteht ein Anspruch nur dann, wenn ein entsprechender G e w i n n erzielt w o r d e n ist. 3 7 6 Dies gilt auch für den Fall, daß regelmäßige E n t n a h m e n für das laufende Geschäftsjahr bis zur Bilanzfeststellung vereinbart wurden (Gewinnvoraus). Bei einer gewinnunabhängigen Gehaltsvereinbarung steht dem betreffenden Gesellschafter dann ein Anspruch zu, wenn der erreichte G e w i n n die Vergütung nicht deckt oder sogar Verluste eingetreten sind. D i e hierdurch entstehenden K o s t e n k ö n n e n als ein Teil des allgemeinen Aufwandes behandelt werden, der den Gesellschaftern, also auch dem Begünstigten, entsprechend dem internen Verteilungsmaßstab zur Last fällt. D e n k b a r ist aber auch, daß der Mitarbeiter in vollem U m f a n g e von der Verlustbeteiligung befreit sein soll, die K o s t e n für die Vergütung also vollständig von den anderen G e sellschaftern zu tragen sind. 3 7 7 A u f diese Weise kann die Arbeitsleistung entgolten werden, ohne die allgemeine G e w i n n - und Verlustverteilung zu verändern. A u ß e r d e m wird dem mitarbeitenden Gesellschafter hierdurch grundsätzlich 3 7 8

Vgl. dazu oben sub I (2. Fallgruppe). Siehe zum Folgenden Bork, AcP 184 (1984), 465, 477 ff.; Bormann/Hellberg, DB 1997, 2415, 2419; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 9 ff., 60; ders., DB 1968,2067; Klingberg, Mitarbeitende Kommanditisten, S. 154 ff.; Kollhosser, ZHR 129 (1967), 121,143 ff.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S.331 ff.; Priester, DB 1975, 1878, 1880. 376 Vgl. A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 17 II 3, S. 246. 377 Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck, S. 39. 378 pür die endgültige Entlastung kommt es neben der erwähnten Freistellung vom internen Verlustausgleich gegebenenfalls auf die wirtschaftliche Werthaltigkeit etwaiger Ausgleichsansprüche gegen die Mitgesellschafter an. 374

375

230

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

das Risiko abgenommen, seine Dienste unter Umständen umsonst erbracht zu haben. 3 7 9 Hinsichtlich der Indizwirkung, die aus der Zusage einer Tätigkeitsvergütung für die Qualifikation der rechtlichen Grundlage einer Mitarbeit folgt, lassen die Rechtsprechung und das Schrifttum unterschiedliche Tendenzen erkennen. So hat der B G H in einem älteren Erkenntnis angedeutet, daß die Vereinbarung eines festen Gehalts für einen vom Gesellschaftsvertrag unabhängigen Dienstvertrag spreche. 380 In einer kurze Zeit später ergangenen Entscheidung hat er eine eindeutige Stellungnahme vermieden und auch für den Fall, daß nur von einer gesellschaftsrechtlichen Abmachung auszugehen sei, eine dienstvertragsähnliche Vereinbarung angenommen, die eine analoge Anwendung der für den Dienstvertrag geltenden Regeln rechtfertige. 3 8 1 In einem weiteren Urteil des B G H heißt es, daß feste Bezüge der Einstufung der Geschäftsführungstätigkeit als ausschließlich gesellschaftsvertragliche Beziehung nicht entgegenstünden. 3 8 2 Nach Ansicht des O L G Celle handelt es sich bei der Festvergütung eines persönlich haftenden Gesellschafters „zweifellos" nicht um einen Dienstlohn. 3 8 3 Das BAG hat in einer Entscheidung die vergleichsweise geringe Vergütung als Indiz für das Vorliegen eines reinen Gesellschaftsverhältnisses anstelle eines Austauschvertrages (Arbeitsverhältnis) gewertet. 3 8 4 In der Literatur überwiegen die Stimmen, die auch bei einer Festvergütung zumindest regelmäßig von einer gesellschaftsvertraglichen Basis ausgehen 3 8 5 oder in einer solchen Abrede jedenfalls keinen Umstand sehen, der auf eine schuldrechtliche Grundlage hinweist 3 8 6 . Es finden sich jedoch auch immer wieder entgegengesetzte Aussagen, die bei einer solchen Gestaltung zum Vorliegen eines Dienstvertrages tendieren 3 8 7 . Wendet man sich zunächst der gewinnabhängigen Vergütung näher zu, ist die Einordnung als eine rein gesellschaftsvertragliche Gewinnverteilungsabrede zwar nicht zwingend. 3 8 8 Wenn - wie das Reichsgericht schon frühzeitig festge-

379 Zu den Gründen für eine Festvergütung siehe etwa Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 352 f. 380 BGH vom 11.7.1962, WM 1963,486,488. 381 BGH vom 5.2.1963, NJW 1963, 1051,1052. 382 BGH vom 7.12.1972, NJW 1973, 328. 383 OLG Celle vom 26.3.1973, OLGZ 1973, 343. Das von SoergelAHadding, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 13, in diesem Kontext genannte Urteil des OLG Hamm vom 15.11.1976, DB 1977, 717, 718, ist nicht verwertbar, weil es aus der gesellschaftsvertraglichen Qualifikation der Tätigkeit eines Gesellschafters auf die Einordnung einer Vergütung als Gewinnvoraus schließt, aber keine umgekehrten Folgerungen zieht. 384 BAG vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 ZPO (unter II 3 a). 385 Vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 19; Staudinger/Äe/?/er, BGB, 12. Aufl., §713 Rn. 18; Schlegelberger/Martras, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 23; Riegger, DB 1983,1909,1910; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 32. 386 G. Hueck, DB 1962, 1363, 1367. 387 Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., §706 Rn. 5; Erman///. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 709 Rn. 14; siehe ferner Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 333. 388 So aber wohl OLG Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590, 591.

IV.

Einzelkriterien

231

stellt hat 3 8 9 - ein partiarischer Dienstvertrag rechtlich möglich ist, kann f ü r den Dienstvertrag eines Gesellschafters nichts anderes gelten. Indes ist eine solche Gestaltung doch als eine Ausnahmeerscheinung anzusehen, zumal sie zivilrechtlich in finanzieller Hinsicht nur in den Konstellationen einen Sinn haben dürfte, in denen es u m einen mitarbeitenden Kommanditisten u n d damit u m die Frage geht, welchen vermögensrechtlichen Bindungen der Betroffene gemäß § 172 Abs. 4 H G B unterliegt 3 9 0 . Sofern das Entgelt f ü r die Tätigkeit eines Gesellschafters vom G e w i n n der Gesellschaft abhängen soll, handelt es sich u m die typische F o r m der E n t l o h n u n g mitarbeitender Gesellschafter. 3 9 1 Deshalb ist regelmäßig davon auszugehen, daß sich die Beteiligten zur Erreichung dieses Ziels des G e sellschaftsvertrages bedient haben. 3 9 2 Etwas schwieriger zu beantworten ist die Frage nach der Aussagekraft einer Festvergütung. Dabei sollen die Fälle, in denen der Mitarbeiter von einer Verlustbeteiligung völlig ausgeschlossen wurde, einen Augenblick zurückgestellt werden, weil es dabei vornehmlich u m die etwas anders gelagerte Konstellation geht, ob ein Mitarbeiter ü b e r h a u p t Gesellschafter oder lediglich Austauschvertragspartner ist. Für eine Bewertung als Indiz f ü r einen v o m Gesellschaftsverhältnis gesonderten Dienstvertrag spricht, daß sich die Beteiligten f ü r eine E n t g e l t f o r m entschieden haben, die nicht dem gesetzlichen Modell einer Personengesellschaft entspricht. Dieser U m s t a n d wird indes durch die weite Verbreitung der festen Tätigkeitsvergütung auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage aufgewogen. N i m m t man hinzu, daß die Einbeziehung der Entgeltabrede in das Gesellschaftsverhältnis die einfachere Gestaltung darstellt als die Verteilung der Rechtsbeziehungen auf zwei Verträge, bleibt es dabei, daß auch bei einer festen Vergütung im G r u n d s a t z von einer gesellschaftsvertraglichen F u n d a m e n t auszugehen ist. Als gegenläufige, f ü r einen Dienstvertrag sprechende Merkmale sind etwa einerseits erhebliche Unterschiede zu den Bezügen von Mitgesellschaftern, die ihre Tätigkeit eindeutig auf der Basis des Gesellschaftsvertrages erbringen, u n d andererseits Parallelen zur Vergütung reiner D i e n s t n e h m e r auf der anderen Seite anzusehen. In diesem Sinne hat die Gehaltshöhe die Rechtsprechung schon öfter beschäftigt. Allerdings zeigt sich, daß es sich hierbei u m ein ambivalentes Kriterium handelt. So w u r d e sowohl eine vergleichsweise großzügige Vergütung 3 9 3 als auch ein ge389

RG vom 9.12.1902, JW 1903, Beilage Nr. 2, S. 16, 17; RG vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37; ähnlich R A G vom 7.11.1928, ARS 4, 143, 144 f.; siehe auch B G H vom 22.11.1965, N J W 1966, 501; B G H vom 29.6.1992, N J W 1992, 2696, 2697. 390 Zu unterschiedlichen Rechtsfolgen dürfte es auf der Grundlage der Ansicht von Bork, AcP 184 (1984), 465, 482 ff., kommen, der § 172 Abs. 4 S. 1 H G B in allen Fällen für anwendbar hält, in denen das Gehalt für eine gesellschaftsvertragliche Mitarbeit (Geschäftsführung) ein reiner Gewinnvoraus ist und ein entsprechender Gewinn nicht erzielt wurde, während er bei einem separaten Dienstvertrag offenbar ausnahmslos darauf abstellen will, ob das Gehalt unangemessen hoch ist. 391 Siehe nur B G H vom 10.6.1965, B G H Z 44,40,41; Schlegelberger/Afartens, H G B , 5. Aufl., §114 Rn. 22. 392 In diesem Sinne auch G. Hueck, DB 1962, 1363, 1367. 393 O L G München vom 28.12.1914, SeuffA, Bd. 70 (1915), Nr. 113.

232

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

ringes Entgelt 394 als Kriterium für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses gewertet. Der Leitgedanke dürfte darin zu sehen sein, daß ein Dienstvertrag um so ferner liegt, je stärker sich die Bezüge nach oben oder nach unten von dem für einen Einkauf der Dienstleistung am Markt normalerweise aufzuwendenden Kosten entfernen. Fehlt es an einer ausdrücklichen Tätigkeitsvergütung, stellt dies ein starkes Indiz für das ausschließliche Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses dar. 395 Indem die Beteiligten darauf verzichten, die Dienste eigenständig zu entlohnen, geben sie regelmäßig zu verstehen, daß sie es bei einer gesellschaftsvertraglichen Einkleidung der Mitarbeit bewenden lassen wollen. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß für den Fall der Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung eines Gesellschafters als Dienstvertrag noch darauf geachtet werden muß, ob ein eigenständiger Drittvertrag (Typ III/l) 3 9 6 oder ein Dienstvertrag mit einer gesellschaftsvertraglichen Unterfütterung (Typ II/l) vorliegt. In der zweiten in diesem Zusammenhang denkbaren Konstellation steht die Stellung eines Beschäftigten als Austauschvertragspartei fest, wohingegen zweifelhaft ist, ob die Mitarbeit zusätzlich in einen gesellschaftsvertraglichen Rahmen eingebunden ist. Den Hintergrund für die Frage nach dem Vorliegen einer solchen Doppelzuordnung der Tätigkeit liefert zwar regelmäßig der Bereich der Arbeitnehmerbeteiligung. 3 9 7 Für die Verbindung von freiem Dienstvertrag und gesellschaftsrechtlicher Beziehung kann aber grundsätzlich nichts anderes gelten. Insoweit ist bereits eingehend dargelegt worden, daß es rechtskonstruktiv nicht möglich ist, dieselbe Mitarbeit in vollem Umfange sowohl nach austausch- wie nach gesellschaftsvertraglichen Grundsätzen zu vergüten. Der wirtschaftliche Wert einer Dienstleistung kann jedoch in der Weise aufgeteilt werden, daß die Parteien für einen Teil der Tätigkeit auf der Basis eines Austauschvertrages einen fixen Betrag festsetzen, während sie einen weiteren Teil als Beitrag zu einer Gesellschaft werten und dementsprechend gewinnabhängig entlohnen. 3 9 8 Die somit bestehende prinzipielle Zulässigkeit einer solchen Gestaltung der Rechtsbeziehungen besagt für sich genommen indes noch nichts für die an dieser Stelle allein interessierende Frage, nach welchen Kriterien der konkrete Parteiwille in Grenzfällen zu ermitteln ist. Hierbei wird man sich wieder an dem schon des öfteren angesprochenen Grundsatz zu orientieren haben, daß es die Beteiligten im Zweifel auf eine einheitliche Vertragsstruktur abgesehen haben. Für den Regelfall ist deshalb davon auszugehen, daß die Parteien eines Austauschvertrages um der Klarheit ihrer rechtlichen Beziehungen willen mit der Gewinnbeteiligungskom-

BAG vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 ZPO. So auch G. Hueck, DB 1962, 1363, 1367: „nahezu eindeutig"; etwas schwächer BAG vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau (unter II 3 a) mit zust. Anm. von Kraft (unter 2). 396 Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. 397 Vgl. hierzu oben sub § 3 IV 2 b dd. 398 Siehe dazu oben § 3 IV 3 b. 394

395

IV.

Einzelkriterien

233

p o n e n t e kein zusätzliches Gesellschaftsverhältnis begründen, sondern sie in ihre Austauschbeziehung als partiarisches E l e m e n t integrieren w o l l e n . 3 9 9 bb) Alternativität

von Gesellschafts-

und

Austauschverhältnis

N a c h d e m vorstehend diejenigen Fallgruppen erörtert wurden, in denen das gleichzeitige Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses und eines Dienstvertrages zur D e b a t t e stand, soll es n u n m e h r darum gehen, welche Schlußfolgerungen der B l i c k auf den vermögensrechtlichen Bereich für die grundsätzliche Qualifikation in den Konstellationen erlaubt, in denen zweifelhaft ist, o b ein Mitarbeiter überhaupt Gesellschafter oder statt dessen ausschließlich Partei eines Austauschvertrages ist. D i e größte praktische Bedeutung k o m m t insoweit wiederum der A b g r e n z u n g zwischen stiller Gesellschaft (bzw. I n n e n - G b R ) und partiarischem Dienstvertrag zu. N e b e n mehreren Aussagen der Zivilgerichte 4 0 0 weist vor allem die finanzgerichtliche R e c h t s p r e c h u n g dazu eine reichhaltige Entscheidungspraxis

auf. 4 0 1

Z w a r handelt es sich hierbei um Urteile zum Gewerbesteuerrecht. D i e grundsätzlich bejahte Eigenständigkeit steuerrechtlicher W e r t u n g e n 4 0 2 steht in diesem Falle einer Ü b e r t r a g u n g der in ihnen enthaltenen Aussagen auf zivilrechtliche Gestaltungen aber nicht entgegen. 4 0 3 D e r B F H hat nämlich schon vor langem eine selbständige steuerrechtliche Begriffsbildung der stillen Gesellschaft aufgegeben und sich seitdem bewußt an das Zivilrecht angelehnt. 4 0 4 Allerdings soll das A u g e n m e r k an dieser Stelle nur auf die grundsätzliche A b g r e n z u n g von Gesellschafts- und Austauschverhältnis gelenkt werden. D e m g e g e n ü b e r wird die in den zivil- und finanzgerichtlichen Erkenntnissen jeweils aufgeworfene Frage nach dem alternativen Bestehen eines Arbeitsverhältnisses hier n o c h nicht thematisiert, 4 0 5 denn Unterscheidungen innerhalb der G r u p p e der Austauschverträge In diesem Sinne bereits BAG vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 HGB. Vgl. RG vom 9.12.1902, JW 1903, Beilage Nr. 2, S. 16 f.; RG vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37; RAG vom 7.11.1928, ARS 4, 143, 144 f.; RAG vom 29.3.1939, ARS 37, 44, 54; RG vom 13.4.1942, DR 1942, 1161, 1162; BAG vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu §74 HGB; BGH vom 22.22.1965, NJW 1966, 501. In diesen Urteilen kommt die mögliche Gesellschaftsrechtsform allerdings nicht immer deutlich zum Ausdruck. Andeutungsweise ferner BGH vom 29.6.1992, NJW 1992,2696,2697. 401 RFH vom 16.3.1938, RStBl. 1938, 556; RFH vom 17.7.1940, RStBl. 1940, 915 f.; BFH vom 18.11.1958, BStBl. III 1959, 49; BFH vom 27.2.1963; BStBl. III 1963, 370, 371; BFH vom 5.6.1964, BStBl. III 1965, 51, 52; BFH vom 3.7.1964, BStBl. III 1964, 511,512; BFH vom 8.7.1965, BStBl. III 1965, 558, 559 f.; BFH vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560 f.; BFH vom 11.11.1965, BStBl. III 1966, 95; BFH vom 7.2.1968, BStBl. II 1968, 356, 357 f.; BFH vom 28.7.1971, BStBl. II 1971, 815 f.; BFH vom 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187, 188 f. 402 Vgl. BVerfG vom 15.7.1969, BVerfGE 26, 327, 334 f.; BFH vom 28.11.1974, BStBl II 1975, 498, 499; BFH vom 8.2.1979, BStBl. II 1979, 405, 407; Schulze-Osterloh, AcP 190 (1990), 139, 154. 403 In diesem Sinne auch Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 378 ff.; Schlegelberger//f. Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. 51 ff. 404 Grdl. BFH vom 5.6.1964, BStBl. III 1965, 49, 50. 4 0 5 Siehe dazu noch unten sub § 6 V 2 b. 399 400

234

5 i Gesellschaftsrechtlicber

Blickwinkel

(Dienst- oder Arbeitsvertrag) spielen hinsichtlich der prinzipiellen Aussagekraft des Vergütungsbereichs keine Rolle. Wenn die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang dem Entgeltsektor zuweilen jegliche Bedeutung abgesprochen und lediglich auf die Umstände der Tätigkeitserbringung abgehoben hat, 406 ist dies somit unerheblich, weil es dabei nur um die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft, nicht aber um die Existenz eines freien Dienstvertrages ging. Falls die Beteiligten eine Vereinbarung getroffen haben, durch die dem Mitarbeiter bestimmte Rechte hinsichtlich des Unternehmensvermögens eingeräumt werden, ist dies ein kaum zu entkräftendes Indiz für den Willen der Parteien, ihre Beziehung gesellschaftsrechtlich zu regeln. Im Rahmen eines freien Dienstvertrages kommt eine derartige Gestaltung praktisch nicht vor. Dabei lassen sich zwei Varianten unterscheiden: Zum einen ist eine dingliche Beteiligung des Mitarbeiters am Vermögen des Unternehmens denkbar, die allerdings bei der in diesen Fällen regelmäßig allein in Betracht kommenden stillen Gesellschaft nicht gesamthänderisch begründet werden,407 sondern nur durch die Bildung einer Bruchteilsgemeinschaft erfolgen kann 408 . Zweitens ist es ohne weiteres möglich, einen (dienstleistenden) stillen Gesellschafter durch eine schuldrechtliche Abrede so zu stellen, als ob ihm und dem Inhaber das gesamte Unternehmensvermögen gemeinschaftlich gehören würde. 409 Derartige Vereinbarungen führen freilich im Ergebnis immer dazu, daß ein Mitarbeiter auch ohne eine eigene Geld- oder Sacheinlageleistung durch schlichte „Einbuchung" eine Vermögenseinlage hält. 410 Damit stellt sich jedoch streng genommen nicht mehr die Frage, ob die Rechtsbeziehung einen gesellschafts- oder einen austauschvertraglichen Charakter hat. Vielmehr ist in einem solche Falle klärungsbedürftig, ob die Tätigkeit im Sinne der obigen Ausführungen vollständig in das Gesellschaftsverhältnis integriert ist oder eigenständig daneben tritt. Soweit es um die schlichte Partizipation am Unternehmensgewinn geht, fördert eine eingehende Analyse der einschlägigen Judikatur zwei divergierende Strömungen zutage: Auf der einen Seite finden sich Entscheidungen, die der Gewinnbeteiligung einen indiziellen Charakter für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses zusprechen. Sofern neben gewinnabhängigen Bezügen ein laufendes Gehalt gezahlt wird, das zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreiLAG Chemnitz vom 5.12.1935, ARS 26, 50 f. RG vom 16.11.1899, RGZ 45, 34, 38; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 180; Düringer/ Hachen-burg/Flecbtheim, HGB, 3. Aufl., §335 Anm. 28; Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 9. Zur umstrittenen Rechtslage bei der GbR siehe MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 705 Rn. 231, 234 f. 408 Vgl. BGH vom 29.11.1952, BGHZ 8, 157, 161; Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 9. 409 Siehe RG vom 20.12.1929, RGZ 126, 386, 390; BGH vom 24.9.1952, BGHZ 7, 174, 178; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 180; Düringer/Hachenburg/Hec/ji/jei'm, HGB, 3. Aufl., § 335 Anm. 28; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 71 ff.; Schlegelberger/if. Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 68. 410 Vgl. Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 33, 155. 406

407

IV.

Einzelkriterien

235

chend ist, liegt danach zwar regelmäßig ein Dienstverhältnis vor. Eine im Vergleich zur festen Vergütung relativ hohe Gewinnbeteiligung wird aber als ein Umstand angesehen, der zusammen mit weiteren Elementen den Schluß auf eine - stille - Gesellschaft rechtfertigen kann. 4 1 1 In diesem Sinne wird im Schrifttum für den Fall, daß Dienste ausschließlich durch eine Partizipation am Gewinn entlohnt werden sollen, zuweilen ausdrücklich dafür plädiert, im Zweifel eine stille Gesellschaft anzunehmen. 4 1 2 Auf der anderen Seite erschöpft sich eine Reihe von Urteilen in dem Hinweis, daß eine hohe Gewinnbeteiligung nicht zu einem Gesellschaftsverhältnis führt, ohne auf die soeben erwähnte Indizwirkung einzugehen. 413 Zwar handelt es sich jeweils um die besondere Sachverhaltsgruppe der Abgrenzung von Gesellschafts- und Arbeitsvertrag. 4 1 4 Gleichwohl wird daran deutlich, welche Unwägbarkeiten sich ergeben können, wenn in der Rechtsprechung eine Vielzahl von Kriterien kursiert, deren Bedeutung starken Schwankungen ausgesetzt ist. In der damit aufgeworfenen Frage nach der Aussagekraft einer Gewinnpartizipation erscheinen folgende Leitlinien vorzugswürdig: Sofern die Parteien als Vergütung für eine Mitarbeit ausschließlich eine Beteiligung am Gewinn vorsehen, bringen sie damit im Hinblick auf die grundsätzliche Abgrenzung von Gesellschafts- und Austauschverhältnis regelmäßig zum Ausdruck, daß sie der Tätigkeit den Charakter einer Beitragsleistung zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks verleihen wollen. 4 1 5 Die vollständige Bindung des Entgelts an den Erfolg des Unternehmens ist ein Anzeichen dafür, daß der Beschäftigte nicht die Stellung eines außenstehenden Dritten haben, sondern zumindest bis zu einem gewissen Grade in das Unternehmen integriert werden soll. 4 1 6 Mit dieser Vergütungsform wird die eigene Arbeitskraft auf eine marktbezogene und damit unternehmerische Weise eingesetzt, auch wenn hierdurch noch nicht gesagt ist, ob und in welchem Umfang der Beschäftigte im Innenverhältnis an unternehmerischen Entscheidungen beteiligt ist. Tritt zu der Gewinnbeteiligung eine Festvergütung hinzu, so bedeutet dies zunächst nicht den zwangsläufigen Ausschluß einer Ein4 1 1 R A G v o m 29.3.1939, A R S 37, 44, 54; B F H v o m 5.6.1964, BStBl. III 1965, 51, 52; B F H vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560, 561; B F H v o m 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375. Eine hohe Gewinnbeteiligung als Indiz gegen ein Arbeitsverhältnis wertend auch R G v o m 13.4.1942, D R 1942, 1161, 1162. In diesem Sinne ferner B F H v o m 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187, 188: Gewinnbeteiligung kann aufgrund ihrer geringen H ö h e in concreto nicht als Kriterium für eine stille Gesellschaft gewertet werden. 4 1 2 D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / f / e c ^ e i ' m , H G B , 3. Aufl., § 335 Rn. 10. 4 1 3 Vgl. R G v o m 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 53; R A G v o m 7.11.1928, A R S 4 , 1 , 1 4 3 , 144; B F H v o m 18.11.1958, BStBl. III 1959, 49; B F H v o m 3.7.1964, BStBl. III 1964, 511,512; B F H v o m 8.7.1965, BStBl. III 1965, 558, 560 f.; B F H v o m 7.2.1968, BStBl. II 1968, 356, 357. 4 1 4 Siehe hierzu noch unten sub § 6 IV 2 b. 4 1 5 Insoweit zurückhaltend aber K l a n g / G s c h n i t z e r / Wahle, A B G B , 2. Aufl., § 1175 A n m . VII 2. 4 1 6 Es soll selbstverständlich nicht verkannt werden, daß bei Innengesellschaften nicht die Gesellschaft als solche, sondern der nach außen auftretende Partner Unternehmensträger ist und bleibt; vgl. nur Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 10.

236

§ 5 Gesellscbaftsrecbtlicher

Blickwinkel

Ordnung als Innengesellschaft. Insoweit ist nämlich anerkannt, daß ein im Innenverhältnis garantierter Mindestgewinn das Vorliegen einer stillen Gesellschaft nicht von vornherein hindert. 4 1 7 Im übrigen wird man f ü r die I n d i z w i r k u n g in A n l e h n u n g an die oben genannte Judikatur 4 1 8 nach dem Verhältnis von G e w i n n partizipation u n d fixem Entgelt zu unterscheiden haben: Soweit die G e w i n n a n teile die Festvergütung erheblich übersteigen, ändert dies nichts an der soeben beschriebenen D e u t u n g des regelmäßigen Parteiwillens im Sinne eines gesellschaftsrechtlichen Zusammenwirkens. Halten sich beide K o m p o n e n t e n die Waage oder steht das feste Entgelt im Vordergrund, läßt sich der Ertragsseite demgegenüber kein Anzeichen f ü r das Bestehen einer Kooperationsbeziehung entnehmen. Dabei k o m m t es f ü r die Unterscheidung beider Fälle grundsätzlich darauf an, von welcher Entwicklung die Beteiligten z u m Z e i t p u n k t des Vertragsschlusses ausgegangen sind. Eine unerwartet schlechte Ertragslage, die nachhinein das Verhältnis von Gewinnbeteiligung u n d festem Entgelt zu Lasten des variablen Vergütungsbestandteils verschiebt, kann eine ursprünglich als Gesellschaftsverhältnis gewollte Rechtsbeziehung nicht in einen Austauschvertrag konvertieren. Entsprechendes gilt vice versa bei einer außergewöhnlich guten Gewinnentwicklung. N e b e n der Gewinnpartizipation ist weiterhin fraglich, welche Schlußfolgerung eine ausdrücklich vorgesehene Verlustbeteiligung erlaubt. Dabei kann es wie zur Klarstellung gesagt sei - n u r u m solche Regelungen gehen, aufgrund derer der Beschäftigte nicht nur seine Gewinnteilhabe f ü r die laufende A b r e c h nungsperiode einbüßt 4 1 9 , sondern darüber hinaus aus seinem Vermögen gegebenenfalls Beträge zuschießen oder es sich doch zumindest gefallen lassen muß, daß spätere G e w i n n e zur D e c k u n g früherer Verluste verwendet werden 4 2 0 . Sofern eine derartige Vereinbarung explizit getroffen w o r d e n ist, 421 läßt sich dies als ein Indiz dafür werten, daß die Parteien die Tätigkeitsbeziehung auf eine gesellschaftsvertragliche Grundlage stellen wollten. 4 2 2 Für ein partiarisches Austausch417

Vgl. RG vom 15.3.1893, R G Z 31, 33, 34; RG vom 21.10.1913, Recht 1914, Nr. 114; RG vom 8.3.1918, R G Z 92, 292, 293; RG vom 6.12.1928, R G Z 122, 387, 390; RG vom 6.12.1935, JW 1936, 921; RG vom 29.1.1942, R G Z 168,284, 286; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 331; Baumb a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 231 Rn. 2; Hey m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 231 Rn. 5; Schlegelberger/K. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 231 n.F. Rn. 23; Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 231 Rn. 9. 418 Siehe die Nachweise in Fn. 411. 419 So die Regelung in BAG vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 H G B . 420 Vgl. zum letzteren § 232 H G B ; dazu etwa Schlegelberger/Zi. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 232 n.F. Rn. 32 ff. 421 Falls eine stille Gesellschaft vorliegt, bedarf freilich nicht die Verlustbeteiligung, sondern umgekehrt deren Ausschluß einer entsprechenden Regelung. Insoweit hat sich die von Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 178 f., interessanterweise gerade für Dienste (und Sachnutzungen) als Einlage vertretene Ansicht, nach der die Verlustbeteiligung stillschweigend abbedungen sei, nicht durchsetzen können; vgl. Heymann/Z/or«, H G B , 2. Aufl., § 231 Rn. 4; Koller, in: Koller/ Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 231 Rn. 4; Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §231 Rn. 12. 422 Insoweit zurückhaltend Tomandl, Wesensmerkmale, S. 131, der auf die Verlustbeteiligung bei der Abgrenzung von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis nur subsidiär zurückgreifen

IV.

Einzelkriterien

237

Verhältnis ist eine Nebenabrede über eine regelrechte Verlustbeteiligung des Dienstnehmers zumindest sehr ungewöhnlich. Etwas anderes ist lediglich dann anzunehmen, wenn sich die Teilhabe am Verlust auf einen verhältnismäßig kleinen Anteil an einer Festvergütung beschränkt. In einer solchen Konstellation ist es durchaus denkbar, daß es den Vertragspartnern nur darum ging, eine Austauschbeziehung mit einer Zusatzklausel um eine marktbezogene Entgeltkomponente anzureichern. Damit ist freilich noch kein Urteil über die Zulässigkeit einer solchen Regelung gesprochen. Vielmehr interessiert an dieser Stelle nur die Frage, anhand welcher Kriterien der Parteiwille ermittelt werden kann. Die dritte wichtige Fallgruppe bilden diejenigen Konstellationen, in denen ein „Gesellschafter" ausschließlich eine feste Vergütung bezieht, im Innenverhältnis also vollständig aus der Gewinn- und Verlustrechnung herausgenommen ist und zudem keinen Kapitalanteil innehat 4 2 3 . In der Sache geht es somit vornehmlich um die schon wiederholt erwähnte und in der Praxis immer wieder auftauchende Rechtsfigur des in wirtschaftlicher Hinsicht „angestellten Geschäftsführers", bei der es zumeist darum geht, daß ein Kapitalgeber das Ziel verfolgt, einen Manager auch in einer Personengesellschaft mit organschaftlichen Entscheidungsbefugnissen auszustatten, ohne ihn jedoch vermögensrechtlich umfassend zu beteiligen. 4 2 4 Weiterhin ist in diesem Zusammenhang der „fixierte Sozius" in einer Freiberufler-GbR zu erwähnen. 4 2 5 Die entscheidende Frage besteht darin, ob ein solcher Mitarbeiter überhaupt noch die Stellung eines Gesellschafters einnehmen kann. Für die stille Gesellschaft ist die Antwort klar, weil es diese Rechtsform ohne eine Gewinnbeteiligung nicht geben kann. 4 2 6 Wenn die Parteien eines Beschäftigungsverhältnisses keine Partizipation am Gewinn vorsehen haben, ist deshalb davon auszugehen, daß sie jedenfalls keine stille Gesellschaft begründen wollten. 4 2 7 will. Das Argument, eine solche Klausel könne genauso gut wirksamer Teil eines Gesellschaftsvertrages wie unzulässiger Bestandteil eines Arbeitsvertrages sein, übersieht indes, daß aus der allgemeinen Vertragswirklichkeit Anhaltspunkte für den regelmäßigen Parteiwillen gewonnen werden können. Die Aussagekraft einer Teilnahme am Verlust relativierend aber auch Klang/ Gschnitzer/WiiWe, A B G B , 2. Aufl., § 1175 Anm. VII 2. 4 2 3 Zum - umstrittenen - Verhältnis von Kapitalanteil und Gewinn- und Verlustbeteiligung sowie der insoweit bestehenden gesellschaftsvertraglichen Gestaltungsfreiheit siehe Flume, Personengesellschaftsrecht, § 11 II u. III, S. 147 ff. u. 158 ff. 4 2 4 Vgl. B G H vom 14.5.1952, B G H Z 6,113 ff.; B G H vom 9.6.1980, B G H Z 77,233,239; B G H vom 1.6.1981, AP Nr. 7 zu § 1 7 BetrAVG (unter 2); B F H vom 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33, 34; B F H vom 14.8.1986, BStBl. II 1987, 60, 61; B F H vom 16.12.1992, BStBl. 1993, 270, 272; Flume, Personengesellschaft, § 11 II, S. 149; Huber, Vermögensanteil, S. 289 ff.; Klein, Gesellschaftergeschäftsführer, passim; Kornblum, Haftung der Gesellschafter, S. 231; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 333; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 357 Fn. 83; Plum, FS 100 Jahre DJT, Bd. II (1960), S. 137,156 f.; dazu krit. Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 193 ff.; ebenso Michalski, Perpetuierung von Unternehmen, S. 204 Fn. 245. 4 2 5 Siehe B G H vom 6.7.1971, B G H Z 56, 355, 359; Stehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S. 205 ff. Die Problematik hat sich durch das Inkrafttreten des PartGG nicht erledigt, weil viele Sozietäten nach wie vor die Rechtsform einer G b R aufweisen. 4 2 6 Vgl. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 H G B .

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§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

Eine Nichtigkeit des Ausschlusses der Gewinnbeteiligung, die in der Literatur teilweise für denkbar gehalten wird 4 2 8 und die zur Folge hätte, daß die Tätigkeitsbeziehung unter Umständen doch als stille Gesellschaft qualifiziert werden könnte, ist abzulehnen. Vielmehr führt das Fehlen einer Teilhabe am Gewinn als begriffsnotwendiger Voraussetzung für die Existenz einer stillen Gesellschaft dazu, daß die Parteierklärungen anders - sei es als Innen-GbR, sei es als Austauschvertrag - eingeordnet werden müssen. 429 Umgekehrt hängt die Kommanditisteneigenschaft von vornherein nicht an der Vergütung der erbrachten Dienste, so daß eine entsprechende Regelung für die Stellung als Kommanditist unschädlich ist. Soweit es um die O H G und die Außen-GbR geht, ist die Zulässigkeit der Herauslösung eines Gesellschafters aus den vermögensrechtlichen Elementen der Mitgliedschaft zwar umstritten, aber doch überwiegend anerkannt. 430 Flume meint nun zwar, daß die Gemeinsamkeit des Zwecks bei einer rein schuldrechtlichen Innengesellschaft ausschließlich über das Ergebnis hergestellt werden könne. 431 Danach würde bei einer reinen Festvergütung jedenfalls keine zweigliedrige Innengesellschaft gebildet werden können. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum der Gestaltungsfreiheit in Innengesellschaftsverträgen in der Weise eine Grenze gezogen werden sollte, daß sich der monetäre Ertrag eines Gesellschafters von vornherein nicht auf einen fest bestimmten Betrag beschränken dürfe, sofern nur die Gesellschaftereigenschaft als solche feststeht. 432 Immerhin ließe sich die dauerhafte Sicherung der Existenz des Unternehmens durch ein koordiniertes Zusammenwirken als gemeinsamer Zweck denken. Gegenläufige Überlegungen schlagen letztlich nicht durch: Aus § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB, der den Ausschluß des stillen Gesellschafters von der Beteiligung am Gewinn für unzulässig erklärt, läßt sich kein allgemeingültiger

Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. A u f l . , § 231 n.F. R n . 22. Vgl. Baumbach/Ho^t, H G B , 30. A u f l . , § 230 R n . 2. 4 2 9 So auch Blaurock, H a n d b u c h , 5. A u f l . , R n . 830; H e y m a n n /Horn, H G B , 2. A u f l . , § 2 3 1 R n . 5; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. A u f l . , § 2 3 1 R n . 2 ; Schlegelberger/7C Schmidt, H G B , 5. A u f l . , § 231 n.F. R n . 22; Zutt, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. A u f l . , § 231 R n . 9. 4 3 0 Vgl. zur G b R bzw. O H G (teilweise nur z u r Zulässigkeit des Ausschlusses einer G e w i n n bzw. einer G e w i n n - und Verlustbeteiligung) R G v o m 13.7.1915, J W 1915, 1428; R G vom 9.3.1917, R G Z 90, 14, 16; R G v o m 19.11.1919, Recht 1919, Nr. 125; B a y O b L G v o m 26.5.1959, D N o t Z 1959, 498, 499; B G H vom 6.4.1987, N J W 1987, 3124, 3125; B A G vom 15.4.1993, A P Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979 (unter III 2 b bb); noch offengelassen in B G H v o m 13.5.1953, N J W 1953, 1548, 1549 (nicht a b g e d r u c k t in B G H Z 10, 44 ff.). Ferner H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. A u f l . , § 105 R n . 28; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. A u f l . , § 705 R n . 36, § 722 Rn. 3; Huber, Vermögensanteil, S. 298 f.; A. Hueck, O H G , 4. A u f l . , § 1 I 1 b, S. 4; S c h l e g e l b e r g e r / M a r t e n s , H G B , 5. A u f l . , § 121 R n . 11 f.; Müller-Gugenherger, GS R ö d i g (1978), S. 274, 280 f.; Schlegelberger/tf. Schmidt, H G B , 5. A u f l . , § 105 R n . 29; P a l a n d t / S p r a u , B G B , 61. A u f l . , § 722 R n . 1; J a u e r n i g / S t ü r ner, B G B , 9. A u f l . , § 7 2 2 Rn. 6; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 146; MünchKommBGB/t//mer, 3. A u f l . , § 7 0 5 R n . 117 f., § 7 2 2 R n . 4; Wiedemann/Schultz, ZIP 1999, 1, 3. Z u m „fixierten S o z i u s " vgl. Stehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S. 205 ff.; z u m i n d e s t prima facie anders B G H v o m 6.7.1971, B G H Z 56, 355, 359: „nicht eigentlich Gesellschafter"; gegen eine solche Interpretation des B G H aber Steindorff, FS R. Fischer (1979), S. 747, 758 f. 431 Personengesellschaft, § 3 IV, S. 47 f. 4 3 2 Ebenso Klang/Gschnitzer/WaWe, A B G B , 2. A u f l . , § 1175 A n m . VII 2. 427 428

IV.

Einzelkriterien

239

Rechtssatz ableiten. Die schon seit einigen Jahren aus Gründen des Individualschutzes erfolgende Einschränkung gesellschaftsvertraglicher

Gestaltungsfrei-

heit 4 3 3 erfordert ebenfalls keine abweichende Beurteilung. Der notwendige Schutz ist durch eine inhaltliche Kontrolle der gesellschaftsvertraglichen Regelung zu gewährleisten, 4 3 4 nicht aber dadurch, daß man in Grenzfällen schon das Vorliegen eines Gesellschaftsvertrages verneint. Schließlich wird zwar die Abgrenzung zu anderen rechtlichen Vertragsformen auf diese Weise schwieriger. Rechtsanwendungsprobleme berechtigen indes nicht dazu, gewollten vertraglichen Gestaltungen die Anerkennung zu versagen. 435 . Selbst bei der I n n e n - G b R ist die Beteiligung an Gewinn und Verlust somit nicht zu den notwendigen Erfordernissen eines Gesellschaftsvertrages zu zählen. Zur Feststellung der erforderlichen Gemeinsamkeit des Zwecks kann hierbei jedoch nicht auf den Bereich des Ertrages abgestellt werden. Vielmehr muß sich diese Voraussetzung in allen derartigen Fällen aus anderen U m ständen ergeben. 4 3 6 Dies betrifft insbesondere diejenigen Konstellationen, in denen mangels einer Gewinnbeteiligung eine stille Gesellschaft ausscheidet. 437 Wenn die Rechtsprechung die fehlende Verlustbeteiligung zuweilen als ein regelrechtes Indiz gegen das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses gewertet hat, 4 3 8 so steht dies allerdings im Widerspruch zur eigenen Judikatur 4 3 9 und schießt über das Ziel hinaus, weil es für die Abgrenzung genügt, wenn man verlangt, daß die Existenz eines gemeinsamen Zwecks mit hinreichender Deutlichkeit aus anderen Merkmalen folgen muß. Die vollständige Herausnahme eines Mitarbeiters aus den an sich mit dem G e sellschaftsverhältnis verbundenen vermögensrechtlichen Bezügen stellt somit kein Merkmal dar, das einer Gesellschaftereigenschaft des Beschäftigten zwingend entgegensteht. D e r in diesem Sinne der Vermögensrechte entkleidete „angestellte Geschäftsführer" kann deshalb echter Gesellschafter sein. Dasselbe gilt entgegen einer in der Rechtsprechung teilweise zum Ausdruck kommenden Sichtweise 4 4 0 auch für den „fixierten Sozius". Schließlich sei darauf hingewiesen, 4 3 3 Vgl. Wiedemann, W M 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 16 ff.; ders., ZGR-Sonderheft Nr. 13 (1998), S. 5, 7 ff.; siehe auch R. Fischer, Z G R 1979, 251, 262 f. 4 3 4 In diesem Sinne auch Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 705 Rn. 36. Insoweit für einen eher strengen Maßstab Wiedemann, W M 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 22; dagegen großzügig Zöllner, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz (1992), S. 85, 122. 4 3 5 So bereits oben sub § 3 IV 3 a aa. 4 3 6 Bei allen Außengesellschaften genügt es, wenn sich aus den Umständen auf ein gemeinsames Auftreten als Mitunternehmer im Rechtsverkehr schließen läßt. Bei der Innen-GbR wird man - ausnahmsweise - ein gemeinsames Betreiben des Unternehmens mit dem Ziel, den materiellen Ertrag nur einem Beteiligten zufließen zu lassen, als ausreichend anzusehen haben, zumal anderenfalls zumindest keine gesellschaftsvertraglichen Mitwirkungsrechte bestehen. 4 3 7 Siehe in diesem Zusammenhang auch Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., §231 Rn. 2, der ausdrücklich auf die Möglichkeit hinweist, das mit einem Stillen bestehende Rechtsverhältnis als G b R zu qualifizieren. 4 3 8 R G vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37. 4 3 9 R G vom 9.12.1902, ] W 1903, Beilage Nr. 2, S. 16, 17. 4 4 0 Vgl. B G H vom 6.7.1971, B G H Z 56, 355, 359.

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5 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

daß die an der rechtlichen Figur des „angestellten Geschäftsführers" geübte Kritik für dieses Ergebnis unerheblich ist, soweit sie sich gegen die Statthaftigkeit einer abhängigen Stellung persönlich haftender Gesellschafter richtet. 4 4 1 Insoweit geht es nämlich um die - im Zusammenhang mit der Arbeitnehmereigenschaft noch zu erörternde 4 4 2 - Frage, in welchem Umfang Gesellschafter an die Weisungen anderer Gesellschafter gebunden werden können, während sich die vorstehenden Überlegungen auf die vermögensrechtlichen Aspekte beschränkten. b)

Körperschaften

Im Körperschaftsrecht, das wiederum vornehmlich anhand der G m b H untersucht werden soll, besteht infolge der bereits beschriebenen 4 4 3 Trennung zwischen Bestellung und Anstellung von vornherein eine andere Ausgangslage. Hinzu kommt die in der Praxis auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern aus steuerrechtlichen Gründen verbreitete Gepflogenheit, einen Dienstvertrag abzuschließen, 4 4 4 obwohl man die persönlichen Beziehungen des mitarbeitenden Gesellschafters grundsätzlich auch mitgliedschaftlich ausgestalten könnte. Wird eine feste gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütung vereinbart, so kann diese als korporatives Sonderrecht in der Satzung verankert werden. 4 4 5 In einem solchen Falle wäre auch der Mitarbeit, die damit entlohnt werden soll, ein mitgliedschaftlicher Charakter zuzusprechen. Die eingangs erwähnten Aspekte führen indes dazu, ein solches Entgelt als eindeutiges Indiz für einen eigenständigen Dienstvertrag als unechten Satzungsbestandteil zu werten. In diesem Sinne hat schon das R G darauf hingewiesen, daß eine Einstufung des Geschäftsführergehalts als gesellschaftsrechtliche Regelung infolge ihrer Ungewöhnlichkeit des „klarsten Ausdrucks" bedürfte. 4 4 6 Auf die Höhe der Bezüge kommt es dabei nicht an. Insbesondere spielt es keine Rolle, ob die Vergütung für eine erbrachte Mitarbeit infolge unangemessen hoher Bezüge 4 4 7 als eine verdeckte Auszahlung von Kapital („verdeckte Gewinnausschüttung") zu qualifizieren ist 4 4 8 . Allerdings sind die Folgen eines Verstoßes gegen § 30 G m b H G noch nicht völlig eindeutig geklärt. Insoweit neigt die heute h. M. dazu, das Kausalgeschäft grundsätzlich für wirksam und den Zahlungsanspruch während der Unterdeckungsphase lediglich für einredebehaftet zu hal-

Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 III 2 a aa, S. 334. Siehe dazu unten sub § 6 IV 2 b cc u. V 1 c aa (2). 4 4 3 Siehe hierzu oben sub 1 b bb (1). 4 4 4 Siehe dazu bereits oben sub 1 b bb (2) mit Fn. 328. 4 4 5 Vgl. Bork, AcP 184 (1984), 465, 488; Priester, D B 1979, 681, 684; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 35 Rn. 153. 4 4 6 R G vom 29.11.1918, J W 1919, 313, 314. 4 4 7 Zu den Maßstäben siehe etwa B G H vom 14.5.1990, B G H Z 111, 224, 227 ff.; B G H vom 15.6.1992, N J W 1992, 2894, 2896. 4 4 8 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, 3. Aufl., G m b H G , § 30 Rn. 43; Baumbach/Hueck/ G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 29 Rn. 69. 441

442

IV.

Einzelkriterien

241

ten. 449 Sogar ein bewußter Verstoß gegen § 30 G m b H G führt nach der neueren Judikatur des BGH 4 5 0 in Abkehr von einer ständigen Rechtsprechung 4 5 1 nicht mehr zur Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts. Danach sind überhöhte Bezüge für die rechtliche Grundlage der Tätigkeit von vornherein unerheblich. Manche Stimmen wollen dagegen einen Schritt weiter gehen und erklären das Kausalgeschäft für (schwebend) unwirksam, soweit die Erfüllung gegen § 30 G m b H verstoßen würde. 4 5 2 Dementsprechend wird unter diesen Voraussetzungen auch das Bestehen eines Anspruchs gegen den Gesellschafter aus dem Drittgeschäft verneint. 4 5 3 Die Konsequenz dieser Sichtweise besteht im Prinzip darin, daß eine gleichwohl erbrachte Mitarbeit ohne Rechtsgrundlage erfolgt und gegebenenfalls Bereicherungsansprüche auslöst. Zu einer Umwandlung der rechtlichen Grundlage für die geleisteten Dienste von einer austauschvertraglichen in eine mitgliedschaftliche Einkleidung kommt es indes unter keinen Umständen. Im übrigen wird auch im Vereinsrecht aus der Zusage einer besonderen Vergütung teilweise geschlossen, daß die Tätigkeit nicht nur im Rahmen des Mitgliedschaftsverhältnisses, sondern zusätzlich einer eigenständigen Rechtsbeziehung ausgeübt wird. 4 5 4 Des weiteren ist es wiederum denkbar, daß die Beteiligten in der Satzung für eine Mitarbeit keine Festvergütung, sondern ausschließlich gewinnabhängige Bezüge vorsehen. Rechtlich kann es sich hierbei einerseits um eine echte gesellschaftsvertragliche Regelung handeln, die auf die Vorabausschüttung eines zu erwartenden Gewinns abzielt. 4 5 5 Andererseits ist aber auch die Einordnung als Gehaltszusage im Rahmen eines partiarischen Dienstvertrages möglich. Eine Tätigkeit auf der Grundlage eines eigenständigen Dienstvertrages, bei der die gesamte Vergütung vom erreichten Gewinn abhängen soll, ist aber derart ungewöhnlich, daß eine solche Qualifikation als Ausnahme angesehen werden muß. 4 5 6 Für den Regelfall ist statt dessen von einer korporativen Gewinnvertei449 Canaris, FS R. Fischer (1979), S. 31, 55; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. A u f l . , § 30 R n . 21; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. A u f l . , § 30 R n . 38; Meister, W M 1980, 390, 396 f.; Rowedder, G m b H G , 3. A u f l . , § 3 0 R n . 2 8 ; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. A u f l . , § 37 III 2 c, S. 1137 f.; Scholz///. P. Westermann, G m b H G , 9. A u f l . , § 30 R n . 11. 4 5 0 B G H v o m 23.6.1997, B G H Z 136, 125, 129 ff. 4 5 1 R G v o m 15.9.1941, D R 1942, 40; R G vom 15.12.1941, R G Z 168, 292, 302 f.; B G H v o m 14.1.1953, L M § 3 0 G m b H G Nr. 1; B G H v o m 29.9.1977, B G H Z 69, 274, 280; B G H v o m 28.9.1981, B G H Z 81, 365, 367 f. 452 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 30 R n . 47; Flume, Z H R 144 (1980), 18, 23; ders., Juristische Person, § 8 IV 2 c, S. 291; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 III 1 a, S. 442; in diesem Sinne auch Stimpel, FS 100 J a h r e G m b H G (1992), S. 335, 356. 453 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 30 R n . 49. 454 Vgl. (zu Schwesternorganisationen) Triesehmann, R d A 1955, 52, 54; Bestreiten des Gegenleistungscharakters aber durch v. Maitzahn, R d A 1955, 454, 456. 4 5 5 D a z u näher e t w a Scholz/Emmerich, G m b H G , 9. A u f l . , § 29 R n . 86 f.; Baumbach/Hueck/ G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. A u f l . , § 29 R n . 60 f.; Roth, in: Roth/Altmeppen, 3. A u f l . , G m b H G , § 2 9 R n . 51 f. 4 5 6 So im Erg. auch B A G v o m 28.11.1990, A P Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau (unter II 3 a).

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

242

Blickwinkel

lungsregelung auszugehen, die damit ein Indiz für eine mitgliedschaftliche Tätigkeitspflicht darstellt.

3. Sonstige

Umstände

Bei der Qualifikation von Mitarbeitsverhältnissen an der Grenze von Gesellschafts- und Austauschvertragsrecht neigt insbesondere die Rechtsprechung dazu, anhand weiterer Umstände des konkreten Einzelfalles die jeweilige Entscheidung abzusichern. Dieser Tendenz kann die Gefolgschaft angesichts der Vielgestaltigkeit der in der sozialen Wirklichkeit auftretenden Konstellationen nicht von vornherein versagt werden. Indes darf sich das rechtswissenschaftliche Bemühen nicht darauf beschränken, die einzelnen in der Judikatur genannten Kriterien lediglich katalogartig kommentarlos aufzulisten. Vielmehr muß zumindest versucht werden, den Stellenwert der jeweiligen Aspekte möglichst präzise zu bestimmen. Mit dieser Zielrichtung soll im folgenden auf einige vor allem in der Rechtsprechungspraxis erwähnte Merkmale, die weder unmittelbar mit der ausgeübten Tätigkeit noch mit dem Ertrag der Mitarbeit zusammenhängen, näher eingegangen werden. Teilweise wird in diesem Kontext auf die Vorgeschichte der gegenwärtig zu beurteilenden Vereinbarungen hingewiesen. 4 5 7 Wenn die Parteien sich in einem eindeutig als Austauschvertrag zu qualifizierenden Tätigkeitsverhältnis befunden haben und nunmehr eine gesellschaftsvertragliche Absprache treffen, etwa über die Begründung der Stellung als Kommanditist, ohne daß sich an den äußeren Bedingungen der Mitarbeit etwas ändert, spricht in der Tat einiges dafür, daß der Austauschvertrag neben dem Kooperationsverhältnis fortgesetzt und nicht in den gesellschaftsvertraglichen Rahmen integriert werden soll. Weiterhin hat das RG in einer älteren Entscheidung das Alleineigentum eines Beteiligten an den in das Unternehmen eingebrachten Gegenständen als Indiz gegen das Vorliegen einer Gesellschaft gewertet. 4 5 8 Berücksichtigt man, daß die Bildung von Gesamthandseigentum bei einer stillen Gesellschaft nach h. M. ausgeschlossen 4 5 9 und bei der Innen-GbR zumindest nicht erforderlich 4 6 0 ist, handelt es sich hierbei indes um keine tragfähige Überlegung. 4 6 1 Ferner hat auch die steuerrechtliche Behandlung nur eine begrenzte Aussagekraft. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, daß gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 4 5 7 Vgl. G. Hueck, DB 1962, 1363, 1368. Siehe insoweit ferner B F H v o m 11.9.1986, BStBl. II 1987, 111, 112, w o es heißt, daß die U m g e s t a l t u n g eines bestehenden Arbeitsverhältnisses in ein Gesellschaftverhältnis nur a u s n a h m s w e i s e a n g e n o m m e n w e r d e n könne. 4 5 8 R G v o m 9.12.1902, J W 1903, Beilage Nr. 2, S. 16, 17; in diesem Sinne auch Lotmar, Arbeitsvertrag, Bd. I, S. 40. 4 5 9 Siehe nur Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. A u f l . , § 230 n.F. R n . 9. 4 6 0 Vgl. nur R G v o m 30.9.1911, R G Z 77, 223, 226 f.; R G v o m 25.10.1912, R G Z 80, 268, 271; Flume, Personengesellschaft, § 1 III, S. 4 ff.; MünchKommBCB/WOTer, 3. Aufl., § 7 0 5 Rn. 236, § 7 1 8 R n . 10. 461 Abi. bereits Molitor, in: Molitor/Hueck/Riezler, Arbeitsvertrag, S. 65.

V. Wille der

Parteien

243

EStG bei Personengesellschaftern, die als Unternehmer anzusehen sind, sowohl die Gewinnanteile als auch Sondervergütungen für Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb eingestuft werden. Diese Einbeziehung erfaßt auch diejenigen Fälle, in denen die Sondervergütung auf einer besonderen schuldrechtlichen Vertragsbeziehung neben dem Gesellschaftsverhältnis beruht. 4 6 2 Zudem knüpft das Steuerrecht an die zivilrechtliche Qualifikation an oder entfaltet eigene Wertungen, determiniert aber jedenfalls nicht die privatrechtliche Einordnung. Allerdings kann die erwünschte und praktizierte steuerrechtliche Handhabung ein Anzeichen für den Willen der Beteiligten zu einer eigenständigen zivilrechtlichen Grundlage für die Tätigkeitsbeziehung sein. 463 Soweit es schließlich um die für die Gewerbesteuer relevante Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Dienstvertrag geht, hat der BFH des öfteren die Aussicht des Beschäftigten auf den späteren Eintritt als - offenkundiger Gesellschafter bzw. auf die Übernahme des Geschäfts als ein Kriterium für das Vorliegen eines stillen Gesellschaftsverhältnisses angesehen. 464 Dieser Einschätzung ist ebenfalls mit erheblicher Zurückhaltung zu begegnen. Aus dem in der Zukunft liegenden Ziel der Gesellschafterstellung oder der alleinigen Unternehmensinhaberschaft eines Mitarbeiters kann schwerlich abgeleitet werden, daß die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen einen kooperationsrechtlichen Charakter aufweisen sollen. In diesem Sinne hat sich auch die US-amerikanische Judikatur geäußert. 4 6 5

V. Wille der Parteien Die Antwort auf die Frage nach der Bedeutung des Parteiwillens für die Abgrenzung von Gesellschafts- und Austauschvertragsrecht kann nach den früheren grundsätzlichen Ausführungen 4 6 6 kurz gehalten werden. Sämtliche vorstehend erörterten Kriterien dienen dazu, dem in den konkreten Vereinbarungen zum Ausdruck kommenden wirklichen Parteiwillen Geltung zu verschaffen. Es geht insoweit also ausschließlich um die Anerkennung, nicht um die Korrektur des Willens der Beteiligten. Das Problem einer regelrechten U m qualifikation, wie sie an der Grenze zum Arbeitsverhältnis noch näher zu thematisieren sein wird, 4 6 7 taucht in der zivilgerichtlichen Praxis soweit ersichtlich

Vgl. B F H (GS) v o m 25.2.1991, BStBl. II 1991, 691, 698. Zur Bedeutung des steuerlich Intendierten als K r i t e r i u m f ü r die A u s l e g u n g des P a r t e i w i l lens siehe Schulze-Osterloh, A c P 190 (1990), 1 3 9 , 1 4 6 f. 464 B F H v o m 18.11.1958, BStBl. III 1959, 49; B F H v o m 27.2.1963; BStBl. III 1963, 370, 371; B F H v o m 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375; zust. Baier, M D R 1985, 890, 892. A n d e r s aber B F H vom 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187, 189. 4 6 5 Vgl. Voyles v. M u r r a y , 297 F.Supp. 1288, 1289 (N.D.Tex. 1969). 4 6 6 Siehe hierzu oben sub § 4 IV. 4 6 7 Vgl. d a z u unten sub § 6 VI. 462 463

244

§ 5 Gesellschaftsrechtlicher

Blickwinkel

nicht auf. Dies ist eine Folge der grundsätzlichen Freiheit der Parteien bei der Einkleidung von Mitarbeitsverhältnissen in einen gesellschafts- oder einen austauschvertraglichen R a h m e n , der Umettikettierungen überflüssig macht. D e n H i n t e r g r u n d bildet auf der einen Seite der U m s t a n d , daß nur wenige dienstvertragliche N o r m e n existieren, die infolge ihrer Schutzwirkung den gewinnbringenden Einsatz der Arbeitskraft schmälern 4 6 8 und deshalb einen Anreiz dazu geben, ihre Heranziehung durch einen - vermeintlich - gesellschaftsvertraglichen R a h m e n zu vermeiden. Soweit man meint, daß dienstvertragliche Regelungen auf kooperationsrechtliche Tätigkeitsverhältnisse anzuwenden seien, wird dies mit dem methodischen Instrumentarium der Analogie bewältigt 4 6 9 und nicht mit einer dem geäußerten Parteiwillen zuwiderlaufenden Qualifikation. A u f der anderen Seite gilt Vergleichbares für das Eingreifen gesellschaftsrechtlicher Vorschriften. So wird etwa die Übertragung der Geschäftsführung auf einen Gesellschafter mittels eines Dienstvertrages 4 7 0 nicht als Versuch gewertet, die B e s t i m m u n g e n über die organschaftliche Geschäftsführung zu umgehen. Vielmehr geht es lediglich darum, die K o n s e q u e n z e n aus der von der Beteiligten gewählten Gestaltung zu ziehen. E t w a s anderes würde nur für den eher akademischen Fall gelten, daß die Parteien ein eindeutiges Gesellschaftsverhältnis b e w u ß t als Dienstvertrag bezeichnen, um gerade den F o l g e n des Gesellschaftsrechts zu entraten und nicht etwa nur in den G e n u ß steuerliche Vorteile zu gelangen. In einer solchen K o n s t e l lation k ö n n t e man es nicht bei einer schlichten Berufung auf die U n b e a c h t l i c h k e i t einer Falschbezeichnung bewenden lassen, sondern müßte begründen, ob und welche G r e n z e n das Gesellschaftsrecht beispielsweise für den E n t z u g der G e schäftsführungsbefugnis aufstellt. D a es den Beteiligten u n b e n o m m e n bleibt, von vornherein eine echte dienstvertragliche Absprache zu treffen, ohne daß hierdurch Nachteile entstehen, ist für eine solche Gestaltung der rechtlichen Beziehungen aber kein Sinn ersichtlich. Im übrigen setzen sich bestimmte gesellschaftsrechtliche N o r m e n ohne R ü c k s i c h t auf die Rechtsgrundlage der Mitarbeit durch. Insoweit sei an die Kapitalerhaltung nach § 30 G m b H G erinnert, die nicht nur gesellschaftsvertragliche, sondern auch drittgeschäftliche Tätigkeitsvergütungen erfaßt. 4 7 1 F ü r eine K o r r e k t u r des geäußerten Parteiwillens, um durch die Einstufung als Kooperationsverhältnis gesellschaftsrechtliche Anliegen zu verwirklichen, besteht somit zumindest im allgemeinen kein Bedürfnis.

468 Zu diesem Gedanken B A G vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 5 2 8 Z P O (unter II 2); ferner umfassend Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 160 ff. 4 6 9 Siehe dazu unten sub § 8 I 2. 4 7 0 Zu dieser Möglichkeit vgl. oben sub IV 1 b aa (2). 471 Siehe dazu oben sub IV 2 b. Dasselbe gilt für das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 S. 1 H G B ; zu den verschiedenen Varianten eingehend Bork, AcP 184 (1984), 465, 482 ff.

VI.

245

Zusammenfassung

VI. Zusammenfassung D i e Ü b e r l e g u n g e n dieses A b s c h n i t t s lassen sich w i e f o l g t z u s a m m e n f a s s e n : H i n s i c h t l i c h der A b g r e n z u n g v o n g e s e l l s c h a f t s r e c h t l i c h e r T ä t i g k e i t auf d e r e i n e n u n d a u s t a u s c h v e r t r a g l i c h e r D i e n s t l e i s t u n g a u f d e r a n d e r e n S e i t e ist z w i s c h e n z w e i K o n s t e l l a t i o n e n z u u n t e r s c h e i d e n . E r s t e n s g i b t es F ä l l e , in d e n e n d a n a c h z u f r a gen ist, o b eine P a r t e i ü b e r h a u p t als G e s e l l s c h a f t e r o d e r n u r als A u s t a u s c h v e r t r a g s p a r t n e r q u a l i f i z i e r t w e r d e n k a n n . Z w e i t e n s k a n n z w e i f e l h a f t sein, o b die M i t a r b e i t eines in j e d e m F a l l e an d e r G e s e l l s c h a f t B e t e i l i g t e n in d e n g e s e l l s c h a f t s v e r t r a g l i c h e n R a h m e n e i n g e b u n d e n ist o d e r a u f e i n e m D r i t t v e r h ä l t n i s b e r u h t . I n b e i d e n G e s t a l t u n g e n ist d a r a u f z u a c h t e n , z w i s c h e n w e l c h e n B e t e i l i g t e n

eine

r e c h t l i c h e B e z i e h u n g b e s t e h t . W ä h r e n d eine g e s e l l s c h a f t s v e r t r a g l i c h e M i t a r b e i t i h r e G r u n d l a g e in e i n e r V e r e i n b a r u n g

zwischen

den G e s e l l s c h a f t e r n

findet,

k o m m t ein a u s t a u s c h r e c h t l i c h e r D r i t t v e r t r a g z w i s c h e n d e m M i t a r b e i t e r u n d der G e s e l l s c h a f t (bei I n n e n g e s e l l s c h a f t e n m i t d e m U n t e r n e h m e n s i n h a b e r ) z u s t a n d e . L ä ß t sich a n h a n d des V e r t r a g s p a r t n e r k r i t e r i u m s k e i n e klare E n t s c h e i d u n g t r e f fen, sind z u s ä t z l i c h e M e r k m a l e e r f o r d e r l i c h , w o b e i die T ä t i g k e i t s i n h a l t e u n d E i n flußnahmemöglichkeiten

s o w i e der E r t r a g s b e r e i c h d o m i n i e r e n . D i e

Ausübung

b z w . Ü b e r t r a g u n g der G e s c h ä f t s f ü h r u n g auf einen P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t e r b i l d e t ein w e s e n t l i c h e s I n d i z f ü r die A n n a h m e , d a ß der B e t e i l i g t e seine M i t a r b e i t auf der G r u n d l a g e des G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s e r b r i n g t . A l l e r d i n g s ist es n i c h t a u s g e s c h l o s sen, d a ß ein P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t e r die m i t der G e s c h ä f t s f ü h r u n g

verbundenen

A u f g a b e n auf der B a s i s eines e i g e n s t ä n d i g e n D i e n s t v e r t r a g e s w a h r n i m m t . D e s w e i t e r e n s p r i c h t es f ü r die E i n b e z i e h u n g einer T ä t i g k e i t in ein b e s t e h e n d e s G e s e l l schaftsverhältnis, w e n n die P a r t e i e n als E n t g e l t f ü r die M i t a r b e i t n u r eine G e w i n n beteiligung o d e r eine v o n den ü b l i c h e n B e z ü g e n f ü r eine e n t s p r e c h e n d e D i e n s t l e i stung e r h e b l i c h a b w e i c h e n d e V e r g ü t u n g v o r s e h e n . V e r g l e i c h b a r e s gilt f ü r die A b g r e n z u n g v o n G e s e l l s c h a f t u n d p a r t i a r i s c h e m D i e n s t v e r t r a g im F a l l e der Vere i n b a r u n g einer r e i n e n b z w . einer die F e s t v e r g ü t u n g e r h e b l i c h ü b e r s t e i g e n d e n d e n G e w i n n p a r t i z i p a t i o n . D a die W a h l der R e c h t s g r u n d l a g e für die T ä t i g k e i t einer ( e n t s p r e c h e n d e n ) A n w e n d u n g gesellschafts- b z w . d i e n s t v e r t r a g s r e c h t l i c h e r V o r s c h r i f t e n n i c h t z w i n g e n d e n t g e g e n s t e h t , gibt es im ü b r i g e n k e i n e n A n l a ß , d e m P a r teiwillen i n s o w e i t v o n v o r n h e r e i n G r e n z e n zu s e t z e n .

§ 6 Arbeitsrechtliche Perspektive Mit den folgenden Überlegungen soll die Blickrichtung verändert und die Q u a l i fikation von Mitarbeitsbeziehungen nunmehr unter arbeitsrechtlichen Vorzeichen untersucht werden. Wie bereits im einzelnen nachgewiesen worden ist, 1 hat die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung in den einschlägigen Gestaltungen regelmäßig die Eigenschaft eines Beschäftigten als Arbeitnehmer von der Tätigkeit im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses bzw. eines freien Dienstvertrages eines Gesellschafters abgegrenzt. Die exakte Einordnung der außerarbeitsvertraglichen Mitarbeitsform stand dabei nicht zuletzt aus zuständigkeitsrechtlichen Gründen nicht zur Debatte. Dies bedeutet vor allem, daß die arbeitsrechtlich orientierte Judikatur der in den vorstehenden Ausführungen herausgearbeiteten grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Gesellschafts- und Austauschbeziehung und den hierfür maßgeblichen Kriterien vielfach keine eigenständige Aufmerksamkeit zugewendet hat. 2 Bei der Analyse und Bewertung der Kriterien, von denen die Einstufung einer Beschäftigung als Arbeitsverhältnis abhängt, ist daher in besonderem Maße auf eine rechtsgebietsübergreifende Harmonisierung zu achten. D a weder das Arbeitsrecht noch das Gesellschaftsrecht per se einen höheren Rang genießen, 3 müssen auch die einzelnen Merkmale für die Qualifikation von Grenzfällen aufeinander abgestimmt sein und dürfen nicht von vornherein so festgelegt werden, daß eines der beiden Rechtsgebiete im Ergebnis stets dominiert. Wenn und soweit sich ein Rechtsbereich gegenüber dem anderen durchsetzt, muß dies auf gesetzliche Wertungen zurückgeführt werden. Die durch die Gerichtsorganisation bedingte Verteilung von Arbeits- und Gesellschaftsrecht auf verschiedene Gerichtszweige rechtfertigt für sich genommen abweichende Einschätzungen ebensowenig wie das unreflektierte Vorverständnis des Rechtsanwenders von der Prävalenz einer der betroffenen Materien. U m die einzelnen Einordnungsmerkmale besser zu fundieren, soll zunächst die arbeitsrechtliche Ausgangslage aufbereitet werden (unter I). Dies erscheint nicht zuletzt deshalb geboten, weil seit einigen Jahren eine heftige Diskussion um den Arbeitnehmerbegriff geführt wird und die Abgrenzung zu Gesellschaftsverhältnissen zumindest grundsätzlich Klarheit darüber voraussetzt, welche Elemente ein Arbeitsverhältnis auszeichnen. Sodann richtet sich das Augenmerk auf 1 2 3

Siehe d a z u oben s u b § 4 II 1. Einzelheiten hierzu unten sub III 1 a bb u. cc. Vgl. Beuthien, F S 25 J a h r e B A G (1979), S. 1, 13; Kuhn,

K o m p e t e n z b e r e i c h e , S. 238.

I. Arbeitsrechtliche

Ausgangslage

247

die Aussagekraft spezialgesetzlicher Regelungen (unter II) und der Vertragspartnerstellung (unter III). Die nächsten Untersuchungsschritte befassen sich mit der Frage, ob bestimmte (absolute) Umstände ein Zusammentreffen von Gesellschafter- und Arbeitnehmereigenschaft per se ausschließen (unter IV), sowie mit der Bedeutung abstufbarer (relativer) Einzelkriterien für die Qualifikation (unter V). Schließlich wird der in diesem Bereich besonders heiklen Frage nach der Reichweite der Privatautonomie nachgegangen (unter VI).

I. Arbeitsrechtliche Ausgangslage Die Einstufung von Beschäftigungsverhältnissen in der Grauzone von Arbeitsund Gesellschaftsrecht bedarf eines festen Widerlagers hinsichtlich der Merkmale, von denen die Arbeitnehmereigenschaft im Grundsatz abhängt. Wie soeben bereits angedeutet, bereitet indes schon die Beschreibung des Ausgangspunktes erhebliche Probleme, weil der Arbeitnehmerbegriff seit einigen Jahren Gegenstand einer intensiven Auseinandersetzung mit einer kaum noch zu überschauenden Flut an Rechtsprechung und Schrifttum ist. Auch wenn dabei die Abgrenzung von Arbeitnehmer und selbständigem Unternehmer im Vordergrund der Debatte steht, können die Grundlinien dieser Diskussion für die hier interessierenden Gestaltungen nicht völlig ausgeblendet werden. Allerdings erscheint es nicht erforderlich, die Entwicklung in allen Einzelheiten nachzuzeichnen. Vielmehr genügt es für die Zwecke der vorliegenden Studie, diejenigen Aspekte festzuhalten, auf denen die weiteren Gedanken zur Einordnung von Tätigkeitsbeziehungen an der Grenze von Arbeits- und Gesellschaftsrecht aufbauen sollen. Die Rechtsprechung und große Teile des Schrifttums sehen das entscheidende Merkmal zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft bekanntlich in der persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten. Zur näheren Konkretisierung dienen das Weisungsrecht des Auftraggebers im Hinblick auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit sowie das Kriterium der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. 4 Dabei hat sich der Akzent in den letzten Jahren von der Frage der Arbeitszeitsouveränität auf die Betrachtung der Art und Organisation der Tätigkeit verlagert. 5 Der Rekurs auf die persönliche Abhängigkeit sowie 4 St. Rspr.; siehe nur BAG vom 19.11.1997, AP Nr. 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG vom 30.9.1998, AP Nr. 103 zu §611 BGB Abhängigkeit; BAG vom 26.5.1999, AP Nr. 104 zu §611 BGB Abhängigkeit; BAG vom 16.2.2000, AP Nr. 70 zu § 2 ArbGG 1979 (unter II 2 b aa). Aus der Lit. etwa Berger-Delhey/Alfmeier, NZA 1991, 257 ff.; Bydlinski, System, S. 544; Erman/Hanau, BGB, 10. Aufl., §611 Rn. 58; Gamillscheg, Arbeitsrecht, Bd. I, S. 159ff.; MünchKommBGB/Müller-Glöge, 3. Aufl., §611 Rn. 135; Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 62 ff.; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 80 f. Ausführliche Darstellung der einzelnen Aspekte der Weisungsbefugnis bei Hanau/Strick, DB 1998, Beilage Nr. 14, S. 6 ff. Für ein vom Weisungsrecht zu unterscheidendes Leitungsrecht als Abgrenzungsmerkmal jüngst Maschmann, Arbeitsverträge, S. 170 ff. 5 Vgl. Reinecke, NZA 1999, 729, 731 m.w.N.; siehe aber auch BAG vom 20.9.2000, AP Nr. 8 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung (unter II 1).

248

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

insbesondere die starke Betonung der Direktionsbefugnis als ausschlaggebendes Merkmal für den Arbeitnehmerstatus werden von Teilen der Literatur freilich schon seit längerem kritisiert. Während sich Wiedemann in seinen grundlegenden Ausführungen zum Arbeitsverhältnis aber noch darauf beschränkte, als ein wesentliches Motiv für den arbeitsrechtlichen Sozialschutz das Element des Verzichts des Beschäftigten auf eine eigene Marktteilnahme zugunsten einer Erweiterung der Handlungsmacht des Auftraggebers herauszuarbeiten, ohne indes einen neuen Arbeitnehmerbegriff zu kreieren,6 haben spätere Autoren die Leitbegriffe der persönlichen Abhängigkeit bzw. der Weisungsunterworfenheit relativiert oder sogar vollständig verabschiedet.7 Nach den Ansätzen von Liebs und Beuthien/Webler9 sowie neben einer Reihe anderer Stimmen 10 wird die gegenwärtige Debatte vor allem durch die Position von Wank als dem prononciertesten Verfechter einer abweichenden Sichtweise bestimmt. Wank will darauf abstellen, ob ein Beschäftigter selbständig und eigenverantwortlich am Markt auftritt und somit - freiwillig - unternehmerische Chancen und Risiken auf sich nimmt. 11 Sofern diese Voraussetzungen nicht vorliegen, soll der Mitarbeiter als Arbeitnehmer anzusehen sein („duales Modell der Erwerbstätigkeit"). Hintergrund dieser Neuorientierung ist die im Prinzip durchaus zutreffende Erkenntnis, daß zwischen der Bildung des Arbeitnehmerbegriffs und den daran geknüpften Schutznormen (Berufs- und Existenzschutz) ein Sinnzusammenhang bestehen muß. 12 Das BAG hat diese Ansätze bislang allerdings nicht explizit aufgegriffen. Vielmehr deutet vieles darauf hin, daß die traditionelle Auffassung jedenfalls nicht durch eine schlichte Uminterpretation des geltenden Rechts 13 beseitigt wird, zumal sie in der Instanzrechtsprechung14 sowie im überwiegenden Schrifttum 15 auch in neuerer Zeit immer wieder verteidigt worden ist. Darüber hinaus ist das GeArbeitsverhältnis, S. 14 ff. Die innerhalb der herrschenden Konzeption bleibenden unterschiedlichen Nuancierungen im Verhältnis von persönlicher Abhängigkeit und Weisungsrecht (vgl. etwa G. Hueck, RdA 1969, 216, 219; ferner Zöllner, RdA 1969, 65, 67) spielen hierfür keine Rolle und sollen deshalb vernachlässigt werden (siehe auch Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 5, S. 45 ff.). 8 RdA 1974, 257, 259 f., ders., ZVersWiss, Bd. 65 (1976), 207, 213 ff.; ders., RdA 1977, 210, 215 f.; ders., Arbeitsrecht, 7. Aufl., Rn. 11 ff. 9 RdA 1978,2, 5 f. 10 Siehe etwa Gast, Arbeitsrecht als Vertragsrecht, S. 347 ff.; Heuberger, Sachliche Abhängigkeit, S. 153 ff.; Matthießen, ZIP 1988, 1089, 1092; MünchArbRARichardi, 2. Aufl., § 24 Rn. 51 ff.; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 111 ff., 171 ff. 11 Arbeitnehmer und Selbständige, passim; ders., D B 1992, 90, 91 ff.; ders., N Z A 1999, 225, 226 ff.; zust. etwa L A G Köln vom 30.6.1995, AP Nr. 80 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit; Tbüsing, 2. Anm. zu L A G Köln, L A G E §611 B G B Arbeitnehmerbegriff Nr. 29 (unter III u. IV). Zur Position von Wank siehe auch noch Fn. 19 a. E. 12 Wank, N Z A 1999, 225, 226. 13 Zu Gesetzgebungsvorschlägen, die sich mehr oder weniger eng an die Überlegungen von Wank anlehnen, siehe Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 67. 14 Vgl. insbesondere die scharfe Kritik an der Lehre von Wank durch das L A G Düsseldorf vom 4.9.1996, L A G E § 611 B G B Arbeitnehmerbegriff Nr. 33 (unter I 3): „Wald ohne Bäume". 15 Boemke, ZfA 1998, 285, 301 ff.; Gnebeling, RdA 1998, 208, 210 ff.; ders., N Z A 1998, 1137, 6

7

I. Arbeitsrechtliche

Ausgangslage

249

wicht der vom Gesetzgeber auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts im Sinne der neueren Strömungen aufgenommenen Kriterien zur Bestimmung nichtselbständiger Arbeit, 1 6 die manche umgehend auch für das Arbeitsrecht nutzbar machen wollten, 1 7 nach der letzten Reform 1 8 wieder gesunken. 19 Zwar darf der Dissens nicht überschätzt werden. Bei der Konkretisierung ihrer unterschiedlichen Ausgangspunkte nähern sich die beiden Ansätze einander nämlich weitgehend an. Auf der einen Seite rekurriert die Rechtsprechung bei der Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit vielfach auf die Gesichtspunkte der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit und des Unternehmerrisikos. 2 0 Auf der anderen Seite zeigt sich das fehlende Auftreten am Markt regelmäßig am deutlichsten in der Weisungsabhängigkeit der Tätigkeit bzw. der Eingliederung in eine fremdgesteuerte Arbeitsorganisation. Dennoch darf nicht verkannt werden, daß die neuere Lehre mit den Fragen nach dem unternehmerischen Entscheidungsspielraum sowie den unternehmerischen Chancen und Risiken die Akzente teilweise anders setzt. Berücksichtigt man, daß eine Beteiligung als Gesellschafter üblicherweise sowohl zu Mitsprache- als auch zu Vermögensrechten führt und damit eine Affinität zu den Kriterien der neueren Betrachtungsweise besteht, ist es zur Gewinnung einer festen Basis unabdingbar, das grundsätzliche Verhältnis der beiden Elemente zur Weisungsunterworfenheit wie auch untereinander be1140 ff.; E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., § 611 R n . 5 8 ; Hromadka, N Z A 1997, 569, 576 ff.; Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 62 ff.; de lege lata ebenfalls E r f K / P r e i s , 2. Aufl., B G B , §611 Rn. 72; gegen das Modell von Wank auch MünchArbR/-R¿c¿^r¿¿, 2. Aufl., § 24 Rn. 44; ders., in: Staudinger, B G B , 13. Bearb., §611 Rn. 157; vermittelnd Raab, RdA 1999,339, 340 f. 16 § 7 Abs. 4 SGB IV i. d. F. des „Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte" vom 19.12.1998, B G B l . I, S. 3843. 17 Dafür etwa Wank, RdA 1999,297, 311 m.w.N. zur abweichenden Ansicht; eine solche Entwicklung andeutend auch Weimar!Goebel, ZIP 1999, 217, 222; Reinecke, N Z A 1999, 729, 735. 18 § 7 Abs. 4 S G B IV i. d. F. des „Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit" vom 20.12.1999, B G B l . 2000 I, S. 2. 19 So sollen die Kriterien nur für den Fall der verweigerten Mithilfe bei der Sachaufklärung zum Tragen kommen, während im übrigen am Grundtatbestand des § 7 Abs. 1 S G B IV festgehalten wird. Allerdings zeichnet sich die Neuregelung vor allem infolge der Einfügung der traditionellen Kriterien „Weisungsbindung" und „Eingliederung" als bloße „Anhaltspunkte" im neugeschaffenen § 7 Abs. 1 S. 2 S G B IV durch eine gewisse Gemengelage von „alter" und „neuer" Sichtweise aus; vgl. Bauer/Diller/Schuster, N Z A 1999, 1297, 1300. Gegen ein „Durchschlagen" der Vermutungskriterien auf das Arbeitsrecht, L G Mannheim vom 19.10.2001, ZIP 2001, 2149, 2150 f.; B. Gaul/Wisskirchen, D B 1999, 2466, 2468; E r f K / R o l f s , 2. Aufl., S G B IV, § 7 Rn. 4. Zurückhaltend auch B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 5 zu § 9 2 H G B (unter II 2); B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 12 zu § 84 H G B (unter B II 2). Für ein Verständnis von § 7 Abs. 1 u. 4 S G B IV als eine auch für das Arbeitsrecht verbindliche Legaldefinition sowie für eine Interpretation dieser Norm im Sinne einer Orientierung der Weisungsbindung am unternehmerischen Verhalten des Beschäftigten jüngst Wank, ArbuR 2001, 291, 292 ff.; eine Einstufung als Indizien gerade für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer- und Gesellschafterstatus andeutend Gitter, N Z G 2001, 168, 169. 20 Vgl. B A G vom 2.6.1976, AP Nr. 20 zu §611 B G B Abhängigkeit (unter II 1 a u. c); B A G vom 15.3.1978, AP Nr. 26 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter B II 2 b); B A G vom 23.4.1980, AP Nr. 34 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter II 3); B A G vom 9.5.1996, AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung (unter B I 2 c aa [2]).

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

reits an dieser Stelle zu klären, wobei spezifisch gesellschaftsrechtliche Aspekte an dieser Stelle allerdings bewußt noch ausgeklammert werden sollen. Insoweit geht es zunächst darum, ob ein Beschäftigungsverhältnis trotz - rechtlicher - Weisungsbindung für den Fall nicht als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist, daß der Mitarbeiter über einen hinreichenden unternehmerischen Entscheidungsspielraum verfügt und er dadurch in einem angemessenen Maße unternehmerische Chancen und Risiken für sich nutzen kann. Den Hintergrund für diese Überlegung bildet die Ansicht von Wank, daß ein leitender Angestellter nur deshalb Arbeitnehmer sei, weil er nicht für eigene Rechnung tätig werde. 2 1 Hieraus könnte man prima facie schließen, daß der Status als Arbeitnehmer entfiele, sofern sich das Entgelt eines solchen Angestellten zumindest überwiegend aus gewinnabhängigen Tantiemen zusammensetzt und damit den Markterfolg seiner Tätigkeit unmittelbar widerspiegelt. Im Schrifttum will man bloße Tantiemen zwar teilweise nicht ausreichen lassen, um eine Teilhabe an unternehmerischen Chancen und Risiken annehmen zu können. 2 2 Der schlichte Verweis auf den Umstand, daß der Beschäftigte das Entgelt nicht aufgrund des Gesellschaftsvertrages, sondern des Anstellungsvertrages bezieht, 23 ist indes zu formal. Des weiteren erscheint es zu eng, die Bejahung unternehmerischer Chancen an die Voraussetzung zu knüpfen, daß der Betroffene auch am Substanzwertzuwachs eines Unternehmens teilhat. 24 Schließlich ist es nicht einsehbar, von einem unternehmerischen Risiko erst dann zu sprechen, wenn für einen Mitarbeiter vermögensrechtlich mehr auf dem Spiel steht, als seine Tätigkeit mangels eines Unternehmensgewinns umsonst erbracht zu haben. 25 In diesem Sinne nimmt man deshalb zu Recht mehrfach an, daß eine gewinnabhängige Vergütung unabhängig von der Rechtsgrundlage bereits für sich genommen als eine unternehmerische Chancen- und Risikopartizipation eingestuft werden kann. 2 6 Wenn dieser Umstand gleichwohl nicht zu einer Statusveränderung Anlaß gibt, liegt dies daran, daß bereits die Prämisse abzulehnen ist. Sofern ein Mitarbeiter rechtlich fremdbestimmt arbeitet, ist er als Arbeitnehmer zu qualifizieren, ohne daß es darauf ankommt, ob er in tatsächlicher Hinsicht einen unter Umständen erheblichen Freiraum für unternehmerische Entscheidungen hat 27 und seine Vergütung im wesentlichen auf den Auswirkungen dieser Entscheidungen basiert. Hierfür spricht neben dem gesetzlichen Anhaltspunkt in § 84 Abs. 1 S. 2 H G B als Grundlage f ü r die Festlegung des Arbeitnehmerbegriffs vor allem

21

N Z A 1999,225,227. Vgl. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 399; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 156 f. 23 Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 156 f. 24 In diesem Sinne aber Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 399. 25 So hingegen Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 157. 26 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 145 ff.; Henssler, RdA 1992,289, 291. 27 Gemeint ist hier der Entscheidungsspielraum innerhalb des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses, nicht die von Lieh, RdA 1974, 257, 259 f., seinerzeit in den Vordergrund gestellte Disposition über die eigenen Arbeitskraft als Folge vieler einzelner kurzfristiger Tätigkeitsbeziehungen. 22

I. Arbeitsrechtliche

Ausgangslage

251

die erhebliche Rechtsunsicherheit, die in dieses Gebiet hineingetragen würde, wenn man nicht einmal mehr eine eindeutige - rechtliche - Weisungsunterworfenheit für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft eines Beschäftigten ausreichen ließe. 28 Zudem kann eine bestehende rechtliche Weisungsbindung jederzeit aktualisiert werden, so daß der Rekurs auf einen tatsächlichen Entscheidungsspielraum des Mitarbeiters zu ungewiß ist, um darauf den Status als Selbständiger zu stützen. In diesem Sinne hat das B A G zutreffend angenommen, daß ein Arbeitsverhältnis nicht allein dadurch zu einem freien Mitarbeitsverhältnis mutiert, daß der Arbeitgeber sein Direktionsrecht für eine längere Zeit nicht ausübt. 29 Durch dieses Plädoyer für das Kriterium der rechtlichen Weisungsbindung als entscheidendes Merkmal für die Arbeitnehmereigenschaft wird eine gewisse Erweiterung allerdings nicht von vornherein ausgeschlossen. Sofern ein Mitarbeiter durch eine entsprechende Vertragsgestaltung in eine fremdbestimmte Organisation letztlich in einer ähnlich starken Weise wie ein bereits nach der herkömmlichen Sichtweise als Arbeitnehmer zu qualifizierender Beschäftigter eingebunden ist und ihm dadurch keine unternehmerischen Chancen und Risiken offenstehen, kann der in einem solchen Falle eher formale Verzicht auf ein Direktionsrecht im technischen Sinne nicht dazu führen, den Weg zum Arbeitnehmerstatus a priori zu versperren. 30 Insoweit handelt es sich nicht um eine grundlegende Veränderung des Arbeitnehmerbegriffs, die dem Gesetzgeber vorbehalten ist, 31 sondern lediglich um dessen Abrundung. Dies wird durch einen vergleichenden Blick auf das französische Recht bestätigt, in dem man traditionell nach der Existenz einer Subordination juridique fragt, 32 diese Voraussetzung aber nicht zuletzt angesichts veränderter Arbeitsstrukturen zunehmend durch materielle Kriterien anreichert. 3 3 N o c h weitergehend findet sich im US-amerikanischen Recht bei der Abgrenzung von employee und independent contracter eine - freilich vorwiegend nach Regelungszusammenhängen differenzierende - Betrachtungsweise, die ne-

2 8 Den systembildenden Charakter des Kriteriums der „abhängigen Arbeit" hervorhebend Bydlinski, System, S. 546. 2 9 B A G vom 12.9.1996, AP Nr. 1 zu § 611 B G B Freier Mitarbeiter. 3 0 In diese Richtung auch B A G vom 16.7.1997, AP Nr. 4 zu §611 B G B Zeitungsausträger (unter I); B A G vom 19.11.1997, AP Nr. 90 zu §611 B G B Abhängigkeit (unter I 1 a); B A G vom 26.5.1999, AP Nr. 104 zu §611 B G B Abhängigkeit (unter IV 2 b); B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 6 zu § 9 2 H G B (unter II 1 b ) ; H r o m a d k a , N Z A 1997, 569, 577; Joost, FS Wiese (1998), S. 191, 196 f.; Kreuder, Anm. zu B A G , AP Nr. 37 zu § 5 A r b G G 1979 (unter 5); Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 66; Schliemann, RdA 1997, 322, 326. 31 Hanau, FS Kehrmann (1997), S. 23, 27. 32 Camerlynck, Contrat de travail, 2e Ed., Nr. 46 f., S. 58 ff.; Couturier, Droit du travail 1, 3e Ed., Nr. 4 4 - 4 , S. 102 f.; Fieschi-Vivet, Rép. trav. Dalloz, Contrat de travail (Existence - Formation), Nr. 46 ff.; Pélissier/Supiot/Jeammaud, Droit du travail, 20e Ed., Nr. 125, S. 146. 3 3 Vgl. Couturier, Droit du travail 1, 3e Éd., Nr. 46, S. 107 ff.; Le Goff, Droit du travail et société, Tome 1, S. 267 ff.; Supiot, Dr. soc. 2000,131 ff. In der Sache wird damit zumindest teilweise an die schon frühzeitig vertretene Lehre von der dépendance économique als dem ausschlaggebenen Kriterium für das Vorliegen eines Arbeitsvertrags angeknüpft; dazu eingehend Brun/Galland, Droit du travail, Tome 1, 2e Éd., Nr. 322 f., 325 ff, S. 339 ff., 344 ff.

252

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

ben dem traditionellen und nach wie vor gebräuchlichen right-to-control-testM is vielfach den economic-realities-test , bei dem man auf ein umfassendes Bündel an Einzelaspekten abstellt, sowie schließlich zunehmend eine Kombination beider Ansätze („hybrid test ") 36 verwendet. Ahnliche Vorstellungen begegnen im englischen Recht, das zum einen bis in die jüngste Zeit auf das Vorhandensein eines hinreichenden Grades von control abstellt, 37 zum anderen seit dem Ende der sechziger Jahre aber auch den business-on-own-account-test kennt, 38 der in der praktischen Anwendung allerdings fließende Grenzen aufweist und nicht selten durch zusätzliche Kriterien ergänzt wird. 39 Damit ist die Grenze des Arbeitsverhältnisses allerdings noch nicht hinreichend deutlich markiert. So sind erstens diejenigen Fälle zweifelhaft, in denen ein Beschäftigter keiner Weisungsbindung im herkömmlichen Sinne unterliegt und darüber hinaus über ein hinreichendes Maß an unternehmerischem Entscheidungsspielraum verfügt, ohne indes in nennenswerten Umfang an marktbezogenen Chancen und Risiken teilzuhaben. Man denke an einen Dienstnehmer, der gegen eine üppige Festvergütung von einem einzelkaufmännischen Unternehmer, 3 4 Wardle v. Central States, etc., 627 F.2d 820, 824 (7th Cir. 1980); Lurcher v. Musicians Union, 633 F.2d 880, 883 (9th Cir. 1980); Cobb v. Sun Papers, Inc., 673 F.2d 337, 341 ( l l t h Cir. 1982); Holt v. Winpisinger, 811 F.2d 1532, 1539 (D.C. Cir. 1987); Waxman v. Luna, 881 F.2d 237, 241 (6th Cir. 1989); siehe auch Porter v. Pathfinder Services, Inc., 683 A.2d 40, 42 (Del. 1996): „greatest weight"; tendenziell auch Short v. Central States Pension Fund, 729 F.2d 567, 572 (8th Cir. 1984); Birchem v. Knights of Columbus, 116 F.3d 310, 313 (8th Cir. 1997); Eisenberg v. Advance Relocation & Storage, Inc., 237 F.3d 111, 113 ff. (2nd Cir. 2000); Farlow v. Wachovia Bank of North Carolina, N. A., 259 F.3d 309, 313 ff. (4th Cir. 2001). Scharfe Kritik am right-to-control-testvon Linder, Comp. Lab. L. & Pol'y J- 21 (1999), 187, 189 ff. 3 5 Vgl. Bartels v. Birmingham, 332 U.S. 126, 130 (1947); Mednick v. Albert Enterprises, Inc., 508 F.2d297, 300 (5th Cir. 1975); Usery v. Pilgrim Equipment Co., Inc., 527 F.2d 1308, 1311 (5th Cir. 1976); Real v. Driscoll Strawberry Associates, Inc., 603 F.2d 748, 754 (9th Cir. 1979); Weisel v. Singapore Joint Venture, Inc., 602 F.2d 1185 (5th Cir. 1979); Donovan v. Sureway Cleaners, 656 F.2d 1368, 1370 ff. (9th Cir. 1981); Armbruster v. Quinn, 711 F.2d 1332, 1340 f. (6th Cir. 1983); in diesem Sinne auch United States v. Silk, 331 U.S. 704, 716 f. (1947); Silk Wolcott v. Nationwide Mut. Ins. Co., 664 F.Supp. 1533,1536 (S.D. Ohio 1987); offenlassend Hickey v. Arkla Industries, Inc. 699 F.2d 748, 751 f. (5th Cir. 1983); siehe ferner Jenero/Schreiber, E R L J 23 (1998), 127,129 ff. 3 6 Spirides v. Reinhardt, 613 F.2d 826, 831 f. (D.C. Cir. 1979); E . E . O . C . v. Zippo Mfg. Co., 713 F.2d 32, 38 (3rd Cir. 1983); Garrett v. Philipps Mills, Inc., 721 F.2d 979, 981 f. (4th Cir. 1983); Dake v. Mutual of Omaha Ins. Co., 600 F.Supp. 63, 65 (N.D. Ohio 1984); Mares v. Marsh, 777 F.2d 1066, 1067 (5th Cir. 1985); Broussard v. L.H. Bossier, Inc., 789 F.2d 1158 (5th Cir. 1986); Wilde v. County of Kandiyohi, 15 F.3d 103, 105 f. (8th Cir. 1994); in diese Richtung auch Nationwide Mut. Ins. Co. v. Darden, 503 U.S. 318, 323 ff. (1992); Schwieger v. Farm Bureau Ins. Co. of N E , 207 F.3d 480, 483 ff. (8th Cir. 2000); Heinemeier v. Chemetco, Inc., 246 F.3d 1078, 1082 (7th Cir. 2001). 3 7 Vgl. Motorola Ltd. v. Davidson and Melville Craig Group Ltd. [2001] I.R.L.R. 4, 5 ff. (E.A.T.); Montgomery v. Johnson Underwood Ltd. [2001] I.C.R. 819, 824 ff. (C.A.). 3 8 Grdl. Market Investigations, Ltd. v. Minister of Social Security [1968] 3 All E.R. 732, 737 f. Q.B.D. 3 9 Siehe etwa Fredman, ILJ 26 (1997), 337, 345 ff.; eingehend Ständer, Arbeitnehmerbegriff, S. 214 ff., 225 ff., 237 ff. Die Vorgehensweise der englischen Gerichte bei der Abgrenzung plastisch als „elephant-test" beschreibend Wedderburn, The Worker and the Law, S. 116: „an animal too difficult to define but easy to recognize when you see it".

/. Arbeitsrechtliche

Ausgangslage

253

der sich aus der aktiven Leitung zurückziehen will, als Geschäftsführer engagiert wird, ohne ihn an tätigkeitsbezogene oder auch nur enge unternehmensbezogene Direktiven zu binden. Bei einer solchen Gestaltung kann ein Freiraum für eigenverantwortliche Entscheidungen des Dienstnehmers schwerlich bestritten werden, während man angesichts des fixierten Entgelts keine Chancen- und Risikotragung annehmen kann. Sind somit Konstellationen denkbar, in denen es ausnahmsweise zu einer Trennung der beiden Kriterien „Entscheidungsfreiheit" und „Chancen- und Risikozuweisung" kommen kann, bedarf es der Klärung, von welchen Faktoren die Arbeitnehmereigenschaft letztlich abhängen soll. Die meisten einschlägigen Stellungnahmen verzichten darauf, die genannten Merkmale isoliert zu würdigen, so daß sich ihnen keine klare Antwort auf diese Frage entnehmen läßt. So vermitteln insbesondere die Ausführungen von Wank den Eindruck, als sei die Wahrnehmung eines unternehmerischen Freiraumes automatisch mit einer entsprechenden Chancen- und Risikoverteilung verknüpft.40 Demgegenüber vertritt Diller als ein Verfechter der neueren Auffassung explizit die Ansicht, daß der Status als Arbeitnehmer nur bei einer Kumulation beider Elemente, die durchaus trennbar seien, entfalle.41 Im Beispielsfall läuft diese Meinung darauf hinaus, das Beschäftigungsverhältnis eines Geschäftsführers im Falle eines fixen Entgelts ohne Rücksicht auf die Freiheit, die dem Betroffenen hinsichtlich der Umstände seiner Mitarbeit zusteht, stets als Arbeitsvertrag einzustufen.42 In der Sache führt dies dazu, eine Tätigkeitsbeziehung allein deshalb als Arbeitsvertrag zu qualifizieren, weil die Beteiligten eine Festvergütung vereinbart haben. Ein freier Dienstvertrag wäre danach praktisch nur noch bei einer gewinnabhängigen Vergütung möglich. Abgesehen davon, daß eine solche Vorstellung mit dem Gesetz offenkundig nicht vereinbar ist,43 vermag sie auch inhaltlich nicht zu überzeugen. Wenn ein Dienstnehmer in der Lage ist, einen unternehmerischen Prozeß und damit auch die Determinanten seines fixierten Entgelts zu steuern, so ist nicht einzusehen, warum er allein durch die Vereinbarung einer Festvergütung den gesamten Sozialschutz erlangen soll, der mit einem Arbeitsverhältnis einhergeht. Sofern ein weisungsfreier Beschäftigter bei seiner Tätigkeit über einen hinreichenden unternehmerischen Entscheidungsspielraum verfügt, ist sein Dienstverhältnis demnach auch dann nicht als Arbeitsvertrag zu qualifi-

N Z A 1999, 225, 227 ff. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 318. 42 In diesem Sinne will Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 137 f., sämtliche Organmitglieder einschließlich der Mitglieder von AG-Vorständen tatsächlich schon dann immer als Arbeitnehmer einstufen, wenn und soweit diese ausschließlich ein Festgehalt beziehen. Obwohl Wank auf der Grundlage seiner Konzeption mangels einer Übernahme unternehmerischer Chancen und Risiken an sich zum selben Ergebnis gelangen müßte, heißt es bei ihm, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 364, demgegenüber vorsichtiger, daß Organmitglieder „in ihrer quasi-Arbeitnehmer-Stellung dem Arbeitsrecht unterliegen können". 43 Aus § 612 Abs. 2 B G B dürfte sich mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, daß eine feste Vergütung die Existenz eines freien (arg. e contrario Abs. 3) Dienstvertrages nicht ausschließt. 40 41

254

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

zieren, wenn damit - ausnahmsweise - keine entsprechende Chancen- und Risikozuweisung verbunden ist. Zum zweiten ist nach der Einordnung solcher Gestaltungen zu fragen, in denen ein Beschäftigter einerseits nicht weisungsgebunden agiert, andererseits aber auch keinen unternehmerischen Freiraum für sich in Anspruch nehmen kann, während er gleichzeitig in einem vergleichsweise hohen Maß an den Chancen und Risiken eines Unternehmens teilhat. Legt man im Sinne der soeben erfolgten Überlegungen das Schwergewicht auf die Entfaltungsbefugnisse des Dienstnehmers, folgt daraus zwanglos, daß eine angemessene Chancen- und Risikoverteilung für sich genommen kein Hindernis für die Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsverhältnis bildet, soweit der Beschäftigte auf die Ursachen des Ertrages einer Marktteilnahme keinen hinreichenden Einfluß hat. Auch wenn ein solcher Mitarbeiter durch eine entsprechende Vergütungsregelung die Möglichkeit hat, von Marktchancen zu profitieren, so sind es beim Fehlen eines entsprechenden Entscheidungsspielraums doch keine eigenbeeinflußten

Chancen, die

eine Einstufung des Beschäftigten als Arbeitnehmer von vornherein verbieten würden. 4 4 Nach alledem ist für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages im Grundsatz weiterhin von der Weisungsunterworfenheit als einerseits hinreichender, andererseits notwendiger Bedingung der Unselbständigkeit auszugehen. Außerhalb des dadurch abgesteckten Bereichs kann ein Arbeitsverhältnis ausnahmsweise auch dann angenommen werden, wenn ein Dienstleistender keinen nennenswerten Spielraum zur Entfaltung eigener unternehmerischer Aktivitäten hat. Die Modalitäten der Vergütung vermögen demgegenüber eine Einordnung der Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsvertrag weder zu begründen noch zu verhindern. O b diese Grundsätze auch dann noch uneingeschränkte Geltung beanspruchen, wenn es um Sachverhalte mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag geht, wird zu untersuchen sein.

II. Aussagekraft spezialgesetzlicher Regelungen 1. Ausdrückliche

Bestimmungen

Wie bereits erwähnt, existieren mehrere arbeitsrechtliche Vorschriften, die Mitglieder von Personengesellschaften 4 5 aus ihrem Anwendungsbereich ausschließen. 4 6 Im Gegensatz zu § 4 Abs. 2 lit. b B e t r V G 1952 genügt für den Ausschluß in 44 Siehe in diesem Kontext auch B A G vom 15.12.1999, A P Nr. 5 zu § 92 H G B (unter II 2 b cc), wonach für die Statusabgrenzung nur tätigkeitsbezogene Abreden erheblich sind. 45 Da in den fraglichen Bestimmungen stets von Personengesamtheiten die Rede ist, sind insoweit auch die Mitglieder von nichtrechtsfähigen Vereinen angesprochen. Diese Personengruppe soll im folgenden indes nicht eigens thematisiert werden. 4 6 Angesichts der vergleichsweise geringen Zahl der betroffenen Regelungen ist es unverständlich, wenn manche Autoren im Zusammenhang mit der Ausklammerung von Organmit-

II. Aussagekraft

spezialgesetzlicher

Regelungen

255

den einschlägigen Normen allerdings nicht mehr die Gesellschaftereigenschaft als solche. Vielmehr muß im Regelfall die Vertretungsbefugnis hinzukommen. 4 7 Darüber hinaus wird zuweilen alternativ auf die Geschäftsführungsbefugnis abgestellt. 48 Diese bislang nur vereinzelt 4 9 näher erörterten Bestimmungen werfen die Frage auf, ob sie einen Beitrag zum Problem der Arbeitnehmereigenschaft von Gesellschaftern leisten können. Dabei kann auf die eingehende Diskussion zur Bedeutung der entsprechenden Vorschriften für Organmitglieder juristischer Personen 5 0 zurückgegriffen werden. Allerdings sind auch einige Besonderheiten zu beachten. So zeigt sich ein Unterschied zunächst darin, daß die Regelungen durch das zusätzliche Erfordernis der Vertretungs- bzw. Geschäftsführungsbefugnis eine in dieser F o r m bei den Mitgliedern von Vertretungsorganen juristischer Personen nicht vorkommende Zweiteilung zwischen den Personengesellschaftern vornehmen. Darüber hinaus heißt es in den Bestimmungen stets, daß die Vertretungs- bzw. Geschäftsführungsbefugnis auf Gesetz, Satzung oder G e sellschaftsvertrag beruhen muß. Nach dem Wortlaut unterfallen Personengesellschafter also dann nicht den jeweiligen Ausschlußtatbeständen, wenn die Befugnis auf einem nichtgesellschaftsrechtlichen Grund fußt. Als Beispiel sei der K o m manditist genannt, dem die Geschäftsführung nach dem oben Gesagten qua Gesellschaftsvertrag, aber auch durch einen Dienstvertrag übertragen werden kann. 51 O b die Ausschlußregelungen auf solche Gesellschafter analog anzuwenden sind, 52 kann hier dahinstehen. Jedenfalls kennt das Gesetz im Grundsatz zwei 5 3 verschiedene Arten von Personengesellschaftern, so daß auch für beide Personengruppen getrennt danach gefragt werden kann, welchen Aussagegehalt die Vorschriften entfalten.

gliedern juristischer Personen davon sprechen, daß es sich hierbei um „die meisten" (so Schauh, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 14 II 1, S. 83) oder gar „fast alle" (so Trinkhaus, D B 1968, 1756) arbeitsrechtlichen Gesetze handele. Die genannte Fehleinschätzung zutreffend korrigierend bereits G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 369 Fn. 10. 47 §§ 14 Abs. 1 Nr. 2, 17 Abs. 5 Nr. 2 KSchG, 1 Abs. 3 Nr. 2 5. VermBG, 5 Abs. 1 S. 3 A r b G G . Für eine analoge Anwendung auf organschaftlich geschäftsführungsbefugte Kommanditisten Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 37; a. A. aber offenbar K R - R o s t , 6. Aufl., § 14 KSchG Rn. 20; ebenso anscheinend v. Hoyningen-Huene/Linck, KSchG, 13. Aufl., § 14 Rn. 11, indem er nur die organschaftlichen Vertreter nennt. 48 §§ 5 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, 3 Abs. 1 S. 2 MitbestG. 49 Vgl. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 235 ff. 50 Brachert, Organmitgliedschaft, S. 61 ff.; Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 65 ff.; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 55 ff.; G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 368 ff.; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 241 ff.; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 19 ff. 51 Siehe dazu oben sub § 5 IV 1 b aa (2) (a). 52 In diesem Sinne Brachert, Organmitgliedschaft, S. 90 f., der sogar - noch weitergehend eine Anwendung der Bereichsausnahmen auf sämtliche Dienst- bzw. Arbeitsverträge von organschaftlich vertretungs- bzw. geschäftsführungsbefugten Personengesellschaftern bejaht. 53 Indem teilweise auf die Vertretungsbefugnis und teilweise alternativ auf die Geschäftsführungsbefugnis abgestellt wird, lassen sich sogar drei Personengruppen bilden. Die Unterschiede zwischen den Gesellschaftern, die nur geschäftsführungsberechtigt sind, und denen, die nur bzw. auch vertretungsberechtigt sind, sollen hier aber vernachlässigt werden.

256

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Betrachtet man nunmehr die eigentlichen Ausschlußtatbestände näher, so ist man sich weithin darüber einig, daß sie zumindest grundsätzlich nur eine klarstellende Bedeutung haben. 5 4 Die organschaftlich vertretungs- bzw. geschäftsführungsbefugten Personengesellschafter würden nämlich auch nach allgemeinen Kriterien regelmäßig nicht als Arbeitnehmer angesehen werden können und damit den jeweiligen arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen schon aus diesem Grunde nicht unterliegen. 55 D e r im Hinblick auf die Organmitglieder juristischer Personen zuweilen gezogene Schluß, die Ausklammerung belege den Willen des Gesetzgebers, daß diese Beschäftigten im allgemeinen als Arbeitnehmer anzusehen seien, 56 wird für vertretungs- bzw. geschäftsführungsberechtigte

Gesell-

schafter nicht erwogen. Für eine solche Auffassung des Gesetzgebers finden sich in den Materialien auch keinerlei Anhaltspunkte. 5 7 Allerdings heben sowohl das B A G als auch die Literatur im Zusammenhang mit § 14 Abs. 1 Nr. 2 K S c h G hervor, daß es sich insoweit um eine „negative F i k t i o n " handele. 58 Selbst wenn ein Personengesellschafter nur formal die Position eines organschaftlichen Vertreters bekleide, während er intern an die Weisungen von Mitgesellschaftern gebunden sei, greife der Ausschlußtatbestand ein. 59 Mit dieser Umschreibung wird zwar nicht der soeben erwähnte Gedanke aufgenommen, aus dem rechtstechnischen Instrument der Fiktion ergebe sich im Umkehrschluß die an sich bestehende Arbeitnehmereigenschaft der davon betroffenen Beschäftigten. Sie kann aber sinnvollerweise nur dahin interpretiert werden, daß sich die Negativfiktion lediglich auf das jeweilige arbeitsrechtliche Gesetz bezieht, die Formalbefugnis also keine absolute Sperrwirkung dagegen entfaltet, den betroffenen Gesellschafter in anderen Zusammenhängen als Arbeitnehmer zu qualifizieren. Allerdings wird mit der Einstufung der Regelungen als negative Fiktionen auch gleichzeitig der Vorstel54 Zum KSchG vgl. B A G vom 28.9.1961, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Personenbedingte Kündigung (unter II 2 a) zur Vorläuferregelung in § 12 lit. b KSchG 1951; B A G vom 15.4.1982, AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969 (unter B II 3 a aa); v. Hoymngen-Huene/Linck, KSchG, 13. Aufl., § 14 R n . 2 ; KR-Äosi, 6. Aufl., § 1 4 KSchG Rn. 16. Zum BetrVG vgl. Blomeyer/Otto, BetrAVG, 2. Aufl., § 17 Rn. 26; Richardi, BetrVG, 8. Aufl., § 5 Rn. 166. 55 Siehe Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 68 mit Fn. 18; Herrmann, RdA 1989, 313, 319, 326; G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 369 f.; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 20; ferner G. Hueck, D B 1962, 1363, 1367; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 40. 56 Molitor, A G 1957, 193, 194; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 1 4 Rn. 6, S. 108; Trinkhaus, DB 1968, 1756, 1757; ebenso noch Miller, B B 1977, 723, 725; abgeschwächt ders., ZIP 1981, 578, 580: Herausnahme bringe zum Ausdruck, daß der Gesetzgeber die Arbeitnehmereigenschaft von Organmitgliedern nicht ausgeschlossen habe. Zurückhaltend auch Beitzke, Anm. zu B A G , AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969 (unter 1): Gesetz gehe von der grundsätzlichen Möglichkeit der Qualifikation von Organmitgliedern als Arbeitnehmer aus; in diesem Sinne ferner F. Becker, ZIP 1981, 1168, 1169; Köhl, DB 1996, 2597, 2603; Krauss, Status und Kündigungsschutz, S. 37. 57 Vgl. die - wenn auch im Hinblick auf den Status von Organmitgliedern juristischer Personen durchgeführte - eingehende Analyse von Groß, Anstellungsverhältnis, S. 58 ff. 58 B A G vom 15.4.1982, AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969 (unter B II 3 a aa); KR-Äosi, 6. Aufl., § 14 KSchG Rn. 16; ebenso zu § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG kürzlich B G H vom 10.1.2000, N J W 2000, 1864, 1865. 59 K R - R o s t , 6. Aufl., § 14 KSchG Rn. 16.

II. Aussagekraft

spezialgesetzlicher

Regelungen

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lung eine Absage erteilt, der Gesetzgeber habe durch die Vorschriften zum Ausdruck gebracht, daß er vertretungs- bzw. geschäftsführungsberechtigte Personengesellschafter unter keinen Umständen als Arbeitnehmer betrachte. Dies wird zwar zuweilen unter Berufung auf eine Passage aus den Materialien des BetrVG von 1972 behauptet, in der es heißt, daß bei den Gesellschaftern ohne Vertretungs- bzw. Geschäftsführungsmacht der Arbeitnehmercharakter überwiege 6 0 . Aus dieser Wendung wird ein Umkehrschluß auf die fehlende Arbeitnehmereigenschaft von vertretungs- bzw. geschäftsführungsbefugten Personengesellschaftern gezogen. 6 1 Eine derartige Folgerung mißt dieser knappen Bemerkung aber eine zu große Bedeutung bei und unterstellt dem Gesetzgeber zu Unrecht, daß er sich im Rahmen einer speziellen N o r m gleichzeitig mit Wirkung für die gesamte Rechtsordnung zur Arbeitnehmerstellung einer bestimmten Beschäftigtengruppe generell äußern wollte. Im Ergebnis läuft die Deutung der genannten Bestimmungen mithin auf dasselbe Verständnis hinaus, das sich hinsichtlich der für Organmitglieder juristischer Personen geltenden Regelungen zutreffend durchgesetzt hat: 62 Auf der einen Seite läßt sich aus den gesetzlichen Vorschriften nicht zuletzt infolge ihrer vergleichsweise schmalen Basis keine allgemeine Wertung ableiten, daß die erfaßte Personengruppe keinesfalls als Arbeitnehmer angesehen werden kann. 6 3 Auf der anderen Seite erlauben die Normen keinen Rückschluß des Inhalts, daß die betroffenen Gesellschafter außerhalb ihres unmittelbaren Anwendungsbereichs stets als Arbeitnehmer einzustufen sind. Auch wenn man auf weiter reichende Ableitungen verzichtet und den Vorschriften somit lediglich einen neutralen Charakter zumißt, behalten sie ihren guten Sinn, indem sie zumindest regelmäßig eine Prüfung der Umstände des Einzelfalles für ihren Bereich erübrigen und damit Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schaffen. 64 Ob es tatsächlich Konstellationen gibt, in denen der angesprochene Personenkreis Arbeitnehmermerkmale erfüllt, und ob die „negative Fiktion" dann die Wirkung hat, einem solchen Gesellschafter den arbeitsrechtlichen Bestandsschutz zu versagen, wird zu klären sein. 65 B T - D r u c k s . VI/1786 vom 5.2.1971, S. 36. Vgl. Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 243 Fn. 78. 62 Grdl. G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 368 ff.; ferner e t w a BSG v o m 13.12.1960, BSGE 13, 196, 198; B G H v o m 10.1.2000, N J W 2000, 1864, 1865; L A G H a m m vom 25.10.2000, D Z W I R 2001, 192, 196; Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 66 ff.; Groß, A n s t e l lungsverhältnis, S. 57 ff.; Henssler, R d A 1992, 289, 293; Wehrmeyer, O r g a n e , S. 20 ff.; siehe auch Eckardt, Z f A 1987, 467, 469 f.; Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 198. 63 In diesem Sinne auch Wank, A r b e i t n e h m e r und Selbständige, S. 8. 64 So B A G vom 17.1.1985, A P Nr. 2 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 b [zu § 5 Abs. 1 S. 3 A r b G G ] ) . Das Verdikt von Brachert, O r g a n m i t g l i e d s c h a f t , S. 88, die B e r e i c h s a u s n a h m e n für Personengesellschafter seien „unsinnig u n d v e r w i r r e n d " , erscheint deshalb nicht gerechtfertigt. Im übrigen entbindet die historische R ü c k f ü h r u n g des Ausschlusses von Personengesellschaftern auf eine u n d u r c h d a c h t e Interpretation von § 12 A b s . 2 B R G 1920 (so jedenfalls Brachert, aaO., S. 89 f.) nicht davon, f ü r die heutigen Bereichsausnahmen nach einem sinnvollen Gesetzesz w e c k A u s s c h a u zu halten. 65 Siehe d a z u unten sub IV 3 a u. b s o w i e § 12 I 1 a aa (1) (d) (cc). 60 61

258

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Des weiteren geht es um die nicht unter die Ausschlußtatbestände fallenden Personengesellschafter ohne Vertretungs- bzw. Geschäftsführungsbefugnis. Hinsichtlich dieses Kreises ist sich die arbeitsrechtliche Literatur darin einig, daß die Betroffenen zumindest grundsätzlich Arbeitnehmer sein können. 66 Darüber hinaus ist an die soeben erwähnte Aussage in den Materialien des BetrVG von 1972 zu erinnern, nach der bei diesen Gesellschaftern der Arbeitnehmerstatus überwiege. 67 Ob sich diese Sicht der Dinge gesellschaftsrechtlich halten läßt, wird zu prüfen sein. 68 Für einen Umkehrschluß, daß alle nicht unter die Ausnahmetatbestände fallenden Gesellschafter im Sinne der jeweiligen Schutzgesetze automatisch Arbeitnehmer seien, genügt freilich weder der Gesetzestext noch die genannte Passage aus den Materialien. 69 Dies gilt erst recht für die Frage einer flächendeckenden Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft. Festgehalten werden kann aber, daß die einschlägigen Vorschriften jedenfalls kein Hindernis für die Annahme bilden, daß sich Gesellschafter, die weder vertretungs- noch geschäftsführungsbefugt sind, in einem Arbeitsverhältnis befinden können. 70 Nach alledem enthalten die genannten arbeitsrechtlichen Bestimmungen keine über ihr eigenes Anwendungsfeld hinausreichende Aussage für oder gegen die Arbeitnehmereigenschaft von Personengesellschaftern.

2. Implizite

Ableitungen

Des weiteren kommt in Betracht, aus bestimmten gesetzlichen Entwicklungen auch ohne eine ausdrückliche Erwähnung von Gesellschaftern in aktuellen Normtexten Anhaltspunkte für die Qualifikationsfrage zu gewinnen. So kann man insoweit zunächst an § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG denken, der „Personen, die nicht Arbeitnehmer sind" in den Insolvenzschutz für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einbezieht und auf den sich vor allem G. Hueck gestützt hat, um eine „recht deutliche Tendenz" des Gesetzgebers gegen den Arbeitnehmerstatus von Organmitgliedern zu konstatieren. 71 Die Grundlage dieser Einschätzung besteht nun allerdings darin, daß in den Materialien zu dem von der Vorschrift erfaßten Personenkreis ausdrücklich Organmitglieder juristischer Per66 Kittner, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, K S c h R , 5. Aufl., § 14 K S c h G Rn. 13; Kraft, G K B e t r V G , 6. Aufl., § 5 Rn. 56; Lahusen, N Z A 1986, 222, 224; Galperin/Löwisch, B e t r V G , 6. Aufl., § 5 Rn. 19; Herschel/Löwisch, K S c h G , 6. Aufl., § 14 Rn. 9; Pakebusch, B B 1963, 230, 231; K R Rost, 6. Aufl., § 14 K S c h G Rn. 17, 19; Trümner, in: Däubler/Kittner/Klebe, B e t r V G , 8. Aufl., § 5 R d A 1989, 313, 319; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, Rn. 133; ferner etwa Herrmann, S. 35 f. 6 7 B T - D r u c k s . V I / 1 7 8 6 vom 5.2.1971, S. 36. In diese Richtung auch Fitting/Kaiser/Heither/ Engels/Schmidt, B e t r V G , 21. Aufl., § 5 Rn. 291. 6 8 Siehe hierzu unten sub IV 2 b. 69 Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 238; im Erg. auch Richardi, BetrVG, 8. Aufl., § 5 Rn. 165. Siehe ferner Brachen, Organmitgliedschaft, S. 88 Fn. 181, der die genannte Formulierung als mißverständlich einstuft. 7 0 So im Erg. auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 240 f. 7 1 FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 371 f.

II. Aussagekraft

spezialgesetzlicher

Regelungen

259

sonen gerechnet werden. 7 2 Damit ist ein Umkehrschluß gegen die Eigenschaft als Arbeitnehmer, die durch § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG geschützt werden, zwar jedenfalls für das Betriebsrentenrecht unausweichlich. Personengesellschafter bleiben in den Materialien indes unerwähnt. Deshalb fehlt es hinsichtlich dieser Beschäftigten an hinreichenden Anhaltspunkten für eine vergleichbare Folgerung. Ein weiterer Gedankengang knüpft an die gesetzgeberische Entwicklung im Arbeitszeitrecht an. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 A Z O 1938 waren im Handelsregister eingetragene Vertreter eines Unternehmens aus dem persönlichen Geltungsbereich der A Z O ausgenommen. Hierunter fielen nach allgemeiner Ansicht auch die vertretungsberechtigten Gesellschafter von O H G und KG. 73 Durch die Neuregelung des Arbeitszeitrechts durch das ArbZG 1994 ist dieser Ausnahmetatbestand entfallen, ohne daß sich an der Ausklammerung zumindest dieser Gesellschafter etwas geändert hätte 74 . Man kann die Veränderung des Gesetzestextes daher als ein Indiz dafür interpretieren, daß der Gesetzgeber jedenfalls bei bestimmten Gesellschaftern davon ausgeht, es handele sich nicht um Arbeitnehmer. Allerdings beleuchtet die frühere Beschränkung des Ausschlusses auf im Handelsregister eingetragene Vertreter, daß sich diese Wertung keineswegs auf alle Personengesellschafter erstreckt. Zudem wurde mit dem Kriterium der Eintragung der Vertretungsmacht in das Handelsregister die Geschäftsführungsbefugnis und damit die Rechtsmacht im Innenverhältnis von vornherein übergangen und auch das Element der Entscheidungsmacht im Außenverhältnis nicht konsequent umgesetzt, weil mitarbeitende GbR-Gesellschafter zumindest nicht explizit aus der A Z O herausgenommen waren. Im übrigen bezieht sich diese Wertung grundsätzlich nur auf das Arbeitszeitrecht. Sowenig man aus den erwähnten ausdrücklichen Regelungen ein gesetzgeberisches Gesamtkonzept herausfiltern kann, sowenig ist es möglich, aus der Änderung des Normtextes auf einem Teilgebiet eine das gesamte Arbeitsrecht abdeckende Aussage über die nicht vorhandene Arbeitnehmerstellung von bestimmten Personengesellschaftern zwingend abzuleiten. Der letzte Aspekt betrifft die Entwicklung im Schwerbehindertenrecht. Nach § 5 Abs. 2 lit. c SchwBeschG 1953/1961 waren sämtliche Personengesellschafter aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeklammert, ohne daß man insoweit auf die Vertretungsbefugnis abgestellt hat. 75 Seit 1974 kannte das SchwbG keinen solchen Ausschluß mehr. Daran hat die Integration dieses Gesetzes zum 1.7.2001 in das SGB IX nichts geändert. Freilich läßt sich aus diesem Umstand kein allgemeiner Schluß auf eine generell fehlende Arbeitnehmereigenschaft von Per-

Vgl. B T - D r u c k s . 7/1281 vom 26.11.1973, S. 30, zu § 7 A b s . 1 des RegE. Siehe MünchArbRMnziVzger, 2. A u f l . , § 211 R n . 7; Meisel/Hiersemann, A Z O , 2. A u f l . , § 1 R n . 53; Denecke/Neumann, A Z O , 11. A u f l . , § 1 R n . 14. 74 Vgl. Neumann/Biebl, A r b Z G , 13. A u f l . , § 2 R n . 21; Roggendorff, A r b Z G , § 2 R n . 54. 75 Siehe Becker, S c h w B e s c h G , 2. A u f l . , § 5 A n m . 12; Wilrodt/Götzen, SchwBeschG, § 5 R n . 45. 72

73

260

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

sonengesellschaftern ziehen. 7 6 In der insoweit nach wie vor aktuellen Literatur zum SchwbG bestehen nämlich nicht unbeträchtliche Unterschiede hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang mitarbeitende Personengesellschafter aus dem Schwerbehindertenrecht herausgenommen sind. So werden zum Teil sämtliche Gesellschafter ausgeschlossen, 7 7 während eine andere Ansicht in Anlehnung an § 5 Abs. 2 Nr. 2 B e t r V G nur vertretungs- bzw. geschäftsführungsbefugte Gesellschafter ausklammern will 7 8 . Schließlich wird teilweise - noch restriktiver - nur davon gesprochen, daß vertretungsberechtigte Gesellschafter nicht dem SchwbG unterfallen. 7 9 Schon diese Meinungsdivergenz zeigt, daß aus der gesetzgeberischen Entwicklung im Schwerbehindertenrecht keine generelle Folgerungen hinsichtlich sämtlicher Personengesellschafter abzuleiten sind. Man kann insoweit lediglich festhalten, daß nach der Vorstellung des Gesetzgebers gleichsam als Kerngruppe jedenfalls vertretungsbefugte Gesellschafter keinen Arbeitnehmerstatus innehaben. Freilich bezieht sich auch diese Aussage unmittelbar wiederum nur auf das betroffene Gesetz. Für eine Verallgemeinerung liefern weder der aktuelle Normtext noch die früheren Regelungen zureichende Anhaltspunkte. Die Entwicklungen im Arbeitszeit- und im Schwerbehindertenrecht lassen erkennen, daß der Gesetzgeber davon ausgeht, zumindest vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Handelspersonengesellschaft seien nicht als Arbeitnehmer anzusehen. Allerdings erstreckt sich diese Wertung im Grundsatz nur auf die berührten Rechtsmaterien. Für eine Erweiterung dieser Einschätzung auf andere Personengesellschafter und weitere Bereiche des Arbeitsrechts sind die gesetzlichen Grundlagen indes bereits in sich nicht homogen genug und darüber hinaus zu schmal.

III. Vertragspartnerbezogene Gesichtspunkte Im Rahmen der Ausführungen zur grundsätzlichen Abgrenzung von gesellschafts- und austauschvertraglicher Mitarbeit ist bereits eingehend dargestellt worden, daß in vielen Fällen danach unterschieden werden kann, zwischen welchen Beteiligten eine tätigkeitsbezogene Vereinbarung besteht. 8 0 Während eine Absprache zwischen den Gesellschaftern im allgemeinen 8 1 zu einer kooperationsrechtlichen Dienstleistungspflicht führt, kommt durch eine Abrede zwi7 6 Vgl. dazu auch B G H vom 9.2.1978, N J W 1978, 1435, 1437 (Gesetzgeber habe - im Hinblick auf Organmitglieder - keine sachliche Änderung beabsichtigt). 77 Dörner, SchwbG, § 7 Rn. 14; Nenmann/Pablen, SchwbG, 9. Aufl., § 7 Rn. 48, der allerdings auf die Möglichkeit eines zusätzlichen Arbeitsverhältnisses neben der Gesellschaftereigenschaft hinweist. 78 Cramer, SchwbG, 5. Aufl., § 7 Rn. 17. 79 Großmann, GK-SchwbG, 2. Aufl., § 7 Rn. 41. 8 0 Siehe dazu oben sub § 5 III. 81 D . h. vorbehaltlich einer schuldrechtlichen, ausnahmsweise aus Austauschvertrag einzustufenden Nebenabrede.

III.

Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

261

sehen dem Beschäftigten und der Gesellschaft als solcher eine Austauschbeziehung zustande.

1. Prinzipielle

Bedeutung

Mit den anschließenden Überlegungen soll zunächst der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Sinne das Kriterium der Vertragspartnerstellung auch die potentielle Zuerkennung der Arbeitnehmereigenschaft präjudiziert. Es geht also darum, ob die Qualifikation eines Beschäftigten als Arbeitnehmer nur dann rechtlich möglich ist, wenn der Dienstleistende seine Tätigkeit im Rahmen eines Austauschvertrages erbringt. Durch ein solches Erfordernis würde die Feststellung des Arbeitnehmerstatus zwar nicht in allen Grenzfällen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag erleichtert werden. So spielt das Vertragspartnerkriterium in denjenigen Konstellationen von vornherein keine entscheidende Rolle, in denen die Existenz eines tätigkeitsorientierten Austauschvertrages eines Gesellschafters eindeutig feststeht und sich die Zweifel lediglich darauf beziehen, ob gesellschaftsrechtliche Einflußnahmemöglichkeiten der Einstufung des mitarbeitenden Gesellschafters als Arbeitnehmer entgegenstehen. Ferner hilft der Blick auf den Vertragspartner entsprechend den früheren Darlegungen 8 2 dann nicht weiter, wenn nur zwei Beteiligte vorhanden sind und unklar ist, ob ein Mitarbeiter überhaupt Gesellschafter oder statt dessen ausschließlich Arbeitnehmer ist, was vor allem bei der stillen Gesellschaft vorkommen kann. 8 3 D e n n o c h darf die Bedeutung des Vertragspartneraspekts nicht unterschätzt werden. Wäre das Vorhandensein eines Austauschvertrages zwischen dem Dienstleistenden und der Gesellschaft eine zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses, würde für den Fall, daß sich die Beteiligten mit einer multilateralen (gesellschaftsinternen) Vereinbarung untereinander begnügt und auf den Abschluß eines externen Vertrages verzichtet haben, die Arbeitnehmereigenschaft und damit zumindest auch die unmittelbare Anwendung von Arbeitsrecht ohne Rücksicht auf die Einzelumstände der Tätigkeit entfallen. In der dadurch aufgeworfenen Problematik finden sich weit auseinander liegende Standpunkte, die sich dem Themenkreis zudem aus sehr unterschiedlichen Richtungen nähern.

a) Meinungsstand aa) Vertragsorientierter

Ansatz

Auf der einen Seite wird von einer Reihe von Stimmen im Schrifttum explizit die Ansicht vertreten, daß mit der grundsätzlichen Differenzierung zwischen Gesellschafts- und Austauschvertrag die Frage vorentschieden sei, ob ein Beschäftigter Siehe dazu oben § 5 III 3. Diese Fallgruppe nicht berücksichtigend etwa Diller, gane, S. 312 ff. 82

83

Gesellschafter und Gesellschaftsor-

262

$ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

überhaupt als Arbeitnehmer angesehen werden könne. 84 Die Eigenschaft als Arbeitnehmer komme nur dann in Betracht, wenn der Dienstleistende im Rahmen eines Austauschvertrages tätig sei. 85 Erfolge die Arbeit auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages, komme es auf weitere Aspekte nicht mehr an. In diesem Sinne hat das B A G für die Qualifikation der Tätigkeit eines Kommanditisten ebenfalls wiederholt darauf abgestellt, daß die Dienstpflicht durch den Gesellschaftsvertrag und nicht durch eine neben dem Gesellschaftsverhältnis bestehende vertragliche Beziehung zwischen den Beteiligten begründet worden ist. 86 Einen vergleichbaren Rekurs auf die Rechtsgrundlage der Mitarbeit hat die Judikatur auch bei anderen Rechtsformen vorgenommen 87 und dabei teilweise ausdrücklich hervorgehoben, daß eine etwaige Abhängigkeit des Beschäftigten irrelevant sei 88 . Auf dasselbe Ergebnis läuft es hinaus, wenn Hanau den Arbeitsvertrag als einen Unterfall des Dienstvertrags bezeichner und er aus diesem Grunde für die Möglichkeit plädiert, daß auch weisungsgebundene Arbeit ausschließlich gesellschafts- oder vereinsrechtlich eingeordnet werden kann. 89 Man kann insoweit von einem vertragsorientierten Ansatz sprechen, weil bei dieser Betrachtungs84 Brachen, Organmitgliedschaft, S. 90; Kraft, Anm. zu B A G , AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau (unter I 2) - (anders aber ders., G K - B e t r V G , 6. Aufl., § 5 Rn. 50); Maschmann, Arbeitsverträge S. 111; Wiedemann, T V G , 6. Aufl., § 1 Rn. 290 (andere Tendenz aber ders., W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 9 f.); im Erg. ebenso Baier, M D R 1985, 890, 892 f.; K R - E t z e l , KSchG, 6. Aufl., § 1 KSchG Rn. 87; Junker, Arbeitsrecht, Rn. 95; v. Hoyningen-Huene/Linck, 13. Aufl., § 1 Rn. 49, 49c; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 151 f.; Reuter, ZfA 1979, 537, 549 f.; ferner Börgmann, Anm. zu B A G , AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung (unter 4 a), der die Position des B A G insoweit aber nur unvollständig reflektiert; in diese Richtung (bei Personengesellschaftsverträgen) bereits Molitor, in: Hueck/Molitor/Riezler, Arbeitsvertrag, S. 65, zu § 1 des Entwurfs eines Allgemeinen Arbeitsvertragsgesetzes von 1923 (abgedruckt in: RArbBl. 1923, Amtl. Teil, S. 498 ff.); nicht eindeutig MünchArbR/Richardi, 2. Aufl., § 2 4 Rn. 110. 8 5 In diesem Sinne auch Molitor, D B 1957,165,166: Arbeitsrechtlicher Charakter einer Tätigkeitspflicht nur, wenn „nicht .. als gesellschaftliche oder körperschaftliche Verpflichtung normiert"; ähnlich Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 263, mit der Formulierung, daß für ein „echtes Arbeitsverhältnis" eine „völlige Loslösung von der Position als Gesellschafter" erforderlich sei. Im Grundsatz für die O H G , die K G und die G b R ebenso Bauer/Baeck/ Schuster, N Z A 2000, 863, 864, die allerdings zusätzlich den ihrer Ansicht nach in jedem Falle gleichwertigen gesellschaftsrechtlichen Schutz hervorheben (865, 867 f.). 8 6 B A G vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 5 2 8 Z P O ; B A G vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu § 161 H G B ; ebenso B S G vom 27.7.1972, AP Nr. 4 zu § 539 R V O . 8 7 Vgl. (zum Verein) B A G vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (unter III 3); B A G vom 20.2.1986, AP Nr. 2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz (unter 3); ebenso (zur Genossenschaft) Oetker, B B 1991, 1559, 1560; (zum Verein) ders., Anm. zu B A G , AP Nr. 87 zu Art. 9 G G (unter V); insoweit auch Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 52; ansatzweise ferner L A G Bayern vom 8.5.1956, WA 1957,184: Satzungsrechtlich verankerte Mitarbeit bei Genossenschaft. 8 8 Siehe (jeweils zur Genossenschaft) B A G vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag A n l a g e i l Kap. VI (unter B I 1 a); B A G vom 13.6.1996, AP Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R (unter B I). 8 9 E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., §611 Rn. 21; so auch Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 36 Rn. 24. In diesem Sinne ferner Großfeld/Gersch,]Z 1988, 937, 946, wenn dort davon ausgegangen wird, daß die Position eines Gesellschafters derjenigen eines Arbeitnehmers angenähert sein könne. Ebenso anscheinend Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 9 III 3, S. 46 ff., wo es heißt, daß bei einer Tätigkeit aufgrund eines Gesellschaftsvertrages keine Abhän-

III. Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

263

weise die Existenz eines austauschrechtlichen Vertragsbettes die Grundvoraussetzung dafür bildet, einen Beschäftigten als Arbeitnehmer ansehen zu können. Diese Auffassung kann angesichts der sogleich darzulegenden gegenläufigen Strömungen entgegen mancher vorschnellen Einschätzung zwar nicht als „ganz unbestritten" bezeichnet werden 9 0 . Sie kann sich aber auf die in den § § 6 1 1 ff. B G B zum Ausdruck kommende und außerhalb der hier berührten Thematik allgemein anerkannte Vorstellung stützen, daß der Arbeitsvertrag eine besondere Form des Dienstvertrages und damit eines Austauschvertrages ist 91 . Fehlt es bereits an einem dienstvertraglichen Rahmen, kann folgerichtig auch kein Arbeitsvertrag vorliegen. Diese auf den ersten Blick sehr klare Sichtweise führt freilich zu dem Problem, daß durch die Einkleidung einer Mitarbeit in einen (multilateralen) Gesellschaftsvertrag zumindest auf den ersten Blick sämtliche Schutzmechanismen umgangen werden können, die das Arbeitsrecht für unselbständig Beschäftigte bereitstellt. Insoweit liefert der bereits erwähnte Fall, in dem eine große Anzahl polnischer Bauhandwerker jeweils für maximal drei Monate in eine G b R aufgenommen wurden, um in diesem Rahmen ihre Arbeit zu verrichten, 9 2 ein drastisches Beispiel. O b das Gesellschaftsrecht stets kompensatorische Instrumente vorhält, um etwaige Schutzlücken zu schließen, ist fraglich und kann zumindest nicht ohne eingehende Prüfung bejaht werden. 9 3 Es kann deshalb nicht überzeugen, wenn in einem neueren Beitrag pauschal davon gesprochen wird, das Gesellschaftsrecht sichere Mitarbeiter, die auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages in einer G b R , O H G oder K G tätig werden, ungeachtet der konkreten Vertragsgestaltung in jedem Falle hinreichend ab, so daß eine entsprechende A n wendung arbeitsrechtlicher Vorschriften nicht notwendig sei. 94

bb) Tätigkeit ¡orientiertes

Modell

Auf der anderen Seite steuern Teile der Rechtsprechung 9 5 und des Schrifttums 9 6 unmittelbar auf die Kriterien zu, mit deren Hilfe man üblicherweise den Arbeitsvertrag vom freiem Dienstvertrag abgrenzt. Die prinzipielle Verschiedenheit der gigkeit vorliege und der Arbeitnehmerstatus nur bei einem von der Mitgliedschaft unabhängigen Tätigkeitsvertrag möglich sei. 90 So Brachert, Organmitgliedschaft, S. 90, im Jahre 1991. 91 Siehe dazu die Nachweise oben sub § 1 I in Fn. 31. 92 Vgl. L A G Hessen vom 20.3.2000, N Z A - R R 2001, 156 ff. 93 Siehe hierzu unten in den §§ 8-12, passim. 94 Vgl. Bauer / Baeck / Schuster, N Z A 2000, 863, 865, die es insoweit bei einigen Schlagworten (Selbstorganschaft, Verbandssouveränität, Abspaltungsverbot, Gleichbehandlungsgebot, Treuepflicht und Verhältnismäßigkeitsprinzip) bewenden lassen. 95 B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau; O L G Köln vom 5.10.2000, N Z G 2001, 165, 166 f.; in diesem Sinne auch L A G Baden-Württemberg vom 21.4.1960, D B 1960, 1159; im Erg. vergleichbar L A G Hessen vom 20.3.2000, N Z A - R R 2001,156, 157 ff., das allerdings zusätzlich darauf abstellt, daß in Wirklichkeit kein Gesellschaftsvertrag geschlossen wurde. Im Grundsatz ferner B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 a), wobei in concreto allerdings ein separater Anstellungsvertrag vorlag. 96 Eichler- Weiskorn/Pöppel, KJ 1987, 259, 268; Gitter, SAE 1976, 204 (Verein); ders., N Z G

264

§ 6 Arbeitsrecbtliche

Perspektive

Vertragspartner zwischen Gesellschaftsvertrag und Austauschvertrag wird dabei nicht thematisiert. Dies gilt auch für die Überlegungen, mit denen Wank zwischen Gesellschafter und Arbeitnehmer differenzieren will. 97 Zwar geht Wank - wie bereits erläutert 98 - von einem von der h. M. prinzipiell abweichenden Ansatz zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenscbaft aus, indem er nicht auf die persönliche Abhängigkeit und die Weisungsbindung, sondern auf die freiwillige Übernahme des unternehmerischen Risikos abstellt. Indes handelt es sich in dem Sinne um eine vergleichbare Konzeption, als auch Wank die vom ihm befürworteten Abgrenzungsmerkmale unmittelbar für die Frage nutzbar machen will, ob ein mitarbeitender Gesellschafter als Arbeitnehmer qualifiziert werden kann. Da ein solcher Gesellschafter bei einer Minderheitsbeteiligung zumindest unterhalb einer - nicht näher spezifizierten - Schwelle einem fremden Unternehmerisiko ausgesetzt sei, handele es sich um einen Arbeitnehmer. Der gleichzeitige Hinweis, daß das Gesellschaftsrecht in einem derartigen Falle keinen funktional äquivalenten Schutz einräume, 99 stellt nur eine andere Umschreibung für das Fehlen derjenigen Kriterien dar, von denen nach der Ansicht von Wank die Unternehmereigenschaft abhängt. Anders als in den sogleich darzustellenden Ansätzen 100 ist das Vorhandensein eines vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen Schutzes kein Element, das in der Lage wäre, einen an sich zu bejahenden Arbeitnehmerstatus zu überlagern. Gemeinsamer Hintergrund dieses Vorgehens dürfte die Vorstellung sein, daß auch auf der Grundlage eines Gesellschaftsvertrages ein neben die mitgliedschaftliche Bindung tretendes Arbeitsverhältnis bestehen kann, sofern nur der mitarbeitende Gesellschafter seine Tätigkeit unter Umständen erbringt, die im Rahmen eines Austauschvertrages ohne weiteres zur Arbeitnehmereigenschaft führen würden. In der Sache entspricht dies der schon von Potthoff für den Fall des Fehlens eines besonderen Arbeitsvertrages propagierten Rechtsfigur eines Gesellschaftsverhältnisses, das zugleich Arbeitsverhältnis ist. 101 Damit kann man von einem tätigkeitsorientierten Ansatz sprechen. Eine solche Sichtweise bewirkt zwar einen umfassenden Schutz des Beschäftigten, indem mit der Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft das gesamte arbeitsrechtliche Schutzinstrumentarium 2001, 168; Henssler, kam. zu B A G , AP Nr. 12 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2); Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 39; Mayer-Maly, Erwerbsabsicht und Arbeitnehmerbegriff, S. 49; Reichert, Stellung der Rote-Kreuz-Schwestern, S. 141 f. (Verein); ebenso Stehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S. 206, ohne indes das Verhältnis zur kurz zuvor (S. 204) bejahten Charakterisierung von Dienst- und Arbeitsvertrag als Austauschverträge zu klären; im Erg. auch Blomeyer, ZfgG 43 (1993), 195, 196 (Genossenschaft). Ferner wohl Wiedemann, W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 9 f., wenn er ausführt, daß sich bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften nicht durch eine Deklaration als Gesellschafterbeitrag aushebeln lassen (anders aber ders., T V G , 6. Aufl.,§ 1 Rn. 290). 97 SGb 1989, 167, 169 f. 98 Siehe dazu oben sub I. 99 SGb 1989, 167, 169 f. 100 Siehe unten sub cc. 101 ArbR I X (1922), Sp. 731, 732 f.

III.

Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

265

zur Anwendung kommt. Sie führt freilich zu dem Problem einer Entkoppelung von Arbeitnehmerstatus bzw. Arbeitsverhältnis auf der einen und Arbeitsvertrag auf der anderen Seite. cc) Schutzniveauorientierte

Konzeption

Das B A G hat in zwei neueren Entscheidungen mit vereinsrechtlichem Hintergrund 102 gleichsam eine Kombination beider Ansätze vorgenommen. Auf der einen Seite bildet die von den Beteiligten gewählte Rechtsgrundlage den Ausgangspunkt der Betrachtungen. Auf der anderen Seite heißt es, daß die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen dürfe. 103 Sofern eine solche objektive Umgehung vorliege, sei das Rechtsverhältnis, aufgrund dessen die Tätigkeitspflicht bestehe, als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren. 104 Das B A G scheint damit im Sinne des vorstehend geschilderten Ansatzes die Vorstellung zu hegen, daß in einem derartigen Falle kein zusätzlicher Arbeitsvertrag zustande kommt, sondern die satzungsrechtlichen Bestimmungen als solche ein Arbeitsverhältnis bilden. Eine Umgehung liege hingegen nicht vor, wenn die dem Beschäftigten aufgrund seiner Beteiligtenstellung zustehenden kooperationsrechtlichen Befugnisse ein an das Arbeitsrecht annähernd heranreichendes Schutzniveau bieten würden. Bei einem derartigen Verständnis bedarf es somit eines Vergleiches zwischen gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Das B A G greift - ohne dies freilich kenntlich zu machen - mit dieser Argumentation auf Gedankenlinien zurück, die sich in ähnlicher Weise auch bei anderen Autoren finden. Im Schrifttum existieren nämlich schon seit längerem Strömungen, die sich der Qualifikationsproblematik aus der Perspektive des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs nähern, aber dazu tendieren, den Geltungsanspruch des Arbeitsrechts zugunsten einer größeren Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien zurückzudrängen. So heißt es bei Fenn, daß die Beteiligten eines Beschäftigungsverhältnisses, bei dem der Dienstleistende wie ein Arbeitnehmer tätig wird, die Rechtsbeziehungen außerhalb des Arbeitsrechts ansiedeln dürfen, wenn die dann eingreifenden Normen für einen hinreichenden Schutz sorgen. 105 Dies sei bei mitarbeitenden Kommanditisten der Fall, regelmäßig aber nicht bei Tätigkeit auf vereinsrechtlicher Basis. Fehle es an einem entsprechenden Schutz, so ergebe sich ein „(Kontrahie102 B A G vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979; B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979. 103 B A G vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B II 3 a); B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter I 2 b); in diesem Sinne auch B A G vom 22.4.1997, AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung (unter B III 2 b). 104 B A G vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B II 3 a); zust .Kraft, GK-BetrVG, 6. Aufl., § 5 Rn. 50 (anders aber ders., Anm. zu B A G , AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau [unter I 2]; E r f K / P r e i s , 2. Aufl., B G B , § 611 Rn. 164, 167 f. (anders aber Rn. 74: Rechtsverhältnis muß unter die Gruppe der Dienstverträge zu fassen sein). 1 0 5 FS Bosch (1976), S. 171, 188.

266

5 6 Arbeitsrechtliche Perspektive

rungs-) Rechtsformzwang" mit der Folge, daß sich der Dienstberechtigte so behandeln lassen müsse, als bestehe zwischen ihm und dem Dienstleistenden ein Arbeitsverhältnis. Die zuletzt genannte und an dieser Stelle allein interessierende Formulierung ist schwer einzuordnen, weil nicht ganz klar ist, ob Fenn aus dem Rechtsformzwang die Existenz eines echten Arbeitsvertrags ableiten will oder ob er, ohne die gewählte Rechtsgrundlage anzutasten, die rechtlichen Beziehungen lediglich so beurteilen will, als ob ein Arbeitsvertrag bestünde. Da es Fenn kurz zuvor als Alternative bezeichnet, die rechtliche Qualifikation seitens der Parteien für maßgeblich zu halten und arbeitsrechtliche Bestimmungen analog heranzuziehen, 1 0 6 dürfte die Interpretation zutreffen, nach der von einem tatsächlichen Arbeitsvertrag auszugehen ist. Im übrigen ist zweifelhaft, wer bei der Mitarbeit eines Gesellschafters als „Dienstberechtigter" angesehen werden soll. Da man nicht nur bei der Körperschaft, sondern auch bei der verbandlich strukturierten Personengesellschaft der Vereinigung als solcher die Gläubigerstellung zuspricht, 107 wird man davon auszugehen haben, daß Fenn unter dem Dienstberechtigten die Gesellschaft versteht. Fenn postuliert somit das Zustandekommen eines zusätzlichen Vertrages zwischen der Gesellschaft und einem mitarbeitenden Gesellschafter, auch wenn die Beteiligten von einer solchen externen Rechtsbeziehung Abstand genommen und sich auf interne Verbandsbeziehungen beschränkt haben. Grunsky zollt den Ausführungen von Fenn Beifall. Indem er den Parteien zusätzlich in den Fällen eine freie Rechtsformwahl einräumen will, in denen es ganz allgemein an der Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters fehlt, 1 0 8 geht er über einen reinen schutzniveauorientierten Ansatz allerdings hinaus. Soweit trotz dieser Einschränkungen noch Raum für den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang verbleibt, bleibt freilich undeutlich, ob Grunsky das Zustandekommen eines echten Arbeitsvertrags oder lediglich die Anwendung zwingender arbeitsrechtlicher Schutznormen auf einen als Arbeitnehmer anzusehenden Gesellschafter befürwortet. Die Problematik unterschiedlicher Vertragspartner für kooperationsrechtliche und austauschrechtliche Beziehungen wird jedenfalls nicht thematisiert. Martens konzentriert sich auf die Umstände, die es seiner Ansicht nach rechtfertigen, die Grenze zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht zugunsten gesellschaftsrechtlicher Beschäftigungsverhältnisse und zu Lasten des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges zu verschieben. Dabei stellt Martens vor allem darauf ab, ob der mitarbeitende Gesellschafter, der die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses erfüllt, über ein solches Maß an gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflußmöglichkeiten verfügt, daß er über die grundlegenden Planungs- und Organisationsentscheidungen der Gesellschaft effektiv mitbestimmen kann. 1 0 9 Auch wenn Martens dies nur am Rande anspricht, scheint er doch davon auszugehen, daß bei einem unterhalb dieser Schwelle bleibenden Einfluß eines Gesellschafters eine 106 107 108 109

FS Bosch (1976), S. 171, 187 Fn. 77. Vgl. dazu die Nachweise oben sub § 3 IV 1 a in Fn. 159. ArbuR 1978, 126, 128. RdA 1987, 347, 350 f.

III.

Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

267

Überlagerung der gesellschaftsvertraglichen Betätigung durch Arbeitsrechtsbeziehungen durchaus denkbar ist. 1 1 0 Dabei wird indes nicht deutlich, ob Martens für diesen Fall nur arbeitsrechtliche Vorschriften - kumulativ - zur Anwendung kommen lassen will oder statt dessen die Existenz eines echten austauschrechtlichen Vertrages annimmt. Loritz nähert sich in seiner großangelegten Untersuchung der Abgrenzungsproblematik mit der Frage, wie diejenigen Fälle zu behandeln sind, in denen für die Arbeitsleistung ein gesellschafts- oder ein dienstvertraglicher Rahmen gewählt worden ist, die Tätigkeit aber unter Umständen erfolgt, die an sich zur Anwendung zwingenden Arbeitsrechts führen würde. 1 1 1 Die personelle Reichweite des zwingenden Arbeitsrechts wird für ihn somit zum zentralen Untersuchungsgegenstand. Dabei stellt Loritz eine Reihe von Kriterien auf, bei deren Erfüllung durch einen mitarbeitenden Gesellschafter es nach seiner Ansicht gerechtfertigt ist, das Arbeitsrecht zurücktreten zu lassen. 1 1 2 Eine Differenzierung zwischen den Gestaltungen, in denen der Beschäftigte auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages oder eines Drittvertrages tätig wird, findet sich dagegen nicht. A n dieser Stelle interessiert vor allem, wie Loritz die Konstellationen vertragsrechtlich einordnet, in denen ein gesellschafterlicher Beitrag vorliegt, die das Arbeitsrecht entsprechend seiner Konzeption zurückdrängenden Merkmale aber nicht vorhanden sind. Insoweit fehlt es allerdings an exakten Aussagen. Vielmehr beschränkt sich Loritz auf die Bemerkung, daß der Gesellschafter dann Arbeitnehmer sei bzw. das zwingende Arbeitsrecht das Bestehen eines zusätzlichen Arbeitsverhältnisses vorschreibe. 1 1 3 Soweit ersichtlich vermeidet es Loritz jedoch, in diesem Zusammenhang von einem Arbeitsvertrag zu sprechen. Es steht daher nicht fest, ob Loritz letztlich die Existenz eines Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages bejaht oder davon ausgeht, daß in den entsprechenden Gestaltungen ein echter Arbeitsvertrag zwischen dem mitarbeitenden Gesellschafter und der Gesellschaft zustande kommt. Auf jeden Fall fehlt es an einer Auseinandersetzung mit der Problematik, die aus der Verschiedenheit der Vertragspartner erwächst, obwohl Loritz dies an anderer Stelle durchaus vermerkt 1 1 4 . dd) Sonstige literarische

Vorstellungen

Eine Reihe von Ansichten entzieht sich der schlichten Einordnung in die bisher geschilderten Sichtweisen, weil sie einerseits zum Teil recht komplex sind, andererseits aber die an dieser Stelle fokussierte Frage zumindest nicht ausdrücklich ins Bewußtsein rücken. R d A 1987,347,349. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 218. 1 1 2 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404, 520. 1 1 3 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 218 f.; ders., R d A 1992, 210, 217. 1 1 4 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 217. N u r schwer vereinbar mit den dargelegten Vorstellungen auch Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 2, S. 41, w o es heißt, daß ein Arbeitsvertrag ein Dienstvertrag sein muß. 110

111

268

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

G. Hueck hat sich in einer frühen Stellungnahme zur Mitarbeit des Kommanditisten neben der allgemeinen Unterscheidung von gesellschaftsrechtlicher und nichtmitgliedschaftlicher Tätigkeit auch der Abgrenzung zum Arbeitsvertrag zugewandt. Hierbei hat er sich allerdings darauf beschränkt, Indizien für die Existenz eines eigenständigen Vertrages zusammenzutragen. 115 Für G. Hueck ging es somit im wesentlichen um das Herausarbeiten derjenigen Kriterien, aus denen sich ergibt, ob die Parteien eine neben dem Gesellschaftsverhältnis stehende Dienstleistungsbeziehung begründet haben. O b das Fehlen eines solchen Vertragsverhältnisses ein Hindernis für die Stellung eines Gesellschafters als Arbeitnehmer bildet oder durch das Vorliegen der materiellen Arbeitnehmerkriterien überwunden werden kann, liegt außerhalb des von G. Hueck behandelten Fragenkreises. Indem Wagner auf die Ausübungsmerkmale und nicht auf die Art der vertraglichen Einordnung einer Arbeitsleistung abstellt, 116 scheint er dem tätigkeitsorientierten Ansatz zu folgen. Eine nähere Betrachtung zeigt indes, daß er nur eine ganz spezielle Fallgruppe vor Augen hat. Für Wagner geht es nämlich lediglich um die rechtliche Einordnung von Beschäftigten, die zunächst eindeutig Arbeitnehmer gewesen sind und bei denen zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart wird, daß sie Kommanditisten werden und ihre Dienstleitung nunmehr auch als gesellschaftsvertraglichen Beitrag erbringen sollen. 117 Für Wagner scheint völlig klar zu sein, daß sich hierdurch an der Existenz eines Arbeitsverhältnisses nichts ändere, weil kein Grund für das Erlöschen der ursprünglich begründeten Rechtsbeziehung zu erkennen sei. 118 Mit diesem Gedanken gibt Wagner zu erkennen, daß er an die einmal getroffene Vereinbarung anknüpft, nicht aber an die Modalitäten der Tätigkeit als solche. Die Frage, wie die Mitarbeit zu qualifizieren ist, wenn die Parteien das Arbeitsverhältnis ausdrücklich aufheben und sich trotz unveränderter Tätigkeitsumstände nur noch auf eine gesellschaftsvertragliche Basis begeben wollen, wird von Wagner nicht gestellt und dementsprechend auch nicht beantwortet. Bauschke meint, daß die Einbeziehung typischer Arbeitnehmerleistungen in ein Gesellschaftsverhältnis einen Rechtsformmißbrauch darstellen könne. 1 1 9 Zu den Folgen äußert er sich freilich nicht. Insbesondere bleibt offen, ob aus einem solchen „Mißbrauch" ein - separater - Arbeitsvertrag entstehen soll. Steindorff hat sich mit dem Verhältnis von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung im Rahmen seiner Überlegungen zu Anwaltssozietäten 120 befaßt. Den Ausgangspunkt bildet insoweit die These, daß eine objektive Entscheidung für oder gegen die Arbeitnehmereigenschaft von sozietätsangehörigen Rechtsanwäl115

D B 1962, 1362, 1366 ff.

116

Massenkommanditgesellschaft, S. 178. Massenkommanditgesellschaft, S. 174 ff. Massenkommanditgesellschaft, S. 179 f.

117 118 119 120

A R - B l a t t e i S D 110.1 R n . 2 9 2 . F S R . Fischer (1979), S. 747 ff.

III. Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

269

ten zumindest üblicherweise nicht möglich sei. 121 In dieser Situation rechtfertige es die Einstufung der Vereinigung im Außenverhältnis als Gesellschaft, auch im Innenverhältnis eine Gesellschaft anzunehmen. 122 Gleichwohl könnten die betroffenen Anwälte gegebenenfalls als arbeitnehmerähnlich qualifiziert werden. Darüber hinaus sei im Einzelfall auch eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften denkbar. 123 Da Steindorff keine deutliche Unterscheidung zwischen denjenigen Beteiligten vornimmt, die eindeutig nur Gesellschafter sind und denen, die an sich die Statusmerkmale eines Arbeitnehmers erfüllen, bleibt allerdings unklar, ob er auch für den Fall ein Arbeitsverhältnis verneinen will, daß ein Beschäftigter objektiv unzweifelhaft zur zweiten Personengruppe gehört. Für Herrmann bildet das Problem, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung über die Tätigkeit eines Gesellschafters als Arbeitsvertrag zu werten ist, den Ausgangspunkt der Überlegungen. 124 Da Herrmann mehrfach ausdrücklich von einem Arbeitsvertrag spricht und in diesem Zusammenhang auch auf die allgemeine Definition zurückgreift, nach der es für die Arbeitnehmereigenschaft der rechtlichen Grundlage eines Dienstvertrages bedarf, 125 kann zunächst festgehalten werden, daß sie nicht im Sinne der bereits dargelegten Auffassung die Vorstellung hegt, ein Arbeitsverhältnis könne auch auf der Basis eines Gesellschaftsvertrages existieren. Soweit es um die konkreten Voraussetzungen geht, unter denen ein solcher Arbeitsvertrag angenommen werden kann, zeigt sich bei Herrmann ein schwer zu durchschauender Kriteriendualismus. Zum einen betrachtet sie die Qualifikationsfrage unter einem tätigkeitsorientierten Blickwinkel, indem sie die für die Arbeitnehmereigenschaft maßgeblichen materiellen Indizien in den Vordergrund rückt. 126 Zum anderen wählt sie dadurch eine vertragsorientierte Perspektive, daß sie eine Vielzahl von Aspekten erwähnt, aus denen sich der rechtsgeschäftliche Wille der Parteien ergeben soll, einen eigenständigen Arbeitsvertrag neben dem Gesellschaftsvertrag zu schließen. 127 Diese beiden Ansätze lassen sich indes nicht bruchlos aneinanderfügen: Entweder entscheiden die materiellen Arbeitnehmerkriterien über das Vorliegen eines Arbeitsvertrages aus Gründen des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges auch dann, wenn die Beteiligten gerade keine zusätzliche Rechtsbeziehung zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft begründen wollten, oder es bleibt dabei, daß erst der Wille der Parteien zum Abschluß einer weiteren (externen) Vereinbarung das Tor zu einer Einstufung des Mitarbeiters als Arbeitnehmer öffnet. Eine dritte Möglichkeit gibt es insoweit nicht. Die Frage nach der konkreten Bedeutung des Vertragspart -

121 122 123 124 125 126 127

F S R . Fischer (1979), S. 747, 766. FS R. Fischer (1979), S. 747, 767. FS R. Fischer (1979), S. 747, 767 ff. RdA 1989,313, 317. RdA 1989, 313, 317 ff. RdA 1989, 313, 318, 321. RdA 1989,313, 319 ff.

270

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

nermerkmals bleibt daher auf der Grundlage der Überlegungen von Herrmann letztlich unbeantwortet. 128 Eine weitere Konzeption zur Auflösung des Dilemmas zwischen Arbeitnehmerschutz und der zumindest nicht prima facie vorhandenen zusätzlichen austauschrechtlichen Beziehung liefern die Überlegungen von Beuthien. Allerdings betrachtet Beuthien die Thematik nicht aus der Perspektive der Qualifikationsfrage. Vielmehr geht er vom Geltungsanspruch des Arbeitsrechts aus. Dabei argumentiert Beuthien im wesentlichen in drei Schritten: 129 Erstens gelte Arbeitsrecht überall dort, wo die Tatbestandsvoraussetzungen eines Arbeitsverhältnisses vorliegen würden. Zweitens sei dies stets dann der Fall, wenn ein Gesellschafter unselbständige (persönlich abhängige) Arbeit leiste. Drittens spricht Beuthien im folgenden wiederholt von der Existenz eines Arbeitsvertrages. An dieser Stelle interessiert vor allem der dritte gedankliche Schritt. Insoweit ist zunächst denkbar, daß Beuthien den Terminus Arbeitsvertrag lediglich als eine andere Umschreibung für Arbeitsverhältnis auffaßt. In der Sache würde das Modell von Beuthien damit auf die - soeben abgelehnte - Vorstellung eines Arbeitsverhältnisses auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage hinauslaufen. Gegen diese Interpretation spricht indes die ausdrückliche Verwendung des Begriffs Arbeitsvertrag sowie die Gegenüberstellung zum Gesellschaftsvertrag. 130 Sodann kommt in Betracht, daß es nach Ansicht von Beuthien Arbeitsverträge gibt, die keine Austauschverträge im Außenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter sind, sondern im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern bestehen. Diese Auslegung ist indes kaum mit seiner weiteren Aussage vereinbar, daß der persönlich abhängige Arbeit leistende Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer Nichtgesellschafter sei 131 . Diese Wendung harmoniert zwar ohne weiteres mit der Rechtsfigur des Drittvertrages eines Gesellschafters, nicht aber mit der Vorstellung einer gesellschafterinternen Absprache. Es spricht deshalb am meisten für die Deutung, daß der Geltungsanspruch des Arbeitsrechts nach Ansicht von Beuthien eine Verdoppelung der Rechtsverhältnisse zur Folge habe. Sofern ein Gesellschafter unter Umständen tätig sei, die im Rahmen einer Austauschbeziehung zu einer Qualifikation als Arbeitnehmer führen würden, trete zum Gesellschaftsvertrag als Basis der Dienstpflicht ein (austauschrechtlicher) Drittarbeitsvertrag hinzu. Diese Sichtweise vermeidet zwar die Schwachstellen der eingangs geschilderten Auffassungen. Auf der einen Seite wird der Grundsatz gewahrt, daß es sich beim Arbeitsverhältnis um eine besondere Form des Dienstvertrages und nicht 128 Von vornherein nicht überzeugend die Einordnung des Ansatzes von Herrmann durch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 268, als eine Position, die auf eine Bejahung des Arbeitnehmerstatus auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage hinausläuft (tendenziell anders zudem Diller, aaO., Fn. 65). 129 FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1,13 f. 130 Im übrigen hat auch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 311 f., den Ansatz von Beuthien nicht in dem genannten Sinne gedeutet. 131 Vgl. Beuthien, FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1, 14.

III. Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

271

des Gesellschaftsvertrages handelt. Auf der anderen Seite werden etwaige Schutzlücken durch eine umfassende Anwendung des Arbeitsrechts von vornherein vermieden. Es ist jedoch schon angedeutet worden, daß dieser Ansatz durch einen erheblichen Eingriff in die rechtsgeschäftliche Abschlußfreiheit erkauft wird. 132 Dieses Modell führt nämlich nicht nur dazu, daß - wie im Normalfall der Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag - eine zwischen zwei Personen bestehende Beziehung qualifiziert und unter Umständen anders eingestuft wird, als es den Beteiligten zunächst vorschwebte. Vielmehr wird eine zusätzliche rechtliche Beziehung zwischen einer Personen und einem Verband begründet, die bis dahin nicht durch einen solchen Drittvertrag verbunden waren. In der Sache liegt damit die zwangsweise Begründung eines neuen und nicht lediglich die - zutreffende - Einordnung eines autonom begründeten Rechtsverhältnisses vor. Hierdurch entfernt man sich ein erhebliches Stück vom herkömmlichen Gehalt des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges. Diller hat das Modell von Beuthien aufgegriffen und weiter entfaltet. Sofern die Parteien lediglich eine dienstleistungsbezogene Beitragspflicht vereinbart haben, ein Gesellschafter nach materiellen Kriterien aber als Arbeitnehmer anzusehen sei, folge aus dem arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang, daß sich die Beitragsabrede auf die Pflicht reduziere, im Rahmen eines als Arbeitsverhältnis zu qualifizierenden schuldrechtlichen Ausführungsvertrages tätig zu werden. 133 Trotz des Versuches von Diller, die Überlegungen von Beuthien durch vor allem bei Ulmer entlehnte Rechtsfigur der Ausführungsverträge abzusichern und gegen potentielle Einwände zu verteidigen, werden die Ausführungen von Diller der Gesamtproblematik nicht gerecht. Für Diller scheinen die Friktionen nur in den unterschiedlichen Zuständigkeiten für die verschiedenen Vereinbarungen zu bestehen. 134 Hierbei weist er zutreffend darauf hin, daß die Kompetenz für gesellschaftsvertragliche Abreden grundsätzlich bei den Gesellschaftern liegt, während schuldrechtliche Verträge im Prinzip von den Geschäftsführern abgeschlossen werden. Zur Bewältigung der Zuständigkeitsfrage schlägt Diller vor, bei Personengesellschaftern im Handeln der Gesellschafter zugleich einen Vertragsschluß der Geschäftsführer zu sehen und bei der GmbH die Gesellschafterversammlung ausnahmsweise für zuständig zum Abschluß von Ausführungsverträgen zu halten. Mit diesen Überlegungen löst Diller freilich nur das rechtstechnische Problem, auf welchem Wege die Gesellschafter eine Kombination von Gesellschafts- und Austauschvertrag vereinbaren können, wenn sie dies wollen. Neben der bereits ausführlich erörterten und überwiegend bejahten grundsätzlichen rechtsdogmatischen Zulässigkeit einer Verdoppelung von Tätigkeitsbeziehungen 135 bleibt bei Diller ungeklärt, auf welche Weise das völlige Fehlen eines AusgestaltungsvertraSiehe oben sub cc. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 315; ders., Anm. zu B A G , AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (Bl. 5R); zust. v. Hoyningen-Huene, N J W 2000, 3233, 3238. 1 3 4 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 312 f. 1 3 5 Siehe dazu oben sub § 3 IV 3. 132

133

272

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

ges überwunden werden kann. Es wird daher auch keine Antwort auf die Frage gegeben, was gelten soll, wenn die Gesellschafter auf eine solche zusätzliche Abrede bewußt verzichten. Dieser Mangel dürfte darauf zurückzuführen sein, daß Diller durch die Konzentration auf den Zuständigkeitsaspekt die Verschiedenheit der Vertragspartner für Gesellschaftsvertrag und Ausführungsvertrag aus den Augen verloren hat. Dementsprechend heißt es anderer Stelle schlicht, daß die Vertragsgrundlage der Tätigkeit f ü r die Arbeitnehmereigenschaft unbeachtlich sei. 136 b)

Auswertung

Faßt man die Darstellung der vielfältigen Ansätze zur Bewältigung der Abgrenzungsproblematik bei Fällen in der Grauzone von Gesellschafts- und Arbeitsrecht zusammen, lassen sich im Grundsatz zwei Zugangsweisen unterscheiden: Für die erste Sichtweise setzt ein Arbeitsverhältnis zwingend voraus, daß überhaupt eine Austauschbeziehung existiert. Für die zweite Auffassung k o m m t es auf die Reichweite des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs an, mag der Grenzverlauf im einzelnen auch sehr unterschiedlich gezogen werden. Zur Verwirklichung der Schutzanliegen werden von dieser Meinung in konstruktiver Hinsicht zum einen die Rechtsfigur eines Arbeitsverhältnisses auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage und zum anderen das Entstehen einer zusätzlichen Rechtsbeziehung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft angeboten. O b w o h l sich beide Wege zunehmender Beliebtheit erfreuen, stehen ihnen doch erhebliche, von ihren Anhängern mit Stillschweigen übergangene Bedenken entgegen. Soweit es um die Vorstellung eines Arbeitsverhältnisses auf einer mehrgliedrigen gesellschaftsvertraglichen Basis geht, muß mit aller Deutlichkeit festgehalten werden, daß damit dogmatische Grundstrukturen mißachtet werden, die außerhalb der hier berührten Thematik nahezu allgemein anerkannt sind. 137 Man ist sich nämlich weithin darüber einig, daß es sich beim Individualarbeitsverhältnis u m eine besondere F o r m des Dienstvertrages handelt. 1 3 8 Dies kommt in den einschlägigen Vorschriften der §§ 611 ff. BGB auch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck und ist nicht zuletzt durch die breite Ablehnung, die die These vom gesellschaftsrechtlichen Einschlag des Normalarbeitsverhältnisses erfahren hat, 139 eindrucksvoll bestätigt worden. Hiermit ist die Rechtsfigur eines Arbeitsverhältnisses auf einer mehrgliedrigen gesellschaftsvertraglichen Grundlage nicht 136

Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 319. In diesem Sinne auch Bauer/Baeck/Schuster, N Z A 2000, 863, 864. 138 Vgl. n u r L A G H a m m v o m 16.10.1989, Z I P 1990, 880, 884; Gast, Arbeitsrecht als Vertragsrecht, S. 52; Erman/Hanau, B G B , 10. Aufl., § 611 Rn. 69; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 22 VI, S. 134; Junker, Arbeitsrecht, Rn. 94; Lieh, Arbeitsrecht, 7. Aufl., Rn. 34; Maschmann, Arbeitsverträge S. 112 ff.; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 1 9 I 2, S. 159; Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 49; M ü n c h A r b R / R i c h a r d i , 2. Aufl., § 6 Rn. 2; Schaub, A r b e i t s r e c h t s - H a n d b u c h , 9. Aufl., § 29 R n . 1; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 2, S. 41; eingehend Boemke, Schuldvertrag u n d Arbeitsverhältnis, S. 207 ff.; z u m A u s t a u s c h c h a r a k t e r des Arbeitsvertrages siehe ferner die N a c h w e i s e o b e n sub § 1 I in F n . 31. 139 Siehe hierzu o b e n sub § 3 III 1. 137

III. Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

273

kompatibel. D e n n es ist nicht zu erkennen, wie eine multilaterale Abrede als solche - also nicht etwa kraft des Vorhandenseins einer weiteren Rechtsbeziehung zugleich ein bilaterales Verhältnis sein soll. Dieser B e t o n u n g des Gegensatzes von bilateralen und multilateralen Tätigkeitsbeziehungen steht es nicht entgegen, daß die Vereinbarung eines Arbeitsentgelts nach h. M . kein zwingendes Erfordernis für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses darstellt 1 4 0 . Das M e r k m a l der E n t geltlichkeit liegt nämlich auf einer anderen E b e n e , wie sich nicht zuletzt daraus ergibt, daß bei Mayer-Maly,

der zu den wesentlichen Wortführern der überwie-

genden Ansicht zählt, von einem unentgeltlichen Dienstvertrag

die R e d e ist. 1 4 1

Z u d e m geht es im vorliegenden Zusammenhang ohnehin durchweg um B e s c h ä f tigungen, die zumindest mittelbar durch G e w i n n b e z u g s r e c h t e entgolten werden. I m übrigen wirft auch die immerhin denkbare Aufgabe des Kriteriums der B i polarität und damit die Alternative eines echten multilateralen Arbeitsverhältnisses erhebliche P r o b l e m e auf. So k ö n n e n die anderen Gesellschafter als Partner des Gesellschaftsvertrages schwerlich in ihrer Gesamtheit oder gar einzeln als A r b e i t geber des unselbständig mitarbeitenden Beteiligten samt aller damit verbundenen Pflichten angesehen w e r d e n . 1 4 2 Jedenfalls krankt das Modell einer Arbeitgeberstellung der Mitgesellschafter dann, wenn nicht alle anderen Beteiligten das D i rektionsrecht innehaben, sondern nur der geschäftsführende Gesellschafter weisungsbefugt ist, daran, daß sich nicht erklären läßt, warum sich die Mitgesellschafter als Einzelpersonen das H a n d e l n des Geschäftsführers zurechnen lassen sollen, o b w o h l die geleistete Mitarbeit nicht ihnen persönlich, sondern der G e sellschaft als solcher zugute k o m m t . D a r ü b e r hinaus würde es nicht einleuchten, wenn bei mehreren in untergeordneter Position tätigen Gesellschaftern die jeweils anderen Beteiligten die Arbeitgebereigenschaft innehaben würden. U m diese F r i k t i o n e n zu vermeiden, dürfte den Vertretern der K o n z e p t i o n eines A r b e i t s verhältnisses auf gesellschaftsvertraglichem F u n d a m e n t daher auch eher eine echte Arbeitgeberstellung des Verbandes und nicht der Mitgesellschafter vorschweben. M i t der Eigenschaft der anderen Beteiligten als Parteien des Gesellschaftsvertrages ist dies aber gerade nicht vereinbar. M a n k ö n n t e freilich daran denken, die genaue Analyse der zivilvertraglichen Situation durch die B e r u f u n g auf Erscheinungen aus anderen Rechtsbereichen zu übergehen. So finden sich im Sozialrecht wiederholt Entscheidungen zu Fällen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag, in denen unmittelbar das Bestehen eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses geprüft wird, ohne daß darauf geachtet wird, ob die Tätigkeit aufgrund des Gesellschaftsvertrages oder eines davon getrennten Austauschvertrages erfolgt. 1 4 3 E i n e vergleichbare Vgl. dazu nur MünchhrbiJRichardi, 2. Aufl., § 24 Rn. 66 m.w.N. Erwerbsabsicht und Arbeitnehmerbegriff, S. 40 ff. 1 4 2 Insoweit abl. auch L A G Berlin vom 5.5.1998, E W i R § 2 A r b G G 1/98, 1059. 1 4 3 Etwa L S G Schleswig vom 24.9.1958, Breith. 1958,287, 288 ff.; B S G vom 30.3.1962, B S G E 17,15,19 ff.; B S G vom 31.7.1974, B S G E 38, 53, 57 f.; B S G vom 5.11.1980, B S G E 5 0 , 2 8 4 , 2 8 6 f.; in diese Richtung auch B S G vom 5.2.1998, SozR 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 22, S. 66. 140 141

274

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Vorgehensweise ist auch in der finanzgerichtlichen Judikatur anzutreffen. 1 4 4 Darüber hinaus wird in ausländischen Rechtsordnungen soweit ersichtlich bei der Abgrenzung von Gesellschafter- und Arbeitnehmereigenschaft ebenfalls nicht danach unterschieden, ob der Mitarbeiter eine Vereinbarung - intern - mit den Gesellschaftern oder - extern - mit der Gesellschaft geschlossen hat. Vielmehr stellt man sowohl im französischen 1 4 5 wie im englischen 1 4 6 und amerikanischen R e c h t 1 4 7 offenkundig lediglich auf materielle Kriterien ab, und zwar auch dann, wenn es sich eindeutig um eine Mehrzahl von Beteiligten handelt. Gleichwohl bilden diese Umstände letztlich kein durchschlagendes Argument dafür, bei der Unterscheidung von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis dogmatische Grundstrukturen außer Acht zu lassen. Wenn das deutsche Zivilrecht das Arbeitsverhältnis als eine besondere F o r m des Dienstvertrages ansieht, vermögen weder das jeweils eigenen Wertungen gehorchende Sozial- und Steuerrecht noch die abweichenden Herangehensweisen anderer Rechtssysteme daran etwas zu ändern, solange den erforderlichen Schutzbedürfnissen auf eine andere, dogmatisch konsistentere Weise Rechnung getragen werden kann. 1 4 8 Bis zum Nachweis eines anders nicht zu bewältigenden Regelungsproblems ist die konstruktive Klarheit der Verwischung begrifflicher Ordnungen vorzuziehen. Zudem kann mit der Berufung auf andere Rechtsbereiche keineswegs auf gefestigten Grundlagen aufgebaut werden. So wird etwa für das zum Sozialrecht gehörende Insolvenzgeld teilweise ausdrücklich verlangt, daß ein Personengesellschafter im Rahmen einer außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses stehenden besonderen Rechtsbeziehung tätig wird, um ihm die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der §§ 183 ff. S G B III zuerkennen zu können. 1 4 9 Insgesamt ist die Rechtsfigur eines Arbeitsverhältnisses auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage somit abzulehnen. Mit der Inauguration eines aus einer multilateralen Vereinbarung gewonnenen echten bilateralen Arbeitsvertrages, wie sie von anderen Autoren vorgeschlagen wird, werden die soeben bezeichneten Mängel vermieden. Indessen wird der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang hierdurch in einer Art und Weise instrumentalisiert, die das klassische Anwendungsfeld erheblich überschreitet. Während es traditionell lediglich darum geht, eine zwischen zwei Personen bewußt eingegangene Rechtsbeziehung entsprechend ihrer wirklichen Beschaffenheit einzuordnen, soll nunmehr ein Arbeitsvertrag zwischen Personen bzw. Vereinigungen begründet werden, zwischen denen bislang keine tätigkeitsbezogenen rechtsgeschäftlichen Beziehungen bestanden haben. Ein derartiger Zwangsvertrag ist sicherlich nicht geradezu rechtsunmöglich. Immerhin kennt das Arbeitsrecht im Siehe dazu oben die Nachweise sub § 4 I in Fn. 13. Vgl. hierzu oben die Nachweise sub § 4 II 2 in Fn. 70; ferner Brun/Galland, Droit du travail, Tome 1, 2e Ed., Nr. 387, S. 422 f.; Camerlynck, Contrat de travail, 2e Ed., Nr. 72, S. 90; Fieschi-Vivet, Rep. trav. Dalloz, Contrat de travail (Existence - Formation), Nr. 62 f. 1 4 6 Siehe dazu oben die Nachweise sub § 4 II 2 in Fn. 71-73. 1 4 7 Vgl. hierzu oben die Nachweise sub § 4 II 2 in Fn. 80 u. 83. 1 4 8 Siehe dazu sogleich im Text. 1 4 9 Vgl. Gagel/Peters-Lange, S G B III, § 183 Rn. 14. 144

145

III. Vertragspartnerbezogene

Gesichtspunkte

275

Bereich der unerlaubten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung mit der Regelung in Art. 1 § 10 Abs. 1 A U G einen Fall, in dem ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Arbeitnehmer auch ohne entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärungen zustande kommt. 1 5 0 Freilich handelt es sich hierbei um eine nicht verallgemeinerungsfähige und vor allem nicht auf die hier fragliche Konstellation übertragbare Ausnahmeregelung. Im übrigen ist man mit der Annahme eines (vollständigen) Arbeitsvertrages auch ohne ein rechtsgeschäftliches Fundament zwischen den Parteien eher zurückhaltend. So hat das BAG in einem Fall, in dem der Ehemann einer Gesellschafterin in einer O H G mitgearbeitet hat und hierfür von der Gesellschaft eine Vergütung forderte, das bloße Faktum der Mitarbeit im Unternehmen nicht ausreichen lassen, sondern einen Anspruch an die ausdrückliche oder zumindest schlüssige Begründung dienstvertraglicher Beziehungen zwischen dem Ehemann und der O H G geknüpft. 1 5 1 Ferner wird auch beim sogenannten mittelbaren Arbeitsverhältnis der mittelbare Arbeitgeber grundsätzlich nur für einzelne Pflichten haftbar gemacht, nicht aber ein vollständiger Arbeitsvertrag bejaht. 152 Demgegenüber zielen die erwähnten, auf den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang gestützten Vorstellungen gerade darauf ab, einen kompletten Arbeitsvertrag ins Leben zu rufen. Dieser massive Eingriff in die rechtsgeschäftliche Abschlußfreiheit kann nicht zuletzt aus dem verfassungsrechtlichen Grunde des Übermaßverbots 1 5 3 nur dann gerechtfertigt werden, wenn es keine anderen Mittel gibt, um dem mitarbeitenden Gesellschafter den erforderlichen Schutz zukommen zu lassen. Als ein gleichsam milderes methodisches Instrument bietet sich die analoge Anwendung von arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften auf dienstleistende Gesellschafter an. Insoweit handelt es sich selbstverständlich nicht um eine neue Überlegung. Vielmehr werden derartige Vorschläge schon seit langem unterbreitet. 154 Allerdings hat man die Vor- und Nachteile dieses Weges im Vergleich zu den anderen Alternativen bislang nicht näher erörtert. Für das Instrument der Analogie spricht zum einen die dadurch gewonnene Flexibilität. Anstatt einer starren Anwendung des gesamten Arbeitsrechts auf mitarbeitende Gesellschafter ist bei jeder einzelnen N o r m zu untersuchen, ob ihre Anwendung der Interessenlage der Beteiligten gerecht wird. Der dadurch hervorgerufene Argumentations150

Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. A u f l . , § 11 12 c, S. 146, sprechen i n s o w e i t sogar a u s d r ü c k lich von einem ex lege entstehenden A r b e i t s v e r t r a g . Siehe auch Art. 12 a Abs. 3 S. 1 G G i. V. mit § 1 0 ArbeitssicherstellungsG. 151 B A G v o m 19.7.1973, A P Nr. 19 zu § 6 1 1 B G B Faktisches Arbeitsverhältnis. 152 D a z u UünchArbR/Marschall, 2. A u f l . , § 172 R n . 20 ff.; Waas, R d A 1993, 153, 155 ff. Vgl. in diesem Z u s a m m e n h a n g ferner B A G v o m 16.2.2000, A P Nr. 70 zu § 2 A r b G G 1979 (unter II 2 b bb), w o die B e g r ü n d u n g des A r b e i t n e h m e r s t a t u s an eine von beiden Parteien gewollte Beschäftigung g e k n ü p f t w i r d . 153 Z u m Schutz der Freiheit, das Eingehen eines Arbeitsvertrages zu unterlassen, durch Art. 2 A b s . 1 G G a u s d r ü c k l i c h B A G v o m 28.6.2000, A P Nr. 3 zu § 13 A Ü G (unter III 1 a). 154 Siehe e t w a Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 405 ff.; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personengesellschaften, S. 159 ff.; Schnorr von Carolsfeld, FS A. H u e c k (1959), S. 261, 272 ff.; Steindorff, FS R. Fischer (1979), S. 747, 767 ff.

276

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

bedarf mahnt zudem vor einer zu pauschalen Heranziehung möglicherweise nicht passender Vorschriften. Ferner können gegenläufige gesellschaftsrechtliche Wertungen besser in die Rechtsfolgenbestimmung integriert werden. 1 5 5 Man muß sich freilich darüber im klaren sein, daß mit der Existenz eines Arbeitsvertrages die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte steht und fällt. Auch wenn der Inhalt des materiellen Rechts an sich nicht davon abhängen sollte, welche Gerichtsbarkeit über eine bestimmte Fallgruppe entscheidet, so ist doch nicht auszuschließen, daß die Arbeitsgerichtsbarkeit dem Gedanken des Sozialschutzes tendenziell offener gegenübersteht, während die ordentliche Gerichtsbarkeit den Gedanken der privatautonomen Gestaltung der Rechtsbeziehungen etwas stärker betont. 1 5 6 Für eine rechtsdogmatische Betrachtung dürfen diese Aspekte indes keine Rolle spielen. Jedenfalls aber gilt es, durch ein möglichst exaktes Herausarbeiten der relevanten materiellen Kriterien den Einfluß eines etwaigen Vorverständnisses so weit es geht zurückzudrängen. Nach alledem ist festzuhalten, daß die Vertragspartnerstellung im Verhältnis von Gesellschafts- und Arbeitsvertrag einen grundsätzlich nicht überwindbaren Graben bildet. 1 5 7 Wenn mehrere Gesellschafter untereinander eine Vereinbarung getroffen haben, die eine Beitragspflicht in F o r m einer Dienstleistung begründet, kann dies für sich allein auch dann nicht zu einem weiteren Vertragsverhältnis zwischen dem betroffenen Gesellschafter und der Gesellschaft führen, wenn die Tätigkeit - die Zulässigkeit einer derartigen Regelung unterstellt - unter Umständen zu erbringen ist, die bei einem Austauschvertrag die Arbeitnehmereigenschaft begründen würden. 1 5 8 Eine andere Sichtweise wäre nur dann angezeigt, wenn es keine rechtliche Handhabe gäbe, unabweisbaren Schutzbedürfnissen eines abhängig tätigen Gesellschafters Rechnung zu tragen. D a jedoch das Instrument der Analogie zur Verfügung steht, ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen ein zusätzlicher Vertrag konstruiert werden muß, um den erforderlichen Schutz gewähren zu können. Umgekehrt gilt natürlich auch, daß es ohne eine Regelung zwischen den Gesellschaftern auch keine kooperationsrechtliche Tätigkeitspflicht geben kann. Im übrigen betreffen die vorstehenden Überlegungen wie abschließend zu Klarstellung hervorgehoben sei - nicht die Konstellation, daß ein Beschäftigter ein zweiseitiges Tätigkeitsverhältnis vereinbart hat, dessen Qualifizierung als Gesellschafts- oder Arbeitsvertrag fraglich ist. In einem solchen Falle entsteht durch eine etwaige Einstufung als Arbeitsvertrag nämlich keine zusätzliche Rechtsbeziehung zwischen zuvor rechtsgeschäftlich nicht verbundenen Parteien. Zu dieser Möglichkeit vgl. auch Steindorff, FS R. Fischer (1979), S. 747, 769. Symptomatisch die unterschiedliche Akzentsetzung von B G H und B A G in der Frage der möglichen Arbeitnehmereigenschaft von Organmitgliedern; siehe dazu im einzelnen unten sub IV 3 a. 157 Insoweit im Erg. ebenso Bauer/Baeck/Schuster, N Z A 2000, 863, 864. 158 Allerdings muß die Einigung auf ein Gesellschaftsverhältnis tatsächlich gewollt sein. Hieran dürfte es im Bauhandwerker-Fall des L A G Hessen vom 20.3.2000, N Z A - R R 2001, 156 ff., gefehlt haben. 155

156

IV. Absolute Unvereinbarkeit

von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung?

2. Anzeichen für eine eigenständige

T7J

Tätigkeitsbeziehung

Das in den vorstehenden Ausführungen angesprochene Instrument der Analogie erübrigt es nicht, unklare Absprachen daraufhin zu untersuchen, o b es sich u m eine gesellschaftsvertragliche

oder eine austauschrechtliche

Dienstleistungs-

pflicht handelt. Vielmehr sollte gerade nachgewiesen werden, daß das Vertragspartnerkriterium nicht einfach übergangen werden darf, sondern in einer R e i h e von Konstellationen eine grundsätzliche Scheidemauer zwischen (möglichem) Arbeits- und Gesellschaftsvertrag und damit zwischen einer grundsätzlich unmittelbaren A n w e n d u n g und einer in jedem Einzelfall zu begründenden entsprechenden Heranziehung arbeitsrechtlicher Vorschriften darstellt. Dies wirft die Frage auf, o b es Hilfsmerkmale gibt, anhand derer bei diffusen Sachverhalten ermittelt werden kann, zwischen welchen Beteiligten eine Vereinbarung zustande g e k o m m e n ist. Allerdings bedarf es dazu keiner weiteren detaillierten U n t e r s u chung. H i e r f ü r kann nämlich auf die Darlegungen zur A b g r e n z u n g von Gesellschafts- und Austauschvertrag verwiesen w e r d e n , 1 5 9 weil es insoweit im G r u n d satz keine Rolle spielt, o b es bei dem austauschrechtlichen Verhältnis um einen freien Dienstvertrag oder um einen Arbeitsvertrag geht. Das gilt insbesondere für die zu den größten E i n o r d n u n g s p r o b l e m e n führenden Konstellationen, in denen die Gesellschaftereigenschaft aller Beteiligten feststeht und sich die Zweifel darauf beziehen, o b sich die Gesellschafter hinsichtlich der von einem Mitglied zu leistenden Arbeit neben ihrem verbandlichen Zusammenschluß auf weitere R e g e lungen geeinigt haben, die als Ausführungsarbeitsvertrag oder als echter Drittarbeitsvertrag qualifiziert werden können. Z u d e m wurden die arbeitsrechtlich orientierten Stellungnahmen bereits in j e n e m Zusammenhang

berücksichtigt.

Man m u ß sich in diesem K o n t e x t freilich davor hüten, allein aus der konstatierten Abhängigkeit eines Mitarbeiters auf einen eigenständigen Dienstvertrag

zu

schließen, u m diesen dann in einem weiteren Schritt als Arbeitsvertrag einstufen zu k ö n n e n . Vielmehr m u ß die E x i s t e n z einer Drittrechtsbeziehung als Basis für einen etwaigen Arbeitsvertrag feststehen.

IV. Absolute Unvereinbarkeit von Gesellschafterund Arbeitnehmerstellung? 1. Vorbemerkungen M i t den folgenden Ausführungen soll das A u g e n m e r k nunmehr auf die Frage gelenkt werden, von welchen materiellen Kriterien die Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung im Spannungsfeld von Arbeits- und Gesellschaftsrecht im einzelnen abhängt. W i e die vorstehenden Darlegungen zur Bedeutung der Vertrags-

159

Siehe dazu oben sub § 5 III.

278

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

partnerstellung ergeben haben, geht es insoweit um zwei Grundformen. 160 Die erste der beiden Konstellationen zeichnet sich dadurch aus, daß ein Gesellschafter - wie entweder von vornherein oder als Ergebnis der Würdigung eines Zweifelsfalls feststeht - seine Mitarbeit auf der Grundlage eines vom Gesellschaftsvertrag getrennten Rechtsverhältnisses ausübt und sich der Streit darauf bezieht, ob diese gesonderte Rechtsbeziehung als selbständiger Dienstvertrag oder als Arbeitsvertrag einzustufen ist. Zu einer solchen Problematik kann es zunächst bei allen Gesellschaftsformen kommen, bei denen die Gesellschaft als solche im Rechtsverkehr auftritt und die demzufolge möglicher Partner eines Drittvertrages ist. Dies sind neben den Körperschaften auch die Personengesellschaften mit Ausnahme der reinen Innengesellschaften (stille Gesellschaft und InnenGbR). 161 Eine vergleichbare Thematik kann sich aber auch bei Innengesellschaften ergeben. Zwar kommt das tätigkeitsbezogene Austauschgeschäft in diesen Fällen nicht mit der Gesellschaft als solcher, sondern mit dem Unternehmensinhaber zustande. Man kann in solchen Gestaltungen indes gleichermaßen danach fragen, ob eine aus dem Gesellschaftsverhältnis resultierende Entscheidungsmacht die Einordnung des gesonderten Beschäftigungsverhältnisses des still Beteiligten als Arbeitsvertrag zwingend verhindert. In der zweiten Konstellation sind lediglich zwei Personen rechtsgeschäftlich verbunden, wobei zweifelhaft ist, ob der Mitarbeiter überhaupt Gesellschafter oder statt dessen lediglich Arbeitnehmer ist. Da bei einer solchen bilateralen Beziehung nicht schon anhand der Vertragspartnerstellung zwischen Gesellschaftsvertrag auf der einen und Austauschvertrag als Basis für die Qualifikation als Arbeitsverhältnis auf der anderen Seite abgegrenzt werden kann, bedarf es hierfür weiterer inhaltlicher Merkmale. Auch wenn sich die beiden genannten Sachverhaltsarten von ihrer Struktur her unterscheiden, sollen sie anschließend doch gemeinsam behandelt werden. Es würde nicht einleuchten, wenn die Kriterien bei Fällen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag bereits im Grundsatz danach variieren würden, ob das Vorhandensein eines Arbeitsvertrages vom selbständigen Dienstvertrag eines Gesellschafters oder unmittelbar von einem Gesellschaftsvertrag abgegrenzt werden muß. Zwar wird im Schrifttum zuweilen der Eindruck erweckt, als würden die Argumentationslinien in beiden Konstellationen nicht unerheblich voneinander abweichen. So heißt es etwa bei Martens, daß sich das Problem des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges nur dann stelle, wenn das Beschäftigungsverhältnis alle Merkmale eines Arbeitsverhältnisses erfülle. 162 Im weiteren Verlauf seiner Uberlegungen wendet sich Martens dann der Frage zu, ob und unter welchen Voraussetzungen gesellschaftsrechtlich vermittelte Einflußmöglichkeiten der Annahme eines Arbeitsverhältnisses entgegenstünden. 163 Diesen Gedankengang könnte Siehe dazu auch bereits oben sub § 5 I. Siehe dazu oben sub § 3 IV 1 a. 162 R d A 1 9 8 9 , 3 4 7 , 3 4 8 . 163 R d A 1989, 347, 350 f., in A n l e h n u n g an Ü b e r l e g u n g e n von Zöllner, FS Fechner (1973), S. 155, 156 ff., 161 ff., zu den verschiedenen D i m e n s i o n e n der A r b e i t n e h m e r m i t b e s t i m m u n g . 160 161

IV. Absolute Unvereinbarkeit

von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung?

279

man dahin verstehen, daß bei der Qualifikation eines Zweifelsfalles in einem ersten Schritt festgestellt werden muß, o b „an s i c h " ein Arbeitsvertrag vorliegt, bevor in einem zweiten Schritt zu prüfen ist, o b eine aus der Beteiligung an der G e sellschaft resultierende Entscheidungsmacht ein anderes Ergebnis rechtfertigt oder gar erzwingt. D a b e i erscheint ein solches Vorgehen überhaupt nur dann sinnvoll praktizierbar, wenn ein Gesellschafter seine Tätigkeit auf der Grundlage eines eigenständigen Austauschvertrages erbringt, dieser Vertrag also mitsamt der unmittelbaren Tätigkeitsumstände gewissermaßen isoliert betrachtet wird. Sofern es nämlich zweifelhaft ist, o b ein Beschäftigter überhaupt A r b e i t n e h m e r oder Gesellschafter ist, kann man seinen Mitarbeitervertrag schwerlich „an s i c h " als Arbeitsvertrag einordnen, um erst in einem weiteren gedanklichen Schritt die entscheidend gegen die Arbeitnehmereigenschaft sprechenden mittelbaren E i n flußnahmemöglichkeiten zu berücksichtigen. Tatsächlich erscheint es überzeugender, in beiden G r u n d f o r m e n von vornherein sämtliche für und gegen die E x i stenz eines Arbeitsvertrages vorzubringenden Aspekte ins Auge zu fassen und sich dabei vorab auf die Elemente zu konzentrieren, die eine eindeutige Zuordnung rechtfertigen. Diese Kritik ändert freilich nichts daran, daß Martens

wie kaum ein

anderer A u t o r mit großer Klarheit den Unterschied zwischen der Bestimmungsmacht hinsichtlich des unmittelbaren Arbeitsvollzuges und der Entscheidungskompetenz über die grundlegenden unternehmerischen Planungs- und Organisationsfragen als Anknüpfungspunkte für die Lösung des Qualifikationsproblems herausgestellt hat. 1 6 4 Auf diesen Aspekt wird zurückzukommen sein. Bei den im folgenden zu erörternden Kriterien soll angesichts bestimmter Tendenzen in Rechtsprechung und Literatur zunächst danach gefragt werden, ob es gleichsam „absolute" U m s t ä n d e gibt, die einem möglichen Arbeitnehmerstatus von vornherein zwingend entgegenstehen. G e m e i n t sind damit Merkmale, deren Aussagekraft jede weitere Analyse der v o m Beschäftigen zu leistenden Tätigkeit erübrigen würde, w o d u r c h sich die A b g r e n z u n g s p r o b l e m a t i k erheblich erleichterte. D i e für eine „ p e r - s e - R e g e l " in Betracht k o m m e n d e n Aspekte lassen sich in zwei G r u p p e n teilen: Z u m einen geht es um die Frage, o b die unterschiedlichen gesellschaftsrechtlichen R e c h t s f o r m e n Strukturen aufweisen, die ungeachtet der k o n k r e t e n A u s f o r m u n g des Innenverhältnisses notwendigerweise zu einer U n vereinbarkeit von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung führen. D e r - abstufbare - innergesellschaftliche Einfluß, der sich erst aus einem bestimmten U m fang der Kapitalbeteiligung bzw. als Folge des vor allem im Personengesellschaftsrecht bestehenden erheblichen Freiraums zur Gestaltung der internen Rechtsbeziehungen ergibt, soll somit an dieser Stelle noch außer Betracht bleiben. 1 6 5 Z u m anderen ist rechtsformübergreifend zu untersuchen, o b einzelne Kriterien wie vor allem die organschaftliche Vertretungs- bzw. Geschäftsführungsbefugnis, die mit der Position als Gesellschafter nicht zwingend, aber doch 164

165

R d A 1989, 347, 350. Siehe hierzu u n t e n sub V 1.

280

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

in einer typisierbaren und insbesondere leicht ermittelbaren Weise verbunden sind, das Vorhandensein eines Arbeitsvertrages ausschließen.

2. Rechtsformbezogene

Aspekte

D e n Ausgangspunkt der folgenden Darlegungen bildet der bereits angesprochene U m s t a n d , daß in sämtlichen als Außengesellschaften strukturierten Vereinigungen ein Mitglied einen freien Dienstvertrag mit der eigenen Gesellschaft vereinbaren k a n n . 1 6 6 Ferner kann ein stiller Teilhaber zwar nicht mit der stillen Gesellschaft als solcher, 1 6 7 wohl aber mit dem Inhaber des U n t e r n e h m e n s 1 6 8 einen derartigen Vertrag schließen. Dies leitet zu der Folgefrage über, o b es sich bei der gesonderten schuldrechtlichen Tätigkeitsbeziehung in allen berührten R e c h t s f o r men auch u m ein Arbeitsverhältnis handeln kann oder o b insoweit strukturelle G r e n z e n existieren. 1 6 9 a)

Körperschaften

Bei echten Körperschaften ist es soweit ersichtlich nie zweifelhaft gewesen, daß die Mitgliedschaft als solche der Qualifikation eines Dienstverhältnisses als Arbeitsvertrag nicht entgegensteht. 1 7 0 Dies betrifft zunächst die A G , bei der die Aktionärsstellung für sich g e n o m m e n die gleichzeitige Arbeitnehmereigenschaft unstreitig nicht hindert. 1 7 1 D a ß auch der Gesetzgeber diese Einschätzung teilt, zeigen die - durch das K o n T r a G n o c h erweiterten - Regelungen über die E i n f ü h rung von Belegschaftsaktien 1 7 2 sowie die entsprechenden B e s t i m m u n g e n zur F ö r d e r u n g der Vermögensbildung in A r b e i t n e h m e r h a n d 1 7 3 . D e r mit der reguläSiehe dazu oben § 3 IV 1 a. Unzutreffend daher Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 36 Rn. 25, S. 260. 1 6 8 Hierbei kann es sich seinerseits um eine Körperschaft (z. B. B G H vom 14.11.1994, NJW 1995, 1353 ff.: GmbH) oder eine (Außen-)Personengesellschaft (z. B. R G vom 20.12.1929, RGZ 126, 386 ff.: O H G ) handeln. Im letztgenannten Fall ist von der Existenz eines einzigen stillen Gesellschaftsverhältnisses und nicht von einer Mehrheit solcher Rechtsverhältnisse zu den einzelnen Mitgliedern der Personengesellschaft auszugehen; vgl. Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 190; Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 26 m.w.N. zum Streitstand. 1 6 9 Demgegenüber lehnt Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 401, eine Unterscheidung nach Rechtsformen von vornherein ab, weil er meint, daß dies zu einer „allzu verästelten Einzelfalldifferenzierung" führe. 1 7 0 So schon Molitor, in: Molitor/Hueck/Riezler, Arbeitsvertrag, S. 66, zum Entwurf eines Allgemeinen Arbeitsvertragsgesetzes von 1923 (abgedruckt in: RArbBl. 1923, Amtl. Teil, S. 498 ff.). 171 Vgl. nur Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 4; Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 5 ff.; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 9 III 3, S. 48; Molitor, D B 1957, 164, 165; Reuter, ZfA 1979, 537, 548; ders., N J W 1984, 1849, 1852; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 138; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 V 2 b, S. 650. 172 §§ 71 Abs. 1 Nr. 2, 192 Abs. 2 Nr. 3, 202 Abs. 4, 204 Abs. 3 S. 1 AktG. Zum tatsächlichen Verbreitungsgrad von Belegschaftsaktien siehe die Angaben bei iwd Nr. 47/2000, S. 4; v. Rosen/ Leven, in: Harrer (Hrsg.), Mitarbeiterbeteiligungen, Rn. 38. Ein Beispiel aus neuerer Zeit ist das Unternehmen „adidas"; vgl. B G H vom 15.5.2000, N J W 2000, 2356 ff. 173 §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a 5. VermBG, 19a Abs. 3 Nr. 1 EStG. 166 167

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

281

ren Aktionärsposition durch das Stimmrecht (§ 134 AktG) vermittelte minimale Einfluß auf Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Hauptversammlung fallen, schließt einen daneben bestehenden Arbeitsvertrag nicht aus. Damit ist freilich noch keine Aussage zu den Auswirkungen getroffen, die sich ergeben, wenn sich sämtliche Anteile unmittelbar oder mittelbar in den Händen der Belegschaft befinden oder gar ein einzelner Mitarbeiter eine wesentliche Beteiligung innehat, was angesichts der zunehmenden Nutzung der Aktiengesellschaft als Rechtsform für kleinere Unternehmen zumindest nicht undenkbar ist. 174 Gleiches gilt für die GmbH. Auch bei dieser Rechtsform ist man sich in der zivilrechtlichen Rechtsprechung 175 und Literatur 176 über die grundsätzliche Kompatibilität von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung einig. 177 Die einem GmbH-Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung zustehende Entscheidungsmacht (§ 47 GmbHG) hat somit nicht per se zur Folge, einem mit der GmbH geschlossenen Dienstvertrag die Qualität eines Arbeitsverhältnisses abzusprechen. Auf die Frage eines Stimmrechtsausschlusses hinsichtlich eines derartigen Tätigkeitsvertrages kommt es dabei nicht an. In eine ähnliche Richtung weisen die Ausführungen von Loritz, wenn es bei ihm heißt, daß Stimmrechte unterhalb der Mehrheitsherrschaft für sich allein keine Statusveränderungen bewirken würden. 178 Allerdings ist an anderer Stelle davon die Rede, daß eine Mindesteinflußnahme auf unternehmerische Entscheidungen bei jedem Gesellschafter einer GmbH sichergestellt sei. 179 Darüber hinaus werden die Mitsprache- und Informationsrechte „eines Gesellschafters" ohne jede weitere Abstufung bei Vorliegen weiterer - auf einer anderen Ebene liegender - Kriterien ganz allgemein als hinreichende Bedingung für den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft angesehen. 180 Sofern Loritz mit diesen Darlegungen zum Ausdruck bringen will, daß bereits eine Zwergbeteiligung in jedem Fall ein genügend hohes Maß an gesellschaftsinternem Einfluß mit sich bringt, um einen Arbeitsvertrag zu verhindern, ist einer solchen Wertung zu widersprechen. Die Stellung als Gesellschafter einer GmbH verbürgt für sich genommen nicht das Recht, in einer mit dem ArbeitnehSiehe dazu unten sub V 1 b aa (2). Vgl. L A G Hamm vom 10.10.1984, B B 1986, 391, 392; B A G vom 9.1.1990, AP Nr. 6 zu § 3 5 G m b H G ; B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau; B A G vom 28.4.1994, AP Nr. 117 zu § 626 B G B ; B A G vom 11.3.1998, AP Nr. 144 zu § 626 B G B ; B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit; B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 a). 1 7 6 Siehe nur Böckle, GesRZ 1983, 138, 142; Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 264; V. Gerkan, EWiR § 3 2 a G m b H G 4/98, 1135 f.; Goette, DStR 1998, 1646; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 257; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 499; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 138. 1 7 7 Ebenso für das französische Recht etwa Cass. soc. vom 19.10.1978, Bull. civ. 1978, V, Nr. 695. 1 7 8 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 382; siehe auch S. 376. 1 7 9 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 349. 1 8 0 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404; zust. E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., §611 Rn. 24; M ü n c h K o m m B G B / M ü l l e r - G l ö g e , 3. Aufl., § 611 Rn. 28. 174

175

282

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

merstatus nicht zu vereinbarenden Weise auf etwaige Weisungen der Geschäftsleitung oder auf die sonstigen Rahmenbedingungen der eigenen Tätigkeit effektiv einzuwirken. Gleiches gilt für das jedem Gesellschafter unabdingbar gemäß § 51a G m b H zustehende Informationsrecht über die Angelegenheiten der Gesellschaft. Diese Sichtweise k o m m t in zahlreichen sozialgerichtlichen Entscheidungen ebenfalls z u m A u s d r u c k . 1 8 1 Bestätigt wird das wiederum durch die v e r m ö gensbildungsrechtliche F ö r d e r u n g des E r w e r b s von Stammeinlagen am Arbeitgeberunternehmen in der R e c h t s f o r m einer G m b H . 1 8 2 D i e in der Praxis zwar nicht eben häufige, 1 8 3 aber durchaus anzutreffende Mitarbeiterbeteiligung durch G e schäftsanteile an einer G m b H 1 8 4 führt daher nicht dazu, daß die Beschäftigten von vornherein nicht mehr als A r b e i t n e h m e r angesehen werden können. I m übrigen findet sich gerade bei der G m b H eine umfängliche Diskussion zu der Frage, bei welcher k o n k r e t e n Ausgestaltung der Gesellschafterstellung der schuldrechtliche Anstellungsvertrag des Geschäftsführers keinesfalls mehr als Arbeitsverhältnis eingestuft werden k a n n . 1 8 5 Bei der ( P r o d u k t i v - ) G e n o s s e n s c h a f t sind Arbeitsverhältnisse der einzelnen G e n o s s e n mit der Genossenschaft ebenso ohne weiteres möglich. Dies folgt zwar n o c h nicht aus § 1 A b s . 1 N r . 4 G e n G , weil diese Vorschrift die Rechtsgrundlage der Mitarbeit offenläßt. 1 8 6 D i e prinzipielle Vereinbarkeit der Stellungen als G e nosse und als A r b e i t n e h m e r ist indes anerkannt 1 8 7 und wird zudem erneut durch die gesetzliche F ö r d e r u n g des E r w e r b s von Geschäftsanteilen an einer G e n o s s e n schaft durch deren A r b e i t n e h m e r gestützt 1 8 8 . Schließlich wird auch beim Verein die grundsätzliche Statthaftigkeit eines Arbeitsvertrages zwischen dem Verein und dem einzelnen Mitglied einhellig b e j a h t . 1 8 9

181 Vgl. BSG vom 13.12.1960, B S G E 13, 196, 197 ff.; BSG vom 30.3.1962, BSGE 17, 15, 19 ff.; BSG vom 31.7.1974, BSGE 38, 53, 57 f.; BSG vom 9.11.1989, B S G E 66, 69, 71; BSG vom 18.4.1991, SozR 3-4100 § 168 Nr. 5; BSG vom 6.2.1992, B S G E 70, 81, 83; BSG vom 8.12.1994, SozR 3-4100 Nr. 18; BSG vom 14.12.1995, BSGE 77, 169, 170 f.; BSG vom 5.2.1998, SozR 3 4100 § 168 Nr. 22; BSG vom 17.5.2001, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17. 182 §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. h 5. VermBG, 19a Abs. 3 Nr. 8 EStG. 183 Vgl. H.J. Schneider/Zander, Erfolgs- und Kapitalbeteiligung, 2. Aufl., S. 145. Eine von der AGP erstellte Statistik weist für 1999 eine Zahl von 150 Unternehmen aus, die eine Mitarbeiterbeteiligung durch GmbH-Anteile praktizieren; abgedruckt in: iwd Nr. 47/2000, S. 4. 184 Siehe die Fallstudien Nr. 4 ( E G L GmbH), Nr. 7 (ER + P GmbH) und Nr. 12 (Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH), Forschungsbericht, Anhang, Teil 3, S. 18 ff., 30 ff., 56 f.; vgl. ferner Esser/Faltlhauser, Beteiligungsmodelle, S. 179 ff.; Guski/Schneider, Vermögensbeteiligung, S. 28, 106 ff.; Horn, Z G R 1974, 133, 145; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 75. 185 Vgl. nur Groß, Anstellungsverhältnis, S. 261 ff. Näher dazu unten sub 2 b aa (1) (a). 186 Zutreffend Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 4 Fn. 9. 187 B A G vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI; Beuthien/Becker, ZIP 1992, 83, 85; Hillmann, DB 1995, 1215, 1220 f.; Pöhlmann, in: Hettrich/Pöhlmann/Gräser/ Röhrich, GenG, 2. Aufl., § 6 5 Rn. 10a; im Erg. auch B G H vom 21.1.1993, LM § 6 5 LwAnpG Nr. 8. Ebenso für das US-amerikanische Recht Goldberg v. Whitaker House Coop., 366 U.S. 28, 32 (1961). 188 §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. g 5. VermBG, 19a Abs. 3 Nr. 7 EStG. 189 B A G vom 18.2.1956, AP Nr. 1 zu § 5 ArbGG 1953; B A G vom 3.6.1975, AP Nr. 1 zu § 5

IV. Absolute

b)

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

283

Personengesellschaften

Im Personengesellschaftsrecht liegen die Dinge insgesamt etwas komplizierter. Infolge der nicht unerheblichen Unterschiede in den gesellschaftsrechtlichen Ausgangsbedingungen empfiehlt sich eine noch stärker auf die Besonderheiten bei den einzelnen Rechtsformen eingehende Darstellung. aa) Stille

Gesellschafter

Betrachtet man als erstes die stille Gesellschaft, so ist zunächst festzuhalten, daß (ebenso wie bei der Innen-GbR) ein tätigkeitsbezogener Vertrag nicht mit der stillen Gesellschaft als solcher, sondern nur mit dem Inhaber des Unternehmens möglich ist. Im übrigen wird ein Nebeneinander von stillem Gesellschaftsverhältnis und Arbeitsvertrag eines stillen Teilhabers zwar unisono für möglich gehalten, 1 9 0 wobei diese Sichtweise wiederum durch die gesetzlichen Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung bestätigt wird 1 9 1 . Entgegen dem ersten Anschein ist dies aber als Folge des Zusammentreffens zweier Aspekte nicht völlig unproblematisch. Erstens gehen die gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung und Literatur nämlich davon aus, daß der gesetzestypische stille Gesellschafter bei bestimmten grundlegenden Entscheidungen einschließlich der Auflösung des Unternehmens beim Fehlen abweichender Vereinbarungen ein Mitentscheidungsrecht hat, wobei dieses Mitverwaltungsrecht im allgemeinen als Zustimmungserfordernis des stillen Teilhabers umschrieben wird. 1 9 2 Der Unternehmensinhaber kann danach zwar im Außenverhältnis uneingeschränkt handeln, ist aber im Innenverhältnis bei Grundlagengeschäften an BetrVG 1972 Rotes Kreuz; LAG Stuttgart vom 17.11.1977, ArbuR 1978, 125 f.; BAG vom 20.2.1986, AP Nr.2 zu § 5 BetrVG 1972 Rotes Kreuz; BAG vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 ArbGG 1979; Beuthien, FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1, 4; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 14 V 4, S. 121; Reichert, Handbuch, 7. Aufl., Rn. 523; siehe auch BSG vom 31.1.1961, BSGE 14, 1, 3; BSG vom 31.7.1962, BSGE 17, 211, 215. 190 Siehe etwa RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 16; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 69 ff.; Böckle, GesRZ 1983, 138, 142; Brockhoff, BB 1972, 1092; Dobroschke, DB 1976, 1045; Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 8 ff.; Thüsing/Holzheimer, 5. VermBG, § 1 Rn. 33; Horn, ZGR 1974, 133, 149; Iber, RdA 1973, 303, 304 ff.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 75; Reuter, NJW 1984, 1849, 1850 f.; ders., BB 1990, 713, 714; Roos, Beteiligung der Arbeitnehmer, S. 46 ff.; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 36 Rn. 25, S. 260; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 11 V 2 b, S. 649 f. 191 §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. i 5. VermBG, 19a Abs. 3 Nr. 9 EStG. 192 Vgl. BGH vom 25.9.1963, WM 1963, 1209, 1210; BGH vom 29.6.1987, NJW 1988, 413, 414; OLG Saarbrücken vom 1.9.1998, ZIP 1999, 2150, 2151; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 594; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 59; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 230 Rn. 13; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., §230 Rn. 35; Jung, ZIP 1996, 1734, 1747; Koller, in: Koller/ Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., §230 Rn. 20; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 78 f.; Schlegelberger/Ä". Schmidt, HGB, 5. Aufl., §230 n.F. Rn. 125, §234 n.F. Rn. 45; Vollmer, ZGR 1983, 445, 450; Zutt, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., §230 Rn. 86; siehe ferner RG vom 20.12.1929, RGZ 126, 386, 391: Willkürliche Entfremdung des Geschäftsvermögens durch Inhaber unzulässig. Der stille Gesellschafter unterscheidet sich somit signifikant vom gewinnbeteiligten Arbeitnehmer, dem ein Einfluß auf das Geschäftsgebaren des Arbeitgebers versagt wird; vgl. BAG vom 13.4.1978, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Tantieme (unter 2).

284

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

die Mitwirkung des Stillen gebunden. 193 Als Rechtsfolge einer Verletzung der Beteiligungspflicht durch den Geschäftsinhaber werden ein Schadensersatzanspruch 194 sowie ein außerordentliches Kündigungsrecht des stillen Gesellschafters 195 genannt. Im Schrifttum wird dem stillen Teilhaber aber vielfach auch ein Erfüllungsanspruch auf vertragsgemäße Führung des Unternehmens anerkannt. 196 Schon der gesetzestypische stille Gesellschafter kann damit zwar nicht unmittelbar auf die Geschäftsführung einwirken, hat jedoch eine nicht unerhebliche Rechtsmacht bei grundlegenden Veränderungen inne. Angesichts dieses Meinungsstandes, der sich aus dem Charakter der stillen Beteiligung als einer (Zwei-) Personengesellschaft erklärt, erstaunt es, wenn Reuter im Zusammenhang mit den für die Mitarbeiterbeteiligung zur Verfügung stehenden rechtlichen Formen ausführt, daß der Einfluß des GmbH-Gesellschafters auf die Unternehmensangelegenheiten „keinesfalls" kleiner als der des stillen Gesellschafters sei. 197 O b gleich der GmbH-Gesellschafter in vielen Fragen zweifellos weitergehende Mitwirkungsbefugnisse als der stille Teilhaber hat, muß er sich auch bei grundlegenden Entscheidungen doch regelmäßig dem Votum einer (qualifizierten) Mehrheit beugen 198 . Der zweite Gesichtspunkt besteht in der Überlegung von Martens, nach der schon ein sperrminoritärer Einfluß auf wesentliche Entscheidungen einem Gesellschafter ein derartiges Maß an Selbstbestimmung verleiht, daß der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang zurückzutreten habe. 199 Zwischen der zusammenfassenden Schau der beiden soeben genannten Gedanken und dem eingangs erwähnten Konsens über die mögliche Arbeitnehmereigenschaft eines stillen Teilhabers klafft freilich kein unmittelbarer Widerspruch, weil Martens nur die Bedingungen konkretisieren will, unter denen eine auf gesellschaftsvertraglicher Basis vereinbarte Tätigkeit nicht dem arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang unterfällt. O b die einem stillen Gesellschafter typischerweise zukommende Entscheidungsmacht es per se verhindert, einem parallel dazu auf schuldrechtlicher Grundlage vereinbarten Dienstverhältnis die Qualität eines Ar1 9 3 Düringer/Hachenburg/F/ecktóm, H G B , 3. Aufl., § 335 Anm. 1 6 ; J u n g , ZIP 1996, 1734, 1737; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 230 Rn. 20. 194 B G H vom 29.6.1987, N J W 1988, 413,414; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 600; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, H G B , 3. Aufl., § 3 3 5 Anm. 16; Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 2 3 0 Rn. 13; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 2 3 0 R n . 2 2 ; Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 126. Siehe auch B G H vom 14.11.1994, N J W 1995, 1353, 1354 f.: Rückgewähranspruch bei überhöhten Geschäftsführerbezügen. 1 9 5 Düringer/Hachenburg/Flechtheim, H G B , 3. Aufl., § 3 3 5 Anm. 16; Schlegelberger//C. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 126; in diesem Sinne auch R G vom 8.3.1918, R G Z 92, 292, 294. 196 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 599; Düringer /Hachenburg/Flechtheim, H G B , 3. Aufl., § 335 Anm. 21; Schlegelberger/Ä. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 126; siehe ferner B G H vom 29.6.1987, N J W 1988, 413, 414: Anspruch des Stillen auf unveränderte Fortführung des Unternehmens. 1 9 7 B B 1990,713,714. 1 9 8 Vgl. §§ 53 Abs. 2, 60 Abs. 1 Nr. 2 G m b H G ; zum Quorum bei Strukturentscheidungen in der G m b H siehe Lutter/Lemekugel, ZIP 1998,225,230. 1 9 9 RdA 1989,347,350.

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

285

beitsvertrages zuzubilligen, wird von Martens nicht erörtert. Dennoch zeigt der Ansatz von Martens, daß es nicht überzeugen kann, bei der Bejahung des Arbeitnehmerstatus eines Beschäftigten die Befugnisse des gesetzestypischen stillen Gesellschafters nicht einmal andeutungsweise zu thematisieren. 200 Gleichwohl bedarf die damit aufgeworfene Frage des Einflusses der Mitspracherechte des Stillen auf die Qualifikation eines gesonderten Dienstvertrages an dieser Stelle noch keiner abschließenden Antwort, weil es hier nur um die grundsätzliche Vereinbarkeit von Arbeitnehmer- und Gesellschaftereigenschaft bei den verschiedenen kooperationsrechtlichen Formen geht. 201 Insoweit muß nun aber berücksichtigt werden, daß die dem stillen Teilhaber an sich zukommende Entscheidungsmacht bei der in der Praxis verbreiteten Nutzung der stillen Gesellschaft als rechtlicher Rahmen für eine Mitarbeiterbeteiligung 202 häufig ausgeschlossen wird. 203 Eine derartige Verminderung der Befugnisse des Stillen wird als zulässig angesehen, ohne daß aus diesem Grunde bereits der Tatbestand der stillen Gesellschaft als solcher entfallen müßte. 204 Da es somit stille Teilhaber geben kann, denen der angesprochene Einfluß in Grundsatzfragen des Unternehmens nicht zukommt, besteht keine prinzipielle Inkompatibilität zwischen der Stellung als stiller Gesellschafter und als Arbeitnehmer.

2 0 0 So etwa Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 75 f., der - offenbar unter dem Eindruck der steuerrechtlichen Abgrenzung zur Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG stehend - nur das beim typischen stillen Gesellschafter nicht gegebene Mitwirkungsrecht bei der Geschäftsführung anspricht. Demgegenüber erwähnt Reuter, N J W 1984, 1849, 1850, bei der Darlegung der Instrumente für eine Mitarbeiterbeteiligung zwar das Mitentscheidungsrecht des stillen Gesellschafters bei grundlegenden Unternehmensänderungen, würdigt die Frage der Folgen für die Arbeitnehmerposition aber gleichwohl mit keinem Wort. Insoweit nicht weiterführend auch Roos, Beteiligung der Arbeitnehmer, S. 105 ff., der trotz seiner ausschließlichen Konzentration auf das Thema der Arbeitnehmerbeteiligung in Form der stillen Gesellschaft die Verwaltungsrechte des typischen stillen Teilhabers schlicht übergeht und sich statt dessen nur mit einer vertraglichen Erweiterung der Mitwirkungsbefugnisse der Stillen befaßt, ohne hierbei allerdings das Problem, von welcher Schwelle an der Arbeitnehmerstatus fragwürdig wird, auch nur zu streifen. 2 0 1 Siehe dazu noch unten sub V 1 b aa (3) (c). 2 0 2 Siehe die Fallstudien Nr. 3 (Boitze Ideen KG), Nr. 6 (Elektrohaus Günther GmbH & Co. KG), Nr. 11 (Globus Handelshof Gruppe), Nr. 13 (Hamburger Schaltanlagenbau R. Lindener GmbH), Nr. 16 (Imtronic GmbH), Nr. 17 ( I N V E R Ingenieurbüro für Verkehrsanlagen GmbH), Nr. 18 (Keiper Recaro GmbH & Co.), Nr. 22 ( R I E C O Druck- und Papierverarbeitungs-GmbH & Co. K G ) und Nr. 25 (Schwalenstöcker & Gantz GmbH), Forschungsbericht, Anhang, Teil 3, S. 13 ff., 25 ff., 50 ff., 58 ff.; 71 ff., 76 ff.; 81 ff.; 103 ff., 117 ff.; ferner Guski/Schneider, Vermögensbeteiligung, S. 28, 111 ff. 2 0 3 Vgl. Horn, Z G R 1974, 133, 157. Siehe auch den Mustervertrag bei von der Heydt, in: MünchVertrHb, Bd. 1, 5. Aufl., VIII 3, § 3, S. 1120 mit Erläuterung S. 1125. 204 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 597; Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 230 Rn. 86 Fn. 111; ebenso B F H vom 16.8.1978, BStBl. II 1979, 51, 52; anders noch B F H vom 10.3.1971, BStBl. II 1971, 589, 590; B F H vom 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187, 189; B F H vom 27.2.1975, BStBl. 11 1975,611,614.

286 bb)

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Kommanditisten

Bei der Kommandititgesellschaft ging die Judikatur des RG anfänglich dahin, die Möglichkeit eines Arbeitsverhältnisses zwischen der KG und dem Kommanditisten anzuzweifeln. 205 Die spätere Rechtsprechung ist auf diesen Gedanken indes nicht mehr zurückgekommen. 2 0 6 Im Schrifttum wurde früher ebenfalls vereinzelt unter Berufung auf die Stellung des Kommanditisten als - wenn auch beschränkt haftender - Mitunternehmer die Zulässigkeit eines Arbeitsvertrages verneint. 207 Demgegenüber bejaht man schon seit langem einhellig die prinzipielle Statthaftigkeit eines Nebeneinanders beider Positionen. 208 Die ausführlichste Begründung dieser zumeist nur schlicht konstatierten Sichtweise findet sich nach wie vor bei G. Hueck. Danach ist der entscheidende Grund für die Vereinbarkeit von Kommanditisten- und Arbeitnehmereigenschaft darin zu sehen, daß sich der Kommanditist im Rahmen einer vom Gesellschaftsverhältnis unabhängigen Rechtsbeziehung unter die von den Geschäftsführern ausgeübte Weisungsbefugnis der KG begeben könne. 209 Dieser Gedankengang ist allerdings nicht völlig problemfrei. Indem sich G. Hueck und mit ihm offenbar die gesamte Literatur auf die Weisungsabhängigkeit fixieren, wird die sonstige Stellung des Kommanditisten ausgeblendet. Immerhin hat der B G H den Kommanditisten in einer älteren Entscheidung ganz generell unter Ablehnung des Angestelltenstatus als Mitinhaber des Gesellschaftsunternehmens bezeichnet 210 und in einem späteren Urteil davon gesprochen, daß alle 205 R G v o m 28.4.1925, R G Z 110,418, 420; andere T e n d e n z aber in R G v o m 27.11.1909, Recht 1910, N r . 295: K o m m a n d i t i s t n u r in concreto kein H a n d l u n g s g e h i l f e . 206 Vgl. L A G B a d e n - W ü r t t e m b e r g v o m 21.4.1960, D B 1960, 1159; B A G v o m 11.5.1978, A P N r . 2 zu § 161 H G B ; B G H v o m 28.4.1980, B G H Z 77, 94, 104; B G H v o m 9.6.1980, A P N r . 4 zu § 17 B e t r A V G (unter II 1); B G H v o m 4.5.1981, A P N r . 9 zu § 1 B e t r A V G Wartezeit (unter 1). F ü r die grundsätzliche Möglichkeit einer D o p p e l s t e l l u n g o f f e n b a r auch B A G v o m 8.1.1970, A P N r . 14 zu § 528 Z P O (Arbeitnehmereigenschaft n u r in concreto verneint); in diesem Sinne ferner BSG v o m 27.7.1972, A P N r . 4 zu § 539 R V O . 207 R J A 1951, 212, 214; ebenso Dersch/Volkmar, A r b G G , 6. Aufl., § 5 Rn. 102; in diesem Sinne w o h l auch Titze, in: E h r e n b e r g , H a n d e l s r e c h t , Bd. 2, § 103, 3, S. 556, als Folge seiner E i n o r d n u n g des K o m m a n d i t i s t e n als „abstrakter Prinzipal". 208 Siehe etwa Bauer/Baeck/Schuster, N Z A 2000, 863, 867; Böckle, G e s R Z 1983, 138, 142; Dahns, R d A 1951, 368, 369; Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 265; D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / F l e c h t h e i m , H G B , § 164 A n m . 6; Fohrmann, A r b e i t n e h m e r als Gesellschafter, S. 6 ff.; Herrmann, R d A 1989, 313, 319; T h ü s i n g / H o l z h e i m e r , 5. V e r m B G , § 1 Rn. 33; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 1 6 4 Rn. 7; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 1 6 4 Rn. 12; G. Hueck, D B 1962, 1363, 1364 ff.; Koller, in: K o l l e r / R o t h / M o r c k , H G B , 3. Aufl., § 164 R n . 3; Föritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 70; S c h l e g e l b e r g e r / M a r t e n s , H G B , 5. Aufl., § 1 6 4 R n . 4 2 ; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 139 ff.; M ü n c h K o m m B G B / M ü l l e r - C l ö g e , 3. Aufl., § 6 1 1 Rn. 28; Neumann-Duesberg, A n m . zu B A G , A P N r . 4 zu § 5 3 9 R V O (unter II 1); M ü n c h A r b R / R i c h a r d i , 2. Aufl., § 2 4 Rn. 110; Schaub, ArbeitsrechtsH a n d b u c h , 9. Aufl., § 3 6 Rn. 25, S. 260; Tillmann, D B 1970, 2157, 2161; Wagner, M a s s e n k o m manditgesellschaft, S. 172 ff.; Wiedemann/Moll, R d A 1977, 13, 21 f. 209 G. Hueck, D B 1962, 1363, 1365; ausdrücklich zust. Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 139 f. 210 B G H v o m 27.6.1955, B G H Z 17, 392, 394.

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

287

Gesellschafter einschließlich der Kommanditisten „Herren des Unternehmens" seien 211 . Darüber hinaus stuft die steuerrechtliche Judikatur den Kommanditisten zwar nicht per se als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ein. Der BFH läßt es hierfür aber in ständiger Rechtsprechung genügen, daß dieser lediglich über die ihm nach dem HGB regelmäßig zukommenden Rechte verfügt. 2 1 2 Insbesondere ist das für eine Mitunternehmerschaft erforderliche Element der Unternehmerinitiative danach nicht erst dann erfüllt, wenn dem Kommanditisten im Innenverhältnis entgegen § 164 H G B die Geschäftsführung zugewiesen ist. Vielmehr sollen insoweit grundsätzlich die Mitentscheidungsbefugnisse in der Gesellschafterversammlung sowie die Kontrollrechte gemäß § 166 H G B ausreichen. 2 1 3 Ferner liegt das Merkmal des Unternehmerrisikos als zweites Kriterium der Mitunternehmerstellung nach Ansicht des B F H schon dann vor, wenn der Kommanditist entsprechend dem gesetzlichen Regelfall 2 1 4 an den Verlusten der Gesellschaft nur bis zur Höhe seiner Einlage teilnimmt sowie an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswerts beim Ausscheiden bzw. bei der Liquidation partizipiert. 2 1 5 Diese Grundsätze gelten - was für den vorliegenden Zusammenhang von besonderer Bedeutung ist - auch für Zwerganteile 2 1 6 und für mitarbeitende Kommanditisten 2 1 7 . Zwar wird diese Interpretation der Mitunternehmerstellung im Hinblick auf „Arbeitnehmer-Kommanditisten" in der Literatur teilweise angezweifelt. 2 1 8 Dennoch haben sich abweichende Auffassungen bislang nicht durchsetzen können. Es ist vor allem auf die ungünstige steuerliche Situation zurückzuführen, daß die breitflächige MitarbeiterbeteiliBGH vom 9.12.1968, BGHZ 51, 198, 202. BFH vom 22.1.1970, BStBl. II 1970, 416, 417; BFH vom 30.7.1975, BStBl. II 1975, 818, 820; BFH vom 24.1.1980, BStBl. II 1980, 271, 273; BFH vom 29.4.1981, BStBl. II 1981, 663, 664; BFH vom 25.6.1981, BStBl. II 1981, 779; BFH vom 15.10.1981, BStBl. II 1982, 342, 343; BFH (GS) vom 25.6.1984, BStBl. II 1984, 751, 769. BFH vom 14.8.1986, BStBl. II 1987, 60, 61; BFH vom 10.11.1987, BStBl. II 1989, 758, 759; BFH vom 13.7.1993, BStBl. II 1994, 282, 285. 213 BFH vom 30.7.1975, BStBl. II 1975, 818, 820; BFH vom 24.1.1980, BStBl. II 1980, 271, 273; BFH vom 29.4.1981, BStBl. II 1981, 663, 664; BFH (GS) vom 25.6.1984, BStBl. II 1984, 751, 769; BFH vom 11.10.1988, BStBl. II 1989, 762 f.; zust. Maurer, Besteuerung, S. 125; Blümich/ Stuhrmann, EStG, § 15 Rn. 360; Schmidt, EStG, 20. Aufl., § 15 Rn. 263, 266, 322; insoweit skeptisch Groh, BB 1982, 1229, 1232 f. (ohne indes die Mitunternehmerschaft in Frage zu stellen). 214 Vgl. §§ 167, 171 HGB und § 161 Abs. 2, 155, 105 Abs. 3 HGB, § 738 BGB. 215 BFH vom 29.4.1981, BStBl. II 1981, 663, 664; BFH vom BFH (GS) vom 25.6.1984, BStBl. II 1984, 751, 769 f.; zust. Maurer, Besteuerung, S. 126; Schmidt, EStG, 20. Aufl., § 15 Rn.264, 270. Allgemein ebenso BFH vom 5.7.1978, BStBl. II 1978, 644, 646; BFH vom 11.12.1980, BStBl. II 1981, 310, 313; BFH vom 25.6.1981, BStBl. II 1982, 59; BFH vom 24.7.1986, BStBl. II 1987, 54, 56; BFH vom 13.7.1993, BStBl. II 1994, 282, 285. 216 Vgl. BFH vom 24.1.1980, BStBl. II 1980, 271 ff. (Einlage von 3.000 DM); BFH vom 27.5.1981, BStBl. II 1982, 192 ff. (Anteil von 2,35 %); siehe aber auch BFH vom 11.10.1988, BStBl. II 1989, 762, 763: Keine Mitunternehmereigenschaft, wenn Kommanditist in keinem Fall Beschluß des Mehrheitsgesellschafters verhindern kann. 217 BFH vom 24.1.1980, BStBl. II 1980, 271, 273; in diesem Sinne auch BFH vom 27.5.1981, BStBl. II 1982, 192, 194. 218 Kuchinka, in: H. J. Schneider (Hrsg.), Handbuch, S. 159, 163 f.; Zitzelsberger, DB 1984, 1640, 1643 f. 211

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

gung durch Kommanditanteile kaum Verbreitung gefunden hat, 2 1 9 wobei die von der Frage der grundsätzlichen Mitunternehmerschaft zu unterscheidende Charakterisierung des gesamten Entgelts als Tätigkeitsvergütung im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 E S t G und damit als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und nicht mehr aus nichtselbständiger Arbeit 2 2 0 die Hauptrolle spielt. Auch wenn die Wertungen des Steuerrechts die arbeitsrechtliche Einordnung nicht determinieren, 2 2 1 so geben sie doch grundsätzlich Anlaß, entsprechend dem zur stillen Gesellschaft Gesagten auch beim Kommanditisten über die Relevanz der mit seiner Beteiligtenstellung verbundenen Umstände nachzudenken, die durch eine ausschließliche Konzentration auf die unmittelbaren Tätigkeitsumstände übergangen werden. D a es an dieser Stelle aber nur um das Thema der grundsätzlichen Kompatibilität von Kommanditisten- und Arbeitnehmerstatus geht, soll dieser Aspekt indes zunächst nicht weiterverfolgt werden. Die Mitwirkungsrechte des Kommanditisten können nämlich anerkanntermaßen unter das gesetzliche Normalmaß reduziert werden. 2 2 2 D e r Kommanditist kann somit aus dem gesamten Bereich der Geschäftsführung einschließlich der außergewöhnlichen Maßnahmen im Sinne der §§ 164 Abs. 1 Halbs. 2, 116 Abs. 2 H G B gedrängt werden. Eine Grenze bilden - neben den hier nicht weiter interessierenden unverzichtbaren und unentziehbaren Gesellschafterrechten 2 2 3 - diejenigen Angelegenheiten, über die der Kommanditist zwingend mitzustimmen hat. Auch ohne den Kreis der stimmrechtsfesten Gegenstände hier abschließend auszuloten, 2 2 4 2 1 9 Siehe H. J. Schneider/Zander, Erfolgs- und Kapitalbeteiligung, 2. Aufl., S. 144 f. Bezeichnend auch die Nichtaufnahme von Kommanditanteilen in die Liste der nach dem 5. VermBG geförderten Anlageformen. 2 2 0 Vgl. dazu bejahend B F H (GS) vom 19.10.1970, BStBl. II 1971, 177, 178; B F H vom 24.1.1980, BStBl. II 1980, 271, 274; zust. BlümichIStuhrmann, EStG, § 1 5 Rn.518; Schmidt, EStG, 20. Aufl., § 15 Rn. 580 f.; anders aber B F H vom 26.6.1964, BStBl. III 1964, 501, 502; einschränkend auch B F H vom 27.5.1981, BStBl. II 1982, 192, 196 (die Aufgabe der Bilanzbündeltheorie zugunsten der stärker die Selbständigkeit der Personengesellschaft betonenden Einheitstheorie mit der Folge der steuerrechtlichen Anerkennung von Sonderbeziehungen zwischen Mitunternehmerschaft und einzelnem Mitunternehmer haben daran nichts grundlegend geändert; vgl. Blümich/Stuhrmann, EStG, § 15 Rn. 237 f., 244, 501 ff.); abl. etwa Esser, Mitarbeitende Kommanditisten, S. 146 ff., 197 ff. (Differenzierung zwischen beitragsartiger und leistungsaustauschender Mitarbeit); Knobbe-Keuk, D S t R 1979, 183, 191; dies., Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 11 IV 6 b, S. 478; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 459 f.; Wagner, B B 1983, 1594, 1595 f. Siehe auch die verschiedenen Gesetzgebungsvorschläge zur Herausnahme der Einkünfte von „Arbeitnehmer-Kommanditisten" aus § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, BT-Drucks. 8/1565 vom 24.2.1978, S. 3; BR-Drucks. 239/82 vom 11.6.1982, Anl. S. 1. 2 2 1 Vgl. dazu oben sub § 5 IV 2 a bb u. 3. 2 2 2 Vgl. Baumbach/Ho^i, H G B , 30. Aufl., § 164 Rn. 6, § 166 Rn. 18; Heymann ¡Horn, HGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 14, § 166 Rn. 28; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 23, § 166 Rn. 40. 2 2 3 Siehe hierzu nur Schlegelberger!Martens, H G B , 5. Aufl., § 119 Rn. 25 ff. 224 yg] < J a z u _ m i t unterschiedlicher Tendenz - Heymann/Horn, H G B , 2. Aufl., § 1 6 4 Rn. 15; Immenga, Z G R 1974, 385, 416 f.; Schlegelberger/Martercs, H G B , 5. Aufl., § 119 Rn. 29; Schilling, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 163 Rn. 6, 10; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 I 1 b, S. 360 ff.

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

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läßt sich doch festhalten, daß dieses Stimmrecht dem Kommanditisten nicht automatisch die Rechtsmacht verschafft, alle ihm nicht genehmen, die Grundlagen des Unternehmens betreffenden Handlungen zu verhindern. Vielmehr kann der Stimmrechtseinfluß auch in der K G nach (festen) Kapitalanteilen bemessen werden, 225 so daß ein Kommanditist bei einer kleinen Einlage auch nur über eine entsprechend geringe Einwirkungsmöglichkeit verfügt. 2 2 6 Die danach verbleibende Entscheidungsmacht ist so unbedeutend, daß sie keinen Anknüpfungspunkt mehr für eine Relativierung der Qualifikation eines Dienstverhältnisses als Arbeitsvertrag bietet. Darüber hinaus ist es jedenfalls nicht ausnahmslos unzulässig, den vermögensrechtlichen Inhalt der Mitgliedschaft generell auf den Buchwert der Beteiligung zu begrenzen, auch wenn derartige Klauseln heutzutage sowohl einer Inhalts- als auch einer Ausübungskontrolle unterzogen werden. 2 2 7 Sofern eine solche Regelung nicht durch andere Absprachen kompensiert wird, 2 2 8 entfällt hierdurch nämlich auch nach der Rechtsprechung des B F H zumindest regelmäßig das Unternehmerrisiko, weil der Kommanditist von einem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens dann nicht im erforderlichen Maße profitiert. 2 2 9 Dies gilt erst recht, wenn der Kommanditist nicht nur keinen Anteil an den stillen Reserven hat, sondern sogar vom laufenden Gewinn ausgeschlossen ist. 230 D a es somit gesellschaftsrechtlich eine Kommanditistenstellung geben kann, die nicht zugleich die Mindestvoraussetzungen für eine steuerrechtliche Mitunternehmerschaft erfüllt, kann die Frage vorläufig dahinstehen, welche Bedeutung den Kriterien der Unternehmerinitiative und des Unternehmerrisikos für die Einstufung der gesonderten Tätigkeitsbeziehung eines Kommanditisten zukommt. 2 3 1 An dieser Stelle genügt die Feststellung, daß die Eigenschaften als Kommanditist und als Arbeitnehmer jedenfalls nicht a priori unvereinbar sind.

225 Siehe dazu etwa Flume, Personengesellschaft, § 11 II 2, S. 150 ff.; Huber, ZGR 1988,1,43; ferner K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 53 III 5 a, S. 1543. 2 2 6 Daneben kommen Mehrstimmrechte des Komplementärs in Betracht; zur Zulässigkeit vgl. U. H. Schneider, Z G R 1978, 1, 20. 227 Dazu grdl. B G H vom 20.9.1993, B G H Z 123, 281, 284 ff. (bei nachträglichem erheblichen Auseinanderklaffen von Buchwert und wirklichem Wert gegebenenfalls ergänzende Vertragsauslegung); ferner etwa Baumbach/Ho^i, H G B , 30. Aufl., § 138 (a. F.) Rn. 36 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 5 0 IV 2, S. 1469 ff.; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 7 3 8 Rn. 34 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen zu den überaus umstrittenen Einzelfragen. Für die Zulässigkeit eines völligen Ausschlusses Flume, Personengesellschaft, § 12 II u. III, S. 177 u. 179. 228 Vgl. etwa B F H vom 9.10.1969, BStBl. II 1970, 320, 321 f.; B F H vom 11.12.1980, BStBl. II 1981,310, 313 f. 2 2 9 B F H vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560; B F H vom 29.4.1981, BStBl. II 1981, 663, 664; B F H vom 15.10.1981, BStBl. II 1982, 342, 343 f. Siehe auch B F H vom 22.11.1955, BStBl. III 1956, 4, 5 (OHG-Gesellschafter ohne Kapitalanteil). Allerdings soll eine auf den Fall des Ausscheidens aufgrund eigener Kündigung begrenzte Buchwertklausel die Mitunternehmerstellung noch nicht ausschließen; vgl. B F H vom 6.4.1979, BStBl. II 1979, 620, 622; B F H vom 10.11.1987, BStBl. II 1989, 758, 761. 2 3 0 B F H vom 28.10.1999, G m b H R 2000, 241, 242. 231 Siehe dazu unten sub V 1 b aa (1) (a) (aa) (ccc), bb u. 2 a bb.

290

cc) Persönlich unbeschränkt

5 6 Arbeitsrechtliche

haftende

Perspektive

Gesellschafter

Problematisch ist schließlich die Kompatibilität der Stellung als unbeschränkt haftender Gesellschafter mit dem Arbeitnehmerstatus. Angesprochen sind damit der Komplementär einer KG sowie die Mitglieder einer O H G , einer Partnerschaft 232 und einer EWIV 2 3 3 . Bei allen diesen Rechtsformen kann die Haftung im Außenverhältnis nicht generell, sondern nur durch eine besondere Vereinbarung mit dem jeweiligen Gläubiger auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden. 2 3 4 Dies gilt - wie der BGH 2 3 5 mittlerweile klargestellt hat - auch für die Beteiligten an einer (unternehmenstragenden) Außen-GbR. 2 3 6 Bei der Frage des Nebeneinanders von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis wird zumeist nicht näher auf die spezielle Situation des betroffenen Personenkreises eingegangen. Dementsprechend ist das insoweit bestehende Meinungsbild unübersichtlich. Ein großer Teil der Literatur bejaht vergleichsweise pauschal eine Vereinbarkeit von Gesellschafter- und Arbeitnehmereigenschaft und scheint deshalb auch bei unbeschränkt haftenden Personengesellschaftern keine Bedenken zu hegen. 2 3 7 Zum Teil wird ein solches Zusammentreffen sogar ausdrücklich für statthaft erklärt, mögen die einschlägigen Ausführungen auch vielfach nicht über eine schlichte Anmerkung hinausgehen. 2 3 8 Ferner hatte das PreußOVG in einer steuerrechtlichen Angelegenheit keine Bedenken, die insgesamt 28 aktiv tätigen Mitglieder einer auf die Fabrikation und den Vertrieb von Siehe § 8 PartGG. Vgl. Art. 24 Abs. 1 S. 1 EWIV-VO. 234 Siehe (zur OHG) nur Habersack, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 128 Rn. 16; Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 128 Rn. 14. 235 BGH vom 27.9.1999, BGHZ 142, 315 ff.; dazu Altmeppen, ZIP 1999, 1758 ff.; Peifer, NZG2001, 193 ff. 236 Zur Diskussion aus neuerer Zeit etwa MUlbert, AcP 199 (1999), 38, 67 ff.; R e i f f , ZIP 1999, 1329, 1330 ff.; Ulmer, ZIP 1999, 509, 516; ders., ZIP 1999, 554, 560 f. Siehe nunmehr auch BGH vom 29.1.2001, BGHZ 146, 341, 358, wo sich der BGH ausdrücklich zur Akzessorietät der Gesellschafterhaftung entsprechend §§ 128 f. HGB als Folge der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR bekennt. Hierzu statt vieler Hadding, ZGR 2001, 712, 735 ff.; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 998 f.; Ulmer, ZIP 2001, 585, 589 f.; H. P. Westermann, NZG 2001, 289, 291 f. 237 So Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 2 Fn. 8; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 60; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 256; BaumbachIHopt, HGB, 30. Aufl., §109 Rn. 11, §110 Rn. 19; MünchKommBGB / Müller-Glöge, 3. Aufl., §611 Rn.28; MünchArbR/ Richardi, 2. Aufl., § 24 Rn. 110; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 263. 238 BSG vom 26.5.1966, BSGE 25, 51, 52 f.; BSG vom 20.7.1988, SGb 1989, 165, 167; Bauer/ Baeck/Schuster, NZA 2000, 863, 865 f.; Blomeyer/Otto, BetrAVG, 2. Aufl., § 17 Rn. 26; Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 301 f.; Durchlaub, BB 1977, 1509 f.; KR-£tze/, 6. Aufl., § 1 KSchG Rn. 87; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 708 Rn. 8; Herrmann, RdA 1989, 313, 319; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 9 IV, S. 114; Kittner, in: Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchR, 5. Aufl., § 14 KSchG Rn. 13; Kraft, GK-BetrVG, 6. Aufl., § 5 Rn. 56; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 40; Lahusen, NZA 1986, 222,224; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 14 Rn. 9; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 139 ff.; Pakebusch, BB 1963, 230, 231; KR-Kosf, 6. Aufl., § 14 KSchG Rn. 17, 19; Stehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S.211 f.; Trümner, in: Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 8. Aufl., § 5 Rn. 133; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 706 Rn. 9; im Grundsatz wohl auch Pauli, Eigenkapital, S. 169. 232

233

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

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Öfen gerichteten O H G als Arbeiter zu bezeichnen. 239 Allerdings finden sich insoweit mehrere Gegenstimmen, die sich explizit gegen die Möglichkeit aussprechen, daß ein unbeschränkt haftender Gesellschafter gleichzeitig die Position eines Arbeitnehmers einnimmt. 240 In diesem Sinne haben sich auch das RG, 2 4 1 das LAG Baden-Württemberg 242 sowie jüngst das LAG Hessen 243 geäußert. Wenn bei Loritz davon die Rede ist, daß Beteiligungen von Arbeitnehmern als O H G Gesellschafter oder Komplementäre wegen der unbeschränkten Haftung ausscheide, 244 so ist diese Aussage indes nur auf die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit einer solchen Gestaltung, nicht aber auf die prinzipielle rechtliche Zulässigkeit zu beziehen, zumal er an anderer Stelle eine Kompatibilität ausdrücklich bejaht 245 . Dasselbe gilt im Ergebnis für Wank, der zwar zunächst mit der Aussage, daß für die Figur des Arbeitnehmer-Komplementärs bzw. GbR-Gesellschafters „keine Daseinsberechtigung" bestehe, einen gegenteiligen Eindruck erweckt, dann aber offenkundig von der grundsätzlichen Statthaftigkeit der Qualifikation eines mitarbeitenden Gesellschafters einer GbR als Arbeitnehmer ausgeht. 246 Eine besondere Erwähnung verdienen die Stellungnahmen zum Betriebsrentenrecht. Der gesetzliche Ausgangspunkt besteht insoweit bekanntlich darin, daß sich insbesondere die Insolvenzsicherung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG auch auf Personen erstreckt, die nicht Arbeitnehmer sind. Aus diesem nach einhelliger Ansicht zu weit gefaßten Wortlaut sind diejenigen auszuklammern, die selber unternehmerisch und deshalb nicht für ein (anderes) Unternehmen tätig sind. In diesem Zusammenhang hat der B G H mehrfach ausgeführt, daß persönlich haftende Gesellschafter zumindest regelmäßig nicht zu dem durch das Betriebsrentengesetz geschützten Personenkreis gehören. 247 Dabei hat er neben der - an dieser Stelle noch nicht in239 PreußOVG vom 6.12.1913, Entscheidungen des P r e u ß O V G in Staatssteuersachen, Bd. 16 (1915), S. 430 ff. 240 Biedenkopf, in: Horn (Hrsg.), Arbeitspartizipation, S. 124; Dersch, RdA 1951, 212, 214; ferner Höfer, BetrAVG, Bd. I, § 17 Rn. 3688: Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Beitritt zu einer O H G zweifelhaft (siehe aber auch Rn. 3690 Fn. 48, wo Höfer der Arbeitnehmereigenschaft eines persönlich unbeschränkt haftenden Gesellschafters zwar restriktiv gegenübersteht, sie aber nicht grundsätzlich in Abrede stellt). 2 4 1 R G vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7. 2 4 2 L A G Baden-Württemberg vom 21.4.1960, D B 1960, 1159: OHG-Gesellschafter kann „zweifelsfrei" nicht zugleich Arbeitnehmer der Gesellschaft sein. 2 4 3 N Z A - R R 2002, 263, 264. 2 4 4 Z G R 1986, 311, 313. 2 4 5 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 497; siehe auch Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 2 b, S. 43. 2 4 6 SGb 1989, 167, 169 f. Unvollständig daher die Auswertung der Position von Wank durch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 265 mit Fn. 35. 2 4 7 B G H vom 9.6.1980, B G H Z 77, 233, 237 ff. und AP Nr. 4 zu § 1 7 BetrAVG (unter I 1); B G H vom 16.2.1981, AP Nr. 5 zu § 17 BetrAVG (unter 1 c); B G H vom 4.5.1981, AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Wartezeit (unter 1); B G H vom 1.6.1981, AP Nr. 7 zu § 17 BetrAVG (unter 1); B G H vom 25.9.1989, B G H Z 108, 330, 333; B G H vom 2.4.1990, W M 1990, 1114, 1115; B G H vom 28.1.1991, ZIP 1991, 396, 397; ebenso O L G Köln vom 22.9.1988, ZIP 1988, 1457, 1459; Bio-

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§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

teressierenden - Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis 2 4 8 vor allem auf die unbeschränkte persönliche Haftung abgestellt und aus diesem Umstand auf die Unternehmereigenschaft geschlossen. 249 Eine Ausnahme hält der B G H lediglich für den Fall denkbar, daß ein persönlich haftender Gesellschafter bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nur im Außenverhältnis als Beteiligter auftritt, im Innenverhältnis aber wie ein Angestellter behandelt wird. Als Indizien hierfür nennt das Gericht einen fehlenden bzw. geringfügigen Kapitalanteil sowie insbesondere eine im Innenverhältnis von den Mitgesellschaftern zugesagte Freistellung von jeder persönlichen Haftung. 2 5 0 Das LG Köln hat in einem Urteil noch stärker auf die konkreten Entscheidungsprozesse abgestellt und einen persönlich haftenden Gesellschafter unter Berufung auf dessen Fremdbestimmung in den Schutz des BetrAVG einbezogen. 2 5 1 Im übrigen ist in diesem Zusammenhang wiederum ein Seitenblick auf die steuerrechtliche Judikatur zu werfen. Danach wird das für die Stellung als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erforderliche Unternehmerrisiko schon allein durch die unbeschränkte persönliche Außenhaftung begründet, ohne daß es auf die Frage einer Freistellung im Innenverhältnis ankommt. 2 5 2 Soweit die Unvereinbarkeit von unbeschränkter persönlicher Haftung und Arbeitnehmerposition überhaupt begründet wird, beruft sich vor allem der BGH auf den Zusammenhang zwischen Verlustwagnis und Gewinnchancen. 2 5 3 Das Gericht will damit offenbar zum Ausdruck bringen, daß Aussichten auf einen hohen Gewinn gegen die Existenz eines Arbeitsverhältnisses sprechen. Selbst wenn dieser Gedanke für sich genommen zutreffend wäre, 254 ist nicht erkennbar, daß ein hoher Gewinnanteil oder auch nur die Aussicht auf einen entsprechenden Gewinn im Innenverhältnis mit der unbeschränkten persönlichen Haftung im Außenverhältnis zwingend gekoppelt ist. Vielmehr sind beide Aspekte grundsätzlich voneinander getrennt. Aus der Haftung läßt sich somit nicht auf einen dem Beschäftigten notwendigerweise zustehenden Anteil am Unternehmensertrag schließen, der dem Vorhandensein eines Arbeitsvertrages unter Umständen entgegensteht. Hinter der meyer/Otto, BetrAVG, 2. A u f l . , § 1 7 R n . 132; Everhardt, BB 1981, 681, 683; Hanau/Kemper, Z G R 1982, 123, 132 f.; restriktiv aber Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 297 ff. 2 4 8 H i e r z u sogleich sub 3 a u. b. 2 4 9 B G H v o m 9.6.1980, B G H Z 77, 233, 238. 2 5 0 B G H v o m 9.6.1980, B G H Z 77, 233, 239; B G H v o m 1.6.1981, A P Nr. 7 zu § 17 BetrAVG (unter 2); so auch Höhne, in: Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd. I, 2. A u f l . , § 1 7 R n . 83. 251 L G Köln v o m 20.3.1985, D B 1985, 1579, 1580. 2 5 2 Vgl. B F H v o m 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33, 35; B F H vom 11.12.1986, BStBl. II 1987, 553, 555; zust. B l ü m i c h / S t u h r m a n n , EStG, § 1 5 Rn. 350; etwas a b s c h w ä c h e n d B F H v o m 14.8.1986, BStBl. II 1987, 60, 61; f ü r den Fall einer festen Vergütung offenlassend Schmidt, EStG, 20. A u f l . , § 15 R n . 268, 321; anders noch B F H v o m 22.11.1955, BStBl. III 1956, 4, 5 (interne A b s p r a c h e n k ö n n e n A u ß e n h a f t u n g s a s p e k t überlagern); B F H vom 26.6.1964, BStBl. III 1964, 501, 502 (persönliche H a f t u n g allein nicht ausreichend). 2 5 3 B G H v o m 9.6.1980, B G H Z 7 7 , 2 3 3 , 2 3 8 . 254 Siehe dazu noch unten V 2 a bb.

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

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und Arbeitnehmerstellung?

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restriktiven Lesart dürfte im übrigen die Vorstellung stehen, daß eine uneingeschränkte Einstandspflicht für die aus dem unternehmerischen Handeln der Gesellschaft erwachsenden Risiken und damit der drohende Verlust des gesamten Vermögens nicht zu einem Arbeitsverhältnis paßt, das sich gerade durch die Abschirmung des Beschäftigten von den Markteinflüssen auszeichnet 2 5 5 . Gegen diesen Gedanken sind allerdings zwei Einwände zu erheben: Zum einen ist in formaler Hinsicht zu berücksichtigen, daß es in den hier fraglichen Konstellationen um zwei verschiedene Rechtsverhältnisse geht. Das unternehmerische Wagnis ist und bleibt ausschließlich in der Sphäre der gesellschaftsrechtlichen Beziehung, ohne als solches auf das Dienstleistungsverhältnis überzugreifen. Zum zweiten würde es auch materiell nicht einleuchten, wenn allein die Auferlegung zusätzlicher Risiken ein Kriterium dafür bilden würde, einem Beschäftigten den ihm an sich zukommenden arbeitsrechtlichen Sozialschutz zu nehmen. In diesem Sinne wird die schlichte Abwälzung unternehmerischer Risiken auch bei der allgemeinen Abgrenzung zwischen Arbeitsverhältnis und freiem Dienstvertrag als ein für den Arbeitnehmerstatus unschädliches Merkmal angesehen. 256 Zudem erhebt man auch im österreichischen Recht keine grundsätzlichen Einwände gegen die Kumulation der Stellung als Gesellschafter einer G b R oder O H G bzw. als Komplementär und der Arbeitnehmereigenschaft. 2 5 7 Die unbegrenzte Außenhaftung eines Personengesellschafters ist nach alledem als ein für sich genommen lediglich belastendes Moment kein die Existenz eines zusätzlichen Arbeitsvertrages hindernder Umstand. 2 5 8 Die unbeschränkte Einstandspflicht für unternehmerische Risiken führt aber noch zu einer weiteren Überlegung. Man könnte nämlich daran denken, daß sich aus dieser Haftung um des Schutzes des Betroffenen willen zwingend gewisse Entscheidungsbefugnisse innerhalb der Gesellschaft ergeben, die dann auf die Qualifikation der gesonderten Tätigkeitsbeziehung durchschlagen und einer Einstufung als Arbeitsverhältnis entgegenstehen. Allerdings erheben die Rechtsprechung ebenso wie ein Teil der Literatur keine Einwände gegen eine umfassende Bindung des (geschäftsleitenden) persönlich haftenden Gesellschafters an G e schäftsführungsdirektiven der Gesellschafterversammlung bzw. eines Mitgesellschafters, mag es sich dabei auch um einen Kommanditisten handeln. 2 5 9 Dies korSiehe hierzu bereits oben sub § 1 1 . Vgl. O L G Düsseldorf vom 5.12.1997, N Z A - R R 1998,145,147; in diesem Sinne auch Lieb, ZVersWiss, Bd. 65 (1976), S. 207, 213; Tomandl, Wesensmerkmale, S 83 f.; siehe in diesem Kontext (zum österreichischen Recht) ferner Holzer/Reissner, AVRAG, § 1 Erl. 1.2.4 u. Schwarz/ Löschnigg, Arbeitsrecht, 5. Aufl., S. 140: Verlustregelung muß nicht zwangsläufig zu Gesellschaftsvertrag führen, sondern kann „ebensogut" unzulässige Vereinbarung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sein. 2 5 7 O G H vom 17.10.1967, Arb 8467; O G H vom 24.4.1975, Arb 9346; Holzer, D R d A 1976, 171, 172; Kastner, ZAS 1970, 18, 20; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 138. 2 5 8 Im Erg. auch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 301 f.; Martens, RdA 1979, 347, 351. Siehe ferner Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 298, die sich bei der Herausnahme bestimmter Personen aus dem Schutz des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG gegen ein Abstellen auf das Kriterium der persönlichen Haftung aussprechen. 2 5 9 Vgl. R G vom 1.3.1893, R G Z 31, 72, 73 (zu Art. 158 A D H G B ) ; R G vom 10.4.1908, LZ 255

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Perspektive

reliert mit einer im österreichischen Recht ebenfalls anzutreffenden Sichtweise. 260 Demgegenüber bejahen Teile des Schrifttums zwar die Einräumung von Weisungsrechten, wollen dem persönlich haftenden Gesellschafter aber im Verhältnis zu Kommanditisten einen bestimmten Mindesteinfluß belassen. 261 Am weitesten geht Wiedemann, nach dessen Ansicht der Komplementär in einer K G nicht nur weisungsabhängiger Angestellter der Kommanditisten sein dürfe. 262 Auch wenn sich diese Darlegungen jeweils nur auf die innergesellschaftlichen Zuständigkeiten sowie auf die K G beziehen und die Autoren insoweit nicht den hier interessierenden Fall eines vom Gesellschaftsverhältnis getrennten Dienstvertrages vor Augen haben, sind diese Äußerung gleichwohl nicht unerheblich. Wenn aus der unbegrenzten Außenhaftung nämlich notwendigerweise eine erhebliche und unabdingbare Entscheidungskompetenz in Gesellschaftsangelegenheiten folgen würde, wäre zumindest zweifelhaft, ob ein solcher Gesellschafter überhaupt gleichzeitig in einem Arbeitsverhältnis zur Vereinigung stehen kann. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, daß der im Schrifttum diskutierte Mindestschutz von vornherein zumindest nicht alle Fälle erfaßt, in denen sich ein persönlich haftender Gesellschafter unter die Leitungsmacht eines anderen Gesellschafters begibt, der ebenfalls persönlich unbeschränkt haftet. 263 Dementsprechend schwächen Wiedemann/Moll die denkbaren Konsequenzen des genannten Ansatzes ab, indem sie an anderer Stelle lediglich den Schluß ziehen wollen, daß man bei den Mitgliedern einer O H G bzw. einer G b R „nur ganz 1908, Sp. 535; R G vom 18.10.1939, SeuffA, Bd. 94 (1940), Nr. 8; R G vom 14.4.1940, R G Z 166,65, 72 f.; R G vom 16.4.1942, R G Z 169, 105, 107 ff.; B G H vom 17.3.1966, B G H Z 45, 204, 205 ff.; L G Köln vom 20.3.1985, D B 1985,1579,1580; Diller, Gesellschafterund Gesellschaftsorgane, S. 304; Düringer/Hachenburg/F/ec^i^ezm, H G B , 3. Aufl., § 1 6 4 Anm. 7; Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 293 f.; G. Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. Aufl., § 18 V 1, S. 151; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 99 ff.; Möhring,]}\> Bd. 7 (1966/67), 123, 127; Schilling, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 1 6 4 Rn. 8, 12; H. P Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 214, 280 ff. In rechtstatsächlicher Hinsicht Horst, Geschäftsführung, S. 312 ff.; ferner B F H vom 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33 ff.; B F H vom 16.12.1992, BStBl. II 1993, 270 ff. Zur Zulässigkeit eines Weisungsrechts des stillen Gesellschafters siehe Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 76; Zutt, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 230 Rn. 94. 2 6 0 O G H vom 24.4.1975, Arb 9346; Migsch, ZAS 1966, 142, 143. 2 6 1 Vgl. Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 164 Rn. 7; Heymann /Horn, H G B , 2. Aufl., § 164 Rn. 10; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 164 Rn. 3; Konzen, N J W 1989, 2977, 2983; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 27 ff.; ferner Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 258 ff., soweit er überhaupt eine organschaftliche Geschäftsführung durch den Kommanditisten zuläßt (siehe dazu bereits oben sub § 5 IV 1 b aa [1]); gegen jede Bindung an Weisungen offenbar Voormann, Beirat, 2. Aufl., S. 71 ff. 2 6 2 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 III 2 a aa, S. 334. Siehe aber auch ders., FS Bärmann (1975), S. 1037,1049, wo die Angleichung der Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters an einen leitenden Angestellten zwar als ein „Zerrbild des gesetzlichen Organisationsschemas" bezeichnet wird, die Folge aber anscheinend (nur) in der unbeschränkten Eigenhaftung des Kommanditisten und nicht in der Unzulässigkeit der Weisungsbindung bestehen soll. 2 6 3 Vgl. Wiedemann, J Z 1969, 470, 471; nach Gesellschaftsformen differenzierend aber ders., Gesellschaftsrecht, Bd. I, §§6111 1 c u . 10 III 2 a bb, S. 330 u. 548 f.: bei O H G Bindung unzulässig, bei G b R zulässig.

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

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selten" auf Rechtsbeziehungen mit arbeitsrechtlichem Charakter stoße. 2 6 4 Man geht also nicht so weit wie die französische Judikatur, die zumindest früher die Ansicht vertrat, daß eine Verlustbeteiligung (participation aux pertes) als solche grundsätzlich jede Unterordnung (lien de subordination) ausschließt. 265 Darüber hinaus ist der angedeutete Gedankengang inhaltlich auch in den Konstellationen zumindest nicht zwingend, in denen sich die Zweifel auf die Qualifikation der separaten - Tätigkeit des einzigen persönlich haftenden Gesellschafters einer K G beziehen. Soweit es um den Bereich der Grundlagengeschäfte geht, die in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung fallen, beschränkt sich auch Wiedemann darauf, dem persönlich haftenden Gesellschafter ein Stimmrecht einzuräumen, während er die prinzipielle Zulässigkeit der Einführung des Mehrheitsprinzips auch für die Angelegenheiten nicht in Frage stellt, die im Außenverhältnis eine Haftung zur Folge haben können. 2 6 6 D a das Stimmrecht dem unbegrenzt haftenden Gesellschafter nur eine formale Teilhabe an der innergesellschaftlichen Willensbildung gewährt, nicht aber eine Durchsetzung seiner Interessen garantiert, kommt ihm in diesem Bereich somit kein zwingender, mit einem Arbeitsverhältnis unvereinbarer Entscheidungseinfluß zu. Dies gilt um so mehr, als auch bei der K G die Stimmrechtsmacht nach Kapitalanteilen gewichtet werden kann, 2 6 7 so daß der persönlich haftende Gesellschafter unter Umständen nur einen geringen Einfluß ausübt. Hinsichtlich der Geschäftsführung bedarf es einer differenzierteren Argumentation: Hält man es mit der überwiegenden Sichtweise für statthaft, daß auch einem Kommanditisten die alleinige Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt wird, 2 6 8 lassen sich gegen eine Weisungsunterworfenheit des persönlich haftenden Gesellschafters von vornherein keine durchgreifenden Einwände erheben. Ein Kommanditist, der zusätzlich mit einer Prokura ausgestattet worden ist, 2 6 9 kann dann nämlich unter Ausschaltung des Komplementärs Verbindlichkeiten 2 6 4 R d A 1977, 13, 21; siehe auch Wiedemann, W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 15, w o es unterschiedslos heißt, daß der Beitrag eines Gesellschafters in der Übernahme eines Arbeitsvertrages liegen könne. 2 6 5 Vgl. Cass. soc. v o m 10.2.1971, Bull. civ. 1971, V, Nr. 100; Cass. soc. v o m 1.6.1972, Bull. civ. 1972, V, Nr. 399; zust. Camerlynck, Contrat de travail, 2e Éd., Nr. 63 u. 73, S. 79 u. 91. Demgegenüber genügt es nicht, wenn der Beschäftigte lediglich riskiert, umsonst gearbeitet zu haben: Cass. soc. v o m 20.11.1974, Bull. civ. 1974, V, Nr. 549. Die im Text genannte Regel aber mittlerweile einschränkend C a s s . soc. v o m 14.11.1984, Bull. civ. 1984, V, Nr. 428; Couturier, Droit du travail 1, 3e Éd., Nr. 46, S. 108 f.; Petit, Rép. trav. Dalloz, C u m u l , Nr. 141; Puigelier, J C , Travail traité, Fase. 17-1, Nr. 26; siehe auch C A Paris v o m 1.2.1995, D . 1996, somm. 10. 2 6 6 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 1 a, S. 368 f. 2 6 7 Siehe dazu oben in bb Fn. 225. 2 6 8 R G v o m 18.10.1939, SeuffA, Bd. 94 (1940), Nr. 8; B G H vom 12.11.1952, B G H Z 8, 35, 46; B G H v o m 15.1.1968, W M 1968, 509, 510; B G H vom 9.12.1968, B G H Z 51, 198, 201; B G H v o m 4.3.1976, W M 1976, 446; D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / F l e c h t h e i m , H G B , 3. Aufl., § 164 Rn. 6; Schilling, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. Aufl., § 164 Rn. 8; siehe insoweit auch Paulick, Genossenschaft, S. 75 ff., der sich nicht gegen die Errichtung einer solchen Binnenstruktur einer K G gewendet hat, sondern nur die haftungsrechtlichen Folgen modifizieren wollte. 2 6 9 Zur Zulässigkeit vgl. nur R G v o m 18.10.1939, SeuffA, Bd. 94 (1940), Nr. 8; B G H v o m

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Perspektive

begründen, für die dieser in vollem U m f a n g einzustehen hat. Wenn ein unbeschränkt haftender Gesellschafter in Geschäftsführungsangelegenheiten den Weisungen des K o m m a n d i t i s t e n unterstellt wird, haftet er nach dieser Auffassung somit im Ergebnis nicht stärker als wenn der K o m m a n d i t i s t die entsprechende M a ß n a h m e zulässigerweise völlig allein entschieden und durchgeführt hätte. Freilich sprechen gute G r ü n d e für einen Mindestschutz des unbeschränkt haftenden Gesellschafters gegenüber dem K o m m a n d i t i s t e n , dessen Niveau j e d o c h nicht die Schwelle überschreitet, jenseits derer ein Arbeitsverhältnis nicht mehr m ö g lich ist. So will Martens

den Schutz des Komplementärs dadurch bewirken, daß

ihm bei unzumutbaren Haftungsrisiken trotz genereller Weisungsgebundenheit das R e c h t zu einer a u t o n o m e n Entscheidung zusteht. 2 7 0 Indem Martens diese B e fugnis aber auf Einzelfälle beschränkt, verleiht er dem persönlich haftenden G e sellschafter keinen derart großen Einfluß, daß ein zugleich bestehender D i e n s t vertrag des K o m p l e m e n t ä r s kein Arbeitsverhältnis mehr sein könnte. Dasselbe gilt für diejenigen Stimmen, die es bei einem Widerspruchsrecht des K o m p l e m e n tärs bei außergewöhnlichen Geschäften bewenden lassen wollen. 2 7 1

Wiedemann

schließlich entnimmt den §§ 115, 116, 118, 161 Abs. 2 H G B die gesetzliche Wertung, daß jeder unbeschränkt haftende Gesellschafter mit einem Mindestmaß an Verwaltungsbefugnissen ausgestattet sein m u ß . 2 7 2 E i n e exakte U m s c h r e i b u n g der Mindestrechte liefert Wiedemann

freilich nicht. A u ß e r d e m sieht er in den ge-

nannten Vorschriften keine starre G r e n z e , sondern nur ein Leitbild. In der Sache beschränkt sich Wiedemann

daher letztlich auf die Forderung, daß für eine A b -

weichung von diesem Leitbild sachliche G r ü n d e vorliegen müssen. H i e r z u wird man sicherlich auch den von H. P. Westermann

ins Spiel gebrachten G e d a n k e n ei-

ner Entlastung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters durch die interne Ü b e r n a h m e des Risikos fehlgeschlagener Dispositionen seitens des K o m m a n d i t i sten 2 7 3 zählen müssen. D i e weitgehende Bindung eines persönlich haftenden G e sellschafters an die Weisungen eines anderen Gesellschafters einschließlich eines Kommanditisten dürfte daher auch nach der Ansicht von Wiedemann

jedenfalls

nicht ausnahmslos unzulässig sein. D i e unbegrenzte Außenhaftung führt nach alledem somit nicht zwingend zu einem derart starken Binneneinfluß in der Gesellschaft, daß ein Beteiligter nicht mehr zugleich in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft stehen kann. Dies gilt auch für den einzigen K o m p l e m e n t ä r einer K G . D i e eingangs aufgeworfene 2 7 4 und n o c h offene Frage, ob sich ein als Arbeitsvertrag geplantes Drittverhältnis 4.3.1976, WM 1976, 446; Düringer/Hachenburg/.Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 164 Rn. 6; Hofmann, NJW 1969, 577; Schilling, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 170 Rn. 5. 270 In; Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 164 Rn. 29; zust. Konzen, NJW 1989, 2977,2983; ähnlich Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 10. 271 Baumbach///o/Ji, HGB, 30. Aufl., §164 Rn. 7; Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., §164 Rn. 3. 272 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 10 III 2 a bb, S. 548 f. 273 Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 280 ff. 274 Siehe oben sub § 3 II 2 a.

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und Arbeitnehmerstellung?

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bei einer unechten V o r - G m b H wegen der sich einstellenden unbeschränkten persönlichen Haftung automatisch in einen freien Dienstvertrag verwandelt, ist damit zu verneinen.

3. Rechtsformübergreifende

Kriterien

Nachdem schon die Frage nach den Auswirkungen einer unbeschränkten Außenhaftung die gesellschaftsrechtlichen Rechtsformen teilweise transzendiert hat, sind nunmehr Aspekte zu erörtern, denen von vornherein ein diese Formen übergreifender Charakter zukommt. N e b e n der organschaftlichen Vertretungsmacht und Geschäftsführungsbefugnis ist insoweit der Problematik einer generellen Unverträglichkeit von Gesellschafts- und Arbeitsrecht bei Ausführungsverträgen und gemischten Mitarbeiterverhältnissen nachzugehen.

a) Organschaftliche

Vertretungsmacht

Als ein die Existenz eines Arbeitsvertrages „absolut" hinderndes rechtsformtranszendierendes Merkmal kommt zunächst die organschaftliche Vertretungsmacht als solche in Betracht. Hierbei handelt es sich um einen sowohl im Personengesellschafts- wie im Körperschaftsrecht vergleichsweise einfach festzustellenden Umstand, so daß zumindest das Vorhandensein eines Arbeitsverhältnisses dementsprechend leicht ausgeschlossen werden könnte. Würde diesem Kriterium eine dahingehende Aussagekraft zukommen, so würde sich dies nicht nur auf die Qualifikation einer von einem vertretungsberechtigten Gesellschafter neu begründeten Tätigkeitsbeziehung auswirken. Vielmehr würde etwa auch ein mit einem ursprünglich gemäß § 125 Abs. 1 H G B von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter vereinbarter Arbeitsvertrag automatisch enden bzw. sich in einen freien Dienstvertrag verwandeln, sobald der Beteiligte aufgrund einer Änderung des Gesellschaftsvertrages die Vertretungsmacht nachträglich erlangt. 2 7 5 Insoweit ist es freilich vor allem im Bereich des als erstes ins Auge zu fassenden Personengesellschaftsrechts nicht ganz leicht, den exakten Meinungsstand zu ermitteln. Auf der einen Seite wird vielfach ohne jede Einschränkung davon gesprochen, daß Personengesellschafter mit der eigenen Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis eingehen können, wobei auf die Relevanz der organschaftlichen Vertretungsbefugnis allerdings nicht eingegangen wird. 2 7 6 Vereinzelt erklärt man 2 7 5 In diesem Sinne auch Grunsky, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Arbeitsrecht, Rn. 16. Das für einen Aufhebungsvertrag bestehende Formerfordernis gemäß § 6 2 3 spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, weil die fragliche Rechtsfolge kraft Gesetzes und nicht aufgrund eines darauf abzielenden Parteiwillens eintreten würde. 2 7 6 Vgl. B S G vom 26.5.1966, B S G E 25, 51, 52 f.; B S G vom 20.7.1988, SGb 1989, 165, 167; Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 2 Fn. 8; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 60; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 708 Rn. 8; Baumbach/Ho/>i, H G B , 30. Aufl., § 109 Rn. 11, § 110 Rn. 19; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 9 IV, S. 114; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 1 1 4 Rn. 6; MünchKommBGB/Af«7/er-G/öge, 3. Aufl., §611 R n . 2 8 ; MünchA r b R / R i c h a r d i , 2. Aufl., § 2 4 Rn. 110; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S.261, 263;

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

diese Rechtsmacht hingegen ausdrücklich für unschädlich. 277 Auf der anderen Seite verneint ein Teil der insoweit prima facie einschlägigen Äußerungen recht pauschal die Arbeitnehmereigenschaft vertretungsbefugter Gesellschafter. 278 Damit ist aber lediglich gemeint, daß ein vertretungsberechtigter Gesellschafter als solcher kein Arbeitnehmer sein kann, während es hier um die Frage geht, ob die organschaftliche Vertretungsmacht dem Vorliegen eines zusätzlichen Arbeitsverhältnisses zwingend entgegensteht. Mehreren Stellungnahmen läßt sich indes mit hinreichender Deutlichkeit die These entnehmen, daß Gesellschafter mit einer solchen Befugnis zwar einen freien Dienstvertrag, nicht aber einen Arbeitsvertrag mit der Gesellschaft abschließen können, 279 während die einem Gesellschafter erteilte rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht das Zustandekommen eines Arbeitsvertrages anerkanntermaßen nicht ausschließt. 280 Teilweise wird die Unvereinbarkeit dadurch abgemildert, daß man eine organschaftliche Vertretungsbefugnis dann für unschädlich hält, wenn kein Einzelvertretungsrecht, sondern eine Mitwirkung anderer Gesellschafter bzw. eines Prokuristen vorgesehen ist. 281 Wenn Schnorr von Carolsfeld einst ganz generell davon gesprochen hat, es bedürfe keiner Erörterung, daß zwischen „der" Gesellschaft und „dem" Gesellschafter ArStehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S. 211 f.; Erman!H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 706 Rn. 9; Wiedemann/Moll, RdA 1977, 13,21; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 2 b, S. 43 (zur Position von Loritz aber auch sogleich Fn. 279). Siehe ferner Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 35, bei denen es heißt, daß geschäftsführungsbefugte Gesellschafter einer O H G nicht Arbeitnehmer sein können; in diesem Sinne auch S. 40: Arbeitnehmerposition nur bei persönlich haftenden Gesellschaftern ohne Geschäftsführungsbefugnis möglich. Daraus könnte man prima facie schließen, daß Kraft/Konzen in der organschaftlichen Vertretungsmacht als solcher kein Hindernis für einen Arbeitsvertrag sehen. Allerdings fehlt es den Darlegungen an dahingehender Klarheit. 277 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 303 f.; ebenso - ohne nähere Erläuterung - Wagner, Massenkommanditgesellschaft, S. 205 f. 2 7 8 Vgl. G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 369 f.; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 20; in diesem Sinne auch Höfer, BetrAVG, Bd. I, Rn. 3690; Höhne, in: Heubeck/Höhne/ Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., § 17 Rn. 35; ebenso - bei Einzelvertretungsmacht - Durchlaub, B B 1977, 1509, 1510; ferner - allerdings jeweils mit zusätzlicher Erwähnung der Geschäftsführungsbefugnis - O L G Köln vom 10.5.1978, B B 1978, 1170; Blomeyer/Otto, BetrAVG, 2. Aufl., § 17 Rn. 26; Tillmann, D B 1970, 2157, 2161. 279 Grunsky, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Arbeitsrecht, Rn. 13, 15; Erm a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., § 611 Rn. 22; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 70, 497 (die von Loritz angegebenen Entscheidungen vermögen diese Sichtweise allerdings nahezu durchgängig nicht zu stützen); Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 140; Pakehusch, B B 1963, 230, 231. Im Erg. auch L A G Baden-Württemberg vom 21.4.1960, D B 1960, 1159 mit der generellen Aussage, daß ein OHG-Gesellschafter nicht zugleich Arbeitnehmer der Gesellschaft sein kann. In diesem Sinne ferner Durchlauh, B B 1977, 1509, 1510. Undeutlich Herrmann, RdA 1989, 313, 319, die nicht genau erkennen läßt, ob sie das Vorliegen von Vertretungs- und Geschäftsführungsmacht als alternative oder kumulative Voraussetzungen für den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft ansieht. 280 Yg] n u r Q r u n s k y ^ ¡ n : H. P. Westermann (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Arbeitsrecht, Rn. 15: Prokura eines - von der organschaftlichen Vertretung gemäß § 170 H G B ausgeschlossenen Kommanditisten steht Arbeitsverhältnis nicht entgegen. 281 Durchlauh, B B 1977,1509,1510; in diesem Sinne auch L G Köln vom 20.3.1985, D B 1985, 1579, 1580 (zu § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG).

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

299

beitsverhältnisse bestehen könnten, 282 trifft dies somit jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu. Zur Begründung einer Inkompatibilität von organschaftlicher Vertretungsmacht und eigenständigem Arbeitsvertrag verweist man teilweise auf die verschiedenen gesetzlichen Bereichsausnahmen, 283 die vertretungsbefugte Mitglieder von Personengesamtheiten aus ihrem Anwendungsbereich herausnehmen. 284 Insoweit ist jedoch bereits dargetan worden, daß diese Normen für sich allein keine hinreichende Basis dafür bilden, den genannten Personen die Arbeitnehmereigenschaft flächendeckend abzusprechen. 285 Erst recht kann den Bestimmungen nicht entnommen werden, daß es den erwähnten Gesellschaftern von vornherein verbaut sein soll, einen vom Gesellschaftsverhältnis unabhängigen Arbeitsvertrag mit der Gesellschaft zu vereinbaren. Des weiteren wird eine Verbindungslinie zum Weisungsrecht des Arbeitgebers hergestellt. So heißt es in diesem Zusammenhang, daß ein Gesellschafter, der für die Gesellschaft als Arbeitgeber das Direktionsrecht wahrzunehmen habe, nicht gleichzeitig selber den Weisungen der Gesellschaft unterworfen sein könne. 2 8 6 Hinter dieser Überlegung verbergen sich mehrere Gedankenlinien. Erstens wird damit die vor allem von A. Hueck287 entwickelte Vorstellung von der Trennung der Arbeitgeberfunktionen angesprochen. 288 Danach seien Organe als „funktionelle Arbeitgeber" anzusehen und könnten deshalb nicht gleichzeitig Arbeitnehmer sein. 289 In einer vergleichbaren Weise hat schon Titze unter Rückgriff auf Vorstellungen des R O H G 2 9 0 zwischen dem „abstrakten Prinzipal", dem der Anspruch auf die Arbeitsleistung als solche zustehe, und dem „konkreten Prinzipal", der Inhaber des mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Weisungsrechts sei, unterschieden und Organe als „konkrete Prinzipale" eingeordnet, die nicht zugleich die Stellung von Arbeitnehmern (kaufmännisches Personal im Sinne der §§ 59 ff. H G B ) einnehmen könnten. 291 Allerdings grenzen die miteinander

FS A. Hueck (1959), S. 261, 263. Vgl. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 70. 2 8 4 § § 1 4 Abs. 1 Nr. 2, 17 Abs. 5 Nr. 2 KSchG, § 1 Abs. 3 Nr. 2 5. VermBG, § 5 Abs. 1 S. 3 A r b G G , § 5 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, § 3 Abs. 1 S. 2 MitbestG. 2 8 5 Siehe oben sub II 1. 286 Grunsky, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Arbeitsrecht, Rn. 13, 15; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 140; in diesem Sinne auch G. Hueck, D B 1962, 1363, 1365. 2 8 7 Vgl. Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 15 II, S. 89; siehe ferner Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 17 I 2, S. 143 f.; ähnlich Birk, Leitungsmacht, S. 141 ff. 2 8 8 So ausdrücklich G. Hueck, D B 1962, 1363, 1365; ähnlich Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 140 Fn. 3. 289 Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 15 III, S. 90. 2 9 0 R O H G vom 25.4.1874, R O H G E 13, 179, 181 f.; R O H G vom 22.10.1875, R O H G E 19, 58, 59; R O H G vom 30.11.1875, R O H G E 19, 61, 62 (jeweils Vorstandsmitglied einer AG). Ebenso für den Geschäftsführer einer G m b H R G vom 28.1.1908, SeuffA, Bd. 63 (1908), Nr. 258. 2 9 1 In: Ehrenberg, Handelsrecht, Bd. 2, § 103, S. 545 ff. Zum ausdrücklichen Rückgriff auf Titze durch A. Hueck vgl. insbesondere ders., D B 1954, 274, 275. 282 283

300

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

eng verschwisterten Lehren vom „konkreten Prinzipal" und „funktionellen Arbeitgeber", 2 9 2 die vor allem in der Diskussion um die arbeitsrechtliche Einordnung von GmbH-Geschäftsführern vielfältigen Niederschlag gefunden haben, 293 den von ihnen behandelten Personenkreis nicht immer unter dem Gesichtspunkt organschaftlicher Vertretungsmacht ab, sondern sprechen häufig allgemein von oberster Leitungsmacht, ohne zwischen Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis zu trennen. 2 9 4 Im Gegensatz dazu sollen die beiden Aspekte der Rechtsmacht im Außen- und im Innenverhältnis der Gesellschaft nicht zuletzt wegen der im Schrifttum in der Frage der Möglichkeit eines Arbeitsvertrages zuweilen vorgenommenen Differenzierung zwischen vertretungs- und geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern 2 9 5 isoliert erörtert werden. Eine Personengesellschaftern zukommende Arbeitgeberfunktion interessiert daher zunächst nur in dem Maße, in dem sie gerade mit dem Element organschaftlicher Vertretungsmacht zusammenhängt. Soweit es nun um die Gläubigerstellung als solche geht, kann nicht zweifelhaft sein, daß das Weisungsrecht auch bei einer Gesamthand der Gesellschaft als solcher und nicht dem einzelnen vertretungsberechtigten Gesellschafter persönlich zusteht. 2 9 6 Der vertretungsbefugte Gesellschafter ist somit nicht kraft seiner Organstellung Inhaber eines Teils der Arbeitgeberrechte. 2 9 7 Aber auch dann, wenn man weniger auf die trennscharfe Zuordnung der aus dem Arbeitsvertrag erwachsenden Rechtspositionen als vielmehr auf die generelle Ausübung von „Arbeitgeberfunktionen" abstellt, ergibt sich kein anderes Bild. Aus der allgemeinen Wahrnehmung von Arbeitgeberaufgaben gegenüber der sonstigen - Belegschaft kann für sich genommen nicht geschlossen werden, daß ein Mitarbeiter nicht selber in einem Arbeitsverhältnis zur Gesellschaft stehen kann. 2 9 8 So nehmen auch leitende Angestellte vielfach Arbeitgeberfunktionen 292 Dazu eingehend Groß, Anstellungsverhältnis, S. 75 ff., 87 ff.; zur Prinzipalslehre ausführlich auch Brachen, Organmitgliedschaft, S. 116 ff. 293 Siehe etwa BGH vom 9.11.1967, BGHZ 49, 30, 31; BGH vom 9.2.1978, NJW 1978, 1435, 1437; BGH vom 29.1.1981, BGHZ 79, 291, 293 f.; BGH vom 10.9.2001, ZIP 2001, 1957, 1958; Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 203; Wiedemann/Moll, RdA 1977, 13, 24; Zöllner/Lontz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 5 a aa, S. 47. Ebenso für das Vorstandsmitglied einer AG RG vom 13.3.1928, RGZ 120, 300, 303; BGH vom 15.6.1978, WM 1978, 1106; ähnlich BGH vom 16.12.1953, BGHZ 12, 1, 8. Die Stellung des GmbH-Geschäftsführers als „Repräsentationsorgan" betonend Boemke, ZfA 1998, 209, 213. 294 Vgl. Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, § 15 II u. III, S. 89 f. Gegen einen Rekurs auf die Vertretungsmacht sogar ausdrücklich Titze, in: Ehrenberg, Handelsrecht, Bd. 2, § 103 Fn. 8, S. 554. Anders aber G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 375; Pakebusch, Die arbeitgeberähnlichen Personen, S. 24, 41 ff. 295 Siehe nur Grunsky, in: H. P. Westermann (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Arbeitsrecht, Rn. 15 ff. 296 Vgl. Beuthien, FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1, 3 Fn. 8; Brachen, Organmitgliedschaft, S. 90. 297 Anders Birk, Leitungsmacht, S. 94, der das Direktionsrecht als eine eigene Befugnis der geschäftsführenden Gesellschafter ansieht. Den Hintergrund bildet die - abzulehnende - Lehre von Birk, nach der das Weisungsrecht nicht auf dem Arbeitsvertrag, sondern auf ungeschriebenem Recht beruhen soll; vgl. aaO., S. 59 ff., 76. 298 In diesem Sinne (zum GmbH-Geschäftsführer) auch BAG vom 26.5.1999, AP Nr. 10 zu

IV. Absolute Unvereinbarkeit

von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung?

301

war, ohne daß ihre Arbeitnehmereigenschaft angezweifelt wird. Zwar haben organschaftlich vertretungsberechtigte Gesellschafter anders als leitende Angestellte eine mit dem Gesellschaftsvertrag automatisch verbundene Rechtsmacht inne und sind deshalb ohne weiteres berechtigt, im Außenverhältnis Arbeitgeberfunktionen auszuüben. Indes ist nicht zu erkennen, aus welchem Grunde diese Form der Vertretungsmacht im Außenverhältnis der Gesellschaft zu anderen Beschäftigten als solche das Zustandekommen eines vom Gesellschaftsverhältnis getrennten Arbeitsvertrages verhindern soll. 299 Zweitens geht es um die auf der allgemeinen rechtsgeschäftlichen Ebene liegende Überlegung, daß dieselbe Person nicht gleichzeitig Sender und Empfänger einer arbeitergeberseitigen Direktive sein kann. 3 0 0 Dieser auf den ersten Blick schlagende Einwand erweist sich bei näherem Hinsehen indes als problematisch. Sofern nämlich ein Organ vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit ist, kann es ohne weiteres ein Rechtsgeschäft abschließen, bei dem auf der einen Seite die Gesellschaft und auf der anderen Seite das Organ selber steht. Dabei ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen es konstruktiv unmöglich sein sollte, der Gesellschaft in einem solchen Vertrag ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 3 1 5 BGB vorzubehalten. Besteht ein solches Recht, so kann es grundsätzlich auch vom Organ für die Gesellschaft mit der Wirkung ausgeübt werden, daß sich die konkrete Leistungspflicht des Organs in seiner Eigenschaft als Drittvertragspartner nunmehr nach dem Inhalt der Bestimmung richtet. Sieht man im Direktionsrecht des Arbeitgebers ein solches Leistungsbestimmungsrecht, 3 0 1 erscheint es daher an sich vorstellbar, daß sich ein vertretungsbefugter Gesellschafter insoweit gleichsam auf beiden Seiten des Arbeitsverhältnisses befindet. Immerhin sind soweit ersichtlich noch keine Bedenken gegen die Möglichkeit geäußert worden, daß ein organschaftlich vertretungsberechtigter Gesellschafter in einem gesonderten Auftrags- oder Werkvertragsverhältnis zur Gesamthand steht, obwohl auch in diesem Falle einseitige Weisungsrechte der Gesellschaft existieren. 302 Wenn sich das Rechtsgefühl dennoch gegen diese Sicht der Dinge sträubt, dürfte dies daran liegen, daß sich das mit dem Weisungsrecht assoziierte Element der Unterordnung der Tätigkeit unter einen fremden Willen verflüchtigt, wenn die Willensäußerung durch dieselbe natürliche Person erfolgt. Tatsächlich fehlt es an einer Fremdbestimmtheit des Handelns, wenn für die Umstände einer Mitar§ 3 5 GmbHG (unter III 1). Ähnlich bereits die Argumentation in BSG vom 13.12.1960, BSGE 13, 196, 198; ebenso BSG vom 6.2.1992, BSGE 70, 81, 82; Seiter, FS 25 Jahre BSG, Bd. 2 (1979), S. 515, 526; insoweit ferner Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 14 II 3, S. 99. 299 So auch Brachen, Organmitgliedschaft, S. 130, der in Fn. 113 zutreffend darauf hinweist, daß die Prinzipalslehre auf einem verfehlten Verständnis der Arbeitgeberstellung beruht. 300 Vgl. D. Gaul, G m b H R 1989, 357, 358; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 282; in diese Richtung auch Tillmann, DB 1970, 2157, 2161. 301 Siehe nur BAG vom 29.8.1991, AP Nr. 38 zu § 611 Direktionsrecht; BAG vom 16.9.1998, AP Nr. 56 zu § 611 Direktionsrecht (unter III 1); Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 31 Rn. 31, S. 212. 302 Vgl. § 665 bzw. § 645 BGB.

302

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

beit letztlich der eigene Wille maßgeblich ist. In diesem Sinne kann niemand von sich selbst abhängig sein. 3 0 3 Daran ändert auch die Zurechnung des Organhandelns zu der Gesamthand nichts. Der Dienstvertrag eines Gesellschafters kann deshalb nicht infolge etwaiger von dem vertretungsberechtigten Beteiligten an sich selbst gerichteten Weisungen als Arbeitsvertrag eingestuft werden kann. Gleichwohl vermag das Kriterium der organschaftlichen Vertretungsmacht die Existenz eines Arbeitsvertrages nicht von vornherein absolut zu versperren. 3 0 4 Zwar kann man die Mobilisierung dieses Merkmals entgegen einer verbreiteten Ausdrucksweise 3 0 5 nicht schon dadurch entkräften, daß man die Vertretungsmacht als eine das Außenverhältnis betreffende Frage ansieht, während es bei der Existenz eines Arbeitsverhältnisses um das Innenverhältnis gehe. Ein Arbeitsvertrag kommt nämlich - wie dargelegt - stets zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft als solcher zustande. Dies gilt sowohl für einen echten Drittvertrag (Typ III) 3 0 6 als auch für eine Vereinbarung zur Ausführung gesellschaftsvertraglicher Vorgaben (Typ II) 3 0 7 . Es ist jedoch schon zweifelhaft, ob das Vorhandensein des Weisungsrechts als zentrales Merkmal der persönlichen Abhängigkeit eines Beschäftigten heutzutage überhaupt noch die äußerste Grenze für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages markiert. 3 0 8 Aber auch wenn man mit der traditionellen Ansicht an diesem Erfordernis festhalten will, so folgt daraus nicht, daß ein Arbeitsverhältnis zwingend ausscheidet. Zum einen ist zu berücksichtigen, daß die Existenz eines Arbeitsvertrages nach herkömmlicher Auffassung nicht durch den tatsächlichen Ausspruch von Weisungen, sondern durch das Bestehen eines Direktionsrechts konstituiert wird. Diese Befugnis steht aber entsprechend dem soeben zur Rechtsfigur des konkreten Prinzipals Gesagten eindeutig der Gesamthand als solcher und nicht dem vertretungsbefugten Gesellschafter zu. Zum anderen schließt es das Vorliegen organschaftlicher Vertretungsbefugnis in den - sonstigen - Außenbeziehungen der Gesellschaft für sich genommen nicht aus, daß der betreffende Gesellschafter in seinem gesonderten Tätigkeitsverhältnis den Weisungen von Mitgesellschaftern unterliegt, die ebenfalls über organschaftliche oder (wie etwa bei einem Kommanditisten) über rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügen. 3 0 9 Wurde etwa einem Kommanditisten zulässigerweise die alleinige Geschäftsführungsbefugnis sowie eine Prokura eingeräumt, 3 1 0 so ist Für das österreichische Recht ebenso Hoher, D R d A 1976, 171, 172. In diesem Sinne auch Brachert, Organmitgliedschaft, S. 90; ferner Henssler, R d A 1992, 289, 292 (zu Organmitgliedern von Körperschaften). 3 0 5 So aber - zur insoweit vergleichbaren Problematik der Stellung von körperschaftlichen Organmitgliedern - Annuß, Z I n s O 2001, 344, 345; Boemke, Z f A 1998, 209, 212; Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 86; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 1 4 Rn. 5, S. 107; Trinkhaus, D B 1968, 1756, 1758; ähnlich Molitor, A G 1957, 193, 195. 3 0 6 Siehe dazu oben sub § 3 V. 3 0 7 Hierzu oben sub § 3 V. 3 0 8 Siehe dazu oben sub § 7 I. 3 0 9 Vgl. die Parallele bei Henssler, R d A 1992, 289, 292, zum möglichen arbeitsrechtlichen Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber dem G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r . 3 1 0 Zur Statthaftigkeit siehe oben sub 2 b cc. 303

304

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

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nicht ersichtlich, warum das fortbestehende organschaftliche Vertretungsrecht 311 für sich genommen den Komplementär daran hindern sollte, einen Arbeitsvertrag über eine untergeordnete Mitarbeit abzuschließen. In diesem Sinne kann auch ein Vergleich mit Prokuristen gezogen werden, denen einerseits eine umfassende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht zusteht, die aber andererseits im Rahmen ihrer Dienstleistungsbeziehung dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht unterliegen. 312 Im übrigen hat Kastner für das österreichische Recht die Vertretungsmacht der persönlich haftenden Gesellschafter einer O H G bzw. einer K G ebenfalls ausdrücklich als einen der Arbeitnehmereigenschaft nicht widersprechenden Umstand bezeichnet. 313 Nach alledem stellt die formale Vertretungsbefugnis eines Gesellschafters keinen absoluten Hinderungsgrund für die Qualifikation einer vom Gesellschaftsverhältnis unabhängigen dienstrechtlichen Beziehung als Arbeitsvertrag dar. Diese Rechtsmacht schließt nämlich für sich genommen das Vorhandensein eines für die Modalitäten des Mitarbeitervertrages maßgeblichen fremden Willens nicht aus, was letztlich darauf beruht, daß es gesellschaftsrechtlich zulässig ist, innerhalb der Personengesellschaft ein vom organschaftlichen Vertreter getrenntes Entscheidungszentrum zu installieren, das in der Lage ist, seine Vorstellungen weitgehend 314 - unabhängig vom Willen dieses Vertreters durchzusetzen. Für den Bereich des Körperschaftsrechts sind keine gegenläufigen Aspekte erkennbar, soweit es um die organschaftliche Vertretungsmacht als solche geht. Selbst Grunsky, der einer Doppelrolle als organschaftlich vertretungsberechtigter Personengesellschafter und Arbeitnehmer ablehnend gegenübersteht, will seine Überlegungen nicht auf den GmbH-Geschäftsführer übertragen. 315 Dies bedeutet konkret, daß die organschaftliche Vertretungsbefugnis eines GesellschafterGeschäftsführers für sich genommen nicht zur Unmöglichkeit der Einstufung einer tätigkeitsbezogenen Beziehung als Arbeitsvertrag führt. Das betrifft einmal Dienstverträge, die mit der Organstellung nichts zu tun haben und durch die der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH freie Arbeitskapazitäten jenseits seiner eigentlichen Geschäftsleitungstätigkeiten zur Verfügung stellt. 316 Diese Aus311 Zur Unentziehbarkeit der organschaftlichen Vertretungsmacht im Falle eines einzigen persönlich haftenden Gesellschafters vgl. B G H vom 25.5.1964, B G H Z 41, 367, 369; B G H vom 9.12.1968, B G H Z 51, 198, 199ff.; Fiume, Personengesellschaft, § 1 4 V i l i , S.242; Baumbach/ Hopt, H G B , 30. Aufl., § 127 Rn. 3; Schlegelberger¡Martens, H G B , 5. Aufl., § 170 Rn. 6; Wiedemar™, J Z 1969, 470, 471; krit. H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 259 ff.; zweifelnd ferner K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 53 IV 2, S. 1548. 3 1 2 So auch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 86; Henssler, RdA 1992, 289, 292. 3 1 3 ZAS 1970, 18,20. 3 1 4 Zu den aus der unbeschränkten persönlichen Haftung herzuleitenden zwingenden Mindestverwaltungsbefugnissen siehe oben sub 2 b cc. 3 1 5 In: H. P. Westermann, Handbuch, 4. Aufl., IV Rn. 16. 3 1 6 Zu einer solchen Konstellation B A G vom 10.4.1991, AP Nr. 54 zu § 611 B G B Abhängigkeit; vgl. auch B A G vom 27.10.1960, AP Nr. 14 zu § 5 A r b G G 1953 (unter II 2 b): zusätzliche Tätigkeit des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft; siehe dazu noch näher unten sub V 1 b aa

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

s a g e b e z i e h t s i c h a b e r a u c h a u f d e n A n s t e l l u n g s v e r t r a g als d e n j e n i g e n D i e n s t v e r t r a g , d e r die s c h u l d r e c h t l i c h e G r u n d l a g e f ü r die A u s ü b u n g d e s G e s c h ä f t s f ü h r e r a m t e s b i l d e t . S o w e i t die z i v i l g e r i c h t l i c h e Schrifttums

318

Rechtsprechung317

sowie Teile

des

für ihre These, G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r k ö n n t e n generell keine

A r b e i t n e h m e r s e i n , g e r a d e d i e S t e l l u n g als M i t g l i e d des V e r t r e t u n g s o r g a n s b z w . als „ f u n k t i o n e l l e r A r b e i t g e b e r " g e g e n ü b e r d e r s o n s t i g e n B e l e g s c h a f t a n f ü h r e n , 3 1 9 ist i h n e n s o m i t z u w i d e r s p r e c h e n . 3 2 0 S t a t t d e s s e n ist d e r z u n e h m e n d v e r t r e t e n e n und mittlerweile auch v o m B A G 3 2 1 ausdrücklich anerkannten Minderansicht322 z u z u s t i m m e n , die - jedenfalls implizit - in der organschaftlichen

Vertretungs-

m a c h t kein grundsätzliches H i n d e r n i s für eine Q u a l i f i k a t i o n dieses R e c h t s v e r h ä l t n i s s e s als A r b e i t s v e r t r a g e r b l i c k t u n d h i e r d u r c h e i n e aus d e r W e i m a r e r Z e i t s t a m m e n d e T r a d i t i o n 3 2 3 w i e d e r b e l e b t . D a m i t ist f r e i l i c h n o c h n i c h t g e s a g t , o b die m i t d e r P o s i t i o n als o r g a n s c h a f t l i c h e r V e r t r e t e r i m K ö r p e r s c h a f t s r e c h t -

anders

(1) (a) (bb). Zur umfänglichen französischen Judikatur hinsichtlich eines neben der Organstellung existierenden Arbeitsvertrages eingehend unten sub b bb. 3 1 7 Vgl. B G H vom 9.11.1967, B G H Z 49, 30, 31; B G H vom 9.2.1978, N J W 1978, 1435, 1437; B G H vom 28.4.1980, B G H Z 77, 94, 96; B G H vom 29.1.1981, B G H Z 79, 291, 293 f.; O L G Jena vom 30.11.1995, ZIP 1996, 241, 242; abl. ferner B G H vom 17.2.1968, W M 1969, 686, 688. Siehe aber auch B G H vom 10.1.2000, N J W 2000, 1864, 1865, wo beiläufig davon die Rede ist, daß das Rechtsverhältnis des Organmitglieds zur juristischen Person ausnahmsweise als Arbeitsverhältnis ausgestaltet sein könne. Offenlassend L G Köln vom 1.10.1975, AP Nr. 2 zu § 3 7 G m b H G (unter I). 318 Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 203; Neu, Beendigung der Anstellungsverhältnisse, S. 37; Sandmann, Haftung, S. 261 f.; Wiedemann/Moll, RdA 1977, 13, 24; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 4 III 5 a aa, S. 47; ähnlich Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 12. So letztlich auch G. Hueck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 364, 377, der allerdings vorwiegend auf ein Fehlen der für eine Arbeitnehmereigenschaft erforderlichen Merkmale abstellt (S. 376 f.); noch deutlicher in diesem Sinne ders., ZfA 1985, 25, 30 f.; ders., FS Ekonomi (1993), S. 139, 151 ff. 3 1 9 Da manche Autoren in diesem Zusammenhang pauschal von der Organstellung sprechen (vgl. etwa Lieb/Eckardt, GmbH-Geschäftsführer, S. 42 f.; MünchArbR/Richardi, 2. Aufl., § 2 4 Rn. 114), läßt sich nicht eindeutig beurteilen, ob sie in der hier zunächst allein interessierenden Vertretungsmacht oder in der anschließend zu erörternden Geschäftsführungsbefugnis das entscheidende Hindernis für den Arbeitnehmerstatus sehen. 3 2 0 Dasselbe gilt für die Umschreibung der GmbH-Geschäftsführer als „Repräsentationsorgane" durch Boemke, ZfA 1998, 209, 213, mit der er sich offenbar von der verbreiteten Fokussierung auf die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen absetzen will. 3 2 1 B A G vom 26.5.1999, AP Nr. 10 zu § 3 5 G m b H G ; in diese Richtung auch B A G vom 6.5.1999, AP Nr. 46 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2); L A G Hamm vom 25.10.2000, D Z W I R 2000, 192, 196; B A G vom 23.8.2001, D B 2001, 2660; im Grundsatz bereits R A G vom 10.8.1928, ARS 3,207,208; B A G vom 15.4.1982, AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969 (unter A II 3 a aa); B A G vom 17.1.1985, AP Nr. 2 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 b); für den Insolvenzfall ebenso O L G Jena vom 14.3.2001, N Z A - R R 2001, 468, 469. 322 Brachen, Organmitgliedschaft, S. 125 ff.; Groß, D B 1984, 1447, 1453; ders., Anstellungsverhältnis, S. 75 ff.; Heilmann, ZIP 1980, 344, 345 f.; Henssler, RdA 1992, 289,292 ff.; Hey II, Organmitglieder, S. 39 ff.; Köhl, D B 1996, 2597,2601 f.; Preis, N Z A 2000, 914, 918; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 14 Rn. 5, S. 107f.; Trinkhaus, D B 1968,1756,1758 f.; ferner Konzen, N J W 1989, 2977, 2978 Fn. 12; so nunmehr auch Lutter, G m b H R 2000, 301, 311 Fn. 103. 3 2 3 Vgl. E. Molitor, FS Ehrenberg (1927), S. 41, 68 ff.; ders., Arbeitnehmer und Betrieb, S. 35 Fn. 20; Sinzheimer, Grundzüge, 2. Aufl., S. 35 f.

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

305

als im Personengesellschaftsrecht 3 2 4 - notwendigerweise verbundene Geschäftsführungsbefugnis es überhaupt zuläßt, einen Gesellschafter-Geschäftsführer in eine Situation zu versetzen, die sein Dienstverhältnis zu einem Arbeitsvertrag stempelt.

b) Organschaftliche

Geschäftsführungsbefugnis

Wie soeben bereits angeklungen, kommt der Entscheidungsmacht im Binnenraum der Gesellschaft ein erheblich größeres Gewicht bei der Frage nach der grundsätzlichen Möglichkeit eines gesonderten Arbeitsvertrages eines Gesellschafters zu als der Vertretungsberechtigung im Außenverhältnis. Deshalb soll im folgenden danach gefragt werden, ob das ebenfalls vergleichsweise leicht feststellbare Kriterium der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis eine „formale Sperrwirkung" 3 2 5 gegenüber einer Arbeitnehmereigenschaft entfaltet.

aa)

Personengesellschaften

D e r Gesetzgeber hat diesem Merkmal im Zusammenhang mit der Fähigkeit eines Personengesellschafters, Arbeitnehmer sein zu können, augenscheinlich ein geringeres Gewicht beigemessen. Die arbeitsrechtlichen Bereichsausnahmen sehen nämlich überwiegend nur die Vertretungsmacht, 3 2 6 nicht aber zusätzlich die G e schäftsführungsberechtigung 3 2 7 als einen die Arbeitnehmerstellung im Sinne des jeweiligen Gesetzes ausschließenden Umstand an. Auf die mangelnde Aussagekraft dieser Bestimmungen ist allerdings bereits hingewiesen worden. 3 2 8 Des weiteren finden sich auch in dieser Problematik wieder divergierende A n sichten. Neben den vergleichsweise pauschalen Stellungnahmen zur Kompatibilität von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung, die sich jedenfalls nicht gegen eine Sperrwirkung der Geschäftsführungsbefugnis aussprechen, 3 2 9 hält man vereinzelt ein Zusammentreffen von organschaftlicher Geschäftsführungsmacht und Arbeitsvertrag ausdrücklich für statthaft. 3 3 0 Vielfach wird dagegen angenommen, daß die Geschäftsführungsbefugnis eines Personengesellschafters das 324 Zur Möglichkeit eines Auseinanderfallens von organschaftlicher Vertretungs- und Geschäftsführungsmacht als Folge eines unterschiedlichen Schicksals bei der Entziehung B G H vom 9.12.1968, B G H Z 51, 198, 199 ff.; Hey mann/Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 127 Rn. 5; Baumb a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 127 Rn. 6; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 20 IV 1, S. 300. 325 Vgl. Henssler, RdA 1992, 289, 294. 3 2 6 So §§ 14 Abs. 1 Nr. 2, 17 Abs. 5 Nr. 2 KSchG, 1 Abs. 3 Nr. 2 5. VermBG, 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. 327 So §§ 5 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG, 3 Abs. 1 S. 2 MitbestG. 328 Siehe dazu oben sub II 1. 3 2 9 Siehe hierzu oben die Nachweise sub a in Fn. 276. 330 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 303 f.; Eichler-Weiskorn/'Pöppel, KJ 1987, 259, 270; ebenso - wiederum ohne Problembewußtsein - Wagner, Massenkommanditgesellschaft, S. 201 ff., 320. Nicht eindeutig E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., §611 Rn. 22, der nur davon spricht, daß vertretungsberechtigte Mitglieder von Personengesamtheiten keine Arbeitnehmer sein können, die Vereinbarkeit von Geschäftsführungsbefugnis und Arbeitnehmerstatus also zumindest nicht explizit verneint.

306

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

gleichzeitige Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausschließt. 3 3 1 Dieselbe Sichtweise findet sich im österreichischen Recht. 3 3 2 Soweit zur Begründung auf die allgemeine Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen verwiesen wird, 3 3 3 gilt das zum organschaftlichen Vertretungsrecht Ausgeführte entsprechend. Die Ausübung der Arbeitgeberrolle im Verhältnis zu den - sonstigen - Arbeitnehmern stellt für sich genommen kein Hindernis dar, um selbst im Verhältnis zu einer anderen Person bzw. Personengesamtheit die Stellung eines Arbeitnehmers innezuhaben. Entscheidend muß deshalb sein, ob mit der Geschäftsführungsbefugnis zwingend ein solches Maß an innergesellschaftlicher Willensmacht verbunden ist, daß für eine fremdbestimmte Tätigkeit im Rahmen eines gesonderten Mitarbeitsverhältnisses (Typ I I I / l ) 3 3 4 kein Raum mehr bleibt. 3 3 5 Hiervon scheinen diejenigen Autoren auszugehen, die dem Geschäftsführer per se eine fehlende Weisungsabhängigkeit bei der Ausübung seiner Dienste attestieren. 3 3 6 Dieser Auffassung ist insoweit zuzustimmen, als eine Weisungsunterworfenheit innerhalb einer vom Gesellschaftsverhältnis getrennten Tätigkeitsbeziehung nicht aus der Ausübung der eigenen innergesellschaftlichen Leitungsmacht hergeleitet werden kann, auch wenn der Geschäftsführer diese Befugnis nicht eigennützig, sondern nur für die Gesamthand wahrnimmt. Im übrigen sind jedoch keine durchschlagenden Gründe erkennbar, die prinzipiell gegen die Möglichkeit sprechen, einen geschäftsführenden Gesellschafter an die Weisungen eines anderen oder mehrerer anderer geschäftsführender Gesellschafter zu binden. Wenn etwa ein Kommanditist, dem von Gesetzes wegen ohnehin keine Geschäftsführungsmacht zukommt, in einem Arbeitsverhältnis zur K G stehen kann, 3 3 7 muß es auch zulässig sein, ihm durch den Gesellschaftsvertrag formal die Geschäftsführungsbefugnis einzuräumen, ihn bei deren Ausübung aber in vollem Umfange

331 Bauer/Baeck/Schuster, N Z A 2000, 863, 865; Dahns, RdA 1951, 368, 369; Durchlaub, BB 1977, 1509, 1510; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 9 III 3 Fn.27, S.47; Höfer, BetrAVG, Bd. I, Rn. 3690; Höhne, in: Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., § 17 Rn. 35; G. Hueck, D B 1962,1363, 1367; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 40; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 226 ff.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 70, 497; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 37; Strohm, FS O. Möhring (1973), S. 153, 156 ff., 166; ferner - jeweils mit zusätzlicher Erwähnung der Vertretungsmacht - O L G Köln vom 10.5.1978, B B 1978, 1170; Blomeyer/Otto, BetrAVG, 2. Aufl., § 1 7 Rn. 26. Unklar Herrmann, RdA 1989, 313, 319, die nicht deutlich erkennen läßt, ob sie das Vorliegen von Geschäftsführungs- und Vertretungsrecht als alternative oder kumulative Voraussetzungen für den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft ansieht. 332 Holzer/Reissner, AVRAG, § 1 Erl. 1.2.4; Kastner, ZAS 1970, 18, 19 f.; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 138. 3 3 3 Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 37. 3 3 4 Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. 3 3 5 Zur grds. Möglichkeit eines geschäftsführenden Gesellschafters, zusätzliche geschäftsführungsfremde Tätigkeiten im Rahmen einer Drittrechtsbeziehung zu erbringen, vgl. Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 9. 336 Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 9 III 3 Fn. 27, S. 47; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 37. 3 3 7 Siehe dazu oben 2 b bb.

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

307

oder zumindest in bestimmten Teilbereichen den Anordnungen des geschäftsführenden Komplementärs zu unterstellen. Im übrigen wird man aber auch an diesem Punkt noch einen Schritt weitergehen können und die rechtlich gesicherte Einflußnahme durch nicht geschäftsführungsbefugte Gesellschafter als ausreichend anzusehen haben, um eine hinreichende autonome Leitungsmacht des Geschäftsführers als Hindernis für die Qualifikation einer zusätzlichen Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsvertrag aus dem Weg zu räumen. Insoweit sei an die bereits angesprochene Möglichkeit erinnert, daß ein persönlich haftender Gesellschafter bei der geschäftsführenden Leitung der KG an die Weisungen des - selber nicht geschäftsführenden - Kommanditisten gebunden wird. 338 Auch wenn man dem Komplementär bei einer solchen Gestaltung gewisse unabdingbare Mindestverwaltungsrechte zu garantieren hat, um ihn vor unzumutbaren Haftungsrisiken zu bewahren, ändert dies nichts daran, daß die Leitung der Gesellschaft bei einer derartigen Konstellation im wesentlichen in den Händen des Kommanditisten liegt, von einer gesellschaftsinternen Herrschaft des Komplementärs also keine Rede sein kann. Das Personengesellschaftsrecht gestattet somit, die internen Strukturen so auszugestalten, daß ein Beteiligter die organschaftliche Geschäftsführung innehat, die Ausübung aber wesentlichen Beschränkungen durch einen oder mehrere Mitgesellschafter unterliegt. Da auch das allgemeine Widerspruchsrecht eines geschäftsführenden Gesellschafters aus § 115 Abs. 1 Halbs. 2 H G B bzw. § 711 S. 1 B G B zumindest im Grundsatz disponibel ist, 339 ergibt sich aus diesen Bestimmungen zumindest für den Fall der Vereinbarung einer Weisungsunterworfenheit des Geschäftsführers keine Vetobefugnis, mit der dieser jeden Ansatz einer Fremdbestimmung in seinem schuldrechtlichen Beschäftigungsverhältnis möglicherweise vereiteln könnte. Auf die Frage, ob sich ein geschäftsführender Gesellschafter überhaupt auf das Instrument des Widerspruchsrechts stützen kann, um seine Interessen in einem mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnis wahrzunehmen, 340 kommt es deshalb in den geschilderten Gestaltungen nicht an. Gegen diese Betrachtungsweise läßt sich nicht die vor allem von G. Hueck in die Diskussion eingebrachte Unterscheidung zwischen unternehmensbezogenen Direktiven, bei denen es um die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung geht, und arbeitsbezogenen Anordnungen, mit denen die Arbeitsleistung konkretisiert wird, 341 ins Feld führen. Der vorliegende Kontext betrifft nämlich nicht das Problem, ob ein geschäftsführender Gesellschafter durch eine bestimmte gesellschaftsinterne Zuständigkeitsordnung in eine einem Arbeitnehmer vergleichVgl. hierzu oben sub 2 b cc mit Nachweisen in Fn. 259. Vgl. zu § 115 Abs. 1 Halbs. 2 H G B : Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 115 Rn. 25; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 1 1 5 Rn. 7; Schlegelberger/Msrtercs, H G B , 5. Aufl., § 1 1 5 Rn. 30; zu § 711 S. 1 B G B S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 711 Rn. 9; M ü n c h K o m m B G B / W mer, 3. Aufl., § 711 Rn. 4; Erman///. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 711 Rn. 1. 3 4 0 Siehe dazu sogleich im Text. 3 4 1 FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 376 f.; ders., ZfA 1985, 25, 29 f.; ders., FS Ekonomi (1993), S. 139, 152. 338

339

308

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

bare Stellung mit der Folge gebracht werden kann, daß auf seine im Rahmen eines multilateralen Gesellschaftsvertrages geleisteten Dienste arbeitsrechtliche Vorschriften analog zur Anwendung gebracht werden können. 3 4 2 Vielmehr zielen die vorstehenden Überlegungen lediglich darauf ab, ob die - formale - Stellung als Geschäftsführer automatisch ein mit der Arbeitnehmereigenschaft in einem Drittrechtsverhältnis unvereinbares Ausmaß an innergesellschaftlicher Entscheidungsmacht mit sich bringt. Die dargelegte Möglichkeit, einen geschäftsführenden Personengesellschafter bei der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben an die Weisungen anderer - geschäftsführender oder sonstiger - Gesellschafter zu binden, zeigt, daß dies nicht der Fall ist. Man könnte in Anlehnung an die Differenzierung zwischen unternehmensund arbeitsbezogenen Weisungen zwar erwägen, daß einem geschäftsführenden Gesellschafter ein mit einem Arbeitsverhältnis unvereinbarer Freiraum zur Gestaltung der persönlichen Arbeitsumstände zustehen muß, falls er eine von der Geschäftsführung getrennte Tätigkeit ausübt. Ein solcher Gedanke muß indes zurückgewiesen werden. Wenn es die für die Geschäftsführung geltenden Regeln gestatten, einen mit dieser Aufgabe betrauten Gesellschafter bei gesamthandsbezogenen Entscheidungen den Weisungen anderer Gesellschafter zu unterwerfen, ist nicht ersichtlich, wie sich aus der wahrgenommenen Funktion ein Verbot tätigkeitsbezogener Anordnungen im Rahmen eines Drittvertrages ergeben soll. 343 Darüber hinaus wird man ein gesondertes Arbeitsverhältnis schon dann nicht a priori ausschließen können, wenn der Geschäftsführer im Rahmen seiner Geschäftsführungstätigkeit zwar keinen Weisungen unterliegt, er aber gleichwohl nicht in der Lage ist, seinen Willen gegenüber Mitgeschäftsführern durchzusetzen. Dies betrifft Konstellationen, in denen mehrere geschäftsführende Gesellschafter vorhanden sind und jedenfalls der Beteiligte, um dessen schuldrechtliches Tätigkeitsverhältnis gestritten wird, keine Einzelgeschäftsführungsbefugnis hat, sondern bei seinen Entscheidungen auf die positive Mitwirkung anderer Geschäftsführer angewiesen ist. Ob zudem das Widerspruchsrecht gemäß § 1 1 5 Abs. 1 Halbs. 2 H G B bzw. § 711 S. 1 BGB gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen werden muß, ist demgegenüber zweifelhaft. 3 4 4 Zwar könnte eine Weisungsunterworfenheit in einer außergesellschaftlichen Dienstleistungsbeziehung nicht angenommen werden, wenn der Mitarbeiter die gesellschaftsinterne Rechtsmacht hat, jede aus seiner Sicht nachteilige Maßnahme zu unterbinden. Sofern etwa - in Anlehnung an ein im Schrifttum 3 4 5 verwandtes Beispiel - ein geschäftsführender Gesellschafter verlangen könnte, daß die Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses durch einen anderen Geschäftsführer unterbleibt bzw. rückgängig zu maSiehe dazu unten sub c. In diesem Sinne für das österreichische Recht auch Holzer, DRdA 1976, 171, 173 (allerdings kaum vereinbar mit der These auf S. 172, wonach ein geschäftsführungsberechtigter Gesellschafter nicht gleichzeitig Arbeitnehmer der betreffenden Gesellschaft sein könne). 344 Zur grds. Zulässigkeit der Abdingung siehe soeben Fn. 339. 345 Vgl. H e y m a n n I E m m e r i c h , HGB, 2. Aufl., § 115 Rn. 15. 342

343

IV. Absolute Unvereinbarkeit

von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung?

309

chen ist, 3 4 6 ist die Zuerkennung der Arbeitnehmereigenschaft als regelmäßige Voraussetzung für das Eingreifen des Kündigungsschutzes weder möglich n o c h erforderlich. Indes ist bereits fraglich, o b dem geschäftsführenden Gesellschafter überhaupt ein Widerspruchsrecht zusteht, soweit es um die M a ß n a h m e n anderer Geschäftsführer geht, die sich auf ein Rechtsgeschäft des fraglichen Beteiligten mit der Vereinigung beziehen. D a m i t ist das äußerst umstrittene Feld angesprochen, o b und unter welchen Voraussetzungen einzelne Personengesellschafter von der innergesellschaftlichen Willensbildung wegen einer Interessenkollision auszuschließen sind. Ein Teil des Schrifttums sieht in dem U m s t a n d , daß die gesellschaftsinterne Willensbildung ein Geschäft mit dem Gesellschafter betrifft, keinen G r u n d für ein S t i m m v e r b o t und will insoweit lediglich auf die Treuepflicht als G r e n z e rekurrieren. 3 4 7 D i e überwiegende Ansicht bejaht hingegen für diesen Fall unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus den §§ 34 B G B , 47 A b s . 4 S. 2 G m b H G eine B e s c h r ä n k u n g der Stimmrechtsmacht. 3 4 8 D a das Widerspruchsrecht zur G e schäftsführung zählt, 3 4 9 gelten für diese Befugnis dieselben G r e n z e n wie für positive Geschäftsführungsmaßnahmen. Dies bedeutet, daß ein geschäftsführender Gesellschafter bereits von Gesetzes wegen grundsätzlich keinen Widerspruch gegen das Vorgehen eines anderen Geschäftsführers erheben kann, das sich auf ein zwischen dem betreffenden Gesellschafter und der Personengesamtheit bestehendes Rechtsverhältnis bezieht. 3 5 0 D e m z u f o l g e fehlt es einem solchen Gesellschafter auch ohne einen gesellschaftsvertraglichen Ausschluß des Widerspruchsrechts an einem hinreichenden internen Einfluß, der einer Qualifikation des Dienstverhältnisses als Arbeitsvertrag von vornherein entgegenstehen würde.

346 Zu den Rechtsfolgen eines wirksamen Widerspruchs BGH vom 19.4.1971, WM 1971, 819, 820; OLG Hamm vom 24.6.1992, BB 1993, 165 f.; BaumbachIHopt, HGB, 30. Aufl., § 115 Rn.4; Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., §115 Rn.4; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 115 Rn. 18; MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., § 711 Rn. 13; ferner BGH vom 11.1.1988, WM 1988, 968, 970; gegen eine Pflicht zur Rückgängigmachung grds. A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 III 4, S. 129 (siehe aber auch Fn. 40 a. E.: u. U. anders bei Verletzung der Informationspflicht des Handelnden). 347 Vgl. RGRK/YA Gamm, BGB, 12. Aufl., §709 Rn. 13; A. Hueck, FS Heymann, Bd. II (1931), S. 700, 710 f.; ders., OHG, 4. Aufl., § 11 III 2, S. 170 f.; in diesem Sinne auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 I 4 b aa, S. 422. 348 Siehe Fiume, Personengesellschaft, § 14 IX, S. 248 ff.; Soergell Hadding, BGB, 12. Aufl., § 709 Rn. 29; Baumbach/Z/o^t, HGB, 30. Aufl., § 119 Rn. 8; Staudinger/ÄTe^/er, BGB, 12. Aufl., §709 Rn. 9; Schlegelberger/Af^riras, HGB, 5. Aufl., §119 Rn. 40; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 II 2, S. 609 ff.; MünchKommBGB/I//m«?r-, 3. Aufl., § 709 Rn. 64; ErmanIH. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 709 Rn. 26; Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 193 f. 349 BGH vom 9.5.1974, NJW 1974, 1555, 1556; Fiume, Personengesellschaft, § 15 II 1, S. 263; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., §711 Rn. 7; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., §711 Rn. 2; Erman IH. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 711 Rn. 2. 350 Schlegelberger/ytfarreijs, HGB, 5. Aufl., § 115 Rn. 9; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 711 Rn. 2; in diesem Sinne auch BGH vom 9.5.1974, NJW 1974,1555,1556; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §47 V 1 e, S. 1390; a. A. aber RG vom 11.12.1912, RGZ 81,92, 94; Fiume, Personengesellschaft, § 15 II 4, S. 271; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 III 5, S. 133.

310

§6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Eine von vornherein abweichende Situation besteht in den Fällen, in denen es sich bei dem Dienstvertrag nicht um eine von der Geschäftsführung völlig separierte Tätigkeitsbeziehung, sondern um das die organschaftliche Geschäftsführung schuldrechtlich ergänzende Rechtsverhältnis handelt. Wie bereits erläutert, ist eine solche Gestaltung der Rechtsbeziehungen grundsätzlich möglich. 351 In dieser Konstellation können die Auswirkungen der allgemeinen Widerspruchsbefugnis im Sinne des § 115 Abs. 1 Halbs. 2 H G B bzw. § 711 S. 1 BGB auf die mögliche Einstufung der zusätzlichen Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsvertrag nicht isoliert betrachtet werden. Da der zusätzliche Vertrag der Ausgestaltung der persönlichen Rechtsstellung des Gesellschafters gerade in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer dient, kann nur einheitlich danach gefragt werden, ob der Betroffene bei seiner Geschäftsführungstätigkeit entsprechenden Bindungen unterliegt. Sofern dies nicht der Fall ist, kann auch das ergänzende Rechtsverhältnis kein Arbeitsvertrag sein. Wenn der geschäftsführende Gesellschafter dagegen in einer hinreichenden Weise gebunden ist, kann er nicht gleichzeitig eine umfassende Widerspruchsbefugnis als Hindernis für eine Qualifikation der zusätzlichen Rechtsbeziehung als Arbeitsvertrag innehaben. bb)

Körperschaften

Das Körperschaftsrecht zeichnet sich durch eine stärkere Formalisierung der gesellschaftsinternen Zuständigkeiten aus. So fordert das hier im Vordergrund stehende GmbH-Recht die Bestellung von Geschäftsführern, 352 denen neben der organschaftlichen Vertretungsmacht nach dem Normalstatut trotz des Fehlens einer dahingehenden ausdrücklichen Vorschrift anerkanntermaßen auch eine umfassende Geschäftsführungsbefugnis zukommt. 353 Da eine eigene innergesellschaftliche Entscheidungskompetenz hinsichtlich aller für den konkreten Einsatz von Mitarbeitern maßgeblichen Aspekte das gleichzeitige Bestehen eines Arbeitsvertrages im Außenverhältnis ausschließen würde, ist für die Kompatibilität der Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer 354 und als Arbeitnehmer entscheidend, welche Bedeutung die mit der Geschäftsführerposition an sich verbundene Leitungsmacht für das Dienstverhältnis hat und in welchem Maße sie eingeschränkt werden kann. Es kann daher nicht überzeugen, wenn sich etwa Boemke ohne eine nähere Analyse der gesellschaftsinternen Kompetenzregelung darauf zurückzieht, den Geschäftsführer allgemein als Repräsentationsorgan einzustufen, um allein daraus den zwingenden Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft zu folgern. 355 351

Siehe dazu oben § 5 IV 1 b aa (2) (a) u. VI. Vgl. §§ 6 Abs. 1, 8 Abs. 1 Nr. 2 G m b H G . 353 Siehe nur Altmeppen, in: Roth/Alimeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 37 Rn. 2; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., §37 Rn. 4; Scholz/i/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., §37 Rn. 1; Baumbach/Hueck/Zö/feer, G m b H G , 17. Aufl., § 37 Rn. 2. 354 Zur Beschränkung der Studie auf den Gesellschafter-Geschäftsführer unter grundsätzlicher Ausklammerung des Fremdgeschäftsführers siehe bereits oben sub § 1 II 5. 355 ZfA 1998, 209, 213 f. 352

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

311

Insoweit kommt in erster Linie der Regelfall in Betracht, daß der Dienstvertrag die schuldrechtliche Grundlage für die Tätigkeit als Gesellschaftsorgan bildet. Bei dieser Gestaltung ist zunächst zu berücksichtigen, daß für den Abschluß und die Beendigung des Anstellungsvertrages nicht der Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Funktion als Geschäftsführer, sondern grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig ist. 356 Die Arbeitnehmereigenschaft eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann also nicht von vornherein mit der Begründung verneint werden, daß der Mitarbeiter als Geschäftsführer seine eigenen Arbeitsbedingungen festlegt. Zwar unterliegt der Gesellschafter-Geschäftsführer nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung 3 5 7 und Schrifttum 3 5 8 keinem Stimmverbot aus § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG, soweit es um seinen eigenen Anstellungsvertrag geht. Die mitgliedschaftliche Befugnis eines (Mehrheits-)Gesellschafters, an der eigenen Wahl zum Geschäftsführer mitzuwirken, 3 5 9 könnte nämlich anderenfalls durch ungünstige Anstellungsbedingungen, die im Falle des Eingreifens eines Stimmrechtsausschlusses lediglich von den übrigen Gesellschaftern festgelegt würden, ausgehebelt werden. 3 6 0 Entsprechendes gilt für das allseits befürwortete Recht eines Gesellschafters, über die ordentliche Abberufung der eigenen Person als Geschäftsführer mitzustimmen, 3 6 1 das bei einem Stimmrechtsverbot hinsicht-

356 Vgl. BGH vom 21.1.1991, BGHZ 113,237,241 ff.; BGH vom 25.3.1991, NJW 1991, 1680, 1681; BGH vom 27.3.1995, NJW 1995, 1750, 1751; BGH vom 8.12.1997, NJW 1998, 1315; BGH vom 21.6.1999, NJW 1999, 3263, 3264; ebenso etwa Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §46 Rn. 19; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., §46 Rn. 23; Baumbach/ Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 95, § 46 Rn. 24. 357 RG vom 18.10.1910, RGZ 74, 276, 279 f.; RG vom 22.12.1910, WarnRspr. 1911, Nr. 156; RG vom 7.11.1916, JW 1917, 165; RG vom 29.11.1918, JW 1919, 313, 314; BGH vom 29.9.1955, BGHZ 18, 205, 210; BGH vom 9.12.1968, BGHZ 51, 209, 215 f.; BGH vom 26.3.1984, BGHZ 91, 217, 218; OLG Düsseldorf vom 13.7.1989, ZIP 1989, 1554, 1555. 358 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 146 ff.; H a c h e n b u r g / H ü f f e r , GmbHG, 8. Aufl., §47 Rn. 171; ders., FS Heinsius (1991), S. 337, 347; R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , GmbHG, 3. Aufl., § 47 GmbHG, Rn. 61; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 4 7 Rn. 24; Scholz/K Schmidt, 8. Aufl., §46 Rn. 75; Wank, ZGR 1979, 222, 243 f., Baumbach/Hueck/Zö/feer, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rn. 54; ders., Stimmrechtsmacht, S. 233 ff.; a. A. aber Flume, Juristische Person, § 7 V 6, S. 231; Immenga/Werner, GmbHR 1976, 53, 58; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 57; Wilhelm, Rechtsform und Haftung, S. 89 f. 359 Insoweit kommt das Stimmverbot unstreitig nicht zum Zuge; vgl. RG vom 18.10.1910, RGZ 74, 276, 279; BGH vom 29.9.1955, BGHZ 18, 205, 210; BGH vom 9.12.1968, BGHZ 51, 209, 215 f.; Flume, Juristische Person, § 7 V 6, S. 230 f.; Rowedder /Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 61; Scholz/K Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 47 Rn. 118; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 53. 360 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 146 ff.; Baumbach/Hueck/Zö//«er, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rn. 54; ders., Stimmrechtsmacht, S. 233 ff. Dieser Gedanke dürfte auch hinter der (mißverständlichen) Wendung der Rspr. stehen, daß es sich bei Bestellung und Anstellung um einen „einheitlichen" und „untrennbaren" Vorgang handele, vgl. RG vom 18.10.1910, RGZ 74, 276, 279 f.; BGH vom 29.9.1955, BGHZ 18, 205, 210. 361 OLG Düsseldorf vom 13.7.1989, ZIP 1989, 1554, 1555; BGH vom 24.2.1992, ZIP 1992, 760, 761; R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , GmbHG, 3. Aufl., § 4 7 Rn. 61; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 47 Rn. 53; Martin Wolf, ZGR 1998, 92, 93.

312

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

lieh der Beendigung des Anstellungsvertrages konterkariert würde. 3 6 2 D e r durch die Gesellschafterposition vermittelte Einfluß auf die Vertragsbedingungen kann bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen indes minimal sein, selbst wenn man die Möglichkeit eines stimmrechtslosen Geschäftsanteils 3 6 3 einmal außer Betracht läßt. Damit ist freilich noch nichts über die Möglichkeit ausgesagt, den Gesellschafter-Geschäftsführer hinsichtlich seiner Geschäftsführungstätigkeit einem von der Gesellschafterversammlung auszuübenden arbeitsrechtlichen Weisungsrecht zu unterwerfen. Immerhin könnte man daran denken, daß einem zum Geschäftsführer bestellten Gesellschafter ein mit einem Arbeitsverhältnis unvereinbares Maß an Freiheit unabdingbar zustehen muß. So will eine nicht unerhebliche Anzahl von Stimmen dem GmbH-Geschäftsführer generell eine im wesentlichen unabhängige Position garantieren. 364 Zwar bezieht sich die dem Geschäftsführer danach zwingend verbleibende Entscheidungsfreiheit unmittelbar nur auf den unternehmerischen Bereich. Indes wäre eine weithin unantastbare gesellschaftsinterne Leitungsmacht

mit einer gleichzeitigen

Fremdbestimmung

in

einem

Tätigkeitsverhältnis mit der G m b H , das den schuldrechtlichen Rahmen für die inhaltlich gerade freie Geschäftsführung darstellt, nicht kompatibel. Hinter der von Teilen der Literatur vertretenen restriktiven Sichtweise steht die Vorstellung, daß der Gesetzgeber das Normalstatut um der G m b H sowie ihrer allgemeinen Stellung im Rechtsverkehr willen mit einer jedenfalls im Kern zwingenden Wirkung ausgestattet habe und der Geschäftsführer nicht in eine „Vertretungsmarionette" 3 6 5 verwandelt werden dürfe. Für eine solche Auffassung fehlt es im Gesetz jedoch an hinreichenden Anhaltspunkten. Statt dessen ist davon auszugehen, daß schon das Normalstatut dem Weisungsrecht der Gesellschafter nach § 37 Abs. 1 G m b H G außerhalb des Bereichs, der den Geschäftsführern als unabdingbare Amtspflichten auferlegt ist, 366 keine Grenzen setzt. Zudem unterliegt die Organisationsverfassung gemäß § 45 Abs. 1 G m b H G grundsätzlich der Gestaltungsfreiheit der Gesamtheit der Gesellschafter als dem höchsten Entscheidungsgremium innerhalb der G m b H . Dementsprechend bejaht die überwiegende Ansicht zu Recht die prinzipielle 3 6 7 Möglichkeit, den Geschäftsführer durch eine extensive 362 Vgl. Hüffer, FS Heinsius (1991), S.337, 348; Baumbach/Hueck/Zö/Azer, G m b H G , 17. Aufl., § 4 7 Rn. 54. 363 Siehe dazu noch unten sub V 2 a bb. 364 Gieseke, G m b H R 1996, 486, 490 f.; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 93; Lindacher, JuS 1984, 672; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 III 2 a bb, S. 336; Zöllner, Z G R 1977, 319, 325; Baumbach/Hueck/Zö//«er, G m b H G , 17. Aufl., § 3 7 Rn. 9; gegen die Zulässigkeit eines ausschließlich weisungsgebundenen Handelns auch Hachenburg/Mertens, G m b H G , 8. Aufl., § 37 Rn. 16. 365 Vgl. Baumbach/Hueck/Zö7/«er, G m b H G , 17. Aufl., § 37 Rn. 9. 366 §§ 30 f., 33, 40, 41 f., 64, 78 G m b H G , 34 A O . Zur „Allzuständigkeit" des Geschäftsführers für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Pflichten der G m b H einschließlich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen siehe auch B G H vom 9.1.2001, N J W 2001, 969, 971. 367 Für mitbestimmte Unternehmen gelten abweichende, hier nicht näher darzustellende Grundsätze.

IV. Absolute Unvereinbarkeit

von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung?

313

Ausübung des Weisungsrechts aus § 37 Abs. 1 G m b H G zu einem reinen E x e k u tivorgan zu degradieren und die Leitung der G m b H auch beim Tagesgeschäft in die H ä n d e der Gesellschafterversammlung zu legen. 3 6 8 Ferner kann die A n o r d nungsbefugnis dadurch schneidiger ausgestaltet werden, daß sie anstelle der m ö g licherweise schwerfälligen Gesellschafterversammlung 3 6 9 einem einzelnen G e sellschafter durch die Satzung als Sonderrecht zugewiesen wird. 3 7 0 Eine G r e n z e findet die Bindung an Gesellschafterweisungen lediglich bei solchen Pflichten, die den Geschäftsführer im Interesse der Gläubiger oder der Allgemeinheit treffen. 3 7 1 Eine Ausnahme wird man grundsätzlich nur für den Fall anzuerkennen haben, daß dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein mitgliedschaftliches Sonderrecht auf die Geschäftsführerposition eingeräumt wurde. In einer solchen K o n stellation spricht vieles dafür, daß eine als Vorrecht ausgestaltete Geschäftsführungsbefugnis nicht durch Weisungen einer Kapitalmehrheit ausgehöhlt werden darf. 3 7 2 E i n e weitere Besonderheit gilt für die R e c h t s a n w a l t s - G m b H , bei der § 59f A b s . 4 B R A O ausdrücklich die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Geschäftsführer bei der Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufes vorschreibt, im übrigen ein zusätzliches Indiz für die im allgemeinen abweichende Rechtslage, weil es dieser speziellen B e s t i m m u n g ansonsten nicht bedurft hätte. Aus der prinzipiellen Statthaftigkeit einer umfassenden Weisungsunterworfenheit des Gesellschafter-Geschäftsführers in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer folgt zunächst allerdings nur, daß die Qualifikation seines der O r g a n s t e l lung zugrundeliegenden Dienstverhältnisses als Arbeitsvertrag nicht von vornherein mit dem A r g u m e n t eines zwingenden Freiraums für unternehmerische Entscheidungen abgelehnt werden kann. Eine Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnisse hat für sich g e n o m m e n lediglich zur Folge, daß die einer A r b e i t nehmereigenschaft entgegenstehende „formale S p e r r w i r k u n g " des mit der organ368 OLG Düsseldorf vom 15.11.1984, ZIP 1984,1476,1478; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 3; Eisenhardt, FS Pfeiffer (1988), S. 839, 845 f.; Feine, GmbH, § 36 I, S. 496; Konzen, NJW 1989,2977, 2979; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 22; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 148; Miller, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§ 3538 Rn. 68, 72, 83; Scholz/t/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 37 Rn. 38; Ulmer, Einfluß des Mitbestimmungsgesetzes, S. 41 Fn. 81; Wank, GmbHR 1980, 121, 123; Ziemons, Haftung der Gesellschafter, S. 21 ff.; nach Hommelhoff, ZGR 1978, 119, 128 ff., kann eine umfassende Verlagerung der Entscheidungskompetenzen auf die Gesellschafter nicht auf §37 Abs. 1 GmbHG, sondern nur auf eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelung gestützt werden; ebenso Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §37 Rn. 12, 14; siehe ferner Lutter/Leinekugel, ZIP 1998, 225,231. 369 Das Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG steht nicht etwa einem Mehrheitsgesellschafter kraft seiner Mehrheitsbeteiligung zu, sondern setzt einen Gesellschafterbeschluß voraus; vgl. Flume, Juristische Person, § 7 V 7, S. 234; Konzen, NJW 1989, 2977, 2979; Baumbach/ Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 43 Rn. 22. 370 Siehe Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §37 Rn. 19; Scholz/i/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 37 Rn. 32. 371 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 4. 372 So R. Fischer, GmbHR 1953,131,133; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 96 f.; Wieland, Handelsrecht, Bd. II, § 117 II 2, S. 301.

314

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

schaftlichen Geschäftsführung an sich verbundenen gesellschaftsinternen Einflusses entfällt. 373 Demgegenüber kann die unternehmensbezogene Weisungsbefugnis gemäß § 37 Abs. 1 G m b H G nicht unbesehen mit dem für den Arbeitnehmerstatus im Grundsatz erforderlichen tätigkeitsbezogenen Direktionsrecht gleichgesetzt werden. Insoweit ist der insbesondere von G. Hueck374 betonten Differenzierung zwischen diesen beiden Ebenen zuzustimmen. 3 7 5 Wenn jedoch das Gesellschaftsrecht keine zwingende Kompetenzregelung zugunsten eines unternehmerischen Entscheidungsraumes des Geschäftsführers vorsieht, gibt es - entsprechend den Darlegungen zum Personengesellschaftrecht - keinen Grund, einem Geschäftsführer einen unantastbaren Bereich für die Modalitäten seiner Dienstleistung einzuräumen. 3 7 6 Der B G H hat deshalb zu Recht die Möglichkeit anerkannt, einem (Fremd-)Geschäftsführer 3 7 7 bestimmte Dienstzeiten vorzuschreiben. 3 7 8 In diesem Sinne erkennt auch G. Hueck trotz seiner prinzipiellen Ablehnung der Arbeitnehmereigenschaft von Geschäftsführern die grundsätzliche Möglichkeit an, den Geschäftsführer in einem für den Arbeitnehmerstatus hinreichenden Maße arbeitsbezogenen Weisungen der Gesellschafterversammlung zu unterwerfen. 3 7 9 Die Basis derartiger Direktiven ist allerdings - wie klarstellend hervorgehoben sei - nicht im Organisationsrecht der G m b H , sondern im Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers zu suchen, wobei die Erteilung entsprechender Anordnungen grundsätzlich der Gesellschafterversammlung als Vertreterin der G m b H 3 8 0 obliegt. 3 8 1 Die insoweit maßgeblichen Einzel-

Henssler, RdA 1992,289, 294. FS Hilger/Stumpf (1983), S.365, 376 f.; ders., ZfA 1985, 25, 29 f.; ders., FS Ekonomi (1993), S. 139,152. 3 7 5 So auch B A G vom 10.4.1991, AP Nr. 54 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit (unter I 3 c); Büemke, ZfA 1998, 209, 213; Eckardt, ZfA 1987, 467, 472; Hohlfeld, G m b H R 1987, 255, 257; Konzen, N J W 1989, 2977, 2978; Lieb, Arbeitsrecht, 7. Aufl., Rn. 28; Schlegelberger/Martetts, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 37; im Grundsatz auch Henssler, RdA 1992, 289, 294; in diesem Sinne ebenfalls B S G vom 29.10.1986, B B 1987, 406,407; unklare Vermengung aber B S G vom 6.2.1992, B S G E 70, 81, 82 f.; ebenso etwa bei Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 14 Rn. 5, S. 107 f.; Trinkhaus, D B 1968, 1756, 1759. Krit. zu dieser Differenzierung Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 134; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 11 Fn. 22; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 228; zurückhaltend ferner Annuß, ZInsO 2001, 344, 346. In der Sache abl. weiter Nägele, B B 2001, 305,306 f., indem er aus der umfassenden Weisungsbindung nach § 37 G m b H G den Schluß ziehen will, daß für ein arbeitsvertragliches Direktionsrecht kein Raum mehr bleibt. 3 7 6 So aber offenbar Pakebusch, Die arbeitgeberähnlichen Personen, S. 71 f. 3 7 7 Für einen Gesellschafter-Geschäftsführer kann nichts anderes gelten. 3 7 8 B G H vom 7.12.1987, W M 1988, 298, 299. Ebenso Scholz/£/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 3 5 Rn. 179. 3 7 9 FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 377. In diesem Sinne auch Konzen, N J W 1989,2977,2978 Fn. 12; für das österreichische Recht ferner Hagen, D R d A 1976, 171, 173. 380 Groß, Anstellungsverhältnis, S. 281, weist zu Recht darauf hin, daß die G m b H und nicht etwa die Gesellschafterversammlung Gläubigerin des Dienstleistungsanspruchs ist. Zur Stellung der Gesellschafterversammlung als Vertreterin der G m b H beim Abschluß des Anstellungsvertrages siehe bereits oben sub § 3 IV 1 a. 3 8 1 Im Erg. ebenso Brachen, Organmitgliedschaft, S. 141 ff., der freilich konstruktiv von einer Doppelnatur der Folgepflicht nach § 37 Abs. 1 G m b H G ausgeht. 373

374

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnebmerstellung?

315

heiten sind an dieser Stelle nicht zu diskutieren. 3 8 2 Vielmehr geht es im vorliegenden Zusammenhang lediglich um den Nachweis, daß das Binnenrecht der G m b H einer derartigen Weisungsbindung nicht per se entgegensteht. Die formale Position als GmbH-Geschäftsführer bildet nach alledem kein unüberwindliches Hindernis gegen die Qualifikation des Anstellungsvertrages eines Gesellschafters als Arbeitsvertrag. Für diese Sichtweise spricht nicht zuletzt, daß durch sie eine schon seit langem bestehende Friktion zum Sozialversicherungsrecht beseitigt wird. Insoweit geht das B S G nämlich in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß die Organstellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers als solche das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zur G m b H nicht von vornherein ausschließt. 383 Statt dessen kommt es auf die konkreten Arbeitsbedingungen an. Zwar ist eine Konvergenz von Zivilrecht und Sozialrecht aufgrund der unterschiedlichen Zweckrichtungen nicht zwingend geboten. 3 8 4 Gleichwohl erscheint es nicht unzulässig, zur Absicherung einer zivilrechtlichen Argumentation auf sozialrechtliche Wertungen zurückzugreifen. Schließlich zeigt ein Blick auf die Rechtslage in Osterreich, daß es bei einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen Ausgangssituation keineswegs fernliegt, die Relevanz der formalen Organstellung zugunsten einer Betrachtung der jeweiligen Einzelumstände zurückzudrängen. So stellt man dort ebenfalls überwiegend auf die konkrete Position des Gesellschafter-Geschäftsführers ab, ohne sich an die Organeigenschaft als ein den Arbeitnehmerstatus absolut ausschließendes Merkmal zu klammern. 3 8 5 Eine weitere Gestaltung betrifft den Fall eines von der Organtätigkeit unabhängigen Dienstverhältnisses eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der selten, aber nicht von vornherein ausgeschlossen ist. 3 8 6 Insoweit besteht eine etwas anders gelagerte Ausgangssituation, weil ein solcher Vertrag nicht von der Gesellschafterversammlung, sondern auf der Geschäftsführerebene abgeschlossen wird. Ein der G m b H unter Umständen zustehendes Direktionsrecht wird somit im Verhältnis zum Mitarbeiter nicht von der Gesellschafterversammlung ausgeübt. Vielmehr sind hierfür die Geschäftsführer zuständig. Ein Arbeitsvertrag Siehe dazu noch unten sub V 1 b aa (1) (a) (aa). Grdl. B S G vom 13.12.1960, B S G E 13,196, 200 f.; ebenso etwa B S G v o m 30.3.1962, B S G E 17, 15, 19 ff.; B S G v o m 31.7.1974, B S G E 38, 53, 57 f.; B S G v o m 9.11.1989, B S G E 66, 69, 71; B S G vom 8.8.1990, S o z R 3-2400 § 7 Nr. 4, S. 13; B S G vom 18.4.1991, S o z R 3 - 4 1 0 0 Nr. 5, S. 8; B S G vom 6.2.1992, B S G E 70, 81, 82; B S G v o m 24.9.1992, S o z R 3-4100 Nr. 8, S. 15; B S G v o m 23.6.1994, N J W 1994, 2974, 2975; B S G vom 8.12.1994, S o z R 3 - 4 1 0 0 Nr. 18, S. 45; B S G v o m 30.6.1999, Breith. 1999, 1033, 1034; B S G v o m 14.12.1999, E z A § 7 S G B IV Nr. 1. 3 8 4 Siehe insoweit bereits oben sub § 1 III. 3 8 5 Vgl. O G H vom 9.11.1976, Arb 9538; Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht, Bd. 2, 3. Aufl., § 43 IV, S. 409 f.; Martinek/Schwarz/Schwarz, A n g G , § 1 Erl. 2; Schuster-Bonnott, F S Kastner (1972), 421, 432 f.; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 105. 3 8 6 Zur nichtorganschaftlichen Mitarbeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers B A G v o m 10.4.1991, A P Nr. 54 zu § 611 B G B Abhängigkeit; siehe ferner B A G v o m 27.10.1960, A P Nr. 14 zu § 5 A r b G G 1953 (unter II 2 b): zusätzliche Tätigkeit des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft; hierzu noch näher unten sub V 1 b aa (1) (a) (bb). 382

383

316

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

würde damit zwingend ausscheiden, wenn es der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer aus diesem Grunde unabdingbar in der Hand hätte, die für das Dienstverhältnis wesentlichen Entscheidungen zu fällen. Wie soeben dargelegt, kann der Geschäftsführer indes mit der Folge an eine kurze Leine der Gesellschafterversammlung gelegt werden, daß er auch für alltägliche Entscheidungen einem umfassenden Weisungsrecht unterworfen ist. Zwar müssen Maßnahmen der Gesellschafterversammlung noch durch den Gesellschafter-Geschäftsführer (oder einen anderen Geschäftsführer) in die jeweilige Tätigkeitsbeziehung umgesetzt werden, weil die G m b H außerhalb des Anstellungsvertrages im Außenverhältnis organschaftlich zwingend durch den oder die Geschäftsführer vertreten wird. 3 8 7 Wenn die für den Dienstvertrag maßgeblichen Entscheidungen aber von den Gesellschaftern getroffen werden, entfaltet die organschaftliche Vertretungsbefugnis - wie bereits erläutert - für sich genommen keine Sperrwirkung gegenüber einer Qualifikation der Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsvertrag. Hiermit im Ergebnis überstimmend hat auch das BAG vor einiger Zeit angemerkt, daß die Möglichkeit einer Doppelstellung als Organmitglied und Arbeitnehmer nicht von vorherein denknotwendig ausgeschlossen sei. 388 Dabei ist die Position des Gesellschafter-Geschäftsführer sogar noch insofern schwächer, als er bei einer Beschlußfassung über eine Weisung, die nicht den Anstellungsvertrag, sondern einen sonstigen dienstleistungsbezogenen Drittvertrag betrifft, gemäß § 47 Abs. 4 S. 2 G m b H G einem Stimmverbot unterliegt, weil insoweit kein Zusammenhang mit einem korporativen Geschäft besteht. 389 Mit der Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis ist somit kein derart umfassendes Maß an Leitungsmacht unabdingbar verbunden, daß allein aus der Geschäftsführerstellung notwendigerweise folgt, das Dienstverhältnis eines Gesellschafters könne keinesfalls als Arbeitsvertrag qualifiziert werden. Hierfür spielt es keine Rolle, ob es sich um die der Organstellung zugrundeliegende schuldrechtliche Beziehung oder um ein sonstiges tätigkeitsbezogenes Rechtsverhältnis handelt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H unterscheidet sich damit vom Mitglied des Vorstandes einer AG, dem nach den § § 7 6 Abs. 1, 77 Abs. 1 AktG ein unabdingbar von Weisungen freier Bereich zur eigenverantwortlichen Geschäftsführung zusteht. 3 9 0 Insbesondere erlaubt die Möglichkeit, bestimmte Geschäfte gemäß § 111 Abs. 4 S. 2 AktG an die Zustimmung des Aufsichtsrats zu

Vgl. Scholz/i/. H. Schneider, G m b H G , 9. A u f l . , § 37 R n . 38. B A G v o m 10.12.1996, A P Nr. 4 zu § 2 A r b G G 1979 Z u s t ä n d i g k e i t s p r ü f u n g (unter II 3 d). 3 8 9 Zur A n w e n d u n g des § 47 Abs. 4 S. 2 G m b H G auf einseitige W i l l e n s e r k l ä r u n g e n siehe nur Immenga/Werner, G m b H R 1976, 53, 57; Scholz/K Schmidt, G m b H G , 8. A u f l . , § 4 7 R n . 109; Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 225. 390 Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, A k t G , § 7 6 R n . 12; H Uff er, A k t G , 4. A u f l . , § 76 R n . 10; Mertens, in: K ö l n e r K o m m . z. A k t G , 2. A u f l . , § 76 R n . 42. 387 388

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

317

binden, keine umfassende Ausrichtung der Geschäftsführungstätigkeit durch den Vorstand an Fremdvorgaben. 391 Der auch dem französischen Recht 392 in der Diskussion um die Stellung von Organmitgliedern nicht unbekannte Gedanke einer allgemeinen „psychologischen" Subordination 393 genügt nicht, um die Arbeitnehmereigenschaft auszulösen. Da ein entsprechender Freiraum in Geschäftsführungsfragen arbeitsleistungsbezogene Anordnungen ausschließt, bedeutet dies, daß der Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds, das gleichzeitig Aktionär ist, unabhängig davon kein Arbeitsverhältnis sein kann, welches Gewicht die durch die gesellschaftsrechtliche Teilhabe vermittelten Verwaltungsrechte in der Hauptversammlung haben. Die für das Aktienrecht charakteristische Distanz zwischen Management und Anteilseignern steht einem unmittelbaren Durchschlagen der gesellschaftsvertraglichen Mitverwaltungsbefugnisse auf die Geschäftsführungsebene entgegen und verhindert somit auch bei der zunehmenden Anzahl „kleiner" Aktiengesellschaften 394 von vornherein die Qualifikation des Anstellungsvertrags als Arbeitsvertrag. 395 Die gegenteilige Ansicht 396 übersieht, daß ein umfassender Zugriff des Aufsichtsrats oder gar eines Mehrheitsaktionärs auf die Modalitäten der Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds mit der durch §§ 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 AktG garantierten Entscheidungsfreiheit nicht vereinbar ist. 397 Dementsprechend wäre es ebenfalls unzulässig, die Stellung des Vorstandsvorsitzenden als chief executive officer anglo-amerikanischen Zuschnitts mit einem Direktionsrecht gegenüber den übrigen Vorstandsmitgliedern auszugestalten, wie dies in der Öffentlichkeit kürzlich diskutiert worden ist. Selbst wenn man für den Arbeitnehmerstatus die Weisungsabhängigkeit zurückstellt und das Gewicht stärker auf das Fehlen eines unternehmerischen Entscheidungspielraums bzw. auf die Eingliederung in eine fremdgesteuerte Organisation legt, besteht bei Vorstandsmitgliedern im Gegensatz zu Geschäftsführern insoweit zwingend eine hinreichend breite Zone für freies Handeln. Die in einer neueren Entscheidung des BSG vertretene Auffassung, daß ein Vorstandsmitglied bei entsprechenden anstellungsvertraglichen Regelungen in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne

3 9 1 Vgl. Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, A k t G , § 111 Rn. 65; Kuhn, K o m p e tenzbereiche, S. 188 ff.; Mertens, in: K ö l n e r K o m m . z. A k t G , 2. Aufl., § 111 Rn. 66. 392 Blaise, Dr. soc. 1988, 468, 473; krit. aber Deslandes, D . 1982, Chr. 19, 20, Mansuy, Rev. soc. 1987, 1, 12 ff.; siehe dazu noch näher unten im Text. 3 9 3 In diesem Sinne Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 14 Rn. 5, S. 107; Trinkhaus, D B 1968, 1756, 1759. 3 9 4 Siehe Hahn, G m b H R 2001, R 21; Hansen, A G 2001, R 67 f.; Seibert, in: Seibert/Kiem (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Rn. 25 ff. 3 9 5 Im Erg. ebenso Bommert, in: Seibert/Kiem (Hrsg.), Handbuch, 4. Aufl., Rn. 402. 396 Kauffmann-Lauven, N Z A 2000, 799, 800; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 14 R n . 5, S. 107; Trinkhaus, D B 1 9 6 8 , 1 7 5 6 , 1 7 5 9 ; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 49 ff.; im Grundsatz auch Krauss, Status und Kündigungsschutz, S. 64 ff., der allerdings letztlich von einer Einordnung als Arbeitnehmer absieht (S. 71 f.). 3 9 7 So auch Brachen, Organmitgliedschaft, S. 166 f., der den genannten Vorschriften die Funktion einer Bereichsausnahme zuspricht (S. 170).

318

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

des § 7 Abs. 1 SGB IV stehen kann, 398 mißt den Auswirkungen der Organstellung auf den Anstellungsvertrag ein zu geringes Gewicht bei und kann jedenfalls nicht auf das Zivilrecht übertragen werden. Eine vergleichbare Differenzierung zwischen den Mitgliedern des geschäftsführenden Organs von G m b H und AG findet sich im übrigen auch im österreichischen Recht, das ebenfalls auf der Grundlage der Trennung von Bestellung und Anstellung steht 399 . Während eine verbreitete Meinung früher generell die Möglichkeit bejahte, einen Anstellungsvertrag unter Umständen als Arbeitsvertrag einzustufen, 400 geht man heutzutage überwiegend davon aus, daß dies nur beim GmbH-Geschäftsführer der Fall sein kann, 401 beim Vorstandsmitglied einer AG aber ausgeschlossen ist 402 . Fraglich ist, ob dies auch für einen theoretisch denkbaren Dienstvertrag über eine von der Vorstandstätigkeit getrennte Mitarbeit gilt. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß das Vorstandsmitglied zum einen grundsätzlich nicht mit sich selbst im Namen der AG einen Vertrag schließen darf. 403 Zum anderen unterliegt das Mitglied infolge der analogen Anwendbarkeit der §§ 28 Abs. 1, 34 BGB unabdingbar 404 einem Stimmverbot, soweit es um Vorstandsbeschlüsse über ein Rechtsgeschäft geht, an dem es selbst beteiligt ist. 405 Dementsprechend wird man dem Vorstandsmitglied ein an sich 406 zulässigerweise eingeräumtes Vetorecht ge398 BSG v o m 14.12.1999, B S G E 85, 214, 220 f. E b e n s o f ü r das Vorstandsmitglied eines eV mit 3.500 Beschäftigten u n d einem U m s a t z von 310 Mio. D M BSG v o m 19.6.2001, SozR 3 - 2 4 0 0 § 7 N r . 18. Siehe auch die Versicherungsfreiheit f ü r A G - V o r s t a n d s m i t g l i e d e r gemäß § § 2 7 Abs. 1 N r . 5 SGB III, 1 S. 4 S G B VI. 399 Siehe n u r O G H v o m 9.11.1976, A r b 9538; Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht, Bd. 2, 3. Aufl., § 27 III, S. 261 (AG), § 43 III u. IV, S. 408 ff. ( G m b H ) . 400 FS Kastner (1972), 421, 432 f.; 7bO G H v o m 31.10.1973, A r b 9185; Schuster-Bonnott, mandl, Wesensmerkmale, S. 105; so o f f e n b a r i m m e r n o c h Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht, Bd. I, 4. Aufl., § 1 A II c, S. 54; f ü r eine gewohnheitsrechtliche A n e r k e n n u n g sogar Kastner, FS H . Schmitz, Bd. I (1967), S. 82, 97; ders., G r u n d r i ß , 4. Aufl., F IV 2 b, S. 182; dagegen aber Geppert, D R d A 1 9 8 0 , 1 , 1 6 f. 401 O G H v o m 9.11.1976, A r b 9538; Hämmerle/Wünsch, H a n d e l s r e c h t , Bd. 2, 3. Aufl., § 4 3 IV, S. 409 f.; Martinek/Schwarz/Schwarz, A n g G , § 1 Erl. 2; Mayr, FS Floretta (1983), S.763, 767 ff. 402 O G H v o m 3.7.1975, A r b 9371; O G H v o m 5.2.1985, A r b 10406; Geppert, D R d A 1980, 1, 12 ff.; Hämmerle/Wünsch, H a n d e l s r e c h t , Bd. 2, 3. Aufl., § 2 7 III, S. 261; siehe aber auch Runggaldier/Schima, Rechtsstellung, S. 3 ff., 12 ff., nach deren Ansicht s o w o h l Vorstandsmitglieder einer A G als auch G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r einerseits grundsätzlich w e i s u n g s u n g e b u n d e n sind, die sich aber andererseits vorstellen k ö n n e n , beide P e r s o n e n g r u p p e n infolge des Einsatzes der gesamten A r b e i t s k r a f t als A r b e i t n e h m e r einzustufen. 403 Dies ergibt sich u n a b h ä n g i g von der rechtlichen E i n o r d n u n g der O r g a n e aus § 181 BGB; vgl. B G H v o m 21.4.1960, D B 1960, 978; S o e r g e l / L e p t i e n , B G B , 13. Aufl., § 181 Rn. 18; Staudinger/Schilken, B G B , 13. Bearb., § 181 Rn. 19. 404 Z u r U n a b d i n g b a r k e i t des § 28 Abs. 1 B G B t r o t z des prima facie entgegenstehenden W o r t lauts v o n § 40 B G B siehe S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 13. Aufl., § 28 Rn. 1; M ü n c h K o m m B G B / i i e K ter, 4. Aufl., § 28 Rn. 2; Staudinger/W«c&, B G B , 13. Bearb., § 28 Rn. 6. 405 Vgl. Giesen, O r g a n h a n d e l n , S. 110; Hefermehl, in: G e ß l e r / H e f e r m e h l / E c k a r d t / K r o p f f , A k t G , § 77 Rn. 4; Hoffmann-Becking, Z H R 150 (1986), 570, 579 f.; Hüffer, A k t G , 4. Aufl., § 77 Rn. 8; Mertens, in: K ö l n e r K o m m . z. A k t G , 2. Aufl., § 77 Rn. 29. 406 p{j r m i t b e s t i m m t e U n t e r n e h m e n gelten andere G r u n d s ä t z e .

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnebmerstellung?

319

gen Maßnahmen anderer Mitglieder des Vorstands 407 zu versagen haben, wenn es um ein derartiges Rechtsgeschäft geht. Insoweit sind dieselben Grundsätze wie beim Widerspruchsrecht eines geschäftsführenden Personengesellschafters anzuwenden. Die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis verleiht einem Aktionär-Vorstandsmitglied mithin nicht automatisch die Rechtsmacht, alle für ihn nachteiligen Handlungen im Rahmen eines von der Vorstandstätigkeit separierten Dienstverhältnisses zu blockieren. Zwar darf man die mit der Stellung als Vorstandsmitglied zwingend verbundenen Mitspracherechte auf die Geschäftsführung nicht außer Acht lassen. Diese Einflußnahmemöglichkeiten sind jedoch nicht zwangsläufig derart umfangreich, daß das Mitglied durch sie in die Lage versetzt würde, eine etwaige tätigkeitsbezogene Fremdbestimmung in einem eigenständigen Dienstvertrag von vornherein im Wege einer selbstbestimmten Festlegung der unternehmerischen Rahmendaten zu neutralisieren. Die mit einer Vorstandstätigkeit verbundene Arbeitsbelastung wird ein weiteres Dienstverhältnis eines Aktionär-Vorstandsmitglied zwar regelmäßig nicht zulassen, so daß die vorstehenden Überlegungen weitgehend theoretischen Charakter haben. Sollte es gleichwohl einmal zu einer solchen Konstellation kommen, ist als Ergebnis festzuhalten, daß die Stellung als Mitglied des Vorstands für sich genommen kein unüberwindliches Bollwerk gegen die Einstufung dieser Dienstbeziehung als Arbeitsvertrag bildet. Die vorstehenden Überlegungen werden zumindest teilweise durch die Grundsätze bestätigt, die sich in Frankreich, wo die angesprochene Problematik ebenfalls seit langem intensiv diskutiert wird, 408 für das Verhältnis von Organstellung ( m a n d a t social)409 und Arbeitsvertrag ( c o n t r a t de travail) herausgebildet haben. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, daß das französische Recht der Einheitstheorie folgt, für die Organtätigkeit als solche also keine Trennung von Bestellung und Anstellungsvertrag vorgenommen wird, so daß es hinsichtlich dieser Mitarbeit an einem Anknüpfungspunkt für die etwaige Existenz eines Arbeitsvertrags fehlt. Dementsprechend ist man sich darüber einig, daß die Geschäftsleiter (dirigeant) einer société à responsabilité limitée (SARL) oder einer société anonyme (SA) als solche keine Arbeitnehmer sind. 410 Vielmehr kreist die 407 Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §77 Rn. 11; H ü f f e r , AktG, § 77 Rn. 12; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 3. Aufl., Rn. 178; Mertens, in: KölnerKomm. z. AktG, 2. Aufl., §77 Rn. 11, 20; a. A. T. Bezzenberger, ZGR 1996, 661, 665 ff.; Erle, AG 1987, 7, 8 ff.; insoweit offengelassen in BGH vom 14.11.1983, BGHZ 89, 48, 58. 408 Einen Uberblick über die kaum noch überschaubare Rechtsprechung und Literatur liefern Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul d'un contrat de travail et d'un mandat social (1995); Puigelier, JC, Travail traité, Fase. 2-14 (1997); zu den gérants einer SARL siehe auch Storck, JC, Sociétés traité, Fase. 74-10 (1998), Nr. 50 ff.; in deutscher Sprache umfassend Hobenadel, Geschäftsleiter (1997). 409 Trotz der Verwendung des Begriffs „mandat social", der auf eine rein vertragliche Wurzel hindeutet, überwiegt heutzutage die Einstufung der Geschäftsleiter als gesetzliche Organe der juristischen Personen; vgl. Guy on, Droit des Affaires, Tome 1, Nr. 486, S. 494. 410 Siehe etwa Lyon-Caen, Droit du travail non salarié, Nr. 180, S. 170; Mansuy, Rev. soc. 1987, 1, 2. Dies gilt auch für die im Code du travail (Art. L. 351-1 ff.) geregelte Arbeitslosenver-

320

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Debatte um die Frage, ob eine Kumulation von mandat social und contrat de travail möglich ist und welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen. Im Hinblick auf die prinzipielle Vereinbarkeit beider Rechtspositionen haben sich die Judikatur und das überwiegende Schrifttum für die Statthaftigkeit einer Kompatibilität der Eigenschaft als gérant einer S A R L und als Arbeitnehmer ausgesprochen. 411 Dasselbe gilt für das Leitungspersonal bei den in Frankreich im Verhältnis zu Deutschland nach wie vor erheblich zahlreicheren Aktiengesellschaften. Dies betrifft zunächst die Mitglieder der direction générale bei der „klassischen" monistischen SA. Hierbei geht es zum einen um die directeurs généraux,412 zum anderen aber auch um den président du conseil d'administration (président-directeur général),413 der neben seiner Funktion als Präsident des Verwaltungsrats {conseil d'administration) bislang zugleich die Position als Leiter der Generaldirektion innehatte 4 1 4 . Soweit die Mitglieder der direction générale zugleich dem conseil d'administration angehören, gelten für ihre Arbeitsverträge allerdings gewisse Einschränkungen. 4 1 5 Des weiteren ist - entsprechend einer gesetzlichen Vorgabe 416 - eine Kumulation auch hinsichtlich der Mitglieder der directoire bei der (erheblich selteneren) dualistischen SA einschließlich des Präsidenten bejaht worden. 4 1 7 Vergleichbares gilt für den Präsidenten einer association.418 Bei der 1994 neu geschaffenen Rechtsform der société par actions simplifiée (SAS) wird Sicherung, während für die sonstigen Zweige der Sozialversicherung von vornherein andere, hier nicht zu erörternde Regelungen gelten; vgl. Hohenadel, Geschäftsleiter, S. 73 ff. 411 Cass. soc. vom 5.2.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 105; Cass. soc. vom 21.7.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 723; Cass. soc. vom 16.12.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 967; Cass. soc. vom 16.5.1990, Rev. soc. 1990, 407, 409; Cass. soc. vom 14.5.1998, Dr. soc. 1998, 707, 708; Guyon, Droit des Affaires, Tome 1, Nr. 484, S. 493; Hémard/Terré/ Mabilat, Sociétés commerciales, Tome I, Nr. 458, S. 463; Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul, Nr. 125; mißverständlich Mansuy, Rev. soc. 1987, 1, 15 f. 412 Cass. soc. vom 15.6.1977, Bull. civ. 1977, V, Nr. 396; Cass. soc. vom 21.1.1982, D. 1982, I . R . 250; Cass. soc. vom 14.5.1998, Dr. soc. 1998, 708; Guyon, Droit des Affaires, Tome 1, Nr. 347, S. 354; Puigelier, JC, Travail traité, Fase. 2-14, Nr. 22. 413 Cass. soc. vom 9.5.1973, Bull. civ. 1973, V, Nr. 284; Cass. soc. vom 5.2.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 105; Cass. soc. vom 31.3.1982, Bull. civ. 1982, V, Nr. 239; Cass. soc. vom 19.2.1986, Rev. soc. 1986, 600, 601; Cass. soc. vom 16.10.1991, Dr. soc. 1991, 953. So bereits grdl. Cass. com. vom 25.2.1957, Bull. civ. 1957, III, Nr. 73. Zust. Guyon, Droit des Affaires, Tome 1, Nr. 341, S. 348; Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul, Nr. 97. 414 Art. 113 al. 1 L. vom 24.7.1966. Siehe aber nunmehr Art. 225-51 L. vom 15.5.2001. 415 Die Rspr. schließt aus Art. 107 L. vom 24.7.1966 = Art. 225-44 L. vom 15.5.2001, daß ein Arbeitsvertrag nicht nach der Ernennung zum Administrator geschlossen werden kann; vgl. Cass. soc. vom 7.6.1974, Bull. civ. 1974, V, Nr. 355; Cass. soc. vom 22.6.1993, Rev. soc. 1994, 292, 294; Cass. soc. vom 6.10.1993, Rev. soc. 1994, 76, 79. Demgegenüber bleibt ein bereits bestehender Arbeitsvertrag gemäß Art. 93 L. vom 24.7.1966 = Art. 225-22 L. vom 15.5.2001 unter bestimmten Voraussetzungen gültig. Das früher existierende Erfordernis, daß der Abschluß des Arbeitsvertrages grundsätzlich mindestens zwei Jahre zurückliegen muß, ist 1994 durch die sogenannte Loi Madelin abgeschafft worden. 416 Art. 121 al. 2 L. vom 24.7.1966 = Art.225-61 al. 2 L. vom 15.5.2001 geht von der Zulässigkeit eines gleichzeitig bestehenden contrat de travail aus; siehe dazu auch Petit, Rev. soc. 1989, 234,235. 417 Cass. soc. vom 17.11.1988, Rev. Soc. 1989, 232, 233; Guyon, Droit des Affaires, Tome 1, Nr. 352, S. 360; Puigelier, JC, Travail traité, Fasc.2-14, Nr. 23; S ^ g , Rev. soc. 1981, 1, 10. 418 Cass. soc. vom 26.2.1986, Dr. soc. 1988, 474.

IV. Absolute Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

321

dies ebenfalls für möglich gehalten. 419 Der schon frühzeitig erhobene grundsätzliche Vorwurf, diese Sichtweise führe zur Rechtsfigur eines „employé de lui même",420 hat die Rechtsprechung bislang ebensowenig zu einer grundsätzlichen Kursänderung veranlassen können wie die speziell für die gérants einer SARL und für den président du conseil d'administration wegen ihrer Stellung an der Unternehmensspitze und der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen vorgebrachten Einwände, 421 die an die deutsche Diskussion erinnern. Allerdings werden an die Existenz eines kumulativen Arbeitsvertrages mehrere inhaltliche Anforderungen gestellt. So verlangt man - nicht zuletzt infolge der für die Organtätigkeit geltenden Einheitstheorie - für das Vorhandensein eines contrat de travail in materieller Hinsicht eine von der Geschäftsführung getrennte (zumeist „technische") Arbeitsaufgabe. 422 Daneben bedarf es eines Unterordnungsverhältnisses 423 (lien de subordination) sowie einer von den Bezügen aus der Organstellung separierten Bezahlung 424 . Die Handhabung dieser Grundsätze erfolgt unterschiedlich streng. Dies gilt insbesondere für die gérants einer SARL und den président du conseil d'administration einer SA als den am heftigsten umstrittenen Personen. Dabei entfernt sich die uneinheitliche Judikatur für die erforderliche Unterordnung einerseits zum Teil recht weit vom traditionellen Begriff der rechtlichen Subordination 425 und läßt in der Sache eine (auf die freie Abrufbarkeit von der Organposition gestützte) „psychologische" Abhängigkeit genügen. 426 Andererseits bemüht man sich um eine Präzisierung der juristischen Unterordnung und weist vor allem auf die bei der S A R L bestehende Möglichkeit 427 hin, die Rechtsmacht des gérant im Innenverhältnis zu den Gesellschaftern durch die Satzung zu begrenzen. 428 Diese unterschiedlichen Strömungen ändern Vgl. Barthélémy, Dr. soc. 2000, 637, 641; Le Cannu, Rev. soc. 1994, 207, 248. Ripert, D. 1958, J. 1,2. 421 Deslandes, D. 1982, Chr. 19, 21; in diese Richtung auch Mansuy, Rev. soc. 1987, 1, 15 ff. 422 Cass. soc. vom 5.2.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 105; Cass. soc. vom 16.12.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 967; Cass. soc. vom 31.3.1982, Bull. civ. 1982, V, Nr. 239; Biaise, Dr. soc. 1988, 468, 471 f.; Mansuy, Rev. soc. 1987, 1, 4 ff.; Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul, Nr. 115 ff., 129; Puigelier, JC, Travail traité, Fase. 2-14, Nr. 32 ff.; Storck, JC, Sociétés traité, Fase. 74-10, Nr. 53 ff. 423 Cass. soc. vom 21.7.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 723; Cass. soc. vom 16.12.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 967; Biaise, Dr. soc. 1988, 468, 473 f.; Mansuy, Rev. soc. 1987,1,12 ff.; Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul, Nr. 108 ff., 131 ff.; Puigelier, JC, Travail traité, Fase. 2-14, Nr. 39 ff.; Storck, JC, Sociétés traité, Fase. 74-10, Nr. 59 ff. 4 2 4 Cass. soc. vom 5.2.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 105; Cass. soc. vom 21.7.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 723; Cass. soc. vom 16.12.1981, Bull. civ. 1981, V, Nr. 967; Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul, Nr. 130; Puigelier, JC, Travail traité, Fase. 2-14, Nr. 48 ff.; Storck, JC, Sociétés traité, Fase. 74-10, Nr. 57. 425 Aus jüngerer Zeit etwa Cass. soc. vom 15.6.1999, TPS 1999, Nr. 312: Empfang (nicht näher spezifizierter) Instruktionen und Pflicht zum Bericht über die eigene Tätigkeit ausreichend. 4 2 6 So eine auf Deslandes, D. 1982, Chr. 19, 20, zurückgehende mehrfach erhobene Kritik; vgl. Mansuy, Rev. soc. 1987, 1, 12 ff.; Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul, Nr. 113; zust. aber Biaise, Dr. soc. 1988, 468,473. 4 2 7 Art. 49 al. 4 vom 24.7.1966 = Art. 223-18 al. 4 L. vom 15.5.2001. 428 Sayag, Rev. soc. 1981, 1, 9. In diesem Sinne auch Cass. soc. vom 14.5.1998, Dr. soc. 1998, 707, 708. 419 420

322

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

indes nichts am grundsätzlichen Befund, daß nach der in Frankreich überwiegenden Ansicht die Positionen als Leitungsorgan und als Arbeitnehmer nicht prinzipiell unvereinbar sind. Ausschlaggebend ist nicht die formale Stellung. Vielmehr entscheiden die konkreten Umstände über die Existenz eines zusätzlichen contrat de travail. Ähnliche Tendenzen lassen sich für das US-amerikanische Recht konstatieren. Obwohl der board of directors nach den Gesellschaftsrechten der einzelnen Bundesstaaten ein von den Anteilsinhabern im Grundsatz unabhängiges, für die Formulierung der Geschäftspolitik zuständiges Organ einer Corporation ist, 429 vertritt die Rechtsprechung schon seit langem die Ansicht, daß die Mitgliedschaft im board of directors keinen absoluten Hinderungsgrund für die Einstufung als employee im Sinne der verschiedenen arbeitsrechtlichen Schutznormen bildet. 4 3 0 Gleiches gilt für die Gruppe der unter der Kontrolle der directors stehenden officers, bei denen man ebenfalls eine Kompatibilität mit der Stellung als employee für möglich hält. 431 Insoweit ist freilich zu berücksichtigen, daß insbesondere die Kompetenzen der directors nicht unverrückbar feststehen. Vielmehr ist bei geschlossenen Gesellschaften (close corporations) eine erhebliche Einschränkung des Entscheidungspielraums der directors zugunsten der Bindung an Vereinbarungen der Anteilsinhaber zulässig. 4 3 2 Immerhin zeigt sich auch im US-amerikanischen Recht eine eindeutige Strömung, für die Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung das Schwergewicht nicht auf die äußerliche Position als Gesellschaftsorgan, sondern auf die konkreten Umstände des einzelnen Falles zu legen. c) Strukturunterschiede Mitarbeiterverhältnissen

bei Ausführungsverträgen

und

gemischten

Der letzte in diesem Zusammenhang anzusprechende Aspekt betrifft die Frage, ob bei Ausführungsverträgen (Typ II/l) und gemischten Mitarbeiterverhältnissen (Typ II/2) 433 eine generelle Unverträglichkeit von Gesellschafts- und Arbeitsrecht anzunehmen ist, so daß ein Dienstverhältnis jedenfalls bei diesen Konstellationen nicht als Arbeitsvertrag eingeordnet werden kann. Insoweit sei zunächst an die bereits eingehend erläuterten vertraglichen Ausgangssituationen erinnert. Dabei sind Ausführungsverträge als austauschrechtliche Verhältnisse bezeichnet Vgl. Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 483, 488. Hoy v. Progress Pattern Company, 217 F.2d 701, 704 (6th Cir. 1954); Hyland v. New Haven Radiology Associates, P.C., 794 F.2d 793, 798 (2th Cir. 1986); in diesem Sinne auch Zimmerman v. North American Signal Co., 704 F.2d 347, 352 Fn. 4 (7th Cir. 1982); siehe ferner E.E.O.C. v. First Catholic Slovak Ladies Ass., 694 F.2d 1068, 1070 (6th Cir. 1982). 431 Hoy v. Progress Pattern Company, 217 F.2d 701, 704 (6th Cir. 1954); Hyland v. New Haven Radiology Associates, P.C., 794 F.2d 793, 798 (2th Cir. 1986); siehe auch Nagy v. Riblet Products Corp., 79 F.3d 572 ff. (7th Cir. 1996): chief executive o f f i c e r als employee. 432 Vgl. § 350 Del. Gen. Corp. L. (abgedruckt bei Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 779); Folk, Del. Gen. Corp. L., Comment, S. 518, spricht in diesem Zusammenhang von „puppet directors". 433 Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. 429 430

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

323

und für statthaft erklärt worden, deren Eingehung und Durchführung ein Gesellschafter als eine beitragsrechtliche Pflicht übernommen hat. 434 Diesen Gestaltungen sind die - hier nicht noch einmal eigens zu erörternden - Sachverhalte gleichzusetzen, in denen zunächst ausschließlich ein schuldrechtliches Verhältnis bestand, das erst im nachhinein zusätzlich in einen kooperationsrechtlichen Kontext gestellt worden ist. 435 Als gemischte Mitarbeiterverhältnisse schließlich sind solche Beziehungen herausgearbeitet worden, bei denen eine Tätigkeit anders als bei Ausführungsverträgen nicht zwei verschiedenen Rechtsverhältnissen simultan zugeordnet wird, sondern im Rahmen desselben Rechtsverhältnisses zum Teil einen gesellschaftsrechtlichen und zum Teil einen austauschrechtlichen Charakter aufweist.436 Während die in jenem Zusammenhang erfolgten Ausführungen aber lediglich Überlegungen zum grundsätzlichen Verhältnis von Kooperations- und Austauschrecht betrafen, soll nunmehr den gerade durch das Aufeinandertreffen von Gesellschafts- und Arbeitsrecht auftretenden Problemen nachgegangen werden. Dabei zeichnen sich die soeben genannten Sachverhaltsformen dadurch aus, daß es im Gegensatz zu den bisher erörterten Fallgruppen nicht einfach nur um die generelle Vereinbarkeit des Status als Arbeitnehmer mit einer Gesellschafterstellung bzw. mit bestimmten organschaftlichen Befugnissen geht, sondern darum, ob eine Dienstleistung als solche zugleich nach gesellschafts- und nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden kann. 437 Freilich ist bereits der Zugang zu dieser Thematik diffus, selbst wenn man einmal davon absieht, daß sich das Schrifttum über die genauen Vertragsgestaltungen vielfach keine Rechenschaft ablegt. Am deutlichsten läßt sich dies an den Darlegungen von Diller ablesen, der soweit ersichtlich bislang am umfassendsten die Unvereinbarkeitsfrage diskutiert hat.438 So beruft sich Z)z7/er439als Gewährsmann für eine angebliche Inkompatibilität auf Hadding. Dieser hat es als einen beachtlichen Einwand gegen die Arbeitnehmerstellung eines Gesellschafters bezeichnet, daß die Gegenleistung für die Dienste in den Vorteilen der Gesellschafterstellung lägen.440 Man könnte daran denken, daß Hadding mit dieser Formulierung - wenn auch etwas verkürzt - nur zum Ausdruck bringen wollte, daß es sich beim Arbeitsverhältnis um ein bipolares Austauschverhältnis handelt, ein von seiner Struktur her andersgeartetes Rechtsverhältnis also kein Arbeitsvertrag sein kann. Einer solchen Aussage wäre nach den zur Bedeutung des Vertragspartneraspekts angestellten Überlegungen 441 für sich genommen zuzustimmen. In Betracht kommt aber auch, daß nach der Ansicht von Hadding die ArbeitnehSiehe dazu oben sub § 3 IV 3 a aa. Vgl. hierzu oben sub § 3 IV 3 a bb. 4 3 6 Siehe dazu oben sub § 3 IV 3 a cc. 437 Grundsätzliche und deutliche Trennung beider Konstellationen bereits bei A. Arbeit als Beitrag, S. 41 ff. 438 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 289 ff. 4 3 9 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 293. 440 SoergeV Hadding, B G B , 12. Aufl., § 706 Rn. 30. 441 Vgl. hierzu oben sub III 1 b. 434

435

Schreiber,

324

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

mereigenschaft eines Gesellschafters, dessen Dienste eine Beitragsleistung bilden, gänzlich unmöglich sein soll. Wenn sich Hadding für einen solchen Gedanken auf den Gegenleistungsaspekt stützt, handelt es sich indes um keinen spezifisch arbeitsrechtlichen, sondern um einen allgemeinen austauschvertraglichen Aspekt, der für das Arbeitsverhältnis nur deshalb zutrifft, weil es sich um einen besonderen Fall des Dienstvertrages handelt. Diese Problematik ist jedoch bereits eingehend erörtert und mit einem positiven Ergebnis zugunsten der grundsätzlichen Möglichkeit der Doppelzuordnung einer Tätigkeit zum Kooperations- und zum Austauschrecht beschieden worden, sofern nur darauf geachtet wird, daß dieselbe Mitarbeit nicht gleichzeitig in vollem Umfang nach gesellschafts- und nach austauschrechtlichen Grundsätzen vergütet werden kann. 442 Soweit Diller zur Widerlegung von Hadding zum einen die Anwendung des Terminus „Gegenleistung" auf die aus der Gesellschafterstellung erwachsenden Vorteile rügt und zum anderen auf Sachleistungen als mögliche Gegenleistungen im Rahmen eines Arbeitsvertrages hinweist, 443 ist allerdings nicht recht verständlich, welche Aussagekraft diese für sich genommenen zutreffenden Aspekte für die aufgeworfene Frage haben sollen. Eine größere Bedeutung hat für Diller die Gegenüberstellung von Kooperation und Konfrontation als unter Umständen unverträgliche Leitbilder im Gesellschafts- bzw. Arbeitsrecht. 444 Problematisch ist indes bereits die Vermengung unterschiedlicher Gedankenlinien. Zum einen verbirgt sich hinter dem Element der Konfrontation nichts anderes als der bereits angesprochene Austauschaspekt. Läßt man überholte Deutungen des Arbeitsverhältnisses als des Ortes der Auseinandersetzung von „Klassen" beiseite, so reduzieren sich weite Teile des Arbeitsrechts auf die - gegenüber dem freien Dienstvertrag erhebliche - Verbesserung der Austauschkonditionen im weitesten Sinne zugunsten der Arbeitnehmerseite. Wenn eine Austauschbeziehung aber grundsätzlich in einen gesellschaftsvertraglichen Rahmen eingebunden werden kann, so ist nicht zu erkennen, warum ein relativ hohes Schutzniveau zum Vorteil einer Seite nunmehr zu einer strukturellen Unvereinbarkeit führen soll. Zum zweiten geht es um den in der Tat eigenständigen Gedanken des Verhältnisses von gesellschaftsrechtlicher Gleichordnung und arbeitsrechtlicher Unterordnung. Hierbei handelt es sich nach einer mehrfach vertretenen Auffassung um einen Antagonismus, der einer Vereinbarkeit von Gesellschafter- und Arbeitnehmerstellung entgegenstehen soll. 445 Zwar soll nicht bestritten werden, daß bei der unmittelbaren Abgrenzung von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis, in Situationen, in denen der potentielle Partner des GesellSiehe dazu oben sub § 3 IV 3 b. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 293 f. 4 4 4 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 289 ff. 445 Dahns, RdA 1951, 368, 369; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 135; A. Schreiher, Arbeit als Beitrag, S. 42. In diesem Sinne auch Stehmann, Beschäftigungsverhältnisse, S. 206. Demgegenüber spricht Herrmann, RdA 1989, 313, 315, 317, entgegen dem von Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 289 Fn. 8, erweckten Eindruck nur von einer prima facie bestehenden Inkompatibilität und bejaht später (S. 319) sogar ausdrücklich 442

443

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

325

schafts- bzw. Arbeitsvertrages personenidentisch ist und die Eigenschaft als Gesellschafter nicht auf ausschließlich tätigkeitsunabhängigen Umständen beruht, 4 4 6 das Vorhandensein von Weisungsrechten ein Indiz f ü r eine arbeitsvertragliche Regelung sein kann. Dies entspricht einer in der zivilistischen Rechtsprechung 4 4 7 und Literatur 4 4 8 verbreiteten Ansicht zur Abgrenzung von Personengesellschaftsund Arbeitsverhältnis, wenngleich die vertragsrechtliche Ausgangssituation nicht immer hinreichend reflektiert wird. Dieselbe Stoßrichtung findet sich in der finanzgerichtlichen Judikatur. 4 4 9 Die Gegenüberstellung von Gleich- und Unterordnung als S y n o n y m a f ü r G e sellschafts- und Arbeitsvertrag darf indes nicht verabsolutiert werden. W i e die geschilderten neueren Diskussionen im Arbeitsrecht belegen, 4 5 0 ist es keineswegs ausgemacht, daß der Arbeitnehmerstatus mit der Existenz einer regelrechten Weisungsunterworfenheit steht und fällt. Vor allem aber krankt die Vorstellung einer wechselseitigen Ausschließlichkeit von dienstleistungsbezogenem Gesellschaftsbeitrag und Arbeitsverhältnis daran, daß sie die gesellschaftsrechtsinternen Gestaltungsmöglichkeiten zu gering schätzt. Es ist bereits wiederholt darauf hingewiesen worden, daß sich ein Beteiligter auf der Basis des Gesellschaftsvertrages in einem weiten Umfang unter die Weisungen eines Mitgesellschafters begeben kann. 4 5 1 Die bisherigen A u s f ü h r u n g e n betrafen allerdings nur die Zulässigkeit unternehmensbezogener Direktiven. Zu den f ü r eine Arbeitnehmereigenschaft zumindest grundsätzlich erforderlichen tätigkeitsbezogenen Weisungen 4 5 2 die Möglichkeit, daß ein - nicht vertretungs- bzw. geschäftsführungsberechtigter - Gesellschafter zugleich Arbeitnehmer sein kann. 446 Dies betrifft in erster Linie die stille Gesellschaft und die GbR. Daneben kann in Ausnahmefällen auch einmal die Stellung als Gesellschafter einer OHG fragwürdig sein; vgl. dazu oben sub § 5 I. 447 Vgl. RG vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 37; KG vom 10.10.1928, JFG Bd. 6 (1929), 207, 211; RAG vom 7.11.1928, ARS 4, 143, 144 f.; RG vom 10.10.1933, RGZ 142, 13, 22; LAG Chemnitz vom 5.12.1935, ARS 26, 50 f.; LAG Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69, 70 ff.; RAG vom 29.3.1939, ARS 37, 44, 54; BAG vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 HGB; LAG Bremen vom 29.3.1957, AP Nr. 1 zu §611 BGB Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis; BAG vom 16.11.1959, AP Nr. 13 zu § 276 ZPO (unter B 2); BAG vom 26.6.1967, AP Nr. 30 zu § 2 ArbGG 1953 Zuständigkeitsprüfung (unter IV 1 u. 2); BAG vom 15.4.1993, AP Nr. 12 zu § 5 ArbGG 1979; LAG Niedersachsen vom 23.1.1995, LAGE § 48 ArbGG 1979 Nr. 10. 448 Siehe Baier, MDR 1985, 890, 892; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 405 (zur Position von Blaurock siehe aber auch oben sub § 5 I in Fn. 38); Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., §335 Anm. 10; Schön, ZGR 1993, 210, 224 f.; ähnlich (bei Gleichordnung stille Gesellschaft): Brockhoff, BB 1972, 1092, 1093; Baumbach///o/>i, HGB, 30. Aufl., §230 Rn. 4; Hey mann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 230 Rn. 17; in diesem Sinne auch Kellermann, Zweck, S. 136 (bei Weisungsbindung keine GbR); gänzlich andere Tenzenz bei Orel, Nebenleistungspflichten, S. 65, der - in genossenschaftsrechtlichem Kontext - die Uber-/Unterordnung dem Verbandsrecht und die Gleichordnung dem Schuldrecht zuweist. 449 BFH vom 8.7.1965, BStBl. III 1965, 558, 559 f.; BFH vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560, 561; BFH vom 7.2.1968, BStBl. II 1968, 356, 357f.; BFH vom 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187, 188 f.; BFH vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375. 450 Siehe dazu oben sub I. 451 Siehe oben sub 2 b cc u. 3 b aa. 452 Zur Unterscheidung Unternehmens- und tätigkeitsbezogener Weisungen vgl. G. Hueck,

326

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

lassen sich den gesellschaftsrechtlich orientierten Stellungnahmen infolge ihres Desinteresses an der persönlichen Rechtsstellung des betroffenen Gesellschafters vielfach keine eindeutigen Aussagen entnehmen. 4 5 3 Wenn es das Gesellschaftsrecht bei der Organisation der Binnenverfassung von Vereinigungen aber gestattet, einen Gesellschafter bei Entscheidungen, die das gesamte Unternehmen betreffen, den Direktiven anderer Beteiligter zu unterwerfen, ist nicht ersichtlich, warum sich aus den Wertungen des Kooperationsrechts ein prinzipielles Verbot tätigkeitsbezogener Anordnungen ergeben soll. Aus dem jedem Gesellschafter zustehenden Kernbereich von Mitgliedschaftsrechten 4 5 4 läßt sich nicht ableiten, daß er bei der Erbringung von Diensten für die Vereinigung nicht unter der unmittelbaren Anleitung eines anderen Gesellschafters arbeiten dürfte. 4 5 5 Schon das R G war wiederholt mit solchen Fallgestaltungen konfrontiert, ohne entsprechende Zweifel an der Zulässigkeit der Abreden zu äußern. 4 5 6 Des weiteren hat auch das B A G in einer älteren Entscheidung aus der Weisungsunterworfenheit nicht auf ein Arbeitsverhältnis geschlossen, sondern eine gesellschaftsvertragliche Dienstleistung angenommen, wobei es sich freilich um einen Sachverhalt mit familienrechtlichem Einschlag handelte. 4 5 7 Dieselbe Rechtsauffassung kommt in einem Urteil des B F H zum Ausdruck. 4 5 8 Im Genossenschaftsrecht scheint das B A G darüber hinaus trotz der grundsätzlichen Gleichordnung aller Genossen von vornherein keine Probleme mit einer abhängigen Beschäftigung auf statuarischer Grundlage zu haben. 4 5 9 Dies alles liegt auf einer in der Literatur mehrfach vertretenen Linie. 4 6 0 Ferner sprechen sowohl der B G H als auch eine verbreitete

FS Hilger/Stumpf (1983), S. 365, 376 f.; ders., ZfA 1985, 25, 29 f.; ders., FS Ekonomi (1993), S. 139, 152. 4 5 3 Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 37, äußert sich zwar zur angesprochenen Frage, führt jedoch lediglich aus, daß es bei den Weisungen von Mitgesellschaftern um innergesellschaftliche Entscheidungskompetenzen und nicht um arbeitsrechtliche Direktivbefugnisse gehe, ohne explizit die gesellschaftsrechtliche Unzulässigkeit einer auch die konkrete Tätigkeit erfassenden Weisungsunterworfenheit zu behaupten; eine derartige Statthaftigkeit stillschweigend annehmend ders., RdA 1979, 347, 349. 4 5 4 Dazu etwa Schlegelberger/Marieras, H G B , 5. Aufl., § 1 1 9 R n . 2 4 f f . ; Röttger, Kernbereichslehre, S. 96 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 16 III 3, S. 477 ff.; 4 5 5 Im Erg. auch Böckle, GesZR 1983, 138, 140, der im Zusammenhang mit der Abgrenzung zum Arbeitsvertrag ebenfalls die Möglichkeit anerkennt, daß ein stiller Gesellschafter auf der Basis des Gesellschaftsverhältnisses in einer arbeitsorganisatorisch untergeordneten Position tätig ist. 4 5 6 Vgl. R G vom 14.4.1940, R G Z 166, 65, 72 f.; R G vom 16.4.1942, R G Z 169, 105, 107 ff. 4 5 7 B A G vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 Z P O . 4 5 8 B F H vom 28.7.1971, BStBl. II 1971, 815, 816. 4 5 9 B A G vom 16.2.1995, AP Nr. 1 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VI (unter B I 1 a); B A G vom 13.6.1996, AP Nr. 1 zu § 15 A G B - D D R (unter B I). Weiteres Beispiel aus der Praxis bei Orel, Nebenleistungspflichten, S. 18. 4 6 0 E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., §611 R n . 2 1 ; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 53; Meilicke, in: Meilicke/Graf v. Westphalen/Hoffmann/Lenz, PartGG, § 6 R n . 4 6 (Weisung bzgl. Erfüllung freiberuflicher Leistungen möglich); Olbing, AnwBl. 2000, 159, 162; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 36 Rn. 24, S. 259; ebenso (für das österreichische Recht) Floretta/ Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht, Bd. 1,4. Aufl., § 1 B II a, S. 60; in diese Richtung ferner Groß-

IV. Absolute

Unvereinbarkeit

von Gesellschafter-

und Arbeitnehmerstellung?

327

Strömung im Schrifttum von der Möglichkeit des „angestellten Komplementärs", wobei eine Reihe von Äußerungen zumindest den Eindruck erweckt, als wenn diese Rechtsfigur auch die Möglichkeit einer Bindung der persönlichen Arbeitskraft des Betroffenen einschließe. 461 Darüber hinaus relativieren zumindest Teile der US-amerikanischen Judikatur ebenfalls die für die Abgrenzung von employee und independent contractor an sich geltenden Maßstäbe, soweit es um die Unterscheidung von employee und partner geht, und stufen das Vorhandensein einer gewissen Unterordnung (domination bzw. control) ausdrücklich nicht als einen den Status eines partners ausschließenden Umstand ein. 462 Eine solche Freiheit in der Gestaltung der innergesellschaftlichen Beziehungen gilt schließlich auch für die persönliche Rechtsstellung eines Komplementärs, dem ein bestimmtes Maß an unabdingbaren Mindestverwaltungsrechten im Verhältnis zum Kommanditisten zuzubilligen ist. 463 Diese Befugnisse beziehen sich nämlich nur auf sein Interesse am Schutz vor unzumutbaren Haftungsrisiken. Sie garantieren dem Komplementär keineswegs, im betrieblichen Alltag jederzeit seine Interessen als Mitarbeiter wahren zu können. Wenn eine solche Verteilung von Entscheidungsbefugnissen mithin rein gesellschaftsrechtlich statthaft ist, kann es nicht unzulässig sein, sie in die Form eines zusätzlichen Arbeitsvertrages zu gießen. Das Problem besteht insoweit nicht in einer angeblichen generellen Unvereinbarkeit von Gesellschafts- und Arbeitsrecht, die sich auch gegen einen expliziten Parteiwillen durchsetzen würde, sondern darin, ob und in welchem Umfang sich die objektive Rechtsordnung einer - bewußten - „Abwahl" des Arbeitsrechts entgegenstemmt. 464 Soweit sich schließlich aus dem Aufeinandertreffen gesellschaftsrechtlicher und arbeitsrechtlicher Normen Kollisionen ergeben oder die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften gesellschaftsrechtliche Prinzipien gefährdet, steht nichts im Wege, die Konflikte durch ein Zurückdrängen des Geltungsanspruchs einzelner Bestimmungen zu glätten, ohne daß eine der berührten Rechtsmaterien von vornherein einen Vorrang zu beanspruchen hat. Sofern eine atypische Vertragssituation vorliegt, an die der Gesetzgeber nicht gedacht hat, gehört eine Auflösung von Norm- bzw. Prinzipienkollisionen zum normalen methodischen Repertoire. Insoweit gilt dasselbe wie für das bereits beschriebene generelle Zusam-

feld/Gersch, J Z 1988, 937, 946; implizit auch Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 114 Rn. 6; Martens, RdA 1979, 347, 349. 4 6 1 Vgl. B G H vom 9.6.1980, B G H Z 77, 233, 239; Flume, Personengesellschaft, § 10 III, S. 137 f.; Goette, ZIP 1997, 1317, 1321; Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 293 f.; Plum, FS 100 Jahre DJT, Bd. II (1960), S. 137, 156 f.; Schuhe-Osterloh, Der gemeinsame Zweck, S. 61. 4 6 2 Vgl. Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 273 (lOth Cir. 1987); Bromberg/Ribstein, Partnership, Bd. I, §2.09 (c) (2). Im Erg. ebenso Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 990 (Ist Cir. 1997), indem dargelegt wird, daß das Kriterium des management kein allein ausschlaggebendes Gewicht für die Rolle als (echter) Partner hat. 4 6 3 Siehe oben sub 2 b cc. 4 6 4 Siehe dazu unten sub VI 1.

328

§ 6 Arbeitsrechtliche Perspektive

mentreffen von Kooperations- und Austauschvertragsrecht. 465 Insbesondere könnte es nicht überzeugen, einen ganzen Vorschriftenkomplex von vornherein deshalb nicht anzuwenden, weil man meint, daß eine nur modifiziert mögliche Heranziehung dem Willen des Gesetzgebers nicht entspreche. Wenn eine Kollision von Rechtsbereichen nur dadurch auflösbar ist, daß die wechselseitigen Geltungsansprüche behutsam zurückgestutzt werden, trägt man dem gesetzgeberischen Willen nämlich eher durch eine solche „praktische Konkordanz" als durch ein völliges Ausblenden der konkurrierenden Materie Rechnung. Dies muß auch für Konflikte zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht gelten. Nach alledem können die Rechtsfiguren des Ausführungsvertrages (Typ I I / l ) bzw. des gemischten Mitarbeiterverhältnisses (Typ II/2) 4 6 6 nicht nur für eine Verbindung von Gesellschafts- und austauschrechtlichem freien Dienstvertrag, sondern gerade auch für eine Kombination von Gesellschafts- und Arbeitsvertrag eingesetzt werden.

V. Abstufbare Einzelkriterien Nachdem im vorigen Abschnitt festgestellt worden ist, daß sich einer Reihe „absoluter" Umstände im allgemeinen keine „per-se-Regel" hinsichtlich einer Unvereinbarkeit von Gesellschafter- und Arbeitnehmereigenschaft abgewinnen läßt, geht es im folgenden um den Aussagegehalt solcher Merkmale, die „relativ" in verschiedener Stärke auftreten können. Insoweit sollen vor allem die gesellschafterlichen Verwaltungsrechte (unter 1) und Vermögensrechte (unter 2) in den Mittelpunkt des Interesses gerückt werden. 1. Entscheidungseinfluß a)

und

Tätigkeitsumstände

Ausgangssituation

Die allgemeinen Überlegungen zu den für die Arbeitnehmereigenschaft maßgeblichen Kriterien 4 6 7 haben zu dem Ergebnis geführt, daß zum einen an der auf die unmittelbare Tätigkeit bezogenen rechtlichen Weisungsabhängigkeit als Ausgangspunkt festzuhalten ist. Zum anderen kann in Grenzfällen für die Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsvertrag trotz des Fehlens einer die persönliche Arbeitskraft des Mitarbeiters erfassenden Fremdbestimmung auch alternativ darauf abgestellt werden, daß der Beschäftigte infolge der Einbindung in eine fremdgesteuerte Organisation über keinen hinreichenden unternehmerischen Entscheidungsspielraum verfügt und er deshalb keinen unmittelbaren Anteil an den Gewinnchancen und Verlustrisiken einer Marktteilnahme hat. Ferner 465

Siehe hierzu oben sub § 3 I V 3 a aa.

466

Zu den G r u n d f o r m e n siehe oben sub § 3 V. Siehe hierzu oben sub I.

467

V. Abstufbare

Einzelkriterien

329

ist im Rahmen der Ausführungen zu einer absoluten Inkompatibilität zwischen der Eigenschaft als Gesellschafter und Arbeitnehmer mehrfach auf die unternehmensinterne Machtverteilung eingegangen worden. Im folgenden sollen die für und gegen eine Arbeitnehmereigenschaft sprechenden Aspekte, soweit sie mit den Einflußmöglichkeiten des Mitarbeiters sowie den Umständen seiner Tätigkeit zusammenhängen, nunmehr abschließend behandelt werden. Dabei sollen - entsprechend der Zielsetzung dieser Studie - die spezifischen Probleme im Vordergrund stehen, die aus dem Aufeinandertreffen von Gesellschafts- und Arbeitsrecht erwachsen. Gemäß dem in dieser Studie herausgearbeiteten Ansatz, daß eine (echte) Arbeitnehmereigenschaft nur auf der Basis eines austauschrechtlichen Dienstvertrages in Betracht kommt, widmen sich die folgenden Ausführungen den beiden schon wiederholt erwähnten unterschiedlichen Grundkonstellationen 4 6 8 : Den Schwerpunkt bilden die Überlegungen zu denjenigen Fällen, in denen - unstreitig oder als Ergebnis einer Auslegung - eine eigenständige schuldrechtliche Tätigkeitsbeziehung, sei es ein echter Drittvertrag (Typ III/l), 4 6 9 sei es ein Ausführungsvertrag (Typ II/l), eines an einer Gesellschaft Beteiligten vorliegt und nur die Einstufung dieses Beschäftigungsverhältnisses als freier Dienstvertrag oder als Arbeitsvertrag zweifelhaft ist (unter b). Die zweite Gestaltung stellen die Fälle dar, bei denen sich die Unklarheiten im Rahmen eines zweiseitigen Rechtsverhältnisses darauf beziehen, ob ein Beschäftigter überhaupt als Gesellschafter (Typ I), nur als Arbeitnehmer (Typ III/2) oder gegebenenfalls als ein im Rahmen eines gemischten Mitarbeiterverhältnisses Dienstleistender (Typ II/2) anzusehen ist (unter c). In inhaltlicher Hinsicht geht es vorrangig um die Auswirkungen unternehmensinterner Befugnisse des Gesellschafters auf die Einordnungsfrage. Hierbei lassen sich zwei Aspekte unterscheiden: Zum einen fragt es sich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine - etwaige - unmittelbare Unterworfenheit unter ein fremdes Direktionsrecht bzw. eine vergleichbare Eingliederung in eine fremdgesteuerte Organisation durch den Einfluß innerhalb der Gesellschaft neutralisiert werden kann. Zum anderen ist zu klären, von welchen weiteren (tätigkeitsbezogenen) Kriterien es unterhalb einer solchen Schwelle hinreichender Binnenmacht abhängt, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Für beide Prüfungspunkte gilt wiederum, daß sie unmittelbar nur für die Existenz eines echten Arbeitsvertrages von Bedeutung sind, zugleich aber darüber Auskunft geben, ob arbeitsrechtliche Vorschriften auf eine rein gesellschafterliche Mitarbeit analog angewendet werden können. 4 7 0 Betrachtet man die soeben angesprochene Einwirkungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens näher, können im wesentlichen drei Quellen ausgemacht

468 469 470

Siehe dazu bereits oben sub IV 1. Zu den vertraglichen Grundformen siehe oben sub § 3 V. Siehe zu diesem Zusammenhang bereits oben sub I V 1.

330

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

werden: Genuin gesellschaftsrechtlichen Ursprungs ist erstens der Entscheidungseinfluß, der aus einer etwaigen Stellung als geschäftsführendes Organ resultiert. Dasselbe gilt zweitens für diejenigen Verwaltungsrechte, die einem Beteiligten innerhalb der Gesellschafterversammlung zustehen. Hierbei kann die für die gesellschaftsrechtliche Unternehmensordnung charakteristische Unterscheidung der Sachaufgaben in Geschäftsführungs- und Grundlagenmaßnahmen und ihre prinzipielle Verteilung auf die Ebene der Geschäftsleiter und der Mitgliederversammlung 471 dazu führen, daß jedenfalls keine völlige personelle Identität von Geschäftsführern und Gesellschaftern besteht. Somit kann die Frage auftauchen, ob es für den Arbeitnehmerstatus eines Gesellschafters stärker auf die Zuständigkeiten im Bereich der Geschäftsführung oder im Bereich der Grundlagengeschäfte ankommt. Ferner ist an die bereits erwähnte Möglichkeit des Durchgreifens der Gesellschafterversammlung bzw. nichtgeschäftsführender Gesellschafter auf die Geschäftsführungsebene zu erinnern, die einer nur auf formale Positionen abstellenden Betrachtungsweise Grenzen setzt. Zum dritten ist an Einflußmöglichkeiten zu denken, die nicht gesellschaftsrechtlich vermittelt sind, die aber trotzdem jedenfalls nicht von vornherein wortlos übergangen werden dürfen. So will etwa Diller für die Arbeitnehmereigenschaft eines Konstrukteur-Kommanditisten darauf abstellen, welche Bedeutung dessen Erfindungen für die Gesellschaft haben 472 . Insgesamt ergibt sich somit ein Konglomerat von Umständen, die für das Ausmaß des unternehmensinternen Einflusses von Bedeutung sein können. Der Sinn der folgenden Ausführungen kann deshalb nicht darin bestehen, eine ohnehin nicht erreichbare Vollständigkeit anzustreben. Vielmehr muß sich diese Studie mit einer Systematisierung und Gewichtung der maßgeblichen Grundgedanken mit dem Ziel begnügen, auf diese Weise ein höheres Maß an Rechtssicherheit herbeizuführen als durch die sattsam bekannte Berufung auf alle Umstände des Einzelfalles. Dabei soll insbesondere die Rechtsprechung ins Visier genommen werden, weil in den gerichtlichen Entscheidungen die eigentlichen Streitfälle erst zum Vorschein treten und sich zugleich zeigt, ob und inwieweit divergente Begründungslinien das tatsächliche Bild der Praxis prägen. b) Qualifikation

eigenständiger

Dienstverhältnisse

Entsprechend der soeben angedeuteten Orientierung am Ausmaß des Einflusses innerhalb des Unternehmens sollen sich die folgenden Überlegungen schwerpunktmäßig in einem ersten Abschnitt darauf konzentrieren, ob und unter welchen Voraussetzungen infolge gesellschaftsrechtlicher Befugnisse die Einstufung eines Beschäftigten als Arbeitnehmer definitiv ausscheidet, ohne daß die Tätigkeitsbeziehung im einzelnen noch daraufhin untersucht werden müßte, ob der Mitarbeiter einem Weisungsrecht oder einer vergleichbaren Fremdbestimmung

471 472

Siehe dazu prägnant Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 III, S. 323 ff. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 322, 369, 405 f.

V. Abstufbare

331

Einzelkriterien

unterliegt. Anschließend widmen sich die Ausführungen der Sachlage beim Fehlen einer derartigen Binnenmacht. aa) Gesellschaftsrechtlich (1) Situation bei der

vermittelter

Ausschluß der

Arbeitnehmereigenschaft

GmbH

Bei der Qualifikation besonderer Tätigkeitsbeziehungen zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft als solcher empfiehlt es sich, zunächst die Situation bei der G m b H zu beleuchten. Auf diesem Gebiet ist die Diskussion insgesamt gesehen am weitesten vorangeschritten und es kommt deshalb in Betracht, die insoweit geltenden Grundsätze für bislang weniger beachtete Gestaltungen nutzbar zu machen. Im Vordergrund des Interesses stehen hierbei diejenigen Sachverhalte, in denen der GmbH-Gesellschafter zugleich als Geschäftsführer fungiert (unter [a]). Abgesehen von ihrem tatsächlichen Uberwiegen 473 haben sich auch die Rechtsprechung und die Literatur bislang hauptsächlich mit dieser Konstellation befaßt. Daneben dürfen aber auch die Fälle nicht übersehen werden, in denen ein Gesellschafter in einer - zumindest formal - subalternen Stellung in der GmbH mitarbeitet (unter [b]). Derartige Gestaltungen haben die Rechtsprechung durchaus schon beschäftigt 474 und sind auch im Ausland nicht unbekannt (Tätigkeit eines associé non gérant einer SARL) 4 7 5 . (a) Rechtliche

Stellung des

Gesellschafter-Geschäftsführers

Die Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann sich grundsätzlich auf zwei Gegenstände beziehen: die organschaftliche Geschäftsführung und eine sonstige Mitarbeit außerhalb der eigentlichen Geschäftsleitung. Dementsprechend wird im folgenden zunächst der die Diskussion dominierende Anstellungsvertrag als schuldrechtliche Grundlage der organschaftlichen Geschäftsführung (unter [aa]) und sodann ein denkbarer darüber hinausgehender Dienstvertrag als Rahmen einer weiteren Beschäftigung näher betrachtet (unter [bb]). (aa)

Anstellungsvertrag

Soweit es um den Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers geht, bildet die bereits erwähnte, wenn auch im Gesellschaftsrecht bislang zumeist noch abgelehnte Überlegung, daß die Geschäftsführerstellung dem Arbeitneh-

4 7 3 Vgl. Kornblum/Kleinle/Baumann/Steffan, G m b H R 1985, 42, 46; Kornblum/Hampf/ Naß, G m b H R 2000, 1240, 1245, 1250. 4 7 4 L A G Hamm vom 19.3.1985, BB 1986, 391 f.; BSG vom 9.11.1989, B S G E 66, 69 ff.; B A G vom 9.1.1990, AP Nr. 6 zu § 35 GmbHG; B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau; B A G vom 28.4.1994, AP Nr. 117 zu §626 B G B ; B A G vom 11.3.1998, AP Nr. 144 zu §626 B G B ; B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu §611 B G B Abhängigkeit; siehe auch B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG. 4 7 5 Vgl. Cass. soc. vom 19.10.1978, Bull. civ. 1978, V, Nr. 695; Cass. soc. vom 4.3.1981, Bull, civ. 1981, V, Nr. 183.

332

$ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

merstatus nicht per se entgegensteht, 4 7 6 den gedanklichen Ausgangspunkt der folgenden Ausführungen. A u f die Folgen der durch die Gesellschaftereigenschaft vermittelten Einwirkungsmöglichkeiten für die Qualifikation des Anstellungsverhältnisses als Arbeitsvertrag kann es nämlich nur dann a n k o m m e n , wenn man in der Organstellung nicht von vornherein ein absolutes Hindernis für die Arbeitnehmereigenschaft sieht. Dies bedeutet freilich nicht, daß Äußerungen auf der Grundlage eines in dieser Frage abweichenden Standpunktes aus den anschließenden Darlegungen auszublenden wären. Es zeigt sich nämlich, daß diejenigen Stimmen, die den Arbeitnehmerstatus eines Gesellschafter-Geschäftsführers generell verneinen, für das P r o b l e m der analogen A n w e n d u n g arbeitsrechtlicher B e s t i m m u n g e n auf diesen Personenkreis regelmäßig auf dieselben Wertungen zurückgreifen wie sie bei der Einstufung des Anstellungsverhältnisses als echter Arbeitsvertrag begegnen. In der Sache kreisen die einschlägigen Äußerungen entsprechend dem hier gewählten Ansatz schon seit langem vornehmlich u m die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Qualifikation des Anstellungsvertrages als Arbeitsverhältnis zumindest prinzipiell auszuschließen ist. H i e r b e i knüpft man überwiegend an die Beteiligung am Stammkapital an, die für den Regelfall die R i c h t s c h n u r für die Stimmrechtsmacht in der Gesellschafterversammlung darstellt 4 7 7 . D i e folgenden Darlegungen verfolgen freilich nicht den Z w e c k , für jede denkbare Konstellation eine L ö s u n g zu offerieren. Dies wäre angesichts des Umstandes, daß bei einer Mehrzahl von Gesellschafter-Geschäftsführern die unterschiedlichsten A b s t u fungen möglich sind, ein aussichtsloses Unterfangen. Es sollen aber auch nicht lediglich die maßgeblichen Schwellenwerte referiert werden. Vielmehr besteht das Ziel darin, die hinter den zum Teil durchaus umstrittenen Werten angesiedelten Prinzipien herauszuarbeiten und zu bewerten. Betrachtet man die verschiedenen Stellungnahmen unter diesem B l i c k w i n k e l , zeigen sich im wesentlichen drei Leitgedanken. (aaa) Durchsetzbarkeit

des eigenen

Willens

D e r erste Leitgedanke läßt sich als Durchsetzbarkeit des eigenen Willens bezeichnen. Dieses Prinzip findet seinen Ausdruck darin, daß der AlleingesellschafterGeschäftsführer einer G m b H nach einhelliger Ansicht nicht zugleich deren Arbeitnehmer sein k a n n . 4 7 8 D e s weiteren scheidet der Arbeitnehmerstatus auf der Grundlage dieses Ansatzes regelmäßig schon für den MehrheitsgesellschafterGeschäftsführer aus, also für den Gesellschafter mit einem Stammkapitalanteil von mehr als 50 % . 4 7 9 E i n solcher Gesellschafter-Geschäftsführer ist zwar - bei 476 477

478

Siehe dazu oben sub 3 a u. b bb. Vgl. § 47 Abs. 2 G m b H G . Siehe nur O L G Jena vom 30.11.1995, ZIP 1996, 241, 242; Brachen,

Organmitgliedschaft,

S. 178; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 261; Oehlerking, Auswirkungen, S. 37, 41. 479 Brachen, Organmitgliedschaft, S. 180 f.; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 261; Henssler, RdA 1991, 289, 291; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 43 f.; Kuhn,

Kompetenzbereiche,

V. Abstufbare

333

Einzelkriterien

Geltung des Normalstatuts - bei einer Beteiligung von unter 75 % nicht in der Lage, eine Satzungsänderung 4 8 0 bzw. sonstige Grundlagengeschäfte 4 8 1 durchzusetzen. E r kann aber im übrigen grundsätzlich alle Beschlüsse fassen, ohne von einem anderen Gesellschafter abhängig zu sein. D e n Hintergrund dieser Einschätzung bildet der U m s t a n d , daß eine E i n s t u fung des Anstellungsverhältnisses als Arbeitsvertrag grundsätzlich eine unmittelbar auf die Tätigkeit bezogene Bindung des Geschäftsführers an Weisungen der Gesellschafterversammlung voraussetzt, die im N a m e n der G m b H ausgesprochen werden 4 8 2 und deren prinzipielle Zulässigkeit schon dargelegt wurde 4 8 3 . H a t der Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung das Sagen, bestimmt er also gleichsam über seine eigenen Arbeitsbedingungen, fehlt es an der U n t e r w o r f e n h e i t unter einen fremden Willen. D e r im Ergebnis einstimmig gebilligte Verzicht auf eine maßgebliche Beteiligungsschwelle von 75 % belegt, daß es für diesen Leitgedanken letztlich auf den grundsätzlich möglichen D u r c h g r i f f der Gesellschafterversammlung auf die Modalitäten der Mitarbeit im R a h m e n des Anstellungsvertrages sowie die dafür erforderliche M e h r h e i t a n k o m m t . D i e K o m p e t e n z der Gesellschafterversammlung

in

Grundlagenfragen und die damit verbundene Frage, ob der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer aufgrund seiner R e c h t s m a c h t die organisatorischen

Rah-

menbedingungen seiner Tätigkeit eigenständig bestimmen kann, ist somit für den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft unerheblich. D i e Beherrschung des U n ternehmens durch einen einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführer als Hindernis für eine Qualifikation des Anstellungsverhältnisses als Arbeitsvertrag wird demnach auf die Möglichkeit der Gesellschafterversammlung zur Entscheidung in Geschäftsführungsangelegenheiten und nicht auf die K o m p e t e n z in Grundlagengeschäften bezogen. A u f eine vergleichbare Wertung läuft es hinaus, wenn diejenigen Stimmen, die sich grundsätzlich gegen eine Arbeitnehmereigenschaft von G m b H - G e s c h ä f t s führern aussprechen, zum Ausgleich aber für eine analoge A n w e n d u n g zumindest einiger arbeitsrechtlicher Vorschriften plädieren, denjenigen GesellschafterGeschäftsführer von vornherein ausklammern wollen, der eine Allein- oder auch nur eine einfache Mehrheitsposition innehat. 4 8 4 F e r n e r verneint man auch im Sozialrecht das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung des Gesellschafter-GeS. 265; Oehlerking, Auswirkungen, S. 37, 41; in diesem Sinne (für Vorstandsmitglieder) auch Krauss, Status und Kündigungsschutz, S. 126. 480 Vgl. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG. 481 Siehe dazu BGH vom 24.10.1988, BGHZ 105, 324, 336 (Unternehmensvertrag); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 38 III 2 a, S. 1188; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, §6 111 1, S. 325. 482 Insoweit sei daran erinnert, daß der Anstellungsvertrag mit der GmbH als solcher besteht, so daß sie auch Inhaberin einer etwaigen Direktionsbefugnis ist. 483 Siehe hierzu oben sub 3 b bb (2). 484 Boemke, ZfA 1998, 209, 220; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 101 ff.; G. Hueck, ZfA 1985, 25, 32 f.

334

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

schäftsführers bei einem Allein- oder Mehrheitsbesitz, 4 8 5 wobei eine Übertragung der Maßstäbe des B S G auf die Beurteilung der arbeitsrechtlichen Lage zum Teil ausdrücklich befürwortet wird. 4 8 6 Soweit es um Regelungen geht, die auf den persönlichen Schutz des Betroffenen abzielen, wird die mit der Körperschaftsbildung verbundene Verselbständigung des Unternehmens somit durchbrochen. In Fällen dieser Art fehlt es letztlich an einer Fremdbestimmung der Tätigkeit und gleichzeitig an einer sozialen Schutzbedürftigkeit des Betroffenen 4 8 7 . Diese Einschätzung weicht somit signifikant von der steuerrechtlichen Betrachtungsweise ab. Danach schließt es die Stellung als Alleingesellschafter-Geschäftsführer nämlich nicht von vornherein aus, die Tätigkeitsbezüge einkommensteuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einzustufen, so daß der Betroffene in den Genuß der entsprechenden Privilegien kommt, sofern sie nur der Höhe nach angemessen sind und deshalb die Grenze zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht überschreiten. 4 8 8 Im übrigen meint man interessanterweise auch im englischen Recht, daß eine Mehrheitsposition es nicht zwingend verhindert, einen director als employee seiner Gesellschaft anzusehen. 4 8 9 Diese Grundsätze werden durch die neueren Entwicklungen zum Arbeitnehmerbegriff, die einen Bezug zur Frage des eigenständigen Auftretens am Markt herstellen wollen, 4 9 0 zumindest insoweit nicht relativiert, als es um den Freiraum für unternehmerisches Handeln geht. Ein Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer hat nämlich eine hinreichend große Kompetenz für unternehmerische Entscheidungen, so daß an der Stellung als Mitunternehmer unter diesem Aspekt keine Zweifel bestehen. O b das von den Mitspracherechten zu trennende vermögensrechtliche Kriterium einer hinreichenden Partizipation an den Chancen und Risiken des Unternehmens in außergewöhnlichen Gestaltungen an der prinzipiellen Ablehnung einer Qualifikation des Anstellungsvertrages eines Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführers als Arbeitsvertrag noch etwas zu ändern vermag, soll hier bewußt noch offenbleiben und an anderer Stelle im Zusammenhang erörtert werden. 4 9 1

4 8 5 B S G vom 13.12.1960, B S G E 13, 196, 199; B S G vom 8.12.1994, SozR 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 18 (mit Ausnahme für Treuhandbindung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers). 4 8 6 Vgl. Wank, EWiR § 5 A r b G G 2/99, 1093, 1094; in diese Richtung bereits Seiter, FS 25 Jahre B S G , Bd. 2 (1979), S. 515, 526. 4 8 7 Zur Frage des sozialen Schutzbedürfnisses ebenso Boemke, ZfA 1998,209, 220. 4 8 8 Vgl. B F H vom 24.4.1979, BStBl. II 1979, 744, 746. Siehe ferner B F H vom 1.10.1955, BStBl. III 1955, 397; Kirchhof/Söhn/Gi'/oy, EStG, § 19 Rn. B 42, wonach in diesen Fällen lediglich keine Vermutung für eine Arbeitnehmereigenschaft bestehen soll. 4 8 9 Siehe Secretary of State for Trade and Industry v. Bottrill [1999] I.C.R. 592, 603 (C.A.): „Controlling shareholding ... only one of the factors"; in diesem Sinne auch Fleming v. Secretary of State for Trade and Industry [1997] I R L R 682, 684 f. (Ct. of Sess.); Smith v. Secretary of State for Trade and Industry [2000] I.C.R. 69, 75 (E.A.T.); Conolly v. Sellers Arenascene Ltd. [2001] I.C.R. 760, 769 f. (C.A.). 4 9 0 Siehe dazu oben sub I. 4 9 1 Siehe hierzu unten sub 2 a aa.

V. Abstufbare

(bbb) Sichere Verhinderbarkeit

Einzelkriterien

eines fremden

335

Willens

Der zweite jedenfalls im Grundsatz anerkannte Leitgedanke zielt auf die Verhinderbarkeit einer Fremdbestimmung ab. Insoweit ist man nämlich verbreitet der Ansicht, daß bei einem 50 %igen Anteil die Arbeitnehmereigenschaft eines Gesellschafter-Geschäftsführers prinzipiell ausgeschlossen ist. 492 Eine derartige Einschätzung läßt sich auch in der sozialgerichtlichen 4 9 3 und verwaltungsgerichtlichen 494 Rechtsprechung konstatieren. Betrachtet man die egalitäre Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführers näher, zeigt sich, daß der maßgebliche Gesichtspunkt in dieser Konstellation nicht in der Möglichkeit besteht, den eigenen Willen auf jeden Fall durchsetzen zu können. Vielmehr rückt in Konstellationen dieser Art der Gedanke der Sperrwirkung in den Vordergrund. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Lage ist, jede ihm nachteilige Weisung zu unterbinden, fehlt es an der Unterworfenheit unter einen fremden Willen und damit am Arbeitnehmerstatus. 4 9 5 Dabei bringt das Kriterium einer hälftigen Beteiligung 4 9 6 wiederum zum Ausdruck, daß sich die Verhinderungsbefugnis gegenständlich auf das gegebenenfalls im Anstellungsvertrag wurzelnde Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung als einer Geschäftsführungsmaßnahme und nicht auf die Zuständigkeit in Grundlagengeschäften bezieht. Auf die Rechtsmacht in der Versammlung der Gesellschafter kommt es jedenfalls dann an, wenn dieses Gremium für die Fremd- bzw. Selbstbestimmung des Betroffenen zuständig ist. Der Gedanke der sicheren Verhinderbarkeit eines fremden Willens durch eine hälftige Beteiligung findet somit zumindest in den Konstellationen Anwendung, in denen die Ausübung des Direktionsrechts als eventueller Auslöser des Status als Arbeitnehmer bei der Gesellschafterversammlung angesiedelt ist. Ob über die Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers statt auf der Gesellschafterebene ausnahmsweise auch durch einen anderen Geschäftsführer entschieden werden kann und ob die genannte Regel auch dann noch gilt, soll um des Zusammenhanges mit anderen Gestaltungen willen erst später geklärt werden. 4 9 7

492

Brachen, O r g a n m i t g l i e d s c h a f t , S. 181; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 261 f.; Henssler, R d A 1992, 289, 291; Kuhn, Kompetenzbereiche, S.265; in der Sache auch B A G v o m 15.4.1982, A P Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969 (unter B II 3 b bb [2]); B A G v o m 13.5.1992, ZIP 1992,1496, 1497 f. 4 9 3 BSG v o m 25.5.1965, BSGE 23, 83, 84 f.; BSG v o m 22.11.1974, BB 1975, 282, 283; BSG vom 30.4.1976, BSGE 42, 1, 2; BSG v o m 20.10.1986, B B 1987, 406, 407; BSG v o m 8.8.1990, S o z R 3 - 2 4 0 0 § 7 Nr. 4; B S G v o m 18.4.1991, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 5; BSG v o m 6.2.1992, BSGE 70, 81, 83; B S G vom 24.9.1992, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 8; BSG v o m 14.12.1995, BSGE 77, 169, 170; BSG vom 5.2.1998, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 22; B S G vom 30.6.1999, Breith. 1999, 1033, 1035. 494 Vgl. B V e r w G v o m 25.7.1997, N Z A 1997,1166,1167: Keine Beschäftigung auf A r b e i t s p l a t z i.S. des § 7 A b s . 1 S c h w b G (= § 73 A b s . 1 S G B IX). 495 Groß, Anstellungsverhältnis, S. 261 f.; so auch ( z u m österreichischen R e c h t ) Mayr, FS Floretta (1983), S. 763, 768; ähnlich Henssler, R d A 1992, 289, 291. Auf die M ö g l i c h k e i t der Verhinderung einer K ü n d i g u n g abstellend Buchan v. Secretary of State for E m p l o y m e n t [1997] I R L R 80, 84 (E.A.T.). 4 9 6 Zu gesellschaftsvertraglich bedingten Sonderfällen siehe unten sub (c). 4 9 7 Siehe dazu unten sub (b) (cc).

336

5 ^ Arbeitsrechtliche

Perspektive

Der Aspekt der Sperrminorität f ü h r t zu der weiteren Frage, ob sich auch unterhalb eines Kapitalanteils von 50 % Schwellenwerte fixieren lassen, die eine absolute Sperrwirkung gegen die Qualifikation des Anstellungsvertrages als Arbeitsverhältnis entfalten. Demgegenüber ist es von vornherein falsch, die Überlegung aufzuwerfen, ob sich aus einem geringen Anteil auf eine Weisungsabhängigkeit schließen läßt. 498 Wenn schon f ü r einen reinen Fremdgeschäftsführer keine allgemeine Vermutung f ü r die Arbeitnehmereigenschaft streitet, ist es a priori ausgeschlossen, eine niedrige Beteiligung an der G m b H als ein für den Arbeitnehmerstatus sprechendes Merkmal werten zu wollen. Verfolgt man den G e d a n k e n der Sperrminorität weiter, so liegt - auf der Grundlage des N o r m a l s t a t u t s - der einzig ernsthaft in Betracht k o m m e n d e Schwellenwert bei mehr als 25 % , weil Satzungsänderungen 4 9 9 u n d sonstige Grundlagenentscheidungen 5 0 0 in der G m b H regelmäßig einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen bedürfen. D e r mit mehr als 25 % beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer kann somit grundlegende M a ß n a h m e n blockieren. Für den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft f ü h r t Groß das A r g u m e n t ins Feld, daß aus dem rechtlich garantierten Einfluß auf die Grundlagen des Unternehmens die fehlende F r e m d b e s t i m m u n g resultiere. 5 0 1 Dabei übersieht Groß nicht, daß sich die M i t w i r k u n g eines solchermaßen beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers nicht auf die unmittelbar tätigkeitsbezogenen Weisungen, sondern nur auf die organisatorischen Grundlagen erstreckt. D e n n o c h meint er, daß bereits dieser Entscheidungseinfluß dem Arbeitnehmerstatus entgegenstünde. Mit dieser Sichtweise wird das Gewicht der Sperrwirkung, die dem zu mehr als 25 % beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer z u k o m m t , indes überzeichnet. 5 0 2 Da sich der Einfluß des Gesellschafter-Geschäftsführers in einem solchen Falle darauf beschränkt, eine Veränderung der U n t e r n e h m e n s g r u n d l a g e n zu verhindern, er aber den R a h m e n nicht selbst Zuschneidern kann, vermag die durch einen derartigen Anteil gewährleistete Rechtsmacht f ü r sich allein die durch eine Weisungsabhängigkeit im Anstellungsvertrag hervorgerufene F r e m d b e s t i m m u n g der Tätigkeit nicht vollständig zu neutralisieren, weil sie den betrieblichen Alltag nicht permanent berührt. Dies schließt es nicht aus, die M i t w i r k u n g an G r u n d l a genfragen bei der Interpretation einer arbeitsrechtlichen N o r m zu berücksichtigen. So k ö n n t e man durchaus daran denken, bei der zumindest in Betracht k o m m e n d e n A n w e n d u n g des § 613a B G B auf den Anstellungsvertrag 5 0 3 eines Gesell498

In diesem Sinne aber - w e n n auch verneinend - Kuhn, K o m p e t e n z b e r e i c h e , S. 265. Siehe § 53 A b s . 2 S. 1 G m b H . 500 Siehe dazu o b e n sub (aaa) in F n . 15. 501 Anstellungsverhältnis, S. 267; ebenso ( f ü r Vorstandsmitglieder) Krauss, Status u n d K ü n d i gungsschutz, S. 126. In diese R i c h t u n g auch Henssler, R d A 1992, 289, 291, der allerdings keine exakte G r e n z e n e n n t . Siehe ferner Runggaldier/Schima, Rechtsstellung, S. 11, nach denen eine Sperrminorität gegen Ä n d e r u n g e n des Gesellschaftsvertrages (25%) arbeitsrechtlich „nicht o h n e jede B e d e u t u n g " sei, weil sie d e m G e s c h ä f t s f ü h r e r „eine gewisse U n a b h ä n g i g k e i t " verleihe. 502 Insoweit zweifelnd auch Eckardt, Z f A 1987, 467, 475. 503 Vgl. Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 77, der zu Recht darauf hinweist, 499

V. Abstufbare

Einzelkriterien

337

schafter-Geschäftsführers jedenfalls das von der Rechtsprechung anerkannte Widerspruchsrecht zu versagen, wenn der Betriebsübergang infolge seiner Bedeutung für das Gesamtunternehmen ein Grundlagengeschäft ist und der Mitarbeiter in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Veräußerung zugestimmt hat. Des weiteren hat Martens - rechtsformübergreifend - den Gedanken in die Diskussion eingebracht, eine sperrminoritäre Rechtsmacht, die er allerdings nicht näher beziffert, bringe je nach den Gegebenheiten innerhalb der Gesellschaft ein solches Maß an zusätzlichem Einflußpotential mit sich, daß jedenfalls eine Vermutung für eine die Arbeitnehmereigenschaft ausschließende Selbstbestimmung gerechtfertigt sei. 504 Schon der Rückzug von Martens auf eine bloße Vermutung zeigt freilich, daß er einer Sperrminorität keine den Arbeitnehmerstatus zwingend hindernde Wirkung zuerkennen will. Der Verweis auf die konkreten Machtverhältnisse besagt für die hier interessierende Gestaltung nicht mehr, als daß es - entsprechend den hier geäußerten Überlegungen - zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft mit einem schlichten Rekurs auf eine Beteiligungsquote von mehr als 25 % nicht getan ist. In diesem Sinne hat sich der B G H bei einem zu einem Drittel beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer nicht an einer Analogie zu § 622 Abs. 1 S. 1 B G B (a. F.) gehindert gesehen, ohne allerdings die Frage der Sperrminorität bei Satzungsänderungen und Grundlagenentscheidungen auch nur zu streifen. 505 Ferner existieren mehrere sozialgerichtliche Urteile, die bei einer Quote zwischen 25,1 % und 49,9 % eine abhängige Beschäftigung für prinzipiell möglich halten. 506 Dabei hat sich das B S G vereinzelt sogar ausdrücklich dagegen ausgesprochen, aus der grundlagenbezogenen Sperrminorität eines Gesellschafter-Geschäftsführers den Ausschluß eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu folgern. 507 Daß eine Beteiligung von über 25 % keinen generellen Hinderungsgrund für den Arbeitnehmerstatus darstellt, entspricht auch der Judikatur zu Gesellschaftern, die unterhalb der Geschäftsführungsebene ihren Dienst leisten. 508

daß durch § 613a B G B keinesfalls die Organstellung übergeleitet wird, sondern es lediglich darum gehen kann, daß der (Gesellschafter-)Geschäftsführer beim neuen Betriebsinhaber auf einer Ebene unterhalb der Geschäftsleitung tätig wird. 504 RdA 1979,347,350. 5 0 5 B G H vom 26.3.1984, B G H Z 9 1 , 2 1 7 , 2 2 0 . Siehe auch O L G München vom 15.2.1984, W M 1984, 896, 897: 3 0 % - A n t e i l eines Geschäftsführers an Muttergesellschaft steht entsprechender Anwendung von § 622 B G B (a. F.) nicht entgegen. 5 0 6 Vgl. B S G vom 30.3.1962, B S G E 17, 15, 20 ( 2 6 % ) ; B S G vom 31.7.1974, B S G E 38, 53, 58 ( 3 3 % ) ; B S G vom 20.10.1986, B B 1987, 406, 407 ( 3 3 % ) . 5 0 7 B S G vom 24.9.1992, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 8. 5 0 8 Vgl. O L G Köln vom 22.9.1988, A P Nr. 16 zu § 17 B e t r A V G (unter 1): Bei Beteiligung von ca. 2 6 % Zurechnung zum Personenkreis nach § 17 Abs. 1 S. 1 B e t r A V G nicht ausgeschlossen; B A G vom 9.1.1990, A P Nr. 6 zu § 35 G m b H G : Bei Anteil von 5 0 % keine Zweifel an Existenz eines Arbeitsvertrags geäußert; so auch B A G vom 28.4.1994, A P Nr. 117 zu § 626 B G B ; ebenso B A G vom 11.3.1998, A P Nr. 144 zu § 626 B G B , bei einer Beteiligung von 3 5 % ; siehe dazu näher unten sub (b) (bb).

338 (ccc) Potentielle

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Einflußnahme

Unter den Leitgedanken der potentiellen Einflußnahme lassen sich schließlich mehrere Ansätze fassen, denen es darum geht, aus der Beteiligung unabhängig von einer mit ihr verbundenen Befugnis, bestimmte Entscheidungen definitiv treffen oder verhindern zu können, ein Argument gegen den Arbeitnehmerstatus zu gewinnen. Auf einen völligen Ausschluß jeglichen Sozialschutzes auch bei Kleinstbeteiligungen läuft die Wertung hinaus, die im Referentenentwurf zur „großen" G m b H - R e f o r m von 1969 zum Ausdruck kommt. Danach sollte jeder Geschäftsanteil eines Gesellschafter-Geschäftsführers unabhängig von seiner Größe dem (damaligen) Konkursverwalter die Befugnis verleihen, den Anstellungsvertrag im Konkursfalle fristlos zu kündigen. 5 0 9 Schon der Regierungsentwurf hob die maßgebliche Grenze indes auf einen Anteil von mindestens 20 % an. 5 1 0 Tatsächlich ist es nicht gerechtfertigt, die Arbeitnehmereigenschaft eines Gesellschafter-Geschäftsführers bereits bei minimalen Beteiligungen unter alleiniger Berufung auf die unternehmensinterne Entscheidungsmacht zwingend entfallen zu lassen und sie nur bei reinen Fremdgeschäftsführern für möglich zu halten. 311 Die für den Arbeitnehmerstatus grundsätzlich erforderliche Weisungsunterworfenheit unter die Gesellschafterversammlung wird durch das Recht, an der Willensbildung der G m b H überhaupt partizipieren zu dürfen, jedenfalls dann nicht wesentlich tangiert, wenn der Gesellschafter regelmäßig keine Chance hat, seinen Willen durchzusetzen. Eine ähnliche Wertung kommt in der Ansicht zum Ausdruck, daß eine Beteiligung an der G m b H als solche einer analogen Anwendung arbeitsrechtlicher Normen auf Geschäftsführer nicht a priori entgegensteht. 512 In einem vergleichbaren Sinne hat auch das B S G in einer Reihe von Fällen bei geringfügigen Beteiligungen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers nicht von vornherein abgelehnt, sondern sich auf die Einzelumstände der jeweiligen Tätigkeit konzentriert. 5 1 3 Es kann deshalb nicht überzeugen, wenn Wehrmeyer ab einer Beteiligung von 10 % eine Arbeitnehmereigenschaft stets ausschließen will 5 1 4 und Henssler meint, daß

5 0 9 Vgl. § 6 8 RefE 1969 (hrsg. vom BMJ), zit. nach Timm, ZIP 1987, 69; ebenso bereits § 6 8 Entwurf 1941 (hrsg. vom RMJ). 5 1 0 Siehe § 7 0 Abs. 1 S. 1 RegE 1971, BT-Drucks. VI/3088 vom 31.1.1972, S. 20. 5 1 1 Im Erg. ebenso Brachert, Organmitgliedschaft, S. 181, der allerdings umgekehrt über das Ziel hinausschießt, indem er jeden Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer einstuft. Die geringe Aussagekraft von Kleinbeteiligungen hervorhebend auch Martens, RdA 1979,347,351. 5 1 2 Siehe B G H vom 26.3.1984, B G H Z 91, 217, 220 f.; Boemke, ZfA 1998, 209, 220. 5 1 3 B S G vom 13.12.1960, B S G E 13, 196, 199 f.; B S G vom 31.7.1974, B S G E 38, 53, 58; BSG vom 29.10.1986, B B 1987, 406, 407; B S G vom 8.8.1990, SozR 3 - 2 4 0 0 § 7 Nr. 4; B S G vom 18.4.1991, SozR 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 5; B S G vom 24.9.1992, SozR 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 8; B S G vom 23.6.1994, N J W 1994, 2974, 2975; B S G vom 14.12.1999, EzA § 7 S G B IV Nr. 1. 5 1 4 Einordnung der Organe, S. 205.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

339

bereits bei einer über 5 % hinausgehenden Beteiligung zumindest regelmäßig nur die analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften in Betracht komme. 515 Eine abweichende Konzeption findet sich bei Diller. Nach seiner Auffassung üben Gesellschafter-Geschäftsführer unabhängig von der Größe ihres Anteils grundsätzlich einen bestimmenden Einfluß auf die Unternehmenspolitik aus, der den Arbeitnehmerstatus (unter der zusätzlichen Voraussetzung einer Teilhabe am Unternehmensgewinn) ausschließen soll. 516 Dies soll insbesondere auch für „Zwergbeteiligungen" gelten. Eine Ausnahme will Diller nur bei denjenigen Gesellschafter-Geschäftsführern anerkennen, die ursprünglich die Stellung eines Fremdgeschäftsführers innehatten und denen nachträglich eine Kapitalbeteiligung eingeräumt worden ist. In diesen Fällen soll nur unter weiteren Kautelen eine hinreichende Einflußnahme auf die Unternehmensleitung angenommen werden. 517 Die Folge dieser Sichtweise besteht für Diller darin, daß er zur rechtlichen Bedeutung bestimmter Schwellenwerte keine weitere Stellung bezieht. Dieses auf den ersten Blick sehr elegante Vorgehen vermeidet zwar die komplizierten Berechnungen, wie sie vor allem Groß zur Bestimmung des Entscheidungseinflusses von Minderheitsgesellschaftern vorgenommen hat 518 . Dennoch vermögen sie inhaltlich nicht ganz zu befriedigen. Zunächst ist mit der Aussage, daß auch für einen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer eine Vermutung gegen die Einstufung des Anstellungsvertrages als Arbeitsverhältnis streitet, 519 nicht viel gewonnen. Die Erfüllung der Arbeitnehmereigenschaft eines Beschäftigten wird nämlich nach allgemeiner Ansicht nicht vermutet, sondern muß sich auf bestimmte Merkmale stützen. 520 Die Untersuchung unterschiedlicher Beteiligungsverhältnisse zielt daher zumindest im Grundsatz lediglich darauf ab, ob der Arbeitnehmerstatus in bestimmten Fällen von vornherein ausgeschlossen ist, so daß sich eine genauere Untersuchung der tatsächlichen Tätigkeitsumstände erübrigt. Hierbei hilft eine generelle Vermutung gegen die Existenz eines Arbeitsverhältnisses nicht weiter, zumal sich aus empirischen Beobachtungen über die Seltenheit der Weisungsunterworfenheit von Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern 521 selbstredend keine Lösungen für die Gestaltungen ergeben, in denen sich ein solcher Beschäftigter auf seine Arbeitnehmereigenschaft beruft.

515 RdA 1992, 289, 291. Siehe in diesem Zusammenhang auch Paul, BB 1970, 85, 87, der verschiedene Beteiligungsgrößen weit unter der 50%-Grenze als den Arbeitnehmerstatus hindernde Umstände diskutiert, ohne sich aber für einen bestimmten Wert zu entscheiden. 516 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 351 f., 357, 367. 517 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 367. 518 Anstellungsverhältnis, S. 269 f.; siehe dazu ferner sogleich im Text. 519 Vgl. Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 366 ff. 520 Auch Brachen, Organmitgliedschaft, S. 181, folgert nicht aus einer Minderheitsbeteiligung die Stellung als Arbeitnehmer, sondern meint lediglich, daß ein Anteil von unter 5 0 % die an anderer Stelle (S. 140 ff.) pauschal bejahte persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers nicht ausschließe. 521 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 351.

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Darüber hinaus ist das Modell von Diller grundsätzlichen Einwendungen ausgesetzt. Seine Sichtweise ist nämlich nur vor dem Hintergrund seiner prinzipiellen Position verständlich, nach der er die für die Abgrenzung von Arbeitnehmer und selbständigem Unternehmer vor allem von Wank entwickelte wirtschaftliche Betrachtungsweise 522 in das Gesellschaftsrecht hineintragen und dementsprechend - nur - zwischen Arbeitnehmer und Mitunternehmer abgrenzen will. 523 In der Sache knüpft Diller damit an einen bereits von Wank selber 524 für den Bereich der Gesellschaftermitarbeit in die Diskussion eingeführten Gedanken an, der bei Wank freilich zu der völlig entgegengesetzten pauschalen These führt, daß jeder mitarbeitende Minderheitsgesellschafter „zumindest unterhalb einer gewissen Beteiligungsschwelle" als Arbeitnehmer anzusehen sei. Die Folge besteht in einem tiefgreifenden Perspektivenwechsel. Für Diller kommt es nämlich entscheidend darauf an, ob der Mitarbeiter am Marktverhalten des Beschäftigungsunternehmens einen hinreichenden Anteil hat sowie an dessen wirtschaftlichem Erfolg partizipiert. 525 Die Arbeitnehmereigenschaft ist für ihn gleichsam eine Frage des Außenverhältnisses („kollektive Selbständigkeit"). Demgegenüber ist es iür Diller von vornherein unerheblich, ob der Betroffene über eine derart starke Binnenmacht verfügt, daß er im Innenverhältnis zur Gesellschaft bzw. zu seinen Mitgesellschaftern seine Interessen wahrnehmen kann. 526 Mit einer solchen Auffassung wird dem Anliegen der arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen indes nicht präzise genug nachgespürt. Aus dieser Sicht muß es nämlich darum gehen, unter welchen Voraussetzungen die Beschäftigungsbedingungen eines mitarbeitenden Gesellschafters im Innenverhältnis zu seinen Mitgesellschaftern so gestaltet sind, daß die Schutzvorschriften des Arbeitsrechts unmittelbar oder gegebenenfalls analog anzuwenden sind. Dies deckt sich nur teilweise mit der Frage, ob der Beteiligte auf die zu treffenden unternehmensrelevanten Entscheidungen einen gewissen Einfluß ausübt und von deren Ergebnissen profitiert. Zwar erscheint es ausgeschlossen, daß ein mitarbeitender Gesellschafter einen beherrschenden Einfluß auf das Gesamtunternehmen hat und gleichzeitig weisungsabhängig tätig ist. Demgegenüber ist eine Teilhabe an wichtigen unternehmerischen Entscheidungen mit einer Fremddisposition über die eigene Arbeitskraft durchaus vereinbar, wie am Beispiel des leitenden Angestellten deutlich wird. Faßt man die Kriterien nur entsprechend weit, wie es bei Diller der Fall zu sein scheint, so kann man auch bei solchen Personen von einer unternehmerischen Verwertung der Arbeitskraft sprechen, die üblicherweise als Arbeitnehmer angesehen werden. Immerhin hat das BAG in einer neueren Entscheidung das Tätigkeitsverhältnis einer nicht als Geschäftsführerin mitarbeitenden GmbH-Gesellschafterin als Arbeitsvertrag

Siehe dazu oben sub I. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 317 ff. 5 2 4 S G b 1989, 167, 169 f. 5 2 5 Im Ansatz ebenso B S G vom 5.11.1980, B S G E 5 0 , 2 8 4 , 285 f., im Hinblick auf einen mitarbeitenden Kommanditisten. 5 2 6 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 392 f. 522

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Einzelkriterien

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bezeichnet und gleichzeitig die Ansicht der Vorinstanz gebilligt, daß die Betroffene intern die Stellung einer Mitunternehmerin eingenommen habe, u m daraus auf die Notwendigkeit einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu schließen. 527 Des weiteren ist es umgekehrt denkbar, daß ein Beteiligter einerseits keine u m fassenden unternehmerischen Einwirkungsmöglichkeiten hat, andererseits aber nicht persönlich abhängig und somit kein Arbeitnehmer ist. Die grundsätzliche Statthaftigkeit einer dauerhaften Mitarbeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Unternehmen, die weder als Arbeitnehmer- noch als Mitunternehmerschaft eingestuft werden kann, liegt im übrigen auch der Rechtsprechung zum persönlichen Schutzbereich des Betriebsrentengesetzes zugrunde. Danach gibt es neben den von vornherein gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG unter den Schutz dieses Gesetzes fallenden Arbeitnehmern weitere Personen, die nach § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG geschützt sind, weil sie aufgrund ihrer Stellung noch nicht als Mitunternehmer ausgeklammert werden. 5 2 8 Mit seinem Ansatz negiert Diller diese Gruppe als einen eigenständigen Personenkreis und teilt sie restlos auf die beiden anderen Gruppen der (echten) Arbeitnehmer und der Mitunternehmer auf. 529 Der tiefere G r u n d f ü r die Problematik eines Abstellens auf einen hinreichenden unternehmerischen Handlungsfreiraum liegt darin, daß dieses Kriterium seinen Charakter ändert, wenn es nicht mehr der Abgrenzung von Selbständigen- und Arbeitnehmerstellung dient, sondern zur Bestimmung des Arbeitnehmerstatus bei Teilhabern verwendet wird. Während der Bezugspunkt im erstgenannten Fall nämlich in der eigenen Arbeitskraft des Betroffenen besteht und danach zu fragen ist, ob sie eigenwirtschaftlich oder fremdbestimmt eingesetzt wird, führt die Übertragung dieses Merkmals auf Unternehmensbeteiligte zumindest bei Diller dazu, daß es nunmehr auf die Beteiligung an Entscheidungen ankommt, die den Unternehmensträger betreffen. Die Arbeitskraft des einzelnen und ihr Schutz vor einer Fremddisposition bzw. deren Folgen geraten dabei zu Unrecht aus dem Blickfeld. Eine erhebliche Verbreitung haben die „relativen" Betrachtungsweisen gefunden, die den Blick erweitern, indem sie die Verteilung der Anteile auf die einzelnen Gesellschafter in die Bemessung des internen Einflusses einbeziehen. Dabei 527

B A G v o m 11.3.1998, A P N r . 144 zu § 626 B G B (unter II 2). Vgl. (teilweise z u r G m b H & C o . K G bzw. zu mittelbaren Beteiligungen) B G H v o m 28.4.1980, B G H Z 77, 94, 102 f.: 7,25%; B G H v o m 4.5.1981, A P N r . 9 zu § 1 BetrAVG Wartezeit (unter 1): 12%; B G H v o m 25.9.1989, B G H Z 108,330, 334: 2 0 % ; B G H v o m 2.6.1997, A P N r . 26 zu § 1 7 BetrAVG: 8%.; ebenso Hanau/Kemper, Z G R 1982, 123, 126ff.; Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 308 ff.; Wiedemann/Moll, R d A 1977,13,24 (unter 10%); insoweit sehr großzügig Goette, Z I P 1997, 1317, 1322 ff.; v o n v o r n h e r e i n anders Arteaga, Insolvenzschutz, S. 35 ff., 139 ff., 309 ff.; ders., Z I P 1996,2008,2011 ff.: E i n b e z i e h u n g von U n t e r n e h m e r r e n t e n in die Insolvenzsicherung; . 529 Dasselbe gilt f ü r die Position v o n Wank, S G b 1989, 167, 169 f., auch w e n n dieser die M i t u n t e r n e h m e r e i g e n s c h a f t o f f e n b a r erheblich weiter als Diller z u r ü c k d r ä n g t , i n d e m er n u r geringe A n f o r d e r u n g e n an den A r b e i t n e h m e r s t a t u s stellen u n d grundsätzlich alle m i t a r b e i t e n d e n M i n derheitsgesellschafter „ z u m i n d e s t u n t e r h a l b einer gewissen Beteiligungsschwelle" A r b e i t n e h m e r n gleichsetzen will. 528

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§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

handelt es sich nach ihren Verfechtern systematisch nicht u m eine Alternative, sondern um eine Ergänzung der soeben geschilderten „absoluten" Schwellenwerte mit dem Ziel, in bestimmten Situationen auch bei MinderheitsgesellschafterGeschäftsführern zu einem Ausschluß des Sozialschutzes zu gelangen. In der Rechtsprechung finden sich dahingehende Überlegungen vor allem in der J u d i k a t u r des B G H zum Betriebsrentenrecht (§ 17 A b s . 1 S. 2 B e t r A V G ) . D e r B G H hat zumindest ursprünglich für eine Z u s a m m e n r e c h n u n g der Beteiligungen von Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern plädiert. Steht ihnen nach der Addition die Mehrheit zu, werden sie allesamt als M i t u n t e r n e h m e r eingestuft. 5 3 0 Dies soll allerdings nur für solche Gesellschafter-Geschäftsführer gelten, deren Beteiligung „nicht gänzlich unbedeutend" ist. 5 3 1 D a b e i dürfte die insoweit m a ß gebliche G r e n z e bei 10 % liegen. 5 3 2 Zur Begründung hat der B G H darauf verwiesen, daß eine Zusammenarbeit

zwischen den

Minderheitsgesellschafter-Ge-

schäftsführern notwendig sei, u m den wirtschaftlichen E r f o l g des U n t e r n e h m e n s zu gewährleisten. Insofern reiche die M ö g l i c h k e i t aus, durch gemeinsames H a n deln die G e s c h i c k e der G m b H zu bestimmen, um sie allesamt als M i t u n t e r n e h mer ansehen zu k ö n n e n . 5 3 3 D a b e i hat der B G H die tatsächliche Ausgestaltung des Z u s a m m e n w i r k e n s ausdrücklich für unerheblich erklärt. 5 3 4 F ü r eine Verallgemeinerung dieser Grundsätze hat sich Boemke

ausgesprochen, indem er sie auf die

von ihm in bestimmten Fällen befürwortete analoge A n w e n d u n g arbeitsrechtlicher Vorschriften auf Gesellschafter-Geschäftsführer übertragen will. 5 3 5 Abgesehen davon, daß die Grundsätze über die Addition von Minderheitsbeteiligungen selbst im Betriebsrentenrecht nicht unangefochten sind, 5 3 6 muß eine derartige Sichtweise jedenfalls für die an dieser Stelle interessierende Frage nach den Rahmenbedingungen für das Vorliegen eines Arbeitsvertrages abgelehnt werden. 5 3 7 Aus der Typizität einer Situation kann für sich genommen nicht auf eine G r e n z e der Qualifikation eines Rechtsverhältnisses geschlossen werden. Es ist insoweit daran zu erinnern, daß es im Ausgangspunkt darum geht, unter welchen Voraussetzungen die Abhängigkeit eines Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers von tätigkeitsbezogenen Weisungen der Gesellschafterversammlung infolge 530 BGH vom 9.6.1980, BGHZ 77, 233, 241; BGH vom 9.3.1981, AP Nr. 6 zu § 17 BetrAVG (unter II 3); BGH vom 16.3.1981, AP Nr. 10 zu § 7 BetrAVG (unter I 1); BGH vom 25.9.1989, BGHZ 108, 330, 333. So bereits Wiedemann/Moll, RdA 1977, 13, 24. 531 BGH vom 9.6.1980, BGHZ 77, 233, 241; BGH vom 25.9.1989, BGHZ 108, 330, 333. 532 Vgl. BGH vom 2.4.1990, WM 1990, 1114, 1115 (zu einer GmbH & Co. KG); ferner BGH vom 9.6.1980, AP Nr. 4 zu § 17 BetrAVG (unter II 3): 11,86% bereits nicht ganz unbedeutend; BGH vom 14.7.1980, AP Nr. 3 zu § 17 BetrAVG (unter II 2): 8% noch nicht erheblich. 533 BGH vom 9.6.1980, BGHZ 77, 233, 242. 534 BGH vom 9.6.1980, BGHZ 77, 233, 243. 535 ZfA 1998, 209, 220 f. Dabei beruft sich Boemke, aaO., Fn. 54, für die maßgebliche Grenze von 10% - offenbar unter dem Eindruck der Darlegungen von Wiedemann/Moll, RdA 1997, 13, 24 - u. a. auf § 9 UmwG 1969. 536 Krit. Blomeyer/Otto, BetrAVG, 2. Aufl., §17 Rn. 116 ff.; Hanau/Kemper, ZGR 1982, 123, 133 ff.; Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 310 ff. (nur Vermutung). 537 Generell für mitarbeitende Gesellschafter ebenso Staab, NZA 1995, 608, 614.

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Einzelkriterien

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eines ihm in diesem Gremium zustehenden Einflusses prinzipiell nicht besteht. Dabei kann man einem solchen Beschäftigten den Einfluß anderer GesellschafterGeschäftsführer ohne eine entsprechende rechtliche Absicherung nicht einfach zurechnen, um auf diese Weise zu einer Mehrheitsherrschaft zu gelangen, die den Arbeitnehmerstatus nach dem oben Gesagten zwingend ausschließen würde. Schlichte ökonomische Zwänge sind zu ungewiß, um einen solchen Schluß zu rechtfertigen. Auch in einem normalen Arbeitsverhältnis ist ein aus wirtschaftlichen Gründen bestehender faktischer Einigungszwang etwa mit einer Spitzenkraft ohne weiteres denkbar, ohne daß um dessentwillen der Arbeitnehmerstatus entfällt. Demgegenüber verfängt der Einwand nicht, auf diesem Wege bei einem kleinen Kreis von Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern mit einer mehr oder weniger paritätischen Beteiligung zu dem verfehlten Ergebnis einer Arbeitnehmereigenschaft sämtlicher Betroffenen zu gelangen. Vielmehr soll mit den vorstehenden Überlegungen nur dargetan werden, daß es nicht gerechtfertigt ist, mehrere Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer durch eine schlichte Zusammenrechnung ihrer Anteile zwingend als Mitunternehmer einzustufen und mit dieser Begründung das Vorliegen eines Arbeitsverhältnis f ü r jeden einzelnen Beteiligten von vornherein auszuschließen. In einem vergleichbaren Sinne hat das BSG für die Frage des Einflusses auf die Geschicke des Unternehmens schon frühzeitig auf den einzelnen Gesellschafter abgestellt. 538 Im übrigen hat auch der B G H in einer neueren Entscheidung Zweifel daran erkennen lassen, ob er an seiner den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG einschränkenden Rechtsprechung festhalten will. 539 Der ausgefeilteste, die Arbeitnehmereigenschaft von Gesellschafter-Geschäftsführern in weitem U m f a n g ausschließende Ansatz stammt von Groß, der damit seine sonstigen Ausführungen vervollständigen will. Im Mittelpunkt der Konzeption von Groß steht die Überlegung, daß eine Weisungsbindung schon dann ausscheidet, wenn ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer zumindest potentiell in der Lage ist, auf einfache oder zumindest auf satzungsändernde Beschlüsse Einfluß zu nehmen. 5 4 0 Auf ein etwaiges Zusammenrechnen von A n teilen zu Lasten einer möglichen Arbeitnehmereigenschaft k o m m t es danach nicht an. 541 Diese Sichtweise führt zum einen dazu, daß er bei paritätisch beteiligten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern eine Weisungsunterworfenheit verneinen will, weil eine Einwirkungsmöglichkeit jedes einzelnen auf die Be538 BSG v o m 30.3.1962, B S G E 17, 15, 21. Siehe aber auch BSG v o m 30.4.1976, B S G E 42, 1,4, w o aus d e m „ n o t w e n d i g e n Z u s a m m e n w i r k e n " zweier paritätisch beteiligter Gesellschafter-Ges c h ä f t s f ü h r e r auf eine das U n t e r n e h m e n „ b e h e r r s c h e n d e " Stellung der beiden Beteiligten geschlossen w u r d e . 539 B G H v o m 2.6.1997, A P N r . 26 zu § 1 7 BetrAVG; unentschieden auch B A G v o m 16.4.1997, A P N r . 25 zu § 17 BetrAVG (unter I 2 c cc); ebenso B A G v o m 25.1.2000, A P N r . 38 zu § 1 B e t r A V G (unter I 2 b bb); siehe ferner das Plädoyer f ü r die A u f g a b e der Z u s a m m e n r e c h n u n g s - J u d i k a t u r d u r c h Goette, Z I P 1997, 1317, 1322 ff.; ders., BetrAV 2000, 28, 29. 540 Anstellungsverhältnis, S. 263 f., 268 ff. 541 In diesem Sinne auch Eckardt, Z f A 1987, 467, 475 f.

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

schlußfassung in der Gesellschafterversammlung nicht ausgeschlossen werden könne. 5 4 2 Zum anderen nimmt Groß komplizierte Berechnungen hinsichtlich der verschiedenen Bedingungen vor, die erfüllt sein müssen, damit es vor allem beim Vorhandensein einer größeren Anzahl von ungleichmäßig Beteiligten auf keinen Fall mehr auf die Stimme des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers ankommt. Insbesondere will er in den Konstellationen die Qualifikation des Anstellungsvertrages als Arbeitsverhältnis verneinen, in denen dem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers die Rolle eines „Züngleins an der Waage" zukommt. 5 4 3 Man kann die Überlegungen von Groß sicherlich nicht einfach dadurch beiseite schieben, daß man ihre Komplexität („Beteiligungsarithmetik") bemängelt. 544 In vielen Fällen läßt sich nach diesem Ansatz ohne große Schwierigkeiten der potentielle Stimmeinfluß ermitteln, weil die Beteiligungsverhältnisse als solche unstreitig sein dürften. 545 Des weiteren läßt sich die Konzeption von Groß auch nicht durch eine Offenlegung ihrer Prämissen aushebeln. Zwar basieren die Überlegungen von Groß auf seiner Annahme, den reinen Fremdgeschäftsführer generell als weisungsgebunden einzustufen. 546 Auch wenn dieser Ansatz zurückzuweisen ist, weil man ebensowenig wie in den sonstigen Fällen der Abgrenzung von freiem Dienstverhältnis und Arbeitsvertrag beim Fremdgeschäftsführer von einer grundsätzlichen Arbeitnehmereigenschaft ausgehen kann, sind die Ausführungen von Groß damit nicht hinfällig. Das wird deutlich, wenn man die Struktur der Umstände noch einmal näher betrachtet, die eine Qualifikation des Anstellungsverhältnisses als Arbeitsvertrag möglicherweise zur Folge haben. Insoweit ist die Gesellschafterversammlung dasjenige Organ, durch das die G m b H das ihr gegebenenfalls zustehende Direktionsrecht ausübt. Aus diesem Grunde kann ohne weiteres danach gefragt werden, welche Rechtsmacht dem Mitarbeiter zustehen muß, um eine Fremdbestimmung mit Sicherheit ausschließen zu können. Dies ist - wie dargetan - erst bei einer absoluten Mindestbeteiligung der Fall, was auch von Groß nicht angezweifelt wird. Mit seinem Rekurs auf die potentielle Groß, Anstellungsverhältnis, S. 263 f. Vgl. Groß, Anstellungsverhältnis, S. 273. Man denke an drei Gesellschafter-Geschäftsführer, von denen zwei mit jeweils 4 9 % beteiligt sind und der - nach den Bedingungen des Anstellungsvertrages weisungsabhängig tätige - Dritte einen Anteil von 2 % hält. Siehe dazu auch Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 310; Paul, B B 1970, 85. 5 4 4 So aber Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 349, unter Berufung auf Paul, B B 1970, 85, der von „Stimmenarithmetik" spricht. In diesem Sinne auch Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 266, der sich freilich in Widersprüche verstrickt, da er zunächst die Ablehnung der Arbeitnehmereigenschaft bei einem Anteil von 2 5 % als zu pauschal ablehnt (S. 266), um dann kurze Zeit später auszuführen, daß eine Beteiligung von (über) 2 5 % „stets" gegen den Arbeitnehmerstatus spreche (S. 271). Die Kompliziertheit bemängelnd ferner Runggaldier/Schima, Rechtsstellung, S. 16. 5 4 5 Siehe auch das Erfordernis, der Anmeldung eine Gesellschafterliste mit den übernommenen Stammeinlagen beizufügen (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 G m b H G ) , die jährlich zu aktualisieren ist (§ 40 GmbHG). 5 4 6 Anstellungsverhältnis, S. 223 ff. 542

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Stimmrechtsmacht äußert sich Groß demgegenüber zu der andersgelagerten Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Selbstbestimmung nicht ausgeschlossen werden kann. Dabei will Groß allerdings nicht so weit gehen, den Arbeitnehmerstatus eines Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer allein deshalb kategorisch abzulehnen, weil dieser einen potentiellen Einfluß auf die Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung ausübt. In diesem Falle würde mit dem Kriterium der potentiellen Einwirkungsmöglichkeit in der Tat eine von der herkömmlichen Sichtweise grundlegend abweichende Rechtsfolge verbunden sein. Vielmehr will Groß auch bei einem in seiner Diktion „formell weisungsfreien" Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer den Einwand zulassen, daß tatsächlich eine Unterordnung unter die Weisungen der übrigen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer vorliegt. 547 Damit schälen sich die Fragen nach den letztlich entscheidenden Merkmalen für den Arbeitnehmerstatus sowie nach der Verteilung der Darlegungslast als Kern der Konzeption von Groß heraus. Insoweit ist es zunächst jedenfalls nicht selbstverständlich, daß eine rechtliche Bindung an die Direktiven der Gesellschafterversammlung mit der Überlegung für irrelevant erklärt werden kann, daß der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer aufgrund der tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse regelmäßig oder doch zumindest häufig in der Lage ist, seine Interessen durchzusetzen. Immerhin wird man in diesem von Groß nicht näher reflektierten Punkt den tatsächlichen Verhältnissen den Vorrang einzuräumen haben. Auch wenn ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer formell den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterstellt ist, spricht alles dafür, eine Arbeitnehmereigenschaft abzulehnen, sofern sich in diesen Weisungen im Regelfall der Wille des Betroffenen niederschlägt. Zwar ist der Schutz vor einer Fremdbestimmung in derartigen Fallgestaltungen rechtlich nicht abgesichert. Deshalb kann auch nicht einfach eine Parallele zur Judikatur des B A G gezogen werden, nach der es für den Arbeitnehmerstatus auf die tatsächliche Handhabung des Beschäftigungsverhältnisses ankommt. 5 4 8 Mit dieser Rechtsprechung will das B A G nämlich nur verhindern, dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses durch eine schlichte Deklaration zu entgehen, und statt dessen ermitteln, von welchen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen die Parteien wirklich ausgegangen sind. Damit hat die vorliegende Konstellation nichts zu tun, weil es nicht um etwaige Stimmbindungsabreden, sondern um die Bedeutung des tatsächlichen Stimmverhaltens geht. Es wäre künstlich, würde man die Aufspaltung der Position des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers ohne Rücksicht auf das tatsächliche Geschehen in der Gesellschafterversammlung zum Anlaß nehmen, ihn bei einer entsprechenden Ausformung des Anstellungsvertrages als Arbeitnehmer einzustufen. Die mit jedem Rekurs auf die tatsächlichen Verhältnisse einhergehende Rechtsunsicherheit muß in Kauf genommen werden. Anstellungsverhältnis, S. 277. St. Rspr.; siehe etwa B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 102 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter I 1); B A G vom 30.9.1998, AP Nr. 103 zu §611 B G B Abhängigkeit (unter I); B A G vom 26.5.1999, A P Nr. 104 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter I). 547 548

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Der vom BSG in diesem Zusammenhang geäußerte Gedanke, daß es insoweit nur auf den einzelnen Gesellschafter und dessen rechtliche Macht ankomme, 549 wird der besonderen Situation einer ständigen tatsächlichen Einflußnahme auf das weisungsgebende Gremium nicht hinreichend gerecht. Das zweite Problem besteht in der Verteilung der Darlegungslast. Mit der Unterscheidung zwischen potentiell einflußreichen und einflußlosen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern verbindet Groß nämlich zugleich eine Differenzierung. Sofern ein solcher Dienstnehmer über potentielle Stimmrechtsmacht verfügt, soll eine tatsächliche Weisungsbindung - etwa durch ein permanentes konzertiertes Vorgehen mehrerer anderer Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer - positiv dargetan, also nicht etwa eine tatsächliche Weisungsfreiheit dargelegt werden müssen. Bei fehlender potentieller Einwirkungsmöglichkeit soll das Gegenteil gelten. Genau dies ist indes zweifelhaft. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, daß es auf das tatsächliche Stimmverhalten in der Gesellschafterversammlung nur dann ankommt, wenn ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer formal den Direktiven dieses Gesellschaftsorgans unterliegt. Wenn nunmehr geltend gemacht wird, daß der Betroffene trotz einer solchen formalen Weisungsunterworfenheit aufgrund seines tatsächlichen Einflusses in der Gesellschafterversammlung kein Arbeitnehmer ist, so ist es nicht zuviel verlangt, demjenigen die Darlegungslast aufzubürden, der sich auf Verhältnisse beruft, die von der rechtlichen Grundstruktur abweichen. Der von Groß akribisch herausgearbeiteten, an eine Vielzahl von einzelnen Kautelen geknüpften Grenze zwischen potentiell einflußreichen und einflußlosen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern kommt nach alledem keine rechtliche Relevanz zu. Vielmehr ist bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer generell (positiv) danach zu fragen, ob dieser Gesellschafter in der Vergangenheit in der Lage war, trotz seiner Minderheitsposition seine Interessen regelmäßig zu wahren. Wenn eine solche Fähigkeit zum Selbstschutz nachgewiesen werden kann, führt auch eine im Anstellungsvertrag enthaltene formale Bindung an tätigkeitsbezogene Weisungen der Gesellschafterversammlung nicht zu einem Arbeitsvertrag. Ob auch außerhalb der Fälle eines effektiven Einflusses des einzelnen MinderheitsgesellschafterGeschäftsführers auf die eigenen Arbeitsbedingungen im Lichte der Diskussion zur Mitarbeiterselbstverwaltung eine Arbeitnehmereigenschaft ausscheidet, soll an dieser Stelle zunächst offenbleiben und erst zu einem späteren Zeitpunkt thematisiert werden. 550 (bb) Sonstige Dienstverträge

von

Gesellschafter-Geschäftsführern

Die zweite Fallgruppe stellen Dienstverträge zwischen der GmbH und Gesellschafter-Geschäftsführern über Tätigkeiten außerhalb des Bereichs der organschaftlichen Geschäftsführung dar. Hierbei handelt es sich um eine bislang nur 549 550

BSG vom 30.3.1962, BSGE 17, 15, 21. Siehe dazu unten sub (b) (bb) (bbb).

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Einzelkriterien

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andeutungsweise diskutierte Konstellation. Dies beruht in erster Linie auf der wesentlich geringeren praktischen Relevanz. Die Geschäftsführung in einer GmbH nimmt den Geschäftsführer nämlich regelmäßig in einem derart hohen Maß in Anspruch, daß für eine sonstige Mitarbeit im Dienste der GmbH keine freien Kapazitäten verbleiben. 551 Gleichwohl hat diese Sachverhaltsform nicht nur einen rein akademischen Charakter. So ist etwa in einer Entscheidung des B A G davon die Rede, daß die Gesellschafter-Geschäftsführer einer als GmbH organisierten Zimmerei „überwiegend körperlich ... und nicht als Organ" gearbeitet hätten. 552 Auch wenn das B A G keine explizite Aufteilung der verschiedenen Tätigkeiten auf zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse vorgenommen hat, zeigt dieses Beispiel doch, daß es jedenfalls in kleinen Unternehmen durchaus in Betracht kommt, neben den Anstellungsvertrag als Grundlage der organschaftlichen Geschäftsführung einen austauschrechtlichen Mitarbeitervertrag zu stellen, durch den ein Gesellschafter-Geschäftsführer zusätzliche Dienstleistungen erbringt. In diesem Sinne ging das B A G in einem älteren Fall ohne weiteres davon aus, daß das Vorstandsmitglied einer Genossenschaft zugleich die Tätigkeit eines angestellten Rendanten wahrgenommen habe, um darauf die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit zu stützen. 553 Dementsprechend hat die Judikatur eine Doppelstellung als Organmitglied und als (aktiv tätiger) Arbeitnehmer im Verhältnis zur selben juristischen Person mehrfach ausdrücklich als möglich bezeichnet. 554 Im französischen Arbeitsrecht hat diese Fallgruppe sogar eine ganz erhebliche Bedeutung. Das gleichzeitige Bestehen (cumul) einer Organstellung (mandat social) und eines Arbeitsvertrages (contrat de travail) setzt nämlich nach ständiger Rechtsprechung gerade voraus, daß der Geschäftsleiter eine von der Geschäftsführung getrennte Arbeitsaufgabe (fonctions distinctes) wahrnimmt. 555 Derartige Gestaltungen finden sich vereinzelt auch im US-amerikanischen Arbeitsrecht. 556 5 5 1 Vgl. aber B G H vom 7.12.1987, WM 1988, 298, 299: (pflichtwidrige) Arbeit eines GmbHGeschäftsführers an zwei Wochentagen für eine andere GmbH. Siehe ferner die Diskussion um die Loyalitätspflichten von Teilzeitgeschäftsführern; dazu Grundmann, Treuhandvertrag, S. 446 f., m.w.N. 5 5 2 B A G vom 10.4.1991, AP Nr. 54 zu § 611 B G B Abhängigkeit. 5 5 3 B A G vom 27.10.1960, AP Nr. 14 zu § 5 ArbGG 1953 (unter II 2 b). Für die grds. Möglichkeit einer von der Organfunktion getrennten Tätigkeit für dasselbe Unternehmen auch D. Gaul, G m b H R 1989, 357, 359; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 282 f.; Schwab, NZA 1987, 839, 840 f. Siehe in diesem Kontext ferner O L G Düsseldorf vom 10.6.1999, G R U R 2000, 49, 50: Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten neben der Wahrnehmung von Leitungsaufgaben. 5 5 4 B A G vom 9.5.1985, AP Nr. 3 zu § 5 ArbGG 1979 (unter B II 2 b); B A G vom 27.6.1985, AP Nr. 2 zu § 1 AngestelltenkündigungsG (unter III 2); B A G vom 28.9.1995, AP Nr. 24 zu § 5 ArbGG 1979 (unter II 2 b); LAG Düsseldorf vom 29.11.1996, L A G E § 5 ArbGG 1979 Nr. 5; B A G vom 10.12.1996, AP Nr. 4 zu §2 A r b G G 1979 Zuständigkeit (unter II 3 d); anders aber LAG Chemnitz vom 5.5.1993, L A G E § 2 ArbGG 1979 Nr. 13: Arbeitsverhältnis „kann" nur in ruhendendem Zustand fortbestehen. 5 5 5 Siehe dazu oben die Nachweise sub IV 3 b bb in Fn. 422. 5 5 6 Vgl. Airport Distributors, 280 N.L.R.B. 1144, 1150 (1986): Qualifikation eines Lkw-Fahrers bei gleichzeitiger Mitgliedschaft im board of directors sowie einem Kapitalanteil von 10% als employee i.S. des National Labor Relations Act.

348

§ 6 Arbeitsrecbtliche

Perspektive

In konstruktiver Hinsicht kann in Fällen dieser Art sowohl ein echter Drittvertrag (Typ III/l) 5 5 7 als auch ein solcher Austauschvertrag vorliegen, durch den eine satzungsrechtlich fundierte Beitragspflicht vollzogen wird (Typ II/l) 5 5 8 . In beiden Varianten wird ein etwaiges Weisungsrecht anders als beim Anstellungsvertrag nicht von der Gesellschafterversammlung, sondern von den Geschäftsführern ausgeübt. 5 5 9 Bei der Frage nach der Einordnung derartiger Verträge als Arbeitsverhältnisse muß diesem Umstand Rechnung getragen werden. Ausgangspunkt ist insoweit wieder die grundsätzliche Notwendigkeit der Unterordnung unter einen fremden Willen. Das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses kann also nicht darauf gestützt werden, daß ein Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Funktion als Geschäftsführer tätigkeitsbezogene Direktiven im Namen der G m b H ausspricht, die er anschließend in seiner Eigenschaft als Dienstnehmer ausführt. 5 6 0 Demgegenüber ist es durchaus denkbar, einen Gesellschafter-Geschäftsführer bei seiner zusätzlichen Mitarbeit im Rahmen eines eigenständigen Dienstvertrages an die Weisungen eines anderen Geschäftsführers zu binden. Wenn in der Literatur als Rechtsform für die Wahrnehmung einer weiteren Aufgabe nur ein freier Dienstvertrag für möglich gehalten wird, 5 6 1 kann dies deshalb nicht überzeugen. Entscheidend ist daher wieder, welche Folgen der unternehmensinterne Einfluß eines Gesellschafter-Geschäftsführers auf die Qualifikation hat. Dabei ist zwischen den aus der Geschäftsführer- und den aus der Gesellschafterstellung erwachsenden Einwirkungsmöglichkeiten zu differenzieren. Soweit es um die Position als Geschäftsführer geht, ist entsprechend den Uberlegungen zum separaten Dienstvertrag eines Vorstandsmitglieds 5 6 2 ein prinzipielles Verbot anzunehmen, durch Geschäftsführungsmaßnahmen auf die Ausgestaltung des eigenen Drittvertrages Einfluß zu nehmen. Im Grundsatz kann man die Arbeitnehmereigenschaft also nicht mit dem Argument verneinen, daß es der Betroffene in der Hand habe, durch sein auf der Geschäftsführungsebene angesiedeltes Vetorecht 563 sämtliche das eigenständige Dienstverhältnis betreffenden Maßnahmen zu unterbinden. Sofern dem Geschäftsführer allerdings ein Selbstkontrahieren gestattet ist, 564 wird man ihn für befugt ansehen können, den Anordnungen anderer Geschäftsführer auch dann zu widersprechen, wenn es sich um ein eigenes Rechtsgeschäft handelt. Schwieriger zu beurteilen ist der aus der Gesellschafterstellung erwachsende Einfluß. Bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer ist es in Anlehnung an die obigen Überlegungen noch ohne weiteres einleuchtend, daß mangels eines Vgl. hierzu oben sub § 3 V. Dazu oben sub § 3 V. 559 Siehe dazu bereits oben sub IV 3 b bb. 560 Ebenso D. Gaul, GmbHR 1989, 357, 358; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 282. 561 So D. Gaul, GmbHR 1989, 357, 359; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 282. 562 Siehe oben sub IV 3 b bb. 563 Zum Vetorecht analog § 115 HGB vgl. Scholz/t/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 37 Rn. 26; Baumbach/Hueck/Zö7/»er, GmbHG, 17. Aufl., § 37 Rn. 17. 564 Vgl. dazu nur Baumbach/Hueck/ZöWwer, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 75. 557 558

V. Abstufbare

Einzelkriterien

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fremden Willens ein Arbeitsverhältnis nicht bestehen kann. Sobald ein weiterer Gesellschafter existiert, kann man indes zumindest nicht mehr ohne weiteres auf die dargelegten Grundsätze zur Rechtslage beim Anstellungsvertrag zurückgreifen. Zwar ist die Gesellschafterversammlung befugt, der Geschäftsführung in einem umfänglichen Maße Weisungen zu erteilen, 565 so daß trotz einer prima facie bestehenden Fremdbestimmung eines Gesellschafter-Geschäftsführers durch eine U n t e r o r d n u n g unter die Weisungen eines anderen Geschäftsführers in Wirklichkeit eine Selbstbestimmung vorliegt, wenn der betroffene Mitarbeiter in der Lage ist, über die Versammlung der Gesellschafter seinen Willen durchzusetzen. Problematisch ist indes, daß ein Gesellschafter jedenfalls bei einem echten tätigkeitsbezogenen Drittvertrag grundsätzlich gemäß § 47 Abs. 4 S. 2 G m b H G einem Stimmrechtsverbot unterliegt. 566 Dies bedeutet, daß auch ein Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer an sich nicht die Rechtsmacht hat, Direktiven zu verhindern, die der Minderheitsgesellschafter der Geschäftsführung hinsichtlich des separaten Dienstvertrages des Mehrheitsgesellschafters erteilt. Es kann deshalb nicht überzeugen, wenn das BAG, 5 6 7 Henssler•568 und Kraft/Konzen5^ in der insoweit vergleichbaren Konstellation des Dienstvertrages eines reinen, also nicht als Geschäftsführer tätigen Mehrheitsgesellschafters die Arbeitnehmereigenschaft apodiktisch verneinen, ohne auf die Frage einzugehen, ob dieser Gesellschafter überhaupt befugt ist, seine Leitungsmacht im Hinblick auf das Drittgeschäft auszuüben. Dennoch steht hinter der Sichtweise des B A G sowie von Henssler und Kraft/ Konzen ein berechtigter Gedanke. Dieser läßt sich dahin formulieren, daß es für den Arbeitnehmerstatus nicht nur auf die formale unmittelbare Unterworfenheit unter eine fremde Direktionsbefugnis ankommen kann. Vielmehr muß jedenfalls in der hier interessierenden Situation eines gesellschaftsrechtlich vermittelten Einflusses auf das gesamte Unternehmen der Arbeitnehmerbegriff teleologisch reduziert werden. Wer in der Lage ist, die Arbeitsorganisation zu steuern und das Unternehmen am Markt immer wieder neu zu positionieren, ist auf den mit einem Arbeitsverhältnis verknüpften Berufs- und Existenzschutz nicht angewiesen. Sofern ein Gesellschafter-Geschäftsführer in nahezu allen das Unternehmen betreffenden Fragen den maßgeblichen Einfluß ausübt, kann man ein eigenständiges Dienstverhältnis somit auch dann nicht als Arbeitsvertrag qualifizieren, wenn der Mitarbeiter insoweit formal von den Weisungen eines anderen Gesellschafter-Geschäftsführers abhängt. Aus diesem G r u n d e kann der oben herausge565

Siehe hierzu oben sub IV 3 b bb. Vgl. R G v o m 14.10.1943, R G Z 172, 76, 80; Hüffer, FS Heinsius (1991), S. 337, 342; B a u m b a c h / H u e c k / Z ö l l n e r , G m b H G , 17. Aufl., § 47 Rn. 55. 567 B A G v o m 6.5.1998, A P N r . 95 zu § 611 B G B Abhängigkeit. Die v o m B A G herangezogenen Urteile des BSG b e t r e f f e n e n t w e d e r den Fall des Alleingesellschafters o d e r den Anstellungsvertrag von G e s e l l s c h a f t e r - G e s c h ä f t s f ü h r e r n , bei d e m nach h. M. kein S t i m m v e r b o t besteht, u n d damit jeweils abweichende Gestaltungen. 568 R d A 1992,289,291. 569 Arbeiterselbstverwaltung, S. 42. 566

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

arbeitete Leitgedanke der Durchsetzbarkeit des eigenen Willens als Sperre für eine Arbeitnehmereigenschaft letztlich doch auf die Problematik der Einstufung eines separaten Dienstvertrags transponiert werden. Mithin bildet die Mehrheitsherrschaft auf jeden Fall ein Hindernis für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Dies korrespondiert mit den im französischen Recht entwickelten Grundsätzen. Die Existenz eines neben einem mandat social stehenden contrat de travail wird nämlich dann verneint, wenn es sich um einen Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer (gérant majoritaire) handelt. 570 In der Sache geht es in Fällen dieser Art somit um eine am Telos der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften orientierte Interpretation des Arbeitnehmerbegriffs. Während die vor allem von Wank angestoßene Diskussion darum kreist, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Beschäftigter auf Berufs- und Existenzschutz angewiesen und deshalb als Arbeitnehmer anzusehen ist, 571 obwohl er nicht in einem technischen Sinne weisungsabhängig tätig ist, berühren die hier interessierenden Gestaltungen die Frage, welcher mittelbare Einfluß es rechtfertigt, einen Beschäftigten trotz formaler Weisungsunterworfenheit nicht als Arbeitnehmer einzustufen, weil er den mit diesem Status verknüpften Schutz nicht nötig hat. Ob auch eine egalitäre Beteiligung zu einem grundsätzlichen Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft führt, soll sogleich im Rahmen der weithin vergleichbaren, praktisch aber erheblich bedeutsameren Fallgruppe der Mitarbeit eines Gesellschafters unterhalb der Geschäftsleitung erörtert werden. (b) Mitarbeitende

Gesellschafter

unterhalb

der

Gescbäftsfübrungsebene

Die weitere an dieser Stelle näher zu betrachtende Grundkonstellation bilden Dienstverträge von GmbH-Gesellschaftern, die ausschließlich eine unterhalb der Geschäftsführungsebene angesiedelte Mitarbeit ausüben. Konstruktiv zeichnet sich diese Fallgruppe wiederum dadurch aus, daß ein etwaiges Direktionsrecht vom Geschäftsführer ausgeübt wird, 572 während dieser selbst den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. Typologisch kann man hier zwischen dem mitunternehmerisch tätigen Beschäftigten und dem Arbeitnehmer differenzieren, der zusätzlich einen Geschäftsanteil hält. Ferner lassen sich in phänomenologischer Hinsicht etwa Freiberuflergesellschaften, Partnerschaftsbetriebe und belegschaftseigene Unternehmen unterscheiden. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um fest ausgestanzte Sachverhalte, sondern um eine gleitende Skala mit mannigfachen Überschneidungen. Aus den Etikettierungen allein kann deshalb nicht auf entsprechende Rechtsfolgen geschlossen werden. Es kann deshalb nicht

5 7 0 Cass. soc. vom 7.2.1979, Bull. civ. 1979, V, Nr. 122; Cass. soc. vom 8.10.1980, Bull. civ. 1980, V, Nr. 714; Cass. soc. vom 31.3.1982, Bull. civ. 1982, V, Nr. 238 (jeweils zum Fall Cavrois). 5 7 1 Vgl. dazu oben sub I. 5 7 2 Vgl. B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § T V G Tarifverträge: Bau; B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 b); in diesem Sinne auch Goette, DStR 1998, 1646; Rowedder/Koppensteiner, GrnbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 95.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

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ganz überzeugen, wenn etwa Loritz57i und Diller574 den Eindruck erwecken, als gäbe es in der Lebenswirklichkeit eine enumerative Anzahl unverrückbar feststehender Gestaltungen, denen nur noch die passenden rechtlichen Folgen zugeordnet werden müßten. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß für die soeben erwähnten tatsächlichen Unternehmensarten zwar teilweise, aber keineswegs ausschließlich die rechtliche Form einer GmbH gewählt wird. Es ist um des inneren Zusammenhanges daher unumgänglich, bereits in diesem Rahmen Überlegungen zu berücksichtigen, die sich nicht spezifisch auf die GmbH konzentrieren, sondern rechtsformübergreifende Gesichtspunkte zur Sprache bringen. Im folgenden soll zunächst der Diskussionsstand hinsichtlich der beiden Enden der Skala nachgezeichnet werden. Anschließend wird das bislang weithin ausgesparte Sonderproblem der egalitären Beteiligung näher betrachtet. (aa) Allein- und

Mehrheitsbesitz

Mit den soeben erfolgten Darlegungen zur Situation bei separaten Dienstverträgen von Gesellschafter-Geschäftsführern ist der Boden für die Einstufung von Dienstverhältnissen reiner Gesellschafter vorbereitet. Der entscheidende Grund für den prinzipiellen Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft liegt nach dem bisher Ausgeführten nämlich nicht in den durch die Geschäftsführerposition vermittelten Einflußmöglichkeiten, sondern in der aus der Gesellschafterstellung erwachsenden rechtlichen Macht über die gesamte Unternehmenspolitik, an der auch das Stimmverbot in Fragen, die das Drittgeschäft betreffen, nichts ändert. Deshalb ist es konsequent, wenn - wie bereits erwähnt - das BAG, 5 7 5 Henssler576 und Kraft/Konzen577 den Arbeitnehmerstatus eines subaltern beschäftigten Mehrheitsgesellschafters kategorisch ausschließen. 578 Dies entspricht der Sicht des B S G für einen Alleingesellschafter. 579 Zwar meint Hanau offenkundig, daß der Abschluß eines Arbeitsvertrages auch bei einer Mehrheitsbeteiligung möglich sei. 580 Die dafür herangezogene Entscheidung des BAG 5 8 1 vermag diese Auffassung indes nicht zu belegen, weil sie einen lediglich zur Hälfte beteiligten Gesellschafter betraf. Darüber hinaus ist eine solche Einschätzung aus den genannten Gründen auch zurückzuweisen.

Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 65 ff., 74 ff., 195 ff., 502 ff. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 355 f., 358 ff. 5 7 5 B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu § 6 1 1 B G B Abhängigkeit; zust. Goette, D S t R 1998, 1646; Plagemann, EWiR § 611 B G B 4/98, 883. 5 7 6 RdA 1992,289, 191. 5 7 7 Arbeiterselbstverwaltung, S. 42. 5 7 8 Ebenso Staab, N Z A 1995, 608, 614. 5 7 9 Vgl. B S G vom 9.11.1989, B S G E 66, 69, 71. 5 8 0 In: Erman, B G B , § 611 Rn. 23; ebenso - wenn auch nicht näher reflektiert - L G Ingolstadt vom 26.10.1998, EWiR § 32a G m b H G 4/98, 1135 f., mit insoweit zust. Anm. von v. Gerkan, unentschieden Hergenröder, D Z W I R 1998, 459 Fn. 3. 581 B A G vom 9.1.1990, AP Nr. 6 zu § 35 G m b H G . 573 574

352

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

In dieser Fallgestaltung besteht somit eine deutliche Diskrepanz zum französischen Arbeitsrecht. Sowohl die Judikatur 5 8 2 als auch das Schrifttum 5 8 3 zeigen keine Bedenken, bei einem associé majoritaire non gérant einer S A R L die Kumulation mit einem contrat de travail zuzulassen. In dieser Ansicht kommt eine für das französische Rechtsdenken nicht untypische formale Betrachtungsweise zum Ausdruck, indem man streng auf die Führung der Gesellschaft durch den Geschäftsleiter abstellt und die Frage nach dem Einfluß des Mehrheitsgesellschafters auf den gérant offenbar abschneidet. Inhaltlich überzeugen kann ein solches Verständnis freilich nicht. (bb)

Minderheitsbeteiligung

Gewisse Zweifel werfen wiederum diejenigen Fälle auf, in denen der mitarbeitende Gesellschafter für sich allein nur über eine Minderheitsbeteiligung verfügt. Insoweit herrscht zunächst Einigkeit darüber, daß nicht jeder noch so minimale Anteil für sich genommen die Arbeitnehmereigenschaft sperrt. 5 8 4 Demgegenüber ist umstritten, ob eine Beteiligung von mehr als 25 % 5 8 5 infolge der zwingenden Einflußnahme auf Satzungsänderungen die Existenz eines Arbeitsverhältnisses zumindest grundsätzlich hindert. 5 8 6 Hierzu kann auf die Darlegungen zum Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers verwiesen werden, in deren Rahmen bereits in einem verneinenden Sinne Stellung genommen wurde. 5 8 7 Zwar heißt es in einer Entscheidung des B A G beiläufig, daß ein Minderheitsgesellschafter bei Bestehen einer - nicht näher bezifferten - Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer sei. 588 Dem stehen aber Äußerungen in der Judikatur gegenüber, nach denen bei einem mitarbeitenden einfachen GmbH-Gesellschafter ein Anteilsbesitz von 26 % 5 8 9 bzw. von 35 % 5 9 0 für den Arbeitnehmerstatus offenbar

5 8 2 Cass. soc. vom 13.12.1978, Bull. civ. 1978, V, Nr. 859; Cass. soc. vom 28.1.1982, D. 1982, I.R. 249; Cass. soc. vom 4.12.1990, Bull. civ. 1990, V, Nr. 606. 583 Puigelier, J C , Travail traité, Fase. 2-14, Nr. 44. 5 8 4 Vgl. dazu oben sub 2 a. 5 8 5 Siehe aber nunmehr das Vorabentscheidungsersuchen des O G H vom 26.4.2001, wbl 2001, 329 ff., an den E u G H , ob ein zu 2 5 % beteiligter, nicht geschäftsführend tätiger G m b H Gesellschafter in den Anwendungsbereich der Insolvenzschutz-RL 8 0 / 9 8 7 / E W G fällt. 5 8 6 In diesem Sinne Martens, RdA 1979, 347, 350; noch weitergehend offenbar Henssler, RdA 1992, 289, 291, wenn er zunächst meint, daß bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer im Falle eines über 5 % hinausgehenden Anteils regelmäßig nur eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften in Betracht komme, um dann mit der Bemerkung fortzufahren, daß in diesen Fällen die Inkompatibilität von Organ- und Arbeitnehmerstellung bereits aus der Beteiligung erwachse und deshalb einem einflußreichen Gesellschafter auch ohne eine Bestellung zum Organ der Arbeitnehmerstatus zu versagen sei. 5 8 7 Siehe oben sub (a) (aa) (bbb). 5 8 8 B A G vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter I 2 a). 5 8 9 Vgl. O L G Köln vom 22.9.1988, AP Nr. 16 zu § 17 BetrAVG (unter 1 ): Bei Beteiligung von ca. 2 6 % Zurechnung zum Personenkreis nach § 17 Abs. 1 S. 1 BetrAVG nicht ausgeschlossen. 5 9 0 B A G vom 11.3.1998, AP Nr. 144 zu § 6 2 6 B G B ; ebenso Hergenröder, D Z W I R 1998, 459 Fn.3.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

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unschädlich sein soll. 591 Ob darüber hinaus sogar eine auf einfache Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bezogene Sperrstellung die Arbeitnehmerposition - insoweit anders als beim Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers - nicht definitiv ausschließt, soll zunächst noch offenbleiben und erst später behandelt werden. 592 Im übrigen besteht das Hauptproblem bei Minderheitsbeteiligungen in der Frage, ob es unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen gerechtfertigt ist, die Arbeitnehmereigenschaft eines nicht als Geschäftsführer tätigen Minderheitsgesellschafters gleichwohl jedenfalls regelmäßig zu verneinen. Dabei lassen sich im wesentlichen zwei Fallgruppen unterscheiden, die mit den Stichworten „überschaubarer" und „großer" Gesellschafterkreis umrissen werden können. (aaa) Überschaubarer

Gesellschafterkreis

Erstens geht es um diejenigen GmbH, in denen eine verhältnismäßig geringe Zahl von mitarbeitenden Teilhabern beschäftigt ist, deren Anteile zumindest nicht erheblich differieren. 593 Man mag in diesem Zusammenhang beispielhaft von Freiberuflergesellschaften und selbstverwalteten Betrieben 594 sprechen, muß sich aber klar machen, daß sich diese tatsächlichen Erscheinungen in unterschiedliche Rechtsformen kleiden können und vor allem für sich genommen noch keine Größenordnung umreißen. Insoweit sei nur an die schon erwähnten freiberuflichen Partnerschaften mit über tausend Mitgliedern erinnert. 595 Erst recht erlaubt die schlichte Bezeichnung für sich genommen nicht den Schluß auf bestimmte Rechtsfolgen. So kann man etwa den Arbeitnehmerstatus eines Beschäftigten unabhängig von den konkret praktizierten Selbstverwaltungsformen nicht einfach damit „begründen", daß er in einem „Belegschaftsbetrieb" tätig sei 596 . Im Hinblick auf die Einordnung der Tätigkeitsverhältnisse nichtgeschäftsführender Minderheitsgesellschafter in Vereinigungen mit der beschriebenen Struktur meint Diller rechtsformübergreifend, daß alle Beteiligten unabhängig von ei591 Siehe in diesem Kontext auch B G H v o m 20.6.1983, N J W 1983, 2880, 2881, w o bei einem Mitarbeiter, der ein Fünftel des S t a m m k a p i t a l s hält, von einem Arbeitsverhältnis gesprochen wird. 5 9 2 Siehe dazu unten sub (cc). 593 Dabei ist die Grenze nicht ohne W i l l k ü r bei zwölf Gesellschaftern zu ziehen; ähnlich Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 365: bis 15 Gesellschafter; siehe auch Duhm, Belegschaften, S. 140, nach dessen Ansicht bei einer Betriebsgröße von bis zu 15 Beschäftigten noch eine direkte Selbstverwaltung möglich sein soll. Die grundsätzliche Berechtigung einer solchen Differenzierung findet eine gewisse Bestätigung durch rechtsökonomische Überlegungen zu den Transaktionskosten innerhalb von Unternehmen, die bei einer entsprechenden Größe anfallen; hierzu grdl. Alchian/Demsetz, Am. Econ. Rev. 62 (1972), 777 ff. Zu den unterschiedlichen Transaktionskosten bei der Willensbildung in kleinen und großen Gruppen ferner Hansmann, Yale Law Journal 99 (1990), 1749, 1779 ff.; Schmitz-Herscheidt, Jb. f. N P Ö , Bd. 2 (1983), S. 181, 190 ff. 594 Beispielhaft sei die „W. Geffken D r u c k - und V e r l a g s - G m b H " , Bremen, genannt, bei der von zehn gleichmäßig a m Stammkapital beteiligten Gesellschaftern neun zugleich aktiv mitarbeiten bzw. mitgearbeitet haben; zu Einzelheiten vgl. Duhm, Belegschaften, S. 183 ff. 5 9 5 Siehe d a z u bereits oben sub § 4 II 2. 5 9 6 In diesem Sinne aber Duhm, Belegschaften, S. 125.

354

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

ner formalen Stellung als Geschäftsführer einen - die Arbeitnehmereigenschaft regelmäßig hindernden - hinreichenden Einfluß auf die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen haben. 597 Darüber hinaus stellt Diller die Vermutung auf, daß sich bei Freiberuflern auch eindeutig unterhalb der Geschäftsleitung angesiedelte Tätigkeiten auf den Unternehmenserfolg auswirken würden. 598 Die prinzipielle Problematik dieser Konzeption mit ihrer Fixierung auf die nach außen gerichtete Mitunternehmerschaft ist bereits angesprochen worden. 599 Dazu gesellt sich Umstand, daß sie der Frage nach dem Verhältnis der einzelnen Faktoren für einen Binneneinfluß im Unternehmen aus dem Weg geht, indem die verschiedenen Ebenen, auf denen Fremd- bzw. Selbstbestimmung stattfindet, verschmolzen werden. Ein solches Vorgehen ist schon deshalb zurückzuweisen, weil die Weisungsgebundenheit einer Dienstleistung nach wie vor als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft anzusehen ist und es deshalb hinreichender Gründe bedarf, einen weisungsunterworfenen Beschäftigten ausnahmsweise nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren. Indem Diller eine allgemeine Vermutung für eine mitunternehmerische Tätigkeit ausspricht, vermengt er den vom Mitarbeiter, der sich auf den Status als Arbeitnehmer beruft, in der Tat nachzuweisenden Umstand einer Fremdbestimmtheit der eigentlichen Tätigkeit mit der davon zu trennenden Frage, ob der Beschäftigte trotz einer solchen Bindung infolge mittelbaren Einflusses als freier Dienstnehmer einzustufen ist. Auch wenn ein unterhalb der Geschäftsführungsebene beschäftigter Minderheitsgesellschafter in einer „kleinen" GmbH mit ausgewogener Anteilsstruktur im allgemeinen einen gewissen Einfluß auf die in der Gesellschafterversammlung zu treffenden Entscheidungen hat, die sich auf das gesamte Unternehmen beziehen, kann doch nicht pauschal davon ausgegangen, daß er auf diesem Wege auch seine eigenen Arbeitsbedingungen festlegen kann. 600 Vielmehr kann die Arbeitnehmereigenschaft unter Berufung auf die Gesellschafterstellung nur dann verneint werden, wenn der Betroffene kraft seiner mitgliedschaftlichen Befugnisse einen nachweislichen Einfluß auf die eigene Beschäftigungssituation ausübt. Freilich bedarf die grundsätzliche Voraussetzung für den Arbeitnehmerstatus, daß nämlich der Mitarbeiter dem Weisungsrecht des geschäftsführenden Mitgesellschafters auch wirklich unterliegt, gerade bei kleineren GmbH einer genauen Prüfung. Dies ist vom B A G vor kurzem im Falle einer fünfköpfigen Tanzmusik-Band, die

5 9 7 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 3 5 9 (selbstverwaltete Betriebe), 362 ( O H G ) , 364 (Freiberuflergesellschaften), 3 6 8 (kleine A G ) ; damit aber kaum vereinbar S. 368: bei nicht geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern von Kleinunternehmen keine Vermutung für entscheidenden Einfluß. 5 9 8 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 369. 5 9 9 Siehe dazu oben sub (a) (aa) (ccc). 6 0 0 Implizit ebenso A r b G F r a n k f u r t / M . v o m 21.4.1999, Z I P 1999, 1771 ff., wenn im Falle eines Leiters der Produktentwicklung mit einem Geschäftsanteil von ca. 2 0 % von der „betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses" die R e d e ist.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

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eine Gesellschaft gegründet hat, an der die Bandmitglieder gleichmäßig beteiligt waren, zutreffend hervorgehoben worden. 6 0 1 (bbb)

Großer

Gesellschafterkreis

Zum zweiten sind „größere" Unternehmen betroffen, die sich durch eine vergleichsweise große Anzahl mitarbeitender Gesellschafter 6 0 2 auszeichnen. Den damit ins Blickfeld gerückten Konstellationen ist gemeinsam, daß der einzelne Beschäftigte in einer in größeren arbeitsteiligen Strukturen kaum zu vermeidenden arbeitsorganisatorischen Abhängigkeit tätig wird 6 0 3 und er in der Gesellschafterversammlung bei isolierter Betrachtung nur einen minimalen Einfluß auf das Unternehmen hat 6 0 4 . Äußerlich gesehen zerfällt diese Fallgruppe in zwei Grundformen: Auf der einen Seite stehen diejenigen Unternehmen, die sich dem Partnerschaftsgedanken verpflichtet fühlen. Damit ist freilich ein in mehrfacher Hinsicht diffuser Bereich angesprochen. So verbinden sich mit dem Begriff der betrieblichen bzw. unternehmerischen Partnerschaft in ihrer konkreten Ausprägung äußerst unterschiedliche rechtliche Gestaltungen, die sich keineswegs und nicht einmal in erster Linie in der Beteiligung von Mitarbeitern durch Einräumung von GmbH-Anteilen erschöpfen. Vielmehr wird - wie bereits erwähnt 6 0 5 - die Partnerschaftsidee teilweise sogar für solche Modelle reserviert, in denen nicht eine Kapitalbeteiligung, sondern die Arbeitsleistung als solche die Grundlage der U n ternehmensordnung bildet. Geht man indes von einer Einbeziehung aller rechtlich möglichen Formen aus, die dem Ziel dienen, die Belegschaft trotz des grundsätzlichen Festhaltens an einer Trennung von (wenigen) Kapitaleignern und (vielen) Mitarbeitern an der Unternehmensführung und am Unternehmensgewinn teilhaben zu lassen, 606 steht nichts im Wege, die Folgen einer Verwirklichung des Partnerschaftsgedankens am Beispiel der G m b H zu untersuchen. Dies gilt jedenfalls in dem Maße, in dem andere Rechtsformen, insbesondere personengesellschaftsrechtliche Einkleidungen keine abweichenden Ergebnisse gebieten. Dabei ist eine exemplarische Konzentration der Überlegungen auf die G m b H um so eher gerechtfertigt, als frühere Überlegungen, eine umfassende Beteiligung der B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 b u. c). Gemeint sind entsprechend dem bislang genannten Grenzwert mehr als zwölf Gesellschafter. 6 0 3 Vgl. Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 52; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 273. 6 0 4 In diesem Sinne auch Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 395; Eicbler-Weiskorn/Pöppel, K J 1987, 259, 270; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 51 f.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 376; Vollmer, Unternehmensverfassungen, S. 193. 6 0 5 Siehe hierzu oben sub § 1 II 4. 6 0 6 Vgl. auch § 3 der AGP-Satzung in der Fassung vom 26.6.2001, deren Formulierung „durch verschiedene Formen der Mitwirkung und Mitbestimmung ... einer Fremdbestimmung entgegenwirken" allerdings offenläßt, ob sich die Teilhabe an Entscheidungsprozessen auf den unternehmerischen Bereich beziehen muß oder auf den betrieblichen Sektor beschränkt bleiben kann. 601

602

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§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Belegschaft an der Leitung und am G e w i n n des U n t e r n e h m e n s durch neue unternehmensrechtliche Strukturen außerhalb der traditionellen gesellschaftsrechtlichen Bahnen zu ermöglichen, 6 0 7 derzeit keine aktuelle Bedeutung haben. E i n e weitere U n k l a r h e i t erwächst daraus, daß der Partnerschaftsgedanke zwar einem Leitbild verpflichtet ist, der k o n k r e t e U m f a n g des im vorliegenden Z u s a m m e n hang allein interessierenden Einflusses der Belegschafts-Gesellschafter auf die U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g durch die Etikettierung aber n o c h nicht feststeht, o b gleich gerade dieser U m s t a n d für die Qualifikationsfrage von erheblicher B e d e u tung ist. E s sollen deshalb zumindest die wichtigsten in Betracht k o m m e n d e n Abstufungen erörtert werden. H a t die weisungsgebunden tätige Belegschaft insgesamt weniger als 50 % der Stammkapitals inne, liegen keine Anhaltspunkte für einen dadurch bewirkten Verlust des Arbeitnehmerstatus vor. Wenn ein einzelner unterparitätisch beteiligter Gesellschafter in einem Arbeitsverhältnis zur G m b H stehen kann, gilt dies erst recht in den Fällen, in denen sich ein solcher Anteil auf eine Vielzahl einzelner Mitarbeiter verteilt. 6 0 8 A u c h Loritz,

der bei partnerschaftlichen U n t e r n e h -

mensverfassungen offenbar für eine U n a n w e n d b a r k e i t einzelner Bereiche des Arbeitsrechts plädiert, will die Arbeitnehmereigenschaft anscheinend jedenfalls nicht völlig entfallen lassen. 6 0 9 N i c h t ganz zweifelsfrei ist demgegenüber die B e wertung einer egalitären Beteiligung, die in der E n t w i c k l u n g der Partnerschaftsidee freilich eine seltene A u s n a h m e darstellt, sofern sie überhaupt einmal in letzter K o n s e q u e n z verwirklicht w o r d e n ist. 6 1 0 In einer solchen Gestaltung stehen sich ein oder wenige Großgesellschafter auf der einen und die Masse der mitarbeitenden Kleingesellschafter auf der anderen Seite gleichberechtigt gegenüber. Vgl. hierzu oben sub 1 II 4. So auch Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 47. 6 0 9 Vgl. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 361. Die Interpretation der Ausführungen von Loritz bereitet freilich sowohl hinsichtlich des Tatbestandes als auch der Rechtsfolgen gewisse Schwierigkeiten. So versteht er unter partnerschaftlichen Unternehmensverfassungen alle Strukturen, in denen die Beschäftigten (von Loritz immerhin als Arbeitnehmer bezeichnet) in ihrer Gesamtheit einen maßgeblichen Anteil an der Unternehmensführung haben, ohne die Rechtsform der Teilhabe oder auch nur deren Ausmaß näher zu spezifizieren (S. 272). Des weiteren wird die Frage einer partiellen Unanwendbarkeit des Arbeitsrechts als „Statusveränderung" deklariert (S. 361). Schließlich wird eine endgültige Klärung der Reichweite des Arbeitsrechts bei partnerschaftlichen Unternehmensverfassungen zwar angekündigt (S. 361 Fn. 61), dann aber zumindest nicht explizit durchgeführt (S. 387 ff.). 6 1 0 Dies dürfte bei der „Gebr. Tönnes K G " zumindest annäherungsweise der Fall gewesen sein, weil dieses Modell die Beschlußfassung über wesentliche Geschäfte an die Mitwirkung eines von den Beschäftigten gebildeten Beirats gebunden hatte; vgl. Guski/Schneider, Vermögensbeteiligung, S. 109 f. Siehe auch das von Fiedler-Winter, Mitarbeiterbeteiligung, S. 137, beschriebene Beispiel der „Grünbeck Wasseraufbereitung G m b H " , bei der die Belegschaft über 40 % des Stammkapitals hält, wobei sämtliche Beschlüsse laut Gesellschaftsvertrag mit einer 3 A-Mehrheit gefaßt werden müssen. Demgegenüber sprach der ebenfalls vergleichsweise weit gehende Spindlersche „Mitunternehmervertrag" (Abdruck der ersten Fassung vom 1.1.1951 in BB 1951, 138 f.) zwar von einer „Mitentscheidung" in einer Reihe wichtiger unternehmerischer Fragen, beließ es dann aber bei einem Letztentscheidungsrecht der Geschäftsführung; vgl. dazu auch Beuter, Rechtsformen der Beteiligung, S. 103. 607 608

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Einzelkriterien

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O b der Arbeitnehmerstatus bei einer fiktiven Bündelung sämtlicher Anteile der Belegschaft in einer Person ausgeschlossen wäre, mag hier dahinstehen. 6 1 1 Jedenfalls erscheint es nicht zutreffend, die Rechtspositionen der einzelnen Mitarbeiter einfach zusammenzufassen. Vielmehr muß für die Frage des unternehmensinternen Einflusses auf den jeweiligen Gesellschafter abgestellt werden. Solange er selbst nicht in der Lage ist, sein Beschäftigungsverhältnis durch die Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung effektiv zu steuern, kann die Arbeitnehmereigenschaft nicht mit der Begründung verneint werden, daß die Belegschaft bei einer egalitären partnerschaftlichen Unternehmensstruktur in ihrer Gesamtheit über eine hinreichende Binnenmacht verfügt. 6 1 2 Dies korrespondiert mit den Stellungnahmen zu den Folgen eines Ausbaus der unternehmerischen Mitbestimmung, nach denen selbst eine echte Parität keine Umwandlung der Einzelarbeitsverhältnisse zur Folge hätte. 613 Dementsprechend geht man gemeinhin davon aus, daß das Konzept der betrieblichen Partnerschaft am Charakter der Tätigkeitsverhältnisse als Arbeitsverträge nichts ändert. 6 1 4 Auf der anderen Seite befinden sich als zweite Grundform die Unternehmen, die im alleinigen Besitz der Belegschaft stehen. Dabei spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob es sich um „kapitalgeleitete" Unternehmen handelt, bei denen jeder einzelne Mitarbeiter einen mehr oder weniger gleich großen Anteil innehat, oder ob von vornherein eine „arbeitsgeleitete" Binnenstruktur gewählt wird 6 1 5 . Ebenso wie bei Partnerschaftsunternehmen kommen für die früher verbreitet auch als „Arbeiterselbstverwaltung" bezeichnete, heutzutage eher als „Employee-buyout" auftretende Unternehmensorganisation neben der G m b H 6 1 6 selbstverständlich auch noch andere Rechtsformen in Betracht. 6 1 7 Gleichwohl lassen sich die einschlägigen Fragen ohne weiteres am Beispiel der G m b H klären. Derartige Unternehmen in „Belegschaftsbesitz" zeichnen sich dadurch aus, daß der einzelne Mitarbeiter regelmäßig einerseits in einer in größeren arbeitsteiSiehe hierzu anschließend sub (cc). In diese Richtung auch Vollmer, Unternehmensverfassungen, S. 192 f., der allerdings ebenfalls nicht genau erkennen läßt, für welchen exakten U m f a n g der Belegschaftsmacht seine Aussagen gelten sollen. 6 1 3 Siehe Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 50; Zöllner, R d A 1969, 65, 67 f. 6 1 4 Vgl. Beuter, Rechtsformen der Beteiligung, S. 112 f., der freilich zugleich davon spricht, daß die Partnerschaftsidee darauf abzielt, die „Subordination" des Arbeitnehmers auszuschließen; v. Knorre, Stellung eines Partners, S. 51 ff.; Vollmer, Unternehmensverfassungen, S. 192 f., wohl auch Noppeney, D B 1976, 578, 580; mit der Wendung, daß „die frühere arbeitsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers stillschweigend verbleibe". 6 1 5 Zur grds. Differenzierung prägnant Hax, in: Rauscher (Hrsg.), Selbstinteresse und G e meinwohl, S. 121,125 f. 6 1 6 N a c h Duhm, Belegschaften, S. 127, hat sich die G m b H als Rechtsform für eine Unternehmensfortführung durch die Belegschaft als vergleichsweise gut geeignet erwiesen. 6 1 7 D i e dem P r e u ß O V G einst zur Entscheidung in einer Steuerangelegenheit vorgelegte Konstellation einer O H G mit 28 mitarbeitenden Teilhabern dürfte freilich eine einmalige Ausnahme darstellen; vgl. P r e u ß O V G vom 6.12.1913, Entscheidungen des P r e u ß O V G in Staatssteuersachen, Bd. 16 (1915), 430 ff. Siehe aber auch noch R G v o m 23.11.1917, R G Z 91, 166 ff. ( O H G mit 65 Teilhabern). 611

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ligen Strukturen kaum zu vermeidenden Abhängigkeit tätig wird. 618 Andererseits ist nicht zu übersehen, daß die Belegschaft als Gesamtheit den unternehmerischen Willen formt. 6 1 9 Teile des Schrifttums plädieren dafür, den Geltungsanspruch des Arbeitsrechts in solchen Konstellationen zurückzudrängen. Dabei lassen sich zwei Grundmuster unterscheiden: Reuter,620 Wiemeyerbn und wohl auch Loritz622 gehen von einem Statuswechsel in dem Sinne aus, daß die Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr als Arbeitsverträge qualifiziert werden können. Demgegenüber wollen Martens,623 Diller624 und ebenso offenbar Hanaubli am Arbeitnehmerstatus festhalten, dem Arbeitsrecht aber den zwingenden Charakter nehmen und es so den Betroffenen ermöglichen, ihre an sich als Arbeitsverträge einzustufenden Tätigkeitsbeziehungen auf eine rein dienstvertragliche Grundlage zu stellen. Für diese Sichtweisen beruft man sich auf die Überlegung, daß bei Belegschaftsunternehmen keine arbeitsrechtlichen Konflikte bestünden, sondern verbandsrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Mehrheit und Minderheit, denen mit den entsprechenden verbandsrechtlichen Instrumenten zu begegnen sei. 626 Mangels eines von der Belegschaft getrennten „Kapitalisten" fehle es an einem Gegenüber, so daß jedenfalls eine zwingende Wirkung des Arbeitsrechts abzulehnen sei. 627 Mithin konzentrieren sich die Verfechter einer Zurückdrängung des Arbeitsrechts nicht auf den Aspekt des unternehmensinternen Einflusses, indem sie entsprechend den (ursprünglichen) Überlegungen des B G H zum Betriebsrentenrecht 628 die Stimmrechtsmacht der einzelnen Mitarbeiter schlicht zusammenrechnen. Vielmehr geht es um die Suche nach Gründen, die es rechtfertigen, einen Beschäftigten nicht unter das Arbeitsrecht fallen zu lassen, 629 obwohl er bei isolierter Betrachtung im Rahmen der Gesellschafterversammlung unstreitig nur einen minimalen Einfluß auf das Unternehmen ausübt 630 . Mittelbar bestätigt sich damit die bereits im Zusammenhang mit der Rechtslage bei Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern gewonnene Erkenntnis, daß es für das Merkmal

Vgl. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 273. Siehe dazu auch Fabian, in: ders. (Hrsg.), Arbeitnehmer übernehmen ihren Betrieb, S. 7, 20: „formal realisiertes Prinzip der Selbstbestimmung als höchste Form jeder denkbaren Mitbestimmung". 6 2 0 ZfA 1979, 537, 551. 6 2 1 O R D O , Bd. 39 (1988), 195, 199. 6 2 2 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 296, 404. Zur Interpretation der Darlegungen von Loritz siehe noch eingehend unten sub VI 1 a. 6 2 3 RdA 1979, 347, 353. 6 2 4 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 393 ff. 6 2 5 In: Erman, B G B , 10. Aufl., § 611 Rn. 24. 626 Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 296; Reuter, ZfA 1979, 537, 551. 627 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 394 f.; Martens, RdA 1979, 347, 353. 6 2 8 Siehe dazu oben sub (a) (aa) (ccc) mit Nachweisen in Fn. 530. 6 2 9 Hierzu noch näher unten sub VI 1 c ee. 6 3 0 Zu den geringen Einwirkungsmöglichkeiten Dlller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 395; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 51 f.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 376. 618

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der unternehmensinternen Einwirkungsmöglichkeiten als Sperre für die Existenz eines Arbeitsvertrages nur auf die Befugnisse des einzelnen Mitarbeiters und nicht auf die Rechte anderer Beschäftigter ankommt 6 3 1 . Diese Wertung steht zumindest auf den ersten Blick in einem gewissen Kontrast zu einer im US-amerikanischen Arbeitsrecht für die auch dort schon seit langem bekannte Kumulation von employee und stockholder vertretenen Rechtsansicht. Danach werden employee-stockbolders vom National Labor Relations Board 6 3 2 aus der für Kollektivverhandlungen wichtigen bargaining unit ausgeklammert, wenn sie gemeinsam einen erheblichen Einfluß ( e f f e c t i v e voice) auf die Unternehmenspolitik ausüben. 6 3 3 Man wird den Board indes dahin zu verstehen haben, daß er mit seiner Vorgehensweise nicht den Arbeitnehmerstatus der Betroffenen als solchen bestreiten und sie geradezu als nonemployees einstufen will. 6 3 4 Vielmehr geht es ihm offenbar nur darum, im Hinblick auf die bargaining unit mangels übereinstimmender Interessen zwischen dem am arbeitgebenden Unternehmen insgesamt erheblich beteiligten und den nichtbeteiligten Mitarbeitern zu unterscheiden. 6 3 5 Dementsprechend wurden in einer Konstellation, in der alle employees gleichzeitig stockbolder waren, sämtliche Beschäftigten als employees im Sinne des National Labor Relations Act qualifiziert. 6 3 6 Aus diesem Befund läßt sich somit lediglich der Schluß ziehen, daß rechtliche Regelungen, die an die Belange einer Vielzahl von Arbeitnehmern anknüpfen, möglicherweise dann modifiziert angewendet werden müssen, wenn die betroffenen Arbeitnehmer typisiert unterschiedliche Interessen verfolgen. So kann man mit guten Gründen jedenfalls rechtspolitisch danach fragen, ob Arbeitnehmer-Aktionäre bei der unternehmerischen Mitbestimmung einen eigenständigen Wahlkörper bilden müssen. Daß insoweit spezifische Interessen berührt sind, zeigt nicht zuletzt die 1994 in Frankreich in das Gesellschaftsgesetz eingefügte Bestimmung, 6 3 7 nach der für Arbeitnehmer-Aktionäre Sitze im conseil d'administration oder im conseil de surveillance eingerichtet werden können, 6 3 8 wenn dieser Personenkreis Siehe hierzu oben sub (a) (aa) (ccc). Hierbei handelt es sich um eine für die Durchführung des National Labor Relations Act (Wagner Act) von 1935 zuständige Verwaltungsbehörde mit erheblichen Exekutivbefugnissen; Kollektives Arbeitsrecht, Bd. I, § 1 V 1 b (4), S. 74 f.; Reimann, Einführung, vgl. Gamillscheg, S. 304 ff. 6 3 3 Vgl. Union Furniture Co., 67 N . L . R . B 1307, 1310 (1946); Brookings Plywood Corp., 98 N.L.R.B. 794, 798 (1952); Cab Services Inc., d/b/a Red and White Airway Cab Co., 123 N.L.R.B. 83, 85 (1959); Sida of Hawaii, Inc., 191 N.L.R.B. 194, 195 (1971); Fort Vancouver Plywood Co., 235 N.L.R.B. 635, 645 (1978); zum - in concreto verneinten - Einfluß siehe auch Alderwood Products Corp., 81 N.L.R.B. 136, 138 (1949); Coastal Plywood & Timber Co., 102 N.L.R.B. 300, 301 f. (1953); S-B Printers, Inc., 227 N.L.R.B. 1274 (1977); Science Application Corp., 309 N.R.L.B. 373, 374 ff. (1992). 6 3 4 So die - mißverständliche - Wendung bei Groban Olson, W.L.Rev. 1982, 729, 782. 6 3 5 In diesem Sinne auch die Analyse von Groban Olson, W.L.Rev. 1982, 729, 780 ff. 6 3 6 Everett Plywood & Door Corp., 105 N.L.R.B. 17, 19 (1953). 6 3 7 Art. 93-1, 129-2 L. vom 24.7.1966 = Art. 225-23, 225-71 L. vom 15.5.2001. 6 3 8 Die Regelung ist grundsätzlich fakultativ. Lediglich bei den nach Inkrafttreten des Geset631

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§ 6 Arbeitsrecbtliche

Perspektive

mehr als 5 % (nunmehr 3 % ) des Stammkapitals hält. 6 3 9 F ü r den grundsätzlichen Status des einzelnen Beschäftigten spielt der U m s t a n d , daß er gemeinsam mit vielen anderen Mitarbeitern das U n t e r n e h m e n beherrscht, für sich g e n o m m e n indes keine Rolle. (cc) Egalitäre

Beteiligung

Zweifelhaft sind schließlich die auf der Mitte zwischen Mehrheits- und Minderheitsbesitz angesiedelten Fälle der hälftigen Beteiligung. A u f den ersten B l i c k k ö n n t e man entsprechend einer in der Literatur vertretenen Sichtweise 6 4 0 annehmen, daß für einen solchen Mitarbeiter der Arbeitnehmerstatus zwingend entfalle, weil bei den durch die Gesellschafterversammlung zu fassenden Beschlüssen die D u r c h s e t z u n g eines fremden Willens sicher verhindert wird. Bei einer näheren Betrachtung ergibt sich indes ein differenzierteres Bild. W ä h r e n d das Weisungsrecht beim Anstellungsvertrag regelmäßig durch die Gesellschafterversammlung ausgeübt wird, so daß ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der in diesem G r e m i u m eine reine Sperrposition innehat, nachteilige Weisungen blockieren kann, fällt der Ausspruch von tätigkeitsbezogenen Direktiven in den hier fraglichen Gestaltungen in die K o m p e t e n z der Geschäftsführer. 6 4 1 I m Gegensatz zu einem Mehrheitsgesellschafter ist ein lediglich egalitär beteiligter Gesellschafter nicht in jedem Falle in der Lage, einen B e s c h l u ß zu erwirken, durch den der Geschäftsführer zur Vornahme oder zum Unterlassen bestimmter für die Mitarbeit relevanter M a ß n a h m e n angehalten wird. Wenn das B S G in einer neueren Entscheidung dafür erkannt hat, daß eine Sperrminorität, die es einem einfachen Gesellschafter angesichts der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ermöglicht, sämtliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern, nicht genügt, u m eine abhängige Beschäftigung auszuschließen, 6 4 2 liegt dies auf derselben Linie. Das B S G hat insoweit nämlich zutreffend hervorgehoben, daß ein sperrminoritärer Einfluß einem Gesellschafter, der unter der Aufsicht des Geschäftsführers steht, nicht die R e c h t s m a c h t verschafft, seine Weisungsunterworfenheit aufzuheben oder a b z u s c h w ä c h e n . 6 4 3 D e m g e g e n ü b e r sendet das B A G unterschiedlizes privatisierten Unternehmen muß eine solche Klausel im Statut der Gesellschaft vorgesehen werden, die allerdings wieder abgeschafft werden kann. 6 3 9 Dazu näher Gatumel, J C , Travail traité, Fase. 27-30, Nr. 66 ff.; Pélissier/Supiot/Jeammaud, Droit du travail, 20e Éd., Nr. 766, S. 770 f.; Savatier, Dr. Soc. 1995, 33, 35 ff. 640 Löwiscb, FS Kraft (1998), S. 375, 376 f. 6 4 1 Andeutungsweise auch v. Maydell, Anm. zu BAG, EzA § 611 B G B Arbeitnehmerbegriff Nr. 37 (unter 1), der selber generell meint, daß sich Gesellschafter mit Sperrminorität bei Gesellschafterbeschlüssen anhand des Kriteriums der persönlichen Abhängigkeit weder eindeutig als Selbständige noch als Unselbständige qualifizieren lassen und der deshalb für eine stärkere Berücksichtigung des Zwecks der einzelnen arbeitsrechtlichen Norm plädiert. 6 4 2 BSG vom 5.2.1998, SozR 3-4100 § 168 Nr. 22. Anders für den Fall einer mit dem ebenfalls zu 50% beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer (Ehemann) gleichberechtigten Stellung BSG vom 17.5.2001, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17. 6 4 3 Insoweit nicht ganz klar Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 42, die lediglich allgemein von einer für das Beschäftigungsverhältnis relevanten Sperrminorität sprechen, ohne indes zu verdeutlichen, von welchen Umständen eine solche Relevanz abhängt.

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Einzelkriterien

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che Signale aus. So wird in einer Entscheidung der Eindruck erweckt, daß die aufgrund einer bestimmten Gestaltung des Gesellschaftsvertrages bestehende schlichte Möglichkeit zur Verhinderung einfacher Gesellschafterbeschlüsse ausreicht, damit ein nicht als Geschäftsführer tätiger Gesellschafter einer G m b H kein Arbeitnehmer sein kann. 6 4 4 Im Gegensatz dazu ist in einem anderen Urteil bei einem zu 50 % beteiligten Gesellschafter wiederholt von einem Arbeitsvertrag die Rede, ohne daß die Frage der rechtlichen Möglichkeit einer solchen Rechtsform für die Mitarbeit thematisiert wird. 6 4 5 In einem weiteren Judikat wird das Beschäftigungsverhältnis eines nicht geschäftsführenden Gesellschafters einer G m b H ohne Rücksicht auf dessen hälftigen Geschäftsanteil sogar ausdrücklich als Arbeitsvertrag qualifiziert. 6 4 6 Auch im österreichischen Recht bejaht man in derartigen Konstellationen die prinzipielle Möglichkeit eines Arbeitsverhältnisses. 6 4 7 Das französische Arbeitsrecht sieht in diesen Gestaltungen ebenfalls kein absolutes Hindernis für eine Kumulation mit einem contrat de travail, wobei man ausdrücklich auf die Führung der S A R L durch den Geschäftsleiter und nicht durch die Gesellschafterversammlung abstellt. 6 4 8 I m übrigen muß ein zur Hälfte beteiligter Gesellschafter auch keineswegs einen so großen Einfluß auf das Gesamtunternehmen haben, daß eine Stellung als Arbeitnehmer damit schlechthin unvereinbar wäre. D i e Sperrposition in der Gesellschafterversammlung k o m m t nämlich nur dann zum Tragen, wenn und soweit auf dieser E b e n e überhaupt Entscheidungen getroffen werden. Das Innenrecht der G m b H erlaubt indes eine Binnenstruktur, durch die der Einfluß dieses Gremiums in einem solchen Maße zurückgedrängt wird, daß auch ein egalitär beteiligter Gesellschafter durchaus noch Arbeitnehmer sein kann. Soweit es um die Unternehmenspolitik geht, nehmen der B G H 6 4 9 und die überwiegende Ansicht im Schrifttum 6 5 0 zwar an, daß der Geschäftsführer bei grundlegenden Fragen einen zustimmenden Gesellschafterbeschluß einzuholen hat. Gleiches gilt nach einer verbreiteten Ansicht für außergewöhnliche M a ß n a h B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau (unter II 3 a). B A G vom 28.4.1994, AP Nr. 117 zu § 626 B G B . 6 4 6 B A G vom 9.1.1990, AP Nr. 6 zu § 35 G m b H G (unter I 1); gegen eine Bewertung dieser Entscheidung als Abweichung von der in B A G vom 28.11.1990, aaO., zum Ausdruck kommenden Sichtweise aber Löwisch, FS Kraft (1998), S. 375, 377 Fn. 4. Siehe in diesem Kontext auch B G H vom 1.2.1999, N J W 1999,1263 f., wo ein zur Hälfte beteiligter, nicht geschäftsführungsbefugter, aber mit Gesamtprokura ausgestatter Kommanditist als arbeitnehmerähnliche Person i.S. des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG eingestuft wurde. 6 4 7 Siehe Mayr, FS Floretta (1983), S. 763, 768. 6 4 8 Vgl. Cass. soc. vom 19.10.1978, Bull. civ. 1978, V, Nr. 695; in diesem Sinne auch Cass. com. vom 6.1.1981, Bull. civ. 1981, IV, Nr. 9; im Erg. ferner C A Orleans vom 12.6.1979, Rev. soc. 1980, 299, 300 f.; C A Versailles vom 5.6.1992, D. 1992,1.R. 256. 6 4 9 B G H vom 25.2.1991, N J W 1991, 1681, 1682. 650 Altmeppen, Z G R 1999, 291, 305; Hommelhoff, Z G R 1978, 119, 124 ff.; Lutter/Hommelh o f f , G m b H G , 15. Aufl., § 3 7 Rn. 8; Hachenburg ¡Mertens, G m b H G , 8. Aufl., § 3 7 Rn. 8 f.; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 37 Rn. 10. 6 5 1 O L G München vom 20.1.1940, H R R 1940, Nr. 1358; B G H vom 5.12.1983, N J W 1984, 644

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men, 6 5 1 wobei teilweise sogar eine Parallele z u m Organisationsrecht der O H G gezogen und die Vorlagepflicht des Geschäftsführers auf sämtliche ungewöhnlichen Geschäfte im Sinne des § 116 Abs. 2 H G B ausgedehnt wird 6 5 2 . Ungeachtet der Frage, ob dieser Sichtweise überhaupt zuzustimmen ist, 653 sind sich deren Vertreter jedenfalls darin einig, daß die Kompetenz der Gesellschafter durch eine entsprechende satzungsrechtliche Regelung zurückgedrängt und den Geschäftsführern ein umfassender Freiraum zugebilligt werden kann 6 5 4 . Dem steht die in § 49 Abs. 2 G m b H erwähnte Pflicht, die Gesellschafterversammlung einzuberufen, wenn dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint, nicht entgegen, weil diese Vorschrift nach h. M . abdingbar ist 655 . Alle Maßnahmen, die nicht zu den Grundlagenentscheidungen gehören, können demnach im wesentlichen auf der Geschäftsführungsebene konzentriert werden. Schließlich haben auch die Kompetenzen nach § 46 G m b H G kein so starkes Gewicht, daß ein Beschäftigter, der die dort aufgelisteten Angelegenheiten zwingend verhindern kann, unter keinen Umständen mehr als Arbeitnehmer qualifiziert werden könnte. Dies gilt insbesondere auch für die nicht auf die Geschäftsführungsebene verlagerbare 6 5 6 Entlastung von Geschäftsführern gemäß § 46 Nr. 5 G m b H G und die somit für einen hälftig beteiligten Gesellschafter bestehende Möglichkeit, sich einer solchen Entlastung entgegenzustemmen. Sowenig die „psychologische" Abhängigkeit eines Geschäftsleiters von den Gesellschaftern für sich genommen die Arbeitnehmereigenschaft konstituieren kann, sowenig kann sie einer - unterstellten - rechtlichen Abhängigkeit eines Gesellschafters von Weisungen des Geschäftsführers die statusbegründende W i r k u n g nehmen. Wenn das B A G in dem bereits erwähnten Judikat einem unterhalb der Geschäftsführungsebene mitarbeitenden Gesellschafter mit einem Anteil von 1/5 bzw. (nach einer Veränderung) 2/5 die Arbeitnehmereigenschaft aberkannt hat, weil bereits diese Minderheitsbeteiligung dem betroffenen Ge-

1461, 1462; Hommelhoff, Z G R 1978, 119, 123, 126 f.; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 37 R n . 10 f.; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. A u f l . , § 37 R n . 12 ff.; grds. auch Eisenhardt, FS Pfeiffer (1988), S. 839, 842 ff. 6 5 2 R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , G m b H G , 3. A u f l . , § 3 7 R n . 10 f.; Roth, in: Altmeppen/Roth, G m b H G , 3. A u f l . , § 45 R n . 6. 6 5 3 A b i . e t w a Kort, ZIP 1991, 1274, 1276 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 6 III 2 a bb Fn. 24, S. 336; Zitzmann, Vorlagepflichten, S. 65 ff.; Baumbach/Hueck/ZöWner, G m b H G , 17. A u f l . , § 3 7 R n . 6a ff.; in diese R i c h t u n g auch H a c h e n b u r g / M e r t e n s , G m b H G , 8. A u f l . , § 3 7 R n . 11. 654 Vgl. Roth, in: Altmeppen/Roth, G m b H G , 3. A u f l . , § 4 5 R n . 7; Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. A u f l . , § 37 R n . 20. 6 5 5 H a c h e n b u r g / H ü f f e r , G m b H G , 8. A u f l . , § 49 R n . 31; R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , G m b H G , 3. A u f l . , § 49 R n . 14; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. A u f l . , § 49 R n . 2; anders aber Scholz/K Schmidt, G m b H G , 8. A u f l . , § 4 9 R n . 3 5 ; Baumbach/Hueck/Zö/foer, G m b H G , 17. A u f l . , § 4 9 R n . 18. 6 5 6 Vgl. B G H v o m 25.2.1965, B G H Z 43, 261, 264; R o w e d d e r ! Koppensteiner, GmbHG, 3. A u f l . , § 45 R n . 9; Baumbach/Hueck/Zö//«er, G m b H G , 17. A u f l . , § 46 R n . 30.

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Einzelkriterien

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seilschafter angesichts der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages 6 5 7 eine Sperrminorität verschaffte, 6 5 8 so läßt dies eine genauere A n a l y s e der Kompetenzverteilung zwischen Gesellschafterversammlung und Geschäftsführungsebene vermissen. Der Grundsatz der sicheren Verhinderbarkeit eines fremden Willens führt nach alledem nur dann zu einem Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft, wenn damit derjenige innergesellschaftliche Wille beeinflußt werden kann, von dem die potentielle Fremdbestimmung abhängt. Werden die insoweit maßgeblichen Entscheidungen dagegen an anderer Stelle getroffen, kann die Fremdbestimmung eines Mitarbeiters nicht allein deshalb verneint werden, weil man an seinem Votum in der Gesellschafterversammlung nicht vorbeikommt. 6 5 9 A m deutlichsten w i r d eine solche Sachlage bei einer ZweipersonenG m b H , bei der beide Gesellschafter je zur Hälfte an der G m b H beteiligt sind, aber nur ein Teilhaber als Geschäftsführer fungiert und die gesamte Unternehmenspolitik auf der Geschäftsführungsebene angesiedelt ist. Die in einer derartigen Konstellation dem anderen Teilhaber verbleibende Rechtsmacht, die sich im wesentlichen auf die M i t w i r k u n g bei Grundlagenentscheidungen beschränkt, vermag für sich genommen die Arbeitnehmereigenschaft nicht z w i n gend auszuschließen. Mit dem soeben erarbeiteten Rüstzeug lassen sich auch die im Verlauf der bisherigen Ausführungen bewußt noch offengelassenen Konstellationen bewältigen. Sofern es um den Dienstvertrag eines Gesellschafter-Geschäftsführers über eine von der Geschäftsführung getrennte Tätigkeit geht, k o m m t es in erster Linie darauf an, ob die Steuerung des Unternehmens auf der Gesellschafteroder auf der Geschäftsführungsebene erfolgt. Im Falle einer Konzentration der Entscheidungsbefugnisse bei den Gesellschaftern führt eine egalitäre Beteiligung zu einem mit dem Arbeitnehmerstatus unvereinbaren Einfluß, auch w e n n ein solcher Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich nicht befugt ist, auf seinen eigenen Drittvertrag Einfluß zu nehmen 6 6 0 . Soweit die maßgeblichen Entscheidungen durch die Geschäftsführung getroffen werden, bildet die Position als hälftig beteiligter Gesellschafter dagegen für sich genommen kein absolutes Hindernis für die Qualifikation der separaten Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsvertrag. Allerdings führen die Einwirkungsmöglichkeiten, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer in einer solchen Konstellation in seiner Rolle als Geschäftsführer im Grundsatz zustehen, z u m selben Ergebnis. Etwas anderes gilt nur dann, wenn innerhalb einer mehrgliedrigen Geschäftsführung eine hierarchische Ordnung existiert. So hält man die Einführung von Weisungsrechten unter Geschäftsführern im Prinzip für zulässig. 6 6 1 Eine Grenze bilden lediglich Danach bedurfte es schon für einfache Beschlüsse einer Mehrheit von 85%. BAG vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau (unter II 3 a). 659 In diese Richtung auch Staab, NZA 1995, 608, 612. 660 Siehe dazu bereits oben sub (a) (bb). 661 R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , GmbHG, 3. Aufl., § 37 Rn. 37; Kuhn, Kompetenzbereiche, S. 149; Hachenburg/Mertens, GmbHG, 8. Aufl., § 35 Rn. 110, § 37 Rn. 16. 657

658

364

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

die jeden einzelnen G e s c h ä f t s f ü h r e r treffenden gesetzlichen Pflichten. 6 6 2 D a diese M i n d e s t b e f u g n i s s e 6 6 3 aber keinen umfassenden E i n f l u ß auf das U n t e r n e h men gewährleisten, kann somit die Situation eintreten, daß ein egalitär beteiligter G e s e l l s c h a f t e r - G e s c h ä f t s f ü h r e r weder auf der Gesellschafter- n o c h auf der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s e b e n e das U n t e r n e h m e n effektiv mitsteuern und damit einer eventuellen W e i s u n g s u n t e r w o r f e n h e i t in einem eigenständigen Dienstverhältnis nicht w i r k s a m begegnen kann. D e r A r b e i t n e h m e r s t a t u s kann in dieser Fallgruppe daher nicht definitiv ausgeschlossen werden. D i e letzte Konstellation betrifft schließlich den Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers. D a ein etwaiges D i r e k t i o n s r e c h t hierbei grundsätzlich von der Gesellschafterversammlung ausgeübt wird, sperrt - wie bereits dargetan 6 6 4 - eine hälftige Beteiligung grundsätzlich die Einstufung des Anstellungsverhältnisses als Arbeitsvertrag. Indes hält man es für zulässig, die K o m p e t e n z für den A b s c h l u ß des Anstellungsvertrages auf einen Mitgeschäftsführer zu verlagern. 6 6 5 E i n e m derart ausgestatteten Mitgeschäftsführer ist konsequenterweise auch die Zuständigkeit für die W a h r n e h m u n g von tätigkeitsbezogenen Weisungsbefugnissen zuzubilligen. D a m i t ergibt sich praktisch dieselbe Ausgangslage wie beim sonstigen Dienstvertrag eines Gesellschafter-Geschäftsführers. F ü r den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft k o m m t es entscheidend darauf an, o b die Steuerung des U n t e r n e h m e n s in einem erheblichen M a ß e auf der Gesellschafterebene stattfindet, so daß sich die Sperrposition eines egalitär beteiligten G e sellschafter-Geschäftsführers k o n k r e t auswirkt. Fehlt es an dieser Prämisse, kann auch ein zur Hälfte beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer den A r b e i t n e h merstatus prinzipiell innehaben. M i t den vorstehenden Überlegungen soll - wie klarstellend hinzugefügt sei keineswegs ausgesagt werden, daß die Beschäftigten in den genannten Fällen regelmäßig oder auch nur häufig A r b e i t n e h m e r sind. Vielmehr ging es nicht zuletzt wegen der in der Rechtsprechung und im Schrifttum verbreiteten Argumentationstrukturen darum, die G r e n z e deutlich zu markieren, jenseits derer die Arbeitnehmereigenschaft definitiv ausscheidet. Freilich hat sich gezeigt, daß dies bei einem egalitär beteiligten Gesellschafter infolge der überaus variablen Organisationsverfassung der G m b H entgegen einem verbreiteten E i n d r u c k keineswegs stets zutrifft.

662

Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §37 Rn. 37; Kuhn, Kompetenzbereiche,

S. 149. Zu nennen sind vor allem die Pflichten nach §§ 7, 30, 33, 41,42, 64 GmbHG und § 34 AO. Siehe dazu oben sub (a) (aa) (bbb). 665 BGH vom 13.5.1968, WM 1968, 1328 f. (nur in concreto verneint); Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 15; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 6; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 46 Rn. 25. 663

664

V. Abstufbare

Einzelkriterien

365

(c) Sonderfälle Den bisherigen Ausführungen lag das Normalstatut einer G m b H zugrunde, bei der für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung grundsätzlich die einfache Mehrheit bzw. für Satzungsänderungen eine Dreiviertel-Mehrheit genügt und sich die Stimmrechte nach dem Geschäftsanteil richten. Bei einer Veränderung dieser Ausgangslage müssen die oben erarbeiteten Grundsätze angepaßt werden. Sofern es für den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft auf die Rechtsmacht innerhalb der Gesellschafterversammlung ankommt, genügt eine Minderheitsbeteiligung, wenn sie dem betroffenen Gesellschafter angesichts der konkreten Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages eine Sperrminorität verschafft. Ein solcher Mitarbeiter kann zwar nicht seinen Willen durchsetzen. Der rechtlich verbürgte Einfluß auf etwaige Weisungen im Rahmen des Anstellungsverhältnisses bzw. auf das gesamte Unternehmen ist aber derart groß, daß das gleichzeitige Bestehen eines Arbeitsvertrages ungeachtet einer etwaigen formalen Weisungsunterworfenheit nicht möglich ist. In diesem Sinne erkennt auch das BSG einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einen beherrschenden Einfluß zu und verneint dementsprechend die Möglichkeit eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, wenn der Gesellschaftsvertrag für einfache Beschlüsse eine qualifizierte Mehrheit verlangt und der Betroffene eine Sperrminorität hält. 666 Mit seinem vorstehend erwähnten Urteil 6 6 7 zum Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft kraft einer 2/5-Beteiligung kann das BAG daher für den Fall einer entsprechenden innergesellschaftlichen Kompetenzverteilung im Ergebnis durchaus richtig liegen. Aus dem durchgängigen Rekurs auf die gesellschaftsinternen Einwirkungsmöglichkeiten ergibt sich ferner zwanglos, daß es insoweit nicht auf den Kapitalanteil als solchen ankommt, sondern letztlich auf die Stimmrechtsmacht des jeweiligen Mitarbeiters. Dies ist vom BAG in einer neueren Entscheidung ausdrücklich bestätigt worden. 6 6 8 Eine entsprechende Sicht kommt in einem betriebsrentenrechtlichen Erkenntnis des BAG zum Ausdruck, wenn es für den Insolvenzschutz eines Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers nach § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG darauf abstellt, daß ein anderer Gesellschafter-Geschäftsführer zwar nicht die Kapital-, aber eine Stimmenmehrheit hat. 669 Wenn ein mit6 6 6 Vgl. B S G vom 13.12.1960, BSGE 13, 196, 199; B S G v o m 8.8.1990, S o z R 3 - 2 4 0 0 § 7 Nr. 4; BSG v o m 18.4.1991, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 5; BSG v o m 6.2.1992, BSGE 70, 81, 83; B S G v o m 24.9.1992, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 8; BSG v o m 14.12.1995, BSGE 7 7 , 1 6 9 , 1 7 0 ; B S G vom 5.2.1998, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 22; BSG vom 30.6.1999, Breith. 1999, 1033, 1035 f. 6 6 7 B A G v o m 28.11.1990, A P Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau (unter II 3 a). 6 6 8 B A G v o m 6.5.1998, A P Nr. 95 zu § 611 B G B A b h ä n g i g k e i t ; zust. Plagemann, E W i R § 611 B G B 4/98, 883; ebenso Groß, Anstellungsverhältnis, S. 273 f.; Runggaldier/Scbima, Rechtsstellung, S. 10. 6 6 9 B A G v o m 16.4.1997, A P Nr. 25 zu § 17 BetrAVG (unter I 2 c). Siehe auch Blomeyer, E W i R § 17 BetrAVG 1/96, 387, 388, der in der gleichlautenden Entscheidung der Vorinstanz ( L A G Köln v o m 18.10.1995) einen Beleg f ü r die vom B G H v e r w o r f e n e „Vertragsparitätstheorie" sieht, nach der es f ü r die Einbeziehung von N i c h t a r b e i t n e h m e r n in den S c h u t z des BetrAVG dar-

366

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

arbeitender Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrages über eine zumindest egalitäre Stimmrechtsmacht verfügt, scheidet die Arbeitnehmereigenschaft auch für den Fall aus, daß der Geschäftsanteil geringer ist. Des weiteren sind etwa mittelbare Beteiligungen zu berücksichtigen, durch die ein Mitarbeiter auf die Geschehnisse im Unternehmen Einfluß nehmen kann. Wenn beispielsweise an der GmbH, in der ein Beschäftigter untergeordnet tätig ist, eine weitere G m b H eine Mehrheitsbeteiligung innehat, die wiederum vom Mitarbeiter beherrscht wird, kann das Dienstverhältnis nicht als Arbeitsvertrag eingestuft werden. Schließlich stellt sich das Problem, ob gegenüber der aus einer zumindest hälftigen Beteiligung fließenden Stimmrechtsmacht die Berufung auf eine schwächere tatsächliche Position zuzulassen ist. Das BAG lehnt es ab, auf die tatsächliche Ausübung der rechtlich möglichen Leitungsmacht eines Mehrheitsgesellschafters abzustellen. 6 7 0 Dies entspricht einer auch in der sozialgerichtlichen Judikatur anzutreffenden Tendenz. 671 Für diese Sichtweise spricht zum einen der Aspekt der Rechtssicherheit, weil in die Qualifikationsentscheidung ansonsten weitere Unsicherheiten hineingetragen würden. Zum anderen muß man es bei einer normativen Betrachtung in die Verantwortung des einzelnen Gesellschafters stellen, ob er die ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten auch nutzt. Wenn er etwa mangels eigener Sachkunde regelmäßig den Entscheidungen von Minderheitsgesellschaftern nachgibt, so kann dieser Umstand nicht zur Existenz eines Arbeitsverhältnisses führen. Die Befugnis zur rechtlichen Selbstbestimmung als das den Arbeitnehmerstatus ausschließende Element bleibt davon nämlich unberührt. 6 7 2

(2) Sonstiges

Körperschaftsrecht

Bei der Übertragung der für die G m b H geltenden Grundsätze auf andere körperschaftliche Rechtsformen ist Zurückhaltung zu wahren. Dabei sollen an dieser Stelle ohne Anspruch auf Vollständigkeit nur die wichtigsten Parameter genannt werden. Entscheidend ist zunächst das interne Verhältnis zwischen Geschäftsleitung und Mitgliederversammlung. Soweit die Mitglieder des Geschäftsleitungsorgans an keine unternehmerischen Weisungen gebunden werden können, wird man auch keine tätigkeitsbezogenen Direktiven zulassen können. 6 7 3 Folglich spielt die Frage nach der Stimmrechtsmacht in der Mitgliederversammlung von vornherein keine Rolle. Umgekehrt vermag der Einfluß auf der Mitgliederversammlung die Weisungsabhängigkeit eines unterhalb der Geschäftsführerebene auf ankommt, ob sie mangels hinreichender Verhandlungsstärke ähnlich schutzwürdig sind; vgl. dazu BGH vom 28.4.1980, BGHZ 77, 94, 99 f.; BGH vom 28.1.1991, ZIP 1991, 396, 397; Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 1, 4 ff. Für die Berücksichtigung eines Stimmbindungsvertrages auch BGH vom 14.7.1980, AP Nr. 3 zu § 17 BetrAVG (unter II 3). 670 BAG vom 6.5.1998, AP Nr. 95 zu §611 BGB Abhängigkeit. 671 BSG vom 8.8.1990, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG vom 9.11.1989, BSGE 66, 69, 71; BSG vom 30.6.1999, Breith. 1999, 1033, 1035. 672 In diesem Sinne auch Groß, Anstellungsverhältnis, S. 276. 673 Siehe hierzu oben sub IV 3 b bb.

V. Abstufbare Einzelkriterien

367

tätigen Mitgliedes dann nicht ohne weiteres zu berühren, wenn es keine M ö g l i c h keit zu einem D u r c h g r i f f auf die Geschäftsführung gibt. Allerdings ist auch in einem solchen Falle ein Arbeitsverhältnis dann abzulehnen, wenn ein subaltern beschäftigter Mitarbeiter in der Mitgliederversammlung einen beherrschenden Einfluß ausübt, weil es insoweit genügen muß, die Rahmenbedingungen der T ä tigkeit bestimmen zu k ö n n e n . 6 7 4 Bei einer A G k o m m t es damit auf den Besitz einer Mehrheitsbeteiligung an. D e m g e g e n ü b e r ist im Genossenschaftsrecht eine Beherrschung durch einen einzelnen G e n o s s e n infolge des Stimmrechts nach K ö p f e n 6 7 5 grundsätzlich nicht möglich. D i e Arbeitnehmereigenschaft mitarbeitender G e n o s s e n kann daher nicht wegen des dem einzelnen in der Generalversammlung zustehenden Einflusses angezweifelt werden. (3)

Personengesellschaften

D i e bisherigen Ausführungen haben ergeben, daß es in keiner der existierenden personengesellschaftlichen R e c h t s f o r m e n eine absolute Inkompatibilität

zwi-

schen der Stellung als Gesellschafter und als A r b e i t n e h m e r gibt. 6 7 6 Ferner ist im einzelnen herausgearbeitet worden, welcher U m f a n g an gesellschafterlichen Verwaltungsbefugnissen im Körperschaftsrecht ein grundsätzliches Hindernis für die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitarbeiters bildet. M i t den folgenden U b e r legungen soll der noch offenen Frage nachgegangen werden, w o die maßgebliche G r e n z e im Personengesellschaftsrecht zu suchen ist und welche besonderen Aspekte insoweit zu beachten sind. D a sich bereits im Körperschaftsrecht gezeigt hat, daß die einschlägigen Grundsätze für alle jeweils denkbaren Konstellationen gelten, k ö n n e n sie bei den einzelnen R e c h t s f o r m e n zusammengefaßt werden, um eine unnötige Auffächerung der Darlegungen zu vermeiden. I m einzelnen geht es somit entsprechend dem bisher Gesagten um die geschäftsführende Tätigkeit eines Gesellschafters, sonstige Dienste eines Gesellschafter-Geschäftsführers sowie die Mitarbeit eines Gesellschafters unterhalb der Geschäftsführungsebene. E s sei freilich daran erinnert, daß ein Arbeitsverhältnis nach dem hier zugrundegelegten Ansatz eine v o m Gesellschaftsvertrag getrennte (austauschrechtliche) B e z i e h u n g voraussetzt. 6 7 7 D i e im Personengesellschaftsrecht anzutreffende Tendenz, eine von einem Gesellschafter zu erbringende Dienstleistung im Zweifel auf eine gesellschaftsvertragliche Grundlage zu stellen und ein eigenständiges Rechtsverhältnis zu vermeiden, 6 7 8 hat deshalb zur Folge, daß der Status eines Beschäftigten als A r b e i t n e h m e r häufig bereits an dieser H ü r d e scheitert und somit nur n o c h zu klären ist, o b eine genuin gesellschaftsrechtliche B e z i e h u n g eventuell durch arbeitsrechtliche Wertungen anzureichern ist.

Vgl. dazu oben sub (a) (bb). § 43 A b s . 3 S. 1 G e n G . Daran ändert auch die Möglichkeit der Einführung - begrenzter Mehrstimmrechte nichts. 6 7 6 Siehe dazu oben sub I V 2 b. 6 7 7 Vgl. hierzu oben sub I I I 1 b. 6 7 8 Siehe dazu oben sub § 5 I V 1 b aa (3). 674

675

368 (a) Persönlich unbeschränkt

5 6 Arbeitsrechtliche

haftende

Perspektive

Teilhaher

Die entscheidenden Prinzipien für einen Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft bestehen entsprechend den bisherigen Erörterungen in der rechtlich abgesicherten Durchsetzbarkeit des eigenen Willens bei einfachen Gesellschafterbeschlüssen, während es für die sichere Verhinderbarkeit eines fremden Willens darauf ankommt, welchen Einfluß der Mitarbeiter hierdurch auf die eigene Tätigkeit bzw. auf die Unternehmenspolitik letztlich hat. 6 7 9 Für eine garantierte Durchsetzung der eigenen Vorstellungen bedarf es bei der O H G bzw. der GbR 6 8 0 einer zweifachen Abweichung vom gesetzlichen Normalstatut. Erstens muß der Gesellschaftsvertrag anstelle des Einstimmigkeitsprinzips Mehrheitsbeschlüsse vorsehen. Zweitens ist es erforderlich, daß dem Betroffenen durch eine entsprechende Regelung die Stimmenmehrheit zusteht. Dies kann vor allem durch die zulässige Festlegung einer Abstimmung nach Kapitalanteilen 6 8 1 bewirkt werden, sofern der betreffende Gesellschafter eine Kapitalmehrheit hält. 682 Denkbar ist aber auch die Zubilligung einer hinreichenden Zahl von Mehrfachstimmrechten. 6 8 3 Liegt eine derartige Sachlage vor, so ist eine Einstufung des Tätigkeitsverhältnisses des betreffenden Gesellschafters als Arbeitsvertrag von vornherein ausgeschlossen. Hat ein geschäftsführender Personengesellschafter - ausnahmsweise - einen Anstellungsvertrag mit der eigenen Gesellschaft geschlossen, wird man die Ausübung eines potentiellen Weisungsrechts der Gesellschafterversammlung zuzusprechen haben. Sofern einem Gesellschafter in diesem Organ ein beherrschender Einfluß zukommt, fehlt es für ihn deshalb von vornherein an jeglicher Fremdbestimmung. Geht es um Tätigkeiten außerhalb des Bereichs der Geschäftsführung, fällt die Wahrnehmung einer etwaigen Direktionsbefugnis in die Zuständigkeit der geschäftsführenden Gesellschafter. Selbst wenn solche Dienste unter der Aufsicht eines anderen Gesellschafters stehen, hindern die auf das gesamte Unternehmen bezogenen Einwirkungsmöglichkeiten eines Mehrheitsgesellschafters aber das gleichzeitige Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Haben es die Gesellschafter einer O H G oder einer GbR bei der gesetzlichen Normalform des Einstimmigkeitsprinzips belassen, 684 bedeutet dies, daß jeder Beteiligte in allen Angelegenheiten, über die auf der Gesellschafterversammlung zu beschließen ist, eine Sperrstellung innehat. Wenn sich der Arbeitnehmerstatus nach Lage der Dinge nur aus einer Bindung an Weisungen der GesellschafterverVgl. hierzu oben sub (1) (a) (aa) (aaa) u. (bbb). Die folgenden A u s f ü h r u n g e n gelten grundsätzlich auch f ü r den K o m p l e m e n t ä r einer KG s o w i e die M i t g l i e d e r einer Partnerschaft oder einer EWIV. 6 8 1 Vgl. Flume, Personengesellschaftsrecht, § 1 II 2, S. 150 ff.; Huber, Z G R 1988, 1, 43; A. Hueck, O H G , 4. A u f l . , § 11 IV 1, S. 176; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 4 7 III 2 b, S. 1378; siehe auch B G H v o m 13.7.1967, B G H Z 48, 251, 252. 6 8 2 F ü r die E W I V einschränkend aber Art. 17 E W I V - V O . 6 8 3 Zur Zulässigkeit siehe A. Hueck, O H G , 4. A u f l . , § 11 IV 1, S. 176. 6 8 4 Vgl. § § 1 1 9 Abs. 1 H G B , 709 Abs. 1 B G B . 679 680

V. Abstufbare

Einzelkriterien

369

Sammlung ergeben kann, führt dies zu einem zwingenden Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft für sämtliche Teilhaber. Entsprechend den Überlegungen zum Körperschaftsrecht gilt dies auch für den Fall, daß die betroffenen Gesellschafter den Direktiven eines anderen, geschäftsführenden Gesellschafters unterliegen, sofern die wesentlichen Angelegenheiten der Unternehmensführung auf der Gesellschafterebene entschieden werden. 6 8 5 Falls die Gesellschafterversammlung jedoch nur über Grundlagenfragen zu befinden hat, während alle anderen Maßnahmen allein durch die Geschäftsführer vorgenommen werden, verschafft die Sperrminorität für sich genommen den einzelnen Teilhabern keinen mit einer Stellung als Arbeitnehmer unvereinbaren Einfluß. Dies gilt selbstverständlich erst recht für Beteiligungen, die einem persönlich haftenden Gesellschafter noch geringere Befugnisse zur Einwirkung auf die Geschicke der Gesellschaft verleihen. Mit solchen Gestaltungen kann etwa beim Komplementär einer K G gerechnet werden. Die Praxis kennt nämlich durchaus Fälle, in denen der persönlich haftende Gesellschafter nur gering beteiligt und an Weisungen anderer (gegebenenfalls nicht unbeschränkt haftender) Gesellschafter gebunden ist, 6 8 6 ohne daß eine solche Gestaltung - wie bereits eingehend dargetan 6 8 7 - zwingend zu Verwaltungsrechten führt, deren Ausmaß einer gleichzeitigen Arbeitnehmereigenschaft entgegensteht. Wie ein vom B S G entschiedener Sachverhalt belegt, kommen vergleichbare Situationen aber auch bei anderen Rechtsformen vor. 6 8 8 Dabei sei in diesem Zusammenhang insbesondere auf freiberufliche Partnerschaften 6 8 9 hingewiesen, in denen sich mit einer gewissen Größe ebenfalls vielfach hierarchische Strukturen herausbilden. 6 9 0 Soweit trotz einer größeren Anzahl von Mitgliedern die Rechtsform der Mitarbeit auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage gewählt wird, kann zwar nach der hier vertretenen Konzeption mangels eines Austauschvertrages kein Arbeitsvertrag im technischen Sinne vorliegen. 6 9 1 Dies schließt eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften indes nicht aus, wenn kein effektiver Einfluß auf die eigenen

6 8 5 Zur Frage, ob es hierfür ausreicht, wenn ein Gesellschafter gemäß § 116 Abs. 2 H G B die Rechtsmacht hat, ungewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen zu verhindern, siehe sogleich die Ausführungen unter (b). 6 8 6 Vgl. R G v o m 14.4.1940, R Z 166, 65, 72 f.; R G v o m 16.4.1942, R G Z 169, 105, 107 f.; B G H vom 17.3.1966, B G H Z 45, 204, 205 ff.; siehe auch L G Köln v o m 20.3.1985, D B 1985, 1579, 1580; B F H v o m 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33, 34 f.; B F H v o m 16.12.1992, BStBl. II 1993, 270, 272; ferner bereits P r e u ß O V G v o m 6.12.1913, Entscheidungen des P r e u ß O V G in Staatssteuersachen, Bd. 16(1915), 430, 437. 6 8 7 Siehe oben sub IV 2 b cc. 6 8 8 Vgl. B S G vom 26.5.1966, B S G E 25, 51 ff.: Gesellschafter einer G b R mit einer Beteiligung von 3/16 und gleichzeitiger Mitarbeit auf der Grundlage eines separaten weisungsgebundenen Beschäftigungsverhältnisses. 6 8 9 Partnerschaften i.S. des P a r t G G oder G b R . 6 9 0 Vgl. - zu Anwaltssozietäten - eingehend Römermann, Anwaltsgesellschaften, S. 52 ff.; siehe auch Ferguson, U . Miami L. Rev. 42 (1988), 699, 727. 6 9 1 D a z u oben sub III 1 b.

370

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Beschäftigungsbedingungen besteht und der Betroffene in einer einem Arbeinehmer vergleichbaren Weise tätig ist.

(b)

Kommanditisten

Soweit es um Kommanditisten geht, scheidet der Arbeitnehmerstatus immer dann aus, wenn sich der Binneneinfluß in der Gesellschaft nach Kapitalanteilen richtet und der Kommanditist eine mehrheitliche Beteiligung hält. 692 In diesem Sinne hat sich auch der B G H zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen ein Kommanditist nicht mehr unter den Schutz des Betriebsrentengesetzes fällt. 693 Zweifelhaft ist demgegenüber die Bedeutung der einem Kommanditisten nach dem gesetzlichen Regelfall zukommenden Befugnisse. Wie bereits erwähnt vertritt der B F H die Ansicht, daß die schlichten Mitentscheidungsmöglichkeiten in der Gesellschafterversammlung sowie das Kontrollrecht nach § 166 H G B genügen, damit das für eine Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 E S t G erforderliche Kriterium der Unternehmerinitiative vorliegt. 6 9 4 Auch wenn die steuerrechtliche Bewertung die zivilrechtliche Beurteilung nicht determinieren kann, 6 9 5 bietet sie doch einen hinreichenden Anlaß für eine nähere U n tersuchung. Dies gilt um so mehr, als zu dieser Frage nur eine vereinzelte arbeitsgerichtliche Entscheidung existiert und sich auch das Spezialschrifttum an der Thematik bislang weithin desinteressiert gezeigt hat. So hat das L A G BadenWürttemberg in einem älteren Judikat dafür gehalten, daß die Regelbefugnisse eines Kommanditisten gemäß §§ 164 ff. H G B der gleichzeitigen Stellung als Arbeitnehmer der K G „nicht unbedingt" im Wege stehen würden. 6 9 6 Etwas anderes gelte allerdings, wenn grundlegende Unternehmerentscheidungen ebenso wie das tägliche Geschäft an die Zustimmung des Kommanditisten gebunden seien. Diller stellt von vornherein nur Überlegungen zu den verschiedenen Typen der K G an, ohne daß er die Grenze auslotet, jenseits derer eine Arbeitnehmereigenschaft definitiv ausscheidet. 697 Des weiteren spricht etwa Fohrmann ohne Aufmerksamkeit für die Qualifikationsproblematik lediglich davon, daß die Position eines Arbeitnehmer-Kommanditisten „stark" sei, wenn über sämtliche den gewöhnlichen Betrieb eines Handelsgewerbes übersteigenden Geschäfte einheitlich nach K ö p fen abzustimmen sei. 698 Ferner übergeht auch Wagner die Frage nach etwaigen Grenzen und meint ganz generell, daß die Teilhabe an der Geschäftsführung nichts am Status eines Arbeitnehmer-Kommanditisten ändere, weil sie die Wei-

692 Im Ergebnis auch G. Hueck, D B 1962, 1363, 1365; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 41, die jeweils von einem „maßgebenden" Einfluß auf die eigene Rechtsstellung als Grund für einen Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft sprechen. 693 B G H vom 28.4.1980, B G H Z 77, 94, 104. 6 9 4 Siehe dazu oben sub IV 2 b bb mit Nachweisen in Fn. 212 f. 695 Vgl. hierzu oben sub § 5 IV 2 a bb u. 3. 6 9 6 L A G Baden-Württemberg vom 21.4.1960, D B 1960, 1159. 697 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 359 ff. 6 9 8 Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 28.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

371

sungsabhängigkeit des Beschäftigten u n d seine E i n b i n d u n g in die Betriebsstruktur u n b e r ü h r t lasse. 699 Eine ausdrückliche literarische Stellungnahme findet sich soweit ersichtlich nur bei Loritz, indem er das gesetzlich vorgesehene Niveau der Mitsprache- und Kontrollrechte eines Kommanditisten offenbar f ü r hinreichend hält, u m eine eventuelle Weisungsunterworfenheit zu kompensieren. 7 0 0 Allerdings k n ü p f t Loritz den Ausschluß des Arbeitnehmerstatus zusätzlich an die E i n s t u f u n g der Mitarbeit als Gesellschafterbeitrag sowie die Beteiligung am Gew i n n u n d an den stillen Reserven des Unternehmens. 7 0 1 Seine Ä u ß e r u n g e n k ö n nen daher nicht unmittelbar auf die an dieser Stelle allein interessierende Situation einer - zur Gesellschafterposition hinzutretenden - austauschrechtlichen Tätigkeitsbeziehung bezogen werden, dessen Vorliegen nach dem hier z u g r u n d e gelegten Ansatz Voraussetzung f ü r die Existenz eines Arbeitsverhältnisses ist. Betrachtet man die Regelbefugnisse eines Kommanditisten näher, so vermag das Kontrollrecht nach § 166 H G B f ü r sich g e n o m m e n die E i n o r d n u n g eines Beschäftigten als Arbeitnehmer nicht zu verhindern. Da diese Befugnis den K o m manditisten nicht in die Lage versetzt, auf die Leitung des U n t e r n e h m e n s u n m i t telbar einzuwirken, gilt insoweit nichts anderes als f ü r das Informationsrecht gemäß § 51a G m b H G . 7 0 2 Problematischer ist dagegen die Einschätzung des Einflusses, der durch § 164 H G B eingeräumt wird. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, daß der K o m manditist bei ungewöhnlichen Betriebsgeschäften über den Wortlaut dieser Vorschrift hinaus nicht nur ein Widerspruchs-, sondern ein Zustimmungsrecht hat. 7 0 3 D e r Kommanditist hat damit dieselbe Stellung, wie sie einem nichtgeschäftsführenden Gesellschafter einer O H G nach § 1 1 6 Abs. 2 H G B zusteht. Zwar wirkt die Zustimmungspflichtigkeit nur im Innenverhältnis, so daß der Komplementär im Außenverhältnis rechtswirksam eine M a ß n a h m e v o r n e h m e n kann, die der Z u s t i m m u n g des Kommanditisten unterliegt. 7 0 4 Aus der d r o h e n d e n Schadensersatzpflicht 7 0 5 bei einem Verstoß ergibt sich indes, daß die Zustimmungspflicht nicht von vornherein n u r als ein stumpfes Schwert in der H a n d des Kommanditisten angesehen werden kann. Inhaltlich u m f a ß t das Z u s t i m m u n g s recht sämtliche M a ß n a h m e n , die nach Inhalt u n d Zweck über den R a h m e n des bisherigen Geschäftsbereichs hinausgehen oder durch ihre Bedeutung u n d die

699

Massenkommanditgesellschaft, S. 320. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 405. 701 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404 f. Z u s t i m m e n d Ermzn/Hanau, B G B , 10. Aufl., § 6 1 1 Rn. 24; M ü n c h K o m m B G B / A f a W e r - G f ö g e , 3. Aufl., § 611 Rn. 28. 702 Siehe dazu bereits o b e n sub IV 2 a. 703 Vgl. R G v o m 22.10.1938, R G Z 158, 302, 307 f.; B G H v o m 11.2.1980, B G H Z 76, 160, 164; B a u m b a c h / H o ^ t , H G B , 30. Aufl., § 1 6 4 R n . 2 ; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 1 6 4 R n . 4; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 164 Rn. 16; Schilling, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. Aufl., § 164 Rn. 2; siehe auch B G H v o m 18.9.1975, B G H Z 65, 93, 100. 704 H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 164 Rn. 6. 705 H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 164 Rn. 6; siehe auch Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 6 4 Rn. 21. 700

372

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

damit verbundenen Risiken Ausnahmecharakter haben. 7 0 6 Hierzu zählen insbesondere Veränderungen der Organisation des Unternehmens. 7 0 7 Die Entscheidung der Frage, ob der einem Kommanditisten dadurch zustehende Einfluß die gleichzeitige Existenz eines Arbeitsverhältnisses ausschließt, ist besonders schwierig, weil diese Fallgruppe zwischen den bislang erörterten Konstellationen liegt. So ist einerseits herausgearbeitet worden, daß eine auf die gesamte Steuerung des Unternehmens bezogene Sperrposition einem Arbeitsvertrag zwingend entgegensteht. 7 0 8 Andererseits genügt es hierfür nicht, daß der Mitarbeiter lediglich die Rechtsmacht hat, Änderungen des Gesellschaftsvertrages und vergleichbare Grundlagengeschäfte zu verhindern. 7 0 9 Erstreckt sich nun die Befugnis zur sicheren Verhinderbarkeit eines fremden Willens über den Grundlagenbereich hinaus auf alle ungewöhnlichen Betriebsmaßnahmen, ohne indes die gesamte G e schäftsführung zu erfassen, 7 1 0 sprechen insgesamt betrachtet die überwiegenden Gründe für die prinzipielle Möglichkeit einer Arbeitnehmereigenschaft. 7 1 1 Die unternehmensinternen Einwirkungsbefugnisse vermögen eine auf den betrieblichen Alltag bezogene Fremdbestimmung nicht so weit auszuhöhlen, daß der Mitarbeiter auf den durch das Arbeitsrecht gewährten Sozialschutz (Berufs- und Existenzschutz) 7 1 2 von vornherein nicht mehr angewiesen wäre. 7 1 3 Ferner fallen die Entscheidungen über die Positionierung des Unternehmens am Markt überwiegend in den Bereich des regulären Geschäftsführung, während ungewöhnliche Betriebsmaßnahmen nicht ständig vorgenommen werden, sondern die Ausnahme bilden. Denkbar ist lediglich, den Geltungsanspruch arbeitsrechtlicher Vorschriften entsprechend der Einflußnahme des Kommanditisten auf das unternehmerische Handeln zu reduzieren. 7 1 4 Bleiben die Einwirkungsmöglichkeiten des Kommanditisten noch unterhalb der soeben erörterten Schwelle, bestehen von vornherein keine Bedenken gegen das kumulative Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Dies gilt zum einen für ein7 0 6 R G vom 22.10.1938, R G Z 158, 302, 308; R G vom 20.12.1939, R G Z 162, 370, 372; B G H vom 13.1.1954, L M § 116 H G B Nr. 1; vgl. auch R G vom 22.11.1929, J W 1930, 705, 706; siehe ferner die Systematisierung bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 47 V 1 c, S. 1388. 7 0 7 B G H vom 8.5.1972, LM § 116 H G B Nr. 2; Baumbach///o/>i, H G B , 30. Aufl., § 116 Rn. 2; Heymann ¡Horn, H G B , 2. Aufl., § 1 1 6 Rn. 6; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 1 6 Rn. 12. 7 0 8 Siehe hierzu oben sub (1) (b) (cc). 7 0 9 Vgl. dazu oben sub (1) (a) (aa) (bbb). 7 1 0 Zur Differenzierung zwischen gewöhnlichen, außergewöhnlichen und grundlegenden Geschäften siehe nur B G H vom 11.2.1980, B G H Z 76, 160, 164; Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 116 Rn. 1 ff.; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 164 Rn. 3 f. 7 1 1 In diesem Sinne wenngleich ohne nähere Begründung auch B S G vom 5.11.1980, B S G E 50, 284, 286 (keine selbständige Erwerbstätigkeit i.S. einer altersrentenrechtlichen Vorschrift). 7 1 2 Zur Gliederung des Arbeitnehmerschutzes siehe Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 56 ff. 7 1 3 Siehe insoweit auch B G H vom 1.2.1999, N J W 1999, 1263 f., wonach ein Kommanditist trotz eines Anteils von 5 0 % sowie der Erteilung von Gesamtprokura immerhin als arbeitnehmerähnliche Person i.S. des § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG eingestuft werden kann. 7 1 4 Siehe zu diesem Gedanken bereits oben sub (1) (a) (aa) (bbb).

V. Abstufbare

Einzelkriterien

373

zelne am arbeitgebenden Unternehmen beteiligte Kommanditisten, wie nicht zuletzt durch die Rechtsprechung zum Betriebsrentenrecht 7 1 5 bestätigt wird. Zum anderen betrifft das die massenhafte Beteiligung von Mitarbeitern durch Kommanditeinlagen, bei der die den jeweiligen Kommanditisten an sich zustehenden Befugnisse gebündelt und auf einen Ausschuß übertragen werden können. 7 1 6 Da dem einzelnen Mitarbeiter bei einer derartigen Gestaltung der rechtlichen Beziehungen nur ein marginaler Einfluß zusteht, kann der gleichzeitige Status als Arbeitnehmer entsprechend den Überlegungen zu partnerschaftlichen Unternehmensordnungen sowie zu Unternehmen in Belegschaftsbesitz 7 ' 7 jedenfalls nicht mit dem Hinweis auf die gesellschaftsinternen Machtbefugnisse verneint werden. (c) Stille

Gesellschafter

Mit den vorstehenden Ausführungen zu den Folgen der gesetzlichen Befugnisse eines Kommanditisten läßt sich zugleich die an früherer Stelle 718 offengelassene Frage nach den - im Schrifftum bislang offenbar nicht thematisierten - Auswirkungen der Mitverwaltungsrechte des typischen stillen Teilhabers dahin beantworten, daß diese keine Schranke für ein daneben bestehendes Arbeitsverhältnis bilden. Die Mitwirkungsrechte des typischen stillen Gesellschafters ändern nämlich nichts wesentliches an den für den Arbeitnehmerstatus maßgeblichen U m ständen. Da der typische stille Teilhaber keinen Einfluß auf die Geschäftsführung hat, wird zum einen eine etwaige Weisungsabhängigkeit als solche durch eine Einlage und die damit einhergehenden Mitentscheidungsrechte unmittelbar nicht berührt. Zum anderen kann der typische stille Gesellschafter keine unternehmerischen Initiativen entfalten, sondern ist insoweit in vollem Umfange auf das Handeln des Geschäftsinhabers angewiesen. Auch wenn der typische stille Beteiligte an einzelnen grundlegenden Maßnahmen intern mitzuwirken hat, 719 kann doch nicht davon gesprochen werden, daß er gleichberechtigt an der Gesamtheit der unternehmerischen Planungs- und Organisationsentscheidungen teilhat und deshalb die Konditionen seines Beschäftigungsverhältnisses letztlich selbst bestimmt. Infolge seines geringen Einflusses kann schließlich auch keine Rede davon sein, daß der typische stille Gesellschafter selbständig am Markt auftritt. Hinzu kommt die Labilität der stillen Einlage infolge der Kündigungsmöglichkeit gemäß § 2 3 4 H G B in Verbindung mit § 132 HGB. Somit bleibt es bei dem obigen Befund, daß die Positionen als typischer stiller Gesellschafter und als Ar-

B G H vom 4.5.1981, AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Wartezeit (unter 1): 13,3%. Dazu eingehend Wagner, Massenkommanditgesellschaft, S. 206 ff. Zu einem (älteren) praktischen Beispiel (Gebr. Tönnes KG) vgl. Guski/Schneider, Vermögensbeteiligung, S. 109 f.; Horn, ZGR 1974, 133, 151; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 74. Infolge der nach wie vor ungünstigen steuerrechtlichen Rahmenbedingungen spielt die Rechtsform der KG für eine breitgestreute Arbeitnehmerbeteiligung aber keine nennenswerte Rolle. 717 Vgl. dazu oben sub (1) (b) (bb) (bbb). 718 Siehe dazu oben sub IV 2 b aa. 719 Vgl. hierzu oben sub IV 2 b aa mit Nachweisen in Fn. 192 ff. 715 716

374

§ 6 Arbeitsrecbtliche

Perspektive

beitnehmer im Grundsatz miteinander vereinbar sind. Die in der Praxis weithin verbreitete Mitarbeiterbeteiligung durch stille Einlagen 720 ruht somit auf einer gefestigten Basis. Allerdings wirft die ebenfalls häufig vorkommende Rechtsfigur des „atypischen" stillen Gesellschafters ähnlich wie bei den Körperschaften die Frage auf, bei welcher Verstärkung der Gesellschafterposition der Punkt erreicht ist, von dem an ein Dienstleistungsverhältnis nicht mehr als Arbeitsvertrag qualifiziert werden kann. Da eine Übertragung der formalen Geschäftsführung es nicht zwingend ausschließt, daß der stille Teilhaber den unternehmerischen wie tätigkeitsbezogenen Weisungen des Geschäftsinhabers unterliegt, scheidet ein Arbeitsverhältnis definitiv erst dann aus, wenn die Beteiligten eine gesellschaftsvertragliche Regelung getroffen haben, die dem Stillen zumindest eine Sperrposition hinsichtlich des gesamten Spektrums der Geschäftsführung verschafft. Sofern der - atypische stille Teilhaber eine mindestens gleichberechtigte Stellung innehat, was gesellschaftsrechtlich ohne weiteres zulässig ist, 721 hindert eine diesem Sinne bestehende Atypizität demnach das gleichzeitige Vorliegen eines Arbeitsvertrages. bb) Rechtslage bei nicht gesellschaftsrechtlich Arbeitnehmereigenschaft

ausgeschlossener

Sofern die Qualifikation einer separaten Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsvertrag nicht schon durch die gesellschaftsrechtlich vermittelten Befugnisse des betreffenden Mitarbeiters ausgeschlossen sind, kommt es für die Arbeitnehmereigenschaft grundsätzlich auf das Vorhandensein der entsprechenden positiven Statusmerkmale an. Bevor dieser Thematik nähere Aufmerksamkeit gewidmet wird, soll angesichts einiger einschlägiger Äußerungen der Frage nachgegangen werden, ob es sonstige Aspekte gibt, die es a priori rechtfertigen, den Arbeitnehmerstatus eines Beschäftigten zu verneinen. (1) Sonstige

Hinderungsgründe

Nach Ansicht von Martens kann die Sachkompetenz eines Gesellschafters dazu führen, daß ihm im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Entscheidungsprozesse eine Bedeutung zukommt, die seinen aus der Beteiligung resultierenden Einfluß übersteigt. 722 Dabei geht er offenbar davon aus, daß es sich hierbei auch um solche Gesellschafter handeln kann, die an sich die Merkmale eines Arbeitnehmers erfüllen. 723 Zwar nimmt Martens bei einem hinreichenden Binneneinfluß keinen Siehe dazu oben sub IV 2 b aa mit Nachweisen in Fn. 190. Vgl. B G H vom 29.11.1952, B G H Z 8, 157, 160; B G H vom 23.6.1960, W M 1960, 864, 865; B G H vom 18.10.1965, W M 1966, 29, 30; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 27 ff.; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 673; Baumbach/Ho/>t, H G B , 30. Aufl., § 2 3 0 Rn. 3; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 2 3 0 Rn. 51; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 75 ff.; Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 70; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 62 II 2 c bb, S. 1847; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 314 f. 720

721

722 723

R d A 1979, 347, 351 f. Vgl. R d A 1979, 347, 350.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

375

ausdrücklichen Statuswechsel an, sondern plädiert nur für eine Freistellung der Parteien vom arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang. 724 Dies ändert indes nichts an der Frage nach der grundsätzlichen Aussagekraft des angesprochenen Kriteriums. In eine ähnliche Richtung argumentiert Diller, indem er bei (kleinen) 725 Freiberufler-Gesellschaften die Vermutung aufstellt, daß jeder Beteiligte unabhängig von seiner Mitwirkung an der eigentlichen Geschäftsführung durch seine freiberuflichen Dienste einen mit der Arbeitnehmereigenschaft unvereinbaren Einfluß auf das Unternehmen ausübt. Ferner soll etwa auch die Tätigkeit eines Gesellschafters als Erfinder der Einstufung des Beschäftigungsverhältnisses als Arbeitsvertrag entgegenstehen können. 726 Trotz der Unterschiedlichkeit dieser Ansätze stimmen Martens und Diller doch im Ergebnis darin überein, daß sie für das Rechtsformproblem bei einem Gesellschafter auf Umstände abstellen wollen, die bei der Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Selbständigem für sich genommen keine Rolle spielen. So scheitert die Eigenschaft eines Beschäftigten als Arbeitnehmer weder nach dem traditionellen Verständnis noch nach neueren Vorstellungen 727 allein daran, daß der Betroffene über ein hohes Maß an sachlicher Kompetenz verfügt, Freiberufler ist oder sich erfinderisch betätigt und der Arbeitgeber aus diesen Gründen am Votum des Dienstnehmers nicht vorbeigeht. Wenn diese Aspekte für die allgemeine Einstufung eines Mitarbeiters an der Grenze von Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag unerheblich sind, ist indes nicht einzusehen, warum sie Bedeutung erlangen sollen, wenn eine - möglicherweise nur minimale - gesellschafterliche Beteiligung hinzutritt. Daß es in den von Martens und Diller erwähnten Konstellationen häufig an den für einen Arbeitnehmerstatus erforderlichen Merkmalen fehlen wird, soll damit nicht in Abrede gestellt werden. Es besteht jedoch kein Anlaß, bei der Qualifikation von Tätigkeitsbeziehungen zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht neue Kriterien einzuführen, die weder im allgemeinen Arbeitsrecht relevant sind noch auf Besonderheiten des Gesellschaftsrechts beruhen. (2) Positive

Statusmerkmale

Außerhalb desjenigen Bereichs, in dem die Existenz eines eigenständigen Arbeitsverhältnisses infolge gesellschafterlicher Verwaltungsrechte ausgeschlossen ist, hängt die konkrete Einordnung einer Tätigkeitsbeziehung grundsätzlich vom Vorliegen der allgemeinen Statusmerkmale ab. Aus dem Fehlen eines mit einem Arbeitsvertrag inkompatiblen Einflusses ergibt sich nicht etwa im Umkehrschluß das Vorliegen einer unselbständigen Beschäftigung. 728 Mithin kommt es darauf RdA 1979,347,350,353. Die maßgebliche Grenze wird von Diller bei 15 Mitgliedern gezogen. 726 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 369. 7 2 7 Siehe dazu oben sub I. 7 2 8 O L G Köln vom 5.10.2000, N Z G 2001, 165, 167. In diesem Sinne auch die st. Rspr. des BSG; vgl. BSG vom 13.12.1960, BSGE 13, 196, 199 f; BSG vom 31.7.1974, B S G E 38, 53, 58; BSG 724

725

376

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

an, ob ein - im Rahmen eines bilateralen Austauschverhältnisses - mitarbeitender Gesellschafter weisungsabhängig oder in eine im wesentlichen fremdgesteuerte und jedes nennenswerte eigene unternehmerische Handeln hindernde Arbeitsorganisation integriert ist. 7 2 9 Die hierfür maßgeblichen Einzelkriterien sind mit denjenigen identisch, die für die allgemeine Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag gelten. D a es in dieser Studie um die speziellen Probleme geht, die sich aus dem Aufeinandertreffen von Gesellschafts- und Arbeitsrecht ergeben, soll auf eine nähere Auffächerung dieser Aspekte indes verzichtet werden. Es sei insoweit lediglich daran erinnert, daß es auch unterhalb der Schwelle, bei deren Erreichen die Existenz eines Arbeitsverhältnisses per se ausscheidet, ohne weiteres möglich ist, daß der konkrete unternehmensinterne Einfluß eines Gesellschafters einer Fremdbestimmung entgegensteht. 7 3 0 So vermag etwa die in einem eigenständigen Dienstvertrag eines Kommanditisten ausdrücklich vorgesehene Bindung an Direktiven der K G eine Arbeitnehmereigenschaft dann nicht zu begründen, wenn der Kommandist - bei einer Verteilung der Stimmrechtsmacht nach Kapitalanteilen - zwar nur eine Minderheitsbeteiligung innehat, er aber gleichwohl in der Lage, seine Interessen bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen regelmäßig durchzusetzen. 7 3 1 Falls sich in einer formalen Fremdbestimmtheit tatsächlich der eigene Wille manifestiert, bedarf es keines arbeitsrechtlichen Sozialschutzes. Allerdings ist ein Uberspielen der rechtlichen Weisungsunterworfenheit eines Gesellschafters durch den Rekurs auf die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten nur dann zuzulassen, wenn der interne Verwaltungseinfluß eine gewisse Stetigkeit aufweist. Sofern es dem Gesellschafter in der Vergangenheit nur in Einzelfällen gelungen ist, tätigkeitsbezogene Direktiven durch seine Mitverwaltungsbefugnisse abzuwenden, bildet dies dagegen kein Hindernis für die Einordnung eines Beschäftigten als Arbeitnehmer. In derartigen Konstellationen sind etwaige Friktionen, die sich aus einer konkreten Einflußnahme des Mitarbeiters auf den Arbeitgeberwillen ergeben, nicht durch einen Statuswechsel, sondern methodisch stimmiger durch eine Modifikation der Rechtsfolgen bei der Anwendung arbeitsrechtlicher N o r m e n zu bewältigen. 7 3 2 O b die Grenze zwischen Arbeitsverhältnis und freiem Dienstvertrag in Ausnahmefällen privatautonom verschoben werden kann, wird zu klären sein. 7 3 3

vom 29.10.1986, B B 1987, 406, 407; B S G vom 7.9.1988, Z I P 1988, 1592 f.; B S G vom 8.8.1990, S o z R 3 - 2 4 0 0 § 7 Nr. 4; B S G vom 18.4.1991, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Rn. 5; B S G vom 6.2.1992, B S G E 70, 81, 83; B S G vom 24.9.1992, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 8; B S G vom 5.2.1998, S o z R 3 - 4 1 0 0 § 168 Nr. 22; B S G vom 17.5.2001, S o z - R 3 - 2 4 0 0 § 7 Nr. 17. 7 2 9 Siehe hierzu bereits oben sub I. 7 3 0 Vgl. dazu sub aa (1) (a) (aa) (ccc). 7 3 1 In diesem Sinne auch G. Hueck, D B 1962, 1363, 1365; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 41. 7 3 2 Vgl. hierzu noch unten sub § 9 III 2 b. 7 3 3 Siehe dazu unten sub V I 1.

V. Abstufbare c) Abgrenzung

bei zweiseitigen

Einzelkriterien

377

Rechtsbeziehungen

Im Verlaufe dieser Studie ist schon wiederholt darauf hingewiesen worden, daß Beschäftigungsverhältnisse, an denen nur zwei Personen beteiligt sind, in der Qualifikationsproblematik eine besondere Fallgruppe bilden. Soweit es um die stille Gesellschaft und die Innen-GbR geht, versagt das Vertragspartnerkriterium als äußeres Merkmal zur Abgrenzung von Gesellschaftsvertrag auf der einen und Austauschvertrag als unabdingbare Grundlage eines Arbeitsverhältnisses auf der anderen Seite. Berücksichtigt man zudem, daß an das Vorliegen dieser beiden Gesellschaftsrechtsformen nur geringere Anforderungen gestellt werden und es insbesondere bei der stillen Gesellschaft über die Einbringung von Diensten und die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung hinaus keiner besonderen Einlage bedarf, 7 3 4 können in diesen Konstellationen gesellschafts- und arbeitsvertragliche Tätigkeitsbeziehungen unmittelbar aneinanderstoßen. aa) Rechtsstellung (1) „ Gleichordnung"

des „still" versus „

Mitarbeitenden Unterordnung"

An früherer Stelle ist bereits eingehend dargelegt worden, daß die zivilgerichtliche Rechtsprechung und Literatur für die Einstufung der Dienste des nicht nach außen auftretenden, insoweit also „stillen" Mitarbeiters als echte stille Beteiligung oder als partiarischer Vertrag gemeinhin darauf abstellen, ob sich die Zusammenarbeit der Parteien auf einer Ebene der Gleichordnung oder der Unterordnung vollzieht. 7 3 5 Eine vergleichbare Auffassung findet sich in der reichhaltigen finanzgerichtlichen Judikatur zum für die Bemessung der Gewerbesteuer gemäß § 8 Nr. 3 G e w S t G 7 3 6 bedeutsamen Vorliegen einer stillen Gesellschaft. 7 3 7 Aus den Umständen, unter denen die Tätigkeit erfolgt, wird demnach auf das Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks bzw. gegenläufiger Vertragszwecke geschlossen. In der Sache rekurriert man damit auf das traditionelle arbeitsrechtliche Kriterium zur Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Arbeit. Auch wenn sich das gesellschaftsrechtliche Schrifttum mit ausdrücklichen Erläuterungen zurückhält, kann dieser Ansatz nur dahin verstanden werden, daß hierdurch auf das gesamte im Arbeitsrecht entwickelte Bündel an Einzelmerkmalen zur Ermittlung einer abhängigen Beschäftigung verwiesen werden soll. Daneben wird für die Gleich- bzw. Unterordnung auf spezifisch gesellschaftsrechtliche Faktoren wie die Übertragung der Geschäftsführung sowie sonstige Mitspracherechte bei der Unternehmensführung abgehoben. 7 3 8

734 735 736 737 738

Vgl. hierzu oben sub § 5 I. Siehe dazu oben sub § 5 I V 1 c aa. H i e r z u bereits oben sub § 4 I. Vgl. dazu die Nachweise oben sub § 5 I V 1 c aa in F n . 350. Siehe oben sub § 5 I V 1 c aa.

378

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

W ä h r e n d die schlichte Gegenüberstellung von G l e i c h - und U n t e r o r d n u n g G e fahr läuft, die Rechtsfigur des partiarischen freien Dienstvertrages zu überseh e n , 7 3 9 kann der soeben skizzierten Sichtweise bei der hier fokussierten A b g r e n zung von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis zunächst darin zugestimmt werden, daß jedenfalls bei einem gleichgeordneten Z u s a m m e n w i r k e n der Beteiligten kein Arbeitsvertrag vorliegt. D a b e i ist entsprechend den bereits mehrfach z u m A u s d r u c k g e k o m m e n e n Ü b e r l e g u n g e n darauf abzustellen, o b der „Stille" an den im regelmäßigen Geschäftsverlauf zu treffenden Entscheidungen gleichberechtigten Anteil hat. Wenn der B F H betont, daß der Vorbehalt des Geschäftsinhabers, grundlegende Entscheidungen selbst zu treffen, einer stillen Gesellschaft nicht entgegenstehe, 7 4 0 paßt dies ins Bild. Sowenig es auf der einen Seite für den definitiven A u s s c h l u ß der Arbeitnehmereigenschaft genügt, daß der Beschäftigte lediglich in der Lage ist, prinzipielle M a ß n a h m e n zu verhindern, sowenig zwingt auf der anderen Seite eine insoweit fehlende K o m p e t e n z dazu, den Status als Arbeitnehmer bejahen zu müssen. A n diesen Ü b e r l e g u n g e n ändert auch eine stärkere Berücksichtigung der effektiven M ö g l i c h k e i t des Dienstnehmers zur eigenständigen Marktteilnahme bei der B e s t i m m u n g der Arbeitnehmerposition nichts. D e r Ausschluß eines maßgeblichen Einflusses auf grundlegende Entscheidungen beseitigt für sich g e n o m m e n nicht die Fähigkeit des Mitarbeiters, die unmittelbare R e a k t i o n des U n t e r n e h m e n s auf Marktimpulse zu steuern. D i e Gegenüberstellung von G l e i c h o r d n u n g und U n t e r o r d n u n g bei der A b grenzung von stiller Beteiligung und partiarischem Arbeitsvertrag entspricht einer international verbreiteten Strömung zur generellen Unterscheidung zwischen Personengeseilschafts- und Arbeitsverhältnis. So wird im österreichischen R e c h t ebenfalls darauf abgestellt, ob die Mitarbeit durch ein gleichberechtigtes Z u s a m menwirken oder eine Weisungsunterworfenheit gekennzeichnet ist. 7 4 1 F e r n e r k o m m t es auch für die französische R e c h t s p r e c h u n g 7 4 2 und das S c h r i f t t u m 7 4 3 dar-

Vgl. oben sub § 5 IV 1 c aa. B F H vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375. 741 V w G H vom 19.10.1956, JB1. 1957, 378 f.; O G H vom 30.4.1958, Arb 6869; O G H vom 26.11.1958, Arb 6960; O G H vom 24.4.1975, Arb 9346; O G H vom 3.6.1986, Arb 10529; Rebhahn, in: Jabornegg, ÖHGB, § 178 Rn. 35; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht, 5. Aufl., S. 139 f.; bei der stillen Gesellschaft hinsichtlich der Aussagekraft dieser Unterscheidung zurückhaltend aber Tomandl, Wesensmerkmale, S. 133 ff. 7 4 2 Cass. soc. vom 5.2.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 192; Cass. soc. vom 10.4.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 460; Cass. soc. vom 10.7.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 911; Cass. soc. vom 4.12.1959, Bull. civ. 1959, IV, Nr. 1220; Cass. soc. vom 21.4.1961, Bull. civ. 1961, IV, Nr. 437; Cass. com. vom 19.11.1962, Bull. civ. 1962, III, Nr. 463; Cass. soc. vom 16.10.1963, Bull. civ. 1963, IV, Nr. 694; Cass. soc. vom 10.2.1971, Bull. civ. 1971, V, Nr. 100; Cass. soc. vom 17.2.1972, Bull. civ. 1972, V, Nr. 132; CA Paris vom 27.2.1973, D. 1973, somm. 101; Cass. soc. vom 20.11.1974, Bull. civ. 1974, V, Nr. 549; Cass. soc. vom 21.11.1979, Bull. civ. 1979, V, Nr. 866; Cass. soc. vom 8.7.1980, Bull. civ. 1980, V, Nr. 615; Cass. soc. vom 17.4.1991, Dr. soc. 1991, 516; in diese Richtung auch Cass. com. vom 5.11.1974, Bull. civ. 1974, IV, Nr. 280. 743 Brun/Galland, Droit du travail, Tome 1, 2e Ed., Nr. 387, S. 421 f.; Camerlynck, Contrat de travail, 2. Ed., Nr. 72, S. 90; Dana-Demaret, J C , Sociétés traité, Fase. 10-20 Nr. 7; Fieschi-Vivet, 739 740

V. Abstufbare

Einzelkriterien

379

auf an, ob sich die Parteien auf gleicher Ebene (pied d'égalité) oder in einem Unterordnungsverhältnis ( l i e n de subordination) begegnen. Entsprechende Überlegungen finden sich im englischen Recht im Zusammenhang mit der Rechtsfigur des „salaried partner".744 Demgegenüber ist in der reichhaltigen US-amerikanischen Judikatur zur Abgrenzung von partner und employee neben den mit der Tätigkeit und dem Einfluß im Unternehmen zusammenhängenden Elementen von management und control seit jeher dem vermögensrechtlichen Bereich (ownership, compensation) von vornherein ein vergleichsweise großes Gewicht beigemessen worden. 745 In diesem Sinne verfahren die Gerichte insbesondere auch im Hinblick auf die immer bedeutsamer werdenden Fälle der Mitglieder freiberuflicher Partnerschaften. 746 Dasselbe gilt für die Einstufung von Mitarbeitern einer professional corporation.7*7 Trotz dieser gewissen Einschränkung kann der Schluß von der Gleichordnung der Beteiligten auf ein kooperationsrechtliches Zusammenwirken somit als international gefestigt angesehen werden. (2) Gesellschaftsverhältnis

trotz „

Unterordnung"

Während die für den Fall eines gleichberechtigten kooperativen Zusammenwirkens der Parteien weithin anerkannte Qualifikation eines Beschäftigungsverhältnisses als gesellschaftsrechtliche Beziehung Beifall verdient, stößt der vielfach ohne nähere Erläuterung gezogene Schluß von einer Weisungsabhängigkeit auf das Vorliegen eines Arbeitsvertrages auf Bedenken. Die „Unterordnung" wird auf diese Weise ausschließlich unter dem Blickwinkel eines Kriteriums für die Existenz einer bestimmten Rechtsformen betrachtet. Hierdurch gerät die Frage, ob eine rechtsgeschäftliche Gestaltung noch als atypische Ausprägung einer anRep. trav. Dalloz, Contrat de travail (Existence - Formation), Nr. 62; Pélissier/Supiot/Jeammaud, Droit du travail, 20e Ed., Nr. 141, S. 166; Puigelier, JC, Travail traité, Fase. 17-1, Nr. 26 f.; Teyssié, Droit du travail, Nr. 418, S. 226 f. 744 Vgl. Lindley/Banks, Partnership, 16th Ed., 5-22, S. 69 f.; siehe auch Stekel v. Ellice [1973] 1 W.L.R. 191, 198 ff. (Ch.D.). 745 Watson v. Watson, 108 N.E.2d 893 (Ind. 1952); Cyrus v. Cyrus, 64 N.W. 538 (Minn. 1954); Morrow v. McCaa Chevrolet Company, 330 S.W.2d 722 (Ark. 1960); Frost v. Wells, 388 S.W.2d 235 (Tex.App. 1965); Myers v. Rollette, 429 P.2d 497 (Ariz. 1968); Moscatelli v. Nordstrom, 337 N.Y.S.2d 575 (1972); Williams v. Biscuitville, Inc., 253 S.E.2d 18 (N.C.App. 1979); Davis v. Davis, 293 S.E.2d 268 (N.C.App. 1982); Kilgore v. Sullivan, 717 P.2d 1220 (Or.App. 1986); Pulliam v. Pulliam, 733 P.2d 1299 (Mont. 1987); Larson v. Tandy Corp., 371 S.E.2d 663 (Ga.App. 1988); siehe ferner Bromberg/Ribstein, Partnership, Bd. I, §2.02 (b) (1) m. w. N.; zu älteren Entscheidungen Schopflocher, ALR 137 (1942), 6, 19 ff. 746 Vgl. Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 274 (10th Cir. 1987); Caruso v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 664 F.Supp. 144, 149 f. (S.D. New York 1987); Fountain v. Metealf, Zima & Co., P. A., 925 F.2d 1398, 1401 ( l l t h Cir. 1991); Strother v. S. Cal. Permanente Medical Group, 79 F.3d 859, 867 (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436, 443 f. (6th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 990 (1st Cir. 1997). 747 Vgl. E.E.O.C. v. D o w d & D o w d , Ltd., 736 F.2d, 1177 (7th Cir. 1984), 1178; Devine v. Stone, Leyton & Gershman, P. C., 100 F.3d 78 (8th Cir. 1996), 81; abweichender Ansatz aber in Hyland v. New Haven Radiology Associates, P.C., 794 F.2d 793 (2th Cir. 1986), 798: bei einer Corporation keine Parallele zu den bei einer partnership geltenden Grundsätzen.

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

deren Grundform zulässig ist, völlig aus dem Gesichtskreis. Will man die Dunkelzonen im Grenzgebiet von Arbeit- und Gesellschaftsrecht ausleuchten, darf man indes keine dieser beiden Perspektiven übergehen. In diesem Sinne ist bereits dargelegt worden, daß das Personengesellschaftsrecht den Beteiligten im allgemeinen ein erhebliches Maß an Gestaltungsfreiheit eröffnet und durchaus Vereinbarungen gestattet, nach denen sich ein Beteiligter auf der Basis des Gesellschaftsvertrages unter die tätigkeitsbezogenen Weisungen eines Mitgesellschafters begibt. 748 Dabei ist nicht zu erkennen, aus welchen gesellschaftsrechtlichen Gründen einem stillen Teilhaber eine solche Regelung der Rechtsbeziehungen verwehrt sein sollte, sofern sich der auch für eine stille Gesellschaft erforderliche gemeinsame Zweck aus anderen Umständen mit hinreichender Deutlichkeit ergibt. Wenn es möglich ist, daß sich der Beitrag eines still Beteiligten in einer weisungsungebundenen Dienstleistung erschöpft und er auf diese Weise seine Arbeitskraft unternehmerisch verwerten kann, so lassen sich aus der Perspektive des Gesellschaftsrechts keine Einwände gegen die unternehmerische Nutzung einer von einem fremden Direktionsrecht abhängigen Tätigkeit erheben. 749 Das gilt um so mehr, als das Verlustrisiko jedenfalls bei der stillen Gesellschaft gemäß § 2 3 1 Abs. 2 S. 1 H G B grundsätzlich auf die Höhe der Einlage beschränkt ist. In diesem Sinne ist auch der B G H in einer älteren Entscheidung ohne weiteres davon ausgegangen, daß es sich bei der im Tatbestand geschilderten Verpflichtung, in einem Handelsgeschäft die übertragenen Arbeiten nach Weisung der Inhaber 7 5 0 zu verrichten, um einen Dienstbeitrag im Rahmen einer stillen Gesellschaft handelte. 751 Die prinzipielle Gleichordnung der Beteiligten bildet demnach zwar ein wichtiges Anzeichen für ein Gesellschaftsverhältnis, kann aber nicht als dessen notwendige Voraussetzung angesehen werden. Die somit bestehende Möglichkeit der Typendehnung darf auch in den Fällen nicht ohne Auswirkungen auf die Frage der Einordnung einer Mitarbeit bleiben, in denen es um die unmittelbare Abgrenzung von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis geht. Aus der Vereinbarung einer Weisungsunterworfenheit kann deshalb nicht zwingend abgeleitet werden, daß die Parteien einen Arbeits- und keinen Gesellschaftsvertrag schließen wollten. Allerdings wird man für einen Willen der Beteiligten, eine abhängige Arbeit als Beitrag zu einer stillen Gesellschaft bzw. einer Innen-GbR einzubringen anstatt ihn auf die Grundlage eines - partiarischen - Arbeitsvertrages zu stellen, eindeutige Anhaltspunkte verlangen müssen. Solange es hieran fehlt, kann die strikte Dichotomie der herrschenden Ansicht zumindest als Auslegungsregel aufrechterhalten werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die grundsätzlich bestehende Möglichkeit, sich auf ein gemischtes Mitarbeiterverhältnis, also eine Kombina-

Siehe oben sub IV 3 c. In diesem Sinne auch B F H v o m 28.7.1971, BStBl. II 1971, 815, 816; Böckle, G e s R Z 1983, 138, 140; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 53. 7 5 0 In concreto die beiden B r ü d e r des Betroffenen. 751 B G H v o m 20.12.1956, B G H Z 23, 10, 14. 748

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V. Abstufbare

Einzelkriterien

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tion von Gesellschafts- und Austauschvertrag, zu einigen. 752 Wenn die Parteien nicht unzweifelhaft erkennen lassen, ein Beschäftigungsverhältnis auf eine aus verschiedenen Grundformen zusammengesetzte Basis stellen zu wollen, ist davon auszugehen, daß sich ihr vertraglicher Wille darauf richtet, ihre Beziehungen in eine homogene Rechtsform zu kleiden. Im übrigen kommt es für die endgültige Einordnung einer weisungsabhängigen Tätigkeit darauf an, ob das Arbeitsrecht die Möglichkeit freigibt, eine solche Dienstleistung auch im Rahmen einer bilateralen Beziehung auf eine rein gesellschaftsvertragliche Grundlage zu stellen, oder ob sich der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang uneingeschränkt durchsetzt, weil dies in den hier fraglichen Konstellationen nicht zu unterschiedlichen Vertragspartnern führen würde. 7 5 3 Dieser Gesichtspunkt gehört indes in den noch eigenständig zu erörternden Bereich der Bedeutung des Parteiwillens für die Einstufung eines Beschäftigungsverhältnisses und soll deshalb vorerst zurückgestellt werden. 7 5 4 (3) Überdurchschnittlicher

Arbeitseinsatz

Der B F H hat in einer Entscheidung die Ansicht vertreten, der noch zum Bereich der Tätigkeitsumstände gehörende „überdurchschnittliche Arbeitseinsatz" des Beschäftigten bilde ein Indiz für die Existenz eines Gesellschaftsverhältnisses anstelle eines partiarischen Arbeitsvertrages. 755 Der dahinter stehende Rechtsgedanke ist schwer zu entschlüsseln. Offenbar meint der B F H , daß eine über das „normale Maß" hinausgehende Mitarbeit für einen Arbeitnehmer unüblich sei. 7 5 6 Ein solcher „Erfahrungssatz" kann jedenfalls für die hier interessierende Konstellation, daß sich ein gesteigerter Unternehmensgewinn in der Vergütung der Tätigkeit niederschlägt, nicht anerkannt werden. Wie ambivalent der Rekurs auf das zudem höchst unscharfe Merkmal des „überdurchschnittlichen Arbeitseinsatzes" ist, zeigt sich nicht zuletzt an der vereinzelt aufgestellten These, daß die umfangreiche Mitarbeit eines Personengesellschafters auf das Vorliegen eines vom Gesellschaftsvertrag getrennten Dienstverhältnisses hindeute. 7 5 7 bb) Rechtsstellung

des

Geschäftsinhabers

Soweit es schließlich um die Rechtsposition des Geschäftsinhabers als Vertragspartner des „stillen" Mitarbeiters geht, stellt man - wie schon erwähnt - für dessen Einstufung ebenfalls verbreitet auf die Unterscheidung zwischen „GleichSiehe dazu oben sub § 3 IV 3 a cc. Zur Notwendigkeit antagonistischer Vertragspartner als unabdingbare Voraussetzung für die Qualifikation eines Beschäftigungsverhältnisses als Arbeitsvertrag vgl. oben sub III 1 b. 7 5 4 Siehe hierzu unten sub VI 1. 7 5 5 B F H vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375; zust. Baier, M D R 1985, 890, 892. 7 5 6 In diesem Sinne nunmehr auch B A G vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 1 c cc [5]): von Gesellschaftern, die gemeinsam ein Unternehmen betreiben, werde häufig ein höherer Einsatz als von Arbeitnehmern erwartet. 7 5 7 Vgl. ErmanIH. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 14; siehe dazu oben sub § 5 IV 1 b aa (3) (b). 752

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5 6 Arbeitsrecbtliche

Perspektive

Ordnung" und „Unterordnung" ab. Wenn der Inhaber intern in vollem Umfang den Weisungen des „Stillen" unterliege, scheide der Tatbestand einer stillen G e sellschaft aus. Vielmehr bestehe dann ein Dienstvertrag bzw. ein Arbeitsvertrag, 7 5 8 so daß der „Stille" offenbar zum Dienst- bzw. Arbeitgeber mutiert. Als Mindesterfordernis für ein Gesellschaftsverhältnis wird in diesem Kontext das Vorhandensein eines Widerspruchsrechts bei wichtigen Geschäften genannt. 7 5 9 In Anlehnung an die obigen Ausführungen kann dieser Sichtweise unter dem Blickwinkel der Abgrenzung von arbeits- und gesellschaftsrechtlicher Beziehung nur teilweise zugestimmt werden. Im einzelnen lassen sich folgende Abstufungen treffen: Wenn der Geschäftsinhaber zumindest in gleichberechtigter Weise an der Unternehmensführung partizipiert, ist er kein Arbeitnehmer. Unterhalb dieser Schwelle ist zunächst denkbar, daß der Inhaber im Bereich der Geschäftsführung zwar an Unternehmens- und tätigkeitsorientierte Weisungen des „Stillen" gebunden ist, bei Grundlagengeschäften aber ein Zustimmungs- bzw. Widerspruchsrecht hat. Eine solche grundlagenbezogene Mitwirkungskompetenz schließt das Vorliegen eines Arbeitsvertrages einerseits nicht von vornherein aus. Andererseits ist eine derartige Gestaltung mit der Existenz einer stillen Gesellschaft noch vereinbar. Wenn der Komplementär in einer K G den Direktiven des Kommanditisten unterworfen werden kann, 7 6 0 ist eine vergleichbare Bindung des Geschäftsinhabers im Rahmen eines stillen Teilhabeverhältnisses ebenfalls noch zu akzeptieren. Die Rechtsform der stillen Gesellschaft ist hinreichend dehnbar, um auch eine solche atypische Regelung aufnehmen zu können. Aus einer derartigen U n terordnung allein kann somit nicht auf den Willen der Beteiligten geschlossen werden, in eine rein arbeitsvertragliche Beziehung zu treten. Vielmehr spricht die Einräumung einer Mitverwaltung in Grundlagenfragen für das Bestreben der Parteien, eine stille Gesellschaft bzw. eine I n n e n - G b R zu vereinbaren. 7 6 1 O b der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang diesen Willen korrigiert, wird zu diskutieren sein. 7 6 2 In Betracht kommt schließlich, daß der Inhaber nicht nur in der Geschäftsführung den Weisungen des „Stillen" unterliegt, sondern auch im Bereich der Grundlagengeschäfte keine Sperrposition innehat. In dieser Konstellation ist es in der Tat fraglich, ob überhaupt noch eine gesellschaftsrechtliche Beziehung bestehen kann oder ob von vornherein nur eine arbeitsvertragliche Einordnung möglich ist. Berücksichtigt man, daß es in einer K G statthaft ist, grundlegende Geschäfte dem Mehrheitsheitsprinzip zu unterstellen und die Stimmrechtsmacht nicht nach Köpfen, sondern nach Kapitalanteilen zu bemessen, 7 6 3 so muß man auch in einer stillen Gesellschaft eine entsprechende Regelung für zulässig halten, 758 759 760 761 762 763

Siehe hierzu oben sub § 5 IV 1 c aa mit Nachweisen in Fn. 361. Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 81. Siehe dazu oben sub IV 2 b cc u. 3 c. Vgl. hierzu oben sub § 5 IV 1 c aa. Siehe dazu unten sub VI 1. Vgl. Flume, Personengesellschaft, § 11 II 2, S. 150 ff.; Huber, Z G R 1988, 1, 43.

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Einzelkriterien

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die es dem stillen Teilhaber erlaubt, derartige Maßnahmen notfalls gegen den Willen des Geschäftsinhabers anzuordnen. 7 6 4 Der Inhaber des Unternehmens wird in einer solchen Konstellation nicht stärker belastet als wenn er der Komplementär einer KG wäre. Eine derartige Gestaltung der Rechtsbeziehungen schließt es daher nicht zwingend aus, daß der Geschäftsinhaber seine Tätigkeit auf der Grundlage eines Gesellschaftsvertrages entfaltet. Allerdings bildet eine so starke Zurückdrängung der Kompetenzen des Inhabers ein gewichtiges Indiz für den Willen der Parteien zur Begründung eines arbeits- anstelle eines gesellschaftsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses. 2. Vermögensrechtlicher

Status

Die grundsätzliche Bedeutung der Ertragsregelung für die Abgrenzung von gesellschafts- und dienstvertraglicher Mitarbeit ist bereits eingehend geschildert worden. 7 6 5 Im folgenden soll vor diesem Hintergrund untersucht werden, welche Relevanz vermögensrechtliche Aspekte für die spezielle Frage nach dem Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses haben. a) Einstufung separater

Dienstverhältnisse

Bei der Qualifikation separater Dienstverhältnisse von Mitarbeitern, deren Gesellschaftereigenschaft aus tätigkeitsunabhängigen Gründen feststeht, bedürfen zwei Probleme einer Klärung: Einerseits fragt es sich, ob eine Tätigkeit, die unter dem oben diskutierten Gesichtspunkt der Einflußnahme keinen arbeitsvertraglichen Charakter aufweist, infolge bestimmter vermögensrechtlicher Umstände doch noch als arbeitsrechtlich einzustufen ist. Andererseits geht es vice versa darum, ob vermögensrechtliche Eigenheiten in der Lage sind, eine prima facie als arbeitsvertraglich zu qualifizierende Beschäftigung in einen freien Dienstvertrag zu verwandeln. In beiden Fällen erscheint es wegen der im Grundsatz gleichgelagerten Situation nicht erforderlich, eigens zwischen Personengesellschafts- und Körperschaftsrecht zu trennen. aa) Fehlende bzw. geringe vermögensmäßige

Teilhabe

In Betracht kommen zunächst solche Gestaltungen, in denen ein Gesellschafter einen erheblichen Einfluß auf das Unternehmen ausübt bzw. seine Tätigkeit im Rahmen eines eigenständigen Vertrages zumindest nicht fremdbestimmt ist, sich sein Einsatz aber nicht in einer unmittelbaren Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens niederschlägt. Dies ist dann der Fall, wenn der Beschäftigte weder in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter noch als Gesellschafter an der Substanz des Unternehmens oder an dessen Ertrag Anteil hat, sondern für seine 764 Siehe auch H. P. Westermann, Vertragsfreiheit u n d Typengesetzlichkeit, S. 316 f.: Einfluß durch kapitalmäßiges U b e r g e w i c h t des Stillen führt noch nicht z u m U m s c h l a g e n eines Gesellschaftsvertrages in einen Dienstvertrag. 7 6 5 Siehe oben sub § 5 IV 2.

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Perspektive

Dienste ausschließlich eine Festvergütung erhält. Denkbar ist dies zum einen im Personengesellschaftsrecht. So kann im Gesellschaftsvertrag einer O H G vereinbart werden, daß einem (mitarbeitenden) Gesellschafter kein Kapital- bzw. Vermögensanteil 7 6 6 zustehen soll. 767 In einem derartigen Falle steht dem Betroffenen bereits nach der gesetzlichen Regelung weder bei einer Liquidation 7 6 8 noch bei einem Ausscheiden 7 6 9 ein Auseinandersetzungsanspruch zu, weil die als Beitrag geleisteten Dienste gemäß § 733 Abs. 2 S. 3 BGB grundsätzlich nicht eigenständig abgegolten werden 7 7 0 . Des weiteren kann ein solcher Gesellschafter gleichzeitig aus der laufenden Gewinn- und Verlustrechnung vollständig herausgenommen werden. 7 7 1 In vermögensrechtlicher Hinsicht kann der Gesellschafter einer O H G im Innenverhältnis also in die Position eines schlichten Angestellten versetzt werden, 772 um auf diese Weise einem eigentlich gesellschaftsfremden Dritten zwar einerseits organschaftliche Befugnisse zu verschaffen, ihn andererseits aber nicht unmittelbar am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens partizipieren zu lassen. Eine im Ergebnis vergleichbare Situation ist zum anderen im GmbH-Recht denkbar, weil es grundsätzlich möglich ist, mit der Zustimmung des Betroffenen einen Geschäftsanteil zu kreieren, der seinem Inhaber zwar mitgliedschaftliche Stimmrechte verschafft, ihn aber kumulativ von der Auseinandersetzung und der Gewinnverteilung ausschließt. 7 7 3 Mithin kann es zumindest bei einigen Gesell-

Zur Terminologie K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 47 III 1, S. 1375 f. Flume, Personengesellschaft, §§ 10 III u. 11 II, S. 137 u. 149; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 26; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §120 Rn. 23; Huber, Vermögensanteil, S. 289 ff.; K. Schmidt, Stellung der oHG, S. 193; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., §120 Rn. 74; krit. Reuter, Privatrechtliche Schranken, S. 193 ff.; Michalski, Perpetuierung von Unternehmen, S. 204 Fn. 245. 768 Vgl. §155 Abs. 1 HGB. 769 Vgl. § 105 Abs. 2 HGB, § 738 Abs. 1 S. 2 BGB. 770 Vgl. Grunewald, Ausschluß, S. 177 f.; Huber, ZGR 1980, 177, 194; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 343; Möhring, FS Barz (1974), S. 49, 55; Schilling, ZGR 1979, 419, 425. Der BGH will hiervon für den Fall eine Ausnahme machen, daß die Tätigkeiten durch die Gewinnbeteiligung noch nicht entgolten worden sind und der Erfolg der Dienste im Geschäftsvermögen als fest umrissener und meßbarer Vermögenswert vorhanden ist; vgl. BGH vom 22.11.1965, NJW 1966, 501 f. (zum Auseinandersetzungsanspruch eines stillen Gesellschafters nach §235 HGB). 771 Flume, Personengesellschaft, § 11 II 1, S. 149; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 26; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 333; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 357 Fn. 83. 772 Vgl. (teilweise zum Komplementär einer KG bzw. mit Tantiemeberechtigung) RG vom 16.4.1942, RGZ 169, 105, 107 f.; BGH vom 14.5.1952, BGHZ 6, 113, 117; BFH vom 22.11.1955, BStBl. III 1956, 4, 5; BGH vom 15.6.1978, WM 1978, 1230; BGH vom 9.6.1980, BGHZ 77, 233, 239; BGH vom 1.6.1981, AP Nr. 7 zu § 17 BetrAVG (unter 2); LG Köln vom 20.3.1985, DB 1985, 1579, 1580; BFH vom 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33, 34; BFH vom 16.12.1992, BStBl. II 1993,270, 272; ferner Flume, Personengesellschaft, §§ 10 III u. 11 II, S. 137 u. 149; Huber, Vermögensanteil, S. 289 ff.; Klein, Gesellschaftergeschäftsführer, passim; Kornblum, Haftung der Gesellschafter, S. 231; Plum, FS 100 Jahre DJT, Bd. II (1960), S. 137, 156 f.; Zinn, Selbstorganschaft, S. 140 ff. 773 Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 14 Rn. 14; Lutter/Hommelh o f f , GmbHG, 15. Aufl., § 14 Rn. 7; Hachenburg/,Kaiser, GmbHG, 8. Aufl., § 14 Rn. 29; Scholz/ 766 767

V. Abstufbare

Einzelkriterien

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schaftsformen dazu kommen, daß die Tätigkeit eines Gesellschafters für sich genommen keine arbeitsvertragliche Einstufung rechtfertigt, der Mitarbeiter aber an den Chancen des Unternehmens nicht partizipiert. 7 7 4 Sofern es sich um einen Gesellschafter handelt, der im Außenverhältnis nicht persönlich unbeschränkt haftet, reduziert sich das unternehmerische Risiko in einem solchen Falle zudem auf den Verlust der Einlage, die bei einem Kommanditisten wie bei einem Gesellschafter einer G m b H auf eine wirtschaftlich unbedeutende Größe heruntergefahren werden kann 7 7 5 . Selbst wenn die mit der Mitgliedschaft an sich verbundenen vermögensmäßigen Bezüge nicht abbedungen sind, ist es bei einer entsprechend geringfügigen Beteiligung im übrigen ohne weiteres möglich, daß sie im Verhältnis zum festen Entgelt einen nur marginalen Charakter aufweisen. Für eine Auswirkung der vermögensrechtlichen Situation auf die Statusbestimmung hat sich Diller ausgesprochen. Nach seiner Ansicht soll ein mitarbeitender Gesellschafter im Grundsatz immer dann als Arbeitnehmer qualifiziert werden, wenn sich der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens nicht auf die eigene finanzielle Stellung auswirkt, der Gesellschafter also weder vom Substanzzuwachs noch von den Erträgen des Unternehmens profitiert, sondern nur eine feste Vergütung erhält. 7 7 6 Dasselbe soll bei einer wirtschaftlich unerheblichen Partizipation an den unternehmerischen Chancen gelten. 777 Hierbei mißt Diller der Weisungsfreiheit eines solchen Gesellschafters hinsichtlich der unmittelbaren Tätigkeitsumstände sowie der durch mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte verbürgten Möglichkeit, selber geschäftsleitend zu handeln, für die prinzipielle Qualifikation der Tätigkeit ausdrücklich keine Bedeutung zu. 7 7 8 Immerhin soll ein hinreichender innergesellschaftlicher Einfluß eine Freistellung vom arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang mit der Folge legitimieren, daß die Mitarbeit kraft H. Winter, GmbHG, 9. Aufl., §14 Rn. 32; zum Ausschluß des Anspruchs auf den Liquidationserlös siehe auch RG vom 30.3.1942, RGZ 169, 65, 82; zum Gewinnanspruch BGH vom 14.7.1954, BGHZ 14, 264, 271 ff. 774 Zum Ausschluß von Kommanditisten aus Gewinn und Auseinandersetzung siehe Lutter, AcP 180 (1980), 84, 150. 775 Für die Beteiligung an einer GmbH bedarf es gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG einer Mindesteinlage von lediglich 100 Euro (früher 500 DM). Für den Anteil eines Kommanditisten existiert kein gesetzlicher Mindestbetrag. 776 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 370. Die von Diller, aaO., S. 370 f., dargelegten Ausnahmen spielen für den Kern der Konzeption keine Rolle. Allerdings wird nicht ganz klar, welche Bedeutung einer im Außenverhältnis bestehenden Haftung für Unternehmensverluste zukommen soll. Während auf S. 318 die fehlende Beteiligung an Gewinn und Verlust als ein den Arbeitnehmerstatus konstituierender Umstand genannt wird, ist auf S. 370 insoweit nur noch davon die Rede, ob sich dem Gesellschafter wirtschaftliche Chancen bieten. Bei einem ausschließlich gegen Festbezüge tätigen OHG-Gesellschafter ohne Kapitalanteil führen beide Ansätze - von Diller offenbar unbemerkt - zu unterschiedlichen Ergebnissen. 777 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 371 f. In eine ähnliche Richtung im Hinblick auf GmbH-Geschäftsführer auch Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 205, bei dem allerdings unklar bleibt, ob es für den Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft auf eine (hinreichende) vermögensrechtliche Beteiligung und/oder auf eine Gewinnpartizipation ankommen soll. 778 Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 318 f., 370 f.

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Parteiwillens auf eine andere Rechtsgrundlage gestellt werden könne. 7 7 9 Den dogmatischen Hintergrund dieser Position bildet die schon geschilderte Ansicht von Diller, die Arbeitnehmereigenschaft nicht an das Kriterium der Weisungsbindung zu knüpfen, sondern statt dessen jeden Beschäftigten als Arbeitnehmer einzustufen, der entweder keine unternehmerischen Entscheidungen treffen oder nicht selbst an unternehmerischen Erfolgen partizipieren kann. 7 8 0 Soweit es um die grundsätzliche Abgrenzung von Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag geht, ist diese Konzeption indes bereits zurückgewiesen worden. 7 8 1 Für eine abweichende Sichtweise bei Gestaltungen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag bedürfte es deshalb zusätzlicher Argumente. In diesem Zusammenhang könnte man auf den ersten Blick daran denken, sich an der finanzgerichtlichen Judikatur zur Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu orientieren, um auf diese Weise zur Arbeitnehmereigenschaft zur gelangen. Wie bereits angesprochen, 7 8 2 verlangt der BFH hierfür neben dem Element der Unternehmerinitiative bekanntlich das Merkmal des Unternehmerrisikos. Zwar interpretiert der BFH dieses Kriterium vergleichsweise großzügig und läßt etwa die unbeschränkte Haftung im Außenverhältnis ausreichen, 7 8 3 so daß die Gesellschafter einer O H G sowie der Komplementär danach stets ein Unternehmerrisiko tragen. Insbesondere soll ein im Innenverhältnis gegen die Mitgesellschafter bestehender unbegrenzter Freistellungsanspruch dem Vorliegen dieses Merkmals nicht entgegenstehen. 7 8 4 Ferner genügt eine auf die Einlage beschränkte Verlustbeteiligung zumindest dann, wenn sie mit einer Partizipation am Liquidationserlös verbunden ist. 785 Dennoch kann bei einer entsprechenden Regelung der vermögensrechtlichen Aspekte im Gesellschaftsvertrag durchaus die Situation eintreten, daß ein Beteiligter kein derartiges unternehmerisches Risiko trägt. Damit entfällt die Mitunternehmerschaft, weil eine ausgeprägte Unternehmerinitiative zwar ein geringes 7 8 6 , nicht aber ein gänzlich fehlendes Unternehmerrisiko kompensieren kann 7 8 7 . Ein Personengesellschafter kann nach der Auffassung des BFH also trotz eines hinreichenden Einflusses auf die Geschicke des Unternehmens allein deshalb seiner grundsätzlichen Stellung als Mitun-

Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 393. Siehe oben sub I. 781 D a z u oben sub I. 782 Siehe oben sub IV 2 b bb. 783 B F H v o m 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33, 34; etwas restriktiver B F H vom 14.8.1986, BStBl. II 1 9 8 7 , 6 0 , 6 1 . 784 B F H vom 11.6.1985, BStBl. II 1987, 33, 34; grds. ebenso Schmidt, EStG, 20. A u f l . , § 15 R n . 264, 268; anders noch B F H v o m 22.11.1955, BStBl. III 1956, 4, 5; a. A. e t w a Blümich/St«Armann, EStG, § 15 R n . 350. 7 8 5 B F H vom 24.7.1986, BStBl. II 1987, 54, 56 f. 7 8 6 Vgl. B F H v o m 5.6.1986, BStBl. II 1986, 802, 804; B F H v o m 15.12.1992, BStBl. II 1994, 702, 704; B F H v o m 21.9.1995, BStBl. II 1996, 66, 68. 7 8 7 B F H v o m 28.1.1986, BStBl. II 1986, 599, 600; ebenso B l ü m i c h / S t u h r m a n n , EStG, § 15 R n . 347. 779 780

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Einzelkriterien

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ternehmer verlustig gehen, weil er selber von den wirtschaftlichen Folgen der Marktteilnahme nicht unmittelbar betroffen wird. 7 8 8 Eine vergleichbare Situation ist im Betriebsrentenrecht denkbar. Der BGH 7 8 9 und das Schrifttum 7 9 0 stellen für die Herausnahme aus dem Insolvenzschutz gemäß § 1 7 Abs. 1 S. 2 BetrAVG nämlich darauf ab, ob ein Beschäftigter als Mitunternehmer anzusehen ist. Für eine solche Stellung bedarf es grundsätzlich sowohl einer hinreichenden einflußwie einer vermögensmäßigen Beteiligung. 7 9 1 Ohne eine Teilhabe in vermögensrechtlicher Hinsicht würde daher folgerichtig auch ein das Unternehmen beherrschender Gesellschafter aufgrund fehlender Mitunternehmereigenschaft dem Schutz des BetrAVG unterfallen. 7 9 2 Freilich verbietet sich ein Umkehrschluß von der mangelnden Mitunternehmerstellung auf den Arbeitnehmerstatus eines Gesellschafters. Der Fehler einer solchen Gedankenführung liegt in der Vorstellung einer strikten Dichotomie von Mitunternehmerschaft und Arbeitnehmerposition. Für das Steuerrecht mag es zutreffen, daß angesichts der gesetzlichen Rahmenbedingungen ein mitarbeitender Gesellschafter nur alternativ als Mitunternehmen oder als Arbeitnehmer eingestuft werden kann. 7 9 3 Schon für das Betriebsrentenrecht kommt man angesichts der gesetzlichen Differenzierung in § 17 Abs. 1 S. 1 und S. 2 BetrAVG zwischen Arbeitnehmern und sonstigen Personen, die Mitunternehmer sein können, ohne es sein zu müssen, aber nicht daran vorbei, einen Kreis von dauerhaft Beschäftigten anzuerkennen, der weder Arbeitnehmer noch Mitunternehmer ist. Dementsprechend darf man auch für die allgemeine zivilrechtliche Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung die Rechtsfigur des freien Dienstvertrages nicht übergehen. Der Drittvertrag eines Gesellschafters kann nicht allein deswegen als Arbeitsverhältnis eingeordnet werden, weil der Beteiligte weder in seiner Eigenschaft als Gesellschafter noch als Dienstleistender unmittelbaren Anteil am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens hat. Wenn ein Gesellschafter sowohl die Arbeitsorganisation als auch das Marktverhalten des Unternehmens steuern kann, ist nicht einzusehen, warum ihm bei einer Herausnahme aus der vermögensrechtlichen Seite der Mitgliedschaft der komplette arbeitsrechtliche Berufs-

788 Siehe auch BFH vom 4.8.1971, BStBl. II 1972, 10, 12: formelle Gesellschafterstellung für Mitunternehmerschaft nicht ausreichend. 789 BGH vom 28.4.1980, BGHZ 77, 94, 101 ff.; BGH vom 9.6.1980, BGHZ 77, 233, 237 ff. und AP Nr. 4 zu § 17 BetrAVG (unter I 1); B G H vom 14.7.1980, AP Nr. 3 zu § 17 BetrAVG (unter I); BGH vom 9.3.1981, AP Nr. 6 zu § 17 BetrAVG (unter II 1); BGH vom 16.3.1981, AP Nr. 10 zu § 7 BetrAVG (unter I 1); BGH vom 25.9.1989, BGHZ 108, 330, 333; BGH vom 28.1.1991, ZIP 1991, 396, 397; BGH vom 2.6.1997, AP Nr. 26 zu § 17 BetrAVG; BGH vom 1.2.1999, N J W 1999, 1263; ebenso BAG vom 16.4.1997, AP Nr. 25 zu § 17 BetrAVG (unter I 2 c aa); BAG vom 25.1.2000, AP Nr. 38 zu § 1 BetrAVG (unter I 2 b). 790 Goette, ZIP 1997, 1317, 1320 f.; ders., BetrAV 2000, 28 f; Hanau/Kemper, ZGR 1982, 123, 126 ff.; Hommelboff/Timm, KTS 1981, 1, 9 ff., 289, 290 ff.; Wiedemann/Moll, RdA 1977, 13, 24. 791 Klare Darstellung bei Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 1, 9 ff. 792 In diesem Sinne auch Hommelhoff/Timm, KTS 1981, 289, 295 ff. 793 Vgl. Blümich/Stuhrmann, EStG, § 15 Rn. 357.

388

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

und Existenzschutz 7 9 4 (wenn auch nicht zwingend) 7 9 5 zugute kommen sollte. Hierdurch werden vorsichtige Anleihen bei arbeitsrechtlichen Wertungen nicht kategorisch ausgeschlossen. Diese müssen freilich im Einzelfall begründet und können nicht aus der schlichten Statusfeststellung hergeleitet werden. Es bleibt somit dabei, daß auch in Konstellationen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag die Arbeitnehmereigenschaft nicht allein mit - fehlenden - vermögensrechtlichen Aspekten begründet werden kann. Vielmehr bedarf es hierfür hinsichtlich der T ä tigkeit bzw. der Marktteilnahme einer hinreichenden Fremdbestimmung des B e schäftigten. 7 9 6

bb) Umfangreiche

vermögensmäßige

Partizipation

Die zweite Fallgruppe zeichnet sich dadurch aus, daß ein Gesellschafter im Rahmen eines separaten Vertrages fremdbestimmt tätig wird, er aber an der Substanz und/oder an den Gewinnen und Verlusten des Unternehmens einen erheblichen Anteil hat. So ist es denkbar, daß ein GmbH-Gesellschafter, der in einer untergeordneten Position tätig ist, einen stimmrechtslosen, aber gewinnberechtigten G e schäftsanteil hält, der ihm eine hohe Beteiligung am Unternehmensgewinn sichert. 7 9 7 Ferner wird man auch bei Personengesellschaften vorbehaltlich des stimmrechtsfesten Kernbereichs der Mitgliedschaft stimmrechtslose Beteiligungen zuzulassen haben. 7 9 8 Dementsprechend ist es beispielsweise möglich, daß ein

794 Zu den Schutzsphären des Arbeitsrechts siehe Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 57 ff. 795 So Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 393. 796 Dementsprechend hebt die neuere Judikatur zur Qualifikation von Beschäftigten ausdrücklich hervor, daß für die Statusabgrenzung nur auf solche Vertragsabreden abgestellt werden darf, die sich auf die geschuldete Tätigkeit beziehen; vgl. B A G vom 15.12.1999, AP Nr. 5 zu § 92 H G B (unter II 2 b cc); B A G vom 20.9.2000, AP Nr. 37 zu § 611 B G B Rundfunk (unter IV 4 b). 797 Zur Zulässigkeit eines Stimmrechtsausschlusses bei GmbH-Anteilen vgl. O L G Hamburg vom 11.6.1901, O L G Rspr. 3 (1901), 66; R G vom 24.4.1941, R G Z 167, 65, 73; B G H vom 14.7.1954, B G H Z 14, 264, 270 f.; Fock, FS Heinsius (1991), S. 129, 144 f.; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 14 Rn. 14; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 14 Rn. 7; Hachenburg/Raiser, G m b H G , 8. Aufl., § 1 4 R n . 2 9 ; Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 5; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 4 7 Rn. 13; Rowedder, G m b H G , 3. Aufl., § 1 4 Rn. 4; Scholz/X. Schmidt, G m b H G , 8. Aufl., § 4 7 Rn. 11; Scholz!H. Winter, G m b H G , 9. Aufl., § 14 Rn. 32; Baumbach/Hueck/Zö/foer, G m b H G , 17. Aufl., § 47 Rn. 24; eingehend Schäfer, Der stimmrechtslose Geschäftsanteil, S . 6 4 f f . , 354 ff.; siehe auch B G H vom 24.5.1993, N J W 1993, 2100 f. (zur G m b H & Co. KG); restriktiv Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 1 a, S. 369. 798 Vgl. H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. Aufl., § 119 Rn. 25; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 119 Rn. 13; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 11 III 1 mit Fn. 26, S. 169; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 2 1 II 1 e, S. 607 f.; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 208 ff.; MünchKommB G B / U l m e r , 3. Aufl., § 709 Rn. 58; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 24; Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 194; nach Maßgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes ebenso Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 1 9 Rn. 37; a.A. bei persönlich haftenden Gesellschaftern Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 1 a, S. 368 f.; beschränkt auf Grundlagenentscheidungen ders., W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 28; generell abl. Lockowandt, Stimmrechtsbeschränkungen, S. 220 ff., unter Berufung auf das Abspaltungsverbot des § 717 S. 1 B G B (anders aber noch S. 193: mit Zustimmung entziehbar).

V. Abstufbare

Einzelkriterien

389

weisungsabhängig beschäftigter Kommanditist infolge einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Regelung einen großen Teil des Ertrags der Gesellschaft einstreichen, ohne über einen entsprechenden Einfluß innerhalb der K G zu verfügen. 799 Durch derartige Gestaltungen können etwa jüngere Familienangehörige am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens umfassend partizipieren, ohne bereits eine entsprechende Verantwortung übernehmen zu müssen. Unmittelbar einschlägige Äußerungen zu dieser Problematik finden sich eher selten. Soweit die zivilrechtliche Judikatur sich mit den Auswirkungen einer Gewinn- und Verlustbeteiligung auf die Statusfrage auseinandergesetzt hat, ging es zumeist um die noch zu erörternde Konstellation einer echten Alternativität von Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis. 800 Immerhin hat das B A G bei einem Kommanditisten das Interesse an einem möglichst großen Ertrag der K G als ein Indiz gewertet, die Existenz eines eigenständigen Arbeitsvertrages zu verneinen. 801 In einem weiteren Urteil stufte das B A G das Fehlen eines Vergütungsanspruchs außerhalb eines Gewinnanteils als ein Anzeichen gegen die Arbeitnehmereigenschaft eines GmbH-Gesellschafters ein. 802 Ferner hat das L A G Bayern in einer älteren Entscheidung das von einem Genossenschaftsmitglied zu tragende Unternehmerrisiko als einen Umstand aufgefaßt, der einem Arbeitsverhältnis des Genossen entgegensteht. 803 Das Schrifttum erweckt mehrheitlich zumindest den Eindruck, als würde die vermögensrechtliche Lage für sich allein die Arbeitnehmereigenschaft nicht beseitigen können. Nach Ansicht von Loritz ist die Beteiligung eines Gesellschafters am Gewinn und an den stillen Reserven eines Unternehmens zwar ein Merkmal, das gegen den Arbeitnehmerstatus spricht. 804 Allerdings will Loritz den Ausschluß der Stellung als Arbeitnehmer 805 an das Vorliegen weiterer Kriterien binden, 806 so daß die vermögensrechtliche Lage nach diesem Ansatz für sich genommen die Arbeitnehmereigenschaft nicht beseitigen kann. Dasselbe gilt für Diller, wenn es heißt, daß ein mitarbeitender Gesellschafter dann Arbeitnehmer ist, wenn ihm entweder Einflußmöglichkeiten im Unternehmen

7 9 9 Zur grds. Zulässigkeit stimmrechtsloser Kommanditanteile vgl. B G H vom 14.5.1956, B G H Z 20, 363, 368; Erman, FS Nipperdey, Bd. I (1965), S. 277, 292; Immenga, Z G R 1974, 385, 415 ff.; einschränkend Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 1 a, S. 369; ihm zust. Renkl, Gesellschafterbeschluß, S. 65. 8 0 0 Siehe unten sub b. 8 0 1 B A G vom 8.1.1970, AP Nr. 14 zu § 528 Z P O (unter II 2). 8 0 2 B A G vom 28.11.1990, AP Nr. 137 zu § 1 T V G Tarifverträge: Bau (unter II 3 a). 8 0 3 L A G Bayern vom 8.5.1956, WA 1957, 184. 8 0 4 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404. 8 0 5 Die von Loritz vorgestellte Rechtsfolge bleibt freilich unklar, da er Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404, einerseits davon spricht, daß ein Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen kein Arbeitnehmer ist und ihn andererseits gleichzeitig nur aus dem zwingenden Geltungsbereich des Arbeitsrechts herausnehmen will, also offenbar von einer bloßen Erweiterung der Disponibilität der arbeitsrechtlichen Vorschriften ausgeht. Zur Interpretation der Konzeption von Loritz siehe noch unten sub V i a . 8 0 6 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404.

390

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

fehlen oder er an dessen Erfolg nicht partizipieren kann. 807 Martens schließlich sieht ein aus der Gesellschaftsteilhabe resultierendes gewinnabhängiges Einkommen als einen Umstand an, der den vertraglichen Ausschluß arbeitsrechtlicher Bindungen rechtfertigt, sofern dieser Ertrag im Verhältnis zu einer angemessenen Vergütung aus dem Beschäftigungsverhältnis erheblich ist. 808 Auch Martens geht es also nicht um einen automatischen Statuswechsel, sondern lediglich um eine Freistellung der Parteien vom arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang. Im Extremfall laufen diese Meinungen somit darauf hinaus, daß ein einflußloser GmbH-Gesellschafter, dem das Unternehmen gleichwohl wirtschaftlich überwiegend gehört, in einem Arbeitsverhältnis zur GmbH stehen kann. Gerade für eine solche Konstellation lehnen Runggaldier/Schima die Möglichkeit einer Arbeitnehmereigenschaft ab, weil der Betroffene ohne Rücksicht auf die Frage einer etwaigen Weisungsgebundenheit nicht in einen fremden Betrieb eingegliedert sei. 809 Daß die Beteiligung an den Verlusten eines Unternehmens als solche keinen zwingenden Grund dafür abgibt, einen auf der Grundlage eines separaten Rechtsverhältnisses Beschäftigten nicht gleichzeitig als Arbeitnehmer ansehen zu können, ist bereits eingehend dargelegt worden. 810 Dies gilt sowohl für das bloße Risiko, daß die eigenen Dienste für die Gesellschaft unentgolten bleiben, als auch für das darüber hinausgehende Risiko, zur Deckung von Unternehmensverlusten aus dem eigenen Vermögen etwas zuschießen zu müssen. Ernsthaft fraglich kann deshalb nur sein, ob eine gesellschaftsrechtlich fundierte Partizipation am Vermögen des dienstgebenden Unternehmens eine Legitimation dafür bildet, einen rechtlich abhängig Beschäftigten nicht mehr als Arbeitnehmer einzustufen. Dabei kann der schlichte Umstand, daß dem Mitarbeiter überhaupt mitgliedschaftliche Vermögensrechte zustehen, den Arbeitnehmerstatus keinesfalls beeinflussen. Ansonsten könnte der durch das Arbeitsrecht gewährte Schutz durch jede noch so kleine Beteiligung am dienstgebenden Unternehmen beseitigt werden. Den soeben erwähnten Entscheidungen des B A G kann daher nur in dem Sinne zugestimmt werden, daß aus den Vereinbarungen und Vorstellungen über die Vergütung der Parteiwille abgeleitet werden kann, keinen zusätzlichen Dienstvertrag abzuschließen. Sofern ein solcher Vertrag aber vorliegt, kann eine gesellschafterliche Vermögensteilhabe als solche die Einstufung der eigenständigen Tätigkeitsbeziehung als Arbeitsverhältnis indes nicht mehr verhindern. Damit ist freilich noch nicht der Stab über die Rechtslage bei exorbitanten Gewinnaussichten gebrochen. Insoweit sei der Blick zunächst weniger auf die Teilhabe am Marktgewinn des Unternehmens als solche als vielmehr auf die absolute Höhe des Einkommens gerichtet. In diesem Zusammenhang hält es vor allem Wank bei Beschäftigten mit einem sehr hohen - festen - Arbeitseinkommen für Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 372. R d A 1979, 347, 351. 8 0 9 Rechtsstellung, S. 10 f. D i e Ä u ß e r u n g bezieht sich unmittelbar zwar nur auf die Position eines Gesellschafter-Geschäftsführers, beansprucht nach ihrer D i k t i o n aber allgemeine Geltung. 807 808

810

Siehe oben sub I V 2 b cc.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

391

denkbar, auf der Rechtsfolgenseite hinsichtlich des Existenzschutzes Selbständigenrecht anstelle von Arbeitsrecht anzuwenden. 811 Immerhin gibt auch Wank damit zu verstehen, daß er keinen regelrechten Statuswechsel befürwortet. Tatsächlich ist eine solche Folgerung auch abzulehnen. Zum einen spielt die Höhe der aus einem Unternehmen gezogenen Gewinne für den Bereich des arbeitsrechtlichen Berufsschutzes, also den Schutz vor gesundheitlichen Gefahren am Arbeitsplatz, den Persönlichkeitsschutz und den Schutz vor den Risiken einer fremdgesteuerten Organisation, 812 von vornherein keine Rolle. Zum anderen kann sich die Ertragslage eines Unternehmens schlagartig ändern. So ist es durchaus denkbar, daß ein gut florierendes Unternehmen mit regelmäßigen erheblichen Ausschüttungen etwa durch einen umfangreichen Produkthaftungsfall unversehens rote Zahlen schreibt. Aber auch die allgemeine Marktsituation kann sich heutzutage angesichts eines verschärften Wettbewerbs mit immer schnellebigeren Marktzyklen in kürzester Frist ändern. Der Status eines Beschäftigten kann nicht zuletzt aus Rechtssicherheitsgründen nicht von derartigen Ereignissen abhängig gemacht oder sogar rückwirkend bei einer unerwartet schlechten Ertragslage geändert werden. Schwerer zu nehmen ist dagegen der von Runggaldier/Schima angeführte Aspekt, daß es bei einer mehrheitlichen vermögensrechtlichen Beteiligung an einem fremden Betrieb fehle. Bei diesem Gedanken geht es nicht um die Vergütungshöhe als solche, sondern darum, daß jeder wirtschaftliche Erfolg (oder auch Mißerfolg) des Unternehmens ganz überwiegend den Mitarbeiter selbst trifft. Man könnte deshalb meinen, daß der Arbeitnehmereigenschaft mangels eines echten wirtschaftlichen Gegenübers der Boden entzogen wird. In der Tat gerät man mit dieser Konstellation in einen Grenzbereich, dessen Klärung sich nicht schon zwangsläufig aus dem bisher Gesagten ergibt. Immerhin liegt in einem solchen Falle - anders als bei der bereits erörterten schlicht hohen Teilhabe an unternehmerischen Chancen 8 1 3 - die Besonderheit einer fremdbestimmten, aber zumindest bei einer Gesamtbetrachtung nur zu einem geringen Teil auch fremdnützigen Tätigkeit vor. Bei einer derartigen Aufspaltung der in einem normalen Arbeitsverhältnis an sich zusammentreffenden Komponenten kommt man an einer Antwort auf die Frage nicht vorbei, ob sie für den Arbeitnehmerstatus kumulativ vorliegen müssen. Insoweit wäre zwar durchaus eine Lösung denkbar, nach der ein Arbeitsvertrag zwingend ausscheidet und lediglich im Einzelfall arbeitsrechtliche Vorschriften analog auf das Tätigkeitsverhältnis anzuwenden wären. Wegen der hohen Bedeutung des arbeitsrechtlichen Berufsschutzes erscheint es jedoch vorzugswürdig, an der grundsätzlichen Möglichkeit einer Arbeitnehmereigenschaft festzuhalten und statt dessen einzelne der wirtschaftlichen Existenzsicherung dienende arbeitsrechtliche Bestimmungen und Grundsätze teleolo-

811 812 813

Arbeitnehmerund Selbständige, S. 139f. Vgl. Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 58 ff. Siehe hierzu auch oben sub I.

392

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

gisch zu reduzieren. 814 Nach alledem muß es grundsätzlich dabei bleiben, daß auch eine umfassende vermögensmäßige Beteiligung am Unternehmen des Dienstgebers ohne ein entsprechendes Einflußpotential dem Arbeitnehmerstatus innerhalb eines eigenständigen Tätigkeitsverhältnisses nicht entgegensteht. b) Abgrenzung

bei ausschließlich

bilateralen

Rechtsbeziehungen

Zur prinzipiellen Aussagekraft der Teilhabe am Gewinn und Verlust eines Unternehmens für die Qualifikation einer Mitarbeit bei einem zweiseitigen Vertragsverhältnis und der damit gegebenen Möglichkeit einer echten Alternativität von Gesellschafts- und partiarischem Austauschvertrag ist bereits Stellung genommen worden. 8 1 5 Die folgenden Ausführungen können sich deshalb darauf beschränken, diejenigen Aspekte zu beleuchten, die für die spezielle Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis relevant sind. Dabei besteht der gedankliche Ausgangspunkt jeweils in einer Dienstleistung, die hinsichtlich des Entscheidungseinflusses und der Tätigkeitsumstände die für eine Arbeitnehmereigenschaft erforderlichen Kriterien erfüllt. aa)

Gewinnbeteiligung

U m in der zunächst zu erörternden Frage nach der Bedeutung einer Gewinnbeteiligung für die Einordnung einer Mitarbeit eine feste Basis zu haben, bedarf es vorab der Klärung, welche Vergütungsregelungen auch in einen reinen Arbeitsvertrag aufgenommen werden können. Damit ist ein Teilbereich der Flexibilisierung des Arbeitsentgelts angesprochen, der seit einigen Jahren in zunehmendem Maße diskutiert wird. 8 1 6 Aus dieser Debatte wird hier allerdings nur die Zulässigkeit der unmittelbaren Bindung der Vergütung an den (kollektiven) Unternehmensgewinn herausgegriffen, während Entgeltsysteme, die an den individuellen Arbeitserfolg anknüpfen, außer Betracht bleiben sollen. Im einzelnen liefern die Rechtsprechung und das Schrifttum zumindest auf den ersten Blick ein disparates Bild: Auf der einen Seite ist schon seit langem anerkannt, daß eine arbeitsvertragliche Festvergütung durch eine Beteiligung am Unternehmensgewinn (Tantieme) ergänzt werden kann. 8 1 7 Auf der anderen Seite heißt es vielfach, daß es unzulässig sei, den Arbeitnehmer mit dem vom Arbeitgeber zu tragenden Wirtschaftsrisiko zu belasten. 818 N u n kann zwar jede GewinnSiehe dazu unten sub § 10 I 2 b. Siehe oben sub § 5 IV 2 a bb. 8 1 6 A u s neuerer Zeit etwa Rieble, N Z A 2000, Sonderbeilage zu H e f t 3, S. 34 ff. 8 1 7 Vgl. etwa B A G v o m 30.1.1960, A P Nr. 1 zu § 2 4 2 B G B Auskunftspflicht; B A G v o m 7.7.1960, A P Nr. 1 zu § 242 B G B Auskunftspflicht; Becker-Schaffner, A r b u R 1991, 304; MünchA r b R / H a n a u , 2. Aufl., § 68 Rn. 86; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 42 III, S. 302; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 3. Aufl., § 3 2 III, S. 407; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 77 Rn. 1 ff.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 15 V 6, S. 195; ebenso bereits O L G H a m b u r g v o m 17.2.1905, O L G Rspr. 10 (1905), 248. 8 1 8 Vgl. L A G H a m m vom 16.10.1989, Z I P 1990, 880, 883 ff.; B A G v o m 10.10.1990, A P Nr. 47 zu § 138 B G B ; L A G Berlin v o m 17.2.1997, L A G E § 138 B G B Nr. 9; Becker-Schaffner, ArbuR 814

815

V. Abstufbare

Einzelkriterien

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Beteiligung des Arbeitnehmers eine Partizipation am Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers zur Folge haben, indem bei einem unternehmerischen Mißerfolg der entsprechende Entgeltbestandteil entfällt. 819 Gleichwohl läßt sich die prima facie bestehende Diskrepanz dahin auflösen, daß eine Teilhabe des Arbeitnehmers am Wirtschaftsrisiko jedenfalls dann unbedenklich ist, wenn sie zu einem üblichen Festgehalt hinzutritt. Damit ist freilich noch nicht gesagt, was gelten soll, wenn für eine Mitarbeit ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend eine unternehmensgewinnbezogene Vergütung vorgesehen ist. Der Beschäftigte hat bei einer derartigen Abrede zwar nicht zu befürchten, aus seinem eigenen Vermögen Unternehmensverluste ausgleichen zu müssen. Er riskiert aber, seine Tätigkeit bei einem ausbleibenden Gewinn umsonst erbracht zu haben. 820 Hierfür ist es zweitrangig, ob die Gehaltsvereinbarung in technischer Hinsicht so ausgestaltet ist, daß der Arbeitnehmer bei einer entsprechenden Ertragslage von vornherein nichts erhält, oder ob innerhalb derselben Abrechnungsperiode (regelmäßig das Geschäftsjahr) ein etwaiger Verlust mit den bereits ausgezahlten Bezügen verrechnet wird, so daß sich das Entgelt im nachhinein als ein unberechtigter Vorschuß darstellt. 821 Dabei wird man die Grenze zur echten Verlustbeteiligung dort zu ziehen haben, wo ein Beschäftigter das aus einer früheren Abrechnungsperiode stammende für sich genommen bereits endgültig verdiente Gehalt gegebenenfalls zurückzahlen soll, um gegenwärtige Verluste zu decken. Bei näherer Betrachtung ist die eine umfassende Abwälzung des Wirtschaftsrisikos auf den Arbeitnehmer ablehnende Front nicht ganz so geschlossen wie es auf den ersten Blick erscheint. Zwar hat das R G schon frühzeitig die ausschließliche Entlohnung eines Arbeitnehmers auf der Basis einer Gewinn- und Verlustrechnung als sittenwidrig eingestuft. 822 In diesem Sinne hat Kaskel ebenfalls die Ansicht vertreten, daß eine Gewinnbeteiligung niemals das eigentliche Gehalt ersetzen dürfe, weil der Arbeitnehmer wissen müsse, über wieviel er verfüge, um danach seinen Haushalt einzurichten. 823 Des weiteren spricht D. Gaul von einem arbeitsrechtlichen Aquivalenzprinzip, das ein ausgewogenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gebiete. 824 Das K G hat sogar für den Geschäftsführer 1991, 306; D. Gaul, ZIP 1990, 889, 890; R G R K / M a t t h e s , B G B , 12. Aufl., § 615 Rn. 101; MünchA r b R / R i c h a r d i , 2. Aufl., § 4 6 Rn. 18; Tomandl, Wesensmerkmale, S. 131; ähnlich ArbG Rheine vom 22.5.1992, N Z A 1993, 366. 8 1 9 Zutreffend Rieble, N Z A 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34, 43. 8 2 0 Sog. Erfolgs- oder Arbeitsrisiko; vgl. Groß, Anstellungsverhältnis, S. 239; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 160; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters, S. 122. 821 In diese Kategorie fällt auch die Verrechnung eines Vorjahresverlustes mit laufenden Bezügen, weil der Beschäftigte bei einer solchen Gestaltung ebenfalls „nur" Gefahr läuft, umsonst zu arbeiten, ohne indes aus seinem vorhandenen Vermögen etwa zuschießen zu müssen; vgl. aus der Praxis B G H vom 3.12.1973, W M 1974, 131, 134 (Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft). 8 2 2 R G vom 26.11.1909, J W 1910, 5, 6. 8 2 3 In: Verhandlungen des 32. D J T (1922), S. 263, 278. 8 2 4 ZIP 1990, 889, 890.

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

einer G m b H entschieden, daß eine Vereinbarung sittenwidrig ist, die als G e g e n leistung für die erbrachten Dienste nur eine Tantieme vorsah und nach der die laufenden B e z ü g e als b l o ß e Abschlagszahlungen eingeordnet wurden, die deshalb im Falle eines fehlenden U n t e r n e h m e n s g e w i n n s zurückgezahlt werden sollt e n . 8 2 5 Ferner haben auch CVome 8 2 6 und WielancP27

ein gewisses U n b e h a g e n ge-

genüber Arbeitsverträgen mit einem ausschließlich partiarischem Entgelt erkennen lassen, indem sie meinten, ein solcher Vertrag sei stets dahin auszulegen, daß der Dienstpflichtige bei fehlendem G e w i n n einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung habe. E s finden sich aber auch gegenläufige bzw. einschränkende Tendenzen. So hat das R G in einem Urteil die E n t l o h n u n g des angestellten Leiters einer Geschäftsabteilung auf der alleinigen Grundlage eines Anteils an dem in der Abteilung erzielten G e w i n n für wirksam gehalten. 8 2 8 D e m entspricht es, wenn das R A G keine E i n w ä n d e gegen die Vergütung eines Arbeitnehmers erhoben hat, die ausschließlich in der hälftigen Beteiligung am Reingewinn einer von diesem geleiteten Zweigstelle bestehen sollte. 8 2 9 Rieble/Gutzeit

halten eine in vollem U m f a n g er-

folgsorientierte Vergütung für zulässig, sofern die auf diese Weise dem A r b e i t nehmer angelasteten unternehmerischen Risiken durch hinreichende E r w e r b s chancen kompensiert werden. 8 3 0 D e s weiteren befaßt sich etwa Müller-Glöge

mit

der Qualifikation eines Arbeitsvertrages, bei dem die Tätigkeit vollständig durch eine Gewinnpartizipation entgolten wird, 8 3 1 ohne etwaige Wirksamkeitsbedenken gegen eine solche Regelung auch nur anzudeuten. Ferner wird teilweise hervorgehoben, daß der Entgeltanspruch nicht von U m s t ä n d e n abhängig gemacht werden darf, auf die der A r b e i t n e h m e r keinerlei Einfluß hat. 8 3 2 Wenn der B e schäftigte über einen hinreichenden tatsächlichen Spielraum für unternehmerische Entscheidungen verfügt, legt diese Aussage den U m k e h r s c h l u ß auf die Statthaftigkeit einer rein markterfolgsbezogenen Vergütung nahe. In diesem Sinne hält man es nach wie vor für grundsätzlich statthaft, daß ein angestellter Handelsvertreter ausschließlich auf der Grundlage von Provisionen aus von ihm geschlossenen bzw. vermittelten Geschäften tätig wird (§ 65 H G B ) . 8 3 3 D i e G r e n z e zur Sittenwidrigkeit soll erst dann erreicht sein, wenn es dem A r b e i t n e h m e r an-

KG vom 12.3.1996, GmbHR 1996, 613 f. Der partiarische Vertrag, S. 207 f. 827 Handelsrecht, Bd. I, § 37 V 2 c, S. 473. 828 RG vom 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 53. 829 RAG vom 7.11.1928, ARS 4, 143, 144. 830 JbArbR, Bd. 37 (2000), 41, 43 ff. 831 In: MünchKommBGB, § 611 Rn. 29. 832 LAG Hamm vom 3.10.1979, DB 1980, 597, 598; MünchKommHGB/^. HoyningenHuene, § 65 Rn. 11; in diese Richtung auch Ricken, NZA 1999, 236, 239 ff. 833 RAG vom 2.11.1929, ARS 7, 319,322; BAG vom 14.11.1966, AP Nr. 4 zu § 65 HGB (unter B I 2); LAG Berlin vom 3.11.1986, AP Nr. 14 zu §65 HGB; Boecken, in: Ebenroth/Boujong/ Joost, HGB, §65 Rn. 9; MünchArbK/Hanau, 2. Aufl., §63 Rn. 7; Rieble/Gutzeit, JbArbR, Bd. 37 (2000), 41, 48; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 76 Rn. 4. 825

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Einzelkriterien

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gesichts der konkreten Umstände von vornherein gar nicht möglich ist, ein angemessenes Entgelt zu erzielen. 834 Da es für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Vergütungsabrede auf den Zeitpunkt der Vereinbarung ankommt, müssen die sich dem Beschäftigten bietenden Chancen und Risiken ex ante beurteilt werden. Bei diesem Ansatz kann also durchaus die Situation eintreten, daß ein Arbeitnehmer trotz intensiver Bemühungen finanziell leer ausgeht. Man darf aus dem tatsächlichen Mißerfolg nämlich nicht einfach ex post schließen, daß dem Beschäftigten von vornherein keine hinreichenden Verdienstchancen offenstanden. Vielmehr ist es durchaus denkbar, daß sich trotz anfänglicher vielversprechender Aussichten des Arbeitnehmers auf einen überdurchschnittlichen Verdienst die Lage durch einen Markteinbruch rapide verschlechtert. Auch wenn eine Vergütung auf Provisionsbasis nicht mit einer reinen Gewinnbeteiligungsabrede gleichgesetzt werden kann, läßt sich doch nicht übersehen, daß mit den §§611, 615 BGB auf der einen und § 65 HGB auf der anderen Seite, um mit Rieble835 zu sprechen, zwei unterschiedliche „Leitbilder" aufeinander prallen. Man wird diesen Konflikt dahin aufzulösen haben, daß eine Überwälzung des allgemeinen Wirtschaftsrisikos auf den Arbeitnehmer im allgemeinen abzulehnen ist, soweit das Einkommen für die geleistete Tätigkeit dadurch unter eine gewisse Mindestgrenze sinken kann. Mit den §§ 611, 615 BGB ist jedenfalls eine individualvertragliche Regelung nicht zu vereinbaren, die dem Arbeitnehmer in vollem Umfang das Risiko der Erfolglosigkeit des arbeitgebenden Unternehmens aufbürdet. Die Entgeltkomponente eines Arbeitsverhältnisses kann nicht in beliebigem Maße an die Marktsituation gekoppelt werden. In diesem Sinne enthält die Rechtsform des Arbeitsvertrages eine immanente Grenze für die Abwälzung des unternehmerischen Marktrisikos auf den unselbständig Beschäftigten. 8 3 6 Dies muß auch dann gelten, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seiner Stellung innerhalb des Unternehmens in der Lage ist, auf dessen wirtschaftlichen Erfolg Einfluß zu nehmen. Die tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten eines solchen Beschäftigten ändern nichts daran, daß der Markterfolg von einer Reihe von Faktoren abhängt, die der Arbeitnehmer definitionsgemäß nicht in der Hand hat, weil sie vom Unternehmensträger bzw. den für ihn handelnden Personen vorgegeben und deshalb auch zu verantworten sind. Der ausschließlich auf Provisionsbasis angestellte Handelsvertreter bildet einen nicht generalisierbaren Sonderfall, weil sich seine Vergütung nicht aus dem allgemeinen Unternehmergewinn speist. Viel834 Vgl. LAG Berlin vom 3.11.1986, AP Nr. 14 zu § 65 HGB; BAG vom 20.6.1989, AP Nr. 8 zu § 87 HGB (unter II 3 b); MünchArbR¡Hanau, 2. Aufl., § 63 Rn. 7; Heymann/Henssler, HGB, 2. Aufl., § 65 Rn. 5; Konzen/Weber, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 65 Rn. 9. In diesem Sinne bereits RAG vom 8.12.1937, ARS 31, 381, 384 ff.; BAG vom 10.3.1960, AP Nr. 2 zu § 138 BGB (unter III 3 b); BAG vom 28.6.1965, AP Nr. 3 zu § 614 BGB Gehaltsvorschuß (unter 2). 835 NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34, 44. 836 LAG Hamm vom 16.10.1989, ZIP 1990, 880, 885; Schieck, BB 1997, 310, 312. Siehe dazu auch Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 76 f. Ferner Tomandl, Wesensmerkmale, S. 131 (Tragung des Unternehmerrisikos durch Arbeitgeber als „ehernes Fundament des Arbeitsvertrages").

396

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

mehr resultiert sie aus speziellen Geschäften, deren Zustandekommen in besonderem Maße dem Einfluß des Vertreters unterliegen, so daß diese Entgeltform durch die Anreizfunktion 8 3 7 gerechtfertigt ist. Zweifelhaft ist lediglich, wo die Grenze für die erforderliche Festvergütung zu ziehen ist. Die einschlägigen Stellungnahmen sind bislang vergleichsweise vage. 838 Insoweit ist zunächst davon auszugehen, daß das Mindestentgelt keinesfalls oberhalb des Verdienstes liegen muß, der aufgrund seiner Höhe eine Einstufung als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB vermeidet. Sofern eine feste Vergütung diesen Anforderungen noch standhält, kann eine hinzutretende Gewinnbeteiligung daran nichts ändern, auch wenn der Arbeitnehmer auf diese Weise am Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers partizipiert. Die maßgebliche Grenze des Fixums liegt damit bei höchstens 1/2 bis 2/3 des üblichen Entgelts. 839 Man wird diese Regel aber noch zu modifizieren haben. Wenn der Arbeitnehmer nach den Gegebenheiten des Unternehmens ernstzunehmende Chancen auf ein überdurchschnittliches Einkommen hat, erscheint eine Regelung zulässig, nach der die Mindestvergütung die soeben beschriebene Schwelle noch einmal um 1/3 unterschreiten darf. Dahinter steht der Gedanke, daß es die effektive Möglichkeit eines guten Verdienstes rechtfertigt, den Beschäftigten bis zu einem gewissen Grade an den unternehmerischen Risiken teilhaben zu lassen. 840 Mit diesen Vorüberlegungen ausgerüstet, stellt sich die Qualifikationsfrage wie folgt dar: Sofern die Festvergütung überwiegt oder sich mit der Gewinnpartizipation zumindest die Waage hält, ist in Anlehnung an die bereits herausgearbeitete Auslegungsregel zur Abgrenzung von Gesellschafts- und Austauschverhältnis 841 grundsätzlich von einem Arbeitsvertrag auszugehen. Durch eine solche Vereinbarung entsteht nicht etwa automatisch ein aus verschiedenen Grundtypen zusammengesetztes Rechtsverhältnis. 842 Angesichts der weiten Verbreitung von 837

Dazu insbesondere Seifert, DB 1979, 2034. So spricht das L A G H a m m vom 16.10.1989, ZIP 1990, 880, 885, von einem garantierten „Mindesteinkommen". Bei Rieble, N Z A 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 34, 44, ist von einem garantierten „Fixum" die Rede. Ricken, N Z A 1999, 236, 240 f., fordert weitergehend, daß die feste Vergütung den „wesentlichen Teil des Lohnes" ausmacht. 839 Vgl. LAG Köln vom 5.2.1986, LAGE §2 BeschFG 1985 Nr. 1 (unter 1 e); B G H vom 22.4.1997, NJW 1997, 2689, 2690 f. (zum Lohnwucher nach §302a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB); LAG Berlin vom 20.2.1998, LAGE § 138 BGB Nr. 11; LAG Hessen vom 18.10.1999, NZA-RR 2000,521, 522; MünchArbR/Hanau, 2. Aufl., §63 Rn. 7; ErfK/Preis, 2. Aufl., §612 BGB Rn. 3; Reinecke, NZA 2000, Sonderbeilage zu Heft 3, S. 23, 32. Siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 4 der Europäischen Sozialcharta (ESC), der ein „gerechtes Arbeitsentgelt" vorschreibt; dazu näher Lörcher, in: Däubler/Kittner/Lörcher, Internationale Arbeits- und Sozialordnung, 2. Aufl., S. 611. 840 Zur grds. Berechtigung einer Verknüpfung von Chancen und Risiken Rieble/Gutzeit, JbArbR, Bd. 37 (2000), 41, 48 ff. Andeutungsweise auch E r m a n / H a n a u , BGB, 10. Aufl., §611 Rn. 21, wenn es dort heißt, daß die Überwälzung des Geschäftsrisikos auf den Arbeitnehmer sittenwidrig ist, soweit sie nicht durch eine entsprechende Erhöhung des Entgelts angemessen kompensiert wird. 841 Siehe oben sub § 5 IV 2 a bb. 842 Vgl. BAG vom 12.12.1956, AP Nr. 1 zu § 74 H G B ; Becker-Schaffner, ArbuR 1991, 305; Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 42 III 2, S. 302 f.; Nikisch, Arbeitsrecht, Bd. I, 838

V. Abstufbare

Einzelkriterien

397

Gewinnbeteiligungen im Arbeitsleben spricht in einer derartigen Konstellation nichts für den Willen der Parteien, das rechtliche Kleid des Arbeitsvertrages zu verlassen, sofern dessen tätigkeitsbezogene Voraussetzungen vorliegen. Problematisch ist dagegen die Aussagekraft einer ausschließlichen oder zumindest ganz im Vordergrund stehenden Vergütung auf der Basis einer Teilhabe am Unternehmensgewinn. Eine derartige Regelung ist zwar - wie soeben dargelegt - im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses unzulässig. In diesem Falle darf man sich aber nicht einfach damit begnügen, schlicht die Unwirksamkeit der Vereinbarung zu konstatieren. Vielmehr stellt sich die Frage, ob man überhaupt ohne weiteres von einem Arbeitsvertrag ausgehen darf oder ob nicht in Wirklichkeit eine gesellschaftsrechtliche Beziehung vorliegt, bei der eine Gewinnbeteiligung mit der gleichzeitigen Gefahr eines finanziellen Fehlschlags jedenfalls dann keinen Bedenken unterliegt, wenn alle Beteiligten ein ähnliches Risiko tragen. Damit treffen zwei gegenläufige Wertungen aufeinander: Im Zusammenhang mit der prinzipiellen Unterscheidung von Kooperations- und Austauschbeziehung wurde der Vergütungsmodalität eine maßgebliche Bedeutung für die Einordnung zugeschrieben. 843 In diesem Sinne hat sich die zivilgerichtliche Rechtsprechung vereinzelt auch geäußert, soweit es um die hier interessierende Abgrenzung von Gesellschafts- und Arbeitsvertrag ging.844 Eine vergleichbare Tendenz findet sich vor allem in der US-amerikanischen Judikatur zu freiberuflichen Partnerschaften, die der compensation des Betroffenen für seine Dienste gemäß den Gewinnen der partnership entsprechend der traditionellen Sichtweise eine erhebliche Relevanz für die Qualifikation als partner anstelle eines employee beimißt, 845 wenngleich ein profit sharing für sich genommen anerkanntermaßen noch keine Partnerschaft konstituiert 846 . Demgegenüber billigen die Rechtsprechung und das 3. Aufl., § 32 III 2, S. 407; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 36 Rn. 27. Siehe aber auch MünchKommBGB/Mä//er-G/öge, 3. Aufl., § 611 Rn. 29: Arbeitsvertrag mit Gewinnbeteiligung enthält gesellschaftsrechtliche Elemente, wenngleich er „primär" den §§611 ff. B G B unterliegt. Für eine „gesellschaftsähnliche Beteiligung" ferner bereits Dietz, RdA 1952, 41, 45. Nicht eindeutig Ricken, N Z A 1999, 236, 240 f., der den Arbeitsentgeltcharakter einer zusätzlichen Gewinnbeteiligung leugnet, ohne indes positiv darzulegen, welchen Charakter eine solche Regelung statt dessen haben soll. 843 Siehe oben sub § 5 IV 2 a bb. 844 R A G vom 29.3.1939, ARS 37, 44, 54; R G vom 13.4.1942, D R 1942, 1161, 1162; ebenso Baier, M D R 1985, 890, 892; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 400. So für das österreichische Recht wohl auch Straube, ÖHGB, § 335 Rn. 32. Zum Gewerbesteuerrecht ebenfalls B F H vom 5.6.1964, BStBl. III 1965, 51, 52; B F H vom 5.8.1965, BStBl. III 1965, 560, 561; B F H vom 6.10.1971, BStBl. II 1972, 187,188; B F H vom 7.12.1983, BStBl. II 1984, 373, 375. 845 Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 274 (lOth Cir. 1987); Caruso v. Peat, Marwick, Mitchell & Co., 664 F.Supp. 144, 149 (S.D. New York 1987); Fountain v. Metealf, Zima & Co., P. A., 925 F.2d 1398, 1401 ( l l t h Cir. 1991); Strother v. S. Cai. Permanente Medicai Group, 79 F.3d 859, 867 (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436,444 (6th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 990 (Ist Cir. 1997). In diesem Sinne für ein e professional corporation auch Devine v. Stone, Leyton & Gershman, P. C., 100 F.3d 78, 81 (8th Cir. 1996). 846 Vgl. nur Kilgore v. Sullivan, 717 P.2d, 120, 122 (Or.App. 1986): 50%-ige Gewinnbeteiligung irrelevant; Larson v. Tandy Corp., 371 S.E. 663, 665 (Ga.App. 1988); Bromberg/Ribstein, Partnership, Bd. I, §2.07 (b) (3). Siehe insoweit auch die Regelung in § 2 0 2 (c) (3) (ii) R.U.P.A.

398

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Schrifttum in Deutschland der Entgeltkomponente mehrheitlich keine eigenständige Indizwirkung zu, wenn die Tätigkeitsmerkmale auf ein Arbeitsverhältnis hindeuten. 8 4 7 Dies korrespondiert mit der Rechtslage in Osterreich 8 4 8 und in Frankreich 8 4 9 . Im Gegensatz zu diesem scheinbaren „Entweder-Oder" spricht viel für eine differenzierende Lösung, die den Blick nicht nur auf die Vergütung des jeweiligen Mitarbeiters richtet, sondern zugleich berücksichtigt, welche Gewinnanteile der Geschäftsinhaber einstreicht. Wird der Ertrag halbwegs gleichmäßig verteilt, ist auch im Falle einer Weisungsabhängigkeit des Dienstleistenden davon auszugehen, daß die Parteien eine gesellschaftsvertragliche Beziehung begründen wollten. Dasselbe wird man für den Fall anzunehmen haben, daß der Unternehmensgewinn unter einer größeren Zahl von Mitarbeitern weitgehend gleichmäßig aufgeteilt wird. Kommt der Ertrag dagegen überwiegend dem Inhaber des Geschäfts zugute, spricht mehr dafür, daß es die Parteien grundsätzlich auch dann bei einem Arbeitsvertrag bewenden lassen wollten, wenn der weisungsgebundene Beschäftigte ausschließlich im Wege der Gewinnbeteiligung vergütet werden soll. In gewisser Weise läßt sich somit davon sprechen, daß die von der herrschenden Meinung bislang nur für den Einfluß des Mitarbeiters verwendeten Kriterien der „Gleichordnung" bzw. „Unterordnung" dadurch auf den Entgeltbereich übertragen werden. Mit der aus der finanziellen „Unterordnung" resultierenden Einstufung als Arbeitsverhältnis ist freilich zugleich das Verdikt über die Statthaftigkeit der Vergütungsabrede gesprochen. Welche Rolle der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang in diesem Zusammenhang spielt und ob die Grenze für die Qualifikation einer Tätigkeit durch (ausdrückliche) privatautonome Vereinbarungen verschoben werden kann, wird zu klären sein. 850 bb)

Verlustbeteiligung

Die Ablehnung einer Gewinnpartizipation als ausschließliches Entgelt im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses führt zwangsläufig zur Unzulässigkeit einer echten Verlustbeteiligung. Gemeint ist damit eine Regelung, die nicht nur dazu führen kann, daß der Beschäftigte umsonst arbeitet, sondern die das Risiko in sich (Revised U n i f o r m Partnership A c t von 1996), die eine vergleichbare B e s t i m m u n g in § 7 (4) (b) U.P.A. ( U n i f o r m Partnership Act von 1914) abgelöst hat. N a c h dieser - inhaltlich allerdings nicht sehr viel w e i t e r f ü h r e n d e n - Vorschrift w i r d bei einer G e w i n n b e t e i l i g u n g (share of profits) eine Partnerstellung vermutet, sofern der G e w i n n a n t e i l nicht als A r b e i t n e h m e r e n t g e l t (wages or other compensation to an employee) bezogen w i r d . D a z u eingehend Bromberg/Ribstein, aaO., § § 2.08 u. 2.09 (c). 8 4 7 R G v o m 22.10.1913, WarnRspr. 1914, Nr. 53; R A G vom 7.11.1928, A R S 4, 143, 144 f.; Ricken, N Z A 1999, 236, 239; Schön, Z G R 1993, 210, 225. In diese R i c h t u n g ferner B F H v o m 18.11.1958, BStBl. III 1 9 5 9 , 4 9 ; B F H v o m 3.7.1964, BStBl. III 1964,511, 512; B F H v o m 8.7.1965, BStBl. III 1965,558, 560 f. 848 Vgl. Rebhahn, in: J a b o r n e g g , ö H G B , § 178 R n . 35. 8 4 9 Vgl. Cass. soc. v o m 20.11.1974, Bull. civ. 1974, V, Nr. 549. 8 5 0 Siehe unten sub VI 1.

V. Abstufbare

Einzelkriterien

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birgt, aus eigenen - gegebenenfalls in früheren Zeiträumen verdienten - Mitteln etwas zur Deckung von Unternehmensverlusten zuschießen zu müssen. Allerdings hat das RAG einer solchen Vereinbarung in einem Fall nicht per se die Wirksamkeit versagt, sondern sie unter bestimmten Umständen für zulässig gehalten. 851 Dabei hat das RAG vor allem darauf abgestellt, daß der Arbeitnehmer vor dem Abschluß der Vereinbarung langjährig im Unternehmen in leitender Position tätig war und zum Zeitpunkt der fraglichen Abrede angesichts der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nicht damit zu rechnen war, daß die Verlustbeteiligung praktische Relevanz erlangen würde. Einige Jahre später kam es indes zum Konkurs des Unternehmens und in diesem Zusammenhang zu einer Klage gegen den - zu keinem Zeitpunkt gesellschafterlich beteiligten - Mitarbeiter auf die Übernahme eines Teils der Verluste in einer das Gehalt für mehrere Jahre übersteigenden Höhe (!). Diese Entwicklung zeigt, welche Risiken eine Verlustbeteiligung auch dann in sich birgt, wenn ein Unternehmen aktuell am Markt gut positioniert ist. Angesichts des gewachsenen Bewußtseins für die Risikostruktur des Arbeitsverhältnisses ist entgegen dem RAG davon auszugehen, daß eine Klausel, die einen Arbeitnehmer dazu verpflichtet, notfalls einen Teil der Verluste des Arbeitgebers zu übernehmen, prinzipiell unwirksam ist. Dies gilt nicht zuletzt aus Rechtssicherheitsgründen auch dann, wenn der Beschäftigte einen guten Einblick in die (gegenwärtige) finanzielle Situation des Unternehmens hat und tatsächlich eine leitende Stellung einnimmt. Bei einer das eigene Vermögen gefährdenden Verlustbeteiligung ist freilich in einem noch stärkeren Maße als bei einer reinen Partizipation am Gewinn zu überlegen, ob nicht in Wirklichkeit ein Gesellschaftsverhältnis intendiert ist. 852 Eine entsprechende Andeutung findet sich bereits in der soeben erwähnten Entscheidung des RAG. 853 Ein Gespür für den Unterschied zwischen dem bloßen Risiko, umsonst zu arbeiten, und dem möglichen Einstehenmüssen für unternehmerische Verluste läßt auch die französische Judikatur erkennen, indem sie nur das letztere Risiko zumindest ursprünglich als ein Merkmal für das Vorliegen eines contrat de société anstelle eines contrat de travail einstufte, 854 während eine Gewinnbeteiligung als solche auch bei einem Fehlen sonstiger Vergütungsbestandteile von vornherein nicht als Hindernis für einen contrat de travail aufgefaßt

R A G v o m 14.12.1932, A R S 16, 462, 466 ff. Ä h n l i c h Blaurock, H a n d b u c h , 5. A u f l . , R n . 401; Tomandl, W e s e n s m e r k m a l e , S. 131. 853 R A G v o m 14.12.1932, A R S 16, 462, 467. 854 Vgl. Cass. com. v o m 10.11.1954, Bull. civ. 1954, III, Nr. 344; Cass. soc. v o m 10.2.1971, Bull. civ. 1971, V, Nr. 100; Cass. soc. v o m 1.6.1972, Bull. civ. 1972, V, Nr. 399; zust. Camerlynck, C o n t r a t de travail, 2. Éd., Nr. 63 u. 73, S. 79 u. 91; ferner Cass. soc. v o m 8.6.1978, Bull. civ. 1978, V, Nr. 449 ( W e r t u n g des A r b e i t g e b e r a n g e b o t s einer echten Verlustbeteiligung als Versuch, einen A r b e i t s - in einen Gesellschaftsvertrag u m z u w a n d e l n ) . Siehe aber auch Cass. soc. v o m 14.11.1984, Bull. civ. 1984, V, Nr. 428 (Verlustbeteiligung steht contrat de travail nicht entgegen); zust. Couturier, Droit du travail 1, 3e Éd., Nr. 46, S. 108 f.; Petit, R é p . trav. Dalloz, C u m u l , Nr. 141; Puigelier, J C , Travail traité, Fase. 17-1, Nr. 28; ebenso C A Paris vom 1.2.1995, D. 1996, somm. 10. 851

852

400

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

wurde.855 Noch deutlicher sehen die US-amerikanischen Gerichte - entsprechend den allgemeinen Kennzeichen einer partnership856 - eine vereinbarte Verlusttragung als ein Kriterium an, das auf den Status eines partners in der Abgrenzung zum employee hindeutet. 857 Tatsächlich bildet eine umfassende Gewinn- und Verlustbeteiligung ein durchaus gewichtiges Indiz für den Willen der Parteien, ihre Rechtsbeziehungen auf eine gesellschaftsvertragliche Grundlage zu stellen. So hat eine solche Regelung vor allem beim gleichzeitigen Einräumen gewisser Mitverwaltungs- und Kontrollrechten die Kraft, die Auslegungsregel zu überwinden, daß eine auf die unmittelbare Tätigkeit bezogene Unterordnung für das Ziel der Parteien spricht, ein Arbeitsverhältnis begründen zu wollen. Ob sich eine solche Absicht gegen den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang durchsetzt und auf diesem Wege die vermögensrechtliche Regelung zu Fall kommt, wird zu untersuchen sein.858 cc) Teilhabe an der

Unternehmenssubstanz

Der letzte in diesem Zusammenhang anzusprechende Aspekt betrifft die Frage, ob die Beteiligten eine Regelung hinsichtlich des Unternehmensvermögens getroffen haben. Entsprechend den Überlegungen zur grundsätzlichen Abgrenzung von Gesellschafts- und Austauschvertrag kommt in einer dinglichen oder schuldrechtlichen Beteiligung am Unternehmensvermögen regelmäßig der Willen der Parteien zum Ausdruck, die Tätigkeitsbeziehung auf eine kooperationsrechtliche Basis zu stellen. Bestätigt wird diese Sichtweise wiederum durch einen Seitenblick auf die US-amerikanische Judikatur, die eine Beteiligung an den assets einer partnership als ein wichtiges Kriterium dafür auffaßt, daß ein Mitarbeiter echter partner ist 859 und nicht in Wirklichkeit unter einer falschen Bezeichnung als employee fungiert 860 . Ein solcher Schluß ist allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn die Mitarbeit den einzigen (nennenswerten) Beitrag darstellt, den der Beschäftigte zum Geschäftsvermögen leistet. Entspricht die Partizipation am Unternehmensvermögen einer neben der Dienstleistung erbrachten Einlage, so ist der Indizcharakter der Beteiligung entwertet. In diesem Falle kann die Vermö-

855 Cass. soc. vom 20.11.1974, Bull. civ. 1974, V, Nr. 549; wohl auch Cass. com. vom 18.1.1977, D. 1977,1.R. 311. 856 Siehe Bromberg/Ribstein, Partnership, Bd. I, § 2.07 (d). 857 Vgl. Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 274 (10th Cir. 1987); Fountain v. Metealf, Zima & Co., P. A., 925 F.2d 1398,1401 (1 Ith Cir. 1991); Strother v. S. Cai. Permanente Medical Group, 79 F.3d 859, 867 (9th Cir. 1996); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436, 444 (6th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 990 (1st Cir. 1997). Ebenso für eine professional corporation Devine v. Stone, Leyton & Gershman, P. C., 100 F.3d 78, 81 (8th Cir. 1996). 858 Siehe dazu sub VI 1. 859 Insoweit geht es darum, von der co-ownership hinsichtlich einzelner Bestandteile des vom Unternehmen genutzten Vermögens auf die (begriffsnotwendige) co-ownership an der Partnerschaft als solcher zu schließen; vgl. Bromberg/Ribstein, Partnership, Bd. I, § 2.07 (f). 860 Vgl. Wheeler v. Hurdman, 825 F.2d 257, 274 (10th Cir. 1987); Simpson v. Ernst & Young, 100 F.3d 436, 444 (6th Cir. 1996); Serapion v. Martinez, 119 F.3d 982, 990 (1st Cir. 1997).

V. Abstufbare

Einzelkriterien

401

genseinlage nämlich ohne weiteres zu einer von der Tätigkeit getrennten gesellschaftsvertraglichen Beziehung führen. 3. Weitere

Aspekte

Soweit der B F H aus den Absichten der Parteien für die spätere Entwicklung Rückschlüsse auf die Einordnung der gegenwärtigen Rechtsbeziehungen gezogen hat, ist dieser Gedankengang bereits - kritisch - beleuchtet worden. 861 Weiteren Überlegungen der Rechtsprechung, Arbeits- und Gesellschaftsverhältnisse mit Hilfe sonstiger, bislang nicht angesprochener Kriterien voneinander abzugrenzen, lagen soweit ersichtlich nur nicht verallgemeinerungsfähige Einzelfälle zugrunde.862 Besondere Erwähnung verdient indes der Ansatz von Reuter zur Qualifikation von Dienstleistungsverträgen in Unternehmen, die sich im wesentlichen - unmittelbar oder mittelbar - in den Händen der Belegschaft befinden.863 Auch wenn der für die damals diskutierte Gestaltung verwendete Terminus der „Arbeiterselbstverwaltung" antiquiert erscheint, ist die Verbindung einer Mitarbeit unter den äußeren Gegebenheiten einer Arbeitnehmerstellung bei gleichzeitiger Partizipation am Dienstgeber vor allem in der aufstrebenden „new economy" trotz des Niedergangs einzelner Unternehmen aktueller denn je. Auf den ersten Blick scheinen die Darlegungen von Reuter freilich nur für eine vergleichsweise spezielle Konstellation relevant zu sein. So will Reuter die Zurückdrängung des Arbeitsrechts mit der Folge der Entstehung freier Dienstverträge davon abhängig machen, daß der arbeitgebende Verband einem die „beruflichen Interessen integrierenden Zweck" gewidmet ist. 864 Sofern die Unternehmenspolitik allein auf die Wahrung der Interessen der Beschäftigten in ihrer Eigenschaft als Arbeitskräfte angelegt sei, ohne irgendwelche vermögensrechtlichen Interessen zu verfolgen, fehle es an einem Gegensatz von „Kapital" und „Arbeit" und damit an der Grundvoraussetzung für arbeitsrechtliche Beziehungen. 865 Tatsächlich dürften privatwirtschaftliche Unternehmen, die zwar am Markt operieren, aber keine Gewinne anstreben, sondern nur Verluste vermeiden wollen, um ihr alleiniges Ziel der Beschäftigungssicherung zu gewährleisten, zumindest heutzutage eine bloße Randerscheinung darstellen. Für die Mitarbeiter dient eine Beteiligung am arbeitgebenden Unternehmen regelmäßig als zweite Quelle für Einkünfte und nicht nur als bloßes Instrument der Arbeitsplatzerhaltung. Damit sind die Uberlegungen von Reuter jedoch nicht weithin irrelevant. Man kann sich nämlich nicht darauf zurückziehen, daß sie von vornherein nur für die von ihm beschriebenen Fälle anwendbar sein können, und lediglich die unklare Grenzziehung zu 861 862 863 864 865

Siehe oben sub § 5 IV 3. Vgl. etwa L A G Aachen vom 19.2.1937, ARS 29, 69, 70 (Vorgeschichte). ZfA 1979, 537, 550 f. ZfA 1979, 537, 550 f. ZfA 1979, 537, 551.

402

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

anderen Gestaltungen rügen. 866 Auch bei einer abweichenden Ausgangslage bleibt nämlich zu überlegen, ob die Aussage von Reuter, daß es im Kern um verbandsrechtliche Beziehungen gehe, 867 nicht für sämtliche Unternehmen mit einer weithin personellen Identität von Beschäftigten und Eignern gilt. Entscheidend wäre bei dieser Konzeption nicht die Frage, welchen Einfluß der einzelne Beschäftigte auf seine Arbeitsbeziehungen hat. Vielmehr käme es darauf an, ob die Bipolarität des Arbeitsrechts überhaupt auf Fälle paßt, in denen sich innerhalb eines Verbandes Mehrheit und Minderheit gegenüberstehen. Eine solche Gedankenführung krankt indes daran, daß der arbeitsrechtliche Berufsschutz 868 offenbar auch dann nicht funktionslos wird, wenn ein Unternehmen sämtlichen Mitarbeitern gemeinsam gehört. Sobald ein solches Unternehmen eine gewisse Größe erreicht, kommt es zwecks Aufrechterhaltung der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit sachnotwendig zu einer zumindest partiellen Fremdsteuerung als Initialzündung für arbeitsrechtliche Schutzmechanismen. 869 Des weiteren hängt die Sinnhaftigkeit des arbeitsrechtlichen Existenzschutzes 870 von der konkreten Ausgestaltung der vermögensrechtlichen Situation ab. Gerade wenn Gewinnausschüttungen zugunsten von Festbezügen in den Hintergrund treten, ist der einzelne Beschäftigte in besonders hohem Maße auf Vorschriften angewiesen, die seine wirtschaftliche Existenz sichern. Sofern er hierbei einem Arbeitgeber gegenübersteht, dessen Eigenkapital nicht von reinen Kapitalgebern, sondern von gleichzeitig Mitarbeitenden stammt, vermag dies einen Unterschied nicht zu begründen. Im übrigen zeigt gerade dieses Beispiel, daß der bloße Verweis auf das Vorhandensein verbandsrechtlicher Probleme einen vollständigen Statuswechsel bei sämtlichen Beschäftigten reiner Belegschaftsunternehmen nicht rechtfertigt. Deshalb spielt es auch letztlich keine maßgebende Rolle, ob innerhalb eines solchen Unternehmens ausnahmsweise keine kapitalistischen Interessen verfolgt werden, zumal auch nach Reuter der gänzliche Ausschluß vermögensrechtlicher Bezüge nur schwer zu verwirklichen ist, weil der Anspruch eines Verbandsmitglieds auf Abfindung bzw. Beteiligung am Liquidationserlös nicht ohne weiteres abbedungen werden kann. 871 Dies alles gilt um so mehr als Reuter für den Inhalt des verbandsrechtlichen Individualschutzes ebenfalls auf arbeitsrechtliche Wertungen zurückgreifen will. 872 Demgegenüber erscheint es überzeugender, in derartigen Fällen nicht schon die Arbeitnehmereigenschaft der Beschäftigten pauschal zu verneinen, sondern mit Martens&n und Dillers74 danach

866 867 868 869 870 871 872 873 874

So aber Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 305 f. ZfA 1979, 537,551. Zu den Schutzbereichen siehe Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 57 ff. Vgl. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 273. Dazu Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 57 ff. ZfA 1979, 537, 542 ff. ZfA 1979, 537, 551 f. RdA 1979, 347, 353. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 393 ff.

VI. Parteiwille

und

Rechtsformzwang

403

zu fragen, ob und bis zu welchem Grade durch eine bewußte privatautonome Regelung das Arbeitsrecht zurückgedrängt werden kann. Immerhin hält auch Hanau in den einschlägigen Fällen die Vereinbarung von Arbeitsverhältnissen für möglich und nimmt somit trotz der gleichzeitigen Bemerkung, daß die Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechts entfallen seien, offenbar keinen automatischen Statuswechsel an. 875 Demgegenüber plädiert Loritz zwar dafür, die Beschäftigten in selbstverwalteten Unternehmen als freie Dienstnehmer einzustufen, die Arbeitnehmereigenschaft also abzulehnen. 876 Hierfür beruft er sich aber nicht allein auf den verbandlichen Charakter der Interessenkonflikte innerhalb der Belegschaft, sondern fordert neben gesellschaftsrechtlichen Mitverwaltungs- und Vermögensrechten insbesondere einen gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutz des Tätigkeitsverhältnisses. 877 Dies bedeutet bei eigenständigen Mitarbeiterverträgen indes eine privatautonome Verklammerung von Gesellschafts- und Dienstleistungsbeziehung als Voraussetzung für den Wegfall des Arbeitnehmerstatus, durch die der Tätigkeitsvertrag dieselbe Bestandskraft wie die Gesellschafterstellung erhält. 878 Trotz desselben Ergebnisses handelt es sich demnach um einen Ansatz, der sich von den Überlegungen Reuters deutlich unterscheidet und erst im folgenden Abschnitt im Zusammenhang mit der Frage nach der konkreten Reichweite des Parteiwillens abschließend gewürdigt werden soll.

VI. Parteiwille und Rechtsformzwang Nachdem in den bisherigen Darlegungen schon mehrfach auf das Spannungsverhältnis von Parteiwille und Rechtsformzwang bei der Qualifikation von Tätigkeitsverhältnissen an der Grenze von Arbeits- und Gesellschaftsrecht hingewiesen wurde, 879 soll diese Thematik nunmehr auf der Grundlage der bereits erarbeiteten allgemeinen Regeln 8 8 0 abschließend erörtert werden. Hierbei steht die Frage nach der Zurückdrängung der Arbeitnehmereigenschaft ganz im Vordergrund. Daneben ist aber auch an die umgekehrte Konstellation zu denken, daß die Parteien die Einordnung einer Mitarbeit als Arbeitsverhältnis anstreben, obwohl die hierfür objektiv erforderlichen Umstände nicht vorliegen.

875 876 877 878 879 880

In: Erman, B G B , § 611 Rn. 24. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 507. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404. Vgl. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 307 ff. Vgl. oben sub V 1 c aa (2) u. 2 b aa. Siehe dazu oben sub § 4 IV.

404

§ 6 Arbeitsrechtliche

1. Zurückdrängung a)

der

Perspektive

Arbeitnehmereigenschaft

Ausgangslage

Um die in diesem Zusammenhang vertretenen Positionen einordnen und würdigen zu können, bedarf es zunächst einiger Klarstellungen. Den Hintergrund der folgenden Ausführungen bildet der weithin anerkannte arbeitsrechtliche Rechtsformzwang. Danach ist ein Beschäftigungsverhältnis unter der Voraussetzung, daß die Statusmerkmale eines Arbeitnehmers vorliegen, auch dann als Arbeitsvertrag einzustufen, wenn die Parteien ausdrücklich die Rechtsform eines freien Dienstvertrages vereinbart haben. 881 Die vor allem von Lieb verfochtene These, daß es bei einer solchen Rechtsformverfehlung zu einem jederzeit auflösbaren fehlerhaften Arbeitsverhältnis komme, weil ansonsten der Parteiwille verfälscht werde, 882 hat sich zu Recht nicht durchsetzen können. 883 Der entscheidende Grund dafür, der Eigenqualifikation durch die Beteiligten die Anerkennung zu versagen, liegt in der zwingenden Wirkung der arbeitsrechtlichen Normen. 884 Da die Schutzbestimmungen nicht einzeln abbedungen werden können, kann es den Parteien auch nicht freigestellt sein, sich dem Geltungsanspruch des gesamten Arbeitsrechts durch eine pauschale Klausel zu entziehen, nach der das Beschäftigungsverhältnis ein freier Dienstvertrag sein solle, obwohl die für einen Arbeitsvertrag erforderlichen Merkmale gegeben sind. Der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang ist somit nur ein Kürzel für die zwingende Wirkung der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften. Deshalb hat er keine eigenständige materiellrechtliche oder methodische Bedeutung, sondern steht und fällt mit der Reichweite dieser Wirkung. Die Frage nach den Grenzen des Rechtsformzwanges bei Gestaltungen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag ist daher immer zugleich eine Frage nach der Dispositivität arbeitsrechtlicher Bestimmungen.

881 In diesem Sinne die st. Rspr.; explizit BAG vom 23.4.1980, AP Nr. 34 zu § 611 BGB Abhängigkeit (unter I 3); siehe ferner die Nachweise in § 4 IV 2, Fn. 178 u. 179. Aus der Literatur etwa Beuthien, FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1, 6 ff.; Fenn, FS Bosch (1976), S. 171, 182; Erman/ Hanau, BGB, 10. Aufl., § 611 Rn. 9; Konzen/Kupp, Anm. zu BVerfG, EzA Art. 5 G G Nr. 9 (unter II); Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 70; Plander, RdA 1973, 234, 238; MünchArbR/Richardi, 2. Aufl., § 24 Rn. 59; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 104 ff.; im Erg. ebenso Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 128 ff., allerdings unter Kritik am Begriff des Rechtsformzwangs. 882 RdA 1975, 49, 51 ff. Für die Einstufung einer „vorsätzlich falschen Rechtsformwahl" als Scheingeschäft i.S. des § 117 BGB Hohmeister, NZA 1999, 1009, 1010; dagegen zu Recht Keller, NZA 1999, 1311, 1312 f. 883 Vgl. Beuthien, FS 25 Jahre BAG (1979), S. 1, 7; Fenn, FS Bosch (1976), S. 171, 182 f.; Grunsky, ArbuR 1978, 126, \28;Jabnke, ZHR 146 (1982), 595, 617 f.; Konzen, ZfA 1982, 259, 294 f.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 417 f.; MünchArbR ¡Richardi, 2. Aufl., § 24 Rn. 64; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 131 ff., 146 f., 208; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 113 f. 884 Fenn, FS Bosch (1976), S. 171, 182; Jahnke, ZHR 146 (1982), 595, 615; Konzen/Rupp, Anm. zu BVerfG, EzA Art. 5 GG Nr. 9 (unter II 2); Otto, Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 70; MünchArbR/Richardi, 2. Aufl., § 24 Rn. 59; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 129 f.

VI. Parteiwille und

Rechtsformzwang

405

Aus der R ü c k f ü h r u n g auf die grundsätzlich zwingende W i r k u n g des Arbeitsrechts ergibt sich zugleich, daß eine etwaige Zurückdrängung des R e c h t s f o r m zwanges funktionslos ist, wenn ein Beschäftigter schon nach den allgemeinen Kriterien nicht die Arbeitnehmereigenschaft erfüllt. 8 8 5 In einem solchen Falle beanspruchen die arbeitsrechtlichen S c h u t z n o r m e n von vornherein keine Geltung, so daß es zu keinem lösungsbedürftigen K o n f l i k t k o m m t , wenn die Parteien eine andere R e c h t s f o r m als einen Arbeitsvertrag für ihr Beschäftigungsverhältnis wählen. Sofern sich die Beteiligten etwa auf die in vollem U m f a n g gleichberechtigte Mitarbeit eines Gesellschafters auf gesellschafts- oder auf dienstvertraglicher Grundlage einigen, ist es sinnlos, diese Gestaltung mit h o h e m dogmatischem A u f w a n d zu einem Fall der Relativierung des arbeitsrechtlichen R e c h t s f o r m zwanges hochzustilisieren. Ein „echter" Gesellschafter bzw. freier D i e n s t n e h m e r m u ß nicht erst durch eine spezielle privatautonome Vereinbarung von den „ Z w ä n g e n " des Arbeitsrechts befreit werden. Mithin setzen alle Ansätze, die Parteien aus gesellschaftsrechtlichen G r ü n d e n vom arbeitsrechtlichen R e c h t s f o r m zwang zu befreien, eine Situation voraus, in der ein Beschäftigter „an s i c h " als A r b e i t n e h m e r einzustufen ist, weil ansonsten nicht von einer Erweiterung des autonomen Gestaltungsspielraums gesprochen werden kann. A m klarsten k ö n n t e die Frage, o b dem Parteiwillen in den hier berührten K o n stellationen ausnahmsweise ein Einfluß auf die Qualifikation einer Tätigkeitsbeziehung zuzubilligen ist, isoliert untersucht werden, wenn sich die Merkmale, von denen die „an s i c h " zutreffende E i n o r d n u n g abhängt, deutlich von den A b sprachen der Beteiligten abheben würden. Tatsächlich aber sind beide E b e n e n schon nach der traditionellen Sichtweise zur A b g r e n z u n g von freiem D i e n s t - und Arbeitsvertrag miteinander verschränkt. Wie bereits erwähnt, 8 8 6 läßt sich nämlich zum einen nicht bestreiten, daß die statusbestimmenden U m s t ä n d e auf entsprechenden Abreden der Vertragspartner beruhen, der Mitarbeit eine bestimmte Struktur zu geben. D i e verbreitete Wendung, daß die Einordnung als Arbeitsverhältnis infolge des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges „unabhängig" v o m Willen der Parteien erfolgt, 8 8 7 ist demnach als ungenau zurückzuweisen. Z u m anderen schenkt die Rechtsprechung in Grenzfällen der B e z e i c h n u n g des R e c h t s verhältnisses seitens der Beteiligten durchaus Beachtung. 8 8 8 Dieser G e d a n k e der Judikatur k o m m t bei den hier interessierenden Gestaltungen etwa zum Zuge, wenn bei einer bilateralen Beziehung die „ o b j e k t i v e n " U m s t ä n d e nicht klar genug erkennen lassen, ob die Parteien eine stille Gesellschaft oder ein Arbeitsverhältnis begründen wollten. In einer solchen Konstellation haben die R e c h t s f o r m wahl und damit der Parteiwille ausschlaggebende Bedeutung. D e n n o c h wäre es schief, von einer Zurückdrängung des R e c h t s f o r m z w a n g e s zu sprechen. Diese Verzahnung ändert freilich nichts daran, daß es Fälle gibt, in denen die Tätigkeits885 886

887 888

Ahnlich Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 392. Siehe oben sub § 4 IV 2. So etwa Martens, RdA 1979, 347, 348. Siehe die Nachweise sub § 4 IV 3 in Fn. 207.

406

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

merkmale eines Arbeitsverhältnisses eindeutig vorliegen und sich deshalb die Frage stellt, ob gesellschaftsrechtliche Aspekte gleichwohl einen Freiraum bei der Wahl einer abweichenden Rechtsform rechtfertigen. Hierbei darf man allerdings nicht nur solche Konzeptionen fokussieren, die es den Vertragspartnern erlauben wollen, sich durch eine spezielle Klausel den grundsätzlich anwendbaren arbeitsrechtlichen Vorschriften zu entziehen, wie es Diller mit seiner Formulierung vom „vertraglichen Ausschluß des Arbeitsrechts trotz materiellrechtlicher Arbeitnehmereigenschaft" 8 8 9 suggeriert. Vielmehr verschwimmen bei einer Reihe von Modellen die Grenzen zwischen der „objektiven" Qualifikation einer Dienstleistungsbeziehung und der „subjektiven" Korrektur durch eine entsprechende Vereinbarung der Parteien. So meint etwa Loritz, daß ein Beschäftigter unter bestimmten - noch näher zu schildernden Voraussetzungen auch dann kein Arbeitnehmer sei, wenn er bei seiner Tätigkeit einer Weisungsbindung unterliegt. 8 9 0 Zwar spricht Loritz zugleich davon, daß ein solcher Mitarbeiter „aus dem zwingenden Geltungsbereich des Arbeitsrechts" ausscheide. 891 Nimmt man diese Formulierung beim Wort, so würde dies bedeuten, daß der Betroffene weiterhin Arbeitnehmer „ist" und lediglich die Möglichkeit besteht, seine Tätigkeit durch eine zu den materiellen Anforderungen offenbar noch hinzutretende Rechtsformwahl in einen anderen Rahmen zu betten. Tatsächlich dürfte Loritz aber meinen, daß ein Beschäftigter schon beim schlichten Vorliegen bestimmter Bedingungen definitiv nicht mehr den Status eines Arbeitnehmers aufweist und somit bereits aus diesem Grunde das Arbeitsrecht grundsätzlich keine Anwendung findet. Die Position von Loritz würde demnach verkannt, wenn man annimmt, daß er es den Parteien lediglich ermöglichen will, ihr als Arbeitsvertrag einzustufendes Tätigkeitsverhältnis durch eine ausdrückliche Zusatzklausel vom Arbeitsrecht zu dispensieren. 8 9 2 Soweit zu den von Loritz für einen Statuswechsel geforderten Voraussetzungen auch der vertragliche Wille gehört, die Tätigkeit auf eine bestimmte Rechtsgrundlage zu stellen, beeinflussen die „subjektiven" Vorstellungen der Parteien somit bereits die - nach Ansicht von Loritz - „objektiv" zutreffende Einstufung der Mitarbeit. Für eine vertragliche Korrektur einer „an sich" gegebenen materiellrechtlichen Arbeitnehmereigenschaft bleibt danach kein Raum mehr. Eine solche Argumentation hat nur dann einen eigenständigen Sinn, wenn man in einem ersten Schritt vergleichsweise pauschal von einem weiten Arbeitnehmerbegriff ausgeht und dann in einem zweiten Schritt danach fragt, welche Voraussetzungen einschließlich eines hinreichend deutlichen Parteiwillens es rechtfertigen, den arbeitsrechtlichen Rechtsform-

Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 375. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404 f. 891 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404 f. 8 9 2 N o c h deutlicher tritt dies bei ErfK/Preis, 2. A u f l . , § 611 B G B R n . 23, hervor, der sich den von Loritz erarbeiteten Kriterien anschließt und meint, daß der Betroffene in einem solchen Falle ohne eine gesonderte Vereinbarung nicht die Stellung eines A r b e i t n e h m e r s genieße, sondern ( n u r ) Gesellschafter sei. 889 890

VI. Parteiwille

und.

407

Rechtsformzwang

zwang ausnahmsweise nicht eingreifen zu lassen. Soweit der privatautonome Wille bereits in die Formulierung derjenigen Bedingungen einfließt, die vorliegen müssen, damit ein Arbeitsverhältnis überhaupt in Betracht kommt, ist es überflüssig und verwirrend, denselben Willen noch einmal als ein Argument für den vertraglichen Ausschluß des Arbeitsrechts in Ansatz zu bringen. Auf der Grundlage dieser Vorbemerkungen läßt sich der Stellenwert des Parteiwillens im Rahmen der hier vertretenen Konzeption bestimmen. Zu Beginn dieses Abschnitts wurde eingehend dargelegt, daß ein Arbeitsvertrag nur im Rahmen eines bilateralen Austauschvertrages möglich ist. 8 9 3 Die notwendige Kehrseite dieser Aussage besteht darin, daß eine auf multilateraler Basis zu erbringende Tätigkeit kein Arbeitsverhältnis sein kann, ohne daß es darauf ankommt, unter welchen sonstigen Bedingungen diese Mitarbeit erfolgt. Mit der - freien - Wahl für eine mehrgliedrige Rechtsgrundlage verbauen die Beteiligten folglich den Weg für eine Qualifikation der Dienstleistung als „echten" Arbeitsvertrag. Soweit es um die prinzipielle Einordnung einer Beschäftigung geht, haben die Parteien in diesen Konstellationen im Hinblick auf die „Abwahl" der Rechtsform des Arbeitsverhältnisses also tatsächlich eine unbeschränkte Freiheit. Insbesondere führt die Weisungsgebundenheit der Tätigkeit eines Gesellschafters nicht automatisch dazu, daß ein zuvor nicht existierender austauschrechtlicher Drittvertrag des Beteiligten mit der Gesellschaft ins Leben gerufen wird, der sodann als geeigneter rechtlicher Rahmen für einen Arbeitsvertrag genutzt werden kann. Diese Sichtweise scheint auf den ersten Blick der mißbräuchlichen „Flucht aus dem Arbeitsrecht" T ü r und Tor zu öffnen. Wie jedoch in Erinnerung zu rufen ist, gestattet es das Gesellschaftsrecht, daß ein Beteiligter auf der Grundlage des G e sellschaftsvertrages eine weisungsgebundene Mitarbeit als Beitrag zur Förderung eines gemeinsamen bzw. eines verbandlichen Zwecks einbringt. 8 9 4 Eine solche durch einen Teil der Rechtsordnung erlaubte Gestaltung kann nicht einfach unter Berufung auf einen anderen Teil der Rechtsordnung vollständig negiert werden, indem man ein zusätzliches Arbeitsverhältnis ex lege entstehen läßt. Das Arbeitsrecht genießt insoweit keinen absoluten Vorrang gegenüber dem Gesellschaftsrecht. 8 9 5 Dies gilt schon deshalb, weil es methodisch nicht ausgeschlossen ist, etwaige Schutzlücken bei Dienstleistungen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage mittels

einer Anreicherung

gesellschaftsrechtlicher

Grundsätze

durch

arbeitsrechtliche Wertungen bzw. einer Analogie zu einzelnen arbeitsrechtlichen N o r m e n zu schließen, ohne daß die Voraussetzungen und Grenzen hier bereits im einzelnen erörtert werden müßten. 8 9 6 Mithin bleibt es dabei, daß durch die Wahl einer multilateralen Rechtsgrundlage für eine Tätigkeit ein Arbeitsverhältnis ausgeschlossen wird. Siehe oben sub III 1 b. Siehe oben sub IV 3 c u. V 1 c aa (2). 8 9 5 Insoweit zutr. Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 13, Kuhn, S. 238; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 219. 8 9 6 Siehe dazu unten sub §§ 8-12, passim. 893

894

Kompetenzbereiche,

408

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Für einen Arbeitsvertrag ist nach alledem zum einen nur dann Raum, wenn neben der gesellschaftsrechtlichen Beziehung ein Austauschverhältnis (Typ III/ l) 8 9 7 besteht, wobei hierzu selbstverständlich auch die Rechtsfigur des Ausführungsvertrages (Typ I I / l ) zählt. Zum anderen geht es um bilaterale Rechtsbeziehungen, weil in diesen Konstellationen die Parteien eines Gesellschafts- und eines Arbeitsverhältnisses identisch sind. In beiden Fällen kann es dazu kommen, daß ein Mitarbeiter unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen 8 9 8 „an sich" als Arbeitnehmer einzustufen ist. Dies ist somit das eigentliche Anwendungsfeld für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Parteien in der Lage sind, die Qualifikation des Beschäftigungsverhältnisses durch entsprechende Vereinbarungen zu beeinflussen, in der Sache also die bei objektiver Betrachtung einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften zu derogieren. 899 Die folgenden Darlegungen sind allerdings auch für diejenigen Gestaltungen von Bedeutung, in denen ein Gesellschafter seine Tätigkeit ausschließlich auf einer gesellschaftsvertraglichen Basis (Typ I) erbringt. Wenn bestimmte Voraussetzungen es nämlich rechtfertigen, daß die Parteien das eigentlich unmittelbar eingreifende Arbeitsrecht abzuwählen, müssen dieselben Umstände einer analogen Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften auf gesellschafterliche Dienstbeiträge jedenfalls im Grundsatz entgegenstehen. b) Ansätze für eine Ausdehnung

der

Gestaltungsfreiheit

Auch wenn der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang nach der hier vertretenen Sichtweise von vornherein nur in bestimmten Konstellationen eingreifen kann, empfiehlt es sich doch, den Bogen weit zu spannen und sämtliche bislang unterbreiteten Vorschläge einzubeziehen, die auf eine Zurückdrängung dieses Rechtsformzwanges hinauslaufen. aa)

Meinungsüberblick

In der Rechtsprechung und im Schrifttum finden sich mehrere Ansätze, die auf eine Erweiterung der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsfreiheit zu Lasten des Arbeitsrechts hinauslaufen. Dabei sollen die insoweit vorgeschlagenen Einzelkriterien zunächst außer Betracht bleiben, weil sie den Blick auf die jeweilige grundsätzliche Herangehensweise verstellen, die es vorab zu analysieren gilt. In einer neueren Entscheidung zur Rechtsstellung von Rote-Kreuz-Schwestern hat das B A G als methodischen Anknüpfungspunkt zur Kontrolle einer Zurückdrängung des Arbeitnehmerstatus die Rechtsfigur der objektiven Gesetzes-

Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. Siehe oben sub V 1 b u. c. 8 9 9 Zur Rechtsformwahl als Generalverweisung auf einen an sich fremden N o r m e n k o m p l e x Fenn, F S Bosch (1976), S. 171,175 f.; Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 120 Fn. 10,128; Stolterfoht, Selbständigkeit des Handelsvertreters , S. 203; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 102. 897 898

VI. Parteiwille

und

Rechtsformzwang

409

umgehung gewählt. 900 So dürfe die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten nicht zur Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen, wobei eine Umgehung dann vorliege, wenn es an einem sachlichen Grund für die verbandsrechtliche Gestaltung der Tätigkeitskeitsverhältnisse fehle. 901 Dieser Ansatz wird allerdings sofort wieder verlassen, weil das B A G nicht nach der Existenz eines sachlichen Grundes forscht, sondern statt dessen die konkreten Rechte der Rote-Kreuz-Schwestern und damit in der Sache das Vorhandensein eines dem Arbeitsrecht halbwegs vergleichbaren Schutzniveaus untersucht. 902 Nach Auffassung von Fenn besteht der entscheidende Gesichtspunkt für die Zulässigkeit einer autonomen Rechtsformwahl ebenfalls darin, ob ein dem zwingenden Arbeitsschutzrecht in etwa gleichwertiger Schutz besteht. 903 Grunsky hat sich dieser Position grundsätzlich angeschlossen, will aber noch einen Schritt weitergehen und es bei fehlender Schutzbedürftigkeit des Beschäftigten den Parteien überlassen, ob sie einen Arbeitsvertrag schließen oder die Tätigkeitsbeziehung auf eine gesellschaftsrechtliche Grundlage stellen. 904 Martens sieht vornehmlich in den gesellschaftsinternen Einwirkungsmöglichkeiten einen Umstand, der eine Freistellung vom arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang legitimieren soll. 905 Dabei finden sich zwei Argumentationslinien, deren Verhältnis zueinander sich freilich zumindest nicht auf den ersten Blick erschließt. In einem ersten Anlauf nennt Martens den sperrminoritären Einfluß eines Gesellschafters, der zur Durchsetzung persönlicher Interessen genutzt werden könne und bei dessen Vorliegen der Rechtsformzwang zurückzutreten habe. 906 In einem zweiten Gedankengang stellt Martens das Arbeits- und das Gesellschaftsverhältnis als zwei verschiedene Erwerbsformen antithetisch gegenüber und fordert, daß der einzelne Mitarbeiter autonom darüber zu entscheiden habe, in welcher Weise er seine Arbeitskraft verwerte. 907 Insoweit will Martens ausdrücklich auch die Möglichkeit anerkennen, eine fremdbestimmte Arbeitsleistung unternehmerisch zu nutzen. Als Grenzen der Gestaltungsfreiheit bezeichnet Martens im Rahmen dieser Argumentation - offenbar in Erweiterung des ersten Ansatzes - das gesellschaftsrechtliche Kräfteverhältnis und die innerhalb der 9 0 0 B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 b); ebenso B A G vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 ArbGG 1979 (unter B II 3 a); B A G vom 22.4.1997, AP Nr. 18 zu § 9 9 BetrVG 1972 Einstellung (unter B III 2 b). Insoweit auch E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., §611 Rn. 20, der es dann aber ausreichen läßt, wenn eine weisungsgebundene Tätigkeit „ernsthaft" und „eindeutig" gesellschaftsrechtlich ausgestaltet ist (Rn. 20 f.), und schließlich noch die abweichende Konzeption von Loritz zustimmend erwähnt (Rn. 24). 901 B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 b). 9 0 2 B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 c); in diesem Sinne auch B A G vom 22.4.1997, AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung (unter B III 2 b). 9 0 3 FS Bosch (1976), S. 171, 188. 9 0 4 ArbuR 1978, 126, 128. 9 0 5 RdA 1979, 347, 350 ff. 9 0 6 RdA 1979,347, 350 f. 9 0 7 RdA 1979,347, 351 f.

410

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Gesellschaft bestehende Interessenkonstellation, wobei es auch insoweit anscheinend wieder auf die Möglichkeit zur Durchsetzung der eigenen Interessen des Mitarbeiters ankommen soll. 908 Des weiteren spricht Martens davon, daß ein gewinnabhängiges Einkommen unter bestimmten Voraussetzungen den vertraglichen Ausschluß arbeitsrechtlicher Bindungen rechtfertige. 909 Dabei läßt sich allerdings nicht mit letzter Bestimmtheit feststellen, ob Martens die Kriterien des Binneneinflusses und der Einkommenssituation als alternative oder kumulative Bedingungen für die Anerkennung der Rechtsformwahl ansieht, 910 obwohl es sich hierbei zweifellos um einen zentralen Aspekt jeder Erweiterung privatautonomer Gestaltungsfreiheit handelt. 911 Das Vorhandensein eines angemessenen gesellschaftsrechtlichen Beschäftigungsschutzes gehört für Martens nicht zu den eigentlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Rechtsformwahl, sondern wird lediglich zur Widerlegung potentieller Einwände gegen sein Modell angesprochen. 912 Die umfassendste Konzeption für eine Zurückdrängung des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges ist von Loritz vorgelegt worden. Der Ausgangspunkt seiner Überlegungen besteht im wesentlichen in zwei Aspekten: Zum einen geht Loritz davon aus, daß die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften vielfach die mit der mitunternehmerischen Verwertung der Arbeitskraft als Gesellschafterbeitrag verfolgten ökonomischen Ziele durchkreuze. 913 Zum anderen seien das Arbeitsund das Gesellschaftsrecht als zwei Wege anzuerkennen, die zum Interessenausgleich bei menschlichen Arbeitsleistungen führen können. 914 Wenn bestimmte gesellschaftsrechtliche Voraussetzungen vorliegen würden, sei ein Beschäftigter deshalb ohne Rücksicht auf eine etwaige Weisungsabhängigkeit nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren. 915 Nun sind die ersten beiden Aussagen für sich genommen nicht zweifelhaft. So wurde schon zu Beginn der Studie auf die unterschiedliche Risikostruktur von Gesellschafts- und Arbeitsverhältnis hingewiesen. 916 Dementsprechend wird ein „echter" gleichberechtigt mitarbeitender Gesellschafter ohnehin nicht als Arbeitnehmer angesehen, so daß es insoweit auch keiner privatautonomen Grenzverschiebung zu Lasten des Arbeitsrechts bedarf. Insbesondere besagt die grundsätzliche Nichtanwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften auf „echte" Gesellschafter nichts darüber, ob sie auch nicht für solche Beschäftigten gelten, die zwar formal die Stellung eines Gesellschafters innehaben, im übrigen aber lediglich unter den Konditionen eines Arbeitnehmers tätig RdA 1979, 347, 352. RdA 1979, 347, 351. 9 1 0 Vgl. RdA 1979, 347, 350 f. einerseits und S. 352 andererseits. 9 1 1 Kommentarlos von einer Kumulation ausgehend Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 391 ff. 9 1 2 RdA 1979,347,354. 9 1 3 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 159. 9 1 4 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 219. 9 1 5 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404 f. 9 1 6 Siehe dazu sub § 1 I. 908

909

VI. Parteiwille

und

Rechtsformzwang

411

sind. Loritz läßt es deshalb zutreffenderweise auch nicht bei einem pauschalen Verweis auf das Gesellschaftsrecht bewenden, sondern untersucht im einzelnen, inwieweit dieses Rechtsgebiet eine korporationsrechtlich fundierte Mitarbeit tatsächlich schützt. Der materielle Geltungsgrund für eine Zurückdrängung der Arbeitnehmereigenschaft liegt nach dem Modell von Loritz damit letztlich ebenfalls im konkreten Inhalt der gesellschaftsrechtlichen Regelungen. Dieselbe Position dürften Hanaun? und Müller-Glöge918 vertreten, indem sie sich die von Loritz entwickelte Sichtweise augenscheinlich zu eigen machen. 919 bb)

Auswertung

Allen erwähnten Konzeptionen ist daran gelegen, den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang unter bestimmten Voraussetzungen zurücktreten zu lassen und auf diese Weise den Raum für eine privatautonome Gestaltung von Tätigkeitsbeziehungen zu erweitern. Im Grundsatz geht es also darum, ob es Umstände gibt, die es rechtfertigen, das Vorliegen eines Arbeitsvertrages zwar nicht ex lege zu verneinen, den Parteien aber die Möglichkeit einer Rechtsformwahl zu eröffnen. Am deutlichsten kommt diese Vorstellung bei Martens zum Ausdruck, wenn er davon spricht, daß gesellschafts- und arbeitsrechtliche Beschäftigungsverhältnisse in einem nicht unerheblichen Bereich austauschbar seien und der Parteiwille über die konkrete Zuordnung entscheide. 920 Damit sind zunächst zwei formale Aspekte berührt, die vorab geklärt werden sollen, um das Hauptgewicht sodann auf inhaltliche Fragen legen zu können. (1) Formale

Gesichtspunkte

Erstens ist der soeben genannte Unterschied zwischen diesen beiden Wegen zur Qualifikation einer Dienstleistung nur im gedanklichen Ausgangspunkt klar. Je stärker man die Anforderungen an eine Rechtsformwahl herunterschraubt, desto geringer wird der Abstand zwischen dem bereits kraft Gesetzes und dem erst infolge einer entsprechenden Parteidisposition entfallenden Arbeitnehmerstatus. Dies läßt sich exemplarisch vor allem anhand der eingangs bereits angesprochenen Position von Loritz zeigen. Wie dargetan will Loritz einen Beschäftigten unter bestimmten gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen ungeachtet einer etwaigen Weisungsunterworfenheit seiner Tätigkeit nicht als Arbeitnehmer qualifizieren. 921 Gleichwohl läßt sich das Modell von Loritz als Vorschlag zur Erweiterung privatautonomer Gestaltungsbefugnisse und nicht einfach zur gesetzlichen NeuIn: Erman, BGB, 10. Aufl., § 611 Rn. 24. In: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 611 Rn. 28. 919 Zu erwähnen ist ferner die Ansicht von Oetker, NJ 1991, 377,378, der sich im Zusammenhang mit der Rechtsstellung von LPG-Mitgliedern für die grundsätzliche Möglichkeit eines nicht dem Arbeitsrecht unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses zur Leistung persönlich abhängiger, weisungsgebundener Tätigkeit ausgesprochen hat. 920 RdA 1979, 347, 353. 921 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404 f. 917 918

412

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs auffassen. Das privatautonome Element verbirgt sich hinter dem von ihm für einen Statuswechsel geforderten gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutz für das Dienstleistungsverhältnis922. Wie Loritz an anderer Stelle ausführt, bedarf es hierzu nämlich einer Einbindung der Mitarbeit in die Gesellschafterstellung, durch die der Gesellschafter vor einer isolierten Beendigung seines Tätigkeitsverhältnisses geschützt ist. 923 Da es nach der von Loritz vertretenen Ansicht somit entsprechender Abreden zum Bestandsschutz bedarf, um der Arbeitnehmereigenschaft zu entkommen, läßt sich durchaus von einer Verdrängung des Arbeitsrecht infolge privatautomer Gestaltung sprechen. Allerdings stößt die von Loritz offenbar gehegte Vorstellung, daß es in seinem Modell ausnahmslos darum gehe, den Parteiwillen gegenüber dem arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang zu stärken, auf gewisse Bedenken. Sofern sich die Beteiligten dafür entschieden haben, die Mitarbeit ausschließlich auf eine gesellschaftsvertragliche Grundlage zu stellen, kann darin in der Tat eine bewußte Rechtsformwahl gesehen werden. Handelt es sich um einen mehrgliedrigen Gesellschaftsvertrag, scheidet der Arbeitnehmerstatus freilich bereits als Folge der Vertragspartnerstellung aus, ohne daß es auf weitere inhaltliche Kriterien ankommt. 924 Wenn sich die Parteien dagegen darauf geeinigt haben, eine gesellschaftsvertraglich verankerte Tätigkeit in einen zusätzlichen Ausführungsvertrag zu kleiden, kann entgegen Loritz nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sie sich damit automatisch für einen freien Dienstvertrag und gegen einen Arbeitsvertrag ausgesprochen haben. Vielmehr ist die zusätzliche Vereinbarung eines Ausführungsvertrages für sich genommen eher ein Indiz dafür, daß sich die Beteiligten mit der objektiv zutreffenden Qualifikation dieser Abrede einverstanden erklären. Jedenfalls muß ein Wille der Parteien zu einer abweichenden Rechtsformwahl mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommen. Indem Loritz einem Mitarbeiter unter den von ihm aufgestellten Bedingungen pauschal die Arbeitnehmereigenschaft aberkennt, erweitert er somit in bestimmten Gestaltungen gerade nicht die Privatautonomie, sondern setzt seine eigenen Vorstellungen von der „Hinderlichkeit" des Arbeitsrechts an die Stelle des Parteiwillens. Zum zweiten legen sämtliche einschlägigen Stellungnahmen auf das Vorhandensein einer bilateralen Austauschbeziehung und damit auf das Kriterium zweier einander gegenüberstehender Vertragspartner als eine allgemeine Voraussetzung für die Arbeitnehmereigenschaft keinen erkennbaren Wert. Dies bedeutet, daß sich die erwähnten Darlegungen zu einem großen Teil auch auf Gestaltungen beziehen, in denen infolge der Multilateralität der Rechtsbeziehungen ein Arbeitsvertrag von vornherein nicht bestehen kann. Gleichwohl können diese Konzeptionen für den hier vertretenen Ansatz nicht einfach übergangen werden. So sind sie von unmittelbarer Relevanz, soweit es um die Freiheit der Parteien bei

922 923 924

Vgl. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 307 ff. Siehe oben sub I I I 1 b.

VI. Parteiwille und

Rechtsformzwang

413

der Zuordnung von Dienstleistungen an der Grenze von Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis in zweiseitigen Beziehungen geht. Ferner spielen sie für die Frage einer analogen Anwendung arbeitsrechtlicher Normen auf eine gesellschaftsvertraglich fundierte Mitarbeit eine gewichtige Rolle. Wenn eine privatautonome Vereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen die Kraft hat, den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang zurückzudrängen, muß sie konsequenterweise auch einer Analogie zu arbeitsrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, weil der Wille zu einem Statuswechsel ansonsten konterkariert würde. (2) Inhaltliche

Aspekte

In inhaltlicher Hinsicht wird die Zurückdrängung des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges mit zwei Argumentationslinien in Verbindung gebracht, die von den einzelnen Ansätzen allerdings nicht immer klar unterschieden werden. Wie bereits Diller im Ansatz zutreffend herausgearbeitet hat, 925 geht es bei der ersten Frage um die Fähigkeit des Gesellschafters, über seine eigenen Arbeitsbedingungen im Verhältnis zur Gesellschaft bzw. zu seinen Mitgesellschaftern zumindest effektiv mitzubestimmen. Dieser Gesichtspunkt gehört sachlich vorrangig zur bereits ausführlich diskutierten Frage, welcher Binneneinfluß mit einem Arbeitsverhältnis per se deshalb unvereinbar ist, weil der auf der Arbeitgeberseite gebildete Wille maßgeblich auf dem Willen des betroffenen Mitarbeiters beruht. 926 Wenn ein Mitarbeiter infolge der ihm zustehenden gesellschaftsinternen Einwirkungsmöglichkeiten in der Lage ist, seine persönlichen Interessen durchzusetzen, ist er auf den arbeitsrechtlichen Schutz nicht mehr angewiesen. Dieser Gedankengang zeigt indes, daß er mit einer Erweiterung der autonomen Gestaltungsfreiheit zu Lasten des Arbeitsrechts im strengen Sinne nichts zu tun hat. Unter den erörterten Voraussetzungen fehlt es nämlich schon nach herkömmlichen Grundsätzen schlicht an der Eigenschaft des Beschäftigten als Arbeitnehmer. Zur Fehlvorstellung eines „an sich" vorhandenen Arbeitnehmerstatus, der erst durch eine entsprechende Rechtsformwahl korrigiert werden muß, kann es nur kommen, wenn man sich für die Qualifikation ausschließlich auf die Fremdbestimmung der Tätigkeit fixiert und die wirklichen Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft ausblendet. Der zweite davon deutlich abgehobene Aspekt betrifft das mitunternehmerische Auftreten des einzelnen Mitarbeiters am Markt. Hierbei richtet sich der Blick auf die Gesellschaft in ihrer Eigenschaft als Marktsubjekt sowie darauf, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, die gesellschafts- anstelle der arbeitsrechtlichen Risikoverteilungsregeln auf das einzelne Tätigkeitsverhältnis auch dann durchzuleiten, wenn der Mitarbeiter fremdbestimmt tätig wird. Die entscheidende Frage besteht somit darin, ob die Rechtsordnung eine vom Arbeitsrecht unbeeinflußte mitunternehmerische Verwertung menschlicher Arbeitskraft 925 926

Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 391 f. Siehe oben sub V 1 b aa.

414

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

freigeben soll, obwohl der Beschäftigte im Verhältnis zu anderen Unternehmensbeteiligten an sich die Stellung eines Arbeitnehmers innehat. Die Prämisse dieses Ansatzes bildet demnach die Existenz eines Zwischenbereichs, in dem ein Mitarbeiter auf der einen Seite „eigentlich" Arbeitnehmer ist, die gesellschaftsrechtliche Stellung aber gleichwohl Anlaß gibt, über eine privatautonome Relativierung des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwanges ernsthaft nachzudenken, die gesellschafterlichen Befugnisse auf der anderen Seite aber noch kein solches Ausmaß erreicht haben, daß eine Arbeitnehmereigenschaft gegebenenfalls auch gegen den Willen der Parteien ausscheidet. Diese gedanklichen Wurzeln gilt es vor allem deshalb herauszustellen, weil es sich hierbei nach Diller im wesentlichen nur um eine Scheinproblematik handelt. Für Diller ist für eine Zuordnung infolge einer Parteivereinbarung außerhalb spezieller Fallgruppen von vornherein kein Raum, weil ein mitarbeitender Gesellschafter nach seiner bereits diskutierten 927 Auffassung nur als Arbeitnehmer oder als Mitunternehmer qualifiziert werden kann. 928 Ein Beschäftigter, der „an sich" Arbeitnehmer ist, kraft gesellschafterlicher Befugnisse aber bei einem entsprechenden Parteiwillen aus dem Anwendungsbereich des Arbeitsrechts ausgeklammert werden kann, ist für ihn nicht denkbar. Denn entweder genügen die Gesellschafterrechte für eine Stellung als Mitunternehmer, so daß der Arbeitnehmerstatus bereits ex lege entfällt, oder sie bleiben mit der Folge unterhalb dieser Schwelle, daß für eine Verschiebung der Grenze durch Parteivereinbarung kein Raum bleibt. Folgerichtig spielt die Frage nach dem Niveau des Schutzes, der einem Mitarbeiter durch das Gesellschaftsrecht anstelle des „eigentlich" anwendbaren Arbeitsrechts gewährt wird, innerhalb der Konzeption von Diller auch keine Rolle: 9 2 9 Für einen „echten" Mitunternehmer bedarf die Verdrängung des Arbeitsrechts keiner weiteren Legitimation, während sie für einen „echten" Arbeitnehmer von vornherein nicht diskutabel ist. Wie schon näher erläutert, 930 besteht das Problem dieser auf den ersten Blick bestechend einfachen Sichtweise indes darin, daß sie die mitunternehmerische Verwertung der eigenen Arbeitskraft im Außenverhältnis und das Fehlen von Schutzbedürfnissen im Innenverhältnis automatisch gleichsetzt, eine etwaige Diskrepanz also gar nicht zur Kenntnis nimmt. Zwar ist es denkbar, die Anforderungen an einen mitunternehmerischen Einsatz von Dienstleistungen so hoch zu schrauben, daß sie nur von solchen Mitarbeitern erfüllt werden, für die ein arbeitsrechtlicher Tätigkeitsschutz mangels einer Fremdbestimmung ohnehin nicht in Betracht kommt. Man muß sich nur darüber im klaren sein, daß man damit der durch das Gesellschaftsrecht erlaubten Rechtsfigur einer weisungsabhängigen Tätigkeit als Beitragsleistung in der Sache eine Absage erteilt, indem man dem Geltungsanspruch des Arbeitsrechts ohne

927 928 929 930

Siehe dazu oben sub V 1 b aa (1) (a) (aa) (ccc). Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 317 ff. Vgl. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 3 8 6 ff. Siehe oben sub V 1 b aa (1) (a) (aa) (ccc).

VI. Parteiwille

und

Rechtsformzwang

415

Rücksicht auf den entgegenstehenden Parteiwillen und gesellschaftsrechtliche Wertungen den absoluten Vorrang einräumt. Genau dies kann jedoch nicht überzeugen. Zunächst will offenbar auch

Diller

selbst die Schwelle nicht so hoch ansetzen wie es der B G H bei der Mitunternehmereigenschaft im Rahmen des § 17 Abs. 1 S. 2 B e t r A V G praktiziert, 9 3 1 weil er ansonsten schwerlich annehmen könnte, daß auch ein MinderheitsgesellschafterGeschäftsführer jedenfalls grundsätzlich als Mitunternehmer einzustufen ist. 932 Vor allem aber muß der Wille der Vertragspartner, eine Mitarbeit auf ein gesellschaftsvertragliches Fundament zu stellen und damit einer mitunternehmerischen Verwertung zuzuführen, grundsätzlich auch dann anerkannt werden, wenn die Tätigkeit insgesamt betrachtet fremdbestimmt sein soll. Sofern die Parteien der Ansicht sind, eine Förderung des Gesellschaftszwecks am besten durch eine weisungsunterworfene Mitarbeit außerhalb eines Arbeitsverhältnisses zu bewerkstelligen, darf die Rechtsordnung diese Vorstellungen nicht per se, sondern nur zur Verwirklichung zwingender Schutzanliegen blockieren. Das Eingreifen des durch das Arbeitsrecht für eine Dienstleistung gewährten Schutzes kann jedoch nicht unabhängig davon beurteilt werden, welchen Schutz das Gesellschaftsrecht dem Mitarbeiter verschafft. So wie auf der einen Seite verhindert werden muß, daß einzelne Gesellschafter die Vorteile kumulieren, indem sie die für eine fremdbestimmte Tätigkeit an sich vorgesehenen arbeitsrechtlichen Bindungen abstreifen, ohne als Ausgleich einen hinreichenden gesellschaftsrechtlichen Schutz einzuräumen, ist auf der anderen Seite darauf zu achten, daß ein weisungsabhängig mitarbeitender Gesellschafter nicht zunächst die kooperationsrechtlichen und dann bei Bedarf auch die arbeitsrechtlichen Vorteile für sich in Anspruch nimmt. Mithin ist danach zu fragen, ob ein Niveau herausgearbeitet werden kann, bei dessen Erreichen den Parteien die Möglichkeit zuzubilligen ist, eine fremdbestimmte Arbeitskraft nach mitunternehmerischen Grundsätzen zu verwerten, ohne dem Arbeitsrecht unterworfen zu sein. Zwar heißt es teilweise, daß die zwingende Wirkung des Arbeitsrechts selbst bei der Gleichwertigkeit eines alternativen Schutzes einer Rechtsformwahl durch Parteiabrede entgegenstehe. 9 3 3 Dies ist indes eine bloße petitio principii. D e r arbeitsrechtliche Rechtsformzwang setzt - wie Wank zutreffend herausgearbeitet hat 9 3 4 - als gedankliche Prämisse das Fehlen eines funktional äquivalenten Sozialschutzes voraus. 9 3 5 Besteht ein derartiger Schutz, kann der auf eine bestimmte Rechtsform abzielende Siehe die Nachweise oben sub V 1 b aa (1) (a) (aa) (ccc), Fn. 62. Vgl. Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 351 f., 357, 367. 933 Jahnke, Z H R 146 (1982), S. 595, 617; in diesem Sinne auch Beuthien, FS 25 Jahre B A G (1979), S. 1, 11. 934 Arbeitnehmerund Selbständige, S. 103 f., 115. 935 So gerade für den Fall gesellschafterlicher Mitarbeit im Grundsatz auch Wank, SGb 1989, 167, 169 f., wobei es von seinem Ansatz aus die Konstellation eines Beschäftigten, der „eigentlich" Arbeitnehmer ist, infolge eines entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Schutzes aber nicht dem zwingenden Arbeitsrecht unterfällt, jedoch nicht gibt, weil er für den Arbeitnehmerstatus von vornherein die gesellschafterlichen Befugnisse mit berücksichtigen und offenbar nur dann 931

932

416

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Parteiwille nicht mehr durch die formale Berufung auf den grundsätzlich zwingenden Charakter der arbeitsrechtlichen Vorschriften negiert werden. Wenn die geschilderten Ansätze zumeist den alternativen Schutz, den das Gesellschaftsrecht einer Dienstleistung zuspricht, in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen rükken, so treffen sie daher im Kern das Richtige. c)

Einzelfragen

aa) Bestandsschutz

der

Tätigkeit

Ein wesentliches Element der verschiedenen Konzepte bildet regelmäßig die Frage nach dem Bestandsschutz der Mitarbeit. So wird in der bereits erwähnten Entscheidung des B A G hervorgehoben, daß die Vereinsmitgliedschaft einer RoteKreuz-Schwester nach Ablauf der Probezeit gemäß der Satzung nur aus wichtigen Gründen beendet werden kann. 936 Fenn meint, das Gesellschaftsrecht biete für mitarbeitende Kommanditisten insoweit einen ausreichenden, im Verhältnis zum Arbeitsrecht wahrscheinlich sogar noch besseren Schutz einer gesellschaftsvertraglich verankerten Mitarbeit. 937 Des weiteren hat sich vor allem Loritz dafür ausgesprochen, einen gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutz des Tätigkeitsverhältnisses als Voraussetzung für die Anerkennung der Rechtsformwahl anzusehen. 938 Dabei ist zunächst von Interesse, welche Gestaltungen nach Ansicht von Loritz diese Anforderungen erfüllen. Insoweit geht es zum einen um Konstellationen, in denen die Beschäftigung auf der alleinigen Grundlage des Gesellschaftsvertrages erfolgt und die Tätigkeit gegen den Willen des Betroffen nur zusammen mit dem Ausschluß aus der Gesellschaft erfolgen kann. 939 Zum anderen hält es Loritz aber ebenso für ausreichend, daß ein eigenständiger Mitarbeitervertrag in einer Weise mit der Gesellschafterstellung verknüpft ist, die es ausschließt, ihn selbständig zu beenden.940 Dies bedeutet, daß sich Loritz ausdrücklich auch mit der vielfach nicht als eigene Fallgruppe wahrgenommenen Qualifikation des Dienstvertrages eines Gesellschafters befaßt und ihn nicht von vornherein aus seinen Überlegungen ausblendet. Freilich erhellt dieses Erfordernis zugleich, daß es auch nach der Auffassung von Loritz für eine Verdrängung des Arbeitsrechts nicht genügt, wenn ein Gesellschafter Dienste auf der Grundlage eines von der Mitgliedstellung völlig separierten Drittvertrages erbringt 941 . Für eine Reihe der

eine funktionale Äquivalenz bejahen will, wenn der Betroffene ohnehin nicht als Arbeitnehmer eingestuft werden kann; siehe zu diesem Ansatz bereits oben sub III 1 a. 936 B A G vom 6.7.1995, AP Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 c). 937 FS Bosch (1976), S. 171, 188 f. Insoweit auch Martens, RdA 1979, 347, 354. 938 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404; zust. Erman/Hanau, B G B , 10. Aufl., §611 Rn. 24; MünchKommBGB/Af«//er-Gföge, 3. Aufl., § 611 Rn. 28; E r f K / P r e i s , 2. Aufl., § 611 B G B Rn. 23. 939 Vgl. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 308 ff. 940 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 307 f. 941 Dieser zentrale Aspekt des von Loritz unterbreiteten Modells bleibt bei Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 376 f., unberücksichtigt.

VI. Parteiwille

und

417

Rechtsformzwang

in dieser Studie erörterten Fälle gelangt somit auch Loritz nicht zu einer Grenzverschiebung zwischen Arbeits- und Gesellschafts- bzw. Dienstvertragsrecht. (1) Mitarbeitsverhältnisse

neben einer gesellschafterlichen

Beteiligung

Soweit es zunächst um die Konstellation eines eigenständigen Tätigkeitsvertrages geht, halten manche das Kriterium der Verknüpfung mit der Gesellschafterstellung von vornherein für wenig hilfreich, um daraus ein Argument für die Rechtsformwahl zu gewinnen. 942 Entgegen einer zuweilen anzutreffenden Auffassung 943 kommt in älteren Entscheidungen des B A G 9 4 4 keine hiervon abweichende Sichtweise zum Ausdruck. In jenen Erkenntnissen ging es nämlich jeweils um eine Tätigkeit auf ausschließlich gesellschaftsvertraglicher Grundlage und nicht auf der Basis eines mit der Gesellschafterposition lediglich verknüpften Dienstleistungsverhältnisses. Allerdings wird das Merkmal der Verbindung von Beschäftigungs- und Gesellschaftsverhältnis nicht immer präzise genug umschrieben. So erwecken manche Darstellungen den Eindruck, als gehe es ganz generell um Gestaltungen, in denen eine dienstvertragliche Mitarbeit und eine aus anderen Gründen bestehende Gesellschafterstellung miteinander gekoppelt werden. Wie den Ausführungen von Loritz entnommen werden kann, kommen für eine Zurückdrängung des Arbeitsrechts tatsächlich aber nur solche Verbindungen in Betracht, bei denen die Tätigkeit trotz ihrer Einkleidung in einen Austauschvertrag zugleich in den kooperationsrechtlichen Rahmen einbezogen ist 945 und der Beschäftigte zudem nicht nur die Pflicht, sondern auch das gesellschaftsvertragliche Recht zur aktiven Mitarbeit hat 946 . Allerdings hat das B A G in einer derartigen Gestaltung nicht die Arbeitnehmereigenschaft des Mitarbeiters abgelehnt, sondern lediglich die selbständige Kündbarkeit des Beschäftigungsverhältnisses ausgeschlossen. 947 Dennoch kann das damit korrespondierende Argument von Martens, daß die Verknüpfung als bloße Verstärkung des arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes gemeint sein könne, 948 angesichts der Doppelnatur der Arbeitskraft nicht aufrechterhalten werden. Vielmehr ergibt sich aus der kumulativen Zurechnung der Dienstleistung zu einem Austauschvertrag und einem Gesellschaftsvertrag, daß die Tätigkeit auch einer mitunternehmerischen Verwertung zugeführt werden soll.

Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 41; Martens, R d A 1979, 347, 349 Fn. 24, 352; D B 1957,164,165. 9 4 3 Siehe den Hinweis auf B A G , A P Nr. 1 zu § 5 A r b G G 1953, durch Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 41, und Martens, R d A 1979, 347, 349 Fn. 24, 352 Fn. 37. 9 4 4 B A G vom 18.2.1956, A P Nr. 1 zu § 5 A r b G G 1953; B A G vom 8.1.1970, A P Nr. 14 zu §528 ZPO. 945 Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 308, spricht insoweit von der „Konkretisierung einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung", ohne allerdings die Rechtsfigur des Ausführungsvertrages zu erwähnen. 9 4 6 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 308 f. 9 4 7 B A G vom 11.5.1978, A P Nr. 2 zu § 161 H G B . 948 RdA 1979,347,352. 942

Molitor,

418

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Gleichwohl spricht eine genauere Analyse der Vertragsgestaltung unter ökonomischem Blickwinkel gegen eine Zurückdrängung des Arbeitsrechts. Wie darlegt besteht der Hintergrund einer Erweiterung der privatautonomen Gestaltungsbefugnisse zu Lasten des Arbeitsrechts im wesentlichen darin, die Entscheidung der Parteien für eine mitunternehmerische Verwertung der Arbeitskraft und damit für eine Risikoverteilung nach gesellschaftsvertraglichen Grundsätzen zumindest unter bestimmten Voraussetzungen zu respektieren. Wenn die Beteiligten aber selber schon darauf verzichten, die Tätigkeit ausschließlich nach gesellschaftsrechtlichen Regeln zu behandeln und zusätzlich einen Ausführungsvertrag schließen oder beibehalten, ist nicht ersichtlich, warum in dieser Konstellation der arbeitsrechtliche Rechtsformzwang zurückgedrängt werden sollte. Immerhin geht es in dieser Fallgruppe nicht um die Alternative zwischen Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis, sondern um die Frage einer Verschiebung der Grenze zwischen Arbeits- und reinem Dienstvertragsrecht. Mit ihrer Entscheidung für einen zusätzlichen tätigkeitsbezogenen Austauschvertrag bringen die Parteien zum Ausdruck, daß sie die Arbeitskraft gerade nicht nur als einen Beitrag zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks, sondern zugleich als eine Leistung im Rahmen eines Gegenseitigkeitsverhältnisses gewertet wissen wollen. Es ist deshalb durchaus zweifelhaft, ob man dem Willen der Vertragspartner als dem Ausgangspunkt jeder Qualifikation überhaupt hinreichend Rechnung trägt, wenn man diesen unterstellt, sich durch die gesellschaftsvertragliche Einbindung einer fremdbestimmten Arbeitsleistung in jedem Falle den arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen entziehen zu wollen. So steht es für Wagner, der sich im Rahmen seiner Überlegungen zur Mitarbeiterbeteiligung eingehend mit der Möglichkeit befaßt hat, eine arbeitsvertragliche Dienstleistung nachträglich zu einem Gesellschafterbeitrag zu machen, offenbar außer Frage, daß die Parteien damit nicht das Ziel verfolgen, das Arbeitsverhältnis enden zu lassen. 949 Tatsächlich ist davon auszugehen, daß die Beteiligten mit der Existenz eines eigenständigen Tätigkeitsvertrages regelmäßig zu verstehen geben, sich den für dieses Rechtsverhältnis an sich geltenden Regeln auch dann zu unterwerfen, wenn sie die austauschvertragliche Leistung zugleich gesellschaftsvertraglich verankert haben. In diesem Sinne hat die Unternehmensrechtskommission wie selbstverständlich davon gesprochen, daß trotz der mitgliedschaftlichen Einbringung der Arbeitskraft als Instrument der Arbeitnehmerbeteiligung gleichzeitig ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird. 950 Selbst wenn sich die Parteien aber in einer erkennbaren Weise gegen arbeitsrechtliche Bindungen aussprechen, kann ihr Ziel im Falle der Vereinbarung eines Ausführungsvertrages lediglich darin bestehen, für dieses Rechtsverhältnis die Rechtsform eines freien Dienstvertrages zu wählen. Indes gibt es - vorbehaltlich

949 950

Massenkommanditgesellschaft, S. 178 ff., 314 f. Bericht, Rn. 955. Ebenso bereits Reinhardt, FS Nipperdey (1955), S. 235, 246 f.

VI. Parteiwille und

Rechtsformzwang

419

des noch zu erörternden Sonderfalles belegschaftseigener Unternehmen 951 - keine hinreichenden Gründe, den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang in dieser Konstellation zurücktreten zu lassen. Insbesondere kann insoweit nicht einfach auf den gesellschaftsrechtlichen Aspekt des Binneneinflusses zurückgegriffen werden, soweit dieser unterhalb der Schwelle bleibt, die eine Fremdbestimmung der Tätigkeit ausschließt. Die unternehmensinternen Befugnisse knüpfen bei einer solchen Gestaltung der Rechtsbeziehungen nämlich nicht an den - angeblich - freien Dienstvertrag, sondern an die Gesellschafterstellung an. Gleiches gilt für den vermögensrechtlichen Status. Eine arbeitsrechtliche Bewertung erfaßt die Arbeitskraft aber nur, soweit es um den Ausführungsvertrag als solchen geht, während die Beitragsleistung für sich genommen unberührt bleibt. Eine zu weitgehende Einschränkung der privatautonomen Gestaltungsmöglichkeiten kann darin schon deshalb nicht gesehen werden, weil es den Parteien in allen Situationen, in denen ein Ausführungsvertrag statthaft ist, unbenommen bleibt, die Mitarbeit auf ein rein gesellschaftsvertragliches Fundament zu stellen und sich damit jedenfalls bei einem mehrseitigen Rechtsverhältnis der Einstufung der Beschäftigung als Arbeitsvertrag zu entziehen.952 In methodischer Hinsicht erscheint es vorzugswürdig, beim Vorliegen der entsprechenden Statusmerkmale keine generelle Derogation der Arbeitnehmereigenschaft zuzulassen, sondern statt dessen gegebenenfalls die einzelnen arbeitsrechtlichen Normen mit Rücksicht darauf zu modifizieren, daß die Mitarbeit kumulativ in einen kooperationsrechtlichen Rahmen eingebunden ist. Die abweichende Ansicht von Loritz kann nach alledem inhaltlich nicht überzeugen und ist daher zurückzuweisen. (2) Bilaterale

Vertragsbeziehungen

Eine von vornherein andere Ausgangslage besteht in den Fällen zweiseitiger Rechtsbeziehungen. Wenn sich die Parteien in diesen Konstellationen für eine gesellschaftsvertragliche Grundlage der Mitarbeit entschieden haben, so kommt darin ihr Wille zum Ausdruck, die Tätigkeit gerade nicht auf eine arbeitsvertragliche Basis zu stellen, sondern die Arbeitskraft mitunternehmerisch zu verwerten. Eine solche Rechtsformwahl, die zu einer Verdrängung des Arbeitsrechts und damit auch zu einer Derogation der bestandsschutzrechtlichen Vorschriften führt, kann allerdings nur dann anerkannt werden, wenn zumindest ein gewisser alternativer Mindestschutz für die Fortexistenz des Beschäftigungsverhältnisses vorhanden ist. Loritz will es insoweit ausreichen lassen, daß die Tätigkeit nur gemeinsam mit der gesamten Gesellschafterstellung beendet werden kann, der Mitarbeiter also gerade hinsichtlich seiner Dienste gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutz genießt. Eine solche Sachlage sei - so dürfte Loritz zu verstehen sein nicht nur bei einem Sonderrecht auf die Mitarbeit, sondern bereits dann gegeben, Siehe hierzu unten sub ee. Z u r Frage der analogen Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften siehe unten sub §§ 8— 12, passim. 951

952

420

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

wenn ein Gesellschafter seine Arbeitskraft „zu einem wesentlichen Teil" einbringe. 953 D e r genaue Inhalt dieses Bestandsschutzes wird freilich nicht ganz deutlich. Insoweit spricht Loritz

zunächst von der Möglichkeit, eine weitere Mitar-

beit „zumindest" aus wichtigem Grund zu untersagen, will aber unmittelbar darauf jedenfalls bei dauerhafter umfangreicher Mitarbeit eine einseitige Beendigung der Tätigkeit offenbar nur durch einen Ausschluß aus der Gesellschaft erlauben. 9 5 4 Im Ergebnis soll mit dieser Koppelung anscheinend erreicht werden, daß ein aktiv tätiger Gesellschafter seine Beschäftigungsmöglichkeit jedenfalls mangels abweichender Vereinbarungen nur beim Vorliegen eines wichtigen Grundes verliert. Vor allem aber bleibt offen, warum sich aus einer schlichten gesellschaftsvertraglichen Dienstpflicht auch dann, wenn der Betroffene kein damit korrespondierendes Sonderrecht innehat, eine derart starke Rechtsposition ergeben soll. Immerhin würde selbst ein echtes Sonderrecht im Sinne des § 35 B G B den Gesellschafter nicht stärker schützen, weil auch ein solches Recht nach überwiegender Ansicht 9 5 5 trotz einigen literarischen Widerstandes 9 5 6 isoliert aus wichtigem Grund entzogen werden kann. 9 5 7 Selbst wenn man aber von einer Vertragsgestaltung ausgeht, in der das Recht eines Gesellschafters zur aktiven Mitarbeit nur mit der Beteiligtenstellung als solcher beendet werden kann, führt dies jedenfalls in den hier fraglichen zweiseitigen Gesellschaftsbeziehungen nicht zu einem Bestandsschutz, der mit dem arbeitsrechtlichen Niveau auch nur halbwegs vergleichbar ist. Eine stille Gesellschaft kann nämlich gemäß § 234 Abs. 1 S. 1 H G B vom Geschäftsinhaber ohne sachlichen Grund ordentlich gekündigt werden. Die Verweisung auf § 132 H G B verschafft dem Kündigungsgegner lediglich insofern einen gewissen Schutz, als die Kündigung regelmäßig nur zum Schluß eines Geschäftsjahres mit einer Frist von sechs Monaten erfolgen darf. Ein ausschließlich auf der Grundlage eines stillen Gesellschaftsvertrages tätiger Mitarbeiter könnte also durch eine Kündigung der gesamten Teilhaberschaft problemlos aus dem Unternehmen entfernt werden. Es greift demnach erheblich zu weit, wenn man wie Loritz

ganz generell

vom gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutz als einem insoweit hinreichenden Kriterium für eine Abwahl des Arbeitsrechts spricht, bei der Untersuchung der Personengesellschaften aber die stille Gesellschaft ebenso wie die insoweit vergleichbare I n n e n - G b R übergeht. 953 Vgl. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 309, 311. Die Interpretation der Darlegungen von Loritz bereitet infolge ihrer Vagheit freilich nicht unerhebliche Schwierigkeiten. 954 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 311. 955 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 14 Rn. 21; Hachenburg I Raiser, G m b H G , 8. Aufl., § 1 4 R n . 2 4 ; Rowedder, G m b H G , 3. Aufl., § 1 4 Rn. 9; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 16 III 3 a aa, S. 478; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 1, S. 382; Scholz///. Winter, G m b H G , 9. Aufl., § 14 Rn. 27. 956 SoergeVHadding, B G B , 13. Aufl., § 3 5 Rn. 18; MünchKommBGB/Äeaier, 4. Aufl., § 3 5 Rn. 10 (jeweils anders nur bei Organstellung). 957 Dies schließt eine Gewichtung des Grundes je nach der Bedeutung des Sonderrechts für den Gesellschafter nicht aus; vgl. Felix, N J W 1972, 853, für die Mitarbeit eines Kommanditisten.

VI. Parteiwille und

Rechtsformzwang

421

F ü r den Normalfall einer stillen Teilhaberschaft muß es deshalb beim arbeitsrechtlichen R e c h t s f o r m z w a n g bleiben, u m eine Aushebelung des durch das Arbeitsrecht gewährten Bestandsschutzes zu verhindern. Sofern die Parteien eine weisungsabhängige Tätigkeit auf die Grundlage eines stillen Gesellschaftsvertrages stellen wollen, entsteht somit ex lege ein Arbeitsverhältnis. Das Vertragspartnerkriterium bildet in dieser Konstellation kein Hindernis, weil die Parteien des intendierten Gesellschafts- und des oktroyierten Arbeitsvertrages identisch sind. Rechtstechnisch handelt es hierbei um ein gemischtes Mitarbeiterverhältnis, 9 5 8 um auf diese Weise den Willen der Beteiligten, die Arbeitskraft in eine kooperationsrechtliche Beziehung einzubetten, möglichst weitgehend aufrechtzuerhalten. E i n e andere Beurteilung k o m m t allerdings in den Fällen in Betracht, in denen die Parteien einer zweiseitigen Rechtsbeziehung für die gesamte Gesellschafterposition und damit auch für die Tätigkeit einen gesellschaftsvertraglichen B e standsschutz vereinbaren, der den arbeitsrechtlichen Wertungen zumindest in ihren G r u n d z ü g e n nachgebildet ist. O b ein entsprechender Schutz in Anlehnung an Überlegungen von Wiedemann

bei einem mitarbeitenden Gesellschafter als

Ausstrahlung des A r t . 12 G G bereits kraft Gesetzes entwickelt werden k a n n , 9 5 9 mag an dieser Stelle offenbleiben. 9 6 0 U m den insoweit bestehenden U n s i c h e r h e i ten vorzubeugen, ist eine vertragliche Regelung zu verlangen, die eine B e e n d i gung des Beschäftigungsverhältnisses zumindest an das Vorliegen eines sachlichen Grundes knüpft. In Verbindung mit dem im Gesellschaftsrecht für einen Ausschluß allgemein anerkannten ultima-ratio-Prinzip 9 6 1 ist damit ein Niveau erreicht, das dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestandsschutz zwar nicht gleichkommt, aber auch nicht so weit hinterherhinkt, daß eine R e c h t s f o r m w a h l freiheit von vornherein ausscheidet. 9 6 2 D e m g e g e n ü b e r erscheint es zu weitgehend, eine Gleichwertigkeit lediglich dann zu bejahen, wenn eine Beendigung des Tätigkeitsverhältnisses nur beim Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich ist. 9 6 3 I m übrigen schließt es dieser Ansatz nicht aus, die Kündigung der Gesellschafterstellung einer Interessenabwägung zu u n t e r z i e h e n 9 6 4 und hierbei besondere Bestandsschutzwertungen des A r b e i t s r e c h t s 9 6 5 einfließen zu lassen. 9 6 6 S o 958 959

897 f.

Zu dieser Rechtsfigur siehe oben sub § 3 IV 3 a cc. Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 2 a cc, S. 387 f.; ferner ders., FS R. Fischer (1979), S. 883,

Siehe dazu noch unten sub § 12 I 1 a aa (1) (d) (cc). Vgl. nur BGH vom 30.11.1951, BGHZ 4, 108, 110 f. (OHG); BGH vom 17.2.1955, BGHZ 16, 317, 322 (GmbH); BGH vom 27.10.1955, BGHZ 18, 350, 362 ff. (KG); BGH vom 18.10.1965, WM 1966,29, 31 (stille Gesellschaft); Grunewald, Ausschluß, S. 79 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 50 III 1 b, S. 1449; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 2 a aa, S. 383. 962 In diesem Sinne auch Martens, RdA 1979, 347, 354. 963 So aber Herrmann, RdA 1989, 313, 322 ff. 964 Vgl. zum Ausschluß BGH vom 14.5.1952; BGHZ 6, 113, 117 f. (KG); Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 140 Rn. 19 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 2 a cc, S. 387. 9 6 5 Erwähnt seien insbesondere der Mutter- und der Schwerbehindertenschutz. 966 Ähnlich Martens, RdA 1979, 347, 354. 960 961

422

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

weit im Schrifttum die Gleichwertigkeit von gesellschaftsrechtlichem und arbeitsrechtlichem Bestandsschutz generell in Abrede gestellt wird, 9 6 7 ist dieser Einwand angesichts der noch im Fluß befindlichen Diskussion über die Grenzen der vertraglichen Absenkung der Ausschließungsvoraussetzungen 9 6 8 sowie der zum Teil recht pauschalen Behauptung der Gleichwertigkeit des Sozialschutzes verständlich. Indes vermag er die vorstehend dargelegte Konzeption nicht zu erschüttern. Danach gehört ein vergleichbarer Bestandsschutz zu den notwendigen Voraussetzungen für eine Anerkennung der Rechtsformwahl. Sofern dieses Erfordernis nicht erfüllt ist, bleibt es beim arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang mitsamt seinen Folgen für das Tätigkeitsverhältnis.

bb)

Binneneinfluß

Ein mit dem arbeitsrechtlichen Niveau halbwegs vergleichbarer gesellschaftsrechtlicher Bestandsschutz kann für sich allein allerdings nicht genügen, um den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang in bilateralen Beziehungen zurückzudrängen. Vielmehr ist man sich zu Recht im Ergebnis weitgehend darüber einig, daß ein gewisser innergesellschaftlicher Einfluß hinzutreten muß. 9 6 9 Soweit es um die Thematik geht, ob und unter welchen Voraussetzungen die Binnenmacht die Arbeitnehmereigenschaft im Rahmen separater Dienstverträge automatisch ausschließt, ist dies allerdings bereits eingehend erörtert worden. 9 7 0 Im vorliegenden Zusammenhang ist deshalb nur noch zu klären, ob es auch unterhalb der dargelegten Schwellen Gründe gibt, die es rechtfertigen, das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zwar nicht ex lege zu verneinen, den Parteien aber trotz der Erfüllung der Statusmerkmale eines Arbeitnehmers die Möglichkeit einer Rechtsformwahl einzuräumen. Nach den obigen Ausführungen spielt dies unmittelbar nur für zweiseitige Rechtsbeziehungen eine Rolle, weil nur in diesen Konstellationen eine nahtlose Abgrenzung von Arbeits- und Gesellschaftsvertrag in Rede steht. Daneben sind die folgenden Aspekte aber auch für die Frage der analogen Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften auf multilaterale gesellschaftsrechtliche Beschäftigungsverhältnisse relevant. Wenn bestimmte Kriterien die Parteien befähigen, den arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang in bilateralen Beziehungen zugunsten einer kooperationsrechtlichen Rechtsform zu verdrängen, muß unter denselben Bedingungen auch eine Analogie zu arbeitsrechtlichen N o r m e n aus-

967 Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 387 ff.; v. Hoyningen-Huene, NJW 2000, 3 2 3 3 , 3 2 3 5 . 9 6 8 Siehe dazu etwa Fiume, Personengesellschaft, § 10 I I I , S. 137 ff.; Grunewald, Ausschluß, S. 221 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 50 III 4 c, S. 1461; eingehend noch unten sub § 1 2 I 1 a a a ( l ) (d) (cc). 9 6 9 Vgl. B A G vom 6.7.1995, A P Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B I 2 c); Ermaa/Hanau, B G B , 10. Aufl., § 6 1 1 Rn. 24; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S . 4 0 4 ; Martens, RdA 1979, 347, 350 ff.; M ü n c h K o m m B G B / M « / / e r - G f ö g e , 3. Aufl., § 611 Rn. 28. Demgegenüber lassen Fenn, FS Bosch ( 1976), S. 171, 188 f., und Grunsky, A r b u R 1 9 7 8 , 1 2 6 , 128, dieses Erfordernis unerwähnt. 970

Siehe oben sub V b aa.

VI. Parteiwille

und

Rechtsformzwang

423

scheiden, sofern sich die Beteiligten für eine Rechtsgrundlage entschieden haben, durch die sie dem Rechtsformzwang von vornherein entgehen. 971 Im Hinblick auf den Gesichtspunkt des Binneneinflusses will Loritz die Mitsprache- und Kontrollrechte „eines Gesellschafters" genügen lassen. 972 Dabei geht Loritz - wie er an anderer Stelle näher ausgeführt 973 - davon aus, daß bereits der einem jeden Gesellschafter zustehende Kernbereich der Mitgliedschaft, also die Summe der unverzichtbaren und unentziehbaren Befugnisse sowie der stimmrechtsfesten Beschlußgegenstände eine Unterlegenheitsposition des Betroffenen im Verhältnis zu Mitgesellschaftern effektiv verhindert. Loritz vertritt demnach offenbar die Ansicht, daß jeder Gesellschafter unabhängig von einer Mindestgröße der Beteiligung einen Binneneinfluß innehat, der den durch das Arbeitsrecht gegenüber den Weisungen des Arbeitgebers gewährten Schutz erübrigt. Bringt man die Vorstellungen von Loritz in dieser Weise auf den Punkt, zeigt sich indes, daß sich eine solche These nicht halten läßt. Es ist gesellschaftsrechtlich nur schwer nachvollziehbar, wenn Loritz offenbar meint, daß eine stille Einlage oder ein minimaler Geschäftsanteil an einer G m b H dem Beteiligten per se eine Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungsprozessen vermittelt. 974 Erst recht leuchtet die Annahme nicht ein, daß ein schlichtes Stimmrecht ohne erkennbare Rücksicht auf die Mehrheitsverhältnisse in der Mitgliederversammlung dem Betroffenen mehr oder weniger denselben Schutz wie das Arbeitsrecht verschaffen soll. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil das arbeitgeberseitige Weisungsrecht grundsätzlich nicht auf der Ebene der Mitgliederversammlung, sondern auf der Geschäftsführungsebene angesiedelt ist. Die bloße Befugnis, in Grundlagengeschäften mitzustimmen, ändert für sich genommen nichts an einer etwaigen Abhängigkeit im betrieblichen Alltagsgeschehen. Die mit einer Gesellschafterposition als solcher verbundenen Befugnisse können daher nicht ohne jegliche Differenzierung als ausreichend angesehen werden, um die aus einer Weisungsbindung folgende Unterlegenheit in einer mit dem Arbeitsrecht vergleichbaren Weise zu kompensieren und daraus ein Argument für eine Rechtsformwahlfreiheit zu gewinnen. Soweit es um die innerverbandlichen Einwirkungsmöglichkeiten geht, hat das B A G in seiner genannten Entscheidung zur Rechtsstellung von Rote-KreuzSchwestern das Stimmrecht in der Mitgliederversammlung für ausreichend angesehen, um „die Geschicke des Vereins und zugleich die Arbeitsorganisation" 975 beeinflussen zu können. Auch wenn die Mitgliederversammlung nach der D R K Satzung u. a. für die Wahl der Oberin sowie die Festsetzung der monatlichen VerDazu bereits oben sub b bb (1). Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 404; zust. E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., § 6 1 1 Rn. 24; M ü n c h K o m m B G B / M ü l l e r - G l ö g e , 3. Aufl., § 611 Rn. 28; E r f K / P r e i s , 2. Aufl., § 611 B G B Rn. 23. 9 7 3 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 346 ff. 9 7 4 In diesem Sinne aber Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 353. 9 7 5 B A G vom 6.7.1995, A P Nr. 22 zu § 5 A r b G G 1979 (unter I 2 c). 971

972

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5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

gütung zuständig ist, kann indes ohne eine Berücksichtigung der Vereinsgröße sowie etwaiger Mehrheitserfordernisse schwerlich davon gesprochen werden, daß das einzelne Vereinsmitglied automatisch effektiv auf die eigenen Arbeitsbedingungen oder auch nur auf das Handeln nach außen einwirken kann. Im übrigen hat das BAG erkennen lassen, daß es bei erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Unternehmen andere Maßstäbe anlegen würde. 9 7 6 Das schlichte Stimmrecht in der Mitgliederversammlung einer KG oder einer GmbH würde demnach ohne Rücksicht auf das konkrete Stimmgewicht kaum als ein Umstand angesehen, der dem einzelnen mitarbeitenden Gesellschafter eine den privatautonomen Ausschluß der Arbeitnehmereigenschaft rechtfertigende Binnenmacht verschafft, obwohl der Verbandszweck mit der Frage des innergesellschaftlichen Einflusses an sich nichts zu tun hat. Martens will für die Frage der Gleichwertigkeit kooperations- und arbeitsrechtlicher Beschäftigungsverhältnisse als Voraussetzung für eine freie Rechtsformwahl auf das gesellschaftsrechtliche Kräfteverhältnis und die innerhalb der Gesellschaft bestehende Interessenkonstellation abstellen. Entscheidend sei die Rechtsmacht, die der mitarbeitende Gesellschafter gegenüber anderen Gesellschaftern geltend machen könne. Indem Martens in diesem Zusammenhang sowohl die Durchsetzung der eigenen Interessen als auch die Teilhabe an den gesellschaftsrechtlichen Entscheidungsprozessen erwähnt, trennt er allerdings nicht hinreichend deutlich zwischen der Binnenmacht bei einer Auseinandersetzung über die eigenen Arbeitsbedingungen im Innenverhältnis zu den Mitgesellschaftern und der damit keineswegs identischen Partizipation am Marktverhalten des Unternehmens im Außenverhältnis. Gleichwohl läßt sich mit diesen beiden Komponenten eine tragfähige Argumentation für eine Erweiterung der rechtsgeschäftlichen Gestaltungsbefugnisse aufbauen. Den Ausgangspunkt bildet das Vorhandensein eines dauerhaften, nachweislichen Einflusses des einzelnen Mitarbeiters auf das unternehmerische Verhalten der Gesellschaft. Da die anderen Teilhaber bzw. Organmitglieder in einer solchen Situation den Entscheidungen des Betroffenen über einen längeren Zeitraum gefolgt sind bzw. ihn haben gewähren lassen, was sich sinnvollerweise nur durch einen entsprechenden geschäftlichen Erfolg erklären läßt, kann davon ausgegangen werden, daß sie auch über die persönlichen Interessen des Beschäftigten nicht ohne weiteres hinweggehen, um diesen Erfolg nicht aufs Spiel zu setzen. Eine derartige interne Stellung ist zwar einerseits weniger als die rechtlich verbürgte Gestaltungsmacht auf die eigenen Arbeitsbedingungen, wie sie etwa durch eine Mehrheitsbeteiligung verschafft wird, und auch noch etwas geringer als der wesentliche Einfluß, bei dessen Vorliegen Diller die Arbeitnehmereigenschaft automatisch entfallen lassen will 9 7 7 . Andererseits bedarf es damit eines höheren Niveaus als den Einwirkungsmöglichkeiten, die aus einer schlichten Ge976 977

BAG vom 22.3.1995, AP Nr. 21 zu § 5 A r b G G 1979 (unter B II 3 a). Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 331 ff., 366 ff.

VI. Parteiwille

und

Rechtsformzwang

425

sellschafterstellung resultieren. In einem solchen Falle kann zwar eine rechtliche Fremdbestimmung der eigentlichen Tätigkeit vorliegen, so daß das Dienstverhältnis an sich als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist. Wenn sich die Parteien aber ausdrücklich für eine andere Rechtsform aussprechen, ist dies jedenfalls unter dem Aspekt eines hinreichenden Schutzes durch gesellschafterliche Binnenmacht hinzunehmen. Immerhin führt dieser Aspekt nur unter der kumulativen Voraussetzung eines hinreichenden gesellschaftsvertraglichen Bestandsschutzes der Mitarbeit zur Statthaftigkeit einer Zurückdrängung des Arbeitsrechts. Da ein Beschäftigter auf diese Weise nicht unter dem „Damoklesschwert der Hinauskündigung" 978 steht, ist es gerechtfertigt, die Voraussetzungen für eine Wahlfreiheit etwas niedriger anzusetzen als in den Fällen, in denen der Arbeitnehmerstatus als Folge eines hinreichenden internen Einflusses automatisch ohne Rücksicht darauf entfällt, ob der arbeitsrechtliche Bestandsschutz durch einen entsprechenden kooperationsrechtlichen Schutz des Tätigkeitskeitsverhältnisses kompensiert wird. cc) Vermögensrechtliche

Komponente

Die letzte Voraussetzung für die Anerkennung einer Rechtsformwahl betrifft die vermögensrechtliche Dimension der Mitarbeit. Im Grundsatz versteht sich diese Anforderung von selbst, weil eine Freistellung von den Bindungen des Arbeitsrechts zugunsten der mitunternehmerischen Verwertung einer fremdbestimmten Arbeitskraft nur dann Sinn macht, wenn der Beschäftigte auch tatsächlich an unternehmerischen Chancen partizipiert. Die entscheidende Frage besteht folglich darin, welches Ausmaß insoweit zu verlangen ist. Loritz fordert in diesem Zusammenhang, daß ein Mitarbeiter an den Gewinnen und an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt ist. 979 Sieht man einmal von Formulierungen ab, die auf noch niedrigere Erfordernisse hindeuten, 980 läuft diese Aussage darauf hinaus, jegliche Partizipation an Ertrag und Substanzzuwachs für eine Zurückdrängung des Arbeitsrechts ausreichen zu lassen. Dieser Position ist eindeutig zu widersprechen. Es kann nicht überzeugen, den Schutz, den das Arbeitsrecht in finanzieller Hinsicht gewährt, schon dann für entbehrlich zu erklären, wenn ein Beschäftigter in einem lediglich minimalen Ausmaß am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens teilhat. Nach Ansicht von Martens kommt es darauf an, ob der Mitarbeiter neben einer angemessenen Vergütung der geleisteten Tätigkeit ein im Vergleich zum Fest978 Siehe Schilling, Z G R 1979, 419, 426; aufgegriffen durch B G H vom 13.7.1981, B G H Z 81, 263, 268. 979 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter S. 404; zust. Erman¡Hanau, B G B , 10. Aufl., §611 Rn. 24; MùnchKommBGB/Af«//er-Gfóge, 3. Aufl., § 611 Rn. 28; ErfK/Preis, 2. Aufl., § 611 B G B Rn. 23. 980 Auf S. 343 will Loritz offenbar eine Buchwertabfindung auf der Grundlage eines für die Mitarbeit festgesetzten Kapitalanteils genügen lassen. Auf S. 405 ist nur von Gewinnbeteiligung die Rede. Auf S. 520 soll es anscheinend ganz allgemein ausreichen, wenn die Beschäftigten den „Status von Gesellschaftern" haben.

426

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

entgeh erhebliches gewinnabhängiges E i n k o m m e n bezieht. 9 8 1 Dieser Ansatz geht in die richtige R i c h t u n g , läßt die eigentlichen Wertungen aber n o c h nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen. D e r zentrale Aspekt besteht in vermögensrechtlicher H i n s i c h t darin, die Sicherungen eines Arbeitsverhältnisses gegen die C h a n c e n einer mitunternehmerischen Verwertung der eigenen Arbeitskraft einzutauschen. D a z u paßt es nicht, eine angemessene Festvergütung als Voraussetzung für eine wirksame R e c h t s f o r m w a h l zu verlangen, weil ein „echter" Gesellschafter von seinen Mitgesellschaftern ebenfalls kein fixes Entgelt beanspruchen könnte. Vielmehr spricht mehr dafür, auf die nach dem Zuschnitt des U n t e r n e h mens realistische und gesellschaftsvertraglich vereinbarte C h a n c e abzustellen, durch die aktive Mitarbeit einen E r l ö s zu erzielen, der die für eine vergleichbare Tätigkeit als A r b e i t n e h m e r zu zahlende Vergütung erheblich übersteigt. D u r c h dieses Kriterium wird eine K u m u l a t i o n von Vorteilen wie von Nachteilen verhindert. D e r bei einer weisungsabhängigen Tätigkeit an sich eingreifende arbeitsrechtliche Entgeltschutz entfällt bei umfangreichen unternehmerischen G e w i n n chancen, während er bei einem Verdienst auf Arbeitnehmerniveau

erhalten

bleibt. Beide Seiten haben somit eine echte Wahlfreiheit. D a s Abstreifen arbeitsrechtlicher Bindungen erfolgt nicht gleichsam kostenlos, sondern nur um den Preis einer Partizipation am U n t e r n e h m e n s g e w i n n , bei der zumindest die effektive C h a n c e auf einen Ertrag besteht, der die ansonsten zu leistenden A r b e i t n e h merbezüge in einem nennenswerten M a ß e überschreitet. D a b e i k o m m t es - wie zur Klarstellung hervorgehoben sei - nicht auf die tatsächliche spätere E n t w i c k lung, sondern auf die Berechtigung einer entsprechenden Prognose zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses an, um wiederholte Umqualifizierungen je nach konjunktureller Lage zu vermeiden. E i n e weitere A u s n a h m e v o m R e c h t s f o r m z w a n g ist für den Fall anzuerkennen, daß der Geschäftsgewinn zwischen dem U n t e r n e h m e n s i n h a b e r und dem (stillen) Gesellschafter halbwegs gleichmäßig verteilt wird. 9 8 2 A u c h wenn der zu erwartende Ertrag letztlich so gering ist, daß er die soeben genannte Schwelle nicht erreicht, rechtfertigt das Fehlen eines anderen Beteiligten, dem der durch die Mitarbeit geschaffene Wert überwiegend zugute k o m m t , doch eine Zurückdrängung des Arbeitsrechts. Bei einer finanziellen „ U n t e r o r d n u n g " vermag demgegenüber auch eine ausdrückliche Einstufung der R e c h t s b e z i e h u n g als Gesellschaftsverhältnis 9 8 3 es nicht zu verhindern, daß die Tätigkeit als Arbeitsvertrag (im Sinne eines gemischten Mitarbeiterverhältnisses) qualifiziert wird und demzufolge die Regeln über den arbeitsrechtlichen Entgeltschutz zur A n w e n d u n g k o m m e n . D i e Rechtsformwahlfreiheit m u ß in dieser Gestaltung somit durch eine zumindest nahezu gleichberechtigte Teilung des U n t e r n e h m e n s g e w i n n s erkauft werden.

981 982

R d A 1979, 347, 351. Z u r Auslegung des Parteiwillens in einer solchen Konstellation siehe oben sub V 2 b aa.

9 8 3 O h n e eine solche Klausel ist in diesem Falle ohnehin davon auszugehen, daß die Parteien einen Arbeitsvertrag schließen wollten; vgl. oben sub V 2 b aa.

VI. Parteiwille

und Rechtsformzwang

427

Demgegenüber ist eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen nicht zu fordern. Wenn ein in leitender Position tätiger Gesellschafter keinen Kapitalanteil haben muß und ihm deshalb bei einem Ausscheiden kein Abfindungsanspruch zusteht, 984 ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Zulässigkeit einer Rechtsformwahl generell an eine solche Beteiligung gebunden sein sollte. Soweit die vorstehend geschilderten Voraussetzungen kumulativ vorliegen, ist der Wille der Parteien anzuerkennen, eine weisungsgebundene Beschäftigung auf eine bilaterale gesellschaftsvertragliche Grundlage zu stellen und dadurch das Arbeitsrecht zu verdrängen, so daß es nicht unmittelbar und im allgemeinen auch nicht analog 985 zur Anwendung kommt. Eines zusätzlichen sachlichen Grundes für eine solche Rechtsformwahl, wie sie vom B A G früher einmal für die Vereinbarung eines freien Dienstvertrages anstelle eines Arbeitsverhältnisses teilweise gefordert worden ist, 986 bedarf es nicht. 987 dd) Fehlende

Schutzbedürftigkeit

Wie bereits angesprochen hat Grunsky im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Vereins- und arbeitsrechtlicher Tätigkeit die Überlegung aufgeworfen, den Parteien bei fehlender Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters freie Hand bei der rechtlichen Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses zu lassen. 988 Grunsky geht damit in der Sache über die bislang geschilderte Konzeption hinaus. Insoweit handelt es sich freilich nicht um einen Gedanken, der sich auf die spezifische Lage der Qualifikation von Dienstleistungen in Fällen mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag bezieht. Dementsprechend stellt Grunsky auch auf Umstände ab, die mit den mitgliedschaftlichen Befugnissen nichts zu tun haben, sondern in den sonstigen Verhältnissen des Mitarbeiters wurzeln. In der Sache reiht sich Grunsky damit in die Kette derer ein, die das Eingreifen des arbeitsrechtlichen Schutzes ganz allgemein nicht nur von der Erfüllung des Arbeitnehmerbegriffs abhängig machen, sondern auch den Aspekt der Schutzbedürftigkeit im Einzelfall einbeziehen wollen. 989 Dabei geht Grunsky lediglich insofern weiter, als er nicht nur einzelne Normen und Regelungskomplexe zurückstutzen, sondern die Eigenschaft als Arbeitnehmer insgesamt zur Disposition stellen will. Eine derart pauSiehe oben sub V 2 a aa. Zu Ausnahmen hinsichtlich des arbeitsrechtlichen Gesundheits- und Persönlichkeitsschutzes siehe unten sub § 8 I 3. 9 8 6 B A G vom 14.2.1974, AP Nr. 12 zu §611 B G B Abhängigkeit (unter III 3 a); in diese Richtung auch B A G vom 21.9.1977, AP Nr. 24 zu § 611 B G B Abhängigkeit (unter 3); in der Sache aufgegeben durch B A G vom 9.5.1996, AP Nr. 79 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; im Sinne der früheren Sichtweise des B A G immer noch ErfK/Prezs, 2. Aufl., § 611 B G B Rn. 78. 9 8 7 Eingehende Kritik an der Rechtsfigur einer Umgehung durch Gestaltungsmißbrauch, wie sie dem B A G offenbar vorschwebte, bei Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 212 ff.; abl. auch Maschmann, Arbeitsverträge, S. 234. 9 8 8 ArbuR 1978, 126, 128. 9 8 9 In diese Richtung grdl. Zeuner, RdA 1975, 84, 87 f.; ferner Heuherger, Sachliche Abhängigkeit, S. 166; Reuter, Stellung des Arbeitsrechts, S. 31 f.; tendenziell ebenso Heinze, N Z A 1997, 1,3. 984

985

428

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

schale Sichtweise verstößt jedoch zum einen gegen den Willen des Gesetzgebers, der die Anwendung des arbeitsrechtlichen Schutzinstrumentariums in einer abstrahierenden Weise an das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses geknüpft hat, ohne nach der konkreten Schutzbedürftigkeit des Beschäftigten zu fragen. 990 Mit den gesetzgeberischen Intentionen läßt sich zwar eine Zurückdrängung des Arbeitsrechts vereinbaren, die auf speziellen Eigenheiten gesellschaftsrechtlicher Beschäftigungsverhältnisse beruht, nicht aber eine vollständige Abwahl, die sich ausschließlich auf die - angeblich - fehlende soziale Schutzbedürftigkeit des Mitarbeiters stützt. Zum anderen würde durch das Kriterium der mangelnden Schutzbedürftigkeit ein nicht hinnehmbares Maß an Rechtsunsicherheit in die Voraussetzungen für die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften hineingetragen werden. Dies ist nicht zuletzt deshalb abzulehnen, weil das allgemeine Merkmal der Schutzbedürftigkeit im Gegensatz zu den oben herausgearbeiteten Voraussetzungen für eine Rechtsformwahl bei gesellschaftsvertraglichen Tätigkeitsbeziehungen zwangsläufig dazu führt, auch außervertragliche Umstände einzubeziehen. 991 Alles in allem enthält der Ansatz von Grunsky für die hier interessierenden Gestaltungen mithin keine weiterführenden Erkenntnisse. ee) Unternehmen

im

Mitarbeitereigentum

Nach einer in der Literatur mehrfach vertretenen Ansicht bilden Unternehmen, die sich vollständig oder zumindest mehrheitlich in den Händen der Mitarbeiter befinden, also im „Eigentum des Faktors Arbeit" (labor-owned-firms), eine besondere Fallgruppe. 992 Phänomenologisch kommen hierbei Bau-, Handwerksund Produktionsbetriebe, vor allem aber Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche in Betracht, bei denen die eingebrachte Arbeit, die von einfachen (Reinigungskolonne) bis zu höchstqualifizierten Tätigkeiten (law firm) reichen kann, gegenüber dem Anlagekapital dominiert. 993 Insoweit ist der Ansatz von Reuter, in derartigen Konstellationen auch ohne einen dahingehenden Parteiwillen einen automatischen Statuswechsel anzunehmen, bereits ausführlich erörtert und abgelehnt worden. 994 Hierdurch wird es jedoch noch nicht zwangsläufig ausgeschlossen, den Beteiligten eine entsprechende Rechtsformwahlfreiheit einzuräumen. Eine Freistellung vom arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang kann nicht schon auf der Basis der bislang herausgearbeiteten Grundsätze bejaht werden. Zum einen wird die Mitarbeit in vielen Fällen auf der Grundlage tätigkeitsbezogener Austauschverträge erfolgen, so daß es um die Möglichkeit der Vereinbarung 9 9 0 In diesem Sinne auch Jahnke, Z H R 146 (1982), 595, 617; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 105. 9 9 1 Zutreffend Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 385. 9 9 2 Vgl. Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 393 ff.; E r m a n / H a n a u , B G B , 10. Aufl., §611 Rn. 24; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 272 ff., 287, 294 ff., 360, 376; Martens, RdA 1979, 347, 353; Reuter, ZiK 1979, 537, 550 ff. 9 9 3 Siehe hierzu auch bereits oben sub § 1 II 4. 9 9 4 Vgl. oben sub V 3.

VI. Parteiwille und

Rechtsformzwang

429

freier Dienstverträge und damit u m eine Sachlage geht, bei der eine freie R e c h t s formwahl prinzipiell zu verneinen ist. 9 9 5 Z u m anderen fehlt es in größeren U n t e r nehmen regelmäßig auch dann an einem nennenswerten Einfluß jedes einzelnen Beschäftigten auf die eigenen Arbeitsbedingungen bzw. das Marktverhalten der Gesellschaft, 9 9 6 wenn es sich um ein belegschaftseigenes U n t e r n e h m e n handelt, ohne daß es darauf a n k o m m t , o b eine „arbeitsgeleitete" oder eine „kapitalgeleitet e " Verwaltungsstruktur vorliegt. 9 9 7 D a m i t sind die für eine Wahlfreiheit an sich erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Soweit das Schrifttum dafür plädiert, die arbeitsrechtlichen Bindungen durch privatautonome A b r e d e zurückdrängen zu k ö n n e n , wird vor allem auf die besondere wirtschaftliche Struktur dieser U n t e r n e h m e n abgestellt. Wenn die Wertschöpfung mehr oder weniger allen Mitarbeitern zugute k o m m t , ohne daß die finanziellen Interessen von Eigenkapitalgebern bedient werden müssen, fehle es an der Konfliktsituation zwischen Kapital und Arbeit. Vielmehr bestehe eine weitgehende Interessenhomogenität zwischen den Beschäftigten, die sich sowohl auf den Entgeltbereich wie auf die F ü h r u n g und Organisation des U n t e r n e h m e n s beziehe. 9 9 8 In ö k o n o m i s c h e r H i n s i c h t arbeite jeder Beteiligte zugunsten der anderen, profitiere im G e g e n z u g aber auch von deren A r b e i t . 9 9 9 D a somit keine „ f r e m d e " , sondern nur eine „wechselseitige" Ausbeutung vorliege, bestehe kein Anlaß, den Mitarbeitern den Schutz des Arbeitsrechts aufzudrängen. Statt dessen müsse es den Beschäftigten selbst überlassen bleiben, o b sie sich gegenseitig den arbeitsrechtlichen Schutz gewähren oder o b sie das Arbeitsrecht teilweise oder durch eine entsprechende R e c h t s f o r m w a h l vollständig derogieren w o l l e n . 1 0 0 0 Betrachtet man den wirtschaftlichen Existenzschutz in belegschaftseigenen U n t e r n e h m e n zunächst einmal aus der Perspektive des einzelnen Mitarbeiters, so kann kaum ein Zweifel daran bestehen, daß er sich bei festen Tätigkeitsvergütungen, die intern als K o s t e n und nicht als reiner Gewinnvoraus behandelt werden, in derselben Situation wie ein A r b e i t n e h m e r befindet. W ä h r e n d Fehlzeiten infolge individueller Risiken wie Krankheit oder das Bedürfnis nach Erholungsurlaub bei einer gleichmäßigen Gewinnbeteiligung als ausschließlicher Vergütungsform den gesamten Geschäftsgewinn schmälern und deshalb alle Teilhaber gleichermaßen belasten würden, führen sie bei einer fixen Vergütung ohne einen entsprechenden Sozialschutz nämlich grundsätzlich zu einer Minderung des individuellen Entgelts. In der Sache geht es somit im wesentlichen darum, o b der durch das Arbeitsrecht gewährte Schutz des einzelnen vor bestimmten Risiken sowie deren Siehe oben sub aa (1). Zu diesem Erfordernis siehe oben sub bb. 9 9 7 Vgl. Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 395; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 51 f.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 376; in diesem Sinne auch Goldberg v. Whitaker House Coop., 366 U.S. 28, 32 (1961); diesen Aspekt übergehend aber Winfield v. London Philharmonie Orchestra Ltd. [1979] I.C.R. 726, 730 (E.A.T.). 995

996

998

Martens, RdA 1979, 347, 353.

Sehr anschaulich Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 395. 1000 £)j7/ er> Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 395 f. 999

430

5 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Abwälzung auf den Arbeitgeber für den Fall durch eine privatautonome Vereinbarung rückgängig gemacht werden kann, daß die Beschäftigten in ihrer Gesamtheit als „Arbeitgeber" fungieren. Sofern die Mitarbeit auf der Grundlage eines eigenständigen Austauschvertrages mit fester Tätigkeitsvergütung erfolgt, kann man die Wahl der Rechtsform eines freien Dienstvertrages - anders als bei der Vereinbarung eines gesellschaftsvertraglichen Rahmens - nicht einfach auf den Gedanken stützen, daß den Parteien eine mitunternehmerische Verwertung der Arbeitskraft nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ermöglicht werden müsse. Vielmehr besteht die Intention der Beteiligten in einer solchen Gestaltung lediglich darin, dem Unternehmen die Vorteile einer weisungsabhängigen Mitarbeit zu verschaffen, ohne mit dem damit an sich verbundenen arbeitsrechtlichen Sozialschutz belastet zu werden und ohne dafür zum Ausgleich gesellschaftsrechtlichen Schutzmechanismen ausgesetzt zu sein. Dennoch ist der Ansatz einer Zurückdrängung des Arbeitsrechts in Gesellschaften im Eigentum der Mitarbeiter nicht schon von vornherein zu verwerfen. Es ist nämlich nicht zu übersehen, daß eine generelle Verlagerung der Zuständigkeit für bestimmte Risiken von der Gesamtheit der Beschäftigten als „Arbeitgeber" auf den einzelnen Beteiligten den jeweiligen Mitarbeiter nicht nur belastet. Vielmehr kommt sie ihm dadurch zugute, daß eine Individualisierung der Verantwortung den Geschäftsertrag von den mit bestimmten sozialen Schutzmechanismen verbundenen Kosten entlastet und auf diese Weise die festen Vergütungen der Beschäftigten wirtschaftlich absichert bzw. eine entsprechende Höhe überhaupt erst ermöglicht. Zwar ist der Arbeitnehmerstatus im Grundsatz nicht in dem Sinne „käuflich", daß sich ein Arbeitgeber durch die Zahlung eines erhöhten Gehaltes von arbeitsrechtlichen Bindungen dispensieren kann. Wenn aber sämtliche durch eine Abwahl des Arbeitsrechts für den einzelnen Mitarbeiter entstehenden Kostennachteile der gesamten Belegschaft und damit dem Faktor Arbeit und nicht dem Faktor Kapital als Vorteil wieder zufließen, läßt sich ein Rechtsformzwang jedenfalls nicht mehr auf den arbeitsrechtlichen Existenzschutz gründen. 1001 Fraglich ist in diesem Zusammenhang lediglich, bei welcher Verteilung der Wertschöpfung auf den Faktor Arbeit noch davon gesprochen werden kann, daß alle Mitarbeiter wechselseitig von der Tätigkeit ihrer Kollegen profitieren. Diller fordert eine in etwa gleiche Höhe von Gehalt und Gewinnanteilen, hält eine Differenzierung entsprechend der jeweils geleisteten Tätigkeit einschließlich des looi N u r a m R a n £ j e s e ; angemerkt, daß man eine Freistellung von arbeitsrechtlichen Bindungen nicht etwa durch den Gedanken legitimieren kann, die ökonomischen Probleme, vor denen „arbeitsgeleitete" Unternehmen in einer Marktwirtschaft stehen, mittels einer Entlastung auf der Kostenseite zu verringern, um hierdurch diesen Unternehmenstyp zu fördern. Zu den ökonomischen Schwierigkeiten siehe Gutmann, in: Rauscher (Hrsg.), Selbstinteresse und Gemeinwohl, S. 37, 102 ff.; Hax, ebenda, S. 121, 131 ff.; Wiemeyer, O R D O , Bd. 39 (1988), 195, 205 ff.; eingehende Diskussion bei Dow/Putterman, in: Blair/Roe (Ed.), Employees and Corporate Governance, S. 17, 23 ff.

VI. Parteiwille

und

Rechtsformzwang

431

Kriteriums der Seniorität aber für unschädlich. 1002 Diese auf den ersten Blick wie eine contradictio in adiecto klingende Umschreibung weist auf den zutreffenden Kern des Ansatzes hin. Der Leitgedanke besteht nämlich nicht in einer numerischen Entgeltgleichheit, sondern in einer Aufteilung der gesamten durch die Gesellschaft erzielten Wertschöpfung auf die Beschäftigten im Verhältnis zum Marktwert der jeweiligen Arbeitskraft unter Ausschluß jeglicher Kapitalinteressen. Insoweit steht aber außer Zweifel, daß die einzelnen Tätigkeiten innerhalb eines Unternehmens im allgemeinen je nach Verantwortungshöhe und Spezialisierungsgrad durchaus unterschiedlich bewertet werden. Daneben spielt die langjährige Investition von Arbeitskraft vor allem in Unternehmen mit hohen Anforderungen an die Qualität der Produkte bzw. Dienstleistungen für den Markterfolg und damit für den Umfang des auf die Mitarbeiter verteilbaren Ertrages eine wichtige Rolle. Deshalb stellt etwa die übliche Höherbewertung der Tätigkeit von Seniorpartnern in einer law firm innerhalb gewisser Grenzen keine Aneignung des wirtschaftlichen Wertes der Arbeitskraft jüngerer Partner dar, sondern ist Ausdruck des durch langjährige Mandantenkontakte aufgebauten Marktwertes der eigenen Mitarbeit. 1003 Folgerichtig hindern angemessene Vergütungsunterschiede nicht die Annahme eines in wirtschaftlicher Hinsicht belegschaftseigenen Unternehmens. Der Verweis auf die wirtschaftliche Eigennützigkeit der erbrachten Tätigkeiten löst allerdings noch nicht ohne weiteres die Probleme, die durch einen Wegfall des arbeitsrechtlichen Berufsschutzes aufgeworfen werden. Auch wenn man davon ausgehen kann, daß die aus der Fremdbestimmung der Mitarbeit erwachsenden Risiken von vornherein etwas geringer werden, sofern innerhalb des Unternehmens keine Kapitalinteressen existieren, die von vergleichsweise schlechten Rahmenbedingungen für den Faktor Arbeit profitieren können, kann das Vorhandensein entsprechender Risiken 1004 nicht in Abrede gestellt werden. 1005 Wenn und soweit die Beschäftigten in ihrer Gesamtheit die eigene Arbeitsorganisation festlegen, handelt es sich bei einer kollektiven Betrachtung zwar um eine mittelbare Selbstbestimmung, die etwaige Schutzdefizite auf der Ebene des einzelnen Beschäftigungsverhältnisses indes nicht vollständig kompensieren kann. Deshalb genügt es in diesem Zusammenhang auch nicht, auf eine im Grundsatz weitgehende Übereinstimmung der Interessen zu verweisen. 1006 Um diese offene Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 397 f. Vgl. Richter/Furubotn, N e u e Institutionenökonomik, 2. Aufl., S . 4 3 9 f . Zudem schafft ein überproportional hoher Anteil an der law firm und damit am Firmennamen-Kapital einen entsprechenden Anreiz, die unmittelbar dienstleistenden Anwälte zu überwachen und einem moral hazard zu Lasten der Klienten entgegenzuwirken; dazu Carr/Mathewson, J. L a w & Econ. 33 (1990), 307, 328. 1 0 0 4 Zu nennen sind in erster Linie Gefahren für die Gesundheit und die Persönlichkeit des Mitarbeiters sowie exorbitante Haftungsrisiken. 1 0 0 5 Siehe insoweit auch Mayer-Maly, in: Rauscher (Hrsg.), Selbstinteresse und Gemeinwohl, S. 13, 22 (Gefahr einer Uberforderung duch Kollegenmehrheit). 1 0 0 6 Zu pauschal daher Martens, R d A 1979, 347, 353. 1002 1003

432

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

Flanke zu schließen, kann die Wahl der Rechtsform eines freien Dienstvertrages, die für sich genommen gerade keine gesellschaftsrechtlichen Schutzmechanismen mobilisiert, somit nur anerkannt werden, wenn der arbeitsrechtliche Berufsschutz zumindest in seinen Grundzügen gewahrt wird. Hierzu zählen vor allem eine entsprechende Gestaltung der Arbeitsumwelt sowie eine vertragliche Entlastung von Haftungsrisiken, soweit diese auf Faktoren beruhen, die der einzelne Dienstleistende nicht nennenswert beeinflussen kann, sondern die ihm durch die von der Gesamtheit der Mitarbeiter beschlossenen Arbeitsorganisation vorgegeben sind. Der letzte Problemkreis betrifft den arbeitsrechtlichen Bestandsschutz, der von den oben erwähnten literarischen Ansätzen überwiegend ausgeblendet wird. So finden sich insbesondere bei Diller keine Anhaltspunkte dafür, daß er einen wie auch immer gearteten alternativen Schutz des Mitarbeiters vor einer Beendigung seines Tätigkeitsverhältnisses als Voraussetzung für eine Rechtsformwahl verlangt. Wie die Einzelkriterien belegen, will Diller vielmehr ausschließlich auf die wirtschaftliche Struktur des Unternehmens abstellen. 1007 Wenn es an einer gesellschaftsrechtlichen Verankerung der Tätigkeit fehlt, könnte ein freier Dienstvertrag aber von den die Gesellschaft vertretenden Beteiligten jederzeit gekündigt werden. Das Fehlen jeglichen inhaltlichen Bestandsschutzes kann indes nicht allein durch die Überlegung kompensiert werden, daß die durch die Arbeit erzielte Wertschöpfung zuvor auf alle Beschäftigten gleichmäßig bzw. entsprechenden den Unterschieden im Marktwert der Tätigkeiten verteilt worden ist. Insoweit handelt es sich um zwei nicht kompatible Parameter. Als prinzipielle Voraussetzung für eine das Arbeitsrecht zurückdrängende Rechtsformwahl muß damit am Erfordernis eines gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutzes festgehalten werden. Nicht ohne Grund fordert immerhin auch Loritz trotz seiner Aufgeschlossenheit für weitgehende privatautonome Gestaltungsbefugnisse einen solchen Schutz als notwendige Voraussetzung. 1008 Allerdings genügt es hierfür, einen eigenständigen Mitarbeitervertrag in einer solchen Weise mit dem Gesellschaftsverhältnis zu verknüpfen, daß die Tätigkeitsbeziehung nicht isoliert, sondern nur nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen beendet werden kann. Sofern die geschilderten Voraussetzungen - restlose und angemessene Verteilung der wirtschaftlichen Wertschöpfung auf den Faktor Arbeit sowie ein hinreichender Berufs- und Bestandsschutz der Tätigkeit - kumulativ vorliegen, kann in Unternehmen im Eigentum des Faktors Arbeit nach alledem privatautonom vereinbart werden, daß eigenständige Beschäftigungsverhältnisse grundsätzlich den für freie Dienstverträge geltenden Regelungen unterfallen, auch wenn sie infolge

1007 Vgl Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 397 f. Ebenfalls keine Hinweise auf das Erfordernis eines Bestandsschutzes bei Erman/Hanau, B G B , 10. Aufl., § 611 Rn. 24. 1008 Vgl. Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S.404. Im Erg. auch Martens, RdA 1979, 347, 354, indem er ohne nähere Erläuterung davon ausgeht, daß das Beschäftigungsverhältnis „Gegenstand der Gesellschaftsbeteiligung" sei.

VI. Parteiwille und

433

Rechtsformzwang

der Weisungsabhängigkeit der Tätigkeit bei „ o b j e k t i v e r " Qualifikation an sich als Arbeitsverträge eingestuft werden müßten.

2. Vereinbarung

der

Arbeitnehmereigenschaft

D i e zweite wenn auch wesentlich weniger bedeutsame Frage besteht darin, o b die Parteien ein Arbeitsverhältnis vereinbaren k ö n n e n , o b w o h l dessen Voraussetzungen mangels einer fremdbestimmten Tätigkeit o b j e k t i v nicht vorliegen. D i e grundsätzliche P r o b l e m a t i k eines Arbeitsvertrages kraft privatautonomer Qualifikation ist bereits eingehend erörtert w o r d e n . 1 0 0 9 D a b e i hat sich ergeben, daß eine R e c h t s f o r m w a h l nicht dazu führen kann, den „ w a h r e n " C h a r a k t e r eines Rechtsverhältnisses zu verändern, sondern lediglich als eine Pauschalverweisung auf die an sich nicht einschlägigen Bestimmungen bei gleichzeitiger A b w a h l der eigentlich anwendbaren N o r m e n eingestuft werden kann. A n dieser Stelle geht es deshalb nur n o c h darum, o b der arbeitsrechtliche R e c h t s f o r m z w a n g nicht nur das Aushebeln des Arbeitsrechts verhindert, sondern er es gleichsam als Kehrseite untersagt, sich bei einem Fehlen der an sich erforderlichen Tätigkeitsmerkmale in einer generellen Weise dem Arbeitsrecht zu unterstellen. D e n arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften läßt sich indes nicht flächendeckend eine A r t A u s schließlichkeitscharakter entnehmen, der es verbietet, sie bei einer entsprechenden privatautonomen Vereinbarung auf nichtarbeitsvertragliche Beschäftigungsverhältnisse anzuwenden. Vielmehr k o m m t nur denjenigen Regelungen eine abschließende W i r k u n g zu, durch die Interessen D r i t t e r oder der Allgemeinheit berührt werden. 1 0 1 0 F e r n e r enthalten auch das Dienstvertrags- und das Gesellschaftsrecht hierfür keine prinzipiellen Hindernisse. D e m n a c h steht der Anerkennung einer pauschalen Verweisung auf das Arbeitsrecht durch eine dahingehende R e c h t s f o r m w a h l im Grundsatz nichts im Wege, soweit ausschließlich das Innenverhältnis der Beteiligten betroffen ist. 1 0 1 1 In konstruktiver Hinsicht ist freilich zu differenzieren: E i n eigenständiger freier Dienstvertrag kann für die Innenbeziehungen der Parteien problemlos in ein Arbeitsverhältnis verwandelt werden. Das Dienstvertragsrecht wird in dieser Konstellation vollständig verdrängt. Bei tätigkeitsbezogenen

Rechtsbeziehun-

gen, in denen an sich die Voraussetzungen eines bilateralen oder sogar eines multilateralen Gesellschaftsverhältnisses erfüllt sind, liegen die D i n g e etwa komplizierter. D u r c h die b l o ß e B e z e i c h n u n g der Beschäftigung als Arbeitsverhältnis können dem Mitarbeiter nicht die Befugnisse g e n o m m e n werden, die ihm aufgrund seines Status als Gesellschafter mindestens zustehen. 1 0 1 2 D e r Kernbereich der Mitgliedschaft bleibt durch eine entsprechende Parteiabrede somit unangeSiehe dazu oben sub § 4 IV 2. Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 141. 1011 Ebenso Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 399 f.; Rosenfelder, beitsrechtliche Status, S. 141. 1012 Nicht thematisiert von Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 400. 1009

1010

Der ar-

434

§ 6 Arbeitsrechtliche

Perspektive

tastet. Dem Willen der Beteiligten dürfte es am ehesten gerecht werden, in einem solchen Falle die Vereinbarung eines Ausführungsvertrages anzunehmen. Denkbar ist freilich auch eine Auslegung, die dazu führen soll, auf Dienstleistungen als gesellschaftsvertragliche Beiträge arbeitsrechtliche Vorschriften unmittelbar anzuwenden. Mangels eines Austauschverhältnisses liegt dann aber kein eigentlicher Arbeitsvertrag vor. 1013 Im übrigen ist in diesen Konstellationen in besonderem Maße darauf zu achten, ob die Parteien tatsächlich zugleich ein Gesellschaftsverhältnis begründen wollten. Soweit sich die Existenz eines Arbeitsverhältnisses zu Lasten Dritter auswirkt, ist für eine privatautonome Disposition von vornherein kein Raum. Wie die Judikatur des BSG zu Leistungen der Arbeitslosenversicherung belegt, 1014 kommt dieser Rechtsgedanke vor allem in der Insolvenz der Gesellschaft zum Tragen. So kann etwa dem Mehrheitsgesellschafter einer G m b H auf diesem Wege kein Bestandsschutz seiner Tätigkeitsbeziehung verschafft werden, der auch den Insolvenzverwalter bindet. Vergleichbares gilt für den Insolvenzschutz für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Darüber hinaus können die Vertragspartner aber auch ganz generell nicht über die Anwendungsvoraussetzungen von Regelungen verfügen, in denen es um die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit geht. Dies betrifft etwa die Betriebsverfassung oder das Arbeitskampfrecht. 1 0 1 5 Es greift deshalb zu kurz, in diesen Fällen lediglich per Auslegungsregel anzunehmen, daß die Parteien die Wirkungen der Vereinbarung eines Arbeitsvertrages auf ihre Innenbeziehungen begrenzen wollen. 1 0 1 6 Daher kommt auch eine Verbesserung der Situation Dritter 1 0 1 7 prinzipiell nicht in Frage.

VII. Zusammenfassung Ein Arbeitsverhältnis erfordert einen Arbeitsvertrag, der wiederum einen Sonderfall des Dienstvertrages darstellt. Die unmittelbare Abgrenzung von arbeitsund gesellschaftsvertraglicher Mitarbeit hat daher gemäß der allgemeinen Grenzziehung zwischen Gesellschafts- und tätigkeitsbezogenem Austauschvertrag in erster Linie danach zu erfolgen, zwischen welchen Beteiligten rechtliche Beziehungen bestehen. Die Rechtsfigur eines - echten - Arbeitsverhältnisses auf gesell1013 Zum Erfordernis einer Austauschbeziehung als Grundlage eines Arbeitsvertrages siehe oben sub III 1 b. 1014 Vgl. BSG vom 29.10.1986, BB 1987, 406, 407; BSG vom 9.11.1989, BSGE 66, 69, 71 ff.; BSG vom 8.8.1990, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG vom 18.4.1991, SozR 3-4100 § 168 Nr. 5; BSG vom 6.2.1992, BSGE 70, 81, 82 f.; BSG vom 24.9.1992, SozR 3-4100 §168 Nr. 8; BSG vom 23.6.1994, NJW 1994, 2974, 2975; BSG vom 8.12.1994, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18; BSG vom 5.2.1998, SozR 3-4100 § 168 Nr. 22. 1015 Vgl. Rosenfelder, Der arbeitsrechtliche Status, S. 141. 1016 So aber Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 400. 1017 Man denke an arbeitsrechtliche Normen, deren Eingreifen von einer bestimmten Arbeitnehmerzahl abhängt; vgl. §23 Abs. 1 KSchG, §§ 1, 9, 38, 99, 106, 111 ff. BetrVG.

VII.

Zusammenfassung

435

schaftsvertraglicher Grundlage ist abzulehnen. Eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften und Grundsätze auf gesellschafterliche Dienstbeiträge, die unter Bedingungen erfolgt, die bei einem Austauschvertrag zur Qualifikation als Arbeitsvertrag führen würden, wird damit nicht ausgeschlossen. Die Gesellschaftereigenschaft bildet in keiner gesellschaftsrechtlichen Rechtsform ein zwingenden Hindernis dafür, daß ein Beschäftigter im Rahmen eines Drittvertrages die Stellung eines Arbeitnehmers einnimmt. Dies gilt insbesondere auch für persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafter. Darüber hinaus stehen weder die organschaftliche Vertretungsmacht noch die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis der gleichzeitigen Existenz eines Arbeitsvertrages mit der Gesellschaft entgegen. Für die Frage, ob der tätigkeitsbezogene Drittvertrag eines Gesellschafters als Arbeitsvertrag oder freier Dienstvertrag zu qualifizieren ist, spielt der Umfang der Beteiligung an der Gesellschaft eine herausragende Rolle, weil er unabhängig von den konkreten Tätigkeitsumständen vielfach ein eindeutiges Urteil erlaubt. Die Qualifikation des Anstellungsvertrages eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H als Arbeitsvertrag scheidet dann definitiv aus, wenn dieser aufgrund seiner Verwaltungsmacht in der Lage ist, bei Gesellschafterbeschlüssen seinen Willen durchzusetzen oder jedenfalls eine Fremdbestimmung zu verhindern. Potentielle Einflußnahmemöglichkeiten unterhalb dieser Schwelle stehen einer Arbeitnehmereigenschaft dagegen nicht schon prinzipiell entgegen. Vergleichbares gilt für mitarbeitende Gesellschafter einer G m b H auf einer unterhalb der Geschäftsführung angesiedelten Ebene sowie für dienstleistende Personengesellschafter. Im Hinblick auf die Qualifikation von Drittverträgen vermag eine nur geringe oder gar fehlende vermögensmäßige Teilhabe bei hinreichender gesellschafterlicher Verwaltungsmacht den Arbeitnehmerstatus nicht zu begründen. Umgekehrt schließt eine umfangreiche vermögensmäßige Partizipation für sich genommen den Arbeitnehmerstatus eines Beschäftigten nicht aus. Eine privatautonome Zurückdrängung der Arbeitnehmereigenschaft zugunsten eines freien Dienstvertrages eines Gesellschafters bzw. einer rein gesellschafterlichen Mitarbeit ist unter bestimmten Voraussetzungen anzuerkennen. Hierzu muß der Betroffene über einen dem arbeitsrechtlichen Niveau angenäherten Bestandsschutz verfügen, einen hinreichenden Binneneinfluß auf die Wahrung seiner eigenen Interessen ausüben und durch eine Gewinnbeteiligung die Chance haben, einen das Einkommen eines vergleichbaren Arbeitnehmers erheblich übersteigenden Erlös zu erzielen. In Unternehmen, bei denen die gesamte Wertschöpfung angemessen auf die Mitarbeiter verteilt wird, können die Beteiligten dem arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang entgehen, sofern der arbeitsrechtliche Berufs- und Bestandsschutz durch dahingehende Vereinbarungen in seinen Grundzügen gewahrt wird.

Drittes

Kapitel

Einzelne Problemfelder

§ 7 Überblick Die entsprechend den vorstehenden Überlegungen vorgenommene Qualifikation einer Beschäftigung gibt grundsätzlich Auskunft über die anzuwendenden Rechtsnormen. Der Prozeß der Rechtsfindung ist damit jedoch in einer Reihe von Fällen noch nicht beendet. Vielmehr kann es auf unterschiedliche Weise zu Wechselwirkungen zwischen Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht kommen. Diese Verflechtungen, die gleichsam auf einer Ebene unterhalb der prinzipiellen Einstufung einer Tätigkeit angesiedelt sind, bilden den Gegenstand der weiteren Ausführungen. Dabei läßt sich das folgende Untersuchungsprogramm in verschiedener Hinsicht konkretisieren. Betrachtet man die einzelnen Problemkreise zunächst unter methodischen Aspekten, geht es erstens um die analoge Anwendung dienst- bzw. arbeitsvertraglicher Vorschriften auf eine Mitarbeit auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (Typ I) 1 . Da eine multilaterale Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern nach der hier vertretenen Ansicht insbesondere der Existenz eines (echten) Arbeitsvertrages entgegensteht, 2 drängt sich in diesen Konstellationen die Frage auf, ob etwaige Schutzlücken durch einen Rückgriff auf arbeitsrechtliche Wertungen zu schließen sind.3 Zweitens ist es denkbar, daß sich die gesellschafterliche Stellung eines Beschäftigten auf den austauschrechtlichen Drittvertrag, also den neben der Gesellschafterposition selbständig stehenden Dienst- oder Arbeitsvertrag (Typ I I I / l ) , oder auf einen etwaigen Ausführungsvertrag (Typ I I / l ) . auswirken. Insoweit ist vor allem von Interesse, ob gesellschafterliche Rechte eines Mitarbeiters, die zu gering sind, um das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses von vornherein zu verhindern, gleichwohl zu einer Reduktion arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen. Drittens kommt umgekehrt eine Einflußnahme der Durchführung bzw. Beendigung des Dritt- oder Ausführungsvertrages auf die Gesellschafterposition in Betracht. In thematischer Hinsicht ist damit eine ungeheure Fülle von Einzelfragen angesprochen, weil das gesamte Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht auf etwaige Wechselwirkungen im soeben beschriebenen Sinne abgeklopft werZu den vertraglichen G r u n d f o r m e n siehe oben § 3 V. Siehe oben sub § 6 I I I 1 b. 3 Eine interessante methodische Parallele bildet die v o m B A G bei Werkdienstwohnungen in Betracht gezogene Anreicherung des Arbeitsverhältnisses durch eine entsprechende H e r a n z i e hung mietvertraglicher Vorschriften; vgl. B A G v o m 2.11.1999, A P Nr. 68 zu § 2 A r b G G 1979 (unter II 4 c bb). 1

2

440

§7

Überblick

den k ö n n t e n u n d es z u d e m - wie im dritten Kapitel näher dargestellt - eine erhebliche Anzahl von Möglichkeiten f ü r die rechtliche Einbettung einer Mitarbeit gibt, es also zu einer entsprechenden Multiplikation der Detailprobleme käme, wollte man alle denkbaren Konstellationen erörtern. U m die Studie nicht mit einem U b e r m a ß an Einzelaspekten zu befrachten, sollen sich die folgenden Ausf ü h r u n g e n exemplarisch auf die wichtigsten Bereiche konzentrieren, in denen es im Geflecht von Gesellschafts-, Dienstvertrags- u n d Arbeitsrecht zu Friktionen k o m m e n kann. Im einzelnen werden die Tätigkeitsausübung (§ 8), der Entgeltsektor (§9), H a f t u n g s f r a g e n (§ 10), Wettbewerbseinschränkungen (§11) sowie die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (§ 12) fokussiert. Inhaltlich geht es somit u m Fragen, zu denen sowohl das Gesellschafts- als auch das Individualarbeitsrecht Regelungen u n d G r u n d s ä t z e beizusteuern haben. Ein Aufeinandertreffen beider Rechtsgebiete erfordert daher gerade in diesen Bereichen ein besonderes M a ß an Feinabstimmung. Einzelfragen aus dem kollektiven Arbeitsrecht sollen demgegenüber ausgeklammert werden. Dies erscheint vor allem deshalb gerechtfertigt, weil sich die Judikatur in der Vergangenheit nahezu ausnahmslos mit Streitigkeiten auseinanderzusetzen hatte, die einzelne Tätigkeitsverhältnisse betrafen. 4 Die kollektivarbeitsrechtliche Behandlung größerer Mitarbeitergruppen bildete dagegen bislang nur selten den Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. 5 Z u d e m existieren insoweit bereits mehrere ausführliche Darstellungen, auf die verwiesen w e r d e n kann. 6 Ferner konzentrieren sich die anschließenden Überlegungen gemäß der Zielrichtung dieser Studie auf das Innenverhältnis der Beteiligten. 7 Reine A u ß e n b e ziehungen zu Dritten, die im Gesellschaftsrecht eine erhebliche Rolle spielen, sollen hingegen nicht thematisiert werden. D a m i t bleibt insbesondere die Fragen, welche Bedeutung die tatsächliche Mitarbeit sowie die Zahlung von Tätigkeitsvergütungen f ü r die Finanzverfassung von Verbänden haben, 8 außerhalb der folgenden Betrachtungen.

4

Siehe oben sub § 4 II 2 mit Fn. 58. Ebenda Fn. 60-62. 6 Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 77 ff.; Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 54 ff.; Reuter, ZfA 1979, 537, 554 ff.; Vollmer, Unternehmensverfassungen, S. 193 ff., 209 ff. 7 Siehe dazu bereits oben sub § 1 II 6. 8 Vgl. zu § 172 Abs. 4 H G B O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 343 ff.; O L G H a m m vom 15.11.1976, DB 1977, 717 f.; Priester, DB 1975, 1978 ff.; Riegger, DB 1983,1909 ff.; zu §§30, 31 G m b H G O L G H a m m vom 19.11.1991, G m b H R 1992, 607 f.; zu beiden Regelungskomplexen Bork, AcP 184 (1984), 465 ff.; zu Dienstleistungen als Sacheinlagen im GmbH-Recht O L G Braunschweig vom 21.9.1915, O L G Rspr. 32 (1916), 140; Hoffmann, N Z G 2001, 433 ff.; Skibbe, G m b H R 1980, 73 ff.; Sudhoff, N J W 1964, 1249 ff.; siehe auch B G H vom 21.9.1978, N J W 1979, 216; zum Eigenkapitalersatzrecht bei der G m b H O G H vom 24.2.2000, GesRZ 2000, 93 f.; Priester, DB 1993,1173 ff.; ferner (allerdings als probatio ad absurdum) K. Schmidt, ZIP 1990, 69, 72 f. 5

§ 8 Arbeitsleistungsbezogene Aspekte Mit den folgenden Darlegungen sollen zunächst die Probleme angegangen werden, die unmittelbar mit der auszuübenden Tätigkeit bzw. der Einbindung in den Arbeitsprozeß zusammenhängen. Gemeint sind damit alle Aspekte, die den Inhalt und den Umfang der geschuldeten Dienste sowie den Gesundheits- und Persönlichkeitsschutz des Mitarbeiters betreffen. Hierbei geht es entsprechend den einleitenden Bemerkungen 1 erstens um die Frage, welchen Schutz das Gesellschafts-, das Dienstvertrags- und das Arbeitsrecht für reine Beitragsleistungen in dieser Hinsicht bereitstellen (unter I), zweitens um die Bedeutung der Gesellschafterposition für die einschlägigen Rechte und Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis (unter II).

I. Mitarbeit als reine Betragsleistung Die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, daß es verschiedenartige Fälle gibt, in denen Mitarbeiter eine Tätigkeit auf der alleinigen Grundlage eines Gesellschaftsvertrages als Beitrag erbringen (Typ I) 2 . Dies betrifft zum einen alle K o n stellationen einer Beschäftigung im Rahmen multilateraler Beziehungen ohne Rücksicht darauf, ob die Tätigkeit fremdbestimmt ist und damit an sich die Statusmerkmale einer Arbeitnehmereigenschaft erfüllt sind. 3 Zum anderen geht es um zweiseitige Vereinbarungen. Hier beschränkt sich die Möglichkeit einer reinen Beitragsleistung allerdings grundsätzlich auf eine im wesentlichen gleichberechtigte Mitarbeit. Bei weisungsgebundenen Diensten kommt es nämlich infolge des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs regelmäßig allenfalls zu einem gemischten Mitarbeiterverhältnis (Typ II/2). Eine privatautonome Zurückdrängung des Arbeitsrechts ist in bilateralen Gestaltungen an sehr strenge Voraussetzungen gebunden. 4 Bevor auf die Frage einer analogen Anwendung dienstvertraglicher oder arbeitsrechtlicher Vorschriften eingegangen wird, empfiehlt es sich, zunächst den gesellschaftsrechtlichen Rahmen für eine Beschäftigung zu beleuchten.

1 2 3 4

Vgl. oben sub § 7. Zu den G r u n d f o r m e n siehe oben sub § 3 V. Siehe oben sub § 6 I I I 1 b. Siehe oben sub § 6 V I 1 c b b (2) bis cc.

442

1. Gesellschaftsrechtliche

§ S Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

Rahmenbedingungen

a) Ausgangslage Sofern die Tätigkeit rechtlich ausschließlich einen kooperationsrechtlichen Beitrag darstellt, gelten f ü r die näheren Modalitäten primär die Festlegungen im Gesellschaftsvertrag. 5 F ü r die Bestimmung des Ortes, des zeitlichen U m f a n g s u n d des Inhalts der zu leistenden Dienste sind deshalb in erster Linie die vertraglichen Vereinbarungen maßgebend. Das gesetzliche Gesellschaftsrecht erwähnt in § 706 Abs. 3 B G B zwar die aktive Mitarbeit als möglichen Gegenstand eines Beitrags 6 u n d schreibt im übrigen f ü r bestimmte Personengesellschaftsformen die grundsätzliche Verpflichtung zur G e s c h ä f t s f ü h r u n g vor. 7 Des weiteren m u ß ein als organschaftlicher Geschäftsführer tätiger Personengesellschafter grundsätzlich in eigener Person mitarbeiten u n d darf nicht ohne Einverständnis der Mitgesellschafter alle mit der G e s c h ä f t s f ü h r u n g verbundenen A u f g a b e n einem Dritten überlassen, was sich nicht erst aus den §§ 713, 664 BGB, 8 sondern bereits aus dem mitgliedschaftlichen Charakter der organschaftlichen Geschäftsführerstellung ergibt 9 . Die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften schweigen aber über die k o n kreten U m s t ä n d e , unter denen die Tätigkeit zu erfolgen hat. Insbesondere existieren keine speziellen Regelungen über einen wie auch immer gearteten Schutz der Mitarbeit eines Gesellschafters als solcher. In diesem Sinne hat der B G H in einer älteren Entscheidung vorbehaltlos ausgesprochen, daß sich ein Gesellschafter dazu verpflichten kann, seine „Arbeitskraft voll f ü r die Gesellschaft" einzusetzen. 1 0 Allerdings soll eine A b m a c h u n g u n w i r k s a m sein, die dem Gesellschafter in einem solchen Fall generell verbietet, in der verbleibenden freien Zeit einer anderen Tätigkeit nachzugehen. 1 1 Gleichwohl kann man dem Urteil schwerlich entnehmen, eine gesellschaftsvertragliche Arbeitspflicht müsse dem Beteiligten so viel freie Zeit belassen, daß eine solche Beschäftigung ü b e r h a u p t möglich ist. Sofern man im Schrifttum zu den G r e n z e n der Dienstpflicht eines Gesellschafters Stellung bezieht, finden sich ebenfalls nur vergleichsweise allgemeine Aussagen.

5 Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 156; Schnorr von Carolsfeld, FS A. H u e c k (1959), S. 261, 271. 6 Siehe auch § 16 A b s . 3 G e n G („Leistung v o n ... D i e n s t e n " ) . 7 Siehe oben sub § 3 II 1 a. 8 So aber R G R K / f . Gamm, B G B , 12. Aufl., § 713 R n . 2; SoergeV Hadding, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 8, § 713 Rn. 5; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 V 2, S. 137; S t a u d i n g e r / K e ß l e r , B G B , 12. Aufl., § 713 Rn. 6. 9 Zutr. M ü n c h K o m m B G B / t / / m e r , 3. Aufl., § 7 1 3 Rn. 5; in diesem Sinne auch Gogos, G e s c h ä f t s f ü h r u n g , S. 22; o f f e n gelassen v o n E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 713 Rn. 2. 10 B G H v o m 12.7.1962, B G H Z 37, 381, 385. E n t s p r e c h e n d e F o r m u l i e r u n g e n f i n d e n sich in vielen Gesellschaftsverträgen; vgl. B G H v o m 6.5.1965, B G H Z 43, 384, 385; siehe ferner die Vertragsmuster bei Sudhoff, Personengesellschaften, 7. Aufl., 6. Teil, A, § 3 A b s . 3, S. 390 ( G b R ) , B, § 3 Abs. 4, S. 397 ( O H G ) ; bei Marsch-Barner, in: M ü n c h V e r t r H b , Bd. 1, 5. Aufl., I 3, § 5 Abs. 2, S. 8 ( G b R ) , bei Oldenburg, aaO., II 5, § 5 Abs. 2, S. 132 ( O H G ) , u n d bei Riegger, aaO., III 1, § 5 A b s . 2, S. 210 ( K G ) . 11 B G H v o m 12.7.1962, B G H Z 37, 381, 385.

I. Mitarbeit

als reine

Betragsleistung

443

So listet etwa A. Hueck beim Geschäftsführer einer O H G die Art und den Umfang des Gewerbebetriebs, die Zahl der Gesellschafter, den zugewiesenen Geschäftsbereich und die persönlichen Verhältnisse wie Alter, Gesundheit, Vorbildung u. ä. als maßgebliche Kriterien auf. 12 Schnorr von Carolsfeld will sich im allgemeinen an der üblichen Arbeitszeit gleichartig tätiger Arbeitnehmer orientieren und nennt als äußerste Grenze die gesundheitliche Zumutbarkeit. 13 Das Gesellschaftsrecht hält für die näheren Umstände der Mitarbeit von Beteiligten somit keinen expliziten Rahmen bereit. b) Anwendung

allgemeiner

gesellschaftsrechtlicher

Schutzinstrumente

Das Fehlen spezieller dienstleistungsbezogener Regelungen bedeutet allerdings nicht, daß es keinerlei Schutzmechanismen gibt. Vielmehr können die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Instrumente zum Schutz von Mitgliedsinteressen selbstverständlich auch für solche Belange nutzbar gemacht werden, die spezifisch mit der Beschäftigung zusammenhängen. Im folgenden soll deshalb herausgearbeitet werden, welche Einzelausprägungen den insoweit geltenden Grundsätzen für die regelmäßig nicht eigens thematisierte Frage des Tätigkeitsschutzes entnommen werden können. Dabei soll der Bestandsschutz allerdings ausgeklammert und in einem eigenen Abschnitt behandelt werden. 14 aa) Selbstschutz

durch Mitverwaltungs-

und

Kontrollrechte

Das erste in diesem Kontext zu nennende Prinzip besteht im Selbstschutzgedanken. 15 Gemeint ist damit die Möglichkeit, durch gesellschaftsrechtliche Befugnisse die eigenen Beschäftigungsinteressen autonom wahrnehmen zu können, so daß heteronome Schutzbestimmungen entbehrlich sind. Inhaltlich geht es hierbei zunächst um Leitungskompetenzen, die teilweise automatisch aus der Mitgliedschaft erwachsen, 16 teilweise jedenfalls auf eine mitgliedschaftliche Grundlage gestellt werden können 17 , so daß die Mitarbeit in diesen Fällen einen Doppelcharakter als Erfüllung einer Beitragspflicht und Wahrnehmung einer organschaftlichen Funktion hat. 18 Der Schutz erfolgt insoweit mittels der mit der Geschäftsführerposition im Regelfall verbundenen Befugnis, die konkreten Umstände der eigenen Tätigkeit unmittelbar selbst festzulegen. Man denke an die Möglichkeit, durch die Ausstattung der eigenen Arbeitsräume

12 13 14 15 16 17

O H G , 4. Aufl., § 10 IV 1, S. 133 f. FS A. Hueck (1959), S. 261, 272. Siehe unten sub § 12 I. Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II, S. 365 ff. GbR, O H G , Komplementär einer KG. Kommanditist, stiller Gesellschafter, GmbH; siehe dazu oben sub § 5 IV 1 b aa (1) u. bb

(1). 18 Vgl. Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 118; MünchKommBGB/i//mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 3; Erman/Zi. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 2; siehe dazu bereits oben sub § 3 II 1 a.

444

§ 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

das arbeitschutzrechtlich vorgeschriebene Mindestniveau 1 9 problemlos zu erreichen oder sogar bei weitem zu überschreiten. Es ist freilich daran zu erinnern, daß die formale Stellung als Geschäftsführer weder im Personengesellschaftsrecht noch im Recht der G m b H ein absolutes Hindernis für interne Regelungen bildet, die zu einer weitgehenden Fremdbestimmung der Tätigkeitsausübung führen. 2 0 In diesen Konstellationen greift der Aspekt des Selbstschutzes durch Geschäftsführungsbefugnis somit ins Leere. Dies gilt erst recht in den Gestaltungen, in denen Dienste als Beitrag auf einer unterhalb der Geschäftsführung angesiedelten Ebene zu leisten sind. D e r zweite Gesichtspunkt betrifft die mit der Mitgliedschaft grundsätzlich verknüpfte Beteiligung an der innergesellschaftlichen Willensbildung durch Stimmrecht und Teilnahme an Gesellschafterversammlungen. 2 1 J e höher die Stimmkraft des einzelnen Mitarbeiters im allgemeinen ist, desto stärker kann er sie auch zur Wahrung der eigenen Beschäftigungsinteressen einsetzen. Stimmrechtsverbote als eine allgemeine Erscheinung des Verbandsrechts 2 2 spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle: Erstens geht es häufig um Maßnahmen, die sich nur tatsächlich auf die Umstände der Arbeit auswirken. So kann etwa die Entscheidung, eine weit entfernte Zweigniederlassung zu schließen, dazu führen, daß es unter Umständen keiner beschwerlichen Dienstreisen des für diese Betriebsstätte ursprünglich zuständigen Gesellschafters mehr bedarf. Zweitens haben rechtsgeschäftliche Maßnahmen, die sich unmittelbar auf eine Tätigkeit auf einer rein kooperationsrechtlichen Grundlage beziehen, einen mitgliedschaftlichen und keinen individualrechtlichen Charakter. Bei Fragen der innergesellschaftlichen Organisation greift aber nach Ansicht des B G H 2 3 und der überwiegenden Auffassung in der Literatur 2 4 grundsätzlich kein Stimmrechtsausschluß ein. Die im Schrifttum mehrfach vertretene Ansicht, auch bei einem sozialrechtlichen Geschäft ein starres Stimmverbot zu bejahen, wenn der Gesellschafter hierdurch überwiegend Individualinteressen verfolgt, 2 5 hat der B G H in der genannten Entscheidung demgegenüber ausdrücklich zurückgewiesen. Tatsächlich dürfte die bewegliche Ausübungsschranke der Treuepflicht des mitarbeitenden Gesellschafters 2 6 im allgemeinen ein besseres Instrument darstellen, um der unVgl. nur Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 154 Rn. 21 ff. Siehe oben sub § 6 IV 3 b. 21 Vgl. nur Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 1, S. 366 ff. 22 Siehe K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §21 II 2 b, S. 611; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 I 4 b aa, S. 421 f. 23 B G H vom 9.7.1990, N J W 1991, 172,173. 24 SoergeU Hadding, B G B , 12. Aufl., § 7 0 5 R n . 2 9 ; Baumbach///o/>£, H G B , 30. Aufl., § 1 1 9 Rn. 10; van Look, N J W 1991, 152 f.; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 1 9 Rn. 39; Spengler, FS Möhring (1965), S. 165,169; MünchKommBGB/Mmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 61. 25 Immenga/Werner, G m b H R 1976, 53, 57; Scholz/X. Schmidt, G m b H G , 8. Aufl., § 4 7 Rn. 110; Baumbach/Hueck/Zö//ner, G m b H G , 17. Aufl., § 47 Rn. 48; eingehend Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 231 ff.; nicht eindeutig Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 4 7 Rn. 52. 26 Siehe dazu etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 II 3 b, S. 615. 19

20

I. Mitarbeit als reine

Betragsleistung

445

zulässigen Wahrnehmung von reinen Individualinteressen bei Beschlüssen entgegenzuwirken, die eine gesellschaftsvertraglich fundierte Mitarbeit betreffen. 27 Etwas anderes ist lediglich bei solchen Beschlüssen anzunehmen, die sich aus einem wichtigen Grund gegen einen Gesellschafter wenden, weil in einer solchen Konstellation das Verbot zum Tragen kommt, Richter in eigener Sache zu sein. 28 Im Hinblick auf die hier allein interessierende Beschäftigung auf kooperationsrechtlicher Basis handelt es sich bei dieser Ausnahme freilich zumeist um die Entziehung von Rechtspositionen und damit um die noch zu erörternde Bestandsschutzproblematik 29 . In vielen Fällen verschafft die Mitgliedschaft dem einzelnen Beteiligten allerdings keinen nennenswerten Einfluß auf die Rahmenbedingungen der eigenen Mitarbeit. Neben der Möglichkeit stimmrechtsloser Mitgliedschaftsrechte 30 kommt es vor allem häufig vor, daß die Stimmkraft zu gering ist, um einen effektiven Selbstschutz durch innergesellschaftlichen Einfluß zu gewährleisten. Hierfür spielt es keine Rolle, ob dies auf einer Minderheitenposition gegenüber einem Mehrheitsgesellschafter oder im Falle gleichmäßiger Stimmrechtsverteilung schlicht auf dem „Gesetz der großen Zahl" beruht. Das im Kern unverzichtbare Recht auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen 31 vermag die fehlende Stimmrechtsmacht nicht zu kompensieren. In Ausnahmefällen ist es theoretisch sogar denkbar, daß nicht einmal eine Mehrheitsherrschaft genügt, um die eigenen Beschäftigungsinteressen effektiv wahrzunehmen. Als Beispiel sei ein Personengesellschaftsvertrag genannt, bei dem sich die Stimmkraft nach festen Kapitalanteilen richtet, der für eine Änderung eine 3 A-Mehrheit vorsieht und durch den sich fünf zunächst gleichberechtigt Beteiligte zur „pausenlosen" aktiven Mitarbeit verpflichten. Sofern nun ein Beteiligter zwei Anteile hinzuerwirbt und später infolge eines Nachlassens der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr „pausenlos" arbeitet, kann bei einem Streit, ob dieses Verhalten eine Verletzung des Gesellschaftsvertrages darstellt, das gegebenenfalls einen Ausschluß rechtfertigt, der Frage nach etwaigen Höchstgrenzen der gesellschaftsrechtlich zulässigen Arbeitsbelastung nicht einfach dadurch ausgewichen werden, daß man den Mehr27 In diesem Sinne offenbar auch E r m a n / H . P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 709 Rn. 26 a. E., indem er bei Beschlüssen über Beiträge die Möglichkeit einer Zustimmungspflicht des betroffenen Gesellschafters erwähnt, was nur vor dem Hintergrund eines in diesem Falle nicht eingreifenden Stimmrechtsausschlusses verständlich ist. 28 Vgl. Baumbach//io/>t, H G B , 30. Aufl., § 119 Rn. 10; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 11 III 2, S. 172; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 119 Rn. 39. 29 Siehe unten sub § 12 I. 30 Siehe oben sub § 7 V 2 a bb. 31 Generell K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 16 III 3 a, S. 477; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 1, S. 366 f. Zur O H G vgl. Comes, DB 1974, 2189, 2195; Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. Aufl., § 119 Rn. 25; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 210. Zur KG Immenga, ZGR 1974, 385, 414. Zur G m b H vgl. B G H vom 14.7.1954, B G H Z 14, 264, 273; B G H vom 17.10.1988, W M 1989, 63, 64; Hachenburg/Ha/fcr, G m b H G , 8. Aufl., §48 Rn.23; Rowedder/ Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 48 Rn. 9; Baumbach/Hueck/Zö/feer, G m b H R , 17. Aufl., § 48 Rn. 3.

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§ 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

heitsgesellschafter auf die Möglichkeit einer rechtzeitigen Vertragsänderung als ausreichendes Remedium verweist. Ein insoweit unzureichendes Mittel ist schließlich auch das mit einer Mitgliedschaft unabdingbar verbundene Kontrollrecht 3 2 . D e r einzelne Mitarbeiter gewinnt auf diese Weise zwar einen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens, die sowohl dem freien Dienstnehmer wie dem einzelnen Arbeitnehmer grundsätzlich verborgen bleiben und die das Arbeitsrecht der Arbeitnehmerseite im allgemeinen nur ab einer bestimmten Unternehmensgröße über die Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses gemäß § 106 B e t r V G zubilligt. U n a b hängig von der Frage, inwieweit auch das mitgliedschaftliche Kontrollrecht mediatisiert werden kann, 3 3 handelt es sich aber in jedem Falle nur um ein äußert schwaches Instrument zur Wahrung der eigenen Tätigkeitsbelange. 3 4 bb)

Belastungsverbot

Das zweite Prinzip stellt das vom R G 3 5 einst als „Grundsatz allen Gesellschaftsrechtes" bezeichnete Belastungsverbot dar, wie es für die G b R und damit auch für die anderen Personengesellschaften 3 6 in § 707 B G B , für die G m b H in § 53 Abs. 3 G m b H G zum Ausdruck kommt. 3 7 Danach ist ein Gesellschafter ohne eine entsprechende kooperationsrechtliche Regelung grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, neue oder erhöhte Beiträge zu leisten. Wenn ein Gesellschafter etwa eine Halbtagstätigkeit zugesagt hat, kann er von dem für die Geltendmachung von Beiträgen zuständigen Geschäftsführer nicht ohne weiteres zu Arbeiten herangezogen werden, deren Umfang eine dauerhafte ganztägige Beschäftigung erfordert. In diesem Zusammenhang stellen sich mehrere Einzelprobleme. Zunächst ist fraglich, welche Erschwernisse ein Gesellschafter hinzunehmen hat, ohne sich auf das Belastungsverbot berufen zu können. D e n Ausgangspunkt für die konkrete Grenzziehung bildet der Umstand, daß eine Beitragserhöhung stets eine Vertragsänderung voraussetzt. 3 8 Belastungen, die keine Änderung des Gesellschaftsvertrages erfordern, fallen demnach von vornherein nicht unter die Regel des § 707 B G B bzw. § 53 Abs. 3 G m b H G . O b für eine vom Geschäftsführer gegenüber einem Mitglied geltend gemachte Leistung eine hinreichende Grundlage 3 2 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 21 III, S. 625 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 2, S. 373 ff. 3 3 Dazu Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 II 2 b, S. 378 f. 3 4 Siehe bereits oben sub § 6 IV 2 a. 3 5 R G vom 1.2.1908, R G Z 68, 93, 96. Ebenso etwa Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 707 Rn. 1; A Hueck, O H G , 4. Aufl., § 14 IV, S. 209. 3 6 O H G , K G , Partnerschaft und EWIV. Für die stille Gesellschaft ebenso Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 242. 3 7 Von einem das gesamte Gesellschaftsrecht erfassenden Grundsatz kann angesichts der Regelung in § 16 Abs. 2 u. 3 GenG allerdings nicht mehr gesprochen werden. 3 8 MünchKommBGB/i/Zmer, 3. Aufl., § 7 0 7 Rn. 1; Erman!H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 7 0 7 Rn. 1.

I. Mitarbeit

als reine

Betragsleistung

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vorhanden ist, hängt somit von der Auslegung des Gesellschaftsvertrages ab. 39 Sofern etwa ein Unternehmen mehrere Niederlassungen hat und der Gesellschaftsvertrag keine örtliche Beschränkung der Mitarbeitspflicht vorsieht, ist der Beteiligte als verpflichtet anzusehen, entsprechend den Bedürfnissen in jeder Betriebsstätte die Tätigkeit aufzunehmen. Dies führt zu dem Anschlußproblem, ob eine gesellschaftsvertragliche Regelung über Dienste als Beitragsleistung derart unbestimmt sein kann, daß sie nahezu jede beliebige Heranziehung zur aktiven Mitarbeit deckt. Die Rechtsprechung und Teile des Schrifttums zeigen in der Frage der Bestimmtheit von Beitragsfestsetzungen vor allem im Personengesellschaftsrecht eine sehr großzügige Tendenz. Danach soll es genügen, wenn ein Gesellschafter verspricht, das für einen sachlich und wirtschaftlich begrenzten Zweck Erforderliche aufzubringen. 4 0 Dementsprechend soll die nicht näher spezifizierte Beisteuerung von „Arbeitskraft" ausreichen. 4 1 Diese Sichtweise ist zumindest auf den ersten Blick überraschend. Zum einen reicht es nämlich weder für einen freien Dienstvertrag noch für einen Arbeitsvertrag aus, wenn sich die Parteien ohne eine nähere Präzisierung im Hinblick auf den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit schlicht darauf einigen, daß der Dienstnehmer im Unternehmen des Dienstgebers „Arbeit" leisten solle. Zum anderen verlangt die Judikatur im Zusammenhang mit der sogleich noch anzusprechenden Beitragserhöhung durch Mehrheitsbeschluß um des Schutzes des leistungspflichtigen Gesellschafters willen nämlich die Angabe gewisser Grenzen. 4 2 Mittels einer schrankenlosen Zusage von Beiträgen könnte, so scheint es, der durch das Belastungsverbot als „Freiheitscharta jedes Personengesellschafters" 4 3 gewährte Schutz mühelos umgangen werden. Soweit es um die Bestimmtheit der Beiträge geht, darf nun zwar nicht völlig unklar bleiben, auf was sich die Beteiligten geeinigt haben. 44 Indes dürfen die Anforderungen gerade im Gesellschaftsrecht nicht zu hoch geschraubt werden, weil im Vergleich zu entsprechenden Leistungszusagen in reinen Austauschverträgen ein entscheidender Unterschied besteht. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß mit der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung eines gemeinsamen Zwecks bzw. eines Verbandszwecks ein Orientierungsmaßstab vorliegt, der es erlaubt, auch vergleichsweise allgemein gehaltene Beitragsversprechen zu konkretisieren. Immerhin sieht auch das GmbH-Recht in den §§ 26, 27 G m b H G die Möglichkeit einer unbeschränk-

In diesem Sinne bereits RG vom 15.5.1936, RGZ 153, 321, 327 f. RG vom 16.3.1928, HRR 1928, Nr. 1409; RG vom 30.10.1931, Gruchot, Bd. 72 (1932), 56, 57; BGH vom 2.7.1979, NJW 1980, 339, 340; RGRK/f. Gamm, BGB, 12. Aufl., § 707 Rn. 1; Soerg e l / H a d d i n g , BGB, 12. Aufl., § 707 Rn. 1; Wiedemann, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 13; siehe auch BGH vom 7.11.1960, WM 1961, 32, 34: Leistung des Erforderlichen keine Beitragserhöhung. 41 Vgl. RG vom 30.10.1931, Gruchot, Bd. 72 (1932), 56, 57. 42 RG vom 23.11.1917, RGZ 91, 166, 168 f.; RG vom 13.4.1940, RGZ 163, 385, 391; ferner BGH vom 24.11.1975, BGHZ 66, 82, 85. 43 Wiedemann, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 13. 44 Siehe dazu bereits RG vom 14.3.1919, RGZ 95, 147, 149. 39 40

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§ 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

ten Nachschußpflicht vor, erklärt die Zusage von Beiträgen 4 5 also auch ohne eine bestimmte Größenangabe für statthaft. Im übrigen erleichtert eine solche Vertragsgestaltung den Parteien eines Gesellschaftsverhältnisses die notwendige Anpassung an sich verändernde Umstände. Schließlich ist auch das Belastungsverbot in dieser Situation bei genauerer Betrachtung nicht tangiert. In der Sache geht es nämlich nicht um eine Erweiterung, sondern um eine Konkretisierung der versprochenen Beitragsleistung entsprechend den Erfordernissen des Gesellschaftszwecks. Damit ist die Tätigkeitspflicht noch in genügender Weise vom Willen des betroffenen Gesellschafters gedeckt. Die Problematik vergleichsweise allgemein gehaltener Mitarbeitszusagen besteht regelmäßig nicht darin, daß die Leistung zu unbestimmt ist und deshalb der autonome Wille der Parteien nicht ermittelt werden kann. Vielmehr liegt sie in der Frage, ob es heteronome Grenzen für eine Beschäftigung auf kooperationsrechtlicher Grundlage gibt. 46 Des weiteren ist fraglich, ob ein Gesellschafter, dessen als Beitrag zu erbringende Arbeit nach Inhalt oder Umfang von vornherein eindeutig begrenzt ist, ausnahmsweise auch andere oder umfangreichere Dienste zu leisten hat, ohne daß es dafür einer Änderung des Gesellschaftsvertrages bedarf. Im Arbeitsrecht wird eine entsprechende Verpflichtung des Arbeitnehmers als Ausfluß der Treuepflicht anerkannt, jedoch auf Notfälle und außergewöhnliche Fälle beschränkt, wobei man sich zumeist an § 14 ArbZG (früher § 14 A Z O ) orientiert. 4 7 Unter diesen Voraussetzungen ist ein Gesellschafter ebenfalls als verpflichtet anzusehen, seine gesellschaftsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu modifizieren. Wenn man schon im Rahmen eines austauschrechtlichen Arbeitsverhältnisses eine dahingehende Pflicht bejaht, muß dies erst recht in einer Situation gelten, in der sich die Parteien auf die Förderung eines gemeinsamen Zwecks geeinigt haben. Man wird sogar noch einen Schritt weiter gehen können und einen mitarbeitenden Gesellschafter anders als einen Arbeitnehmer auch in Eilfällen und wirtschaftlichen Krisensituation für verpflichtet halten müssen, vorübergehend andere oder umfangreichere Arbeit zu leisten. Entgegen einem in der Literatur erweckten Eindruck 4 8 kann ein Gesellschafter bei einer inhaltlich beschränkten Dienstpflicht aber nicht generell als eine Art „Springer" eingestuft werden. Ferner kann die Pflicht zur Übernahme einer Tätigkeit, die neben der eigenen regulären Beschäf-

45 Z u m Beitragscharakter der N a c h s c h u ß p f l i c h t siehe nur Altmeppen in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 26 R n . 2. 4 6 Siehe unten sub 3. 4 7 Vgl. B A G v o m 29.1.1960, A P Nr. 12 zu § 123 G e w O (unter II 1); B A G v o m 8.10.1962, A P Nr. 18 zu § 6 1 1 Direktionsrecht; Erman /Hanau, B G B , 10. A u f l . , § 6 1 1 R n . 2 8 5 ; E r f K / P r a s , 2. A u f l . , § 6 1 1 B G B R n . 948; S t a u d i n g e r / R i e h a r d i , B G B , 13. Bearb., § 6 1 1 R n . 282, 335; Schaub, A r b e i t s r e c h t s - H a n d b u c h , 9. Aufl., § 45 R n . 32, 68; partiell f ü r eine ergänzende Vertragsauslegung offenbar M ü n c h A r b R / ß / o m e y e r , 2. A u f l . , § 46 R n . 35, 130; Motzer, Positive Vertragsverletzung, S. 88 ff., 94. 48 Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 156; Schnorr von Carolsfeld, FS A. H u e c k (1959), S. 261, 271.

I. Mitarbeit als reine

Betragsleistung

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tigung zusätzlich geleistet werden soll, nicht so weit gehen, daß der Ausfall eines anderen Gesellschafters vollständig kompensiert wird. Dies läßt sich mittelbar aus den Grundsätzen ableiten, die nach Ansicht der Rechtsprechung für die Schadensbemessung bei der Schädigung eines mitarbeitenden Gesellschafters durch einen außenstehenden Dritten gelten. Wenn der B G H insoweit ausdrücklich aus der Treuepflicht ableitet, daß der geschädigte Gesellschafter als Ausgleich für den Ausfall seiner Arbeitskraft die Kosten einer Ersatzkraft aufzubringen hat, 49 folgt daraus, daß er die Mitgesellschafter nicht für verpflichtet hält, die Tätigkeit des Geschädigten einfach mitzuübernehmen, auch wenn es dogmatisch richtiger gewesen wäre, bei der Schadensbemessung anzusetzen 50 . Ungeachtet der noch zu behandelnden Frage nach der Richtigkeit dieser Judikatur im Hinblick auf die angebliche Wertdeckungspflicht des geschädigten Gesellschafters 51 ist damit eine deutliche Grenze für die von den anderen Beteiligten zu erwartenden zusätzlichen Bemühungen markiert. Wegen des vorübergehenden Charakters der Beitragsvermehrung ist eine regelrechte Vertragsänderung im übrigen in diesen Fällen entbehrlich. Das Belastungsverbot stellt somit kein Hindernis dar. Es spielt deshalb nur eine nachgeordnete Rolle, ob man sich in dieser Konstellation auf den Gesichtspunkt ergänzender Vertragsauslegung stützt oder ob man insoweit die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht bemüht, zumal die Abgrenzung zwischen diesen beiden Begründungswegen ohnehin fließend ist 52 . Wenn die Verhältnisse in der Gesellschaft die dauerhafte Modifikation einer bestimmten als Beitrag zugesagten Mitarbeit erfordern, kommt man an einer Änderung der kooperationsrechtlichen Grundlage allerdings nicht vorbei. In diesem Zusammenhang ist vor allem von Interesse, ob es auch durch einen Mehrheitsbeschluß und damit unter Umständen gegen den aktuellen Willen des betroffenen Gesellschafters zu einer Vermehrung von Beiträgen kommen kann. Insoweit empfiehlt es sich, mit K. Schmidt klar zwischen der Frage, ob die Mehrheit zu einem entsprechenden Beschluß überhaupt befugt ist, und der weiteren Frage zu unterscheiden, ob der einzelne Gesellschafter gegen seinen Willen an den Inhalt des Beschlusses gebunden werden kann, 53 in concreto also zu einem aufgestockten Beitrag verpflichtet ist. Mithin bedarf es erstens einer Mehrheitskompetenz, die sich im GmbH-Recht bereits aus dem Gesetz ergibt, 54 während sie im Personengesellschaftsrecht erst durch eine Mehrheitsklausel geschaffen wird, die mit hinreichender Bestimmtheit die Ermächtigung der Mehrheit für eine Änderung

49 BGH vom 15.1.1963, VersR 1963, 433, 434; B G H vom 5.3.1963, VersR 1963, 585, 586; etwas schwächer BGH vom 25.9.1972, DB 1972, 2201 f.: Frage der Vertragsauslegung. 50 Dazu näher Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 170 ff. 51 Siehe unten sub § 9 III 1 a. 52 Vgl. BGH vom 4.7.1977, LM §114 HGB Nr. 5; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §109 Rn. 59. 53 ZHR 158 (1994), 205, 217. Ebenso etwa Dürrschmidt, JuS 1997, 15 ff.; Hermanns, ZGR 1996, 103, 105 ff. 54 § 53 Abs. 2 GmbHG.

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Aspekte

des Gesellschaftsvertrags in F o r m einer Beitragserhöhung zum Ausdruck bringen muß. Für das Kompetenzproblem kann der von der Rechtsprechung 5 5 mittlerweile in Frage gestellte Bestimmtheitsgrundsatz aufrechterhalten werden, wenn man ihn auf eine bloße Auslegungsregel zurückstutzt und nicht die Lösung von Individualschutzproblemen erwartet. Zweitens ist für eine den einzelnen Gesellschafter bindende Beitragsvermehrung aus Gründen des Individualschutzes eine Zustimmung des Betroffenen erforderlich. 5 6 Dieses Einverständnis kann allerdings auch antizipiert im Gesellschaftsvertrag erfolgen. Die insoweit zu verlangende Bestimmtheit ist höher als die für eine wirksame Mehrheitsermächtigung nötige Bestimmtheit. Sie setzt zumindest die Angabe von Kriterien voraus, die der Rechtsmacht der Mehrheit eine klare Obergrenze ziehen und das übernommene Risiko berechenbar machen. 5 7 Sieht man einmal von der Diskussion um den Stellenwert des Bestimmtheitsgrundsatzes ab, entspricht dies in der Sache der überwiegenden Meinung. 5 8 Wenn in diesem Zusammenhang verbreitet von einer Abdingung des Belastungsverbots gesprochen wird, 5 9 muß man sich darüber im klaren sein, daß es bei einer Gesamtbetrachtung nur um eine Vorverlagerung der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters zur Vertragsänderung geht. 6 0 Entsprechendes gilt für das G m b H - R e c h t , bei dem man hinsichtlich einer für den einzelnen Beteiligten endgültig wirksamen nachträglichen Leistungsvermehrung durch Mehrheitsbeschluß eine schrankenlose Unterwerfung mit R ü c k -

5 5 Vgl. B G H vom 13.3.1978, B G H Z 71, 53, 57 ff.; B G H vom 15.11.1982, B G H Z 85, 350, 357 ff.; B G H vom 10.10.1994, N J W 1995,194 f.; siehe aber auch B G H vom 15.6.1987, N J W 1988, 411,412. 5 6 So grds. auch B G H vom 5.11.1984, N J W 1985, 974; zumindest mißverständlich B G H vom 14.5.1956, B G H Z 20, 363, 369. 57 K. Schmidt, Z H R 158 (1994), 205, 226. 5 8 Vgl. R G vom 23.11.1917, R G Z 91, 166, 168 f.; R G vom 15.45.1936, R G Z 151, 321, 327; R G vom 13.4.1940, R G Z 163, 385, 391; B G H vom 14.6.1976, W M 1976, 1053, 1055; Barfuß, D B 1977, 571, 572; Heymann/.Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 1 1 9 Rn.37; Düringer/Hachenburg/ Flechtheim, H G B , 3. Aufl., § 119 Anm. 3; Soergel/.Hadding, B G B , 12. Aufl., § 707 Rn. 3; Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 119 Rn. 35; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 11 IV 2, S. 177; Leenen, FS Larenz (1983), S. 371, 381 ff.; Schilling/Winter, FS Stiefel (1987), S. 665, 670 f.; U. H. Schneider, Z G R 1972, 357, 375 f.; MünchKommBGB/f//mi>r, 3. Aufl., § 7 0 7 Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 IV 1, S. 393 ff.; abweichend Teichmann, Gestaltungsfreiheit, S. 174; nur scheinbar anders der Verzicht auf eine Obergrenze in B G H vom 24.11.1975, B G H Z 66, 82, 85 f., weil es dort nur um das Recht zur Teilnahme an der Kapitalerhöhung in einer Publikums-KG

ging5 9 Siehe etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 16 III 3 b cc, S. 480; MünchKommB G B / U l m e r , 3. Aufl., § 707 Rn. 5. 6 0 Damit erfolgt auch ein weitgehender Anschluß an die Lehre von Flume, Personengesellschaft, § 14 III, S. 213 ff., der eine Änderung des Gesellschaftsvertrags durch Mehrheitsbeschluß strikt ablehnt, soweit dadurch die Gesellschafter als solche betroffen sind, es aber akzeptiert, wenn eine bestimmte Regelung im Gesellschaftsvertrag vereinbart und lediglich ihre Durchführung von einem Mehrheitsbeschluß abhängig gemacht wird; siehe auch ders., FS Rittner (1991), S. 119, 127. Ähnlich Immenga, Z G R 1974, 385, 419; Martens, D B 1973, 413, 414 f.

I. Mitarbeit als reine

Betragsleistung

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sieht auf die Regelung in § 53 Abs. 3 G m b H G ebenfalls f ü r unzulässig hält u n d zumindest einen in der Satzung fixierten R a h m e n verlangt. 6 1 Diese vor allem f ü r zusätzliche finanzielle Beiträge entwickelten G r u n d s ä t z e f ü h r e n auch im Hinblick auf Dienstleistungen zu einem gewissen Schutz des Gesellschafters. Die genannten A n f o r d e r u n g e n verhindern nämlich, daß die Mehrheit letztlich über den Kopf des Betroffenen hinweg eine erheblich umfangreichere Mitarbeit beschließt als dies ursprünglich absehbar war oder nachträglich hohe, v o m Gesellschafter nicht erfüllbare Qualifikationen verlangt u n d dadurch unter U m s t ä n d e n einen wichtigen G r u n d f ü r einen Ausschluß wegen der Verletzung einer Beitragspflicht schafft 6 2 . N e b e n der Mehrheitsklausel ist z u m anderen die Möglichkeit zu erwähnen, die konkrete Bestimmung der Beitragspflicht der G e s c h ä f t s f ü h r u n g zu überlassen. Eine solche Klausel ist prinzipiell zulässig. 63 Allerdings bedarf es insoweit ebenfalls hinreichend konkreter Kriterien im Gesellschaftsvertrag, durch die das A u s m a ß der möglichen Pflichten begrenzt wird. Im Genossenschaftsrecht hat der Gesetzgeber f ü r den Bereich der (tätigkeitsbezogenen) Beitragsvermehrung einen besonderen Mechanismus geschaffen. Gemäß § 16 Abs. 3 G e n G kann mit einer qualifizierten Mehrheit auch ohne bzw. gegen den Willen einzelner Genossen die Verpflichtung zur Leistung von Diensten erstmalig eingeführt bzw. erweitert werden. 6 4 D a es hierfür keinerlei inhaltlichen Vorgaben im Statut bedarf, kann man eine derartige Arbeitspflicht trotz der allgemeinen Verankerung in der genossenschaftlichen Duldungspflicht nicht auf einen Willen des Widersprechenden z u r ü c k f ü h r e n . D a r a n ändert auch der U m s t a n d nichts, daß man über die in § 16 Abs. 3 G m b H G geregelten formellen Voraussetzungen in materieller Hinsicht f ü r die D u l d u n g verlangt, daß die Leistung im Interesse der Genossenschaft geboten u n d dem Einzelnen z u m u t b a r ist 65 . Z u m Ausgleich hat der Gesetzgeber dem dissentierenden Genossen in § 67a G e n G das Recht zu einer außerordentlichen Beendigung seiner Mitgliedschaft eingeräumt. 6 6 In einem solchen Falle erfolgt der Austritt aus der Genossenschaft selber zwar nicht fristlos. G e m ä ß § 67a Abs. 2 S. 5 G e n G entfaltet die Ä n d e r u n g des Statuts im Verhältnis z u m kündigenden Genossen aber keine Wirkung. Man wird ein derartiges A b w e h r i n s t r u m e n t als erforderlich ansehen müssen, weil es zu ei-

61 R G vom 29.10.1915, R G Z 87, 261, 265 f.; Scholz/Priester, G m b H G , 8. Aufl., § 53 Rn. 51; Hachenburg/l//mer, 8. Aufl., G m b H G , §53 Rn. 74; R o w e d d e r / Z i m m e r m a n n , G m b H G , 3. Aufl., § 53 Rn. 54; Baumbach/Hueck/2ö7/»er, G m b H G , 17. Aufl., § 53 Rn. 17. 62 Vgl. insoweit bereits die Konstellation in R G vom 1.2.1908, R G Z 68, 93 ff. (Ausschluß wegen Nichterfüllung nachträglich erhöhter Zahlungspflicht). 63 E r m a n / H . P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 707 Rn. 1. 64 Vor dieser 1973 eingefügten Bestimmung galt insoweit auch im Genossenschaftsrecht grds. das Zustimmungsprinzip; vgl. B a y O b L G vom 25.6.1909, O L G Rspr. 19 (1909), 342, 343; RG vom 13.7.1917, R G Z 90, 403, 406; B G H vom 9.6.1960, N J W 1960, 1858, 1859; Aufweichung aber schon durch B G H vom 19.4.1971, B G H Z 56,106, 107 ff. 65 Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 16 Rn. 18; K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 16 Rn. 26, 28. 66 Vgl. BT-Drucks. 7/97 vom 5.2.1973, S. 26; Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 67a Rn. 1.

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§ 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

nem unausweichbaren Arbeitszwang nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Art. 12 G G nicht k o m m e n darf. Eine solche Kombination von rahmenmäßig unbeschränkter Leistungsvermehrung und garantiertem Austrittsrecht, mit dessen Hilfe sich der Betroffene vor der Zusatzbelastung schützen kann, hält man im Personengesellschaftsrecht sowie im G m b H - R e c h t auch außerhalb der Sondernormen der §§ 26, 27 G m b H G ebenfalls verbreitet f ü r gesellschaftsvertraglich regelbar. 67 Soweit es um die erstmalige Einführung einer Mitarbeitspflicht geht, sind dagegen keine Einwände zu erheben. Wenn auf diesem Wege ein bereits Beschäftigter unter D r u c k gesetzt wird, aus der Gesellschaft auszuscheiden, erscheint das indes nicht unbedenklich. Da es sich hierbei vorwiegend u m ein Bestandsschutzproblem handelt, soll die Frage an dieser Stelle aber noch nicht näher behandelt werden. 6 8 Zweifelhaft ist schließlich, ob es auch ohne eine - antizipierte - Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters Wege f ü r eine Erweiterung dienstleistungsbezogener Beitragslasten gibt. In der Sache ist damit der schon seit langem intensiv diskutierte Problemkreis der Anpassung von Gesellschaftsverträgen an veränderte Rahmenbedingungen angesprochen. Die Rechtsprechung und die überwiegende Auffassung in der Literatur gehen bekanntlich davon aus, daß eine Pflicht zur Vertragsänderung nicht schlechthin ausgeschlossen ist, sondern sich unter bestimmten Voraussetzungen aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben kann, wobei freilich hohe Anforderungen gestellt werden. 6 9 Im einzelnen verlangt man, daß die Vertragsänderung zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks ausnahmsweise erforderlich und dem betroffenen Gesellschafter zumutbar ist. Die unter vehementer Bekämpfung der herrschenden Meinung vorgetragene These von Flume, daß es sich insgesamt nur um ein Problem der ergänzenden Vertragsauslegung handele, 70 hat sich ebensowenig durchsetzen können wie die abweichende Ansicht von Kollhosser, eine Vertragsänderungspflicht prinzipiell abzulehnen 7 1 .

67 Zu Personengesellschaften vgl. Baumbach//ío/)í, H G B , 30. Aufl., § 119 Rn. 35; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 11 IV 2, S. 177; zur G m b H vgl.Janke, Nebenleistungspflichten, S. 149 ff.; Hachenburg/ Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., §53 Rn. 74; R o w e d d e r / Z i m m e r m a n n , G m b H G , 3. Aufl., § 53 Rn. 54; strenger Heymann ¡Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 119 Rn. 36; Baumbach/Hueck/Zö//ner, G m b H G , 17. Aufl., § 53 Rn. 17: Obergrenze erforderlich. 68 Siehe dazu unten sub § 12 I 1 b. 69 Vgl. B G H vom 17.12.1959, N J W 1960, 434; B G H vom 26.1.1961, LM § 138 H G B Nr. 8; B G H vom 10.6.1965, B G H Z 44, 40, 41; B G H vom 28.4.1975, B G H Z 64, 253, 257 f.; B G H vom 25.9.1986, B G H Z 98,276,279 f. (GmbH); B G H vom 20.10.1986, N J W 1987, 952, 953; B G H vom 10.10.1994, N J W 1995,194,195; Baumbach/#o/;i, H G B , 30. Aufl., § 105 Rn. 64; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 5 IV 2, S. 135 ff.; H. P. Westermann, FS Hefermehl (1976), S. 225, 228 ff.; M. Winter, Treubindungen, S. 32 ff.; Zöllner, Anpassung, S. 33 ff. 70 Personengesellschaft, §15 IV, S. 279 ff.; ders., FS Rittner (1991), S. 119, 124 ff.; dagegen ausdrücklich Reuter, Z H R 148 (1984), 523, 543 Fn. 80. 71 FS Westermann (1974), S. 275, 277 ff.; wie Kollhosser aber auch Konzen, AcP 172 (1972), 317, 336 ff.; Reuter, Z H R 148 (1984), 523, 452; ebenso früher A Hueck, FS Hübner (1935), S. 72, 89; anders aber ders., O H G , 4. Aufl., § 11 III 3, S. 173 ff., und Z G R 1972, 237, 244 f.

I. Mitarbeit

als reine

Betragsleistung

453

Einer Übertragung der genannten Grundsätze auf eine Erhöhung oder wesentliche Umgestaltung von Mitarbeitspflichten steht prinzipiell nichts im Wege. Allerdings finden sich nur sehr wenige Aussagen zu dieser speziellen Fallgruppe. Soweit ersichtlich hat der B G H lediglich in einer älteren Entscheidung unmittelbar Stellung bezogen und angenommen, daß der Gesellschafter einer O H G nicht verpflichtet sei, entgegen der ursprünglichen Einigung eine behördliche Konzession zu beantragen und selber geschäftsführend tätig zu sein, um ein rechtliches Hindernis für die Durchführung des Gesellschaftsvertrages aus dem Weg zu räumen. 72 Dies entspricht der besonderen Zurückhaltung hinsichtlich der Ausweitung von Gesellschafterpflichten qua Treuepflicht. 7 3 Gleichwohl wird man etwa beim Ausfall einer Fachkraft und dem Vorhandensein eines für die Fortexistenz des Unternehmens wichtigen Auftrags anzunehmen haben, daß ein mitarbeitender Gesellschafter, der ebenfalls über die nötigen Kenntnisse verfügt, verpflichtet ist, einer längerfristigen 7 4 Erhöhung einer zeitlich fest fixierten Dienstleistungspflicht zuzustimmen. Erwähnt sei ferner das von A. Hueck gebildete Beispiel, daß ein Gesellschafter die Reisetätigkeit, der andere die Kontortätigkeit wahrzunehmen hat und gesundheitliche Beschwerden des für die Reisen zuständigen Teilhabers nunmehr einen Tausch der Arbeitsfelder gebieten. 75 Sofern man die Treuepflicht als Förderpflicht begreift und rechtsdogmatisch in § 705 BGB und damit im gesellschaftsvertraglichen Versprechen verankert, 7 6 handelt es sich von vornherein nicht um eine heteronom auferlegte, sondern um eine autonom übernommene Arbeitspflicht, so daß keine Bedenken im Hinblick auf Art. 12 GG bestehen. Aber auch dann, wenn man die Treuepflicht vom eigentlichen Leistungsversprechen löst und als eine an den Vertrag anknüpfende objektive Pflichtbindung versteht, 77 ergibt sich nichts anderes. Die vertragliche Wurzel legitimiert nämlich auch in diesem Falle eine Erweiterung von Arbeitspflichten, weil es inhaltlich nur darum geht, die durch die grundsätzliche Befugnis zur Zustimmungsverweigerung bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten auf die Geschicke der Gesellschaft zu kontrollieren 7 8 . Der erforderliche Freiheitsschutz des betrof-

B G H v o m 24.4.1954, L M § 105 H G B Nr. 8. Vgl. Baumbach/Hopt, H G B , 30. A u f l . , § 1 0 9 R n . 12; Schlegelberger/Afartercs, H G B , 5. A u f l . , § 119 R n . 46; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , § 705 Rn. 192, § 707 R n . 1; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. A u f l . , § 707 Rn. 1. 74 Eine k u r z f r i s t i g e M o d i f i k a t i o n der Tätigkeitspflicht z u r B e h e b u n g eines N o t - oder Eilfalls bzw. einer Krise k a n n - w i e dargelegt - auch ohne Vertragsänderung auf die Treuepflicht gestützt werden. 75 O H G , § 1 1 III 3, S. 174 f. 76 So insbesondere Lutter, A c P 180 (1980), 84, 102 ff.; ferner R G v o m 19.2.1935, J W 1935, 1773; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. A u f l . , § 705 R n . 58. 77 Hüffer, FS Steindorff (1990), S. 59, 65 ff.; Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. A u f l . , § 105 Rn. 161; M ü n c h K o m m B G B / U l m e r , 3. A u f l . , § 705 R n . 182. 78 Cahn, FS Wiese (1998), S. 71, 79; Hüffer, FS Steindorff (1990), S. 59, 74; M. Winter, Treubindungen, S. 69 ff.; siehe auch B G H v o m 20.3.1995, B G H Z 129, 136, 143 ( A G ) . 72

73

454

§ 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

fenen Gesellschafters ist durch ein R e c h t auf sofortiges Ausscheiden zu verwirklichen. 7 9 cc)

Gleichbehandlungsgrundsatz

A n dritter Stelle ist der allgemein anerkannte gesellschaftsrechtliche G l e i c h b e handlungsgrundsatz 8 0 zu erwähnen. D i e s e r Rechtssatz greift ein, wenn eine G e sellschaftermehrheit oder die Geschäftsleitung in der Lage ist, den eigenen Willen gegenüber einer G r u p p e von Gesellschaftern durchzusetzen, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. 8 1 D e r G r u n d s a t z verlangt, daß in einem solchen Fall keine unsachlichen Differenzierungen v o r g e n o m m e n werden dürfen. Sofern es also beispielsweise darum geht, daß die Geschäftsleitung mehrere mitarbeitende Gesellschafter aufgrund einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag zu einer Mehrarbeit zwecks rechtzeitiger Erledigung eines Auftrags heranziehen will, darf sie hierbei nur aus sachlichen G r ü n d e n unterscheiden. Dasselbe gilt etwa bei der Frage, welche Gesellschafter die Tätigkeit in einer neu gegründeten weit entfernten Niederlassung aufzunehmen haben. D e r durch den G l e i c h behandlungsgrundsatz gewährleistete Schutz k o m m t bei mitarbeitenden M i n derheitsgesellschaftern hinsichtlich ihrer Dienstbeiträge somit immer dann zum Tragen, wenn der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaftermehrheit oder der G e schäftsleitung die R e c h t s m a c h t zur Gestaltung der Tätigkeitspflicht einräumt. dd) Schutz

mitgliedschaftlicher

Interessen

durch

Rücksichtnahmepflicht

Schließlich ist auf das Prinzip der R ü c k s i c h t n a h m e des Verbandes gegenüber den einzelnen Mitgliedern hinsichtlich ihrer mitgliedschaftlichen Interessen als eine Ausprägung der Treuepflicht zu verweisen, das im Schrifttum mittlerweile trotz mancher terminologischen Unterschiede allgemeine A n e r k e n n u n g genießt 8 2 und auch in die Rechtsprechung des B G H Eingang gefunden hat 8 3 . W i e vor allem Zöllner84

und ihm folgend Lutters5

herausgearbeitet haben, müssen alle Eingriffe

in mitgliedschaftliche Positionen dem gemeinsamen Z w e c k dienen sowie den Grundsätzen der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit genügen. 8 6 Dieses 79 Vgl. die Parallelüberlegung zu Mehrheitsbeschlüssen über Beitragserhöhungen ohne festgelegte Obergrenze bei Baumbach/Ho/ii, HGB, 30. Aufl., §119 Rn. 35; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 1 1 I V 2 , S . 177. 80 Siehe auch § 53a AktG. 81 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §16 II 4 b, S. 468 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 II 2, S. 427 ff. 82 Vgl. etwa Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., §705 Rn. 60; Baumbach/Hueck/G. Hueck/ Fastrieb, GmbHG, 17. Aufl., § 13 Rn. 27; Hüffer, FS Steindorff (1990), S. 59, 69; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rn. 192; Erman!H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 705 Rn. 50; M. Winter, Treubindungen, S. 144 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 II 3, S. 431. 83 BGH vom 15.11.1982, BGHZ 85, 350, 360 f. (Publikums-KG); BGH vom 30.9.1991, NJW 1992, 368, 369 (GmbH); BGH vom 8.2.1988, WM 1988, 707, 708 (Genossenschaft). 84 Stimmrechtsmacht, S. 337 ff., 349 ff. (zur Stimmrechtsausübung). 85 AcP 180 (1980), 84, 121 ff. 86 In diesem Sinne etwa auch Erman//i. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 705 Rn. 49.

I. Mitarbeit

als reine

Betragsleistung

455

„gesellschaftsrechtliche Ü b e r m a ß v e r b o t " f ü h r t letztlich zu einer A b w ä g u n g zwischen den verbandlichen u n d den mitgliedschaftlichen Belangen. Dieses Prinzip beansprucht im G r u n d s a t z auch dann Geltung, w e n n die mitgliedschaftliche Stellung tätigkeitsbezogene Interessen betrifft. 8 7 H i e r f ü r bedarf es keines Sonderrechts auf eine bestimmte Mitarbeit, weil es gerade um die G e w ä h r u n g von Schutz f ü r mitgliedschaftliche Belange in den Fällen geht, in denen die Interessen nicht in die F o r m eines Sonderrechts gefaßt w o r d e n sind, so daß der betroffene Gesellschafter nicht schon durch die N o t w e n d i g k e i t einer eigenen Z u s t i m m u n g entsprechend dem Rechtsgedanken des § 35 B G B Schutz vor beeinträchtigenden M a ß n a h m e n genießt. So k ö n n t e man im eben erwähnten Versetzungsbeispiel daran denken, daß die Pflicht zur Rücksichtnahme einem entsprechenden Ansinnen entgegensteht, w e n n es zwar f ü r die Mitarbeit in der Zweigniederlassung keine gleich geeigneten Mitgesellschafter gibt, der betroffene Gesellschafter aber besonders hart getroffen w ü r d e u n d die verbandlichen Belange auch durch eine andere Lösung 8 8 hinreichend gewahrt w ü r d e n . Die Rücksichtpflicht f ü h r t damit zu einem zusätzlichen Schutz dienstleistungsbezogener Interessen in den Fällen, in denen der Gleichbehandlungsgrundsatz wegen des Vorliegens sachlicher Differenzierungsmerkmale nicht weiterhilft oder mangels anderer vergleichbarer mitarbeitender Gesellschafter von vornherein nicht eingreift. Die aufgelisteten Schutzprinzipien belegen, daß man das Gesellschaftsrecht im Hinblick auf tätigkeitsbezogene Beiträge entgegen Dillerm nicht pauschal als „leeren Mantel" bezeichnen kann. 9 0 Gleichwohl wird die Gesellschaftermitarbeit als solche u n d damit auch ihr Schutz durch das Kooperationsrecht n u r am Rande thematisiert. Es fragt sich deshalb, inwieweit dienst- u n d vor allem arbeitsrechtliche Bestimmungen herangezogen werden können, u m etwaige Lücken zu füllen.

2. Dienstvertragliche

Regeln

Das überwiegende Schrifttum geht davon aus, daß eine analoge A n w e n d u n g der §§ 611 ff. B G B auf Beitragsleistungen in F o r m von Diensten nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Allerdings soll eine H e r a n z i e h u n g der entsprechenden N o r m e n nur unter W a h r u n g der gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten in Betracht kommen. 9 1 Demgegenüber hat sich Ulmer schon im G r u n d s a t z sowohl bei

87 Siehe aber auch n o c h u n t e n sub § 12 I 1 a aa (2) im Z u s a m m e n h a n g mit der A b b e r u f u n g von G e s e l l s c h a f t e r - G e s c h ä f t s f ü h r e r n einer G m b H . 88 E t w a d u r c h die (finanziell tragbare) Einstellung einer E r s a t z k r a f t . 89 Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 389. 90 Insoweit z u t r e f f e n d Bauer/Baeck/Schuster, N Z A 2000, 863, 865. 91 So mit unterschiedlichen A k z e n t e n RGRK/i>. Gamm, B G B , 12. Aufl., § 709 Rn. 8; Soerg e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 706 Rn. 30 f.; Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl., § 706 Rn. 39 f.; P a l a n d t / S p r a u , B G B , 61. Aufl., § 7 0 6 Rn. 5; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 7 0 6 Rn. 9.

456

§ 8 Arbeitsleistungshezogene

Aspekte

der G b R 9 2 wie der G m b H 9 3 gegen eine Analogie ausgesprochen. Soweit Ulmer auf die Notwendigkeit einer Lücke in den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften als Voraussetzungen einer Analogie verweist, ist ihm zuzustimmen. Ferner bedarf es einer genauen Prüfung, ob die Rechtsgedanken des Dienstvertragsrechts auf beitragsrechtliche Tätigkeitspflichten passen. Ein völliger Ausschluß des Instruments der Analogie ist indes nicht einzusehen und wird von Ulmer im übrigen auch nicht näher begründet. Das allgemeine Dienstvertragsrecht kennt mit § 6 1 3 und § 6 1 8 B G B freilich nur zwei N o r m e n , die sich mit der Tätigkeit bzw. ihren unmittelbaren Rahmenbedingungen befassen. Die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung sowie die U n übertragbarkeit des Anspruchs auf die Dienste ergeben sich bei einer gesellschaftsvertraglich fundierten Pflicht zur Geschäftsführung bereits aus dem mitgliedschaftlichen Charakter, 9 4 so daß es insoweit am Bedarf für eine analoge Anwendung von § 6 1 3 B G B fehlt. Sofern der Beteiligte eine Mitarbeit in einer untergeordneten Position als Beitrag zugesagt hat, lassen sich diese Grundsätze jedoch nicht schon aus der kooperationsrechtlichen Grundlage als solcher ableiten. 9 5 In diesen Fällen spricht deshalb mehr für eine Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 613 B G B . Dies gilt sowohl für die in Satz 1 niedergelegte Pflicht, die Dienste im Zweifel in Person zu leisten, 9 6 als auch für die in Satz 2 statuierte grundsätzliche 9 7 Unübertragbarkeit des Anspruchs auf die Beitragsleistung. Etwas problematischer gestaltet sich die Frage nach einer analogen Anwendung des § 618 B G B , der gewisse Schutzmaßnahmen für Leben und Gesundheit des Dienstnehmers vorschreibt. Im Schrifttum finden sich vereinzelte Hinweise auf eine analoge Anwendung dieser Bestimmung. 9 8 Man wird nach der Möglichkeit der Einflußnahme auf die eigene Arbeitsumwelt zu unterscheiden haben. Soweit der Gesellschafter infolge seiner unternehmensinternen Macht in der Lage ist, die entsprechenden Schutzvorkehrungen selber anzuordnen, kann er sich - etwa bei Streitigkeiten über die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Mitarbeits-

In: MünchKomm, B G B , 3. Aufl., § 706 Rn. 13. In: Hachenburg, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 93, dort allerdings mit einer Ausnahme für diejenigen Fälle, in denen die Gesellschaftszugehörigkeit auf die Dauer der Geschäftsführerstellung begrenzt ist. 9 4 Siehe dazu bereits oben sub 1 a. 9 5 Zur grds. Abtretbarkeit von Beitragsforderungen etwa Baumbach/Z/opi, H G B , 30. Aufl., § 1 0 9 Rn. 9. 9 6 So auch Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 7 0 6 R n . 3 1 ; Staudinger/if^fer, B G B , 12. Aufl., § 7 0 6 Rn. 40; Erman!H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 7 0 6 Rn. 9. Demgegenüber wollen Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 156, und Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S.261, 271, ohne Erwähnung des § 6 1 3 S. 1 B G B alles von der Auslegung der gesellschaftsvertraglichen Regelung abhängig machen. Dieser an sich zutreffende Ansatz macht eine Auslegungsregel aber noch nicht entbehrlich. 9 7 Etwas anderes kann bei einer Gesellschaft gelten, die ein Zeitarbeitsunternehmen betreibt. 98 Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 161; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 276. Hingegen wirft Staudinger /Keßler, B G B , 12. Aufl., § 706 Rn. 40, nur die schwer verständliche Frage nach der Geltung von § 619 BGB auf. 92

93

I. Mitarbeit als reine Betragsleistung

457

pflicht - nicht auf diese Vorschrift b e r u f e n . " Falls er jedoch nicht imstande ist, selber für einen entsprechenden Schutz von L e b e n und Gesundheit zu sorgen, m u ß § 6 1 8 B G B um der hohen Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter willen zur A n w e n d u n g k o m m e n . M a n wird dem Gesellschafter zur D u r c h s e t z u n g des Schutzes entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zu § 6 1 8 B G B 1 0 0 einen Erfüllungsanspruch sowie ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 273 B G B 1 0 1 zuzubilligen haben. F e r n e r kann es bei einer Verletzung der Schutzpflichten zu einem Schadensersatzanspruch des mitarbeitenden Gesellschafters gegen die G e sellschaft k o m m e n . Stellt man für die analoge A n w e n d u n g der §§ 613, 618 B G B auf eine gesellschaftsvertraglich geschuldete Dienstleistung letztlich auf die U n t e r o r d n u n g des Beschäftigten ab, zeigt sich, daß eine solche Situation im wesentlichen nur bei multilateralen Rechtsbeziehungen eintreten kann. Sofern im R a h m e n eines bilateralen Rechtsverhältnisses eine weisungsgebundene Tätigkeit als Gesellschaftsbeitrag zugesagt wird, entsteht infolge des arbeitsrechtlichen R e c h t s f o r m z w a n g s automatisch ein gemischtes Mitarbeiterverhältnis (Typ II/2), 1 0 2 so daß diese Vorschriften bereits unmittelbar gelten und nicht erst mittels einer Analogie zur A n wendung gebracht werden müssen. E t w a s anderes gilt lediglich dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen eine privatautonome Zurückdrängung des Arbeitsrechts anerkannt werden kann. In diesen Fällen fehlt es an einem D i e n s t - bzw. Arbeitsvertrag als Substrat für eine unmittelbare Heranziehung der § § 6 1 3 , 618 B G B . D a diese N o r m e n aber keinen spezifisch arbeitsrechtlichen, sondern einen allgemeinen dienstvertraglichen Charakter haben, bestehen keine Bedenken, sie in einer derartigen Gestaltung auf eine rein kooperationsrechtlich fundierte Beschäftigung anzuwenden.

3. Analoge Anwendung des arbeitsrechtlichen und Persönlichkeitsschutzes

Gesundheits-

D e r letzte und schwierigste K o m p l e x besteht in der Frage, ob und in welchem U m f a n g arbeitsrechtliche Bestimmungen, die mit der Tätigkeit und ihren unmittelbaren Rahmenbedingungen zusammenhängen, analog auf Dienstleistungen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage anzuwenden sind. In gegenständlicher Hinsicht sind damit alle N o r m e n angesprochen, die den Gesundheitsschutz im 99 In diesem Sinne auch Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 169, und Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 276, für die Frage des öffentlichrechtlichen Arbeitsschutzrechts. 100 Dazu etwa Erman/Belling, BGB, 10. Aufl., § 618 Rn. 21 ff.; Staudinger/Oetker, BGB, 13. Bearb., § 618 Rn. 250 ff., 259 ff., 286 ff.; ErfK/Preis, 2. Aufl., § 618 BGB Rn. 27 ff., 31 ff., 37 ff. 101 Der im Arbeitsrecht unter Berufung auf die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zuweilen vertretene Rekurs auf § 320 BGB (vgl. Soergel/ Wedemann, BGB, 12. Aufl., § 320 Rn. 35) kommt nicht in Betracht, weil zumindest grundsätzlich keine derartige Pflicht der Gesellschaft gegenüber mitarbeitenden Teilhabern besteht. 102 Siehe oben sub § 6 VI 1 c aa (2) bis cc.

458

§ 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

Hinblick auf die Arbeitsplatzgestaltung 1 0 3 und die Arbeitszeit 1 0 4 einschließlich des Schutzes für besondere Arbeitnehmergruppen 1 0 5 betreffen. Des weiteren gehört hierher die Frage, ob dem Beschäftigten ein Anspruch auf Befreiung von seiner Arbeit zum Zwecke der Erholung einzuräumen ist. 106 Ferner geht es um den im Arbeitsrecht geltenden bzw. entwickelten Schutz der Persönlichkeit des Mitarbeiters. 1 0 7 Dagegen wird der Schutz des Beschäftigten vor eigenen Sachschäden erst im Zusammenhang mit der Haftungsthematik erörtert. 1 0 8 Mit den folgenden Überlegungen soll unter bewußtem Verzicht auf Einzelheiten der in Betracht zu ziehenden Vorschriften versucht werden, die für eine Analogie maßgeblichen Prinzipien darzulegen. Die Eckpunkte lassen sich wie folgt umreißen: Aus der Einbettung der Tätigkeit in einen gesellschaftsvertraglichen Rahmen ergibt sich die Anwendung verschiedener gesellschaftsrechtlicher Schutzmechanismen. Es fehlt jedoch an speziellen Regeln hinsichtlich der soeben erwähnten Schutzbereiche. Dies bedeutet auf der einen Seite freilich noch nicht, daß der gesamte arbeitsrechtliche Schutz gleichsam „Eins zu E i n s " auf Dienstbeiträge anzuwenden ist, sofern nur die äußeren Merkmale vorliegen, die im Falle einer austauschvertraglichen Basis zur Einstufung des Beschäftigten als Arbeitnehmer führen würden. Eine solche Sichtweise würde die Entscheidung der Parteien für eine kooperationsrechtliche Grundlage einschließlich der daraus resultierenden gesellschaftsrechtlichen Folgewirkungen mißachten. Auf der anderen Seite muß jedoch verhindert werden, daß durch die - unter Umständen von einer Seite mehr oder weniger gesteuerte schlichte Wahl einer entsprechenden Rechtsgrundlage fundamentale Schutzanliegen der Rechtsordnung außer Kraft gesetzt werden. Dies ist der zutreffende Kern der bereits genannten, wenn auch aus rechtsdogmatischen Gründen abgelehnten Auffassung, die Arbeitnehmereigenschaft ohne Rücksicht auf die rechtliche Grundlage der Mitarbeit zu bejahen. 1 0 9 Entscheidend ist demnach, welchen Belangen ein derart starker Schutz zuzuerkennen ist, daß die Rechtsgrundlage in den Hintergrund zu treten hat. Das liegt auf der Linie einer erheblichen Strömung im Schrifttum, die sich für eine analoge Anwendung arbeitsrechtlicher Re-

ArbSchG, ArbeitsstättenVO, ArbSichG. ArbZG. 105 MuSchG, JArbSchG, S G B I X (vormals SchwbG). 106 Für Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 79, scheint das Urlaubsrecht nur zum wirtschaftlichen Existenzschutz zu gehören. Dieser Aspekt erfaßt aber nur die Entgeltfortzahlung während des Erholungsurlaubs. Die Befreiung von der Tätigkeitspflicht als solche ist dagegen dem Gesundheitsschutz zuzuordnen, weil es insoweit um die Erhaltung und Wiederauffrischung der Arbeitskraft geht; vgl. Leinemann/Linck, Urlaubsrecht, § 1 B U r l G Rn. 4. Im übrigen zeigt sich gerade am mitarbeitenden Gesellschafter die Trennbarkeit beider Aspekte, siehe dazu auch noch unten sub § 9 III 1 c bb. 107 B D S G , Grenzen des Fragerechts bei Einstellungen, Schutz vor elektronischer Überwachung. 108 Siehe unten sub § 1 0 II. 109 Siehe oben sub § 6 III 1 a bb. 103

104

I. Mitarbeit

als reine

Betragsleistung

459

geln auf gesellschaftsrechtliche Beschäftigungsverhältnisse einsetzt. 1 1 0 Allerdings läßt man es insoweit vielfach bei vergleichsweise allgemeinen Andeutungen bewenden. Einen vergleichbaren Gedanken hat auch das B A G einmal geäußert, ohne sich freilich genauer festzulegen. 1 1 1 Im übrigen klaffen in der Literatur teilweise erhebliche Diskrepanzen, wenn etwa Schnorr von Carolsfeld schon frühzeitig weite Teile des Arbeitsschutzrechts auf gesellschafterliche Dienstleistungen übertragen hat, 1 1 2 während etwa Martens nur einen Kernbereich für generalisierungsfähig hält 1 1 3 . Vor allem aber kranken die meisten Ausführungen daran, daß sie nicht hinreichend zwischen den verschiedenen Typen von mitarbeitenden Gesellschaftern unterscheiden. Insbesondere wird nicht deutlich genug zwischen solchen Gesellschaftern differenziert, die „an sich" die Tätigkeitsmerkmale eines Arbeitnehmers erfüllen und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Ohne eine derartige Unterscheidung läuft man indes Gefahr, den erforderlichen Sozialschutz entweder zu weit zurückzustutzen oder zu stark auszudehnen. Neben dem Eigengewicht der jeweiligen Belange ist somit auch die konkrete gesellschafterliche Positionen des Beschäftigten zu berücksichtigen. Unter dem zuletzt genannten Aspekt kann zunächst festgestellt werden, daß eine Übertragung spezifisch arbeitsrechtlicher N o r m e n und Gedanken ausscheidet, sofern der mitarbeitende Gesellschafter über die Möglichkeit effektiven Selbstschutzes verfügt. Wenn es die Rechtsordnung einem Selbständigen nicht verwehrt, unter äußeren Bedingungen zu arbeiten, zu denen er keinen Arbeitnehmer beschäftigen dürfte, muß dies auch für einen Gesellschafter gelten, der rechtlich in der Lage ist, sich ein entsprechendes Arbeitsumfeld zu schaffen, auch wenn er dies aus tatsächlichen Gründen unterläßt, etwa aus Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen der übrigen Beteiligten. Befindet sich der mitarbeitende Gesellschafter dagegen praktisch in derselben Lage wie ein regulärer Arbeitnehmer, hat er also keinen hinreichenden Einfluß auf die Gestaltung der eigenen Arbeitsbedingungen, gibt es keinen Grund, ihm den arbeitsrechtlichen Gesundheitsschutz zu versagen. Dies bedeutet zunächst, daß der gesamte technische Arbeitsschutz für einen solchen Beschäftigten zu gelten hat. 1 1 4 Dasselbe ist für den Arbeitszeitschutz anzunehmen. 1 1 5 Weiterhin muß dem Gesellschafter um der 1 1 0 Vgl. Hueck/Nipperdey, Arbeitsrecht, Bd. I, 7. Aufl., § 9 V 3 Fn. 28, S. 47 f.; Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 406 ff.; Martens, R d A 1979, 347, 354; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 161 ff.; Mayer-Maly, Erwerbsabsicht und Arbeitnehmerbegriff, S. 49; Schnorr von Carolsfeld, F S A. Hueck (1959), S . 2 6 1 , 272 ff.; Steindorff, FS R. Fischer (1979), S. 747,767. 111 B A G v o m 3.6.1975, A P Nr. 1 zu § 5 B e t r V G 1972 Rotes K r e u z (unter III 8). 1 1 2 F S A . Hueck (1959), S. 261, 272 ff. 1 1 3 R d A 1979, 347, 354. 114 E b e n s o Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S . 4 0 6 f . ; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 163, 169; Schnorr von Carolsfeld, F S A . H u e c k (1959), S.261, 276. 1 1 5 Zu Unrecht offenbar einschränkend Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 169; Schnorr von Carolsfeld, F S A . Hueck (1959), S. 261, 272; im wesentlichen wie hier Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 408.

460

5 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

Erhaltung seiner Arbeitskraft willen ein Anspruch auf Freistellung von seiner Tätigkeit entsprechend dem gesetzlichen Mindesturlaub 1 1 6 zugebilligt werden. 1 1 7 Ferner sind die besonderen Schutzbestimmungen f ü r Schwangere oder Mütter, Jugendliche 1 1 8 und Schwerbehinderte heranzuziehen. 1 1 9 Schließlich sind auch die im Arbeitsrecht f ü r den Bereich des Persönlichkeitsschutzes geltenden G r u n d sätze zu übertragen. Eine Heranziehung arbeitsrechtlicher Regeln scheidet allerdings aus, wenn das Gesellschaftsrecht einen vergleichbaren Schutz bereitstellt. So kann man etwa dem Interesse eines mitarbeitenden Beteiligten an tatsächlicher Beschäftigung gesellschaftsrechtsintern Rechnung tragen, ohne insoweit auf arbeitsrechtliche A n leihen angewiesen zu sein. Ein Beschäftigungsanspruch läßt sich nämlich auch außerhalb des bestimmten Personengesellschaftern automatisch zustehenden Rechts auf Teilhabe an der Geschäftsführung 1 2 0 bzw. ohne ein dahingehendes Sonderrecht 1 2 1 auf die Pflicht zur Rücksichtnahme der übrigen Gesellschafter bzw. des Verbandes auf das mitgliedschaftliche Interesse des betroffenen Gesellschafters 1 2 2 stützen, die als Beitrag geschuldeten Dienste tatsächlich zu erbringen und hierdurch auf das Geschehen innerhalb der Gesellschaft zumindest einen gewissen Einfluß zu nehmen. 1 2 3 Dabei kann in Anlehnung an Überlegungen von Wiedemannlu und Odersky125 zur Hinauskündigung mitarbeitender Gesellschafter auch Art. 12 Abs. 1 G G zur Konkretisierung der Rücksichtnahmepflicht herangezogen werden. Art. 12 Abs. 1 G G schützt nämlich zum einen nicht nur Arbeitnehmer, sondern sämtliche (erlaubten) Tätigkeiten, die zur wirtschaftlichen Grundlage der eigenen Lebensführung gemacht werden. 1 2 6 Hierzu ist auch 116

§ 3 Abs. 1 B U r l G (24 Werktage). Gleichfalls Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S.407; Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 163 f.; Schnorr von Carolsfeld, FS A. H u e c k (1959), S. 261, 274 f. 118 Insoweit erlaubt bereits die weite Fassung v o n § 1 Abs. 1 N r . 3 J A r b S c h G eine Einbezieh u n g v o n Gesellschaftsverhältnissen; zutr. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 407. 119 In diesem Sinne auch Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 169; Schnorr von Carolsfeld, FS A. H u e c k (1959), S. 261, 272,274. F ü r Schwangere u n d M ü t t e r hinsichtlich des G e s u n d h e i t s s c h u t z e s w o h l ebenso Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 408, anders aber f ü r S c h w e r b e h i n d e r t e ders., a a O . Eine U n a n w e n d b a r k e i t der § § 8 1 , 124, 124 S G B IX ( f r ü h e r §§ 14, 46, 47 S c h w b G ) ist indes nicht einzusehen. 120 Siehe o b e n sub §§ 3 II 1 a u. 5 IV 1 b aa (1). 121 Z u r Unzulässigkeit einer B e u r l a u b u n g im Falle eines Sonderrechts auf die Tätigkeit als G e s c h ä f t s f ü h r e r einer G m b H siehe B G H v o m 30.11.1961, W M 1962, 201, 202; Baums, G e schäftsleitervertrag, S. 98 f.; S c h o l z / U . H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 38 Rn. 41. 122 Siehe o b e n sub 1 b dd. 123 I m Erg. auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 309, der sich h i e r f ü r - nicht ü b e r z e u g e n d - auf die Z w e c k f ö r d e r u n g s p f l i c h t stützt, indem er b e h a u p t e t , daß sich aus der Pflicht z u r E i n b r i n g u n g der A r b e i t s k r a f t der verbandliche Z w e c k ergebe, die Tätigkeit zu ermöglichen. 124 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 2 a cc, S. 387 f. 125 Z G R - S o n d e r h e f t N r . 13 (1998), 103, 110. 126 Vgl. etwa BVerfG v o m 11.6.1958, B V e r f G E 7, 377, 397 ff.; BVerfG v o m 18.6.1980, BVerfG E 54, 301, 313; BVerfG v o m 27.1.1982, B V e r f G E 59, 302, 315; B V e r f G v o m 20.3.2001, N J W 117

I. Mitarbeit als reine

Betragsleistung

461

die Mitarbeit von Gesellschaftern zu rechnen. 127 Zum anderen kann die Wertung des Art. 12 Abs. 1 G G instrumental durch den generalklauselhaften Rechtssatz der Rücksichtnahmepflicht in die Interpretation des einfachen Rechts einfließen, wobei offenbleiben mag, ob man hierin rechtsdogmatisch eine „Ausstrahlungswirkung" oder besser eine Ausprägung des Schutzpflichtaspekts der Grundrechte 128 sieht. Läßt sich ein gleichwertiger Interessenschutz somit aus gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ableiten, bedarf es keiner Analogie zu arbeitsrechtlichen Regeln. 129 Vielmehr zeigt dieses Beispiel eher, daß es teilweise rechtsgebietsübergreifende Gemeinsamkeiten als Antworten auf bestimmte Sachfragen gibt, hinter denen die Rechtsgrundlage der Tätigkeit zurücktritt. Diese Sichtweise setzt allerdings voraus, daß man den Beschäftigungsanspruch auf den Aspekt des Berufsschutzes stützt. Gründet man diesen Anspruch mit dem BAG dagegen im wesentlichen auf den Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers, 130 ist an einem Rekurs auf das Arbeitsrecht kaum vorbeizukommen. Mit Hilfe der gesellschaftsrechtlichen Rücksichtpflicht kann nämlich nur ein Schutz mitgliedschaftlicher Interessen erreicht werden. Reine Individualinteressen außerhalb des vergemeinschafteten Bereichs lassen sich dadurch nicht bewahren, weil sie keinen Bezug zur Bindung an einen gemeinsamen Zweck aufweisen. Stellt man die Frage eines Beschäftigungsanspruchs ausschließlich in einen Zusammenhang mit ideellen, persönlichkeitschutzrechtlichen Erwägungen, liegt es im übrigen in der Natur der Sache, daß der Weigerung der Gesellschaft, einen Beteiligten tatsächlich zu beschäftigen, nicht entgegengehalten werden kann, die Berücksichtigung privater Interessen diene unter Umständen zugleich dem gemeinsamen Interesse an einer ungetrübten Zusammenarbeit und unterliege aus diesem Grunde dem Zugriff der Rücksichtpflicht 131 . Die Grundsätze über eine analoge Anwendung des arbeitsrechtlichen Gesundheits- und Persönlichkeitsschutzes gelten ferner dann, wenn die Voraussetzungen für eine wirksame privatautonome Zurückdrängung des Arbeitsrechts zugunsten einer zweiseitigen kooperationsrechtlich fundierten Tätigkeit vorliegen 132 . Zwar ist es im allgemeinen nicht sinnvoll, den Parteien in einem ersten Schritt die Abwahl der Arbeitnehmereigenschaft und damit der unmittelbaren Heranziehung

2001,1779; Jarass, in: Jarass/Pieroth, G G , 5. Aufl., Art. 12 Rn. 4; v. Münch/Gubelt, G G , 5. Aufl., Art. 12 Rn. 8; Tettinger, in: Sachs, G G , 2. Aufl., Art. 12 Rn. 29. 127 Siehe aber auch noch unten sub § 12 I 1 a aa (2) zur Frage der Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer G m b H . 128 Vgl. nur BVerfG vom 7.2.1990, BVerfGE 81, 242, 255 f.; Stern, Staatsrecht, Bd. I I I / l , § 69 IV, S. 931 ff. 129 Voreilig daher Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 160 f., unter unzutreffender Berufung auf Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 276. 130 B A G vom 10.11.1955, AP N r . 2 zu §611 BGB Beschäftigungspflicht; BAG (GS) vom 27.2.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht (unter C I 2). 131 Für eine Rücksichtnahme auf private Interessen mit Hilfe dieses nicht ganz zweifelsfreien Kunstgriffs Lutter, AcP 180 (1980), 84,129; zust. Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 705 Rn. 60. 132 Siehe dazu oben sub § 6 VI 1 c aa (2) bis cc.

462

5 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

des Arbeitsrechts zu ermöglichen, um die ausgeklammerten Bestimmungen dann in einem zweiten Schritt im Wege der Analogie anzuwenden. Aus der grundsätzlichen Freistellung vom arbeitsrechtliche Rechtsformzwang folgt jedoch noch nicht, daß sich die Beteiligten auch von solchen Rechtsnormen dispensieren können, in denen es um fundamentale Belange geht, die keinen monetären Charakter haben. Die Legitimation für eine Zurückdrängung des Arbeitsrechts beruht nämlich neben einem gewissen Binneneinfluß und einem - hier irrelevanten - vergleichbaren Bestandsschutz wesentlich auf einer bestimmten Qualität der vermögensrechtlichen Situation innerhalb der Gesellschaft, durch die eine Mobilisierung der Arbeitskraft im Sinne einer Verwertung nach mitunternehmerischen Grundsätzen erreicht wird. Der Gesundheits- und Persönlichkeitsschutz mitarbeitender Gesellschafter steht indes von vornherein außerhalb der vermögensrechtlichen Sphäre. Dieses Segment des Arbeitsrechts muß deshalb analog auf Dienstbeiträge angewendet werden, bei denen der Beschäftigte äußerlich die allgemeinen Statusmerkmale eines Arbeitnehmers erfüllt. Neben den Gesellschaftern, die im wesentlichen in einer mit einem Arbeitnehmer vergleichbaren Situation mitarbeiten, gibt es jedoch auch solche Gesellschafter, die selbständiger tätig sind, ohne indes alle Umstände ihrer Dienste völlig frei festlegen zu können. Für diese Personen ist in der Tat im Sinne der Überlegungen von Martens133 eine Zwischenstufe zu befürworten, auf der zwar nicht der gesamte arbeitsrechtliche Sozialschutz, wohl aber ein Kernbestand zur Anwendung kommt. So ist einem geschäftsführenden Gesellschafter ein Recht auf einen angemessenen Urlaub zu gewähren, dessen Länge allerdings nicht die gesetzliche Mindestdauer 134 erreichen muß, sondern durchaus darunter liegen kann. 135 Ferner muß ein derartiger Gesellschafter bei der Lage des Urlaubs in besonderem Maße auf die Belange des Unternehmens Rücksicht nehmen. 136 Für diese Sicht der Dinge spricht, daß die herrschende Meinung dem Organmitglied einer G m b H ebenfalls einen Urlaubsanspruch zugesteht, mag die zutreffende Begründung - ergänzende Auslegung des Anstellungsvertrages oder Fürsorgepflicht auch umstritten sein. 137 Dahinter steht letztlich die Wertung, daß es in jedem BeRdA 1979, 347, 354; ders., in: Schlegelberger, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 20. 24 Werktage (§ 3 Abs. 1 BUrlG). 135 Anders aber augenscheinlich Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 407, indem er generell von (mitarbeitenden) Gesellschaftern spricht, ohne die enormen Unterschiede innerhalb dieser Personengruppe zu berücksichtigen. 136 Martens, RdA 1979, 347, 354. 137 Vgl. B G H vom 3.12.1962, N J W 1963, 535; Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 215; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 R n . 2 9 ; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 3 5 Rn. 91; Scholz/¡7. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 5 Rn. 196; Hachenburg/ Stein, G m b H G , 8. Aufl., § 35 Rn. 308; Sudhoff, G m b H , 8. Aufl., S. 243; Baumbach/Hueck/Zö7/ner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 98; für eine analoge Anwendung des B U r l G auf bestimmte Geschäftsführer dagegen Brachen, Organmitgliedschaft, S. 215 f.; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 130 f.; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 340; Henssler, RdA 1992, 289, 296; Hey II, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 248; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 185 f. Siehe auch Boemke, ZfA 1998, 209, 229, der zutreffend darauf verweist, daß sich der Urlaubsanspruch bei arbeitnehmer133

134

II. Auswirkungen

der Gesellschafterstellung

auf das Beschäftigungsverhältnis

463

schäftigungsverhältnis unabhängig von dessen k o n k r e t e r R e c h t s n a t u r einen gewissen Mindestsozialschutz geben m u ß . 1 3 8

II. Auswirkungen der Gesellschafterstellung auf das Beschäftigungsverhältnis D e r zweite in diesem Zusammenhang interessierende T h e m e n k o m p l e x besteht in den F o l g e n , die sich aus der kumulativen Rechtsstellung als Gesellschafter für die Mitarbeitspflicht und ihre unmittelbaren Rahmenbedingungen innerhalb des j e weiligen Tätigkeitsverhältnisses ergeben. Soweit es u m die gesellschafterliche P o sition als Auslöser für etwaige M o d i f i k a t i o n e n geht, ist vor allem an die Treuebzw. Förderpflicht zu denken. D a n e b e n k o m m e n aber auch Mitverwaltungsrechte in Betracht. Z u d e m ist in allen Fällen zu berücksichtigen, daß man es mit verschiedenartigen R e c h t s f o r m e n zu tun haben kann und insbesondere die Verwaltungsbefugnisse in unterschiedlicher Stärke auftreten können. I m H i n b l i c k auf das Beschäftigungsverhältnis kann es sich um R e c h t s b e z i e h u n g e n handeln, die von der Gesellschafterstellung separiert sind (Typ I I I / l ) 1 3 9 . D a n e b e n sind aber auch die erörterten hybriden Verbindungen des Ausführungsvertrages (Typ I I / 1 ) sowie des gemischttypischen Mitarbeitervertrages (Typ I I / 2 )

einzubeziehen.

Schließlich kann die fragliche Tätigkeit ihrem C h a r a k t e r nach sowohl einen Arbeitsvertrag als auch einen freien Dienstvertrag darstellen, so daß die gesellschafterlichen R e c h t e und Pflichten auf ein in erheblichem M a ß e

differierendes

Schutzniveau treffen können. Alles in allem ergibt sich mithin eine Fülle unterschiedlicher K o m b i n a t i o n e n , die eine B e s c h r ä n k u n g auf Leitlinien um so vordringlicher erscheinen läßt.

1. Bedeutung der Treue- bzw. Förderpflicht a) Grundlagen Das grundsätzliche Bestehen einer Treue- bzw. Förderpflicht eines jeden Gesellschafters ist heute nahezu allgemein anerkannt. Dies betrifft sämtliche Personengesellschaften einschließlich der stillen Gesellschaft 1 4 0 , aber auch Körperschaften wie die G m b H , die Aktiengesellschaft oder den Verein 1 4 1 . Insbesondere unterlie-

ähnlichen Geschäftsführern bereits aus § 2 S. 2 Halbs. 1 BUrlG i. V. m. §§ 1, 3 BUrlG ergibt. Entsprechendes gilt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 ArbSchG für den technischen Arbeitsschutz. 138 So auch Martens, RdA 1979, 347, 354. 139 Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. 140 Zur stillen Gesellschaft siehe BGH vom 11.7.1951, BGHZ 3, 75, 81; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 630 ff., 643 ff.; Schlegelberger/tf. Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 127. 141 Krit. aber Flume, Juristische Person, § 8 I, S. 268 ff.; ders., ZIP 1996, 161 ff., der mit beachtlichen Argumenten annimmt, daß es lediglich um eine aus dem Wesen der Mitgliedschaft fol-

464

5 8 Arbeitsleistungsbezogene

Aspekte

gen auch Minderheitsgesellschafter der Treuepflicht. 142 Die Treuepflicht ist nach heutigem Verständnis also nicht nur ein Instrument des Minderheitenschutzes. 143 Das eigentliche Problem liegt somit nicht mehr in der prinzipiellen Anerkennung der Treuepflicht als Bestandteil des Pflichtenprogramms von Gesellschaftern, sondern in der Konkretisierung der Generalklausel. Insoweit spielen die Rechtsform, stärker aber die personalistische oder körperschaftliche Realstruktur der Gesellschaft, der Zweck sowie der konkrete Einfluß des jeweiligen Gesellschafters eine maßgebliche Rolle, ohne daß sich das Verhältnis dieser Elemente in eine für alle Gestaltungen gültige Formel fassen läßt. 144 Ferner ist der Beteiligte aufgrund der Treuepflicht tendenziell eher zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Mitgesellschafter bzw. des Verbandes verpflichtet als zur aktiven Förderung. b) Tätigkeitsbeziehung

als reiner und verbundener

Drittvertrag

Im vorliegenden Zusammenhang geht es in erster Linie um die Konstellation eines unverbundenen Nebeneinanders von Gesellschafterstellung und austauschrechtlichem Tätigkeitsverhältnis (Typ III/l). Aus der Perspektive der kooperationsrechtlichen Beziehung handelt es sich damit um ein Drittschuldverhältnis des Gesellschafters, das regelmäßig mit der Gesellschaft besteht. Eine gewisse Ausnahme bilden insoweit lediglich die Innengesellschaften, bei denen das Beschäftigungsverhältnis nicht mit der nach außen nicht auftretenden Gesellschaft, sondern mit dem Unternehmensinhaber 145 abgeschlossen wird. Die Frage etwaiger Auswirkungen der Treuepflicht auf Drittrechtsbeziehungen ist bekanntlich umstritten. Namentlich Flume hat sich energisch gegen eine Überlagerung mit dem Argument ausgesprochen, daß die Rechte und Pflichten aus Drittgeschäften nicht gesellschaftsvertraglicher Natur seien und deshalb auch nicht der Treuepflicht unterliegen könnten. 146 Ferner wurde eingewandt, daß jede Beeinflussung des Drittschuldverhältnisses im Ergebnis gegen das Belastungsverbot verstoße. 147 Die ganz überwiegende Meinung steht indes zu Recht auf dem Standpunkt, daß die Treuepflicht einem Beteiligten gebieten kann, bei seinen außergesellschaftsrechtlichen Beziehungen zum Verband eine gewisse Rücksichtnahme auf die Belange der Gesellschaft und der Mitgesellschafter walten zu lassen. 148 Allerdings geht es insoweit nicht um eine Begrenzung innervergende Begrenzung von Gesellschafterrechten gehe; zust. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 47 f. 142 Zur GmbH vgl. Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 13 Rn.23. Zur AG vgl. B G H vom 20.3.1995, BGHZ 129, 136, 142 ff. - Girmes. 143 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 20 IV 3, S. 594; in diesem Sinne auch Lutter, AcP 180 (1980), 84, 102 ff. 144 Vgl. Lütter, AcP 180 (1980), 84, 105, 109; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §20 IV 2 d, S. 593; siehe auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 8 II 3 b, S. 434 f. 145 Dabei kann der Unternehmensträger selber natürlich wieder eine Gesellschaft sein. 146 Personengesellschaft, § 15 I, S. 260. 147 Prediger, BB 1971, 245, 246; ähnlich RG vom 2.10.1912, LZ 1912, Sp. 911 f. 148 RG vom 26.2.1937, JW 1937, 1986; BGH vom 10.11.1969, WM 1970, 280, 281; Altmeppen,

II. Auswirkungen

der Gesellschafterstellung

auf das Beschäftigungsverhältnis

465

bandlicher Einwirkungsmöglichkeiten, sondern um eine Abrundung der mitgliedschaftlichen Förderpflicht, derer es angesichts der Offenheit und damit der Anfälligkeit der Gesellschaft für künftige Entwicklungen bedarf 1 4 9 . Dies muß auch dann gelten, wenn es sich bei dem Drittgeschäft um ein Beschäftigungsverhältnis handelt. Eine solche Sicht der Dinge kommt in einer neueren Entscheidung des B A G ebenfalls zum Ausdruck, wenn es aus der mitgliedschaftlichen Loyalitätspflicht von Gewerkschaftsbeschäftigten auf Einschränkungen bei der Ausübung des Streikrechts schließt. 1 5 0 Freilich ist darauf zu achten, daß aus der Treuepflicht keinesfalls ein höheres Maß an Restriktionen der für den mitarbeitenden Gesellschafter prinzipiell bestehenden Rechtspositionen abgeleitet werden kann, als wenn er seine Dienste allein auf kooperationsrechtlicher Grundlage erbringen würde. Es spricht sogar alles für geringere Auswirkungen. Wenn sich die Parteien nämlich dafür entschieden haben, die Tätigkeit in eine vom Gesellschaftsverhältnis getrennte Rechtsform zu betten, muß dieser Wille ernstgenommen werden und die Mitarbeit vor den Folgen einer gleichzeitig bestehenden gesellschaftsrechtlichen Beziehung weitgehend verschont bleiben. Eine von vornherein etwas andere Sachlage besteht bei Ausführungsverträgen (Typ I I / l ) und gemischten Mitarbeiterverträgen (Typ II/2). In diesen Gestaltungen haben die Parteien die Tätigkeit nicht nur in das Rechtskleid eines austauschvertraglichen Dienst- oder Arbeitsvertrages gefaßt, sondern bewußt zugleich in einen gesellschaftsrechtlichen Rahmen eingebunden. Wenn die Mitarbeit somit auch causa societatis erbracht wird, ist es gerechtfertigt, sie in einem höheren Maße als völlig eigenständige Beschäftigungsverhältnisse

kooperationsrechtli-

chen Bindungen zu unterwerfen. 1 5 1

c) Modifikation

der

aa) Eigenständige

Mitarbeitspflicht Beschäftigungsverhältnisse

Betrachtet sei zunächst der Fall des vom Gesellschaftsverhältnis getrennten Arbeitsvertrages (Typ I I I / l ) . Insoweit ist bereits auf die arbeitsrechtliche Ausgangslage als Hintergrund der Frage nach den Folgen der Gesellschafterstellung hingein: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 13 Rn. 64; H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. Aufl., § 128 Rn. 16; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 7 0 5 Rn. 57, 61; A. Hueck,

O H G , 4. Aufl., § 2 1 V,

S. 327 Fn. 54 u. S. 329; M ü n c h K o m m B G B / U l m e r , 3. Aufl., § 705 Rn. 168; Walter, J Z 1983, 260, 261; E r m a n / H . P. Westermann,

B G B , 10. Aufl., § 705 Rn. 49, 59.

Zum Geltungsgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht siehe etwa Cahn, FS Wiese (1998), S. 71, 78 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 2 0 IV 1 b, S. 588 f.; WellenhoferFS Heinsius (1991), S. 949, 950 f.; abweichend Klein, RabelsZ 65 (2000), 564, 573; Wiedemann, Hüffer, FS Steindorff (1990), S. 59, 72 f. Zur rechtsökonomischen Funktion der mitgliedschaftlichen Treuepflicht als Instrument zur Bewältigung von Unsicherheiten in langfristigen, notwendig unvollständigen Verträgen Fleischer, Z G R 2001,1, 4 f. 1 5 0 B A G vom 17.2.1998, AP Nr. 87 zu Art. 9 G G (LS 3 und unter II 3 c bb). 151 In diesem Sinne für Rechtsgeschäfte, die „im Hinblick auf das gesellschaftliche Band" zustande gekommen sind und den Zweck haben, die Belange der Gesellschaft zu fördern, auch R G vom 26.2.1937, J W 1937,1986. In dieselbe Richtung ferner Noack, Gesellschaftervereinbarungen, S. 79. 149

466

§ 8 Arbeitsleistungshezogene

Aspekte

wiesen worden. 1 5 2 Danach hat der Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht vorübergehend eine andersartige oder umfangreichere Tätigkeit zu erbringen. Eine solche Pflicht besteht allerdings nur in echten Notfällen, nicht aber in Eilfällen oder in wirtschaftlich krisenhaften Situationen. Aus diesen Regeln folgt, daß für eine Modifikation der Arbeitspflicht aus Gründen der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht von vornherein nur in Konstellationen unterhalb der Schwelle des Notfalls Raum bleibt. 1 5 3 Eine solche Erweiterung der Tätigkeitspflichten ist indes prinzipiell abzulehnen. Wenn die Parteien die Mitarbeit in eine Drittrechtsbeziehung fassen, die sachlich vom Gesellschaftsverhältnis vollständig getrennt ist, geben sie damit zu verstehen, daß der Beteiligte in seiner Eigenschaft als Partei des Drittschuldvertrages grundsätzlich so behandelt werden soll, als wenn er mit der Gesellschaft nicht verbunden wäre. 1 5 4 Mit diesem Willen ist zwar noch eine gewisse Rücksichtnahmepflicht bei der Ausübung von Drittrechten vereinbar, nicht aber eine Ausdehnung des Pflichtenprogramms innerhalb des Drittschuldverhältnisses. Dies gilt bei einer schwach ausgeprägten gesellschafterlichen Treuepflicht, wie sie in den Fällen der Arbeitnehmerbeteiligung infolge der großen Anzahl der Gesellschafter und ihres jeweils nur geringen Einflusses zumeist vorliegen wird. 1 5 5 Dies gilt aber entgegen Fobrmann156 ebenso, wenn ein Beteiligter ausnahmsweise eine vergleichsweise starke Stellung innehat, ohne daß hierdurch schon sein Arbeitnehmerstatus entfallen ist. Auch in einer solchen Konstellation kann der Parteiwille, die Beschäftigung in eine völlig separate Rechtsform zu gießen, nicht durch die Berufung auf die aktive Förderpflicht eines Gesellschafters überwunden werden. Die aus dem Eigenkapitalersatzrecht geläufige Uberlagerung der Drittrechtsform durch gesellschaftsrechtliche Bindungen 1 5 7 kommt nicht zum Tragen, weil es hier nicht um den Gläubigerschutz, sondern nur um die Interessen der Mitgesellschafter geht. Im übrigen führt das Eigenkapitalersatzrecht nur zur Umwidmung vorhandener Mittel, gebietet aber - anders als durch eine Einigung zwischen den Gesellschaftern zugesagte Finanzplankredite - keine Zufuhr neuer Mittel. 1 5 8 Die Modifikation der Pflichten eines fest umrissenen Drittschuldverhältnisses durch Anders- oder Mehrarbeit wäre indes in der Sache eine Aufstockung der versprochenen Leistungen. Im Falle eines von der gesellschaftsrechtlichen Beziehung separierten freien Dienstvertrages (Typ I I I / l ) besteht eine teilweise andere Ausgangssituation. Das Problem der Einflußnahme der Treuepflicht auf den Inhalt oder den Umfang der Siehe oben sub I 1 b bb mit Fn. 47. In diesem Sinne auch Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 24. 1 5 4 Insoweit zutreffend Prediger, B B 1971, 245. 155 Vgl. (zum Kleinaktionär) B G H vom 1.2.1988, B G H Z 103,184,195 - Linotype; B G H vom 20.3.1995, B G H Z 129, 136, 142 ff. - Girmes. 156 Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 30 ff. 157 Plastisch Flume, Juristische Person, §31112, S. 84 f. 1 5 8 Siehe die klaren Distinktionen bei K. Schmidt, ZIP 1999, 1241, 1242 ff. 152 153

II. Auswirkungen

der Gesellschafterstellung

auf das Beschäftigungsverhältnis

467

Beschäftigung stellt sich nämlich nur dann, wenn die geschuldeten Dienste fest umrissen sind und der Mitarbeiter nicht schon aus anderen Gründen zu einer entsprechenden Modifikation seiner Tätigkeit verpflichtet ist. An einer solchen Sachlage wird es in der am häufigsten vorkommenden G e staltung, dem Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers, jedoch zumeist fehlen. Zum einen ist in den entsprechenden Verträgen regelmäßig davon die Rede, daß der Geschäftsführer der Gesellschaft seine „volle" 1 5 9 bzw. „ganze" 1 6 0 Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen habe. Danach ist jedes Tätigkeitsverlangen vom Wortlaut des Dienstvertrages gedeckt, so daß für eine durch die mitgliedschaftliche Treuepflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers gebotene Erweiterung kein Raum mehr bleibt. Zum anderen nimmt man im allgemeinen an, daß sich auch aus der Organstellung eine Pflicht ergibt, die gesamte Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. 161 Anhaltspunkte für Grenzziehungen finden sich im Schrifttum üblicherweise nicht. Insbesondere wird das A r b Z G nicht als Orientierungsrahmen angesehen. 162 Man wird jedoch anzunehmen haben, daß die Rechtsordnung keine wirksame Verpflichtung zu einem Arbeitsumfang gestattet, der die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit auf Dauer evident überschreitet. Mithin verbleiben lediglich die seltenen Fälle des freien Dienstvertrages eines Gesellschafters, der nicht die Geschäftsführung zum Gegenstand hat, sondern eine andere Aufgabe betrifft. Sofern die im Rahmen eines solchen Vertragsverhältnisses zu erbringende Tätigkeit fest eingegrenzt ist, läßt sich aus allgemeinen dienstvertraglichen Grundsätzen prinzipiell keine Pflicht zu überobligationsmäßigen Leistungen ableiten. Immerhin kann man an eine Übertragung der im Arbeitsrecht für Notfälle geltenden Regeln denken. Voraussetzung für eine Heranziehung arbeitsrechtlicher Grundsätze ist aber, daß der freie Dienstnehmer in einer persönlichen Dauerbeziehung zum Dienstgeber steht und in einer ähnlich intensiven Weise wie ein Arbeitnehmer in der Lage ist, auf dessen Sphäre einzuwirken 1 6 3 . Eine darüber noch hinausgehende Pflicht, etwa in Eilfällen oder in wirtschaftlichen Krisensituationen eine andere oder eine umfangreichere Mitarbeit zu leisten als sie vertraglich vereinbart ist, kann aus dem Dienstvertragsrecht dagegen nicht hergeleitet werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eines am Unternehmen zugleich beteiligten freien Vgl. das Vertragsmuster bei Jaeger, Anstellungsvertrag, 3. Aufl., S. 7, § 5. Siehe das Vertragsmuster bei Heidenhain/Meister, in: MünchVertrHb, Bd. 1, 5. Aufl., IV 54, § 1 Abs. 4, S. 529. 161 Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 20; Baumbach/Hueck/Zö/foer, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 24b. Siehe in diesem Zusammenhang auch die steuerrechtliche Judikatur zur Frage einer Überstundenvergütung für diesen Personenkreis unten sub § 9 II 2 mit Nachweisen in Fn. 212. 162 Henssler, RdA 1992, 289, 296; Jaeger, Anstellungsvertrag, 3. Aufl., S. 68 (jeweils noch zur AZO); siehe auch die Ausklammerung leitender Angestellter durch § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG. 163 Zur rechtlichen Grundlage der gesteigerten Loyalitäts- und Schutzpflichten im Arbeitsverhältnis vgl. Krause, AR-Blattei SD 220.2.1 Rn. 109. 159

160

§8 Arbeitsleistungsbezogene Aspekte

468

Dienstnehmers. Für eine von der Rechtslage bei Arbeitnehmern abweichende Sicht besteht kein Anlaß. bb) Ausführungsvertrage

und gemischte

Mitarbeiterverhältnisse

Das Charakteristikum dienstleistungsbezogener Ausführungsverträge (Typ I I / l ) bzw. gemischttypischer Mitarbeiterverhältnisse (Typ II/2) liegt in der von den Parteien gewollten Doppelqualifikation der Tätigkeit als Leistung in einem Austauschverhältnis und als Beitrag in einem Gesellschaftsverhältnis. 164 Dieser U n terschied zu reinen Drittschuldverhältnissen rechtfertigt eine Ausstrahlung der kooperationsrechtlichen Bindungen auf die austauschrechtliche Mitarbeitspflicht. Dies ist vergleichsweise unproblematisch, wenn der Gesellschaftsvertrag eindeutig höhere Beiträge als die im Austauschvertrag festgeschriebenen Leistungen vorsieht. In einem solchen Fall ergibt sich bereits aus der Beitragspflicht eine Pflicht des Beteiligten, die Leistungen innerhalb des Austauschverhältnisses auf das kooperationsrechtlich geschuldete Niveau zu bringen. Im übrigen läßt sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht im oben beschriebenen Ausmaß 1 6 5 die Pflicht ableiten, in einem etwas stärkeren Umfang als bei einem reinen drittvertraglichen Dienst- oder Arbeitsverhältnis Tätigkeiten zu leisten, die in Inhalt oder Umfang von den Festsetzungen im Gesellschafts- bzw. im Austauschvertrag abweichen. In rechtstechnischer Hinsicht könnte man für den Fall, daß aus dem Gesellschaftsvertrag eine weitergehende Pflicht zu einer gewissen Modifikation der Mitarbeitspflicht als aus dem Austauschvertrag erwächst, daran denken, die überschießende Tätigkeit ausschließlich auf das Kooperationsrecht zu stützen. Es erscheint indes sinnvoller, die austauschrechtlichen Pflichten den gesellschaftsvertraglichen Vorgaben direkt anzupassen, zumal ansonsten schwierige Abgrenzungsprobleme auftreten würden. 1 6 6 Man denke nur an eine Schädigung, die ein Beschäftigter bei einer Tätigkeit verursacht, mit der er außerhalb seines arbeitsvertraglichen Einsatzfeldes den Anforderungen seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht nachkommen will. d) Reduktion

des arbeitsrechtlichen

Gesundheits-

und

Persönlichkeitsschutzes?

Während sich die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht im Rahmen von Drittschuldbeziehungen wie soeben dargelegt im allgemeinen nicht im Sinne einer — aktiven - auf Leistungsausdehnung gerichteten Förderpflicht auswirkt, steht die überwiegende Ansicht einer - passiven - auf eine Einschränkung bei der Durchsetzung bestehender Rechte abzielenden Rücksichtnahmepflicht aufgeschlossener gegenüber 1 6 7 . Dies führt zu der Frage, ob sich aus diesem Gedanken eine Be-

164 165

166 167

Siehe hierzu oben § 3 IV 3 a. Siehe oben sub I I b bb. In diesem Sinne auch Fohrmann, Siehe oben sub b mit Fn. 148.

Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 34.

II. Auswirkungen

der Gesellschafterstellung

auf das Beschäftigungsverhältnis

469

grenzung an sich auf das Beschäftigungsverhältnis anwendbarer Schutzmechanismen etwa f ü r den Fall entwickeln läßt, daß die Gesellschaft aus wirtschaftlichen G r ü n d e n außerstande ist, das vorgeschriebene Schutzniveau einzuhalten. Für den Bereich des Gesundheitsschutzes ist eine solche Beschränkung prinzipiell abzulehnen. 1 6 8 Leben u n d Gesundheit des Mitarbeiters stellen zu hohe Schutzgüter dar, als daß einem am U n t e r n e h m e n beteiligten Arbeitnehmer die B e r u f u n g auf den technischen Arbeitsschutz unter Verweis auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zu versagen wäre. Dies gilt nicht nur bei Zwergbeteiligungen, sondern ebenso f ü r solche Gesellschafter, die einen größeren, w e n n auch die Arbeitnehmereigenschaft noch nicht absolut sperrenden Binneneinfluß 1 6 9 ausüben. Ferner spielt es insoweit keine Rolle, ob es sich u m ein reines oder u m ein mit dem Gesellschafterstellung verbündendes Drittverhältnis handelt. Eine A u s w i r k u n g der Treuepflicht k o m m t nur in Randbereichen in Betracht. Exemplarisch sei auf die Lage des Urlaubs verwiesen. H i e r kann sich eine nicht lediglich marginale Beteiligung an der Gesellschaft dahin auswirken, daß die betrieblichen Interessen im R a h m e n einer A b w ä g u n g gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 B U r l G ein etwas größeres Gewicht als in einem reinen Arbeitsverhältnis gewinnen. Im übrigen ist eine gegenüber ausschließlichen A r b e i t n e h m e r n stärkere Rücksichtnahmepflicht auf diesem Gebiet lediglich dann anzunehmen, w e n n es nicht u m das Schutzniveau als solches, sondern u m den Einsatz externer Stellen zur D u r c h s e t z u n g der eigenen Interessen geht. So wird man das grundsätzliche Recht eines unselbständig Beschäftigten, sich nach § 17 Abs. 2 S. 1 A r b S c h G unter bestimmten Voraussetzungen an die zuständige Behörde zu wenden, bei einem nicht n u r geringfügig beteiligten Arbeitnehmer u m der Treuepflicht willen auf eindeutige u n d dauerhafte Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften zu begrenzen haben. 1 7 0 D e r Persönlichkeitsschutz des im R a h m e n eines Drittverhältnisses mitarbeitenden Gesellschafters ist prinzipiell ebenfalls nicht durch die Treuepflicht relativierbar. K o m m t es in diesem Z u s a m m e n h a n g allerdings auf eine A b w ä g u n g der Interessen des Beschäftigten und des U n t e r n e h m e n s an, so ist die aus einer Beteiligung resultierende gesellschafterliche Rücksichtpflicht in Anschlag zu bringen. Dies kann etwa in der Frage des Beschäftigungsanspruchs dazu f ü h r e n , daß die verbandlichen Interessen im Ergebnis überwiegen u n d der Mitarbeiter deshalb keinen A n s p r u c h auf tatsächliche Beschäftigung hat.

168 E b e n s o im Erg. Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 419, der freilich jede Einw i r k u n g der gesellschaftlichen Treuepflicht auf A r b e i t n e h m e r r e c h t e kategorisch ablehnt, sofern der Beschäftigte t r o t z seiner gesellschafterlichen Rechte den A r b e i t n e h m e r s t a t u s nicht verloren hat. 169 Siehe d a z u o b e n sub § 6 IV 1 b aa. 170 Generell gegen jegliche A u s w i r k u n g e n einer Mitarbeiterbeteiligung auf das Arbeitsverhältnis Esser, in: H . J. Schneider (Hrsg.), H a n d b u c h , S. 199, 211.

470

2. Relevanz

5 8 Arbeitsleistungsbezogene

der

Aspekte

Mitverwaltung

Die zweite Thematik betrifft die Auswirkungen gesellschaftsrechtlicher Mitverwaltungsbefugnisse auf die Tätigkeit im Rahmen von Drittschuldverhältnissen. Während es in den früheren Darlegungen um den grundsätzlichen Einfluß auf die Statusbestimmung an der Grenze von Arbeitsvertrag und freiem Dienstvertrag ging, 171 soll sich das Interesse nunmehr vor allem darauf konzentrieren, ob es auch unterhalb der Schwelle, die eine Qualifizierung des Beschäftigungsverhältnisses als Arbeitsvertrag infolge hinreichender Binnenmacht des Gesellschafters verhindert, Einwirkungen auf arbeitsrechtliche Regeln und Schutzmechanismen gibt. Hinsichtlich der Arbeitspflicht als solcher erweist sich ein französischer Fall als illustrativ. Danach kann sich ein Arbeitnehmer, der zugleich die Stellung eines Gesellschafters sowie eines administrateur einnimmt, also Mitglied im Verwaltungsrat (conseil d'administration) einer SA ist, nicht gegen eine Veränderung seines Arbeitsortes zur Wehr setzen, wenn er zuvor auf einer Hauptversammlung ein positives Votum für die Verlegung des Gesellschaftssitzes abgegeben hat. 172 Man wird diesen Gedanken, der sich auf den Grundsatz des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens zurückführen läßt, verallgemeinern und auch auf das deutsche Recht übertragen können. Wenn der Mitarbeiter sich in seiner Eigenschaft als Gesellschafter für eine bestimmte Maßnahme einsetzt, darf er sich im Rahmen seiner Tätigkeitsbeziehung nicht gegen die Umsetzung in den betrieblichen Alltag stemmen. Rechtstechnisch bedeutet dies allerdings nicht, daß sich der Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses in jedem Falle automatisch nach dem Verhalten als Teilhaber richtet. Vielmehr ist etwa im Beispiel der Versetzung zu unterscheiden: Wenn die Veränderung des Arbeitsorts von einer entsprechenden Vertragsklausel grundsätzlich gedeckt ist, führt die Befürwortung der Verlagerung einer bestehenden oder Gründung einer neuen Betriebsstätte dazu, daß sich der Arbeitnehmer nicht mehr auf angebliche Ermessensfehler des Arbeitgebers bei der Ausübung der Versetzungsbefugnis berufen kann. Bedarf es mangels einer bereits existierenden vertraglichen Grundlage für die Ortsveränderung einer Änderungskündigung, wäre eine dagegen gerichtete Klage unbegründet. Vergleichbares gilt für eine Modifikation des Tätigkeitsinhalts. Schwieriger zu beantworten ist die Frage nach etwaigen Einschränkungen des Gesundheits- und Persönlichkeitsschutzes. Man denke an den Fall, daß die Gesellschafterversammlung unter - ausschlaggebender - Zustimmung des Mitarbeiters beschließt, aus Kostengründen darauf zu verzichten, die vorhandenen Bildschirmarbeitsplätze den neuesten Anforderungen des technischen Arbeitsschut-

Siehe oben sub § 6 IV 1 b. Cass. soc. vom 4.10.1972, Bull. civ. 1972, V, Nr. 526; zust. Petit, Rép. trav. Dalloz, Cumul, Nr. 158; Puigelier, JC, Travail traité, Fase. 2-14, Nr. 65. 171

172

II. Auswirkungen

der Gesellschafterstellung

auf das Beschäftigungsverhältnis

471

zes 1 7 3 anzupassen. Aufgrund der hohen Wertigkeit des Gesundheitsschutzes ist dem Beschäftigten die Möglichkeit einer Berufung auf das arbeitsschutzrechtlich Gebotene aber zuzubilligen, auch wenn er sich dadurch letztlich widersprüchlich verhält. Ebenso ist für den Bereich des Persönlichkeitsschutzes zu entscheiden, wobei der Beschäftigungsanspruch nicht zuletzt wegen seiner starken wirtschaftlichen Bezüge, die einer Einschränkung eher zugänglich sind als Persönlichkeitsinteressen, eine Sonderstellung einnimmt. Im übrigen sei daran erinnert, daß in belegschaftseigenen Unternehmen eine abweichende Ausgangslage besteht, indem die Beteiligten dort unter bestimmten Voraussetzungen, zu denen auch die Wahrung der Grundzüge des arbeitsrechtlichen Berufsschutzes gehört, die Möglichkeit haben, durch die Wahl der Rechtsform des freien Dienstvertrages das Arbeitsrecht im Grundsatz zu derogieren. 1 7 4 Im Hinblick auf den Gesundheits- und Persönlichkeitsschutz wird man es allerdings nicht bei einem Kernbestand bewenden lassen können, sondern wegen der hohen Wertigkeit dieses Bereichs eine entsprechende Anwendung verlangen müssen. 1 7 5

Siehe die BildschirmarbeitsVO vom 4.12.1996. Vgl. dazu oben sub § 6 VI 1 c ee. 1 7 5 Nicht überzeugend deshalb Diller, Gesellschafter und Gesellschaftsorgane, S. 395 ff., der aus der Freistellung vom arbeitsrechtlichen Rechtsformzwang offenbar darauf schließt, daß selbst fundamentale Schutznormen unanwendbar bleiben. 173 174

§ 9 Entgeltrechtliche Fragen

Der Entgeltsektor bildet den zweiten wichtigen Themenkomplex bei einer im Grenzgebiet von Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht angesiedelten Mitarbeit. A m vordringlichsten sind insoweit die Fragen nach der grundsätzlichen Existenz eines Anspruchs auf eine Festvergütung (unter I), der A n passung eines solchen Entgelts an geänderte Rahmenbedingungen (unter II) sowie den Folgen einer Störung bzw. Beendigung der Arbeitsleistung (unter III bzw. IV).

I. Existenz eines Anspruchs auf eine feste Tätigkeitsvergütung 1. Reine a) Gesetzliche

Beitragsleistungen Ausgangslage

Der Personengesellschafter hat für seine Geschäftsführungstätigkeit, die er auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages erbringt, nach allgemeiner Ansicht regelmäßig keinen Anspruch auf eine besondere Vergütung. Dies gilt für die GbR 1 ebenso wie für die O H G 2 , die K G 3 und die stille Gesellschaft 4 . Die von R. Fischer vertretene Meinung, aus der Treuepflicht unter Umständen einen solchen A n spruch herleiten zu können, 5 ist nur auf geringe Resonanz gestoßen. 6 Hinsichtlich des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH, der seine Tätigkeit - der 1 RG vom 17.4.1901, JW 1901, 406; RG vom 6.7.1938, JW 1938, 2769; OLG Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., §713 Rn. 12; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., §713 Rn. 18; MünchKommBGB/f/W, 3. Aufl., §709 Rn.32; Erman /H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 709 Rn. 14. 2 RG vom 6.12.1935, HRR 1936, Nr. 611; RG vom 4.3.1943, RGZ 170, 392, 396; BGH vom 7.3.1951, BB 1951, 654; BGH vom 21.5.1955, BGHZ 17, 299, 301; BGH vom 10.6.1965, BGHZ 44, 40, 41; BGH vom 20.9.1973, NJW 1973, 2101, 2102; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., §110 Rn. 20; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. Aufl., 2. Teil, E Rn.41; Düringer/ Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 110 Anm. 4; Baumbach/Ho^i, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 19; A Hueck, OHG, 4. Aufl., § 15 II 1, S. 212; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 22; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 47. 3 BGH vom 4.3.1976, DB 1976, 909; Bork, AcP 184 (1984), 465, 476; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 3; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 61. 4 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 675; Zutt, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 230 Rn. 95. 5 In: Großkomm. HGB, 3. Aufl., § 114 Anm. 13. Über die ausschlaggebenden Umstände finden sich bei R. Fischer keine näheren Angaben. Immerhin will er offenbar nicht einmal die allei-

I. Existenz

eines Anspruchs auf eine feste

Tätigkeitsvergütung

473

üblichen Gestaltung eines separaten Anstellungsvertrages 7 zuwider - auf einer rein mitgliedschaftlichen Basis (Typ I) 8 ausübt, stößt man demgegenüber des öfteren auf eine abweichende Position. Dies ergibt sich allerdings noch nicht aus der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht, nach der ein Gesellschafter einer G m b H nicht verpflichtet ist, das Geschäftsführeramt unentgeltlich zu übernehmen 9 . Das Schwergewicht jener Aussage liegt nämlich darin, daß es überhaupt keine Pflicht des Gesellschafters einer G m b H zur Geschäftsführung gibt und aus diesem Grunde auch keine entsprechende Mitarbeit für den Fall verlangt werden kann, daß die Gesellschaft illiquide ist und der Gesellschafter deshalb de facto unentgeltlich tätig werden würde. Indes heißt es mehrfach ausdrücklich, daß eine korporative Dienstleistungsnebenpflicht zu einem Entgeltanspruch analog § 612 Abs. 1 B G B führe. 1 0 Ein Anspruch eines Personengesellschafters auf eine Tätigkeitsvergütung läßt sich zunächst nicht auf den - gleichsam gesellschaftsrechtsinternen - Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes gemäß §§ 713, 670 B G B bzw. § 110 H G B stützen. 11 Die insoweit entscheidende Überlegung besteht entgegen einer verbreiteten Sichtweise 12 freilich nicht darin, daß die eigene Arbeit generell nicht als Aufwendung charakterisiert werden könne. 1 3 Desgleichen kann die in diesem Zusammenhang bisweilen anzutreffende Sichtweise, 1 4 daß der geschäftsführende Gesellschafter dem Recht des unentgeltlichen Auftrags unterstehe, 1 5 nicht über-

nige Wahrnehmung der Geschäftsführung bei einem Ausfall des anderen Gesellschafters wegen eines Unfalls oder aus Altersgründen ausreichen lassen; vgl. aaO. 6 Zust. (für den Komplementär einer K G ) Schilling, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 168 Rn. 6. 7 Siehe dazu noch unten sub b. 8 Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. 9 B G H vom 22.10.1984, N J W 1985, 637; Hachenburg/Sie;«, G m b H G , 8. Aufl., § 35 Rn. 191; Baumbach/Hueck/Zö/foer, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 34. 10 S c h o l z / E m m e r i c h , G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 53; Rowedder! Rittner/Schmidt-Leithoff, G m b H G , 3. Aufl., § 3 R n . 3 8 ; wohl auch Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 31, indem ganz allgemein davon die Rede ist, daß ein Gesellschafter-Geschäftsführer nicht unentgeltlich tätig werde und dabei § 6 1 2 Abs. 1 B G B genannt wird; anders möglicherweise Baumbach/Hueck/Zö/foer, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 34, wenn er offenbar nur bei einer fehlenden Vergütungsregelung in einem Anstellungsx>erirag § 612 Abs. 1 B G B anwenden will. 11 B G H vom 13.5.1953, B G H Z 10, 44, 55; B G H vom 4.3.1976, D B 1976, 909; O L G Koblenz vom 14.2.1986, W M 1986, 590 f.; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 7 1 3 Rn. 12; Baumbach/ Hopt, H G B , 30. Aufl., § 1 1 0 Rn. 19; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 15 II 1, S. 212; MünchKommKGB/Ulmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 32. 12 Vgl. R G vom 6.7.1938, J W 1938,2769; O L G Koblenz vom 14.2.1986, W M 1986, 590 f. Insoweit nicht verständlich Bork, AcP 184 (1984), 465, 476, und Michalski, O H G - R e c h t , § 110 Rn. 9, die davon sprechen, daß die Tätigkeitsi>ergäf#rcg keine Aufwendung sein könne. 13 Krit. auch Köhler, J Z 1985, 359, 360. 14 Vgl. B G H vom 5.2.1963, N J W 1963, 1051, 1052; Bork, AcP 184 (1984), 465, 476. 15 In diesem Sinne auch Kollhosser, Z H R 129 (1967), 121, 138 Fn. 45, der zutreffend die Nichterwähnung von § 662 B G B in § 713 B G B hervorhebt. Nicht überzeugend Staudinger/Ä>y?ler, B G B , 12. Aufl., § 713 Rn. 18, der das Fehlen eines Anspruchs auf eine Tätigkeitsvergütung gerade dadurch zu stützen glaubt, daß § 713 B G B nicht auf § 662 B G B verweist.

474

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

zeugen. Statt dessen ist maßgeblich, daß die Mitarbeit bereits gesellschaftsvertraglich geschuldet wird, dem Gesellschaftsvermögen also zugute k o m m e n soll, u n d es deshalb einen Wertungswiderspruch bedeuten würde, ihre E r b r i n g u n g zugleich als eine zu erstattende A u f w e n d u n g einzustufen. 1 6 Es ist daher auch nur von sekundärer Bedeutung, ob es sich bei der auf der Basis des Gesellschaftsvertrages geleisteten Tätigkeit u m die G e s c h ä f t s f ü h r u n g handelt. Vielmehr sind auch sonstige gesellschaftsvertraglich zu leistende Dienste eines Beteiligten nicht als A u f w e n d u n g e n zu behandeln. 1 7 Vergleichbares gilt f ü r § 354 H G B , der ebenfalls nicht als Grundlage f ü r ein festes Gehalt herangezogen w e r d e n kann. 1 8 Bestätigt wird diese Ansicht durch die Regelung in § 733 Abs. 2 S. 3 BGB, nach der Dienstleistungen im R a h m e n einer Auseinandersetzung grundsätzlich 1 9 unabgegolten bleiben. H i e r m i t wäre ein regelmäßiger A n s p r u c h auf eine Vergütung der k o o p e rationsrechtlichen Mitarbeit eines Gesellschafters nur schwer zu vereinbaren. 2 0 Des weiteren ist die Entstehungsgeschichte des § 110 H G B a n z u f ü h r e n . Die Vorläuferregelung des Art. 93 Abs. 3 A D H G B , die einen Vergütungsanspruch ausdrücklich ausschloß, 2 1 ist nämlich n u r deshalb nicht in § 110 H G B a u f g e n o m m e n w o r d e n , weil der Gesetzgeber sie zumindest hinsichtlich der Geschäftsführungstätigkeit als überflüssig ansah. 2 2 Die entscheidende materielle Wertung liegt schließlich darin, daß der geschäftsführende Gesellschafter grundsätzlich bereits durch seine Teilhabe am G e w i n n der Gesellschaft entgolten wird, 2 3 insoweit also kein unabweisbares Bedürfnis f ü r eine zusätzliche Festvergütung existiert. Der Gewinnanteil eines Geschäftsführers enthält somit - neben der Verzinsung etwa 16 In diesem Sinne auch B G H vom 13.5.1953, B G H Z 10, 44, 55; Düringer/Hachenburg/ Flechtheim, H G B , 3. Aufl., § 110 Anm. 4; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 12; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 110 Rn. 2; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 110 Rn. 3. 17 B G H vom 13.5.1953, B G H Z 10, 44,55; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 110 Rn. 3. 18 O L G Koblenz vom 14.2.1986, W M 1986, 590; Baumbach/.Ho/>i, H G B , 30. Aufl., §110 Rn. 19. 19 Abweichende Vereinbarungen sind - auch stillschweigend - ohne weiteres zulässig; vgl. B G H vom 28.6.1962, W M 1962, 1086; B G H vom 22.11.1965, N J W 1965, 501 f.; B G H vom 26.11.1979, N J W 1980, 1744 f.; B G H vom 24.6.1985, N J W 1986, 51; MünchKommBGB/t//mi>r, 3. Aufl., § 733 Rn. 13. 20 So bereits RG vom 6.12.1935, H R R 1936 Nr. 611; ferner Bork, AcP 184 (1984), 465, 476; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §20 II 2 b, S. 569; E r m a n / H . P. Westermann, BGB, 10. Aufl., §706 Rn. 9. 21 Art. 93 Abs. 3 A D H G B lautete: „Für die Bemühungen bei dem Betriebe der Gesellschaftsgeschäfte steht dem Gesellschafter ein Anspruch auf Vergütung nicht zu." Siehe ferner bereits Erster Theil, 17. Titel, § 228 ALR 1794: „Für die zum Besten der Gesellschaft angewendeten Bemühungen kann er (d. h. der Gesellschafter) sich keine ihm nicht versprochene Belohnung anrechnen." 22 Vgl. Denkschrift zum H G B , S. 83. 23 B G H vom 20.9.1973, N J W 1973, 2101, 2102; Bork, AcP 184 (1984), 465, 476; Heymann/ Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 110 Rn. 20; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. Aufl., 2. Teil, E Rn. 41; Suudmger/Keßler, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 18; Köhler, JZ 1985, 359,361; Schlegelberger¡Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 22; U. H. Schneider, FS Semler (1993), S. 347, 359; so bereits die Denkschrift zum H G B , S. 88.

I. Existenz

eines Anspruchs auf eine feste

Tätigkeitsvergütung

475

eingesetzten Kapitals und einem Entgelt für das übernommene Risiko - einen „Unternehmerlohn". 2 4 D a der geschäftsführende Gesellschafter für seine Mitarbeit schon qua Gewinnpartizipation einen finanziellen Ausgleich erhält, ist eine Übertragung der für das Dienst- bzw. Arbeitsvertragsrecht selbstverständlichen Vergütungsregelung des § 612 Abs. 1 B G B 2 5 auf eine gesellschaftsrechtlich fundierte Geschäftsführungstätigkeit folgerichtig zu verneinen. 26 Allerdings greift die in diesem Kontext zuweilen verwendete Begründung, daß es an einer dienstvertraglichen Grundlage fehle, 27 zu kurz, weil sie die Frage nach einer Analogie nicht beantwortet, sondern gerade erst aufwirft. D e r Rekurs auf den Gewinnanspruch trägt regelmäßig auch die Ablehnung eines automatischen Entgeltanspruchs für eine kooperationsrechtliche Beschäftigung unterhalb der Geschäftsführungsebene. Das Gewinnbezugsrecht schließt also auch dann eine Anwendung des § 612 Abs. 1 B G B aus, wenn der Beitrag eines Gesellschafters in einer untergeordneten Mitarbeit besteht. Die negative Haltung des Gesetzes gegenüber einer eigenständigen Tätigkeitsvergütung läßt sich im Personengesellschaftsrecht nur scheinbar als Ausdruck einer prinzipiellen Mißachtung des Faktors Arbeit bei der Wertschöpfung auffassen. So geht die gesetzliche Regelung bei der G b R von vornherein von einer weitgehenden vermögensrechtlichen

Gleichheit aller Beteiligten aus, indem der

laufende Gewinn unabhängig von der Art der Beiträge gleichmäßig verteilt wird 2 8 und bei der Liquidation zwar zunächst die Einlagen zurückerstattet werden, ohne daß für erbrachte Dienste ein Ersatz erfolgt, 2 9 der Überschuß dann aber nach Kopfteilen ausgekehrt wird 3 0 . Bei der O H G ist die vermögensrechtliche Situation etwas komplexer. Den Gesellschaftern steht nach dem gesetzlichen Modell 3 1 entsprechend der H ö h e ihrer Kapitalanteile ein Vorzugsgewinnanteil 3 2 24 B G H vom 10.6.1965, B G H Z 44,40, 41; B G H vom 20.9.1973, N J W 1973,2101,2102; Kollhosser, Z H R 129 (1967), 121,137. 25 Da § 612 Abs. 1 B G B eine Fiktion enthält, spricht mehr dafür, diese Vorschrift als heteronomes Gesetzesrecht und nicht nur als ein Mittel zur Interpretation des wirklichen Parteiwillens anzusehen; in diesem Sinne auch Hanau, AcP 165 (1965), 220, 265 ff.; Staxi&mger/Richardi, B G B , 13. Bearb., § 612 Rn. 5; anders aber Motive, Bd. II, S. 459 (zu § 559 Abs. 2 des B G B - E n t wurfs): Auslegungsregel; differenzierend Soergel/ÄiM^, B G B , 12. Aufl., § 612 Rn. 3 ff.: teilweise - deklaratorische - Auslegungsregel (Rn. 14), teilweise gesetzliche Fiktion (Rn. 15). 26 O L G Koblenz vom 14.2.1986, W M 1986, 590; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 1 1 0 Rn. 19; Mayen, in: Ebenroth/Boujong/Joost, H G B , § 1 1 4 Rn. 48; MünchKommBGB/Wwer, 3. Aufl., § 7 0 9 Rn. 32. 27 Bork, AcP 184 (1984), 465, 476 f. 28 § 722 Abs. 1 B G B . 29 § 7 3 3 Abs. 2 B G B . 30 § 7 3 4 B G B . 31 §121 Abs. 1 H G B . 32 Rechtlich handelt es sich um eine Vorzugsdividende und nicht etwa um einen Kapitalzins; vgl. R G vom 23.10.1907, R G Z 67, 13, 19; Baumbach/Z/opi, H G B , 30. Aufl., §121 Rn. 1; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 17 II 2, S. 245; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 121 Rn. 2; zumindest mißverständlich Flume, Personengesellschaft, § 11 II 1, S. 148; Huber, Z G R 1988, 1, 5; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 121 Rn. 7.

476

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

zu. Der Kapitalanteil als bilanzieller Ausdruck des Anteils am Eigenkapital der Gesellschaft 3 3 bestimmt sich bei deren Gründung nach dem Wert der Einlagen, 3 4 wobei zugesagte bzw. erbrachte Dienstleistungen für sich genommen jedenfalls nach der gesetzlichen Regelung 3 5 unberücksichtigt bleiben 3 6 . Die Kapitaleinlage wird damit insoweit gegenüber der Arbeitsleistung bevorzugt, 3 7 wenngleich die Begünstigung weniger stark ausgeprägt ist, als es nach Art. 106 Abs. 1 A D H G B der Fall war, der eine echte Verzinsung ohne Rücksicht auf einen erzielten G e winn vorsah, so daß gegebenenfalls auch die mitarbeitenden Gesellschaftern ohne Kapitalanteil die Zinslast mitzutragen hatten. 3 8 Im übrigen ist der Unternehmensgewinn aber (vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung) unabhängig von den Kapitalanteilen der Gesellschafter nach Köpfen zu verteilen. 3 9 Somit partizipiert auch ein Beteiligter, der ausschließlich seine Arbeitskraft einbringt, nach der Vorstellung des Gesetzgebers im wesentlichen gleichberechtigt am laufenden Ertrag des Unternehmens. Außerdem werden die Gewinnanteile, soweit sie nicht entnommen werden, dem Kapitalanteil zugeschrieben. 4 0 Dieser Mechanismus findet grundsätzlich auch auf den Gesellschafter Anwendung, der zunächst lediglich seine Dienste beigesteuert hat, 4 1 so daß ein mitarbeitender Beteiligter auf diese Weise in die Lage versetzt wird, einen (positiven) Kapitalanteil aufzubauen. Soweit es schließlich um die Verteilung eines etwaigen Liquidationserlöses geht, erfolgt die Auskehrung mangels einer abweichenden Regelung entsprechend den Kapitalanteilen, die sich aufgrund der Liquidationsschlußbilanz ergeben. 4 2 Allerdings wird ein Liquidationsgewinn zunächst gemäß dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Kapitalkonten verteilt, 4 3 so daß die Differenz zwi33 Vgl. nur Huber, Vermögensanteil, S. 177; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 2 0 Rn. 26; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 120 Rn. 47. 3 4 Düringer/Hachenburg/Flechtheim, H G B , 3. Aufl., § 120 Anm. 6; Baumbach///opi, H G B , 30. Aufl., § 120 Rn. 14; Schlegelberger/Martercs, H G B , 5. Aufl., § 120 Rn. 28; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 120 Rn. 58. 3 5 Die Zulässigkeit und die Grenzen abweichender vertraglicher Vereinbarungen sind umstritten; siehe dazu Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 120 Rn. 17; Sudhoff, N J W 1964, 1249 ff.; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 120 Rn. 58. 3 6 Düringer/Hachenburg/F/ec/jf/iezm, H G B , 3. Aufl., § 120 Anm. 6; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 120 Rn. 26a. 3 7 Vgl. A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 17 II 2, S. 245. 3 8 Siehe dazu auch die Denkschrift zum H G B , S. 87, wo die Änderung gerade damit begründet wird, daß Art. 106 A D H G B „die Vermögenseinlage vor der Arbeitseinlage ... unbillig bevorzugt". Krit. gegenüber dieser Novellierung Ganßmüller, D B 1965, 1893, 1894, der gerade umgekehrt bereits für den gesetzlichen Regelfall eine feste Kapitalverzinsung ebenso wie eine feste Tätigkeitsvergütung fordert. 3 9 § 121 Abs. 3 H G B . 4 0 § 120 Abs. 2 H G B . In der Praxis wird das gesetzliche Modell regelmäßig durch die Einrichtung eines Kapitalanteils mit einem festen und einem variablen Kapitalkonto ersetzt; vgl. Huber, Z G R 1988, 1, 47 ff.; SchlegelbergerAWartercs, H G B , 5. Aufl., § 120 Rn. 31 ff. 4 1 Vgl. zu dieser zumeist nicht näher erörterten Fallgruppe R. Fischer, in: Großkomm. H G B , 3. Aufl., § 120 Rn. 24; Sudhoff, N J W 1956, 321, 322. 42 § 1 5 5 H G B . 4 3 B G H vom 17.11.1955, B G H Z 19, 42, 47 f.; Flame, Personengesellschaft, § 11 II, S. 148 f.;

I. Existenz

eines Anspruchs auf eine feste Tätigkeitsvergütung

477

sehen der bilanziellen Summe der Kapitalanteile zu Beginn der Liquidation und dem wirklichen Wert des Gesellschaftsvermögens durchaus dem Faktor Arbeit zugute kommen kann. 4 4 Lediglich ein reiner Arbeitsgesellschafter, der aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Regelung keinen Kapitalanteil innehat, 45 geht insoweit leer aus. Das deutsche Personengesellschaftsrecht steht damit im Gegensatz etwa zum niederländischen Recht, das den Gewinn grundsätzlich nach dem Verhältnis der Beiträge verteilt und die als einzigen Beitrag eingebrachte Arbeitskraft hinsichtlich des Gewinns dem Anteil desjenigen Gesellschafters gleichstellt, der am wenigsten beigesteuert hat. 46 D e r Zusammenhang zwischen dem Gewinnanspruch und dem Fehlen einer gesetzlichen Tätigkeitsvergütung führt zu der Anschlußfrage, ob für den Fall eine Ausnahme zu machen ist, daß alle Beteiligten in gleicher Weise Kapital einbringen und ein Gesellschafter darüber hinaus Arbeit leistet, sein Gewinnanteil aber nicht erhöht ist. Versagt man in einem solchen Falle eine feste Vergütung, so scheint der Gesellschafter unentgeltlich mitzuarbeiten. Gleichwohl ist ein gesetzlicher Anspruch auf eine Tätigkeitsvergütung grundsätzlich abzulehnen. Die B e messung des Entgelts für den Einsatz von Kapital und Arbeit sowie für die Übernahme des unternehmerischen Risikos fällt unbestritten 4 7 in den autonomen Entscheidungsbereich der Parteien. 4 8 Damit ist die heteronome Festsetzung eines Gehalts nicht zu vereinbaren. Die für das Personengesellschaftsrecht geschilderte Rechtslage wirft das Problem auf, ob man im G m b H - R e c h t für korporative Dienstleistungsnebenpflichten tatsächlich so unbefangen auf § 612 Abs. 1 B G B rekurrieren kann, wie dies im Schrifttum zuweilen geschieht. 49 Für einen mit Hilfe dieser N o r m zustande kommenden Vergütungsanspruch läßt sich anführen, daß bei der G m b H der gesellschaftsrechtlich als Nebenleistung zugesagte Faktor Arbeit sowohl für die G e winnverteilung als auch für den Liquidationserlös nach der (dispositiven) gesetzlichen Regelung unberücksichtigt bleibt. 5 0 Damit fehlt es gleichsam an einem „Unternehmerlohn" für die Wahrnehmung des Geschäftsführeramtes bzw. an einem bereits automatisch eingerechneten Entgelt für eine sonstige Mitarbeit. Ein Habersack, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 155 Rn. 7; Huber, Z G R 1988, 1, 6; Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. Aufl., § 120 Rn. 28. 44 Siehe insoweit auch die Berechnungsbeispiele bei Huber, Vermögensanteil, S. 180 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 47 III 2 c bb, S. 1380. 45 Zur Zulässigkeit siehe oben sub § 6 V 2 a aa mit Nachweisen in Fn. 301. 46 Art. 1670 Abs. 1 u. 2 Burgerlijk Wetboek. 47 Entgegen Bork, AcP 184 (1984), 465, 477, plädieren weder Schlegelberger/Geß/er, H G B , 4. Aufl., § 110 Rn. 4, noch Löffler/Glaser, D B 1958, 759, für einen gesetzlichen Anspruch, sondern befürworten explizit eine entsprechende Auslegung des Gesellschaftsvertrages. Freilich ist nicht zu verkennen, daß eine vom konkreten Parteiwillen weitgehend abstrahierte Auslegung dieselbe Wirkung wie eine dahingehende Gesetzesinterpretation hat. 48 Bork, AcP 184 (1984), 465, 477; siehe auch Wiedemann, WM 1992, Sonderbeilage Nr. 7, 5. 32. 49 Siehe dazu die Nachweise oben in Fn. 10. 50

Vgl. §§ 14, 29 Abs. 3 S. 1, 72 S. 1 G m b H G .

478

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

gesondertes Vergütungsrecht als regelmäßige Folge einer rein korporativen Tätigkeitspflicht würde aber durchaus gewisse Schwierigkeiten mit sich bringen. In einer solchen Konstellation fehlt es nämlich gerade an einem von den Beteiligten abgeschlossenen Anstellungsvertrag zwischen dem Beschäftigten und der G m b H als Anknüpfungspunkt für einen etwaigen Entgeltanspruch. Des weiteren ist es zumindest zweifelhaft, ob § 612 Abs. 1 BGB die Wirkung hat, ex lege gegebenenfalls ein gesamtes Vertragsverhältnis entstehen zu lassen. Die Befürworter einer derartigen Sichtweise 5 1 dürften jedenfalls nicht die Gestaltung vor Augen haben, daß der Adressat der Dienstleistungen - hier also die G m b H - an den Absprachen über die Tätigkeit als solcher nicht teilhat 52 . Dasselbe gilt im Ergebnis für die Auffassung der Rechtsprechung, § 612 Abs. 1 BGB als ein allgemeines Instrument zur Installation eines Entgeltanspruchs bei vergütenswerten Leistungen einzusetzen 5 3 . Somit besteht nur die Möglichkeit, die Vergütung auf der gesellschafterlichen Ebene zu verankern. Einer Einstufung als - echter - Satzungsbestandteil steht indes das Bedenken entgegen, daß es an der für eine Wirksamkeit an sich erforderlichen schriftlichen Fixierung 5 4 fehlt, mag es - wie die Judikatur des RG zum Ausschluß eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund belegt 55 - in Ausnahmefällen auch möglich sein, ohne eine Erwähnung im Gesellschaftsvertrag zu einer echten Satzungsbestimmung zu gelangen. Außerdem würde dies zu einem Sonderrecht auf angemessene Bezüge in einer Situation führen, in der die Gesellschafter möglicherweise noch nicht einmal die Tätigkeit selber als Sonderrecht festschreiben wollten. Eine Qualifikation als schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ist zwar ohne weiteres möglich, verhilft aber infolge der Unzulässigkeit von Verträgen zu Lasten Dritter nicht zu einem Anspruch gegen die GmbH, 5 6 wie er den Protagonisten einer Anwendung des § 612 Abs. 1 BGB offenbar vorschwebt. Uber diese konstruktiven Probleme hinaus gelten ferner wiederum die soeben zum Personengesellschaftsrecht angestellten Überlegungen. Danach muß das Verhältnis der Vergütung von Kapital und

51 So ausdrücklich Erman/Hanau, BGB, 10. Aufl., §612 Rn. 1: Vertragsfiktion; eingehend ders., AcP 165 (1965), 220, 265 ff.; anders StaudingerARic/Wi, BGB, 13. Bearb., § 612 Rn. 6, 10, 12; Soergel¡Raab, BGB, 12. Aufl., § 612 Rn. 5. 52 Es kann in diesem Zusammenhang nicht einfach unterstellt werden, daß die Gesellschafter bei der Aufnahme einer Tätigkeitspflicht in die Satzung zugleich den Willen haben, in vermögensrechtlicher Hinsicht zugleich als Vertreter für die GmbH zu handeln. Sofern es sich nicht um den Anstellungsvertrag eines Gesellschafter-Geschäftsführers handelt, scheidet diese Möglichkeit ohnehin aus, weil die GmbH dann von den (anderen) Geschäftsführern vertreten wird. 53 Zu dieser hier nicht näher darzustellenden Entwicklung etwa MünchKommBGB/M«7/erGlöge, 3. Aufl., §611 Rn.7ff.; Soergel/Raab, BGB, 12. Aufl., §612 Rn.22ff.; Staudinger/ Richardi, BGB, 13. Bearb., § 612 Rn. 7 ff. 54 § § 2 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 1 S. 1 GmbHG. 55 Vgl. RG vom 13.4.1942, RGZ 169, 330, 334, wonach sich das Rechtsinstitut der Ausschließung aus wichtigem Grund aus einer ergänzenden Auslegung der Satzung ergeben soll, ohne daß das RG Bedenken hinsichtlich der fehlenden Form erkennen läßt. 56 Siehe dazu ausführlich oben sub § 5 III 1.

I. Existenz eines Anspruchs auf eine feste

Tätigkeitsvergütung

479

Arbeit auch in einer G m b H in die Verantwortung der Parteien gestellt werden. Wenn sie eine korporative Dienstleistungsnebenpflicht in die Satzung aufnehmen, ohne dem mitarbeitenden Gesellschafter dafür einen finanziellen Ausgleich einzuräumen, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß es die Beteiligten bei der vermögensrechtlichen Lage belassen wollen, die sich aus dem GmbH-Recht ergibt. Für einen Eingriff in dieses Regelungsgeflecht unter Anwendung von § 612 Abs. 1 BGB ist deshalb kein Raum. Zweifelhaft ist aber, ob die Rechtsordnung dann korrigierend einzugreifen hat, wenn gerade dem mitarbeitenden Gesellschafter für seine Dienste überhaupt kein oder nur ein verschwindend geringer Gewinnanspruch zusteht. Bei dieser soweit ersichtlich noch nicht näher angesprochenen Thematik ist zweierlei zu bedenken: Auf der einen Seite muß jeder Gesellschafter damit rechnen, daß sich seine Arbeit - nicht anders als ein etwaiger Kapitaleinsatz - wegen mangelnden Markterfolgs des Unternehmens als vergeblich herausstellt. 5 7 Auf der anderen Seite muß verhindert werden, daß sich ein Gesellschafter durch eine geschickte Vertragsgestaltung den Wert der Arbeitsleistung eines anderen Gesellschafters in einer Weise aneignet, die bei einem Austauschgeschäft ohne weiteres unwirksam wäre. Einen gewissen Anhaltspunkt für die Bewertung liefert eine Entscheidung des RG, nach der ein Gesellschafterbeschluß sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) ist, der den Kommanditisten einen Gewinnvoraus ohne Rücksicht auf den Jahresabschluß einräumt und dadurch die angesichts der Unternehmensverhältnisse naheliegende Gefahr einer Uberschuldung schafft. 58 Auch wenn das RG nicht direkt auf die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters einging, der in concreto nur seine Arbeitsleistung einbrachte und durch die Beschlußfassung dem Risiko ausgesetzt war, umsonst tätig zu sein bzw. sogar noch zur Verlusttragung herangezogen zu werden, kann man das Urteil als Argumentationshilfe nutzen, um Auswüchsen bei der mangelnden Entlohnung des Faktors Arbeit in gesellschaftsrechtlichen Regelungen entgegenzuwirken. Freilich können die zum Mindestentgelt bei Arbeitsverträgen entwickelten Grundsätze 5 9 auch dann nicht einfach auf Beitragsleistungen übertragen werden, wenn es sich bei den geschuldeten Diensten um eine untergeordnete Mitarbeit handelt. Hierdurch würde der Gedanke der Gesellschaft als Risikogemeinschaft mißachtet, der es ausschließt, einen etwaigen Verlust ohne eine entsprechende Vereinbarung im Innenverhältnis einem Beteiligten aufzuerlegen. Genau dies wäre aber der Fall, wenn man einem mitarbeitenden Gesellschafter kraft Gesetzes einen Mindestentgeltanspruch ohne Rücksicht darauf zubilligen würde, ob die Gesellschaft insgesamt einen Verlust erzielt. Der Konflikt zwischen beiden Prinzipien ist vielmehr dadurch aufzulösen, daß man die für Austauschbeziehungen geltenden Grundsätze zwar analog

57 58 59

In diesem Sinne bereits R O H G vom 27.9.1871, R O H G E 3, 167, 173. RG vom 14.4.1940, R G Z 166, 65, 72 f. Siehe oben sub § 6 V 2 b aa.

480

5 ^ Entgeltrechtliche

Fragen

heranzieht, aber an die zusätzliche Voraussetzung bindet, daß die Gesellschaft überhaupt einen Gewinn erwirtschaftet, aus dem die Tätigkeitsvergütung gezahlt werden kann. Bei einem entsprechenden Markterfolg des Unternehmens wird der Gesellschafter somit einerseits gesetzlich davor geschützt, sich auf eine Regelung einzulassen, die den Ertrag seiner Tätigkeit (nahezu) ausschließlich einem Mitbeteiligten zufließen läßt. Statt dessen hat er in diesem Falle in Anlehnung an die im Arbeitsrecht geltenden Maßstäbe einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf 1/2 bis 2/3 des üblichen Entgelts für eine vergleichbare Tätigkeit 60 . Andererseits partizipiert er aufgrund seiner Gesellschafterstellung grundsätzlich am Risiko eines Mißerfolgs beim Auftreten des Unternehmens am Markt. Diese Gefahr kann das Gesetz einem Gesellschafter zu Lasten eines Mitgesellschafters auch dann nicht abnehmen, wenn dem Frustrations- bzw. Verlustrisiko infolge einer ungünstigen Regelung der Gewinnverteilung keine entsprechenden Gewinnchancen gegenüberstehen. b) Vertragliche

Regelung

aa) Auslegungsalternativen

und -regeln

Für die Mitarbeit eines Gesellschafters kann problemlos eine Tätigkeitsvergütung vereinbart werden. Die prinzipiell möglichen Rechtsgrundlagen und Ausgestaltungen sind bereits dargestellt worden. 61 Dabei ist in erster Linie zwischen dienstvertraglichen und den hier allein interessierenden gesellschaftsvertraglichen Vergütungen zu unterscheiden. Insoweit haben die Parteien im Grundsatz freie Hand bei der Regelung ihrer Rechtsbeziehungen. Soweit eine Tätigkeit als Beitrag geschuldet ist, hat ein dafür versprochenes Entgelt regelmäßig ebenfalls einen gesellschaftsvertraglichen Charakter. Zwingend ist dies entgegen der vor allem von Ulmer für das Personengesellschaftsrecht verfochtenen Sichtweise62 freilich auch dann nicht, wenn der Gegenstand der Dienste in der organschaftlichen Geschäftsführung besteht. Zwar beruht die organschaftliche Geschäftsführung als solche bei Personengesellschaften stets auf dem Gesellschaftsvertrag, während ein Drittdienstvertrag nur auf die Übertragung der mit der Geschäftsführung verbundenen Aufgaben gerichtet sein kann. 63 Dies hindert es jedoch nicht, mit Hilfe der Rechtsfigur des Ausführungsvertrages für eine als Beitrag zu leistende Mitarbeit einschließlich der Geschäftsführung eine zusätzliche austauschvertragliche Rechtsgrundlage zu schaffen und dabei ein Gehalt zu vereinbaren, so daß durch eine dienstvertragliche Vergütung mittelbar auch eine Tätigkeit als organschaftlicher Geschäftsführer entgolten werden kann. Im Ergebnis entspricht das der soVgl. oben sub § 6 V 2 b aa. Siehe oben sub § 5 IV 2 a aa. 62 In: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 709 Rn. 32; ders., in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 20, 29, 48; ihm folgend Riegger, DB 1983, 1909, 1910. Ebenso bereits Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 5; Staudinger/Ä>//er, BGB, 12. Aufl., §713 Rn. 18; wohl auch A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 17 II 3 Fn. 13a, S. 246. 63 Siehe oben sub § 5 IV 1 b aa (2) (a). 60 61

I. Existenz

eines Anspruchs auf eine feste

Tätigkeitsvergütung

481

wohl in der Judikatur 6 4 als auch im Schrifttum 6 5 überwiegend vertretenen Sichtweise, wenngleich die vertraglichen Strukturen nicht immer deutlich herausgestellt werden. Dieser Auffassung scheint zwar eine weitere Entscheidung des B G H entgegenzustehen, nach der sich der Anspruch auf eine Tätigkeitsvergütung für die organschaftliche Geschäftsführung eines Kommanditisten nach dem Gesellschaftsvertrag richtet. 6 6 Hieraus könnte man schließen, daß jedenfalls insoweit ein dienstvertraglicher Anspruch per se ausgeschlossen ist. Bei einer genaueren Betrachtung des Urteils zeigt sich indes, daß es dem B G H nur darum ging, das Zustandekommen von Gehaltsforderungen für die Ausübung des Geschäftsführeramtes ohne einen entsprechenden Willen der Mitgesellschafter zu verhindern. Demgemäß erklärt der B G H auch nicht etwa einen Dienstvertrag mit dem geschäftsführenden Kommanditisten für rechtlich unmöglich, sondern stellt vielmehr darauf ab, daß eine etwaige Verpflichtung der Gesellschaft mangels Vertretungsmacht als Folge interner, gesellschaftsvertraglicher Bindungen nicht habe begründet werden können. U m dieses Ergebnis zu erzielen, bedarf es in der Tat nicht des grundsätzlichen Ausschlusses eines ergänzenden Dienstvertrages. Vielmehr genügt es, entsprechend den im Körperschaftsrecht geltenden Grundsätzen 6 7 auch im Personengesellschaftsrecht die Kompetenz für den Abschluß eines solchen Vertrages in die Hände der Gesellschafter zu legen bzw. zumindest eine entsprechende Beschlußfassung zu fordern 6 8 . Schon dadurch wird wirkungsvoll verhindert, daß sich mehrere Geschäftsführer für ihre nach dem Gesellschaftsvertrag nicht eigenständig zu vergütende Tätigkeit wechselseitig schuldvertragliche Gehälter zuschanzen. Sofern sich die Gesellschafter allseits einig sind, besteht für die grundsätzliche Unmöglichkeit eines austauschrechtlichen

Dienstvertrages

zur Ausgestaltung der Geschäftsführeramtes indes kein Anlaß. Das Tätigkeitsentgelt kann somit je nach der gewählten Rechtsgrundlage eine unterschiedliche rechtliche Natur aufweisen. Haben sich die Beteiligten auf eine

64 Vgl. B G H vom 7.12.1972, N J W 1973, 328; in diesem Sinne auch B G H vom 2.4.1966, N J W 1966, 1307, 1308 (nicht abgedruckt in B G H Z 45, 221): Geschäftsführender Gesellschafter tritt (nur) „in aller Regel ... hinsichtlich der Geschäftsführung nicht in ein gesondertes Rechtsverhältnis zur Gesellschaft"; ferner bereits R G vom 22.2.1907, Recht 1907, 460, mit der Wendung, daß sich die Vergütung nach dem Gesellschaftsvertrage „oder nach der besonderen, mit der Gesellschaft getroffenen Vereinbarung" bestimme. 65 Vgl. H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. Aufl., § 1 1 0 R n . 2 2 , § 1 1 4 Rn. 8; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 110 Rn. 19, § 1 1 4 Rn. 9; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 1 1 4 Rn. 6; Schlegelberger/Mariens, H G B , 5. Aufl., § 1 1 4 Rn. 24; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 59 III 3 a, S. 1752; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 14. Demgegenüber hält Bork, AcP 184 (1984), 465, 479 f., einen dienstvertraglichen Entgeltanspruch nur dann für möglich, wenn der Gesellschafter (Kommanditist) die Geschäftsführung ausschließlich auf einer schuldrechtlichen Grundlage ausübt. 66 B G H vom 4.3.1976, D B 1976,909. 67 Siehe oben sub § 3 IV 1 a. 68 Hierfür auch Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 24; siehe in diesem Zusammenhang ferner B G H vom 12.12.1966, B B 1967, 143 (nicht abgedruckt in B G H Z 46, 291); B G H vom 6.7.1967, WM 1967, 1099; H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. Aufl., § 110 Rn. 21.

482

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

gesellschaftsvertragliche Basis geeinigt, liegt ein Sozialanspruch vor, während bei einem Ausgestaltungsvertrag ein prinzipiell ungebundener Anspruch besteht. 69 Entscheidend ist entsprechend den obigen Ausführungen 70 grundsätzlich, ob die jeweiligen Abreden zwischen den Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft als solcher und einem ihrer Beteiligten zustande gekommen sind. Angesichts der vor allem im Personengesellschaftsrecht häufig auftretenden Unklarheiten ist freilich davon auszugehen, daß bei der Regelung einer Vergütung für die Geschäftsführung wie auch für sonstige Dienstbeiträge im Zweifel eine kooperationsrechtliche Grundlage vorliegt. 71 Mit der gesellschaftsvertraglichen Einstufung eines festen Entgelts ist die Einordnungsfrage allerdings noch nicht abschließend beantwortet. Vielmehr kursieren in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedliche Vorstellungen über den rechtlichen Charakter einer solchen Vergütung, wobei der Frontverlauf freilich verschwommen ist. So ist teilweise davon die Rede, daß es sich bei der Tätigkeitsvergütung für den geschäftsführenden Gesellschafter stets nur um eine Gewinnverteilungsabrede bzw. einen Gewinnvoraus handele 72 . Mit dieser Aussage werden allerdings unterschiedliche Sinngehalte verbunden. Nach Ansicht von Ulmer und Riegger soll damit zunächst zum Ausdruck gebracht werden, daß eine Einstufung als dienstvertragliches Entgelt grundsätzlich ausscheidet. 73 Auf Martens, den Ulmer zur Stützung seiner eigenen Auffassung heranzieht, 74 kann man sich insoweit jedoch nicht berufen, weil Martens zwar ebenfalls pauschal von einer Gewinnverteilungsabrede spricht, aber gleichzeitig eine dienstvertragliche Grundlage für möglich hält, 75 was Ulmer an anderer Stelle 76 auch durchaus zugibt. Des weiteren kann die Aussage des B G H , der in diesem Zusammenhang eine dienstvertragsähnliche Regelung angenommen hat, 77 entgegen Ulmern nur mit Mühe in einen Gegensatz zu seiner eigenen Sichtweise gebracht werden. Der B G H nimmt nämlich gerade nicht einen Dienstvertrag an, sondern verwendet in der Sache die Rechtsfigur eines Austauschverhältnisses auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage 79 . Mithin bezieht sich dieser Disput nicht auf die Frage der rechtlichen Basis für die Tätigkeitsvergütung, sondern auf das Problem der analogen Heranziehung dienstvertraglicher Vorschriften auf ein gesellschaftsvertragliches Vgl. Schlegelberger¡Martens, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 24. Siehe oben sub § 5 III 3. 71 Im Erg. ebenso B G H vom 2.4.1966, NJW 1966,1307,1308 (nicht abgedruckt in BGHZ 45, 221); BGH vom 7.12.1972, NJW 1973, 328. 72 O L G Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590, 591; Schlegelberger/Mariens, 5. Aufl., § 114 Rn. 23; Riegger, DB 1983,1909,1910; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 32; ders., in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 20, 29, 48, § 121 Rn. 4, 26 ff. 73 In diesem Sinne auch O L G Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590, 591. 74 In: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 709 Rn. 32 Fn. 49. 75 Vgl. Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 23 f. 76 In: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 48 Fn. 80. 77 BGH vom 5.2.1963, NJW 1963, 1051, 1052. 78 In: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 709 Rn. 32 Fn. 49. 79 Siehe dazu sub § 3 IV 1 a. 69

70

1. Existenz eines Anspruchs auf eine feste

Tätigkeitsvergütung

483

Entgelt. 80 Mit der Einstufung als Gewinnverteilung bzw. Gewinnvoraus wird darüber hinaus assoziiert, daß jede Zahlung eines Tätigkeitsentgelts als eine Gewinnentnahme anzusehen sei. 81 Sofern die Gesellschaft ohne einen hinreichenden Gewinn arbeitet, ist es daher folgerichtig, wenn das O L G Celle einen Vergütungsanspruch verneint. 82 Ein regelmäßig gezahltes Gehalt ist danach rechtlich nur als ein Vorschuß anzusehen, der zurückzugewähren ist, wenn er durch den tatsächlich erzielten Gewinn nicht gedeckt wird. 83 Tatsächlich ist es aber ohne weiteres möglich, das Entgelt für eine Mitarbeit auch bei einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage im Innenverhältnis wie einen reinen, den Gesamtgewinn schmälernden Kostenfaktor zu behandeln. 84 Dabei kann die bei fehlendem oder unzureichendem Gewinn eintretende Deckungslükke von allen Gesellschaftern einschließlich des Dienstleistenden entsprechend dem allgemeinen Verlustverteilungsschlüssel getragen werden, 85 so daß der Mitarbeiter Gefahr läuft, letztlich doch umsonst tätig zu werden. Denkbar ist aber auch, daß der auf die Vergütung entfallende Verlust ausschließlich von den übrigen Beteiligten zu tragen ist. 86 Alles dies wird von Ulmer trotz seines Beharrens auf einer reinen Gewinnverteilungsregelung 87 selbstverständlich nicht in Abrede gestellt. Dem scheinbaren Widerspruch einer „ergebnisunabhängigen Gewinnauskehrung" versucht Ulmer dadurch zu entgehen, daß er von einem materiellen Gewinnbegriff ausgeht und alle Zahlungen einbezieht, mit denen gesellschaftsvertraglich geschuldete Leistungen vergütet werden sollen. 88 Das Ziel dieser Ansicht besteht darin, jeglichen Parallelen zum Dienstvertragsrecht von vornherein den Boden zu entziehen. 89 Hierzu ist die schlichte Bezeichnung einer ertragsunabhängigen Vergütung als Gewinnverteilung aber weder erforderlich noch ausDies gilt auch für die Position von Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 709 Rn. 13. Siehe O L G Hamm vom 15.11.1976, DB 1977, 717, 718 (im Zusammenhang mit § 172 Abs. 4S.4HGB). 82 O L G Celle vom 26.3.1973, O L G Z 1973, 343, 345. 83 Zur Rückzahlung von Vorschüssen vgl. Baumbach/ZfojOi, HGB, 30. Aufl., § 122 Rn. 11; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 122 Rn. 9. Siehe in diesem Zusammenhang auch BGH vom 27.6.1957, BGHZ 25,47, 49; BGH vom 2.4.1966, NJW 1966,1307, 1308 (nicht abgedruckt in BGHZ 45, 221): Pflicht zur Rückgewähr unbefugt entnommener Tätigkeitsvergütung. 84 Vgl. Bork, AcP 184 (1984), 465, 477 f.; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 18; ders., DB 1965, 1893; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 19; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 17 II 3, S. 246; Staudinger/Ä>y?/er, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 18; Schlegelberger/Afariercs, HGB, 5. Aufl., §114 Rn. 24; Wiedemann, WM 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 32. Siehe ferner etwa die gesellschaftsvertragliche Regelung in BGH vom 10.6.1976, WM 1976, 921, 922. 85 Bork, AcP 184 (1984), 465, 478; Ganßmüller, DB 1965, 1893; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., §17 II 3, S. 246; Kollhosser, ZHR 129 (1967), S. 121, 151; Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck, S. 39 f. 86 Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck, S. 39. 87 Vgl. MünchKommBGB, 3. Aufl., § 709 Rn. 32a; ders., in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 48, § 121 Rn. 26 f. 88 In: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 121 Rn. 4, 26 ff. 89 Vgl. MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., §709 Rn. 33; ders., in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 49. 90 Siehe unten sub III 1 b u. c. 80 81

484

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

reichend. Vielmehr muß danach gefragt werden, ob insbesondere bei Störungen eine Analogie zum Austauschvertragsrecht inhaltlich überzeugen kann.90 In der Sache jedenfalls kann kein Zweifel darüber bestehen, daß es die Gesellschafter in der Hand haben, für eine gesellschaftsvertraglich zugesagte Mitarbeit eine gewinnunabhängige Vergütung auf kooperationsrechtlicher Grundlage vorzusehen.91 Die konkrete Auswahl unter den grundsätzlich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ist an sich eine Sache der Kautelarjurisprudenz. Gleichwohl sollte eine Auslegungsregel aufgestellt werden, um in Grenzfällen eine Einordnung zu erleichtern. Insoweit werden im Schrifttum alle denkbaren Möglichkeiten präsentiert, wobei die Meinungen zum Teil sogar innerhalb desselben Werkes divergieren92: So stellt eine feste Vergütung nach Bork,n Flechtheim94 und wohl auch nach Hopt95 im Zweifel nur einen Gewinnvoraus dar. In diametralem Gegensatz dazu will Hüttemann dem mitarbeitenden Gesellschafter die zugesagte Vergütung im Regelfall offenbar vollständig erhalten und den dafür erforderlichen Betrag notfalls auch aus der Verlustbeteiligung herausrechnen.96 Indes spricht mehr dafür, die Vereinbarung eines festen Entgelts mit der herrschenden Meinung grundsätzlich dahin zu deuten, daß die Beteiligten dem Mitarbeiter einen ergebnisunabhängigen Anspruch verschaffen, ihn aber auch insoweit nicht von der allgemeinen Verlustteilhabe ausklammern wollen. 97 Durch die Einigung auf eine besondere Tätigkeitsvergütung geben die Parteien nämlich grundsätzlich zu verstehen, daß sie die aktive Mitarbeit finanziell eigenständig und nicht nur im Sinne einer vorverlegten Fälligkeit eines erwarteten Gewinns würdigen wollen. Für eine vollständige Verlagerung des Risikos der Erfolglosigkeit des Arbeitseinsatzes auf die Mitgesellschafter bedürfte es indes zusätzlicher Anhaltspunkte. Rechtlich entsteht damit ein Austauschverhältnis auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage.98 Nur mit diesem Vorbehalt mag man davon sprechen, daß auch eine solche Auslegung auf eine Gewinnverteilung hinausläuft, indem der mitarbeitende Gesellschafter für seine Dienste zwar nicht im technischen Sinne am Gewinn 91 Daß letztlich auch alle festen Bezüge in dem Sinne gewinnabhängig sind, daß dauerhafte Verluste früher oder später die Basis der Zahlung zerstören, soll nicht bestritten werden, vgl. Kollhosser, Z H R 129 (1967), 121,132. Dieser Aspekt spielt für die Risikoverteilung im Innenverhältnis indes keine Rolle. 92 Vgl. einerseits Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. Aufl., 2. Teil, E Rn. 41: grundsätzlich gewinnunabhängig; andererseits Sudhoff/Schulte, Personengesellschaften, 7. Aufl., 2. Teil, J Rn. 14: grundsätzlich gewinnabhängig. 93 AcP 184 (1984), 465, 469. Die Berufung auf R G vom 4.3.1943, R G Z 170, 392, 396, geht freilich fehl, weil in jenem Fall gerade keine Festvergütung vereinbart war. 94 In: Düringer/Hachenburg, H G B , 3. Aufl., § 110 Anm. 15. 95 In: Baumbach/ifcrs., H G B , 30. Aufl., § 110 Rn. 19: „Rechtlich idR eine bloße Gewinnverteilungsabrede". 96 Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 353. 97 Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., §114 Rn. 24; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 114 Rn. 48; in diesem Sinne wohl auch Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 9, 18 f. 98 Siehe oben sub § 3 IV 1 a.

I. Existenz eines Anspruchs auf eine feste

Tätigkeitsvergütung

485

partizipiert, er aber einen Teil des Unternehmensertrags gleichsam vorweg erhält und hierdurch den Gewinnanteil seiner Mitgesellschafter schmälert.

bb) Stillschweigende

Vergütungszusagen

D i e R e c h t s p r e c h u n g und das Schrifttum haben es im Personengesellschaftsrecht bei der Absage an eine analoge Heranziehung des § 612 Abs. 1 B G B sowie der Möglichkeit ausdrücklicher Absprachen aber nicht bewenden lassen. Vielmehr werden mit wechselnden Formulierungen stillschweigende Vereinbarungen über eine Sondervergütung a n g e n o m m e n . " Allerdings ist das Meinungsbild nicht einheitlich. So stellt man teilweise darauf ab, o b der Gesellschafter in einer über das übliche M a ß hinausgehenden Weise mitarbeite, 1 0 0 er außergewöhnliche Leistungen erbringe 1 0 1 oder besondere Fähigkeiten einsetze 1 0 2 . N e b e n diesen an das A L R 1 0 3 erinnernden Kriterien will man eine konkludente Entgeltabrede zum Teil bereits dann bejahen, wenn der Gesellschafter erheblich mehr als die anderen B e teiligten arbeite, ohne daß diese sonstige Leistungen erbringen oder durch eine entsprechende Gewinnverteilung ein Ausgleich geschaffen w i r d . 1 0 4 Es finden sich aber auch restriktivere Tendenzen. So soll die Ü b e r t r a g u n g der Geschäftsführung auf einen oder einzelne Gesellschafter für sich g e n o m m e n nicht genügen. 1 0 5 B e sonders zurückhaltend will der B G H

bei

Publikumspersonengesellschaften

( M a s s e n - K G ) verfahren, u m die Anleger auf diese Weise vor unerwünschten finanziellen Belastungen der K G zu b e w a h r e n . 1 0 6 I m Körperschaftsrecht existiert soweit ersichtlich keine vergleichbare Diskussion. I m G m b H - R e c h t werden T ä tigkeitsvergütungen auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern üblicherweise in einem schuldrechtlichen Anstellungsvertrag, nicht aber auf der kooperationsrechtlichen E b e n e geregelt. D e s weiteren schreibt das G m b H - R e c h t für echte Satzungsbestandteile die notarielle F o r m vor, 1 0 7 so daß insoweit

zumindest

grundsätzlich kein R a u m für konkludente mitgliedschaftliche Entgeltvereinba-

99 Widersprüchlich Staudinger/Xe/i/er, BGB, 12. Aufl., indem er in § 713 Rn. 18 stillschweigende Abreden für möglich hält, in § 706 Rn. 41 dagegen - unter unzutreffender Berufung auf RG vom 4.3.1943, RGZ 170, 392, 396 - vom Erfordernis einer ausdrücklichen Vereinbarung spricht. 100 BGH vom 21.5.1955, BGHZ 17, 299, 301. 101 RG vom 6.7.1938, JW 1938, 2769; Baumbach/Hopi, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 19. 102 Vgl. RG vom 4.3.1943, RGZ 170, 392, 396; OLG Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590, 591; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 110 Rn. 21. 103 Erster Theil, 17. Titel, §229 ALR 1794 lautete: „Für solche Arbeiten aber, die zum gewöhnlichen Betriebe der Societätsgeschäfte nicht gehören und eine besondere Kunst oder Wissenschaft erfordern, kann er (d. h. der Gesellschafter) den gewöhnlichen Preis in Rechnung bringen." 104 A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 15 II 1, S. 212. 105 RG vom 4.3.1943, RGZ 170, 392, 396; BGH vom 7.3.1951, BB 1951, 654; OLG Koblenz vom 14.2.1986, WM 1986, 590, 591; StaudingerAfoy?/er, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 18; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 709 Rn. 14. 106 BGH vom 4.3.1976, WM 1976, 446, 447. 107 Vgl. §§2 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG.

486

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

rungen bleibt. 1 0 8 Schließlich verhindert das Procedere bei der Beschlußfassung normalerweise das Zustandekommen stillschweigender Beschlüsse 1 0 9 als mögliche Grundlage für eine gesellschaftsrechtliche Vergütung mitgliedschaftlicher Dienste. Die im Personengesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze leiden an einer erheblichen Unschärfe sowie inneren Widersprüchen. So läßt sich mit dem Kriterium einer über das übliche Maß hinausgehenden Mitarbeit nahezu jedes beliebige Ergebnis begründen, ohne daß die einen Vergütungsanspruch tragende Legitimation erkennbar wird. U m die entscheidenden Grenzlinien herauszuarbeiten, ist es ratsam, sich die wesentlichen Konstellationen vor Augen zu führen. Auf der einen Seite stehen diejenigen Fälle, in denen ein Gesellschafter von vornherein als einziger oder doch in erheblich höherem Maße als die anderen Beteiligten auf der Basis des Gesellschaftsvertrages tätig ist. Ebensowenig wie in dieser Gestaltung eine gesetzliche Tätigkeitsvergütung dekretiert werden kann, 1 1 0 ist ein solcher Anspruch über eine dahingehende Vertragsauslegung zu erreichen. Wenn die Parteien zu erkennen gegeben haben, die Mitarbeit nicht eigens zu vergüten, kann man sich über diese privatautonome Entscheidung nicht unter dem Banner stillschweigender Vereinbarungen hinwegsetzen. Auf der anderen Seite geht es um Tätigkeiten, die gegenständlich außerhalb des Bereiches der Geschäftsführung bzw. der sonstigen beitragsrechtlich geschuldeten Dienste liegen. Beispielhaft sei die juristische Beratung einer O H G durch einen geschäftsführenden Gesellschafter genannt. 1 1 1 Wenn der Gesellschafter eine solche Aufgabe übernimmt, ist regelmäßig davon auszugehen, daß er hierfür auch eigenständig vergütet werden soll. Die Gewinnbeteiligung deckt nämlich von vornherein nur solche Arbeiten ab, die von ihrem Inhalt her überhaupt in den durch Gesellschaftszweck und Beitragszusage gezogenen Kreis gehören. Bei qualitativ andersgearteten Tätigkeiten gelangt man zu einem Entgeltanspruch freilich nicht über den Weg einer ergänzenden Auslegung oder Anpassung des Gesellschaftsvertrages. Vielmehr ist in diesen Fällen abgesehen von den Gestaltungen, in denen eine Verrichtung als Aufwendung klassifiziert werden kann und deshalb den §§ 713, 670 B G B bzw. § 1 1 0 H G B unterfällt, 1 1 2 von einem konkludent geschlossenen Dienstvertrag auszugehen, 1 1 3 so daß sich ein schuldrechtlicher Anspruch auf eine Vergütung ergibt ( § 6 1 2 Abs. 1 B G B ) . 1 1 4 Dazwischen liegen diejenigen Konstellationen, in denen

Siehe hierzu bereits oben sub a. Dazu Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 48 Rn. 12. 1 1 0 Siehe oben sub a. 111 Vgl. Heymann/Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 1 1 0 R n . 2 2 ; Ganßmiiller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 60; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 9; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 1 1 4 Rn. 21. 1 1 2 Vgl. Düringer/Hachenburg/f/ec^ez'm, H G B , 3. Aufl., § 110 Anm. 4. 1 1 3 Siehe dazu bereits oben sub § 5 IV 1 b aa (3) (c). 114 Die entscheidende Abgrenzung zwischen Aufwendung und Dienstvertrag ist darin zu sehen, ob der Gesellschafter eine Tätigkeit schlicht ausübt oder ob ihn nach den Vorstellungen der Beteiligten eine Pflicht zum Tätigwerden treffen soll. 108

109

/. Existenz eines Anspruchs auf eine feste

Tätigkeitsvergütung

487

ein Gesellschafter aufgrund später eintretender U m s t ä n d e quantitativ in einem größeren U m f a n g aktiv mitarbeitet, als dies z u m Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw. des Beitritts zur Gesellschaft vorhersehbar war. Insoweit geht u m das P r o blem der Anpassung des vermögensrechtlichen Status eines tätigen Gesellschafters an veränderte U m s t ä n d e , dessen E r ö r t e r u n g indes n o c h einen Augenblick zurückgestellt und sogleich im Zusammenhang behandelt werden soll. 1 1 5

2. Eigenständige

und verbundene

Drittbeziehungen

Wenn ein Gesellschafter auf der Grundlage eines schuldrechtlichen Drittvertrages mitarbeitet, stellt sich die Frage, o b für das Vorhandenseins eines Entgeltanspruchs auf die Vergütungsfiktion des § 612 Abs. 1 B G B zurückgegriffen werden kann. Soweit ersichtlich haben sich die R e c h t s p r e c h u n g und die Literatur bislang auf die in diesem Zusammenhang wichtigste Fallgruppe, nämlich den Anstellungsvertrag des Gesellschafter-Geschäftsführers beschränkt. D a b e i finden sich unterschiedliche Nuancierungen. D a s O L G F r a n k f u r t 1 1 6 wie auch Goetteuv

ge-

hen vergleichsweise pauschal davon aus, daß § 612 A b s . 1 B G B nicht auf den G e sellschafter-Geschäftsführer übertragen werden kann. D e m g e g e n ü b e r Borkils

und Koppensteiner119

wollen

gerade umgekehrt anscheinend stets auf diese B e -

stimmung zurückgreifen. Lutter/Hommelhoff

erwecken den E i n d r u c k , als wür-

den sie ebenfalls gegen die von ihnen erwähnte Entscheidung des O L G Frankfurt an der Heranziehung jener Vorschrift grundsätzlich festhalten und nur dann eine A u s n a h m e machen wollen, wenn die Tätigkeit durch mitgliedschaftliche B e z ü g e (offenbar nachweislich) abgegolten ist. 1 2 0 E i n e im Vordringen begriffene Ansicht plädiert schließlich für eine differenzierende Sichtweise. 1 2 1 Wenn der Geschäftsführer lediglich in geringem U m f a n g an der G m b H beteiligt ist, soll im Zweifel von einer entgeltlichen Verpflichtung auszugehen sein, so daß § 6 1 2 Abs. 1 B G B eingreife. Bei einer maßgeblichen Beteiligung soll diese N o r m dagegen nicht zur Anwendung kommen. Anstelle eines alleinigen Durchgriffs auf die E b e n e der kooperationsrechtlichen Gewinnbeteiligung spricht am meisten für eine an der Rechtsgrundlage der Mitarbeit orientierte Betrachtung. Wenn der Gesellschafter eine Tätigkeit bereits als gesellschaftsvertragliche Pflicht ü b e r n o m m e n hat, m u ß bei der Vereinbarung einer zusätzlichen schuldrechtlichen Dienstpflicht, also einem Ausführungsvertrag (Typ I I / l ) 1 2 2 , verdeutlicht werden, daß die Gesellschaft hierfür auch ein eiSiehe unten sub II. O L G Frankfurt vom 10.6.1992, G m b H R 1993, 358, 359. 1 , 7 D S t R 1993, 659. 1 1 8 AcP 184 (1984), 465, 489. 1 1 9 In: Rowedder, G m b H G , 3. Aufl., § 35 Rn. 73. 1 2 0 G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 31. 121 Hachenburg/Sie;«, G m b H G , 8. Aufl., § 3 5 Rn. 191; Baumbach/Hueck/Zö/foer, GmbH G , 17. Aufl., § 3 5 Rn. 34. 1 2 2 Zu den vertraglichen Grundformen siehe oben sub § 3 V. 115 116

488

5 ^ Entgeltrechtliche

Fragen

genständiges Entgelt zahlen soll, sofern die zu erwartenden G e w i n n b e z ü g e bereits eine angemessene E n t l o h n u n g der Aufgabenwahrnehmung darstellen. I m allgemeinen ist nämlich davon auszugehen, daß die Parteien mit der Einstufung einer Leistung als Beitrag eine Vermehrung des Gesellschaftsvermögen herbeiführen wollen, für die der Gesellschafter lediglich durch seine Beteiligung am G e winn entschädigt werden soll. Dies gilt für die Ausübung des Geschäftsführeramtes ebenso wie für eine Mitarbeit außerhalb der eigentlichen Geschäftsleitung. F ü r eine Differenzierung zwischen Personengesellschaft und G m b H besteht insoweit kein A n l a ß . 1 2 3 Bei einer reinen D r i t t b e z i e h u n g , also einer Dienstleistung außerhalb einer gesellschaftsvertraglichen Mitarbeitspflicht (Typ I I I / l ) , liegen die D i n g e etwas komplizierter. Sofern es nicht u m die Tätigkeit als Geschäftsführer, sondern um andersgeartete Dienste geht, kann sowohl im Personengeseilschafts- wie im G m b H - R e c h t nicht einfach a n g e n o m m e n werden, daß der Gesellschafter für seine Arbeit nur deshalb kein Entgelt erwartet, weil er gleichzeitig an der Gesellschaft beteiligt ist. Insoweit kann nichts anderes gelten als bei sonstigen D r i t t z u wendungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft, etwa die Lieferung von Waren, bei denen eine Unentgeltlichkeit ebenfalls nicht mit dem H i n w e i s darauf bejaht werden darf, daß der Beteiligte durch seine G e w i n n b e z ü g e bereits hinreichend vergütet wird. Wenn bei reinen Sachleistungen kein (partieller) Altruismus vorausgesetzt werden kann, m u ß dies beim E i n b r i n g e n menschlicher A r b e i t s kraft zumindest ebenso sein. 1 2 4 I m H i n b l i c k auf die Wahrnehmung der Geschäftsführerposition besteht im Körperschaftsrecht an sich eine vergleichbare Ausgangslage. I m G e g e n s a t z z u m Personengesellschafter ist der Gesellschafter einer G m b H beim Fehlen einer satzungsrechtlichen Grundlage nicht zur - unentgeltlichen - Ü b e r n a h m e der G e schäftsführerstellung verpflichtet. 1 2 5 Wenn ein Gesellschafter sich dazu bereit erklärt, das A m t des Geschäftsführers zu bekleiden, ü b e r n i m m t er somit eine zusätzliche Tätigkeit, für die die G m b H bei der Anstellung eines Fremdgeschäftsführers eine entsprechende Vergütung aufwenden müßte. Sofern der G e w i n n a n teil eines solchen Gesellschafter-Geschäftsführers mit R ü c k s i c h t auf seine Mitarbeit (ausnahmsweise) erhöht ist, 1 2 6 besteht in der Tat kein Anlaß, im R a h m e n eines schuldrechtlichen Anstellungsvertrages eine weitere Vergütung anzunehmen. Fehlt es daran j e d o c h , bedeutet dies, daß der Wert der Tätigkeit in vollem U m f a n g der Gesellschaft und über die Gewinnausschüttung den Gesellschaftern Siehe dazu auch bereits oben sub 1 b aa. Vgl. dazu auch Zöllner, Anpassung, S. 59 f., der personenrechtliche Verhältnisse im Hinblick auf einen Ausgleich der Inflation großzügiger behandeln will als Verträge, die lediglich auf einen Sachaustausch gerichtet sind. 125 Siehe oben die Nachweise sub 1 a in Fn. 9. 1 2 6 Zur Zulässigkeit einer Vorzugsdividende siehe nur Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 14 Rn. 17, § 29 Rn. 52. Zur Unterscheidung zwischen gesellschaftsvertraglichem Vorzugsrecht und schuldrechtlicher Geschäftsführertantieme siehe auch Rowedder, GmbH G , 3. Aufl., § 2 9 Rn. 57. 123 124

II. Anpassung an veränderte

Rahmenbedingungen

489

nach dem M a ß ihrer Geschäftsanteile zugute k o m m t . A u c h wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer maßgeblich an der Gesellschaft beteiligt und ihm somit ein erheblicher Teil des Wertes seiner Arbeit mittelbar wieder zufließt, kann aber nicht schon aus diesem G r u n d e angenommen werden, daß ein solcher Gesellschafter zugleich die vermögensrechtliche Stellung der Mitbeteiligten durch eine unentgeltliche Aufgabenwahrnehmung verbessern will. Vielmehr bedarf es zusätzlicher U m s t ä n d e , u m einen solchen Schluß zu rechtfertigen. Dies läßt sich vergleichsweise einfach dann bejahen, wenn der betreffende G e s e l l s c h a f t e r - G e schäftsführer jahrelang keine Ansprüche geltend gemacht hat oder wenn mit ihm als einzigem unter mehreren anderen Geschäftsführern keine Vergütung vereinbart w u r d e . 1 2 7 M a n wird aber angesichts der verbreiteten Vertragspraxis n o c h einen Schritt weiter gehen können. D a ein Gehalt für einen Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund der prinzipiell zulässigen steuerlichen Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe bei der Bemessung der Körperschaftsteuer 1 2 8

regelmäßig

festgelegt wird, kann man aus dem Fehlen einer dahingehenden ausdrücklichen Vereinbarung schließen, daß die Tätigkeit durch den Gewinnanteil bereits abgegolten sein soll. H i e r v o n ist nur bei unerheblichen Beteiligungen eine A u s n a h m e zu machen, w o b e i insoweit weniger auf das relative A u s m a ß der Beteiligung im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern als vielmehr darauf abzustellen ist, o b die zu erwartenden G e w i n n b e z ü g e des Gesellschafter-Geschäftsführers

neben einer

angemessenen Kapitalrendite kein adäquates A u s k o m m e n mehr ermöglichen. Außerhalb dieser Konstellation ist es indes Sache des Gesellschafter-Geschäftsführers, U m s t ä n d e darzutun, die trotz einer hinreichenden Gewinnpartizipation für die E r w a r t u n g sprechen, daß er nur gegen eine zusätzliche Vergütung tätig werden würde.

II. Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen D e r zweite Problemkreis betrifft die Frage, inwieweit sich veränderte R a h m e n bedingungen auf die E x i s t e n z bzw. die H ö h e einer Tätigkeitsvergütung auswirken, w o b e i es an dieser Stelle nur um die K o n s e q u e n z e n gehen soll, die im Falle ordnungsgemäßer Aufgabenerfüllung durch den mitarbeitenden Gesellschafter eintreten. 1 2 9 Z u m besseren Verständnis der berührten Einzelaspekte erscheint es ratsam, sich zunächst die verschiedenen D i m e n s i o n e n der T h e m a t i k vor Augen zu führen. In erster Linie läßt sich der angesprochene Bereich nach den potentiellen U r s a chen für eine Veränderung der R e c h t s b e z i e h u n g e n gliedern. Insoweit k ö n n e n im wesentlichen drei Fallgruppen unterschieden werden: Kontinuierliche E n t w i c k -

127

In diesem Sinne auch O L G Frankfurt vom 10.6.1992, G m b H R 1993, 358, 359.

128

Vgl. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 KStG, 4 Abs. 4 EStG. Zu den Folgen einer Störung der Tätigkeit siehe unten sub III.

129

490

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

hingen (allgemeine Geldentwertung bzw. generelle Steigerung des Gehaltsniveaus), die Vergrößerung der zu bewältigenden Arbeitsmenge und schließlich der wirtschaftliche E r f o l g bzw. Mißerfolg des U n t e r n e h m e n s . Alle diese Konstellationen werden im Gesellschaftsrecht schon seit langem diskutiert, w o b e i sich die Auseinandersetzung im Laufe der Zeit v o m Personengesellschaftsrecht stärker auf den G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r verlagert hat und man sich in diesem Zusammenhang neben dem gering beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig auch dem reinen Fremdgeschäftsführer zuwendet. I m Arbeitsrecht wird statt dessen seit einigen Jahren vor allem die Anpassung der Gehälter von A r b e i t n e h mern in einer wirtschaftlichen Krise des U n t e r n e h m e n s erörtert. D e m g e g e n ü b e r führen die Auswirkungen kontinuierlicher E n t w i c k l u n g e n zumeist weniger zu rechtlichen als vielmehr zu tarifpolitischen Fragen, während die entgeltlichen F o l g e n einer E r h ö h u n g der Arbeitsmenge angesichts der vielfach klaren einzeloder tarifvertraglichen Vorgaben häufig keine grundsätzlichen rechtlichen P r o bleme aufwirft. M i t diesen Hinweisen auf die bestehenden Differenzen zwischen

Gesell-

schafts- und Arbeitsrecht ist zugleich die zweite D i m e n s i o n angesprochen, die sich auf die instrumentale E b e n e bezieht, also die Frage, mit welchen rechtlichen Mechanismen die Anpassungsproblematik bewältigt wird. Hierzu haben sich im Gesellschafts- und im Arbeitsrecht bekanntermaßen völlig unterschiedliche F o r men herausgebildet. Im Gesellschaftsrecht werden von der J u d i k a t u r 1 3 0 und dem Schrifttum 1 3 1 zum einen die allgemeinen schuldrechtlichen M e t h o d e n der (ergänzenden) Vertragsauslegung und der n u n m e h r in das B G B

aufgenommenen 1 3 2

130 Vgl. RG vom 6.12.1935, HRR 1936, Nr. 611; BGH vom 21.5.1955, BGHZ 17, 299, 301 ff.; OLG Düsseldorf vom 26.4.1956, NJW 1956, 1802, 1803; BGH vom 10.6.1965, BGHZ 44, 40, 40 ff.; BGH vom 6.7.1967, WM 1967, 1099, 1101; BGH vom 7.2.1974, WM 1974, 375, 376; BGH vom 10.5.1976, WM 1976, 661, 662; BGH vom 10.6.1976, WM 1976, 921, 922; BGH vom 4.7.1977, WM 1977, 1140; BGH vom 15.6.1978, WM 1978, 1230, 1231; BGH vom 3.7.1978, WM 1978, 1232, 1233; BGH vom 15.6.1992, NJW 1992, 2894, 2896 (GmbH-Geschäftsführer); BGH vom 8.12.1997, GmbHR 1998, 278, 280. 131 Zum Personengesellschaftsrecht: Dänzer-Vanotti, DB 1983, 999 f.; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 110 Rn. 23; Ganßmüller, DB 1965, 1893, 1895 ff.; ders., DB 1966, 1505 ff.; W hoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. Aufl., 2. Teil, E Rn. 43; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., §713 Rn. 15; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 VII 10, S. 156; ders., ZGR 1972, 237, 244 f.; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 20; Löffler/Glaser, DB 1958, 759 f.; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., §114 Rn.23; Mayen, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, §114 Rn.51f.; Stötter, DB 1966, 809, 812; MünchKommBGB/i7/OTer, 3. Aufl., §709 Rn. 35; ders., in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., §114 Rn. 47; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., §709 Rn. 15; ders., FS Hefermehl (1976), S. 225, 240; Zöllner, Anpassung, S. 50, 57 ff. Zum GmbH-Recht: Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 86 (unter zusätzlicher Heranziehung von §315 Abs. 3 BGB analog); Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. §6 Rn. 34 f.; U. H. Schneider, FS Semler (1993), S. 347, 361 ff.; ders., in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 190; Hachenburg/Stein, GmbHG, 8. Aufl., §35 Rn. 200 ff.; Baumbach/Hueck/Zö//«er, GmbHG, 17. Aufl., §35 Rn. 101. 132 Siehe § 313 BGB n.F. Da der Gesetzgeber dieses praeter legem entwickelte Rechtsinstitut unverändert in das BGB überführen wollte, bewirkt die Neuregelung keine inhaltlichen Veränderungen; vgl. BT-Drucks. 14/6040 vom 14.5.2001, S. 175.

II. Anpassung an veränderte

Rahmenbedingungen

491

Lehre v o m Wegfall bzw. der Störung der Geschäftsgrundlage sowie zum anderen die spezifisch gesellschaftsrechtliche Figur der Z u s t i m m u n g zur Vertragsanpassung qua Treuepflicht herangezogen. D a b e i wird zwischen den verschiedenen Ansätzen nicht i m m e r deutlich getrennt, sondern insbesondere der Wegfall der Geschäftsgrundlage des öfteren mit der gesellschaftlichen Treuepflicht v e r w o b e n . 1 3 3 I m Arbeitsrecht stellen das Tarif- und das Arbeitskampfrecht die hauptsächlichen Instrumente dar, um das Arbeitsentgelt an die allgemeine Wertentwicklung anzugleichen. 1 3 4 D a die kollektivrechtliche D i m e n s i o n des A r b e i t s rechts indes bewußt ausgeklammert wird, 1 3 5 sollen im folgenden neben der gesellschaftsrechtlichen

D e b a t t e lediglich individualarbeitsrechtliche

Aspekte

berücksichtigt werden. A n dritter Stelle ist es zumindest im Ausgangspunkt unumgänglich, bei mitarbeitenden Gesellschaftern danach zu unterscheiden, ob eine zugesagte Vergütung ihre Grundlage im Gesellschaftsvertrag selbst oder in einer schuldrechtlichen Abrede mit der Gesellschaft findet. A u c h wenn insbesondere beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H die meisten A u t o r e n diesen Aspekt nicht reflektieren, k ö n n e n die Instrumente für die Anpassung von Tätigkeitsvergütungen doch nicht ohne R ü c k s i c h t darauf eingesetzt werden, auf welcher E b e n e das E n t gelt geregelt worden ist. 1 3 6

1. Kontinuierliche

Entwicklungen

Kontinuierliche E n t w i c k l u n g e n wie die Geldentwertung oder eine über den b l o ßen Ausgleich des Kaufkraftverlustes hinausgehende E r h ö h u n g des allgemeinen Entgeltniveaus bilden nur unter bestimmten Voraussetzungen einen Anlaß, über eine Anpassung nachzudenken. Z u m einen m u ß einem mitarbeitenden Gesellschafter eine besondere Vergütung zugesagt w o r d e n sein. Sofern er für seine T ä tigkeit ursprünglich ausschließlich durch einen Gewinnanteil entgolten werden sollte, spielen die genannten Veränderungen demgegenüber keine eigenständige Rolle. Wenn sie zu einer Steigerung des nominellen Unternehmensgewinns führen, erhöht sich dadurch mittelbar auch der „ U n t e r n e h m e r l o h n " . Falls die G e sellschaft an der allgemeinen E n t w i c k l u n g hingegen nicht partizipiert, gibt es auch keinen G r u n d , die finanzielle Situation des dienstleistenden Gesellschafters 133 Vgl. MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., §705 Rn. 193, §709 Rn. 35; ders., in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 114 Rn. 47; H. P. Westermann, FS Hefermehl (1976), S.225, 240. Die These von Kollhosser, FS Westermann (1974), S. 275,280, die Lehren vom Wegfall der Geschäftsgrundlage und von der Zustimmungspflicht würden regelmäßig getrennt, läßt sich zumindest heutzutage nicht mehr aufrechterhalten. 134 Im übrigen wird seit einiger Zeit intensiv darüber diskutiert, ob das Tarifrecht in seiner gegenwärtigen Gestalt genügt oder ob es zu verändern und durch Mechanismen vor allem auf der betriebsverfassungsrechtlichen Ebene zu ergänzen ist, um insbesondere die Gehaltsanpassung in wirtschaftlichen Krisensituationen zu erleichtern. 135 Siehe dazu bereits oben sub § 7. 1 3 6 In diesem Sinne auch U. H. Schneider, FS Semler (1993), S. 347, 358 ff.

492

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

zu Lasten der Mitbeteiligten zu verbessern. 137 Zum anderen kommt es nur dann zu einem Konflikt als Folge einer zunehmenden Diskrepanz zwischen nominaler Vergütung und allgemeiner Entwicklung, wenn der betroffene Gesellschafter nicht in der Lage ist, seine Interessen alleine wahrzunehmen. So kann etwa der Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer seine Vorstellungen hinsichtlich des Inhalts seines Anstellungsvertrages, über den auf Seiten der G m b H die Gesellschafterversammlung entscheidet, 138 durchsetzen, weil er insoweit keinem Stimmverbot aus § 47 Abs. 4 S. 2 G m b H G unterliegt. 139 Dabei sind selbstverständlich die Grenzen zu berücksichtigen, die im Verhältnis zu den Mitgesellschaftern durch den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Treuepflicht sowie unter dem Gesichtspunkt der Kapitalerhaltung durch § 30 Abs. 1 G m b H G gezogen werden. Mithin dürfen die Zuwendungen in keinem Mißverhältnis zu dem Entgelt stehen, das ein Fremdgeschäftsführer für die gleiche Tätigkeit erhalten würde. 140 Demgegenüber ist ein geschäftsführender Personengesellschafter im allgemeinen auf die Mitwirkung der anderen Gesellschafter angewiesen, weil eine Erhöhung eines gesellschaftsvertraglich fest vereinbarten Entgelts eine Änderung des Gesellschaftsvertrages darstellt 141 und es hierfür grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf. a) Schuldrechtliche

und gesellschaftsrechtliche

Anpassungsinstrumente

Falls die Vergütungszusage mit einem ausdrücklichen Anpassungsmechanismus - insbesondere einer Spannungsklausel - versehen ist, 142 richtet sich die konkrete 137

Grds. ebenso H. P. Westermann, FS Hefermehl (1976), S. 225, 230. Siehe oben sub § 3 IV 1 a. 139 Siehe oben sub § 6 IV 3 b bb mit umfangreichen Nachweisen in Fn. 357 und 358. Demgegenüber plädiert Wank, Z G R 1979, 222, 243 f., zwar nicht bei der erstmaligen Festlegung der Bezüge, aber bei späteren Änderungen des Anstellungsvertrages offenbar für ein Stimmverbot, soweit sich die Verhältnisse nicht wesentlich verändert haben. Auf der Grundlage dieser Ansicht bedürfte es mithin eines Rückgriffs auf die sogleich zu schildernden Anpassungsinstrumente. 140 Vgl. B G H vom 14.5.1990, B G H Z 111, 224, 227 (zum Gleichbehandlungsgrundsatz und zur Treuepflicht); B G H vom 15.6.1992, N J W 1992,2894,2896 (zur Kapitalerhaltung); siehe auch B G H vom 4.10.1976, W M 1976, 1226, 1227; ferner etwa Hüffer, FS Heinsius (1991), S. 345, 347; Hachenburg/Sfez«, G m b H G , 8. Aufl., §35 Rn. 194 f.; Baumbach/Hueck/Zö/Zner, G m b H G , 17. Aufl., §35 Rn. 100. 141 B G H vom 10.6.1965, B G H Z 44, 40, 41; B G H vom 12.12.1966, BB 1967, 143; Soergel/ Hadding, BGB, § 713 Rn. 15. Schwer nachvollziehbar H. P. Westermann, FS Hefermehl (1976), S. 225, 230, nach dessen Ansicht es sich bei der Erhöhung der Geschäftsführervergütung „nicht eigentlich um eine Änderung des Gesellschaftsvertrages" handele. Ähnlich Ganßmüller, DB 1965, 1893, 1896, der einerseits eine (feste) Vergütungsabrede stets als Teil des Gesellschaftsvertrags ansieht, andererseits eine Erhöhung aber auch ohne eine Änderung des Gesellschaftsvertrags für möglich hält. Enthält der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der Tätigkeitsvergütung eine bloße Rahmenregelung, ist für die konkrete Festsetzung bzw. Anpassung dagegen in der Tat nur ein Gesellschafterbeschluß erforderlich, ohne daß der Vertrag selber geändert werden muß; vgl. B G H vom 10.6.1976, W M 1976, 921, 922; B G H vom 29.9.1986, W M 1986, 1556, 1557. 142 Vgl. B G H vom 27.6.1957, B G H Z 25, 47 (Anknüpfung an Tarifgehalt); B G H vom 10.6.1976, WM 1976,921,922 (Bezugnahme auf Angestelltengehalt); Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 12; ders., DB 1965, 1893, 1895; ders., DB 1966, 1505; Hachenburg/Stein, G m b H G , 138

II. Anpassung an veränderte

Rahmenbedingungen

493

Entgelthöhe nach dessen Voraussetzungen. 143 Wichtiger ist indes die Frage, ob auch ohne eine explizite Regelung vertragsimmanente Anpassungsinstrumente anzunehmen sind. Insoweit haben sich in Rechtsprechung und Literatur zwei Strömungen herausgebildet. Auf der einen Seite hat der B G H einen KG-Vertrag in einer Entscheidung dahin ausgelegt, daß eine für die Arbeit sowie für die persönliche Haftung in bestimmter Höhe zugesagte Vergütung im Zweifel ein auch im Falle einer Erhöhung der Lebenshaltungskosten angemessener Ausgleich bleiben solle.144 Demzufolge sei über die Höhe des Vergütung in gewissen Abständen immer wieder neu zu entscheiden, wobei der Mechanismus des § 315 BGB zur Anwendung komme. Hadding will offenbar noch einen Schritt weiter gehen und die Mitgesellschafter bei einer tätigkeitsbezogenen Geschäftsführervergütung generell als verpflichtet ansehen, im Falle einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse die Leistung nach billigem Ermessen gemäß §315 BGB anzupassen. 145 In diesem Sinne hat sich auch Ganßmüller wiederholt geäußert. 146 Eine ähnliche Ansicht findet sich bei Stein, nach der die Vergütung im Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers schon dann qua ergänzender Auslegung einem Anpassungsanspruch unterliegen soll, wenn die Parteien dies nicht von vornherein ausgeschlossen haben. 147 Eine im Ergebnis vergleichbare Position vertritt Flume, nach dessen Meinung stets mit dem Instrument der ergänzenden Auslegung des Gesellschaftsvertrages auszukommen ist, um die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. 148 Auf der anderen Seite hat es der B G H in einem vergleichbaren Fall ausdrücklich abgelehnt, aus der Vereinbarung einer gewinnunabhängigen Tätigkeitsvergütung für den Geschäftsführer einer O H G den Schluß zu ziehen, daß diese Vergütung entsprechend den Veränderungen der allgemeinen Verhältnisse gegebenenfalls neu festgesetzt werden müsse. 149 Das überwiegende Schrifttum nennt die - ergänzende - Auslegung als denkbares Mittel einer Anpassung, geht aber anscheinend nicht davon aus, auf diesem Wege immer zu einer gleichsam automatischen Angleichung an eine kontinuierliche Änderung der Rahmenbedingungen zu gelangen. 150 Es ist zwar nicht zu bestreiten, daß gesellschaftsrechtliche Beziehungen wegen ihres auf Dauer angelegten Charakters („Lebensgesetz") in einem besonderem 8. Aufl., §35 Rn. 202; siehe ferner die Vertragsmuster bei Marsch-Barner, in: MünchVertrHb, Bd. 1, 5. Aufl., I 3, § 9 Abs. 2, S. 9,1 4, § 13 Abs. 3, S. 18 (jeweils GbR), und bei Riegger, aaO., III 1, § 5 Abs. 2, S. 210, III 3, § 6 Abs. 2, S. 232 (jeweils KG). 143 Siehe auch soeben Fn. 141 a. E. 144 B G H vom 4.7.1977, W M 1977, 1140. 145 In: Soergel, BGB, 12. Aufl., § 713 Rn. 15. 146 Tätigkeitsvergütung, Rn. 13; DB 1965, 1893, 1896 f.; DB 1966, 1505, 1506. 147 In: Hachenburg, G m b H G , 8. Aufl., § 35 Rn. 203. 148 Personengesellschaft, § 15 IV, S. 280 f. 149 B G H vom 10.6.1965, B G H Z 44, 40, 41. 150 Vgl. Baumbach/f/o/)i, H G B , 30. Aufl., §110 Rn. 20; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 23; M ü n c h K o m m B G B / U l m e r , 3. Aufl., §709 Rn. 35; ders., in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §114 Rn. 47.

494

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

M a ß e auf Flexibilität angewiesen sind. 1 5 1 Gleiches gilt für den Anstellungsvertrag eines regelmäßig langfristig gebundenen Gesellschafter-Geschäftsführers. D e n n o c h überschreitet es die G r e n z e n der - ergänzenden - Auslegung, wenn man in alle Festvergütungen von Geschäftsführern auf gesellschaftsvertraglicher oder schuldrechtlicher Basis den Parteiwillen hineininterpretiert, das Gehalt laufend an die E n t w i c k l u n g der Kaufkraft bzw. des allgemeinen Entgeltniveaus anzupassen. 1 5 2 Von einer lückenhaften Vertragsgestaltung, die es rechtfertigen würde, die Wertungen der Beteiligten „zu E n d e zu d e n k e n " kann bei dieser Art von Veränderungen keine R e d e sein. Vor allem in den Fällen, in denen ein Gesellschaftsvertrag entsprechend den gängigen Vertragsmustern vergleichsweise detaillierte Regelungen über die unterschiedlichsten Fragen enthält, 1 5 3 kann einer Festvergütung ohne jeden Anhaltspunkt im Vertragstext 1 5 4 kein immanenter Anpassungsmechanismus e n t n o m m e n werden. Dies gilt entgegen der Ansicht von U. Schneider155

H.

auch dann, wenn dem Mitgesellschafter ein Sonderrecht auf die G e -

schäftsführung eingeräumt w o r d e n ist. Angesichts der durch ein Sonderrecht satzungsrechtlich abgesicherten Befugnis, die G e s c h i c k e der G m b H bestimmen zu k ö n n e n , läßt sich nicht davon sprechen, daß ein solches Sonderrecht nur bei einem dauerhaft angemessenen Gehalt Sinn mache. I m übrigen k ö n n t e man eine großzügige A n n a h m e stillschweigender Erhöhungsklauseln nicht auf Geschäftsführervergütungen beschränken. Vielmehr müßte man konsequenterweise auch bei mitarbeitenden Gesellschaftern auf untergeordneter E b e n e und nicht zuletzt auch bei reinen A r b e i t n e h m e r n ein derartiges Anpassungsinstrument bejahen. Tatsächlich wird dies außerhalb der engen Fallgruppe von Geschäftsführergehältern aber soweit ersichtlich nicht befürwortet. F ü r eine rechtliche Privilegierung dieses Personenkreises durch vergleichsweise geringe Anforderungen an k o n k l u dente M e c h a n i s m e n zur Gehaltsheraufsetzung besteht indes kein Anlaß. D i e L ö s u n g des P r o b l e m s des allmählichen Kaufkraftverlusts von Tätigkeitsvergütungen ist statt dessen im allgemeinen in den Regeln über die Störung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage (nunmehr § 313 B G B ) 1 5 6 zu suchen. 1 5 7 Dies gilt z u m einen für ein Gehalt, das ein Gesellschafter auf der Grundlage eines schuldrechtlichen Vertrages bezieht. Z u m anderen kann diese Anpassungsmoda-

151 Siehe nur H. P Westermann, FS Hefermehl (1976), S. 225, 229; Zöllner, Anpassung, S. 11 ff. 152 In diesem Sinne bereits Stötter, DB 1966, 809, 812. 153 Vgl. die Musterverträge bei Sudhoff, Personengesellschaft, 7. Aufl., 6. Teil, A, S. 389 ff. (GbR), B, S. 396 ff. (OHG), u. C, S. 403 ff. (KG), und bei Oldenburg, in: MünchVertrHb, Bd. 1, 5. Aufl., II 3, S. 100 ff. (OHG). 154 Vgl. Oldenburg, in: MünchVertrHb, Bd. 1, 5. Aufl., II 3, § 7, S. 101 u. 105 (OHG); siehe auch die in diesem Punkt gerade abweichenden Vertragsvorschläge zur GbR und zur KG (Fn. 153). 155 FS Semler (1993), S. 347, 364. 156 Siehe oben vor 1 Fn. 132. 157 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §5 IV 4 c, S. 140; in diese Richtung auch H. P. Westermann, FS Hefermehl (1976), S. 225, 240; Zöllner, Anpassung, S. 57 ff.

II. Anpassung

an veränderte

Rabmenbedingungen

495

lität aber auch bei einer Vergütung auf gesellschaftsvertraglicher Basis herangezogen werden. Da es sich bei inflationsbedingten Aquivalenzstörungen im Prinzip um eine allgemeine Problematik handelt, überzeugt es am ehesten, insoweit mit einem nicht spezifisch gesellschaftsrechtlichen Instrument abzuhelfen. 158 Es bedarf somit einer Situation, in der es dem Gesellschafter angesichts des schleichenden Kaufkraftverlusts nicht mehr zugemutet werden kann, ohne eine angemessene Erhöhung seiner Festvergütung weiterhin tätig zu sein. Dieser Zustand ist in Zeiten hoher Inflation selbstredend eher erreicht als in der gegenwärtigen Phase der Geldwertstabilität, so daß diese Problematik in der jüngeren Vergangenheit offenbar an Bedeutung verloren hat. Im Vergleich zu reinen Austauschverträgen über Sachleistungen sind allerdings zwei Besonderheiten zu berücksichtigen: Zunächst stellt sich die Frage, welche Bedeutung einer vom mitarbeitenden Gesellschafter neben der Vergütung gleichzeitig bezogenen Gewinnbeteiligung zukommt. Der BGH hat die Partizipation am Unternehmensgewinn ursprünglich in die Beurteilung einbezogen, ob der Gesellschafter für seine Dienste infolge einer Veränderung der Rahmenbedingungen unangemessen entlohnt wird. 159 Diese Sichtweise ist im Schrifttum auf Zustimmung, 160 von Anfang an aber auch auf energischen Widerstand gestoßen 161 . Eine Festvergütung sei isoliert zu betrachten, weil die Gesellschafter mit ihrer Festsetzung zu erkennen geben würden, daß die Mitarbeit gesondert gewürdigt werden solle. In diesem Sinne ist der BGH in seiner späteren Judikatur von seiner anfänglichen Argumentation abgerückt. 162 Tatsächlich ist eine Differenzierung geboten: Wenn die Auslegung der ursprünglichen Vereinbarung ergibt, daß die Bezüge zum damaligen Zeitpunkt die Tätigkeit in vollem Umfang entgelten sollten, darf der eine Anpassung begehrende Gesellschafter nicht auf seinen (inflationsbedingt) gestiegenen Gewinnanteil verwiesen werden. Sollte die Tätigkeit nach dem Willen der Beteiligten dagegen (ausnahmsweise) zum Teil auch durch die Gewinnbeteiligung abgegolten werden, darf sie im nachhinein nicht unberücksichtigt bleiben. Vielmehr bedarf es dann einer Gesamtschau. Sofern in das Gesamtentgelt auf diese Weise bereits ein gewisser Anpassungsmechanismus integriert ist, verschiebt sich die Grenze, von der an eine Fortsetzung der Mitarbeit bei unveränderter Festvergütung unzumutbar wird, allerdings nach oben. Im übrigen ist der von Zöllner entwickelte und inhaltlich überzeugende Gedanke hervorzuheben, bei Verträgen, die auf die dauerhafte Erbringung menschlicher Arbeitskraft gerichtet sind, in der Frage inflationsbedingter Aquivalenzstörungen im allgemeinen einen etwas großzügigeren Maßstab als bei anderen Vertragsver-

158 Generell gegen eine Anwendbarkeit der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf Gesellschaftsverträge aber Reuter, ZHR 148 (1984), 523, 542. 159 BGH vom 10.6.1965, BGHZ 44, 40, 41; ebenso BGH vom 6.7.1967, WM 1967,1099,1101. 160 U. H. Schneider, FS Semler (1993), S. 347, 366; Stötter, DB 1966, 809, 812. 161 Ganßmüller, DB 1965, 1893, 1898; den., DB 1966,1505; Zöllner, Anpassung, S. 59. 162 BGH vom 4.7.1977, WM 1977, 1140.

496

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

hältnissen anzulegen. 1 6 3 D i e s e an sich nur auf personengesellschaftsvertragliche Vergütungen gemünzte Ü b e r l e g u n g ist durchaus generalisierbar und kann deshalb beispielsweise auch auf den schuldrechtlichen Anstellungsvertrag eines G e sellschafter-Geschäftsführers

oder den Arbeitsvertrag eines

Kommanditisten

übertragen werden. M i t der A n w e n d u n g der Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage ( § 3 1 3 B G B ) kann im allgemeinen aber nur der schleichende Kaufkraftverlust durch Geldentwertung ausgeglichen werden. E i n e Anpassung an die generelle Gehaltsentwicklung ist auf diesem Wege lediglich dann möglich, wenn das allgemeine Entgeltniveau nachweislich die Geschäftsgrundlage der ursprünglichen war. Entsprechende Vorstellungen der Parteien k ö n n e n j e d o c h nicht einfach unterstellt werden. Soweit es um die Anpassung von Tätigkeitsvergütungen an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung geht, wird häufig neben oder anstelle der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auch auf die gesellschaftliche Treuepflicht rekurriert. 1 6 4 Hinsichtlich des Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H geht man dabei offensichtlich davon aus, daß sich die Treuepflicht ohne weiteres nicht nur auf mitgliedschaftliche, sondern auch auf (schuldrechtliche) anstellungsvertragliche Regelungen erstreckt, ohne die darin liegende Problematik auch nur anzusprechen. 1 6 5 Angesichts der dabei regelmäßig verwendeten Formulierungen scheinen sich die inhaltlichen Maßstäbe dadurch allerdings nicht zu verändern, so daß eine solche Ableitung weitgehend folgenlos bleibt. 1 6 6 Jedenfalls ist davor zu warnen, auf dem Problemfeld der allgemeinen Geldentwertung mit Hilfe der gesellschaftlichen Treuepflicht fehlende Flexibilisierungsklauseln zu ersetzen und die Anforderungen der Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage ( § 3 1 3 B G B ) auf breiter F r o n t auszuhöhlen, indem die maßgeblichen G r e n z e n herabgesetzt werden. 1 6 7 D e m im Gesellschaftsrecht als beinahe schon inflationär zu bezeichnenden Einsatz der Treuepflicht, der in einem bemerkenswerten Kontrast zur Z u Anpassung, S. 59 f. Zum Personengesellschaftsrecht siehe BGH vom 10.6.1965, BGHZ 44, 40, 41 f.; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 110 Rn. 23; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. Aufl., 2. Teil, E Rn. 43; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 35; ders., in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 114 Rn. 47; Zöllner, Anpassung, S. 52. Zum Körperschaftsrecht siehe Bauder, BB 1993, 369, 371; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. §6 Rn. 34; Baumbach/Hueck/Zö//«er, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 101. 165 Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 86; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. §6 Rn. 34; U. H. Schneider, FS Semler (1993), S. 347, 365 f.; ders., in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 190; Hachenburg/Siem, GmbHG, 8. Aufl., § 35 Rn. 203; Baumbach/ Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 101. 166 Im einzelnen ist das Verhältnis von Geschäftsgrundlagenlehre und Zustimmungspflichtdoktrin noch nicht abschließend geklärt; dies betrifft insbesondere das Kriterium der Vorhersehbarkeit der für eine Anpassung vorgebrachten Umstände sowie die Dringlichkeit des Anderungsbedürfnisses; vgl. dazu näher Kollhosser, FS Westermann (1974), S. 275,279 f.; H. P. Westermann, FS Hefermehl (1976), S. 225, 239 f.; Zöllner, Anpassung, S. 53 ff. 167 Ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 5 IV 4 c, S. 140; im Erg. aufgrund einer restriktiven Anwendung der Lehre von der Zustimmungspflicht ebenso A. Hueck, JR 1965, 387; 163

164

II. Anpassung

an veränderte

Rahmenbedingungen

497

rückdrängung der Treuepflicht im Arbeitsrecht steht, 1 6 8 sollte nicht ohne N o t Vorschub geleistet werden. Im übrigen darf nicht außer Acht gelassen werden, daß sich eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages nach den Regeln über den Fortfall der Geschäftsgrundlage entsprechend der traditionellen Auffassung 1 6 9 bislang automatisch kraft Gesetzes vollzog, 1 7 0 während eine Vertragsänderung qua Treuepflicht grundsätzlich im Wege einer Klage auf Zustimmung zu einer bestimmten Neuregelung durchzusetzen ist 1 7 1 . Auch wenn sich die Stimmen mehren, die bei bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage für eine vorgeschaltete Neuverhandlungspflicht optieren, 1 7 2 bleibt mit der im Gesellschaftsrecht für die Umgestaltung der materiellen Beziehungen zumindest prinzipiell erforderlichen Leistungsklage 1 7 3 immerhin ein rechtstechnischer Unterschied bestehen. Besondere Probleme entstehen freilich bei der G m b H , wenn die Tätigkeitsvergütung als Vorzugsrecht ausnahmsweise einen echten Satzungsbestandteil darstellt. 1 7 4 Eine Anpassung qua Gesetz führt grundsätzlich zu einer Friktion mit der Notwendigkeit einer Registereintragung als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Änderung. 1 7 5 In einem solchen Falle ist aus Publizitätsgründen am Eintragungserfordernis festzuhalten. 1 7 6 Gleichwohl bedarf es keines Rückgriffs auf einen regelrechten Vertragsänderungsanspruch kraft Treuepflicht. Zwar wird kein Registerrichter eine Satzungsänderung allein unter Hinweis auf § 242 B G B eintragen. 1 7 7 Die Anpassung des Gesellschaftsvertrages infolge einer Störung der Geschäftsgrundlage kann aber dadurch vollzogen werden, daß der Eintragung in R. Fischer, Anm. zu B G H , L M § 114 H G B Nr. 3; zu den geringeren Voraussetzungen der Vertragsanpassung qua Treuepflicht im Verhältnis zur den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage siehe auch MünchKommBGB/Äoi/;, 4. Aufl., § 242 Rn. 668. 1 6 8 Dazu Cahn, FS Wiese (1998), S. 71, 72 ff. 1 6 9 Siehe B G H vom 19.11.1971, N J W 1972, 152; B G H vom 30.3.1984, B G H Z 91, 32, 36 f.; Palandt/Heinrichs, B G B , 61. Aufl., § 2 4 2 Rn. 130; MünchKommBGBARofi, 4. Aufl., § 2 4 2 Rn. 651; Soergel/Teichmann, B G B , 12. Aufl., § 2 4 2 R n . 2 6 2 . § 313 B G B n.F. geht nunmehr von einem Anpassungsanspruch aus. Gleichwohl wird eine unmittelbar auf die angepaßte Leistung gerichtete Klage weiterhin für zulässig gehalten; vgl. BT-Drucks. 14/6040 vom 14.5.2001, S. 176. 170 Zöllner, Anpassung, S. 56; anders Ganßmüller, D B 1965, 1893, 1897 (bei Fortfall der Geschäftsgrundlage keine automatische Anpassung, sondern lediglich Anspruch auf Änderung). 171 Zöllner, Anpassung, S. 56; zum grds. Erfordernis einer Zustimmungsklage ferner B G H vom 29.9.1986, W M 1556, 1557. 172 Eidenmüller, ZIP 1995, 1063, 1067 f.; Horn, AcP 181 (1981), 255, 276 ff.; ders., Z H R 158 (1994), 425 ff.; Nette, Neuverhandlungspflichten, S. 82 ff., 173 ff., 206 ff.; abl. aber Martinek, AcP 198 (1998), 330, 363 ff. 1 7 3 Für die generelle Unbeachtlichkeit einer treuwidrig verweigerten Zustimmung bei Beschlüssen ohne Außenwirkung MünchKommBGB/£//??2er, 3. Aufl., § 705 Rn. 197a; ders., in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 105 Rn. 250; siehe auch B G H vom 5.11.1984, N J W 1985, 974: Bei Publikums-KG gelte qua Treuepflicht geschuldete Zustimmung als ersetzt. 174 Zur grds. Möglichkeit vgl. etwa Priester, D B 1979, 681, 685 Fn. 68; 'KoweAAer/Zimmermann, G m b H G , 3. Aufl., § 53 Rn. 10 a. E.; in diesem Sinne auch B G H vom 29.9.1955, B G H Z 18, 205, 208: Geschäftsführertantieme gehört nur „in der Regel" rechtlich nicht zur Satzung. 1 7 5 § 54 Abs. 3 G m b H G . 176 Siehe zu dieser Problematik bereits oben sub I I a . 1 7 7 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 5 IV 3 e, S. 138 f.

498

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

das Handelsregister ein P r o z e ß zwischen den Gesellschaftern über den neuen Inhalt der Satzung vorgeschaltet wird. 1 7 8 D e n n o c h sind Ausnahmekonstellationen denkbar, in denen auch im Zusammenhang mit generellen E n t w i c k l u n g e n die Treuepflicht heranzuziehen ist, um damit eine Zustimmungspflicht zur Änderung einer Vergütungsregelung zu begründen. Dies kann nämlich dann anzunehmen sein, wenn sich nur ein Gesellschafter weigert, einer von den anderen Beteiligten vereinbarten E r h ö h u n g der Tätigkeitsvergütung zuzustimmen und der mitarbeitende Gesellschafter sein Verbleiben im U n t e r n e h m e n von einer entsprechenden Heraufsetzung der festen Bezüge abhängig macht, o b w o h l die Schwelle für einen inflationsbedingten Wegfall der Geschäftsgrundlage n o c h nicht überschritten ist. Sofern die Gesellschaft auf das weitere Bleiben des dienstleistenden Gesellschafter dringend angewiesen ist, gebietet es die Treuepflicht, einer angemessenen E r h ö h u n g zuzustimmen. 1 7 9 In dieser Konstellation ist es also letztlich nicht das mitgliedschaftliche Einzelinteresse des mitarbeitenden Gesellschafters, sondern das gemeinsame Zweckverfolgungsinteresse der Gesellschafter, 1 8 0 das den inneren Sachgrund für einen ausnahmsweisen R ü c k g r i f f auf die Treuepflicht liefert.

b) Übertragung arbeitsrechtlicher

Institute

E i n e eigenständige E r w ä h n u n g verdient die Frage, o b sich die individualarbeitsrechtlichen Institute der betrieblichen Ü b u n g und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nutzbar machen lassen, um mitarbeitenden Gesellschaftern zu einer E r h ö hung ihrer Tätigkeitsvergütung zu verhelfen. Beide A s p e k t e sind bislang lediglich im Zusammenhang mit Fremdgeschäftsführern bzw. geringfügig beteiligten G e sellschafter-Geschäftsführern einer G m b H erörtert worden.

aa) Betriebliche

Übung

Soweit es um die betriebliche Ü b u n g geht, hat der B G H eine Übertragung der maßgeblichen Grundsätze auf O r g a n e schon mehrfach bejaht. 1 8 1 D e r überwiegende Teil des Schrifttum vertritt dieselbe Auffassung, 1 8 2 während andere Autoren 178 Keine Bedenken gegen eine Anwendung der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage bei GmbH-Satzungen offenbar auch U. H. Schneider, FS Semler (1993), S. 347, 365. 179 BGH vom 10.6.1965, BGHZ 44, 40, 41 f. In diesem Sinne auch Hachenburg/Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 35 Rn. 203. Die Kritik von Ganßmüller, DB 1966, 1893, 1897 f., und Zöllner, Anpassung, S. 52 f., an dieser Fallgruppe stellt nicht hinreichend in Rechnung, daß es sich nicht um kumulative, sondern um alternative Voraussetzungen für eine Anpassung handelt. 180 Zur Differenzierung siehe Zöllner, Anpassung, S. 40 ff., 49 ff. 181 BGH vom 18.12.1954, NJW 1955, 501 (nicht abgedruckt in BGHZ 16, 50); BGH vom 17.2.1969, WM 1969, 686,688; BGH vom 3.5.1973, WM 1973, 782, 785; BGH vom 14.5.1990, LM § 35 GmbHG Nr. 23; BGH vom 19.12.1994, LM § 133 (B) BGB Nr. 38; ebenso OLG München vom 15.2.1984, WM 1984, 896, 897 f. 182 Boemke, ZfA 1998, 209, 228; Brachen, Organmitgliedschaft, S. 208; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 153; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 150, 335 (relativierend S. 353, 376); Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §35 Rn. 77 (einschränkend aber Rn. 79); Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 186; Hachenburg/Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 35 Rn. 204;

II. Anpassung

an veränderte

Rahmenbedingungen

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eine distanzierte Haltung einnehmen. Bei diesen Stimmen muß allerdings genau hingesehen werden, um die Tragweite der Aussage einschätzen zu können. Regelmäßig heißt es nämlich lediglich, daß der Geschäftsführer an einer betrieblichen Übung nicht teilnehme,183 Demgegenüber hält Nebendahl das Institut als solches für unanwendbar. 1 8 4 In diesem Kontext sind zunächst die Grundsätze in Erinnerung zu rufen, nach denen sich die prinzipielle Qualifikation des Anstellungsvertrages eines Gesellschafter-Geschäftsführers richtet. 185 Soweit ein derartiger Mitarbeiter als Arbeitnehmer eingestuft werden kann, gibt es von vornherein keine Bedenken gegen eine Heranziehung der Grundsätze über die betriebliche Übung. Umgekehrt fehlt es bei herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern an einem Anlaß für eine entsprechende Anwendung, weil ein solcher Gesellschafter selbst in der Lage ist, für eine Erhöhung der Bezüge zu sorgen. 1 8 6 Im Hinblick auf Gesellschafter-Geschäftsführer, die weder in die eine noch in die andere Rubrik fallen, kommt es maßgeblich auf den Geltungsgrund der betrieblichen Ü b u n g an. Im wesentlichen stehen sich hier die von der Rechtsprechung favorisierte Vertragstheorie und die von der überwiegenden Lehre mit größerer Überzeugungskraft verfochtene Vertrauenslehre gegenüber. 1 8 7 Sachlich entscheidend ist letztlich somit, ob der Beschäftigte darauf vertrauen kann, daß ihm eine Vergünstigung, zu der auch eine regelmäßige Gehaltserhöhung zählen kann, 1 8 8 in Zukunft weiterhin gewährt wird. Unter diesem Blickwinkel kann die grundsätzliche Möglichkeit eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes schwerlich bestritten werden. Dabei kann es freilich nur darauf ankommen, ob hinsichtlich der konkreten Person des Gesellschafter-Geschäftsführers ein solcher Tatbestand vorliegt. O b andere Beschäftigte ebenfalls in den Genuß eines Vorteils kommen, spielt für die betriebliche Ü b u n g als „Gleichbehandlung in der Zeit" keine Rolle. 1 8 9 D a s in diesem Zusammenhang mehrfach erwähnte Erfordernis eines „kollektiven B e z u g s " der betrieblichen Übung, der einer Übertragung auf den Geschäftsführer entgegenstehe, 1 9 0 vermengt betriebliche Ü b u n g und B a u m b a c h / H u e c k / Z ö / / « e r , G m b H G , 17. Aufl., § 3 5 Rn. 106 („Unternehmensüblichkeit"); zurückhaltend Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 182 f. 183 Vgl. Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 212 ff.; G. Hueck, Z f A 1985, 25, 34; Lieb/ Eckardt, D e r G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r , S. 95. 184 Nebendahl, N Z A 1992, 289, 293 f. 1 8 5 Siehe oben § 6 V 1 b aa (1) (a) (aa). 186 Zu pauschal deshalb Fleck, F S Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 215, der generell den Gedanken des Vertrauensschutzes ins Spiel bringen will; ebenso Groß, Anstellungsverhältnis, S. 353, für alle „unabhängigen Gesellschafter-Geschäftsführer mit Dienstleistungspflicht". 1 8 7 Siehe dazu mit umfassenden Nachweisen Krause, AR-Blattei S D 220.2.1 Rn. 33. 1 8 8 Vgl. B A G vom 16.9.1998, A P Nr. 54 zu § 611 B G B Betriebliche Ü b u n g , w o das Bestehen einer entsprechenden betrieblichen Ü b u n g nur in concreto, nicht aber a priori verneint wurde. 1 8 9 Siehe insoweit auch B G H vom 21.4.1975, W M 1975, 761, 763, wonach umgekehrt eine für Arbeitnehmer bestehende Ü b u n g einem Gesellschafter-Geschäftsführer für sich genommen nichts nützen soll. 190 Fleck, F S Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 212 ff.; G. Hueck, Z f A 1985, 25, 34; Lieb/Eckardt, Der G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r , S. 95; Nebendahl, N Z A 1992, 289, 292 f.; so auch Groß, Anstel-

500

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

Gleichbehandlungsgrundsatz191 und kann deshalb eine Anspruchsbegründung nicht hindern. Dasselbe gilt im Ergebnis für den weiteren Einwand von Nebendahl, daß die Treuepflicht im Verhältnis zwischen GmbH und Geschäftsführer weniger stark ausgeprägt sei als die Treuepflicht in einem Arbeitsverhältnis.192 Dies ist für sich genommen bereits zweifelhaft193 und läßt im übrigen den Gesellschafter-Geschäftsführer unberücksichtigt. Darüber hinaus ist der Sinn dieses Gedankens nicht recht zu erkennen, weil die betriebliche Übung, wie Nebendabi selber darlegt,194 auf Vertrauensaspekten und nicht auf der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers beruht. Entscheidend ist letztlich, daß die betriebliche Übung letztlich kein spezifisch arbeitsrechtliches Institut darstellt, sondern es sich lediglich um einen Anwendungsfall allgemeiner schuldrechtlicher Grundsätze handelt.195 Zutreffend ist demgegenüber der Hinweis, daß es bei Geschäftsführern (auch unterhalb der Schwelle der Mehrheitsherrschaft) vielfach an den vertrauensbegründenden Elementen fehlen wird und somit aus diesem Grunde ein Anspruch auf eine Anhebung der Bezüge zumeist ausscheiden wird. 196 Sofern sich eine regelmäßige Gehaltsanpassung aber eingebürgert hat, steht einem Anspruch des Gesellschafter-Geschäftsführers auf Fortsetzung dieser Praxis nichts im Wege. Für Personengesellschafter gelten dieselben Maßstäbe. Wenn also beispielsweise die Gesellschafterversammlung die Vergütung eines Komplementärs ohne Kapitalanteil in der Vergangenheit immer wieder an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepaßt hat, ist dem betroffenen Gesellschafter ein Anspruch auf Anpassung zuzubilligen.197 bb)

Gleichbehandlungsgrundsatz

Im Hinblick auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz befürwortet der B G H dessen Anwendung und hält in Abkehr von einer früheren Judikatur 198 sogar eine Pflicht zur Gleichbehandlung von Fremdgeschäftsführern bzw. geringfügig beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern mit leitenden Angestellten für möglich. 199 Dies wird von einer zunehmenden Ansicht im Schrifttum unlungsverhältnis, S. 353, obwohl kurz zuvor (S. 335) die Anwendbarkeit der betrieblichen Übung auf „Arbeitnehmer-Geschäftsführer" einschränkungslos bejaht wurde. 191 Insoweit undeutlich auch B G H vom 18.12.1954, NJW 1955, 501; B G H vom 17.2.1969, WM 1969,686,688. 192 NZA 1992, 289,293. 193 Gegenteilige Wertung bei Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 219, im Zusammenhang mit der Reduktion der Gehaltsansprüche von Organmitgliedern. 194 NZA 1992, 289,290. 195 Ebenso Boemke, ZfA 1998, 209, 228 (auf dem Boden der Vertragstheorie); Groß, Anstellungsverhältnis, S. 150. 196 Nebendahl, NZA 1992, 289, 293; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 182 f. 197 In diesem Sinne für OHG-Gesellschafter auch Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., §114 Rn. 25. 198 B G H vom 18.12.1954, N J W 1955, 501; B G H vom 17.2.1969, WM 1969, 686, 688; B G H vom 8.3.1973, WM 1973, 506; B G H vom 28.9.1981, WM 1981,1344,1347. 199 B G H vom 14.5.1990, LM § 35 G m b H G Nr. 23

II. Anpassung

an veränderte

Rahmenbedingungen

501

terstützt, 2 0 0 während andere Stimmen die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes pauschal ablehnen 201 oder zumindest eine Vergleichbarkeit mit leitenden Angestellten generell verneinen 2 0 2 . Konzentriert man sich auf die hier allein interessierenden mitarbeitenden Gesellschafter, so zeigt sich, daß eine Gleichbehandlungspflicht innerhalb dieser Personengruppe bereits aus dem mitgliedschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatz 2 0 3 erwächst. Wenn also der herrschende Gesellschafter mit seiner Stimmenmehrheit die Tätigkeitsvergütungen mehrerer Gesellschafter-Geschäftsführer erhöht, darf er hierbei nicht einen Gesellschafter-Geschäftsführer ohne sachlichen Grund aussparen. Das eigentliche Problem besteht deshalb darin, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer auch die Gleichbehandlung mit reinen Fremdgeschäftsführern oder gar mit leitenden Angestellten verlangen kann. Soweit Geschäftsführern die Arbeitnehmereigenschaft zukommt, 2 0 4 bestehen von vornherein jedenfalls keine grundsätzlichen Hindernisse. Führt man den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auf den Gedanken der Machtkorrektur zurück, so gibt es aber auch bei einer in der Statusfrage abweichenden Sichtweise keinen Grund, eine entsprechende Anwendung prinzipiell auszuschließen. 2 0 5 Entscheidend ist daher zum einen, daß eine Situation vorliegt, in der ein Gesellschafter-Geschäftsführer der Maßnahme eines anderen ausgesetzt ist. Daran fehlt es, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer die fragliche Regel selbst aufgestellt 2 0 6 oder zumindest an ihrer Entstehung mitgewirkt hat. Zum anderen kommt es insbesondere hinsichtlich eines Vergleichs mit leitenden Angestellten darauf an, ob sich ein Gesellschafter-Geschäftsführer trotz seiner formalen Geschäftsführerstellung letztlich in derselben Lage wie dieser Personenkreis befindet. Allerdings werden bei der Erhöhung der Bezüge dieser Mitarbeiter zumeist individuelle Aspekte im Vordergrund stehen. Immerhin ist denkbar, aus einzelfallbezogenen Aufstockungen eine lineare Komponente herauszufiltern, die verallgemeinert werden kann. 2 0 7 Vergleichbare Grundsätze gelten für Personengesellschafter. Insbesondere kann ein Komplementär ohne Kapitalanteil, der im wesentlichen wie ein Angestellter behandelt wird, eine

200 Bauder, B B 1993, 369, 371; Boemke, Z f A 1998, 209, 227; Gissel, A r b e i t n e h m e r s c h u t z , S. 128 f.; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 334 f. (relativierend S. 353, 376); Henssler, R d A 1992, 299 f.; Heyll, A n w e n d u n g von Arbeitsrecht, S. 269 ff.; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. A u f l . , § 112 R n . 12, S. 1138; H a c h e n b u r g / S t « ' » , G m b H G , 8. A u f l . , § 3 5 R n . 204; grds. auch Brachert, O r g a n m i t g l i e d s c h a f t , S. 208 f. 201 G. Hueck, Z f A 1985, 25, 34; Lieb/Eckardt, Der G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r , S. 95 f. 202 Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 212 ff.; Baumbach/Hueck/Zö/faer, G m b H G , § 35 Rn. 106. 2 0 3 Siehe oben § 8 I 1 b cc. 204 Siehe dazu oben § 6 IV 3 a, b bb, V 1 b aa (1) (a) (aa) u. bb. 205 Henssler, R d A 1992, 289, 300. 2 0 6 In diesem Sinne f ü r das Vorstandsmitglied einer A G bereits R G v o m 18.7.1942, R G Z 169, 300, 303; ebenso Gissel, A r b e i t n e h m e r s c h u t z , S. 128. 2 0 7 Vgl. B A G v o m 15.11.1994, A P Nr. 121 zu § 2 4 2 B G B G l e i c h b e h a n d l u n g (unter I 1 a) m.w.N.

502

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

Gleichbehandlung verlangen, wenn die Gesellschafterversammlung beschließt, die Gehälter aller übrigen Beschäftigten zu erhöhen.

2. Mehrarbeit Eine weitere wichtige Fallgruppe bilden diejenigen Konstellationen, in denen ein Gesellschafter in erheblichem höheren Maße mitarbeitet als dies zum Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung bzw. des Beitritts absehbar war. Die Ursache dieser zusätzlichen Belastung kann etwa im vorübergehenden Ausfall eines Mitgesellschafters infolge einer Krankheit oder eines Unfalls, aber auch in dessen dauerndem Rückzug aus Altersgründen liegen. Im Grundsatz lassen sich insoweit zwei Konstellationen unterscheiden: Zum einen kann die Mehrarbeit einen Gesellschafter treffen, dem bereits eine Tätigkeitsvergütung zugesagt war, so daß deren Erhöhung in Frage steht. Denkbar ist zum anderen aber auch, daß zwischen den verschiedenen Gesellschaftern nachträglich eine ungleiche Verteilung der Arbeitslast eintritt und es nunmehr darum geht, ob dem aktiv tätigen Beteiligten erstmals ein Anspruch auf eine Sondervergütung zusteht. Die Rechtsprechung hat in den einschlägigen Fällen im allgemeinen eine eher restriktive Tendenz verfolgt. Solange es sich um eine vorübergehende Mehrbelastung handelt, soll der Gesellschafter insbesondere in Familiengesellschaften zu einer solchen Tätigkeit verpflichtet sein, ohne dafür ein spezielles Entgelt verlangen zu können. 2 0 8 Dies ergebe sich letztlich aus der gesellschaftlichen Treuepflicht, so daß diese Pflicht gegebenenfalls zweimal zum Tragen kommt, indem sie erstens dem Gesellschafter gebietet, überhaupt Mehrarbeit zu leisten, 209 und zweitens eine Entschädigungslosigkeit dieser zusätzlichen Tätigkeit vorschreibt. Ferner soll die zeitweise alleinige Besorgung der Geschäfte jedenfalls bei einer Familiengesellschaft auch dann nicht zu einer stillschweigenden Abrede führen, wenn ein anderer Gesellschafter in dieser Zeit seiner an sich bestehenden Dienstpflicht aus welchen Gründen auch immer nicht nachkommt. 2 1 0 Dieselbe Ansicht hat das R O H G auch für eine sonstige Gesellschaft vertreten und den aktiven Gesellschafter im Falle einer pflichtwidrigen Unterlassung seitens des anderen Beteiligten statt dessen auf die Einstellung einer Ersatzkraft und die Geltendmachung der dafür aufzuwendenden Kosten im Wege des Schadensersatzes verwiesen. 211 Eine vergleichbare Betrachtungsweise läßt die steuerrechtliche Judikatur jedenfalls für geschäftsleitende Gesellschafter erkennen, wenn sie bei Gesell-

208 Vgl. RG vom 6.12.1935, HRR 1936 Nr. 611; BGH vom 21.5.1955, BGHZ 17, 299, 302; OLG Düsseldorf vom 26.4.1956, NJW 1956,1802, 1803; BGH vom 6.10.1964, VersR 1964,1243, 1244; ebenso Löffler/Glaser, DB 1958, 759. 209 Siehe oben sub § 8 I 1 b bb. 210 RG vom 6.12.1935, HRR 1936, Nr. 611 (nach dem mitgeteilten Sachverhalt immerhin mehrere Jahre); BGH vom 21.5.1955, BGHZ 17, 299, 301 f.; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 1 1 0 R n . 19. 211 ROHG vom 13.1.1872, ROHGE 4, 378, 380 f.

II. Anpassung

an veränderte

Rahmenbedingungen

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schafter-Geschäftsführern einer G m b H Uberstundenvergütungen zumindest grundsätzlich nicht akzeptiert, sondern als verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG wertet, weil von diesen Personen eine Bewältigung der jeweils anfallenden Arbeiten im Rahmen der ursprünglich vereinbarten finanziellen Ausstattung erwartet werde. 2 1 2 Bei offenbar auf Dauer angelegten Änderungen in der Arbeitsverteilung hat die Rechtsprechung zwar immer wieder die grundsätzliche Möglichkeit erwähnt, daß die Treuepflicht den widerstrebenden Gesellschaftern gebieten kann, einer entsprechenden Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. 2 1 3 In concreto ist es aber soweit ersichtlich in keinem Fall zu einer auf diesen rechtlichen Aspekt gestützten Begründung bzw. Erhöhung einer Tätigkeitsvergütung gekommen. Das Schrifttum verfährt in dieser Frage zum Teil großzügiger und bejaht sowohl die erstmalige Festsetzung eines Entgelts 214 als auch die Aufstockung einer zugesagten Vergütung 2 1 5 , wenn sich das Arbeitsfeld eines mitarbeitenden Gesellschafters infolge des Wegfalls der Arbeitskraft eines anderen Beteiligten - dauerhaft oder doch jedenfalls für einen nicht ganz kurzen Zeitraum - erheblich vergrößert. Hierzu wird ein bunter Strauß von Begründungen präsentiert, zu denen der mutmaßliche Wille der Parteien, 2 1 6 die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (nunmehr § 3 1 3 BGB), 2 1 7 die Treuepflicht 2 1 8 wie auch eine Kombination von Treuepflicht und geänderter Geschäftsgrundlage 2 1 9 gehören. Wer ohnehin für eine großzügige Anpassung fester Tätigkeitsvergütungen an veränderte Umstände plädiert, 2 2 0 muß bei diesen Gestaltungen folgerichtig erst recht eine Erhöhung bejahen. In der Sache überzeugt es meisten, entsprechend den - freilich nicht immer deutlich erkennbaren - Markierungen von Judikatur und Schrifttum zwischen entschädigungslosen vorübergehenden und ausgleichspflichtigen dauerhaften Mehrbelastungen zu unterscheiden. Es ließe sich insoweit daran denken, die Grenze mit dem noch zu schildernden 2 2 1 Zeitraum zu harmonisieren, den ein 2 1 2 B F H v o m 19.3.1997, BStBl. II 1997, 577, 578 f.; ferner FG N ü r n b e r g vom 21.7.1998, D B 1998, 2344; bestätigt durch B F H vom 27.3.2001, D B 2 0 0 1 , 1 7 5 2 ff.; krit. Schön, F G Flume (1998), S. 265, 289 f. 2 1 3 Vgl. B G H vom 7.2.1974, W M 1974, 375, 376; B G H v o m 15.6.1978, W M 1978, 1230, 1231. 214 R. Fischer, N J W 1959, 1057, 1063; Ganßmüller, T ä t i g k e i t s v e r g ü t u n g , R n . 55 f.; A. Hueck, O H G , § 10 VII 10, S. 156; S c h l e g e l b e r g e r / M a r i r a s , H G B , § 114 R n . 23. 215 Ganßmüller, T ä t i g k e i t s v e r g ü t u n g , R n . 55 f.; Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. A u f l . , 2. Teil, E R n . 43; S c h l e g e l b e r g e r / M a r t e n s , H G B , 5. A u f l . , § 114 R n . 2 5 ; M ü n c h K o m m B G B m i m e r , 3. A u f l . , § 705 R n . 193, § 709 R n . 35. 216 Ganßmüller, T ä t i g k e i t s v e r g ü t u n g , R n . 54 a. E.; A. Hueck, O H G , 4. A u f l . , § 10 VII 10, S. 156. 2 1 7 Schlegelberger/Martens, H G B , 5. A u f l . , § 114 R n . 23 (neben der e r g ä n z e n d e n Vertragsauslegung). 218 Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. A u f l . , 2. Teil, E R n . 43. 2 1 9 M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. A u f l . , § 7 0 5 Rn. 193, § 7 0 9 R n . 35; ders., in: G r o ß k o m m . H G B , 4. A u f l . , § 1 1 4 R n . 47. 2 2 0 So e t w a SoergeU Hadding, B G B , 12. A u f l . , § 713 R n . 15. 2 2 1 Siehe unten sub III 1 c bb.

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§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

mitarbeitender Gesellschafter ausfallen kann, ohne daß er des Anspruchs auf seine eigene Tätigkeitsvergütung verlustig geht. 2 2 2 Hierdurch würden aber zwei Regelungsprobleme miteinander vermengt werden. Während es sich bei der Frage, wie lange die Bezüge eines Gesellschafters fortgezahlt werden, der infolge einer Krankheit oder eines Unfalls nicht arbeiten kann, um ein Problem des Sozialschutzes handelt, geht es im Hinblick auf die Vergütung für eine Mehrarbeit darum, von welchem Zeitpunkt an die anfängliche Vereinbarung bzw. die gesellschaftliche Treuepflicht nicht mehr ausreicht, die Entschädigungslosigkeit einer zusätzlichen Belastung hinzunehmen. Dabei ist nicht zuletzt deshalb ein großzügigerer Maßstab anzulegen, weil der Gesellschaftsvertrag anders als ein reiner Austauschvertrag die Kräfte der Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel bündeln soll und der Rechtsbeziehung daher eine gewisse wechselseitige Einstandspflicht bei Störungen immanent ist. Dabei mag als Richtwert ein Zeitraum von sechs Monaten angenommen werden. 2 2 3 Bei einer derart umfangreichen nachträglichen Lastenverschiebung kann ein Festhalten am ursprünglichen vermögensrechtlichen Status nämlich nicht mehr damit begründet werden, daß sich die Parteien auf eine bestimmte monetäre Bewertung der Faktoren Kapital und Arbeit geeinigt hätten, die nicht durchkreuzt werden dürfe. Zweifelhaft ist allerdings, ob der dogmatische Anknüpfungspunkt eher in einer ergänzenden Vertragsauslegung oder in der auf die Zustimmung zu einer Änderung der vertraglichen Grundlagen gerichteten Treuepflicht zu sehen ist. Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine bloße façon de parier. In materieller Hinsicht kann durch eine ergänzende Auslegung nämlich eine Anpassung auf mittlerem Niveau erreicht werden, während sich eine qua Treuepflicht induzierte Vertragsänderung stets nur auf ein Minimum an Veränderungen zu beschränken hat. 2 2 4 Verfahrensrechtlich führt eine ergänzende Auslegung zu einer automatischen Geltung des neuen Vertragsinhalts, während der Treuepflichtgedanke grundsätzlich im Wege einer Klage auf Zustimmung zu einer bestimmten Vertragsänderung verwirklicht werden muß und lediglich bei Publikumsgesellschaften eine treuwidrige Verweigerung der Zustimmung als unbeachtlich angesehen wird 2 2 5 . Indes empfiehlt sich insoweit nicht ein striktes „Entweder - oder", sondern eine Differenzierung nach den eingangs genannten beiden möglichen Konstellationen: Wenn die Parteien eine Tätigkeitsvergütung vereinbart haben, kann davon ausgegangen werden, daß dieses Entgelt eine Gegenleistung für die ursprünglich zu erbringenden Dienste sein sollte. Bei einer dauerhaften erheblichen Vermehrung der Mitarbeit kann folglich ein mutmaßlicher Wille der Beteiligten angenommen werden, dem mitarbeitenden Gesellschafter entsprechend dem vergrößerten Arbeitsvolumen eine höheres Gehalt zuzubilligen. Fehlt es dagegen von vornherein an einer Vergütungszusage, sollte die Tätigkeit offenbar nicht ei222 223 224 225

In diesem Sinne Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 56. Vgl. Löffler/Glaser, D B 1958, 759 Fn. 11. Vgl. Zöllner, Anpassung, S. 36. Siehe dazu bereits oben sub 1 a.

II. Anpassung an veränderte

Rahmenbedingungen

505

genständig entlohnt werden, so daß bei einer nachträglichen Mehrarbeit weder ein Parteiwille zugunsten der Festsetzung eines Entgelts noch ein hinreichend k o n k r e t e r Maßstab bejaht werden kann. In diesem Fall kann nur auf die Treuepflicht zurückgegriffen werden, die bei einem völlig unerträglichen Mißverhältnis zwischen zusätzlicher Arbeit und Gewinnbeteiligung eine Änderung der vertraglichen Grundlagen gebietet, hierbei aber lediglich eine Mindestvergütung vorschreibt. I m übrigen scheidet eine (weitere) Anpassung in beiden genannten Konstellationen aus, wenn die Parteien die geänderten U m s t ä n d e bereits z u m Anlaß für eine Veränderung des vermögensrechtlichen Status g e n o m m e n und etwa eine Modifikation des Gewinnverteilungsschlüssels vereinbart h a b e n . 2 2 6

3. Marktverhalten

des

Unternehmens

Von zunehmenden Interesse ist die Frage, welchen Einfluß der wirtschaftliche E r f o l g bzw. M i ß e r f o l g eines U n t e r n e h m e n s auf die B e z ü g e mitarbeitender G e sellschafter hat. D i e s e r Aspekt geht in den bisher erörterten Fallgruppen nicht auf, weil es ohne weiteres v o r k o m m e n kann, daß eine nominale Gewinnsteigerung den Geldwertverlust weit hinter sich läßt und auch nicht durch eine Mehrarbeit der Gesellschafter erkauft, sondern durch Neueinstellungen von A r b e i t n e h mern bewerkstelligt wird. Somit kann zumindest prima facie die Situation eintreten, daß der M a r k t e r f o l g eines U n t e r n e h m e n s an einem Gesellschafter, dessen Dienste durch eine feste Tätigkeitsvergütung entgolten werden und der nur in geringem M a ß e am G e w i n n partizipiert, großenteils vorbeizieht, während seine Mitgesellschafter exorbitante G e w i n n e einstreichen. E s stellt sich daher die Frage nach etwaigen Anpassungsmechanismen. Entsprechendes gilt vice versa bei wirtschaftlichen Krisen.

a) Erhöhung bei wirtschaftlichem

Erfolg

Soweit ersichtlich existieren keine speziellen Darlegungen zu dieser Problematik, weil man zumeist offenbar davon ausgeht, daß ein mitarbeitender Gesellschafter qua Gewinnbeteiligung automatisch in den G e n u ß einer verbesserten M a r k t s i tuation der Gesellschaft k o m m t . Wenn die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages dies nicht hergibt, m u ß indes nach anderen Wegen gesucht werden. D a b e i bieten sich nur die bereits genannten Anpassungsinstrumente an. 2 2 7 M i t den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage ( § 3 1 3 B G B ) k o m m t man dann weiter, wenn die Beteiligten nachweislich von einem bestimmten Marktverhalten der Gesellschaft ausgingen und das Gehalt eines Gesellschafters mit R ü c k s i c h t darauf festgesetzt haben. H a b e n sich die Vertragsparteien bei der Entgelthöhe eher an vergleichbaren E i n k o m m e n von angestellten Geschäftsführern bzw. A r b e i t n e h m e r n orientiert, bleibt diese Rechtsfigur indes unbehelflich, 226

Siehe B G H vom 7.2.1974, W M 1974, 375, 376; B G H vom 15.6.1978, W M 1978, 1230,

1231. 227

Siehe oben sub II vor 1.

506

§ 9 Entgeltrecbtliche

Fragen

weil auch enorm gesteigerte Gewinne der Mitgesellschafter bei gleichbleibender Geldwertstabilität nichts daran ändern, daß die Tätigkeit im Vergleich zur allgemeinen Entwicklung für sich genommen weiterhin nicht unangemessen vergütet wird. Mithin kommt lediglich ein Rekurs auf die gesellschaftliche Treuepflicht in Betracht. Entsprechend den früheren Überlegungen 2 2 8 wird man eine Zustimmungspflicht zur Vertragsanpassung wiederum in zwei Gestaltungen anzunehmen haben: Zum einen geht es um den bereits erwähnten 2 2 9 Fall, daß mehrere Personengesellschafter eine angemessene Erhöhung der Tätigkeitsvergütung des dienstleistenden Gesellschafters beschlossen haben und sich lediglich ein Beteiligter, auf dessen Zustimmung es ankommt, dieser Maßnahme trotz eines der G e sellschaft drohenden Schadens verweigert. Zum zweiten ist eine Zustimmungspflicht dann zu bejahen, wenn infolge der veränderten Marktlage der Gesellschaft ein evidentes Mißverhältnis zwischen den Bezügen der Gesellschafter eintritt. Die Festvergütung wird in diesem Falle somit nicht am Verlauf - absoluter - externer Entwicklungen (Kaufkraftverlust, generelle Entgeltsteigerungen) gemessen, sondern auf ihre - relative - Angemessenheit im Innenverhältnis der Gesellschafter überprüft. Die Treuepflicht gebietet es in einer solchen Konstellation, daß eine unvorhergesehene Verbesserung der Ertragslage nicht nur den Gesellschaftern zugute kommen darf, die zufälligerweise einen variablen vermögensrechtlichen Status innehaben. Es ist freilich nicht zu übersehen, daß eine Vertragsänderung hierbei nicht dem Gesellschaftsinteresse als solchem, sondern dem Interesse des mitarbeitenden Gesellschafters dient. Dieser Umstand stellt jedoch kein unüberwindliches Hindernis dar. Eine aus der Treuepflicht abgeleitete Zustimmungspflicht kann nämlich auch dann bestehen, wenn es um die Wahrung mitgliedschaftlicher Einzelinteressen geht. 2 3 0 Dies betrifft primär Tätigkeitsvergütungen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage. Soweit ein Entgelt eine schuldrechtliche Basis hat, die Mitarbeit selber aber in den gesellschaftsvertraglichen Rahmen eingebunden ist, wird man dasselbe anzunehmen haben. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer, der kein satzungsmäßiges Recht auf die Ausübung des Geschäftsführeramtes hat, ist eine solche Argumentation aber problematisch. In einem solchen Falle handelt es sich bei den Bedingungen des Anstellungsvertrages nämlich nicht um die Abrundung mitgliedschaftlicher, sondern organschaftlicher Befugnisse. Deshalb kann ein Anspruch auf eine Verbesserung der Anstellungsbedingungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer derartigen Konstellation grundsätzlich nur auf die organschaftliche Fürsorgepflicht der G m b H 2 3 1 , nicht aber auf die Treuepflicht der Mitgesellschafter geVgl. oben sub 1 a u. 2. Siehe oben sub a. 230 Zöllner, Anpassung, S. 49 ff. (Personengesellschaften); zust. M. Winter, Treubindungen, S. 182 f. (GmbH). 2 3 1 Zur Fürsorgepflicht der G m b H gegenüber dem Geschäftsführer siehe etwa Lutter/Hom228

229

II. Anpassung

an veränderte

Rahmenbedingungen

507

stützt werden. Eine außergewöhnliche Steigerung des Gesellschaftsgewinns rechtfertigt indes lediglich eine Anpassung der vermögensrechtlichen Beziehungen des mitarbeitenden Gesellschafter-Geschäftsführers in seiner Eigenschaft als Mitglied und nicht in seiner Stellung als Organ. Obgleich die h. M. in dieser Frage offenbar einen gegenteiligen Standpunkt einnimmt, 232 ist eine Auswirkung der gesellschaftlichen Treuepflicht zugunsten einer Erweiterung von Rechten, 233 die einem Gesellschafter aus Drittbeziehungen zustehen, abzulehnen. 234 So kann ein Gesellschafter, der mit der GmbH einen separaten Kaufvertrag geschlossen hat, auch nicht einfach unter Berufung auf eine Steigerung des Gesellschaftsgewinns eine Erhöhung des Kaufpreises verlangen. Mithin kann in dieser Gestaltung im allgemeinen nur auf die organschaftliche Fürsorgepflicht der GmbH zurückgegriffen werden. Die Fürsorgepflicht wird indes überdehnt, wenn man ihr entnehmen wollte, daß ein Geschäftsführer allein deshalb einen Anspruch auf eine Anhebung seiner Festbezüge hat, weil die GmbH einen außergewöhnlichen Markterfolg verbuchen kann. Bei einer abweichenden Sichtweise müßte man konsequenterweise auch sämtlichen Arbeitnehmern einen Anspruch auf „Nachbesserung" des Entgelts einräumen. Eine solche Auffassung wird indes soweit ersichtlich nicht vertreten. Die Fürsorgepflicht der G m b H gegenüber ihren abhängig Beschäftigten kann aber schwerlich erheblich schwächer ausgeprägt sein als gegenüber ihrem - regelmäßig selbständig agierenden - Organmitglied. Eine Ausnahme ist nur für den Fall anzuerkennen, daß ein Gesellschafter bei der Festlegung seiner schuldrechtlichen Bezüge im Einvernehmen mit den anderen Beteiligten besondere Rücksicht auf die Gesellschaft genommen und etwa zur Erleichterung einer Neugründung eine unter dem marktüblichen Niveau liegende Vergütung hingenommen hat, ohne dazu durch seine eigene Treuepflicht gezwungen zu sein. Hier ist es gerechtfertigt, die gesellschaftliche Treuepflicht der Mitgesellschafter auf die Entgeltbedingungen im Anstellungsvertrag bzw. in einem sonstigen tätigkeitsbezogenen Drittvertrag zu erstrecken.

melhoff, G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 28; Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 5 Rn. 196; B a u m b a c h / H u e c k / Z ö l l n e r , G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 25. 232 Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 35 Rn. 86; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 34; Hachenburg/Stora, G m b H G , 8. Aufl., § 3 5 Rn. 203; Baumbach/ H u e c k / Z ö l l n e r , G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 101. 2 3 3 Diese Fallgruppe ist streng von der Frage einer Verkürzung von Rechten eines Gesellschafters aus Drittbeziehungen zu unterscheiden; siehe dazu unten sub b aa. 2 3 4 In einem vergleichbaren Sinne auch Scholz/ U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 5 Rn. 190, indem er bei einer mitgliedschaftlichen Tätigkeit auf die zum Personengesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze verweist, während er im übrigen nur die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage für anwendbar hält (scheinbar anders aber ders., FS Semler (1993), S. 347, 365 f.).

508 b) Ermäßigung

§ 9 Entgeltrechtliche

der Vergütung

aa) Gescbäftsleitend

tätige

bei

Fragen

Krisen

Gesellschafter

Eine Reduktion der Zuwendungen an mitarbeitende Gesellschafter bei einer schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens wird bislang vor allem im Kapitalgesellschaftsrecht erörtert. Zudem erfolgt die Diskussion zumeist unter dem Blickwinkel der Stellung eines Mitarbeiters als Organ und weniger derjenigen als Gesellschafter. Für Vorstandsmitglieder einer A G sieht § 87 Abs. 2 A k t G ausdrücklich vor, daß der Aufsichtsrat bei einer wesentlichen Verschlechterung in den Verhältnissen der Gesellschaft zu einer angemessenen Herabsetzung der Bezüge berechtigt ist, wenn die unveränderte Weitergewährung eine schwere Unbilligkeit für die Gesellschaft bedeuten würde. Die Vorschrift wird als Ausdruck der organschaftlichen Treuepflicht des Vorstandsmitglieds gegenüber der A G gedeutet. 235 Auf eine mitgliedschaftliche Beteiligung des Vorstandsmitglieds an der Gesellschaft kommt es danach nicht an. Die soweit ersichtlich einzige Entscheidung zu dieser N o r m 2 3 6 sowie das einschlägige Schrifttum 2 3 7 lassen entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift ein restriktives Verständnis der Kürzungsbefugnis erkennen. Dabei hält man es zum Teil für möglich, daß sich die Unbilligkeit für die Gesellschaft aus einer Gefährdung von Arbeitnehmerbelangen ergibt. 238 Zwar geht es in diesem Zusammenhang lediglich um die Konkretisierung der Voraussetzungen für eine Kürzung überhöhter Bezüge und nicht um Maßstäbe für das unternehmensleitende Handeln. Gleichwohl impliziert diese Aussage bemerkenswerterweise, daß zur Gesellschaftssphäre, auf die das Organ Rücksicht zu nehmen hat, nicht nur die Gruppe der Anteilseigner bzw. - nach dem shareholder value-Konzept - der einzelne Investor, 2 3 9 sondern auch die Belegschaft als die wichtigste Gruppe der (sonstigen) stakeholder zählt. In der schon seit langem diskutierten Grundsatzfrage, welchen Interessen die Korporation zu dienen hat, 2 4 0 kommt damit ein die Arbeitnehmer einbeziehender Ansatz zum Ausdruck, der auch in neuerer Zeit immer wieder Unterstützung findet 2 4 1 . Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 87 Rn. 12. L G Duisburg vom 20.11.1970, B B 1971, 145. 237 Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 87 Rn. 12; Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 87 Rn. 6; Mertens, in: KölnerKomm z. AktG, 2. Aufl., § 87 Rn. 10. 238 Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 87 Rn. 12. 2 3 9 Zum Unterschied zwischen verbandsrechtlichem Ansatz und nur vor dem Hintergrund der Orientierung am optimalen Portfolio des einzelnen Anlegers erklärlichen shareholder valueAnsatz eingehend Mülbert, Z G R 1997, 129,131 ff. 2 4 0 Grdl. einerseits Berle, Harv. L. Rev. 44 (1931), 1049 ff., und andererseits Dodd, Harv. L. Rev. 45 (1932), 1144 ff., mit Replik von Berle, Harv. L. Rev. 45 (1932), 1365 ff. Aus jüngerer Zeit prägnant Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 35 ff. 2 4 1 Siehe hierzu das Grünbuch der Kommission „Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung von Unternehmen", K O M (2001) 366 endg. vom 18.7.2001, Nr. 35 ff., 74. In diesem Sinne auch ein Teil der seit kurzem von verschiedenen Stellen erarbeiteten Corporate Governance-Grundsätze; vgl. OECD-Principles on Corporate Governance (unter III), Mai 235

236

II. Anpassung

an veränderte

Rahmenbedingungen

509

I m V o r d e r g r u n d d e r D e b a t t e steht f r e i l i c h d i e G m b H . H i e r s e h e n d e r B G H 2 4 2 u n d d i e h e r r s c h e n d e L e h r e 2 4 3 e b e n f a l l s in der o r g a n s c h a f t l i c h e n T r e u e p f l i c h t d e n r e c h t l i c h e n A n k n ü p f u n g s p u n k t f ü r eine V e r p f l i c h t u n g des G e s c h ä f t s f ü h r e r s , einer A b s e n k u n g seiner V e r g ü t u n g in K r i s e n s i t u a t i o n e n a u c h d a n n z u z u s t i m m e n , w e n n es an e i n e r v e r t r a g l i c h e n A n p a s s u n g s k l a u s e l fehlt. 2 4 4 D a b e i w i l l der B G H keinen Unterschied zwischen Fremdgeschäftsführern und Gesellschafter-Ges c h ä f t s f ü h r e r n m a c h e n . 2 4 5 Teile d e r L i t e r a t u r v e r t r e t e n a u g e n s c h e i n l i c h d i e s e l b e A n s i c h t . 2 4 6 D e m g e g e n ü b e r l e u c h t e t es m e h r ein, z w i s c h e n b e i d e n A r t e n v o n G e schäftsführern zu differenzieren.247 Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegen n ä m l i c h n i c h t n u r d e r j e n i g e n T r e u e p f l i c h t , die a u s i h r e r O r g a n s t e l l u n g r e s u l t i e r t u n d i h r e n G r u n d in d e n B e f u g n i s s e n f i n d e t , auf d i e G e s c h i c k e der G e s e l l s c h a f t einwirken zu können,248 sondern auch der Treuepflicht zur G m b H sowie gegenü b e r d e n M i t g e s e l l s c h a f t e r n , die sich a u s d e m G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e r g i b t 2 4 9 . D i e K u m u l a t i o n d i e s e r P f l i c h t e n gebietet g r u n d s ä t z l i c h eine i m V e r g l e i c h z u e i n e m F r e m d g e s c h ä f t s f ü h r e r s t ä r k e r e R ü c k s i c h t n a h m e seitens eines G e s e l l s c h a f t e r - G e s c h ä f t s f ü h r e r s , s o w e i t es u m die H e r a b s e t z u n g seines E n t g e l t s in K r i s e n s i t u a t i o n e n geht. F a l l s d i e W a h r n e h m u n g des G e s c h ä f t s f ü h r e r a m t e s als N e b e n l e i 1999, abgedruckt bei Seibert, AG 1999, 337, 340 ff.; „Berliner Initiativkreis", German Code of Corporate Governance (unter I 2 u. 3), Juni 2000, DB 2000, 1573 ff.; keine Erwähnung sonstiger Bezugsgruppen dagegen in „Grundsatzkommission Corporate Governance", Code of Best Practice, Januar 2000, DB 2000, 238 ff.; Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance (2001); Deutscher Corporate Governance Kodex vom 26.2.2002 (unter 4.1.1), ZIP 2002, 452 ff.; ebenso der für die Notierung an der Londoner Börse maßgebliche Combined Code - Principles of Good Governance and Code of Best Practice, Mai 2000; abrufbar unter www.ecgi.org.; anders dagegen - wenn auch mit zurückhaltender Tendenz - EADS (European Association of Securities Dealers) Corporate Governance Principles and Recommendations, Preamble, S. 2, Mai 2000, abrufbar unter www.ecgi.org. Befürwortend ferner sec. 309 des englischen Companies Act 1985. 242 BGH vom 15.6.1992, NJW 1992, 2894, 2896. 243 Huffmann, Kontrolle, S. 178; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §35 Rn. 86; Scholz/t/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 35 Rn. 191; Hachenburg/Sto«, GmbHG, 8. Aufl., § 35 Rn. 200; Baumbach/Hueck/Zö/foer, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 101; wohl auch Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 219. 244 Anders Hachenburg/Mertens, GmbHG, 7. Aufl., § 35 Rn. 117, dessen Ableitung des Kürzungsrechts aus dem Fortfall der Geschäftsgrundlage jedoch nicht überzeugt, weil es entgegen dem von Mertens erweckten Eindruck keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz gibt, nach dem das Entgelt in Dauerschuldverhältnissen abzusenken ist, wenn der Vertragspartner in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Gänzlich abl. für den „abhängigen" Geschäftsführer Miller, in: MeyerLandrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§ 35-38 Rn. 172. 245 BGH vom 15.6.1992, NJW 1992, 2894, 2896. 246 Bauder, BB 1993, 369; Rowedder /Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 35 Rn. 86; Lutter/ Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 34a; Scholz/i/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., §35 Rn. 191; Hachenburg/Stott, GmbHG, 8. Aufl., §35 Rn.200; Baumbach/Hueck/Zö7/izer, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 101. 247 So auch Roth, Anm. zu BGH, LM § 265 ZPO Nr. 27 (unter 2 b); ansatzweise ferner OLG Hamm vom 19.11.1991, GmbHR 1992, 607, 608. 248 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 10; Baumbach/Hueck/ Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 20. 249 Siehe nur Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 13 Rn. 21 m.w.N.

510

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

stungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G satzungsrechtlich verankert ist und die Bezüge ausnahmsweise einen echten Bestandteil des Gesellschaftsvertrages bilden, wirkt sich die Treuepflicht somit im Sinne einer Pflicht aus, einer entsprechenden Änderung der Satzung zuzustimmen. 2 5 0 Das Belastungsverbot des § 53 Abs. 3 G m b H G erfaßt zwar grundsätzlich auch die von der Verkürzung allgemeiner Mitgliedschaftsrechte 2 5 1 zu unterscheidende Minderung des Entgelts für Nebenleistungen. 2 5 2 Die Treuepflicht vermag das Fehlen der an sich erforderlichen Zustimmung aber zu überwinden. 2 5 3 Entsprechendes gilt für den aus steuerlichen Gründen üblichen Fall, daß die Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht im Gesellschaftsvertrag, sondern in einem separaten Anstellungsvertrag geregelt sind. Wie bereits erwähnt, folgt aus der gesellschaftlichen Treuepflicht, daß ein Gesellschafter nämlich auch im Rahmen von Drittrechtsverhältnissen eine gewisse Rücksichtnahme zu üben hat. 254 Dies kann zumindest bei Rechtsbeziehungen, die in das Gesellschaftsverhältnis eingebunden sind, so weit gehen, daß sogar eine Anspruchsverzicht geboten ist. In diesem Sinne hat der B G H einen Kommanditisten für verpflichtet gehalten, bei einer „gesplitteten Einlage" auf Zinsen für das gesellschaftsvertraglich fundierte Darlehen zu verzichten. 2 5 5 Da jedenfalls der Anstellungsvertrag eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht völlig losgelöst neben der gesellschaftsrechtlichen Sphäre besteht, sondern der Mitarbeiter regelmäßig nur deshalb aufgrund seiner Stellung als Beteiligter in den Genuß der Beschäftigungsbedingungen kommt, ist die Möglichkeit eines Hinüberwirkens der gesellschaftlichen Treuepflicht auf die Ebene des Anstellungsvertrages zu bejahen. Freilich ist nicht zu verkennen, daß hierdurch eine gewisse Schieflage bei der Bedeutung der gesellschaftlichen Treuepflicht für die Vergütungshöhe im schuldrechtlichen Anstellungsvertrag eintritt. Während eine Heraufsetzung der Bezüge von vornherein nur in bestimmten Fällen in Betracht kommt, ist eine Absenkung eher möglich. Erklärlich wird dies, wenn man sich vor Augen führt, daß der Bezugspunkt der Treuepflicht zumindest in erster Linie in der Förderung des gemeinsamen bzw. des verbandlichen Zwecks liegt. 256 Wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführers auch in einer wirtschaftlichen Krise des Unternehmens auf der unbedingten

Zur Frage der erforderlichen Registereintragung siehe oben sub 1 a. Auf diese Fallgruppe findet § 53 Abs. 3 G m b H G keine A n w e n d u n g ; vgl. B G H v o m 16.12.1991, B G H Z 116, 360, 362 f.; Scholz!Priester, G m b H G , 8. A u f l . , § 53 Rn. 54; H a c h e n b u r g / Ulmer, G m b H G , 8. A u f l . , § 53 R n . 77; R o w e d d e r / Z i m m e r m a n n , G m b H G , 3. A u f l . , § 53 R n . 47. 2 5 2 KG v o m 7.12.1903, K G J 27 (1904), A 228, 231; Buchholz, J h e r J b , Bd. 74 (1924), 260, 306; Janke, Nebenleistungspflichten, S. 106; Scholz/Priester, G m b H G , 8. A u f l . , § 53 R n . 52; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 5 3 R n . 24; Baumbach/Hueck/Zö//rcer, G m b H G , 17. A u f l . , § 5 3 R n . 16. 2 5 3 Vgl. Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 5 3 R n . 36; Baumbach/Hueck/Zö//ner, G m b H G , 17. A u f l . , § 53 R n . 47. 254 Siehe oben sub § 8 II 1 b. 2 5 5 B G H v o m 5.11.1984, N J W 1985, 974 f. 2 5 6 Vgl. Lutter, A c P 180 (1980), S. 84, 102 ff. 250 251

II. Anpassung

an veränderte

Rahmenbedingungen

511

Einhaltung der Anstellungsbedingungen beharrt, kann dies die Fortexistenz der Gesellschaft und damit den verbandlichen Zweck gefährden, so daß die Treuepflicht auf Abhilfe drängt. Verweigern die Mitgesellschafter bei einem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens eine Erhöhung der Bezüge, berührt dies grundsätzlich nur die Individualinteressen des Gesellschafter-Geschäftsführers, ohne aber die verbandliche Sphäre zu tangieren. Eine exakte Umschreibung der Voraussetzungen, unter denen der Entgeltanspruch einem Kürzungsrecht unterliegt, läßt sich schwer angeben. Vielfach wird nur recht allgemein von einer wesentlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft gesprochen und auf eine entsprechende Anwendung des § 87 Abs. 2 A k t G verwiesen. 2 5 7 Zum Teil plädiert man je nach der konkreten Stellung des Betroffenen für strengere Anforderungen 2 5 8 und stellt auf das Vorliegen einer konkreten Existenzgefährdung ab. 2 5 9 Dabei wird zur Konkretisierung des maßgeblichen Zeitpunkts eine Parallele zur Krise im Sinne des Eigenkapitalersatzrechts gezogen. 2 6 0 Bei reinen Fremdgeschäftsführern ist dieser Ansicht zuzustimmen. Bei nicht nur unerheblich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern erscheint demgegenüber eine etwas kürzungsfreundlichere Haltung vorzugswürdig. Entscheidend ist, ob sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des U n ternehmens auch oberhalb einer regelrechten Existenzgefährdung so verschlechtern, daß ein offenkundiges Mißverhältnis zwischen der H ö h e der ursprünglich vereinbarten Bezüge und der aktuellen Lage der Gesellschaft entsteht. 261 Einen insoweit brauchbaren Maßstab dürfte das fiktive Gehalt eines Geschäftsführers bei einer Neuanstellung bilden. Zudem wird man verlangen müssen, daß die R e duzierung der Festvergütung Element eines Konzeptes ist, mit dessen Hilfe das Unternehmen saniert werden soll. 262 Sofern die Insolvenz ohnehin nicht mehr zu vermeiden ist, gibt die Treuepflicht keinen Grund für einen Gesellschafter-Geschäftsführer ab, zugunsten anderer Gesellschafter 2 6 3 auf einen Teil seines Entgelts zu verzichten. 2 6 4

257 B G H vom 15.6.1992, N J W 1992, 2894, 2896; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 35 Rn. 86; Raiser, Kapitalgesellschaften, 3. Aufl., § 32 Rn. 50; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 35 Rn. 191; Baumbach/Hueck/ZöVAzer, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 101. 258 Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S.197, 219. 259 Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 34a. 260 Bauder, B B 1993, 369, 370 (siehe aber auch sogleich im Text); Hachenburg/Stora, GmbH G , 8. Aufl., § 35 Rn. 200. 261 So letztlich auch Bauder, B B 1993, 370 f.; in diesem Sinne ferner Mertens, in: KölnerKomm z. AktG, 2. Aufl., § 87 Rn. 10. 2 6 2 Ebenso Schlegelberger/Afariras, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 26, für den geschäftsführenden Gesellschafter in einer O H G . 263 In welchem Verhältnis das Kürzungsrecht zum Verbot stammkapitalbeeinträchtigender (verdeckter) Ausschüttungen infolge nicht marktgerechter Austauschverträge gemäß § 30 Abs. 1 G m b H G steht, soll hier nicht weiter erörtert werden; dazu Roth, Anm. zu B G H , LM § 265 Z P O Nr. 27 (unter 2 b). 2 6 4 Vgl. Grunewald, FS Großfeld (1999), S. 319, 320 f., für die Einschränkung von Forderungen des Kommanditisten.

512

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

I m Personengesellschaftsrecht finden sich bislang nur wenige Ansätze zur Frage einer H e r a b s e t z u n g der Tätigkeitsvergütung geschäftsführender Gesellschafter. Rechtsprechung existiert soweit ersichtlich nicht. Teilweise stößt man nur auf vergleichsweise vage Aussagen. 2 6 5 R. Fischer

hat in diesem K o n t e x t von einem

schlechten Geschäftsgang als Voraussetzung für eine A b s e n k u n g gesprochen. 2 6 6 Dänzer-Vanotti

will strenge Anforderungen aufstellen, verlangt aber offenbar

nicht zwingend eine regelrechte Bestandsgefährdung des U n t e r n e h m e n s . 2 6 7

Mar-

tens hebt insbesondere hervor, daß die Reduzierung der Vergütung in ein Sanierungskonzept eingebunden sein m u ß . 2 6 8 Tatsächlich wird man die soeben dargelegten Grundsätze z u m Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H auch auf den Geschäftsführer einer Personengesellschaft anzuwenden haben, weil in der Frage der K ü r z u n g von B e z ü g e n in Krisenzeiten keine Unterschiede bestehen. F e r n e r ist in beiden Konstellationen davon auszugehen, daß der Vergütungsanspruch nach einer erfolgreichen Sanierung wieder in der ursprünglichen H ö h e auflebt. 2 6 9 Schließlich spricht vieles dafür, eine erhebliche Reduzierung der B e z ü ge als einen wichtigen G r u n d anzusehen, der es einem geschäftsführenden Personengesellschafter erlaubt, die gesellschaftsvertragliche Pflicht zur Geschäftsführung zu kündigen. 2 7 0 Dasselbe ist für den Anstellungsvertrag eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H anzunehmen. D e m g e g e n ü b e r erscheint eine Orientierung an § 87 Abs. 2 S. 3 A k t G , der einem Vorstandsmitglied bei einer H e r a b s e t z u n g des Entgelts ein besonderes Kündigungsrecht mit einer S e c h s - W o c h e n - F r i s t z u m Quartalsschluß mit der F o l g e einräumt, daß dieser U m s t a n d nicht zugleich als wichtiger G r u n d gewertet werden kann, 2 7 1 zu schematisch. Zwar kann das Geschäftsführeramt als solches ohnehin im Prinzip jederzeit grundlos niedergelegt werden. 2 7 2 Solange der Anstellungsvertrag eines Gesellschafter-Geschäftsführers aber nicht beendet ist, besteht eine Pflicht zur G e schäftsführung fort, deren Einhaltung durch eine Schadensersatzpflicht bewehrt ist. 2 7 3 U m dieser Sanktion den B o d e n zu entziehen, ist es erforderlich, die erhebliche Gehaltsabsenkung als einen wichtigen Grundes zur Kündigung des Anstel-

2 6 5 Siehe etwa Sudhoff/Glahs, Personengesellschaften, 7. Aufl., 2. Teil, E Rn. 43: „dauerhafte Verluste". Für eine erleichterte Reduzierungsmöglichkeit infolge seiner großzügigen Haltung gegenüber konkludenten Anpassungsklauseln offenbar Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 13. 266 In: Großkomm. HGB, 3. Aufl., § 114 Anm. 15. 267 BB 1983,999. 268 In: Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 26. 269 So auch Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 114 Rn. 26, für den geschäftsführenden Gesellschafter einer OHG. 270 Vgl. § 712 Abs. 2 BGB bzw. §§ 105 Abs. 2 HGB, 712 Abs. 2 BGB. 271 Zum Ausschluß der außerordentlichen Kündigung siehe Hefermehl, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 87 Rn. 24; Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 87 Rn. 9. 272 BGH vom 8.2.1993, BGHZ 121, 257, 261 f.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., §38 Rn. 58; Baumbach/Hueck/Zö7/wer, GmbHG, 17. Aufl., §38 Rn.38c; so nunmehr auch Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 26. 273 Siehe BGH vom 14.7.1980, BGHZ 78, 82, 85; BGH vom 8.2.1993, BGHZ 121, 257, 262.

II. Anpassung an veränderte

Rahmenbedingungen

513

lungsvertrages einzustufen. Eine Gefahr übermäßiger Schäden f ü r die Gesellschaft als Folge einer außerordentlichen Beendigung der Geschäftsführung ist nicht zu befürchten. Sowohl bei den Personengesellschaften als auch bei der G m b H darf die Kündigung nämlich nur so erfolgen darf, daß die anderen Gesellschafter f ü r eine angemessene Weiterführung der Geschäfte sorgen können. 2 7 4 bb) Sonstige mitarbeitende

Gesellschafter

Bei Gesellschaftern, die unterhalb der Geschäftsführungsebene tätig sind und hierfür eine kooperationsrechtliche Vergütung erhalten, gelten im Prinzip die gleichen Grundsätze. Der A n k n ü p f u n g s p u n k t besteht insoweit allerdings lediglich in der gesellschaftlichen und nicht in einer organschaftlichen Treuepflicht. Eine besondere Erwähnung verdient in diesem Zusammenhang die Fallgruppe der an der Gesellschaft beteiligten Arbeitnehmer. N a c h rein arbeitsrechtlichen Grundsätzen ist ein Arbeitnehmer auch in einer wirtschaftlichen Existenzkrise des Arbeitgebers aus Treuepflichtgründen weder zu einer Stundung 2 7 5 noch gar zu einer Herabsetzung von Entgeltforderungen verpflichtet. 276 Eine andere Sichtweise wäre mit dem allgemeinen Grundsatz unvereinbar, nach dem das Wirtschaftsrisiko vom Arbeitgeber getragen wird. 2 7 7 Für eine Entlastung muß sich der Arbeitgeber auf die arbeitsrechtlichen Instrumente der Kurzarbeit bzw. der Änderungskündigung stützen. Eine auf § 242 BGB gestützte Gehaltskürzung hat daneben keinen Platz. Es fragt sich indes, ob die gesellschaftliche Treuepflicht eines am Unternehmen beteiligten Arbeitnehmers zu einer Modifikation dieser Grundsätze führt. Angesichts der immer weiter um sich greifenden Formen der Mitarbeiterbeteiligung gewinnt dieses Problem zunehmend an praktischer Relevanz. N a c h Ansicht von Fohrmann ist eine solche Einflußnahme der Gesellschafterstellung auf den Entgeltanspruch des Arbeitnehmers prinzipiell ausgeschlossen. 278 Ein Lohnverzicht bzw. eine Lohnstundung würde in der Sache eine (zeitweilige) Einlagenzufuhr darstellen, die durch das Belastungsverbot 2 7 9 ausgeschlossen sei. Fohrmann übersieht dabei indes, daß ein Gesellschafter nach ganz überwiegender Meinung durch die Treuepflicht gehalten sein kann, an sich bestehende Drittansprüche gegen die Gesellschaft nicht geltend zu machen. 2 8 0 Dies betrifft in erster Linie Positionen, die zwar in das rechtliche Kleid eines Drittverhältnisses eingefaßt sind, aber zugleich eine gesellschaftsvertragliche Grundlage 274

§§ 712 Abs. 2, 671 Abs. 2 BGB in unmittelbar bzw. entsprechender Anwendung. Vgl. LAG München vom 6.5.1997, L A G E §242 BGB Lohnstundung Nr. 1. 276 A. A. Roth, Anm. zu B G H , LM § 265 Z P O Nr. 27 (unter 2 b), der ohne nähere Begründung die These aufstellt, daß sich „normale Lohnempfänger" wenn auch „nur ganz ausnahmsweise" eine Gehaltskürzung wegen einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens gefallen lassen müssen. 277 Vgl. dazu bereits oben sub § 1 I mit Nachweisen in Fn. 36; zur grundsätzlichen Unabdingbarkeit dieser Regel siehe oben sub § 6 V 2 b aa. 278 Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 42. 279 Vgl. § 707 BGB, § 53 Abs. 3 G m b H G , § 54 Abs. 1 AktG. 280 Siehe oben sub § 8 II 1 b. 275

514

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

haben, also Bestandteil eines Ausführungsvertrages sind. Im Prinzip ist jedoch auch bei reinen Drittrechtsbeziehungen eine Uberlagerung durch die gesellschaftliche Treuepflicht nicht generell abzulehnen. In einer solchen Konstellation dürfte allerdings regelmäßig nur eine Stundung von Entgeltbestandteilen, nicht aber ein regelrechter Verzicht auf einen Teil des Gehalts geboten sein. Immerhin wird man auch letzteres nicht kategorisch ausschließen können. 2 8 1 Es ist kein Grund ersichtlich, Beschäftigungsverhältnisse von diesen allgemeinen Regeln von vornherein auszunehmen, auch wenn der Dienstnehmer in einer untergeordneten Stellung mitarbeitet. D e r entscheidende Gesichtspunkt besteht eben anders als bei Organmitgliedern nicht in der Befugnis, die Geschicke des Unternehmens zu lenken, sondern in der auf der Mitgliedschaft beruhenden Treue- bzw. Förderpflicht. Sofern das Tätigkeitsverhältnis auf einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Basis beruht (Typ I I / l ) , 2 8 2 erfaßt die gesellschaftliche Treuepflicht somit ohne weiteres die Tätigkeitsbeziehung. In einem solchen Falle ist eine Entgeltstundung oder -reduktion dann geboten, wenn anderenfalls die Gesellschaft liquidiert werden müßte. Bei einer reinen Drittrechtsbeziehung (Typ I I I / 1 ) kommt es für den Stellenwert der Treuepflicht darauf an, in welchem Größenverhältnis die gesellschafterliche Beteiligung und die austauschvertraglich fundierte Mitarbeit zueinander stehen. Eine Stundung oder gar Kürzung des Gehalts kann nur dann verlangt werden, wenn der Beschäftigte nicht nur unerheblich am Unternehmen beteiligt ist. D e r „einfache" Arbeitnehmeraktionär oder -kommanditist muß sich demzufolge auch in einer wirtschaftlichen Krise seines Arbeitgebers keinen gesellschaftsrechtlich motivierten Eingriff in seine Vergütung gefallen lassen. A b einer Beteiligung von ca. 5 - 1 0 % wird man aber eine entsprechende Rücksichtnahmepflicht in Krisensituationen anzunehmen haben. Für erleichterte Anpassungsvoraussetzungen bei Unternehmen im Belegschaftsbesitz besteht kein Anlaß. Bei der unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassenden Verschiebung der Qualifikation eines Beschäftigungsverhältnisses vom Arbeits- zum Dienstvertrag geht es um das Niveau des zwingenden Sozialschutzes. 2 8 3 Die Absenkung eines vertraglich vereinbarten Entgelts betrifft dagegen die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine rechtsgeschäftliche Absprache durch die gesellschaftliche Treuepflicht überlagert wird. D a es sich somit um unterschiedliche Aspekte handelt, kann aus den Ergebnissen zu Unternehmen im Mitarbeitereigentum für sich genommen nichts für die an dieser Stelle interessierende Problematik abgeleitet werden.

2 8 1 In diesem Sinne auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 1 3 Rn. 64 (Zinsansprüche im Rahmen von Drittgläubigerforderungen eines GmbH-Gesellschafters); Grunewald, FS Großfeld (1999), S. 319, 320 ff. (Verzinsungs- und sogar RückZahlungsansprüche bei eigenständigen Darlehensverträgen eines Kommanditisten). 2 8 2 Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. 2 8 3 Siehe oben sub § 6 VI 1 c ee.

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen

und variablen

Bezügen

515

III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen Bezügen Während es soeben um die Anpassung von Tätigkeitsvergütungen in den Fällen ging, in denen der Mitarbeiter seine Dienste ordnungsgemäß erbringt, sollen nunmehr die finanziellen Auswirkungen einer Störung der Beschäftigung im Zentrum des Interesses stehen. Gemeint sind damit Situationen, in denen ein Gesellschafter trotz einer an sich bestehenden Tätigkeitspflicht 284 nicht arbeitet. Hierbei empfiehlt es sich, danach zu unterscheiden, ob eine Dienstleistung einschließlich der Entgeltkomponente einen rein gesellschaftsvertraglichen Charakter hat (unter 1) oder ob es um eine Tätigkeit im Rahmen eines Drittrechtsverhältnisses geht (unter 2). 1. Dienste

als reine

Beitragsleistung

Haben die Tätigkeit und das Entgelt eine gesellschaftsvertragliche Grundlage, wird mit einer Betrachtung der Folgen einer Leistungsverhinderung die schon seit langem geführte allgemeine Debatte über die Behandlung von Leistungsstörungen bei gesellschafterlichen Beiträgen berührt. Aus dieser unlängst von Hüttemann285 umfassend aufbereiteten Thematik sollen im folgenden allerdings nur diejenigen Aspekte erörtert werden, die für die Anschlußfrage eines gewissen finanziellen Sozialschutzes des mitarbeitenden Gesellschafters relevant sind. Mithin konzentrieren sich die Ausführungen zunächst darauf, ob eine zufällige286 Verhinderung der zugesagten Dienste eines Gesellschafters jedenfalls im Grundsatz zu einer Wertdeckungspflicht oder aber zu einem endgültigen Verlust 287 einer vereinbarten Festvergütung bzw. eines Anteils am Gewinn führt. Gesichtspunkte allgemeiner Art werden demgegenüber nur insoweit angesprochen, als sie zum Verständnis der speziellen Problematik erforderlich sind. a) Wertdeckungspflicht

bei Fortfall der

Tätigkeit

Die vermögensrechtlichen Folgen der Störung einer kooperationsrechtlich geschuldeten Mitarbeit hängen zu einem wesentlichen Teil davon ab, welches rechtliche Schicksal die Beitragszusage erleidet, wenn der Gesellschafter aus weder von ihm noch von der Gesellschaft bzw. seinen Mitbeteiligten zu vertretenden Gründen seine Dienste nicht erbringen kann. Wäre er dazu verpflichtet, in einem solchen Falle die Kosten für eine vollwertige Ersatzkraft zu überneh2 8 4 Zur Rechtslage bei einer Beendigung bzw. wesentlichen Verringerung der Mitarbeitspflicht siehe unten sub IV. 2 8 5 Leistungsstörungen bei Personengesellschaften (1998). 2 8 6 Auf die vom mitarbeitenden Gesellschafter verschuldete Nichtleistung wird im folgenden nicht weiter eingegangen, weil sie nicht die spezielle Frage nach unverändert fortbestehenden Vermögensrechten trotz unterbleibender Tätigkeit aufwirft. 2 8 7 Etwaige Zurückbehaltüngsrechte sollen außer Betracht bleiben; dazu nunmehr eingehend Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 72 ff.

516

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

men, so gäbe es keinen Anlaß, über die Reduktion fester oder variabler Bezüge nachzudenken. Der Hintergrund für diese aus der Perspektive eines reinen Dienst- und Arbeitsvertrages kaum verständliche Frage besteht in verschiedenen Ansätzen, mit denen versucht wird, eine Wertdeckungspflicht bei unverschuldeten Tätigkeitshindernissen zu begründen. Zwar wendet man sich im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen der Uneinbringlichkeit von Beiträgen vielfach ausdrücklich nur dem zufälligen Unmöglichwerden von Sacheinlagen zu. 288 Teilweise ist aber ganz allgemein davon die Rede, daß der Gesellschafter bei einer unverschuldeten Unmöglichkeit der Leistung regelmäßig zu einer Ersatzleistung verpflichtet sein soll. 289 Eine derart weitgehende Wertdeckungspflicht ist aber zumindest bei Tätigkeitspflichten abzulehnen. Wenn ein Gesellschafter als Beitrag eine aktive Mitarbeit zugesagt hat, kann man dieser Abrede für den Fall einer unverschuldeten Unmöglichkeit nicht einfach entnehmen, daß der Beteiligte nunmehr den für die Einstellung einer Ersatzkraft erforderlichen Geldbetrag aufzubringen hat. Eine einschränkende Lesart wird von Wiedemann vertreten, der sich explizit auch mit Dienstleistungen auseinandergesetzt hat. Danach soll bei einer kapitalistisch strukturierten Personengesellschaft davon auszugehen sein, daß im Falle einer Unmöglichkeit der Dienste eine entsprechende Geldschuld automatisch auflebt. 290 Angesichts der geringen Anforderungen, die Wiedemann an die kapitalistische Struktur einer Personengesellschaft dabei stellt, 291 dürfte dies erst recht für Nebenleistungs-GmbH gelten. Auch diese Einengung kann inhaltlich jedoch nicht überzeugen. Selbst wenn die Beteiligten die Mitgliedschaft kapitalistisch ausgestaltet haben, bedeutet dies noch lange nicht, daß ihr Wille dahin geht, an die Stelle einer Tätigkeit eine unter Umständen dauerhafte Zahlungspflicht zu setzen. Dies schließt anderslautende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen selbstverständlich nicht aus. 292 Hierfür bedarf es aber klarer Anhaltspunkte im Gesellschaftsvertrag. Angesichts der Unterschiedlichkeit von Dienstbeiträgen und Geldeinlagen können Überlegungen allgemeiner Art dabei nicht ausreichen. 293

2 8 8 Vgl. B G H vom 2.5.1966, B G H Z 45, 338, 345; B G H vom 17.2.1997, N J W - R R 1997, 670; B G H vom 18.9.2000, N J W 2001, 67, 69; Janke, Nebenleistungspflichten, S. 160; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 20 III 3 b, S. 583; MünchKommBGB/£//mer, 3. Aufl., § 705 Rn. 143; Erman/H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 705 Rn. 43. 2 8 9 Heymann/£mmmd>, H G B , 2. Aufl., § 1 0 5 Rn. 7; Flume, Personengesellschaft, § 2 IV, S. 31; insoweit großzügig auch Ballerstedt,]uS 1963, 253, 259. 2 9 0 W M 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 5; in diesem Sinne wohl auch ders., W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 17. 2 9 1 Insoweit soll es ausreichen, wenn neben der Gewinn- und Verlustbeteiligung die Verwaltungsrechte nach Kapitalanteilen bemessen sind; siehe W M 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 5. 2 9 2 Vgl. die Vertragsvorschläge bei Marsch-Barner, in: MünchVertrHb, Bd. 1, 5. Aufl., I 7, § 14 Abs. 1, S. 45 (Sozietätsvertrag zwischen Rechtsanwälten), und bei Oldenburg, aaO., II 3, § 8 Abs. 2, S. 101 ( O H G ) , wo der Gesellschaft jeweils das Recht auf Einstellung einer Ersatzkraft auf Kosten des für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten unverschuldet ausfallenden Gesellschafters eingeräumt wird. 2 9 3 In der Tendenz zu großzügig deshalb Soergel/Hadding, B G B , 12. Aufl., § 7 0 5 Rn. 45;

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen und variablen

Beziigen

517

Ein anderer Begründungsstrang findet sich in der Rechtsprechung. Nach einem mehrfach geäußerten Gedanken soll ein mitarbeitender Gesellschafter aufgrund seiner Treuepflicht gehalten sein, den Verlust auszugleichen, der durch den schuldlosen Ausfall seiner Arbeitskraft eintritt. 294 Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß sich ohne eine entsprechende Ausgleichspflicht das Verhältnis der Leistungen auf der einen und der Gewinnbeteiligung auf der anderen Seite verschieben würde. 295 Wie Hüttemann vor kurzem zutreffend herausgearbeitet hat, vermengt diese Argumentation indes die Frage der Ersatzpflicht bei zufälligen Leistungshindernissen mit der weiteren Frage, welche Rechtsfolgen sich für den Gesellschafter infolge des Ausfalls seines Beitrags für die Beteiligung am Gewinn ergeben. 296 Soweit es um die Ersatzpflicht als solche geht, ist gegenüber dieser Strömung in der Judikatur daran festzuhalten, daß ein Gesellschafter von seiner Tätigkeitszusage ohne eine Pflicht zum finanziellen Ausgleich frei wird, wenn er aus von ihm nicht zu vertretenden Umständen zeitweilig oder dauerhaft zu einer Mitarbeit nicht in der Lage ist. Daran vermag auch der Rekurs auf die gesellschaftliche Treuepflicht nicht zu ändern. 297 Eine andere Sicht der Dinge würde dem bereits erwähnten Belastungsverbot widersprechen. 298 Im übrigen zielte die erwähnte Rechtsprechung ohnehin nicht auf eine unmittelbare Belastung des betroffenen Gesellschafters ab. Vielmehr ging es nur darum, bei der Schädigung eines mitarbeitenden Gesellschafters durch einen Dritten zu einem ersatzfähigen Schaden zu gelangen. Hierfür gibt es aber überzeugendere rechtliche Wege. 299 Eine Ausgleichspflicht eines dienstleistenden Gesellschafters besteht somit nicht. Fraglich kann deshalb allenfalls sein, ob ein Gesellschafter berechtigt ist, gegen den Willen der Mitbeteiligten eine Ersatzkraft zu stellen, um auf diese Weise einer etwaigen Kürzung von Festbezügen bzw. Gewinnanteilen vorzubeugen. Im Schrifttum wird in diesem Kontext des öfteren der Eindruck erweckt, als dürfe ein geschäftsführender Gesellschafter generell für einen Vertreter sorgen. 300 Soweit Geschäftsführungsaufgaben betroffen sind, scheidet eine solcher Ersatz jedoch von vornherein aus. Aufgrund der Höchstpersönlichkeit der als Beitrag zugesagten Dienste kann den anderen Beteiligten ein gesellschaftsfremder Dritter als angestellter Geschäftsführer nicht einfach aufgedrängt werden. Es fehlt insoStaudinger/Keßler, B G B , 12. Aufl., § 706 Rn. 40; Koller, in: Koller/Roth/Morck, H G B , 3. Aufl., § 1 0 5 Rn. 32. 2 9 4 B G H vom 15.1.1963, VersR 1963, 433, 434; B G H vom 5.3.1963, VersR 1963, 585, 586; B G H vom 25.9.1972, D B 1972, 2201 f.; zust. O L G Karlsruhe vom 4.4.1974, FamRZ 1975, 341, 343. 2 9 5 B G H vom 15.1.1963, VersR 1963,433, 434; ebenso O L G Karlsruhe vom 4.4.1974, FamRZ 1975,341,343. 2 9 6 Leistungsstörungen, S. 169. 2 9 7 Ebenso MünchKommBGB/£//OTi?r, 3. Aufl., § 706 Rn. 21, § 709 Rn. 34 Fn. 59. 2 9 8 So grds. auch Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 161 ff. 2 9 9 Zu Einzelheiten siehe Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 170 ff. m.w.N. 3 0 0 Vgl. Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 110 Rn. 19; MünchKommBGB/i//mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 33.

518

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

weit an der „Funktionsgleichheit" 3 0 1 von ursprünglichem Beitrag und Ersatzleistung. Gleiches gilt für eine kooperationsrechtlich geschuldete Mitarbeit in untergeordneter Stellung. Auch in diesen Fällen ist die Qualität der Dienste grundsätzlich zu sehr mit der Persönlichkeit des Beschäftigten verknüpft, als daß es einem Gesellschafter ohne weiteres gestattet werden kann, unmittelbar eine Ersatzkraft zu stellen. Ferner ist auch ein allgemeines Recht abzulehnen, anstelle der eigenen Mitarbeit das für einen anderen Bediensteten erforderliche Geld zuzuschießen, so daß immerhin dessen konkrete Auswahl in den Händen der gesamten Gesellschaft liegt. Eigene Tätigkeit und Geldeinlage sind zu unterschiedlich, als daß einem Gesellschafter gegen den Willen der anderen Beteiligten ein Ersatz erlaubt werden könnte. 3 0 2 b) Auswirkungen

einer Verhinderung

auf die

Ertragsseite

Das zweite wichtige Problem besteht darin, wie sich eine Störung der Mitarbeit auf den vermögensrechtlichen Status des dienstleistenden Gesellschafters, also auf feste Tätigkeitsvergütungen bzw. auf die Ergebnisbeteiligung auswirkt. Dabei sollen entsprechend den Eingangsüberlegungen vorab die Grundregeln für Leistungsverhinderungen klargestellt werden, bevor sich das Augenmerk auf diejenigen Umstände richtet, die möglicherweise zu einer Verbesserung der Situation des mitarbeitenden Gesellschafters Anlaß geben. aa)

Sondervergütungen

Sofern ein geschäftsführender Personengesellschafter für seine Tätigkeit eine feste, im Gesellschaftsvertrag niedergelegte Sondervergütung erhält, ist man verbreitet der Ansicht, daß der Anspruch im Grundsatz nur für die Dauer seiner tatsächlichen Mitarbeit besteht. 3 0 3 Allerdings existieren in der Frage der Legitimation dieses Ergebnisses nicht unbeträchtliche Meinungsunterschiede. Der B G H und der überwiegende Teil des Schrifttums verwenden eine gleichsam innergesellschaftsrechtliche Argumentation, indem auf die Auslegung des Gesellschaftsvertrages bzw. auf eine Vertragsanpassung qua Treuepflicht verwiesen wird. 3 0 4 Eine Heranziehung der §§ 323 ff. B G B mit der Konsequenz, daß sich das Erlöschen des Anspruchs auf die Tätigkeitsvergütung bei zufälligen LeistungshinderTreffend Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 185. In diesem Sinne auch Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 189. 3 0 3 B G H vom 13.5.1953, B G H Z 10, 44, 53; Heynann/Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 1 1 0 Rn. 26; R. Fischer, in: Großkomm. H G B , 3. Aufl., § 114 Anm. 16; Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 48; ders., N J W 1965, 1948, 1949; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 7 1 3 Rn. 14; Baumbach/Ho^i, H G B , 30. Aufl., § 1 1 0 Rn. 19; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 1 4 Rn. 27; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 709 Rn. 33. 3 0 4 Vgl. B G H vom 13.5.1953, B G H Z 10, 44, 53; B a u m b a c h I H o p t , H G B , 30. Aufl., § 1 1 0 Rn. 19; M ü n c h K o m m B G B / U l m e r , 3. Aufl., § 7 0 9 Rn. 33; in diesem Sinne auch E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 709 Rn. 15; ohne eine explizite Begründung hinsichtlich des Anspruchsuntergangs ebenso S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 713 Rn. 14; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 27. 301

302

III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen

Bezügen

519

nissen aus § 323 Abs. 1 B G B bzw. n u n m e h r § 326 A b s . 1 B G B 3 0 5 (analog) ergibt, wird in Fällen dieser A r t dagegen nur vereinzelt vorgeschlagen. 3 0 6 W i e flexibel die Begründungen freilich zuweilen gehandhabt werden, zeigt sich etwa daran, daß Emmerich

Leistungsstörungen ausschließlich nach Gesellschaftsrecht behandeln

will, um sogleich mit § 323 Abs. 1 B G B auf das allgemeine Schuldrecht z u r ü c k z u greifen. 3 0 7 Wichtiger n o c h als diese unterschiedlichen Linien ist die Frage, o b der G r u n d satz v o m Fortfall des Entgeltanspruchs bereits im Ausgangspunkt relativiert wird. A n z e i c h e n hierfür finden sich sowohl in der R e c h t s p r e c h u n g als auch in der Literatur. So hat das O L G K o b l e n z im R a h m e n einer allerdings unklaren G e d a n kenführung a n g e n o m m e n , daß bei einer schuldlos unterbliebenen Geschäftsführertätigkeit unter A b w ä g u n g der Interessen aller beteiligten Gesellschafter und der Gesellschaft (in c o n c r e t o eine O H G ) zu entscheiden sei, ob und gegebenenfalls in welchem U m f a n g der Vergütungsanspruch fortbestehe. 3 0 8 A u f eine vergleichbare Formulierung stößt man bereits bei R. Fischer, §§ 323 ff. B G B erwähnt. auch Martens

309

o b w o h l er zugleich die

I m Wege eines offenen Abwägungsprozesses will

jedenfalls bei längerfristigen Verhinderungen über die F o r t z a h l u n g

fester B e z ü g e befinden, während er bei vorübergehenden, nicht zu vertretenden Störungen der Mitarbeit aus der Treuepflicht die Weitergewährung des T ä t i g keitsentgelts ableitet. 3 1 0 In eine ähnliche R i c h t u n g steuert Ulmer,

indem er bei ge-

schäftsführenden O H G - G e s e l l s c h a f t e r n zwischen mittel- und langfristigen Verhinderungen auf der einen und vorübergehenden, überschaubaren Störungen auf der anderen Seite unterscheidet und einen Fortfall des Vergütungsanspruchs von vornherein nur in den erstgenannten Gestaltungen a n n i m m t . 3 1 1 N a c h diesen A u f fassungen ergibt sich somit ein im Verhältnis zu austauschvertraglichen Tätigkeitsbeziehungen grundlegend anderer Zugang zu den Rechtsfolgen von Leistungsverhinderungen. W ä h r e n d bei D i e n s t - und Arbeitsverträgen der E n t g e l t anspruch als Grundregel entfällt („kein L o h n ohne A r b e i t " ) und es einer speziellen Gegenvorschrift bedarf, damit die Gehaltsforderung aufrechterhalten bleibt,

würde

bei

personengesellschaftsvertraglichen

Mitarbeitsvergütungen

demgegenüber zumindest in einer R e i h e von Gestaltungen eine allgemeine Interessenabwägung über das Schicksal des Anspruchs entscheiden. Diese Sicht der 3 0 5 § 326 Abs. 1 B G B n.F. tritt für die hier allein interessierenden Fälle zufälliger Leistungshindernisse nach dem Willen des Gesetzgebers ohne wesentliche Veränderungen an die Stelle des bisherigen § 323 Abs. 1 B G B ; vgl. BT-Drucks. 14/6040 vom 14.5.2001, S. 188. 306 Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 48; ders., N J W 1965,1948, 1949. 3 0 7 In: Heymann, H G B , 2. Aufl., § 110 Rn. 25 f. mit Fn. 38. 3 0 8 O L G Koblenz vom 20.9.1979, D B 1980, 247, 248. 3 0 9 In: Großkomm. H G B , 3. Aufl., § 114 Anm. 16. 3 1 0 In: Schlegelberger, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 27. 311 In: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §114 Rn. 49. Ohne Begründung für geschäftsführende Gesellschafter einer GbR anders aber ders., in: MünchKommBGB, 3. Aufl., § 709 Rn. 33, wenn er auch bei einer vorübergehenden Verhinderung nur für den Fall die Weitergewährung einer Vergütung bejaht, daß der Betroffene für eine Ersatzkraft sorgt.

520

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

Dinge steht in einem bemerkenswerten und bislang offenbar nicht ins Bewußtsein gerückten prinzipiellen Kontrast zur Behandlung von Leistungsstörungen bei Nebenleistungspflichten im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G . Sofern der korporativen Verbindlichkeit ein entsprechendes Gesellschafterrecht gegenübersteht, bejaht man hinsichtlich der einzelnen Leistungspflicht als solcher nämlich weithin die analoge Anwendung des § 323 BGB (jetzt § 326 Abs. 1 BGB). 312 Dabei wird für Dienstleistungen einschließlich der Nebenpflicht zur Wahrnehmung des Geschäftsführeramtes gegen ein Gehalt keine erkennbare Ausnahme gemacht, sondern diese Fallgruppe teilweise sogar ausdrücklich einbezogen. 313 Tatsächlich ist die für das Personengesellschaftsrecht vorherrschende Konzeption als zu konturenlos abzulehnen. Statt dessen muß zunächst danach gefragt werden, ob sich eine tatsächliche Unterbrechung der Tätigkeit überhaupt in einem wirtschaftlichen Minderwert der erbrachten im Verhältnis zu den zugesagten Diensten niederschlägt. Wie der B G H im Zusammenhang mit der Bemessung des Schadensersatzanspruchs eines GmbH-Geschäftsführers dargetan hat, ist es bei geschäftsleitenden Tätigkeiten nur schwer möglich, das dafür gezahlte Entgelt auf bestimmte Arbeitszeitabschnitte umzulegen. 314 Für die Herabsetzung einer Sondervergütung ist aber von vornherein nur dann Raum, wenn die Gesellschaft durch eine vorübergehende Unterbrechung der Mitarbeit einen geringeren wirtschaftlichen Wert erlangt als es den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen entspricht. Anderenfalls ist die Pflicht, die Bezüge ungekürzt fortzuzahlen, nicht etwa Ausdruck der entsprechenden Anwendung von § 616 S. 1 BGB oder der gesellschaftlichen Treuepflicht, sondern schlicht Erfüllung des vertraglichen Leistungsversprechens zugunsten des mitarbeitenden Gesellschafters. Dieser Aspekt wird im Schrifttum regelmäßig übersehen, wenn es um die Frage der Zahlung einer Tätigkeitsvergütung trotz vorübergehender Nichtleistung geht. Vielmehr steuert man sofort auf die Gründe zu, die ein Fortbestehen der Bezüge ausnahmsweise rechtfertigen können. Allerdings ist hinsichtlich der Dauer einer a priori unschädlichen, weil nicht wertmindernden Dienstverhinderung kein allzu großzügiger Maßstab anzulegen. Wenn es der B G H bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung noch ohne weiteres für möglich gehalten hat, daß die Mitarbeit ohne Schmälerung ihres wirtschaftlichen Wertes erbracht wurde, 315 ist dem zu widersprechen und kann nur durch die schadensrechtliche Einkleidung des Falles erklärt werden. Tatsächlich dürfte die Rechtsprechung einem geschäftsführenden Gesellschafter, der ohne jeden Grund seine Tätigkeit für einen solchen Zeitraum niederlegt, schwerlich die volle Vergütung mit der Begründung zuerkennen, daß

312 Vgl. Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 Rn. 49; Janke, Nebenleistungspflichten, S. 165, 167; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 90 f.; wohl auch Lütter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 3 Rn. 28; R o w e d d e r / R i t t n e r / S c h m i d t - L e i t h o f f , G m b H G , 3. Aufl., § 3 Rn. 51; Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 3 Rn. 35. 313 Siehe Feine, G m b H , § 26 III 2, S. 351. 314 B G H vom 5.7.1977, N J W 1978, 40. 315 B G H vom 5.7.1977, NJW 1978, 40, 41.

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen

und variablen

Beziigen

521

er alles seinerseits Erforderliche getan habe. Dieser Einschätzung steht auch der im Rahmen ökonomischer Rechtstheorien herausgearbeitete Gedanke nicht entgegen, daß sich die langjährige und erfolgreiche (gesellschaftsvertragliche) Tätigkeit als partner

in einer law firm infolge des hierdurch geschaffenen Klientenver-

trauens regelmäßig in einem die aktuelle Arbeitsproduktivität übersteigenden Entgelt niederschlägt. 316 Auf diesen Aspekt läßt sich die Legitimität einer im Verhältnis zu anderen Gesellschaftern höheren Vergütung, nicht aber die Zahlung von Bezügen trotz einer zeitweise vollständig unterbleibenden Mitarbeit stützen. Sieht man von der soeben angesprochenen Unbeachtlichkeit von Bagatellverhinderungen ab, so ist weiter als Grundsatz festzuhalten, daß eine Tätigkeitsvergütung entfällt, wenn und solange der Gesellschafter keine Dienste erbringt. Falls er seine zugesagte Mitarbeit nicht leistet, muß davon ausgegangen werden, daß er seines Entgeltanspruchs zumindest prinzipiell verlustig geht. Eine allgemeine R e gel, nach der es für die Existenz des Vergütungsanspruchs unerheblich ist, ob der Gesellschafter seiner Dienstpflicht nachkommt oder nicht, kann ernstlich nicht aufgestellt werden. Wenn in der Judikatur und im Schrifttum dementsprechend versucht wird, im Wege einer allgemeinen Interessenabwägung die Frage zu beantworten, ob der Anspruch auf die Tätigkeitsvergütung entfällt oder nicht, bedeutet dies in der Sache deshalb nur, daß die für einen Fortbestand sprechenden Gründe von vornherein in die Beurteilung einbezogen werden, anstatt sie einem einigermaßen präzise konturierten Ausnahmetatbestand zuzuordnen. Einem derartigen Vorgehen ist eine klare Unterscheidung von - gesetzlicher - Regel und Ausnahme aber vorzuziehen. Sofern es in dieser Frage an einer hinreichend deutlichen Regelung im Gesellschaftsvertrag fehlt, ist deshalb auf § 326 Abs. 1 B G B (früher § 323 Abs. 1 B G B ) zurückzugreifen. Wie Hüttemann

für das Personenge-

sellschaftsrecht vor kurzem zutreffend herausgearbeitet hat, kann diese N o r m auf Beitragsleistungen jedenfalls bei gesellschaftsvertraglichen Sondervergütungen angewendet werden. 3 1 7 Die abweichende Sicht großer Teile des Schrifttums speist sich offenbar daraus, daß man sowohl einer Übertragung dienstvertraglicher Bestimmungen auf reine Dienstbeiträge 3 1 8 als auch einer Geltung der §§ 320 ff. B G B bei Leistungsstörungen in (bereits vollzogenen) Personengesellschaftsverhältnissen generell ablehnend gegenübersteht 3 1 9 . Schichtet man jedoch 3 1 6 Vgl. Ricbter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S . 4 3 9 f . ; näher Carr/ Mathewson,]. Law & Econ. 33 (1990), 307, 308, 319. 317 Leistungsstörungen, S. 356 ff. Zur Auswirkung eines Arbeitsausfalls auf eine bloße Gewinnbeteiligung siehe sogleich unter bb. 318 Vgl. etwa Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 1 4 Rn. 27; MünchKommBGB/£//mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 33. 3 1 9 Siehe O L G München vom 28.7.2000, ZIP 2000,2255, 2256 f.; Boujong, in: Ebenroth/Boujong/Joost, H G B , § 1 0 5 Rn. 81; Soer%eV Hadding, B G B , 12. Aufl., § 7 0 5 R n . 4 5 ; Baumbach/ Hopt, H G B , 30. Aufl., § 105 Rn. 48; Huber, Leistungsstörungen, Bd. II, § 47 IV 1, S. 483 ff.; Staud i n g e r / K e ß l e r , B G B , 12. Aufl., § 705 Rn. 11 ff.; Larenz, Schuldrecht, Bd. II, 12. Aufl., § 60 I b, S. 375; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rn. 139 ff.; Wiedemann, W M 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 5; großzügiger aber Wertenbruch, N Z G 2001, 306, 307 f.

522

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

die Frage nach dem Schicksal einer Tätigkeitsvergütung von den weiteren P r o b l e men ab, wie sich eine Störung auf die Beiträge der anderen Gesellschafter bzw. auf den F o r t b e s t a n d des gesamten Gesellschaftsverhältnisses auswirkt, bestehen letztlich keine durchgreifenden B e d e n k e n gegen einen grundsätzlichen R e k u r s auf § 323 Abs. 1 B G B bzw. n u n m e h r § 3 2 6 Abs. 1 B G B . 3 2 0 I m m e r h i n hat auch der B G H eine Differenzierung zwischen diesen Aspekten und die Zubilligung eines Leistungsverweigerungsrechts entsprechend § 320 B G B angedeutet, soweit es lediglich um das Verhältnis zwischen der (ordnungsgemäßen) Ausübung des G e schäftsführeramtes und der hierfür zugesagten Vergütung geht. 3 2 1 Z u d e m ist nicht einzusehen, welches strukturelle Hindernis einer A n w e n d u n g des § 3 2 6 Abs. 1 B G B (bisher § 323 Abs. 1 B G B ) im Personengesellschaftsrecht entgegenstehen sollte, während man diese N o r m bei Gegenseitigkeitsverhältnissen auf korporativer Grundlage völlig unbefangen entsprechend heranzieht. 3 2 2 D i e klare Differenzierung zwischen Regel und eigens zu begründender A u s nahme vermag eine allgemeine Vertragsanpassung kraft Treuepflicht oder infolge einer Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 B G B ) nicht zu leisten, weil sie über eine vergleichsweise unpräzise A b w ä g u n g der konfligierenden Interessen nicht h i n a u s k o m m t . A u ß e r d e m bleibt bei einem R e k u r s auf die Treuepflicht unklar, o b und gegebenenfalls aus welchem G r u n d e der Gesellschafter bis z u m Vollzug der Vertragsänderung einen Anspruch auf ein festes Entgelt behalten soll. I m übrigen ist nur schwer einzusehen, w a r u m die Treuepflicht überhaupt eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages gebieten soll, o b w o h l ein schlichtes F o r t b e s t e h e n der unter U m s t ä n d e n nur geringfügigen Tätigkeitsvergütung im allgemeinen weder den Z w e c k der Gesellschaft bedrohen dürfte n o c h einen mehr als nur marginalen E i n griff in die Mitgliedsinteressen der anderen Beteiligten darstellt. 3 2 3 Schließlich würde eine Vertragsanpassung zumindest teilweise über das Ziel hinausschießen. E s muß nämlich schon in der dogmatischen Grundfrage noch stärker als dies gemeinhin geschieht zwischen kurzfristigen und dauerhaften Störungen unterschieden werden. Bei temporären Ereignissen ist eine regelrechte Änderung des Gesellschaftsvertrages eine zu starke R e a k t i o n , weil der Gesellschaftsvertrag eine auf D a u e r angelegte Binnenverfassung konstituiert, 3 2 4 deren Abänderung dem mitarbeitenden Gesellschafter die Vergütung auch dann für die Z u k u n f t rauben würde, wenn er später wieder ordnungsgemäß tätig ist. In Fällen dieser Art ist deshalb zwischen der Störung der jeweiligen Leistungsbeziehung einschließlich der vermögensrechtlichen F o l g e n und den (sonstigen) A u s w i r k u n gen auf den Gesellschaftsvertrag als solchen zu differenzieren.

In der Grundtendenz ebenso Staudinger/Otto, B G B , 14. Bearb., Einl. zu §§ 320 ff. Rn. 21. B G H vom 28.11.1955, WM 1956,29. 3 2 2 Siehe dazu oben die Nachweise in Fn. 312 u. 313. 3 2 3 Zur Unterscheidung zwischen diesen beiden Interessenbereichen Zöllner, Anpassung, S. 40 ff., 49 ff., 5 I f f . 3 2 4 Zum Organisationscharakter von (Personen-)Gesellschaftsverträgen siehe nur Wiedemann, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 2 f. 320 321

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen

und variablen

Belügen

523

Bei einer dauerhaften Unfähigkeit zur Mitarbeit muß man dagegen zwei Ebenen auseinanderhalten: Soweit es um den Vergütungsanspruch als solchen geht, bleibt der Rückgriff auf § 326 Abs. 1 B G B (früher § 323 Abs. 1 B G B ) gegenüber einer alleinigen Heranziehung der Lehre von der Vertragsanpassungspflicht vorzugswürdig. Falls man nicht mit der Rechtsfigur einer r ü c k w i r k e n den Änderung oder schlicht mit § 242 BGB arbeiten will, 3 2 5 ändert sich nämlich nichts an dem soeben schon erwähnten Einwand, daß es nicht einleuchten würde, wenn der betroffene Gesellschafter den Entgeltanspruch bis z u m Vollzug der Vertragsmodifikation trotz Nichtleistung ungeachtet der Ursachen behielte. Zudem kann die Abgrenzung zwischen zeitweiligen und dauerhaften Störungen vielfach zweifelhaft sein. M a n denke an eine Erkrankung des geschäftsführenden Gesellschafters, bei der sich die Genesung immer wieder hinauszögert. Die Frage nach dem grundsätzlichen rechtlichen Schicksal des Vergütungsanspruchs kann indes nicht von den Zufälligkeiten des jeweiligen Geschehensablaufs abhängen. Im übrigen ergeben sich bei einer Heranziehung von § 326 Abs. 1 BGB (bislang § 323 Abs. 1 BGB) auch in G m b H mit satzungsrechtlichen Nebenleistungsdienstpflichten und Sondervergütungen mangels des Erfordernisses einer Satzungsänderung aus § 54 Abs. 3 G m b H G von vornherein keine Bedenken gegen die sofortige Berücksichtigung einer Leistungsstörung. Hiervon zu unterscheiden ist der Umstand, daß eine dauerhafte U n f ä higkeit eines Gesellschafters zur aktiven Mitarbeit, etwa eine schwere Krankheit, ein Grund sein kann, die kooperationsrechtliche Tätigkeitspflicht als solche zu beseitigen. Dies betrifft insbesondere die organschaftliche Geschäftsführung. 3 2 6 In einer solchen Konstellation findet die grundsätzlich bestehende Pflicht zur Wahrnehmung der Geschäftsführung mit der wirksamen Entziehung ihr Ende. Ohne eine entsprechende Mitarbeitspflicht endet aber auch der Anwendungsbereich der Leistungsstörungsregeln, so daß für den Fortfall des Anspruchs auf die Tätigkeitsvergütung von diesem Zeitpunkt an nicht mehr auf § 326 Abs. 1 BGB (früher § 323 Abs. 1 B G B ) rekurriert werden kann. 3 2 7

bb)

Gewinnbeteiligungen

Falls für die von einem Gesellschafter zu erbringenden Dienste keine feste Tätigkeitsvergütung vereinbart worden ist, sondern er durch die allgemeine Beteiligung am Gewinn entlohnt werden soll, geht es um die von Hiittemann für das Personengesellschaftsrecht jüngst ausführlich erörterte, treffend als „Beteili325 Zur zeitlichen Dimension der Lehre von der Vertragsanpassung siehe K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 5 IV 3, S. 137 ff. 326 Vgl. (zu § 117 HGB): BGH vom 19.12.1951, LM § 117 HGB Nr. 1; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., §117 Rn.6; Baumbach///o/>i, HGB, 30. Aufl., §117 Rn. 4; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 VII 3, S. 147; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 117 Rn. 19; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 117 Rn. 36. 327 Zu den vermögensrechtlichen Folgen einer dauerhaften Beendigung der Mitarbeitspflicht siehe unten sub IV.

524

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

gungsgefahr" bezeichnete Frage, ob eine zufällige Leistungsverhinderung die Teilhabe am Ergebnis unberührt läßt oder der mitarbeitende Gesellschafter zumindest grundsätzlich seinen Anspruch auf Gewinnpartizipation ganz oder teilweise verliert. 3 2 8 D i e insoweit nicht sehr zahlreiche J u d i k a t u r neigt dazu, Auswirkungen einer Dienstverhinderung für die Ergebnisbeteiligung von vornherein zu verneinen. So hat das O L G H a m b u r g in einem älteren Urteil entschieden, daß ein nicht zu vertretendes Entfallen der gesellschaftsvertraglich zugesagten Mitarbeit keine E n t ziehung oder K ü r z u n g des Gewinnanteils rechtfertige. 3 2 9 Z u r Begründung wird auf die gesetzlich vorgesehene Regelung der Gewinnverteilung nach K ö p f e n (§§ 722 Abs. 1 B G B , 121 Abs. 3 H G B ) verwiesen. E i n e vergleichbare Ansicht findet sich in einer Entscheidung des O L G Düsseldorf für die Situation des krankheitsbedingten Ausfalls eines Gesellschafters. 3 3 0 D a b e i hebt das O L G Düsseldorf insbesondere das F o r t w i r k e n der früheren Beiträge des Gesellschafters für den finanziellen E r f o l g des U n t e r n e h m e n s hervor. In beiden Erkenntnissen wird die vermögensrechtliche Unbeachtlichkeit eines Entfallens der aktiven Mitarbeit demnach auf gesellschaftsrechtliche und nicht etwa auf arbeitsrechtliche E r w ä gungen gestützt. A u f eine zumindest im Ergebnis ähnliche Einschätzung läuft ein Urteil des B G H hinaus, nach dem eine für die Zeit einer unfallbedingten Verhinderung vereinbarte G e w i n n k ü r z u n g ein „ E n t g e g e n k o m m e n " des verletzten G e sellschafters sei, das v o m R e c h t nicht gefordert werde. 3 3 1 Dies scheint auch die Ansicht von Loritz zu sein, wenn er ohne jede Differenzierung und nähere B e gründung wiederholt die T h e s e aufstellt, daß eine Gewinnbeteiligung unabhängig davon bestehe, o b die Tätigkeit geleistet werde oder n i c h t . 3 3 2 D a s übrige Schrifttum vertritt demgegenüber einhellig die Ansicht, daß der nicht zu vertretende Wegfall eines Beitrags im allgemeinen zu einer Änderung der Gewinnbeteiligung des betroffenen Gesellschafters führt. D i e Begründungen für dieses Ergebnis schwanken wiederum. Entsprechend der in der neueren L e h r e verbreiteten grundsätzlichen A b l e h n u n g einer A n w e n d u n g der SS 323 ff. B G B auf mehrgliedrige Personengesellschaften plädiert man insoweit überwiegend für eine Vertragsanpassung kraft Treuepflicht bzw. infolge eines Wegfalls der G e schäftsgrundlage. 3 3 3 E i n e direkte Heranziehung des S 323 B G B (nunmehr S 3 2 6 B G B ) wird nur bei den Zweipersonengesellschaften bzw. nur bei den zweigliedrigen Innengesellschaften b e f ü r w o r t e t . 3 3 4 Schnorr

von Carolsfeld

hat sich gerade

Leistungsstörungen, S. 190 ff. OLG Hamburg vom 13.7.1920, OLG Rspr. 41 (1921), 201 f. 330 OLG Düsseldorf vom 26.4.1956, NJW 1956, 1802, 1803. 331 BGH vom 6.10.1964, VersR 1965, 1243, 1244. 332 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 336, 407. 333 Soergel/Haddmg, BGB, 12. Aufl., § 705 Rn. 45; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §20 III 5 a, S. 587; MünchKommBGB/i//mer, 3. Aufl., § 705 Rn. 143; ErmanIH. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 705 Rn. 43; Wiedemann, WM 1990, Sonderbeilage Nr. 8, S. 5; Zöllner, Anpassung, S. 50. Demgegenüber hält Ballerstedt, JuS 1963, 253, 259, offenbar die Vertragsauslegung für ein in jedem Falle ausreichendes Instrument. 328

329

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen

und variablen

Bezügen

525

für den Ausfall der Arbeitsleistung von vornherein lediglich auf die Billigkeit berufen. 3 3 5 Andere Stimmen halten dagegen bei einem Unterbleiben der aktiven Mitarbeit als Geschäftsführer 3 3 6 oder ganz generell 3 3 7 eine analoge Anwendung des § 323 B G B (jetzt § 326 B G B ) für möglich. 3 3 8 Nach Ansicht von

Hüttemann

soll man sich in allen Fällen dieser Art sogar unmittelbar auf § 323 Abs. 1 B G B (nunmehr § 326 Abs. 1 B G B ) mit der Folge stützen können, daß der Anspruch des fraglichen Gesellschafters auf die Ergebnisbeteiligung vollständig bzw. partiell untergehe. 3 3 9 Die von Hüttemann

sorgfältig referierte Gesetzgebungsge-

schichte zeigt freilich, daß man jedenfalls bei einer Teilunmöglichkeit zwar einerseits die Grundsätze des allgemeinen Schuldrechts als anwendbar ansah, andererseits aber die konkreten Rechtsfolgen nicht selbst abschließend

festlegen,

sondern Wissenschaft und Praxis überlassen wollte. 3 4 0 Dies ändert jedoch nichts daran, daß man zumindest den Rechtsgedanken des § 326 Abs. 1 (bislang § 323 Abs. 1 B G B ) analog heranziehen kann, um bei einer vollständigen oder teilweisen Verhinderung der Mitarbeit den völligen bzw. partiellen Untergang des A n spruchs auf die Gewinnbeteiligung 3 4 1 zu begründen. 3 4 2 Zwar ist es verständlich, daß die momentan vorherrschende Lehre von der Vertragsanpassungspflicht eine große Anziehungskraft ausübt, weil sie gegenüber der noch vom R G bekanntlich in ständiger Rechtsprechung vertretenen grundsätzlichen Heranziehung der §§ 320 ff. B G B 3 4 3 ein Höchstmaß an Flexibilität verspricht. Hält man sich indes vor Augen, daß es im vorliegenden Zusammenhang nur um die Folgen einer Störung der Mitarbeit für das Gewinnrecht geht, besteht der Vorteil eines Rekurses auf § 326 Abs. 1 B G B (früher § 323 Abs. 1 B G B ) wiederum darin, daß die Regel klarere Konturen aufweist und etwaige Ausnahmen positiv begründet werden müssen, während bei allgemeinen Überlegungen zur gesellschaftlichen Treuepflicht die Gefahr einer diffusen Abwägung zwischen dem Bestandsinteresse des betroffenen Gesellschafters und dem Veränderungsinteresse der übrigen Beteiligten besteht. Hinzu treten die bereits im Zusammenhang mit festen Sondervergütungen erwähnten weiteren Aspekte. 334

Vgl. Flume,

Personengesellschaft, § 2 IV, S. 30; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 7 0 5

Rn. 44. FS A. Hueck (1959), S. 261, 274. Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 48; Gogos, Geschäftsführung, S. 58, 60. 3 3 7 B G B - R G R K A ; . Gamm, 12. Aufl., § 705 Rn. 9; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 6 II 3 d, S. 58. 3 3 8 Gegen einen automatischen Untergang des Gewinnbeteiligungsrechts aber ausdrücklich S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 705 Rn. 45. 3 3 9 Leistungsstörungen, S. 198 ff., 203 ff. 3 4 0 Motive, Bd. II, S. 600. 3 4 1 Zur Berechnung siehe Hüttemann Leistungsstörungen, S. 284 ff. 3 4 2 In der Grundtendenz ähnlich Staudinger/Otio, B G B , 14. Bearb., Einl. zu §§ 320 ff. Rn. 21. 3 4 3 Siehe R G vom 29.4.1911, R G Z 76, 276, 279; R G vom 21.2.1912, R G Z 78, 303, 305; in diesem Sinne auch R G vom 5.4.1935, R G Z 147, 340, 341 f.; R G vom 13.4.1940, R G Z 167, 385, 388. Demgegenüber hat der B G H ein klares Bekenntnis für oder gegen die generelle Anwendbarkeit der § § 3 2 0 f f . B G B bislang vermieden; vgl. B G H vom 28.11.1955, W M 1956, 29; B G H vom 6.11.1958, W M 1959,53, 54. 335

336

526

5 9 Entgeltrechtliche

c) Ausnahmen

zur generellen

Risikotragung

Fragen

durch den

Beschäftigten

Unabhängig von der konkreten Begründung des prinzipiellen Entfallens bzw. der Kürzung einer festen Tätigkeitsvergütung oder einer Gewinnbeteiligung bei einer Leistungsverhinderung stellt sich die Frage, ob es Gründe gibt, die für eine Fortzahlung des Entgelts trotz Nichtleistung sprechen. Erneut bietet es sich an, nach den Ursachen zu differenzieren, die dazu führen, daß ein Gesellschafter seine Tätigkeit zeitweilig oder auf Dauer nicht mehr erbringen kann. Dabei lassen sich im wesentlichen unternehmensbezogene und mitarbeiterbezogene Umstände unterscheiden. aa) Unternehmensbezogene (1)

Umstände

Annahmeverweigerung

In die Kategorie der aus dem Bereich der Gesellschaft rührenden Umstände fallen diejenigen Ereignisse, die in einem zunächst untechnischen Sinne als Annahmeverweigerung bezeichnet werden können. Gemeint sind damit solche Konstellationen, in denen das Unterbleiben der Mitarbeit bei objektiv fortbestehender Tätigkeitspflicht allein auf einem Willensakt der Gesellschaft bzw. der Mitgesellschafter beruht. Soweit man sich überhaupt mit dieser Problematik befaßt, wird zumeist das Beispiel genannt, daß einem geschäftsleitenden Personengesellschafter seitens der übrigen Gesellschafter durch Beschluß unter Berufung auf einen wichtigen Grund die Geschäftsführung entzogen wird. 3 4 4 Eine solche Verfahrensweise kann bei der O H G bzw. der K G gesellschaftsvertraglich an die Stelle der an sich gemäß § 117 H G B vorgesehenen Gestaltungsklage gesetzt werden 3 4 5 . In einem derartigen Falle führt der Entziehungsbeschluß dazu, daß der Gesellschafter an der weiteren Ausübung des Geschäftsführeramtes gehindert wird. 3 4 6 Allerdings hat er die Möglichkeit, das Fehlen eines wichtigen Grundes gerichtlich feststellen zu lassen. Sofern das Gericht die Unwirksamkeit des Entziehungsbeschlusses feststellt, wird die Geschäftsführungsbefugnis des betroffenen Gesellschafters wiederhergestellt. 347 Auch wenn der Geschäftsführer in der Zwischenzeit nicht gearbeitet hat, ist ihm ein Anspruch auf die volle Tätigkeitsvergütung

344 Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 343 f.; Schlegelberger/Mijriens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 52. 3 4 5 Vgl. nur B G H vom 20.12.1982, B G H Z 86, 177, 180; Baumbach/Z/o/«, H G B , 30. Aufl., § 1 1 7 Rn. 12. Sofern die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis entsprechend der gesetzlichen Normalregelung dagegen durch Gestaltungsklage erfolgt, bleibt der Geschäftsführer bis zur Rechtskraft der Entscheidung grundsätzlich im Amt, so daß sich das Problem der Vergütung bei zwischenzeitlich unterbliebener Tätigkeit nicht stellt; verkürzt deshalb die Darstellung bei Hiittemann, Leistungsstörungen, S. 343 f. 3 4 6 Für eine (vorläufig) gestaltende Wirkung auch beim Fehlen eines wichtigen Grundes Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 52; Vollmer, B B 1984, 1774, 1776; in diesem Sinne für die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grunde durch Beschluß offenbar auch B G H vom 17.12.1959, B G H Z 31, 295, 301 f. 3 4 7 Vgl. Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 52; Vollmer, B B 1984, 1774, 1776.

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen und variablen

Bezügen

52 7

bzw. ein ungeschmälertes Gewinnrecht zuzubilligen. 3 4 8 Die Störung der Mitarbeit beruht in dieser Gestaltung nämlich ausschließlich darauf, daß die Mitgesellschafter den Geschäftsführer zu Unrecht seines Amtes enthoben haben. Dies darf für ihn keine finanziellen Nachteile zur Folge haben. 3 4 9 Als Grundlage spricht bei einer auf die Geschäftsführung konzentrierten Dienstpflicht 3 5 0 - das meiste für eine Anwendung von § 324 Abs. 1 BGB bzw. nunmehr § 326 Abs. 2 BGB. 3 5 1 Dies ergibt sich allerdings nicht schon aus dem Charakter der Geschäftsführungstätigkeit als einer absoluten Fixschuld. Denn zumindest beim Fehlen sonstiger, zeitunabhängiger Leistungshindernisse ist § 6 1 5 BGB der Vorzug gegenüber § 326 Abs. 2 BGB (bisher § 324 Abs. 1 BGB) einzuräumen. 3 5 2 In einer solchen Konstellation tritt jedoch die - vorläufige - Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis hinzu, die den Betroffenen vorübergehend aus rechtlichen Gründen daran hindert, das Geschäftsführungsamt auszuüben. Insoweit kann nichts anderes als bei der Abberufung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H gelten. 353 Bei der GbR ist die Rechtslage etwas komplizierter. Die nach dem Normalstatut der GbR mögliche Entziehung der gesellschaftsvertraglich übertragenen Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund (§ 712 Abs. 1 BGB) führt nach einer mehrfach vertretenen Ansicht nämlich dazu, daß nunmehr die gesetzliche Gesamtgeschäftsführungsbefugnis nach § 709 Abs. 1 BGB Platz greift. 354 Folglich ist der betroffene Gesellschafter weiterhin zu einer aktiven Mitwirkung an der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Ungeachtet der allgemeinen Auswirkungen einer solchen Veränderung auf eine Tätigkeitsvergütung ist aber jedenfalls beim Fehlen eines wichtigen Grundes davon auszugehen, daß ein Gesellschafter, der in der Zwischenzeit bis zur Rechtskraft einer dies feststellenden gerichtlichen Entscheidung die ihm ursprünglich übertragene Geschäftsführung wegen des Entziehungsbeschlusses nicht wahrgenommen hat, seinen Anspruch auf die Vergütung gemäß § 326 Abs. 2 BGB (früher § 324 Abs. 1 BGB) behält.

3 4 8 Ebenso Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 344; in diesem Sinne auch Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. A u f l . , § 117 R n . 52. 3 4 9 Zu den Folgen einer w i r k s a m e n Beendigung der Mitarbeitspflicht siehe dagegen unten sub IV. 3 5 0 Zu der an dieser Stelle nicht näher zu vertiefenden P r o b l e m a t i k einer über den Bereich der G e s c h ä f t s f ü h r u n g hinausreichenden Mitarbeitspflicht siehe unten sub § 12 I 1 a aa (1) (b) (aa). 351 § 326 Abs. 2 B G B n.F. ersetzt mit leichten U m f o r m u l i e r u n g e n den bisherigen § 324 B G B ; vgl. B T - D r u c k s . 14/6040 v o m 14.5.2001, S. 188 f. Für einen R e k u r s auf § 615 B G B Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 344. 3 5 2 Z u m grds. Verhältnis von § 615 B G B u n d § 324 B G B a. F. siehe Oetker, Dauerschuldverhältnis, S. 337 ff., der § 6 1 5 B G B auf nachholbare Dienstleistungen beschränkt, sich aber die M ö g l i c h k e i t einer A n a l o g i e zu § 6 1 5 B G B bei Tätigkeiten mit dem C h a r a k t e r einer absoluten Fixschuld z u m i n d e s t offenhält (S. 341). 353 Siehe d a z u sogleich im Text. 3 5 4 O L G M ü n c h e n v o m 10.8.1949, D R Z 1950, 280; RGRK/t>. Gamm, B G B , 12. A u f l . , § 712 R n . 4; Staudinger ¡Keßler, B G B , 12. A u f l . , § 712 R n . 5; einschränkend aber M ü n c h K o m m B G B / Ulmer, 3. A u f l . , § 712 R n . 17; E r m a n ! H . P. Westermann, B G B , 10. A u f l . , § 712 R n . 8.

528

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

Zu einer Nachleistung ist der geschäftsführende Gesellschafter auch dann nicht verpflichtet, wenn dies rein tatsächlich möglich wäre. Schnorr von Carolsfeld hat seinerzeit zwar pauschal eine Pflicht des mitarbeitenden Gesellschafters bejaht, die ausgefallene Mitarbeit nachzuholen. 3 5 5 Seine Begründung, der Gesellschafter arbeite letztlich für sich selbst, kann indes nicht überzeugen. Ein von der Geschäftsführung von seinen Mitgesellschaftern zu Unrecht entbundender G e sellschafter hat ebenso wie ein sonstiger Beschäftigter ein legitimes Eigeninteresse daran, die ohne sein Zutun ausgefallenen Dienste nicht in seiner Freizeit nacharbeiten zu müssen und trotzdem entgolten zu bekommen. 3 5 6 Für mitarbeitende Personengesellschafter unterhalb der Geschäftsführungsebene gilt im Ergebnis dasselbe. Entscheidend ist, ob die Verhinderung der Tätigkeit, die an sich zu einer finanziellen Einbuße auf der Seite des Dienstpflichtigen führt, auf einem Handeln des für die Einforderung der Mitarbeit zuständigen O r gans beruht. D a in diesen Fällen aber keine rechtliche Befugnis entzogen wird, derer der Betroffene zur Ausübung seiner Tätigkeit bedarf, liegt es am nächsten, insoweit nicht auf § 326 Abs. 2 (bislang § 324 Abs. 1 B G B ) , sondern auf den Rechtsgedanken des § 615 B G B zurückzugreifen. 3 5 7 Soweit die persönliche Rechtsstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H - ausnahmsweise - nicht in einem schuldrechtlichen Anstellungsvertrag geregelt ist, sondern sowohl die Mitarbeitspflicht als auch die dafür vorgesehene Vergütung eine korporative Grundlage haben, besteht bei einer schlichten Abberufung gemäß § 38 Abs. 1 G m b H G eine vergleichbare Situation. Die Abberufung als solche entzieht dem Betroffenen lediglich die Organstellung, beseitigt für sich genommen aber noch nicht die rechtliche Basis der bisher wahrgenommenen Tätigkeit. Solange die entsprechenden Satzungsbestimmungen fortbestehen, führt die Abberufung somit grundsätzlich zu einer Leistungsstörung. 3 5 8 Hinsichtlich der Folgen für den Mitarbeiter muß dasselbe wie beim Vorhandensein eines die Organposition überdauernden Anstellungsvertrages gelten, bei dem man dem ehemaligen Geschäftsführer ebenfalls einen Vergütungsanspruch zubilligt, dessen Grundlage - wegen der Abberufung als einem rechtlichen Hindernis für die weitere Amtsausübung - mit dem überwiegenden Schrifttum 3 5 9

FS A. Hueck (1959), S. 261, 275. Gegen eine Nachleistungspflicht auch Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 51. 357 Eine Anwendung von § 326 Abs. 2 B G B n.F. stünde hier vor der Schwierigkeit, daß sich auch der betroffene Gesellschafter selbst das Verhalten der Geschäftsführung zurechnen lassen muß, also in gewissem Sinne eine von beiden Seiten zu vertretende Unmöglichkeit vorläge. Dennoch ist auch bei einer Einstufung als Unmöglichkeit eine gemeinschaftliche Risikotragung durch die Gesellschafter anzunehmen; so überzeugend Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 323 ff. 3 5 8 Zur Frage einer über den Bereich der Geschäftsführung hinausreichenden Dienstpflicht siehe wiederum unten sub § 12 I 1 a aa (1) (b) (aa). 359 Bauer/Gragert, ZIP 1997, 2177, 2183; Fonk, N Z G 1998, 408; Greger, FS Boujong (1996), 145, 151 ff.; Reuter, FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 487, 490; nicht eindeutig Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 38 Rn. 25. 355

356

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen und variablen

Beziigen

529

und gegen die Rechtsprechung 3 6 0 in § 324 Abs. 1 BGB (nunmehr § 326 Abs. 2 BGB) und nicht in § 615 BGB zu sehen ist. Demnach ist in der bislang kaum behandelten Konstellation einer korporativen Regelung der persönlichen Rechtsstellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers ebenfalls davon auszugehen, daß der Entgeltanspruch im Grundsatz solange weiter existiert, bis auch die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen über die Mitarbeit ihr Ende gefunden haben. 361

(2) Veränderungen

des

Arbeitsanfalls

Eine weitere Fallgruppe ist mit einem Sachverhalt angesprochen, über den das O L G Koblenz zu befinden hatte. 362 Hierbei sollte ein OHG-Gesellschafter einvernehmlich einen bestimmten Geschäftsbereich betreuen. Durch eine Auftragsentziehung entfiel der Aufgabenbereich. Einer Neuverteilung der Geschäftsführung verweigerten sich die übrigen Gesellschafter. An der grundsätzlichen Fortexistenz des Anspruchs auf die Tätigkeitsvergütung kann in dieser Situation kein Zweifel bestehen. 363 Das O L G Koblenz hat sich hierfür recht allgemein auf die gesellschaftliche Verbundenheit der Beteiligten sowie die Treuepflicht gestützt. Man wird jedoch in einer derartigen Konstellation im Sinne der soeben erfolgten Darlegungen gesetzesnäher an eine entsprechende Anwendung des § 615 BGB zu denken haben. Der Arbeitsausfall beruht in der Sache auf der Weigerung der sonstigen Gesellschafter, die Aufgaben anders zu verteilen. Dies darf sich nicht zu Lasten des mitarbeitenden Gesellschafters auswirken. 3 6 4 Mit dieser Überlegung allein läßt sich freilich nicht der Fall bewältigen, daß infolge eines Rückgangs der Geschäfte in einer Gesellschaft tatsächlich weniger zu tun ist und nunmehr für einen oder auch mehrere Gesellschafter das Bedürfnis für eine aktive Mitarbeit objektiv entfallen ist. In einer solchen Konstellation spricht vieles für eine zweistufige Lösung: Solange es nur hin und wieder an momentanen Arbeitsmöglichkeiten fehlt, ist der Gesellschaft als solcher das Risiko 3 6 0 B G H v o m 15.2.1968, W M 1968, 611, 612; B G H v o m 3.5.1973, W M 1973, 782, 785; B G H v o m 9.2.1978, W M 1978, 319, 320; O L G Düsseldorf v o m 15.1.1987, BB 1987, 567 ff.; O L G Koblenz v o m 7.10.1993, G m b H R 1994, 887, 888; B G H v o m 9.10.2000, N J W 2001, 287, 288; ebenso Kothe-Heggemann/Dahlbender, G m b H R 1996, 650, 652; Röder/Lingemann, D B 1993, 1341, 1346 f.; Hachenburg/Stez«, G m b H G , 8. A u f l . , § 38 R n . 32; A. Wolff SAE 2001, 203 ff.; im Erg. ferner B G H v o m 18.10.1996, A P Nr. 135 zu § 626 B G B (bei w i r k s a m e r A b b e r u f u n g u n d gleichzeitiger u n w i r k s a m e r K ü n d i g u n g des Anstellungsvertrages); f ü r einen R e k u r s auf die § § 323 ff. B G B in einer vergleichbaren genossenschaftsrechtlichen Konstellation aber R G vom 19.4.1939, D R 1939, 1527, 1528. 361 In diese R i c h t u n g ebenfalls Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 339 f. Siehe hierzu auch noch unten sub § 1 2 1 1 a a a ( l ) (b) (aa). 3 6 2 O L G K o b l e n z v o m 20.9.1979, D B 1980, 247 ff. 3 6 3 Siehe nur S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. A u f l . , § 713 R n . 14. 3 6 4 Soweit das O L G K o b l e n z in einer H i l f s b e g r ü n d u n g das Fortbestehen des A n s p r u c h s auch f ü r den Fall bejaht, daß der Gesellschafter aus A l t e r s g r ü n d e n nicht mehr in der L a g e ist, sich in einen neuen Geschäftsbereich einzuarbeiten, ist d a z u noch im R a h m e n der mitarbeiterbezogenen H i n d e r u n g s g r ü n d e Stellung zu nehmen; siehe u n t e n sub bb.

530

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

eines wirtschaftlichen sinnvollen Einsatzes der angebotenen Dienstbeiträge zuzuweisen, so daß (analog § 615 BGB) weder eine Festvergütung noch eine Gewinnbeteiligung zu kürzen sind. Dieses Risiko wird somit vergemeinschaftet und auf sämtliche Gesellschafter (einschließlich des oder der unmittelbar Betroffenen) entsprechend ihren Anteilen umgelegt. Geht der Arbeitskräftebedarf der Gesellschaft auf Dauer zurück und kann dieser Umstand nicht durch die Entlassung von (nichtbeteiligten) Arbeitnehmern aufgefangen werden, gebietet die Treuepflicht eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages an die veränderte Sachlage. Insbesondere ein Gesellschafter, der ausschließlich seine Dienste einbringt und dafür eine üppige Tätigkeitsvergütung erhält, kann nicht auf einer unveränderten Aufrechterhaltung der vermögensrechtlichen Regelungen beharren und dadurch die Verhältnisse zu Lasten der lediglich kapitalgebenden Gesellschafter verschieben, wenn er dauerhaft deutlich weniger zu tun hat. (3) Technische

Störungen

Die letzte in diesem Zusammenhang anzusprechende Gestaltung bilden die Fälle, die im Arbeitsrecht gemeinhin unter das Stichwort „Betriebsrisiko" fallen. Hierbei geht es u m solche Konstellationen, bei denen - im Gegensatz zu den soeben geschilderten Sachverhalten - die Verhinderung einer tatsächlichen Arbeitsleistung nicht unmittelbar auf einem willentlichen Handeln, sondern auf G r ü n d e n beruht, die den Betrieb als solchen zum Erliegen bringen und weder vom Dienstgeber noch vom Beschäftigten zu vertreten sind (Witterung, Stromausfall etc.). Im Arbeitsrecht erlegt man dem Arbeitgeber schon seit langem die Entgeltzahlungspflicht f ü r derartige Störungen auf. 365 Eine Übertragung der insoweit geltenden Grundsätze auf mitarbeitende Gesellschafter wird bislang nur ansatzweise diskutiert. Schnorr von Carolsfeld hat die Heranziehung der Betriebsrisikolehre prinzipiell abgelehnt. 366 Loritz sendet disparate Signale aus: Auf der einen Seite ist davon die Rede, daß ein Beteiligter bei einer festen Tätigkeitsvergütung nach dem Willen der Gesellschafter hinsichtlich des Lohnrisikos wie ein Angestellter zu behandeln sei. 367 Danach müßte er der Betriebsrisikolehre unterfallen. Auf der anderen Seite heißt es generell, daß die Betriebsrisikolehre nicht gelten könne, weil dienstleistende Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen seien. 368 Wenn sich weitere Stimmen vergleichsweise allgemein gegen einen Rückgriff auf arbeitsrechtliche Grundsätze aussprechen, 3 6 9 so kann dies ebenfalls als ein negatives Votum gedeutet werden. Es empfiehlt sich, in dieser Frage vorab die einzelnen möglichen Konstellationen näher zu beleuchten. Dabei zeigt sich, daß sich technische Betriebsstörun365 Siehe d a z u n u r Schaub, A r b e i t s r e c h t s - H a n d b u c h , 9. Aufl., § 101 Rn. 10. Z u r N e u r e g e l u n g in § 615 S. 3 i. V. m. S. 1 B G B sogleich im Text. 366 FS A. H u e c k (1959), S. 261, 274 Fn. 44. 367 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 337. 368 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 412. 369 Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 27.

III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen

Bezügen

531

gen bei geschäftsleitenden Gesellschaftern zumeist nicht in einem Arbeitsausfall niederschlagen. D e r Aufgabenzuschnitt bringt es nämlich mit sich, daß die U n möglichkeit einer bestimmten Teilaufgabe sofort durch eine andere Aufgabenstellung kompensiert wird. S o führt etwa ein kompletter Stromausfall bei diesem Personenkreis regelmäßig nicht zu einem Erliegen der Arbeit, weil in einem solchen Falle umgehend entsprechende M a ß n a h m e n zu ergreifen sind, u m die S t ö rung möglichst rasch zu beseitigen. E s fehlt somit an einem Leerlauf, der die F r a ge nach dem Schicksal des Entgeltanspruchs überhaupt erst aufwirft. D i e geringe Spezifizierung der Tätigkeit, der grundsätzliche Z w a n g zur Selbstorganisation und die Verantwortlichkeit für das U n t e r n e h m e n s g a n z e haben bei geschäftsleitenden Gesellschaftern im allgemeinen zur Folge, daß technische Störungen des Betriebsablaufs keine U n t e r b r e c h u n g der Arbeitsmöglichkeit bewirken. E t w a s anderes k o m m t nur dann in Betracht, wenn ein Gesellschafter trotz formaler G e schäftsführerposition in ein enges K o r s e t t von Weisungen eines anderen Gesellschafters bzw. der Gesellschafterversammlung eingebunden ist und damit letztlich wie ein (einfacher) Angestellter tätig wird. Bei diesen Personen kann es ebenso wie bei sonstigen mitarbeitenden Gesellschaftern in untergeordneter Stellung dazu k o m m e n , daß eine den B e t r i e b als solchen erfassende Störung (Materialmangel, Stromausfall) zu einem Fortfall der Tätigkeitsmöglichkeit führt. E i n e Entlastung des einzelnen Gesellschafters setzt Klarheit darüber voraus, aus welchen G r ü n d e n man im Arbeitsrecht dem Arbeitgeber die E n t g e l t z a h lungspflicht aufbürdet. D i e Rechtsprechung hat insoweit immer wieder den G e danken herangezogen, daß der Arbeitgeber den B e t r i e b organisiere und die E r träge vereinnahme. 3 7 0 Allerdings wird zu R e c h t darauf verwiesen, daß er auch in solchen Konstellationen zur Zahlung verpflichtet bleibt, in denen die Störung die Folge eines von außen k o m m e n d e n , schlechterdings nicht beherrschbaren Ereignisses darstellt. 3 7 1 Folglich kann man die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers bei Störungen der Beschäftigungsmöglichkeit zumindest nicht allein auf das B e herrschbarkeitsprinzip stützen. D e m e n t s p r e c h e n d werden im Schrifttum häufig andere G r ü n d e zur Legitimation dieser Regel genannt. So wird vielfach auf ein allgemeines arbeitsrechtliches Schutzprinzip zurückgegriffen, das aus dem Verlust der wirtschaftlichen Selbständigkeit des Arbeitnehmers resultieren und den Arbeitgeber als N u t z n i e ß e r der Tätigkeit des Beschäftigten zur Daseinsvorsorge verpflichten soll. 3 7 2 Teilweise beruft man sich für bestimmte Fallgruppen zusätz370 Vgl. BAG vom 8.2.1957, AP Nr. 2 zu §615 BGB Betriebsrisiko (Bl. 1R); BAG vom 4.7.1958, AP Nr. 5 zu § 615 BGB Betriebsrisiko (Bl. 1R); BAG vom 7.12.1962, AP Nr. 14 zu § 615 BGB Betriebsrisiko (unter 3); BAG vom 30.5.1963, AP Nr. 15 zu § 615 BGB Betriebsrisiko (unter 2 b); BAG vom 9.3.1983, AP Nr. 31 zu § 615 BGB Betriebsrisiko (Bl. 2R). 371 Koller, Risikozurechnung, S. 391, 423; Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, S. 71 f.; ähnlich Kalb, Betriebsrisikolehre, S. 55; Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 89. 372 Grdl. Wiedemann, Arbeitsverhältnis, S. 14 ff., 88 f.; zust. Kalb, Betriebsrisikolehre, S. 100 ff.; als Kriterium zur Abrundung sonstiger Prinzipien auch Beuthien, Zweckerreichung, S. 88; Koller, Risikozurechnung, S. 425 ff.; dagegen Picker, JZ 1979, 285, 286 f.; Staudinger/ Richardi, BGB, 13. Bearb., § 615 Rn. 215.

532

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

lieh auf eine allgemeine Risikoverantwortung des Gläubigers 373 bzw. auf den Umstand, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer veranlaßt hat, ihm seine Arbeitskraft für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung zu stellen, und ihn dadurch von einem anderen nutzbringenden Einsatz seiner Leistungskapazität abgehalten hat 374 . Schließlich meint eine im Vordringen befindliche Strömung in der Literatur, daß sich die Lösung schon nach dem bislang geltenden Recht unmittelbar aus dem Gesetz (§615 BGB) ergebe, 375 wobei hinsichtlich des dahinterstehenden Prinzips freilich Meinungsunterschiede bestehen. Während man insoweit teilweise wiederum das arbeitsrechtliche Schutzprinzip heranzieht, 376 sieht die überwiegende Auffassung in dieser Vorschrift den Ausdruck des Grundsatzes, daß den Gläubiger einer Dienstleistung ganz allgemein die Substratgefahr trifft bzw. er das Verwendungsrisiko trägt. 377 Mit dem neuen § 615 S. 3 BGB hat sich die normative Ausgangslage verändert. Nach dieser Vorschrift soll § 615 S. 1 BGB in den Fällen entsprechend gelten, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt. Hierdurch ist die von der - älteren - Rechtsprechung nach eigenem Bekunden praeter legem entwickelte Risikotragungsregel nunmehr in das Gesetz aufgenommen worden. Zugleich hat der Gesetzgeber damit zu verstehen gegeben, daß er die Betriebsrisikolehre nicht schon in § 615 S. 1 BGB verankert sieht. 378 Im übrigen ändert die Neuregelung aber nichts daran, daß für ihre Übertragung auf sonstige Gestaltungen weiterhin danach gefragt werden muß, welche Prinzipien der Anlastung des Risikos beim Arbeitgeber zugrunde liegen. Der Gesetzgeber hat sich insoweit darauf beschränkt, auf den von der Judikatur früher verwendeten, mittlerweile aber nicht mehr herangezogenen Gedanken einer sozialen Arbeits- und Betriebsgemeinschaft zwischen dem Unternehmer und der Belegschaft zu verweisen. 379 Eine solche Bemerkung vermag den Gesetzesanwender indes nicht zu binden. Es ist daher zulässig und erscheint insgesamt vorzugswürdig, primär auf den gesetzesnächsten Aspekt des allgemeinen Verwendungsrisikos des Dienstleistungsgläubi-

373

Beuthien, Z w e c k e r r e i c h u n g , S. 79 ff., 88. Koller, R i s i k o z u r e c h n u n g , S. 391, 423. 375 Grdl. Picker, J Z 1979, 285, 290 ff.; ders., FS Kissel (1994), S. 813 ff.; ebenso M ü n c h A r b R / Blo-meyer, 2. Aufl., § 57 Rn. 19; S o e r g e l / K r a f t , B G B , 12. Aufl., § 615 R n . 70; E r f K / P r a s , 2. Aufl., § 6 1 5 B G B R n . 134; S t a u d i n g e r / R i c h a r d t , B G B , 13. Bearb., § 6 1 5 Rn. 1 ff.; 17ff., 203 ff.; 214; Wank, A r b e i t n e h m e r u n d Selbständige, S. 70 f.; Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht, 5. Aufl., § 18 V 1 c, S.240. F ü r eine direkte A n w e n d u n g v o n § 6 1 5 B G B n u n m e h r auch B A G v o m 18.5.1999, A P N r . 7 zu § 1 T V G : Betonsteingewerbe (unter I 2 c); z u r ü c k h a l t e n d S t a u d i n g e r / O t t o , B G B , 14. Bearb., § 3 2 4 Rn. 28. 376 Wank, A r b e i t n e h m e r u n d Selbständige, S. 70 f. In diesem Sinne - neben d e m A b s o r p t i o n s p r i n z i p - auch S t a u d i n g e r / O t t o , B G B , 14. Bearb., § 324 Rn. 27 f. 377 So insbesondere Picker, J Z 1979, 285, 290 ff.; ders., FS Kissel (1994), S. 813 ff.; ferner M ü n c h A r b R / B l o m e y e r , 2. Aufl., § 57 Rn. 19; S o e r g e l / K r a f t , B G B , 12. Aufl., § 615 R n . 71 f.; Staudinger/.Richardi, B G B , 13. Bearb., § 615 Rn. 1 ff., 17 ff., 203 ff.; 214. 378 Siehe d a z u auch B T - D r u c k s . 14/6857 v o m 31.8.2001, S. 48; f e r n e r B T - D r u c k s . 14/7052 v o m 9.10.2001, S. 204. 3/9 B T - D r u c k s . 14/6857 v o m 31.8.2001, S. 48. 374

III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen

Bezügen

533

gers abzustellen, das durch die Prinzipien der Risikobeherrschung und -absorption seitens des vom Dienstnehmer an sich separierten Dienstgebers angereichert werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß diese zivilrechtlich geprägte Risikoverteilung eine Situation voraussetzt, bei der sich die beiden Vertragspartner einander antagonistisch gegenüberstehen. Wenn und soweit der Schuldner die Befugnis hat, auf die Handlungsweise des Gläubigers und insbesondere auf den Einsatz der zu erbringenden Leistung in der Gläubigersphäre einzuwirken, ist deshalb eine teleologische Reduktion des Grundsatzes geboten, nach dem Gläubiger das Verwendungsrisiko trägt. Dasselbe muß für den Fall gelten, daß der Schuldner die vom Gläubiger erzielten Einnahmen großenteils für sich beanspruchen kann. Betrachtet man die Thematik unter diesen Vorzeichen, so ergibt sich eine differenzierte Lösung: Wenn ein mitarbeitender Gesellschafter im wesentlichen keinen nennenswerten Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft hat und auch nicht umfassend an deren Erträgen partizipiert, führt eine Arbeitsverhinderung, die auf einer Störung des betrieblichen Ablaufs beruht, analog §615 S. 1 und 3 BGB nicht zum Verlust einer Festvergütung bzw. von Gewinnanteilen. Die allgemeine Berufung auf eine formale Mitunternehmerschaft 3 8 0 vermag daran nichts zu ändern. Läßt sich die Störung auf eine innerbetriebliche Entscheidung zurückführen, die der Gesellschafter bei der Ausübung verbandlicher Leitungsmacht selbst getroffen hat, kann er die finanziellen Nachteile dagegen nicht auf seine Mitgesellschafter abwälzen, falls es in einer solchen Situation ausnahmsweise zu einem Arbeitsausfall kommt. Das gleiche ist dann anzunehmen, wenn der Gesellschafter den überwiegenden Teil des Unternehmensgewinns einstreicht. In dieser Konstellation kann davon ausgegangen werden, daß der betroffene Gesellschafter zu einer hinreichenden Absorption der Kürzung von Bezügen bei einer Nichtleistung infolge betrieblicher Störungen in der Lage ist, zumal er bei einem hohen Gewinnanteil das Risiko eines unveränderten Tätigkeitsentgelts trotz eines Fortfalls der Tätigkeit ohnehin in einem entsprechend großen Maße mittelbar selbst finanzieren würde und es somit von vornherein nur darum geht, einen Teil der Lasten auf die anderen Beteiligten zu schieben. bb) Mitarbeiterbezogene

Umstände

Im Hinblick auf mitarbeiterbezogene Ursachen einer Verhinderung gesellschaftsvertraglich zugesagter Dienstleistungen stehen Erkrankung bzw. Unfall und Urlaub im Vordergrund der bisherigen Diskussion, wobei man sich fast ausschließlich auf den geschäftsführenden Personengesellschafter mit fester Tätigkeitsvergütung konzentriert hat. Die Rechtsprechung hat sich zu diesen Gestaltungen nur vereinzelt geäußert. So hat der B G H in seiner bereits erwähnten Entscheidung zum grundsätzlichen Wegfall der Vergütung bei unterbliebener Mitarbeit angenommen, daß eine zeit380

So Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 412.

534

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

lieh unbedeutende Verhinderung durch Krankheit oder sonstige unverschuldete Umstände unschädlich sei, ohne sich hierfür auf eine spezielle N o r m zu berufen. 3 8 1 In einer späteren Entscheidung ist im Zusammenhang mit einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit von einer entsprechenden Anwendung dienstvertraglicher Rechtsregeln die Rede. 3 8 2 Das O L G Koblenz schließlich hat die frühere Aussage des B G H bestätigt, zugleich aber der Heranziehung dienstvertraglicher Vorschriften eine grundsätzliche Absage erteilt. 3 8 3 Im Schrifttum findet sich hinsichtlich der in der Sache schon seit langem befürworteten Weiterzahlung bei unverschuldeten Hindernissen 3 8 4 im wesentlichen dasselbe Spektrum, wie es bereits bei der Frage nach dem regelmäßigen Entfallen von Vergütung bzw. Gewinnbeteiligung begegnet ist. Auf der einen Seite tendiert man heutzutage überwiegend dazu, die Problematik mit gesellschaftsrechtlichen Bordmitteln zu lösen und die Fortzahlung der Bezüge bei Krankheit und Urlaub nicht auf dienstvertragliche Wertungen, sondern auf eine Auslegung des Gesellschaftsvertrages bzw. auf die Treuepflicht zu stützen. 3 8 5 Auf der anderen Seite hat sich vor allem die ältere Literatur in Krankheitsfällen noch vielfach für eine analoge Anwendung des § 616 S. 1 B G B 3 8 6 ausgesprochen. 3 8 7 Auf diese Überlegung kommt nunmehr auch Hüttemann

zurück. 3 8 8 Geht man mit einer neueren Strö-

mung davon aus, daß es bei § 616 S. 1 B G B nicht um einen Ausdruck arbeitsrechtlicher Fürsorge, sondern um die Klarstellung geht, daß gewisse Verhinderungen bei einer langandauernden Dienstleistung bereits in die Vergütung eingerechnet worden sind, 3 8 9 spricht in der Tat nichts dagegen, den Rechtsgedanken des § 616 S. 1 B G B zumindest im Grundsatz auch auf gesellschaftsvertragliche Dienstbeiträge anzuwenden. Auch bei einer kooperationsrechtlich zugesagten Mitarbeit kann im allgemeinen angenommen werden, daß die Beteiligten kurzfristige UnterB G H vom 13.4.1953, B G H Z 10, 44, 53. B G H vom 5.2.1963, N J W 1963, 1051, 1052. 3 8 3 O L G Koblenz vom 20.9.1979, D B 1980, 247, 248. 3 8 4 Vgl. Boesebeck, D R 1943, 1198, 1200; D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / F / e f l ^ e i m , H G B , 3. Aufl., § 1 1 0 Anm. 15; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 87 II Fn. 11, S. 848. 385 H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. Aufl., § 1 1 0 R n . 2 6 ; S c h l e g e l b e r g e r / M a r t e n s , H G B , 5. Aufl., § 114 Rn. 27; Mayen, in: E b e n r o t h / B o u j o n g / J o o s t , H G B , § 114 Rn. 53; Ulmer, in: G r o ß komm. H G B , 4. Aufl., § 114 Rn. 49 (hinsichtlich einer Entgeltfortzahlung zurückhaltender aber ders., M ü n c h K o m m B G B , 3. Aufl., § 709 Rn. 33); in diesem Sinne auch R G R K / f . Gamm, BGB, 12. Aufl., § 7 0 6 Rn. 8; gegen eine Anwendung des § 6 1 6 B G B grds. ferner S t a u d i n g e r / K e ß l e r , B G B , 12. Aufl., § 706 Rn. 40 (anders aber offenbar ders., § 713 Rn. 18, im Falle einer besonderen Tätigkeitsvergütung: analoge Anwendung der Regeln des Dienstvertrages zulässig). Für das schweizerische Recht siehe R. Müller, Gesellschaftsvertrag und Synallagma, S. 145, der sich insoweit auf den Gesichtspunkt der Solidarität unter den Gesellschaftern beruft. 3 8 6 Früher § 6 1 6 Abs. 1 B G B . 387 Ganßmüller, Tätigkeitsvergütung, Rn. 49; ders., N J W 1965, 1 9 4 8 , 1 9 4 9 ; S o e r g e l / H a d d t n g , 12. Aufl., B G B , § 713 Rn. 14; Koller, in: K o l l e r / R o t h / M o r c k , H G B , 3. Aufl., § 114 Rn. 6; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 2 6 1 , 2 7 4 . 3 8 8 Leistungsstörungen, S. 346 ff. 3 8 9 Vgl. S t a u d i n g e r / O e t k e r , B G B , 13. Bearb., § 616 Rn. 17, unter Rückgriff auf älteres Gedankengut. 381

382

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen und variablen

Bezügen

535

brechungen bei der Bemessung einer Sondervergütung bzw. der Festlegung des Gewinnanteils berücksichtigt haben. Wenn man sich demgegenüber auf die gesellschaftsrechtliche Einbindung der Tätigkeitsvergütung beruft, 3 9 0 so handelt es sich hierbei letztlich nur um eine begriffliche, nicht aber um eine sachliche Argumentation. Im übrigen schließt der Rekurs auf § 616 S. 1 BGB eine kumulative Berücksichtigung der Treuepflicht selbstverständlich nicht aus. Deshalb ist der Hinweis durchaus zutreffend, daß die für einen Dienst- bzw. Arbeitsvertrag geltenden Maßstäbe nicht ohne weiteres auf eine gesellschaftsvertraglich geschuldete Mitarbeit übertragen werden können. Vielmehr spielen bei der Konkretisierung der „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit" die einzelnen Umstände der jeweiligen Gesellschaft eine bedeutendere Rolle als im Austauschvertragsrecht. Dabei wird man insbesondere der Aussage zustimmen können, daß bei krankheitsbedingten Verhinderungen die ungeschmälerte Fortzahlung im allgemeinen großzügiger zu bemessen ist als im Arbeitsrecht, 3 9 1 es also keine starre Begrenzung auf einen Sechs-Wochen-Zeitraum gibt. Da der wirtschaftliche Schutz des mitarbeitenden Gesellschafters bei einer Tätigkeitsverhinderung somit das Niveau der entsprechenden Vorschriften des Arbeitsrechts zumeist übersteigt, gibt es insoweit auch keinen Konflikt mit arbeitsrechtlichen Wertungen. Eine noch weitere Ausdehnung ist dann angezeigt, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einen Unfall zurückzuführen ist, den ein geschäftsführender Personengesellschafter in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Geschäftsführung erlitten hat, sofern sich dadurch eine tätigkeitsspezifische Gefahr verwirklicht hat 392 . Da die Gesellschaft die gesamten Unfallschäden in einem solchen Falle gemäß § 110 HGB bzw. §§ 713, 670 BGB zu ersetzen hat, ergibt sich daraus, daß der geschädigte Gesellschafter durch den Ausfall seiner Dienste keine finanziellen Einbußen erleiden darf. Deshalb sind sowohl eine Festvergütung als auch die Beteiligung am Geschäftsgewinn ungeschmälert fortzuzahlen. 3 9 3 Für eine zeitliche Begrenzung sind keine hinreichenden Gründe ersichtlich. Außerhalb dieser Sondersituation kann der einem dienstleistenden Gesellschafter zukommende Schutz entgegen einer vom O L G Koblenz angestellten Überlegung 3 9 4 jedoch nicht dazu führen, daß einem Gesellschafter, dessen Aufgabenbereich unverschuldet entfallen ist und der aus persönlichen Gründen (Alter) 3 9 0 Schlegelberger/Martens, H G B , 5. A u f l . , § 1 1 4 R n . 2 7 ; Ulmer, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. A u f l . , § 1 1 4 R n . 49; in diesem Sinne auch Staudinger/Äe/?/er, B G B , 12. A u f l . , § 7 0 6 R n . 39 f. (unter gleichzeitiger V e r m e n g u n g von Dienstvertrags- u n d Arbeitsrecht). 391 O L G K o b l e n z v o m 20.9.1979, D B 1980, 247, 248; R. Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , 3. A u f l . , § 114 A n m . 16; Schlegelberger/Afortercs, H G B , 5. A u f l . , § 114 R n . 27. 3 9 2 Z u m erforderlichen Z u r e c h n u n g s z u s a m m e n h a n g siehe S c h l e g e l b e r g e r / M a r t e n s , H G B , 5. A u f l . , § 110 R n . 22. 393 Hüttemann, Leistungsstörungen, S. 325 f.; für eine feste Vergütung ebenso R. Fischer, in: G r o ß k o m m . H G B , 3. A u f l . , § 1 1 4 A n m . 16; Ganßmüller, T ä t i g k e i t s v e r g ü t u n g , R n . 50; H e y m a n n / E m m e r i c h , H G B , 2. A u f l . , § 110 R n . 26; in diese R i c h t u n g ferner Schlegelberger/Martens, H G B , 5. A u f l . , § 1 1 4 Rn.27. 3 9 4 O L G Koblenz v o m 20.9.1979, D B 1980, 247, 249.

536

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

nicht mehr in der Lage ist, sich in ein neues Geschäftsfeld einzuarbeiten, die Tätigkeitsvergütung trotz dauerhafter Nichtleistung weiterhin in vollem Umfang offenbar unbegrenzt zusteht. Diese Aussage des O L G Koblenz bedeutet in der Sache eine Umwidmung der Vergütung von einem Entgelt für eine aktive Mitarbeit in ein Ruhegeld. O h n e einen deutlichen Anhaltspunkt im Gesellschaftsvertrag für ein solchen zusätzlichen Zweck der Vergütung kann einem Gesellschafter, der sich endgültig zur Ruhe setzt, indes kein Versorgungsanspruch zuerkannt werden. Eine Weiterzahlung während des Erholungsurlaubs kann zwar nicht auf eine entsprechende Heranziehung des § 616 S. 1 B G B gestützt werden, weil man insoweit schwerlich von einer unverschuldeten Verhinderung sprechen kann 3 9 5 . Da der Gesundheitsschutz aber erst dann effektiv gewährleistet wird, wenn die wirtschaftliche Existenz gesichert ist, wird man je nach der Stellung des mitarbeitenden Gesellschafters entweder die arbeitsrechtlichen Urlaubsbestimmungen auch hinsichtlich der Entgeltkomponente analog anzuwenden oder den Gedanken eines bei laufenden Dienstbeiträgen bestehenden Urlaubsanspruchs als Mindestsozialschutz 3 9 6 dahin zu vervollständigen haben, daß in dieser Zeit die Bezüge ungekürzt bleiben. 3 9 7 Im übrigen ist generell daran zu erinnern, daß die Treuepflicht bei einer schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft die Herabsetzung einer festen Vergütung gebieten kann. 3 9 8 Wenn sich ein aktiv mitarbeitender Gesellschafter eine Kürzung gefallen lassen muß, gilt dies gleichermaßen für einen arbeitsunfähigen oder gar nur im Urlaub befindlichen Gesellschafter. Man wird sogar noch einen Schritt weitergehen müssen: Wenn § 616 S. 1 B G B im allgemeinen als abdingbar angesehen wird, 3 9 9 muß dies auch für den Fall einer entsprechenden Anwendung dieser N o r m bei gesellschaftsvertraglichen Dienstbeiträgen gelten. Dasselbe ist zwar nicht hinsichtlich der gesellschaftlichen Treuepflicht als solcher, wohl aber für einzelne aus der Treuepflicht resultierende Ansprüche anzunehmen. Schließlich sieht man auch § 110 H G B als disponibel an. 4 0 0 Auf die ungeschmälerte Fortzahlung der Bezüge bei Krankheit, Urlaub und ähnlichen Leistungshindernissen können somit jedenfalls solche Gesellschafter verzichten, die sich nicht in einer einem Arbeitnehmer vergleichbaren Stellung befinden, sondern im wesentlichen selbständig tätig sind. Gleiches gilt für solche Teilhaber, die zwar hinsichtlich des Binneneinflusses keine derart freie Position innehaben, dafür aber in umfangreicher Weise vermögensrechtlich an Anders aber offenbar SchlegelbergerAWartercs, H G B , 5. Aufl., U 1 4 Rn. 27. Siehe dazu oben sub § 8 I 3. 3 9 7 Ebenso - wenn auch ohne Differenzierung zwischen den verschiedenen Gesellschaftertypen - Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 163 f.; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 275. 3 9 8 Siehe oben sub II 3 b aa u. bb. 3 9 9 Vgl. nur Staudinger/Oetker, B G B , 13. Bearb., § 616 Rn. 141 ff. m.w.N. 4 0 0 Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 110 Rn. 18; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 1 1 0 R n . 35. 395

396

III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen

Bezügen

537

der Gesellschaft partizipieren. Spielt die Tätigkeit und der aus ihr resultierende Ertrag für die wirtschaftliche Gesamtsicherung des Betroffenen nur eine untergeordnete Rolle, bestehen keine Bedenken gegen eine Derogation des an sich analog anzuwendenden Sozialschutzes. 401 Kann ein Gesellschafter aber vertraglich auf seinen Schutz verzichten, bedeutet es keinen Wertungswiderspruch, wenn man aus der Treuepflicht das Gebot ableitet, daß sich ein Beteiligter in einer wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft bei einer Arbeitsunterbrechung mit einer geringeren Vergütung zufriedenzugeben hat als er sie bei kontinuierlicher Tätigkeit erhalten würde. Immerhin fehlt es in einer derartigen Situation an einem eigenen Beitrag, durch entsprechende Aktivitäten die Krise zu überwinden. Das Ausmaß der gebotenen Reduktion hängt von der Intensität der Treuepflicht ab, die sich wiederum nach dem Umfang der Beteiligung richtet. Konkretere Regeln lassen sich insoweit nicht aufstellen. Allerdings ist als äußerste Grenze das Existenzminimum zu wahren. Kein Beteiligter kann durch objektives Recht dazu verpflichtet werden, sich bei einer Unterbrechung seiner Mitarbeit auf ein unterhalb des wirtschaftlichen Existenzminimums befindliches Niveau zu begeben, um das Uberleben des Unternehmens zu sichern. Eine derart weitgehende Reduktion des Sozialschutzes beschränkt sich freilich auf solche Gesellschafter, die eine im wesentlichen selbständige Stellung einnehmen bzw. vermögensrechtlich umfassend am Unternehmen beteiligt sind. Bei Mitarbeitern, die auf kooperationsrechtlicher Basis tätig sind, dabei aber praktisch wie ein Arbeitnehmer beschäftigt werden, ist der arbeitsrechtliche Sozialschutz demgegenüber im allgemeinen mit zwingender Wirkung analog anzuwenden, so daß eine grundsätzliche Einschränkung oder gar Abdingung des Schutzes nicht statthaft ist. 402 Insbesondere kann im Hinblick auf Krankheit und Urlaub das arbeitsrechtliche Schutzniveau nicht unterschritten werden. Die Ansicht von Martens, nach der von vornherein nur ein nicht näher konkretisierter Kernbereich an Arbeitnehmerschutzvorschriften generalisierbar sein soll, 403 ist somit zurückzuweisen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen etwa ein Arbeitnehmer, der einen minimalen Kommanditanteil erwirbt und dessen Mitarbeit ohne eine Änderung der Tätigkeitsinhalte in diesem Zusammenhang (ausnahmsweise) auf eine ausschließlich gesellschaftsvertragliche Grundlage gestellt wird, nunmehr des arbeitsrechtlichen Schutzes weitgehend verlustig gehen soll. In diesen Fällen fehlt es trotz der Stellung als Gesellschafter letztlich an der Möglichkeit, durch ein verantwortliches Mitagieren am Markt die Ressourcen zu erwirtschaften, die eine Risikotragung durch den einzelnen anstelle der Gesellschaft rechtfertigen würden. Bei diesem Personenkreis kommt lediglich die generelle Uberlagerung aller mitgliedschaftlichen Rechte durch die gesellschafterliche Treuepflicht zum Tragen. Daraus läßt sich eine gewisse Rücksichtnahmepflicht Siehe zu diesem G e d a n k e n bereits oben sub § 6 V 2 a bb. Sofern sich das U n t e r n e h m e n im Belegschaftsbesitz befindet, gelten freilich Sonderregeln; siehe dazu unten sub 2 b. 4 0 3 R d A 1979, 347, 354. 401

402

538

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

bei der D u r c h s e t z u n g von Entgeltansprüchen trotz Nichtleistung ableiten, die in ihrer Intensität aber hinter derjenigen bei sonstigen mitarbeitenden, insbesondere geschäftsleitenden Gesellschaftern zurückbleibt.

2. Einfluß der Gesellschafterposition

auf eine

Drittrechtsbeziehung

Eine A u s w i r k u n g der Stellung als Gesellschafter im R a h m e n einer Drittschuldbeziehungen zur Gesellschaft ist w i e d e r u m in erster Linie in der Weise denkbar, daß ein mitarbeitender Teilhaber daran gehindert wird, sich in vollem U m f a n g auf Vorschriften u n d G r u n d s ä t z e zu berufen, die im Falle einer U n t e r b r e c h u n g der Tätigkeit seine wirtschaftliche Existenz sichern sollen. Dabei empfiehlt es sich, danach zu unterscheiden, ob es sich bei diesem Drittschuldverhältnis u m einen Dienst- oder u m einen Arbeitsvertrag handelt. D a r ü b e r hinaus ist auf eine genossenschaftsrechtliche Besonderheit hinzuweisen.

a) Gesellschafter mit Dienstvertrag D e n häufigsten Fall eines mitarbeitenden Gesellschafters mit zusätzlichem Dienstvertrag bildet der Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H . Im G r u n d s a t z k o m m t einem solchen Beschäftigten auch ohne entsprechende Vereinbarungen ein gewisser Schutz zugute. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle läßt sich unmittelbar auf § 616 S. 1 B G B stützen, weil diese Vorschrift ganz allgemein f ü r Dienstverträge gilt. 404 Dabei gibt man sich teilweise großzügig u n d hält auch eine Überschreitung der f ü r Arbeitnehmer gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 E F Z G vorgesehenen D a u e r von sechs Wochen f ü r durchaus möglich. 4 0 5 Ferner d ü r f t e die h. M. dahin zu verstehen sein, daß sie dem Geschäftsführer ganz allgemein nicht nur einen A n s p r u c h auf Freistellung von der Arbeitspflicht zwecks Erholung, sondern auch eine entsprechende Weitergewährung der Bezüge zubilligt. 4 0 6 Eine Einschränkung dieser Rechtspositionen hat sich an den G r u n d s ä t z e n zu orientieren, die f ü r eine R e d u k t i o n der Vergütung bei aktiver Mitarbeit herausgearbeitet w u r d e n . Danach gebietet die (organschaftliche sowie die gesellschafterliche) Treuepflicht in einer wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft eine angemessene A b s e n k u n g der Bezüge. Für einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der in einer solchen Situation vorübergehend nicht tätig ist, k ö n n e n keinesfalls strengere 404 Siehe nur Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 217; Baumbach/Hueck/Zö7/rcer, GmbH G , 17. Aufl., §35 Rn. 98. 405 So Hachenburg/Stow, G m b H G , 8. Aufl., § 35 Rn. 207; in diese Richtung auch Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 217. 406 Vgl. B G H vom 3.12.1962, N J W 1963, 535; Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 215; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., §35 Rn. 91; Scholz/i/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., §35 Rn. 196; Hachenburg/Stej», G m b H G , 8. Aufl., §35 Rn. 308; Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 98. Für eine (analoge) Anwendung des BUrlG in bestimmten Fällen Brachen, Organmitgliedschaft, S. 215 f.; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 130 f.; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 340; Henssler, RdA 1992, 289, 296; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 248; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 185 f.

III. Störungen

der Mitarbeit

bei festen

und variablen

Bezügen

539

Maßstäbe gelten. Zweifelhaft ist allenfalls, ob einem solchen Mitarbeiter ein höheres Maß an Rücksichtnahme auf die finanziellen Belange der Gesellschaft abverlangt werden kann. Anders als in der Frage des unmittelbaren Gesundheitsund Persönlichkeitsschutzes, der keiner Relativierung zugänglich ist, wird man eine Begrenzung des wirtschaftlichen Existenzschutzes für Zeiten, in denen ein Gesellschafter in einer Unternehmenskrise keine Dienstleistungen erbringt, zu bejahen haben. H i e r f ü r spricht schon der bereits erwähnte Aspekt, daß der im Rahmen eines freien Dienstvertrages bestehende Schutz nicht mit zwingender Wirkung ausgestattet ist. 407 Ein solcher Gesellschafter muß daher bei einer Arbeitsunterbrechung in einer wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft hinnehmen, daß seine Vergütung in den aufgezeigten Grenzen 4 0 8 gekürzt wird. b) Gesellschafter

als

Arbeitnehmer

Soweit es um Gesellschafter geht, die zugleich in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur Gesellschaft stehen, ist zwischen einer verbundenen (Typ I I / l ) und einer reinen Drittbeziehung (Typ III/l) 4 0 9 zu unterscheiden. Mit der Vereinbarung eines Arbeitsvertrages k o m m t dem Beschäftigten zwar grundsätzlich der gesamte wirtschaftliche Arbeitnehmerschutz zugute, ohne daß insoweit Unsicherheiten über die Reichweite etwaiger Analogien auftreten. Bei einer kumulativen Einbeziehung der Tätigkeit in das Gesellschaftsverhältnis (Ausgestaltungsvertrag) muß er sich aber eine Überlagerung durch gesellschaftsrechtliche Bindungen gefallen lassen. 410 Deshalb gelten f ü r einen solchen Mitarbeiter dieselben Grundsätze wie im Falle einer vergleichbaren Dienstleistung auf einer ausschließlich gesellschaftsvertraglichen Basis. In einer wirtschaftlichen Krise hat der als Arbeitnehmer tätige Gesellschafter infolge seiner Treuepflicht somit eine gewisse Beschneidung der Rechte hinzunehmen, die seine wirtschaftliche Existenz f ü r Zeiten der Nichtarbeit auf dem bisherigen Niveau gewährleisten wollen. Auszunehmen sind hiervon lediglich Marginalbeteiligungen. Bei unverbundenen Drittbeziehungen, wie sie für die Arbeitnehmerbeteiligung typisch sind, k o m m t eine Beeinflussung des wirtschaftlichen Sozialschutzes wegen der insoweit höheren Schwelle für eine das Gesellschaftsverhältnis übersteigende Wirkung der Treuepflicht regelmäßig nicht in Betracht. Anders ist dies grundsätzlich nur bei solchen Gesellschafterstellungen, die über Zwerganteile hinausgehen. Was die A n w e n d u n g von § 615 BGB in Betriebsrisikofällen anbetrifft, ist eine Modifikation im allgemeinen abzulehnen. Eine abweichende Beurteilung ist ent-

407 Siehe oben sub 1 c bb. Speziell z u m G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r vgl. auch B a u m b a c h / H u e c k / Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 98, zur E n t g e l t f o r t z a h l u n g im Krankheitsfall; Fleck, FS H i l ger/Stumpf (1983), S. 197, 215, z u m U r l a u b s a n s p r u c h . 408 Vgl. o b e n sub 1 c bb. 409 Zu den G r u n d f o r m e n siehe o b e n sub § 3 V. 410 Siehe d a z u bereits o b e n sub § 8 II 1 b.

540

5 9 Entgeltrechtliche

Fragen

sprechend den f r ü h e r e n Darlegungen 4 1 1 nur dann gerechtfertigt, w e n n die Störung der Arbeitsmöglichkeit darauf z u r ü c k g e f ü h r t w e r d e n kann, daß der einzelne Mitarbeiter oder eine G r u p p e von Beschäftigten seine bzw. ihre Gesellschafterrechte in einer bestimmten Weise ausgeübt haben, etwa durch das Stimmverhalten die dringend erforderliche Reparatur der m a r o d e n Heizungsanlage zugunsten einer Sonderzahlung verhindert haben, u n d es anschließend zu einem Kälteeinbruch k o m m t , der den Betrieb zeitweilig lahmlegt. Einen Sonderfall bilden U n t e r n e h m e n im Belegschaftsbesitz. H i e r stellt sich entsprechend den Überlegungen z u m arbeitsrechtlichen Gesundheits- u n d Persönlichkeitsschutz gleichsam umgekehrt die Frage, ob die u n t e r bestimmten Voraussetzungen zuzulassende Verschiebung der Qualifikation eines Beschäftigungsverhältnisses v o m Arbeits- z u m Dienstvertrag 4 1 2 durch eine Analogie zu den arbeitsrechtlichen Vorschriften über die Existenzsicherung wieder teilweise zu neutralisieren ist. Folgende Unterscheidung erscheint angezeigt: Sofern die Parteien des Beschäftigungsverhältnisses sich nur allgemein f ü r die Rechtsfigur des freien Dienstvertrages entschieden haben, ohne indes bestimmte arbeitsrechtliche Schutznormen erkennbar auszuklammern, sind die existenzsichernden Bestimmungen entsprechend anzuwenden. Insbesondere ist nicht einzusehen, waru m geschäftsführende Gesellschafter qua Treue- und Fürsorgepflicht im Ergebnis in den G e n u ß eines insoweit höheren Sozialschutzes k o m m e n sollten als untergeordnet tätige Mitarbeiter. Allerdings erlaubt die besondere Ausgangslage bei U n t e r n e h m e n im Eigentum der Belegschaft eine A b d i n g u n g des wirtschaftlichen Existenzschutzes, weil alle insoweit entstehenden Kosten einerseits von den Beschäftigten selbst aufgebracht werden müssen und andererseits kein Kapitalgeber von einem geringen Sozialaufwand profitiert, so daß es im Ergebnis nur daru m geht, ob die Dienstleistenden als Entgelt f ü r ihre Mitarbeit höhere laufende Bezüge mit der N o t w e n d i g k e i t einer entsprechenden Eigenvorsorge oder statt dessen ein niedrigeres Gehalt zuzüglich eines wirtschaftlichen Sozialschutzes bek o m m e n . Die Entscheidung zwischen diesen beiden finanziellen O p t i o n e n m u ß in einem solchen Ausnahmefall dem einzelnen Belegschaftsmitglied überlassen bleiben. Demgegenüber wird man in den Betriebsrisikofällen die an sich einschlägige Vorschrift des § 615 B G B von vornherein teleologisch zu reduzieren haben, weil die Beschäftigten in diesen Konstellationen nicht nur Anbieter der Dienstleistungen sind, sondern in ihrer Gesamtheit gleichzeitig die Gläubigersphäre k o n stituieren. 4 1 3

411

Vgl. sub 1 c aa (3). Siehe o b e n sub § 6 VI 1 c ee. 413 Im Erg. auch Kraft/Konzen, Arbeiterselbstverwaltung, S. 53, die sich h i e r f ü r auf eine K o m b i n a t i o n v o n gesellschaftsvertraglicher B i n d u n g u n d Arbeitnehmersolidarität stützen. 412

III. Störungen der Mitarbeit bei festen und variablen

c) Genossen als

Bezügen

541

Organmitglieder

Eine eigenartige Verschränkung von Mitgliedschaft und Organstellung findet sich schließlich im Genossenschaftsrecht. Gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 GenG müssen die Mitglieder des Vorstands grundsätzlich gleichzeitig Genossen sein. Diese Bestimmung ändert freilich nichts an dem für eine Körperschaft charakteristischen Erfordernis einer Organbestellung. 4 1 4 Insoweit steht die Genossenschaft also gleichsam zwischen Selbst- und Fremdorganschaft. Die Regelung in § 9 Abs. 2 S. 1 GenG hat zur Folge, daß der Betroffene die Rechtsposition als Organmitglied erst mit dem Erwerb der Mitgliedschaft erlangt 4 1 5 bzw. sie mit deren Ende wieder verliert, 4 1 6 auch wenn er im übrigen ordnungsgemäß bestellt worden ist. Die fehlende Mitgliedschaft stellt damit ein rechtliches Hindernis für die Wahrnehmung des Amtes dar. Durch § 68 Abs. 4 GenG wird diese Wirkung im Falle eines Ausschlusses aus der Genossenschaft nach § 68 Abs. 1 GenG auf den Zeitpunkt der Absendung der Ausschlußnachricht vorverlagert. Die Auswirkung dieser Regelungen auf die Vergütung des Organmitglieds ist umstritten. Soweit es um die Mitgliedschaft als solche geht, wendet man auf der Basis der Trennung zwischen dadurch beendeter Organstellung und fortbestehendem Anstellungsvertrag für den Fall des Ausschlusses zum Teil die §§ 323 ff. BGB (nunmehr § 326 BGB) wegen (subjektiver) rechtlicher Unmöglichkeit an. 417 Dagegen hat der B G H gemeint, daß ein Austritt aus der Genossenschaft den Annahmeverzug nicht hindere, weil der ehemalige Genosse jederzeit wieder eintreten könne. 4 1 8 Baums schließlich will in allen Fällen die Ansprüche deshalb enden lassen, weil er § 9 Abs. 2 S. 1 GenG die Regelung entnimmt, daß ein auf die Organposition gerichteter Vertrag die Stellung als Vorstandsmitglied schlechthin nicht überdauern könne. 4 1 9 Im Hinblick auf die Absendung der Ausschlußmitteilung gemäß § 68 Abs. 4 GenG werden teilweise ebenfalls die §§ 323 ff. BGB (jetzt § 326 BGB) herangezogen, 4 2 0 während Baums insoweit stets von einem Annahmeverzug der Genossenschaft ausgeht 421 . Hinsichtlich der Genosseneigenschaft als Voraussetzung für die Organposition überzeichnet der Ansatz von Baums die Verzahnung von Amt und VerVgl. § 2 4 Abs. 2 S . l GenG. RG vom 5.6.1934, RGZ 144, 384, 386; Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 9 Rn. 6 f.; K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 9 Rn. 8. 416 Metz, in: Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 9 Rn. 28; K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 9 Rn. 13. 417 Beuthien, GenG, 13. Aufl., § 68 Rn. 18; K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 68 Rn. 68; so wohl auch RG vom 7.4.1916, RGZ 88, 193, 195 („Untergang der Ansprüche aus einer etwaigen Anstellung"); ferner RG vom 19.4.1939, DR 1939, 1527, 1528 (ausdrücklich nur zu den Auswirkungen von § 6 8 Abs. 4 GenG). 418 BGH vom 3.5.1973, W M 1973, 782, 785. 419 Geschäftsleitervertrag, S. 415 f. 420 RG vom 19.4.1939, DR 1939,1527, 1528; Beuthien, GenG, 13. Aufl.,§ 68 Rn. 18; tf. Müller, GenG, 2. Aufl., § 68 Rn. 68; in diesem Sinne offenbar auch RG vom 7.4.1916, RGZ 88, 193, 195. 421 Geschäftsleitervertrag, S. 416 ff. 414

415

542

§ 9 Entgeltrechtliche

Fragen

tragsbeziehung. Zwar können die Parteien zumindest im Prinzip eine solche Verbindung herstellen. 4 2 2 Das Gesetz gibt sie indes nicht und schon gar nicht unabdingbar vor. Des weiteren kann auch die These des B G H nicht überzeugen, die Möglichkeit der Beseitigung eines rechtlichen Hindernisses dem gänzlichen Fehlen einer solchen Störung gleichzusetzen. A m meisten leuchtet es deshalb ein, die durch § 9 Abs. 2 S. 1 GenG zwingend vorgeschriebene Mitgliedschaft als ein rechtliches Erfordernis einzustufen, dessen Mangel eine U n möglichkeit der Leistung zur Folge hat. Eine derartige Ansicht erlaubt es zugleich, bei der Frage nach einem etwaigen Fortbestehen von Vergütungsansprüchen trotz Nichtleistung 4 2 3 auf die Gründe einzugehen, die zu einem Verlust des Genossenstatus geführt haben. Damit sind zugleich die Weichen für die Einschätzung der A u s w i r k u n g e n des § 68 Abs. 4 GenG gestellt. Wenn das Gesetz die Amtsausübung ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit des Ausschließungsbeschlusses beendet, 4 2 4 liegt es w i e d e r u m am nächsten, von einer rechtlichen Unmöglichkeit der Tätigkeit auszugehen. Für das Schicksal des Entgeltanspruchs k o m m t es folglich darauf an, ob der Ausschluß zu Recht erfolgt ist. Sofern der Ausschluß u n w i r k s a m ist, liegt nämlich vom Zeitpunkt der Absendung der Ausschlußnachricht an eine von der Genossenschaft zu vertretende Unmöglichkeit vor, so daß der Anspruch grundsätzlich gemäß § 326 Abs. 2 BGB (bisher § 324 Abs. 1 B G B ) fortbesteht. 4 2 5

IV. Beendigung oder wesentliche Verringerung einer gesellschafterlichen Mitarbeitspflicht Eine letzte Fallgruppe wird aus den Gestaltungen gebildet, in denen die Tätigkeit eines auf kooperationsrechtlicher Grundlage mitarbeitenden Gesellschafters beendet oder zumindest wesentlich eingeschränkt wird, während das Gesellschaftsverhältnis als solches fortbesteht. Hierzu gehört in erster Linie die immer wieder erörterte Konstellation, daß dem geschäftsführenden Gesellschafter einer O H G bzw. KG die Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 H G B zu Recht wirksam 4 2 6 entzogen wird. In der Sa-

Siehe dazu auch noch unten § 12 I 1 a aa (1) (a) (d) (bb). Falls der Betroffene seine Arbeitsleistung tatsächlich erbracht hat, stehen ihm die vertraglichen Ansprüche ohne weiteres zu; vgl. RG vom 5.6.1934, RGZ 144, 384, 389 (jahrelange Tätigkeit als Vorstandsmitglied ohne Eintritt in die Genossenschaft). 424 Siehe RG vom 21.3.1930, RGZ 128, 87, 90; OGH vom 31.3.1949, OGHZ 1, 370, 375 f.; BGH vom 23.11.1959, BGHZ 31, 192, 195; BGH vom 24.9.2001, ZIP 2001, 2177; Beuthien, GenG, 13. Aufl., §68 Rn. 18; Pöhlmann, in: Hettrich/Pöhlmann/Gräser/Röhrich, GenG, 2. Aufl., §68 Rn. 17. 425 Eine Ausnahme kommt lediglich bei einem unvermeidbaren Irrtum über die Berechtigung des Ausschlusses in Betracht. 426 Zu den Fällen einer unbegründeten Entziehung siehe bereits oben sub III 1 c aa (1). 422

423

IV. Beendigung

oder wesentliche

Verringerung einer gesellschaftlichen

Mitarbeitspflicht

543

che ist man sich darüber einig, daß eine besondere Tätigkeitsvergütung dann entfällt. 427 D a der Gesellschafter in einem solchen Falle die Stellung eines von der G e s c h ä f t s f ü h r u n g ausgeschlossenen Gesellschafters hat, 4 2 8 enden sowohl das Recht als auch die Pflicht zur aktiven Mitarbeit. D e m n a c h kann der Untergang des Entgeltanspruchs nicht mehr auf Leistungsstörungsregeln gestützt werden. Vielmehr ist in einem derartigen Sachverhalt das Instrument der ergänzenden Vertragsauslegung heranzuziehen. Sofern die Tätigkeit des Geschäftsführers nicht durch eine besondere Vergütung, sondern im R a h m e n der Gewinnbeteiligung entgolten wurde, d ü r f t e es indes zumeist an hinreichend deutlichen A n haltspunkten f ü r einen hypothetischen Parteiwillen fehlen. Deshalb bleibt in einer solchen Gestaltung nichts anderes übrig, als auf das Mittel der Vertragsanpassung kraft Treuepflicht zurückzugreifen. 4 2 9 Dasselbe gilt im Ergebnis f ü r den geschäftsführenden Gesellschafter einer G b R . Allerdings besteht hier die bereits erwähnte Besonderheit, daß es nach einer E n t z i e h u n g der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem G r u n d (§ 712 Abs. 1 BGB) gemäß einer verbreiteten Auffassung zur gesetzlichen Gesamtgeschäftsführungsbefugnis nach § 709 Abs. 1 B G B k o m m e n soll. 430 A u c h w e n n der betroffene Gesellschafter somit weiterhin zu einer aktiven M i t w i r k u n g an der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet ist, m u ß doch im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß die inhaltliche Berechtigung f ü r eine Weiterzahlung der Tätigkeitsvergütung entfallen ist. Ihr Zweck m u ß nämlich regelmäßig darin gesehen werden, die besonderen Belastungen einer übertragenen G e s c h ä f t s f ü h r u n g finanziell auszugleichen. Fallen diese Belastungen fort, gibt es auch keinen G r u n d f ü r eine weitere Existenz der Sonderbezüge. Wenn in der Literatur zur G b R etwas pauschal davon die Rede ist, daß eine Tätigkeitsvergütung in solchen K o n stellation entfalle, 431 so wird damit letztlich das Richtige getroffen. Im Falle einer K ü n d i g u n g der Geschäftsführungspflicht durch den geschäftsf ü h r e n d e n Gesellschafter nach § 712 Abs. 2 BGB, die gleichermaßen bei der O H G u n d bei der K G möglich ist, 432 besteht eine vergleichbare Rechtslage.

427 Vgl. Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 340 Fn. 15; Heymann/Emmerich, H G B , 2. Aufl., §117 Rn. 22a; R. Fischer, N J W 1959, 1057, 1063; Düringer/Hachenburg/f/ecAtÄez'm, H G B , 3. Aufl., § 117 Anm. 11; Gogos, Geschäftsführung, S. 69; Baumbach///o/>i, H G B , 30. Aufl., § 110 Rn. 19, § 117 Rn. 9; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 VII 10, S. 156; Schlegelberger/A/artenj, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 42; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §114 Rn. 47, §117 Rn. 78; siehe auch B G H vom 23.10.1972, N J W 1973, 651. 428 Schlegelberger/Martras, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 42. 429 R. Fischer, N J W 1959, 1057, 1063; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 VII 10, S. 156; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., §117 Rn. 42; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §117 Rn. 79; siehe ferner Gogos, Geschäftsführung, S. 69, der pauschal von „Minderung" spricht. 430 Siehe oben sub III 1 c a a ( l ) . 431 Vgl. MünchKommBGB/i7/mer, 3. Aufl., § 709 Rn. 35, § 712 Rn. 18; E r m a n I H . P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 712 Rn. 8. 432 Siehe nur Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 56 m.w.N.

544

5 ^ Entgeltrechtliche

Fragen

Schließlich ist auch beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H , der sein A m t ausschließlich auf der Basis der Satzung ausübt und dafür ein festes korporatives Entgelt bezieht, davon auszugehen, daß mit dem von der bloßen A b b e rufung 4 3 3 zu unterscheidenden E n d e der statuarischen Grundlage der Organstellung auch der Vergütungsanspruch fortfällt.

433

Siehe dazu oben sub I I I 1 c aa (1).

§ 1 0 Haftungsproblematik

Die H a f t u n g eines mitarbeitenden Gesellschafters stellt ein weiteres Feld dar, auf dem die Geltungsansprüche von Gesellschafts-, Dienstvertrags- u n d Arbeitsrecht aufeinanderstoßen. Dabei ist mit der H a f t u n g s p r o b l e m a t i k entsprechend den dieses Kapital einleitenden A u s f ü h r u n g e n nur die Verantwortlichkeit des Gesellschafters f ü r Schäden am Gesellschaftsvermögen infolge einer Schlechtleistung gemeint. D a r ü b e r hinaus soll u m des inneren Zusammenhangs willen vice versa auch die Einstandspflicht der Gesellschaft f ü r Eigenschäden des Mitarbeiters angesprochen werden. Sonstige H a f t u n g s p r o b l e m e werden demgegenüber in den folgenden Darlegungen nicht thematisiert. Dies betrifft insbesondere die Frage einer H a f t u n g gegenüber einzelnen Mitgesellschaftern unter dem Gesichtsp u n k t des seit der Schärenkreuzer-Entscheidung des B G H verstärkt ins Blickfeld geratenen Deliktsschutzes f ü r das Mitgliedschaftsrecht 1 sowie das Verhältnis des einzelnen Gesellschafters zu außenstehenden Drittgläubigern, mag es hierbei u m die Verantwortlichkeit f ü r an sich die Gesellschaft treffende Verbindlichkeiten oder - vor allem im Lichte des intensiv diskutierten Baustoff-Urteils des B G H zur deliktischen A u ß e n h a f t u n g des G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r s aus § 823 Abs. 1 BGB 2 - u m ein primäres Einstehenmüssen f ü r eigene H a n d l u n g e n gehen.

I. Haftung für Schäden am Gesellschaftsvermögen 1. Tätigkeit als reiner

Gesellschafterbeitrag

Sofern ein mitarbeitender Gesellschafter seine ausschließlich als gesellschaftsvertraglicher Beitrag zu leistenden Dienste schlecht erfüllt, k o m m t eine schadensrechtliche Verantwortlichkeit nach Maßgabe der allgemeinen H a f t u n g s g r u n d s ä t ze in Betracht, also nach den Regeln über die positive Vertragsverletzung (nunmehr § 280 Abs. 1 BGB) sowie gegebenenfalls nach den §§ 823 Abs. 1 u n d 2, 826 BGB. Für den (Gesellschafter-) Geschäftsführer einer G m b H existiert mit § 4 3 Abs. 1 u n d 2 G m b H G eine Spezialregelung, die nach Ansicht der Rechtsprechung sowie Teilen der Literatur jedenfalls im Bereich originärer Geschäftsleitungspflichten sonstige vertragliche Anspruchsgrundlagen verdrängt. 3 Diese 1 2 3

B G H vom 12.3.1990, B G H Z 110, 323, 327 f. B G H vom 5.12.1989, B G H Z 109, 297 ff. Siehe hierzu auch noch unten sub 2 a bb (1) (b).

546

§10

Haftungsproblematik

Aussage bezieht sich regelmäßig auf das Verhältnis zum üblichen Anstellungsdienstvertrag eines Geschäftsführers. 4 Dasselbe muß aber auch für den Fall gelten, daß ein Gesellschafter-Geschäftsführer sein Amt ausschließlich auf der Basis eines satzungsrechtlichen Sonderrechts bzw. einer Nebenleistungspflicht ausübt und es folglich um das Verhältnis von § 43 Abs. 1 und 2 G m b H G zu einer Verletzung des Gesellschaftsvertrages geht. Im übrigen ist einhellig anerkannt, daß gesellschafterliche Dienstbeiträge keiner Gewährleistungspflicht unterliegen. 5 Eine Schlechtleistung führt somit - anders als eine Nichtleistung - nicht etwa zur Minderung einer etwaigen Tätigkeitsvergütung oder des Gewinnanteils. In dieser Hinsicht besteht also eine Konvergenz von Gesellschaftsrecht auf der einen sowie Dienstvertrags- und Arbeitsrecht auf der anderen Seite. Bei den austauschrechtlichen Tätigkeitsverträgen lehnt man nämlich ebenfalls überwiegend ein Minderungsrecht ab. 6 Der in der Literatur immer wieder unternommene Versuch, über eine Einstufung qualitativer Mängel als Teilerfüllung in der Sache zu einer Minderung zu gelangen, hat sich zu Recht nicht durchsetzen können, weil er die gesetzliche Entscheidung mißachtet, beim Dienstvertrag auf Gewährleistungsregeln zu verzichten. 7 Diese Wertung kann ohne weiteres auch auf das Gesellschaftsrecht übertragen werden. Demnach haben sich die Ausführungen darauf zu konzentrieren, für welchen Verschuldensgrad ein mitarbeitender Gesellschafter im Rahmen der Schadenshaftung einzustehen hat. a) Grundsätzliche

Reichweite

der Haftung für eigenübliche

Sorgfalt

Der Gesetzgeber hat durch § 708 BGB die H a f t u n g der Gesellschafter einer G b R im Innenverhältnis auf die Mißachtung der eigenüblichen Sorgfalt beschränkt und damit einen von § 276 BGB abweichenden Sorgfaltsmaßstab geschaffen. Hintergrund der Regelung ist die Wertung, daß die Gesellschafter sich gegenseitig so nehmen wollen wie sie sind. 8 Wie Müller-Graff präzisiert hat, geht es um die wechselseitige Inkaufnahme des Risikos der Individualität der an der Gesellschaft Beteiligten. 9 Der darüber hinaus namentlich von Ulmer angeführte Gedan4 Vgl. B G H vom 12.6.1989, ZIP 1989, 1390, 1392; B G H vom 9.12.1996, ZIP 1997, 199, 200; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., §43 Rn. 2; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 212; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., §43 Rn. 3; Baumbach/Hueck/Zo7/»er, GmbH G , 17. Aufl., § 43 Rn. 4; anders aber KoweAAed Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 43 Rn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §36 II 4 a, S. 1078; Scholz/i/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., §43 Rn. 208. 5 B G H vom 4.3.1982, NJW 1983, 1188, 1189; Palandt¡Heinrichs, BGB, 61. Aufl., §276 Rn. 109; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 706 Rn. 23. 6 Vgl. BAG vom 6.6.1972, AP Nr. 71 zu §611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; Otto/ Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 109. 7 Dazu eingehend Otto/Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 108 f. m.w.N. 8 Vgl. Protokolle zum BGB, Bd. II, S. 420; B G H vom 25.5.1971, JZ 1972, 88, 89; B G H vom 4.7.1977, B G H Z 69, 207, 209; Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl., §708 Rn. 2; MünchKommB G B / U l m e r , 3. Aufl., §708 Rn. 1; Wiedemann, FS Heinsius (1991), S. 949, 958 f.; ähnlich A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 9 IV, S. 113. 9 AcP 191 (1991), S. 475, 482.

I. Haftung

für Schäden

am

Gesellschaftsvermögen

547

ke, daß der Gesellschafter einer G b R nicht nur fremde, sondern zugleich auch eigene Angelegenheiten wahrnimmt, also stets mitbetroffen ist, 1 0 hat dagegen einen ambivalenten Charakter. D a eben kumulativ die Interessen anderer berührt sind, könnte man genauso gut an die Anwendung allgemeiner Haftungsmaßstäbe denken. 1 1 Die Vorschrift des § 708 B G B ist allerdings bekanntlich schon seit langem Gegenstand rechtspolitischer Kritik. 1 2 Solange diese N o r m aber zum geltenden Recht gehört, ist sie grundsätzlich anzuwenden und lediglich einer teleologischen Reduktion zugänglich. 1 3 Bevor der Frage nach dem Verhältnis zu den Grundsätzen der arbeitsrechtlichen Haftungsbeschränkung nachgegangen wird, ist deshalb in aller Kürze zu skizzieren, welchen gegenwärtigen Stand die Dogmatik erreicht hat. Hierbei geht es einmal darum, in welchen Verbänden § 708 B G B überhaupt zum Zuge kommt. Ferner ist der Ausklammerung bestimmter Handlungen aus der Privilegierung nachzugehen. Der einschränkte Sorgfaltsmaßstab erstreckt sich grundsätzlich neben den G e sellschaftern einer G b R auch auf die Mitglieder einer O H G und einer K G . 1 4 Auf die an einer stillen Gesellschaft Beteiligten findet § 708 B G B ebenfalls prinzipielle Anwendung. 1 5 Die Rückführung der Haftungsprivilegierung auf den Aspekt der Übernahme von Risiken, die mit der Persönlichkeit des Mitgesellschafters verbunden sind, rechtfertigt indes nach einhelliger Meinung einen Ausschluß von Publikumsgesellschaften. Dies betrifft die P u b l i k u m s - K G , 1 6 aber auch entsprechende stille Beteiligungen 1 7 . Dasselbe soll ganz generell für kapitalistisch strukturierte Personengesellschaften gelten. 1 8 Bei Körperschaften schließlich will man § 708 B G B von vornherein nicht heranziehen. 1 9 Für mitarbeitende Personengesellschafter bedeuten diese Grundsätze, daß es für die gesellschaftsrechtliche

10 In: M ü n c h K o m m B G B , 3. Aufl., § 708 Rn. 1; den Aspekt der eigenen Beteiligung hervorhebend bereits Ballerstedt, JuS 1963, 253, 258. 11 Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 482 f. 12 Für eine Abschaffung de lege ferenda K. Schmidt, Gutachten, Bd. III, S. 413, 526 ff. 13 In diesem Sinne auch Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 483; noch stärker einschränkend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 59 III 2 c, S. 1748: bloße Auslegungsregel. 14 Siehe nur SoergelIHadding, B G B , 12. Aufl., § 708 R n . 2 ; MünchKommBGB/i//mi>r, 3. Aufl., § 708 Rn. 5. 15 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 623, 679; Baumbach///ojD«, H G B , 30. Aufl., § 2 3 0 Rn. 17; Schlegelberger/K Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 134; ebenso für das A D H G B bereits R G vom 13.3.1906, Gruchot 50 (1906), 1026, 1027 f. 16 B G H vom 4.7.1977, B G H Z 69, 207, 208 ff. (Aufsichtsratsmitglied); B G H vom 12.11.1979, B G H Z 75, 321, 327 f.; SoergelIHadding, B G B , 12. Aufl., § 708 Rn. 2; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 57 II 2 b, S. 1678; 17 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 623; SchlegelbergerAK. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 134. 18 Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 1 0 9 Rn. 5; Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 492; M ü n c h K o m m B G B / t / t e e r , 3. Aufl., § 708 Rn. 5. 19 Vgl. Soergel IHadding, B G B , 12. Aufl., § 708 Rn. 2; M ü n c h K o m m B G B / t / W , 3. Aufl., § 708 Rn. 5; Erman!H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 708 Rn. 3; so bereits R G vom 18.1.1934, R G Z 143, 212, 215 (noch mit der Annahme eines stillschweigenden Ausschlusses durch die Satzung eines nichtrechtsfähigen Vereins).

548

§ 10

Haftungsproblematik

Haftungsmilderung wesentlich auf die reale Struktur der jeweiligen Gesellschaft a n k o m m t . Sind etwa größere Mitarbeitergruppen auf der Basis stiller Gesellschaftsverträge tätig, ist darauf abzustellen, o b es sich jeweils um zweigliedrige oder um mehrgliedrige Geselllschaften handelt. O b w o h l sich die k o n k r e t e n T ä tigkeitsumstände in beiden Konstellationen durchaus gleichen k ö n n e n , leuchtet diese Differenzierung ein. Wenn sich der Geschäftsinhaber nämlich auf eine Vielzahl zweigliedriger gesellschaftsvertraglicher Beschäftigungsverhältnisse einläßt, bedeutet dies, daß die Einzelperson für die Existenz der jeweilige Gesellschaft eine ausschlaggebende R o l l e spielt. In einem solchen Falle ist der M a ß s t a b des § 708 B G B vorbehaltlich einer Uberlagerung durch arbeitsrechtliche Wertungen angebracht. Sofern der einzelne Mitarbeiter für den Bestand der gesamten Gesellschaft aber nur von untergeordneter Relevanz ist und es deshalb keine hinreichende N ä h e b e z i e h u n g zwischen den Beteiligten gibt, besteht aus k o o p e r a t i o n s rechtlicher Sicht kein Anlaß für eine Haftungsprivilegierung. F ü r die Mitglieder einer E W I V ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung eine bemerkenswerte Differenzierung. D i e geschäftsführenden Gesellschafter haben gemäß § 5 Abs. 1 E W I V - A u s f ü h r u n g s G die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einzuhalten. D e n H i n t e r g r u n d dieser N o r m bildet die Zulassung der für Personengesellschaften nach h. M . 2 0 an sich ausgeschlossenen Fremdorganschaft bei der E W I V . 2 1 F ü r sonstige mitarbeitende Gesellschafter gilt infolge der generellen Verweisung in § 1 E W I V - A u s f ü h r u n g s G auf die Vorschriften über die O H G demgegenüber der M a ß s t a b des § 708 B G B . Angesichts der klaren gesetzlichen A n o r d n u n g kann man § 708 B G B sicherlich nicht einfach analog auf geschäftsführende Gesellschafter einer E W I V anwenden. Freilich gibt es auch unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben keinen G r u n d , § 5 Abs. 1 E W I V - A u s f ü h r u n g s G als zwingend anzusehen, so daß für einen geschäftsführenden Gesellschafter die H a f t u n g vertraglich auf das Niveau des § 708 B G B abgesenkt werden kann. F ü r eine dahingehende - gegebenenfalls stillschweigende - Abrede wird man allerdings entsprechende Anhaltspunkte verlangen müssen. Soweit es u m mitarbeitende G m b H - G e s e l l s c h a f t e r geht, sieht man sich mit der Ansicht konfrontiert, daß § 708 B G B auf die Verletzung von Nebenleistungspflichten generell nicht anwendbar sei. 2 2 Angesichts der selbst bei der G b R zu konstatierenden Tendenz einer zunehmenden Verselbständigung 2 3 erscheint es indes zu vordergründig, zur Begründung schlicht auf die rechtliche Eigenstän-

20

21

Siehe dazu oben sub § 5 IV 1 b aa (2) (a).

Vgl. A. Meyer-Landrut,

Interessenvereinigung, S. 50; Müller-Gugenherger,

NJW 1989,

1449, 1456 f.; Sierra, Selbstorganschaft, S. 131; Zinn, Selbstorganschaft, S. 95 ff.; ferner

Delp, WPg 1989, 89, 93.

Weimar/

22 Buchholz, JherJb, Bd. 74 (1924), 260, 283 f.; Hachenburg /Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 94; ebenso zur Genossenschaft Orel, Nebenleistungspflichten, S. 99 f. 2 3 Siehe oben sub § 3 IV 1 a mit Nachweisen in Fn. 141 u. 142.

I. Haftung

für Schäden am

Gesellschaftsvermögen

549

digkeit der G m b H zu verweisen. 2 4 Zwar wird beim Gesellschafter-Geschäftsführer die Heranziehung dieser N o r m schon seit langem abgelehnt. 2 5 Dies beruht indes auf dem besonderen Maßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG. 2 6 Bei einer personalistischen Struktur der G m b H liegt es aber zumindest im Falle eines Verstoßes gegen Nebenleistungspflichten zur Ausübung einer untergeordneten Mitarbeit nahe, auf den Rechtsgedanken des § 708 BGB zurückzugreifen. 2 7 In einer derartigen Konstellation kann nämlich durchaus davon gesprochen werden, daß sich die Gesellschafter mit ihren jeweiligen personalen Eigenheiten wechselseitig in Kauf nehmen. Wie die verbreitet anerkannte Möglichkeit belegt, zumindest durch eine Satzungsregelung die Innenhaftung des Geschäftsführers und damit auch eines Gesellschafters-Geschäftsführers nach § 43 Abs. 1 G m b H G abzumildern, 2 8 kann aus der Existenz der G m b H als eigenständiger Rechtsträger nicht gefolgert werden, daß die Gesellschafter unter keinen Umständen gewillt sein könnten, das Sondervermögen unter einen geringeren haftungsrechtlichen Schutz gegenüber schädigenden Handlungen durch einen aus ihren Reihen stammenden Mitarbeiter zu stellen. Belange des Gläubigerschutzes, die gegen eine Haftungsreduktion ins Feld geführt werden könnten, sind in diesen Fällen von vornherein nur reflexartig betroffen, weil es bei einer Mitarbeit unterhalb der Organebene gerade an der Befugnis fehlt, gezielt auf das gesamte Gesellschaftsvermögen einwirken zu können. Eine entsprechende Anwendung des § 708 BGB setzt freilich eine Situation voraus, in der sich ein überschaubarer Gesellschafterkreis in einer O H G ähnlichen Weise zu einer auf persönlicher Nähe aufbauenden Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen und nur um der Haftungsbegrenzung, nicht aber um der Schaffung eines auch im Innenverhältnis nach allgemeinen Regeln geschützten Sondervermögens willen die Rechtsform einer G m b H gewählt hat. Sobald einzelne Mitglieder etwa durch die Abtretung eines Geschäftsanteils in die Gesellschaft gelangen, für die diese Voraussetzungen nicht mehr zutreffen, entfallen demgegenüber die Grundlagen der Haftungsbeschränkung auf die eigenübliche Sorgfalt. Zu den haftungsprivilegierten Handlungen zählen im Grundsatz alle Maßnahmen, mit denen der Gesellschafter seine gesellschaftsvertraglichen Pflichten erSo aber Buchholz, J h e r J b , Bd. 74 (1924), 260, 283 f. R G v o m 31.3.1908, L Z 1908, Sp. 450; KG v o m 5.5.1959, G m b H R 1959, 257; O L G B r e m e n v o m 28.2.1963, G m b H R 1964, 8, 9; Baums, Geschäftsleitervertrag, S . 2 1 3 ; Lmdacher, J u S 1984, 672, 674; H a c h e n b u r g / M e r t e n s , G m b H G , 8. A u f l . , § 4 3 R n . 55; Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. A u f l . , § 43 R n . 166. F ü r eine A n w e n d b a r k e i t des § 708 B G B bei Tätigkeiten eines Gesellschafter-Geschäftsführers in einer personalistischen G m b H außerhalb der eigentlichen Geschäftsleitung Heisse, B e s c h r ä n k u n g , S. 39 f.; ausdrücklich abl. aber H a c h e n b u r g / M e r t e n s , aaO., Fn. 160, der sich statt dessen f ü r einen R e k u r s auf § 276 B G B ausspricht. 26 Zur R e i c h w e i t e des § 43 Abs. 1 G m b H G siehe noch eingehend sub 2 a bb (1) (b) u. (c). 27 Ebenso generell bei N e b e n v e r b i n d l i c h k e i t e n in einer personalistisch geprägten G m b H Janke, Nebenleistungspflichten, S. 169; Rohrer, Nebenleistungspflichten, S. 87. 28 Vgl. Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. A u f l . , § 43 R n . 50; Lindacher, J u S 1984, 672, 674; H a c h e n b u r g / M e r t e n s , G m b H G , 8. A u f l . , § 43 R n . 5; Baumbach/Hueck/Zö//«er, G m b H G , 17. A u f l . , § 4 3 R n . 5. 24

25

550

510

Haftungsproblematik

füllen will. 2 9 Vor dem Hintergrund, daß die Rechtsprechung die R e d u k t i o n der Arbeitnehmerhaftung vor einiger Zeit entsprechend einer schon seit langem erh o b e n e n F o r d e r u n g im Schrifttum auf sämtliche betrieblichen Tätigkeiten ausgedehnt hat, 3 0 sind für die Suche nach F r i k t i o n e n zu arbeitsrechtlichen Wertungen des weiteren vor allem diejenigen Tendenzen von Interesse, mit denen der A n wendungsbereich von § 708 B G B unter dem B l i c k w i n k e l der erfaßten H a n d l u n gen zurückgedrängt wird. D a b e i bildet die überwiegend anerkannte A u s k l a m merung v o n Schädigungen im Bereich des Straßenverkehrs 3 1 den auffälligsten Gegensatz z u m Arbeitsrecht, in dem gerade Schädigungen von R e c h t e n bzw. Rechtsgütern des Arbeitgebers infolge von Straßenverkehrsunfällen am Anfang der arbeitsrechtlichen Sonderentwicklung standen 3 2 und bis heute ein wichtiges Anwendungsfeld sind. F ü r das Gesellschaftsrecht kann man sich hierfür allenfalls auf den G e d a n k e n der Präventivwirkung stützen, 3 3 während der Aspekt, alle Straßenverkehrsteilnehmer an dieselben Verhaltensmaßstäbe zu binden, 3 4 daran krankt, daß er das Außenverhältnis und das Innenverhältnis vermengt 3 5 . Zu einer n o c h fundamentaleren A b w e i c h u n g v o m Arbeitsrecht würde die von

Larenz

befürwortete generelle H e r a u s n a h m e der Verletzung von N e b e n - und Schutzpflichten aus dem Anwendungsbereich des § 708 B G B 3 6 führen, weil insbesondere diese Verletzungsformen den Schwerpunkt der reduzierten A r b e i t n e h m e r h a f tung darstellen. D e m g e g e n ü b e r spielen die auf Einzelaspekte der G e s c h ä f t s f ü h rung bezogenen Überlegungen infolge der im Arbeitsverhältnis

regelmäßig

anders gelagerten Schädigungssituation nur eine untergeordnete Rolle. D a b e i geht es z u m einen u m die vielerörterte Ü b e r s c h r e i t u n g der Geschäftsführungsbefugnis, bei der die K o n t r o l l e , o b sich das geplante H a n d e l n n o c h im vereinbarten R a h m e n hält, als solche dem M a ß s t a b des § 708 B G B zu unterwerfen ist, während der Gesellschafter im Falle einer danach schuldhaften Ü b e r s c h r e i t u n g für weitere M a ß n a h m e n nach den G r u n d s ä t z e n der G o A haftet. 3 7 Z u m anderen betrifft dies die im Schrifttum zuweilen vorgeschlagene A u s k l a m m e r u n g der nach § 7 1 0 B G B 29 Vgl. A. Hueck, OHG, 4. Aufl., §9 IV, S. 114; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., §708 Rn. 6; Erman!H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 708 Rn. 4. Zur Anwendung auf Drittverträge siehe unten sub 2 a aa. 30 BAG (GS) vom 27.9.1994, AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers. 31 BGH vom 20.12.1966, BGHZ 46, 313, 317f.; Staudinger/Keßler, BGB, 12. Aufl., §708 Rn. 6; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 708 Rn. 3; krit. aber Medicus, Bürgerliches Recht, 18. Aufl., Rn. 930; Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 490 f.; anders noch BGH vom 17.5.1960, VersR 1960, 802, 804. 32 ArbG Plauen vom 4.11.1936, ARS 29, 62 ff. 33 MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., § 708 Rn. 13. 34 So BGH vom 20.12.1966, BGHZ 46, 313, 317f.; BGH vom 25.5.1971, JZ 1972, 88; SoergeVHadding, BGB, 12. Aufl., § 708 Rn. 3. 35 Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 490; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 708 Rn. 12. 36 Larenz, FS Westermann (1974), S. 299, 301 ff.; abl. aber Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 708 Rn. 4; Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 488 f.; MünchKommBGB/f//mer, 3. Aufl., § 708 Rn. 7. 37 Vgl. A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 VI 5, S. 142 ff.; Müller-Graff, AcP 191 (1991), 475, 487 f.; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 708 Rn. 9 f.

I. Haftung

für Schäden

am

Gesellschaftsvermögen

551

übertragenen Geschäftsführung aus der privilegierten Haftung, 3 8 die sich freilich ohnehin nicht hat durchsetzen können 3 9 . Im übrigen ist § 708 B G B disponibel. 4 0 In diesem Zusammenhang ist vor allem die Überlegung von H. P. Westermann

von Interesse, im Falle einer durch eine

Tätigkeitsvergütung oder einen Gewinnvoraus abgegoltene Geschäftsführung 4 1 eine konkludente Abdingung von § 708 B G B , also eine Rückkehr zum allgemeinen Verschuldensmaßstab anzunehmen. 4 2 Hinter diesem Vorschlag, der sachlich auf die in Art. 538 Abs. 3 des schweizerischen O R enthaltene Regelung 4 3 hinausläuft, steht die durchaus beachtliche Wertung, daß eine wirtschaftlich auf Kosten der anderen Gesellschafter erfolgende Entlohnung auch eine verstärkte Haftung des geschäftsführenden Gesellschafters und damit eine Erhöhung des Haftungsschutzes für die anderen Beteiligten rechtfertigt. N o c h einen Schritt weiter gehend hat J. v. Gierke

seinerzeit die Idee einer generellen Abdingung des § 708

B G B zwischen Vollkaufleuten aufgrund einer dahingehen Handelssitte verfochten. 4 4 Nicht zuletzt aus Rechtssicherheitsgründen ist gegenüber einer stillschweigenden Haftungsverschärfung jedoch Zurückhaltung zu wahren und statt dessen eine klare Abrede zu fordern. 4 5

b) Übertragung der arbeitsrechtlicben

Haftungsprivilegierung?

Angesichts der aufgezeigten Divergenzen im Gesellschafts- und im Arbeitsrecht, die sich durch die Einbeziehung der groben Fahrlässigkeit in den Anwendungsbereich der arbeitsrechtlichen Haftungsreduktion 4 6 noch vergrößert haben, fragt es sich, ob es überhaupt Ansatzpunkte für eine Übertragung der im Arbeitsrecht entwickelten Regeln 4 7 auf gesellschafterliche Dienstbeiträge gibt. Soweit man sich im Schrifttum bislang überhaupt mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat, wird eine entsprechende Rechtsfortbildung überwiegend verneint. 4 8 U m in Wiedemann, W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 16. M ü n c h K o m m B G B / U l m e r , 3. Aufl., § 708 Rn. 8. 4 0 Vgl. nur R G vom 18.1.1934, R G Z 143, 212, 215; SoergeV Hadding, B G B , 12. Aufl., § 7 0 8 Rn. 2; Staudinger /Keßler, B G B , 12. Aufl., § 708 Rn. 13. 41 In der Sache dürfte damit eine feste Tätigkeitsvergütung bzw. ein mit Rücksicht auf die Geschäftsführung erhöhter Gewinnanteil gemeint sein. 4 2 In: Erman, B G B , 10. Aufl., § 708 Rn. 4; einschränkende Tendenz aber aaO. Rn. 10. 43 Während nach Art. 538 Abs. 1 O R jeder Gesellschafter grundsätzlich (nur) die eigenübliche Sorgfalt einzuhalten hat, haftet ein geschäftsführender Gesellschafter, der für seine Tätigkeit eine Vergütung bezieht, gemäß Abs. 3 nach den Auftragsvorschriften, also für jedes Verschulden. 4 4 Handelsrecht, 8. Aufl., § 33 II 1 b, S. 195. 4 5 Im Erg. abl. auch MünchKommBGB/t//mer, 3. Aufl., § 708 Rn. 6; im selben Sinne MüllerGraff, AcP 191 (1991), 475, 493; zurückhaltend gegenüber einem stillschweigenden Ausschluß des §708 B G B ferner B G H vom 20.12.1966, B G H Z 46, 313, 317; SoergeV Hadding, BGB, 12. Aufl., § 708 Rn. 2; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 9 IV Fn. 10, S. 113. 4 6 Vgl. B A G vom 12.10.1989, AP Nr. 97 zu §611 B G B Haftung des Arbeitnehmers; B A G vom 12.11.1998, AP Nr. 117 zu § 611 B G B Haftung des Arbeitnehmers. 4 7 Umfassende Darstellung der Einzelheiten bei Otto/Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 163 ff., 198 ff. 48 Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S.415; Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck 38

39

552

§10

Haftungsproblematik

der damit aufgeworfenen Thematik einen festen Stand zu gewinnen, bedarf es zunächst eines kurzen Abrisses der für die Enthaftung maßgeblichen Wertungen. 4 9 Die für Arbeitnehmer geltende Haftungsprivilegierung läßt sich auf zwei verschiedene Prinzipien zurückführen. 5 0 D e r vorwiegend durch allgemeine zivilrechtliche Überlegungen geprägte erste Grundgedanke geht davon aus, daß sich im Schadensfalle nicht nur das Verschulden des einzelnen Arbeitnehmers, sondern vielfach zugleich besondere Gefahren niederschlagen, die mit dem betrieblichen Geschehen verbunden sind. Zudem läßt sich auch das Versagen des Beschäftigten selbst als ein allgemeines Risiko begreifen. Die Zurechnung dieser Risiken an den Arbeitgeber, die eine entsprechende Entlastung des Arbeitnehmers rechtfertigt, beruht auf mehreren Einzelaspekten: Hierzu zählen zunächst die Veranlassung der dem Betrieb inhärenten Gefahrenlagen durch den Arbeitgeber sowie seine Organisationsherrschaft über den weiteren betrieblichen Geschehensablauf einschließlich der Weisungsbefugnis im Hinblick auf die vom Beschäftigten konkret auszuübende Tätigkeit. Des weiteren fallen dem Arbeitgeber die wirtschaftlichen Vorteile aus der Durchführung des betrieblichen Leistungsprozesses sowie insbesondere aus der Tätigkeit des Arbeitnehmers zu, indem er diese Faktoren zusammenfaßt und mit dem Endprodukt an Gütern oder Dienstleistungen unternehmerisch am Markt auftritt, während der Arbeitnehmer im allgemeinen hinsichtlich Ertrag und Einwirkungsmöglichkeiten vom Güter- und Dienstleistungsmarkt abgeschottet ist. Schließlich kann der Arbeitgeber etwaige Schäden regelmäßig besser als der Arbeitnehmer absorbieren, weil er sie über den Markt oder vielfach durch Versicherungen abwälzen kann. D e r zweite Grundgedanke besteht im spezifisch arbeitsrechtlichen Sozialschutz, der sich in die beiden G e sichtspunkte des (relativen) Mißverhältnisses zwischen Entlohnung und Haftungsrisiko sowie der (absoluten) Existenzgefährdung durch hohe Schadenssummen auffächert. 5 1 Diese Argumentation wird teilweise durch rechtsökonomische Überlegungen untermauert: So kann der Arbeitgeber zum einen vielfach besser als der einzelne Arbeitnehmer beurteilen, welche Präventionsmaßnahmen zur Schadensvermeidung noch sinnvoll sind und deshalb ergriffen werden sollen, um die primären

(1959), S. 261, 275 f.; a. A. unter schlichter Berufung auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht Mayer-Berg, Arbeitsrecht der Personenhandelsgesellschaften, S. 167 f. 4 9 Angesichts der kaum noch zu überschauenden Äußerungen zum innerbetrieblichen Schadensausgleich, die neben der Betonung bestimmter und Verwerfung anderer Gesichtspunkte vor allem die Einzelaspekte in immer wieder voneinander abweichende Beziehungen setzen, muß hier auf an anderer Stelle entwickelte Überlegungen zurückgegriffen werden. 5 0 Zum folgenden eingehend Otto/Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 27 ff., 41 ff. 51 Vgl. Otto/Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 41 ff. Für eine Kombination von drei Grundgedanken (Anlehnung an gesetzliche Haftungsmilderungen, Betriebsrisiko, Schadensvorsorgepflicht) nunmehr Sandmann, Haftung von Arbeitnehmern, S. 29 ff., 154 f. (Zusammenfassung).

I. Haftung für Schäden

am

Gesellschaftsvermögen

553

Kosten (Schadenskosten) 52 möglichst gering zu halten. 53 Anders als der einzelne Beschäftigte kann der Arbeitgeber nämlich gesamtbetrieblich handeln und deshalb zur Herstellung eines optimalen Präventionsniveaus flächendeckend Information generieren sowie bei den jeweiligen Schutzvorkehrungen Größenvorteile (economies of scale) nutzen. 54 Demnach kann er insoweit als cbeapest cost avoider im Sinne der Vorstellungen von Calabresi55 angesehen werden. Zum anderen verfügt der Arbeitgeber im allgemeinen über die besseren Versicherungs- und Schadensstreuungsmöglichkeiten. Die weiteren Zurechnungsregeln, welcher Beteiligte cbeapest insurer bzw. superior risk bearer ist, 56 sprechen daher ebenfalls für eine - partielle - Allokation des Schadensrisikos infolge eines schuldhaften Arbeitnehmerfehlverhaltens beim Arbeitgeber, 57 weil hierdurch die sekundären Kosten (Kosten der Risikoverteilung) minimiert werden. 58 Wie andere Aspekte des innerbetrieblichen Schadensausgleichs belegen, sind der Berücksichtigung rechtsökonomischer Aspekte allerdings Grenzen gesetzt. So kann man die nach der neueren Rechtsprechung 59 immerhin mögliche Entlastung des Beschäftigten bei grober Fahrlässigkeit nicht mehr darauf zurückführen, daß der Arbeitgeber den Schadenseintritt mit geringeren Kosten als der Arbeitnehmer verhindern kann. Insoweit stellt der Arbeitgeber also gerade nicht den günstigeren Schadensvermeider dar.60 Diese Ausformung der Arbeitnehmerhaftung ist unter reinen Effizienzgesichtspunkten also durchaus suboptimal, 61 zumal sich eine uneingeschränkte vertragliche Haftung im Bereich der groben Fahrlässigkeit auf das gesamtwirtschaftlich sinnvolle Ziel der Einhaltung beruflicher Standards stützen könnte 62 . Für eine Übertragung der arbeitsrechtlichen Regeln kommt es nach alledem darauf an, ob bei Gesellschaftern, die ihre Mitarbeit als Beitrag in die Gesellschaft einbringen, eine vergleichbare Situation vorliegt. Betrachtet man zunächst den 52 Zu der auf Calabresi zurückgehenden Unterscheidung zwischen verschiedenen Kostenarten Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 117 ff. 53 Eingehend M. Schneider/Sadowski, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Arbeitsrecht, S. 112, 118 ff. 54 Nicht berücksichtigt von Sandmann, Haftung von Arbeitnehmern, S. 71. 55 Siehe Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 213 f.; Wehrt, KritV 1992, 357, 363 ff.; krit. zu dieser Haftungsregel aber Adams, Ökonomische Analyse, S. 21 f.; Blaschczok, Gefährdungshaftung, S. 183 ff. 56 Zu diesen Regeln Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 379 ff.; 384 ff.; Wehrt, KritV 1992, 357, 362 ff.; krit. aber Blaschczok, Gefährdungshaftung, S. 199 ff., 210 ff. 57 Siehe - insbesondere unter den gegenläufigen Aspekten der Versicherung und der Prävention - dazu auch Scheel, Versicherbarkeit, S. 187 f., 216, 219, 250 f., 264, 267. 58 Näher M. Schneider/Sadowski, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Arbeitsrecht, S. 112, 129 ff. 59 Siehe die Nachweise oben in Fn. 46. 60 Ebenso Behrens, ZfA 1989, 209, 233. 61 Zum möglichen Konflikt zwischen Effizienz und Verteilungsgerechtigkeit Behrens, Rechtstheorie 12 (1981), 472, 478. 62 Zu diesem Aspekt der Vertragshaftung bereits Trimarchi, Z H R 136 (1972), 118, 119 ff.

554

5 10

Haftungsproblematik

typischen geschäftsführenden Gesellschafter einer O H G , so besteht auf den ersten Blick kein Anlaß, ihm einen über § 708 B G B hinausgehenden Schutz zukommen zu lassen. Im Gegensatz zu leitenden Angestellten, die vom überwiegenden Schrifttum 6 3 und nunmehr auch vom B G H 6 4 in den Anwendungsbereich des innerbetrieblichen Schadensausgleichs einbezogen werden, ist ein solcher Gesellschafter selber originärer Mitträger der betrieblichen Organisationsmacht, unterliegt keiner Fremdbestimmung und partizipiert unmittelbar an den Erträgen des Unternehmens. D e r in der Diskussion zur Arbeitnehmerhaftung verwendete Gedanke, daß auch ein an sich sorgfältiger Beschäftigter auf Dauer nicht völlig fehlerfrei arbeiten kann, trifft zwar im Prinzip auf geschäftsführende Gesellschafter ebenfalls zu. Angesichts der dargelegten Fundamente für die Enthaftung von Arbeitnehmern genügt dieser Aspekt für sich genommen indes nicht, um Schäden, die infolge des schuldhaften Fehlverhaltens eines Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen entstehen, teilweise ersatzlos zu stellen und damit zu vergemeinschaften, zumal der Gesetzgeber mit § 708 B G B schon eine gewisse R ü c k sicht auf die persönlichen Eigenheiten des Betroffenen genommen hat. Dieses Bild gerät vor dem Hintergrund der Regelung des § 110 H G B jedoch ins Wanken. Nach dieser Vorschrift sind Eigenschäden eines Gesellschafters, die er im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Gesellschaftsangelegenheiten erleidet, von der O H G als solcher zu ersetzen. D e r ursprünglich konturenlos auf die Billigkeit gestützte Ausgleichsanspruch 6 5 ist nach neuerer Auffassung auf das Grundprinzip der Risikohaftung bei Tätigkeit in fremdem Interesse 6 6 zurückzuführen. 6 7 Allerdings wird das Kriterium der „Fremdheit" bei der Personengesellschaft durch die grundsätzlich bestehende Gewinn- und Verlustgemeinschaft überlagert, so daß der geschädigte Gesellschafter entsprechend seinem Anteil letztlich auch eigene wirtschaftliche Interessen wahrnimmt. Dieser Umstand schließt es indes nicht aus, davon zu sprechen, daß die Gesellschaft im Verhältnis zum einzelnen Gesellschafter für die mit der Geschäftsführung oder einer sonstigen Tätigkeit in Gesellschaftsangelegenheiten verbundenen Risiken einzustehen hat, weil sie den Nutzen aus der Aufgabenwahrnehmung zieht. Dies bedeutet zugleich, daß die Zuständigkeit für die Abwehr der entsprechenden Risiken bei der

63 Brox/Walker, D B 1985, 1469, 1476 f.; Koller, Risikozurechnung, S. 409 f.; Martens, Arbeitsrecht der leitenden Angestellten, S. 114 ff.; MünchKommBGB/AfÄ//er-G/öge, 3. Aufl., § 611 Rn. 464; Otto/Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 128; eingehend Sandmann, Haftung von Arbeitnehmern, S. 552 ff.; dagegen Kaiser, AR-Blattei SD 70.2 Rn. 216 ff.; im Grundsatz abl. auch MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl., § 59 Rn. 68; abwägend Peifer, AR-Blattei SD 870 Rn. 61. 6 4 B G H vom 25.6.2001, N J W 2001, 3123, 3124; zumindest für bestimmte Tätigkeiten auch B A G vom 11.11.1976, AP Nr. 80 zu §611 B G B Haftung des Arbeitnehmers; anders noch B G H vom 25.2.1969, N J W 1970, 34, 35; B G H vom 7.10.1969, AP Nr. 51 zu §611 B G B Haftung des Arbeitnehmers; siehe ferner B G H vom 14.2.1985, VersR 1985, 693, 696. 6 5 Vgl. Denkschrift zum H G B , S. 83; ebenso Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 110 Anm. 9. 6 6 Dazu grdl. Canaris, RdA 1966, 41 ff.

I. Haftung für Schäden am

Gesellschaftsvermögen

555

Gemeinschaft als solcher und nicht beim einzelnen Gesellschafter liegt. 6 8 D e r entscheidende weitere Gesichtspunkt besteht nun darin, daß ein auch unter B e rücksichtigung des milderen Maßstabs der eigenüblichen Sorgfalt vorhandenes Verschulden des handelnden Gesellschafters den Ausgleichsanspruch nach nahezu einhelliger Ansicht nicht zwangsläufig völlig ausschließt. 6 9 Vielmehr soll es in einem solchen Falle regelmäßig lediglich zu einer A n s p r u c h s k ü r z u n g k o m m e n (§ 2 5 4 B G B ) . Erklärlich ist dies nur durch die Überlegung, daß ein Verschulden des mitarbeitenden Gesellschafters das der Gesellschaft zuzurechnende T ä t i g keitsrisiko nicht aufhebt, sondern es statt dessen einer Abwägung der verschiedenen F a k t o r e n bedarf. D a b e i soll im Einzelfall sogar das verschuldete Fehlverhalten als solches zu den Risiken gehören, die von der Gesellschaft zu tragen sind. 7 0 Diese Grundsätze k ö n n e n nicht ohne Auswirkungen auf die umgekehrte K o n stellation der Haftung des Gesellschafters für Schäden am Gesellschaftsvermögen bleiben. A u c h in dieser Gestaltung lösen sich die mit der Tätigkeit für die Gesellschaft verbundenen Risiken bei einem Verschulden des handelnden Gesellschafters nicht gleichsam in L u f t auf, sondern müssen als haftungsmindernde M o m e n te in R e c h n u n g gestellt werden. D a b e i wird man davon auszugehen haben, daß die gesamte im Interesse der Gesellschaft erfolgende Mitarbeit privilegiert ist. Eine B e s c h r ä n k u n g auf besondere Risiken 7 1 läßt sich mit der generellen A n k n ü p fung an die Fremdnützigkeit des Gesellschafterhandelns nicht vereinbaren. D e s halb sind auch solche Tätigkeiten eines geschäftsführenden Gesellschafters einzubeziehen, die außerhalb der eigentlichen Geschäftsleitung liegen. So k o m m t etwa eine Haftungsreduktion in Betracht, wenn ein solcher Gesellschafter einen M o n i t o r infolge einer Ungeschicklichkeit v o m Tisch stößt. Dies kann freilich nicht bedeuten, die arbeitsrechtlichen Enthaftungsmaximen in vollem U m f a n g e zur A n w e n d u n g k o m m e n zu lassen. Anders als einem A r b e i t n e h m e r ist es dem geschäftsführenden Gesellschafter einer O H G nämlich im allgemeinen möglich, die Organisation des U n t e r n e h m e n s und das eigene Verhalten frei zu steuern. E i n derartiger Gesellschafter ist mithin vielfach am ehesten in der Lage, die primären K o s t e n 7 2 zu senken, so daß ihre Zuordnung zum Beteiligten Effizienzgewinne verspricht. A u ß e r d e m kann er regelmäßig durch einen eigenen mitunternehmeri-

67 Fitz, Risikozurechnung, S. 139 ff.; Genius, AcP 173 (1973), S.481, 507, 512; Baumbach/ Hopt, HGB, 30. Aufl., § 110 Rn. 1; Schlegelberger/yWariens, HGB, 5. Aufl., § 110 Rn. 2; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 110 Rn. 1. Für eine ausschließliche Erklärung durch den Veranlassungsgedanken Koller, Risikozurechnung, S. 191. 68 Ebenso Koller, Risikozurechnung, S. 190. 69 Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., §110 Rn. 11; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., §110 Anm. 9; Genius, AcP 173 (1973), S.481, 517f., A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 15 II 2, S. 214; Schlegelberger/Marterci, HGB, 5. Aufl., § 110 Rn.24; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 110 Rn. 19; a. A. Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 110 Rn. 4; in diesem Sinne auch Hammen, Gattungshandlungsschulden, S. 245 (zu § 670 BGB). 70 Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 110 Rn. 24. 71 In diese Richtung Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 110 Rn. 24. 72 Zum Begriff siehe oben im Text mit Fn. 52.

556

§ 10

Haftungsproblematik

sehen Einsatz die Mittel für eine hinreichende Risikovorsorge bzw. für den Ausgleich eines bereits eingetretenen Verlustes erwirtschaften. Der Schutz des Betroffenen muß daher im Grundsatz auf Fälle leichter Fahrlässigkeit begrenzt bleiben, wobei sich auch dann nur eine partielle und keine vollständige Enthaftung rechtfertigen läßt. Sofern der Personengesellschafter dagegen als Folge einer gesellschaftsvertraglichen Bemessung der Verwaltungs- und Vermögensrechte nach Kapitalanteilen weder über einen hinreichenden Spielraum hinsichtlich der eigenen unmittelbaren Tätigkeitsumstände noch über einen genügenden Anteil am Gesellschaftsgewinn verfügt, ist eine abweichende Sichtweise angezeigt. Man denke an einen Kommanditisten, der bei einem nur geringen Binneneinfluß und einem entsprechend niedrigen Anteil am Geschäftsgewinn auf der Basis des Gesellschaftsvertrages Dienste unterhalb der Geschäftsführungsebene leistet. In diesen Fällen ist der mitarbeitende Gesellschafter einerseits der betrieblichen Gefahrensituation ebenso ausgesetzt wie ein Arbeitnehmer und profitiert andererseits kaum von den durch das Unternehmen erwirtschafteten Werten. Der Umstand, daß die Tätigkeit ihre Rechtsgrundlage nicht in einem Arbeitsvertrag mit der Gesellschaft, sondern im Gesellschaftsvertrag findet, vermag für sich genommen keinen Unterschied zu begründen. In diesem Sinne hat auch der B G H keine Bedenken gehabt, auf die im Arbeitsrecht entwickelten Haftungsregeln zurückzugreifen, um einen Freistellungsanspruch eines ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieds gegen den Verein zu begründen, wenn das Mitglied bei der Wahrnehmung einer übertragenen Aufgabe schuldhaft einen Dritten schädigt und ihm deshalb zum Schadensersatz verpflichtet ist. 73 Die formale Stellung als Personengesellschafter rechtfertigt es auch nicht, eine Übertragung der arbeitsrechtlichen Enthaftungsgrundsätze unter pauschaler Einstufung des Betroffenen als Mitunternehmer von vornherein abzulehnen. 74 Bei einer solchen sich vom Normalfall eines grundsätzlich gleichberechtigten Personengesellschafters unterscheidenden Ausnahmesituation läßt sich im übrigen weder § 708 BGB noch § 110 H G B eine Sperrwirkung gegenüber weitergehenden Haftungserleichterungen entnehmen. Daher sind die im Arbeitsrecht entwickelten Regeln über die Haftungsreduktion analog anzuwenden. Für die bereits erwähnte Rechtsfigur des „angestellten Komplementärs" 7 5 gilt eine entsprechende Argumentation. Die äußerliche Stellung als Geschäftsführer bildet im Personengesellschaftsrecht kein Hindernis für eine Haftungsbeschränkung. Da es hierbei um Konstellationen geht, in denen sich die übrigen Gesellschafter ein umfassendes Weisungsrecht vorbehalten haben, gibt es keine schutzwürdigen Gesellschafterinteressen, die eine uneingeschränkte Haftung des geschäftsführenden Gesellschafters erforderten. Darüber hinaus fehlt es angesichts der unbegrenzten Außenhaftung an Gläubigerinteressen für die Aufrechterhaltung einer

73 74 75

B G H vom 5.12.1983, B G H Z 89, 153, 158 ff. So aber Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 275 f. Siehe dazu bereits oben sub § 6 IV 2 b cc u. V 1 b aa (3) (a).

I. Haftung für Schäden am

Gesellschaftsvermögen

557

ungemilderten Innenhaftung des Geschäftsführers. Läßt man im Körperschaftsrecht die Sondersituation des Organmitgliedes zunächst außer Betracht, 76 ist eine Anwendung der Enthaftungsregeln ferner etwa für den Fall zu bejahen, daß der Gesellschafter einer GmbH, der nur über einen marginalen Geschäftsanteil verfügt, qua satzungsrechtlicher Nebenleistungspflicht untergeordnete Dienste zu erbringen hat. Der bei der G m b H besonders virulente Gläubigerschutz erfordert keine abweichende Beurteilung, weil ein solcher Gesellschafter im Hinblick auf die gerade durch seine Tätigkeit eröffneten Schädigungsmöglichkeiten nicht sehr viel anders als ein regulärer Arbeitnehmer dasteht, dessen begrenzte Innenhaftung ebenfalls nicht aus diesem Grunde angezweifelt wird. Da die arbeitsrechtlichen Haftungsgrundsätze bei einem Verschulden, das oberhalb der haftungsfreien leichtesten Fahrlässigkeit angesiedelt ist, eine flexible Aufteilung des Schadens vorsehen, weisen die damit übertragbaren Regeln zudem eine hinreichende Elastizität auf, um den unterschiedlichen Graden an unternehmensinternem Einfluß sowie an Gewinnpartizipation eines mitarbeitenden Gesellschafters gerecht zu werden. Problematisch sind demgegenüber diejenigen Konstellationen, in denen ein Personengesellschafter zwar einerseits den Weisungen des Geschäftsführers unterstellt ist, andererseits aber auf der Basis des gesetzliches Normalstatuts einen gleichberechtigten Einfluß auf Grundlagenentscheidungen ausüben kann, insoweit also eine Sperrstellung innehat. 7 7 Der innerbetriebliche Schadensausgleich beruht nämlich zum Teil auf der Organisationsherrschaft des Arbeitgebers über das gesamte Unternehmen, da die Risiken hierin partiell ihre Ursache finden. Es liegt also eine Situation vor, bei der - anders als bei einem einfachen Arbeitnehmer - die haftungsentlastenden Umstände „gespalten" und teilweise auch dem Gesellschafter selber zuzurechnen sind. Der Betroffene ist daher bei der konkreten Schadensverteilung schlechter zu stellen, als er bei einem Schadensausgleich nach arbeitsrechtlichem Vorbild stünde. Eine eigenständige Betrachtung verdienen ferner diejenigen Gestaltungen, in denen bei einem dienstleistenden Gesellschafter die Binnenmacht und der Anteil am Ertrag signifikant auseinanderfallen. Soweit ein solcher Gesellschafter über erhebliche unternehmensinterne Einwirkungsmöglichkeiten verfügt, ist bereits im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Qualifikation eines eigenständigen Tätigkeitsvertrages dargetan worden, daß die fehlende Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft nicht zur Arbeitnehmereigenschaft des Betroffenen führt. 7 8 Diese Wertung gilt grundsätzlich auch für die Frage der analogen Anwendung der arbeitsrechtlichen Haftungsregeln auf Gesellschafterbeiträge. Wer die betriebliche Organisation und die eigene Tätigkeit letztverantwortlich eigenständig steuern kann, ist auf eine Haftungsbeschränkung jenseits des durch § 110 H G B abge76 77 78

Siehe hierzu sogleich unten sub 2 a bb. Dazu bereits oben sub § 6 V 1 b aa (3) (a). Siehe oben sub § 6 V 2 a aa.

558

§10

Haftungsproblematik

steckten Bereichs grundsätzlich nicht angewiesen. Eine Ausnahme ist aber für exorbitante Schäden zu machen. Wenn ein mitarbeitender Gesellschafter auch durch größten Einsatz mangels eines entsprechenden Gewinnverteilungsschlüssels nicht in der Lage ist, nennenswerte finanzielle Reserven aufzubauen, während der wirtschaftliche Ertrag seiner Dienste praktisch ausschließlich der Gesellschaft bzw. den Mitgesellschaftern zugute kommt, muß jedenfalls aus dem Gedanken des Existenzschutzes eine partielle Enthaftung gefolgert werden. In der umgekehrten Konstellation ergibt sich aus einer umfassenden vermögensmäßigen Partizipation allein noch nicht, daß ein Beschäftigter seinen Arbeitnehmerstatus verliert. 79 Für einen auf kooperationsrechtlicher Basis mitarbeitenden Gesellschafter, dem es trotz einer dahingehenden Gewinnteilhabe an einem hinreichenden Einfluß auf die eigenen Beschäftigungsbedingungen fehlt, läßt sich daraus ableiten, daß die Grundsätze über die arbeitsrechtliche Haftungsprivilegierung zwar prinzipiell herangezogen werden können, im Rahmen der Abwägung aber auch große Schadensummen dem einzelnen Gesellschafter angelastet werden können, also nicht (überwiegend) von der Gesellschaft zu tragen sind. 2. Mitarbeit

aufgrund

einer

Drittrechtsbeziehung

Erbringt ein mitarbeitender Gesellschafter seine Dienste im Rahmen eines Drittverhältnisses, gelten hierfür zumindest prima facie die allgemeinen Haftungsgrundsätze. Bei einem Dienstvertrag greift also grundsätzlich die generelle Verschuldenshaftung ein, während bei einem Arbeitsvertrag die Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung kommen. Entsprechend der Blickrichtung dieser Studie soll es im folgenden primär darum gehen, welchen Einfluß die gleichzeitige Stellung als Gesellschafter auf die Haftungsmaßstäbe ausübt. a) Geschäftsleitende

Tätigkeit

aa) Personengesellschafter Sofern ein geschäftsführender Personengesellschafter ausnahmsweise zur Ausgestaltung seiner Geschäftsführerstellung einen Dienstvertrag geschlossen hat, erstreckt sich der Haftungsmaßstab des § 708 BGB auch auf diese Rechtsbeziehung. 80 Ansonsten würden die der Haftungsreduktion zugrunde liegenden Wertungen unterlaufen. Die Grenze für die Ausdehnung des § 708 BGB ist jedoch dann überschritten, wenn ein Gesellschafter ohne eine entsprechende gesellschaftsvertragliche Grundlage in eine völlig eigenständige Tätigkeitsbeziehung zur Gesellschaft tritt. 81 Dies muß konsequenterweise auch für die bereits ange79

Siehe o b e n sub § 6 V 2 a bb. So auch Müller-Graf},, A c P 191 (1991), 475, 484; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 5 9 III 2 a, S. 1747. 81 Motive z u m B G B , Bd. II, S. 602; S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. Aufl., § 708 R n . 4; Staudin80

I. Haftung

für Schäden

am Gesellschaftsvermögen

559

sprochene Konstellation 8 2 gelten, daß ein Gesellschafter - etwa ein Kommanditist oder ein stiller Gesellschafter - Geschäftsführungsaufgaben auf der Basis eines separaten Dienstvertrages wahrnimmt. 8 3 Wenn sich die Gesellschafter bewußt für eine schuldrechtliche anstelle der regelmäßig erfolgenden organschaftlichen Ausformung der Geschäftsführerposition entschieden haben, sind sie auch in der Haftungsfrage beim Wort zu nehmen. Zu einer etwaigen Ermäßigung der Haftung kann es dann jedenfalls nicht mehr über eine Anwendung des § 708 B G B kommen. 8 4 bb)

Körperschaftsrecbt

(1) Gesellschafter-Geschäftsführer

einer

GmbH

Im Vordergrund der Diskussion steht freilich schon seit längerem die Haftung des Geschäftsführers einer G m b H . Die zunehmend intensiver geführte und noch nicht ausgetragene 85 Debatte um die Übertragung des innerbetrieblichen Schadensausgleichs soll hier indes nicht in ihrer ganzen Breite aufgenommen werden. Vielmehr soll sich das Interesse vor allem auf die Bedeutung einer kumulativen Gesellschafterstellung konzentrieren. Dazu müssen allerdings zunächst die Ausgangspunkte verdeutlicht werden. (a) Meinungsstand

und

Ausgangslage

Der B G H hat in der bisher einzigen unmittelbar einschlägigen höchstrichterlichen Entscheidung zu einem Organmitglied eine Haftungsmilderung nach arbeitsrechtlichem Vorbild bei der Erfüllung normaler Geschäftsleiterpflichten prinzipiell ausgeschlossen. 86 In weiteren Urteilen hat er diese Sichtweise am Rande bestätigt. 87 Das K G ist ihm darin in einem neueren Judikat gefolgt. 88 Soweit der B G H erwogen hat, den Regreß der Treuhandanstalt gegenüber vorläufigen Leitungsorganen nach § 16 Abs. 2 S. 3 TreuhandG entsprechend den im Arbeitsrecht geltenden Grundsätzen einzuschränken, 8 9 beruht dies auf der Sondersituation der Unternehmen in der ehemaligen D D R nach der deutschen Wiedervereinigung und kann deshalb nicht als Abkehr von der bisherigen Auffasg e r / K e ß l e r , B G B , 12. Aufl., § 708 Rn. 7; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 708 Rn. 6; Erman/ H. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 708 Rn. 4. 82 Siehe oben sub § 5 IV 1 b aa (2). 83 In diesem Sinne für den stillen Gesellschafter Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 679. 8 4 Eine Heranziehung der Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich hat sich an den sogleich zu schildernden Grundsätzen über die Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H zu orientieren. 8 5 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 36 II 4 b, S. 1079. 8 6 B G H vom 27.2.1975, W M 1975,467, 469 (Vorstandsmitglied einer Genossenschaft). Ebenso für den vom B G H allerdings als leitender Angestellter bezeichneten Geschäftsführer eines Sozialversicherungsträgers i.S. des § 31 S G B IV B G H vom 14.2.1985, VersR 1985, 693, 696. 8 7 B G H vom 5.12.1983, B G H Z 89, 153, 159, im Zusammenhang mit der Haftung eines ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieds; B G H vom 25.6.2001, N J W 2001, 3123, 3124. 8 8 K G vom 9.10.1998, N Z G 1999, 400, 402. 8 9 B G H vom 20.2.1995, B G H Z 129, 30, 37.

560

5 10

Haftungsproblematik

sung über die strenge H a f t u n g von G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r n verstanden werden. 9 0 Gleiches gilt für den in einer neueren Entscheidung ohne eine Anlehnung an arbeitsrechtliches Gedankengut n u n m e h r generell auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzten R ü c k g r i f f der Treuhandanstalt. 9 1 Das Schrifttum weist ein zerklüftetes Meinungsbild auf. D a b e i kreist die Diskussion um die Pflichten und die persönliche Stellung des Organmitglieds, w o b e i diese beiden Aspekte im H i n b l i c k auf die Frage einer Ü b e r t r a g u n g des innerbetrieblichen Schadensausgleichs in unterschiedlicher Weise k o m b i n i e r t werden. E i n Teil der Literatur steht einer Haftungsmilderung pauschal ablehnend gegenüber. 9 2 Zuweilen wird allerdings etwas abgeschwächt formuliert, daß bei organtypischen Tätigkeiten eine Enthaftung nicht in Betracht k o m m e . 9 3 Daran anknüpfend plädiert eine verbreitete Ansicht für eine Differenzierung: D a n a c h soll der Geschäftsführer bei allen im Zusammenhang mit der eigentlichen Geschäftsleitung stehenden Pflichten in jedem Falle uneingeschränkt haften. Bei sonstigen Tätigkeiten 9 4 wird dagegen eine Haftungsprivilegierung befürwortet, in deren G e n u ß in personeller H i n s i c h t als A r b e i t n e h m e r bzw. arbeitnehmerähnlich qualifizierte Geschäftsführer, 9 5 nach anderer Ansicht

anscheinend

sämtliche

Geschäftsleiter 9 6

kommen

sollen. 9 7

Schließlich gibt es Stimmen, die hinsichtlich des gegenständlich erfaßten T ä t i g keitsfeldes n o c h einen Schritt weiter gehen und sich bei bestimmten Geschäftsführern für eine umfassende, also auch den Bereich der fehlerhaften U n t e r n e h mensführung einschließende Ü b e r t r a g u n g des innerbetrieblichen Schadensausgleichs einsetzen, w o b e i nur diejenigen Pflichten ausgeklammert werden, die sich unmittelbar auf die Sicherung des Stammkapitals bzw. die Liquidität beziehen. 9 8 So auch Frisch, Haftungserleichterung, S. 104. BGH vom 14.2.2000, ZIP 2000, 699, 701. 92 Brachen, Organmitgliedschaft, S.221; G. Hueck, ZfA 1985, 25, 33; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §43 Rn.2; Hachenburg/Mertens, GmbHG, 8. Aufl., §43 Rn. 55; MeyerLandrut, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §43 Rn. 10; Röhricht, ZHR 153 (1989), 348, 350; Baumbach/Hueck/Zö7/«er, GmbHG, 17. Aufl., §43 Rn. 6, 8; ebenso wohl Konzen, NJW 1989,2977,2984. 93 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 4; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 7; Weber/Lohr, GmbHR 2000, 698, 701; in diesem Sinne auch Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 216; Hoffmann/Liebs, GmbH-Geschäftsführer, 2. Aufl., Rn. 238. 94 Vielgenanntes Beispiel ist die Verursachung eines Unfalls auf einer Dienstfahrt. 95 Heisse, Beschränkung, S. 57, 61 f.; Heyll, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 239 ff.; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 139; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 364; Pullen, BB 1984, 989, 991 (mit genereller Ausklammerung von Gesellschafter-Geschäftsführern); in diesem Sinne nunmehr auch Lutter, GmbHR 2000, 301, 312 (nach konkreter Autonomie abstufend). 96 Bastuck, Enthaftung, S. 85; Lieb/Eckardt, Der GmbH-Geschäftsführer, S. 82; U. H. Schneider, FS Werner (1984), S. 795, 812 f.; ebenso offenbar Boemke, ZfA 1998, 209, 229 f. mit Fn. 102. Sogar für eine Einbeziehung von Leitungsaufgaben, die unter besonderen Umständen (Zeitnot etc.) zu erledigen seien, Kust, WM 1980, 758, 762. 97 Offenlassend für einen Straßenverkehrsunfall OLG Koblenz vom 14.5.1998, GmbHR 1999, 344, 345, wegen einer Einstufung des Verhaltens als grob fahrlässig. 98 Frisch, Haftungserleichterung, S. 177 ff.; ohne explizite Einschränkung auch Brox/Walker, DB 1985, 1469, 1477; Reese, DStR 1995, 532, 534 f.; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, 90 91

I. Haftung

für Schäden

am

Gesellschaftsvermögen

561

Die Frage nach der grundsätzlichen Haftung des GmbH-Geschäftsführers ist Teil der allgemeinen Auseinandersetzung um die Arbeitnehmereigenschaft dieses Personenkreises. Gleichwohl verlaufen die Diskussionslinien keineswegs völlig parallel. Nicht wenige Autoren, die dem Arbeitnehmerstatus generell ablehnend gegenüberstehen oder nach denen die prinzipielle Qualifikation von vornherein unerheblich ist, plädieren nämlich zumindest für eine partielle Heranziehung der arbeitsrechtlichen Regeln. Tatsächlich besteht keine Kongruenz beider Problembereiche. Die Organstellung schließt die gleichzeitige Eigenschaft als Arbeitnehmer zwar einerseits nicht per se a u s . " Andererseits genügt hierfür nicht eine allgemeine Schutzbedürftigkeit. Vielmehr kann der Arbeitnehmerstatus nur dann bejaht werden, wenn sich der Geschäftsführer auch tatsächlich in einer weisungsabhängigen Position befindet oder er in vergleichbarer Weise ohne einen nennenswerten Spielraum in unternehmerischen Entscheidungen tätig ist. 1 0 0 Sofern ein Geschäftsführer bei seiner Aufgabenwahrnehmung dagegen im wesentlichen frei agiert, scheidet eine Qualifikation als Arbeitnehmer aus. Dies allein schließt es jedoch nicht von vornherein aus, daß die für den innerbetrieblichen Schadensausgleich maßgeblichen Wertungen - wenn auch unter Umständen in geringerer Stärke - beim Geschäftsführer einer G m b H ebenfalls vorliegen können. 1 0 1 Das gilt vor allem im Hinblick auf die allgemeinen zivilrechtlichen Wurzeln der Enthaftung. In der Sache kommt es deshalb ebenso wie beim Personengesellschafter auf die Ubertragbarkeit der Schadenszurechnungsgründe an. Allerdings muß sich eine entsprechende Rechtsfortbildung an den ausdrücklichen Vorgaben des Gesetzes messen lassen. Es ist deshalb unumgänglich, sich zunächst mit der rechtsformspezifischen Haftungsnorm des § 43 Abs. 1 und 2 G m b H G auseinanderzusetzen, die ihrem Wortlaut nach eine Haftung für jedes Verschulden vorschreibt. 1 0 2 (b) Grundsätzliche

Sperrwirkung

des 5 43

GmbHG

§ 43 Abs. 1 und 2 G m b H G scheint jedem Bemühen um Haftungserleichterungen von vornherein einen Riegel vorzuschieben. Von besonderem Interesse ist deshalb der kürzlich vorgelegte Ansatz von Frisch, mit dem er dieses Hindernis zur

S. 191 ff. In diese Richtung unter Annahme einer konkludenten Enthaftungsvereinbarung wenn auch mit größerer Flexibilität im Einzelfall - ferner Krauss, Status und Kündigungsschutz, S. 237 f., für arbeitnehmerähnliche Vorstandsmitglieder. N o c h großzügiger Köhl, D B 1996,2597, 2601 ff., der sogar bei gläubigerschützenden Bestimmungen durch die (überkonstruierte) A n nahme eines Freistellungsanspruchs aus dem Anstellungsvertrag mittelbar zu einer Entlastung kommen will. Für eine pauschale Beschränkung der Haftung von Organmitgliedern bei unternehmerischen Entscheidungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bereits Monjau, D B 1969, 84, 87 f. 9 9 Siehe oben sub § 6 I V 3 a u. b. 1 0 0 Zu den Merkmalen der Arbeitnehmereigenschaft siehe oben sub § 7 I. 1 0 1 In methodischer Hinsicht ebenso Henssler, R d A 1 9 9 2 , 2 8 9 , 290. 1 0 2 Unbefriedigend daher das völlige Ubergehen dieser Frage bei Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 191 ff.

562

§10

Haftungsproblematik

Seite schieben will, um damit freie Bahn für seine Konzeption zur umfassenden Übertragung des innerbetrieblichen Schadensausgleichs auf Fremdgeschäftsführer zu schaffen. 1 0 3 Der Dreh- und Angelpunkt in der Argumentation von Frisch besteht insoweit in der Frage nach dem zwingenden Charakter des § 43 G m b H G . 1 0 4 In dieser bekanntlich seit langem umstrittenen Thematik geht Frisch davon aus, daß die Organhaftung für die nicht unmittelbar gläubigerbezogenen Pflichten abgesenkt werden kann. 1 0 5 In der Tat sprechen gute Gründe dafür, mit einem großen Teil des Schrifttums 1 0 6 eine gesellschaftsinterne Erleichterung der allgemeinen Geschäftsführerhaftung nach § 43 Abs. 1 und 2 G m b H G jedenfalls nicht von vornherein für unzulässig zu halten. 1 0 7 Die weitergehende Auffassung, nach der die umfassende Geschäftsführerhaftung generell nicht nur reflexartig, sondern unmittelbar auch den Schutz der Gesellschaftsgläubiger bezweckt und deshalb folgerichtig von vornherein keiner Herabsetzung durch eine interne Regelung zugänglich ist, 1 0 8 kann sich zwar auf die Entstehungsgeschichte des § 43 G m b H G berufen 1 0 9 . Da eine fehlerhafte Unternehmensführung aber - zumindest beim Vorhandensein eines die Stammkapitalziffer noch deckenden Gesellschaftsvermögens - im Verhältnis zu den Gesellschaftsgläubigern im Grundsatz weder eine Einstandspflicht des Geschäftsführers noch der Gesellschafter nach sich zieht, also haftungsfrei bleibt, wenn der Geschäftsführer damit nur einer Weisung der Gesellschafter nach § 37 Abs. 1 G m b H G nachkommt, wäre es ungereimt, beim Fehlen einer solchen Weisung davon auszugehen, daß die Haftung des Geschäftsleiters für „wrongful trading" nunmehr den Interessen der Gläubiger zu dienen bestimmt ist. 1 1 0 Bezweckt die generelle Organhaftung gegenüber der G m b H so103 Allerdings kann es nicht überzeugen, wenn Frisch, Haftungserleichterung, die Interpretation des Gesetzes nicht an den Anfang seiner Überlegungen stellt, sondern sich der Relevanz des § 43 G m b H G erst im Anschluß an die Erörterung allgemeiner Risikozurechnungsgründe (S. 177 ff. u. 224 ff.) zuwendet (S. 228 ff.). 104 Haftungserleichterung, S. 228 ff. 1 0 5 Haftungserleichterung, S. 232 ff. 106 Ebenso Kion, B B 1984, 864, 867; Konzen, N J W 1989,2977,2984; Lindacher, JuS 1984,672, 673 f.; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 8. Aufl., § 43 Rn. 185a; im Grundsatz auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 4 3 Rn. 50; Baumbach/Hueck/Zö'Z/wer, G m b H G , 17. Aufl., § 4 3 Rn. 5. 1 0 7 Dabei spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob man für die Haftungserleichterung bereits am Sorgfaltsmaßstab des § 43 Abs. 1 G m b H G ansetzt oder ob eine schuldhafte Pflichtverletzung bis zu einem gewissen Verschuldensgrad entgegen § 4 3 Abs. 2 G m b H G haftungsfrei bleiben soll. Auf diese in der Literatur nicht immer beachtete Differenzierung (siehe aber Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., § 43 Rn. 5) soll im folgenden nicht näher eingegangen werden. 1 0 8 In diesem Sinne Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 4 3 Rn. 2; bei einer reinen Wortlautinterpretation stehenbleibend Bastuck, Enthaftung, S. 91 ff. Auf der Grundlage einer Einstufung von § 43 Abs. 2 G m b H G als eine Norm, die bestimmte Gläubigerinteressen schützt, für die Statthaftigkeit einer die Präventivfunktion wahrenden summenmäßigen Haftungserleichterung Heisse, Beschränkung, S. 126 ff. 1 0 9 Entwurf eines GmbH-Gesetzes, S. 94 (zu § 44 G m b H - E ) . 110 U. H. Schneider, FS Werner (1984), S. 795, 811 f.; ihm folgend Lindacher, JuS 1984, 672, 673.

I. Haftung für Schäden am

Gesellschaftsvermögen

563

mit lediglich den Schutz der dahinter stehenden Gesellschafter als G r u p p e von Kapitalinvestoren sowie nach inzwischen allgemein anerkannter Ansicht zusätzlich den Minderheitenschutz, so ist entgegen einer mehrfach

anzutreffenden

Sichtweise 1 1 1 nicht einzusehen, warum es diesem Personenkreis generell verwehrt sein soll, auf den ihm z u k o m m e n d e n Schutz von vornherein teilweise zu verzichten. 1 1 2 Außerhalb der unmittelbar gläubigerschützenden Vorschriften bzw. der U n t e r d e c k u n g s z o n e 1 1 3 kann die Gesellschaft die Haftung demnach abmildern, wobei der Minderheitenschutz allerdings gebietet, daß die Beschränkung auf dem Willen aller Gesellschafter beruht. 1 1 4 Dies liegt im wesentlichen auf der Linie einer neueren Entscheidung des B G H , nach der die in § 43 Abs. 4 G m b H G geregelte Verjährung von Ansprüchen nach § 43 G m b H G grundsätzlich abgekürzt werden kann, sofern der Schadensersatzbetrag nicht zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. 1 1 5 Aus der Dispositivität des § 43 Abs. 1 G m b H G folgt somit, daß einer Übertragung der Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich nicht mit dem Hinweis auf den zwingenden Charakter der Geschäftsführerhaftung begegnet werden kann. Es stellt aber einen gedanklichen Fehler dar, wenn Frisch

aus der autonomen

Abdingbarkeit den Schluß zieht, daß hinsichtlich der Unternehmensleitung auch eine h e t e r o n o m e Enthaftung zum Zuge k o m m t . Z w a r kann man durchaus davon sprechen, daß sich in einem Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 1 und A b s . 2 G m b H G nicht nur das Verschulden des Geschäftsführers niederschlägt. Vielmehr wird das Haftungsrisiko zugleich durch grundsätzliche Entscheidungen determiniert, die auf der Gesellschafterebene getroffen werden. In einem gewissen Sinne verwirklichen sich in der allgemeinen Organhaftung somit auch solche unternehmerischen Risiken, auf die der Geschäftsführer als solcher keinen E i n fluß hat und die deshalb an sich der G m b H zuzuordnen sind. 1 1 6 Zudem läßt sich nicht bestreiten, daß die Gesellschaft Risiken regelmäßig besser als der einzelne Geschäftsführer absorbieren kann. W ä h r e n d jedenfalls der Fremdgeschäftsführer normalerweise nicht in der Lage ist, ein Gehalt auszuhandeln, dessen H ö h e die drohenden Risiken vollständig abdecken kann, verfügt die Gesellschaft über die grundsätzliche Möglichkeit, etwaige Schäden gestreut über den M a r k t abzuwälzen, ist insoweit also superior

risk bearer

im Sinne der ö k o n o m i s c h e n Analyse des

111 Bastuck, Enthaftung, S. 91 ff.; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 213; KovtAAtr/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §43 Rn.4; so bereits OLG Hamburg vom 7.4.1904, OLG Rspr. 9 (1904), 266; innerhalb des § 43 Abs. 1 GmbHG differenzierend Hachenburg/Aferfercs, GmbHG, 8. Aufl., § 43 Rn. 5; offengelassen von OLG Bremen vom 28.2.1963, GmbHR 1964, 8, 9. 112 Vgl. Lindacher, JuS 1984, 672, 674. 113 Dazu Altmeppen, in Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 50 i.V.m. Rn. 56 f. 114 Die Begrenzung muß deshalb in der (ursprünglichen) Satzung geregelt sein oder zumindest auf einem einstimmigen Gesellschafterbeschluß fußen. 115 BGH vom 15.11.1999, NJW 2000, 576; noch enthaftungsfreundlicher die Tendenz in BGH vom 31.1.2000, NJW 2000, 1571 f. 116 Insoweit zutreffend Frisch, Haftungserleichterung, S. 198 ff.

564

510

Haftungsproblematik

Rechts 1 1 7 . Dennoch wird die Situation entschieden überzeichnet, wenn Frisch davon spricht, daß dem Geschäftsführer bereits nach dem gesetzlichen Normalstatut keine unternehmerische Entscheidungsfreiheit zukommt. 1 1 8 Vielmehr geht das Gesetz davon aus, daß der Geschäftsführer im Grundsatz eine umfassende Geschäftsführungsbefugnis hat und insofern eine auch vom leitenden Angestellten durchaus noch abgehobene Position einnimmt. An diesem Modell ändern weder das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung nach § 37 Abs. 1 G m b H G noch die in der Rechtswirklichkeit vorkommenden Abwandlungen etwas, die in der Tat eine erhebliche Bandbreite aufweisen und „vom völlig entmachteten reinen Vollzugsorgan bis zum völlig weisungsfreien ... Alleinherrscher" 1 1 9 reichen. Vor allem aber läßt Frisch mit seiner Argumentation 1 2 0 völlig unberücksichtigt, daß der Gesetzgeber die Risiken, die sich aus einer fehlerhaften Unternehmensführung ergeben, bewußt auf den Geschäftsführer verlagert hat. Man kann diese spezielle gesetzgeberische Entscheidung nicht durch die Berufung auf allgemeine Prinzipien konterkarieren und das Unternehmerrisiko durch die Kriterien der Fremdnützigkeit und der abstrakten Beherrschbarkeit auf die G m b H zurückschieben. 1 2 1 Die Organhaftung gegenüber der G m b H nach § 4 3 Abs. 1 und 2 G m b H G hat gerade den Sinn, das vom Geschäftsführer gleichsam treuhänderisch verwaltete Sondervermögen unter einen umfassenden Schutz zu stellen. 122 Auch wenn einige generelle Schadensverteilungsgrundsätze bis zu einem gewissen Grade zumindest in der Rechtsbeziehung zwischen der G m b H und einem Fremdgeschäftsführer vorliegen und somit „an sich" zu einer Modifikation der umfassenden Verschuldenshaftung Anlaß geben würden, verbietet es die ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers, ihnen flächendeckend zum Durchbruch zu verhelfen. Dies wird nicht zuletzt durch Überlegungen aus dem Bereich der ökonomischen Analyse des Rechts bestätigt. Danach führt das Auseinanderfallen von Kapitaleignern und Unternehmensleitung zur Möglichkeit des Managements, sich Ressourcen des Unternehmens direkt oder indirekt anzueignen. 1 2 3 In dieser Prinzipal-Agent-Situation 1 2 4 stellt die unbeschränkte H a f t u n g der Geschäftsführer

117

Z u dieser A r g u m e n t a t i o n s f i g u r siehe oben sub 1 b mit F n . 56. H a f t u n g s e r l e i c h t e r u n g , S. 189, u n t e r u n z u t r e f f e n d e r B e r u f u n g auf Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 132. 119 So plastisch Miller, in: M e y e r - L a n d r u t / M i l l e r / N i e h u e s , G m b H G , §5 3 5 - 3 8 Rn. 95; siehe zu d e n unterschiedlichen E i n s c h ä t z u n g e n der tatsächlichen Stellung des G e s c h ä f t s f ü h r e r s auch Diller, Gesellschafter u n d Gesellschaftsorgane, S. 130 ff. 120 Dasselbe gilt f ü r die Ü b e r l e g u n g e n v o n Monjau, D B 1969, 84, 86 f. 121 I m Erg. vergleichbar Bastuck, E n t h a f t u n g , S. 84 f., der sich h i e r f ü r aber zu pauschal auf die Interessen der Gläubiger, der A r b e i t n e h m e r u n d der Ö f f e n t l i c h k e i t b e r u f t . 122 Vgl. Konzen, N J W 1989, 2977, 2984; Lindacher, JuS 1984, 672, 673; U. H. Schneider, FS Werner (1984), S. 795, 807 f. 123 Schäfer/Ott, L e h r b u c h der ö k o n o m i s c h e n Analyse des Zivilrechts, 3. Aufl., S. 601; eingeh e n d Jensen/Meckling, J. Fin. E c o n . 3 (1976), 305 ff. 124 Siehe d a z u Hucke, Gesellschafter u n d G e s c h ä f t s f ü h r e r , S. 31 ff.; Posner, E c o n o m i c A n a l y 118

I. Haftung für Schäden am

Gesellschaftsvermögen

einen wirkungsvollen Anreiz dar, um ein moral

hazard

565

abzuwenden 1 2 5 und sich

um eine den legitimen Interessen der Kapitalgeber R e c h n u n g tragende ordnungsgemäße U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g zu b e m ü h e n . 1 2 6 Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil die Geschäftsleitung im Gegensatz zu A r b e i t n e h m e r n erstens regelmäßig keiner unmittelbaren Ü b e r w a c h u n g ( m o n i t o r i n g ) unterliegt und es zweitens in einer G m b H als einer geschlossenen Gesellschaft, deren Anteile nicht gehandelt werden, an kapitalmarkttypischen K o n t r o l l m e c h a n i s m e n fehlt, die auf ihre Weise für eine Disziplinierung des Managements sorgen 1 2 7 . Eine andere Beurteilung wäre nur dann angebracht, wenn die einfachgesetzlich angeordnete H a f t u n g des Geschäftsführers für jedes Verschulden als verfassungswidrig einzustufen wäre, weil sie ihn in seiner durch A r t . 12 Abs. 1 G G geschützten Berufsausübung zu sehr beeinträchtigen würde. Z w a r kann sich auch ein Geschäftsführer unabhängig von der Qualifikation seines Beschäftigungsverhältnisses auf Art. 12 A b s . 1 G G berufen. 1 2 8 D i e durch den G r o ß e n Senat des B A G angeregte Diskussion um die verfassungsrechtliche Ableitung der arbeitsrechtlichen Haftungsprivilegierung 1 2 9 hat indes nur zu vergleichsweise mageren Resultaten geführt. Betrachtet man die G r u n d r e c h t e richtiger Ansicht nach als bloße E c k p u n k t e des einfachen R e c h t s und verzichtet konsequenterweise darauf, sie für eine Umstrukturierung jedenfalls des gesamten berufsbezogenen H a f tungsrechts zu instrumentalisieren, so läßt sich aus verfassungsrechtlicher Perspektive lediglich folgern, daß sich eine Mitverantwortung des Geschädigten grundsätzlich in einer Schadensteilung niederschlagen m u ß . 1 3 0 W i e soeben schon angesprochen, läßt sich nicht bestreiten, daß der Geschäftsführer als solcher zwar prinzipiell die unternehmerische Leitungsmacht ausübt, für Grundlagenfragen, die etwa den Unternehmensgegenstand und die Eigenkapitalausstattung betrefsis of Law, 5th Ed., § 14.7, S.451 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 163 ff., 201 ff., 217 ff.; Schanze, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme, S. 60 ff., 70 ff. 125 Auf der Basis des Transaktionskostenansatzes geht es insoweit um die Vermeidung opportunistischen Verhaltens; zum Verhältnis von „moralischem Risiko" und „Opportunismus" vgl. Williamson, Institutionen, S. 58 Fn. 8. 126 Im Grundsatz ebenso Hucke, Gesellschafter und Geschäftsführer, S. 105 ff.; vgl. in diesem Zusammenhang ferner Trimarchi, ZHR 136 (1972), 118, 119 ff., der die Einhaltung beruflicher Standards als ökonomisches Ziel der Vertragshaftung hervorhebt. Das Plädoyer für eine unbeschränkte persönliche Haftung als Anreiz zur Vermeidung von moral hazard-Risiken bzw. von Opportunismus im Innenverhältnis bedeutet nicht, daß auch in anderen Zusammenhängen, etwa bei der Außenhaftung von Organmitgliedern, aus Präventionsgründen auf eine umfassende Haftung hinzuwirken ist; insoweit zu Recht restriktiv Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, S. 865 f. 127 Dazu Easterbrook/Fischel, Economic Structure, S. 243; Fleischer, ZGR 2001,1, 25. Näher zur kapitalmarktrechtlichen Disziplinierung Hucke, Gesellschafter und Geschäftsführer, S. 117 ff.; Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 2. Aufl., S. 382. 128 Zur personellen Reichweite dieses Grundrechts siehe bereits oben § 8 I 3 mit Fn. 126. 129 BAG (GS) vom 12.6.1992, AP Nr. 101 zu §611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; zurückhaltender aber BAG (GS) vom 27.9.1994, AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers. 130 Eingehend dazu Krause, JR 1994, 494, 496 ff.

566

510

Haftungsproblematik

fen, aber die Gesamtheit der Gesellschafter zuständig ist, und die Regelung dieser Fragen wiederum das dem Geschäftsführer drohende konkrete Schadensrisiko mitbestimmt. Die Aufteilung der Zuständigkeiten in Organisationsangelegenheiten auf die verschiedenen Organe der G m b H bringt es demnach mit sich, daß ein Teil der Haftungsrisiken auf Umständen beruht, die für den Geschäftsführer „fremd" sind. Gleichwohl sprechen mehrere Gründe gegen eine grundrechtlich induzierte Haftungsmilderung für Geschäftsführer. Zunächst wird ein etwaiger haftungsrechtlicher Überdruck schon dadurch teilweise abgebaut, daß man bei der Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt in der Unternehmensführung die für den Geschäftsführer bestehende Notwendigkeit zu berücksichtigt hat, unternehmerische Risiken einzugehen und somit nicht aus jedem Fehlschlag auf eine schuldhafte Pflichtverletzung zurückschließen darf. 131 Wichtiger noch ist der Aspekt der eigenverantwortlichen Risikoübernahme durch den Geschäftsführer. Selbstverständlich hindert die Verfassung nicht daran, an sich externe Schadenszurechnungsgründe durch eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu internalisieren. Die umfassende Verschuldenshaftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 1 und 2 G m b H G kann als eine typisierte Übernahme der unternehmensinhärenten Risiken begriffen werden. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, daß die Geschäftsführerposition im allgemeinen nur dann ergriffen wird, wenn sich der Betroffene darüber im klaren ist, bei einer schuldhaften Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensführung unbeschränkt zu haften. Während es für jeden, der sich nicht selbständig machen will, einen gewissen wirtschaftlichen Zwang gibt, als Arbeitnehmer tätig zu sein, existiert kein vergleichbarer Druck, in der Unternehmenshierarchie an die Spitze vorzudringen und eine Organstellung einzunehmen. In denselben Kontext gehört schließlich die jedenfalls aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht angreifbare Vorstellung des Gesetzgebers, daß bei künftigen Geschäftsführern nicht schon grundsätzlich von einer sozial schwächeren Stellung ausgegangen werden kann. 1 3 2 Somit kann von diesem Personenkreis - anders als bei den Bewerbern um eine Beschäftigung als Arbeitnehmer - eine hinreichende Wahrnehmung von Eigeninteressen erwartet werden, indem die Übernahme einer exponierten Position von Schutzvorkehrungen gegen eine existenzbedrohende Haftung abhängig gemacht wird. Es ist nicht ersichtlich, warum bei deutschen Managern in der Bewerbersituation eine prinzipiell andere Marktmacht als etwa bei US-amerikanischen Führungskräften vorliegen soll 1 3 3 . Die von Frisch angenommene „strukturelle Unterlegenheit" des Fremdgeschäftsführers bezieht sich nur auf die bereits ausgeübte Tätigkeit, was von Frisch selbst indirekt zugegeben

In diesem Sinne auch U. H. Schneider, FS Werner (1984), S. 795, 810 f. So auch Sandmann, Haftung von Arbeitnehmern, S. 337 f. 1 3 3 Zur vertraglichen Entlastung von bestimmten Haftungsrisiken als Voraussetzung für die Bereitschaft einer Tätigkeit als director oder officer vgl. Lutter, Z H R 157 (1993), 464, 473; Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 547. 131

132

1. Haftung für Schäden

am Gesellschaftsvermögen

567

wird, indem er vorstandsähnliche Fremdgeschäftsführer ausklammern will. 134 Vor der Übernahme des konkreten Amtes kann eine solche Unterscheidung indes schwerlich getroffen werden. Soweit es um die Schutzinstrumente im einzelnen geht, kommt zunächst die aus den USA stammende und von der Versicherungswirtschaft seit einiger Zeit angebotene Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Manager (directors' and officers' liability insurance) in Betracht, die regelmäßig von der Gesellschaft für ihre Organmitglieder als Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 74 ff. V V G genommen wird. 135 Eine bestehende Versicherungsmöglichkeit schränkt den prinzipiellen Absorptionsvorsprung der Gesellschaft ein und stellt einen Faktor dar, der nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen Analyse des Rechts 1 3 6 einer prinzipiellen Überwälzung von Schäden aus fehlerhafter Unternehmensleitung auf die GmbH entgegensteht. Allerdings ist der durch die D&O-Versicherung erreichbare Schutz begrenzt. Dies rührt freilich nur zu einem geringen Teil aus dem Umstand, daß sich der Versicherungsschutz entsprechend dem US-amerikanischen Vorbild zumindest ursprünglich auf solche Ansprüche beschränkte, die ohne Veranlassung der Versicherungsnehmerin geltend gemacht werden. 137 Die Entscheidung über die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gegen Geschäftsführer liegt gemäß § 46 Nr. 8 G m b H G nämlich grundsätzlich in der Hand der Gesellschafter. Geht die Initiative somit regelmäßig letztlich von den Anteilseignern aus, wird man die Ausschlußklausel auch in einer personalistischen GmbH nicht eingreifen lassen können, 138 zumal eine schlichte Information der Gesellschafter durch die Geschäftsführer über das Bestehen einer etwaigen Schadensersatzpflicht ausdrücklich für unschädlich erklärt wird. 139 Darüber hinaus scheint in dieser Frage nicht zuletzt unter dem Einfluß der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des B G H , die vom Aufsichtsrat eine eigene Initiative im Hinblick auf Schadensersatzansprüche

Haftungserleichterung, S. 226. Dazu etwa Ihlas, Organhaftung, S. 56 ff.; Kästner, A G 2000, 113 ff.; Lattwein, ZVersR 1999, 49 ff.; Schneider/Ihlas, D B 1994, 1123, 1124 ff.; Thümmel, Haftung von Managern, 2. Aufl., Rn. 336 ff.; Thümmel/Sparherg, D B 1995, 1013 ff. 136 Siehe hierzu oben sub 1 b. 1 3 7 Vgl. Nr. 1.3 S. 1 AVB-AVG der Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. vom Januar 1997 (Abdruck der Bedingungen bei Thümmel, Haftung von Managern, 2. Aufl., Rn. 351 ff.; dazu auch A G 1998, R 158/160); zu dieser Einschränkung des Versicherungsschutzes Lattwein, NVersZ 1999, 49, 51; U. H. Schneider/Ihlas, DB 1994, 1123, 1127; Thümmel/Sparberg, D B 1995, 1013, 1018; umfassend Ihlas, Organhaftung, S. 242 ff.; Thümmel, aaO., Rn. 357. Zweck des Ausschlusses ist die Abwehr von Mißbrauchsgefahren. In der Sache wird damit das versicherte Risiko auf eine Inanspruchnahme des Organmitglieds entsprechend den US-amerikanischen shareholders' derivative suits beschränkt. Nach Lattwein/Krüger, NVersZ 2000, 365, 366, hat sich die Ausschlußklausel in der Praxis nicht halten können. 1 3 8 Ebenso Thümmel, Haftung von Managern, 2. Aufl., Rn. 345, 357, der die genannte Klausel in der G m b H generell für unerheblich hält; in diese Richtung auch U. H. Schneider/Ihlas, DB 1994, 1123, 1127. 1 3 9 Vgl. Nr. 1.3 S. 2 AVB-AVG der Musterbedingungen. 134

135

568

§ 10

Haftungsproblematik

gegen Vorstandsmitglieder verlangt, 1 4 0 ein U m d e n k u n g s p r o z e ß eingesetzt zu hab e n . 1 4 1 Wichtiger ist demgegenüber, daß in der Praxis jedenfalls für kleinere U n ternehmen durchaus Hindernisse existieren, eine D & O - P o l i c e zu n e h m e n . 1 4 2 U b e r den Versicherungsaspekt hinaus existiert aber des weiteren die M ö g l i c h k e i t einer vertraglichen Haftungsmilderung. W i e bereits angesprochen, ist es nämlich als zulässig anzusehen, daß die Gesellschaft die H a f t u n g des Geschäftsführers einschränkt. D i e Statthaftigkeit einer Haftungsmilderung ist somit auch unter dem Gesichtspunkt zu bejahen, daß sie ein Ventil darstellt, u m einen eventuellen verfassungsrechtlichen D r u c k auf die umfassende Organhaftung auszugleichen. Schließlich darf nicht übersehen werden, daß dem Geschäftsführer mit der M ö g lichkeit der Vorlage an die Gesellschafterversammlung nach § 4 9 Abs. 2 G m b H G ein probates Mittel zur Verfügung steht, um sich bei unternehmerischen E n t scheidungen mit h o h e n Schadensrisiken haftungsrechtlich abzusichern. 1 4 3 K a n n der Gesetzgeber somit ohne Verfassungsverstoß davon ausgehen, daß das O r g a n mitglied einer G m b H hinreichende Eigenschutzmöglichkeiten hat, läßt sich den G r u n d r e c h t e n keine generelle B e s c h r ä n k u n g der umfassenden Innenhaftung des G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r s entnehmen. N a c h alledem bleibt es dabei, daß neuere Ansätze nichts an der grundsätzlichen Sperrwirkung des § 43 A b s . 1 und 2 G m b H G gegenüber einer allgemeinen Haftungsmilderung für ( F r e m d - ) G e s c h ä f t s f ü h r e r

entsprechend dem

arbeits-

rechtlichen Vorbild ändern. 1 4 4 (c)

Ausnahmefälle

D i e nach wie vor gültige gesetzgeberische Entscheidung für eine prinzipiell unbeschränkte H a f t u n g des Geschäftsführers nach § 43 A b s . 1 und 2

GmbHG

schließt es freilich nicht aus, daß diese Vorschrift in Ausnahmefällen ihre Sperrwirkung einbüßt und damit die A n w e n d b a r k e i t allgemeiner Schadenszurechnungsgründe ermöglicht. Dies k o m m t sowohl hinsichtlich bestimmter Personen sowie bestimmter Pflichtbereiche in Betracht. (aa) Statusbezogene

Gesichtspunkte

E i n e gegenständlich alle Bereiche der Geschäftsführung erfassende A u s n a h m e ist dann angezeigt, wenn der Mitarbeiter die Geschäftsführerstellung lediglich formal innehat und sein Beschäftigungsverhältnis mit der G m b H als Arbeitsvertrag

BGH vom 21.4.1997, BGHZ 135, 244 ff. Vgl. Lattwein, NVersZ 1999, 49, 51; siehe dazu auch Kästner, AG 2000,113, 120 f. 142 Dazu Kästner, AG 2000,113, 114. 143 Zum grundsätzlichen Einberufungsrecht des Geschäftsführers siehe nur Baumbach/ Hueck/Zö//ner, GmbHG, 17. Aufl., § 49 Rn. 10. Im Falle einer mehrgliedrigen Geschäftsführung sieht die ganz h. M. jeden einzelnen Geschäftsführer als einberufungsbefugt an; vgl. Rowedder/ Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 49 Rn. 2 m.w.N. 144 Die Konzeption von Frisch rundweg abl. auch Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 43 Rn. 2; im Erg. ebenso Baumbach/Hueck/Zötfwer, GmbHG, 17. Aufl., § 43 Rn. 6. 140 141

I. Haftung

für Schäden am

Gesellschaftsvermögen

569

zu qualifizieren ist. 145 Entsprechend den allgemeinen Überlegungen zu den Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft 1 4 6 fallen in diese Kategorie auch solche Geschäftsführer, die über keinen nennenswerten Spielraum für unternehmerische Entscheidungen verfügen. In einer solchen vom Gesetzgeber nicht vorhergesehenen Abweichung vom Normalfall weicht der Geltungsanspruch des § 43 Abs. 1 und 2 G m b H G zurück. Wenn die Gesellschafter die Unternehmensführung nämlich im wesentlichen selbst in die Hand nehmen und den Geschäftsführer lediglich wie einen Angestellten behandeln, entfällt die innere Berechtigung der gerade auf den umfassenden Einwirkungsmöglichkeiten des Organmitglieds beruhenden unbeschränkten Haftung. Hierdurch entsteht ein Freiraum für die Anwendung der allgemeinen Schadenszurechnungsprinzipien. In dieser Sonderkonstellation ist die Haftung des Geschäftsführers deshalb mit Ausnahme der unmittelbar gläubigerschützenden Pflichten nach dem Vorbild des innerbetrieblichen Schadensausgleichs grundsätzlich gemildert. Diese Sichtweise wird nicht zuletzt durch die inzwischen überwiegend bejahte Anwendung der Haftungsprivilegierung auf arbeitnehmerähnliche Dienstnehmer 1 4 7 bestätigt. Somit stellt sich die Anschlußfrage nach der Bedeutung einer gleichzeitigen Beteiligung als Gesellschafter. Dabei kann es von vornherein nur um solche Beteiligungen gehen, die infolge ihres damit verbundenen Binneneinflusses nicht schon dem Arbeitnehmerstatus insgesamt entgegenstehen. Trotz dieser Einschränkung ist es rechtlich jedoch zumindest möglich, daß die Arbeitnehmereigenschaft mit einer vergleichsweise großen Beteiligung zusammenfällt, weil der Betroffene angesichts einer stabilen Mehrheitsherrschaft nicht in der Lage ist, seine Beschäftigungsinteressen jedenfalls regelmäßig durchzusetzen. 1 4 8 Es kann somit dazu kommen, daß ein Gesellschafter-Geschäftsführer bei letztlich geringer Binnenmacht und damit kaum vorhandener Möglichkeiten zur Einwirkung auf die Risikofaktoren aufgrund der Größe seines Geschäftsanteils in hohem Maße an den Erträgen der Gesellschaft partizipiert. Dies gilt erst recht bei einem stimmrechtslosen Geschäftsanteil. In einer solchen Gestaltung ist das Element der Fremdnützigkeit nur schwach ausgeprägt. Zudem ist der Gesellschafter zu einer Absorption des Schadens durchaus in der Lage. Entsprechend früheren Darlegungen 1 4 9 entfällt hierdurch eine Milderung bei der konkreten Schadenszurechnung zwar nicht völlig. Indes können auch vergleichsweise hohe Beträge dem einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführer angelastet werden.

Zur grundsätzlichen M ö g l i c h k e i t einer solchen Gestaltung siehe oben sub § 6 IV 3 a u. b. Siehe oben sub § 6 I. 147 Vgl. Otto/Schwarze, H a f t u n g des A r b e i t n e h m e r s , 3. A u f l . , Rn. 133 m . w . N . ; a. A. noch B G H v o m 1.2.1963, A P Nr. 28 zu § 611 B G B H a f t u n g des A r b e i t n e h m e r s . 148 N ä h e r d a z u oben sub § 6 V 1 b aa (1) (a) (aa) (ccc). 149 Siehe oben sub 1 b. 145 146

570 (bb) Pflicbtbereichsbezogene

5 10

Haftungsproblematik

Aspekte

Bei sonstigen Geschäftsführern entfällt die von § 43 Abs. 1 und 2 G m b H G ausgehende Sperrwirkung, soweit es gegenständlich um Pflichten geht, die nicht die eigentliche Unternehmensleitung bzw. die organschaftliche Treuepflicht, sondern den sonstigen allgemeinen Schutz der Rechte und Rechtsgüter der G m b H betreffen. In diesem Bereich fehlt es an den mit der Geschäftsführerstellung verbundenen spezifischen Einwirkungsmöglichkeiten auf fremdes Vermögen. Vielmehr steht der Geschäftsführer im Hinblick auf die Möglichkeit einer Unachtsamkeit bei einer Dienstfahrt oder beim Umgang mit einem Notebook praktisch genauso da wie ein normaler Arbeitnehmer. 1 5 0 Dabei überzeugt es in konstruktiver Hinsicht am meisten, den Schadensersatzanspruch bei einer schuldhaften Verletzung solcher Pflichten nicht auf § 43 Abs. 2 GmbHG, sondern auf § 280 Abs. 1 BGB (bislang pVV des Anstellungsvertrages) 1 5 1 zu stützen, 1 5 2 zumal dies am ehesten mit der mehrfach befürworteten Heranziehung des Maßstabs aus § 276 Abs. 1 BGB anstelle von § 43 Abs. 1 G m b H G für Pflichten jenseits der Geschäftsleitung 1 5 3 harmoniert. Hieraus kann aber nicht gleichsam im Umkehrschluß eine komplette Übertragung des innerbetrieblichen Schadensausgleichs gefolgert werden. U m eine Abweichung von der allgemeinen Verschuldenshaftung rechtfertigen zu können, müssen die haftungsentlastenden Prinzipien vielmehr tatsächlich vorliegen. Dies trifft jedenfalls grundsätzlich auf den Fremdnützigkeitsaspekt zu. Demgegenüber liegen große Teile der Steuerung der Unternehmensorganisation sowie des eigenen Verhaltens beim Geschäftsführer. Zudem ist bereits bei einem reinen Fremdgeschäftsführer die soziale Schutzbedürftigkeit häufig weniger stark als bei einem Arbeitnehmer ausgeprägt. Die Regeln über die Enthaftung des Arbeitnehmers können daher auch in dem Bereich der Verletzung von Randpflichten entgegen einer mehrfach offenbar vertretenen Ansicht 1 5 4 von vornherein nur mit Abstrichen herangezogen werden. 1 5 5 Dieser Trend wird durch eine zusätzliche, nicht nur marginale Gesellschafterstellung noch verstärkt. Insbesondere hohe Bezüge bzw. erhebliche Gewinnanteile führen dazu, daß weder eine völlige Entlastung bei leichtester Fahrlässigkeit noch die Möglichkeit einer partiellen Ent150 Im Zusammenhang mit der Haftung von Vorstandsmitgliedern gegen eine Differenzierung nach Pflichtbereichen als zu kompliziert aber ausdrücklich Hopt, in: GroßKomm. AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 343; Mertens, in: KölnerKomm z. AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 4. 151 § 280 Abs. 1 BGB n.F. nimmt die von der Rechtsprechung - nach überwiegender Ansicht praeter legem - entwickelte Leistungsstörungsform der positiven Vertrags-/Forderungsverletzung unverändert in sich auf; vgl. BT-Drucks. 14/6040 vom 14.5.2001, S. 134 ff. 152 Vgl. Heisse, Beschränkung, S. 11 ff. 153 Hachenburg/Mertens, GmbHG, 8. Aufl., § 43 Rn. 55 Fn. 160; Baumbach/Hueck/Zö7/«er, GmbHG, 17. Aufl., § 43 Rn. 11. 154 Siehe oben sub (a) mit Fn. 96. 155 Ahnlich Sandmann, Haftung von Arbeitnehmern, S. 339 ff., der für eine Differenzierung zwischen vom Geschäftsführer zu tragenden Organisationsrisiken und von der Gesellschaft zu tragenden Tätigkeitsrisiken plädiert.

I. Haftung für Schäden am Gesellschaftsvermögen

571

haftung bei grober Fahrlässigkeit zu befürworten ist. Vielmehr hat bis zur Schwelle der groben Fahrlässigkeit generell eine A b w ä g u n g zu erfolgen, wobei die G e w i c h t e um so stärker zu Lasten des Gesellschafter-Geschäftsführers ausschlagen, je größer sein Binneneinfluß und seine finanzielle Beteiligung sind, während bei grober Fahrlässigkeit im Gegensatz zu den neueren arbeitsrechtlichen Grundsätzen eine Enthaftung abzulehnen ist. Insgesamt ergibt sich also bei Gesellschafter-Geschäftsführern, die nicht als A r b e i t n e h m e r eingestuft werden k ö n n e n , in der Frage des internen Schadensausgleiches ein in zweifacher H i n s i c h t v o m Arbeitsrecht abweichendes Bild: Z u m einen geht es gegenständlich von vornherein nur um Pflichtverletzungen außerhalb des Organbereichs im engeren Sinne. Z u m anderen scheidet eine Haftungsprivilegierung in Anlehnung an die im Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze zwar nicht völlig aus. D i e Regeln sind aber zu Lasten des Gesellschafter-Geschäftsführers zu modifizieren. (2) Sonstige

Körperschaften

Bei Aktiengesellschaften verhindert die unabdingbare 1 5 6 Vorschrift des § 93 Abs. 1 und 2 A k t G für den Bereich der Geschäftsleitung von vornherein jegliche Haftungsmilderung zugunsten von Vorstandsmitgliedern nach arbeitsrechtlichem Vorbild, 1 5 7 so daß die Frage nach dem E i n f l u ß einer gleichzeitigen Gesellschafterstellung müßig ist. D i e im Schrifttum vereinzelt anzutreffende A n n a h m e stillschweigender Haftungsbeschränkungen

für „arbeitnehmerähnliche"

Vor-

standsmitglieder 1 5 8 oder gar einer pauschalen B e s c h r ä n k u n g der Einstandspflicht sämtlicher Mitglieder des Vorstands bei unternehmerischen Entscheidungen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit 1 5 9 ist daher strikt abzulehnen, zumal die H a f tungsandrohung einen wichtigen Baustein für eine effiziente U n t e r n e h m e n s f ü h rung darstellt 1 6 0 und sich in den Überlegungen zur Verbesserung der gesetzlichen Grundlagen der C o r p o r a t e G o v e r n a n c e nicht einmal der G e d a n k e der G e s t a t tung einer vertraglichen Haftungsbefreiung für einfache Fahrlässigkeit durchsetzen k o n n t e 1 6 1 . I m H i n b l i c k auf sonstige Pflichtverletzungen außerhalb des B e reichs der geschäftsführungsbezogenen Sorgfaltspflicht sowie der Treuepflicht, Vgl. § 23 Abs. 5 AktG. Im Erg. ebenso Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 216; Hopt, in: GroßKomm. AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 343; Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 14; Mertens, in: KölnerKomm z. AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 4; Reese, DStR 1995, 532, 534. 158 Krauss, Status und Kündigungsschutz, S. 237 f. 159 So Monjau, DB 1969, 84, 87 f., unter Qualifizierung sämtlicher Organmitglieder als leitende Angestellte. 160 Vgl. Hopt, in: GroßKomm. AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 15. 161 Siehe Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance (2001), Rn. 71; demgegenüber nehmen die seit einiger Zeit von unterschiedlichen Stellen erarbeiteten außergesetzlichen Corporate Governance-Grundsätze zur Frage der Haftung keine Stellung; vgl. OECD-Principles on Corporate Governance vom Mai 1999 (unter III), abgedruckt bei Seibert, AG 1999, 337, 340 ff.; Code of Best Practice der „Grundsatzkommission Corporate Governance", DB 2000,238 ff.; German Code of Corporate Governance des „Berliner Initiativkreises", 156

157

572

§10

Haftungsproblematik

also insbesondere bei fahrlässiger Beschädigung von

Gesellschaftseigentum,

spricht indessen wiederum mehr für die grundsätzliche Möglichkeit einer E n t haftung. 1 6 2 Allerdings dürfte dies bei Vorstandsmitgliedern eine erheblich geringere Rolle als bei G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r n spielen. Z u d e m wird eine R e d u k t i o n der Einstandspflicht angesichts der starken sozialen Stellung von Vorstandsmitgliedern kaum jemals zum Zuge k o m m e n . 1 6 3 E i n e etwaige kumulative A k t i o n ä r s eigenschaft ist daher unerheblich. Vergleichbares gilt für die nach § 34 Abs. 1 und 2 G e n G z w i n g e n d 1 6 4 haftenden Mitglieder des Vorstands einer Genossenschaft insbesondere im H i n b l i c k auf die unabdingbar vorgeschriebene gleichzeitige E i genschaft als G e n o s s e . 1 6 5 D e m g e g e n ü b e r ist es beim Vorstandsmitglied eines eingetragenen Vereins immerhin nicht völlig ausgeschlossen, daß der B e t r o f f e n e infolge einer arbeitnehmerähnlichen Position nur entsprechend arbeitsrechtlichen Grundsätzen haftet, 1 6 6 wobei die einfache Vereinsmitgliedschaft wegen des nur geringen Einflusses, den sie vermittelt, kein Hindernis darstellt. b) Mitarbeit

außerhalb

der

Geschäftsleitung

Arbeitet ein nicht geschäftsführender Gesellschafter auf der Grundlage eines echten Drittvertrages (Typ I I I / l ) 1 6 7 aktiv mit, k o m m t es unter keinen U m s t ä n d e n zu einer Milderung der Verantwortlichkeit nach § 708 B G B . 1 6 8 I m übrigen hängt die H a f t u n g im Ausgangspunkt davon ab, o b es sich bei der Drittrechtsbeziehung u m einen D i e n s t - oder u m einen Arbeitsvertrag handelt. Liegt ein Dienstvertrag vor, so gelten in der Sache dieselben Grundsätze wie in der soeben erörterten Konstellation eines Gesellschafter-Geschäftsführers, der außerhalb seines eigentlichen Organbereichs tätig wird. Allerdings ist eine Restriktion des § 43 Abs. 1 und 2 G m b H G in einem solchen Falle von vornherein nicht vonnöten. Bei einem Gesellschafter, der zugleich als A r b e i t n e h m e r für die Gesellschaft D i e n s t e leistet, findet grundsätzlich der innerbetriebliche Schadensausgleich A n wendung. H i e r b e i kann man eine Partizipation am Unternehmensertrag allerDB 2000, 1573 ff.; Deutscher Corporate Governance Kodex vom 26.2.2002 (unter 4), ZIP 2002, 452 ff. 162 Bastuck, Enthaftung, S. 85; U. H. Schneider, FS Werner (1984), S. 795, 813; in gegenständlicher Hinsicht zu weitgehend aber Kust, WM 1980, 758, 762; grds. a. A. Hopt, in: GroßKomm. AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 343; Hüffer, AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 14; Mertens, in: KölnerKomm z. AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 4. 163 Insoweit zutr. Mertens, in: KölnerKomm z. AktG, 2. Aufl., § 93 Rn. 4; anders anscheinend U. H. Schneider, FS Werner (1984), S. 795, 813. 164 Siehe K. Müller, GenG, 2. Aufl., § 34 Rn. 9; in diesem Sinne bereits RG vom 24.4.1900, RGZ 46, 60, 61 f. 165 Vgl. § 9 Abs. 2 S. 1 GenG. Zur Haftung siehe auch BGH vom 27.2.1975, WM 1975, 467, 469. 166 So LG Bonn vom 10.4.1995, NJW-RR 1995,1435, 1436 f. 167 Zu den Grundformen siehe oben § 3 V. 168 Vgl. Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., §708 Rn. 4; Staudinger /Keßler, BGB, 12. Aufl., § 708 Rn. 7; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 708 Rn. 6.

I. Haftung für Schäden am

Gesellschaftsvermögen

573

dings nicht von vornherein ausblenden. Zwar ist es entgegen einer im älteren Schrifttum geäußerten These zu pauschal, wenn aus der bloßen Stellung als Kommanditist auf eine unbeschränkte Haftung geschlossen wird. 169 Eine hohe gesellschafterliche Ertragsbeteiligung schwächt aber das Kriterium der Fremdnützigkeit der Tätigkeit ab und wirkt sich bei der konkreten Schadensverteilung deshalb zu Lasten des Mitarbeiters aus. Da es sich hierbei um einen mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Umstand handelt, steht dieser Sichtweise auch nicht entgegen, daß es auf die Vermögensverhältnisse des Beschäftigten nur in Ausnahmefällen ankommt 1 7 0 . Dasselbe gilt im Prinzip auch für Ausführungsverträge (Typ II/1) und gemischte Mitarbeiterverhältnisse (Typ II/2). Soweit ein Beschäftigter in einem solchen Falle mit der Pflicht aus dem Arbeitsvertrag kumulativ eine gesellschafterliche Pflicht erfüllt, kann es allerdings zu einer doppelten Pflichtverletzung kommen, 171 so daß im Falle einer personalistischen Gesellschaftsstruktur zugleich § 708 BGB eingreift. 172 Man wird in einer derartigen Konstellation dem für den Schädiger günstigeren Haftungsregime dem Vorzug zu geben haben. Dies sind regelmäßig die Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich. 173 Bei Unternehmen in Belegschaftsbesitz wird man die grundsätzlich zulässige Wahl der Rechtsform eines freien Dienstvertrages in Fortführung früherer Uberlegungen 174 nur dann anerkennen können, wenn der einzelne Beschäftigte in einer dem arbeitsrechtlichen Enthaftungsniveau angenäherten Weise vertraglich entlastet wird. Auch wenn der Ertrag des Unternehmens auf sämtliche Mitarbeiter ausgeschüttet wird, sind die Haftungsrisiken doch der Gesamtheit zuzuordnen, wie nicht zuletzt durch einen Seitenblick auf § 110 HGB 1 7 5 sowie die Haftung von arbeitnehmerähnlichen Dienstnehmern bestätigt wird. Gerade bei größeren Schäden ist das Unternehmen als solches ungeachtet der Trägerschaft eher als der einzelne Beschäftigte zu einer Absorption in der Lage.

169

Dahns, RdA 1951, 368, 371. In diesem Sinne für den Fall einer gleichzeitigen Stellung des Arbeitnehmers als Darlehensgeber auch LAG Bremen vom 22.6.1949, RdA 1951, 75, 77; dazu krit. aber Dersch, RdA 1951, 78, 80. 170 Dazu Otto/Schwarze, Haftung des Arbeitnehmers, 3. Aufl., Rn. 201 ff. 171 So bereits Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 87 III 2 b, S. 851. 172 In diesem Sinne auch Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 49; undeutlich v. Knorre, Stellung eines Partners, S. 147 f. 173 Zu Unrecht a. A. Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 48 (allerdings auf dem Stand der Arbeitnehmerhaftungsgrundsätze von 1982). 174 Siehe oben sub § 6 VI 1 c ee. 175 Dazu oben sub 1 b.

574

5

Haftungsproblematik

II. Ausgleich für Eigenschäden Für die Frage des Ersatzes von Eigenschäden eines mitarbeitenden Gesellschafters kann unmittelbar an die soeben erfolgten Ausführungen angeknüpft werden. Als Rechtsgrundlage sind je nach Fallgestaltung § 110 HGB, §§ 713, 670 BGB bzw. das Prinzip der Risikohaftung bei Tätigkeit in fremdem Interesse heranzuziehen. Hinsichtlich des vor allem problematischen Aspekts, welche Bedeutung einem Verschulden zukommt, gelten dieselben Maßstäbe wie bei einer Schädigung von Gesellschaftsvermögen. Dieser im Arbeitsrecht anerkannte Grundsatz ist zu verallgemeinern. Es spielt somit für die konkrete Schadensverteilung im Ergebnis keine Rolle, ob ein tätiger Gesellschafter durch eine Unachtsamkeit ein für betriebliche Zwecke genutztes eigenes Notebook oder ein der Gesellschaft gehörendes Gerät fallen läßt. Ein Unterschied besteht nur insofern, als die gesellschaftliche Treuepflicht der Durchsetzung eines Ersatzanspruchs des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft entgegenstehen kann. 1 7 6 Einen damit korrespondierenden Rechtssatz gibt es im Falle der Schädigung von Gesellschaftsvermögen nicht, weil es insoweit ausschließlich um objektive Kriterien der Schadenszurechnung geht. Die Gesellschaft kann also nicht etwa unter Berufung auf die Treuepflicht des Beteiligten (zunächst) einen höheren Schadensersatz geltend machen als er ihr letztlich gebührt.

176

Vgl. oben sub § 8 II 3 b aa u. bb.

§ 1 1 Wettbewerbsverbote und Geschäftschancenbindung A u f dem G e b i e t der Wettbewerbsverbote weisen das Gesellschafts- und das Arbeitsrecht schon beim ersten Zugriff U b e r e i n s t i m m u n g e n , aber auch Divergenzen auf. A u f der einen Seite hat der Gesetzgeber die Vorschriften für kaufmännische Angestellte (§§ 60, 61 H G B ) und für die Gesellschafter einer O H G (§§ 112, 113 H G B ) einander b e w u ß t angenähert und somit die bis dahin schon rein äußerlich bestehenden Unterschiede zwischen den Art. 56, 59 A D H G B (Angestellte) und den A r t . 96, 97 A D H G B (Gesellschafter) weitgehend beseitigt. 1 A u f der anderen Seite existieren zwar für kaufmännische Angestellte, nicht aber für die G e sellschafter einer O H G ausführliche Regelungen über nachvertragliche W e t t b e werbsverbote, die für die Betroffenen einen erheblichen Sozialschutz gewährleisten (§§ 74 ff. H G B ) . D i e s e r B e f u n d wirft die Fragen nach den jeweils zugrunde liegenden Wertungen, etwaigen wechselseitigen E i n f l u ß n a h m e n zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht und sowie der Würdigung von Grenzfällen auf. H i e r b e i ist u m des inneren Zusammenhanges willen zugleich die im G e s e t z nicht eigens erwähnte Geschäftschancenlehre einzubeziehen.

I. Vertragliches Stadium 1.

Wettbewerbsverbote

a) Grundlagen I m Arbeitsrecht besteht im H i n b l i c k auf die grundsätzliche E x i s t e n z von K o n kurrenzverboten eine vergleichsweise übersichtliche Rechtslage. D e r G e s e t z g e ber hat zwar ausdrücklich nur für kaufmännische Angestellte ein Wettbewerbsverbot für die D a u e r des Arbeitsverhältnisses niedergelegt (§ 60 H G B ) . F ü r sämtliche sonstigen A r b e i t n e h m e r ist dies aber t r o t z des Fehlens einer entsprechenden Regelung ebenfalls allgemein anerkannt. 2 D a b e i stützt man sich überwiegend auf Vgl. Denkschrift zum HGB, S. 56, 84. BAG vom 26.3.1965, AP Nr. 1 zu § 306 BGB (unter I 5); BAG vom 17.10.1969, AP Nr. 7 zu §611 BGB Treuepflicht (unter III 3 a); BAG vom 16.1.1975, AP Nr. 8 zu § 60 HGB (unter I 2); BAG vom 16.5.1976, AP Nr. 8 zu §611 BGB Treuepflicht (unter II 1); BAG vom 6.8.1987, AP Nr. 97 zu §626 BGB (unter II 1); BAG vom 25.4.1991, AP Nr. 104 zu § 626 BGB (unter B II 1 b); UünáxKrbK/Blomeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 49; Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 155; Staudin%tx/Richardi, BGB, 13. Bearb., §611 Rn. 392; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., §56 Rn. 3. 1

2

576

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

die allgemeine Treuepflicht des Arbeitnehmers, die es ihm gebiete, alles zu unterlassen, was den Belangen des Unternehmens abträglich sei, und die in § 60 H G B lediglich eine besondere Ausprägung gefunden habe. 3 Ein rechtsvergleichender Blick belegt, daß es sich insoweit um eine allgemeine Erscheinung handelt. So enthalten das österreichische und das italienische Recht ausdrückliche Konkurrenzverbote für Angestellte 4 bzw. sämtliche Arbeitnehmer 5 . Des weiteren ist man im französischen Arbeitsrecht ebenfalls einhellig der Ansicht, daß der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses keinen Wettbewerb machen darf. 6 Die englische 7 und die US-amerikanische Judikatur 8 halten sich mit pauschalen Aussagen regelmäßig zurück und grenzen statt dessen vielfach zwischen unerlaubten Einzelhandlungen und der erlaubten Vorbereitung einer späteren konkurrierenden Tätigkeit ab. Es finden sich indes auch immer wieder Urteile, die sich vergleichsweise generell gegen die Zulässigkeit eines competing with the employer aussprechen. 9 Im Gesellschaftsrecht begegnet eine zweispurige Ausgangssituation. Auf der einen Seite ordnet das Gesetz für persönlich haftende Gesellschafter einer O H G ( § 1 1 2 HGB), einer KG (§ 161 Abs. 2 H G B ) und einer KGaA (§284 A k t G ) jeweils ein Wettbewerbsverbot an, das zumindest äußerlich allein auf die mitgliedschaftliche Stellung abhebt. Auf der anderen Seite enthält das Gesetz in § 88 A k t G für die Vorstandsmitglieder einer AG ein Konkurrenzverbot, das unabhängig von einer Gesellschaftereigenschaft an die Organposition als solche an3 Vgl. BAG vom 17.10.1969, AP Nr. 7 zu § 611 BGB Treuepflicht (unter III 3 a); LAG Köln vom 14.11.1989, LAGE §611 BGB Treuepflicht Nr. 1; BAG vom 16.8.1990, AP Nr. 10 zu §611 BGB Treuepflicht (unter III 2 a); Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 155; Heymann/Henssler, HGB, 2. Aufl., § 60 Rn. 5; Staudinger/.Richardi, BGB, 13. Bearb., § 611 Rn. 392. Für eine analoge Anwendung von § 60 HGB LAG Köln vom 8.12.1995, AP Nr. 11 zu § 60 HGB; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 56 Rn. 3. 4 § 7 Abs. 1 AngG. 5 Art. 2105 Codice civile. 6 Cass. com. vom 8.2.1965, Bull. civ. 1965, III, Nr. 96; Cass. soc. vom 5.5.1971, Bull. civ. 1971, V, Nr. 327; Cass. soc. vom 28.5.1975, Bull. civ. 1975, V, Nr. 282; Cass. soc. vom 30.1.1985, D. 1985 I.R. 476 f.; Camerlynck, Contrat de travail, 2e Ed., Nr. 217, S. 245 f.; Couturier, Droit du travail 1, 3e Éd., Nr. 197, S.357; Ray/Rojot, CLLPJ 20 (1999), 225, 227 ff.; Serra, Rép. trav. Dalloz, Concurrence, Nr. 3. 7 Harris & Russell Ltd. v. Slingsby [1973] I.R.L.R. 221, 222 (N.I.R.C.); Laughton and Hawley v. Bapp Industrial Supplies Ltd. [1986] I.R.L.R. 245, 247 (E.A.T.); Marshall v. Industrial Systems & Control Ltd. [1992] I.R.L.R. 294, 296 f. (E.A.T.); siehe auch Sanders v. Parry [1967] 1 W.L.R. 753, 765 f. (Q.B.D.); Nova Plastics Ltd. v. Frogatti [1982] I.R.L.R. 146 f. (E.A.T.); ferner Hepple, CLLPJ 20 (1999), 205, 211 ff. 8 Ritterpusch v. Lithographie Plate Service, 119 A.2d 392, 397 (Md. 1956); C-E-I-R, Inc. v. Computer Dynamics Corporation, 183 A.2d 374, 379 f. (Md. 11.7.1962). 9 Robert Reis v. Volck, 136 N.Y.S. 367, 369 (Sup. Ct. 1912); Arnold's Ice Cream Co. v. Carlson, 330 F. Supp. 1185, 1188 (N.Y. 1971); Becker v. Bailey 299 A.2d 835, 839 Fn. 2 (Md. 1973); Maryland Metals, Inc. v. Metzner, 382 A.2d 564, 568 (Md. 1978) bei high-echelon employees; wohl auch Foley v. D'Agostino, 248 N.Y.S.2d 12, 121, 130 (1964); offen gelassen in Las Luminarias of the N. M. Council v. Isengard, 587 P.2d 444,449 f. (N.M. 1978); für ein allgemeines Verbot ferner Aaron!Finkin, CLLPJ 20 (1999), 321, 322.

I. Vertragliches

Stadium

577

knüpft. F ü r sonstige Gesellschafter bzw. den Geschäftsführer einer G m b H fehlt es an einer expliziten Regelung. 1 0 § 165 H G B stellt den K o m m a n d i t i s t e n sogar ausdrücklich von der Geltung des § 112 H G B frei. G l e i c h w o h l ist man sich im G r u n d s a t z weithin darüber einig, daß die nicht explizit erfaßten Gesellschafter auch ohne eine dahingehende Vereinbarung einem Wettbewerbsverbot unterliegen k ö n n e n . 1 1 Dies betrifft den Gesellschafter einer G b R , 1 2 den K o m m a n d i tisten, 1 3 die Parteien einer stillen Gesellschaft 1 4 sowie den G m b H - G e s e l l s c h a f ter 1 5 . Allerdings sind die Einzelvoraussetzungen, unter denen dies anzunehmen ist, erheblich umstritten. 1 6 D i e gemeinsame Grundlage aller gesellschafterlichen K o n k u r r e n z v e r b o t e wird in der Treuepflicht gesehen, die es einem Gesellschafter untersagt, der Förderung des gemeinsamen unternehmerischen Zwecks zuwiderzuhandeln, indem die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft ausgehöhlt wird. 1 7 H i e r f ü r spielt es nur eine untergeordnete R o l l e , o b man in den gesetzlich nicht geregelten Konstellationen gegebenenfalls eine Analogie zu § 1 1 2 H G B vornimmt oder unmittelbar auf die Treuepflicht rekurriert. I m übrigen kann bei mitgliedschaftlichen W e t t b e w e r b s v e r b o t e n bekanntlich ein Spannungsverhältnis zum Wettbewerbsrecht, also z u m Kartellverbot des § 1 G W B entstehen. D i e umfängliche Diskussion zur Frage, wie diese Konfliktlage aufzulösen ist, soll hier nicht im einzelnen nachgezeichnet, 1 8 sondern statt dessen

10 Siehe aber auch §68 GenG, der die Möglichkeit des Ausschlusses eines Genossen wegen Mitgliedschaft in einer anderen Genossenschaft, die am selben Ort ein gleichartiges Geschäft betreibt, vorsieht. Darüber hinaus enthielt § 71 des RegE für ein reformiertes GmbHG von 1971 ein allgemeines Wettbewerbsverbot für GmbH-Geschäftsführer; vgl. BT-Drucks. VI/3088 vom 31.1.1972, S. 20. 11 Anders aber anscheinend Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, §13 II 1 b, S. 735, der außerhalb des Anwendungsbereichs von § 112 HGB eine gesellschaftsvertragliche Abrede verlangt. 12 BGH vom 16.3.1961, WM 1961, 629, 631; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 705 Rn. 62; MünchKommBGB/Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rn. 194 f.; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 705 Rn. 48. 13 BGH vom 5.12.1983, BGHZ 89, 162, 165 f.; BGH vom 8.5.1989, NJW 1989, 2687 f.; R. Fischer, Anm. zu BGH, LM § 1 GWB Nr. 6; Heymann///ora, HGB, 2. Aufl., § 165 Rn. 4; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., §165 Rn. 8 ff.; Weipert, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 165 Rn. 7 ff. 14 Armbrüster, ZIP 1997, 261, 272; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 637 ff.; 647; Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., § 230 n.F. Rn. 129 f. 15 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 59; Armbrüster, ZIP 1997, 1269,1273; M. Winter, Treubindungen, S. 245 ff. 16 Siehe dazu noch unten im Text u. sub b aa (1). 17 Zu § 112 HGB siehe OLG Nürnberg vom 1.8.1980, OLGZ 1980, 377, 380; Baumbach/ Hopt, HGB, 30. Aufl., §112 Rn. 1; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 13 I 2 u. II 1, S. 194 f.; Kardaras, Wettbewerbsverbot, S. 19 ff. Für die sonstigen Gestaltungen vgl. BGH vom 21.2.1978, BGHZ 70, 331, 333 f.; BGH vom 5.12.1983, BGHZ 89, 162, 165; Armbrüster, ZIP 1997, 261, 270, 272; ders., ZIP 1997, 1269, 1273; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 112 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 20 V 1 b, S. 597 f.; Timm, GmbHR 1981, 177 f. 18 Dazu etwa Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 263 ff.; Kellermann, FS R. Fischer (1979), S. 307, 308 ff.

578

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

die Sichtweise zugrunde gelegt werden, die sich in der R e c h t s p r e c h u n g 1 9 sowie im S c h r i f t t u m 2 0 überwiegend durchgesetzt hat. 2 1 D a n a c h ist ein gesellschafterliches Wettbewerbsverbot entsprechend der kartellrechtlichen I m m a n e n z t h e o r i e dann anzuerkennen, wenn es sich lediglich um die einem Gesellschaftsvertrag o h nehin immanenten Beschränkungen handelt, mit denen die Gesellschaft vor einer A u s h ö h l u n g bewahrt werden soll. Hierbei geht es nicht um eine schlichte A b w ä gung zwischen gesellschafts- und kartellrechtlichen Zielvorstellungen. 2 2 Vielmehr hat das Wettbewerbsrecht bis zu einem gewissen G r a d e ein eigenes Interesse an gesellschafterlichen K o n k u r r e n z v e r b o t e n . 2 3 E i n e Wettbewerbswirtschaft setzt nämlich leistungsfähige U n t e r n e h m e n voraus. D u r c h eine „ K o n k u r r e n z von i n n e n " 2 4 wird die Funktionsfähigkeit von Gesellschaften indes beeinträchtigt. § 1 G W B ist deshalb mit der Folge teleologisch zu reduzieren, daß W e t t b e werbsverbote, die für die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft erforderlich sind, von dieser N o r m freigestellt werden. 2 5 Dies bedeutet freilich zugleich, daß ein gesellschafterliches

Konkurrenzverbot,

das

dem

Gesellschaftszweck

lediglich

nützt, aber nicht notwendig ist, vor dem Kartellrecht keinen Bestand hat. 2 6 S o fern man sich bei der Auslegung des § 112 H G B bzw. der Konkretisierung der Treuepflicht von vornherein auf den Bereich beschränkt, der für ein störungsfreies F u n k t i o n i e r e n der Gesellschaft unabweisbar ist, bildet § 1 G W B somit im E r gebnis keine eigenständige G r e n z e . Allerdings stellt sich diese Vorschrift einer allzu großzügigen Interpretation der für die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft angeblich nötigen Wettbewerbsbeschränkung in den Weg. I m übrigen stemmt

19 BGH vom 21.2.1978, BGHZ 70, 331, 335 f. (KG); BGH vom 5.12.1983, BGHZ 89, 162, 169 (GmbH & Co. KG); BGH vom 15.4.1986, WM 1986, 1572, 1573 (Genossenschaft); BGH vom 27.5.1986, WM 1986, 1422, 1424 (obiter dictum); BGH vom 3.5.1988, BGHZ 104, 246, 251 (GmbH); BGH vom 10.11.1992, BGHZ 120, 161, 166 f. (Genossenschaft); BGH vom 19.10.1993, NJW 1994, 384 ff. (ausscheidender GmbH-Gesellschafter); in diese Richtung bereits BGH vom 6.12.1962, BGHZ 38, 306, 312 f. (OHG). 20 Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 278 ff.; Bunte, in: Langen/Bunte, KartR, 9. Aufl., §1 GWB Rn. 193 ff.; Hartmann/Cortrie, DB 1981, 1073, 1075; GK-GWB/Hootz, 5. Aufl., §1 Rn. 132; Ivens, DB 1988, 215 ff.; Kellermann, FS R. Fischer (1979), S. 307, 316 ff.; Mestmäcker, ZUM 1993, 201, 206; K. Schmidt, Kartellverbot, S. 79 ff.; Steindorff, BB 1977, 569, 570 f.; Voges, DB 1977, 2081, 2086; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 13 II 1 a, S. 733; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rn. 271 ff., 282 ff. 21 Die am 1.1.1999 in Kraft getretene Neufassung von § 1 GWB hat die inhaltlichen Maßstäbe nicht verändert, auch wenn sich die Unwirksamkeit einer horizontalen Kartellabsprache nicht mehr unmittelbar aus dieser Vorschrift, sondern nunmehr aus § 134 BGB ergibt; vgl. BT-Drucks. 13/9720 vom 20.1.1998, S. 46; Bechtold, NJW 1998, 2769, 2770; Bunte, in: Langen/Bunte, KartR, 9. Aufl., § 1 GWB Rn. 219; a. A. Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rn. 321 (anders indes Rn. 12); ebenso offenbar GK-GWB/Hooiz, 5. Aufl., § 1 Rn. 1. 22 So aber Götz, JuS 1963, 384, 389; Kellermann, FS R. Fischer (1979), S. 307, 314 ff. 23 Beuthien, ZHR 142 (1978), 259,278 f.; Ivens, DB 1988,215 f.; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rn. 282. 24 Plastisch Gleiss/Hootz, NJW 1963, 1338, 1339. 25 Zur Vereinbarkeit mit Art. 81 EG (früher Art. 85 EWGV) EuGH vom 15.12.1994, Slg. 1994,1-5641, 5671, Rn. 28 ff. - DLG (Genossenschaft). 26 Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 289.

I. Vertragliches

Stadium

579

sich das Kartellverbot solchen vertraglichen Regelungen entgegen, die marktrelevant sind und über das durch die Treuepflicht Gebotene - eindeutig - hinausgehen. Für arbeitsrechtliche Wettbewerbsverbote gelten vergleichbare Grundsätze, sofern es darum geht, daß dem Arbeitnehmer eine gleichzeitige Betätigung als Unternehmer verwehrt werden soll. Vertragsimmante Beschränkungen sind daher mit § 1 GWB vereinbar. 27 Hieran hat die 1997 bei der Wirksamkeitskontrolle von Wettbewerbsbeschränkungen in Austauschverträgen einsetzende Akzentverlagerung durch den B G H mit ihrer Bindung an ein im Hinblick auf die Freiheit des Wettbewerbs anzuerkennendes Interesse 28 in der Sache nichts geändert. 29 Mit dem im Arbeitsrecht wie im Gesellschaftsrecht gleichermaßen befürworteten Rekurs auf die Treuepflicht als eigentliche Grundlage für Konkurrenzverbote liegt äußerlich eine für beide Rechtsgebiete gemeinsame Wertungsbasis vor. O b die das Konkurrenzverbot im einzelnen legitimierenden Interessen dekkungsgleich sind, kann allerdings erst eine nähere Analyse ergeben. Insoweit kommt zunächst der Aspekt der Monopolisierung der Arbeitskraft in Betracht. Eine traditionelle und nach wie vor verbreitete Auffassung sieht einen Unterschied zwischen arbeitsrechtlichem und gesellschafterlichem Wettbewerbsverbot darin, daß es im Arbeitsrecht darum gehe, dem Unternehmen die volle Arbeitskraft des Beschäftigten zu sichern, während dies im Gesellschaftsrecht nicht der Fall sei.30 Für das Arbeitsrecht ist dieser Einschätzung allerdings entgegenzutreten. Eine solche Deutung des Konkurrenzverbots kann nicht erklären, warum der Gesetzgeber nur wettbewerblichen Handeln untersagt und damit sonstige unter Umständen viel anstrengendere Arbeiten ausgeklammert hat. Beim arbeitsrechtlichen Konkurrenzverbots kann es deshalb, wie das BAG schon vor längerem zutreffend entschieden hat, nicht darum gehen, den Arbeitgeber davor zu schützen, daß sich der Arbeitnehmer in einer anderen Tätigkeit verausgabt. 31 Im Gesellschaftsrecht ist der Diskussionsstand verzweigter. Auf der einen Seite geht man in der Tat überwiegend davon aus, daß § 112 H G B mit der Arbeitskraft der Gesellschafter nichts zu tun habe. 32 Auf der anderen Seite exi27

GK-GWBAftootz, 5. Aufl., § 1 Rn. 133 ff.; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rn. 297. 28 B G H vom 14.1.1997, N J W 1997, 2324, 2325; B G H vom 6.5.1997, ZIP 1997, 2166, 2169; B G H vom 12.5.1998, ZIP 1998, 1159, 1161. 29 Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rn. 276; anders K. Schmidt, A G 1998, 551, 556 f. (Restriktion der Immanenztheorie). 30 Armbrüster, ZIP 1997, 261, 262; Ballerstedt, FS Böhm (1965), S. 179, 197; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, H G B , 3. Aufl., § 112 Anm. 1; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 13 II 1, S. 195; Lieherknecht/Gnauk, BB 1963, 1067, 1073; Schlegelberger/Martraj, H G B , 5. Aufl., § 112 Rn. 1. In diesem Sinne zum A D H G B bereits Anschütz/v. Bölderndorff, A D H G B , Art. 56 Anm. 1 ff., Art. 96 Anm. I. 31 BAG vom 25.5.1970, AP Nr. 4 zu § 60 H G B (unter I 2 b u. 3 d); zust. MünchArbR/ß/omeyer, 2. Aufl., §52 Rn. 50; Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn.21, 159 (nicht eindeutig aber Rn. 78); MünchKommHGB/i;. Hoyningen-Huene, § 60 Rn. 2. 32 Vgl. Armbrüster, ZIP 1997, 261, 262; Beuthien, Z H R 142 (1978), 259, 284; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, H G B , 3. Aufl., §112 Anm. 1; BaumbachAHo/>t, H G B , 30. Aufl., §112

580

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

stiert eine gegenläufige Strömung, die rechtsformübergreifend zwischen mitgliedsbezogenen und amtsbezogenen Pflichten mit der Folge unterscheiden will, daß die Reservierung der Arbeitskapazität für die Gesellschaft im Falle der Wahrnehmung eines Amtes zu den Schutzzwecken gesellschaftsrechtlicher Wettbewerbsverbote zählen soll. Ausgangspunkt dieses Gedankens ist die allgemein anerkannte Auffassung, daß § 88 AktG nicht nur die wettbewerblichen Interessen der A G absichern, sondern der Gesellschaft zugleich die ungeteilte Arbeitskraft des Vorstandsmitglieds vorbehalten will, 3 3 mithin eine das Synallagma von Dienstleistung und Vergütung betreffende Regelung enthält 34 . Im Gefolge dieser Ansicht führt man das Konkurrenzverbot beim Geschäftsführer - und somit auch beim Gesellschafter-Geschäftsführer - einer G m b H ebenfalls teilweise auf die Monopolisierung der Arbeitskraft zurück. 3 5 Schließlich gehen manche Stimmen noch einen Schritt weiter und setzen sich auch im Hinblick auf geschäftsführende Gesellschafter einer O H G für ein amtsbezogenes Verständnis des § 112 H G B ein bzw. schalten § 112 H G B und § 88 AktG gleich. 36 Zuweilen ist in diesem Zusammenhang sogar ausdrücklich vom Einsatz der vollen Arbeitskraft die Rede. 3 7 Gegen diese Überlegungen spricht indes, daß bereits die Prämisse brüchig ist, weil § 88 Abs. 1 S. 2 AktG über den Geschäftszweig der Gesellschaft hinausreicht, dabei jedoch nicht alle anderen, sondern nur bestimmte Tätigkeiten untersagt werden. Zwar wird man es als eine mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG noch zu vereinbarende Typisierung ansehen können, wenn der Gesetzgeber meint, die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch Vorstandsmitglieder einer AG schon dadurch zu gewährleisten, daß er ihnen außerhalb eines Wettbewerbsverhältnisses nur eine bestimmte Art der anderweitigen Betätigung

Rn. 1; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., §13 II 1, S. 195; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 131; Lieberknecht/Gnauk, BB 1963, 1067, 1073; Schlegelberger/Antens, HGB, 5. Aufl., §112 Rn. 1; Sülf e l d , Wettbewerbsverbote, S. 68 f.; Ulmer, in: GroßKomm. HGB, 4. Aufl., § 112 Rn. 2; Voges, DB 1977, 2081, 2085; so offenbar auch BGH vom 12.7.1962, BGHZ 37, 381, 384 f.; andere Tendenz aber in BGH vom 6.12.1962, BGHZ 38, 306, 312 f. 33 BGH 17.2.1997, NJW 1997,2055,2056; BGH 2.4.2001, NJW 2001,2476; Abeltshauser, Leitungshaftung, S. 363; Armbrüster, ZIP 1997, 1269 f.; H ü f f e r , AktG, 4. Aufl., § 88 Rn. 1; Mertens, in: KölnerKomm z. AktG, 2. Aufl., § 88 Rn. 2; Mertens/Cahn, FS Heinsius (1991), S. 545, 554; F. Meyer, KG 1988,259. 34 Vgl. Grundmann, Treuhandvertrag, S. 392, zur Auslegung von § 60 HGB. 35 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 20. Demgegenüber erwecken andere Stimmen eher den Eindruck eines neben dem Wettbewerbsverbot stehenden Verbots anderweitiger Arbeit; vgl. Aretz/Bühler, BB 1992,2475; Wassermeyer, GmbHR 1993, 329, 330. Ebenfalls nur mit Abstrichen kann Grundmann, Treuhandvertrag, S. 443, 446, genannt werden, weil er seine These, daß der Vollzeitgeschäftsführer seine gesamten Kontakte an die Gesellschaft verkauft habe, unmittelbar nur in einen Zusammenhang mit der (sub 2 noch anzusprechenden) Geschäftschancenlehre stellt, während er im übrigen meint, daß die Erhaltung der Arbeitskraft für die gesellschafterlichen Wettbewerbsverbote keineswegs eine durchgängige Bedeutung habe (S. 445). 36 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 13 II 1 b, S. 734; Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163, 166 f.; dagegen ausdrücklich Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 112 Rn. 2. 37 Raiser, FS Stimpel (1985), S. 855, 856.

1. Vertragliches Stadium

581

generell verwehrt. Jedenfalls aber sollte dieser G e d a n k e des § 88 A k t G wegen der zu unterschiedlichen zeitlichen Beanspruchung von Geschäftsführern durch das U n t e r n e h m e n sowie der im Vergleich zur A G intensiven E i n w i r k u n g s m ö g l i c h keiten der Gesellschafter auf die Geschäftsleitung nicht auf die G m b H und damit auch nicht auf den Gesellschafter-Geschäftsführer ausgedehnt werden. 3 8 Dies gilt im H i n b l i c k auf die bei einer O H G durch die Ü b e r n a h m e der Geschäftsführung nicht zwangsläufig eintretende völlige Auslastung 3 9 auch für § 112 H G B . D i e R e servierung der Arbeitskraft kann daher nicht als ein durchgängiger weiterer S c h u t z z w e c k der K o n k u r r e n z v e r b o t e für sämtliche Geschäftsleiter angesehen werden, ohne daß hierdurch die besondere Bedeutung der W a h r n e h m u n g einer organschaftlichen F u n k t i o n für die grundsätzliche Existenz von W e t t b e w e r b s verbotes bestritten werden soll 4 0 . In diesem gleichsam negativen P u n k t laufen arbeitsrechtliches und gesellschafterliches Wettbewerbsverbot demnach durchgängig parallel. F e r n e r führt die im Arbeitsrecht angebotene D e u t u n g ebenfalls nicht weiter, daß es im wohlverstandenen Interesse des Arbeitnehmers liege, die Existenz des U n t e r n e h m e n s nicht durch eigene wettbewerbliche Handlungen zu gefährden. 4 1 E i n e solche „paternalistische" Begründung kann nicht befriedigen, weil sie nicht erklären kann, w a r u m es dem A r b e i t n e h m e r untersagt ist, ein entsprechendes R i siko einzugehen. F ü r das Verständnis des arbeitsrechtlichen K o n k u r r e n z v e r b o t e s ist demgegenüber der G e d a n k e hilfreich, daß es trotz des weitergehenden Wortlauts des § 60 H G B vor allem mit R ü c k s i c h t auf die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 12 A b s . 1 G G 4 2 nur um den Schutz des U n t e r n e h m e r s vor K o n k u r r e n z durch eigene Angestellte in derselben B r a n c h e geht. 4 3 Das Wettbewerbsverbot b e z w e c k t somit, den „ M a r k t b e r e i c h " des Arbeitgebers vor einer Beeinflussung durch den A r b e i t n e h m e r abzuschotten. 4 4 Allerdings erscheint der Gesichtspunkt des erforderlichen Vertrauens in den Arbeitsbeziehungen zu wenig konkret, u m darauf eine derart weitreichende E i n s c h r ä n k u n g der beruflichen

Betätigung

gründen zu k ö n n e n . Z u r Erklärung kann man statt dessen zunächst auf das E r f o r dernis abstellen, den Arbeitgeber präventiv vor Risiken zu bewahren, die daraus 38 In diesem Sinne auch Armbrüster, ZIP 1997, 1269, 1276; Polley, Wettbewerbsverbot, S. 95 f.; Sülfeld, Wettbewerbsverbote, S. 188 ff. 39 Vgl. BGH vom 12.7.1962, BGHZ 37, 381, 384 f. 40 Siehe dazu noch unten sub b aa (1). 41 MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 2. 42 Zum Schutz von Zweitberufen durch Art. 12 Abs. 1 GG siehe nur BVerfG vom 15.2.1967, BVerfGE 21,173,179; BGH vom 3.3.1986, BGHZ 97,204,208; BAG vom 21.9.1999, AP Nr. 6 zu § 611 BGB Nebentätigkeit (unter I 2). 43 Grdl. BAG vom 25.5.1970, AP Nr. 4 zu §60 HGB; ferner etwa MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl., §52 Rn. 20; Baumbach/Ziopi, HGB, 30. Aufl., §60 Rn. 1; ErfK/Schaub, 2. Aufl., §60 HGB Rn. 9. 44 BAG vom 16.6.1976, AP Nr. 8 zu §611 BGB Treuepflicht (unter II 1); BAG vom 16.8.1990, AP Nr. 10 zu §611 BGB Treuepflicht (unter III 2 c aa); in diesem Sinne auch BAG vom 3.5.1983, AP Nr. 10 zu § 60 HGB (unter B II 2 c).

582

5 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

erwachsen, daß dem A r b e i t n e h m e r im U n t e r n e h m e n interne I n f o r m a t i o n e n zugänglich sind und er bestimmte Entscheidungen zu treffen hat. 4 5 E i n e tiefere Fundierung dieses G e d a n k e n s bildet der Ansatz, das W e t t b e w e r b s v e r b o t auf den Schutz treuhänderisch übertragener E i n f l u ß - und Informationspositionen v o m Arbeitgeber auf den A r b e i t n e h m e r zurückzuführen. 4 6 Derartige Ü b e r l e g u n g e n vermögen das V e r b o t freilich nicht vollständig zu legitimieren. Z u m einen erstreckt sich das K o n k u r r e n z v e r b o t nämlich auch auf solche Arbeitnehmer, die keine nennenswerte innerbetriebliche Entscheidungsmacht haben. Z u m anderen hängt die Unzulässigkeit des wettbewerblichen Verhaltens nicht davon ab, daß der Beschäftigte hierfür R e s s o u r c e n nutzt, die dem U n t e r n e h m e n zustehen. E s überzeugt deshalb am meisten, zusätzlich an die hinter dem Arbeitnehmerbegriff stehenden Wertungen 4 7 anzuknüpfen. 4 8 D u r c h das Arbeitsverhältnis wird der unselbständig Beschäftigte vor den Risiken abgeschirmt, die mit einer selbständigen Marktteilnahme verbunden sind. Z u d e m werden dem Arbeitgeber Lasten aufgebürdet, die nach allgemeinen leistungsstörungsrechtlichen

Grundsätzen

wegen ihres in den persönlichen Verhältnissen wurzelnden Charakters v o m Arbeitnehmer zu tragen wären. Diese allgemein gewollte Risikoentlastung ist dem Arbeitgeber nur zumutbar, wenn er zugleich davor geschützt wird, daß seine eigenen Mitarbeiter durch wettbewerbliches Verhalten die finanziellen Grundlagen der Risikotragung aushöhlen. 4 9 M a n kann sogar n o c h einen Schritt weiter gehen und davon sprechen, daß der Verzicht auf W e t t b e w e r b in einem ö k o n o m i s c h e n Sinne ein Teil der von den A r b e i t n e h m e r n erbrachten Leistung ist, mit denen sie sich den S c h u t z k o r d o n des Arbeitsrechts erkaufen. Von daher ist es erklärlich, daß sämtliche A r b e i t n e h m e r unabhängig von der k o n k r e t von ihnen innerhalb des U n t e r n e h m e n s bekleideten Position dem K o n k u r r e n z v e r b o t

unterfallen.

Diese Einschätzung wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, daß man das arbeits4 5 Die Kenntnisnahme von betrieblichem Know-how in den Vordergrund stellend Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 77 f.; Lieb, Anm. zu B A G , AP Nr. 8 zu § 628 B G B (Bl. 5). 46 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 391 ff., 444 f. 4 7 Siehe dazu oben sub § 6 I. 48 Andeutungsweise auch Kempen/Kreuder, ArbuR 1994, 214, 218 f. 4 9 Im Erg. enger offenbar Rieble, Arbeitsmarkt und Wettbewerb, Rn. 1005, der für § 60 H G B eine „konkret festgestellte Wettbewerbsbeeinträchtigung" verlangt. Diese Voraussetzung ist entgegen Rieble freilich nicht mit dem in § 74a Abs. 1 S. 1 H G B aufgestellten Erfordernis eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers identisch. Soweit es entsprechend den angeführten Beispielen um die Ausklammerung schlichter Arbeit bei einem Konkurrenten geht, ist Rieble in der Sache zuzustimmen. Allerdings bedarf es hierfür keiner analogen Heranziehung von § 74a Abs. 1 S. 1 H G B (ebenso aber zuvor schon Grunsky, Wettbewerbsverbote, S. 12 f.). Vielmehr ist § 60 H G B , der seinem Wortlaut nach ohnehin nur konkurrierende Umsatzgeschäfte untersagt, von vornherein restriktiv zu interpretieren; in diesem Sinne auch R G vom 20.9.1907, R G Z 67, 3,4; B A G vom 15.2.1962, AP Nr. 1 zu § 61 H G B (unter II 2 b); Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 51 ff.; MünchKommHGB/t>. Hoymngen-Huene, § 60 Rn. 16; Konzen/Weber, Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 60 Rn. 20; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 57 Rn. 7; für ein insoweit großzügiges Verständnis von § 60 H G B bzw. der Treuepflicht aber B A G vom 16.8.1990, AP Nr. 10 zu §611 B G B Treuepflicht (unter III 2 c dd u d); Baumbach/Ho^i, H G B , 30. Aufl., § 60 Rn. 3; MünchKommBGB/M«//er-Gtege, 3. Aufl., § 611 Rn. 445.

I. Vertragliches

Stadium

583

rechtliche Wettbewerbsverbot gemeinhin auf Arbeitnehmer beschränkt und nicht etwa auf sämtliche - auf eine gewisse Dauer angelegten - Dienstverträge ausdehnt, 5 0 obwohl freie Dienstnehmer zumindest bei einer längeren Tätigkeit für ein Unternehmen vielfach eine intensivere Kenntnis von internen Informationen erlangen können als einfache Arbeitnehmer. Im Gesellschaftsrecht verlaufen die Argumentationslinien bei der Konkretisierung der Treuepflicht demgegenüber in eine andere Richtung. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, daß sich ein Wettbewerbsverbot nach nahezu einhelliger Ansicht nicht schon aus der mit jedem Gesellschaftsverhältnis verbundenen allgemeinen Treuepflicht ergibt. Dies läßt sich eindeutig an § 165 H G B ablesen, der Kommanditisten trotz der grundsätzlich auch sie treffenden Treuepflicht vom Konkurrenzverbot des § 112 H G B freistellt. 51 Es bedarf deshalb einer gesteigerten Pflichtintensität. Insoweit ist man sich darüber einig, daß es insoweit nicht auf die jeweils involvierte Rechtsform als solche ankommt. Im übrigen lassen sich zwei gedankliche Linien unterscheiden. Überwiegend stellt man auf die konkreten Befugnisse des Gesellschafters innerhalb der Gesellschaft ab, 52 wobei deren erforderlicher Umfang freilich streitig ist 53 . Sofern ein Gesellschafter nämlich über entsprechende Binnenrechte verfügt, würde bei einer uneingeschränkten Zulässigkeit wettbewerblicher Betätigungen die Gefahr bestehen, daß er sie zum Nachteil der Gesellschaft bzw. seiner Mitgesellschafter ausnutzt. Die Existenz dieses Risikos würde zugleich das für ein erfolgreiches unternehmerisches Zusammenwirken erforderliche Vertrauen untergraben. 54 Das Wettbewerbsverbot soll nach diesem Gedanken somit der präventiven Ausschaltung der durch die Existenz interner Befugnisse hervorgerufenen Gefahr für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft dienen. Daneben stößt man in diesem Zusammenhang mehrfach auf Äußerungen, die danach unterscheiden wollen, ob die Gesellschaft eine kapitalistische oder eine personalistische Realstruktur aufweist. 5 5 Soweit sich damit die Vorstellung eines Kriteriums verbindet, das zumindest in bestimmten Fällen zu den internen Be50 Vgl. M ü n c h A r b R / B l o m e y e r , 2. Aufl., §52 Rn. 6; MünchKommHGB/t>. HoyningenHuene, § 60 Rn. 11; ErfK/Schaub, 2. Aufl., § 60 HGB Rn. 4. Nicht unproblematisch deshalb die von Blomeyer, aaO., befürwortete Einbeziehung arbeitnehmerähnlicher Personen. 51 Nicht überzeugend die gegenteilige Auffassung von Kardaras, Wettbewerbsverbot, S. 30 ff.; zu Recht abl. Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 165 Rn. 8. 52 In diesem Sinne Armbrüster, ZIP 1997, 261, 265 ff., 270 ff.; ders., ZIP 1997, 1269, 1273; Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 284 ff.; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 129 f.; L ö f f l e r , NJW 1986, 223, 227; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 112 f.; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., §165 Rn. 9 ff.; Röhricht, WPg 1992, 766, 771 f.; Sülfeld, Wettbewerbsverbote, S. 67 f.; Weimar, JR 1976, 496, 497 (stillschweigende Vereinbarung); Weipert, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, §165 Rn. 7 ff.; M. Winter, Treubindungen, S. 246. 53 Siehe dazu noch unten sub b aa (1). 54 Vgl. etwa Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 284 ff.; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 129 f.; L ö f f ler, NJW 1986,223, 227; Lutter, AcP 180 (1980), 84,112 f.; M. Winter, Treubindungen, S. 246. 55 Hennrichs, AcP 195 (1995), 221, 253; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 113; Lutter/Timm, NJW 1982, 409, 419; Hachenburg/Mertens, GmbHG, 8. Aufl., Anh. §13 Rn. 56; Timm, GmbHR

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5 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

fugnissen hinzutreten muß, 5 6 ändert dies nichts am soeben erwähnten Grundgedanken der gesellschafterlichen Konkurrenzverbote. Vereinzelt wird jedoch zumindest der Eindruck erweckt, als würde der Vertrauensaspekt verabsolutiert und das Wettbewerbsverbot auf alle Beteiligten an Gesellschaften mit personalistischer Realstruktur ohne Rücksicht darauf ausgedehnt, ob der Gesellschafter infolge seiner Binnenrechte über eine qualifizierte Schädigungsmacht verfügt. 5 7 Dies würde in der Tat auf eine Verbreiterung der Legitimation für gesellschafterliche Konkurrenzverbote hinauslaufen, die insbesondere für solche Gesellschafter von Relevanz wäre, die in untergeordneter Stellung mitarbeiten. Tatsächlich können allgemeine Überlegungen zum erforderlichen Vertrauen ohne Rücksicht auf die konkret bestehenden Möglichkeiten des Gesellschafters eine Einschränkung des wettbewerblichen Handelns aber nicht rechtfertigen. 5 8 D a ein K o n kurrenzverbot sowohl die grundgesetzlich gemäß Art. 12 Abs. 1 G G geschützte Berufsfreiheit des Betroffenen als auch den Wettbewerb als eine im öffentlichen Interesse liegende Einrichtung beeinträchtigt, bedarf es hierfür hinreichend präziser Eingriffsgründe. 5 9 Deshalb kann auf besondere gesellschaftsinterne Rechte, durch die eine besondere Schädigungsgefahr für die Leistungsfähigkeit des U n ternehmens hervorgerufen wird, als Einstiegsvoraussetzung für gesellschafterliche Konkurrenzverbote nicht verzichtet werden. Neben der auf die unverbundene Gesellschaft abstellenden Betrachtungsweise hat der B G H das Wettbewerbsverbot in zwei Fällen in einen konzernrechtlichen Zusammenhang gerückt und auf die Gefährdung der Gesellschaft durch einen außerhalb der Gesellschaft unternehmerisch tätigen Mehrheitsgesellschafter hingewiesen. 6 0 In der Sache geht es damit um eine auf die gesteigerte Treuepflicht des herrschenden Gesellschafters 6 1 gestützte Konzerneingangskontrolle, die im Schrifttum auf Zustimmung, 6 2 aber auch auf Ablehnung 6 3 gestoßen ist. Diese G e dankenlinie soll aufgrund der Konzentration auf die spezifischen Probleme aktiver Mitarbeit im folgenden indes nicht weiterverfolgt werden.

1981, 177, 178; M. Winter, Treubindungen, S.252; in diesem Sinne auch Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 268. 5 6 So Lutter/Timm, N J W 1982, 409, 419 Fn. 128. 57 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 113; Timm, G m b H R 1981, 177, 178; M. Winter, Treubindungen, S. 252. 5 8 Krit. gegenüber einer Unterscheidung von personalistischer und kapitalistischer Beteiligung bei der Rechtfertigung von Konkurrenzverboten bereits Ballerstedt, FS Böhm (1965), S. 179, 197 Fn. 48. 5 9 Zurückhaltend trotz grundsätzlicher Befürwortung des Rekurses auf die konkrete Gesellschaftsstruktur auch Röhricht, WPg 1992, 776, 773. 6 0 B G H vom 5.12.1983, B G H Z 8 9 , 1 6 2 , 1 6 6 ff. unter Rückgriff auf B G H vom 5.2.1979, N J W 1980, 231 f. (Gervais). 6 1 Vgl. B G H vom 5.6.1975, B G H Z 65, 15, 18 ff. (ITT) 62 Löffler, N J W 1986, 223, 226; Raiser, FS Stimpel (1985), S. 855, 860 ff.; in der grundsätzlichen Ausrichtung unter unmittelbarer Anknüpfung an die Treuepflicht ebenso Wiedemann/ Hirte, Z G R 1986, 163, 168 ff. 63 Immenga, J Z 1984, 578, 579; skeptisch auch Reuter, J Z 1986,16, 20.

I. Vertragliches

Stadium

585

D e r gesellschaftsrechtliche Leitgedanke des aus § 1 1 2 H G B bzw. aus der Treuepflicht resultierenden K o n k u r r e n z v e r b o t e s besteht nach alledem in der A b wehr derjenigen Gefahren, die für den Fall einer hinreichenden gesellschaftsinternen Schädigungsmacht aus der wettbewerblichen Tätigkeit eines Beteiligten für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft hervorgehen. E s geht daher u m dasselbe Ziel, das die bereits angesprochene E i n s c h r ä n k u n g des § 1 G W B legitimiert. A n ders als im Arbeitsrecht k o m m t es somit nicht darauf an, daß die Gesellschaft im Verhältnis z u m Gesellschafter Beschäftigungsrisiken trägt, deren Finanzierung ihr nur bei einem K o n k u r r e n z s c h u t z zugemutet werden kann. b) Grenzfälle

und

Wechselwirkungen

D i e t r o t z eines äußerlich vergleichbaren Wortlauts der §§ 60, 61 H G B und der §§ 1 1 2 , 1 1 3 H G B sowie der prima facie gleichen dogmatischen Ableitung nach alledem letztlich doch heterogenen Grundlagen von arbeitsrechtlichen und gesellschafterlichen Wettbewerbsverboten werfen die Frage nach dem Verhältnis beider G e b i e t e bei der L ö s u n g von Grenzfällen und sonstigen Zweifelsfragen auf. D a b e i soll an dieser Stelle keine flächendeckende Analyse des R e c h t s der K o n kurrenzverbote erfolgen. Vielmehr seien im folgenden einige Gesichtspunkte exemplarisch herausgegriffen, w o b e i das A u g e n m e r k vor allem auf diejenigen Einzelaspekte gerichtet wird, bei denen R e c h t s p r e c h u n g und Schrifttum zur B e gründung v o n Einzelergebnissen einen Brückenschlag z u m jeweils

anderen

R e c h t s b e r e i c h v o r g e n o m m e n haben oder sich ein Wertungstransfer zumindest anbietet. aa)

Anwendungsvoraussetzungen

(1)

Adressatenkreis

Das Leitprinzip gesellschafterlicher Wettbewerbsverbote besteht - wie erläutert im A u s m a ß der innergesellschaftlichen R e c h t e und der daraus im Falle eines externen unternehmerischen Engagements resultierenden Schädigungsgefahr für die Gesellschaft und die Mitgesellschafter. Bei der Konkretisierung dieses A u s gangspunktes lassen sich im wesentlichen zwei Argumentationslinien unterscheiden. In erster Linie geht es u m die innergesellschaftlichen Einflußmöglichkeiten des betroffenen Gesellschafters und somit u m die Gefahr, daß er seine R e c h t e bei seinem H a n d e l n innerhalb der Gesellschaft z u m Nachteil seiner Mitgesellschafter ausübt. 6 4 Insoweit ist anerkannt, daß jedenfalls geschäftsführende Gesellschafter dem K o n k u r r e n z v e r b o t unterfallen. Dies betrifft über die § § 1 1 2 , 161 Abs. 2 H G B hinaus insbesondere den Gesellschafter einer G b R , 6 5 den K o m m a n 64 Dazu eingehend Sülfeld, Wettbewerbsverbote, S. 10 ff.; siehe auch Grundmann, Treuhandvertrag, S. 444 f. 65 Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 705 Rn. 62; MünchKommBGB/i//mer, 3. Aufl., § 705 Rn. 194 f.; Erman/H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 705 Rn. 48.

586

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

ditisten, 66 die Parteien einer stillen Gesellschaft 6 7 sowie den GmbH-Gesellschafter 6 8 . In allen diesen Fällen kann man den Treuepflichtgedanken als Basis für das Wettbewerbsverbot dahin konkretisieren, daß es hierbei vorrangig um den Teilaspekt der organschaftlichen Treuepflicht 6 9 geht. D a die organschaftliche K o m p o nente ihre Grundlage in der treuhänderischen Wahrnehmung partiell fremder Interessen findet, 7 0 bildet somit weniger die allgemeine Förderpflicht als vielmehr die konkrete Aufgabenübertragung den Anknüpfungspunkt für Konkurrenzverbote geschäftsführender Gesellschafter. 71 Dementsprechend unterliegen G m b H Geschäftsführer auch ohne eine gleichzeitige Gesellschaftereigenschaft anerkanntermaßen ebenfalls einem strikten Verbot wettbewerblichen Handelns. 7 2 Aufgrund der Ableitung aus der treuhänderischen Stellung des geschäftsführenden Gesellschafters spielt es jedenfalls für die Dauer der Amtswahrnehmung 7 3 keine Rolle, ob der Teilhaber die Geschäftsführung auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages oder eines davon gesonderten Dienstvertrages ausübt. Ferner befürworten die Rechtsprechung und das Schrifttum gewisse Weiterungen, die den faktischen Geschäftsführer 7 4 sowie den nicht (faktisch) geschäftsführenden beherrschenden Gesellschafter 7 5 betreffen, hier aber nicht näher betrachtet werden sollen, weil sie zum Phänomen untergeordneter Mitarbeit keine Berührungspunkte aufweisen. Im übrigen hat das Kriterium der unternehmensinternen Einwirkungsmöglichkeiten nur insofern etwas mit dem tatsächlichen Leisten von Diensten zu tun, als insbesondere die Geschäftsleitung regelmäßig die gesamte

66 B G H vom 5.12.1983, B G H Z 89, 162, 165 f.; B G H vom 8.5.1989, N J W 1989, 2687 £.; O L G Frankfurt vom 7.9.1991, D B 1992, 2489, 2490; Armbrüster, ZIP 1997, 261, 270; H e y m a n n / H o r n , H G B , 2. Aufl., § 165 R n . 4 ; Schlegelberger/Aforteizs, H G B , 5. Aufl., § 1 6 5 Rn. 8 ff. Wieland, Handelsrecht, Bd. 1, § 6 9 IV F n . 4 4 , S. 754 f. (stillschweigende Vereinbarung); zurückhaltend aber Düringer/Hachenburg/ßec^ite'ra, H G B , 3. Aufl., § 165 Anm. 2. 67 Armbrüster, ZIP 1997, 261, 272; Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., R n . 6 3 7 f f . ; 647; Schlegelberger/Ä. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 2 3 0 n.F. Rn. 129 f.; zu Unrecht einschränkend Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 121 f. 68 B G H vom 10.2.1977, W M 1977, 361, 362; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 13 Rn. 59; Röhricht, WPg 1992, 766, 772; M. Winter, Treubindungen, S. 245 ff. Da das Konkurrenzverbot letztlich die Interessen der Mitgesellschafter, nicht aber diejenigen der Gläubiger schützen soll, greift es allerdings bei einem Alleingesellschafter nicht ein; vgl. B G H vom 10.5.1993, B G H Z 122, 333, 336. Dementsprechend ist § 8 8 A k t G bei einem Vorstandsmitglied als Alleinaktionär teleologisch zu reduzieren; vgl. Armbrüster, ZIP 1997, 1269, 1270; a. A. Claussen/Korth, FS Beusch (1993), S. 111, 117. 69 Dazu Wiedemann, WM 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 18. 70 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 13 II 1 b, S. 734. 71 In diesem Sinne auch Wiedemann/Hirte, Z G R 1986, 163, 167: Wettbewerbsverbot insoweit amts- und nicht beteiligungsbezogen. 72 Siehe nur B G H vom 26.10.1964, WM 1964, 1320; B G H vom 9.11.1967, B G H Z 49, 30, 31; B G H vom 24.11.1975, W M 1976, 77; B G H vom 23.9.1985, N J W 1986, 585, 586; Rowedder/tfo;?penstemer, G m b H G , 3. Aufl., § 4 3 Rn. 18; Röhricht, WPg 1992, 766, 767; Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 22. 73 Zur Rechtslage nach einer Beendigung der Geschäftsführerstellung siehe noch unten sub (2) (b). 74 Immenga, J Z 1984, 578, 579; Mestmäcker, Z U M 1993, 201, 207.

I. Vertragliches

Stadium

587

Arbeitskraft in A n s p r u c h nimmt. Dies muß freilich nicht zwingend der Fall sein, 7 6 ohne daß dieser U m s t a n d etwas an der Pflichtenbindung ändern würde. D i e im Arbeitsrecht zuweilen befürwortete R e d u k t i o n des Verbotes w e t t b e w e r b lichen Verhaltens bei Teilzeitkräften 7 7 kann deshalb keinesfalls auf Gesellschafter übertragen werden, bei denen die Ausübung des maßgeblichen Einflusses nur einen geringen Teil ihrer Arbeitskapazität bindet. N o c h wichtiger ist ist die Frage nach der Berechtigung des zweiten Ansatzes für gesellschafterliche K o n k u r r e n z v e r b o t e , der auf die Informationsrechte des Beteiligten abstellt und deshalb auch für Gesellschafter relevant ist, die unterhalb der Geschäftsführungsebene eine Tätigkeit ausüben. D e r Kerngedanke besteht insoweit nicht im möglichen M i ß b r a u c h interner Verwaltungsrechte, sondern in der A b w e h r des Risikos der Ausnutzung von Insiderinformationen für externe unternehmerische Z w e c k e . 7 8 Ausgangspunkt ist die Feststellung, daß die K o n t r o l l r e c h t e des K o m m a n d i t i sten gemäß § 166 H G B nach der eindeutigen B e s t i m m u n g in § 165 H G B nicht genügen, u m ein Wettbewerbsverbot zu begründen. F ü r das Informationsrecht des persönlich haftenden Gesellschafters einer O H G gemäß § 118 Abs. 1 H G B entscheidet die h. M . allerdings bekanntlich anders. N a c h ihrer Ansicht b e z w e c k t § 1 1 2 H G B zumindest auch den präventiven Schutz der Gesellschaft vor einem M i ß b r a u c h von Insiderwissen. Folgerichtig sollen alle Gesellschafter, die kraft Gesetzes oder infolge einer entsprechenden Regelung über einen dem Niveau des § 1 1 8 H G B zumindest vergleichbaren E i n b l i c k in die Angelegenheiten der G e sellschaft verfügen, ohne R ü c k s i c h t darauf einem K o n k u r r e n z v e r b o t unterliegen, o b sie geschäftsführend tätig sind oder sonst einen hinreichenden Verwaltungseinfluß haben. 7 9 Freilich mehren sich die kritischen Stimmen, die ein W e t t b e werbsverbot nur dann anerkennen wollen, wenn die Gesellschaft tatsächlich als mitunternehmerische Arbeits- und Haftungsgemeinschaft strukturiert ist, w o b e i man das Schwergewicht z u m Teil stärker auf die Berufsfreiheit des GesellschafBGH vom 5.12.1983, BGHZ 89, 162, 165 ff.; Röhricht, WPg 1992, 766, 772. Zum Teilzeitgeschäftsführer siehe Grundmann, Treuhandvertrag, S. 446 f.; Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 49. 77 MünchKommHGB/i). Hoyningen-Huene, §60 Rn. 17; Kempen/Kreuder, ArbuR 1994, 214, 220; anders aber Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 8; ErfK/Schauh, 2. Aufl., § 60 HGB Rn. 4. 78 Siehe Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 284 ff.; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §112 Rn. 1; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 130; Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., §112 Rn. 1; Lieberknecht/Gnauk, BB 1963, 1067, 107 3 f.; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 112 f.; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 112 Rn. 1; Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 23 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 13 II 1 b, S. 734 f. 79 In diesem Sinne Ballerstedt, FS Böhm (1965), S. 179, 197; Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 284 ff.; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., §112 Rn. 5; Düringer/Hachenburg/F/ec^t^ejm, HGB, 3. Aufl., § 112 Anm. 2; SoergeV Hadding, BGB, 12. Aufl., § 705 Rn. 62; Baumbach///o/;t, HGB, 30. Aufl., § 112 Rn. 2; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 13 II 2, S. 196; Lieberknecht/Gnauk, BB 1963, 1067, 1073 f.; Schlegelberger/Martras, HGB, 5. Aufl., § 112 Rn. 1, § 165 Rn. 13 f.; Voges, DB 1977, 2081, 2085; Weipert, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 165 Rn. 8. 75 76

588

§11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

ters (Art. 12 A b s . 1 G G ) , 8 0 teilweise mehr auf die allgemeine Wettbewerbsfreiheit (§ 1 G W B ) 8 1 legt. 8 2 D i e J u d i k a t u r ist in diesem Zusammenhang undeutlich, indem sie einerseits den Schutz der Gesellschaft vor einer Verwertung von Interna als Z w e c k des K o n k u r r e n z v e r b o t e s gemäß § 112 H G B als deklariert, 8 3 bei einem lediglich kapitalistisch beteiligten Gesellschafter einer O H G ein W e t t b e w e r b s verbot unter B e r u f u n g auf § 1 G W B aber verneint hat, ohne den A s p e k t des Insiderwissens auch nur anzusprechen 8 4 . Tatsächlich stoßen an diesem P u n k t verschiedene gegenläufige Wertungen aufeinander, deren verhältnismäßige Z u o r d nung nicht ohne ein gewisses M a ß an Willkür v o r g e n o m m e n werden kann. 8 5 D a b e i bietet sich folgende K o n z e p t i o n an: Zunächst spricht vieles dafür, das aus § 112 H G B bzw. der Treuepflicht abzuleitende K o n k u r r e n z v e r b o t auf die Fälle zu beschränken, in denen der Gesellschafter geschäftsführend tätig ist und aus diesem G r u n d e über eine besondere Schädigungsmacht im Verhältnis zu seinen Mitgesellschaftern verfügt. D e m g e g e n ü b e r erscheint es zu weitgehend, ein pauschales W e t t b e w e r b s v e r b o t allein auf die Existenz eines umfassenden Informationsrechts und eines daraus resultierenden möglichen M i ß b r a u c h s gesellschaftsinterner D a t e n zu stützen. Dies ergibt sich zunächst aus der systematischen Überlegung, daß einfache Gesellschafter einer G m b H anerkanntermaßen keinem allgemeinen K o n k u r r e n z v e r b o t unterfallen, 8 6 o b w o h l das K o n t r o l l r e c h t nach § 51a G m b H nur geringfügig hinter § 118 H G B zurückbleibt, mag es auch verschiedene Tendenzen geben, die Informationsbefugnisse des G m b H - G e s e l l schafters einzuschränken 8 7 . D a r ü b e r hinaus kann ein generelles Wettbewerbsverbot eines in der Gesellschaft nicht als Geschäftsführer aktiv tätigen Beteiligten mit H i n b l i c k auf die grundsätzliche Freiheit zur beruflichen Betätigung (Art. 12 Abs. 1 G G ) nicht überzeugen. D i e Gesellschaft wird damit nicht schutzlos gestellt: Erstens bietet § 1 U W G Schutz vor der mißbräuchlichen Verwendung von

Armbrüster, ZIP 1997, 261, 266 f.; Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 81 f. Kellermann, FS R. Fischer (1979), S. 307, 318 f.; Mestmäcker, ZUM 1993, 201, 208; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 1 Rn. 283. 82 Abi. (für das Informationsrecht aus § 716 BGB) auch Erman!H. P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 705 Rn. 48; MünchKommBGB/iy/mer, 3. Aufl., § 705 Rn. 195; auf den Einzelfall abstellend ders., in: GroßKomm. HGB, 4. Aufl., § 112 Rn. 47. Siehe dazu ferner Grundmann, Treuhandvertrag, S. 444, 449 f., der § 112 HGB teleologisch reduzieren oder allenfalls als Sonderregel für die OHG aufrechterhalten will. 83 BGH vom 16.3.1961, WM 1961, 229, 631. 84 BGH vom 6.12.1962, BGHZ 38, 306, 313 ff. 85 Siehe hierzu auch Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163,166: „Gesetz .. nicht durchdacht". 86 Vgl. BGH vom 1.12.1981, NJW 1982, 938, 939 (nicht abgedruckt in BGHZ 82, 332); OLG Karlsruhe vom 25.4.1984, BB 1984, 2015; OLG Karlsruhe vom 30.9.1986, BB 1986, 2365, 2366; OLG Köln vom 22.2.1991, GmbHR 1991, 366; O L G Düsseldorf vom 8.1.1993, GmbHR 1993, 581, 583; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 59; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §13 Rn.29; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 136 f.; Röhricht, WPg 1992, 766, 771, 773; Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 209 f.; M. Winter, Treubindungen, S. 247 f.; undeutlich Rowedder, GmbHG, 3. Aufl., § 13 Rn. 14. 87 Dazu Mertens, FS Werner (1984), S. 557, 565 ff. 80 81

I. Vertragliches Stadium

589

Informationen zu wettbewerblichen Z w e c k e n . 8 8 Zweitens ist der Gesellschafter aufgrund der n o c h näher zu erläuternden Geschäftschancenlehre 8 9 kraft seiner Treuepflicht gehalten, jedenfalls nicht solche Geschäftschancen der Gesellschaft an sich zu ziehen, von denen er durch seine Beteiligtenposition Kenntnis erlangt hat. Drittens unterliegen Gesellschafter auch ohne ein regelrechtes K o n k u r r e n z verbot einer generellen Pflicht zur Verschwiegenheit hinsichtlich unternehmensinterner U m s t ä n d e . 9 0 Viertens schließlich k o m m t bei eindeutig drohendem M i ß brauch auch eine Verweigerung des Informationszugangs in Betracht. Im übrigen ist den Beteiligten ein Spielraum für individuelle Lösungen zuzubilligen. Bei einer derartigen Regelung ist die Beschränkung der Berufsfreiheit nämlich v o m K o n s e n s des B e t r o f f e n e n gedeckt. 9 1 D a b e i ist in § 1 G W B dann kein unüberwindliches Hindernis zu sehen, wenn sich die über das - restriktiv interpretierte G e s e t z hinausgehende Vereinbarung als Ausdruck einer vertretbaren Einschätzung der Parteien darstellt, mit der sie etwaigen aus ihrer Sicht bestehenden G e fahren für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft entgegentreten wollen. 9 2 D e r h e t e r o n o m e gesetzliche Schutz vor einem M i ß b r a u c h von Insiderwissen ist nach alledem auf k o n k r e t e Verstöße zu beschränken, w o b e i den Gesellschaftern aber die durch das Wettbewerbsrecht nicht gesperrte Möglichkeit einer maßvollen aut o n o m e n Erweiterung hin zu einem Präventivschutz einzuräumen ist. Sofern ein mitarbeitender Gesellschafter auf kooperationsrechtlicher Basis eine untergeordnete Tätigkeit entfaltet, würde es somit bei einer rein gesellschaftsrechtlichen Betrachtung zumeist nicht zu einem gesetzlichen W e t t b e werbsverbot k o m m e n . Wenn es sich dabei nämlich um einen Kommanditisten handelt, ist der innergesellschaftliche Einfluß jedenfalls bei einer Zwergbeteiligung zu gering, um davon sprechen zu können, daß ein anderweitiges unternehmerisches Engagement die Gesellschaft aushöhlen würde. D i e allgemeine gesellschafterliche Treuepflicht würde überdehnt, wenn man aus ihr ableiten würden, daß die schlichte Mitarbeit eines Gesellschafters auch ohne die Möglichkeit einer nennenswerten E i n w i r k u n g auf die U n t e r n e h m e n s p o l i t i k und das k o n k r e t e Marktverhalten der Gesellschaft für ein K o n k u r r e n z v e r b o t ausreicht. Zumindest könnte die pauschale A n n a h m e eines Wettbewerbsverbots zu Lasten eines zwar tatsächlich im U n t e r n e h m e n tätigen, aber einflußlosen Gesellschafters den A n forderungen des § 1 G W B nicht standhalten. N i c h t alle dem Wohlergehen der 88 Ebenso Kellermann, FS R. Fischer (1979), S. 307, 318 Fn. 50; Mestmäcker, ZUM 1993,201, 208; dazu krit. aber Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 39 ff. 89 Siehe unten sub 2. 90 Vgl. (zur GmbH) Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §51a Rn.24; Baumbach/ Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., §13 Rn.29; Kowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 51a Rn. 16. 91 Folgerichtig kann einem widersprechenden Gesellschafter ein sich nicht schon aus dem Gesetz ergebendes Konkurrenzverbot nicht durch schlichten Mehrheitsbeschluß auferlegt werden. 92 Im Erg. auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, §13 II 1 b, S. 734 f., für alle Fälle außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs von § 112 HGB.

590

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

Gesellschaft im weitesten Sinne förderlichen Handlungen sind nämlich zugleich erforderlich, um deren Funktionsfähigkeit als Marktsubjekt zu sichern. 93 Daß es im Zusammenhang mit der zumeist nicht eigenständig angesprochenen aktiven Mitarbeit unterhalb der Geschäftsführungsebene 9 4 nicht ausreicht, pauschal auf das in jedem Gesellschaftsverhältnis erforderliche Vertrauen zu verweisen, ist eingangs 95 bereits dargelegt worden. Ferner genügt auch das regelmäßige Informationsrecht nach § 166 H G B gemäß der ausdrücklichen Wertung des § 165 HGB nicht, um ein Konkurrenzverbot auszulösen. Dasselbe gilt im Ergebnis für den auf untergeordneter Ebene mitarbeitenden stillen Gesellschafter sowie den Gesellschafter einer GmbH. Auch insoweit reichen weder die Arbeitsleistung als solche noch die mit der Gesellschafterstellung verbundenen Verwaltungsrechte zur Begründung eines Wettbewerbsverbots aus. Hieran ändern auch die Kontrollrechte des § 233 H G B bzw. des § 51a G m b H G nichts. Für das einfache Mitglied einer Genossenschaft ist dasselbe anzunehmen. 9 6 Solange ein Gesellschafter nicht durch entsprechende Verwaltungsbefugnisse über eine hinreichende Schädigungsmacht verfügt, steht er dem Unternehmen unter einem rein gesellschaftsrechtlichen Blickwinkel nicht so nahe, daß es für das ordnungsgemäße Funktionieren der innergesellschaftlichen Vorgänge eines Konkurrenzverbotes bedarf. Indes kann in solchen Fällen auf die den arbeitsrechtlichen Wettbewerbsverboten zugrundeliegenden Wertungen zurückgegriffen werden. Wenn ein geringfügig beteiligter Gesellschafter seine Tätigkeit lediglich auf der Grundlage eines zusätzlichen Arbeitsvertrages erbringt, ist er ohne weiteres an das arbeitsrechtliche Wettbewerbsverbot gebunden. 9 7 Liegt ein arbeitsrechtlicher Ausführungsvertrag (Typ II/l) bzw. ein gemischtes Mitarbeiterverhältnis (Typ II/2) vor, 98 muß dasselbe gelten. Die gleichzeitige Zuordnung einer Dienstleistung zum Kooperationsrecht kann das weiterreichende arbeitsrechtliche Verbot konkurrierenden Handelns nicht verdrängen. Eine vergleichbare Situation besteht schließlich auch in dem Fall, daß die Mitarbeit zwar ausschließlich im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses erfolgt, hierbei aber arbeitsrechtliche Mechanismen zum Berufs- und Existenzschutz entsprechende Anwendung finden 9 9 . In einer solchen Konstellation werden die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze deshalb durch Wertungen arbeitsrechtlicher Herkunft überlagert. Entsprechend den obigen Überlegungen zu den Folgen der internen Risikoverlagerung vom Mitarbeiter auf die Gesellschaft ist somit ein Konkurrenzverbot zu bejahen. 100

93 94 95 96 97 98 99 100

Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 289. Anders aber M. Winter, Treubindungen, S. 252. Siehe oben sub a. Vgl. Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 235 ff. Ebenso Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 37. Zu diesen Rechtsfiguren siehe oben sub §§ 3 IV 3 a u. 6 IV 3 c. Siehe hierzu oben sub §§ 8 I 3 u. 9 III 1 c bb. Im Erg. auch Schnorr von Carolsfeld, FS A. Hueck (1959), S. 261, 277.

I. Vertragliches

Stadium

591

Mit diesen Überlegungen ist der B o d e n für die Konstellationen bereitet, in denen ein Gesellschafter zwar formal die Geschäftsführerstellung bekleidet, infolge einer entsprechenden Gestaltung des Gesellschaftsvertrages aber praktisch wie ein unselbständiger Angestellter behandelt wird. 1 0 1 In diesen Fällen kann es nicht mehr überzeugen, ein Wettbewerbsverbot allein auf die formale Geschäftsführerposition zu stützen. Sofern die Gesellschafterversammlung bzw. ein anderer G e sellschafter das U n t e r n e h m e n durch Weisungen lenkt, die v o m geschäftsführenden Gesellschafter nur noch nachzuvollziehen sind, verliert der Hinweis auf die Eigenart der Aufgabenwahrnehmung an Gewicht. D a ß in derartigen Situationen die Informationsmöglichkeiten des Betroffenen ungeschmälert bleiben, spielt angesichts der Betrachtungen zu § 118 Abs. 1 H G B bzw. § 51a Abs. 1 G m b H keine Rolle. Dementsprechend gibt es im Schrifttum bezeichnenderweise vereinzelte Überlegungen, bei abhängigen G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r n auf § 60 H G B zurückgreifen. 1 0 2 Wichtiger als die äußere Anbindung an eine N o r m ist indes der Rekurs auf die maßgeblichen Wertungen. Wenn einem Gesellschafter trotz formaler G e schäftsführerstellung die Arbeitnehmereigenschaft zuzuerkennen ist, folgt daraus, daß die Gesellschaft jedenfalls bis zu einem gewissen Grade Arbeitgeberrisiken zu übernehmen hat. D e m g e m ä ß ist es wiederum gerechtfertigt, dem mitarbeitenden Gesellschafter in diesen Gestaltungen ein K o n k u r r e n z v e r b o t aufzuerlegen, damit die Gesellschaft den mit dieser Risikotragung verbundenen finanziellen Aufwand am M a r k t erwirtschaften kann, ohne hierbei durch ein wettbewerbliches Verhalten des Betroffenen gestört zu werden. (2) Zeitliche (a)

Grenzen

Liquidationsphase

Hinsichtlich der zeitlichen G r e n z e n arbeitsrechtlicher und gesellschafterlicher Wettbewerbsverbote kann es im Zusammenhang mit der Beendigung der U n t e r nehmenstätigkeit zumindest auf den ersten B l i c k zu gewissen Divergenzen k o m men. I m Arbeitsrecht stellt die heute ganz herrschende M e i n u n g strikt auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses ab. 1 0 3 So läßt etwa auch die - berechtigte - Suspendierung der Arbeitspflicht das Wettbewerbsverbot für sich gen o m m e n u n b e r ü h r t . 1 0 4 Allerdings m u ß verhindert werden, daß die §§ 74 ff. H G B durch eine unbegrenzte Suspendierung der beiderseitigen Hauptpflichten p r o Vgl. dazu oben sub § 6 IV 3 b. Miller, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG, §§ 35-38 Rn. 169. 103 BGH vom 16.11.1954, AP Nr. 1 zu § 60 HGB; BAG vom 17.10.1969, AP Nr. 7 zu §611 BGB Treuepflicht; MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 7; MünchKommHGB/'y. Hoyningen-Huene, § 60 Rn. 19; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 57 Rn. 3; Schlegelberger/ Schröder, HGB, 5. Aufl., § 60 Rn. 4. 104 LAG Kiel vom 24.1.1956, AP Nr. 2 zu § 60 HGB; BAG vom 30.5.1978, AP Nr. 9 zu § 60 HGB; MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 13; Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 69. 105 Man denke an die Suspendierung der Hauptpflichten im Rahmen eines Arbeitskampfes. 101 102

592

5 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

blemlos umgangen werden. Von Sonderfällen 1 0 5 abgesehen wird man deshalb verlangen müssen, daß der Arbeitgeber das Gehalt fortbezahlt, wenn er den Arbeitnehmer am Konkurrenzverbot festhalten will. Anderenfalls würde es an der Abwälzung bestimmter Risiken auf den Arbeitgeber als „Gegenleistung" für den vom Arbeitgeber geforderten Verzicht auf eine wettbewerbliche Betätigung fehlen. Demgegenüber werden die Akzente im Gesellschaftsrecht etwas anders gesetzt. Zwar ist man sich heutzutage im Gegensatz zur früher vertretenen A n sicht 1 0 6 darin einig, daß das Konkurrenzverbot mit der Auflösung nicht ausnahmslos endet. Vielmehr stellt man mit gewissen Nuancierungen im wesentlichen darauf ab, wie lange das Unternehmen während des Liquidationsstadiums zur Erleichterung der A b w i c k l u n g tatsächlich fortgeführt wird. 1 0 7 Gleichwohl kann bei einer unbesehenen A n w e n d u n g dieser Grundsätze die Situation eintreten, daß ein Arbeitnehmer infolge eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses weiterhin an das Konkurrenzverbot gebunden ist, während ein mitarbeitender Gesellschafter davon schon befreit ist. Dies wäre bei einer in Abwicklung begriffenen Gesellschaft der Fall, die nach außen hin keine unternehmerische Tätigkeit mehr ausübt, bei der aber durch die verbliebenen Arbeitnehmer noch gewisse Aufräumarbeiten zu erledigen sind. Allerdings spricht in einer solchen Konstellation mehr dafür, die im Gesellschaftsrecht gefundene Lösung auf den arbeitsrechtlichen Konflikt zu übertragen. Wenn der Arbeitgeber die Präsenz des Unternehmens am Markt definitiv beendet hat, 108 ist kein schutzwürdiges Interesse mehr erkennbar, einem Beschäftigten die Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit zu untersagen, auch wenn die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten bis auf weiteres fortbestehen. Fehlt es an einem eigenen wettbewerblichen Verhalten des Arbeitgebers, können entsprechende Handlungen des Arbeitnehmers die wirtschaftliche Grundlagen der arbeitsrechtlichen Risikoverteilung nicht mehr unterminieren. Mangels eines entgegenstehenden Arbeitgeberinteresses fordert auch die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 GG in einer derartigen Gestaltung den Fortfall des Konkurrenzverbotes. Insoweit gilt letztlich dasselbe wie bei Geschäften, die von vornherein außerhalb des Handelszweiges des Arbeitgebers liegen und hinsichtlich derer man ebenfalls schon seit langem im Wege verfassungskonformer Auslegung eine die Regelung des § 60 Abs. 1 Alt. 1 H G B ein106 ROHG vom 20.11.1876, ROHGE 21, 140, 145 (zu Art. 96, 97 ADHGB); Düringer/Hachen-burg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 112 Anm. 3. 107 RG vom 14.9.1938, JW 1938, 3180, 3185; BGH vom 16.3.1961, WM 1961, 629, 631; Heymann/Emmerich, HGB, 2. Aufl., § 112 Rn. 8; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 112 Rn. 3; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 32 II 2, S. 482 f.; Kardaras, Wettbewerbsverbot, S. 47 f.; Schlegelberger/ Martens, HGB, 5. Aufl., § 112 Rn. 8; Sülfeld, Wettbewerbsverbote, S. 123 f. So letztlich auch Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 112 Rn. 1, der im Liquidationsstadium zwar nicht mehr § 112 HGB anwenden, dafür aber auf die allgemeine Treuepflicht zurückgreifen will. 108 Etwas anderes gilt für diejenigen Fälle, in denen noch ernsthafte Ubernahmehoffnungen bestehen, weil auch der Marktwert eines in Liquidation befindlichen Unternehmens durch Insiderkonkurrenz verringert werden kann.

I. Vertragliches

Stadium

593

schränkende Interpretation vertritt 1 0 9 . Schließlich spricht auch § 1 G W B dafür, die E i n s c h r ä n k u n g unternehmerischen H a n d e l n s auf die Fälle zu begrenzen, in denen die W e t t b e w e r b s b e s c h r ä n k u n g erforderlich ist, u m die F u n k t i o n s f ä h i g keit eines Vertragsverhältnisses zu sichern. Dies ist in einer derartigen G e s t a l tung indes nicht mehr der Fall.

(b)

Ungewißheitssituationen

B e s o n d e r e P r o b l e m e k ö n n e n entstehen, wenn die wirksame Beendigung der T ä tigkeitsbeziehung umstritten ist. Dies ist sowohl bei einem Arbeitsverhältnis als auch bei einer gesellschafterlichen Beziehung denkbar. Von Interesse ist insoweit vor allem der Vergleich zwischen der Rechtslage im Falle einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsvertrages mit der Situation, die sich bei einer fristlosen B e endigung der Geschäftsführungstätigkeit ergibt. W ä h r e n d die sich hierdurch ergebenden Schwierigkeiten im Gesellschaftsrecht bislang offenbar nicht näher ins Blickfeld geraten sind, 1 1 0 wird diese Frage im Arbeitsrecht schon seit langem diskutiert. G e h t die im Ergebnis unberechtigte K ü n digung v o m A r b e i t n e h m e r aus, so hat sich inzwischen die Ansicht durchgesetzt, daß der Beschäftigte weiterhin an das K o n k u r r e n z v e r b o t gebunden ist, weil er aus seiner Pflichtwidrigkeit keinen Vorteil ziehen darf. 1 1 1 Dieser G e d a n k e kann ohne weiteres auch auf gesellschafterliche Tätigkeitsbeziehungen

übertragen

werden, die v o m Beteiligten unwirksam gekündigt wurden. D a s kann etwa auf den geschäftsführenden Gesellschafter einer O H G zutreffen, der die Geschäftsführung gemäß §§ 105 A b s . 2 H G B , 712 A b s . 2 B G B vollständig kündigt. 1 1 2 Zwar würde ein wirksamer Wegfall auch der gesetzlichen Geschäftsführungsbefugnis nach dem bereits Ausgeführten das Wettbewerbsverbot entfallen lassen, weil die verbleibenden Informationsrechte aus § 118 A b s . 1 H G B den F o r t b e s t a n d allein nicht rechtfertigen würden. F e r n e r fehlt es nach einer wenn auch unberechtigten Eigenkündigung regelmäßig an einem weiteren Einfluß des Betroffenen auf die G e s c h i c k e der Gesellschaft, so daß der innere G r u n d für das K o n k u r r e n z v e r b o t eigentlich entfallen ist. J e d o c h läßt sich hier ohne weiteres entsprechend den Überlegungen im Arbeitsrecht die letztlich auf § 2 4 2 B G B rückführbare Wertung treffen, daß der Gesellschafter seine Lage bei fortbestehender Mitgliedschaft durch ein pflichtwidriges Verhalten nicht verbessern darf. Zu einer vergleichba109 Siehe nur BAG vom 25.5.1970, AP Nr. 4 zu § 60 HGB; BAG vom 3.5.1983, AP Nr. 10 zu § 60 HGB; MünchArbRAS/omeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 20; Baumbach/tto/)i, HGB, 30. Aufl., § 60 Rn. 1; MünchKommHGB/^. Hoyningen-Huene, § 60 Rn. 32. 110 Siehe etwa die insoweit knappen Ausführungen bei Ivens, Konkurrenzverbot, S. 91, 182; Kardaras, Wettbewerbsverbot, S. 47 f.; Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 118 ff. 111 MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl., §52 Rn. 11; Heymann/Henssler, HGB, 2. Aufl., §60 Rn. 7; ErfK/Schaub, 2. Aufl., § 60 HGB Rn. 9; Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl., § 60 Rn. 4. 112 Zur Möglichkeit einer Kündigung der gesetzlichen Geschäftsführungspflicht siehe nur Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 114 Rn. 19; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., §10 VII 12, S. 159 f.; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 117 Rn. 56; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2242 f.

594

5 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

ren Situation kann es beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H k o m men. D i e Amtsniederlegung als solche ist zwar zumindest in einer mehrgliedrigen G m b H im G r u n d s a t z jederzeit auch ohne einen wichtigen G r u n d möglich. 1 1 3 Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund eines Dienstvertrages oder einer gesellschaftsvertraglichen Nebenleistungspflicht zur Amtsausübung verpflichtet ist, so handelt der B e t r o f f e n e beim Fehlen eines wichtigen G r u n d e s aber u n r e c h t m ä ß i g 1 1 4 und bleibt deshalb an das aus seiner Organstellung resultierende V e r b o t wettbewerblichen Handelns gebunden. Soweit es u m die v o m Arbeitgeber erklärte fristlose Kündigung geht, hat das B A G einen gewissen Schlußstrich unter die D e b a t t e gezogen, indem es den Arbeitnehmer für verpflichtet hält, sich an das Wettbewerbsverbot zu halten, wenn er die U n w i r k s a m k e i t der Kündigung bestreitet. 1 1 5 Insbesondere soll sich aus dem n o c h v o m R G in den Vordergrund gestellten § 615 S. 2 B G B 1 1 6 nicht ergeben, daß der A r b e i t n e h m e r n u n m e h r eine konkurrierende Tätigkeit aufnehmen darf. In dieser Situation fällt die Würdigung im Falle einer gesellschafterlichen Beschäftigung schwerer. W e n n etwa dem Gesellschafter einer O H G oder einer K G die Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem G r u n d e durch B e s c h l u ß entzogen wird, 1 1 7 bedeutet dies, daß er innerhalb der Gesellschaft zunächst keinen E i n f l u ß mehr ausübt. D a dem Betroffenen in einer solchen Konstellation keine Pflichtwidrigkeit zur Last gelegt werden kann, sprechen die überwiegenden G r ü n d e dafür, das W e t t b e w e r b s v e r b o t grundsätzlich auch dann fortfallen zu lassen, wenn sich der Gesellschafter gegen die Kündigung zur Wehr setzt. Sofern der Gesellschafter während eines unter U m s t ä n d e n langwierigen gerichtlichen Verfahrens keine Geschäftsführungsaufgaben

mehr w a h r n i m m t , fehlt es an der

„ K o n k u r r e n z von i n n e n " , der das W e t t b e w e r b s v e r b o t wehren will. In einer solchen Konstellation kann nicht davon gesprochen werden, daß die F u n k t i o n s f ä higkeit der Gesellschaft davon abhängt, daß der von der Geschäftsführung ent113 Vgl. BGH vom 8.2.1993, BGHZ 121, 257, 261 f.; OLG Düsseldorf vom 6.12.2000, ZIP 2001, 25; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 58; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 404, 407; Hoffmann/Liebs, Der GmbH-Geschäftsführer, 2. Aufl., Rn. 226; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §38 Rn.41; Hachenburg/Sie*«, GmbHG, 8. Aufl., §38 Rn. 135; Baumbach/Hueck/Zö7/ner, GmbHG, § 38 Rn. 38c; in diese Richtung bereits BGH vom 14.7.1980, BGHZ 78, 82, 89 ff. 114 BGH vom 14.7.1980, BGHZ 78, 82, 85; BGH vom 8.2.1993, BGHZ 121, 257,2b2\ Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., §38 Rn. 58; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 410 f.; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §38 Rn. 26; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 38 Rn. 89; Baumbach/Hueck/Zö//ner, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 38c. 115 BAG vom 25.4.1991, AP Nr. 104 zu §626 BGB; zust. Konzen/Weber, in: GroßKomm. HGB, 4. Aufl., § 60 Rn. 29; so bereits Schlegelberger/ScAröifer, HGB, 5. Aufl., § 60 Rn. 4; anders aber Grunsky, Wettbewerbsverbote, S. 25; MünchKomm/w. Hoyningen-Huene, HGB, §60 Rn. 21; einschränkend auch LAG Köln vom 14.7.1995, LAGE §60 HGB Nr. 4; Buchner, ARBlattei SD 1830.2 Rn. 87; Uünc\iKrbK/Blomeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 11. 116 RG vom 22.2.1916, RGZ 88, 127, 129; ebenso MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl., §52 Rn. 11; in diesem Sinne auch Heymann///e«ss/er, HGB, 2. Aufl., § 60 Rn. 7 f. 117 Zur Zulässigkeit dieser von § 117 HGB abweichenden Verfahrensgestaltung siehe bereits oben § 9 III 1 c aa (1) mit Fn. 345.

/. Vertragliches

595

Stadium

bundene Beteiligte zwischenzeitlich keiner konkurrierenden Tätigkeit nachgeht. Die Gesellschaft wird dadurch nicht schutzlos gestellt, weil die Treuepflicht als solche nicht endet und es dem Gesellschafter deshalb nach wie vor untersagt bleibt, interne Informationen zu eigenen unternehmerischen Zwecken zu verwenden. Eine entsprechende Sachlage kann sich wiederum beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H ergeben. Wenn der Widerruf der Bestellung zum G e schäftsführer gemäß § 38 Abs. 2 G m b H G gesellschaftsvertraglich an das Vorliegen eines wichtigen Grundes geknüpft wurde und es um einen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer

ohne ein mitgliedschaftliches

Sonderrecht

auf die

Geschäftsführerstellung geht, ist es denkbar, daß ein Abberufungsbeschluß gefaßt wird, der zwar mangels eines wichtigen Grundes rechtswidrig, aber dennoch zunächst wirksam ist und lediglich angefochten werden kann. 1 1 8 In einer solchen Gestaltung ist die Amtszeit im Falle einer erfolgreichen Anfechtung rechtlich nicht beendet. 1 1 9 Gleichwohl fehlt dem Betroffenen für die Dauer einer gerichtlichen Auseinandersetzung jeglicher Entscheidungseinfluß auf die G m b H , sofern er nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wieder in sein Amt eingesetzt wird. Daher kann ein Wettbewerbsverbot jedenfalls nicht mehr mit dem Aspekt der besonderen Einwirkungsmöglichkeiten eines Organs auf fremdes Vermögen begründet werden. Aus dem Ende der Organstellung folgt indes noch nicht zwangsläufig der Fortfall der Pflicht zum Unterlassen einer konkurrierenden T ä tigkeit. 1 2 0 Vielmehr muß in einer derartigen Situation danach gefragt werden, ob sich aus dem fortbestehenden Anstellungsverhältnis ein Wettbewerbsverbot ergibt. Soweit es sich hierbei um einen Anstellungsvertrag und nicht um eine mitgliedschaftliche Regelung der persönlichen Rechtsstellung handelt, wird vielfach ohne weiteres davon ausgegangen, daß das gesetzliche Konkurrenzverbot weiterbesteht. 1 2 1 Diese Ansicht kann jedoch nicht überzeugen. Es stellt eine Uberdehnung der allgemeinen Treuepflicht zwischen Vertragspartnern aus § 242 B G B dar, wenn man dem Anstellungsvertrag als einem freien Dienstverhältnis, der grundsätzlich keine sozialen Pflichten des Dienstgebers mit sich bringt, die generelle 118 Vgl. - zum Teil unter Hinweis auf eine entsprechende Anwendung von § 84 Abs. 3 S. 4 AktG - Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 46 f.; 'Ko-weAAer/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 20; Lunk, ZIP 1999,1777,1786; Hachenburg/Stein, G m b H G , 8. Aufl., § 3 8 Rn. 97, 99; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 8 Rn. 64; Baumbach/ Hueck/Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., § 38 Rn. 29, 32. 119 Lunk, ZIP 1999, 1777, 1786; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 3 8 Rn. 30. 1 2 0 Ebenso Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 338; anders O L G Hamburg vom 13.10.1914, O L G Rspr. 32 (1916), 142 f., indem es zu Unrecht ein automatisches Ende des Anstellungsvertrages annahm; dagegen bereits R G vom 20.4.1915, J W 1915, 653, 654. 121 O L G Düsseldorf vom 13.7.1989, G m b H R 1989, 468, 470; B G H vom 19.10.1987, ZIP 1988, 47; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 99, Hachenburg/Stein, G m b H G , 8. Aufl., § 38 Rn. 33. Für einen Rückgriff auf das Anstellungsverhältnis auch B G H vom 23.9.1985, N J W 1986, 585, 586, wobei aus dem Urteil allerdings nicht eindeutig hervorgeht, ob es um ein gesetzliches oder ein vertragliches Konkurrenzverbot ging. Für eine nachwirkende Treuepflicht B G H vom 11.10. 1976, W M 1977,194 f. (ohne Unterscheidung zwischen Amts- und Dienstverhältnis).

596

5 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

Kraft zuspricht, ein Verbot wettbewerblichen Handelns zugunsten des D i e n s t b e rechtigten zu begründen. 1 2 2 D e r auf die W a h r n e h m u n g einer O r g a n p o s i t i o n gerichtete Anstellungsvertrag läßt sich nicht mit dem selbständigen Handelsvertretervertrag vergleichen, bei dem der B G H aus der in § 86 A b s . 1 Halbs. 2 H G B ausdrücklich festgeschriebenen Bindung an die Interessen des U n t e r n e h m e r s ein K o n k u r r e n z v e r b o t ableitet. 1 2 3 E i n e solche Sicht der D i n g e scheint auch denjenigen Stellungnahmen zugrundezuliegen, die davon sprechen, daß das Verbot mit dem E n d e der Amtszeit entfällt, ohne in diesem Zusammenhang auf den m ö g licherweise fortbestehenden Anstellungsvertrag einzugehen. 1 2 4 D i e G m b H ist in diesen Fällen auch nicht schutzwürdig. D a s Fehlen eines im Anstellungsvertrag enthaltenen vertraglichen Wettbewerbsverbots kann nicht zuletzt angesichts der Ü b l i c h k e i t einer solchen Vertragsgestaltung 1 2 5 durchaus als Ausdruck der Verhandlungsmacht des Geschäftsführers angesehen werden. E s besteht kein G r u n d , die G m b H jenseits der Organpflichten durch ein ungeschriebenes allgemeines W e t t b e w e r b s v e r b o t vor einer für sie ungünstigen Regelung der Anstellungsbedingungen zu bewahren. Dies alles gilt erst recht in den Fällen, in denen die A n stellung ihre Grundlage ausschließlich im Gesellschaftsvertrag findet. Ein gesetzliches K o n k u r r e n z v e r b o t läßt sich in derartigen Konstellationen im allgemeinen weder - wie bereits e r w ä h n t 1 2 6 - auf die Gesellschafterstellung als solche n o c h auf die E x i s t e n z einer tätigkeitsbezogenen Nebenleistungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G stützen. Schließlich kann auch einer ausdrücklich vorgesehenen korporativen Tätigkeitsvergütung nicht die Wirkung zuerkannt werden, ein W e t t b e w e r b s v e r b o t zu begründen. E s ist nicht ersichtlich, warum ein schlichtes Sonderrecht auf feste B e z ü g e ohne jeden weiteren Anhaltspunkt in der Satzung zu einer entsprechenden Pflicht des Gesellschafters führen soll. D a r a n kann auch der U m s t a n d nichts ändern, daß sich der B e t r o f f e n e um eine Wiedererlangung der zu U n r e c h t entzogenen Organstellung bemüht, zumal es hierbei u m einen unter U m s t ä n d e n langwierigen P r o z e ß handeln kann, dessen Erfolgsaussichten höchst ungewiß sein können.

122 Explizit die Organstellung und nicht den Dienstvertrag hervorhebend OLG Frankfurt vom 13.5.1997, GmbHR 1998, 376, 378; In diese Richtung auch Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 266 f., indem er das Wettbewerbsverbot ausdrücklich allein auf die organschaftliche Treuepflicht als Folge der Verfügungsmacht über fremdes Vermögen und gerade nicht auf den Anstellungsvertrag gründet. 123 BGH vom 30.6.1954, LM § 89a HGB Nr. 1; ebenso etwa Baumbach//io/>£, HGB, 30. Aufl., § 86 Rn. 26; MünchKommHGB/f. Hoyningen-Huene, § 86 Rn. 33. 124 Gieseke, GmbHR 1996,486, 487 Fn. 7; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 21; Baumbach/Hueck/Zö7/«er, GmbHG; 17. Aufl., § 35 Rn. 23b; in diesem Sinne ferner Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 43 Rn. 14 ; im Erg. ebenso Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 338 f.; wohl auch Grundmann, Treuhandvertrag, S. 452, indem er den Fortfall der innergesellschaftlichen Einflußmacht hervorhebt. 125 Vgl. die Vertragsmuster bei Hoffmann/Liebs, GmbH-Geschäftsführer, 2. Aufl., Rn. 280, § 5 Abs. 3, und bei Jaeger, Anstellungsvertrag, 3. Aufl., S. 8, § 6 Abs. 1. 126 Siehe oben sub (1) mit Nachweisen in Fn. 83.

I. Vertragliches

Stadium

597

Vermag in den soeben geschilderten Gestaltungen eine rein gesellschafts- bzw. dienstvertragsrechtliche Betrachtung ein Konkurrenzverbot schwerlich zu begründen, so ändert sich die Einschätzung, wenn man arbeitsrechtliche Wertungen hinzunimmt. Dabei hilft freilich noch nicht der vom B A G

hervorgehobene

Aspekt, daß eine fremde Vertragswidrigkeit keine eigene Vertragsverletzung legitimiert, 1 2 7 weil es gerade um die Frage geht, ob ein mitarbeitender Gesellschafter noch gebunden ist, obwohl der das Wettbewerbsverbot tragende Grund, nämlich die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Unternehmens, an sich entfallen ist. Demgegenüber führt eine Anknüpfung an die Risikoverteilung im Beschäftigungsverhältnis wiederum weiter. So kann man das Konkurrenzverbot für die Dauer des Streits um die Wirksamkeit der Beendigung des Tätigkeitsverhältnisses im Arbeitsrecht darauf stützen, daß der Arbeitnehmer mit dem Annahmeverzugslohn die Vergütung geltend macht, die ihm bei einem ungestörten Arbeitsverhältnis zustünde. Dann aber darf er auch die wirtschaftliche Grundlage dieser Zahlungspflicht nicht in Frage stellen. 128 Wenn der Anstellungsvertrag eines abberufenen Gesellschafter-Geschäftsführers als Arbeitsvertrag einzustufen ist, kommen diese Grundsätze ohne weiteres zur Anwendung. Entsprechendes ist jedoch auch für den Fall anzunehmen, daß die Mitarbeit lediglich auf der Basis eines Gesellschaftsverhältnisses erbracht wird und dabei arbeitsrechtliche B e stimmungen zum Berufs- und Existenzschutz eingreifen. 1 2 9 Man denke insoweit wiederum an die schon öfter erwähnte Rechtsfigur des „angestellten Komplementärs".

bb) Untersagte

Handlungen

Nach der Ermittlung der Adressaten und der zeitlichen Grenzen eines Wettbewerbsverbot sollen nunmehr die untersagten Handlungen näher betrachtet werden. Dabei sind im vorliegendem Zusammenhang entsprechend den einleitenden Bemerkungen vor allem diejenigen Erscheinungen von Interesse, in denen es zu einem Brückenschlag zwischen Gesellschafts- und Arbeitsrecht gekommen ist. Dies betrifft zum einen die bereits erwähnte, heutzutage allseits anerkannte Einschränkung des § 60 Abs. 1 Alt. 1 H G B . Entgegen dem weitergefaßten Wortlaut dieser N o r m ist dem kaufmännischen Angestellten der Betrieb eines H a n delsgewerbes nur im Handelszweig des Arbeitgebers verwehrt. Das B A G hat sich hierfür in erster Linie auf die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 12 Abs. 1 G G sowie auf den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 G G berufen, so daß es sich methodisch insoweit um eine verfassungskonforme Auslegung handelt. 1 3 0 B A G vom 25.4.1991, A P Nr. 104 zu § 626 B G B (unter B I I I 3 a aa). U m das Gleichgewicht der beiderseitigen Leistungen herzustellen, ist allenfalls denkbar, das Wettbewerbsverbot an die Gewährung einer mit dem Annahmeverzugslohn gegebenenfalls zu verrechnenden Karenzentschädigung analog §§ 74 ff. H G B zu binden; so L A G Köln vom 4.7.1995, A P Nr. 9 zu § 75 H G B . 129 Siehe hierzu oben sub §§ 8 I 3 u. 9 I I I 1 c bb. 130 B A G vom 25.5.1970, A P Nr. 4 zu § 60 H G B (unter I 2 c). 127

128

598

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

Dies entspricht den gängigen Stellungnahmen im Schrifttum. 1 3 1 Daneben hat sich das B A G aber ausdrücklich auch darauf gestützt, daß es geboten sei, den Arbeitnehmer in seiner rechtlichen Stellung dem Gesellschafter anzunähern und deshalb einen Gleichklang zu § 112 Abs. 1 H G B herzustellen. 1 3 2 Dieser Gedanke ist allerdings vereinzelt geblieben und hat in der Literatur soweit ersichtlich auch keinen Widerhall gefunden. Zum zweiten geht es um die Ausklammerung von Vorbereitungshandlungen, die lediglich der Aufnahme einer späteren Geschäftsaufnahme dienen. Die Herausnahme eines derartigen Verhaltens aus dem Konkurrenzverbot ist sowohl im Arbeits- wie im Gesellschaftsrecht seit langem anerkannt, 1 3 3 wenngleich die konkrete Abgrenzung erhebliche Probleme bereitet. Interessanterweise hat die zivilgerichtliche Rechtsprechung hierfür wiederholt das arbeitsrechtliche Vorbild angeführt. 1 3 4 Dies kann angesichts der dargelegten divergierenden Wertungsgrundlagen zwar nicht überzeugen. Gleichwohl ist das Ergebnis zutreffend. Solange kein aktueller Wettbewerb erfolgt, werden nämlich weder die finanziellen Grundlagen der Risikoverteilung im Arbeitsverhältnis unterminiert noch besteht die naheliegende Gefahr, daß ein Gesellschafter seinen internen Einfluß zu einer eigennützigen Schädigung der Gesellschaft einsetzt. An dritter Stelle ist die allgemein befürwortete Erstreckung des gesellschafterlichen Wettbewerbsverbots aus § 1 1 2 H G B auf Geschäfte für fremde Rechnung 1 3 5 zu nennen, die jedenfalls im Wortlaut dieser Vorschrift keinen Niederschlag gefunden hat. Zur Begründung beruft man sich neben dem Schluß aus § 1 1 3 Abs. 1 Halbs. 2 H G B 1 3 6 teilweise auf die weitergehenden Formulierungen in §§ 88 Abs. 1 S. 1 , 2 8 4 Abs. 1 S. 1 A k t G sowie in § 60 Abs. 1 H G B , 1 3 7 zieht dafür also auch eine arbeitsrechtliche Bestimmung heran. Insoweit gilt das zu den Vorbereitungshandlungen Ausgeführte entsprechend. Trotz unterschiedlicher Ausgangspunkte gelangen gesellschafterliches und arbeitsrechtliches Konkurrenzverbot zutreffend zu identischen Ergebnissen.

131 MünchArbR/.Biomeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 20; Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 21; D. Gaul, B B 1984, 346, 347 f.; Grunsky, Wettbewerbsverbote, S. 10; Baumbach///o££, H G B , 30. Aufl., § 6 0 Rn. 1; MünchKommHGB/t;. Hoyningen-Huene, § 6 0 Rn. 32; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl., § 57 Rn. 5; abl. nur Schlegelberger/Schröder, H G B , 5. Aufl., § 60 Rn. 5. 132 B A G vom 25.5.1970, AP Nr. 4 zu § 60 H G B (unter I 3 b). 133 Siehe nur Baumbach///o/>f, H G B , 30. Aufl., § 60 Rn. 1, § 112 Rn. 3. 134 Vgl. B G H vom 16.11.1954, AP Nr. 3 zu § 6 1 1 B G B Treuepflicht; so bereits R G vom 23.10.1913, J W 1914, 142, 143 (für ein vertragliches Wettbewerbsverbot); ebenso etwa HeymannIEmmerieb, H G B , 2. Aufl., § 1 1 2 Rn. 9 F n . 2 0 ; Baumbach/Ho/>t, H G B , 30. Aufl., § 1 1 2 Rn. 3. 1 3 5 O L G Nürnberg vom 1.8.1980, O L G Z 1980, 377, 378; 136 Baumbach/Ho/>i, H G B , 30. Aufl., § 112 Rn. 4. 1 3 7 Heymann/Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 112 Rn. 10.

I. Vertragliches

cc) Folgen von

Stadium

599

Verstößen

Soweit es u m die Folgen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot geht, verdient die Konstellation, in der sich der Arbeitnehmer bzw. Gesellschafter an einer anderen Gesellschaft beteiligt, besondere Beachtung. Das R G hatte in diesem Falle ein Eintrittsrecht nach § 61 Abs. 1 H G B abgelehnt und zur Begründung unter anderem auf den erforderlichen Schutz des sozial schwächeren Arbeitnehmers verwiesen. 138 Das B A G hat diese Rechtsprechung im Ergebnis bestätigt, sich dabei aber gerade nicht auf den Sozialschutz, sondern auf das gesellschaftsrechtliche Hindernis berufen, daß ein Recht zum Eintritt in die Gesellschafterstellung als solche ausgeschlossen sei. 139 Der B G H wiederum hat dieses Problem ausgeräumt, indem er bei der Erörterung der Folgen eines Verstoßes gegen § 112 H G B die Wirkung des Eintrittsrechts darauf beschränkt hat, den Gewinn des Gesellschafters an sich zu ziehen. 1 4 0 Ferner seien die vom R G angeführten sozialpolitischen Gesichtspunkte bei Gesellschaftern nicht einschlägig. Tatsächlich ist der f ü r das Gesellschaftsrecht gefundenen Lösung des B G H auch im Arbeitsrecht durchgängig zu folgen. 141 Der vom R G in die Diskussion eingeführte Sozialschutz stellt nur ein Schlagwort dar, das die Begrenzung des Eintrittsrechts nicht erklären kann. 1 4 2 Wenn sich nicht einmal mehr das B A G auf diesen Aspekt beruft, ist es nicht überzeugend, die Sichtweise des R G schlicht zu tradieren. 1 4 3 Vielmehr stellt auch im Arbeitsrecht erst die grundsätzlich drohende Möglichkeit, den Gewinn aus einer gesellschafterlichen Beteiligung an einem konkurrierenden Unternehmen abzuschöpfen, einen effektiven Anreiz zur Einhaltung des Wettbewerbsverbots dar, weil sich ein konkreter Schaden häufig nur schwer nachweisen läßt. c) Rechtsgeschäftliche

Modifikationen

Abweichende Vereinbarungen sind grundsätzlich in zwei Richtungen denkbar. Allerdings wirft die Befreiung vom Konkurrenzverbot nur gesellschaftsrechtliche, nicht aber arbeitsrechtliche Probleme auf. Wenn es einem Gesellschafter nämlich erlaubt sein soll, trotz eines hinreichenden Binneneinflusses Wettbewerb zu betreiben, so kann sich dies zu Lasten der sonstigen Gesellschafter auswirken. Aus diesem G r u n d e hat sich der B G H , abgesehen vom Stimmrechtsausschluß des unmittelbar begünstigten Gesellschafters, für das Erfordernis eines sachlichen Grundes ausgesprochen. 1 4 4 Für diesen Konflikt fehlt es an einem arbeitsrechtli138

RG vom 27.5.1910, R G Z 73, 423, 425. BAG vom 15.2.1962, AP Nr. 1 zu § 61 H G B . 140 B G H vom 6.12.1962, B G H Z 38, 306, 308 ff. 141 Ebenso MünchKommHGB/i;. Hoyningen-Huene, § 61 Rn. 20. 142 Gegen diesen Aspekt auch Götz, JuS 1963, 384, 385, der im Erg. allerdings die Sicht des B G H zurückweist (S. 385 f.). 143 In diesem Sinne aber Baumbach/Ho/>i, H G B , 30. Aufl., § 113 Rn. 3. 144 Vgl. B G H vom 16.2.1981, B G H Z 80, 69, 73 ff.; zust. Baumbach///opt, H G B , 30. Aufl., § 112 Rn. 13; Ulmer, in: GroßKomm. H G B , 4. Aufl., § 112 Rn. 31. 139

600

§ 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

chen Pendant. Wenn der Arbeitgeber auf den ihm an sich zustehenden Schutz verzichtet, ist dies allein seine Sache. Wichtiger sind demgegenüber Erweiterungen des Wettbewerbsverbots. Soweit sich derartige Abreden auf das laufende Tätigkeitsverhältnis beziehen, sind sie zwar auch im Arbeitsrecht grundsätzlich möglich. Mit Rücksicht auf die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 GG) 1 4 5 fordert man aber gemeinhin das Vorhandensein eines schützenswürdigen Interesses des Arbeitgebers. 146 Betrachtet man die insoweit denkbaren Interessen genauer, zeigt sich, daß es hierbei nur noch am Rande um wettbewerbliche Interessen gehen kann. Der Geschäftsbereich des Arbeitgebers wird nämlich bereits durch das gesetzliche Konkurrenzverbot aus § 60 H G B bzw. aus der Treuepflicht umfassend abgedeckt, so daß insoweit allenfalls eine Konkretisierung, nicht aber eine substantielle Erweiterung in Betracht kommt. Ein schutzwürdiges Interesse kann statt dessen darin liegen, andere Aktivitäten ohne Rücksicht auf ihre wettbewerbliche Relevanz deshalb zu untersagen, weil sie zu einer Beeinträchtigung des Interesses an der ungeschmälerten Arbeitskraft führen können. 147 Dies ist nicht zuletzt deshalb möglich, weil die Ausklammerung der Arbeitskraftmonopolisierung als Zweck des gesetzlichen Konkurrenzverbotes 1 4 8 diese Lücke zwar nicht erst geschaffen, aber doch vergrößert hat. Schließlich kann der Schutz vor einer Verbreitung von Geschäftsgeheimnissen intendiert sein, 149 wobei sich die Schutzwürdigkeit freilich wiederum daraus ergibt, daß eine unkontrollierte Weitergabe über mehrere Stationen letztlich doch die Stellung des Arbeitgebers am Markt beeinträchtigen kann, auch wenn der Arbeitnehmer selbst keine unmittelbar wettbewerblich relevanten Handlungen vornimmt. Eine eigentümliche Rolle spielt eine Vereinbarung, mit der dem Arbeitnehmer an sich erlaubte Vorbereitungshandlungen 150 für die Aufnahme einer späteren unternehmerischen Tätigkeit untersagt werden sollen. In der Sache geht es dem Arbeitgeber in einem solchen Fall darum, Zeit zu gewinnen, weil der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses dann erst mit einer entsprechenden Verzögerung am Markt auftreten kann. Ein solches Interesse ist indes nicht als schutzwürdig anzusehen, zumal die §§ 74 ff. H G B hierdurch partiell unterlaufen werden. Sofern durch eine arbeitsvertragliche Zusatzklausel unternehmerisches Handeln verwehrt werden soll, muß sich die Vereinbarung zudem an § 1 GWB messen lassen. Wenn eine Abrede nach ar145 Rechtsdogmatisch handelt es sich insoweit um einen Anwendungsfall der Schutzgebotsfunktion der Grundrechte; siehe dazu aus der Rspr. jüngst BVerfG vom 6.2.2001, N J W 2001, 957, 958; aus der Lit. statt vieler Stern, Staatsrecht, Bd. I I I / l , §76 IV 5, S. 1572 ff.; umfassend nunmehr Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 141 ff. 146 BAG vom 26.8.1976, AP Nr. 68 zu §626 BGB Nr. 68 (unter I 3 b); MünchArbR/ß/omeyer, 2. Aufl., § 52 Rn. 56; Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 14, 63; M ü n c h K o m m H G B / ^ . Hoyningen-Huene, § 60 Rn. 4. 147 Löwisch/Röder, Anm. zu BAG, AP Nr. 68 zu § 626 BGB (unter 1). 148 Siehe oben sub a. 149 Vgl. Löwisch/Röder, Anm. zu BAG, AP Nr. 68 zu § 626 BGB (unter 1). 150 Siehe oben sub b bb.

I. Vertragliches

Stadium

601

beitsrechtlichen Grundsätzen statthaft ist, hält sie den Anforderungen dieser Vorschrift aber stand. Im Gesellschaftsrecht unterliegen individuelle Regelungen, durch die der G e sellschafter an Aktivitäten außerhalb der Gesellschaft gehindert werden soll, 1 5 1 im Grundsatz ebenfalls unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Einschränkung der beruflichen Freiheit der Kontrolle gemäß § 138 B G B bzw. Art. 12 Abs. 1 G G . 1 5 2 D e r B G H hat in diesem Zusammenhang sogar - dabei allerdings etwas hoch greifend - auf die Menschenwürde rekurriert. 1 5 3 Dabei wird man zwei Kontrolldichten zu unterscheiden haben: Falls sich ein Gesellschafter in einer untergeordneten Position befindet, muß um des effektiven Schutzes seiner Entfaltungsfreiheit willen derselbe Maßstab wie bei einem Arbeitnehmer angelegt werden. 1 5 4 Wenn sich die Gesellschafter im wesentlichen auf gleicher H ö h e gegenüberstehen, kann zwar von einer freiverantwortlichen Entscheidung ausgegangen werden. Wie die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Wirksamkeit von nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkungen bei Personengesellschaftern ausdrücklich klargestellt hat, 1 5 5 bedeutet das aber nicht, daß Art. 12 Abs. 1 G G in diesen Fällen überhaupt keine begrenzende Wirkung mehr entfaltet. 1 5 6 Im übrigen ist stets an § 1 G W B zu denken, an dem eine Vereinbarung auch dann scheitern kann, wenn sie nicht schon aufgrund der konkreten Position des betroffenen Gesellschafters angreifbar ist. Mithin kommt es im Ergebnis stets darauf an, ob es Gesellschaftsinteressen gibt, die eine Begrenzung externer Aktivitäten über das gesetzliche Maß hinaus rechtfertigen. Dies kann in erster Linie das Interesse sein, einen Anreiz für die Nutzung gesellschaftsinterner Informationen zu externen unternehmerischen Zwecken von vornherein zu vermeiden. Wie dargelegt, erscheint es zwar zu weitgehend, aus der Existenz einer solchen Gefahr ein pauschales gesetzliches Wettbewerbsverbot abzuleiten. 1 5 7 Wenn die Gesellschafter aber durch eine entsprechende Vereinbarung zu erkennen geben, daß sie dieses Risiko nicht eingehen wollen, ist dies sowohl unter berufsrechtlichen wie unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten noch zu akzeptieren, sofern die Informationsdichte sich im wesentlichen auf dem Niveau des § 118 H G B bewegt. 1 5 8 Diese Zwischenlösung, nämlich kein allgemeines gesetzliches, aber ein durch autonome Regelung mögliches Konkurrenzverbot, erlaubt eine optimale Anpassung an die Gegebenheiten der jeweiligen Gesellschaft. Des weiteren wird man entsprechend den Überlegungen im Arbeitsrecht auch eine K o n 151 Bei G m b H kann ein Wettbewerbsverbot als Nebenleistungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H in die Satzung aufgenommen werden; vgl. nur Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 Rn. 44; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 3 Rn. 22. 152 Dazu für GmbH-Gesellschafter eingehend Ivens, Konkurrenzverbot, S. 31 ff. 1 5 3 B G H vom 12.7.1962, B G H Z 37, 381, 385. 154 Ähnlich Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 165 Rn. 4. 1 5 5 B G H vom 29.10.1990, N J W 1991, 699. 1 5 6 Zu großzügig daher Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 165 Rn. 4. 1 5 7 Siehe oben sub b aa (1). 1 5 8 Andeutungsweise auch Armbrüster, ZIP 1997, 261, 267.

602

§ 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

zentration der Arbeitskraft als ein legitimes Interesse für ein Verbot weiterer Tätigkeiten ansehen können. Hierfür müssen die vom mitarbeitenden Gesellschafter wahrzunehmenden Aufgaben aber einen Umfang haben, der es ernsthaft befürchten läßt, daß er sich durch sonstige berufliche Aktivitäten außer Stand setzt, seine Dienstpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Anderenfalls wird die Berufsfreiheit in einem zu starken Maße eingeschränkt. Im übrigen spricht nichts dagegen, einem mitarbeitenden Gesellschafter, insoweit wiederum in Anlehnung an das arbeitsrechtliche Vorbild, 1 5 9 die Pflicht aufzuerlegen, weitere Tätigkeiten der Gesellschaft anzuzeigen, um ihr die Kontrolle zu ermöglichen, ob der Beteiligte seinen vertraglichen bzw. gesetzlichen Pflichten nachkommt.

2.

Geschäftschancenlehre

Ein weiteres Anwendungsfeld für einen Wertungstransfer stellt die gesellschaftsrechtliche Geschäftschancenlehre dar, die ihren Ursprung in der US-amerikanischen corporate opportunity doctrine hat. N a c h dieser zunächst für die directors und officers einer Corporation entwickelten, später aber auch auf bestimmte G e sellschafter (Controlling shareholders) ausgedehnten Lehre ist es diesem Personenkreis als Folge einer fiduciary duty of loyalty untersagt, der Gesellschaft zuzuordnende Geschäftschancen für sich selbst wahrzunehmen und auf diese Weise den Gewinn der Gesellschaft zu schmälern. 1 6 0 Vergleichbares gilt für die Mitglieder einer partnership.161 Den Hintergrund für die Verbreitung dieser Regeln sieht man häufig in dem in mehreren Urteilen zum Ausdruck kommenden Fehlen eines allgemeinen Wettbewerbsverbots für directors und officers,162 das in einem merkwürdigen Kontrast zu vielfach strengeren Aussagen bei employeeslbi steht. Freilich taucht in der reichhaltigen Fallrechtsprechung nicht selten ein von der corporate opportunity doctrine durchaus getrenntes unzulässiges competing with und Immenga166 the Corporation auf. 1 6 4 Unter dem Einfluß von Mestmäcker165 hat es die Geschäftschancenlehre in Deutschland ebenfalls zu allgemeiner Aner-

159 Vgl. B A G vom 26.8.1976, AP Nr. 68 zu § 626 B G B (unter I 3 b) mit Anm. Löwisch/Röder (unter 2). 160 Siehe dazu die Darstellungen Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 725 ff.; Polley, Wettbewerbsverbot, S. 32 ff.; Weisser, Corporate Opportunities, S. 19 ff. 161 Vgl. Mathis V. Meyeres, 574 P.2d 447, 448 f. (AI. 1978); Dixon v. Trinity Joint Venture 431 A.2d 1364, 1369 (Md.App. 1981). 162 Red Top Cab Co. v. Hanchett, 48 F.2d 236, 238 ( D . C . N . D . Cal. 1931); Guth v. Loft, 5 A.2d 503, 514 (Del. 1939); Lincoln Stores v. Grant, 34 N.E.2d 704, 707 (Mass. 1941). 163 Siehe dazu oben sub 1 a Fn. 9. 164 Burg v. Horn, 380 F.2d 897, 901 (2nd Cir. 1967); Maryland Metals, Inc. v. Metzner, 382 A.2d 564, 568 (Md. 1978); in diese Richtung auch Las Luminarias of the N. M. Council v. Isengard, 587 P.2d 444, 449 f. (N.M. 1978); näher Abeltshauser, Leitungshaftung, S. 312 ff.; Polley, Wettbewerbsverbot, S. 75 ff. m.w.N.; krit. gegenüber der teilweise bejahten Möglichkeit eines competing in good faith ferner Lattin, Corporations, 2nd Ed., S. 286. 165 Verwaltung, S. 166 ff. 166 Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 156 ff.

I. Vertragliches Stadium

603

kennung gebracht und ist insbesondere auch in die zivilgerichtliche R e c h t s p r e chung eingeflossen, w o b e i man sich hierfür auf die organschaftliche bzw. gesellschafterliche Treuepflicht stützt. 1 6 7 Inhaltlich handelt es sich in dreifacher H i n sicht u m eine Erweiterung des Wettbewerbsverbotes: Erstens kann die G e schäftschancenbindung auch solche Gesellschafter treffen, die nicht schon infolge ihrer Geschäftsführerstellung oder eines vergleichbaren Einflusses zugleich einem K o n k u r r e n z v e r b o t unterfallen. 1 6 8 Z u m zweiten k o m m t es nicht darauf an, o b sich der B e t r o f f e n e bei der Ausnutzung der Geschäftschance im Geschäftszweig der Gesellschaft bewegt und zu wettbewerblichen Z w e c k e n handelt. 1 6 9 Drittens findet das Verbot der N u t z u n g von Geschäftschancen der Gesellschaft anders als das (gesetzliche) K o n k u r r e n z v e r b o t nicht automatisch mit der Beendigung des Tätigkeitsverhältnisses sein E n d e . 1 7 0 Allerdings kann entgegen einer mehrfach vertretenen Auffassung 1 7 1 nicht davon die Rede sein, daß der W e t t b e werbsausschluß in der Geschäftschancenlehre aufgeht. Insoweit lassen sich nämlich nicht sämtliche im M a r k t b e r e i c h der Gesellschaft liegenden Geschäfte als k o n k r e t e C h a n c e n bezeichnen, die der Gesellschaft zuzuordnen sind. I n s b e s o n dere kann man hierzu nicht solche Geschäfte zählen, die von der Gesellschaft unter keinen U m s t ä n d e n selber hätten abgeschlossen werden k ö n n e n . 1 7 2 D e m g e genüber ist es für das K o n k u r r e n z v e r b o t anerkanntermaßen unerheblich, o b die Gesellschaft das Geschäft überhaupt v o r g e n o m m e n hätte. 1 7 3 D a r ü b e r hinaus sollen W e t t b e w e r b s v e r b o t e ganz generell einem Interessenkonflikt vorbeugen, der auch ohne den A b s c h l u ß eines bestimmten Rechtsgeschäftes als A n k n ü p f u n g s punkt für eine etwaige Pflichtverletzung zu Nachteilen für die Gesellschaft führen kann. In der Sache handelt es sich somit u m zwei konzentrische Kreise, die

167 Siehe etwa BGH vom 8.5.1967, WM 1967, 679 (GmbH); BGH vom 10.2.1977, WM 1977, 361, 362 (GmbH); BGH vom 23.9.1985, NJW 1986, 584, 585 (OHG) und 585, 586 (GmbH); BGH vom 8.5.1989, NJW 1989, 2687 f.; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §109 Rn. 26, §112 Rn. 1, § 114 Rn. 13; Kubier, FS Werner (1984), S. 437, 438 ff.; Kübler/Waltermann, ZGR 1991, 162, 165 ff.; Lawall, NJW 1997, 1742, 1743 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., §20 V, S. 601; Timm, GmbHR 1981, 177 ff.; Weisser, DB 1989, 2010; in der Sache bereits RG vom 17.11.1916, RGZ 89, 99, 103 f.; RG vom 4.12.1928, JW 1929, 654, 655; BGH vom 27.6.1957, WM 1957, 1128, 1129 f. (KG). 168 Vgl. BGH vom 8.5.1989, NJW 1989, 2687 f.; Armbrüster, ZIP 1997, 261, 267; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 165 Rn. 18 ff.; restriktiv aber Merkt, ZHR 159 ( 1995), 423, 432 ff.; Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 50; nicht ganz deutlich Kübler/Waltermann, ZGR 1991, 162, 166 f. u. 173. 169 Volley, Wettbewerbsverbot, S. 126 ff. 170 Vgl. OLG Frankfurt vom 13.5.1997, GmbHR 1998, 376, 378. 171 Merkt, ZHR 159 (1995), 423,434,449; Timm, GmbHR 1981,177; Weisser, DB 1989,2010, 2011; ders., Corporate Opportunities, S. 147 ff.; in der Tendenz ebenso Hopt, in: Hopt/Teubner (Hrsg.), Corporate Governance, S. 285, 300; Röhricht, WPg 1992, 766, 768. 172 Kübler/Waltermann, ZGR 1991, 162,170 f. (andere Sichtweise aber noch Kühler, FS Werner [1984], S. 437, 440); Schieß, GmbHR 1988, 53, 55; weitergehend offenbar Timm, GmbHR 1981, 177, 182. 173 Vgl. BGH vom 21.2.1978, BGHZ 70, 331, 333; BGH vom 5.12.1983, WM 1984, 227, 229; Baumbach///o/>£, HGB, 30. Aufl., § 112 Rn. 5; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 13 II 3 a, S. 197.

604

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

sich jeweils als Ausprägung der Treuepflicht begreifen lassen und sich gegenständlich gleichermaßen auf die B e s c h r ä n k u n g wirtschaftlichen Handelns bezieh e n . 1 7 4 D a b e i geht es der Geschäftschancenlehre darum, der Vereitelung k o n k r e ter Möglichkeiten der Gesellschaft entgegenzuwirken, während das W e t t b e werbsverbot bereits im Vorfeld abstrakte Gefahren für den M a r k t b e r e i c h der Gesellschaft abwehren will. 1 7 5 F ü r etwaige bislang nur ansatzweise diskutierte arbeitsrechtliche Anleihen bei dieser L e h r e 1 7 6 müssen freilich zunächst die K o n t u r e n n o c h etwas stärker herausgearbeitet werden. D a b e i sollen an dieser Stelle vor allem die personellen Kriterien interessieren, die für eine Bindung an die Geschäftschancen der Gesellschaft relevant sind. 1 7 7 Insoweit ist man sich bei allen Unterschieden im Detail weithin darüber einig, daß die k o n k r e t e Stellung des Gesellschafters in diesem Z u s a m menhang eine wichtige R o l l e spielt. 1 7 8 Sofern er die Geschäftsführung wahrnimmt, unterliegt er infolge der daraus resultierenden treuhänderischen Stellung ohne weiteres einer umfassenden Geschäftschancenbindung. Bei sonstigen G e sellschaftern ist statt dessen danach zu fragen, o b die Kenntnis von der Geschäftschance auf gesellschaftsinternen I n f o r m a t i o n e n b e r u h t . 1 7 9 N u r unter dieser Voraussetzung kann es als treuwidrig angesehen werden, wenn ein Gesellschafter durch eigenes geschäftliches H a n d e l n G e w i n n c h a n c e n der Gesellschaft vereitelt. Anderenfalls handelt es sich aus der Sicht der Gesellschaft nur um das zufällige D a z w i s c h e n t r e t e n eines Beteiligten. H i e r d u r c h wird die Funktionsfähigkeit der gesellschaftsinternen Abläufe sowie insbesondere die Vertrauensbasis zwischen den Gesellschaftern nicht beeinträchtigt. Dieser G e d a n k e kann zumindest teilweise auf das Arbeitsrecht übertragen werden. Z w a r hat schon die R e c h t s p r e c h u n g bei der Interpretation des § 60 Abs. 1 Alt. 2 H G B eine vergleichsweise umfassende F o r m e l entwickelt. D a n a c h soll dem Angestellten jede spekulative, auf G e w i n n gerichtete Teilnahme am G e schäftsverkehr untersagt sein. 1 8 0 Dies bezieht sich aber nur auf den Handelszweig 174 Vgl. Paefgen, AG 1993, 457, 463: Kumulationseffekt. Gesonderte Erwähnung beider Aspekte auch in „Grundsatzkommission Corporate Governance", Code of Best Practice (unter II 4 d u. f), Januar 2000, DB 2000,238 ff.; Deutscher Corporate Governance Kodex vom 26.2.2002 (unter 4.3.1 u. 3.3), ZIP 2002, 452 ff. 175 In diesem Sinne auch Armbrüster, ZIP 1997, 261, 267; Salfeld, Wettbewerbsverbote, S. 50 f.; Polley, Wettbewerbsverbot, S. 114 ff. 176 Grundmann, Treuhandvertrag, S. 450 f.; Polley, Geschäftschancenlehre, S. 110 Fn. 78; Weisser, Corporate Opportunities, S. 200 ff. 177 Zu sonstigen Merkmalen siehe Fleischer, DStR 1999, 1249, 1250 ff.; Lawall, NJW 1997, 1742, 1744 f.; Merkt, ZHR 159 (1995), 423, 439 ff.; Polley, Wettbewerbsverbot, S. 132 ff.; Schießl, GmbHR 1988, 53 ff.; Thiel, DStR 1993, 1801, 1804; Timm, GmbHR 1981, 177, 180 f.; Weisser, Corporate Opportunities, S. 145 ff.; Wichmann, GmbHR 1993, 635, 636 f. 178 Kübler/Waltermann, ZGR 1986,162,166 ff.; Lawall, NJW 1997, 1742,1744; Merkt, ZHR 159 (1995), 423, 432 ff.; Weisser, Corporate Opportunities, S. 179 ff. 179 BGH vom 8.5.1989, NJW 1989, 2687, 2688; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 116; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 165 Rn. 18; M. Winter, Treubindungen, S. 242 ff. 180 BAG vom 15.2.1962, AP Nr. 1 zu § 61 HGB (unter II 2); BAG vom 30.1.1963, AP Nr. 3 zu § 60 HGB (unter I b bb); BAG vom 24.4.1970, AP Nr. 5 zu § 60 HGB (unter I b).

I. Vertragliches

Stadium

605

des Arbeitgebers, also auf den Bereich, in dem er als Wettbewerber auftritt. Die Vereitelung einer besonders günstigen Chance zum Erwerb des Betriebsgrundstücks kann deshalb nicht mehr als Verstoß gegen das Konkurrenzverbot eingestuft werden. Insoweit gilt dasselbe wie im Gesellschaftsrecht. 181 Somit besteht eine Lücke, die partiell mit Überlegungen aus dem Bereich der Geschäftschancenlehre gefüllt werden kann. Es läßt sich nämlich im Grundsatz durchaus davon sprechen, daß die arbeitsrechtliche Risikoverteilung untergraben wird, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von im Arbeitsverhältnis gewonnenen Kenntnissen Geschäftschancen ausnutzt, die der Gesellschaft zuzuordnen sind. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß Arbeitnehmer regelmäßig einen sehr viel geringeren Einfluß als Geschäftsleiter ausüben und - anders als Gesellschafter - keine Förderung eines gemeinsamen Zwecks zugesagt haben. Um die Pflichten in Arbeitsverhältnissen nicht zu weit auszudehnen, muß der Adressatenkreis der Geschäftschancenlehre deshalb begrenzt werden. Immerhin unterwirft man auch im USamerikanischen Recht den einfachen Arbeitnehmer grundsätzlich nicht der Bindung an corporate opportunities,182 Die Pflicht zur Beachtung von Geschäftschancen des Arbeitgebers ist deshalb im Prinzip auf Angestellte mit unternehmerischen Aufgaben zu beschränken, wobei man sich im wesentlichen am Begriff des leitenden Angestellten orientieren kann. 183 Darüber hinaus sind auch solche Arbeitnehmer einzubeziehen, denen eine bestimmte Angelegenheit speziell übertragen worden ist. 184 Man denke in Fortführung des Beispiels an den eigenen Erwerb eines dem Arbeitgeber zu einem günstigen Preis angebotenen Grundstücks durch den als Verhandlungsführer auftretenden nichtleitenden Beschäftigten. Hat das geschäftliche Handeln des Arbeitnehmers hingegen keinen Bezug zur Arbeitsaufgabe, so ist es nicht treuwidrig, wenn der Arbeitnehmer die Gewinnmöglichkeiten seines Arbeitgebers beeinträchtigt und gleichzeitig den Schutz des Arbeitsrechts für sich in Anspruch nimmt, im Beispielsfalle also das vom Arbeitgeber ins Auge gefaßte Grundstück aufgrund eines allgemeinen Maklerangebots erwirbt. Dies dürfte sich im Ergebnis großenteils mit der von Grundmann entwickelten Konzeption decken, die Bindung daran zu knüpfen, ob der Arbeitnehmer den Zugang zu einer Geschäftschance durch Positionen (Informationen, Arbeitskraft, Kontakte) erlangt hat, die er treuhänderisch 185 für den Arbeitgeber 181 Vgl. B G H vom 23.9.1985, N J W 1986, 584, 585; Polley, Wettbewerbsverbot, S. 127; Timm, G m b H R 1981, 177, 179 Fn. 30; Weisser, D B 1989, 2010 f. 182 Vgl i r v ; n g Trust Co. v. Deutsch, 73 F.2d 121, 125 (2nd Cir. 1934): keine Anwendung auf mere employees', Science Accessories v. Summagraphics, 425 A.2d 957, 962 ff. (Del. Supr. 1980): Anwendung auf key managerial personnel, Brudney/Clark, Harv. L. Rev. 94 (1981), 997, 1030 Fn. 6: Ausklammerung von nonexecutive employees. 183 Insoweit auch Weisser, Corporate Opportunities, S. 200 ff. Ebenso die „Grundsatzkommission Corporate Governance", Code of Best Practice (unter II 4 d), Januar 2000, D B 2000, 238 ff. 184 Ebenso Irving Trust Co. v. Deutsch, 73 F.2d 121, 125 (2nd Cir. 1934). 185 Zu den dogmatischen Grundlagen siehe Treuhandvertrag, S. 87 ff.

606

§11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

hält. 1 8 6 Bei Beschäftigten n a c h g e o r d n e t e r H i e r a r c h i e e b e n e n w i r d m a n eine u m fassende Ü b e r t r a g u n g der A r b e i t s k r a f t s o w i e insbesondere der Kontakte des Betroffenen auf den A r b e i t g e b e r nämlich a b z u l e h n e n haben. 1 8 7 Zweifelhaft ist lediglich, w i e in den Fällen zu verfahren ist, in denen der A r b e i t n e h m e r Inform a t i o n e n ü b e r geschäftliche C h a n c e n anläßlich seines Arbeitsverhältnisses, aber a u ß e r h a l b seiner eigentlichen A r b e i t s a u f g a b e erlangt, e t w a bei einem Gespräch mit einem Kollegen oder infolge einer z u f ä l l i g e r w e i s e in der Betriebskantine m i t g e h ö r t e n U n t e r h a l t u n g . Eine Pflicht des Beschäftigten, sämtliche Geschäftschancen des A r b e i t g e b e r s nur deshalb zu respektieren, w e i l er von ihnen ohne die A n w e s e n h e i t i m U n t e r n e h m e n nichts erfahren hätte, 1 8 8 ist a b z u lehnen. Die arbeitsvertragliche B e z i e h u n g darf u m der H a n d l u n g s f r e i h e i t der A r b e i t n e h m e r w i l l e n nicht in einem zu starken M a ß e mit t r e u h a n d r e c h t l i c h e m G e d a n k e n g u t a u f g e l a d e n w e r d e n . 1 8 9 Dessen ungeachtet bildet die gesellschaftsrechtliche Geschäftschancenlehre eine w i c h t i g e A n r e g u n g f ü r die Konkretisierung der Treuepflicht des A r b e i t n e h m e r s .

II. Nachvertraglicher Zeitraum

1. Gesetzliche

Pflichten

Das Gesellschafts- u n d das Arbeitsrecht u n d s t i m m e n darin überein, daß es i m nachvertraglichen S t a d i u m i m G r u n d s a t z keine Pflicht z u r U n t e r l a s s u n g von W e t t b e w e r b gibt. 1 9 0 Ferner k e n n e n beide Bereiche gleichermaßen n a c h w i r k e n de Treue- bzw. Verschwiegenheitspflichten, mit denen auch außerhalb des d u r c h die §§ 1, 17, 18 U W G bzw. § 826 B G B abgesteckten Bereichs b e s t i m m t e n Verhaltensweisen entgegengetreten w e r d e n kann, 1 9 1 w o b e i die A b g r e n z u n g zur Treuhandvertrag, S. 431 ff., 445 ff., 450 f. In diese Richtung zur „Kontaktkapazität" auch Grundmann, Treuhandvertrag, S. 451. 188 So offenbar Grundmann, Treuhandvertrag, S. 433, 451. 189 Eine einschränkende Tendenz kommt auch in „Grundsatzkommission Corporate Governance", Code of Best Practice, Januar 2000, DB 2000, 238 ff., zum Ausdruck, indem das Verbot, Geschäftschancen der Gesellschaft an sich zu ziehen, von vornherein auf Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte beschränkt wird (unter II 4 d). Der Deutsche Corporate Governance Kodex vom 26.2.2002 beschränkt die Geschäftschancenbindung von vornherein auf Vorstandsmitglieder (unter 4.3.3), ZIP 2002, 452 ff. Im übrigen ist darauf zu achten, daß durch eine Einstufung von Arbeitnehmern als Treuhänder bestimmter Positionen des Arbeitgebers nicht der innerbetriebliche Schadensausgleich ausgehebelt wird. Man denke an den fahrlässigen Verlust einer Kundenliste, die einem Konkurrenten in die Hände fällt. 190 Siehe nur BGH vom 29.10.1990, NJW 1991, 699, 700 (GbR); BAG vom 15.6.1993, AP Nr. 40 zu §611 BGB Konkurrenzklausel (unter I 2 b aa); BAG vom 19.5.1998, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Treuepflicht (unter C I). 191 Vgl. etwa (zum Gesellschaftsrecht) Baumbach///o/>t, HGB, 30. Aufl., § 131 Rn. 37; Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 131 Rn.24; (zum Arbeitsrecht) BAG vom 16.3.1982, AP Nr. 1 zu § 611 BGB Betriebsgeheimnis (unter B III 2 a); BAG vom 15.12.1987, AP Nr. 5 zu §611 BGB Betriebsgeheimnis (unter B I 2); BAG vom 15.6.1993, AP Nr. 40 zu §611 BGB Kon186 187

II. Nachvertraglicher

Zeitraum

607

erlaubten Konkurrenz freilich in eine bislang nicht abschließend geklärte Grauzone hineinführt. 1 9 2 Eine besondere Erwähnung verdient der Fall, daß es aufgrund des Verschuldens eines Mitarbeiters zu einer Auflösung der Rechtsbeziehungen kommt. In dieser Konstellation finden sich im Arbeits- und im Gesellschaftsrecht zumindest bei näherem Hinsehen zum Teil abweichende Lösungen. Für den Bereich des Arbeitsrechts hat das B A G in einer Entscheidung aus den siebziger Jahren die wesentlichen Weichen gestellt 1 9 3 und ist dabei auf überwiegende Zustimmung gestoßen 1 9 4 . Wenn der Arbeitgeber eine berechtigte fristlose Kündigung (§ 626 B G B ) ausspricht, soll das vertragliche Wettbewerbsverbot z w a r enden. Der vom Arbeitnehmer gemäß § 628 Abs. 2 BGB zu ersetzende Schaden soll aber auch diejenige Vermögensnachteile umfassen, die dem Arbeitgeber durch die nunmehr vorzeitig erlaubte Konkurrenztätigkeit entstehen, wobei sich die Ersatzpflicht allerdings auf den Zeitraum bis z u m nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin für den Arbeitnehmer beschränkt 1 9 5 . Bei Gesellschaftern ist die Rechtslage etwas weniger klar. Im Hinblick auf die Voraussetzungen etwaiger W i r k u n g e n nach dem Ende des Gesellschaftsverhältnisses w i r d teilweise pauschal von einer schuldhaften Herbeiführung des Ausschlusses gesprochen, 1 9 6 was in der Sache auf eine allgemein mit § 628 Abs. 2 BGB vergleichbare Bewertung hinauslaufen dürfte. Als zusätzliche Voraussetzung fordert der B G H in einem bislang k a u m beachteten Urteil das Vorliegen besonderer U m stände, ohne diese jedoch näher zu konkretisieren. 1 9 7 Des weiteren finden sich in diesem Zusammenhang Stellungnahmen, in denen nur von einem vorherigen Wettbewerbsverstoß als Ursache für die Hinauskündigung die Rede ist. 198 Schließlich w i r d - ersichtlich enger - ein „provoziertes" Ausscheiden gefordert, also ein Verhalten, bei dem es der Betroffene von vornherein darauf anlegt, nach der Beendigung des Rechtsverhältnisses ungestört Konkurrenz ausüben zu

kurrenzklausel (unter I 2 b ee u ff); a. A. Löwe, Wettbewerbsverbot, S. 35 ff., der die §§ 74 ff. HGB als leges speciales ansieht, neben denen für eine ungeschriebene Verschwiegenheitspflicht kein Raum bleibt. 192 Dazu Reinfeld, Verschwiegenheitspflicht, S. 11 ff.; ders., Wettbewerbsverbot, S. 46 ff.; Wertheimer, Wettbewerbsverbote, S. 108 ff.; einleuchtende Differenzierung nach dem jeweiligen Beitrag der Beteiligten zur Entstehung der Informationsposition bei Grundmann, Treuhandvertrag, S. 398 ff. 193 BAG vom 9.5.1975, AP Nr. 8 zu § 628 BGB. 194 Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 Rn. 146; Hadding, SAE 1976, 219, 220; MünchKommHGB/». Hoyningen-Huene, § 60 Rn. 61. 195 BAG vom 23.2.1977, AP Nr. 6 zu § 75 HGB (unter I 2 d). Für den (Fremd-)Geschäftsführer grds. zust. OLG Frankfurt vom 13.5.1997, GmbHR 1998, 376, 378. 196 So BGH vom 19.11.1973, WM 1974, 74, 76; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 97; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 112 Rn. 7; Paefgen, ZIP 1990, 839, 841; Sülfeld, Wettbewerbsverbote, S. 120 f. 197 BGH vom 19.11.1973, WM 1974, 74, 76. 198 Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 113 Rn. 1.

608

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

können. 1 9 9 Für eine solche Situation hat auch der B G H schon in zwei älteren Urteilen gewisse Folgewirkungen für möglich gehalten. 200 Bei den Rechtsfolgen hält man zum Teil die Unterlassung des Wettbewerbs selbst für geschuldet, wobei die jeweils als maßgeblich angesehenen Zeiträume differieren, 201 während sich das R G insoweit nur mit finanzieller Kompensation begnügen wollte 2 0 2 . In konstruktiver Hinsicht scheint zumindest ein Schadensersatzanspruch infolge entgangenen Konkurrenzschutzes wegen Auflösungs- bzw. Ausschließungsverschuldens prima facie unabwendbar, zumal die vereinzelte abweichende Entscheidung des O L G Düsseldorf zum provozierten Ausschluß eines Gesellschafters einer O H G 2 0 3 in der Literatur gerade stürmisch abgelehnt worden ist 204 . Dennoch bleiben bereits im Grundsätzlichen Zweifel. Wenn das Wettbewerbsverbot ein Korrelat des vom Arbeitgeber übernommenen Marktrisikos bzw. der gesellschaftsinternen Schädigungsmacht ist, kann man diese Faktoren nach der Beendigung des jeweiligen Rechtsverhältnisses nicht einfach hinwegdenken. Vielmehr sind, mit den Worten des R G 2 0 5 gesprochen, Konkurrenzenthaltung in und außerhalb der Gesellschaft verschiedene Dinge. Dementsprechend hat bereits Lieb unter Betonung der nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers zumindest erheblich verringerten Gefahr, sich unternehmensinterne Informationen zu beschaffen und weiterzuleiten, für einen unmittelbaren ersatzlosen Fortfall des Wettbewerbsverbots plädiert. 206 Im allgemeinen muß deshalb sowohl im Arbeits- wie im Gesellschaftsrecht davon ausgegangen werden, daß auch bei einem Auflösungs- bzw. Ausschließungsverschulden weder das vertragliche Konkurrenzverbot weiterwirkt 207 noch Schadensersatz für anschließendes wettbewerbliches Verhalten geschuldet wird. Die durch das Lauterkeitsrecht sowie die nachwirkende Treuepflicht gezogenen Grenzen, die sich allerdings auf konkrete Verstöße beschränken, bleiben hiervon unberührt. Eine Ausnahme ist unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 162 Abs. 1 B G B lediglich bei einem gezielten Vorgehen des Betroffenen angezeigt. Hier wird man eine echte Un199

So Kardaras,

Wettbewerbsverbot, S. 45; ausdrücklich dagegen Ivens,

Konkurrenzverbot,

S. 98. 2 0 0 Vgl. B G H vom 16.11.1954, N J W 1955, 463, 464 (Verschwiegenheitspflichten); B G H vom 28.10.1955, LM § 123 B G B Nr. 12 (Wettbewerbsverbot nach dem Ende eines Geschäftsbesorgungsvertrages). 2 0 1 B G H vom 19.11.1973, W M 1974, 74, 76; Ivens, Konkurrenzverbot, S. 98; Kardaras, Wettbewerbsverbot, S. 45; Schlegelberger/Moriercs, H G B , 5. Aufl., § 1 1 2 Rn. 7; Paefgen, ZIP 1990, 839, 841,847. 2 0 2 R G vom 11.1.1916, Recht 1916, Nr. 1074 u. 1182; wohl auch Baumbach///o/>i, H G B , 30. Aufl., § 1 1 3 Rn. 1. 2 0 3 O L G Düsseldorf vom 8.6.1989, ZIP 1989, 861 f. 204 Paefgen, ZIP 1990, 839 ff.; ders., B B 1990, 1777 ff. 2 0 5 R G vom 11.1.1916, Recht 1916, Nr. 1074. 2 0 6 Anm. zu B A G , AP Nr. 8 zu § 6 2 8 B G B (Bl. 5/5R); an der Lösung des B A G zweifelnd auch M ü n c h A r b R / B l o m e y e r , 2. Aufl., § 5 2 Rn. 12; Gumpen, B B 1977, 849; abl. ferner ArbG Wiesbaden vom 1.11.1984, ARSt 1985, 42 f. 2 0 7 Im Erg. ebenso Reinfeld, Wettbewerbsverbot, S. 84 f., 88 f.

II. Nachvertraglicher

Zeitraum

609

terlassungspflicht bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin anzuerkennen haben.

2. Vertragliche Abreden Hinsichtlich vertraglicher Wettbewerbsverbote 208 nach der Beendigung des Tätigkeitsverhältnisses hat der Gesetzgeber in den §§ 74 ff. H G B für kaufmännische Angestellte einen ausführlichen Sozialschutz geschaffen, der von der Rechtsprechung auf sämtliche Arbeitnehmer ausgedehnt 209 und im Laufe der Zeit auch inhaltlich noch ausgebaut worden ist 210 . Dabei hat der Schutz im wesentlichen drei Ausprägungen: Erstens muß das Konkurrenzverbot einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers dienen (§ 74a Abs. 1 S. 1 HGB). 2 1 1 Zweitens darf das Verbot das gegenständlich, örtlich und zeitlich notwendige Maß nicht überschreiten (§ 74a Abs. 1 S. 2 HGB). Drittens ist eine Karenzentschädigung erforderlich (§ 74 Abs. 2 HGB). In Fortführung einer reichsgerichtlichen Rechtsprechung 212 wendet der B G H im Hinblick auf den Schutz des Betroffenen zwar weder bei mitarbeitenden Personengesellschaftern noch bei Gesellschafter-Geschäftsführern bzw. Fremdgeschäftsführern einer G m b H die §§ 74 ff. H G B analog an. 213 Soweit es um die Wettbewerbsbegrenzung als solche geht, gelangt er über eine Kontrolle anhand von § 138 BGB in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 G G indes zu einem vergleichbaren Ergebnis. Die bei der Konkretisierung der Generalklausel verwendeten Formulierungen entsprechen nämlich nahezu wörtlich den Bestimmungen in § 74a Abs. 1 S. 1 und S. 2 HGB. 2 1 4 Des weiteren wird die Zweijahresgrenze des § 74a 208

Zur Abgrenzung von hier nicht näher behandelten Geheimhaltungsvereinbarungen Wertheimer, Wettbewerbsverbote, S. 108 ff. 209 Grdl. BAG vom 13.9.1969, AP Nr. 24 zu §611 BGB Konkurrenzklausel; ferner etwa BAG vom 9.1.1990, AP Nr. 59 zu § 74 H G B (unstr.). 210 Siehe insbesondere BAG vom 2.10.1975, AP Nr. 14 zu § 75b H G B (Nichtigkeit von § 75b S. 2 HGB); BAG vom 23.2.1977, AP Nr. 6 zu §75 H G B (Nichtigkeit von §75 Abs. 3 HGB); BAG vom 16.10.1980, AP Nr. 15 zu § 75b H G B (Nichtigkeit von § 75b S. 1 HGB). 211 Im einzelnen wird von der h. M. ein Zusammenhang zwischen dem untersagten Wettbewerb und der früheren Tätigkeit des Beschäftigten gefordert, während das bloße Interesse des Arbeitgebers an der Verhinderung von Konkurrenz nicht genügt; vgl. BAG vom 24.6.1966, AP Nr. 2 zu §74a H G B (unter III 2); BAG vom 1.8.1995, AP Nr. 5 zu § 74 a H G B (unter 12 a); Buchner,, AR-Blattei SD 1830.3 Rn. 127ff.; Baumbach//io/?t, H G B , 30. Aufl., §74 Rn. 1; MünchK o m m H G B / « Hoyningen-Huene, § 74a Rn. 5; ErfK/Schauh, 2. Aufl., § 74a H G B Rn. 4. 212 RG vom 6.12.1902, R G Z 53, 154, 155 ( O H G ) ; so auch O L G Braunschweig vom 11.11.1910, OLGRspr. 22 (1911), 205. 213 B G H vom 7.1.1965, W M 1965, 310; B G H vom 26.3.1984, B G H Z 91, 1, 3 ff.; ebenso O L G Düsseldorf vom 22.8.1996, DB 1996, 2273, 2274 f. Siehe aber auch O L G Koblenz vom 1.8.1985, WM 1985, 1484, 1485: kein Verbindlichwerden eines mit einem Arbeitnehmer unwirksam vereinbarten Wettbewerbsverbotes bei Aufstieg zum Geschäftsführer. 214 RG vom 1.11.1927, WarnRspr. 1928, Nr. 7; B G H vom 17.12.1956, W M 1957, 320, 321; B G H vom 7.1.1965, W M 1965, 310, 311; B G H vom 19.11.1973, W M 1974, 74, 76; B G H vom 26.3.1984, B G H Z 91, 1, 5 ff.; B G H vom 14.7.1986, W M 1986, 1282; B G H vom 16.10.1989, W M 1990, 13, 16; B G H vom 29.10.1990, N J W 1991, 699; B G H vom 19.10.1993, N J W 1994, 384, 386;

610

§11

Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

Abs. 1 S. 3 H G B nicht starr übernommen, dient aber offenbar doch als gewisser Richtwert. 2 1 5 Darin kommt die zutreffende Wertung zum Ausdruck, daß die Berufsfreiheit gegenüber rechtsgeschäftlichen Beschränkungen generell aufrechterhalten bleiben soll und nicht nur dann, wenn sich die Vertragspartner in einem gewissen Ungleichgewicht befinden. Der entscheidende Unterschied zu Arbeitnehmern besteht nach der Rechtsprechung in der Frage der Karenzentschädigung. Während der B G H einer analogen Anwendung arbeitsrechtlicher Bestimmungen und Grundsätze auf Fremdgeschäftsführer bzw. Minderheitsgesellschaf ter-Geschäftsführer einer G m b H vielfach aufgeschlossen gegenübersteht, 2 1 6 hat er eine Heranziehung des § 74 Abs. 2 H G B Anfang der achtziger Jahre in einer grundlegenden Entscheidung explizit abgelehnt 2 1 7 und dies im Rahmen eines späteren Urteils, in dem er eine partielle Analogie zu § 75a H G B befürwortet hat, in der Sache noch einmal bekräftigt 2 1 8 . Hinsichtlich der im Vordergrund der Diskussion stehenden Fremdgeschäftsführer bzw. Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH vertritt neben vereinzelten instanzgerichtlichen Entscheidungen 2 1 9 - das mittlerweile überwiegende Schrifttum eine abweichende Auffassung. Soweit man diese Personen als Arbeitnehmer einstuft, versteht sich dies von selbst. 220 Die Protagonisten einer analogen Anwendung der §§ 74 ff. H G B reichen über den Kreis derjenigen, die einer Arbeitnehmereigenschaft generell positiv gegenüberstehen, aber weit hinaus. 2 2 1 Bei Personengesellschaftern finden sich hingegen bislang mehrheitlich ablehnende Stimmen. 2 2 2 BGH vom 14.7.1997, NJW 1997, 3089; BGH vom 8.5.2000, NJW 2000, 2584. Im Grundansatz ebenso bereits RG vom 6.12.1902, RGZ 53, 154, 156. Zu Unrecht allein auf das öffentliche Interesse an der Berufsausübung als Wirtschaftsprüfer abstellend BGH vom 9.5.1968, NJW 1968, 1717. 215 Vgl. BGH vom 19.11.1973, WM 1974,74, 76; BGH vom 8.5.2000, NJW 2000, 2584, 2585; siehe auch Hoffmann-Becking, FS Quack (1991), S. 273, 277. 2 , 6 Siehe dazu die Nachweise oben sub § 2 II 1 in Fn. 31. 217 BGH vom 26.3.1984, BGHZ 91, 1, 3 ff. 2 , 8 BGH vom 17.2.1992, NJW 1992, 1892, 1893. 219 LG Köln vom 1.10.1975, AP Nr. 2 zu § 37 GmbHG; OLG Stuttgart vom 18.5.1979, BB 1980, 527. 220 Brachen, Organmitgliedschaft, S. 218; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 361 ff. 221 Siehe Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 2. Aufl., Rn. 716; Bellstedt, GmbHR 1976, 236, 238 f.; Boemke, ZiA 1998, 209, 234; D. Gaul, GmbHR 1991, 144, 147 f.; Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 137 f.; Konzen/Weber, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., Vor § 74 Rn. 21 (nur Fremdgeschäftsführer); R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , GmbHG, 3. Aufl., §35 Rn. 92; Scholz/i/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., §43 Rn. 135b; Wehrmeyer, Einordnung der Organe, S. 194 f.; a. A. Hey II, Anwendung von Arbeitsrecht, S. 255 ff.; Baumbach/Ho/Ji, HGB, 30. Aufl., § 74 Rn. 3; MünchKoramHGB/K Hoyningen-Huene, §74 Rn. 9; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 25; Hachenburg/Siez«, GmbHG, 8. Aufl., §35 Rn.314ff.; Baumbach/Hueck/Zö/feer, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 107. 222 Vgl. OLG Köln vom 5.10.2000, NZG 2001, 165, 167; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., §112 Rn. 14•, Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 131 Rn. 24; im allgemeinen ebenso Steindorff, FS R. Fischer (1979), S. 747, 768 f.; siehe aber auch OLG Stuttgart vom 13.3.1998, DStR 1999, 1917 L; Spoerr/Brinker/Diller, NJW 1997, 3056, 3059.

/ / . Nachvertraglicher

Zeitraum

611

Tatsächlich kann die Konzeption des B G H nicht überzeugen. Wenn man der Ansicht ist, daß die ehemalige Organstellung wegen der höheren Gefahren für die Gesellschaft eine Lockerung der strengen Schranken gebietet, die durch die §§ 74 ff. H G B aufgestellt werden, so müßte an dieser Stelle angesetzt werden. Bei den inhaltlichen Verbotsgrenzen selbst übernimmt der B G H jedoch praktisch den Maßstab für Arbeitnehmer. Zudem verfährt er teilweise sogar noch strenger, indem übermäßige Wettbewerbsverbote grundsätzlich insgesamt kassiert werden und nur bei einer überlangen Bindungsdauer ein Zurückfahren auf eine angemessene Laufzeit erfolgt. 2 2 3 Demgegenüber nimmt man im Arbeitsrecht entsprechend der Vorgabe in § 74a Abs. 1 H G B im Hinblick auf die Reichweite des Verbots insgesamt eine geltungserhaltende Reduktion vor. 2 2 4 Die Bindung der Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbots an die Zahlung einer Karenzentschädigung betrifft indes den Sozialschutz des betroffenen Mitarbeiters, 2 2 5 der mit den aus der Organposition resultierenden Risiken für die Gesellschaft nichts zu tun hat. 2 2 6 Bezeichnenderweise hat selbst der B G H ein nachvertragliches Konkurrenzverbot eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H in einem Fall unter anderem daran scheitern lassen, daß der Betroffene infolge eines Verzichts keine Auseinandersetzungsabfindung erhalten hat. 2 2 7 Schließlich hat auch der Verweis auf die Geheimhaltungspflicht aus § 85 G m b H G keine Aussagekraft, weil sich diese Bestimmung nicht gezielt gegen den Wettbewerb durch ein ehemaliges Organmitglied richtet. 228 Man wird deshalb folgende Unterscheidung zu treffen haben. Wenn der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H einen Anstellungsvertrag geschlossen hat, der als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist, finden die §§ 74 ff. H G B grundsätzlich in vollem Umfange unmittelbare Anwendung. Fehlt es an der Weisungsgebundenheit, liegt aber eine klare wirtschaftliche Abhängigkeit und soziale Schutzbedürftigkeit vor, ist die Verbindlichkeit eines Wettbewerbsverbotes an die Zahlung einer Karenzentschädigung zu binden. 2 2 9 2 2 3 B G H v o m 29.10.1990, N J W 1991, 699, 700; B G H v o m 14.7.1997, N J W 1997, 3089 f.; bestätigend B G H vom 8.5.2000, N J W 2000, 2584, 2585. 2 2 4 B A G v o m 2.2.1968, A P Nr. 22 zu § 74 H G B (unter III 3); Buchner, AR-Blattei S D 1830.3 Rn. 146a ff.; M ü n c h K o m m H G B / u . Hoyningen-Huene, § 74a Rn. 20; E r f K / S c h a u b , 2. Aufl., § 74a H G B Rn. 10. 2 2 5 Die Frage nach dem Karenzgeld als Zulässigkeitsvoraussetzung darf nicht mit der Frage nach dessen Rechtsnatur verwechselt werden. Insoweit geht man heutzutage davon aus, daß es sich zumindest primär um eine Gegenleistung für die Wettbewerbsenthaltung handelt; hierzu B A G v o m 20.10.1960, A P Nr. 16 zu § 74 H G B (unter 2); B A G v o m 5.8.1966, A P Nr. 19 zu § 74 H G B (unter 4); B A G v o m 5.10.1982, A P Nr. 42 zu § 74 H G B (unter II 2 c); eingehend Dorndorf, Freie Arbeitsplatzwahl, S. 194 ff.; Gamillscheg, R d A 1975,13, 17 ff.; zur Leistung des Arbeitnehmers siehe auch Grundmann, Treuhandvertrag, S. 401 f. 226 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 2. Aufl., Rn. 716; D. Gaul, G m b H R 1991, 144, 147; Konzen/Weher, in: G r o ß k o m m . H G B , 4. Aufl., Vor § 74 Rn. 20 f.; Wertheimer, Wettbewerbsverbote, S. 139. 2 2 7 B G H vom 14.7.1986, W M 1986, 1282. 228 Gissel, Arbeitnehmerschutz, S. 138; Groß, Anstellungsverhältnis, S. 363 f.; Wertheimer, Wettbewerbsverbote, S. 71. 2 2 9 E b e n s o unter unmittelbarer Berufung auf Art. 12 G G Kunz, D B 1993, 2482, 2486.

612

5 11 Wettbewerbsverbote

und

Geschäftschancenbindung

H i e r f ü r spricht nicht zuletzt die mittlerweile anerkannte analoge A n w e n d u n g der §§ 74 ff. H G B auf wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter 2 3 0 . I m übrigen kann man den Besonderheiten b e i m Ausscheiden eines O r g a n s durch eine flexible H a n d h a b u n g dieser Vorschriften R e c h n u n g tragen. 2 3 1 S o wird man etwa eine Vereinbarung billigen k ö n n e n , die bei der Bemessung der Entschädigung lediglich an die Festbezüge anknüpft und Tantiemen ausklammert, 2 3 2 während eine G e w i n n beteiligung bei regulären Arbeitnehmern unabdingbar (§ 75d H G B ) zu den vertragsmäßigen Leistungen im Sinne des § 74 Abs. 2 H G B g e h ö r t 2 3 3 . In allen anderen Fällen bleibt es ausschließlich bei den durch § 138 B G B in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 G G gezogenen G r e n z e n . Vergleichbares ist bei ausscheidenden Personengesellschaftern anzunehmen. Befinden sie sich bis auf die im Gesellschaftsvertrag wurzelnde Rechtsgrundlage in derselben Stellung wie ein A r b e i t nehmer, muß man die §§ 74 ff. H G B analog heranziehen. 2 3 4 Bei einer etwas weniger stark ausgeprägten Schutzbedürftigkeit ist zumindest eine Karenzentschädigung zu zahlen. Sofern keine Tätigkeitsvergütung vereinbart w o r d e n ist, die als A n k n ü p f u n g s p u n k t dienen kann, m u ß man aus den Gewinnanteilen der letzten J a h r e notfalls ein Gehalt herausrechnen. Bei gleich starken Vertragspartnern entfällt dagegen der spezielle Sozialschutz des § 74 Abs. 2 H G B . D i e K o n t r o l l e erfolgt dann nur gemäß § 138 B G B in Verbindung mit A r t . 12 A b s . 1 G G bzw. gemäß § 1 G W B . Bei gesellschafterlichen Wettbewerbsabreden m u ß im H i n b l i c k auf die K a renzentschädigung allerdings berücksichtigt werden, daß die entsprechende Leistung bereits in das Abfindungsguthaben einkalkuliert sein k a n n . 2 3 5 Dies betrifft insbesondere den Fall, daß der Abfindungsanspruch nach dem Ertragswert des U n t e r n e h m e n s bemessen ist. In einer solchen Konstellation kann der ausgeschiedene Gesellschafter nicht die Abfindung in voller H ö h e geltend machen und sich zugleich auf die Unverbindlichkeit des K o n k u r r e n z v e r b o t e s mangels einer separaten Karenzentschädigung berufen. Dieses Spannungsverhältnis ist indes nicht dadurch aufzulösen, daß man eine eigenständige Karenzentschädigung bei jeder n o c h so geringfügigen E r h ö h u n g des Abfindungsguthabens wegen der v o m betroffenen Gesellschafter zugesagten Wettbewerbsenthaltung für entbehrlich erklärt. 2 3 6 Vielmehr ist gegebenenfalls der Abfindungsanspruch nach den G r u n d sätzen über die Störung der Gesellschaftsgrundlage ( n u n m e h r § 313 B G B ) zu 230 BAG vom 21.1.1997, AP Nr. 44 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel (unter I 1 c); LAG Köln vom 2.6.1999, NZA-RR 2000, 65, 67 f.; MünchKommHGB/i;. Hoyningen-Huene, § 74 Rn. 8. 231 Siehe dazu die Überlegungen bei Wertheimer, Wettbewerbsverbote, S. 140 f. 232 So auch Hoffmann-Becking, FS Quack (1991), S. 273, 278. 233 Vgl. BAG vom 9.1.1990, AP Nr. 59 zu § 74 HGB. 234 In diesem Sinne auch Spoerr/Brinker/Diller, NJW 1997, 3056, 3059. 235 Vgl. BGH vom 17.12.1956, WM 1957,320, 321; BGH vom 9.11.1973, WM 1974,253,254; BGH vom 14.7.1986, WM 1986, 1282; BGH vom 19.10.1993, NJW 1994, 384, 386; Paefgen, BB 1990, 1777, 1782 f.; im Zusammenhang mit einer Mandantenschutzklausel ebenso BGH vom 8.5.2000, NJW 2000,2584. 236 So aber Paefgen, BB 1990, 1777, 1782 f.

II. Nachvertraglicher

Zeitraum

613

kürzen, sofern sich die gemeinsame Erwartung der Parteien nicht erfüllt, ein wirksames Konkurrenzverbot vereinbart zu haben. Im übrigen kann die Sinnhaftigkeit der Frage nach einer Karenzentschädigung bei gesellschafterlichen Wettbewerbsverboten schon deshalb nicht unter Berufung auf Auseinandersetzungsansprüche geleugnet werden, 237 weil es in der Praxis durchaus Fälle gibt, in denen ein ausscheidender Gesellschafter auf alle insoweit an sich bestehenden Ansprüche verzichtet. 238 Schließlich setzt eine direkte oder zumindest entsprechende Anwendung der §§ 74 ff. H G B stets voraus, daß die Vereinbarung des Konkurrenzverbotes im Zusammenhang mit der Tätigkeitsbeziehung steht. Hat ein Mitarbeiter infolge einer Kapitaleinlage kumulativ eine Gesellschafterstellung inne, kann der arbeitsrechtliche Sozialschutz deshalb nur eingreifen, wenn das Wettbewerbsverbot dem Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden kann. Dies ist etwa für den Fall anzunehmen, daß ein Arbeitnehmer eine Zwergbeteiligung am Stammkapital einer G m b H veräußert und zeitgleich aus dem Unternehmen ausscheidet. In einer solchen Konstellation kann man, wie das BAG zu Recht entschieden hat, die Abrede über das Konkurrenzverbot nicht lediglich dem ehemaligen Gesellschaftsverhältnis bzw. dem Kaufvertrag über den Gesellschaftsanteil zurechnen. 239 Der in einem Urteil des O L G Karlsruhe zum Ausdruck kommenden Auffassung, daß ein Wettbewerbsverbot sowohl dem Arbeits- als auch dem Gesellschaftsverhältnis zugeordnet werden kann und schon dann wirksam ist, wenn es die - geringeren - gesellschaftsrechtlichen Anforderungen erfüllt, 240 kann allerdings nicht zugestimmt werden. Demgegenüber entfällt der arbeitsrechtliche Schutz aber beispielsweise dann, wenn der Mitarbeiter sein Beschäftigungsverhältnis zunächst beendet und ein Konkurrenzverbot erst im Rahmen des späteren Ausscheidens aus der Gesellschaft zustande kommt, weil der Betroffene in einer solchen Konstellation nur noch als Gesellschafter und nicht mehr als Arbeitnehmer handelt.

237

In diese Richtung Paefgen, BB 1990, 1777, 1782 f. Siehe B G H vom 14.7.1986, W M 1986, 1282. 239 BAG vom 18.8.1997, AP Nr. 70 zu § 74 HGB. In diesem Sinne auch R G vom 1.3.1921, R G Z 101, 375, 378 f.: Anwendbarkeit der §§ 74 ff. H G B , wenn Kaufmann ein Handelsgeschäft veräußert und zugleich in ein Angestelltenverhältnis zum Erwerber tritt. Im Grundsatz ebenso O L G Köln vom 22.2.1991, G m b H R 1991, 366 f., wobei es trotz des Hinweises auf § 74 Abs. 2 H G B aber offenbar um die Frage nach der Existenz eines Wettbewerbsverbots für einen Minderheitsgesellschafter-Arbeitnehmer einer G m b H bei noch bestehenden Rechtsbeziehungen ging. 240 O L G Karlsruhe vom 30.9.1986, BB 1986, 2365 f. 238

§ 12 Beendigung von Tätigkeitsbeziehungen

Die letzte in dieser Studie anzusprechende Thematik, bei der Gesellschafts-, Dienstvertrags- und Arbeitsrecht aufeinanderstoßen, betrifft die einseitige Beendigung 1 der aktiven Tätigkeit im Unternehmen. Dabei wird im folgenden sowohl die von der Gesellschaft bzw. den Mitgesellschaftern als auch die vom einzelnen Mitarbeiter

ausgehende

Lösung

des Beschäftigungsverhältnisses

betrachtet.

Während in der erstgenannten Konstellation das Interesse hauptsächlich auf den Bestandsschutz für den betroffenen Gesellschafter gelenkt werden soll, geht es im zweiten Fall um die Freiheit, sich von einer übernommenen Dienstpflicht loszusagen.

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter Bei der auf den Willen der Gesellschaft bzw. der Mitgesellschafter zurückzuführenden Beendigung der Tätigkeitsbeziehung empfiehlt es sich, zunächst danach zu unterscheiden, auf welcher Rechtsgrundlage ein mitarbeitender Gesellschafter seine Dienste erbringt. Entsprechend den Überlegungen zu den prinzipiell möglichen Einstufungen 2 kann es sich um ein ausschließliches Gesellschaftsverhältnis, einen reinen Drittvertrag oder eine Verbindung zwischen austausch- und kooperationsrechtlicher Beziehung handeln.

1. Mitarbeit auf gesellschaftsvertraglicher

Grundlage

Wird die Tätigkeit auf ausschließlich gesellschaftsvertraglicher Basis geleistet, muß bei mitarbeitenden Gesellschaftern vielfach weiter danach differenziert werden, ob nur die Dienste als solche beendet werden sollen oder ob in diesem Zusammenhang zugleich die gesamte Gesellschafterstellung oder sogar die Gesellschaft als solche auf dem Spiel steht. A m deutlichsten ist dies bei G m b H - G e s e l l schaftern und bei Kommanditisten, bei denen das Ende der aktiven Mitarbeit jedenfalls auf der Geschäftsführungsebene 3 keineswegs mit dem Ende der Betei-

1 A u f die im beiderseitigen bzw. allseitigen Einvernehmen erfolgende Beendigung der Mitarbeitsbeziehung wird im folgenden nicht näher eingegangen. 2 3

Siehe oben sub § 3 II bis IV. Z u m P r o b l e m der selbständigen Beendbarkeit sonstiger Dienstbeiträge siehe unten sub bb.

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

615

ligteneigenschaft zusammenfallen muß. Demgegenüber kann es bei der stillen Gesellschaft Konstellationen geben, in denen eine Trennung der verschiedenen Bereiche nicht sinnvoll durchgeführt werden kann. Wenn der Beitrag eines Stillen nämlich ausschließlich in Diensten besteht, für die er am Gewinn des Unternehmens beteiligt wird, 4 und er keine zusätzliche Einlage hält, bedeutet eine Beendigung der Tätigkeitsbeziehung automatisch auch eine Ende der stillen Gesellschaft. a) Isolierte Beendigung

der

Tätigkeit

Im folgenden soll die Aufmerksamkeit in einem ersten Schritt auf die Regeln gerichtet werden, die für die Beendigung der Beschäftigung bei gleichzeitiger Fortexistenz der Gesellschaft und der Gesellschafterstellung gelten. Hierbei ist es angesichts der f ü r den Bereich der Geschäftsführung bestehenden Besonderheiten unumgänglich, zwischen geschäftsführend tätigen Gesellschaftern und solchen Beteiligten zu unterscheiden, die auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages eine unterhalb der Geschäftsleitung angesiedelte Tätigkeit erbringen. aa)

Geschäftsführung

Wie bereits angesprochen, handelt es sich bei der Geschäftsführung um einen verschiedene Ebenen betreffenden Begriff, die vor allem im Zusammenhang mit der Beendigung sorgfältig auseinandergehalten werden müssen. 5 So haben die Vorschriften über die Geschäftsführung einerseits eine organisationsrechtliche Bedeutung, indem sie festlegen, wer zu einem Handeln f ü r die Gesellschaft im Innenverhältnis befugt ist. Andererseits geht es bei der Geschäftsführung um die im weitesten Sinne schuldrechtliche 6 Dimension, ob ein bestimmter Gesellschafter zur Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben im Verhältnis zur Gesellschaft berechtigt u n d / o d e r verpflichtet ist. (1)

Personengesellschaften

(a)

Grundlagen

Bei der OHG, die im folgenden vornehmlich betrachtet werden soll, kann einem Gesellschafter nach § 117 H G B die Geschäftsführung auf Antrag der übrigen Gesellschafter durch gerichtliche Entscheidung beim Vorliegen eines wichtigen Grundes entzogen werden. N a c h dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes bildet die Befugnis zur Geschäftsführung den Gegenstand des Verfahrens. Dies wird auch von K. Schmidt nicht in Frage gestellt, 7 obwohl er bei dem Pendant der Kündigung durch den geschäftsführenden Gesellschafter gemäß § 712 Abs. 1 4

Zu dieser grds. bestehenden Möglichkeit siehe oben § 5 I. Siehe dazu bereits oben sub §§ 3 II 1 a, 5 IV 1 b aa (1) u. 8 I 1 b aa. 6 Damit soll die kooperationsrechtliche Basis der Mitarbeit in Abgrenzung zu „echten" schuldrechtlichen Vereinbarungen nicht in Abrede gestellt werden. 7 Vgl. Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 47 V 1 b, S. 1386. 5

616

§ 12 Beendigung von

Tätigkeitsbeziehungen

B G B , der gleichermaßen für die O H G gilt, nicht die Geschäftsführungsbefugnis, sondern die Geschäftsführungspflicht als Gegenstand der Kündigung ansieht8. Mit der Beendigung der Geschäftsführungsbefugnis enden freilich zugleich auch das Recht und die Pflicht des betroffenen Gesellschafters, geschäftsführend tätig zu sein. Eine Divergenz zwischen organisationsrechtlicher und schuldrechtlicher Ebene ist insoweit nicht denkbar. Für den Komplementär einer K G gilt dieselbe Regelung (§ 161 Abs. 2 HGB). 9 Sofern einem Kommanditisten die Geschäftsführungsbefugnis durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumt worden ist, findet §117 H G B ebenfalls entsprechende Anwendung. 10 Vorbehaltlich einer dahingehenden vertraglichen Vereinbarung kann die auf dem Gesellschaftsvertrag beruhende Geschäftsführerstellung somit nicht einfach durch eine schlichte Kündigung seitens der übrigen Gesellschafter beendet werden. 11 Bei der GbR fordert das Gesetz für den Entzug der Geschäftsführung gemäß § 712 Abs. 1 B G B ebenfalls das Vorliegen eines wichtigen Grundes, verlangt aber kein gerichtliches Verfahren, sondern läßt grundsätzlich einen einstimmigen Beschluß der übrigen Gesellschafter genügen. Im Falle einer stillen Gesellschaft muß zwischen den Beteiligten differenziert werden. Soweit es um die dem Stillen qua Gesellschaftsvertrag eingeräumte Geschäftsführungsbefugnis geht, ist § 712 Abs. 1 B G B analog heranziehen. 12 Demgegenüber kann der Geschäftsinhaber zwar gesellschaftsvertraglich von der Geschäftsführung von vornherein ausgeschlossen werden. Eine nachträgliche Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis entsprechend § 712 Abs. 1 B G B ist nach allgemeiner Ansicht bei der typischen stillen Gesellschaft jedoch nicht möglich. 13 In einer solchen Konstellation bildet die Geschäftsführung durch den Unternehmensinhaber nämlich die Grundlage für das Beteiligungsverhältnis, die auch bei einem wichtigen Grund nicht in Frage gestellt werden darf. 14 Gegebenenfalls muß der Stille das gesamte Gesellschaftsverhältnis nach den §§ 234 Abs. 1 S. 1 H G B , 723 B G B kündigen. Für die Partnerschaft ist die Rechtslage infolge der Verknüpfung von Rechtsform und aktiver Berufsausübung umstritten. Soweit es bei der Tätigkeit um die DB 1988, 2241, 2242 f. Bei Publikumsgesellschaften genügt nach ganz h. M. zwingend ein einfacher Mehrheitsbeschluß; vgl. B G H vom 9.11.1987, BGHZ 102, 172,178 f.; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., §117 Rn.3; Reichert/Winter, BB 1988, 981, 986; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 117 Rn. 5. 10 RG vom 28.4.1925, RGZ 110,418, 421 f.; BGH vom 27.6.1955, BGHZ 17,392,395; O L G Köln vom 14.7.1976, BB 1977, 464, 465; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 164 Anm. 6; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 164 Rn. 7; Schlegelberger/Martews, HGB, 5. Aufl., § 164 Rn. 30, 33; Schilling, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 164 Rn. 10. 11 So bereits RG vom 28.4.1925, RGZ 110, 418, 420. 12 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 674; Gehrlein, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, §230 Rn. 56; SchlegelbergerAK. Schmidt, HGB, 5. Aufl., §230 n.F. Rn. 70, 132; Zutt, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 230 Rn. 95 13 Blaurock, Handbuch, 5. Aufl., Rn. 591; Dünnger/HachenburgAF/ec6i&ez>n, HGB, 3. Aufl., §335 Anm. 23; Baumbach/Ho^i, HGB, §230 Rn. 14; Heymann /Horn, HGB, 2. Aufl., §230 Rn. 34; Zutt, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 230 Rn. 93. 14 Düringer/Hachenburg /Flechtheim, HGB, 3. Aufl., § 335 Anm. 23. 8 9

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter

617

Ausübung des Freien Berufes geht („berufliche G e s c h ä f t s f ü h r u n g " ) , meint ein Teil des Schrifttums, daß die §§ 6 A b s . 3 P a r t G G , 117 H G B nur eine vorübergehende, nicht aber eine dauerhafte E n t z i e h u n g gestatten würden. 1 5 H i e r f ü r stützt man sich auf eine entsprechende Äußerung in der Regierungsbegründung 1 6 sowie auf die Wertung des § 6 A b s . 2 P a r t G G . I m übrigen wird auf das Instrument des Ausschlusses

aus wichtigem

Grunde

verwiesen

(§§ 9 A b s . 1 P a r t G G ,

140

H G B ) . 1 7 Dieser Sichtweise steht jedoch entgegen, daß man in der überwiegenden Literatur entgegen den ursprünglichen Vorstellungen des Gesetzgebers mittlerweile auch den endgültigen tatsächlichen R ü c k z u g 1 8 aus der aktiven Berufsausübung unter Verbleib in der Partnerschaft zuläßt. 1 9 F ü r den E n t z u g der Befugnis zur freiberuflichen Tätigkeit kann nichts anderes gelten. Anderenfalls müßten langjährige erfolgreiche Partner bei Alter oder dauerhafter Krankheit möglicherweise ausgeschlossen werden, o b w o h l die Partnerschaft von einem F o r t b e s t e h e n der schlichten Mitgliedschaft aufgrund des Ansehens der B e t r o f f e n e n erheblich profitieren könnte. Dies würde die Partnerschaft im Verhältnis zur G b R , bei der es keine derartigen Restriktionen gibt, als R e c h t s f o r m für freiberufliche Sozietäten entwerten. Z u d e m kann nur schwer zwischen einer vorübergehenden und einer dauerhaften E n t z i e h u n g des R e c h t s zur Berufsausübung abgegrenzt werden. Aus diesen G r ü n d e n ist mit einer im Vordringen befindlichen A n s i c h t 2 0 auch der dauerhafte E n t z u g der freiberuflichen Tätigkeit zuzulassen. Hinsichtlich der „sonstigen G e s c h ä f t e " bleibt es nach §§ 6 Abs. 3 P a r t G G , 117 H G B von vornherein bei der A n w e n d u n g der allgemeinen Regeln. J e d e einseitige Veränderung der organschaftlichen Geschäftsführung läuft auf eine einseitige Änderung des Gesellschaftsvertrages hinaus. 2 1 H i e r f ü r spielt es keine R o l l e , o b es sich u m die gesetzliche Geschäftsführung nach § 114 A b s . 1 H G B oder u m die vertragliche Geschäftsführung gemäß § 114 A b s . 2 H G B handelt. F u n k t i o n a l zielt die Gestaltungsklage im Sinne des § 117 H G B damit stets auf eine Inhaltsänderung des Gesellschaftsvertrages bei gleichzeitigem F o r t b e stand der Gesellschaftereigenschaft des B e t r o f f e n e n ab. D a b e i geht es aus tätigkeitsrechtlicher Sicht u m den Fortfall des R e c h t s bzw. der Beitragspflicht zur Ausübung der Geschäftsführung. 15 Henssler, PartGG, § 6 Rn. 45; Hornung, Rechtspfleger 1996, 1, 2; Sommer, GmbHR 1995, 249, 252. 16 BT-Drucks. 12/6152 vom 11.11.1993, S. 15. 17 Henssler, PartGG, § 6 Rn. 45. 18 Zur Kündigung siehe unten sub II 1 a aa (1). 19 Siehe dazu bereits oben sub § 5 IV 1 a mit Nachweisen in Fn. 164. 20 Vgl. Michalski/Römermann, PartGG, 2. Aufl., §6 Rn. 18 ff.; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., PartGG, §6 Rn. 19. 21 Düringer/Hachenburg/F/ecÄt^ezTO, HGB, 3. Aufl., §117 Anm. 10; A. Hueck, OHG, 4. Aufl., § 10 VII 4, S. 148; Reichert/Winter, BB 1988, 981, 986; Ulmer, in: Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 117Rn. 1; Zöllner, Stimmrechtsmacht, S. 347; ders., Anpassung, S. 18Fn. 11; ebenso für § 712 BGB MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 3; anders Flume, Personengesellschaft, §15 III, S. 274: Entziehung sei nicht Vertragsänderung, sondern außerordentliche Geschäftsführungsmaßnahme.

618

§12

(b) Folgen einer Entziehung

Beendigung

der

von

Tätigkeitsbeziehungen

Geschäftsführungsbefugnis

U m die Bedeutung des Entzugs der Geschäftsführung nach § 117 H G B für den betroffenen Gesellschafter unter dem spezifischen Blickwinkel des (erforderlichen) Bestandsschutzes angemessen würdigen zu können, müssen zunächst die im Schrifttum bislang nur am Rande behandelten Folgen für die persönliche Rechtsstellung noch klarer herausgearbeitet werden. Mit der soeben erwähnten Beendigung des Rechts bzw. der Pflicht zur Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben ist nämlich noch keineswegs zwangsläufig das Ende jeglicher Mitarbeit in der Gesellschaft außerhalb der Beschlußfassung in der Gesellschafterversammlung eingeläutet. Wenn nämlich der Gesellschaftsvertrag ganz allgemein davon spricht, daß der Gesellschafter zu Diensten berechtigt bzw. verpflichtet ist, stellt sich die Frage, ob er nach der vollständigen Entziehung der Geschäftsführung 22 in einer untergeordneten Stellung weiterarbeiten darf bzw. muß. Dies wäre insbesondere dann von Relevanz, wenn der Gesellschafter für seine bisherige Mitarbeit als Geschäftsführer eine Tätigkeitsvergütung erhalten hat und er sich den Fortbestand der Sondervergütung auf diesem Wege möglicherweise sichern könnte. (aa) Konsequenzen

bei gegenständlich

unbeschränkter

Mitarbeit

Ausgangspunkt jeder Überlegung zum konkreten Inhalt eines gesellschafterlichen Rechts auf aktive Mitarbeit muß der jeweilige Gesellschaftsvertrag sein. Haben die Beteiligten ganz allgemein geregelt, daß einem Gesellschafter die Befugnis zustehen soll, Dienste in das Unternehmen einzubringen, würde es zu kurz greifen, wenn man dies nur auf die Geschäftsleitung im technischen Sinne beziehen würde. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß die Parteien damit ein umfassendes Recht des Gesellschafters angeordnet haben, den Unternehmenserfolg durch tätigkeitsbezogene Beiträge zu fördern und deshalb gegebenenfalls unterhalb der Geschäftsführungsebene angesiedelte Aufgaben zu übernehmen. Auch wenn die Möglichkeit der gesellschaftsvertraglichen Regelung einer untergeordneten Arbeit häufig übersehen wird, kann ihre prinzipielle Statthaftigkeit nach den vorangegangenen Überlegungen 23 nicht in Abrede gestellt werden 24 . Hat ein Gesellschafter auf der Basis einer solchen gesellschaftsvertraglichen Vorgabe zunächst die Geschäftsleitung wahrgenommen, führt deren Entziehung nach § 117 H G B somit grundsätzlich dazu, daß der Betroffene infolge seines inhaltlich weitergehenden Mitarbeitsrechts einen Anspruch auf Zuweisung einer anderen - zumutbaren - Tätigkeit hat. Zwar kann man durchaus daran denken, 22 Die im folgenden angesprochene Problematik unterscheidet sich damit trotz mancher Berührungspunkte von der hier nicht näher zu erörternden Frage eines Teilentzugs der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis; vgl. dazu etwa A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 VII 8, S. 152 f.; Lukes, J R 1960, 41, 43 ff.; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 9; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 117 Rn. 15 ff. 23 Siehe oben sub § 6 IV 3 c u. V 1 c aa (2). 24 Vgl. als praktisches Beispiel B G H vom 17.12.1973, WM 1974, 177 f.

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die Mitgesellschafter

619

das Entziehungsverfahren weiter zu fassen und als Gegenstand die vollständige Beseitigung der Mitarbeit des Gesellschafters im Unternehmen anzusehen. Selbst wenn man die grundsätzliche Statthaftigkeit einer solchen Erweiterung des A n wendungsbereichs von § 117 H G B zunächst einmal unterstellt, 2 5 so kann doch in einem derartigen Fall zumindest nicht ohne weiteres angenommen werden, daß sich das auf die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis gerichtete Verfahren zugleich auf die gesamte Tätigkeit in der Gesellschaft erstreckt. Immerhin kann es im Einzelfall durchaus Gründe geben, einem Gesellschafter die Befugnis zur Geschäftsführung zu entziehen, ihn aber in einer weniger gewichtigen Position weiterhin mitarbeiten zu lassen. 2 6 Man denke an eine dauerhafte Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes, die einem Verbleib in der Geschäftsleitung, nicht aber einer weniger aufreibenden Tätigkeit entgegensteht. Gleiches gilt, wenn sich herausstellt, daß ein Beteiligter nur über begrenzte kaufmännische Fähigkeiten verfügt, zu einfacheren Arbeiten aber ohne weiteres in der Lage ist. 2 7 Bei einer entsprechenden Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ist es mithin durchaus möglich, daß die Mitarbeitsbefugnis eines Gesellschafters inhaltlich nicht nur die eigentliche Geschäftsführung abdeckt, sondern weiter reicht. Eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis hat in einem solchen Fall deshalb zur Folge, daß der „überschießende" Teil des Tätigkeitsrechts wieder aktiviert wird. Fraglich ist, ob sich ein der Geschäftsführungsbefugnis beraubter Gesellschafter schon dann auf diese Grundsätze berufen kann, wenn der Gesellschaftsvertrag kein ausdrückliches Recht auf umfassende Mitarbeit, sondern nur eine Pflicht zur Übernahme jeder zumutbaren Tätigkeit enthält. Man wird insoweit auf die Uberlegungen zu einem Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung bei untergeordneten gesellschafterlichen Diensten zurückgreifen können. 2 8 Danach steht es den geschäftsführenden Gesellschaftern nicht frei, ob sie die von einem Mitbeteiligten geschuldeten Dienstbeiträge abrufen. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß der Gesellschaftsvertrag die Zahlung einer Tätigkeitsvergütung nur solange vorsieht, wie der Gesellschafter tatsächlich mitarbeitet. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag nur eine Pflicht und kein ausdrückliches Recht zur umfassenden Mitarbeit enthält, kann der von einer Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis betroffene Gesellschafter somit die Zuweisung einer anderen zumutbaren Tätigkeit verlangen. Zudem verschafft eine gegenständlich über den Bereich der Geschäftsführung hinausgehende Dienstpflicht dem Beteiligten die Möglichkeit, die G e sellschaft im Hinblick auf untergeordnete Tätigkeiten in Annahmeverzug zu setzen. Siehe dazu noch unten sub bb. In diese Richtung auch Grunewald, Ausschluß, S. 76. 2 7 Siehe in diesem Zusammenhang O L G Hamm vom 26.1.1976, B B 1976, 722 f., das die Ausschließung eines mitarbeitenden Kommanditisten wegen unzulänglicher Geschäftsführung ablehnt, wenn der Gesellschaft leichtere Mittel zur Verfügung stehen, die Schwierigkeiten zu beheben, wobei freilich nicht ganz deutlich wird, ob das O L G Hamm hierzu auch eine unselbständige Tätigkeit im Unternehmen zählt. 2 8 Siehe hierzu oben sub § 8 I 3. 25 26

620

§ 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

Diese Überlegungen werden durch einen Blick auf die im Kern vergleichbare Diskussion zu den Folgen der Abberufung eines Organmitglieds einer Körperschaft zumindest partiell bestätigt. Nach einer von der Rechtsprechung schon mehrfach vertretenen Meinung ist jedenfalls ein wegen eigenen Verschuldens abberufenes Organmitglied bei einem fortbestehenden Anstellungsvertrag grundsätzlich verpflichtet, eine Funktion unterhalb der Geschäftsführungsebene wahrzunehmen. 29 Diese von Teilen der Literatur 30 gebilligte Sichtweise bedeutet in der Sache eine über die reine Organtätigkeit hinausreichende Dienstpflicht, die wiederum konsequenterweise dazu führen muß, daß das ehemalige Organmitglied die Gesellschaft im Hinblick auf eine außerhalb der Geschäftsführung angesiedelte Aufgabe jedenfalls in Annahmeverzug setzen kann. 31 Allerdings ist diese Auffassung nicht unbestritten. Nach der unlängst von Reuter32 erneut prononciert vorgetragenen Gegenansicht ist der Anstellungsvertrag nämlich als reiner Amtswahrnehmungsvertrag zu begreifen. 33 Deshalb sei der Dienstnehmer ausschließlich dazu verpflichtet, eine Organtätigkeit auszuüben. Falls der Anstellungsvertrag die Abberufung überdauere, müsse das frühere Organmitglied dagegen keiner Zuweisung von Aufgaben unterhalb der Geschäftsführungsebene nachkommen. Denkbar sei lediglich, daß den Beschäftigten zumindest unter bestimmten Voraussetzungen die Obliegenheit treffe, ein entsprechendes Angebot der Gesellschaft anzunehmen, um sich bei der Geltendmachung des Anspruchs auf die Tätigkeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit der weiteren Amtswahrnehmung nach § 326 Abs. 2 S. 1 B G B (bislang § 324 Abs. 1 S. 1 B G B ) bzw. - so die Rechtsprechung - des Annahmeverzugs gemäß § 615 S. 1 B G B 3 4 nicht dem Vorwurf auszusetzen, einen Erwerb durch eine anderweitige

29 B G H vom 14.7.1966, W M 1966, 968, 969; B G H vom 9.2.1978, N J W 1978, 1435, 1436; im Grundsatz auch O L G Karlsruhe vom 25.8.1995, G m b H R 1996,208,209 (bei gleichzeitigem Versuch einer Abgrenzung zum „normalen" Anstellungsvertrag). 30 Jaeger, G m b H G , 15. Aufl., § 38 Rn. 25; für eine N Z A 1998, 961, 966; Lutter/Hommelhoff, generelle Pflicht zur Ausübung einer anderen angemessenen Tätigkeit Dernbach, B B 1982, 1266, 1269; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn 41; Lunk, ZIP 1999, 1777, 1786; Hachenburg/Siez«, G m b H G , 8. Aufl., § 3 8 Rn. 32; wohl auch Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 8 Rn. 34; für den Fall einer entsprechenden Fassung des Dienstvertrages ebenso Brachen, Organmitgliedschaft, S. 124, 210; Röder/Lingemann, D B 1993, 1341, 1347. 31 Gegen einen regelrechten Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einer nachgeordneten Position aber L G Köln vom 9.9.1997, G m b H R 1997, 1104, 1105, was mit der gleichzeitigen Befürwortung einer zumindest im Einzelfall bestehenden dahingehenden Pflicht jedoch nur schwer vereinbar ist; ebenso indes Brachen, Organmitgliedschaft, S. 124, 210. Siehe ferner Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., die einerseits dem L G Köln zustimmen (Anh. § 6 Rn. 49), andererseits aber eine Pflicht (§ 38 Rn. 25) bzw. sogar ein Recht (Anh. § 6 Rn. 28) des Geschäftsführers zur Übernahme einer leitenden Tätigkeit außerhalb der Geschäftsführung bejahen, obwohl jede sonstige leitende Mitarbeit zwangsläufig unterhalb der Geschäftsführungsebene angesiedelt sein muß. 32 FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 487, 488 ff. 33 Bauer, B B 1994, 855, 857; Bauer/Gragert, ZIP 1997, 2177, 2183; Kothe-Heggemann/Dahlbender, G m b H R 1996, 650,652. 34 Zur leistungsstörungsrechtlichen Einordnung der Abberufung bei fortbestehendem An-

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

621

Verwendung seiner Arbeitskraft böswillig im Sinne von § 326 Abs. 2 S. 2 B G B (früher § 324 Abs. 1 S. 2 B G B ) bzw. § 615 S. 2 B G B zu unterlassen. 35 Zwar wird man der zuletzt genannten Ansicht hinsichtlich ihrer engen Interpretation der Tätigkeitspflicht im allgemeinen zuzustimmen haben, weil der Anstellungsvertrag regelmäßig tatsächlich ausschließlich darauf gerichtet ist, den Dienstnehmer zur Wahrnehmung einer Organposition zu verpflichten. Dies wird durch die von der ständigen Rechtsprechung vertretenen Auffassung bestätigt, daß sich ein freier Dienstvertrag mit dem Verlust der Organstellung nicht ohne weiteres in einen Arbeitsvertrag umwandelt 36 . Folgerichtig besteht für den Dienstnehmer ohne eine entsprechende Vertragsänderung im allgemeinen auch keine Möglichkeit, durch eine Weiterarbeit in einer untergeordneten Position den dauerhaften Fortbestand des Tätigkeitsverhältnisses zu sichern. Im Gegensatz zu dem von Reuter erweckten Eindruck besteht jedoch kein Grund dafür, den Anstellungsvertrag zwingend restriktiv auszulegen, wie nicht zuletzt die von Reuter übergangene Drittanstellung belegt. Entscheidend muß vielmehr die konkrete Ausgestaltung des der Organposition zugrunde liegenden Anstellungsverhältnisses sein. 37 Diese im Körperschaftsrecht geltenden Grundsätze können sinngemäß auch auf geschäftsführende Gesellschafter einer Personengesellschaft übertragen werden. Zwar sollen damit keineswegs die strukturellen Unterschiede in der Organschaftsfrage zwischen Personengesellschaft und Körperschaft eingeebnet werden. Man kann es Personengesellschaftern aber nicht prinzipiell verwehren, in den Gesellschaftsvertrag ein Recht bzw. eine Pflicht zur aktiven Mitarbeit aufzunehmen, die über den Bereich der eigentlichen Geschäftsführung hinausgeht. Demnach bleibt es dabei, daß ein Gesellschafter bei einer hinreichend weiten Regelung im Gesellschaftsvertrag berechtigt und/oder verpflichtet ist, nach dem der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis eine andere - zumutbare - Tätigkeit im Unternehmen zu übernehmen.

Stellungsvertrag als rechtliche Unmöglichkeit anstatt als Annahmeverzug siehe bereits oben sub § 9 III 1 c aa (1) mit Nachweisen in Fn. 359 und 360. 35 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 336, 341 ff., lehnt bei einem ebenfalls restriktiven Verständnis der Dienstpflicht des Geschäftsleiters infolge seiner bereits im Grundsatz abweichenden Konzeption (dazu bereits oben sub § 5 IV 1 b bb [1], die Anwendung leistungsstörungsrechtlicher Regeln ab, gelangt über § 649 B G B analog aber zu einem vergleichbaren Ergebnis; siehe aber auch ders., Z H R 156 (1992), 248, 259 f. 36 Vgl. B A G vom 21.2.1994, AP Nr. 17 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 3 b bb); B A G vom 25.6.1997, AP Nr. 36 zu § 5 A r b G G 1979 (unter 1 b aa); B A G vom 6.5.1999, AP Nr. 46 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2); B G H vom 10.1.2000, N J W 2000, 1864,1865. 37 Ebenso Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 345; Fonk, N Z G 1998, 408, 410; Greger, FS Boujong (1996), 145,152 f.; Röder/Lingemann, D B 1993,1341,1347; A. Wolff, SAE 2 0 0 1 , 2 0 3 , 2 0 5 ; in diesem Sinne ferner Fleck, FS Hilger/Stumpf (1983), S. 197, 210; siehe in diesen Zusammenhang auch den Sachverhalt in B G H vom 10.1.2000, N J W 2000, 1864, wobei es dort allerdings um die Verpflichtung ging, gegebenenfalls die Aufgaben eines stellvertretenden Vorstandsmitglieds zu übernehmen. Zu pauschal für einen Anspruch auf Beschäftigung in leitender Stellung unterhalb der Organebene Leuchten, G m b H R 2001, 750 ff.

622

5 12 Beendigung von Tätigkeitsbeziehungen

Die sich für den Entgeltbereich ergebenden Folgen einer Entziehung der Geschäftsführung bei kooperationsrechtlich verankerter umfassender Mitarbeitsbefugnis hängen in hohem Maße von den konkreten Festlegungen im Gesellschaftsvertrag ab und entziehen sich deshalb weitgehend einer Verallgemeinerung. Sofern beispielsweise eine pauschale Tätigkeitsvergütung für alle aktiven Gesellschafter ohne Rücksicht darauf festgesetzt worden ist, ob die Mitarbeit gerade in der Geschäftsführung besteht, bleibt der vermögensrechtliche Status des Betroffenen bei einem Entzug der Geschäftsführungsbefugnis und einer weiteren Beschäftigung auf untergeordneter Ebene unverändert. Selbst wenn es in einer solchen Konstellation an einem ausdrücklichen Recht des Gesellschafters auf eine Tätigkeit in untergeordneter Position fehlt, verschafft ihm eine gegenständlich unbeschränkte Dienstpflicht doch die Möglichkeit, die Gesellschaft nach der Entfernung aus der Geschäftsführerstellung insoweit in Annahmeverzug zu setzen, was sich für das Fortbestehen des Anspruchs auf eine etwaige Vergütung positiv auswirken kann. Je schwächer die Auswirkungen auf den Gesellschafter sind, desto geringer ist aber auch der Druck, individuelle Bestandsschutzaspekte in die Entscheidung über die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis einfließen zu lassen. Fehlt es umgekehrt an jeglicher ausdrücklichen Vergütung, sondern beschränkt sich der Gegenwert für die von einem Gesellschafter geleisteten Dienste von vornherein auf einen Anteil am Gewinn, 3 8 vermag die Modifikation des Tätigkeitsinhaltes als Folge des Entzuges der Geschäftsführungsbefugnis daran nichts zu ändern. Am schwierigsten ist die Sachlage, wenn der Gesellschaftsvertrag zwar für geschäftsführende, nicht aber für auf sonstige Weise mitarbeitende Gesellschafter eine Vergütung vorsieht. Man wird in einem solchen Falle von einer bewußten Gestaltung auszugehen haben, so daß für einen aus der Geschäftsführung entfernten und nunmehr auf andere Weise tätigen Beteiligten ein Entgeltanspruch nicht einfach im Wege der ergänzenden Auslegung geschaffen werden kann. Vielmehr ist eine derartige bereits im Gesellschaftsvertrag angelegte Differenzierung bei der Vergütung verschiedener Formen der Mitarbeit bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit hinzunehmen. 39 (bb) Geschäftsführung

als alleiniger

Gegenstand

der

Mitarbeit

Wenn der Gesellschaftsvertrag keine ausdrückliche Regelung über die aktive Mitarbeit enthält, ist der Gesellschafter einer O H G gemäß § 114 Abs. 1 H G B - lediglich - zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Für eine gesellschafterliche Tätigkeit unterhalb der Geschäftsleitungsebene enthält das Gesetz keine Hinweise. Wird einem Gesellschafter in einer derartigen Ausgangssituation die Geschäftsführungsbefugnis entzogen, so hat dies nicht nur die organisationsrechtliche Konsequenz, daß er im Innenverhältnis nicht mehr zu einem Handeln

38 39

Vgl. exemplarisch etwa O L G H a m m vom 26.1.1976, B B 1976, 722. Siehe dazu oben sub § 9 I 1 a.

/. Lösung durch die Gesellschaft oder die

Mitgesellschafter

623

für die Gesellschaft berechtigt ist. Vielmehr enden auch auf der schuldrechtlichen E b e n e das R e c h t und die Pflicht des betroffenen Gesellschafters zur aktiven M i t arbeit grundsätzlich in vollem U m f a n g e . F ü r eine ergänzende Auslegung des G e sellschaftsvertrages, die dem B e t r o f f e n e n das R e c h t u n d / o d e r die Pflicht einräumt, in untergeordneter Stellung weiterhin tätig zu sein, wird es im allgemeinen an jeglichen Anhaltspunkten fehlen. Dasselbe gilt für den Fall, daß einem Gesellschafter ursprünglich die Geschäftsführung nach § 114 Abs. 2 H G B übertragen wurde. F e r n e r dürfte es zumindest regelmäßig eine Ü b e r d e h n u n g der Treuepflicht darstellen, wenn man annehmen würde, daß der Gesellschafter infolge einer Vertragsänderungspflicht 4 0 gehalten ist, nach dem E n t z u g der Geschäftsführungsbefugnis nunmehr einen anderen Dienstbeitrag zu leisten. Dies gilt erst recht für die umgekehrte Frage nach einem Anspruch des betroffenen Gesellschafters auf die nachträgliche Begründung eines entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Rechts. O b dies ausnahmslos und damit auch bei einer grundlosen E n t z i e h u n g der Geschäftsführung gilt, wird zu klären sein. 4 1 Soweit es um den Entgeltsektor geht, ist man sich im G r u n d s a t z darüber einig, daß eine gesellschaftsvertraglich vorgesehene Tätigkeitsvergütung entfällt, wenn dem geschäftsführenden Gesellschafter einer O H G bzw. K G die Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 117 H G B w i r k s a m 4 2 entzogen wird. 4 3 D a in einem solchen Falle - wie soeben beschrieben - sowohl das R e c h t als auch die Pflicht des betroffenen Gesellschafters zur Mitarbeit ihr E n d e finden, ergibt sich der U n t e r gang des Entgeltanspruchs nicht mehr aus dem Leistungsstörungsrecht. Statt dessen ist auf das Instrument der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. der Vertragsanpassung aufgrund gesellschafterlicher Treuepflicht zurückzugreifen. 4 4 Dasselbe gilt im Ergebnis für den geschäftsführenden Gesellschafter einer G b R . Allerdings besteht hier die bereits erwähnte Besonderheit, daß es nach einer E n t z i e h u n g der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem G r u n d (§ 712 A b s . 1 B G B ) gemäß einer verbreiteten Auffassung zur gesetzlichen Gesamtgeschäftsführungsbefugnis nach § 7 0 9 Abs. 1 B G B k o m m e n soll. 4 5 A u c h wenn der b e t r o f fene Gesellschafter somit weiterhin zu einer aktiven M i t w i r k u n g an der G e schäftsführung berechtigt und verpflichtet ist, m u ß doch im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß die inhaltliche Berechtigung für eine Weiterzahlung der Tätigkeitsvergütung entfallen ist. Ihr Z w e c k m u ß nämlich regelmäßig darin gesehen werden, die besonderen Belastungen einer übertragenen Geschäftsführung finanziell auszugleichen. Fallen diese Belastungen fort, gibt es auch keinen G r u n d für eine unbegrenzte weitere Existenz der Sonderbezüge. Wenn in der Literatur

4 0 Z u r Rechtsfigur der Vertragsänderung qua gesellschaftsrechtlicher Treuepflicht siehe oben sub § 8 1 1 b b b . 41 42 43 44 45

Siehe unten sub (d) (cc). Zu den Fällen einer unbegründeten Entziehung siehe bereits oben sub § 9 I I I 1 c aa (1). Siehe dazu die N a c h w e i s e oben sub § 9 I V in F n . 427. Hierzu näher oben sub § 9 I V mit Nachweisen in F n . 4 2 9 . Siehe o b e n sub § 9 I I I 1 c aa (1).

624

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

zur G b R etwas pauschal davon die Rede ist, daß eine Tätigkeitsvergütung in solchen Konstellationen entfalle, 4 6 so wird damit letztlich das Richtige getroffen. Die für den geschäftsführenden Gesellschafter einer Personengesellschaft geltenden Regeln über den automatischen Fortfall einer Tätigkeitsvergütung bei Verlust der Geschäftsführerposition stehen damit zumindest auf den ersten Blick in einem gewissen Spannungsverhältnis zum G m b H - R e c h t . Nach einer verbreiteten Sichtweise läßt die Abberufung des Geschäftsführers einer G m b H für sich genommen den Gehaltsanspruch nämlich nicht untergehen, sondern führt - sieht man vom Sonderproblem der Pflicht zur Weiterarbeit auf einer anderen Position einmal ab - zu dessen Fortbestand unter dem Blickwinkel der vom Gläubiger zu vertretenden Unmöglichkeit (§ 326 Abs. 1 S. 1 B G B - bislang § 324 Abs. 1 S. 1 B G B ) bzw. des Annahmeverzuges (§ 615 S. 1 B G B ) , 4 7 wobei für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H konsequenterweise nichts anderes gelten kann. Die Friktionen lösen sich auf, wenn man sich die unterschiedliche rechtliche Basis für die jeweilige Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter sowie die dafür festgesetzte Vergütung vor Augen führt. Bei der G m b H erwachsen die Mitarbeitspflicht und der Entgeltanspruch üblicherweise aus einem austauschrechtlichen Dienstvertrag. Sofern dieser Dienstvertrag nicht mit dem Ende der Organstellung ebenfalls erlischt, bleibt er als Anknüpfungspunkt für die Anwendung leistungsstörungsrechtlicher Regeln bestehen und bildet damit auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Grundlage für den Fortbestand der Vergütung. Die Entscheidung für einen Dienstvertrag als schuldrechtliches Fundament für die Organtätigkeit führt somit vorbehaltlich abweichender Abreden zu einer Entkoppelung zwischen der Position als organschaftlicher Geschäftsführer und der für diese Mitarbeit zugesagten Vergütung. Bei einem geschäftsführenden Personengesellschafter resultieren die Tätigkeitspflicht und der Entgeltanspruch demgegenüber regelmäßig unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag. Die organschaftliche Geschäftsführung und die rechtliche Basis bilden eine grundsätzlich untrennbare Einheit, so daß mit dem Verlust der Organstellung zugleich die sonstigen persönlichen Beziehungen enden. Aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich freilich, daß sich die Folgen der Entfernung eines Gesellschafters aus dem Amt des Geschäftsführers für den Entgeltbereich weniger danach richten, ob es sich um eine Personengesellschaft oder um eine Körperschaft handelt, sondern vielmehr danach, ob die organschaftliche Geschäftsführung und die dieser Tätigkeit zugrunde liegenden rechtlichen Relationen unmittelbar miteinander verknüpft sind. Wenn ein geschäftsführender Personengesellschafter nämlich ausnahmsweise einen seine persönliche Rechtsstellung ergänzenden Dienstvertrag geschlossen hat, wird man auf die darin geregelten Bezüge dieselben leistungsstörungsrechtlichen Grundsätze anzuwenden haben, die für einen Gesellschafter-

4 6 Vgl. MünchKomm/iy/wer, B G B , 3. Aufl., § 709 Rn. 35, § 712 Rn. 18; ErmanIH. P. Westermann, B G B , 10. Aufl., § 712 Rn. 8. 4 7 Siehe dazu oben sub (aa) sowie näher sub § 9 III 1 c aa (1).

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die

Mitgesellschafter

625

Geschäftsführer einer G m b H mit einem entsprechenden Anstellungsvertrag gelten. U m g e k e h r t ist bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer G m b H , der seine Stellung ausschließlich auf der Grundlage der Satzung innehat u n d hierfür ein festes korporatives Entgelt erhält, anzunehmen, daß er mit dem Ende der statuarischen Basis der O r g a n p o s i t i o n auch den Vergütungsanspruch einbüßt. 4 8 Für die Entgeltebene folgt aus den aufgezeigten Regeln, daß ein geschäftsführender Personengesellschafter beim Fehlen eines auf umfassende Mitarbeit gerichteten Pflichtrechts einer etwaigen Tätigkeitsvergütung im Falle einer Entzieh u n g der Geschäftsführungsbefugnis im allgemeinen in vollem U m f a n g verlustig geht. D e r E n t z u g der G e s c h ä f t s f ü h r u n g f ü h r t damit zu einem erheblichen Einschnitt in die persönliche Rechtsstellung des Betroffenen, weil er in einer solchen Konstellation nicht nur seine Beschäftigung, sondern zugleich sein Diensteink o m m e n verliert. (c) Inhalt des gesetzlichen

Bestandsschutzes

In materiellrechtlicher Hinsicht verlangt § 117 H G B f ü r die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Eine ordentliche K ü n d i g u n g der Tätigkeitsbeziehung ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen. Das Beschäftigungsverhältnis eines geschäftsführenden Gesellschafters genießt insoweit also von vornherein einen höheren Bestandsschutz als ein auf Angestelltenbasis tätiger Geschäftsführer. F ü r Anleihen beim arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz besteht in dieser Hinsicht also kein Bedürfnis. Des weiteren ist nicht ersichtlich, daß die Rechtsprechung u n d das Schrifttum bei der Konkretisierung des wichtigen G r u n d e s generell einen unterhalb des arbeitsrechtlichen Schutzniveaus befindlichen Maßstab anlegen. Vielmehr w e r d e n in dieser Beziehung im allgemeinen hohe A n f o r d e r u n g e n gestellt. 49 Dabei verdient es aus tätigkeitsrechtlicher Sicht Beachtung, w e n n man hervorhebt, daß im Rahmen der nach allgemeiner Ansicht erforderlichen Gesamtabwägung 5 0 insbesondere der Verlust der beruflichen Tätigkeit sowie die C h a n c e n einer Anstellung außerhalb der Gesellschaft zu berücksichtigen seien. 51 Dies bedeutet, daß sich nicht nur der arbeitsrechtliche Kündigungsschutz, 5 2 sondern auch der f ü r den E n t z u g der Geschäftsführungsbefugnis gemäß § 1 1 7 H G B erforderliche wichtige G r u n d zumindest 48

Siehe dazu bereits oben sub § 9 IV. Vgl. B G H vom 19.12.1951, LM § 117 H G B Nr. 1; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 15; siehe auch B G H vom 30.11.1961, W M 1962, 201, 202, zum Vorliegen eines wichtigen Grundes bei der Entziehung eines Sonderrechts auf Geschäftsführung in einer G m b H . 50 Siehe nur B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., §117 Rn. 4; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §117 Rn. 28. 51 B G H vom 6.2.1967, DB 1967, 766; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 VII 1, S. 146; Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 20; ansatzweise auch Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., §117 Rn. 29. 52 Dazu BVerfG vom 24.4.1991, BVerfGE 84, 132, 147; BVerfG vom 21.2.1995, BVerfGE 92, 140,150; BVerfG vom 27.1.1998, BVerfGE 97, 169,175; eingehend nunmehr Ruffert, Vorrang der Verfassung, S. 460 ff. 49

626

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

teilweise als eine Ausprägung des Berufsschutzes aus Art. 12 Abs. 1 G G 5 3 begreifen läßt 54 . Der mitarbeitende Gesellschafter und der reine Arbeitnehmer weisen somit auch in dieser Hinsicht 5 5 größere Gemeinsamkeiten auf als der mitarbeitende Gesellschafter und der ausschließliche Anlagegesellschafter. Das Gewicht der zugunsten des betroffenen Gesellschafters in die Waagschale zu legenden berufsrechtlichen Interessen hängt entsprechend den obigen Darlegungen in starkem Maße davon ab, ob mit der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis zugleich die gesamte Beschäftigung innerhalb des Unternehmens endet oder ob es nur darum geht, den Gesellschafter von der obersten Leitungsebene zu entfernen und ihn auf einer untergeordneten Position weiterarbeiten zu lassen. Sofern dem geschäftsführenden Gesellschafter die Möglichkeit einer Fortsetzung der aktiven Mitarbeit im Unternehmen offensteht, können an den wichtigen Grund wegen des weniger intensiven Eingriffs in die Berufsfreiheit etwas geringere Anforderungen gestellt werden als wenn der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis darauf hinausläuft, jegliche weitere Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft zu unterbinden. Da mit Hilfe des wichtigen Grundes als Voraussetzung für eine Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 117 H G B somit bereits ein hinreichender Bestandsschutz gewährleistet ist, bedarf es auch in dieser Fallgruppe keines Rekurses auf arbeitsrechtliche Wertungen. Im übrigen sind an den wichtigen Grund nicht etwa deshalb besondere Anforderungen zu stellen, weil der betroffene Gesellschafter durch die Abberufung zwar seinen Arbeitsplatz verliert, aber etwaiges Kapital in der Gesellschaft belassen muß. 5 6 Die gleichzeitige Anlage von Kapital im Unternehmen wirkt sich also nicht etwa automatisch im Sinne eines größeren beruflichen Bestandsschutzes aus. (d) Grenzen vertraglicher

Erleichterungen

Enthält das gesetzliche Modell nach dem soeben Gesagten mit dem gemäß § 117 H G B vorgesehenen wichtigen Grund ein geeignetes Instrument, um Aspekte des Berufsschutzes in die Entscheidung über den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis einfließen zu lassen, fragt es sich, in welchem Maße die Voraussetzungen abgesenkt werden können. 5 7 Dabei steht im Mittelpunkt des Interesses nicht die für die G b R gemäß § 712 Abs. 1 B G B ohnehin schon kraft Gesetzes geltende verfahrensrechtliche Modifikation einer Ersetzung der Gestaltungsklage durch einen schlichten Gesellschafterbeschluß, sondern der Verzicht auf den wichtigen oder auch nur einen sachlichen Grund als materielles Abberufungserfordernis. 5 3 Zum Schutz des mitarbeitenden Gesellschafters durch Art. 12 Abs. 1 G G siehe Baumann, J Z 2001, 895, 899-, Jung, J Z 2001, 1004, 1010; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 2 a cc, S. 387 f. 5 4 In diese Richtung auch Jung, J Z 2001, 1004, 1010. 5 5 Siehe ferner bereits oben § 8 I 3. 56 H. P. Westermann/Pöllath, Abberufung und Ausschließung, 3. Aufl., S. 15; für die G m b H ebenso O L G Hamm vom 7.5.1984, G m b H R 1985, 119, 120. 5 7 Erschwerungen der Abberufung werfen aus der Perspektive des Betroffenen keine Bestandsschutzprobleme auf und bleiben deshalb außerhalb der Betrachtungen.

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

627

(aa) Ausgangslage Die ganz herrschende Meinung akzeptiert gesellschaftsvertragliche Regelungen, nach denen ein geschäftsführender Gesellschafter aufgrund eines einfachen Mehrheitsbeschlusses jederzeit ohne einen besonderen Grund abberufen werden kann. 58 Ansätze für gewisse Restriktionen finden sich soweit ersichtlich lediglich bei Huber59 und Martens60. Allerdings beschränkt sich Huber auf die Andeutung, daß es wegen des auf den betroffenen Gesellschafter ausgeübten Zwanges zu einem Berufswechsel „bedenklich" sei, wenn der Gesellschaftsvertrag die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis ohne Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist gestatte. Martens will die gesellschaftsvertragliche Regelung als solche „grobmaschig" gemäß §§ 138, 242 B G B unter dem Gesichtspunkt entgegenstehender beruflicher Interessen des geschäftsführenden Gesellschafters kontrollieren. Da er entsprechende Abreden aber zugleich nicht für generell unzulässig hält, bleibt unklar, wie die offenbar befürwortete Beschränkung aussehen soll. Bei der Beurteilung einer konkreten Vertragsklausel gibt es nämlich nur die beiden Möglichkeiten, für eine Abberufung zumindest irgendeinen sachlichen Grund zu verlangen oder dieses Erfordernis eben als verzichtbar anzusehen. Der Entscheidung zwischen diesen Alternativen kann man auch durch einen Rekurs auf die §§ 138, 242 B G B nicht entgehen. Im übrigen verweist Martens auf die Ausübungskontrolle hinsichtlich der konkreten Abberufungsentscheidung. Hierdurch können sicherlich sachwidrige Gründe abgewehrt werden. Wenn Martens auf diesem Wege die Interessen des abzuberufenden Gesellschafters angemessen berücksichtigen will, so bleibt von der zunächst favorisierten Zulässigkeit einer freien Entziehbarkeit der Geschäftsführerstellung aber zumindest dann kaum etwas übrig, wenn im Rahmen der Ausübungskontrolle eine allgemeine Interessenabwägung erfolgen soll. Tatsächlich sind in dieser Frage divergierende Wertungen zu berücksichtigen. Auf der einen Seite steht das Interesse der Mitgesellschafter, ohne langwierige Streitigkeiten über einen sachlichen oder gar wichtigen Grund einem Beteiligten die Geschäftsführungsbefugnis entziehen zu können, deren Fortbestand angesichts der unbeschränkten persönlichen Haftung von G b R - und O H G - G e s e l l schaftern, Komplementären sowie des Geschäftsinhabers bei einer stillen Gesell58 R G vom 20.12.1939, D R 1940, 690 L; B G H vom 23.10.1972, N J W 1973, 651; B G H vom 20.12.1982, B G H Z 86,177,180; Erman, FS Möhring (1965), S. 3, 9 mit Fn. 17; Düringer/Hachenb u r g / F l e c h t h e i m , H G B , 3. Aufl., § 1 1 9 Anm. 3; Flume, Personengesellschaft, § 1 0 II, S. 135; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 1 1 7 Rn. 12; A. Hueck, FS Heymann, B d . 2 (1931), S. 700, 720 ff.; ders., O H G , 4. Aufl., § 10 VII 11 b, S. 158 f.; Huber, Z G R 1980, 177, 201; Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 53; Mayen, in: Ebenroth/Boujong/Joost, H G B , § 117 Rn. 37; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 192; Ulmer, in: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 117 Rn. 9, 43; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 218 f.; siehe auch Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 47 V 3 Fn. 61, S. 577 f., der darin ein Anzeichen für einen selbständigen Dienstvertrag erblickt. 59 Z G R 1980, 177, 201. 60 In: Schlegelberger, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 53.

628

§ 12 Beendigung von

Tätigkeitsbeziehungen

schaft ein erhebliches R i s i k o in sich birgt. A u f der anderen Seite hat der geschäftsführende Gesellschafter ein Interesse daran, daß seine gesamte berufliche Betätigung einschließlich des hierdurch erzielten E i n k o m m e n s , das den wirtschaftlichen Wert der Gewinnbeteiligung erheblich übersteigen kann, durch

einen

schlichten, inhaltlich nicht kontrollierbaren Mehrheitsbeschluß oder - bei einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Gestaltung - aufgrund des Willens eines einzelnen anderen Gesellschafters nicht mit einem Schlag beseitigt wird. D i e vor allem in der älteren Literatur vertretene Ansicht, eine jederzeit mögliche A b b e r u f u n g sei schon deshalb unbedenklich, weil der davon betroffene G e sellschafter auch schon ursprünglich von der Geschäftsführung hätte ausgeschlossen werden k ö n n e n , 6 1 vermag nicht zu überzeugen. U n t e r dem B l i c k w i n k e l des Berufsschutzes stellt es nämlich einen erheblichen Unterschied dar, o b ein Gesellschafter über einen unter U m s t ä n d e n längeren Zeitraum tatsächlich mitarbeitet oder o b er von vornherein von einer Betätigung innerhalb des U n t e r n e h mens Abstand nimmt. F ü r freiberufliche Aktivitäten von Partnern in einer Partnerschaft greift dieser G e d a n k e ohnehin nicht, weil § 6 Abs. 2 P a r t G G die B e f u g nis zur Berufsausübung gewährleistet und nur den vertraglichen Ausschluß von der F ü h r u n g sonstiger, außerberuflicher Geschäfte erlaubt. 6 2 D a m i t ist die nicht an einen wichtigen G r u n d gebundene, 6 3 freie nachträgliche Ausschließbarkeit von beruflicher Mitarbeit unvereinbar. F e r n e r ist es zweifelhaft, die Zulässigkeit einer freien A b b e r u f b a r k e i t schlicht darauf zu stützen, daß der betroffene Gesellschafter - bzw. sein Rechtsvorgänger - zugestimmt hat. H i e r f ü r ist es nicht erforderlich, das verbreitete Vorverständnis 6 4 in Frage zu stellen, nach dem sich (angehende) Gesellschafter - im Gegensatz zu (künftigen) A r b e i t n e h m e r n - stets auf gleicher E b e n e begegnen und sich eine inhaltliche U b e r p r ü f u n g gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen an sich erübrigt. W i e der B G H klargestellt hat, sind gesellschafterliche A b r e d e n nämlich auch bei gleich starken Verhandlungspositionen an § 138 B G B bzw. A r t . 12 Abs. 1 G G zu messen. 6 5 Schließlich lassen sich für eine E i n s c h r ä n k u n g der beliebigen Beendbarkeit von Tätigkeitsbeziehungen auch r e c h t s ö k o n o m i s c h e Aspekte ins Feld führen. E i n e jederzeit statthafte A b b e rufung verringert für den Beteiligten nämlich den Anreiz z u m E r w e r b unternehmensspezifischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die für den E r f o l g der Gesellschaft wichtig sind, außerhalb von ihr aber nicht eingesetzt werden k ö n n e n und deshalb bei einem E n d e der Mitarbeit entwertet würden. 6 6 61 Düringer/Hachenburg/WecÄtÄei'm, HGB, 3. Aufl., § 119 Anm. 3; A. Hueck, FS Heymann, Bd. 2 (1931), S. 700, 720 ff.; ders., OHG, 4. Aufl., § 10 VII 11 b, S. 158 f. 62 Zur zwingenden Wirkung von § 6 Abs. 2 PartGG vgl. Henssler, PartGG, § 6 Rn. 47. 63 Zur Zulässigkeit des Entzugs der freiberuflichen Tätigkeit siehe oben sub (a). 64 Siehe nur Bunte, ZIP 1985, 915, 917; R. Fischer, FS Barz (1974), S. 33, 37; Koller, DB 1984, 545, 547. 65 BGH vom 29.10.1990, NJW 1991, 699. 66 Vgl. die entsprechenden Überlegungen zur ökonomischen Sinnhaftigkeit des arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes; dazu Behrens, ZfA 1989, 209, 233 f.; Eger/Weise, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Arbeitsrecht, S. 48, 76. Zur Unterscheidung zwischen gene-

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die

(bb) Zeitlicher

Mitgesellschafter

629

Schutz

U m die L ö s u n g der Interessenabwägung dogmatisch abzusichern und Friktionen zu vermeiden, empfiehlt es sich, sie möglichst weitgehend in das rechtliche U m feld einzubetten. Insoweit zeigt zunächst ein B l i c k auf § 38 A b s . 1 G m b H G , daß das G e s e t z für diesen Bereich eine jederzeitige grundlose A b b e r u f u n g des G e schäftsführers vorsieht, wobei diese Regelung vorbehaltlich eines Sonderrechts auch für Gesellschafter-Geschäftsführer gilt 6 7 . D i e gesetzliche Regelung räumt dem Interesse der Mitgesellschafter, einen Verlust des Vertrauens in die F ü h rungsqualität des Leitungsorgans nicht k o n k r e t nachweisen zu müssen, damit den Vorrang vor dem Bestandsschutzinteresse des Organmitglieds ein. Dies m u ß im H i n b l i c k auf geschäftsführende Personengesellschafter angesichts der i m m e n sen Haftungsrisiken für persönlich haftende Gesellschafter in G b R , O H G , K G und stiller Gesellschaft erst recht gelten. D e r Fortbestand der Geschäftsführungsbefugnis als solcher kann deshalb in das freie Belieben der Mitbeteiligten gestellt werden. W i e ein weiterer B l i c k auf das Körperschaftsrecht belegt, bedeutet dies entgegen der bislang vorherrschenden Sichtweise im Schrifttum j e d o c h n o c h nicht zwangsläufig, daß auch die Tätigkeitsvergütung mit dem grund- und fristlosen E n t z u g der Geschäftsführungsbefugnis zeitgleich entfallen muß. N a c h vielfach vertretener Ansicht kann zwar vereinbart werden, daß die Beendigung der Organstellung zugleich das E n d e des Anstellungsvertrages inhaltlich legitimiert, sei es durch eine auflösende Bedingung oder durch eine Einstufung des Widerrufs der Bestellung als wichtigen G r u n d für die Kündigung des Anstellungsvertrages. 6 8 D i e Rechtsprechung hat aber die bis O k t o b e r 1993 geltende Fassung der Kündigungsfristen des § 622 Abs. 1 B G B schon seit langem auf solche Organmitglieder analog angewendet, die nicht zugleich die Stellung eines beherrschenden Gesellschafters innehaben, mögen sie auch maßgeblich am U n t e r nehmen beteiligt sein. 6 9 D e r H i n t e r g r u n d besteht zum einen in der Erkenntnis, daß auch Organmitglieder von der Gesellschaft wirtschaftlich abhängig sein k ö n nen. Z u m anderen höhlt ein zwingender Sozialschutz zumindest dann, wenn er sich auf ein bloßes zeitliches Hinausschieben der Beendigung des Anstellungsver-

rellen und firmenspezifischen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten grdl. G. Becker, J. Pol. Econ. 70 (1962), Suppl., S. 9 ff.; aus jüngerer Zeit eingehend Blair, in: Blair/Roe (Ed.), Employees and Corporate Governance, S. 58 ff.; zur Faktorspezifität ferner Williamson, Institutionen, S. 60 ff. 67 Siehe dazu aber unter dem Aspekt der Treuepflicht auch noch unten sub (2). 68 Vgl. nur Lutter/Hommelhoff GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 46; Hachenburg/Sto«, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rn. 17; Baumbach/Hueck/2ö//«er, GmbHG, 17. Aufl., § 35 Rn. 110, 114; a. A. Eckardt, Beendigung der Vorstands- und Geschäftsführerstellung, S. 152 ff. 69 B G H vom 29.1.1981, B G H Z 79, 291, 292 ff.; B G H vom 11.5.1981, N J W 1981, 2748, 2749; B G H vom 26.3.1984, B G H Z 91, 217, 220 f.; B G H vom 9.3.1987, N J W 1987, 2073, 2074 (Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH mit KG); B G H vom 29.5.1989, N J W 1989, 2683, 2684; B G H vom 9.7.1990, B G H Z 112, 103, 115; O L G Hamm vom 27.1.1992, WM 1992, 914, 916; O L G München vom 8.6.1994, DB 1994, 1972, 1973; krit. im Hinblick auf maßgeblich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer Timm, ZIP 1987, 69, 76.

630

§ 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

träges beschränkt, nicht die Freiheit des zuständigen Organs zur jederzeitigen Abberufung eines Geschäftsleiters von seinem Amt aus. Dabei ist es in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse, daß der B G H den Rechtsgedanken des § 622 Abs. 1 B G B a. F. auch auf Vorstandsmitglieder einer A G übertragen hat, 70 den Schutz also nicht etwa von vornherein auf solche Organmitglieder beschränkt hat, die bereits als Arbeitnehmer eingestuft werden können 7 1 . An dieser Rechtslage hat die Neufassung des § 622 B G B durch das Kündigungsfristengesetz vom Oktober 1993 nach überwiegender Ansicht nichts geändert. 72 Dabei wird man - entsprechend der früheren Judikatur 7 3 - von einer zwingenden Regelung auszugehen haben. 74 Diese Überlegungen lassen sich durchaus für geschäftsführende Personengesellschafter nutzbar machen. Wenn ein solcher Mitarbeiter nur geringfügig an der Gesellschaft beteiligt ist und sich sein Einkommen im wesentlichen aus der Tätigkeitsvergütung speist, unterscheidet sich seine Lage in wirtschaftlicher Hinsicht nicht wesentlich von derjenigen eines nur unmaßgeblich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers einer G m b H . Aus diesem Grunde ist ein gesellschaftsvertraglich für die Geschäftsführung verankertes festes Entgelt bei einem grundlosen Entzug der Geschäftsführungsbefugnis für die Dauer einer § 622 B G B entsprechenden Frist dann weiterzugewähren, wenn der betroffene Personengesellschafter außer seiner Tätigkeitsvergütung keinen nennenswerten Anteil an den Unternehmenserträgen erhält. Demgegenüber schießt Huber mit seiner erwähnten Überlegung, die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis als solche generell an die Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist zu binden, 7 5 in zweifacher Hinsicht über das Ziel hinaus: Erstens harmoniert sie nicht mit § 38 Abs. 1 G m b H G und schafft für die übrigen Gesellschafter ein zu hohes Gefährdungspotential. Zweitens ist ein spezieller Entgeltschutz für einen Zeitraum der Umorientierung dann entbehrlich, wenn der betroffene Gesellschafter in einem so

B G H vom 11.5.1981', N J W 1981, 2748, 2749; B G H vom 29.5.1989, N J W 1989, 2683, 2684. Siehe dazu oben sub § 6 IV 3, V 1 b aa (1) u. bb. Den Status ausdrücklich für unerheblich erklärend auch B G H vom 9.3.1987, N J W 1987, 2073, 2074. 7 2 L A G Köln vom 18.11.1998, N Z A - R R 1999, 300 f.; L G Berlin vom 7.12.2000, G m b H R 2001, 301 L; Bauer, B B 1994, 855, 856; RowedderIKoppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 33, 38; Lunk, ZIP 1999, 1777,1780; Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., Anh. § 6 Rn. 53 f., Nägele, B B 2001, 305, 310; Staudinger/Preis, B G B , 13. Bearb, § 622 Rn. 14; Reiserer, D B 1994, 1822, 1823 f.; Hachenburg/Siez«, G m b H G , 8. Aufl., § 38 Rn. 18; offen gelassen durch L A G Berlin vom 30.6.1997, AP Nr. 41 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2 b); a. A. Hoffmann/Liebs, GmbH-Geschäftsführer, 2. Aufl., Rn. 266; Hümmerich, N J W 1995, 1177, 1179 f.; Palandt/Putzo, B G B , 61. Aufl., § 6 2 2 Rn. 4; für eine bloße regelmäßige Geltung kraft Auslegung Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 127. 73 Vgl. B G H vom 11.5.1981, N J W 1981, 2748, 2749; B G H vom 29.5.1989, N J W 1989, 2683, 2684; B G H vom 9.7.1990, B G H Z 112, 103, 115. 74 Bauer, B B 1994, 855, 856; ohne Berücksichtigung der gegenteiligen Rechtsprechung des B G H zu § 622 Abs. 1 B G B a. F. ausdrücklich a. A. L A G Berlin vom 30.6.1997, AP Nr. 41 zu § 5 A r b G G 1979 (unter II 2 b); zust. Oetker, E W i R § 3 5 G m b H G 1/98, 65, 66; ebenso Baumbach/ Hueck/Zö//ner, G m b H G , 17. Aufl., § 35 Rn. 127. 75 Z G R 1980, 177,201. 70 71

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

631

umfassenden Maße am Unternehmensgewinn partizipiert, daß der Verlust einer etwaigen Tätigkeitsvergütung daneben nicht ins Gewicht fällt.

(cc) Inhaltlicher

Bestandsschutz

Hiermit ist allerdings noch nicht die Frage nach einem weitergehenden inhaltlichen Bestandsschutz beantwortet. Einen Anknüpfungspunkt bildet die Überlegung des BGH, daß die Abberufung vom Amt des Geschäftsführers bei einem gleichzeitigen Verlust der Tätigkeitsvergütung den Betroffenen so intensiv in seinen Mitgliedschaftsrechten beeinträchtigen kann, daß ihm ein Verbleib in der Gesellschaft nicht zuzumuten ist. 76 Die Entfernung aus der Geschäftsführerstellung kann in ihrer Wirkung daher an einen Ausschluß aus der Gesellschaft heranreichen. 7 7 Ein freies Ausschließungsrecht soll nach der neueren Rechtsprechung aber zumindest grundsätzlich nicht mehr vereinbart werden können. Seit den siebziger Jahren schränkt die Judikatur die von ihr zwischenzeitlich 7 8 für zulässig gehaltene Möglichkeit eines Rechts zur Ausschließung nach freiem Ermessen nämlich wieder ein und verlangt für die Wirksamkeit einer solchen Klausel eine besondere Rechtfertigung, 7 9 was im Schrifttum verbreitet auf Zustimmung, 8 0 allerdings zum Teil auch auf scharfe Ablehnung 8 1 gestoßen ist. Zur Begründung beruft sich der B G H in erster Linie auf die anderenfalls entstehende persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Betroffenen vom Willen des ausschließungsberechtigten Gesellschafters. Wenn über einem Gesellschafter das „Damoklesschwert der Hinauskündigung" 8 2 schwebe, sei zu befürchten, daß er in seiner Entschließungs- und Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt sei und deshalb von seinen gesellschafterlichen Rechten keinen Gebrauch

BGH vom 23.10.1972, NJW 1973, 651. BGH vom 23.10.1972, NJW 1973, 651; ebenso Huber, ZGR 1980, 177, 201. 78 RG vom 23.3.1938, ZAkDR 1938, 818 f.; BGH vom 7.5.1973, NJW 1973, 1606; anders noch RG vom 21.10.1924, RGZ 109, 80, 82. 79 Vgl. BGH 20.1.1977, BGHZ 68, 212, 215; BGH vom 13.7.1981, BGHZ 81, 263, 266 ff.; BGH vom 3.5.1982, BGHZ 84, 11, 14 ff.; BGH vom 25.3.1985, NJW 1985, 2421, 2422 f.; BGH vom 21.3.1988, BGHZ 104, 50, 57 ff.; BGH vom 19.9.1988, BGHZ 105, 213, 216 f.; BGH vom 5.6.1989, BGHZ 107, 351,353 ; BGH vom 9.7.1990, BGHZ 112, 103, 107 f. (GmbH); BGH vom 7.2.1994, BGHZ 125, 74, 79 f. 80 SocrgeV Hadding, BGB, 10. Aufl., §737 Rn. 7; Baumbach///o/>t, HGB, 30. Aufl., §140 Rn. 24; Schlegelberger/K Schmidt, HGB, 5. Aufl., §140 Rn. 79; Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 56 ff.; MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., §737 Rn. 16; Wiedemann, FS R. Fischer (1979), S. 883, 897 f.; grds. auch Hennerkes/Binz, NJW 1983, 73, 76 f. 81 Bunte, ZIP 1983, 8, 14 f.; Flume, DB 1986, 629, 632 f.; Koller, DB 1984, 545, 546 {{.-,Kühler, FS Sigle (2000), S. 183, 193 ff.; Sigle, FS Semler (1993), S. 767, 770 f.; Weber/Hikel, NJW 1986, 2752, 2753 f.; für Gesellschaften mit geringer Mitgliederzahl auch Grunewald, Ausschluß, S. 222 ff.; differenzierend Behr, ZGR 1985, 475, 487 ff.; abl. auch Kreutz, ZGR 1983, 109, 113 ff., der aber über den Bestimmtheitsgrundsatz zum Erfordernis konkreter Gründe für eine Hinauskündigung gelangt (S. 120 f.). 82 So die vom BGH übernommene plastische Wendung von Schilling, ZGR 1979, 419, 426. 76 77

632

§ 12 Beendigung von

Tätigkeitsbeziehungen

mache. 8 3 Von dieser auf die „psychologische Z w a n g s l a g e " 8 4 abstellenden A r g u mentation deutlich zu unterscheiden 8 5 ist der v o m B G H eigenständig angesprochene Gesichtspunkt eines durch die Hinauskündigung erfolgenden Eingriffs in die Berufsfreiheit im Falle einer aktiven Mitarbeit des Gesellschafters. 8 6 D e m e n t sprechend will Odersky

in die A b w ä g u n g nach § 138 Abs. 1 B G B ausdrücklich

auch Art. 12 Abs. 1 G G einfließen lassen. 8 7 E i n e n o c h stärkere B e t o n u n g dieses G e d a n k e n s findet sich bei Wiedemann,

der die Vereinbarung eines beliebigen

Entzugs der Mitgliedschaft bei einem Gesellschafter, dessen Verbandszugehörigkeit die notwendige Voraussetzung für die Berufsausübung bildet, als einen Verstoß gegen die Wertung des Art. 12 A b s . 1 G G einstuft. 8 8 Schließlich hat der B G H bei Massenanlagegesellschaftern darüber hinaus das Argument ins Feld geführt, daß der Ausschließungsberechtigte auf diese Weise die Risiken zunächst bei den Anlegern belassen, die F r ü c h t e eines Unternehmenserfolges aber für sich vereinnahmen k ö n n e . 8 9 F ü r das hier allein interessierende P h ä n o m e n der aktiven Mitarbeit von Gesellschaftern spielt dieser A s p e k t indes keine R o l l e und m u ß deshalb nicht vertieft werden. Betrachtet man zunächst den hier vorrangig interessierenden spezifischen B e standsschutz für kooperationsrechtliche Mitarbeit als solche, so ist mit dem berufsrechtlichen Ansatz keineswegs schon das Verdikt über Hinauskündigungsklauseln

gegenüber

geschäftsführenden

Personengesellschaftern

gesprochen.

Zwar besteht im Grundsatz weithin Einigkeit darüber, daß beim Ausschluß eines - geschäftsführend - mitarbeitenden Gesellschafters anders als bei einem Anlagegesellschafter nicht nur allgemeine mitgliedschaftliche, sondern spezielle berufliche Interessen 9 0 betroffen sind. 9 1 Indes gibt es in der Literatur mehrere Stimmen, die jedenfalls bei geschäftsführenden Personengesellschaftern gegen eine freie Ausschließbarkeit unter dem hier vorrangig interessierenden Gesichtspunkt des 83 BGH vom 13.7.1981, BGHZ 81, 263, 266 ff.; BGH vom 25.3.1985, NJW 1985, 2422, 2423; BGH vom 19.9.1988, BGHZ 105, 213, 216 f.; BGH vom 9.7.1990, BGHZ 112, 103, 108; BGH vom 7.2.1994, BGHZ 125, 74, 79. 84 So BGH vom 19.9.1988, BGHZ 105, 213, 219. 85 Ebenso H. P. Westermann, FG 50 Jahre BGH, Bd. II (2000), S. 245, 253. 86 BGH vom 25.3.1985, NJW 1985, 2421, 2422. Vermengung beider Ansätze bei Loritz, JZ 1986, 1073, 1074. 87 ZGR-Sonderheft Nr. 13 (1998), 103, 110. 88 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 2 a cc, S. 387; in diesem Sinne auch Röttger, Kernbereichslehre, S. 181; krit. gegenüber der Heranziehung von Art. 12 Abs. 1 GG aber Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S.314. Gegen eine Differenzierung zwischen „vollzeitbeschäftigten" und „teilzeitbeschäftigten" Komplementären ferner Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 65. 89 BGH vom 3.5.1982, BGHZ 84, 11, 14; BGH vom 21.3.1988, BGHZ 104, 50, 57 f.; BGH vom 7.2.1994, BGHZ 125, 74, 79 f. 90 Zum Charakter der aktiven Betätigung in der Gesellschaft als Beruf siehe bereits oben sub §1 Imit Fn. 20. 91 Siehe - neben Odersky und Wiedemann - Bunte, ZIP 1985, 915, 916; Grunewald, Ausschluß, S. 9, 221; Huber, ZGR 1980, 177, 20V, Jung, JZ 2001, 1004, 1011; Sandrock,]K 1969, 323, 325; U. H. Schneider, ZGR 1972, 357, 379; H. P. Westermann/Pöllath, Abberufung, 3. Aufl., S. 120.

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die

Mitgesellschafter

633

beruflichen Bestandsschutzes nichts einzuwenden haben. 9 2 Dies soll insbesondere für Gesellschafter ohne Kapitalanteil gelten. 9 3 D a b e i ist es allerdings wenig befriedigend, wenn Grunewald

zwar zunächst darauf aufmerksam macht, daß ein

Ausschluß bei allen aktiv tätigen Beteiligten zum Verlust der mitgliedschaftlichen Arbeitsmöglichkeit führen kann, 9 4 diesen G e d a n k e n dann aber nicht weiterverfolgt, sondern sich nur für die N o t w e n d i g k e i t einer K o m p e n s a t i o n für den Verlust einer etwaigen Vermögensbeteiligung ausspricht 9 5 . F e r n e r kann es jedenfalls im H i n b l i c k auf mitarbeitende Gesellschafter nicht überzeugen, die Wirksamkeit von Hinauskündigungsklauseln allein mit der von Flume

entwickelten R e c h t s f i -

gur der „Gesellschafter minderen R e c h t s " legitimieren zu wollen. D a n a c h seien Klauseln, die einzelnen Gesellschaftern oder einer G r u p p e von Gesellschaftern das R e c h t einräumen, andere Mitglieder nach freiem Ermessen auszuschließen, schon deshalb unbedenklich, weil eine solche Regelung zeige, daß es sich bei den hiervon B e d r o h t e n um Gesellschafter minderen Rechts handele. 9 6 D u r c h eine solche K o n s t r u k t i o n wird das Bestandsschutzproblem umschifft, nicht aber gelöst. 9 7 D e m g e g e n ü b e r leuchtet es, was im übrigen auch von Flume

nicht übersehen

wird, 9 8 wiederum am meisten ein, einen B l i c k auf andere einschlägige B e s t i m mungen und G r u n d s ä t z e zu werfen. Zunächst einmal hat der Gesetzgeber in § 14 Abs. 1 N r . 2 K S c h G - vertretungsberechtigte - Personengesellschafter aus dem Anwendungsbereich des K S c h G ausgeschlossen. Ungeachtet der Frage, o b es sich hierbei um eine konstitutive oder nur um eine deklaratorische Vorschrift handelt, 9 9 kann man dies jedenfalls als ein gesetzliches A n z e i c h e n gegen einen sozialen Bestandsschutz für diesen Personenkreis werten. Sodann bietet sich ein Vergleich mit den Regeln an, die gelten würden, wenn der betroffene Gesellschafter seine geschäftsführende Tätigkeit auf der Basis eines echten Anstellungsvertrages ausüben würde. Insbesondere die H e r e i n n a h m e eines Gesellschafters ohne Kapitalanteil stellt nämlich ein durch das Prinzip der Selbstorganschaft bedingtes Äquivalent für einen - insbesondere bei der G m b H ohne weiteres möglichen gesellschaftsfremden Geschäftsführer dar. 1 0 0 E i n G m b H - G e s c h ä f t s f ü h r e r

ge-

92 Flume, JZ 1985, 1106, 1107 f.; ders., DB 1986, 629, 632 f.; Huber, ZGR 1980, 177, 194 f., 200 f.; Koller, DB 1984, 545, 546 ff.; Loritz, JZ 1986,1073,1075,1080 f.; Weber/Hikel, NJW 1986, 2752, 2753 f.; in bestimmten Fällen auch Behr, ZGR 1985, 474, 494 ff. 93 Ebenso H. Westermann, FS Larenz (1983), S. 723, 727. 94 Ausschluß, S. 221 mit Fn. 387. 95 Ausschluß, S. 222 f. 96 Personengesellschaft, §10 III, S. 137 f.; dm., Juristische Person, § 8 II Fn. 60, S. 273 f.; ders., DB 1986, 629, 633; im wesentlichen zust. Eiselt, FG von Lübtow (1980), S. 643, 644 f., 653 ff. 97 Kritisch auch Behr, ZGR 1985, 474, 492; R. Fischer, ZGR 1979, 251, 263.; Hennerkes/ Binz, NJW 1983, 73, 76. 98 JZ 1986, 1106, 1107 f. 99 Siehe dazu noch weiter im Text. 100 Vgl. etwa Huber, ZGR 1980,177, 194; Loritz, JZ 1986,1073, 1078; Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 93 f.

634

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

meßt aber zumindest regelmäßig gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 K S c h G ebenfalls keinen allgemeinen Kündigungsschutz. Ein derartiger Schutz wird auch nicht unmittelbar durch Art. 12 Abs. 1 G G gefordert. Daran vermag das in den letzten Jahren geschärfte Bewußtsein für die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Kündigungsschutzes 1 0 1 nichts zu ändern. Wenn der Anstellungsvertrag eines angestellten GmbH-Geschäftsführers aber jedenfalls im Grundsatz gekündigt werden kann, ohne daß es hierfür eines sachlichen oder gar wichtigen Grundes bedarf, kann man eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die bei einem geschäftsführenden Personengesellschafter eine vergleichbare Situation herbeiführt, nicht unter dem Aspekt des beruflichen Bestandsschutzes als sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 B G B in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 G G einstufen. 1 0 2 Allerdings stützt sich der B G H entsprechend den obigen Darlegungen nicht nur und nicht einmal in erster Linie auf berufsrechtliche Aspekte, sondern auf die Notwendigkeit einer generellen Absicherung der Entscheidungs- und Entschließungsfreiheit des einzelnen Gesellschafters. D a diese Ableitung auf einer anderen Ebene liegt, kann man ihr nicht einfach durch einen Hinweis auf den fehlenden gesetzlichen Bestandsschutz für organschaftliche Mitarbeit den Boden entziehen, wie das manche Kritiker der Judikatur offenbar meinen. Vielmehr ist im Prinzip einer Aushöhlung

gesellschafterlicher

Teilhaberechte

entgegenzutreten,

die

durch die vertragliche Befugnis geschaffen wird, einen Gesellschafter grundlos aus der Gesellschaft entfernen zu können. 1 0 3 Eine reine Ausübungskontrolle kann den notwendigen Schutz nicht leisten, zumal man schwerlich in einem ersten Schritt eine Klausel anerkennen kann, die einen Ausschluß nach freiem Belieben rechtfertigt, um die konkrete Hinauskündigung dann in einem zweiten Schritt an sachliche Gründe zu binden. 1 0 4 In derartigen Konstellationen liegen mit der Begrenzung des freien Ausschließungsrechts auf der einen und der oben angesprochenen freien Entziehbarkeit der Geschäftsführungsbefugnis auf der anderen Seite demnach zwei divergierende Grundsätze vor, die sich jedenfalls dann nicht durch den Hinweis darauf harmonisieren lassen, daß der Verlust der Gesellschafterstellung ungleich schwerer als der Verlust der Geschäftsführerstellung wiege, 1 0 5 wenn sich die Gesellschaf101 Dazu BVerfG vom 27.1.1998, BVerfGE 97, 169, 175 ff.; Oetker, RdA 1997, 9 ff.; Otto, FS Wiese (1998), S. 353, 358 ff.; ders., J Z 1998, 852, 853. 102 Flume, J Z 1985, 1106, 1107; Koller, D B 1984, 545, 546 ff.; Sigle, FS Semler (1993), S. 767, 770 f. Im Erg. auch Loritz, J Z 1986, 1073, 1078, der sich hierfür aber nur schwer verständlich auf § 14 Abs. 2 KSchG beruft. Würde Loritz diese Parallele konsequent weiterverfolgen, müßte der Gesellschaftsvertrag auch bei einem Gesellschafter ohne Kapitalanteil eine angemessene Abfindung vorsehen. Insoweit nicht überzeugend Schöne, Gesellschafterausschluß, S. 98 ff., der den Blick nur auf Vorstandsmitglieder und leitende Angestellte richtet und die Vergleichsgruppen zudem nicht hinreichend auswertet. Dasselbe gilt für Röttger, Kernbereichslehre, S. 181 f., der ohne triftigen Grund eine Parallele zum GmbH-Geschäftsführer ablehnt. 1 0 3 Schlegelberger/K Schmidt, 5. Aufl., § 140 Rn. 79; M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 737 Rn. 16. 104 In diese Richtung aber Loritz, 1986, 1073, 1080 ff. 105 So indes SchlegelbergerIMartens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 53.

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

635

terposition im wesentlichen in den aus der Geschäftsführertätigkeit resultierenden Rechten erschöpft. Dies belegt die erwähnte Entscheidung des B G H wie auch ein vergleichender Blick auf das G m b H - R e c h t , bei dem sich eine Reihe von Stimmen gegen die Vorstellung wendet, die Entziehung eines Sonderrechts sei in jedem Falle eine weniger einschneidende Maßnahme als der Ausschluß aus der Gesellschaft 1 0 6 . Ein Ausweg aus diesem Dilemma kann nach dem Dargelegten nicht darin bestehen, bereits den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis kraft Gesetzes an einen sachlichen Grund zu knüpfen. In einer Personengesellschaft muß zumindest die Möglichkeit offenstehen, die Geschäftsführung vom unkontrollierbaren Vertrauen der übrigen Gesellschafter abhängig zu machen. Außerdem wird der Geschäftsleiter hierdurch zu einem Verhalten angespornt, das eine Abberufung wegen Vertrauensverlustes erübrigt. 1 0 7 Ein Ausgleich der gegenläufigen Strömungen erscheint indes dadurch erreichbar, daß man auch bei einem geschäftsführenden Personengesellschafter in Anlehnung an körperschaftliche Vorstellungen die Geschäftsführungsbefugnis und die persönliche Rechtsstellung entkoppelt. Möglich ist dies, indem man einem geschäftsführenden Personengesellschafter, der ohne einen sachlichen Grund seines Amtes enthoben wird und dadurch seine Tätigkeitsvergütung an sich einbüßen würde, das gesellschafterliche Recht auf eine angemessene Mitarbeit unterhalb der Geschäftsführungsebene einräumt. In konstruktiver Hinsicht läßt sich dies durch eine Vertragsänderung qua Treuepflicht verwirklichen. Sofern im Unternehmen keine entsprechende Stelle zur Verfügung steht bzw. mit zumutbarem Aufwand eingerichtet werden kann, bildet dies aber einen sachlichen Grund für den völligen Fortfall des Rechts auf - vergütete - Dienstleistungen. Wenn die Rechtsstellung eines geschäftsführenden Gesellschafters - nur - nach Maßgabe der genannten Voraussetzung verschlechtert werden kann, besteht keine Gefahr, daß er sich von der Wahrnehmung seiner Rechte durch die Drohung der Abberufung abhalten läßt. Eine Hinauskündigung nach freiem Belieben ist allerdings dann als zulässig anzusehen, wenn es sachliche Gründe für einen geminderten Schutz gerade der gesellschafterlichen Teilhaberechte gibt. An dieser Stelle kann die Überlegung, daß der betroffene Gesellschafter zwar nicht formell, aber materiell ein im Personengesellschaftsrecht nicht zulässiges Fremdorgan darstellt, tatsächlich zum Zuge kommen. In einem solchen Falle ist nämlich nicht nur der berufsrechtliche Bestandsschutz herabgesenkt. Vielmehr kann auch davon gesprochen werden, daß alle einem solchen Gesellschafter zustehenden Verwaltungsrechte letztlich den Interessen der übrigen Beteiligten dienen sollen. 1 0 8 Es fehlt somit an einem hinreichenden Eigeninteresse des betroffenen Gesellschafters, das durch das „Damoklesschwert der Hinauskündigung" bedroht werden könnte. Demnach ist in einer derartigen Konstellation im Grundsatz eine Vereinbarung möglich, die 106 Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastnch, G m b H G , 17. Aufl., § 14 Rn. 18; Hachenburg/ÄiHser, G m b H G , 8. Aufl., § 14 Rn. 25; Scholz///. Winter, G m b H G , 9. Aufl., § 14 Rn. 27. 107 Ebenso Kubier, FS Sigle (2000), S. 183, 193. 108 In diesem Sinne auch Behr, Z G R 1985, 475, 495.

636

5 12 Beendigung von

Tätigkeitsbeziehungen

einen grundlosen Ausschluß erlaubt. Wenn aber eine völlige Ausschließung ohne weiteres möglich ist, gibt es für Beschränkungen der isolierten Entziehbarkeit der Geschäftsführerstellung bei fortbestehender Gesellschaftereigenschaft keine zureichenden G r ü n d e . I m übrigen sei darauf hingewiesen, daß der k o n k r e t e Beschluß, durch den die Geschäftsführungsbefugnis entzogen wird, trotz der gesellschaftsvertraglichen Freistellung v o m Vorliegen eines Grundes n o c h einer Ausübungskontrolle zu unterziehen ist. D i e dabei anzuwendenden Maßstäbe dürfen die grundsätzliche Zulässigkeit des Verzichts auf einen sachlichen G r u n d aber nicht konterkarieren. So kann man aus der gesellschafterlichen Treuepflicht sicherlich ableiten, daß die A b b e r u f u n g nicht auf (nachweislich) sachwidrigen G r ü n d e n beruhen darf. 1 0 9 Wenn Martens

darüber hinaus eine angemessene Berücksichtigung der Interessen

des betroffenen Gesellschafters f o r d e r t , 1 1 0 so ist dies mit seiner eigenen G r u n d aussage, nach der ein freier E n t z u g der Geschäftsführungsbefugnis vereinbart werden kann, indes kaum n o c h in Einklang zu bringen. 1 1 1 D i e soeben dargelegten Grundsätze k ö n n e n freilich nur für den Fall gelten, daß der geschäftsführende Personengesellschafter eine im wesentlichen selbständige Position innehat. Fehlt es daran, so fällt im H i n b l i c k auf die Rechtfertigung von Hinauskündigungsklauseln der Vergleich mit gesetzestypischen F r e m d g e schäftsführern einer G m b H in sich zusammen und es ist statt dessen an eine Ü b e r t r a g u n g des arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes zu denken. H i e r f ü r genügt es allerdings nicht, auf die allgemeine wirtschaftliche Abhängigkeit des betroffenen Gesellschafters zu verweisen. Vielmehr m u ß der Gesellschaftsvertrag so ausgestaltet sein, daß der geschäftsführende Personengesellschafter in seinen dienstlichen Verrichtungen den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt und damit eine einem A r b e i t n e h m e r vergleichbare Stellung e i n n i m m t . 1 1 2 Einer Heranziehung des allgemeinen Kündigungsschutzes scheint indes § 14 Abs. 1 Nr. 2 K S c h G entgegenzustehen. Wie bereits erwähnt, enthält diese Vorschrift, die freilich nach ihrem Wortlaut nur auf die Vertretungsmacht, nicht aber auf die G e schäftsführungsbefugnis von Personengesellschaftern abhebt, nach verbreiteter Ansicht eine „negative F i k t i o n " . 1 1 3 Dies soll ausdrücklich auch für den Fall gelten, daß ein Gesellschafter den Weisungen seiner Mitbeteiligten unterliegt. 1 1 4 In der Sache entspricht das dem ganz herrschenden Verständnis des § 14 Abs. 1 N r . 1 K S c h G , der Organmitglieder juristischer Personen auch dann aus dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ausklammert, wenn der Anstellungsvertrag ausnahmsweise als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist. 1 1 5 D e m seinerzeit von

109 110 111 1.2 1.3

114 115

Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 53. In: Schlegelberger, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 53. Siehe insoweit auch noch die entsprechende Diskussion im GmbH-Recht unten sub (2). Zur grds. Zulässigkeit siehe oben sub § 6 IV 3 b aa u. c. Siehe oben sub § 6 II 1 mit Fn. 58. KR-Rost, 6. Aufl., § 14 KSchG Rn. 16. B A G vom 15.4.1982, AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969 (unter B II 3 a aa); Brachen, Organ-

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter

63 7

Groß116 unternommenen Vorstoß, § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG teleologisch zu reduzieren, wird zwar eine gewisse Originalität bescheinigt. 117 In der Sache hält die h. M. aber strikt an der überkommenen Interpretation dieser Norm fest. Damit scheint auch dem Versuch einer Beschränkung von § 14 Abs. 1 Nr. 2 KSchG von vornherein ein Riegel vorgeschoben zu sein. Die Argumente der herrschenden Ansicht sind bei näherer Betrachtung jedoch zumindest nicht zwingend. Die der Einstufung als „negative Fiktion" zugrunde liegende Annahme, daß das Gesetz bewußt auch solche Tätigkeitsverhältnisse ausgrenze, die an sich als Arbeitsverhältnisse zu charakterisieren seien, findet in der Entstehungsgeschichte keine hinreichende Deckung. 118 Ferner hat das Rechtssicherheitsargument zwar eine allgemeine, keineswegs aber eine jeden gegenläufigen Gesichtspunkt aus dem Felde schlagende Geltung. Mit den Überlegungen der Gegenmeinung steht es freilich nicht viel besser. Angesichts der nur sehr unpräzisen Gesetzesbegründung ist es nicht möglich, einen eindeutigen Zweck herauszukristallisieren und darauf entsprechend den Darlegungen von Groß eine teleologische Reduktion stützen. In dieser Situation erscheint der Gedanke weiterführend, daß eine Ausklammerung von Personen aus einer begünstigenden Regelung vor dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 G G nur dann Bestand hat, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt. Dies ist bei vertretungsberechtigten Gesellschaftern ebenso wie bei Organmitgliedern juristischer Personen regelmäßig der Fall. Sofern ein derartiger Mitarbeiter aber die entsprechende Position nur formal innehat, im Innenverhältnis aber ebenso gebunden ist wie ein (leitender) Angestellter, ist nicht ersichtlich, welcher Sachgrund die Herausnahme aus dem bestandsrechtlichen Sozialschutz rechtfertigen soll. In einer solchen Konstellation muß der Wortlaut des § 14 Abs. 1 KSchG daher zurückweichen. Dies kann allerdings nur für solche außergewöhnlichen Gestaltungen gelten, in denen ein vertretungsberechtigter Personengesellschafter sich eindeutig in einer einem Arbeitnehmer vergleichbaren Stellung befindet bzw. der Anstellungsvertrag eines Organmitglieds als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist. In Grenzsituationen behält die „negative Fiktion" nach wie vor ihren guten Sinn, indem sie schwierige Ermittlungen in der Grauzone zu den Arbeitnehmermerkmalen für entbehrlich erklärt. Es soll also keineswegs einer flächendeckenden Ausweitung des sozialen Bestandsschutzes contra legem das Wort geredet werden. Wenn aber ein geschäftsführender und vertretungsberechtigter Personengesellschafter aufgrund einer entsprechenden Gestaltung des Gesellschaftsvertrages in einer eindeutig weisungsgebundenen Weise tätig ist, kann somit nicht zugleich vereinbart werden, daß er ohne jede inhaltliche Anforderung mitgliedschaft, S. 210 f.; Henssler, RdA 1992, 289, 293; v. Hoyningen/Huene/Linck, KSchG, 13. Aufl., § 14 Rn. 2a; KR-Rost, 6. Aufl., § 14 KSchG Rn. 6. 116 Groß, Anstellungsverhältnis, S. 341 ff. 117 Henssler, RdA 1992, 289,293. 118 Vgl. BT-Drucks. 1/2090 vom 27.3.1951, S. 15 f. (zu den §§ 12 lit. a, 15 Abs. 3 lit. a KSchG 1951) sowie BT-Drucks. V/3913 vom 24.2.1969, S. 9, und V/4376 vom 12.6.1969, S.2 (zu den §§ 14 Abs. 1 Nr. 1, 17 Abs. 5 Nr. 1 KSchG 1969).

638

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

entschädigungslos ausgeschlossen werden kann. Vielmehr muß sich die Hinauskündigungsklausel in diesen Fällen an den Grenzen messen lassen, die sich aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz ergeben. Dies bedeutet, daß es für die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses an sich eines sachlichen Grundes bedarf. Da auch ein solcher Beteiligter eine leitende Tätigkeit ausübt, muß der Gesellschaft um der Wertungsgleichheit zu den §§ 14 Abs. 2, 9 Abs. 1 S. 2 KSchG willen jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden, sich gegen eine angemessene Abfindung für den Verlust der Mitarbeitsmöglichkeit in jedem Falle vom Gesellschafter zu trennen. Für den Entzug der Geschäftsführungsbefugnis folgt aus diesen Grundsätzen, daß dem betroffenen Gesellschafter beim Fehlen eines sachlichen Grundes in Anlehnung an die obigen Ausführungen das gesellschafterliche Recht auf eine angemessene Mitarbeit unterhalb der Geschäftsführungsebene eingeräumt oder zumindest eine Abfindung gewährt werden muß. (2)

GmbH-Recht

Mit den für geschäftsführende Personengesellschafter entwickelten Vorgaben lassen sich auch die Fragen angehen, die im Hinblick auf geschäftsführende Gesellschafter einer G m b H auftreten, bei der die h. M. bekanntlich von vornherein strenger als bei Personengesellschaften zwischen Organverhältnis und Anstellungsverhältnis trennt. An dieser Stelle soll allerdings nur diejenige Geschäftsführungstätigkeit eines Gesellschafters angesprochen werden, die ihre Grundlage ausschließlich in der Mitgliedschaft findet. 119 Denkbar ist zunächst, daß einem geschäftsführenden Gesellschafter ein gesellschaftsvertragliches Recht 1 2 0 auf die Ausübung des Geschäftsführeramts zusteht. Ein derartiges Recht kann mit einer Nebenleistungspflicht im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G verbunden sein (Pflichtrecht). Möglich ist aber auch eine isolierte Vereinbarung eines bloßen Rechts wie auch einer bloßen Pflicht. 121 Für die Entstehung eines mitgliedschaftlichen Rechts auf die Geschäftsführung bedarf es einer entsprechenden - formwirksamen - Grundlage in der Satzung. 122 Dabei kann aus der Aufnahme der schlichten Bestellung eines Gesellschafters zum Geschäftsführer in den Gesellschaftsvertrag anerkanntermaßen nicht geschlossen werden, daß Zu Dienstverträgen bzw. Ausführungsverträgen siehe unten sub 2 u. 3. Hierbei kann es sich je nach Ausgestaltung um ein allgemeines Gesellschafterrecht oder um ein Sonderrecht im Sinne eines Vorrechts einzelner Gesellschafter handeln. Im folgenden soll insoweit generell von einem mitgliedschaftlichen Recht die Rede sein. Zur Terminologie siehe Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 14 Rn. 21. 121 Vgl. nur S c h o l z / E m m e r i c h , G m b H G , 9. Aufl., § 3 Rn. 60; Baumbach/Hueck/G. Hueck/ Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 Rn. 46, § 6 Rn. 15; Hachenburg/Wmer, G m b H G , 8. Aufl., § 3 Rn. 8 1 , 8 5 , 1 1 4 . 122 R G vom 4.2.1943, R G Z 170, 358,367 f.; B G H vom 4.11.1968, N J W 1969,131; Baumbach/ Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 6 Rn. 15; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 19 III 3 c bb, S. 558; Hachenburg/Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., § 6 Rn. 18; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 1, S. 381. 119

120

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

639

dem Betroffenen ein entsprechendes Recht zustehen soll. 1 2 3 Des weiteren ergibt sich auch aus der allgemeinen Ausgestaltung der Gesellschaft als personalistische G m b H jedenfalls nicht automatisch ein solches Recht. 1 2 4 Ferner muß die Existenz eines mitgliedschaftlichen Rechts von der satzungsrechtlichen Beschränkung der Abberufung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 38 Abs. 2 S. 1 G m b H G unterschieden werden. 1 2 5 Im übrigen ist das Bestehen eines mitgliedschaftlichen Rechts auf die Geschäftsführung eine Frage der Auslegung des konkreten Gesellschaftsvertrages, der hier nicht weiter nachgegangen werden soll. 1 2 6 Ein gesellschaftsvertragliches Recht auf die Geschäftsführung verleiht einem geschäftsführenden Gesellschafter eine starke Position zur Wahrung seiner beruflichen Interessen. D a eine Abberufung vom Amt des Geschäftsführers in dieses Recht eingreifen würde, kann der Betroffene in einer solchen Situation entsprechend § 35 B G B grundsätzlich nur mit seiner Zustimmung abberufen werden. Ein gleichwohl gefaßter Abberufungsbeschluß ist unwirksam. 1 2 7 Die zur Labilität der Geschäftsleiterstellung führende jederzeitige Widerruflichkeit nach § 3 8 Abs. 1 G m b H G wird hierdurch ausgeschaltet. Eine Ausnahme gilt freilich beim Vorhandensein eines wichtigen Grundes. Dabei muß zwischen der Abberufung und der Aufhebung des mitgliedschaftlichen Rechts auf die Geschäftsführung differenziert werden. 1 2 8 Wenn ein wichtiger Grund vorliegt, kann ein geschäftsführender Gesellschafter trotz eines entsprechenden mitgliedschaftlichen Rechts abberufen werden. 1 2 9 Hierin liegt für sich genommen keine Satzungsänderung. 1 3 0 In verfahrensrechtlicher Hinsicht bedarf es deshalb im Grundsatz nur 1 2 3 Vgl. nur B G H vom 4.11.1968, N J W 1969, 131; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbH G , 3. Aufl., § 6 Rn. 18; Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., § 3 Rn. 47; Baumbach/Hueck/ Zöllner, G m b H G , 17. Aufl., § 38 Rn. 5. 124 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 2; Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 3; Scholz/t/. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 38 Rn. 17; Hachenburg/Stein, G m b H G , 8. Aufl., § 38 Rn. 21; anders R. Fischer, FS W. Schmidt (1959), S. 117, 121; Winkler, D N o t Z 1969, 394, 413; insoweit großzügig auch Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 95. Demgegenüber dürfte Limbach, G m b H R 1968, 181 f. kein Sonderrecht vor Augen haben, sondern eine aus der Treuepflicht resultierende Einschränkung der Abrufbarkeit; siehe dazu noch unten im Text. 1 2 5 R G vom 11.2.1916, LZ 1916, Sp. 809; Baums, Geschäftsleitervertrag, S.315; Flume, Juristische Person, § 10 I 3, S. 348 Fn. 38; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 95; Baumbach/Hueck/Zö//«er, G m b H G , 17. Aufl., § 38 Rn. 7. Siehe hierzu sogleich im Text. 126 Siehe dazu auch oben sub § 5 IV 1 b bb (2). 127 Siehe nur B G H vom 10.11.1954, B G H Z 15, 177, 181; B G H vom 30.11.1961, W M 1962, 201; B G H vom 13.7.1967, B G H Z 48, 141,143; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 315; Rowedder/ Koppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 20. 1 2 8 Vgl. Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 98; Flume, Juristische Person, § 7 I 2, S. 192; Vermengung durch O L G Hamburg vom 27.8.1954, G m b H R 1954, 188. 1 2 9 B G H vom 30.11.1961, W M 1962, 201, 202; Grunewald, FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 177, 189; Scholz ZU. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 3 8 R n . 4 1 ; Baumbach/Hueck/Zö/foer, GmbH G , 17. Aufl., § 38 Rn. 5, 25a. 1 3 0 Zweifelhaft deshalb O L G Nürnberg vom 10.11.1999, B B 2000,687 f.: notarielle Beurkundung erforderlich.

640

§12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

einer einfachen Mehrheit, 1 3 1 wobei der betroffene Gesellschafter vom Stimmrecht ausgeschlossen ist. 132 Allerdings genügt für eine Abberufung nicht schon die bloße Behauptung eines wichtigen Grundes seitens der Mitgesellschafter. Vielmehr muß ein solcher Grund tatsächlich vorliegen. 1 3 3 Dementsprechend verliert ein mit einem Sonderrecht ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer sein Amt - vorbehaltlich einer Regelung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes - erst dann, wenn die Berechtigung der Abberufung rechtskräftig festgestellt worden ist. 134 Dieser Mechanismus verbürgt einen hinreichenden Bestandsschutz der Tätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters. Die von Teilen des Schrifttums favorisierte Analogie zu den §§ 117, 127 HGB 1 3 5 und die daraus resultierende Notwendigkeit einer Gestaltungsklage 1 3 6 würde diesen Schutz nur noch unwesentlich verstärken. 1 3 7 Im übrigen hat sich dieser Ansatz bislang ohnehin nicht durchsetzen können. 1 3 8 Hat der wichtige Grund einen dauerhaften Charakter, kann - auch - das mitgliedschaftliche Recht selbst gegen den Willen des Betroffenen beseitigt werden, wofür es im allgemeinen einer satzungsändernden Mehrheit bedarf. 1 3 9 Fällt der eine Abberufung rechtfertigende wichtige Grund dagegen weg, bevor es zu einer Aufhebung des mitgliedschaftlichen Rechts gekommen ist, hat der Gesellschafter dagegen einen Anspruch auf Wiederbestellung zum Geschäftsführer. 1 4 0 Von einem echten Mitgliedschaftsrecht ist die Stellung zu unterscheiden, die einem Gesellschafter-Geschäftsführer zukommt, wenn die Abberufung gemäß § 38 Abs. 2 G m b H G infolge einer dahingehenden Satzungsbestimmung auf das Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 321 Fn. 105. BGH vom 21.4.1969, NJW 1969, 1483; BGH vom 20.12.1982, BGHZ 86, 177, 179; BGH vom 24.2.1992, ZIP 1992, 760, 761 •Jmmenga/Werner, GmbHR 1976, 53, 59; KovieAAedKoppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §47 Rn. 64; Baumbach/Hueck/Zö/Iner, GmbHG, 17. Aufl., §38 Rn. 16, §47 Rn. 53. 133 Hachenburg/Stein, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rn. 93; Baumbach/Hueck/Zö/feer, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 16; a. A. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 38 Rn. 17. 134 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., §38 Rn. 48; Kowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 38 Rn. 20; Hachenburg/Ston, GmbHG, 8. Aufl., § 38 Rn. 111; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 31. 135 Hachenburg/Mertens, GmbHG, 7. Aufl., § 38 Rn. 68; in diese Richtung auch Grunewald, FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 177,190. Für eine generelle entsprechende Anwendung der §§ 117,127 HGB bei jeder Zwei-Personen-GmbH M. Wolf, ZGR 1998, 92, 102 f., 115. 136 Vermittelnd Scholz/t/. H. Schneider, GmbHG, 9. Aufl., § 38 Rn. 66: Abberufung analog §§ 117, 127 HGB erst mit Rechtskraft des Feststellungsurteils wirksam. 137 Vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 38 Rn. 34. 138 Siehe Rowedder/ Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., §38 Rn. 20; Baumbach/Hueck/Zö7/ner, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 33. 139 Man muß sich allerdings fragen, ob dies auch dann gelten kann, wenn sich der Abberufungsgrund nachträglich als dauerhaft herausstellt und damit rechtlich eine Unmöglichkeit der Ausübung des mitgliedschaftlichen Rechts eintritt. Eine Satzungsänderung hat in einem solchen Falle keinen gestaltenden, sondern nur einen berichtigenden Charakter, so daß man durchaus die einfache Mehrheit ausreichen lassen könnte. 140 Vgl. Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 322 Fn. 110; Scholz///. Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 14 Rn. 27. 131

132

1. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

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Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt ist. Insoweit sind auch Zwischenlösungen wie insbesondere die statuarische Bindung an einen sachlichen G r u n d möglich. 1 4 1 D e r Gesellschafter-Geschäftsführer genießt in einem solche Falle lediglich einen reflexartigen Schutz, indem das Abberufungsorgan an die Satzung gebunden ist, 1 4 2 wobei ein satzungswidriger Beschluß nicht per se unwirksam, sondern nur anfechtbar ist 1 4 3 . A u ß e r d e m kann die gesellschaftsvertragliche Regelung jederzeit durch eine Satzungsänderung beseitigt werden, ohne daß es auf die gesonderte Zustimmung des geschäftsführenden Gesellschafters als solche ank o m m t . 1 4 4 N a c h einer wirksamen Änderung des Gesellschaftsvertrages k o m m t hinsichtlich der Abberufung indes wieder die allgemeine Vorschrift des § 38 Abs. 1 G m b H zum Zuge. Ein etwaiger Schutz des Betroffenen richtet sich daher nach den sogleich zu schildernden Regeln. Schließlich ist denkbar, daß sich die mitgliedschaftliche Grundlage der Tätigkeit eines geschäftsführenden Gesellschafters in einer an sich auf die Wahrnehmung der Geschäftsführung begrenzten Nebenleistungspflicht erschöpft. In einer solchen Situation kann ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nach der gesetzlichen Regelvorstellung gemäß § 38 Abs. 1 G m b H G jederzeit grundlos abberufen werden. Allerdings existieren verschiedene Ansätze, aus der gesellschafterlichen Treuepflicht einen gewissen Bestandsschutz zu entwickeln. Soweit in dieser Frage dafür plädiert wird, daß ein Mitgesellschafter nicht aus erkennbar unsachlichen Gründen seines Amtes enthoben werden kann, 1 4 5 ist dies unbedenklich. D i e entscheidende Schwelle wird überschritten, wenn man die A b b e r u fung an das Vorliegen eines sachlichen Grundes knüpft. Teile der Rechtsprechung 1 4 6 und des Schrifttums 1 4 7 postulieren eine derartige Beschränkung zumindest für die zweigliedrige G m b H . N a c h Zöllner

ist ein sachlicher G r u n d darüber

hinaus bereits dann erforderlich, wenn der Betroffene namhaft an der Gesellschaft beteiligt ist und deshalb eine unternehmerische Stellung einnimmt. 1 4 8 newald149

und Stein150

Gru-

gehen in personeller Hinsicht noch einen Schritt weiter,

indem sie bei jedem Gesellschafter-Geschäftsführer eine auf vertretbare Sachgründe gestützte, wenngleich nicht umfassend abgewogene Entscheidung verlan-

141 Vgl. Lutter/Hommelhoff G m b H G , 15. Aufl., § 3 8 Rn. 7; Baumbach/Hueck/Zö//rcer, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 4. 1 4 2 Baumbach/Hueck/Zö/foer, G m b H G , 17. Aufl., § 38 Rn. 7. 143 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 315. 144 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 315; in diesem Sinne auch R G vom 11.2.1916, LZ 1916, Sp. 809. 1 4 5 Vgl. Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 314 f. Siehe ferner L G Frankfurt a. M. vom 7.3.2001, NJW-RR 2001, 1113, 1114: Ordentliche Kündigung eines Anstellungsvertrages wegen ethnischer Herkunft/Nationalität gemäß § 138 Abs. 1 B G B sittenwidrig. 1 4 6 O L G Karlsruhe vom 23.12.1965, G m b H R 1967, 214, 215. 147 Für den Fall annähernd hälftiger Beteiligung Oppenländer, DStR 1996, 922, 924. 148 In: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 9d. 149 FS Zöllner, Bd. I (1998), S. 177, 178 f. 1 5 0 In: Hachenburg, G m b H G , 8. Aufl., § 38 Rn. 30.

642

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

gen. 151 Eine inhaltliche Steigerung im Sinne einer Rücksichtnahme auf die persönlichen Belange des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers k o m m t in einem Nichtannahmebeschluß des B G H zum Ausdruck, in dem er die A b b e r u f u n g wegen eines Verstoßes gegen die gesellschafterliche Treuepflicht f ü r unwirksam erklärte, 152 wobei Goette die Entscheidung dahingehend erläutert hat, daß jede Abberufung eines Mitgesellschafters einer sachlichen Rechtfertigung bedürfe und es insbesondere treuwidrig sei, den Betroffenen wegen geringfügiger Vorfälle u m seine berufliche Lebensgrundlage zu bringen 1 5 3 . Vereinzelt will man die Abberufung eines Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers in einer Zwei-Person e n - G m b H u m der Treuepflicht willen sogar generell an das Vorliegen eines wichtigen Grundes binden. 1 5 4 Tatsächlich kann eine derart weitgehende Instrumentalisierung der Treuepflicht nicht überzeugen. Wenn der Gesetzgeber in § 38 Abs. 1 G m b H G die jederzeitige A b b e r u f u n g vorgesehen hat, so gilt dies auch f ü r Gesellschafter-Geschäftsführer. Die Mehrheit muß im Grundsatz die Möglichkeit haben, die organschaftliche Stellung eines Geschäftsleiters, dessen unternehmerischen Fähigkeiten sie nicht mehr vertraut, zu beenden, auch wenn sich der Vertrauensverlust nicht an einem konkreten „sachlichen G r u n d " festmachen läßt. Insoweit wird die allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die mitgliedschaftlichen Interessen des Betroffenen, aus der sich im allgemeinen ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung ergibt, 155 überlagert. Ferner läßt § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG erkennen, daß es gerade keinen generellen Kündigungsschutz f ü r Organmitglieder geben soll. 156 Im allgemeinen ist ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer auch nicht schutzwürdig, weil von ihm erwartet werden kann, daß er die gesetzliche Regelung kennt 1 5 7 und die Ü b e r n a h m e des Amtes gegebenenfalls von einer entsprechenden statuarischen Absicherung seiner Position abhängig macht. Die Funktion der gesellschafterlichen Treuepflicht besteht nicht darin, eine nachlässige Vertragsgestaltung zu kompensieren. 1 5 8 Aus der Treuepflicht allein kann daher auch im Hinblick auf Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer kein flächendeckender Kündigungsschutz abgeleitet werden. 1 5 9

151 In diesem Sinne auch O L G Zweibrücken vom 30.10.1967, G m b H R 1998, 373, 374; Limbach., G m b H R 1968, 181, 182. 152 B G H vom 29.11.1993, DStR 1994, 214, 215; zust. Lutter, Z H R 162 (1998), 164, 169; Scholz/U. H. Schneider, G m b H G , 9. Aufl., § 38 Rn. 18; schlichte Erwähnung bei Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 38 Rn. 7. 153 DStR 1994,215,216. 154 Eder, G m b H R 1962, 22, 23. 155 Siehe dazu oben sub § 8 I 3. 156 Ebenso Lunk, ZIP 1999, 1777, 1780; Meilicke, DB 1994, 1761. 157 So auch Lunk, ZIP 1999, 1777, 1779 f. 158 Meilicke, DB 1994, 1761, 1762. 159 Im Erg. ebenso Fleck, G m b H R 1970, 221; Hommelhoff, ZGR-Sonderheft Nr. 13 (1998), 36, 55; RowedderAKoppensteiner, G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 3; Schönlef Ensslin, G m b H R 1968, 23, 25; dies., G m b H R 1969, 103, 104 ff.

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

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Dies schließt es freilich nicht aus, aus der Treuepflicht in bestimmten Konstellationen das Erfordernis eines sachlichen Grund für die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers zu folgern. U m dieser Fallgruppe Konturen zu verleihen, ist eine solche Verstärkung der Rechtsstellung an mehrere Voraussetzungen zu knüpfen. In erster Linie bedarf es einer nicht nur minimalen Kapitalbeteiligung sowie einer Situation, in der alle Beteiligten davon ausgehen, daß die G m b H zugleich das Arbeitsfeld des Betroffenen bilden soll. Unter diesen Bedingungen würde eine Beendigung der Tätigkeitsbeziehung dazu führen, daß das investierte Kapital zumindest teilweise seinen Sinn verliert, dem Mitarbeiter eine dauerhafte Beschäftigung zu verschaffen. Zudem bestünde vor allem bei kleinen Gesellschaften, bei denen der Gewinn zu einem großen Teil als Tätigkeitsvergütungen an die aktiven Gesellschafter ausgeschüttet wird, die Gefahr, daß die Mehrheit die Situation ausnutzt, um auf Kosten eines ausgebooteten Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers ihren Anteil zu vergrößern. Darüber hinaus ist als weiteres Kriterium eine langjährige Geschäftsführungstätigkeit zu fordern. 1 6 0 Eine Beschränkung des vom Gesetzgeber eigentlich vorgesehenen freien Abberufungsrechts kann nämlich nur dann gerechtfertigt werden, wenn die Mehrheit über einen längeren Zeitraum zu erkennen gegeben hat, daß der Betroffene prinzipiell geeignet ist, das Geschäftsführeramt wahrzunehmen. Außerdem verliert der oben erwähnte Aspekt der zu erwartenden Eigenvorsorge bei Vertragsschluß bei einem längeren gedeihlichen Zusammenwirken an Bedeutung. 1 6 1 Eine derartige Konkretisierung der Treuepflicht läßt sich einen Seitenblick auf das US-amerikanische Recht erhärten. So haben mehrere Gerichte entschieden, daß die in close corporations anerkannte fiduciary duty zwischen den Beteiligten 1 6 2 den Mehrheitsgesellschafter dazu anhält, die vom korporativen Verhältnis nicht ausdrücklich separierte Beschäftigungsmöglichkeit eines Minderheitsgesellschafters (vor allem als director) nur dann zu beenden, wenn es dafür einen hinreichenden Grund gibt. Dabei wurde ebenfalls insbesondere auf die Verknüpfung von investiertem Kapital und employment sowie die Gefahr eines freeze out verwiesen. 1 6 3 Abgesehen von diesem Ausnahmefall wird man einem Gesellschafter, der allein auf der Basis der Satzung das Amt eines Geschäftsführers ausübt und dessen Einkünfte sich im wesentlichen auf eine hierfür gezahlte korporative TätigkeitsMan mag insoweit an einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren denken. Allerdings wird man den reinen Zeitablauf als unerheblich anzusehen haben; insoweit auch R o w e d d e r / K o p p e n s t e i n e r , G m b H G , 3. Aufl., § 38 Rn. 3. 1 6 2 Grdl. Donahue v. R o d d Electrotype C o . of N e w England, Inc., 328 N . E . 2 d 505, 511 ff. (Mass. 1975). 1 6 3 Vgl. Wilkes v. Springside N u r s i n g H o m e , Inc., 353 N . E . 2 d 657, 662 ff. (Mass. 1976); Matter of K e m p & Beatley, Inc., 473 N.e.2d 1173,1178 f. (N.Y. 1984); W & W Equipment C o . , Inc. v. Mink, N . E . 2 d 564, 574 (Ind. App. 1 Dist. 1991); in diese Richtung auch N a g y v. Riblet Products Corp., 79 F.3d 572, 577 (7th Cir. 1996); zurückhaltend Gigax v. Repka, N . E . 2 d 644, 649 f. ( O h i o App. 2 Dist. 1992); Merola v. Exergen C o r p . , 668 N . E . 2 d 351, 354 f. (Mass. 1996); grds. a. A . Orchard v. Covelli, 590 F.Supp. 1548, 1556 (W.D. Penn. 1984); Ingle v. G l a m o r e M o t o r Sales, Inc., 535 N . E . 2 d 1311, 1313 f. (N.Y. 1989); siehe dazu auch Grooters, J . C o r p . L a w 24 (1998), 123 ff. 160 161

644

5 12 Beendigung von Tätigkeitsbeziehungen

Vergütung beschränken, entsprechend den Überlegungen zur Personengesellschaft unter zwei weiteren Aspekten zu einem Sozialschutz verhelfen können. Erstens ist aus dem Rechtsgedanken des § 622 B G B zu folgern, daß die Vergütung in jedem Falle noch eine gewisse Zeit nach der Abberufung weiterzuzahlen ist. Insoweit würde es nicht einleuchten, dem nicht maßgeblich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer dann einen zeitlichen Entgeltschutz zuzubilligen, wenn er über einen zusätzlichen Dienstvertrag verfügt, 1 6 4 nicht jedoch für den Fall, daß die Tätigkeitsvergütung echter Satzungsbestandteil ist oder auf einem Gesellschafterbeschluß beruht. In diesem Sinne hat auch schon von Tuhr bei einer solchen Sachlage im Hinblick auf die Mitglieder von Vereinsvorständen für eine analoge Anwendung der dienstvertraglichen Kündigungsfristen plädiert. 165 Zweitens ist dem betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer für den Ausnahmefall, daß er bislang wie ein Arbeitnehmer tätig war, zwingend ein berufsrechtlicher Bestandsschutz entsprechend dem Niveau eines - leitenden - Angestellten zuzubilligen. Daher ist ihm ein qua Satzungsänderung zu verwirklichendes mitgliedschaftliches Recht einzuräumen, auf einer untergeordneten Ebene die Mitarbeit fortzusetzen, wobei dieses Recht allerdings unter dem Vorbehalt eines entgegenstehenden sachlichen Grundes bzw. einer angemessenen Abfindung steht. bb) Sonstige

Beschäftigung

Mit der Beendigung gesellschafterlicher Dienste unterhalb der Geschäftsführungsebene haben sich die Rechtsprechung und das Schrifttum bislang in einem erheblich geringeren Maße als mit dem Bereich der Geschäftsführung befaßt. Der B G H hat in einer vereinzelten Entscheidung zu einem gesellschaftsvertraglichen Tätigkeitsrecht eines Kommanditisten ausgeführt, daß eine Entziehung einen wichtigen Grund voraussetzt, wobei er offengelassen hat, ob verfahrensrechtlich ein Beschluß der übrigen Gesellschafter genügt oder ob es entsprechend § 1 1 7 H G B grundsätzlich einer Gestaltungsklage bedarf. 1 6 6 Ferner soll nach einer allgemeinen Aussage des O G H § 117 H G B auf die Beschränkung gesellschaftsvertraglicher Mitwirkungsrechte außerhalb der Geschäftsführung entsprechend anwendbar sein, ohne daß dem O G H die spezielle Frage gesellschafterlicher Dienstleistungen dabei jedoch vor Augen stand. 167 In der Literatur wird zu der hier fraglichen Thematik nur selten ausdrücklich Stellung bezogen. Fe/¿x 168 und Schilling169 haben sich im Hinblick auf das Sonderrecht eines K o m manditisten auf Mitarbeit außerhalb der Geschäftsführung ausdrücklich für eine Analogie zu § 117 H G B ausgesprochen. Demgegenüber meint Loritz, daß eine Analogie zu § 117 H G B und § 712 B G B „jedenfalls nicht generell" zuzulassen Siehe dazu oben sub (1) (d) (bb). Der Allgemeine Teil, Bd. I, § 37 V, S. 534. 1 6 6 B G H vom 17.12.1973, W M 1974, 177, 178. 1 6 7 O G H vom 16.6.1948, O G H Z 2, 33, 37 ff. 168 N J W 1972, 853 f. 1 6 9 In: Großkomm. H G B , 4. Aufl., § 164 Rn. 19. 164

165

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

645

sei. 170 Im übrigen heißt es immer wieder, daß § 117 HGB auf den Entzug der organschaftlichen Geschäftsführung beschränkt sei, wobei man auf die spezielle Frage sonstiger Dienste allerdings zumeist nicht eingeht. 171 Im Grundsatz betrifft diese Auseinandersetzung freilich nur die Notwendigkeit einer Gestaltungsklage, während man im allgemeinen nicht anzweifelt, daß materiellrechtlich ein wichtiger Grund für die Entziehung eines mitgliedschaftlichen Rechts auf Mitarbeit gegen den Willen des Betroffenen erforderlich, aber auch ausreichend ist. 172 Lediglich Loritz wendet sich für den Fall gegen die isolierte Beendbarkeit einer untergeordneten gesellschafterlichen Tätigkeit, daß sich die mitgliedschaftliche Stellung im wesentlichen in der Leistung von Diensten erschöpft und die Tätigkeit zudem den wesentlichen Teil der Arbeitskraft des Gesellschafters in Anspruch nimmt. 173 Zur Begründung verweist Loritz darauf, daß der betroffene Gesellschafter auf diese Weise vor einer Entleerung seiner Rechtsposition bewahrt wird, durch die er aus der Gesellschaft hinausgedrängt werden könnte. 174 Wie im Zusammenhang mit der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis bereits ausgeführt worden ist, 175 muß bei der eigenständigen Beendigung einer kooperationsrechtlichen Tätigkeitsbeziehung unter Fortbestand der Gesellschafterstellung in der Tat berücksichtigt werden, welche Auswirkungen der Entzug auf den betroffenen Gesellschafter hat. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, daß eine isolierte Beendigung dann von vornherein unzulässig ist, wenn der Beteiligte kein Interesse daran hat, die Mitgliedschaft aufrechtzuerhalten. Dies kann auch bei der Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis der Fall sein, ohne daß daraus entsprechende Konsequenzen gezogen werden könnten. Letztlich wird das auch von Loritz zugestanden, indem er nämlich bei einer nur gelegentlichen oder geringfügigen Mitarbeit einen separaten Entzug aus wichtigem Grund gestattet, 176 obwohl es auch in einer solchen Konstellation ohne weiteres dazu kommen kann, daß die gesellschafterliche Stellung ohne das Beschäftigungsverhältnis gleichsam entleert wird. Demnach kann ein Sonderrecht eines Gesellschafters auf aktive Betätigung in der Gesellschaft unterhalb der Geschäftsführung jedenfalls dann isoliert entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, wobei verfahrensrechtlich am meisten dafür spricht, auf eine Gestaltungsklage zu verzichten und sich im Grundsatz im Personengesellschaftsrecht mit einem Beschluß sämtlicher

M i t a r b e i t Unternehmensbeteiligter, S. 310. R. Fischer, N J W 1959,1057, 1058; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. A u f l . , § 117 R n . 3; Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. A u f l . , § 117 R n . 6. 172 U n z u t r e f f e n d Loritz, M i t a r b e i t Unternehmensbeteiligter, S. 310 f., der offenbar davon ausgeht, daß ein Sonderrecht nur mit Z u s t i m m u n g des Betroffenen entzogen w e r d e n k a n n u n d der deshalb meint, daß bei gesellschafterlicher Mitarbeit unterhalb der G e s c h ä f t s f ü h r u n g s e b e n e im allgemeinen kein solches Recht besteht. 173 M i t a r b e i t Unternehmensbeteiligter, S. 311. 174 M i t a r b e i t Unternehmensbeteiligter, S. 311. 175 Siehe oben sub aa (1) (b). 176 M i t a r b e i t Unternehmensbeteiligter, S. 312. 170 171

646

§ 12 Beendigung von

Tätigkeitsbeziehungen

übrigen Gesellschafter (§ 712 Abs. 1 B G B analog) bzw. im G m b H - R e c h t mit einer satzungsändernden M e h r h e i t (§ 53 A b s . 2 S. 1 G m b H G ) zu begnügen. M i t dem Kriterium des wichtigen Grundes wird ein hinreichender Bestandsschutz gewährleistet, der einen zusätzlichen inhaltlichen R ü c k g r i f f auf arbeitsrechtliche Wertungen erübrigt. 1 7 7 Steht einem Gesellschafter ein Sonderrecht auf aktive Mitarbeit zu, kann er sich umfassend gegen alle M a ß n a h m e n der Gesellschaft wehren, die die gewährte Rechtsposition aushöhlen würden. 1 7 8 Sofern ein Gesellschafter also etwa ein mitgliedschaftliches R e c h t darauf hat, in einem L a b o r forschend tätig zu sein, wird auch dann in den Schutzbereich dieses Rechts eingegriffen, wenn das Sonderrecht zwar nicht entzogen wird, die Geschäftsführung aber Rahmenbedingungen schafft, die eine weitere Forschungstätigkeit faktisch unmöglich machen, der betroffene Gesellschafter also gleichsam „kaltgestellt" wird. D e m g e g e n ü b e r kann sich ein A r b e i t n e h m e r in einer äußerlich vergleichbaren Position nicht dagegen zur Wehr setzen, daß der Arbeitgeber organisatorische M a ß n a h m e n v o r n i m m t , aufgrund derer die bisher ausgeübte Tätigkeit wegfällt. 1 7 9 Problematisch sind wiederum diejenigen Fälle, in denen es an einem - echten gesellschafterlichen R e c h t auf Beschäftigung fehlt. In einer solchen Situation ist entsprechend früheren D a r l e g u n g e n 1 8 0 zunächst einmal davon auszugehen, daß es der Gesellschaft auch außerhalb eines Sonderrechts auf Mitarbeit u m der allgemeinen Pflicht zur R ü c k s i c h t n a h m e auf die mitgliedschaftlichen Interessen des Beteiligten willen nicht nach Belieben freisteht, die als Beitrag geschuldeten Dienste eines Gesellschafters anzunehmen. 1 8 1 Dies gilt unabhängig davon, o b die Tätigkeit durch ein gesondertes Entgelt oder lediglich durch die allgemeine Beteiligung am G e w i n n vergütet wird. Solange sich die Gesellschaft auf die schlichte Weigerung beschränkt, die an sich auch weiterhin geschuldete Mitarbeit anzunehmen, erfolgt die wirtschaftliche Absicherung des betroffenen Gesellschafters durch eine entsprechende A n w e n d u n g des § 615 B G B . 1 8 2 D e r hierdurch bewirkte Schutz endet freilich grundsätzlich in dem Augenblick, in dem die Tätigkeitsbeziehung ihr E n d e findet. Wenn der Gesellschafter nicht mehr befugt ist, der G e sellschaft seine Dienste anzubieten, m u ß der dafür zugesagte Vergütungsanteil entfallen. In dieser Frage kann nichts anderes als beim E n t z u g der Geschäftsführungsbefugnis gelten. 1 8 3 Entscheidend ist demnach, unter welchen materiellen 177 Eine Übertragung der verfahrensrechtlichen Mechanismen des Sonderkündigungsschutzes für Schwangere, Mütter und Schwerbehinderte erscheint nicht erforderlich. 1 7 8 Vgl. B G H vom 30.11.1961, WM 1962, 201, 202, für eine das Sonderrecht eines GmbHGesellschafters auf Geschäftsführung beeinträchtigende Beurlaubung. 179 Eine Anpassung der konkret zu leistenden Dienste an das veränderte Anforderungsprofil erfolgt gegebenenfalls qua Direktionsrecht oder durch den Ausspruch einer Anderungskündigung. 180 Siehe oben sub § 8 I 3. 181 Ebenso Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 309. 182 Siehe oben sub § 9 III 1 c aa (1). 183 Dazu oben sub aa (1) (b) (bb).

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter

647

Voraussetzungen die Mitgesellschafter in der Lage sind, die Mitarbeitspflicht eines Gesellschafters rechtlich zu beenden. Dabei geht es in der Sache um eine Änderung des Gesellschaftsvertrages. Insoweit leuchtet es entgegen der Sichtweise von LoritzlS4 in dieser Konstellation erst recht nicht ein, eine isolierte Entziehung der Beitragspflicht und damit der Ansprüche auf tatsächliche Beschäftigung und Vergütung von vornherein zu untersagen. Wenn ein echtes Sonderrecht auf untergeordnete Tätigkeit beim Vorliegen eines wichtigen Grundes gegen den Willen des Betroffenen unter Fortbestand der Gesellschafterstellung im übrigen entzogen werden kann, ist nicht einzusehen, warum dieser Grundsatz für den Fall nicht gelten soll, daß es um die Änderung einer bloßen Dienstpflicht geht, auch wenn die Mitarbeit für den Gesellschafter von zentraler Bedeutung ist. Zumindest beim Vorliegen eines wichtigen Grundes kann die beitragsrechtliche Dienstpflicht somit auch gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters entzogen und dadurch insbesondere eine gesellschaftsvertragliche Tätigkeitsvergütung zu Fall gebracht werden. Unter Bestandsschutzaspekten ist dies nicht angreifbar, weil das Kriterium des wichtigen Grundes hinreichend flexibel ist, um die Intensität der Auswirkungen für die persönliche Rechtsstellung des Gesellschafters zu berücksichtigen. Verfahrensrechtlich ist hierfür im Personengesellschaftsrecht entsprechend § 712 BGB und § 117 HGB grundsätzlich ein Beschluß sämtlicher übrigen Gesellschafter erforderlich, während es im GmbH-Recht einer satzungsändernden Mehrheit (§ 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG) bedarf. 185 Zweifelhaft ist schließlich erneut die Zulässigkeit einer gesellschaftsvertraglichen Absenkung des materiellen Schutzniveaus, indem auf die Voraussetzung eines wichtigen oder auch nur eines sachlichen Grundes für die Vertragsänderung verzichtet wird. Ursprünglich wollte Loritz einen Bestandsschutz für untergeordnete gesellschafterliche Dienste dadurch schaffen, daß der nach seiner soeben erwähnten Ansicht für eine Beendigung der Mitarbeit erforderliche Ausschluß nur auf der Grundlage einer Klausel zulässig sei, die hierfür Unternehmens- oder personenbedingte Gründe verlange. 186 Ein freies Hinauskündigungsrecht sei demgegenüber stets sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB). Schon kurze Zeit später hat Loritz seine Sichtweise indes modifiziert. 1 8 7 Danach ist eine gesellschaftsvertragliche Klausel, die es ermöglicht, einen Gesellschafter jederzeit ohne besonderen Grund auszuschließen, keineswegs immer sittenwidrig. Dies soll insbesondere auch für solche Gesellschafter gelten, die nicht auf der obersten Hierarchieebene mitarbeiten. Eine entsprechende Regelung sei nur bei besonderen zusätzlichen Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 311. Die zu § 38 Abs. 2 G m b H G entwickelte (umstrittene) Ansicht des B G H vom 20.12.1982, B G H Z 86, 177, 179, nach der für die Abberufung eines (Gesellschafter-)Geschäftsführers beim Vorliegen eines wichtigen Grundes höchstens die einfache Mehrheit verlangt werden kann, gebietet im GmbH-Recht kein geringeres Quorum, weil es bei der Entziehung einer untergeordneten Mitarbeit nicht um die Abwehr der aus der unbeschränkten Vertretungsmacht erwachsenden Gefahren geht. 186 Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 319 f. 187 J Z 1986, 1073, 1081 f. 184

185

648

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

Umständen nichtig. Vielmehr sei der erforderliche Schutz über das Instrument der Ausübungskontrolle vorzunehmen. So bedürfe der Ausschluß eines Gesellschafters, für den die Tätigkeit Existenzgrundlage sei, in jedem Falle eines sachlichen Grundes. Tatsächlich enthalten die älteren Vorstellungen von Loritz einen überzeugenderen Ansatz zur Bewältigung der Bestandsschutzproblematik. Legt man die erarbeiteten Regeln zu den Grenzen von Hinauskündigungsklauseln 188 zugrunde, so ergibt sich nämlich zunächst, daß schon die allgemeine Überlegung, Gesellschafter dürften bei der Wahrnehmung ihrer Teilhaberechte nicht ständig von einem Ausschluß bedroht sein, 1 8 9 vielfach Gültigkeit beansprucht. Immerhin verliert dieser Aspekt an Gewicht, wenn mehrere nur geringfügig beteiligte mitarbeitende Gesellschafter ihre Verwaltungsrechte gebündelt ausüben, weil die Wahrscheinlichkeit einer gleichzeitigen Hinauskündigung aller dieser Gesellschafter minimal ist und deshalb auch nicht die Gefahr besteht, daß sich eine latente Ausschlußdrohung auf die Wahrnehmung von Teilhaberechten auswirkt. In dieser Konstellation gewinnt jedoch der Gesichtspunkt des Berufsschutzes an Bedeutung. Wenn man bei geschäftsführenden Personengesellschaftern eine Parallele zum fehlenden arbeitsrechtlichen Schutz zieht, muß bei Beteiligten, die untergeordnete gesellschafterliche Dienste zu leisten haben, ebenfalls ein vergleichender Blick erfolgen. Aus dem damit zu berücksichtigenden allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestandsschutz läßt sich ableiten, daß bei Gesellschaften ab einer bestimmten Mindestgröße 1 9 0 jedenfalls eine Regelung über eine völlig freie Hinauskündigung nicht hingenommen werden kann. Wenn sich die Situation eines Beschäftigten im wesentlichen nur durch die Rechtsgrundlage von derjenigen eines Arbeitnehmers unterscheidet, würde es nicht einleuchten, ihn bestandsschutzrechtlich wesentlich schlechter zu stellen. Insoweit gilt nichts anderes als bei weisungsabhängig tätigen geschäftsführenden Gesellschaftern 1 9 1 . Demgegenüber geht es zu weit, die Beendigung gesellschafterlicher Beitragsdienste unabdingbar an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu knüpfen. Dies wird weder durch einen Vergleich mit dem arbeitsrechtlichen Schutzniveau noch unmittelbar durch die Wertung des Art. 12 Abs. 1 G G gefordert. Eine derart starke Einschränkung der Entziehbarkeit der Rechtsstellung, wie sie Wiedemann offenbar generell für den Fall postuliert, daß die Verbandszugehörigkeit die notwendige

Siehe dazu oben sub aa (1) (d) (cc). Demgegenüber setzt Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 319, den Akzent insoweit anders, indem er meint, die Ausschlußdrohung verhindere die gewollte unternehmerische Verwertung menschlicher Arbeitskraft. Diese These leuchtet indes nicht ein. Vielmehr könnte man geradezu umgekehrt behaupten, daß ein von einer Hinauskündigung bedrohter Gesellschafter sich besonders um das Unternehmen verdient machen wird, um keinen Anlaß für einen Ausschluß zu geben. 1 9 0 Entsprechend § 23 Abs. 1 KSchG wird man insoweit eine Mindestanzahl von sechs Beschäftigten zu fordern haben. 191 Siehe oben sub aa (1) (d) (cc). 188

189

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

649

Voraussetzung für die Berufsausübung eines Gesellschafters bildet, 192 kann auch für den Bereich untergeordneter kooperationsrechtlicher Mitarbeit nicht überzeugen. 193 Demzufolge sind Klauseln, die für den Ausschluß eines in dieser Weise dienstleistenden Gesellschafters einen sachlichen Grund vorsehen, notwendig, aber auch ausreichend. Im Gegensatz zur neueren Sichtweise von Loritz19* genügt es allerdings nicht, für den erforderlichen beruflichen Bestandsschutz lediglich an die Ausübungskontrolle anzuknüpfen. Auf diesem Wege kann entgegen dem von Loritz erweckten Eindruck nämlich nicht ein sachlicher Grund als Voraussetzung für eine wirksame Hinauskündigung verlangt werden. Wenn man nämlich eine gesellschaftsvertragliche Klausel inhaltlich akzeptiert, die gerade einen freien Ausschluß zuläßt, kann man die konkrete Hinauskündigung nur noch auf besondere Treuwidrigkeiten kontrollieren. Demgegenüber ist es widersprüchlich, an dieser Stelle stets das Erfordernis eines sachlichen Grundes aufzustellen. Hierdurch würde man mit der einen Hand nehmen, was man mit der anderen gerade gegeben hat. Anders ist dies nur, wenn man in allen Fällen einen nicht überprüfbaren Vertrauensverlust als einen sachlichen Grund für einen Ausschluß bezeichnen würde, was die Ausführungen von Loritz195 zumindest nahelegen. Bei einem derartigen Verständnis besteht zwar kein inhaltlicher Widerspruch zur Ablehnung einer Inhaltskontrolle. Mit einer echten Ausübungskontrolle eines Gestaltungsrechts hat ein sachlicher Grund, dessen Existenz vom Rechtsinhaber schlicht behauptet werden kann, dann aber nichts mehr zu tun. Können nach alledem lediglich solche Ausschließungsklauseln akzeptiert werden, nach denen ein mitarbeitender Gesellschafter nur beim Vorliegen eines sachlichen Grundes aus der Gesellschaft hinausgekündigt werden kann, muß dasselbe auch für Regelungen über die isolierte Entziehbarkeit gesellschafterlicher Dienstleistungen gelten, die infolge des geringen Ausmaßes der sonstigen Gesellschafterrechte in ihrer Wirkung einem Ausschluß gleichkommen. Im übrigen sei wiederum darauf hingewiesen, daß die inhaltliche Kontrolle der auf die Entziehung der Mitarbeit gerichteten Klausel die anschließende Ausübungskontrolle nicht ersetzt. Vielmehr dient die spätere Kontrolle nicht zuletzt der Prüfung, ob der abstrakt geforderte sachliche Grund auch tatsächlich vorliegt. b) Hinauskündigung

aus der

Gesellschaft

Soweit die Mitgesellschafter die Mitarbeit eines Beteiligten dadurch beenden wollen, daß sie dem Betroffenen nicht nur die Tätigkeitsbeziehung, sondern die gesamte Gesellschafterstellung entziehen, sind mehrere bestandsschutzrechtlich maßgebliche Aspekte schon angesprochen worden, so daß partiell auf die bisheri192 Gesellschaftsrecht, Bd. I, § 7 III 2 a cc, S. 387; anders aber noch ders., FS R. Fischer (1979), S. 883, 898. 1 9 3 In diesem Sinne auch Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 320. 1 9 4 J Z 1986, 1073, 1081 f. 1 9 5 J Z 1986, 1073, 1081.

650

§ 12 Beendigung von

Tätigkeitsbeziehungen

gen Ausführungen zurückgegriffen werden kann. D i e grundsätzliche E x i s t e n z eines Rechts z u m Ausschluß eines Gesellschafters aus wichtigem G r u n d e ist in den verschiedenen Verbänden unterschiedlich geregelt. W ä h r e n d § 140 H G B schon nach dem G e s e t z für die O H G und über die Verweisung in § 161 A b s . 2 H G B auch für die K G eine eindeutige Regelung bereitstellt, verlangt § 737 B G B eine zusätzliche gesellschaftsvertragliche Klausel, nach der die Gesellschaft für den Fall der Kündigung durch einen Gesellschafter unter den übrigen Beteiligten fortbestehen soll. M a n wird j e d o c h jede Vereinbarung als hinreichend anzusehen haben, in der das Bestandsinteresse der Gesellschafter z u m Ausdruck k o m m t . 1 9 6 Bei der G m b H fehlt es zwar an einer allgemeinen gesetzlichen Regelung über eine Ausschließung aus wichtigem G r u n d . 1 9 7 M a n ist sich über das prinzipielle Vorhandensein eines derartigen Rechts aber schon seit langem einig, 1 9 8 w o b e i es hier dahinstehen mag, o b die Grundlage in der allgemeinen K ü n d b a r k e i t von Dauerschuldverhältnissen, 1 9 9 in der gesellschafterlichen Treuepflicht 2 0 0 oder in einer Analogie zu den §§ 737 B G B , 140 H G B 2 0 1 zu suchen ist 2 0 2 . Erfolgt die Beendigung der Mitarbeit auf einem Wege, der einen wichtigen G r u n d erfordert, kann das Interesse des Gesellschafters an der F o r t s e t z u n g seiner Dienste problemlos in die gestaltende 2 0 3 bzw. feststellende 2 0 4 gerichtliche Entscheidung über den A u s schluß einfließen. In der Genossenschaft genießt der mitarbeitende Gesellschafter zumindest nach Ansicht der R e c h t s p r e c h u n g sogar n o c h einen weitergehenden Bestandsschutz. Insoweit will man nämlich erstaunlicherweise auch beim Vorliegen eines wichtigen G r u n d e s ein allgemeines gesetzliches Ausschließungsrecht nicht zulassen. 2 0 5 Sogar eine statuarische Festlegung wird als unzulässig an196 Grunewald, Ausschluß, S. 32 f.; MünchKommBGB/£//OTer, 3. Aufl., § 737 Rn. 6. Demgegenüber sollen generelle Fortsetzungsklauseln nach Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., §737 Rn. 3, nicht zum gesetzlichen Ausschließungsrecht des § 737 S. 1 BGB, möglicherweise aber zu einem vertraglichen Ausschließungsrecht führen. 197 §21 GmbHG erfaßt nur den speziellen Fall des Ausschlusses (Kaduzierung) wegen unterlassener Einzahlung der Stammeinlage bzw. bestimmter Nachschüsse (§28 GmbHG). Die Einziehung (Amortisation) nach § 34 GmbHG setzt eine satzungsrechtliche Grundlage voraus. 198 Siehe RG vom 13.4.1942, RGZ 169, 330, 333 f.; BGH vom 1.4.1953, BGHZ 9, 157, 169 ff.; BGH vom 17.2.1955, BGHZ 16, 317, 322; BGH vom 20.9.1999, NJW 1999, 3779; DamrauSchröter, NJW 1991, 1927, 1933 f.; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastricb, GmbHG, 17. Aufl., Anh. §34 Rn. 2; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., §34 Rn. 24; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl., § 34 Rn. 39; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 8; Scholz///. Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 15 Rn. 130. 199 So BGH vom 1.4.1953, BGHZ 9, 157, 161 ff.; BGH vom 23.2.1981, BGHZ 80, 346, 349 f.; für ergänzende Vertragsauslegung noch RG vom 13.4.1942, RGZ 169, 330, 334. 200 So etwa BGH vom 20.9.1999, NJW 1999, 3779; Scholz///. Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 15 Rn. 130. 201 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 60 Rn. 53; Grunewald, Ausschluß, S. 49. 202 Für eine Verbindung aller Ansätze Soufleros, Ausschließung, S. 23 ff 203 Im Grundsatz bei OHG, KG und GmbH. 204 Im Grundsatz bei der GbR. 205 BGH vom 21.6.1965, WM 1965, 1038 f.; ebenso Menzel, Ausschluß, S. 128 f.; Schaffland, in: Lang/Weidmüller/Metz/Schaffland, GenG, 33. Aufl., § 68 Rn. 9.

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

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gesehen, weil § 68 Abs. 2 GenG nur die Festsetzung bestimmter Gründe zulasse. 206 Diese Sonderentwicklung für eine Verbandsform kann indes nicht überzeugen. Vielmehr ist auch bei der Genossenschaft das gesetzliche Institut der Ausschließung aus wichtigem Grund anzuerkennen, 2 0 7 so daß auch ein mitarbeitender Genosse seine berufliche Existenzgrundlage auf diesem Wege verlieren kann. Einer gesellschaftsvertraglichen Herabsetzung der materiellen Ausschließungsvoraussetzungen stehen die bereits genannten Grenzen entgegen. Entscheidend ist zum einen der generelle Aspekt des Schutzes einer unbeeinflußten Ausübung der gesellschafterlichen Teilhaberechte. Zum anderen kommt es unter dem speziellen Blickwinkel eines Eingriffs in die berufliche Betätigung eines dienstleistenden Gesellschafters darauf an, ob die konkret ausgeübte Tätigkeit in der eigenverantwortlichen Geschäftsführung besteht oder ob der Mitarbeiter einem leitenden Angestellten oder sogar nur einem einfachen Arbeitnehmer vergleichbar ist. In den beiden zuletzt genannten Konstellationen müssen die Wertungen des arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes bei der inhaltlichen Kontrolle von Hinauskündigungsklauseln berücksichtigt werden. Dabei führt - wie erwähnt - die Regelung in § 14 Abs. 2 KSchG dazu, daß ein wie ein leitender Angestellter behandelter geschäftsführender Personengesellschafter ohne Kapitalanteil zwar im allgemeinen nur beim Vorliegen eines sachlichen Grundes aus der Gesellschaft entfernt werden kann, der Gesellschaft aber zusätzlich die Möglichkeit offenstehen muß, sich auch ohne einen derartigen Grund mittels einer angemessenen Abfindung von dem Betroffenen zu trennen. Ein gesetzlicher Abfindungsanspruch steht einem solchen Gesellschafter freilich nicht zu. Die von Nitschke seinerzeit aufgestellte These, eine „nicht in vollem Umfange" erfolgte Vergütung der Dienste eines Gesellschafters ohne Kapitalanteil führe zu einem Anspruch auf Abfindung, 2 0 8 ist schon von Huber überzeugend zurückgewiesen worden 2 0 9 . Die Tätigkeitsvergütung eines mitarbeitenden Gesellschafters kann jenseits der Grenze des § 138 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht auf eine allgemeine Angemessenheit überprüft und bei einem Ausscheiden rückwirkend erhöht werden. Soweit die Rechtsprechung 2 1 0 und das sonstige Schrifttum 2 1 1 einen Auseinandersetzungsanspruch hinsichtlich geleisteter Dienste in Abweichung von § 733 Abs. 2 S. 3 BGB anerkennen, geht es um besondere Konstellationen, die den Schluß auf eine da2 0 6 So a u s d r ü c k l i c h Menzel, A u s s c h l u ß , S. 121; in diesem Sinne auch KG v o m 12.1.1891, K G J 11 (1892), 4 5 , 4 8 ; zust. KG v o m 13.6.1907, K G J 34 (1907), A 208, 209; KG v o m 4.10.1912, K G J 43 (1913), A 113, 115; O L G Düsseldorf v o m 25.11.1977, M D R 1978, 319. 2 0 7 Ebenso Beuthien, G e n G , 13. A u f l . , § 6 8 R n . 5; K. Müller, G e n G , 2. A u f l . , § 6 8 R n . 12; Pöhlmann, in: Hettrich/Pöhlmann/Gläser/Röhrich, G e n G , 2. A u f l . , § 6 8 R n . 10; Schnorr von Carolsfeld, Z f g G 9 (1959), 50, 84; ders., Z f g G 22 (1972), 223, 224. 2 0 8 Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 358. 2 0 9 Z G R 1980, 177, 195. 2 1 0 B G H v o m 28.6.1962, W M 1962, 1086; B G H v o m 22.11.1965, N J W 1966, 501 f.; B G H vom 24.6.1985, N J W 1986, 51. 211 S o e r g e l / H a d d i n g , B G B , 12. A u f l . , § 733 R n . 8; M ü n c h K o m m B G B / t / W , 3. A u f l . , § 733 Rn. 13; E r m a n / H . P. Westermann, B G B , 10. A u f l . , § 733 R n . 6.

652

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

hingehende gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zulassen oder doch jedenfalls eine ergänzende Auslegung rechtfertigen. Mit einer inhaltlichen Kontrolle der Entgeltregelung für einen Personengesellschafter ohne Kapitalanteil hat dies nichts zu tun. Schließlich ist in diesem Kontext noch auf die oben offengelassene Problematik einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Möglichkeit einer rahmenmäßig nicht beschränkten nachträglichen Leistungsvermehrung einzugehen, durch deren Einführung ein mitarbeitender Gesellschafter unter Druck gerät, aus der Gesellschaft auszuscheiden. 2 1 2 Damit der vorstehend erarbeitete Bestandsschutz auf diesem Wege nicht ausgehebelt werden kann, ist ein entsprechender Mehrheitsbeschluß an einen sachlichen Grund zu knüpfen. Sofern ein solcher Grund vorliegt, kann ein Beschäftigter jedoch nicht verlangen, von den wirksam erhöhten Pflichten nur deshalb ausgenommen zu werden, weil er zur Leistung außerstande ist und sich deshalb genötigt sieht, die Gesellschaft zu verlassen und damit sein bisheriges berufliches Betätigungsfeld einzubüßen.

c) Beendigung

der gesamten

Gesellschaft

Zu klären bleibt die eingangs bereits angesprochene Konstellation, daß die Mitarbeitsbeziehung durch eine Beendigung der Gesellschaft als solcher ihr Ende findet. Hierzu kann es im Prinzip bei sämtlichen Gesellschaften kommen. Bei der Suche nach Anknüpfungspunkten für einen etwaigen Bestandsschutz muß man sich zunächst die Instrumente vor Augen führen, die eine Beseitigung des Beschäftigungsverhältnisses gegen den Willen eines davon betroffenen Gesellschafters zur Folge haben können. Insoweit kommt zunächst die Beendigung der Gesellschaft aufgrund eines Auflösungsbeschlusses in Betracht. Bei der O H G verhindert die gemäß § 1 1 9 Abs. 1 H G B grundsätzlich erforderliche Einstimmigkeit zwar, daß ein Gesellschafter seinen Arbeitsplatz ohne seine Mitwirkung verliert. Entsprechendes gilt für die KG 213 und die GbR 2 1 4 . Der Gesellschaftsvertrag kann hierfür aber einen Mehrheitsbeschluß zulassen. 2 1 5 Bei der G m b H genügt schon nach dem Gesetz vorbehaltlich einer abweichenden Satzungsregelung eine qualifizierte Mehrheit (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG). Ein spezieller berufsrechtlicher Bestandsschutz zugunsten mitarbeitender Gesellschafter gegenüber einem nach allgemeinen Regeln wirksamen Auflösungsbeschluß scheidet grundsätzlich aus. Jeder Gesellschafter muß es hinnehmen, daß sein Betätigungsfeld auf diese Weise verlorengeht. Die Siehe oben sub § 8 I 1 b bb. §§119 Abs. 1,161 Abs. 2 HGB. 214 Vgl. MünchKommBGB/Wmer, 3. Aufl., § 709 Rn. 11. § 709 Abs. 1 BGB bezieht sich nur auf die Geschäftsführung und ist daher hinsichtlich der Auflösung als einem Grundlagengeschäft nicht einschlägig. Siehe auch RG vom 20.12.1939, RGZ 162, 370, 372: Übertragung des gesamten Vermögens einer OHG von Geschäftsführungsbefugnis nicht gedeckt. 215 Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 119 Rn. 1; Schlegelberger/Ä. Schmidt, HGB, 5. Aufl., §119 Rn. 12; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 59 II 1, S. 669. 212 213

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter

653

aus der gesetzlich zugelassenen Auflösung einer Gesellschaft zwangsläufig folgenden Nachteile können für sich genommen eine Nichtigkeit bzw. Anfechtbarkeit 216 des Auflösungsbeschlusses nicht rechtfertigen. 217 Zweifelhaft ist allerdings, ob dies auch dann gilt, wenn die Mehrheit einen Auflösungsbeschluß mit dem Ziel faßt, das Unternehmen auf sich selbst oder auf eine neue Gesellschaft überzuleiten, an der die Minderheit nicht beteiligt ist („übertragende Auflösung"). Der B G H hat für die GmbH und die AG eine Anfechtbarkeit des Auflösungsbeschlusses unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen das Verbot der unzulässigen Verfolgung von Sondervorteilen für den Fall bejaht, daß der Mehrheitsgesellschafter bereits im Vorfeld des Auflösungsbeschlusses Maßnahmen in die Wege leitet, um sich das Gesellschaftsvermögen anzueignen und einen etwaigen Erwerb durch den Minderheitsgesellschafter von vornherein zu vereiteln. 218 Bei K. Schmidt findet sich die Überlegung, diese Entscheidungen sinngemäß auch auf die O H G zu übertragen. 219 Demgegenüber hat es der B G H entgegen abweichenden Stimmen im Schrifttum 220 bewußt abgelehnt, eine Anfechtbarkeit allein damit zu begründen, daß die Mehrheit von vornherein die Absicht hatte, nach der Auflösung eine Übernahme des Unternehmens durchzuführen und auf diese Weise die Wirkung eines auf gesetzlichem bzw. satzungsrechtlichem Wege nicht erreichbaren Ausschlusses der Minderheit zu erzielen. 221 Man muß sich freilich klar machen, daß sich diese Aussage auf den Konflikt zwischen kapitalistisch beteiligten Gesellschaftern bezieht. Insoweit leuchtet es in der Tat ein, daß ein Auflösungsbeschluß unter dem Blickwinkel des Zugriffs auf das Liquidationsvermögen nicht schon deswegen fehlerhaft ist, weil der Mehrheitsgesellschafter sein durch die Liquidation freigewordenes Kapital gemäß einem zuvor gefaßten Plan erneut in das ehemalige Gesellschaftsvermögen investiert, sofern nur dem Minderheitsgesellschafter diese Möglichkeit rechtlich ebenfalls offensteht, mag er sie auch aus tatsächlichen Gründen häufig nicht nutzen können. 222 In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, daß es bei Anlagegesellschaftern vielfach nur um den Schutz von Vermögensinteressen, nicht aber um den Bestandsschutz der Mitgliedschaft geht. 223 Der Vermögens2 1 6 Die Formen des Rechtsschutzes gegenüber fehlerhaften Beschlüssen im Personengesellschafts- und Körperschaftsrecht sollen hier nicht thematisiert werden; dazu etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 13. Aufl., § 15 II, S. 446 ff. m.w.N. 2 1 7 So B G H vom 28.1.1980, BGHZ 76, 352, 353 f., für die GmbH. 218 BGH vom 28.1.1980, BGHZ 76, 352, 355 ff. (GmbH); BGH vom 1.2.1988, BGHZ 103, 184, 193 ff. - Linotype (AG); zurückhaltend aber O L G Stuttgart vom 21.12.1993, ZIP 1995, 1515,1519 - Moto Meter I; restriktiv auch Willms, Auflösung, S. 143 ff. 2 1 9 In: Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 131 Rn. 16. 220 Lutter, ZGR 1981, 171, 181 f.; Timm, JZ 1980, 665, 669f.; anders auch Grunewald, Ausschluß, S. 299 f.; Hirte, Bezugsrechtsausschluß, S. 152 f.; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 260 f.; Martens, GmbHR 1984, 265, 269 f. 221 BGH vom 1.2.1988, BGHZ 103, 184, 191 ff.; insoweit zust. O L G Stuttgart vom 21.12.1993, ZIP 1995, 1515, 1518 f.; Willms, Auflösung, S. 135 ff. 222 Eingehend Lutter/Drygala, FS Kropff (1997), S. 191, 218 f. 223 Zur Unterscheidung prägnant Lutter/Drygala, FS Kropff (1997), S. 191,197 ff.

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§ 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

schütz wird aber schon dann hinreichend gewahrt, w e n n u n d soweit durch eine gerichtliche N a c h p r ü f b a r k e i t sichergestellt wird, daß der hinausgedrängte Gesellschafter f ü r seine Beteiligung wirtschaftlich voll entschädigt wird. 2 2 4 D e m e n t sprechend sehen die im Zuge des neuen U b e r n a h m e r e c h t s z u m 1.1.2002 eingef ü h r t e n §§ 327a ff. A k t G die Möglichkeit eines S q u e e z e - O u t von Minderheitsaktionären gegen eine volle wirtschaftliche Kompensation vor. Bei mitarbeitenden Gesellschaftern besteht demgegenüber vom vornherein die Besonderheit, daß der Betroffene ein vorrangiges Interesse an der Kontinuität der Mitgliedschaft u n d nicht lediglich an einer wie auch immer gearteten Entschädigung hat. In diesem Sinne fordert Wiedemann bei personalistisch strukturierten Gesellschaften gegenüber der K o m b i n a t i o n von Auflösung u n d G e s a m t v e r m ö gensübertragung auf die Mehrheit nicht n u r einen Vermögensschutz, sondern auch einen Personenschutz. 2 2 5 D a h e r m u ß es der Mehrheit verwehrt werden, auf diese Weise die Bindungen abstreifen, die gemäß den bisherigen Darlegungen 2 2 6 zugunsten mitarbeitender Gesellschafter bestehen. Wenn untergeordnet tätige Gesellschafter u m des Schutzes ihrer Existenzgrundlage willen nur beim Vorliegen sachlicher G r ü n d e aus der Gesellschaft entfernt werden können, darf der Mehrheit nicht die Möglichkeit offenstehen, durch eine Auflösung der Gesellschaft u n d eine anschließende Weiterführung desselben U n t e r n e h m e n s den Effekt einer grundlosen H i n a u s k ü n d i g u n g herbeizuführen. Fehlt es an einem sachlichen G r u n d f ü r die E n t f e r n u n g des Betroffenen, m u ß sich der Bestandsschutz gegen Manipulationen der Mehrheit durchsetzen. 2 2 7 Soweit es u m die rechtstechnische Verwirklichung dieses Anliegens geht, scheidet eine gedankliche Parallele zur Regelung des § 613a B G B allerdings von vornherein aus. Anders als ein - arbeitsvertragliches - Drittverhältnis zur Gesellschaft kann eine mitgliedschaftliche Stellung innerhalb der Gesellschaft unter Aufrechterhaltung ihrer Identität nicht einfach in eine neue Gesellschaft übergeleitet werden. Des weiteren erscheint es auch nicht möglich, sich am U m w a n d l u n g s r e c h t zu orientieren, das die gesetzliche Entstehung von Mitgliedschaften in der Zielgesellschaft ebenso kennt 2 2 8 wie den A n s p r u c h auf A u f n a h m e in diese Gesellschaft 2 2 9 . Im U m w a n d l u n g s r e c h t werden die neuen Mitgliedschaften nämlich im Verschmelzungs-, Spaltungs- u n d Ubernahmevertrag bzw. im U m w a n d l u n g s b e s c h l u ß hinreichend genau u m schrieben, so daß die W i r k u n g mit der Registereintragung eintreten kann. Dies 224 BVerfG v o m 23.8.2000, N J W 2001, 279 ff. N ä h e r Lutter/Drygala, FS Kropff (1997), S. 191,201 ff. 225 Z G R 1999, 857, 865 ff. 226 Siehe o b e n sub a aa (1) (d) (cc) u. bb. 227 Gegen die Zulässigkeit eines H i n a u s d r ä n g e n s der M i n d e r h e i t d u r c h das I n s t r u m e n t der Liquidation auch Lutter/Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 60 Rn. 6; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., § 38 IV 2 b aa, S. 1193 f.; in Einzelfällen ebenso Lutter/Drygala, FS Kropff (1997), S. 191, 219 ff. 228 Vgl. §20 Abs. 1 N r . 3 S. 1 H a l b s . 1, 131 Abs. 1 N r . 3 S. 1 H a l b s . 1, 202 Abs. 1 N r . 2 S. 1 UmwG. 229 Vgl. § 43 A b s . 2 S. 3 U m w G .

1. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

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läßt sich auch noch für den Anspruch auf Gewährung der Stellung eines Kommanditisten sagen. Daran fehlt es bei einer schlichten Auflösung und anschließenden Neugründung unter Nutzung des bisherigen Gesellschaftsvermögens. Da sich die innere Struktur der neuen Gesellschaft von der alten Vereinigung ohne weiteres unterscheiden kann, ist es häufig nicht möglich, dem ohne einen sachlichen Grund aus dem Gesellschafterkreis entfernten Beteiligten eine vergleichbare Stellung wie in der ursprünglichen Gesellschaft zu verschaffen. Der konkrete Inhalt der früheren Mitgliedschaft ist gerade bei einem mitarbeitenden Gesellschafter zu sehr mit dem alten Gesellschaftsvertrag verwoben, als daß sie ohne eine gestaltende Vereinbarung in einen neuen Vertrag implantiert werden könnte. Mithin kann der Bestandsschutz nur durch eine Beseitigung des Auflösungsbeschlusses verwirklicht werden, die dazu führt, daß die bisherige Gesellschaft unter Einschluß des hinausbeförderten Mitgesellschafters fortbesteht. Daß auf diese Weise komplizierte Rückabwicklungsprobleme entstehen können, bildet kein Hindernis, weil dies auch in anderen Fällen eines unzulässigen Eingriffs in den Bestand der Mitgliedschaft durch die Mehrheit hingenommen. 2 3 0 Der A u f lösungsbeschluß kann indes nur dann als mangelhaft angesehen werden, wenn es die Mehrheit von vornherein darauf abgesehen hat, einen mitarbeitenden Minderheitsgesellschafter auf diesem Wege aus der Gesellschaft zu entfernen. N u r in einem solchen Falle kann von einer Treuwidrigkeit des Beschlusses gesprochen werden. Wenn die Mehrheit dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt den Entschluß faßt, sich das Gesellschaftsvermögen zu verschaffen und fortan ohne den früheren Teilhaber zu agieren, ist dies nicht zu beanstanden. Ein solches Verhalten kann den zunächst fehlerfrei gefaßten Auflösungsbeschluß nicht nachträglich infizieren. 2 3 1 Als zweites Instrument zur Beseitigung der Mitarbeitsmöglichkeit ist an die Kündigung der Gesellschaft zu denken. Durch dieses Mittel kann es bei der stillen Gesellschaft bzw. bei der Innen-GbR zu einem Ende gesellschafterlicher Dienste kommen. Wenn der verbleibende Teil bei zweigliedrigen Außenpersonengesellschaften das Unternehmen fortführen will, wird er demgegenüber beim Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen zur Ausschließung (vgl. § 140 Abs. 1 H G B ) greifen, um die ansonsten nötige Liquidation zu vermeiden, so daß der betroffene Gesellschafter über die bereits geschilderten Grundsätze zum Ausschluß gegebenenfalls Bestandsschutz genießt. Allerdings bildet die Kündigung nicht bei jeder stillen Gesellschaft den allein gangbaren Weg, um einen mitarbeitenden Gesellschafter loszuwerden. Handelt es sich nämlich um eine nach der h. M. prinzipiell mögliche mehrgliedrige stille Gesellschaft, so ist es zumindest grundsätzlich denkbar, daß einzelne Gesellschafter ausgeschlossen wer230 Siehe BGH vom 28.1.1980, BGHZ 76, 352, 357; zust. Timm, JZ 1980, 665, 671; ferner BayObLG vom 17.9.1998, ZIP 1998, 2002, 2005 - Magna Media; BVerfG vom 23.8.2000, NJW 2001,279, 281. Zu den Folgen eines erfolgreichen Vorgehens gegen den Auflösungsbeschluß ausführlich Willms, Auflösung, S. 185 ff., 190 ff., 200. 231 Unklar Timm, JZ 1980, 665, 669 f.

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§ 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

den. 2 3 2 Bei der außerordentlichen Kündigung der stillen Gesellschaft gemäß §§ 234 Abs. 1 S. 2 H G B , 723 B G B wird der dienstleistende Gesellschafter durch das Erfordernis des wichtigen Grundes hinreichend geschützt. Für die ordentliche Kündigung sieht das Gesetz in § 234 Abs. 1 S. 1 H G B in Verbindung mit § 1 3 2 H G B eine Frist vor, die fast ausnahmslos günstiger als die in § 622 B G B enthaltenen Fristen ist. Für eine Übertragung der dienstvertraglichen Regeln auf einen stillen Gesellschafter, dessen Einlage ausschließlich in Diensten besteht, gibt es daher keinen Anlaß. Die Frist des § 132 H G B wird allerdings gemeinhin als disponibel angesehen. 233 Wenn sich der Beitrag eines stillen Gesellschafters, der keinen beherrschenden Einfluß auf den Geschäftsinhaber ausübt, aber jedenfalls im wesentlichen in Arbeitsleistungen erschöpft, ist anzunehmen, daß zugunsten des Betroffenen die Fristen des § 622 B G B eingehalten werden müssen. Dasselbe gilt für den Fall, daß der Geschäftsinhaber nur nach außen Träger des Unternehmens ist, im Innenverhältnis aber lediglich die Position eines angestellten Geschäftsführers innehat. Derartige Gesellschafter können hinsichtlich des Schutzes ihrer Existenzgrundlage nicht schlechter als ein geschäftsführender Personengesellschafter bzw. das Organmitglied einer juristischen Person 2 3 4 gestellt werden. Ein in das Gesellschaftsrecht zu integrierender inhaltlicher Bestandsschutz gegenüber ordentlichen Kündigungen scheidet aus: Wenn der stille Gesellschafter die Geschäftsführung eigenverantwortlich wahrnimmt, existiert im sonstigen Recht kein beruflicher Bestandsschutz, auf dessen Wertungen Rücksicht zu nehmen wäre. Sofern der Stille eine untergeordnete Tätigkeit ausübt, ist sein Beschäftigungsverhältnis infolge des arbeitsrechtlichen Rechtsformzwangs, der sich bei bilateralen Beziehungen partiell durchsetzt, automatisch als gemischtes Mitarbeiterverhältnis zu qualifizieren. 235 Folglich findet der arbeitsrechtliche Kündigungsschutz unmittelbare Anwendung. Die gleichzeitige Einstufung von Diensten als Leistung in einem austauschrechtlichen Arbeitsvertrag und als Beitrag im Rahmen einer stillen Gesellschaft steht der Heranziehung des Kündigungsschutzes nicht entgegen.

2. Tätigkeit aufgrund

eines reinen

Drittrechtsverhältnisses

Wenn die persönliche Rechtsstellung eines mitarbeitenden Gesellschafters ihre Grundlage nicht im Gesellschaftsvertrag, sondern ausschließlich in einem Drittvertrag findet, bedürfen im Hinblick auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zwei Konstellationen einer näheren Betrachtung. 2 3 2 Ungenau daher die Aussage von Grunewald, Ausschluß, S. 16, daß es bei der stillen Gesellschaft nur zur Kündigung, nicht aber zu einem Ausschluß kommen kann. Dies gilt nur für die zweigliedrige stille Gesellschaft; vgl. etwa B G H vom 26.10.1978, W M 1979, 71, 73. 2 3 3 Heymann/Emmerich, H G B , 2. Aufl., § 1 3 2 Rn. 11; Düringer/Hachenburg/F/ec/ji^eim, H G B , 3. Aufl., § 132 Anm. 5; Baumbach/Hopt, H G B , 30. Aufl., § 132 Rn. 8; Schlegelberger/if. Schmidt, H G B , 5. Aufl., § 132 Rn. 34. 2 3 4 Siehe dazu oben sub a aa (1) (d) (bb). 2 3 5 Hierzu oben sub § 6 V 1 c aa (2) u. VI 1 c aa (2).

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

657

Erstens stellt sich die Frage, wie sich eine gleichzeitige Gesellschaftereigenschaft auf Tätigkeitsbeziehungen auswirkt, die als freie Dienstverträge einzuordnen sind. Insoweit ist zunächst zweifelhaft, ob der aus der Treuepflicht bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers ausnahmsweise abzuleitende Bestandsschutz 2 3 6 infolge der Auslagerung der Mitarbeit auf einen gesonderten Austauschvertrag entfällt. In der US-amerikanischen Judikatur findet sich im Falle eines ausdrücklichen employment contract eine solche streng zwischen Vertragsrecht und Gesellschaftsrecht trennende Betrachtungsweise. 2 3 7 Angesichts des im deutschen Recht üblichen Abschlusses eines schuldrechtliche Anstellungsvertrages als Grundlage für die persönlichen Rechtsbeziehungen des Organmitglieds erscheint eine solche Rechtsfolge indes zu scharf. Die unter bestimmten Voraussetzungen zu bejahende Bindung an einen sachlichen Grund besteht daher auch bei einem auf schuldrechtlicher Basis tätigen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer. Ferner geht es darum, unter welchen Voraussetzungen die bereits angesprochene analoge Anwendung des Fristenschutzes nach § 6 2 2 BGB auf Organmitglieder 2 3 8 entfällt. Die Rechtsprechung verfährt insoweit sehr großzügig und will lediglich beherrschende Gesellschafter aus dem durch § 622 BGB gewährten Schutz ausklammern. Selbst eine maßgebliche Beteiligung (in concreto 30 % an einer G m b H ) soll unschädlich sein. 239 Demgegenüber zieht man im Schrifttum offenbar strengere Grenzen und lehnt sich schon dann nicht mehr an § 622 BGB an, wenn der Geschäftsführer einen maßgeblichen Einfluß auf die Festlegung der Kündigungsfrist hatte 240 bzw. er entsprechend den zu § 17 BetrAVG entwickelten Grundsätzen als Unternehmer-Geschäftsführer anzusehen ist 241 . Wie die Heranziehung des § 622 BGB auf Vorstandsmitglieder einer AG belegt, 242 besteht der entscheidende Gesichtspunkt nach der Ansicht der Judikatur indes nicht im Ausgleich einer Vertragsimparität, sondern in der wirtschaftlichen Abhängigkeit eines Organmitglieds von der Gesellschaft. Demzufolge kann es auch ein vergleichsweise großer innergesellschaftlicher Einfluß für sich genommen nicht rechtfertigen, von einer Anwendung des § 622 BGB abzusehen. Vielmehr kann dies bei einem nicht beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann angenommen werden, wenn die aus der weiterbestehenden Gesellschaftereigenschaft resultierenden Gewinnanteile dazu führen, daß der Fortfall der Tätigkeitsvergütung sich nicht erheblich auf die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse auswirkt. Im übrigen ist ein beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer Vgl. dazu oben sub 1 a aa (2). Vgl. Riblet P r o d u c t s C o r p . v. N a g y , 683 A . 2 d 37, 40 (Del.Supr.); hierzu Grooters, J. C o r p . L a w 2 4 ( 1 9 9 8 ) , 123 ff. 2 3 8 Siehe oben sub a aa (1) (d) (bb). 2 3 9 B G H v o m 26.3.1984, B G H Z 91,217, 220 f. 2 4 0 Rowedder/Koppensteiner, G m b H G , 3. A u f l . , § 38 R n . 33. 241 Timm, ZIP 1987, 69, 76. 2 4 2 B G H v o m 11.5.1981, N J W 1981,2748, 2749; B G H v o m 29.5.1989, N J W 1 9 8 9 , 2 6 8 3 , 2 6 8 4 . 236 237

658

§ 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

vom Schutz des § 622 B G B stets ausgeschlossen. Für den Normalfall bleibt dies ohne Folgen, weil der Anstellungsvertrag gegen den Willen des Betroffenen ohnehin nicht ordentlich beendet werden kann. In der Insolvenz kann die Frage nach der Dauer der Kündigungsfrist bei einer vom Insolvenzverwalter ausgesprochenen ordentlichen Kündigung aber auch hinsichtlich eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers bedeutsam sein, sofern man sich nicht anstelle des § 113 InsO für eine Anwendung von § 103 InsO entscheidet. 243 Die zweite Fallgruppe betrifft die Folgen der Gesellschafterstellung auf Beschäftigungsverhältnisse, die - eindeutig - als Arbeitsverträge zu qualifizieren sind. Aus den folgenden Überlegungen fallen also von vornherein diejenigen Tätigkeitsverhältnisse heraus, bei denen die Höhe der Beteiligung bereits der Arbeitnehmereigenschaft als solcher entgegensteht. 244 Zudem ist im Hinblick auf Organmitglieder daran zu erinnern, daß sich ein freier Dienstvertrag mit dem Verlust der Organstellung nicht ohne weiteres in einen Arbeitsvertrag umwandelt. 2 4 5 In den somit verbleibenden Gestaltungen kommen sowohl Verschlechterungen als auch Verbesserungen des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes in Betracht. Dabei empfiehlt es sich, zwischen den verschiedenen möglichen Kündigungsgründen im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 K S c h G zu unterscheiden. Soweit es um Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers geht, ist eine Gesamtbetrachtung der arbeits- und der gesellschaftsvertraglichen Pflichten abzulehnen. Vielmehr gebietet es das Kündigungsschutzrecht, daß die Pflichtverletzung in einem inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht, um einen Anlaß für dessen Beendigung bilden zu können. 2 4 6 Die gleichzeitige Beteiligung an der Gesellschaft vermag den Pflichtenkanon des Arbeitnehmers deshalb nicht zu erweitern. Die Verletzung der Pflicht zur Zahlung auf einen Kommanditanteil oder eine Stammeinlage legitimiert daher keine Kündigung des Arbeitsvertrages. Dies bedeutet zugleich, daß es nicht generell zulässig ist, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses unter die auflösende Bedingung des Ausschlusses aus der Gesellschaft zu stellen. Zwar ist die einseitige Beendigung der Beteiligung im Prinzip an das Vorliegen eines wichtigen Grundes und damit an eine im Verhältnis zum kündigungsschutzrechtlichen Niveau prima facie höhere Eingriffsschwelle gebunden. 2 4 7 Wegen der bei einer Doppelstellung als Gesellschafter und Arbeitnehmer zu trennenden Pflichtenkreise kann aber entgegen Herrmannui nicht davon gesprochen werden, daß der einen Ausschluß legitimierende Sachverhalt automatisch auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses sozial rechtfertigen würde. Auflösende Bedingungen, die an den Ausschluß aus der Gesellschaft anknüpfen,

2 4 3 Zur vergleichbaren Problematik nach altem Recht siehe Timm, ZIP 1987, 69 ff., mit Plädoyer für § 17 K O anstatt § 22 K O . 2 4 4 Siehe oben sub § 6 V 1 b aa. 2 4 5 Dazu oben sub 1 a aa (1) (b) (aa) mit Fn. 36. 2 4 6 In diesem Sinne auch Fobrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 50 f. 2 4 7 Hierzu oben sub 1 b, S. 722 ff. 2 4 8 RdA 1 9 8 9 , 3 1 3 , 3 2 3 .

I. Lösung durch die Gesellschaft

oder die

Mitgesellschafter

659

stellen daher eine unzulässige Umgehung des Kündigungsschutzes dar, soweit sie Konstellationen erfassen, die zu einer Beendigung der Mitgliedschaft, nicht jedoch zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigen. In diesen Gestaltungen ist es der Gesellschaft zu verwehren, sich auf die Klausel zu berufen. Im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung bei personen- und verhaltensbedingten Kündigungen kann man des weiteren daran denken, einen durch die Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses eintretenden Verlust der gesellschafterlichen Kapitalbeteiligung als einen zugunsten des Arbeitnehmers in die Waagschale zu legenden Umstand zu werten. Gegen eine Verbindung von Mitarbeitsverhältnis und Vermögensbeteiligung bestehen aus kooperationsrechtlicher Sicht keine prinzipiellen Einwände. So kann die Satzung einer personalistischen G m b H nach Ansicht des B G H ohne weiteres den Ausschluß eines Gesellschafters vorsehen, dessen Arbeitsverhältnis aus einem sachlichen Grund gekündigt worden ist. 249 Darüber hinaus ist es generell als zulässig anzusehen, die Existenz einer Kapitalbeteiligung an den Fortbestand des Arbeitsvertrages zu binden. 2 5 0 Bei einer solchen Sachlage ist es aber notwendig, den drohenden Verlust der vermögensrechtlichen Beteiligung bereits bei der Abwägung über die soziale Rechtfertigung der Kündigung zu berücksichtigen. 2 5 1 Umgekehrt stellt die Beendigung des Kapitalengagements für sich genommen keinen Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung dar. Dementsprechend wäre auch insoweit eine rechtsgeschäftliche Verknüpfung mittels einer auflösenden Bedingung unzulässig. 2 5 2 Bei betriebsbedingten Kündigungen kann die kumulative Kapitalbeteiligung an zwei Stellen relevant werden. Erstens kann ein zusätzlicher Verlust der Vermögensbeteiligung bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zugunsten des betroffenen Arbeitnehmers zu Buche schlagen wie auch umgekehrt aus einem Fortbestehen auf eine stärkere soziale Stellung geschlossen werden kann. Dazu muß die Beteiligung allerdings eine im Verhältnis zum Arbeitseinkommen nicht völlig unerhebliche wirtschaftliche Größe darstellen, was in den meisten Fällen der Mitarbeiterbeteiligung indes nicht zutreffen dürfte. Zweitens ist denkbar, daß die Entlassung einer größeren Anzahl von Arbeitnehmer-Gesellschaftern den Arbeitgeber vor das zusätzliche wirtschaftliche Problem stellt, ihnen ihre Kapitalanteile gleichzeitig auszahlen zu müssen. Sofern das Unternehmen hierdurch nachweislich in ernste Schwierigkeiten geraten würde, wird man es dem Arbeit2 4 9 B G H v o m 20.6.1983, N J W 1983, 2880, 2881; zust. Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 411 Fn. 36; in diesem Sinne ferner Piehler, FS Rheinisches N o t a r i a t (1998), S. 321, 328. 2 5 0 Siehe insoweit auch § 9 A b s . 4 S. 2 des Gesellschaftsvertrages der S ü d s t a h l - G m b H (abged r u c k t bei Schneider/Zander, Erfolgs- u n d Kapitalbeteiligung, 2. A u f l . , S. 151), der den A r b e i t nehmer im Falle einer B e e n d i g u n g des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt in den R u h e s t a n d verpflichtet, seinen Geschäftsanteils zu k ü n d i g e n . 251 Ebenso Eichler-Weiskorn/Pöppel, K J 1987,259, 276; Fohrmann, A r b e i t n e h m e r als Gesellschafter, S. 51 f. 2 5 2 Vgl. hierzu § 9 A b s . 4 S. 1 des Gesellschaftsvertrages der S ü d s t a h l - G m b H ( w i e Fn. 250). Danach soll der Arbeitsvertrag durch eine unter bestimmten Voraussetzungen statthafte K ü n d i gung des Geschäftsanteils nicht berührt w e r d e n .

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§ 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

geber erlauben können, gemäß § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG von einer Sozialauswahl abzusehen. 253 3. Ausfiihrungsvertrüge

und gemischte

Mitarbeiterverhältnisse

Eine gesonderte Behandlung erfordern diejenigen Gestaltungen, in denen ein austauschrechtlicher Drittvertrag mit einer gesellschaftsvertraglichen Dienstpflicht verbunden ist. Dies betrifft in erster Linie die Rechtsfigur der Ausführungsverträge (Typ II/l). Daneben ist aber auch an die bilateralen Beschäftigungsverhältnisse zu denken, bei denen zwischen denselben Vertragsparteien kumulativ eine kooperations- und eine austauschvertragliche Beziehung besteht (Typ II/2). 2 5 4 Insoweit stellt sich die Frage nach den Wechselwirkungen der jeweiligen Bestandsschutzregeln. Dabei lassen sich zwei verschiedene Konstellationen unterscheiden. Zum einen geht es um diejenigen Fälle, in denen der gesellschaftsrechtliche Bestandsschutz des Tätigkeitsverhältnisses ein höheres Niveau als der Schutz hat, der dem Mitarbeiter bei einer isolierten Betrachtung seines Drittvertrages zukäme. Das gilt für alle Situationen, in denen es sich hierbei um einen freien Dienstvertrag handelt. Dies kann aber auch Arbeitsverträge betreffen, sofern die persönlichen sowie insbesondere die betrieblichen Voraussetzungen für das Eingreifen des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes 255 nicht vorliegen. Das B A G hat in diesem Zusammenhang die isolierte Kündbarkeit eines Mitarbeitervertrages unter Berufung auf den Parteiwillen in einem Sachverhalt abgelehnt, in dem der Gesellschaftsvertrag eine für die Erreichung des Gesellschaftszwecks wesentliche Dienstpflicht enthielt und ein tatsächliches Tätigwerden für dieses Ziel erforderlich war. 256 Diese Entscheidung trifft nicht ganz den Kern der Sache. Zwar kann es nicht überzeugen, wenn Wiedemann einen Bestandsschutz einfach dadurch herstellt, daß er die Existenz des Mitarbeitervertrages als potentiellen Gegenstand einer separaten Kündigung entgegen den ausdrücklichen Parteiabreden schlicht leugnet. 257 Wie Loritz aber zu Recht kritisiert hat, 258 ist der Ansatz des B A G in zweifacher Hinsicht zu unpräzise. Es kann weder auf die wie auch immer zu bestimmende „Wesentlichkeit" der Mitarbeit noch darauf ankommen, ob im Einzelfall ein konkreter Parteiwille ermittelbar ist, der gegen eine eigenständige Beendbarkeit spricht. Entscheidend ist statt dessen, ob der Tätigkeitsvertrag auf einer gesellschafterlichen Rechtsposition beruht. Wenn das der Fall ist, kann diese Rechtsstellung nicht dadurch ausgehöhlt werden, daß die Gesellschaft den Zusatzvertrag kündigt. Vielmehr bedarf es hierfür einer Veränderung der gesell253 254 255 256 257 258

So auch Fohrmann, Arbeitnehmer als Gesellschafter, S. 53. Zu den Grundformen siehe oben sub § 3 V. Vgl. §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG. B A G vom 11.5.1978, AP Nr. 2 zu §161 H G B . Anm. zu B A G , AP Nr. 2 zu § 161 H G B (unter 1 b). Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 308.

I. Lösung durch die Gesellschaft oder die Mitgesellschafter

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schaftsvertraglichen Grundlagen. 2 5 9 Dies ist zweifellos bei einem echten Sonderrecht des Gesellschafters auf Mitarbeit anzunehmen. Man wird insoweit aber noch einen Schritt weiter gehen k ö n n e n u n d den bereits erwähnten, auch bei einer bloßen Dienstbeitragspflicht bestehenden A n s p r u c h auf tatsächliche Beschäftigung 2 6 0 als eine ausreichende gesellschaftsvertragliche Basis ansehen können, die der isolierten Kündbarkeit eines Ausgestaltungsvertrages entgegensteht. Der Ausführungsvertrag n i m m t auf diese Weise an dem Bestandsschutz teil, der f ü r das gesellschafterliche Mitarbeitsverhältnis gilt. Fehlt es an einer Verankerung der D r i t t b e z i e h u n g im Gesellschaftsvertrag, kann eine Restriktion der Beendbarkeit dieses separaten Tätigkeitsvertrages indes nicht mehr auf kooperationsrechtliche Aspekte gestützt werden. Bei einer solchen Sachlage kann ein H i n ü b e r w i r k e n des gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutzes tatsächlich nur n o c h als Folge einer zusätzlichen Parteivereinbarung eintreten, die beide Rechtsverhältnisse miteinander v e r k n ü p f t . Zweitens ist die umgekehrte Konstellation angesprochen, daß es sich bei dem Drittvertrag zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft u m einen Arbeitsvertrag handelt, der bei isolierter W ü r d i g u n g unter die kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen fallen würde. In einem solchen Fall vermag die zusätzliche Verankerung der Tätigkeit im Gesellschaftsvertrag daran f ü r sich genommen nichts zu ändern. Fraglich ist lediglich, ob das Eingreifen gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutzes eine privatautonome Rechtsformwahl legitimiert, durch die ein an sich als Arbeitsvertrag zu qualifizierendes Beschäftigungsverhältnis als freier Dienstvertrag eingestuft wird. Wie dargelegt, kann dies grundsätzlich nur bei belegschaftseigenen U n t e r n e h m e n befürwortet werden. 2 6 1 Soweit die anwendbaren gesellschaftsrechtlichen Regeln einen wichtigen G r u n d f ü r die H i n a u s k ü n d i g u n g verlangen, bestehen gegen eine Rechtsformwahlfreiheit keine Bedenken. Im übrigen hat sich gezeigt, daß der Bestandsschutz f ü r untergeordnete gesellschafterliche Mitarbeitsbeziehungen nicht ohne Rücksicht auf arbeitsrechtliche Wertungen beliebig abgesenkt werden kann. 2 6 2 Wenn sich aber der Inhalt des gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutzes f ü r abhängige Tätigkeitsverhältnisse im wesentlichen am Arbeitsrecht zu orientieren hat, entstehen durch eine an die Anwendbarkeit dieser Regeln geknüpfte Wahl der Rechtsform eines freien Dienstvertrages keine im Lichte von Art. 12 Abs. 1 G G nicht hinnehmbaren Schutzlücken. Das bedeutet freilich zugleich, daß die Rechtsformwahl f ü r den Bereich des beruflichen Bestandsschutzes keine größeren Auswirkungen hat. 263

259

Ebenso Loritz, Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 308. Siehe oben sub § 8 I 3. 261 Vgl. oben sub § 6 VI 1 c ee. 262 Siehe oben sub 1 a bb. 263 Immerhin entfallen die verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen bei Schwangeren bzw. Müttern und Schwerbehinderten; vgl. oben sub 1 a bb Fn. 177. 260

662

5 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

II. Lösung durch den Mitarbeiter Die zweite in diesem Z u s a m m e n h a n g zu erörternde T h e m a t i k betrifft die Beendigung einer Tätigkeitsbeziehung auf Initiative des Beschäftigten. Hierbei geht es u m die Frage, wie das Recht das Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des einzelnen Mitarbeiters, sich von einer die eigene Arbeitskraft bindenden Betätigung wieder befreien zu können, u n d dem Interesse der Gesellschaft u n d der Mitgesellschafter am Fortbestand der Dienste bewältigt. 2 6 4 A u c h insoweit empfiehlt es sich, zwischen der Lösung von einer reinen Beitragspflicht, von einer Verbindung zwischen austausch- und kooperationsrechtlichem Beschäftigungsverhältnis sowie von der aus einem ausschließlichen Drittvertrag resultierenden Dienstpflicht zu unterscheiden. 1. Tätigkeit

als

Beitrag

Wird die Tätigkeit als Beitrag geschuldet, k o m m t eine Befreiung des Mitarbeiters entsprechend den Darlegungen zur Beendigung durch die Gesellschaft bzw. die Mitgesellschafter erneut unter den Gesichtspunkten einer isolierten Kündigung der Dienstpflicht, einem Austritt aus dem Verband sowie einem Ende der gesamten Gesellschaft in Betracht. a) Separate Kündigung aa)

der

Tätigkeitspflicht

Personengesellschaften

(1) Kündigung

aus wichtigem

Grund

Im Hinblick auf die Befugnis eines Gesellschafters zur isolierten Beendigung seiner Mitarbeitspflicht befaßt sich das Gesetz seinem Wortlaut nach nur mit der außerordentlichen K ü n d i g u n g der Geschäftsführung. Insoweit sieht § 712 Abs. 2 B G B f ü r die G b R das Recht zur K ü n d i g u n g der G e s c h ä f t s f ü h r u n g beim Vorliegen eines wichtigen G r u n d e s vor. Im Gegensatz zur E n t z i e h u n g der Geschäftsf ü h r u n g trifft das H G B f ü r die Personenhandelsgesellschaften insoweit keine eigenständige Regelung. 2 6 5 Für die O H G bzw. den Komplementär einer K G k o m m t deshalb über die §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 H G B ebenfalls § 712 Abs. 2 B G B zur A n w e n d u n g . Wie K. Schmidt klargestellt hat, geht es bei der K ü n d i g u n g rechtsdogmatisch u m die Beseitigung der - schuldrechtlichen - G e s c h ä f t s f ü h rungspflicht des betreffenden Gesellschafters. 2 6 6 Der Fortfall der organisations264

Insoweit besteht eine gewisse V e r w a n d t s c h a f t mit d e m schon des öfteren angesprochenen K o n f l i k t zwischen d e m arbeitsrechtlichen Prinzip der A r b e i t n e h m e r m o b i l i t ä t u n d d e m k o r p o rationsrechtlichen P r i n z i p der d a u e r h a f t e n N u t z u n g v o n Eigenmitteln im U n t e r n e h m e n ; vgl. Lutter, Vermögensbildung, S. 48. 265 N a c h D ü r i n g e r / H a c h e n b u r g / F l e c h t h e i m , H G B , 3. Aufl., § 117 A n m . 14, handelt es sich dabei wegen der Wichtigkeit der A r b e i t s k r a f t f ü r die O H G nicht u m eine Lücke oder u m ein Versehen, s o n d e r n u m eine wirtschaftlich w o h l b e g r ü n d e t e A b w e i c h u n g . 266 D B 1988, 2241, 2242 f.; zust. M ü n c h K o m m B G B / W m e r , 3. Aufl., § 712 Rn. 21 Fn. 39.

II. Lösung durch den

Mitarbeiter

663

rechtlichen Geschäftsführungsbefugnis ist lediglich Folge der wirksamen K ü n d i gung. 2 6 7 Das Kündigungsrecht bezieht sich gegenständlich sowohl auf die vertraglich übertragene als auch auf die gesetzliche Geschäftsführungspflicht. Dies ist bei der O H G aufgrund der mit der Einzelgeschäftsführung verbundenen Belastung anerkannt. 2 6 8 F ü r die G b R ist gegen die n o c h h. M. 2 6 9 mit einer z u n e h m e n d vertretenen Auffassung 2 7 0 aber dasselbe a n z u n e h m e n . Sofern der Gesellschaftsvertrag keine Anhaltspunkte f ü r eine den Bereich der G e s c h ä f t s f ü h r u n g übersteigende Dienstpflicht enthält, kann sich ein Gesellschafter durch eine K ü n d i g u n g gemäß § 712 Abs. 2 B G B beim Vorliegen eines wichtige G r u n d e s somit völlig von der Pflicht zur aktiven Mitarbeit befreien. Da das Gesellschaftsverhältnis im übrigen fortbesteht, handelt es sich in der Sache u m eine Teilkündigung, die auf die A b ä n d e r u n g des Gesellschaftsvertrages abzielt. 2 7 1 Für die gesellschaftsvertraglich ü b e r n o m m e n e Geschäftsführungspflicht durch einen Kommanditisten ist § 712 Abs. 2 B G B ebenfalls entsprechend heranzuziehen. 2 7 2 Bei der stillen Gesellschaft ist entsprechend den Überlegungen zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis 2 7 3 w i e d e r u m zu differenzieren: D e m auf kooperationsrechtlicher Basis geschäftsführend tätigen Stillen wird man die Befugnis einer K ü n d i g u n g nach § 712 Abs. 2 B G B analog zuzubilligen haben. Demgegenüber m u ß der Unternehmensinhaber, dessen G e s c h ä f t s f ü h r u n g die Grundlage des Beteiligungsverhältnisses darstellt, die stille Gesellschaft als solche kündigen (§§234 Abs. 1, 132 H G B , § 723 BGB), w e n n er von seiner Arbeitspflicht f r e i k o m m e n will. Die Beendigung sonstiger Beitragspflichten von Personengesellschaftern zur Leistung von Diensten außerhalb der Geschäftsführung 2 7 4 ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Insoweit spricht vieles f ü r folgende Unterscheidung: Wenn der Gesellschafter neben seiner Mitarbeit noch andere nicht unerhebliche Beiträge zu erbringen hat, ist ihm in entsprechender A n w e n d u n g des § 712 Abs. 2 B G B das Instrument der Teilkündigung aus wichtigem G r u n d zuzubilligen. Sofern etwa ein Kommanditist aus Altersgründen nicht mehr in der Lage ist, einer gesellschafterlichen Pflicht zur Mitarbeit außerhalb der G e s c h ä f t s f ü h r u n g nachzu-

267

K. Schmidt, DB 1988,2241,2243; MünchKommBGB/i//mer, 3. Aufl., § 712 Rn. 21 Fn. 39. Düringer/Hachenburg/Flechtheim, H G B , 3. Aufl., §117 Anm. 14; B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 114 Rn. 19; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 VII 12, S. 159 f.; Schlegelberger/ Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 56; Weimar,]K 1977, 234, 235. 269 A. Hueck, O H G , 4. Aufl., §10 VII 12, S. 159; SoergelIHadding, BGB, 10. Aufl., §712 Rn. 7; E r m a n / H . P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 712 Rn. 12. 270 Baumbach/Z/o^i, H G B , 30. Aufl., § 114 Rn. 19; MünchKommBGB/£//mer, 3. Aufl., § 712 Rn. 24. 271 In diesem Sinne auch Düringer/Hachenburg/F/ec^i^eim, H G B , 3. Aufl., § 117 Anm. 14; A. Hueck, O H G , 4. Aufl., § 10 VII 12, S. 160; K. Schmidt, DB 1988, 2241, 2243. 272 Ebenso Weimar, JR 1977, 234, 235. 273 Siehe oben sub I 1 a aa (1) (a). 274 Siehe dazu oben sub I I a bb. 268

664

512

Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

kommen, muß man es ihm gestatten, aus diesem Grunde 2 7 5 die Tätigkeitspflicht zu beenden, die Kommanditbeteiligung aber stehen zu lassen. Wenn ein dahingehendes Sonderrecht separat entzogen werden kann, falls der Gesellschafter zu einer ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Dienstpflicht nicht mehr imstande ist, 2 7 6 muß es für ihn umgekehrt auch möglich sein, sich der Mitarbeitspflicht eigenständig zu entledigen. Bildet die Tätigkeitspflicht im wesentlichen den einzigen Beitrag des Gesellschafters, ist eine isolierte Beendbarkeit hingegen abzulehnen. An der Aufrechterhaltung einer Beteiligung, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks nichts mehr beisteuert, besteht kein schutzwürdiges Interesse. Denkbar ist dies praktisch aber nur bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft, bei der sich die Pflicht der Stillen auf das Leisten von Diensten beschränkt. 2 7 7 In einer solchen Situation kann man von einem stillen Gesellschafter verlangen, beim Vorliegen eines wichtigen Grundes die gesamte Mitgliedschaft und nicht nur die Beitragspflicht zu beenden. Demgegenüber stellt etwa bei einer O H G die unbeschränkte Außenhaftung und die damit einhergehende Kreditgrundlage einen hinreichenden Beitrag dar, 278 der auch nach dem Ende der aktiven Mitarbeit den Fortbestand der Beteiligung rechtfertigt. Insoweit gilt nichts anderes als bei einem OHG-Gesellschafter, der von vornherein von der Geschäftsführung ausgeschlossen worden ist und außer seiner Haftungsbereitschaft zur Gesellschaft nichts beiträgt. Die übrigen Gesellschafter werden durch diese Grundsätze nicht schutzlos gestellt. Zum einen kann - wie bereits erwähnt 2 7 9 - die Beendigung der Mitarbeit einen sachlichen Grund bilden, der einen Ausschluß des Betroffenen aus der G e sellschaft legitimiert. 2 8 0 Zum anderen ist den Beteiligten grundsätzlich die Freiheit einzuräumen, das gesellschafterliche Beschäftigungsverhältnis mit der gesamten Mitgliedschaft so zu verknüpfen, daß eine separate Kündbarkeit unzulässig ist. Bei der Partnerschaft bezieht sich die allgemeine Regelung (§§ 1 Abs. 4 PartG G , 712 Abs. 2 B G B ) unstreitig auf die „sonstigen Geschäfte". Wenn sich ein Partner dauerhaft den Tätigkeiten entziehen will, die gegenständlich zur Ausübung des Freien Berufes gehören („berufliche Geschäftsführung"), will man ihm als Folge der Wertung des § 6 Abs. 2 P a r t G G dagegen nur die Möglichkeit 2 7 5 Zum Alter als wichtiger Grund für die Kündigung der Geschäftsführung vgl. A. Hueck, FS Larenz (1973), S. 741, 747; Weimar, ]R 1977, 234, 235. 2 7 6 Siehe oben sub I 1 a aa (1) (a). 2 7 7 Zur Begrenzung der Beitragspflicht eines stillen Gesellschafters auf eine aktive Mitarbeit siehe oben sub § 5 I. 2 7 8 Zum Beitragscharakter der persönlichen Haftung siehe R G vom 30.11.1874, R G Z 20, 71, 74 f.; R G vom 22.4.1896, R G Z 37, 58, 61 f.; Huber, Vermögensanteil, S. 294. 2 7 9 Dazu oben sub I 2. 2 8 0 Siehe in diesem Zusammenhang auch Düringer/Hachenburg/F/ec^i^ezm, H G B , 3. Aufl., § 1 1 7 Anm. 14; Wieland, Handelsrecht, Bd. I, § 47 VI, S. 575, nach denen es nur ganz ausnahmsweise zulässig sein soll, daß ein Gesellschafter sein Amt als Geschäftsführer niederlegt, im übrigen aber am Gesellschaftsvertrag festhält.

II. Lösung durch den

Mitarbeiter

665

des Ausscheidens aus der Partnerschaft zugestehen. 281 Diese Sicht korrespondiert indes nicht mit der inzwischen mehrheitlich anerkannten Möglichkeit, daß sich ein Partner einvernehmlich aus der aktiven Berufsausübung zurückzieht, ohne zu einem Verlassen der Partnerschaft gezwungen zu sein. 282 Sofern ein wichtiger Grund vorliegt, wird man einem Partner deshalb auch eine dahingehende einseitige Befugnis einzuräumen haben. Ansonsten liefe beispielsweise ein körperlich nicht mehr hinreichend leistungsfähiger Partner Gefahr, aus der Gesellschaft ausscheiden und - bei einer entsprechend formulierten Abfindungsklausel - den von ihm mitaufgebauten Firmenwert zumindest teilweise entschädigungslos den verbleibenden Partnern überlassen zu müssen. 283 (2) Ordentliche

Kündigung

Das soeben erörterte Teilkündigungsrecht setzt das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraus. 284 Fehlt es an einem solchen Grund, bleibt der Mitarbeiter für die Dauer seiner Gesellschaftszugehörigkeit mangels einer abweichenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung somit prima facie auf unabsehbare Zeit zur Arbeit verpflichtet. Diese Bindung ist unter dem Blickwinkel der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 G G ) bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft aber grundsätzlich unproblematisch, weil der an einer solchen O H G , K G oder stillen Gesellschaft Beteiligte nach den § § 7 2 3 Abs. 1 S. 1 B G B , 105 Abs. 2, 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, S. 2, 161 Abs. 2, 234 Abs. 1 S. 1 H G B 2 8 5 die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung seiner gesamten mitgliedschaftlichen Position bzw. der Gesellschaft hat und auf diese Weise seine Arbeitskraft nach Ablauf der von ihrer Länge her unbedenklichen Frist des § 132 H G B wieder freisetzen kann. Nach § 723 Abs. 1 S. 1 B G B ist die ordentliche Kündigung bei einer derartigen G b R sogar ohne die Einhaltung einer Frist jederzeit zulässig. Das Gesetz verzichtet damit für diese Rechtsform scheinbar auf jeden Kontinuitätsschutz zugunsten der Mitgesellschafter. Bei Erwerbsgesellschaften bürgerlichen Rechts ist indes der Zeitschutz des § 132 H G B analog heranzuziehen. 286 Der in allen Fällen mit der Kündigung einhergehende Verlust der Gesellschaftszugehörigkeit ist dem Betroffenen zumutbar. Für die Entwicklung einer auf die Tätigkeit fokussierten ordentlichen Lösungsbefugnis bei gleichzeitiger Beibehaltung der Beteiligtenstellung besteht daher im allgemeinen kein Anlaß. O b dies auch dann gilt, wenn die

So Henssler, PartGG, § 6 Rn. 48. Siehe oben sub § 5 IV 1 a mit Nachweisen in Fn. 164. 283 Zu Abfindungsklauseln siehe noch unten sub d bb. 284 Zur Konkretisierung vgl. Schlegelberger/Martens, H G B , 5. Aufl., § 117 Rn. 57; Weimar, J R 1977, 234,235. 285 Das Kündigungsrecht als solches ergibt sich nicht aus dem H G B , sondern aus § 723 Abs. 1 S. 1 B G B ; siehe nur B a u m b a c h / H o p t , H G B , 30. Aufl., § 132 Rn. 1. 2 8 6 Eingehend Strothmann/Vieregge, FS Oppenhoff (1985), S.451, 467 ff.; ebenso Wiedemann, W M 1992, Sonderbeilage Nr. 7, S. 50; siehe ferner bereits Raisch, B B 1968, 526, 531: jederzeitige Kündbarkeit eher als Ausnahme denn als Regel. 281

282

666

§ 12 Beendigung

von

Tätigkeitsbeziehungen

Parteien die ordentliche Kündigung der Mitgliedschaft bzw. der Gesellschaft für einen langen Zeitraum ausgeschlossen haben, wird noch zu klären sein. 2 8 7 bb)

Körperschaften

(1) Kündigung

aus wichtigem

Grund

Im Körperschaftsrecht ist hinsichtlich der Tätigkeit von Organmitgliedern zunächst die schon mehrfach angesprochene Unterscheidung von Bestellungs- und Anstellungsverhältnis in Erinnerung zu rufen. So kann ein Gesellschafter-Geschäftsführer zumindest in einer mehrgliedrigen G m b H sein Amt als solches jederzeit niederlegen, ohne daß es hierfür auf das Vorliegen eines wichtigen oder auch nur sachlichen Grundes ankommt. 2 8 8 Damit endet jedoch noch nicht die aus dem Anstellungsverhältnis resultierende Pflicht zur Wahrnehmung der Geschäftsführung. Sofern diese Pflicht als Nebenleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 G m b H G in der Satzung verankert ist und demnach Beitragscharakter hat, ist indes an eine Befugnis des Gesellschafters zu denken, sich von dieser mitgliedschaftlichen Dienstpflicht aus wichtigem Grund zu lösen. Tatsächlich ist im Gefolge einer nach wie vor wegweisenden Entscheidung des R G , 2 8 9 die nicht selten zu Unrecht lediglich für die Befugnis zum vollständigen außerordentlichen Austritt aus der G m b H in Anspruch genommen wird, 2 9 0 anzuerkennen, daß die Nebenleistungspflicht eigenständig kündbar ist, sofern ein wichtiger Grund vorliegt. 291 Dies betrifft zumindest korporative Tätigkeitspflichten. 2 9 2 Die von einer starken Gegenströmung im Sinne der früheren Judikatur 2 9 3 vertretene Ansicht, Dazu unten sub d aa. Siehe oben sub § 11 I 1 b aa (2) (b) mit Nachweisen in Fn. 113. 2 8 9 R G vom 7.2.1930, R G Z 128, 1, 15 ff. 2 9 0 Vgl. O L G München vom 9.6.1989, W M 1990, 556, 558; Flume, Juristische Person, § 8 III, S. 281; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., Anh. § 3 4 Rn. 15; Lutter/ Hommelhoff, G m b H G , 15. Aufl., § 3 4 Rn. 36; Rowedder, G m b H G , 3. Aufl., § 3 4 Rn. 39; Hachenburg/ Ulmer, G m b H G , 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 44; unklar Wiedemann, Übertragung, S. 90; zutreffend aber Balz, Beendigung, S. 91, 93; H.-F. Müller, Austrittsrecht, S. 9 f.; Röhricht, FS Kellermann (1991), S. 360, 365; Soufleros, Ausschließung, S. 15. Siehe insoweit auch die Vorläuferentscheidungen R G vom 2.7.1926, R G Z 114, 212, 216 ff., und R G vom 17.5.1929, R G Z 125, 114, 117 ff., die zwar das Sonderkündigungsrecht nach § 8 KartellVO 1923 (= 13 Abs. 1 G W B a. F.) und somit eine hinsichtlich der Kündigungsbefugnis als solcher nicht generalisierbare Fallgruppe betrafen, in denen das R G aber ebenfalls annahm, daß die Kündigung bei einem Kartell in Form einer Nebenleistungs-GmbH für sich genommen zunächst nur zu einer Befreiung von der kartellrechtlichen Bindung führe, während das dann allerdings als erforderlich angesehene Ausscheiden aus der Gesellschaft erst infolge einer Einziehung in entsprechender Anwendung von § 34 G m b H G eintreten sollte; vgl. dazu ferner R G vom 13.4.1942, R G Z 169, 330, 333. 2 9 1 Ebenso Burkert, G m b H , S. 92 f.; Feine, G m b H , § 26 III 2, S. 351 f.; Baumbach/Hueck/G. Hueck/Fastrich, G m b H G , 17. Aufl., § 3 Rn. 52; Meyer-Landrut, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, G m b H G , § 3 Rn. 33; Rohrer, Nebenleistungspflichten, S. 106 ff.; Wolany, Rechte und Pflichten, S. 18; wohl auch Roth, in: Roth/Altmeppen, G m b H G , 3. Aufl., § 3 Rn. 36. 292 Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 410 (Geschäftsführungspflicht); Meyer-Landrut, in: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, G m b H G , § 3 Rn. 33. 2 9 3 R G vom 7.6.1910, R G Z 73, 429, 433; R G vom 30.10.1923, R G Z 108, 20, 23; R G vom 5.5.1925, J W 1925, 1636. 287

288

II. Lösung durch den

Mitarbeiter

667

daß Nebenleistungspflichten in einer G m b H grundsätzlich nicht isoliert, sondern n u r zusammen mit der gesamten Gesellschafterstellung außerordentlich gekündigt werden können, 2 9 4 vermag nicht zu überzeugen. Jedenfalls bei einem zu dauerhaften Dienstleistungen verpflichteten Gesellschafter wäre es ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 G G ) , ihn auf das Recht z u m vollständigen Verlassen der G m b H aus wichtigem G r u n d 2 9 5 zu verweisen. Z u d e m leuchtet es insbesondere im Hinblick auf die mitgliedschaftliche Pflicht zur G e s c h ä f t s f ü h r u n g nicht ein, bei G m b H - G e s e l l s c h a f t e r n von einer u n t r e n n b a r e n Einheit auszugehen, während das Gesetz bei Personengesellschaftern durch § 712 Abs. 2 B G B zu verstehen gibt, daß insoweit gerade keine derartige Einheit besteht. In rechtsdogmatischer Hinsicht überzeugt es deshalb am meisten, sich f ü r die korporative Geschäftsführungspflicht mit Baums2